Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.24053/TuS-2023-0043
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2023
70eOnly Sonderausgabe 2
JungkUntersuchungen zum wassergeschmierten Gleitlager
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2023
Franz Peters
Fett- und ölgeschmierte Gleitlager haben eine sehr lange Tradition. Wasser und ähnlich fluide Substanzen sind kein gutes Schmiermittel, ihre Schmiereigenschaften sind dennoch von Interesse, wo sie als Prozessmedium auch die Schmierung von rotierenden Wellen garantieren sollen. In dieser Arbeit bereiten wir die analytische Gleitlagertheorie sorgfältig auf, um anschließende Experimente mit Wasser einordnen und verifizieren zu können.
tus70s20031
1 Einleitung Gleitlagerströmungen basieren auf einem schubspannungsgetriebenen Fluidfilm in engen Spalten. Im Idealfall sind Trägheitskräfte klein oder vernachlässigbar. Dann dominieren Reibungskräfte im Zusammenspiel mit Druckkräften. Die maßgebliche Charakterisierung der Strömung muss durch eine Kennzahl erfolgen, die diese Größen ins Verhältnis setzt. Dies ist die Sommerfeldzahl [1], die wir, etwas geändert, Lastzahl nennen. Die bei verschwindenden Trägheitskräften resultierenden Reynoldszahlen (basierend auf der Spaltweite) sind klein; man spricht von schleichender, laminarer Strömung. Die Reynoldszahlen werden größer und gewinnen Bedeutung, wenn in erweiterter Theorie Trägheitskräfte zugelassen werden und wenn Instabilitäten zu erwarten sind, die den laminaren Charakter gefährden. Dies ist bei großen Lagern der Fall, wie sie etwa im Turbinenbau eingesetzt werden. Die dort auftretenden Last- und Strömungszustände erfordern zusätzlich die Beachtung der Wärmeentwicklung und neue Wege der konstruktiven Gestaltung. Aktuelle Arbeiten hierzu finden sich in den Dissertationen von Buchhorn [2] bzw. Kuhr [3]. Aus Wissenschaft und Forschung 31 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 Untersuchungen zum wassergeschmierten Gleitlager Franz Peters* Fett- und ölgeschmierte Gleitlager haben eine sehr lange Tradition. Wasser und ähnlich fluide Substanzen sind kein gutes Schmiermittel, ihre Schmiereigenschaften sind dennoch von Interesse, wo sie als Prozessmedium auch die Schmierung von rotierenden Wellen garantieren sollen. In dieser Arbeit bereiten wir die analytische Gleitlagertheorie sorgfältig auf, um anschließende Experimente mit Wasser einordnen und verifizieren zu können. Schlüsselwörter Gleitlager, Wasserschmierung, Exzentrizität, Lastzahl Investigations on the water lubricated journal bearing Grease and oil lubricated journal bearings have come a long way. Water and similar fluidic substances are poor lubricants. Nevertheless, their lubricating properties are of interest in processes where they are process medium and lubricant of rotating shafts at the same time. In this work we prepare the analytic theory of the journal bearing in a way to be able to interpret and verify following experiments with water. Keywords journal bearing, water lubrication, excentricity, load number Kurzfassung Abstract * Prof. Dr.-Ing. Franz Peters Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Maschinenbau Institut für Thermo- und Fluiddynamik Gebäude IC Postfach 71, 44801 Bochum Symbole B, r' Mittelpunkt der Bohrung, Radius C, r Mittelpunkt der Welle, Radius b Breite des Lagers ∆r = r' - r Radiusdifferenz e Exzentrizität f = Normierte Exzentrizität m = Δr - e Verlagerung f = 1 - f alternativ h(φ) Spaltweite, auch kurz h η(φ) = Normierte Spaltweite α Winkel zwischen r' und r U Umfangsgeschwindigkeit bei r u Geschwindigkeit μ Kinematische Viskosität p Druck p¯ normierter Druck x, y Koordinaten vom Wellenmittelpunkt