eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 70/4-5

Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.24053/TuS-2023-0022
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2023
704-5 Jungk

Bestimmung der oberen Temperaturgrenze von Schmierstoffen gegen adhäsives Versagen

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2023
Mathias Woydt
Zhiliang Jin
Ailian Lei
Xiaogang Li
Binbin Wei
Die ASTM D8503 ist eine neue, tribometrische Methodologie zur Bestimmung des adhäsiven Versagens, bei dem das Versagen durch Temperaturerhöhungen und nicht durch Laststufenerhöhungen, wie bei FZG, 4-ball, Timken, SRV usw., ausgelöst wird. Diese Prüfmethode bestimmt die obere Temperaturgrenze für den Betrieb eines Schmierstoffs und kann auch verwendet werden, um die obere Temperaturgrenze von Nicht-EP-Schmierölen zu bestimmen, bei steigender Temperatur vor adhäsivem Versagen schützen. Sie gibt auch Aufschluss über die Beibehaltung der Reibungseigenschaften als Funktion der Temperatur. Sie gibt Formulierern Aufschluss über die Bildung und Stabilität von schützenden Tribofilmen bei steigender Temperatur. Die Kombination der Verläufe der Reibungszahl mit denen des elektrischen Kontaktwiderstandes gibt neue Einblicke in das „Leben“ von Tribofilmen.
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den oder aus Oxidfilmen auf Oberflächen bestehen, durchbrochen werden oder schneller verschleißen, als sie sich neu bilden können. Die Grenzflächentemperaturen bestimmen diese Bildungskinetik bei gegebenen Kontaktpressungen und Gleitgeschwindigkeiten. Tribologische Kontakte wandeln die eingebrachte mechanische Arbeit irreversibel in Wärme um. Tribokontakte sind „Spezialreaktoren“, in denen Temperatur, hohe Drücke und Scherung als thermodynamische Größen gleichermaßen vorhanden sind. Adhäsive Verschleißmechanismen können durch ansteigende Kontaktpressungen oder Temperatur ausgelöst werden. Im Allgemeinen wird die Tragfähigkeit durch Laststeigerungsversuche nach FZG (ISO 14635), 4-Kugel (ISO 20623), Timken (ASTM D2782), SRV (ISO 19291) ermittelt. Der Anstieg der Grenzflächentemperatur in Laststeige- Aus Wissenschaft und Forschung 40 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 Einleitung Adhäsiver Verschleiß mit seinen Synonymen Scuffing, Scoring oder Fressen ist im Prinzip ein spontaner Versagensmechanismus und keine Ermüdungserscheinung oder ein Verschleißmechanismus für irreversiblen Materialverlust. Meistens wird adhäsives Versagen (Fressen) durch Metall-Metall-Kontakte ausgelöst, wenn unter dem Reibungszustand der Misch-/ Grenzreibung schützende Tribofilme, die aus Additiven gebildet wer- Bestimmung der oberen Temperaturgrenze von Schmierstoffen gegen adhäsives Versagen Mathias Woydt, Zhiliang Jin, Ailian Lei, Xiaogang Li, Binbin Wei* Dieser Beitrag wurde im Rahmen der 64. Tribologie-Fachtagung 2023 der Gesellschaft für Tribologie (GfT) eingereicht. Die ASTM D8503 ist eine neue, tribometrische Methodologie zur Bestimmung des adhäsiven Versagens, bei dem das Versagen durch Temperaturerhöhungen und nicht durch Laststufenerhöhungen, wie bei FZG, 4-ball, Timken, SRV usw., ausgelöst wird. Diese Prüfmethode bestimmt die obere Temperaturgrenze für den Betrieb eines Schmierstoffs und kann auch verwendet werden, um die obere Temperaturgrenze von Nicht-EP-Schmierölen zu bestimmen, bei steigender Temperatur vor adhäsivem Versagen schützen. Sie gibt auch Aufschluss über die Beibehaltung der Reibungseigenschaften als Funktion der Temperatur. Sie gibt Formulierern Aufschluss über die Bildung und Stabilität von schützenden Tribofilmen bei steigender Temperatur. Die Kombination der Verläufe der Reibungszahl