Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.24053/TuS-2022-0042
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2022
695-6
JungkEinfluss fertigungsbedingter Effekte auf das tribologische Verhalten im ADAM-Verfahren gedruckter Bauteile
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Christian Orgeldingerhttps://orcid.org/0000-0002-8693-8838
Armin Seynstahlhttps://orcid.org/0000-0001-8456-7124
Tobias Rosnitschekhttps://orcid.org/0000-0002-4876-2536
Anna Zimmermann
Stephan Tremmelhttps://orcid.org/0000-0003-1644-563X
Additive Fertigungsverfahren haben in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Allerdings ist der Einsatz so hergestellter Bauteile in tribologischen Anwendungen – insbesondere für metallische Bauteile – nach wie vor nur wenig untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit wird analysiert, inwiefern sich im Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM)-Verfahren gedruckte Bauteile für den Einsatz in tribomechanischen Systemen eignen. Der Fokus liegt dabei auf dem tribologischen Verhalten des Werkzeugstahls D2 gegenüber 100Cr6 bei Schmierung mit Tiefziehöl unter Berücksichtigung richtungsabhängiger Fertigungseffekte. Die ersten tribologischen Untersuchungen mit dem ADAM-Verfahren zeigen großes Optimierungspotential für mögliche Anwendungen im Bereich der Umformtechnik. Die Oberflächenbehandlung der Proben hat sich in den Untersuchungen als notwendig herausgestellt.
tus695-60028
Einleitung Im Kontext einer nachhaltigen und zunehmend individualisierten Produktentwicklung verbreiten sich additive Fertigungsverfahren zunehmend als Alternative zu konventionellen Fertigungstechniken. Als „physischer Arm der Digitalisierung“ lassen sie dem Entwickler durch Computer Aided Engineering viele gestalterische Freiheiten für die Entwicklung von Prototypen, Kleinserien, Ersatzteilen und Individualprodukten sowie in Anwendungen des Vorrichtungs- und Werkzeugbaus. Weitere positive Aspekte sind beispielsweise die mögliche Fer- Aus Wissenschaft und Forschung 28 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 5-6/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0042 Einfluss fertigungsbedingter Effekte auf das tribologische Verhalten im ADAM-Verfahren gedruckter Bauteile Christian Orgeldinger, Armin Seynstahl, Tobias Rosnitschek, Anna Zimmermann, Stephan Tremmel* Eingereicht: 6.9.2022 Nach Begutachtung angenommen: 22.12.2022 Dieser Beitrag wurde im Rahmen der 63. Tribologie-Fachtagung 2022 der Gesellschaft für Tribologie (GfT) eingereicht. Additive Fertigungsverfahren haben in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Allerdings ist der Einsatz so hergestellter Bauteile in tribologischen Anwendungen - insbesondere für metallische Bauteile - nach wie vor nur wenig untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit wird analysiert, inwiefern sich im Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM)-Verfahren gedruckte Bauteile für den Einsatz in tribomechanischen Systemen eignen. Der Fokus liegt dabei auf dem tribologischen Verhalten des Werkzeugstahls D2 gegenüber 100Cr6 bei Schmierung mit Tiefziehöl unter Berücksichtigung richtungsabhängiger Fertigungseffekte. Die ersten tribologischen Untersuchungen mit dem ADAM-Verfahren zeigen großes Optimierungspotential für mögliche Anwendungen im Bereich der Umformtechnik. Die Oberflächenbehandlung der Proben hat sich in den Untersuchungen als notwendig herausgestellt. Schlüsselwörter Additive Fertigung, Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM), Tribologie, Kugel-Scheibe- Tribometer, Reibung. Influence of manufacturing-related effects on the tribological behavior of printed components in the ADAM process Additive manufacturing processes have become increasingly important in recent