eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 26/51

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
10.24053/ZNT-2023-0006
61
2023
2651 Dronsch Strecker Vogel

Honig gemischt mit Galle

61
2023
Clare K-. Rothschild
Jeremy C. Thompson
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Honig gemischt mit Galle Neue Fragen zu Form, Datierung und problematischen Passagen im Muratorischen Fragment Clare K. Rothschild und Jeremy C. Thompson 1. Einleitung Das Muratorische Fragment (MF) ist ein Schlüsseldokument für die Entstehung des neutestamentlichen Kanons und hat - wegen seiner anonymen Abfassung, seiner umstrittenen Datierung, seines unübersichtlichen Inhalts u. a. - wie ein Blitzableiter die Aufmerksamkeit von Bibelwissenschaftler: innen auf sich gezogen. 1 Aufgrund der Erwähnung seines Namens (in Z. 76) zusammen mit der Wendung nuperrime temporibus nostris ( „ ganz vor Kurzem in unseren Tagen “ , MF 74) wurde es traditionell in das Pontifikat von Pius I. (ca. 140 - 160 n. Chr.) eingeordnet, obwohl einiges für eine Entstehung im 4. Jahrhundert spricht. 2 Ein anonymer Kommentar des 19. Jahrhunderts charakterisierte den Text als „ einen Stern, der in der Dunkelheit aufgeht “ ; Clare Rothschild dagegen betont in ihrer neuen Monographie die Einzigartigkeit des Fragments und fragt, wie sich eine Datierung ins 2. Jahrhundert mit mehrfachen Deutungsproblemen verbinden lässt. Inzwischen erstellten die Autoren des vorliegenden Beitrags eine neue Studie, in der sie einen bisher unbekannten fünften Textzeugen des so genannten Benediktinischen Prologs (BP) vorstellten, eines Texts, der 24 Zeilen gemeinsam mit dem MF hat. Bis zu dieser Entdeckung war der BP nur durch vier Handschriften des 11. und 12. Jahrhunderts, die in der Benediktinerabtei von 1 Stellen im Muratorischen Fragment werden angegeben mit dieserAbkürzung sowie einer folgenden Zeilenangabe. So auch Clare K. Rothschild, The Muratorian Fragment. Text, Translation, Commentary (STAC 132), Tübingen 2022, 33 f. 2 Vgl. Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 284 - 299; zu diesem Ausdruck im Besonderen ibid., 299, 300 - 302, 321; zur Übersetzungsmöglichkeit „ Umstände “ ( “ circumstances, ” ) d. h., Rome: ibid., 299; cf. MF 80. Zur Datierung ins 4. Jh. siehe v. a. Albert C. Sundberg, Jr., Canon Muratori. A Fourth-Century List, in: HTR 66 (1973), 1 - 41, dem Geoffrey Mark Hahneman, The Muratorian Fragment and the Development of the Canon, Oxford 1992 folgt. Montecassino aufbewahrt werden, bekannt. 3 Der vorliegende kurze Beitrag möchte einige der Fortschritte zusammenzufassen, die sich aus den beiden genannten Untersuchungen ergeben; dabei sollen beispielhaft entscheidende Probleme tiefer untersucht werden. Auf 85 Zeilen bietet das Muratorische Fragment eine Reihe von Büchern der Schrift, welche mehr oder minder seit ihrer Publikation durch Ludovico Muratori (1672 - 1750) als Vorläufer der Kanonlisten gedeutet wurde, einer Form von Texten, die ansonsten erst im frühen 4. Jahrhundert belegt ist. 4 Wegen des Verlusts des vorhergegangenen Folios einschließlich seines ursprünglichen Anfangs, setzt das MF in der Mitte eines Satzes mit dem Abschluss einer Aussage ein, die vermutlich den Evangelisten Markus qualifiziert. Auf Zeile 2 wird explizit das Lukasevangelium genannt - und so geht es mit anderen kanonischen und außerkanonischen Büchern weiter: Johannesevangelium, Apostelgeschichte, paulinische Briefe an Gemeinden (1 - 2 Kor, Eph, Phil, Kol, Gal, 1 - 2 Thess, Röm), paulinische Briefe an Einzelpersonen (Phlm, Tit, 1 - 2 Tim), der Brief an die Laodizener und der an die Alexandriner (beide als unecht bezeichnet), der Judasbrief, zwei [! ] Johannesbriefe, die Weisheit Salomos, die Johannesapokalypse, die Apokalypse des Petrus, der Hirt des Hermas und schließlich vom Kanon ausgeschlossene häretische Schriften. Während der Text im 19. Jahrhundert als scheinbar unerschütterlicher Beweis für die frühe Stabilisierung der Bücher des Neuen Testaments galt, erwies sich die Interpretation des Fragments mehr und mehr als höchst problematisch; seine Bedeutung ist heute stark umstritten. Die Publikation des BP im Jahre 1897, des ersten unbestreitbaren äußeren Zeugen des MF, stellte dem MF eine vollständige Kollation der vier bekannten Zeugen dieses Texts gegenüber. 