aus. y auch normal zum Spalt ω Winkelgeschwindigkeit φ Drehwinkel F x Druckinduzierte Kraft, x-Richtung L Lastzahl T Schubspannungszahl In der Prozesstechnik hochreiner Medien (Wasser, Alkohole, Salzlösungen, Wasserstoffperoxid etc.) möchte man mit den Medien selbst schmieren, um den Prozess rein zu halten und von der Umgebung zu isolieren. Hier ( ) fach beantworten wie in einer Stromröhre unter den Bedingungen der Bernoulli Gleichung. Ausgangspunkt ist die stationäre Couette Strömung. Sie bildet sich zwischen parallelen Platten, wobei eine Platte steht und die andere sich mit der Geschwindigkeit U in x-Richtung bewegt. Die Wandschubspannung an dieser Platte treibt die Strömung. Die reduzierte Impulsgleichung in x- Richtung mit y normal zur Platte (1) gilt hier uneingeschränkt. Der Geschwindigkeitsgradient ist konstant, womit der Druckgradient verschwindet. Wenn man nun einen zweiten Antrieb zulässt, indem man ein Druckgefälle aufprägt, so bekommt das lineare Profil einen „Bauch“ in Strömungsrichtung. Bei Druckanstieg wölbt sich der „Bauch“ gegen die Strömungsrichtung. Eine entsprechende Abbildung findet sich bei Schlichting [6, S.68]. Eine Variante entsteht, wenn man den Parallelspalt in Strömungsrichtung verengt ohne den Druck vorzugeben. Jetzt entsteht hier durch die Kontinuitätsbedingung ein „Bauch“, weiterhin getrieben durch die Wandschubspannung. Der Druck wird sich auf Grund der Gegebenheiten anpassen. Gl.(1) wird die Lösung unter der Annahme liefern, dass der Druck quer zur Strömung konstant ist. Die Konstellation im Lagerspalt ist nun folgende: Die Geometrie ist vorgegeben. Der Schmierspalt muss Druckkräfte entwickeln, die in Summe und Richtung die Last ausgleichen. Dies erfordert aber, dass der Druck in der Verengung steigt bzw. in der Erweiterung fällt. Wir haben also einen Fall, in dem nicht nur Geometrie und Antrieb vorgegeben werden, sondern auch das Vorzeichen des Druckgradienten. Die Geschwindigkeitsverteilung ist eine resultierende Funktion. Die Vorzeichenanpassung wird weiter unten vorgenommen. Druckkräfte auf die Welle Wir betrachten die Welle in einer Bohrung wie in Bild 1 gezeigt. Die x-Achse ist Symmetrieachse. Der Mittelpunkt der Welle liegt auf der x-Achse, verschoben um die Exzentrizität e, gemessen von dem Mittelpunkt der Bohrung. Die Weite des entstandenen Spaltes wird durch die Funktion h(φ) beschrieben. Es gilt (2) Das Verhältnis sei sehr groß, weshalb α sehr klein ist, wodurch näherungsweise = sin = sin sin sin = ( ) + + cos = cos Aus Wissenschaft und Forschung 32 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 sind z.B. magnetgetriebene Pumpen mit Zahnrädern oder Propellern zu nennen. Die Dimensionen der eingesetzten Gleitlager sind relativ klein im Vergleich zu denen in Turbinen oder Motoren. Lagerdurchmesser von z.B. 10 mm oder kleiner sind nicht ungewöhnlich. Die schmierenden Fluide sind sehr dünnflüssig im Vergleich zu Öl, das in den meisten anderen Lagern verwendet wird. Wasser und Öl sind Repräsentanten zweier großer Gruppen von Fluiden, die sich aus strömungsmechanischer Sicht in erster Linie durch ihre Viskosität unterscheiden. Die allerdings kann um Größenordnungen schwanken. Ein wassergeschmiertes Gleitlager kann trotz geringer Viskosität gut funktionieren, nimmt aber deutlich weniger Last auf als ein gleichgroßes, ölgeschmiertes. Wasser und andere dünnflüssige Fluide werden häufig als „nichtschmierend“ bezeichnet. Dies ist, so gesehen, nicht ganz zutreffend. Der Begriff trifft aber zu, wenn es um Notlaufeigenschaften, also die Tribologie des Kontaktes geht, oder wenn Effekte wie Ausgasung hinzukommen. Große Lager, die hohe Lasten in Richtung der Schwerkraft tragen, waren ein wichtiger