years. However, the use of additive manufactured components in tribological applications - especially for metallic components - has still been little investigated. This work analyzes the extent to which components printed with the Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM) process are suitable for use in tribomechanical systems. The focus is on the tribological behavior of the tool steel D2 against 100Cr6 counterparts under lubrication with deep drawing oil, taking direction-dependent manufacturing effects into account. The first tribological investigations with the ADAM process show great optimization potential for possible applications in the field of forming technology. The surface treatment of the samples has proven to be mandatory in the investigations. Keywords Additive manufacturing, Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM), tribology, ball-on-disk tribometer, friction. Kurzfassung Abstract * Christian Orgeldinger, M.Sc. (federführender Autor) Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-8693-8838 Armin Seynstahl, M.Eng. Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0001-8456-7124 Tobias Rosnitschek, M.Sc. Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-4876-2536 Anna Zimmermann Prof. Dr.-Ing. Stephan Tremmel, Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0003-1644-563X Lehrstuhl für Konstruktionslehre und CAD Universität Bayreuth, Universitätsstraße 30, 95447 Bayreuth TuS_5_6_2022.qxp_TuS_5_6_2022 09.02.23 16: 30 Seite 28 tigung innenliegender Strukturen, eine - theoretisch - abfallfreie Fertigung sowie eine exzellente Skalierbarkeit [1]. Da die meist rauen und je nach Fertigungsverfahren unterschiedlich strukturierten Oberflächen jedoch als tribologisch ungünstig bewertet werden, spielen additiv gefertigte Bauteile in tribomechanischen Systemen bisher kaum eine Rolle. Daher existieren bislang auch nur wenige Untersuchungen zu deren tribologischem Verhalten. Unter den vielzähligen additiven Fertigungsverfahren ist im Bereich der Kunststoffverarbeitung vor allem das Fused Filament Fabrication Verfahren weit verbreitet, weshalb hier bereits einige Arbeiten vorhanden sind [2,3]. Im Bereich der additiven Fertigung von Metallen existieren hingegen deutlich weniger Untersuchungen, wobei diese meist pulverbasierte Verfahren zum Gegenstand haben [4,5]. Speziell im Bereich der additiven Fertigung metallischer Werkstoffe bleibt somit das volle Potential dieser neuen Fertigungstechnologie oft ungenutzt, beispielsweise in der Umformtechnik für die Herstellung von Stempeln und Matrizen, bei welchen das tribologische Verhalten von entscheidender Bedeutung für die industrielle Anwendung ist. Ebenso ist die Anwendung in der Ersatzteilproduktion und in der Kraftwerks- oder Bahntechnik vielversprechend, da in diesen Branchen die vorwiegend konventionell gefertigten Ersatzteile über lange Zeiträume lieferbar bleiben müssen. Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, inwiefern sich im Atomic Diffusion Additive Manufacturing (ADAM)-Verfahren gedruckte Bauteile für den Einsatz in tribomechanischen Systemen eignen. Die Vorteile im Vergleich zu den am Markt vorherrschenden pulverbasierten Verfahren bestehen dabei insbesondere im deutlich einfacheren Materialhandling, den geringeren Fertigungszeiten und einer vergleichsweise kostengünstigen Anlagentechnik. Methodik Im Hinblick auf die Umformtechnik als mögliches Anwendungsfeld wird im Rahmen der Arbeit das tribologische Verhalten von Probekörpern aus dem Werkzeugstahl D2 (X153CrMoV12, 1.2379) der Firma Markforged ® in Abhängigkeit von Druckorientierung und Nachbehandlung untersucht. Das verwendete ADAM-Verfahren ist dem Fused Layer Modelling nach VDI 3405 zuzuordnen. Dabei können durch nachgelagerte Prozesse vollmetallische