5 Besonders Neutestamentler interessierten sich wegen seiner wörtlichen Überschneidung mit 24 Zeilen des MF für diesen Text. Vier Einheiten - I, III, IV, und V - bieten Parallelen zum MF; II und VI jedoch nicht. 3 Clare K. Rothschild/ Jeremy C. Thompson, The Benedictine Prologue. A Contribution to the Early History of the Latin Prologues to the Pauline Epistles (im Druck). Die Handschriftensiglen und Signaturen sind die Folgenden: C Montecassino, Archivio dell ’ Abbazia, 349, S. 88b - 90a; C 1 Montecassino, Archivio dell ’ Abbazia, 552, S. 56; C 2 Montecassino, Archivio dell ’ Abbazia, 235, S. 3; C 3 Montecassino, Archivio dell ’ Abbazia, 535, S. 287 - 288; V Rome, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 36, fol. 442r - v. Die erste Kollation aller vier Codices aus Montecassino erschien in Miscellanea Cassinese 1.2, Cassino, 1897, 1 - 5. Vgl. auch Maurus Inguanez (Hg.), Codicum casinensium manuscriptorum catalogus cura e studio monachorum S. Benedicti archicoenobii Montis Casini, 3 Bde., Rome 1915 - 1941, 2.2: 191 - 194. 4 L. A. Muratori, Antiquitates Italicae Medii Aevi, Milan 1740, 3: 853 - 856. 5 Gottfried Kühn, Das Muratorische Fragment, Zürich 1892, Neudruck in Miscellanea Cassinese (s. Anm. 3), 2: 1 - 5. Der Text des BP ist nachgedruckt auch in Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 353 - 355 ( „ Appendix C “ ). Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 82 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson I BP 1 - 9 = MF 42 - 50 primum omnium Corinthiis … scribat ordine tali II BP 9 - 28 ohne Par. nam cum Romanis ita agit … persecutiones prom [p]tissime patiantur. III BP 28 - 32 = MF 63 - 68 fertur etiam ad Laodicenses … misceri non congruit IV BP 33 - 37 = MF 81 - 85 Arsinoi autem seu Valentini … Asiano Cataphrygum constitutorem V BP 37 - 40 = MF 54 - 57 verum Corinthiis et Thessalonicensibus … diffusa esse dinoscitur VI BP 40 - 47 ohne Par. Triplex igitur Hebraeorum esse … hoc est, de tribu Beniamin Bereits auf den ersten Blick zeigt sich, dass der BP die Ordnung des MF, wie es im Codex Ambr. I 101 sup. überliefert ist, nicht übernimmt; stattdessen scheint er Passagen aus dem MF als bewegliche Elemente, die er für eine neue Argumentation zusammenstellt, heranzuziehen. 2. Die Gattung des Fragments: Das Fragment im Kontext biblischer Prologe Obwohl viele das MF als Kanonliste betrachten, berücksichtigt diese Einordnung einige der Hauptmerkmale des Texts nicht. So sehr der Text sich für kanonische Bücher interessiert, so sehr bietet er auch doxographische Informationen über die Verfasser dieser Bücher - ein Element, das üblicherweise in solchen Listen fehlt. 6 Dazu bietet das MF Elemente biographischer Erzählung zusammen mit Themen altkirchlicher Polemik wie Einheit, Allgegenwärtigkeit und Katholizität und umfasst eine breite Vielfalt von „ angenommenen “ und „ nicht angenommenen “ Büchern. Dabei geht es so weit, auch häretische Werke anzuführen, ein für Kanonlisten untypisches Element. 7 Und schließlich, will man seine traditionelle Einordnung im Pontifikat von Pius I. übernehmen, macht die Tatsache, dass solche Kanonlisten ihre Blüte in der Mitte des 4. Jahrhunderts erlebten, diesen Text im 2. Jahrhundert zu einer Anomalie. 8 6 Für eine breitere Auseinandersetzung dazu vgl. Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), v. a. 5 - 7, 22 f. 7 Für einen allgemeinen Überblick in die Geschichte des neutestamentlichen Kanons vgl. Bruce Metzger, The Canon of the New Testament. Its Origin, Development, and Significance, Oxford 1987. 8 Edmon L. Gallagher allerdings vertritt die Ansicht, dass auch Origenes eine Kanonliste abgefasst habe. Vgl. hierzu ders., Origen via Rufinus on the New Testament Canon, in: NTS 62 (2016), 461 - 476. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 Honig gemischt mit Galle 83 Das MF macht den Eindruck, aus einer Reihe kurzer, unzusammenhängender Aussagen zu bestehen, als sei es eine Kompilation ansonsten verlorener Quellen. 9 Diesen Effekt teilt es mit anderen biblischen Prologen (z. B. S 651/ 659 Prologe zu den paulinischen Briefen), in denen sich manchmal auch seine Rede davon, dass eine Schrift „ angenommen “ ist (non habetur, S 651), spiegelt. 