mit denen des elektrischen Kontaktwiderstandes gibt neue Einblicke in das „Leben“ von Tribofilmen. Schlüsselwörter Fressen, adhäsives Versagen, Temperaturgrenze, Motoröl, Kolbenring, Zylinderlaufbahn, Reibung, SRV, D8503 Determination of the upper temperature limit of lubricants against adhesive failure ASTM D8503 is a brand new tribometrical scuffing tests where adhesive failure (scuffing, scoring) is initiated by temperature step increases and not by load step increases as per FZG, 4-ball, Timken, SRV, etc.. This test method determines the upper temperature limit for operating a lubricant and can also be used to determine the upper temperature limit of non-EP lubricating oils to protect against scuffing with increasing temperature. It illuminates also the retention of frictional properties over increasing temperature. It illuminates to formulators the formation and stability of protecting tribofilms with increasing temperature. Combining the temperature step increases with the electrical contact resistance gives new insights in the “Life” of tribofilms. Keywords Cuffing, adhesive wear, temperature limit, engine oil, piston ring, cylinder liner, friction, SRV, D8503 Kurzfassung Abstract * Mathias Woydt, MATRILUB, Berlin, Deutschland Zhiliang Jin Ailian Lei Xiaogang Li Binbin Wei PetroChina Lubricant Company, Lanzhou, V.R. China TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 40 rungsversuchen, insbesondere in den Mikrobereichen, nimmt mit zunehmender Normalkraft bzw. Hertzscher Kontaktpressung zu. Dabei kann die Plastizitätsgrenze der Werkstoffe überschritten werden durch hohe Hertzsche Kontaktspannungen in Verbindungen mit einem Anlassen oberflächennaher Bereiche in Folge der Grenzflächentemperatur. Im Falle des gebräuchlichsten tribometrischen Prüfstahles, dem durchgehärteten und angelassenen AISI 52100 oder 100Cr6, beginnt für diese Legierung während des Versuchs oder Betriebs das Anlassen ab 160 °C [1]. Es besteht die Notwendigkeit, die obere Temperaturgrenze von Schmierstoffen zu bestimmen. Die Prüfverfahren ASTM D3336 und FAG FE9 (DIN 51821, bis 250 °C), die beide mit Kugellagern arbeiten, legen die obere Temperaturgrenze von Fetten fest. Bei Leistungsdichten in Verbrennungsmotoren von 100 kW/ Liter sind Betriebstemperaturen der Kolbenringe/ Zylinderlaufbuchsen von über 300 °C zu erwarten. Die Mercedes- Benz-Norm MBN 10474 ist ein SRV-basierter tribometrischer Test [2] zur Abbildung der Fressgrenze von Motorenölen im Zusammenspiel mit Werkstoffen/ Beschichtungen unter Verwendung einer Testmatrix mit bis zu 31 verschiedenen Versuchsbedingungen. Die Prüflinge werden aus realen Motorteilen hergestellt. Die kritische oder maximale Betriebstemperatur von Schmierstoffen [3] kann angesehen werden als a. Obergrenze der zulässigen Umgebungs- oder Flüssigkeitstemperatur oder b. obere Hot-Spot- oder Blitztemperatur für die Rauheitshügel. Die tribometrische Testmethodik nach ASTM D8503- 23 [4] oder PetroChina Q/ SY 1495-2012 [5], bei der die Öltemperatur schrittweise um 10 K erhöht wird mit spezifischen Zeitstufen, liefert die folgenden wertvollen Erkenntnisse über das funktionale Verhalten von Schmierstoffen: a. die Aufrechterhaltung der Reibungseigenschaften bei steigender Temperatur (bis zu diesem „Funktionsverlust“, aber ohne „Fressen“; siehe Bild 2 und 4) oder b. Erkenntnisse für Formulierer über die Bildung und tribologischen Stabilität von schützenden Tribofilmen mit ansteigender Temperatur und c. die Bestimmung einer oberen Temperaturgrenze für den Betrieb eines Schmierstoffs in Wechselwirkung mit einer bestimmten metallurgischen Tribopaarung. Tribologische Prüfmethodologie Die