eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 8/1

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
vvaa
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
10.24053/VvAa-2023-00010
1125
2024
81 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Viola Falkenberg: Wissenschaftskommunikation

1125
2024
Daniel C. Maierhttps://orcid.org/0000-0002-1185-076X
vvaa810111
Viola Falkenberg: Wissenschaftskommunikation rezensiert von Daniel C. Maier (orcid.org/ 0000-0002-1185-076X) Bibliographische Details: Falkenberg, Viola: Wissenschaftskommunika‐ tion: Vom Hörsaal ins Rampenlicht. Mit Übungen und Checklisten (UTB 5670), Tübingen 2021, 200 S., ISBN 978-3-825-25670-8, doi.org/ 10.36198/ 9783838556703. In diesem für die Praxis konzipierten Buch stellt Viola Falkenberg anschaulich die zentralen Elemente der Wissenschaftskommunikation im 21. Jahrhundert heraus. Es behandelt also eine Thematik, welche - wie die Einleitung anschau‐ lich vor Augen führt - von herausragender Bedeutung für die Zukunft der Universitäten ist. Während allerdings von allen Seiten eine verstärkte Kom‐ munikation der Forschungsergebnisse gefordert wird, nicht zuletzt, weil die universitäre Forschung immer noch zu großen Teilen mit öffentlichen Geldern finanziert wird, sehen sich Wissenschaftler: innen, die sich diesem Unterfangen annehmen, immer wieder kritischen Rückfragen ausgesetzt, wie die Autorin hervorragend herausarbeitet. Der Titel ihrer Einleitung lautet folglich treffend „Wissenschaftskommunikation als Herausforderung“. Dabei ist die Autorin für ein solches Buchprojekt prädestiniert. Als ausgebil‐ dete Journalistin mit reichhaltiger Erfahrung in Themen rund um Öffentlich‐ keits- und Pressearbeit sowie der Vermittlung jener Kompetenzen in der Lehre, kann sie aus dieser reichhaltigen Erfahrung schöpfen. Es gelingt ihr, auf Grund‐ lage empirischer Erkenntnisse zu den Bedürfnissen der (vornehmlich deutsch‐ sprachigen) Öffentlichkeit nach zugänglichen Ergebnissen der Forschung von Anfang an die Relevanz des in ihrem Buch verhandelten Themas pointiert hervorzuheben. Dabei wird der bereits erwähnte Praxisbezug von Anfang an durch Check‐ listen und klare Gliederungspunkte ersichtlich. Sowohl im Ausblick der Einlei‐ tung als auch im ersten Kapitel mit dem treffenden Titel „Bühne vorbereiten“ erwartet die Rezipierenden eine klare Aufstellung von möglichen Vorgehens‐ DOI 10.24053/ VvAa-2023-00010 weisen, die mit zugänglichen Akronymen wie „SMART“ (die Ziele und Stra‐ tegie der eigenen Forschungskommunikation sollten idealerweise spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein; vgl. S. 15) leicht memoriert werden können. Ferner werden Beispiele vorgelegt, wie diese Ziele anschlie‐ ßend aussehen könnten. So lernen die Lesenden über bereits erfolgte Konzept‐ arbeiten der Universität Hamburg, die nach ihrer SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats) gezielte Schritte hin zur Verbesserung der Professionalität der Leitungsstrukturen auf Fakultätsebene und zum ver‐ stärkten Nutzen des guten Images der Universität ergriffen hat, und erleben anschaulich das konkrete individuelle Vorgehen anhand der (vermutlich fik‐ tiven) jungen Forscherin Julia Schmidt, die ebenfalls klare Kommunikationsziele festlegt, um ihre Studierenden besser zu erreichen und ihre Karrierechancen zu verbessern. Dabei offeriert das Buch gerade zu der Zielgruppe der Studierenden enorm hilfreiche Daten zur Mediennutzung von jungen Menschen. Allerdings stellt die Autorin selbst fest, dass auch große Sendeanstalten „ihre Angebote laufend an die wechselnden Wünsche und Bedürfnisse ihrer Zielgruppe an‐ passen“ (S. 23) müssen. Da einige der im Buch abgedruckten Zahlen mittlerweile schon wieder drei bis fünf Jahre alt sind (z. B. nur 5,5 