10 Neuere Untersuchungen zum BP machen deutlich, dass dieser nicht so sehr ein Zeuge ist, der das MF als kohärente Tradition bestätigt, sondern ein eigenständiger Prolog, der Material aus anderen Prologen aufgreift und dabei auch das MF als Quelle nutzt. Wie auch immer die Gattung des MF zu bestimmen ist, der Verfasser des BP verwendet es, um einen eigenen Prolog zu den paulinischen Briefen zu schreiben; er selbst mag das MF als einen solchen Prolog angesehen haben. In jedem Falle hielt er die Einzelelemente des MF für geeignet, um sie mit anderen Prologen zu verbinden und zu verflechten. In der Zeit nach etwa 390 n. Chr., als die meisten maßgeblichen paulinischen Prologe entstehen, antworten sie in prägnanter Weise auf Probleme ihrer Zeit. 11 Als komprimiertes Mittel zur Auseinandersetzung mit Kontroversen arbeiten sie weniger mit Argumenten als mit Behauptungen. Der Prolog Primum quaeritur (S 670) z. B. erläutert nicht, dass Markion den Römerbrief an einer anderen Stelle als üblich in seinen Kanon einordnete, sondern stellt fest, dass „ einige “ den Römerbrief an erster Stelle (des Corpus Paulinum) ablehnten. Der Hebräerbrief erfährt eine vergleichbare Behandlung. Die Verfasser von Prologen setzen sich häufig mit dem Fehlen eines Titels dieser Schrift und ihrer Beredsamkeit im Vergleich mit den paulinischen Briefen auseinander (z. B. S 670). Zusätzlich also zur besseren formalen Übereinstimmung mag also auch die Art und Weise, wie sich Prologe als Reaktion auf Konflikte zeigen, einen besseren methodologischen Ausgangspunkt bieten, um das MF angemessen zu kontextualisieren und einige seiner Themen wie kanonische Einheit, problematische Passagen wie den Ausschluss der Briefe an die Laodizener und an die Alexandriner als Fälschung (MF 64 - 65) oder die ungewöhnliche Positionierung des Römerbriefs an siebter Stelle in der Sammlung der paulinischen Briefe (MF 53 - 54) deuten zu können. Tatsächlich mag die große Besonderheit des MF, die so weit geht, dass man den Text als Einzel- oder Spezialfall, als Idiosynkrasie deuten könnte, helfen, um 9 Brooke Foss Westcott, A General Survey of History of the Canon of the New Testament during the First Four Centuries, London 7 1896, 223. 10 Der Buchstabe „ S “ bei S 651 und S 659 bezieht sich jeweils auf das Standardregister lateinischer Prologe zu biblischen Paratexten und Kommentaren, vorgelegt von Friedrich Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi, 11 Bde., Madrid 1940 - 1980, hier Bd. 1, http: / / www.repbib.uni-trier.de (letzter Zugriff am 03.06.2023). 11 Timothy W. Dooley, Marcionite Influences in the Primum Quaeritur Preface to Vulgate Paul, in: StPatr XCIX (2018), 139 - 156. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 84 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson zu verstehen, warum es, auf ein einziges Manuskript beschränkt, eine nur so begrenzte Verbreitung erfuhr. Anders als viele Prologe, die, wie wir gesehen haben, eher verallgemeinernd Gegnerpositionen ansprechen, erwähnt das MF Markion namentlich in Verbindung mit den Briefen an die Laodizener und die Alexandriner und spricht von ihm zusammen mit anderen ein zweites Mal im Katalog der Häresien (MF 81 - 85). Beide Passagen werden im BP übernommen. Wäre es möglich, dass gerade diese Art, spezifisch auf Gegner einzugehen, ein Grund für die geringe Verbreitung beider Texte ist? Insofern Prologe, die in den Quellen häufig ohne Zuweisung an Verfasser begegnen und die von Anfang an anonym kursiert sein mögen - als Einleitungen zu biblischen Büchern dienten, waren sie nicht der Ort, um konkrete Namen zu nennen. Warum sollte man Alarm schlagen, wenn gewöhnliche Christinnen und Christen mit den umstrittenen Schulhäuptern und ihren Lehrern keineswegs vertraut waren? 12 Kommentare bildeten einen angemessenen Ort, um Häretiker und ihre Häresien zu diskutieren, denn diese Werke wurden von ausgebildeten Theologen studiert (und kopiert). War die Aktivierung der Gattung der Prologe durch Markion und Pelagius, den angeblichen Verfassern einiger der am weitesten verbreiteten Prologe, eine Strategie, um anonym eine weite Verbreitung ihrer Botschaft zu ermöglichen? Die so genannten Markionitischen Prologe - die Zuweisung ist umstritten - waren die ersten, die Hintergründe zu den Empfängern der paulinischen Briefe, dem Ort ihrer Adressaten, zum Aufenthaltsort des Paulus sowie Anlass und Grund ihrer Abfassung boten. Ihre massive Überlieferung durch die Prologtradition zeigt, wie sehr selbst die Zuschreibung