Bauteile auf Basis hochgefüllter Polymerfilamente gefertigt werden. Das ADAM-Verfahren besteht aus drei Schritten: Formgebung, Entbindern und Sintern. Wie in Bild 1 dargestellt, verläuft die Verfahrensroute nach der Formgebung analog zum Prozess des Metallpulverspritzgusses. Entsprechend wird im Anschluss an die Formgebung während des Entbinderprozesses der Hauptbestandteil des organischen Bindemittels entfernt. Dieser Schritt führt zu einem hochporösen sogenannten Braunling. Im abschließenden Sinterprozess wird durch eine thermische Behandlung das restliche Bindemittel nach Bildung der Sinterhälse aufgrund von Umlagerungs- und Diffusionseffekten entfernt, was zu einer Verdichtung des Bauteils führt. Nach dem Sintern weisen die Teile eine richtungsabhängige Volumenschwindung auf, die mit dem Bindemittelgehalt des Filaments von 35 - 60 vol.-% korreliert [7-10]. Der dreistufige Fertigungsprozess des ADAM-Verfahrens erfolgte mithilfe des Markforged ® Metal X TM Systems. Dabei wurden zunächst vollgefüllte runde Probekörper (Ø 30 mm, h = 5 mm) in 0°, 45° und 90° Orientierung gedruckt, wobei die 0° Orientierung den im Druckbett liegenden Proben entspricht. Zum Vergleich wurden Probekörper mit dreieckiger Strukturfüllung gedruckt. Sämtliche Proben entstanden mit einer Schichthöhe von 150 µm. Anschließend erfolgte das Entbindern der gedruckten Grünteile für 12 Stunden mithilfe des Lösungsmittels Novec 73 DE und das Sintern nach dem von Markforged ® vorgegebenen Profil. Es folgte eine gestufte Wärmebehandlung bei 740 °C und 1040 °C für 30 min beziehungsweise 40 min. Die Proben wurden abschließend im Wasserbad abgeschreckt und bei 200 °C für 30 min angelassen. Um den Einfluss einer möglichen, abschließenden Oberflächenbehandlung zu untersuchen, fand eine mechani- Aus Wissenschaft und Forschung 29 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 5-6/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0042 Bild 1: Schematische Darstellung des Fused Layer Modelling für metallische Bauteile. Die Prozessschritte Entbindern und Sintern entsprechen dem Prozess des konventionellen Metallpulverspritzgusses. Während des Sinterns findet eine richtungsabhängige Volumenschwindung der Bauteile um bis zu 60 vol.-% statt [6]. TuS_5_6_2022.qxp_TuS_5_6_2022 09.02.23 16: 30 Seite 29 gemittelte Verschleißvolumen durch den zurückgelegten Gleitweg und die aufgebrachte Normalkraft dividiert wird. Ergebnisse und Diskussion In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Härtemessungen dargestellt. Die Härte der vollgefüllten Proben lag dabei in allen durchgeführten Messungen zwischen 50 HRC und 54 HRC und somit unterhalb des von Markforged ® angegebenen Werts von 55 HRC. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass die effektive Dichte der gedruckten Probekörper bei nur ca. 95 % liegt. Die maximal erreichbare Dichte und damit auch Härte der Bauteile setzt das vollständige Entfernen des Bindemittels im frühen Sinterstadium voraus. Befinden sich noch Einschlüsse im Bauteil führt dies unweigerlich zu Porosität. Folglich ist bei Optimierung der Entbinder- und Sinterparameter zu erwarten, dass Härtewerte von mehr als 55 HRC zukünftig erreicht werden können. Weiterhin kann durch heiß-isostatisches Pressen die Dichte der Probekörper verbessert werden, dies bringt jedoch Restriktionen hinsichtlich der geometrischen Gestaltungsfreiheit mit sich. Eine Druckrichtungsabhängigkeit der Härtewerte konnte nicht festgestellt werden. Bei den strukturgefüllten Proben ist die Auswertung der Härte nach Rockwell Methode C nicht beziehungsweise nur sehr eingeschränkt zulässig. Für den Fall, dass keine Strukturfüllung unterhalb der Prüfstelle liegt ist die Prüfkraft so hoch, dass die drei metallischen Deckschichten vom Diamantkegel