Baustein seit Beginn der Industrialisierung. Analytische Untersuchungen sind seit Reynolds [4] und Sommerfeld [1] bekannt. Die Berechnung und Auslegung der Lager orientierte sich überwiegend an der Schwerkraft, z.B. Rolloff [5]. D.h. das Koordinatensystem wurde mit einer Achse nach „unten“ ausgerichtet. Bei kleinen Lagern zeigt die zu tragende Kraft in eine durch Aufgabe und Konstruktion bestimmte Richtung, die weniger oder gar nicht von der Schwerkraft abhängt. Wir wählen deshalb ein entsprechendes Koordinatensystem, in dem die x-Achse eine Symmetrieachse darstellt. (Zwei ineinander liegende Kreise haben immer eine solche Achse.) Im ersten Teil dieser Arbeit werden in x-Richtung die Druckkräfte auf die Welle entwickelt. Sie sind negativ (gegen eine mögliche Last) und heben sich in y-Richtung auf. Die Schubspannungskräfte summieren sich in y-Richtung und verschwinden in x-Richtung. Diese beiden Kräfte müssen letztlich Kräfte (Lasten) nach Größe und Richtung kompensieren. Die Darstellung der Druck- und Kraftverläufe mündet in ein universelles Diagramm, das die normierte Exzentrizität gegen die Lastzahl darstellt (Bild 5). Im zweiten Teil stellen wir eine kleine Apparatur vor, mit der wir einen Satz von Messergebnissen mit Wasser gewonnen haben. Diese Ergebnisse werden direkt in dieses Diagramm eingetragen und interpretiert. Wir beginnen mit der nicht trivialen Frage, ob der Druck im konvergenten Spalt fällt oder steigt. Diese Frage wird oft nicht beachtet bzw. intuitiv entschieden. 2 Theorie Druckverlauf generell Die Frage, ob der Druck in einer Verengung steigt oder fällt, lässt sich in schleichender Strömung nicht so ein- (3) benutzt werden darf. In normierter Form verwenden wir die in Bild 2 gezeigte Funktion (4) Unter der entscheidenden Annahme h(φ) << r vernachlässigt man die Krümmung des Spalts. Die Laufkoordinate ist dann rdφ. Damit führt man diesen Spalt auf den linearen Spalt (Gl.1) zurück mit (5) Zweimalige Integration führt unter Verwendung der Randbedingungen (6) ( ) = cos ( ) = ( ) = cos = = = = 0 = 0 = ( ) auf die Geschwindigkeitsverteilung im Spalt (7) Um den Druckgradienten als Funktion von h(φ) darzustellen integriert man zunächst die Geschwindigkeit über y, wodurch die linke Seite den auf die Breite des Lagers bezogenen Volumenstrom darstellt, der über φ konstant sein muss (8) Aufgelöst nach dem Druckgradienten bekommt man (9) Der Volumenstrom V˙ ist nicht bekannt, weil an keiner Stelle die Geschwindigkeitsverteilung explizit bekannt ist. (Nur bei Mittellage der Welle mit e = 0 kann man den maximalen Volumenstrom V˙ = U als Orientierungs größe nutzen.) Betrachten wir die engste Stelle, wo die Verengung zur Erweiterung wird. Steigender Druck muss zu fallendem Druck werden oder umgekehrt. Der Druckgradient muss also Null sein. Damit ist mit Gl.(7) die Geschwindigkeitsverteilung an dieser Stelle linear und 2 = h(0). Formal kann aber nicht entschieden wer den, ob es sich um ein Maximum oder Minimum handelt. An dieser Stelle führen wir die oben diskutierte Druckzunahme bei Verengung (bzw. umgekehrt bei Erweiterung) durch Vorzeichenumkehr in Gl.(9) ein, womit (10) oder in normierter Form (11) Diese Gleichung erlaubt die Integration des normierten Druckverlaufs, der nur von f abhängt (12) In dieser normierten Schreibweise wird deutlich, dass der Druck, beginnend bei φ = 0 , mit φ abfällt. Dabei bleibt der absolute Druck bei φ stets positiv. (Er darf nicht negativ werden.) Zur Veranschaulichung stellen wir die normierte Druckdifferenz dar, i.e. das negative Integral. Der integrierte Druck p¯(φ) ergibt bis eine negative Kraft und danach bis π eine positive Kraft. Diese Kräfte müssen in Summe negativ werden, damit