zu unorthodoxen Autoren, die nicht spezifiziert wurde, ausgeblendet oder vergessen werden konnte. Eine vollständige Geschichte der Prologe des Pelagius oder pelagianischer Theologen dürfte Ähnliches ergeben. Von weiterem Interesse für das Verständnis der Gattung des MF sind die Zeichen dafür, dass der Omnis Textus-Paragraph des BP (S 651 § 3) abhängig von 12 Gregor von Nyssa erwähnt allerdings in seiner Schrift De deitate filii et spiritus sancti oratorio (PG 46: 557), dass auch gewöhnliche Christen Interesse an Häresien zeigten: „ Überall in der Stadt ist alles mit solchen Diskussionen beschäftigt: die Gassen, die Marktplätze, die breiten Alleen und Straßen der Stadt, die Kleiderhändler, die Geldwechsel, die, die uns Lebensmittel verkaufen. Wenn du nach Kleingeld zum Wechseln fragst, wird jemand mit dir über den Gezeugten und Ungezeugten philosophieren. Wenn du nach dem Preis für Brot fragst, kommt als Antwort: ‚ Der Vater ist größer und der Sohn ist ihm untergeordnet. ‘ Wenn du fragst: ‚ Ist das Bad vorbereitet ‘ , wird jemand antworten: ‚ Der Sohn wurde aus Nicht-Sein geschaffen. ‘“ (Übers. T. Nicklas) Am Ende des 4. Jahrhunderts hatten die Häupter häretischer Schulen sozusagen ihren historischen Hintergrund verloren; stattdessen wurden sie in Polemiken häufig einfach ganz ahistorisch als Chiffren für Gegner verwendet. Das Wort „ Markion “ konnte in dieser Zeit einfach „ Feind “ bedeuten. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 Honig gemischt mit Galle 85 einem Modell spirituellen Fortschritts ist. 13 Beide Texte verbinden eine spezifische Anordnung des Corpus Paulinum mit einem Modell spirituellen Aufstiegs; sie unterweisen Glaubende darin, mit Hilfe der Lektüre der Briefe in einer festgelegten Ordnung Aufstieg im Glauben zu erlangen: Am Anfang stehen die elementaren Texte (Röm - Kor - Gal), sie sind gefolgt von den Schriften mittleren Niveaus (Eph - Phil - Kol) bis hin zu den Schriften für die am meisten Fortgeschrittenen (Thess - Hebr). 14 Dieses Modell mag auch Z. 42 - 46 des MF zugrunde liegen, Zeilen, die Kor - Gal - Röm als eigenständige Gruppe abtrennen. Der Omnis textus wiederum bietet eine Version dieses Fortschrittsmodells, in der Röm-Kor-Gal eine erste Stufe der Einführung umfassen. Der BP fügt das Drei- Briefe-Modell des MF an das längere 10-Briefe-Modell des Omnis textus, eine Gegenüberstellung, die für die Vereinbarkeit der beiden Modelle sprechen könnte - des kürzeren mit drei Briefen und des längeren mit zehn Briefen. Das MF bietet nur die drei-Briefe-Version, der hier eine Liste von nacheinander sieben Briefen an die Gemeinden (incl. Hebr) folgt. Es ist unmöglich zu sagen, ob das MF hier bewusst Ballast abwirft oder einfach das ausführlichere katechetische Modell nicht kennt. Prologe selbst sind wiederum abhängig von Quellen unterschiedlicher Art. Das Werk De viris illustribus (ca. 393) des Hieronymus, bestehend aus 135 Miniaturbiographien, wurde sehr gerne für Prologmaterial herangezogen (§ 5, besonders „ Paulus “ ; Beispiele von Prologen: S 662, S 663). Hieronymus widmete diese Schrift einem gewissen Flavius Lucius Dexter, dem ersten Kammerherrn Theodosius I. (347 - 395) und Prätorianerpräfekten seines Sohns Honorius (384 - 423), über den Hieronymus sagt, er habe ihn gedrängt, eine den Listen nichtchristlicher Schriftsteller vergleichbare Liste kirchlicher Autoren zusammenzustellen. Vielleicht auf der Grundlage solcher paganer Vorbilder behandelt Hieronymus die Einzelpersonen chronologisch: Petrus, Jakobus, Matthäus, Judas, Paulus, Barnabas, Lukas, Markus, Johannes, Hermas; dabei bietet er nach kurzen Aussagen über ihren jeweiligen Werdegang Hinweise zu ihren Schriften. Wenn der Verfasser des MF auf einen ähnlichen Auftrag reagierte, könnte es sein, dass der Text, dessen Anfang heute, wie schon erwähnt, nicht erhalten ist, mit Petrus, Jakobus und Matthäus einsetzte. Dies wiederum könnte das spätere Fehlen von 1 - 2 Petrus und dem Jakobusbrief erklären. 13 Ein solches Modell findet sich z. B. in der Epitome der paulinischen Briefe im Euthalianischen Apparat. Vgl. Vemund Blomkvist, Euthalian Traditions. Text, Translation and Commentary, (TU 170), Berlin 2012, 206 f. Für einer weitergehende Untersuchung solcher Quellen und Parallelen vgl. Rothschild/ Thompson, The Benedictine Prologue (s. Anm. 3). Zum Euthalianischen Apparat vgl. zudem den Beitrag von Garrick Allen und Kelsie Rodenbiker im vorliegenden Band. 14 Blomkvist, Euthalian Traditions (s. Anm. 13), 208. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 86 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson Alternativ dazu ist natürlich auch möglich, dass das MF den biographischen Ansatz des Hieronymus angepasst hat und die Verfasser gemäß kanonischer Ordnung referiert. Das weitgehende, allerdings nicht ausschließliche Interesse des MF an Verfassern 15 und nicht Texten bietet einen weiteren Unterschied zu Kanonlisten. Wir bemerken, dass einige Schriften, die im MF offenbar von den anderen abgesondert werden (der Judasbrief und die beiden Johannesbriefe, MF 68 - 69), in ihren Texten keinen Autor angeben. Zusätzlich zu dem Kontrast zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen zeigt das MF ein deutliches Interesse an den Themen von Einheit und Harmonie. Dieses Thema begegnet (1) im Zusammenhang mit der Anerkennung der unterschiedlichen „ Ursprünge “ oder „ Anfänge “ der vier Evangelien, bei der gleichzeitig der eine Geist, der an diesem Ursprung steht, betont wird (MF 16 - 20); dazu spricht das MF (2) von der alles beherrschenden Glaubensregel (MF 20 - 31), stellt (3) einen Zusammenhang zwischen den paulinischen Briefen und den Briefen des Johannes an die sieben Gemeinden (MF 48 - 49; vgl. auch MF 57 - 59) und (4) womöglich auch zwischen diesen beiden Gruppen zur Weisheit her, wenn man sieben Weisheitsbücher voraussetzt. 16 Das Leitmotiv e pluribus unum klingt auch im Zusammenhang mit der Apostelgeschichte an, die beschrieben wird als „ Taten aller Apostel “ unter einem Titel (MF 34). Wenn die Komposition des Fragments eine chiastische Struktur nahelegt, mag auch dies auf ein Interesse an Harmonie hinweisen: Den vier Evangelisten stehen „ balanciert “ vier Häretiker gegenüber und den drei großen Briefen (Kor, Gal, Röm) drei Apokalypsen ( Johannes, Petrus, Hermas). 17 Eine gnomische Äußerung fasst dieses Thema mit Hilfe der Metapher von der „ Galle, die Honig verdirbt “ , zusammen. Selbst die Hervorhebung Roms als „ Bischofssitz “ (MF 75) und des Römerbriefs (MF 44, 53 - 54; betont an der siebten Stelle) suggeriert Einheit und Einigkeit durch politische, wenn nicht kirchliche Zentralität. Ein grundlegendes Anliegen des 4. Jahrhunderts, das durch frühchristliche Texte - und nicht nur das Corpus Paulinum - zum Ausdruck gebracht wird, bestand in der Notwendigkeit, aus einer Sammlung ad hoc verfasster autoritativer Materialien, also den Schriften, die wir heute als Teil des Neuen Testaments lesen, eine einzige, noch dazu kohärente Quelle kirchlicher Lehre zu konstruieren. So wurde z. B. eine heftige Debatte über den begrenzten Wert des Philemonbriefs als möglicher Quelle für diese Lehre geführt, da dieser kaum Ansatz für 15 Vgl. z. B. Lukas und Apostelgeschichte, Johannes, Paulus wie Johannes (incl. der Apokalypse), Fälscher, Freunde Salomos (MF 70), Petrus (und seine Apokalypse) und Hermas, inclusive biographischer Legenden (lucubratio [ Johannes], MF 10 - 16; Hermas, MF 73 - 80). 16 Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 277. 17 Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 43. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 Honig gemischt mit Galle 87 allgemeinere Lehraussagen bot. 18 Die Betonung der Einheit durch den Autor des MF könnte sein Interesse an der Beilegung solcher Streitigkeiten spiegeln. 3. Ausgeschlossene Texte: Einheit oder Identität? Dutzende wissenschaftlicher Argumente e silentio einladend, behandelt das MF den Hebräerbrief, den Jakobusbrief, 1 - 2 Petrus und einen Johannesbrief nicht. Wenn diese Auslassung sich einfach einem Schreiberfehler verdankt, darf das MF nicht als Zeichen einer gesamtwestlichen Zurückweisung des Hebräerbriefs ausgewertet werden. 