durchbrochen werden. Die in den Tribometerversuchen ermittelten mittleren Reibungszahlen sind in Bild 2 dargestellt. Erwartungsgemäß lagen diese bei den unbehandelten Oberflächen deutlich über denen der polierten Proben, wobei die Druckorientierung nur im unbehandelten Zustand einen Einfluss auf das Reibungsverhalten zeigte. Die geringeren Reibungszahlen der in 0° Orientierung gedruckten unbehandelten Proben lassen sich auf die geringere Rillenhöhe der Oberfläche zurückführen. Die im Druckprozess auf der Druckplatte aufliegende Oberfläche führte im Tribometerversuch trotz der gleichmäßigeren Struktur zu den höchsten Reibungszahlen. Der in Bild 3 dargestellte Reibungszahlverlauf über 500 m Gleitweg ist bei den unbehandelten Proben auf- Aus Wissenschaft und Forschung 30 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 5-6/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0042 sche Endbearbeitung einiger Proben statt. Dabei erfolgte zunächst ein zweistufiger (250 Körnung, 800 Körnung), wassergeschmierter Schleifprozess auf einer Nassschleifmaschine. Nachfolgend wurde ein Polierschritt (Saphir 550.3, ATM Qness GmbH, Deutschland) unter Verwendung einer 9 μm Diamantsuspension durchgeführt. Die tribologisch nicht zu charakterisierende Seite wurde bei allen Proben plan geschliffen (320 Körnung), um ein planparalleles Einspannen in den folgenden Tribometerversuchen zu gewährleisten. Abschließend folgte eine 15-minütige Reinigung der Proben im Ultraschallbad in Isopropanol. An den gereinigten und oberflächenbehandelten Proben erfolgte zunächst eine Härtemessung nach Rockwell Methode C (DIA-TESTOR 2, Wolpert Instruments, Deutschland). Zudem wurde die effektive Materialdichte nach dem Sinterprozess durch Volumen- und Gewichtsmessung ermittelt. Die Anzahl der polierten Proben beträgt n = 3 und der unbehandelten Proben n = 2. Die Charakterisierung des tribologischen Verhaltens erfolgte auf einem Kugel-Scheibe-Tribometer (SST-1, KTmfk, Deutschland). Als Gegenkörper fungierten 100Cr6 (1.3505) Wälzlagerstahlkugeln (Güteklasse G10, DIN 5401, R a ≤ 0,02 µm, Härte ≥ 61 HRC) mit einem Durchmesser von 3,969 mm. Über eine Normalkraftbelastung von F N = 10 N wurde eine konstante H ERTZ sche Pressung von p = 1861 MPa eingestellt. Alle Versuche liefen über 500 m Gleitweg mit einer Gleitgeschwindigkeit von 0,1 m/ s, bei einer Temperatur von 20 °C ± 1 °C und einer relativen Luftfeuchte von 45 % ± 3 %. Als Zwischenmedium wurden zu Versuchsbeginn 10 µl des Tiefziehöls CLF-65 E (RAZIOL, Deutschland) mit einer Mikroliterpipette in Tropfenform (Menge 1 µl) gleichmäßig punktuell auf der späteren Verschleißspur appliziert. Im Anschluss an die Tribometerversuche wurde zur Beurteilung des Verschleißverhaltens der volumetrische Verschleiß anhand der Verschleißspur auf der Substratoberfläche gemäß DIN EN 1071-13 [11] ermittelt. Zur Ermittlung des Verschleißvolumens wurde die Topographie an vier um 90° versetzten Positionen mittels Laserrastermikroskopie (VK-X-200, Keyence, Japan) gemessen. Mithilfe von 50 benachbarten Scanlinien pro Messposition konnte der durchschnittliche Verschleißquerschnitt abgeleitet und aus den vier Positionen ein Mittelwert gebildet werden. Anschließend lässt sich der Verschleißkoeffizient nach A RCHARD [12] berechnen, indem das Vollmaterial Dreiecks-Strukturfüllung 0° 45° 90° 0° 45° 90° 51,3 53,0 52,0 47,0 47,7 47,0 52,7 50,7 51,7 39,5 30,5 48,3 53,7 51,3 52,0 - 28,0 47,7 Tabelle 1: Arithmetischer Mittelwert der Härte nach Rockwell (HRC) mit n = 3 Wiederholmessungen. TuS_5_6_2022.qxp_TuS_5_6_2022 09.02.23 16: 30 Seite 30 grund der geriffelten Oberfläche starken Schwankungen ausgesetzt, was auch daraus resultiert, dass die Rillen abwechselnd parallel und senkrecht zur Bewegungsrichtung liegen. Während die polierten