ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
10.24053/ZNT-2024-0005
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2024
2753
Dronsch Strecker VogelEnthält Röm 1-3 paulinische Theologie? Zur Beurteilung des Beginns des Römerbriefes als schlechte Theologie
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2024
Jan Heilmann
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Kontroverse Enthält Röm-1-3 paulinische Theologie? Zur Beurteilung des Beginns des Römerbriefes als schlechte Theologie Einführung in die Kontroverse Jan Heilmann Die Kontroverse zwischen dem Jenaer Neutestamentler Manuel Vogel und Douglas Campbell von der Duke Divinity School entzündet sich an Campbells Beurteilung von Röm 1,18-3,20 als schlechte Theologie („bad theology“). Camp‐ bells Beurteilung nimmt ihren Ausgangspunkt in der Beobachtung, dass „natür‐ licher Theologie“ in Röm 1,19-21 eine begründende Funktion zukomme und der Bekenntnisaussage in 1Kor 1,17-2,16 zu Jesus als dem Herrn widerspreche, da hier in Röm 1 eine Zugänglichkeit Gottes „vom Standpunkt der rationalen Betrachtung des Kosmos“ behauptet und eine von der Offenbarungswahrheit Christi unabhängige Wahrheitsquelle postuliert würde. Gott werde aus dieser rationalistischen Betrachtungsweise von Röm 1 zu einem Gott, der politisch handelt und dessen Beziehung zu den Menschen rechtlich, also durch Gesetz und Werke bestimmt ist. Für die Christologie folge daraus eine problematische Engführung des Kreuzes als exekutiven Akt Gottes. Diese Theologie habe nicht zuletzt durch ihre Wirkungsgeschichte ihren Charakter als „bad theology“ er‐ wiesen, und zwar dann, wenn die Kirche „in vielen der traurigsten Augenblicke ihrer Geschichte den Willen Gottes mit dem Willen eines einzelnen Staates (oder Stammes oder Königtums) identifiziert.“ Die Pointe von Campbells Portrait der Theologie von Röm 1-3 folgt in einer Fußnote. Sie stammt nicht im eigentlichen Sinne von Paulus, sondern ist als Negativbeispiel einer schlechten Theologie zu verstehen, die der Theologie eines legalistischen Gegners entspricht, von der Paulus sich abgrenzt und vor deren Hintergrund er seine eigene im Folgenden des Römerbriefes entwickeln wird. Diese Position hat Campbell in seinem 2009 erschienen Buch “The Deliverance of God: An Apocalyptic Rereading of Justification in Paul” ausführlich dargelegt. Die Vorlage der Kontroverse lautet also: Enthält Röm 1-3 überhaupt paulinische Theologie? Manuel Vogel bejaht diese Frage und liest den gesamten Römerbrief inklu‐ sive Kapitel 1-3 als ipsissima vox des Paulus. Zwar konzediert auch Vogel Widersprüche in den ersten drei Kapiteln des Römerbriefes. Er argumentiert aber, dass diese sich vor dem Hintergrund der Theologie des Paulus dialektisch plausibilisieren ließen. Wir wünschen den Leserinnen und Lesern eine spannende Lektüre von zwei zugespitzten Kontroversbeiträgen, die Röm 1-3 nicht nur mit Martin Luther und Karl Barth lesen und die paulinische Argumentation mit einem Magnet und Eisenspänen erklären, sondern auch interessante (und seltene) Einblicke in die Examenserfahrungen eines der beiden Kontroverspartner geben. Zeitschrift für Neues Testament 27/ 53 (2024) DOI 10.24053/ ZNT-2024-0005 84 Jan Heilmann
