Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/iv-2011-0004
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Mehr als kosmetische Korrekturen
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Markus Drewitz
Stefan Rommerskirchen
Die World Transport Reports 2010/2011 der ProgTrans AG weisen gegenüber der Vorgängerstudie drei zentrale Neuerungen auf: Mit nun 40 Ländern decken sie nahezu 60 % der Weltbevölkerung ab. Die Prognosen bis 2025 basieren auf völlig neuen Einschätzungen der Wirtschaftsentwicklung. Eine methodisch interessante Transformation der Daten zum Straßengüterverkehr zeigt bislang ungeahnte Konsequenzen für die europäische Verkehrspolitik auf.
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Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 12 POLITIK Güter- und Personenverkehr Mehr als kosmetische Korrekturen Langfristprognosen zum Güter- und Personenverkehr Die World Transport Reports 2010/ 2011 1 der ProgTrans AG weisen gegenüber der Vorgängerstudie 2 drei zentrale Neuerungen auf: Mit nun 40 Ländern decken sie nahezu 60 % der Weltbevölkerung ab. Die Prognosen bis 2025 basieren auf völlig neuen Einschätzungen der Wirtschaftsentwicklung. Eine methodisch interessante Transformation der Daten zum Straßengüterverkehr zeigt bislang ungeahnte Konsequenzen für die europäische Verkehrspolitik auf. D ie Angaben zum europäischen Straßengüterverkehr basieren auf Erhebungen, die gemäß einer entsprechenden Verordnung der EU („Verordnung (EG) Nr. 1172/ 98 des Rates über die statistische Erfassung des Güterkraftverkehrs“) nach dem „Inländerkonzept“ durchgeführt werden und über deren Ergebnisse entsprechend nach dem Inländerkonzept berichtet wird. Europäischer Straßengüterverkehr Jedes Land erhebt für die in seinem Land beheimatete Lkw-Flotte repräsentative Daten zum Straßengüterverkehr. Die wichtigsten Merkmale sind die Fahr- und Verkehrsleistungen der jeweils berücksichtigten Lkw- Flotte im In- und Ausland. Für die meisten Planungsprozesse sind eigentlich die Daten nach dem „Territorialitätsprinzip“, also die Fahr- und Verkehrsleistungen von in- und ausländischen Lkw auf dem Straßennetz eines Landes, von größerer Relevanz. Derartige Daten werden bislang allerdings weder erhoben noch publiziert. Diese Situation ist für die meisten Nutzer der heutigen Stra ßengüterverkehrsstatistiken unbefriedigend, denn sie wollen über die Verkehrsentwicklung in einem bestimmten Land und über sachgemäß abgegrenzte Modal-Split- Berechnungen informiert werden. Vor dem geschilderten Hintergrund hat sich die ProgTrans AG dazu entschlossen, die vom Statistischen Amt der EU (Eurostat) nach dem Nationalitätsprinzip publizierten Daten mit Hilfe von Verkehrsmodellierungssoftware so aufzubereiten, dass ein in sich konsistentes Abbild der Güterverkehrsleistungen auf dem Straßennetz der einzelnen EU-Länder sowie in Norwegen und der Schweiz entsteht. Im Ergebnis wurden die berichteten Statistiken vom Nationalitätskonzept auf das Territorialitätskonzept transformiert. Die grundsätzlichen Abgrenzungsunterschiede in den Daten 3 wurden dadurch allerdings nicht eliminiert. Die Umlegungsberechnungen wurden für den Zeitraum 2004 bis 2008 durchgeführt, also für fünf Jahre. Die älteren Publikationen von Eurostat sind zu unvollständig, als dass man sie in gleicher Weise hätte verwenden können. Stattdessen wurde zur Rückrechnung der entsprechenden Zeitreihen ein „Konverter“ entwickelt, der die Entwicklung der Unterschiede zwischen den Daten nach dem Territorialitäts- und Nationalitätskonzept für jedes Land zurückschätzt und so anhand der Daten nach dem Nationalitätskonzept eine Abschätzung nach dem Territorialitätskonzept erlaubt. Auf diese Weise wurden vollständige Zeitreihen für die Straßengüterverkehrsleistungen in 29 europäischen Ländern nach dem Territorialitätskonzept geschätzt - eine für Europa völlig neue Datenbasis. Für Deutschland hat dies erhebliche Konsequenzen: Gemäß den neuen Schätzungen liegen die Straßengüterverkehrsleistungen gegenüber den in „Verkehr in Zahlen“ 4 publizierten Angaben im Jahr 