Proben kein auffälliges Einlaufverhalten zeigten, war dieses bei den unbehandelten Proben je nach Druckorientierung deutlich feststellbar, insbesondere bei einer Orientierung von 0°. In dieser Orientierung waren die mittleren Reibungszahlen gleichzeitig am niedrigsten. Die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse sind die ersten tribologischen Untersuchungen zum Reibungsverhalten von im ADAM- Verfahren gefertigten Probekörpern aus dem Werkzeugstahl D2, eine Einordnung zu Literaturreferenzwerten der Reibungszahlen kann daher nicht erfolgen. Zur weiteren Charakterisierung des tribologischen Verhaltens der unterschiedlichen Proben sind die Verschleißkoeffizienten berechnet worden und in Tabelle 2 dargestellt. Bei den vollgefüllten Proben waren die Verschleißkoeffizienten bei einer Druckorientierung von 45° - entgegen der Erwartungen - am geringsten und wiesen gleichzeitig die geringste Abweichung auf, wohingegen die höchsten Verschleißkoeffizienten bei Proben mit 90° Orientierung zu verzeichnen waren. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass die Schwankungen des Verschleißes bei Druckorientierungen von 0° und 90° hoch waren, was vermutlich ein allgemeiner fertigungsbedingter Effekt des Druckverfahrens ist. Bezüglich des Verschleißverhaltens lieferte die Druckorientierung von 45° eine bessere Reproduzierbarkeit der Messergebnisse. Eine Korrelation zwischen der Reibungszahl und dem Verschleißkoeffizienten besteht nicht, da die mittleren Reibungszahlen aller Druckorientierungen kaum einen Unterschied aufweisen (siehe Bild 2). Erwartungsgemäß lagen die Verschleißkoeffizienten der strukturgefüllten Proben bei jeweils gleicher Druckorientierung (0°, 45° und 90°) über denen der vollgefüllten Proben. Die Beanspruchbarkeit der strukturgefüllten Proben ist aufgrund geringerer Härtewerte deutlich niedriger im Gegensatz zu den vollgefüllten Proben, weswegen der Gegenkörper im Tribometerversuch tiefer in die Oberfläche eindringen kann. Daraus resultieren größere Verschleißvolumina und damit Aus Wissenschaft und Forschung 31 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 5-6/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0042 Vollmaterial Dreiecks- Strukturfüllung 0° 45° 90° 0° 45° 90° Verschleißkoeffizient in 10 -6 mm³/ Nm 0,40 ± 0,26 0,11 ± 0,04 0,44 ± 0,37 0,60 0,54 0,74 Tabelle 2: Nach A RCHARD ermittelte Verschleißkoeffizienten (arithmetischer Mittelwerte und Standardabweichung) der vollgefüllten, polierten Proben mit n = 3 Wiederholmessungen sowie der strukturgefüllten Proben (n = 1). Für die unbehandelten Proben ist die Auswertung des Verschleißquerschnitts und damit die Berechnung des Verschleißkoeffizienten nicht möglich. Bild 2: Mittlere Reibungszahlen der unterschiedlichen Proben im polierten und im unbehandelten Zustand auf dem Kugel-Scheibe-Tribometer (Gegenkörper: 100Cr6; Schmierstoff: Tiefziehöl CLF-65 E; Umgebungsmedium: Luft). Bild 3: Reibungszahlverlauf über 500 m Gleitweg der vollgefüllten 90° Proben (Kugel-Scheibe-Tribometer; Gegenkörper: 100Cr6; Schmierstoff: Tiefziehöl CLF-65 E; Umgebungsmedium: Luft). TuS_5_6_2022.qxp_TuS_5_6_2022 09.02.23 16: 30 Seite 31 Zusammenfassung Am Beispiel des ADAM-Verfahrens wurde das Fused Layer Modelling metallischer Bauteile für die Eignung in tribomechanischen Systemen, etwa für den Einsatz in Umformwerkzeugen, untersucht. Mit diesem Verfahren werden in der Regel strukturgefüllte Bauteile gefertigt, wodurch sich - ausreichende Härte vorausgesetzt - Materialeinsparungen realisieren lassen. Die durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass der vom Hersteller Markforged ® vorgegebene Härtewert von 55 HRC nicht erreicht werden konnte. Der Anzahl der Deckschichten bei strukturgefüllten Bauteilen muss besonderes Augenmerk