19 Wenn das Fehlen dieser Schriften aber bewusst erfolgte, muss entweder eine einzelne Erklärung für die gesamte Gruppe gefunden werden oder einzelne Erklärungen für jede oder je mehrere dieser Schriften. Wenn wir eine Erklärung für die gesamte Gruppe suchen, könnte die Auslassung dieser fünf Schriften das Ziel des Fragmentisten spiegeln, nur allgemein anerkannte Texte oder nur Texte, die als sicher im Griechischen verfasst galten, zu präsentieren - beides Aspekte, die die Themen von Einheit und Authentizität zum Ausdruck bringen. Wenn andererseits für jeden dieser Briefe eine eigene Erklärung ermittelt werden muss, dann könnte das Fehlen des Hebräerbriefs implizieren, dass diese Schrift nicht als Teil des Kanons angenommen war. Allerdings könnte das Fehlen des Hebräerbriefs auch einfach im Zusammenhang mit dem Thema „ Einheit “ stehen: Als ein achter Brief 20 zerstörte der Hebräer die „ vollständige “ Siebenerreihe - eine Interpretation, die sich zumindest bis zu Hieronymus (Epistula 53,9) zurückführen lässt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Verfasser des Fragments die Anonymität des Autors von Texten ablehnte. In diesem Falle wird der Hebräerbrief umgangen, weil er nicht für eine Gemeinde steht, an die Paulus „ namentlich “ schrieb (nominatim; MF 49; cf. MF 5.15). Sollte dies der Fall sein, dann würde sich auch erklären, warum das MF nur von zwei Johannesbriefen spricht: Gemeint wären dann 2 - 3 Joh, da der Autor des 1. Johannesbriefs wie der des Hebräerbriefs keinen Namen nennt oder anderweitig identifiziert wird. 21 Wollte man eine damit verwandte namensbasierte Logik anwenden, dann könnte sich das Fehlen 18 Henry B. Swete, Theodori Episcopi Mopsuesteni in Epistolas B. Pauli Comentarii, 2 Bde., Cambridge 1882, 2: 258 - 267; Rowan A. Greer (Übers. und Hg.), Commentary on the Minor Pauline Epistles by Theodore of Mopsuestia (WGRW 26), Atlanta 2010, 772 - 785. 19 Man hat angenommen, dass diese Ansicht durch Gaius von Rom unterstützt wurde, der den Hebräerbrief als Teil einer offensichtlichen Verbreitung gefälschter paulinischer Briefe ablehnte (siehe Eusebius, Historia ecclesiastica 6,20,2). 20 Vgl. z. B. Epistolae Pauli ad Romanos causa haec est (S 651), Paulus apostolus ad septem scribit ecclesias (S 660), Paulus apostolus scripsit ad septem ecclesias nouem epistulas (S 663). 21 Mit der Zitierung des Letzteren (MF 29 - 31) scheint das MF vorauszusetzen, dass Johannes den 1. Johannesbrief verfasste. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 88 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson des Jakobusbriefes sowie der beiden Petrusbriefe mit ihrer „ Katholizität “ erklären: So wie Hebräerbrief und 1 Johannes wegen ihrer Anonymität ausgeschlossen werden, so auch jene, weil in ihnen kein Adressat bzw. keine Adressatengemeinde explizit genannt wird. 22 4. Hermas und Häresie Auf den ersten Blick führt die Behandlung des Hirten des Hermas in Z. 73 - 80 des MF dieses in die Zeit des Pontifikats von Bischof Pius I. von Rom in der Mitte des 2. Jahrhunderts. Die Argumentation erfolgt in der Form der so genannten Bruderschaftslegende, einer falschen Darstellung über die Abfassung des Hirten. Die Verwendung der ersten Person Plural (nuperrime temporibus nostris, MF 74) zusammen mit der besonderen Stellung der Passage kurz vor der überlieferten Zusammenfassung (MF 85) führte dazu, dass die meisten Interpreten davon ausgingen, dass der Fragmentist die Absicht hatte, sein Werk diachron im Verhältnis zum Hirten zu verorten. Die Komplexität dieser Tradition allerdings - sie ist ohne Parallele vor dem 4. Jahrhundert, einschließlich der Unwahrscheinlichkeit, dass der griechische Autor des Hirten einen Bruder mit lateinischem Namen Pastor und der gebildete, aber demütige Hermas einen Bruder hatte, der Bischof von Rom war, sowie der Hürde, dass der Hirte zu Beginn und nicht in der Mitte des 2. Jahrhunderts abgefasst wurde - macht es unmöglich, die Funktion dieser Tradition, geschweige denn ihre Übernahme durch das MF, klar zu beurteilen. Würde man fragen, ob ein späteres Datum z. B. im 4. Jahrhundert zu dieser Passage passen würde, dann legte sich die bisher unerforschte Möglichkeit nahe, dass das Wort tempus in der Phrase temporibus nostris auf „ Umstände “ und nicht „ Zeiten “ verweist und einfach die Stadt Rom bezeichnet. Eine solche Interpretation passt zur synchronen Lektüre aller anderen Aussagen in der ersten Person im MF (MF 47.72.82). 23 5. Lehre und Polemik: Kontexte Die Tatsache, dass der Anfang des Fragments fehlt, wie auch die verschiedenen Ebenen seiner Anonymität machen sichere Schlussfolgerungen unmöglich; wenn aber die Informationen, die hier gegeben werden, ein Urteil erlauben, so scheint der Autor des MF einiges mit einer Gruppe christlicher Theologen 22 Der Jakobusbrief wendet sich an die „ zwölf Stämme in der Diaspora “ , der 1 Petr an „ die Erwählten, die als Fremde in der Diaspora von Pontus, Galatien, Kappadokien, der Asia und Bithynien leben, 2 Petr schreibt an „ die, die in der Gerechtkeit unseres Gottes den gleichen kostbaren Glauben erlangt haben wie wir “ . 