die Welle getragen wird. Wir multiplizieren p¯(φ) mit - b rcos(φ) und erhalten die Kraft F x (φ) in integrierter und normierter Form (13) ( , ) = 1 = + = 6 = 6 ( ) = ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) = ( ) ( 0 ) = ( ) ( ) ( ) ( ) = { ( )} Aus Wissenschaft und Forschung 33 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 y e r‘ x r h y B C w e sin( r‘ sin( Bild 1: Geometrie des Schmierspaltes zwischen Welle und Bohrung 0 2 4 6 8 10 12 0 2 4 6 ( 0,1 0,25 0,5 0,75 1 Bild 2: Normierte Spaltweite. Untere Kurve f = 1, usw. · L(f) ist eine nur von f abhängige Kennzahl. Sie kann im Experiment oder in der technischen Anwendung gesetzt werden. Die Größe f resultiert dann als Ergebnis durch Auswertung des Integrals (allerdings implizit). Bild 5 zeigt L(f). Zur Interpretation der Lastzahl beachte man noch, womit die Kraft in L(f) ins Verhältnis gesetzt wird. Es ist dies die Kraft, die aus der Schubspannung μ mal der Fläche 6 b r resultiert. Das Ergebnis wird durch den Geometrieparameter erweitert. Man sieht, dass hohe Lasten den Parameter f asymptotisch gegen eins treiben. Ein Grenzwert lässt sich nicht festlegen, es sei denn man verbietet die Unterschreitung eines gewissen Spaltmaßes. Dies kann etwa aus der Erfahrung resultieren, dass die Welle durch Kontakt Schaden nimmt. Legt man z.B. (in mm) für Δr = als Grenzwert fest, so folgt f = 0,875. Aus Wissenschaft und Forschung 34 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 In Bild 4 ist ein exemplarischer Kraftverlauf für f = 0.5 dargestellt. Zur Berechnung muss ein Anfangsdruck gewählt werden, hier p¯(0) = 3. Die Kraft steigt zwar im zweiten Quadranten wieder an, bleibt aber durchweg negativ. Verschiedene Anfangsdrücke wirken sich auf den Kraftverlauf aus jedoch nicht auf den Endwert, weil sich seine Anteile im ersten und zweiten Quadranten durch entgegengesetztes Vorzeichen aufheben. Wir schreiben den Endwert, d.h. die Gesamtkraft, durch Integration bis π (14) Ausgehend von der Symmetrie der Strömung bezeichnen wir das Doppelte der durch den Druckverlauf hervorgerufenen Gesamtkraft als die Lastzahl L(f) (15) ( ) = ( ) ( ) ( ) ( ) = | ( ) | -1,6 -1,4 -1,2 -1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0 1 2 3 4 5 6 7 Bild 3: Die Druckdifferenz nach Gl.(12). Werte f von unten nach oben: 0.7; 0.5; 0.3 -3,5 -3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0 1 2 3 F x normiert Bild 4: Normierte Kraft in x-Richtung, f = 0.5, p¯(0) = 3. 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 0 2 4 6 8 f L(f) T(f) Bild 5: Darstellung der Lastzahl L(f) und der normierten Schubspannungskraft T(f) 3 Schubspannungskräfte an der Welle Die Schubspannung an der Welle muss zunächst als Funktion von φ ermittelt werden. Diese Schubspannung hat aus Symmetriegründen keinen Anteil in xaber einen in y-Richtung. Die Schubspannung folgt mit Gl.(7) aus der Ableitung der Geschwindigkeitsverteilung (16) an der Wand (y = 0) (17) Mit Gl.(10) ersetzt man den Druckgradienten und erhält (18) = 1 + 1 = = ( ) Man sieht, dass die Schubspannung bei φ = 0 mit negativem Vorzeichen (entgegen U) beginnt. Die daraus resultierende Kraft wirkt in positive y-Richtung. Das berücksichtigen wir mit einem Vorzeichenwechsel und integrieren die Tangentialkraft als Funktion von φ zu (19) bzw. in normierter Form bis (20) Analog zu L(f) nennen wir das Doppelte der normierten Gesamtkraft die Schubspannungszahl (21) Diese Funktion ist in Bild 5 mit eingetragen. Sie ist bis auf den extremen Randbereich nahe f → 1 positiv. Das Diagramm ist so zu lesen: Aus den vorgegebenen Größen ergibt sich eine Lastzahl mit einem zugeordneten f. Jedem f gehört ein T(f), abzulesen auf der Abszisse. So gesehen ist T(f) von der Lastzahl abhängig und keine unabhängige Kennzahl. Obwohl T(f) und L(f) in dem Diagramm vergleichbar erscheinen sind die absoluten Schubspannungskräfte von untergeordneter Bedeutung. Das sieht man nach Division der Gln.