geschenkt werden, da hierdurch die Härte stark beeinflusst wird. Bei den verwendeten drei Deckschichten durchstieß bei der Härteprüfung der Diamantkegel diese, sofern die Prüfstelle freitragend war, was eine normgerechte Härteprüfung bei strukturgefüllten Bauteilen erschwert. Die Anpassung der Deckschichten kann nichtsdestotrotz verwendet werden, um die Härte - perspektivisch - gezielt einzustellen, weshalb hierin großes Optimierungspotential für mögliche Anwendungen im Bereich der Umformtechnik liegt. Die Oberflächenbehandlung der Proben hat sich in den Untersuchungen als zwingend notwendig herausgestellt. Während in der vorliegenden Arbeit die Probenoberflächen im gesinterten Zustand mechanisch geschliffen und poliert wurden, sind Untersuchungen mit Grünkörpern, deren Oberfläche chemisch geglättet wird, ein vielversprechender Ansatz, für geometrisch komplexe Bauteile. In laufenden Arbeiten wird zudem derzeit untersucht, inwieweit sich ADAM-Probekörper mit (wasserstoffhaltigen, dotierten) amorphen Kohlenstoffschichten beschichten lassen Aus Wissenschaft und Forschung 32 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 5-6/ 2022 DOI 10.24053/ TuS-2022-0042 höhere Verschleißkoeffizienten. Eine Erweiterung der Deckschichtenanzahl (> 3) könnte zu höherer Beanspruchbarkeit der Probekörper führen, indem die Verschleißbeständigkeit gesteigert und gleichzeitig eine Materialeinsparung durch die Strukturfüllung beibehalten wird. Hierin liegt das größte Optimierungspotenzial für weitere Untersuchungen. Wegen der unebenen und durch eine Rillenstruktur definierte Topographie der unbehandelten Probenoberflächen, konnte kein Verschleißquerschnitt einer Verschleißspur ausgewertet werden, weshalb kein Verschleißkoeffizient angegeben werden kann. Auf einer repräsentativen Mikroskopie-Aufnahme der unbehandelten 90° Probe ist eine dunkle Oberfläche mit hellen Stellen (Bild 4a) ersichtlich, die auf Verschleiß hindeuten. Das Höhenprofil der Verschleißspur (dargestellt im Schnitt A-A, Bild 4a) beweist die Rillenstruktur der Oberfläche. Zusätzlich ist deutlich erkennbar, dass äquivalent zu den hellen Stellen die höchstgelegenen Rillen im Kontakt standen und tribologisch beansprucht wurden. Dies äußert sich durch abgerundete Spitzen in Folge von Abtragungsvorgängen. Die Abrundung der Spitzen ist in Bild 4a mit Pfeilen gekennzeichnet. Die repräsentative Oberflächenaufnahme sowie das Höhenprofil im Schnitt A-A (siehe Bild 4b) der polierten 90° Probe zeigen erwartungsgemäße Ergebnisse. Während die Oberfläche durch die Politur hell erscheint, ist die dunkle Verschleißspur in der Bildmitte zu sehen. Dem Höhenprofil ist eine maximale Verschleißtiefe von 0,5 µm und eine schmale Form der Verschleißspur zu entnehmen. Folglich ergeben sich geringe Verschleißquerschnitte und damit ein geringer Verschleißkoeffizient. Bild 4: Repräsentative laserrastermikroskopische Oberflächenaufnahme der Verschleißspur sowie das abgeleitete Höhenprofil im Schnitt A-A der vollgefüllten, mit 90° Orientierung gedruckten Proben. a) unbehandelte Oberfläche, b) polierte Oberfläche. Die Pfeile in Bild 4a kennzeichnen den Abtrag der fertigungsbedingten Rillenstruktur. TuS_5_6_2022.qxp_TuS_5_6_2022 09.02.23 16: 30 Seite 32 und inwiefern man hierdurch das tribologische Verhalten beeinflussen kann. Zusätzlich wird untersucht, ob sich die Rillenstruktur der Oberfläche positiv auf die Schmierfilmbildung auswirkt und gezielt genutzt werden kann. Literatur [1] Tofail, S. A. M., Koumoulos, E. P., Bandyopadhyay, A., Bose, S., O’Donoghue, L., Charitidis, C.: Additive Manufacturing: Scientific and Technological Challenges, Market Uptake and Opportunities. Materials Today 2018, 21, 22-37. doi: 10.1016/ j.mattod.2017.07.001. 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