Fress-Temperatur-Grenzprüfmethode wird auf einer SRV-Prüfmaschine (Optimol Instruments GmbH, München) mit einer Rolle-Scheibe-Geometrie durchgeführt. Die Rolle oszilliert mit einer konstanten Frequenz von 50 Hz, einem Hub von 2,0 mm und unter einer konstanten Belastung (F N ) von 500 N (P 0mean = 210 MPa) gegen eine flache Prüfscheibe. Die Temperatur des Aufnahmeblocks wird schrittweise entsprechend dem vorgegebenen Temperaturprofil erhöht. Die Längsachse der Rolle ist um 90° zur Gleitrichtung gedreht. Die Rolle aus durchgehärtetem 100Cr6 (vergütet auf 60 ± 2HRC (720-775 HV0.2)) hat einen Durchmesser von 15 mm und eine Breite von 22 mm mit Randabfall an den Enden, so dass die Kontaktlänge zu Beginn der Prüfung 21 mm beträgt. Die Scheiben wurden aus lamellarem Grauguss (siehe Bild 1) mit hohem Kohlenstoffgehalt und perlitischer Matrix gegossen (Form vom Graphit: IA4-5). Der Kohlenstoffgehalt lag zwischen Aus Wissenschaft und Forschung 41 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 Grauguss GJL HC [Gew.-%] Lieferant UNI Kassel Kohlenstoff 3,580 Silicium 2,110 Mangan 0,716 Phosphor 0,0292 Schwefel 0,0456 Chrom 0,138 Nickel 0,0584 Molybdän 0,292 Kupfer 0,324 Niob 0,0113 Sauerstoff 0,0020 Härte 164 (HBW5/ 250) Graphitform IA4-5 Matrix Perlit mit <10% Ferrit Bild 1: Mikrostruktur des lamellaren, hochgekohlten Grauguss mit der Elementanalyse Grauguss GJL HC [Gew.-%] Lieferant UNI Kassel Kohlenstoff 3,580 Silicium 2,110 Mangan 0,716 Phosphor 0,0292 Schwefel 0,0456 Chrom 0,138 Nickel 0,0584 Molybdän 0,292 Kupfer 0,324 Niob 0,0113 Sauerstoff 0,0020 Härte 164 (HBW5/ 250) Graphitform IA4-5 Matrix Perlit mit <10% Ferrit TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 41 Die ASTM D8503 ist sehr sensitiv und trennscharf. Die Vergleichbarkeit beträgt R < 17,3 °C und die Wiederholbarkeit r < 12,9 °C. Damit tritt das adhäsive Versagen praktisch innerhalb von einer Temperaturstufe auf. Adhäsives Versagen wird durch einen starken Anstieg der Reibungszahl über den stationären Zustand hinaus von mehr als 0,2 während mehr als 20 s angezeigt. In schweren Fällen kommt es zum Stillstand des Motors. Unterschiedliche spontane, isolierte und kurze Peaks in der Reibkraftkurve müssen nicht unbedingt auf adhäsive Verschleißmechanismen hinweisen. Zuverlässiger ist die Erkennung eines Fressens durch die Bewertung im Verlauf der Reibungszahl und der zugehörigen Schwingungsweite (Hub). Parallele Sprünge oder starke Anstiege in beiden Signalen weisen wahrscheinlich auf adhäsive Verschleißmechanismen hin und auf den Verlust des Schutzes gegen adhäsiven Verschleiß (Fressen). Für Entwicklungszwecke können beide Signale noch mit dem elektrischen Kontaktwiderstand (ECR) gekoppelt werden. Die Eigenschaften der hier dargestellten Öle gibt Tabelle 1 wieder. Ergebnisse Zwei deutlich unterschiedliche Verläufe der Reibungszahl sind in Bild 2 dargestellt und verdeutlichen einen gegenläufigen Einfluss der Öltemperatur auf die Rei- Aus Wissenschaft und Forschung 42 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 3,65-3,85 Gew.-% Kohlenstoff. Lamellengrauguss mit hohem Kohlenstoffgehalt wird häufig für Zylinderlaufbuchsen in Dieselmotoren verwendet. 