Millionen TikTok Nutzer: innen im Jahr 2020), muss die Recherche und anschließende Bewertung aufgrund der Schnelllebigkeit der digitalen Mediennutzung noch einmal von den Rezipierenden selbst erfolgen. Dies kann man der Autorin aber mitnichten zu Lasten legen. Somit bildet die prägnante Medienanalyse ein Fundament für das Verständnis, wie welche Zielgruppe erreicht werden kann und bietet einen formidablen Ausgangspunkt für eigene Untersuchungen im spezifischen fachlichen und demographischen Kontext. Darüber hinaus werden in diesem Kapitel auch praktische Erwägungen wie die richtige Verwendung von Bild und Ton für die Wissenschaftskommunikation beleuchtet. Schließlich wird die im Wissenschaftsbetrieb virulente Frage geklärt, wie die notwendigen Rechte für Bild und Ton in öffentlichen Kontexten zu organisieren sind. Sind die Vorarbeiten für den geplanten Schritt ins Rampenlicht erledigt, widmet sich das zweite Kapitel der Gewinnung einer Leserschaft für geschrie‐ bene Texte. Mittels verschiedener Methoden - v. a. auch im Digitalen Raum mit Sozialen Medien, akademischen Netzwerken, Wikis oder Blogs - werden hier Vorschläge dargeboten, wie die eigenen Ergebnisse nach einer in Kapitel 2.1 (mit dem Titel „Schreiben für andere“) skizzierten Überarbeitung einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden können. Auch im zweiten Kapitel des Buches fällt erneut die Praxisorientierung positiv auf, insofern konkret Hil‐ festellungen genannt werden, wie sich eine wissenschaftliche Veröffentlichung - unabhängig von der akademischen Disziplin - vereinfachen und verbreiten DOI 10.24053/ VvAa-2023-00010 112 Daniel C. Maier lässt. Dementsprechend schließt das Kapitel auch mit einem Leitfaden, wo ein wissenschaftliches Buch für die breite Öffentlichkeit am besten publiziert und wie es durch Marketing und der Teilnahme an Wettbewerben (wieder mit konkreten Beispielen) beworben werden kann. Nach der Kommunikation von Inhalten in geschriebener Form widmet sich das dritte Kapitel der audiovisuellen Vermittlung von Wissenschaft. Neben hilfreichen und empirisch fundierten Hinweisen zum Halten von Vorträgen, von denen Dozierende nicht nur im Rampenlicht, sondern auch im Hörsaal profitieren können, und in welchem Rahmen sich diese am besten präsentieren sowie anschließend evaluieren lassen, werden mit Podcasts und Videobeiträgen modernere Methoden der Wissensvermittlung über das Internet vorgestellt. Dabei werden kontinuierlich ‚Best Practice‘ Beispiele gegeben, sodass das beschriebene Vorgehen auch am Anschauungsobjekt beobachtet werden kann. Diese Beispiele machen v. a. die audiovisuelle Kommunikation von Wissenschaft anschaulich und ermöglichen die eingehendere Beschäftigung mit exzellenten Beispielen der Wissenschaftskommunikation. Somit gelingt es dem geschrie‐ benen Buch, auch dieses Mittel des Dialogs zwischen Wissenschaft und Öffent‐ lichkeit auf hohem Niveau und dennoch praxisnah zu vermitteln. Das vierte und fünfte Kapitel widmen sich dem Kontakt mit Journalist: innen sowie dem Training der eigenen Wissenschaftskommunikation. Dabei soll im vierten Kapitel das souveräne journalistische Schreiben sowie die Identifizie‐ rung des korrekten Mediums überdacht und der richtige Umgang mit Pressege‐ sprächen und möglichen Krisen eruiert werden. Das fünfte Kapitel hingegen, bietet eine Materialsammlung von Förderungsorganen, Wettbewerben und den bereits in den vorangegangenen Kapiteln passend eingebauten Checklisten. Dabei enttäuscht dieses Kapitel etwas, da v. a. die Wettbewerbe in einer langen Liste ohne fachliche Differenzierung dargeboten werden. Die konkreten Beispiele aus der Praxis und die Gewinner der vergangenen Jahre wirken in dieser Fülle eher ermüdend. So hilfreich diese Sammlung zweifelsohne ist, wäre