23 Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 300 - 302. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 Honig gemischt mit Galle 89 gemeinsam zu haben, die zwischen dem späten 4. und dem frühen 5. Jahrhundert in Rom und Aquileia tätig waren. Wenn wir die Parallelen zwischen dem MF und dem Prolog des Chromatius von Aquileia zum Tractatus in Matthaeum, auf die erstmals Lemarié verwiesen hat und die dann ausführlicher von Kaestli ausgearbeitet wurden, zugrunde legen und weiterdenken, könnten wir uns einen ansonsten unbestätigten Prolog zum Matthäusevangelium vorstellen, der gleichzeitig als Prolog zu allen vier Evangelien und/ oder zum Kanon fungierte. 24 Zudem übten die Kommentare des ansonsten anonymen Ambrosiaster zu den paulinischen Briefen mehr oder minder genau in dem Moment in den 380 Jahren, in denen sie niedergeschrieben wurden, einen erkennbaren Einfluss auf Prologe und andere Literatur aus. 25 Das MF selbst bietet spannende Parallelen zu Autoren aus Norditalien und hier besonders aus Aquileia sowie eine Reihe linguistischer und thematischer Gemeinsamkeiten mit Ambrosiaster. Alle sieben kleineren Schriften in Codex Ambr. I 101 sup. mit Ausnahme des MF und eines Glaubensbekenntnisses (Athanasius) sind Ambrosius oder Ambrosiaster zugeschrieben. Einige dieser kleineren Schriften (bes. fols. 10r - 12r [Das Muratorische Fragment] und 71v - 73v) könnten mögliche Einfügungen auf leeren Seiten spiegeln; sie verleihen den Eindruck einer Sammlung innerhalb der Sammlung und bestärken die Orientierung des Fragments an Ambrosius/ Ambrosiaster. Alessandra Pollastri hat jüngst die These vertreten, dass Ambrosiaster alle fünf Fragmente im Muratorischen Codex verfasst habe (Orate ne fiat fuga vestra hieme vel sabbato, De adventu Domini Christi, De die et hora nemo scit, De tribus mensuris, De Petro apostolo). 26 Was sie nicht erwähnt, ist das MF. Bedeutende Stränge innerhalb der lateinischen Tradition situieren auch den verwandten BP im indirekten Einflussbereich des Ambrosiaster und im direkten Einflussbereich des Pelagianismus im frühen 5. Jahrhundert. BP VI, eine Passage, die die möglichen Ursprünge der hebräischen Sprache diskutiert, bietet eine enge Parallele zu Ambrosiasters Auseinandersetzung mit diesem Thema (Comm. Phil. 3,7,3). Die Analyse dieses Texts durch die Autoren des vorliegenden Beitrags legt die Schlussfolgerung nahe, diese Schrift als eigenständigen paulinischen Prolog anzuerkennen; sie führt zudem auch zu ihrer Frühdatierung an den Anfang des 5. Jahrhunderts vielleicht im Kontext der Verbreitung paulinischer Prologe von Ambrosiaster bis zu frühen pelagia- 24 Rothschild, Muratorian Fragment (s. Anm. 1), 219 - 230. 25 Theodore S. de Bruyn/ Stephen A. Cooper/ David G. Hunter (Hg.), Ambrosiaster ’ s Commentary on the Pauline Epistles. Romans (WGRW 41), Atlanta 2017, xxvi - xxvii. 26 Vgl. Anm. 4. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 90 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson nischen Kreisen. 27 Wenn sich diese Datierung begründen ließe, würde sie einen terminus ante quem für beinahe ein Drittel des MF liefern. 6. Fazit und Ausblick auf zukünftige Forschung Keine einzelne Monographie kann die vielfältigen Rätsel lösen, die uns der so schwer fassbare, erstmals durch den namengebenden Entdecker des Fragments, L. A. Muratori, edierte Text aufgibt. Zumindest drei Bereiche zukünftiger Forschung können identifiziert werden: (1) Clare Rothschild vertritt die These, dass dieser Text von einer Vorlage mit zahlreichen abgekürzten Wortformen, bei der der Abschreiber Mühe hatte, sie zu erweitern, kopiert wurde. An welche Art von Vorlage können wir hier denken? An eine Bibel oder einen liturgischen Text? Und damit verbunden: Was ist das MF aus der Sicht des BP, wenn dieser vier Ausschnitte aus dem MF mit einem Prolog (oder Ausschnitten eines Prologs) wie S 651 zusammenlegt? 