100 µL des zu prüfenden Schmieröls werden auf die gereinigte Scheibe gegeben, wo der Kontakt mit der Rolle stattfindet. Die Methode besteht aus einer Reihe von verschiedenen Temperaturschritten mit dazugehörigen Haltezeiten, wie in Bild 2 dargestellt. Die Haltezeiten nehmen mit ansteigendem Temperaturniveau zu. Bild 2 zeigt die Entwicklung der Temperaturstufen und der Reibungszahl bis zum Erreichen des Endpunkts mit adhäsivem Versagen. Das dynamische Temperaturprofil beginnt bei 40 °C und akkumuliert bis zu einer maximalen Temperatur von 300 °C eine Versuchszeit von 287 Minuten. Die Temperaturschritte sind wie folgt: a. Erhöhung um jeweils 10 K alle sieben Minuten bis 120 °C (9 x7 Minuten = 63 Minuten), b. Fortsetzung in Schritten von 10 K mit einer Dauer von jeweils zehn Minuten bis 180 °C (5 x10 Minuten = 50 Minuten), c. Fortsetzung in Schritten von 10 K mit einer Dauer von jeweils zwölf Minuten bis 240 °C (7x12 Minuten = 84 Minuten) und d. Fortsetzung in Schritten von 10 K mit einer Dauer von jeweils fünfzehn Minuten bis 300 °C (6 x15 Minuten = 90 Minuten). Bild 2: Verlauf der Reibungszahl (links) mit ansteigender Temperatur (rechts) in Temperaturschritten von 10K für zwei verschiedene Öle Ölcode Viskositätsklasse Leistungsniveau Grundöl Viscosität bei 100 [mm²/ s] Viskositätsindex Flammpunkt (COC) [°C] NOACK- Verdampfung [%] # 2 5W-30 SM/ GF-4 Group III 11.42 171 224 9.1 # 5 32 L-HM Group I 5.32 93 230 - # 6 5 cSt Flugzeugturbinenöl POE 5.22 128 254 3.1 Tabelle 1: Eigenschaften der Ölproben TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 42 bung, der nun durch die Verwendung von D8503 sichtbar wird. Solche Erkenntnisse sind wichtig, um Fehlinterpretationen des Funktionsverhaltens von Schmierstoffen in Bezug auf die typische Betriebstemperatur zu vermeiden. Das Hydrauliköl beginnt mit recht hohen Reibungszahlen, die bei etwa 110 °C abfallen, während das Motoröl bis etwa 100 °C sehr niedrige Reibungseigenschaften aufweist, die dann verloren gehen. Die Bilder 3 bis 5 zeigen die Verläufe der Größen Reibungszahl, Hub, elektrischer Kontaktwiderstand (ECR) und Öltemperatur für drei verschiedene Schmierstoffe. In allen drei Fällen geben die Reibungszahl und der Hub zusammen den Endpunkt der Fresstemperaturgrenze gut an. Bis zum Stillstand der Maschine ist das Reibkraftsignal nach 12.000 Sekunden in Bild 3 schwankend, während der sprunghafte Anstieg der Reibungszahl nach 9.000 Sekunden in Bild 4 und der Abfall nach 3.000 Sekunden in Bild 5 keine homologen Reaktionen in den Hubsignalen fanden. Daraus folgt, dass der Verlust des Fressschutzes erst unmittelbar vor dem Stillstand der Maschine auftrat und die Änderungen im Reibungsverhalten keinen Verlust im Schutz vor adhäsiven Versagen bedeuten. Aus der Sicht eines Formulierers ermöglicht die Einbeziehung des elektrischen Kontaktwiderstands weitere Erkenntnisse. Bis 8.000 Sekunden oder ~200 °C ist der ECR in Bild 3 stabil und unabhängig von der Temperatur und nimmt dann aber kontinuierlich ab. Zu diesem Zeitpunkt ist unklar, ob der Rückgang im ECR mit strukturellen Veränderungen im Tribofilm zusammenhängt oder ob der Verschleiß des Tribofilms höher ist als seine Neubildung, so dass seine Dicke abnimmt. Oberflächenanalytik liefert hier die Einblicke in die strukturellen Veränderungen an Proben, bei denen der Versuch an jeweils interessanten Punkten angehalten wurde. Bild 3 macht deutlich, wie auch Bild 4, dass ein niedriger ECR- Wert nicht zwangsläufig auf ein beginnendes Versagen hinweist. Das Motoröl in Bild 4 verlor seine Leichtlaufeigenschaften bei etwa 210 °C, während der Schutz gegen Fressen bis 260 °C erhalten blieb. Die Beibehaltung des geringen Reibungsverhaltens ging bei etwa 210 °C verloren. Dies kann auf die Verdampfung oder Zersetzung des Reibungsverminderers zurückgeführt werden. Die ECR zeigt über der Temperatur mehrere Lageänderungen. Strukturelle Veränderungen im Tribofilm sind wahrscheinlich, da sich sowohl die Reibungszahl als auch der Aus Wissenschaft und Forschung 43 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 Bild 3: Gegenüberstellung der parallelen Verläufe der Reibungszahl (oben), des elektrischen