2008 um nahezu 54 Mrd. tkm bzw. um knapp 12 % niedriger; für das Jahr 2004 ergeben sich Unterschiede in Höhe von 35 Mrd. tkm bzw. knapp 9 %. Das bedeutet zugleich, dass für den Zeitraum 2004 bis 2008 nicht ein Wachstum von nahezu 19 %, sondern „nur“ von 15 % ausgewiesen wird. Diese Datenrevision betrift ausschließlich die Straßengüterverkehrsleistungen ausländischer Lkw, und zwar insbesondere deren Transitverkehrsleistungen durch Deutschland. Hier bedeuten die neuen Daten gegenüber den Foto: Siemens Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 13 bisherigen eine deutliche Neueinschätzung: Sie liegen im Niveau deutlich niedriger und steigen auch nicht so stark an, wie dies bisher ausgewiesen wurde. Solche neuen Vergangenheitsdaten bleiben nicht ohne Konsequenzen für die Prognosen. Neuer sozioökonomischer Rahmen der Verkehrsnachfrageprognosen Bei allen Prognosen zur Entwicklung der Verkehrsnachfrage steht für ProgTrans seit jeher der Mensch im Mittelpunkt, sei es im Personen-, sei es im Güterverkehr. Im Personenverkehr dürfte dies unmittelbar verständlich sein, im Güterverkehr vielleicht etwas weniger. Der Mensch nimmt aber generell die zentrale Rolle bei der Verkehrsnachfrageprognostik ein, sei es als Verkehrsteilnehmer im Personenverkehr, sei es als Veranlasser, Besteller oder Bezahler in der Rolle des Produzenten oder Konsumenten im Güterverkehr, oder als Betrofener von den Auswirkungen der Verkehrsnachfrage anderer. Die Bevölkerungsentwicklung von 1950 bis 2050 ist in Abbildung 1 dargestellt. 5 Es wurde bewusst die Weltbevölkerungsentwicklung gewählt, denn sie spielt bei den Überlegungen zur langfristigen Entwicklung der Verkehrsnachfrage - auch in Europa - eine zentrale Rolle: Ein derart rasantes und nahezu ungebrochenes Weltbevölkerungswachstum hat es in der bekannten Erdgeschichte noch niemals gegeben. Eine Steigerung der Erdbewohner von ca. 2,5 Mrd. Menschen im Jahr 1950 auf über 9 Mrd. Menschen im Jahr 2050 stellt eine gewaltige Herausforderung für alle dar; betrachtet man die Entwicklung nach Erdteilen, dann zeigt sich die besondere Herausforderung für die heutigen Industrieländer - allen voran Europa, denn ihr Anteil an der Weltbevölkerung wird immer kleiner: Hatte Europa im Jahr 1959 noch einen Anteil von knapp 22 %, so werden es im Jahr 2050 nur noch knapp 8 % sein; umgekehrt steigt der Anteil Afrikas - trotz geringerer Lebenserwartung - im selben Zeitraum von 9 auf nahezu 22 % an. Auch wenn der Blick vieler Menschen heute auf Asien und Amerika gerichtet ist, die größten Herausforderungen liegen geografisch näher; Vorboten des Wohlstandsgefälles zwischen Europa und Afrika sind seit geraumer Zeit erlebbar. Die Herausforderungen der Weltbevölkerungsentwicklung und der Verteilung der Menschen auf die verschiedenen Kontinente und Länder können nur bewältigt werden, wenn eine faire Zusammenarbeit in Form zunehmender Arbeitsteilung und durch das Schafen von Einkommens- und Konsummöglichkeiten in allen Kontinenten stattfindet. Sonst droht eine kriegerische Auseinandersetzung über die Verteilung von knappen Ressourcen - für solche Reaktionsmuster gibt es in der Menschheitsgeschichte leider zahlreiche Beispiele. Die rasante Verbreitung von Medien erlaubt mittlerweile jederzeit an jedem Ort einen Einblick, was an anderen Orten geschieht. Die Armen schauen sicherlich nicht dezent weg, wenn sie im Satellitenfernsehen oder Internet den Wohlstand der Reichen betrachten. Für die oft geforderte stärkere „regionale“ Entwicklung, in der sich einzelne Kontinente oder Ländergruppen ohne den Austausch mit den heutigen Industrienationen autonom entwickeln, fehlen zumindest in den letzten Jahrhunderten reale Vorbilder und Beispiele. Alle Schwellenländer sind in erster Linie durch die Arbeitsteilung und den Warenaustausch mit den großen Industrieländern stark geworden. Vor diesem Hintergrund sehen wir keine Alternative zu einer „sanften“ Globalisierung - auch nach der ofenbar soeben überwundenen Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/ 2009. Allerdings gibt es für die Langfristprognosen