(20 und 15) an dem sehr kleinen Verhältnis . Zur Berücksichtigung der Schubspannungskräfte wäre die Gesamtkraft unter einem Winkel zur x-Achse einzutragen sein. F x wäre dann die weit größere Komponente ( ) = ( ) ( ) = ( ) ( ) = ( ) der Gesamtkraft und Ty die kleinere. Aus Richtung der Gesamtkraft hätte die Welle dann eine unsymmetrische Lage. 4 Experimente Als „nicht schmierende“ Flüssigkeit wurde Leitungswasser eingesetzt. Die Arbeitstemperatur bewegte sich zwischen 20 und 20.5 °C. Dichte und Viskosität wurden dem VDI Wärmeatlas [7] entnommen. Das Interesse der Untersuchung richtete sich auf kleine Lagerdurchmesser. Der Nenndurchmesser der Welle betrug 12 mm und die Lagerbreite 2 x 20 = 40 mm. Der Aufbau der Apparatur geht aus Bild 6 hervor. Ein Gehäuse aus Aluminium beinhaltet beidseitig je eine Bronzebuchse von 20 mm Breite. Die eingepressten Buchsen werden gemeinsam ausgedreht. Es ergibt sich in diesem Fall die gemessene Durchmesserdifferenz von 0.083 mm. Die Welle besteht aus Stahl CF53 59 HRC. Sie wird durch einen frequenzgesteuerten Motor über eine hochelastische Kupplung angetrieben, die keine Axial- oder Radialkräfte erzeugt. Die Maximaldrehzahl liegt bei 4800 rpm. Die Welle trägt zwei Kugellager, auf denen sich Lastarme abstützen. Über die Lastarme erfährt die Welle Kräfte im Bereich 10 - 60 N. Das Wasser wird mittels einer Dosierpumpe zwischen die beiden Lager gepumpt. Es tritt seitlich aus den Lagern tropfenweise aus. Die gemittelte Axialgeschwindigkeit betrug maximal 5 % der Umfangsgeschwindigkeit. Aus Wissenschaft und Forschung 35 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 46 Ø52 Ø12 Wasser Motor Last Last ALU Bronze Ø 12 Verlagerung m Ø17 20 Welle Ø12 CF 53 59 HRC POM Taststift Bild 6: Die wesentlichen Merkmale der experimentellen Apparatur Auf der Gegenseite haben wir hohe Lasten und kleine Drehzahlen. Die Wellenlage f bleibt stabil. Allerdings wird der Spalt bei φ = 0 sehr eng. Sehr schnell unterschreitet man 1/ 100 mm und erreicht den μm Bereich. Die Auflösung der Messung kommt an ihre Grenzen. Hinzu kommt, dass ein Kontakt von Welle und Lagerwand vorkommen kann. Es finden sich dann Spuren von Bronze auf der Welle. In einer konkreten Lagerausführung erscheint es sinnvoll eine Grenzlastzahl festzulegen um das Lager nicht zu gefährden. Dies scheint bei „nichtschmierenden Flüssigkeiten“ besonders angeraten, weil eine Notschmierung bei grenzwertiger Reduktion des Films kaum zu erwarten ist. Einen gewissen Hinweis liefern statische Restfilmdicken die bei Öl immerhin einige μm betragen [8]. Bei der um Größenordnungen niedrigeren Viskosität von Wasser sind diese Filme kaum zu erwarten. 5 Resumee Ein Gleitlager für „nichtschmierende Flüssigkeiten“ unterscheidet sich aus strömungsmechanischer Sicht nicht grundsätzlich von einem ölgeschmierten Gleitlager. Allerdings sind die Viskositäten der beiden Medien so verschieden, dass grundsätzliche Fragen neu gestellt werden müssen. In dieser Arbeit gehen wir der Frage nach, ob die analytische Theorie eines Gleitlagers unter idealisierten Bedingungen einfache Experimente mit Wasser beschreiben kann. Unter idealisiert sind zwei Punkte zu verstehen. Erstens, die Reynoldszahlen sind klein genug um Trägheitseffekte zu vernachlässigen. Zweitens, das Verhältnis von Lagerbreite zu Wellendurchmesser ist groß genug, um Randeffekte auf die axiale Druckverteilung zu vernachlässigen. Die Darstellung der Theorie ist auf ein Experiment mit Wasser