Kontaktwiderstands (unten) sowie der Schwingungsweite (unten) während des Temperatursteigerungstests (Flugzeugturbinenöl, Polyolester, η 100 °C = 5 cSt) TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 43 Aus Wissenschaft und Forschung 44 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 Bild 4: Gegenüberstellung der parallelen Verläufe der Reibungszahl (oben), des elektrischen Kontaktwiderstands (unten) sowie der Schwingungsweite (oben) während des Temperatursteigerungstests (SAE 5W-30, SM/ GF-4, Gr. III) Bild 5: Gegenüberstellung der parallelen Verläufe der Reibungszahl (oben), des elektrischen Kontaktwiderstands (unten) sowie der Schwingungsweite (oben) während des Temperatursteigerungstests (Hydrauliköl ISO VG32, L-HM) TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 44 ECR in ihren Werten stufenweise ändern. Analytische Untersuchungen des Tribofilms werden die Ursachen für die Veränderung der Werte der beiden Größen beleuchten und dasjenige Additiv identifizieren, von welchem der Verlust des Reibungsverhaltens ausgeht. Vom Beginn des Versuchs bis zum Fressen ist die Entwicklung der ECR in Bild 5 temperaturunabhängig, und der Abfall des Reibungsverhaltens bei ~120 °C fand keine homologen Reaktionen im Hub und der ECR. Geringe Reibung trat oberhalb von ~120 °C auf und blieb bis zum Fressen bei ~230 °C erhalten. Es wird angenommen, dass strukturelle Veränderungen im Tribofilm stattgefunden haben müssen, auch wenn der ECR des Tribofilms konstant blieb. Die hier vorgestellten Ergebnisse entkräften einen Hauptkritikpunkt an tribometrischen Ergebnissen, nämlich die mangelnde Übertragbarkeit der Ergebnisse. Wenn das Reibungsverhalten eines Schmierstoffs im Zusammenspiel mit den jeweiligen Tribomaterialien stark von der Temperatur abhängt (siehe z.B. Bild 2), kann man tribometrische Ergebnisse, die z.B. bei 50 °C oder 80 °C gemessen wurden, nicht zur Beurteilung und Bewertung des Funktionsprofils eines Schmierstoffs verwenden, wenn die Anwendungstemperatur eine ganz andere ist. Schlussfolgerungen Die ASTM D8503 ist eine sehr wiederholbare Prüfmethode zum Auslösung adhäsiven Versagens (Fressen) durch einen Temperaturanstieg im Vergleich zu den weit verbreiteten Tests mit stufenweisem Lastanstieg. Diese Prüfmethodik ist effizient. Sie kann auf andere Anwendungen abgebildet, indem die Prüfkörper aus den anwendungsspezifischen Legierungen hergestellt werden. Durch Kombination des Verlaufs der Reibungszahl in Abhängigkeit von der Öltemperatur mit dem elektrischen Kontaktwiderstand und der Oberflächenanalytik liefert wertvolle Erkenntnisse für Formulierer und Endverbraucher über das funktionale Verhalten des Schmierstoffes und dessen Tribofilmen. Literatur [1] Zaretsky, E. V., Tribology for Aerospace Applications, STLE SP-37, 1997, pp. 358. [2] Obert, P.; T. Müller, H.-J. Füßer and D. Bartel, The influence of oil supply and cylinder liner temperature on friction, wear and scuffing behavior of piston ring cylinder liner contacts - A new model test, Tribology International 94 (2016) 306-314 [3] Matveevsky, R.M., The critical temperature of oil with point and line contact machines, Transactions of the ASME, September 1965, p. 754-760 [4] ASTM D8503-23 Standard Test Method for Determining the Scuffing Temperature Limit of Lubricating Oils Using the SRV Test Machine [5] Q/ SY 1495-2012 Standard test method for determining the friction-reducing properties of gasoline engine oil (SRV test machine method) Aus Wissenschaft und Forschung 45 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · 4-5/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0022 TuS_4_2023.qxp_TuS_4_2023 20.09.23 09: 16 Seite 45