28 Gibt es andere Beispiele für das Zusammenflechten von S 651 mit einem Prolog des Typs MF oder Material, das nicht Prologen entstammt? (2) Die Übereinstimmungen zwischen MF, BP und anderen antiken Prologen sind klar. Zwar wurde das MF nun dem BP gegenübergestellt, aber sollten beide Texte nicht in das breitere Spektrum antiker paulinischer, biblischer und selbst paganer Einleitungsliteratur eingeordnet werden? (3) Zukünftige Arbeiten zu den Quaestiones des Ambrosiaster hängen von kritischen Editionen ab, die alle Rezensionen der verschiedenen Abhandlungen in den verschiedenen Bearbeitungen Ambrosiaster bieten. In seiner kritischen Ausgabe der Quaestiones merkt Souter an, dass er sich nicht die Mühe gemacht habe, in seiner Edition einzubeziehen, was er für frühere Rezensionen der verschiedenen Quaestiones (die Teil einer Ausgabe aus 151 Fragen waren) hielt, wenn diese Fragen (in bearbeiteten Fassungen) in der Ausgabe der 127 Quaestiones wiederauftauchten. 29 Die Sache stellt sich jedoch, wie Marie-Pierre Bussières hervorhebt, nicht so einfach dar, wie Souter sich dies vorstellte. In einem Beitrag des Jahres 1954 kritisierte Giuseppe Carlo Martini scharf die Annahme Souters, dass es sich bei allen in der 127-Fragen-Ausgabe enthaltenen Abhandlungen einfach um Nachfolgeversionen der 151-Fragen-Ausgabe han- 27 Rothschild/ Thompson, The Benedictine Prologue (s. Anm. 3). 28 Zum Aufbau des BP siehe oben. BP Paragraph II ist identisch mit S 651 § 3,1 (Omnis textus uel numerus). Zur Verortung dieses Prologs in der weiteren Prologliteratur vgl. Kapitel 7 Rothschild/ Thompson, The Benedictine Prologue (s. Anm. 3). 29 Vgl. Alexander Souter (Hg.), Quaestiones veteris et novi testamenti CXXVII, by pseudo- Augustine [Ambrosiaster] (CSEL 50), Wien 1908, x - xiii. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 Honig gemischt mit Galle 91 delt. 30 Bussières bereitet momentan eine vollständige neue Edition in der Reihe CCSL vor, in der er auch die komplizierte Überlieferungsgeschichte der Quaestiones anspricht. Zusammen mit anderer Arbeit am Werk des Ambrosiaster wird diese Edition zusätzliches Vergleichsmaterial für eine neue Einschätzung seines Verhältnisses zum MF bieten. Clare K. Rothschild ist Professor of Scripture Studies an der Lewis University (USA) und außerordentliche Professorin am Fachbereich Altertumswissenschaften der Stellenbosch University (Südafrika). Sie hat einen MTS-Abschluss von der Harvard Divinity School und einen Doktortitel von der University of Chicago. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das lukanische Doppelwerk, das Muratorische Fragment und die Apostolischen Väter. Clare verbrachte ein Jahr als Humboldt- Stipendiatin in München und arbeitete an ihrem Buch Hebrews as Pseudepigraphon. Ihr derzeitiger Forschungsschwerpunkt ist der Barnabasbrief, zu dem sie einen Kommentar für die Reihe Hermeneia vorbereitet. Sie ist Chefredakteurin von Early Christianity und der SBL-Reihe Writings of the Graeco-Roman World. www.clarekrothschild.com Jeremy Thompson promovierte 2014 an der University of Chicago in mittelalterlicher Geschichte und veröffentlichte eine kritische Ausgabe (Brepols, 2019) frühmittelalterlicher Texte über den theologischen Konflikt um die Prädestination. Er untersucht die Geistesgeschichte des Mittelalters in ihrer Kontinuität mit klassischen und patristischen Traditionen und interessiert sich für die neutestamentlichen Prologe in biblischen Codices, den Einfluss von Arithmetik und Musik auf die Theologie und die exegetische Symbolik des Themas Melancholie. 30 Marie Pierre Bussières, L ’ influence du synode tenu à Rome en 382 sur l ’ exégèse de l ’ Ambrosiaster, in: SacEr 45 (2006), 107 - 124, hier: 108 f., der hier Caelestinus Martini, De ordinatione duarum Collectionum quibus Ambrosiastri ‘ Quæstiones ’ traduntur, in: Antonianum 22 (1947), 23 - 48, hier 25 zitiert. Vgl. auch Caelestinus Martini., Le recensioni delle Quaestiones Veteris et Novi Testamenti dell ’ Ambrosiaster, in: Richerche di storia religiosa (1954), 40 - 62; Marie-Pierre Bussières, L ’ esprit de Dieu et l ’ Esprit Saint dans les questions sur l ’ Ancien et le Nouveau Testament de l ’ Ambrosiaster, in: REAugP 56 (2010), 25 - 44, hier 42 n. 62 sowie Theodore S. de Bruyn, Ambrosiaster ’ s Revisions of His Commentary on Romans and Roman Synodal Statements about the Holy Spirit, in: REAugP 56 (2010), 45 - 68, hier 47 n. 9. Zeitschrift für Neues Testament 26/ 51 (2023) DOI 10.24053/ ZNT-2023-0006 92 Clare K. Rothschild / Jeremy C. Thompson