ausgerichtet. Wir finden einen mittleren Bereich der Lastzahl, in dem Messung und Experiment gut übereinstimmen. Hier sind die Idealisierungen gerechtfertigt. Außerhalb dieses Bereichs stoßen nicht nur unsere Messungen an ihre Grenzen, sondern auch der Einsatzbereich der Lager. Um letzteren bei großen Lastzahlen abzusichern, sind Untersuchungen mit dem Fokus auf die Tribologie des Kontaktes bei Einsatz verschiedener Fluide und Lagerwerkstoffe notwendig. Literatur [1] A. Sommerfeld: Zur hydrodynamischen Theorie der Schmiermittelreibung. Z.Math.Phys.,50, 1904 [2] N Buchhorn: Einfluss einer Niederdrucktasche auf die Wärmeabfuhr an der Segmenthinterkante eines großen Radialkippsegmentlagers. Dissertation an der Ruhr-Universität Bochum 2019 [3] M.M.G. Kuhr: Dynamische Eigenschaften axial durchströmter Ringspalte. Dissertation an der Technischen Universität Darmstadt 2022 Aus Wissenschaft und Forschung 36 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043 Die Wellenverlagerung m, gemessen von der Randlage der Welle, wird von einem Stift aus POM zur Messuhr übertragen. Die elektronische Messuhr der Firma Mahr (Extramess 2000) löst 0.2 μm auf bei einer Messunsicherheit von ± 0.3 μm. Abgesehen von minimalen Änderungen der Dichte und der Viskosität konnten Last und Drehzahl variiert werden. Wichtige Erfahrungen Die Laufruhe der Welle ist zur Ablesung der Werte essentiell. Dazu müssen Kugellager und Welle sorgfältig ausgewählt werden. Die Lagerbohrung erfordert größte Sorgfalt. Beidseitig sind gleiche Lasten aufzubringen, um eine Schiefstellung der Welle zu vermeiden. Der motorische Antrieb muss drehzahlstabil laufen. Die Kupplung muss sorgfältig ausgerichtet werden. Der Wasserfluss muss erzwungen werden (Pumpe). Beidseitig ist dann ein gleicher Tropfenabfluss zu beobachten. Die Wandlage der Welle (Nullpunkt der Messung, m = 0) muss in mehreren Durchgängen überprüft werden. Ergebnisse Die Messergebnisse erscheinen in Bild 7 zusammen mit der Theoriekurve aus Bild 5. Die Lastzahl bestimmt sich aus den gegebenen experimentellen Größen während der Parameter f über die Messung der Verlagerung m ermittelt wird. Die Messpunkte finden sich im Mittelteil der Kurve, wo sie sehr gut mit der Theorie übereinstimmen. Im linken Teil der Kurve konnten keine zuverlässigen Daten gewonnen werden. Dies hat folgenden Grund. Die dort stark ansteigende Kurve reflektiert kleine Lasten bei hohen Drehzahlen. Die Welle nähert sich mit f → 0 ihrer zentrischen Lage. Kleine Laständerungen bedingen große Änderungen von f. Das bedeutet abnehmende Lagestabilität mit stark schwankenden Messwerten. 0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 0,00 5,00 10,00 15,00 f Bild 7: Experimentelle Werte f aufgetragen gegen die Lastzahl L(f). Theoriekurve aus Bild 5. [4] O. Reynolds: On the theory of lubrication and its application to Mr. Beauchamp Tower’s experiments, including an experimental determination of the viscosity of olive oil. Phil.Trans.R.Soc.,177: 157-234, 1886 [5] Roloff/ Matek: Maschinenelemente. Friedr. Vieweg & Sohn, 9. Aufl. 1984 [6] H. Schlichting: Boundary-Layer Theory. McGraw-Hill, 1960 [7] Verein Deutscher Ingenieure: VDI-Wärmeatlas. Springer Verlag, 9. Aufl. 2002 [8] F. Peters, S. Kunde: Der Schmierspalt zwischen planparallelen Platten. Tribologie und Schmierungstechnik 64. Jahrgang, 6/ 2017 Diese Arbeit wurde durch das Unternehmen Gather Industrie GmbH in Wülfrath angeregt und unterstützt. Die experimentelle Untersuchung wurde mir im Institut für Thermo- und Fluiddynamik der Ruhr-Universität ermöglicht. Aus Wissenschaft und Forschung 37 Tribologie + Schmierungstechnik · 70. Jahrgang · eOnly Sonderausgabe 2/ 2023 DOI 10.24053/ TuS-2023-0043