der Verweis auf ein Onlinetool, in dem die Preise gesammelt und aktualisiert werden könnten, wünschenswert gewesen, auch wenn man diese Zusatzfunktion höchstens anregen und keineswegs einfordern kann. Das Buch schließt mit Übungen mit Lösungsvorschlägen, bei denen das im Verlauf der Lektüre angeeignete Wissen nun in die Praxis umgesetzt werden darf. Auch wenn das Format am Ende eines Buches, welches ganz klar an Forscher: innen adressiert ist, eher ungewohnt daherkommt, so passt es doch hervorragend zu dem Lehrbuchcharakter und bleibt damit auch der ‚Hands On‘-Philosophie, welche sich durch das ganze Werk zieht, treu. Somit können DOI 10.24053/ VvAa-2023-00010 Viola Falkenberg: Wissenschaftskommunikation 113 die Übungen enorm gewinnbringend sein, sofern man sich hierauf einlassen mag. Allgemein hält Falkenberg in ihrem Lehrbuch etwas für jede und jeden bereit: dem Kommunikationsbeauftragten der Universität oder Fakultät, der sich um die Außenwirkung seiner Institution bemüht; der Dekanin, die errei‐ chen will, dass die Studierendenzahlen nach dem durch die Pandemie verur‐ sachten Einbruch nun endlich wieder steigen; dem etablierten Professor, der seine mühsam über Jahrzehnte aufgebaute Expertise nun an eine breitere Öffentlichkeit außerhalb des Hörsaales bringen möchte; oder eben der jungen Doktorandin, die eine Karriere in der Wissenschaft anstrebt und sich hierfür mit der so wichtigen und professionell organisierten Öffentlichkeitsarbeit von Anfang an ein ‚Alleinstellungsmerkmal‘ aufbauen möchte. Diese enorme Breite der Adressat: innen birgt allerdings auch Risiken: Denn gerade bei jungen Forschenden ist neben Lehre, der eigenen Forschung, Drittmitteleinwerbung, Administration und der Orientierung in der akademischen Welt die Zeit für Öffentlichkeitsarbeit stark begrenzt. Während also eine Forschungsgruppe oder ein PR-Department problemlos die hervorragenden dargebotenen Mittel zu großen Teilen ausschöpfen kann, müssen Individuen bei der Fülle an Möglich‐ keiten, welche Falkenberg präsentiert, umsichtig abwägen, was ihnen wichtig ist und wo das Kosten-Nutzen Verhältnis nicht stimmt. Eine enorme Breite fällt auch hinsichtlich des Einbezuges der Fachdisziplinen auf. Der Autorin gelingt es, elegant Zugänge zu formulieren, die sowohl für geistesals auch sozial- oder naturwissenschaftliche Themen funktionieren. Nie hat man das Gefühl, dass das Buch in erster Linie für die eine oder andere Disziplin geschrieben ist. Die Beispiele aus den Disziplinen wechseln sich stets in einem guten Ausmaß ab. Dies ist der Autorin hoch anzurechnen und macht das Buch auch für Theolog: innen bzw. Bibelwissenschaftler: innen zu einer gewinnbringenden Lektüre. Somit liefert das Buch auf übersichtlichem Raum ein wahres Kompendium an Möglichkeiten, die eigene Forschung aus dem Elfenbeinturm der Akademie herauszuholen und sie für eine breite Öffentlichkeit interessant und zugänglich zu machen. In einer Welt, in der sich die universitäre Forschung und im Besonderen die Geisteswissenschaften zunehmend für ihre Existenz und ihre Finanzierung durch die Gesellschaft rechtfertigen müssen, ist dieses Buch und das in ihm behandelte Thema von zentraler Bedeutung und sollte von jeder Person, die sich für den Dialog zwischen Universität und Öffentlichkeit interessiert, aufmerksam gelesen werden. Nur so können auch zukünftige Generationen in einer Zeit, welche durch eine immer unüberschaubarere Fülle von Angeboten für den individuellen Lebensweg gekennzeichnet ist, für das DOI 10.24053/ VvAa-2023-00010 114 Daniel C. Maier Studium der eigenen Disziplin begeistert werden, was wiederum die nachhaltige Zukunft der vielfältigen faszinierenden Fachbereiche sichert. DOI 10.24053/ VvAa-2023-00010 Viola Falkenberg: Wissenschaftskommunikation 115