der Verkehrsnachfrageentwicklung nicht nur den Basisefekt dieser „Wachstumsdelle“, sondern auch eine Neubewertung des Tempos, in dem die Intensivierung der Arbeitsteilung zu erwarten ist. Solche Vorstellungen haben auch die Prognos AG als wichtigster Quelle unserer Leitdaten zur Wirtschaftsentwicklung bei ihren jüngsten Prognosen zum generellen Wirtschaftswachstum - gemessen in Form des realen (inflationsbereinigten) Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - sowie zur zukünftigen Entwicklung des Außenhandels (Export, Import; Ex+Imp) geleitet. Die Prognosen für unseren vorletzten „European Transport Report“ aus dem Jahre 2007 (ETR07) sind im Vergleich mit denjenigen Prognosen, die unseren jüngsten Verkehrsprognosen in den „World Transport Reports“ aus dem Sommer 2010 (WTR10) zugrunde liegen, für die Gesamtheit aller 27 EU-Mitgliedsländer in Abbildung 2 dargestellt. Die Abbildung bedarf keiner großen Kommentierung: Selbstverständlich war die Wirtschafts- und Finanzkrise im Frühjahr 2007 von niemandem vorhergesehen worden, und so verliefen die damaligen Trendprognosen so, wie Trendprognosen generell „funktionieren“: Sie bilden die zukünftige Entwicklung unter Berücksichtigung bereits beschlossener zukünftiger Veränderungen mit der Prämisse ab, dass sich die Zusammenhänge zwischen den Prognosezielgrößen und ihren wesentlichen Einflussfaktoren in der Zukunft so entwickeln wie in der (beobachteten) Vergangenheit. Konjunkturelle oder gar saisonale Entwicklungen sind explizit nicht Gegenstand derartiger langfristiger Trendprognosen, sondern gehen in den „mittleren“ trendmäßigen Wachstumspfad ein (bzw. darin unter). Vor diesem Hintergrund ergaben die Perspektiven für BIP und Außenhandel im Jahre 2007 für den Gesamtzeitraum 2005 - 2025 einen Zuwachs von knapp 44 % bzw. 1,8 % pro Jahr beim BIP und von 118 % bzw. 4,0 % pro Jahr beim Außenhandel. Die neuen Prognosen vom Jahresende 2009 rechnen für denselben Zeitraum 2005-2025 - unter Berücksichtigung der Einbrüche in den Jahren 2008/ 2009 sowie bei einer neuen Einschätzung des Globalisierungstempos - nur noch mit einem Zuwachs von knapp 27 % bzw. 1,2 % pro Jahr beim BIP und von nur noch 49 % bzw. 2,0 % pro Jahr beim Außenhandel - das sind immense Unterschiede! Sie haben entsprechend deutliche Konsequen- Abb. 1: Entwicklung der Weltbevölkerung nach Kontinenten (1950 bis 2050) Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 14 POLITIK Güter- und Personenverkehr zen für die Prognosen zur Entwicklung der Verkehrsnachfrage. Personen- und Güterverkehr Um die Fülle der Informationen der „World Transport Reports 2010/ 2011“ möglichst sinnvoll zu verdichten, wird nachfolgend nicht über alle 40 Reportländer berichtet, sondern über 36 Länder, 6 wobei 32 europäische Länder zu zwei Gruppen zusammengefasst werden (nämlich die 15 alten EU-Länder zzgl. Norwegen und Schweiz zu „Westeuropa“ einerseits und die 12 neuen EU-Länder zzgl. der Beitrittskandidaten Kroatien, Mazedonien und Türkei zu „Osteuropa“ andererseits), während - nicht zuletzt aus Gründen der Proportionen - die vier „BRIC-Staaten“ (Brasilien, Russland, Indien und China) einzeln dargestellt sind. Perspektiven des Güterverkehrs insgesamt Die Güterverkehrsprognosen in den „World Transport Reports“ basieren auf Prognosen der „gesamtmodalen Transportintensitäten“, bei denen die Verkehrsleistungen aller Landverkehrsträger (gemessen in Tonnenkilometern (tkm)) zu wirtschaftlichen Leitgrößen (gemessen in EUR, zu Preisen von 2000) ins Verhältnis gesetzt werden. Inzwischen ist die Erkenntnis gereift, dass „pauschale“ Transportintensitäten - bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) - bei Güterverkehrsprognosen nicht zielführend sind, weil das BIP nicht den zentralen Treiber der Güterverkehrsleistungsentwicklung darstellt, sondern vor allem die starke Intensivierung der horizontalen und vertikalen Arbeitsteilung, die in entsprechenden Veränderungen des Außenhandels zum Ausdruck kommt. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, wurden bereits im „European Transport Report 2007/ 2008“ die Güterverkehrsleistungen soweit wie möglich nach den Hauptverkehrsrelationen (HVR) „Binnenverkehr“, „Grenzüberschreitender Versand“, „Grenzüberschreitender Empfang“ und „Transitverkehr“ getrennt prognostiziert. Diese Herangehensweise hat sich bewährt und wurde auch bei den jetzigen Prognosen wiederum so weit wie möglich angewendet. Hierfür wurden die entsprechenden Transportintensitäten durch Heranziehung unterschiedlicher Leitdaten gebildet, nämlich die „Inlandsversorgung“ (BIP abzgl. Export- und zzgl. Importwert) als Leitvariable für den Binnenverkehr, die Exporte bzw. Importe als Leitvariablen für den grenzüberschreitenden Versand bzw. Empfang und der Außenhandel von bestimmten Ländergruppen als Leitvariable für den Transitverkehr in den einzelnen Ländern dieser Gruppen. Auf die einzelnen Entwicklungen und Prognosen dieser Transportintensitäten soll hier nicht näher eingegangen werden. Die wichtigsten generellen Befunde und Entwicklungen sind: Die Transportintensitäten in hoch entwickelten Volkswirtschaften liegen meistens niedriger als in weniger entwickelten Volkswirtschaften, weil deren Transportgüter häufig eine geringere Fertigungstiefe aufweisen. Die Transportintensitäten in größeren oder polyzentrischen Flächenländern liegen höher als in kleineren oder monozentrischen Ländern, weil in diesen die Arbeitsteilung in der Produktion über geringere Transportdistanzen abgewickelt wird und die Transportprozesse zur Verteilung von Konsumgütern geringere Intensitäten aufweisen als von Produktionsgütern. Die Transportintensitäten in den meisten Untersuchungsländern der „World Transport Reports“ sind im Zeitablauf tendenziell rückläufig, weil mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung dieser Länder Güterstrukturefekte einhergehen, die zu einem Ansteigen der Wertdichte der Transportgüter führen, was gleichbedeutend mit einem Absinken der Transportintensitäten ist. In Volkswirtschaften in einem früheren Entwicklungsstadium dürften die Transportintensitäten hingegen tendenziell zunächst ansteigen, wenn die räumlichen Arbeitsteilungsprozesse sich intensivieren. Abb. 3: Entwicklung der territorialen Güterverkehrsleistung in ausgewählten Ländern und Regionen nach Verkehrszweigen 2000 - 2008 - 2025 Abb. 2: Entwicklung von realem BIP und Außenhandel 1995 bis 2025 gemäß verschiedenen Trendprognosen Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 15 Von den genannten generellen Befunden und Entwicklungen der Transportintensitäten gibt es in vielen Einzelfällen Abweichungen, weshalb bei Langfristprognosen immer darauf geachtet wird, dass der jeweilige Verlauf der Transportintensität inhaltlich interpretiert und nötigenfalls für die Prognose auch „argumentativ“ verändert werden kann. Unterstützend wird generell mittels Korrelations- und Regressionsanalysen der statistische Zusammenhang zwischen erklärender und zu erklärender Variable - also die „Transportelastizität“ der Prognosezielgröße in Bezug auf die dazugehörige Leitvariable - untersucht, ohne diese Ergebnisse aber unbesehen in die ferne Zukunft fortzuschreiben. Wenn dieser Arbeitsschritt erledigt ist, ergibt das Produkt aus den Transportintensitäten und den Prognosen zu den jeweiligen wirtschaftlichen Leitdaten die Prognosen für die absoluten gesamtmodalen Güterverkehrsleistungen, die in Abbildung 3 dargestellt sind. Schon ein flüchtiger Blick zeigt die ungeheure Wachstumsdynamik, die die neuen Prognosen in China erwarten: Bereits zwischen 2000 und 2008 legte dort die gesamtmodale Güterverkehrsleistung um über 100 % bzw. jahresdurchschnittlich um 9,5 % zu. In Westeuropa waren es hingegen nur 15 % bzw. 1,8 % im Jahresdurchschnitt - in Deutschland immerhin 23 % bzw. 2,6 % im Jahresmittel - und in Osteuropa auch nur 28 % bzw. 3,1 % im Jahresdurchschnitt. Brasilien, Russland und Indien kamen im selben Zeitraum hingegen auf Zuwächse von 65, 49 bzw. 85 %. Wesentlich spannender sind aber die Zukunftseinschätzungen: In China wird sich den Prognosen zufolge von 2008 bis 2025 zwar der jahresdurchschnittliche Zuwachs halbieren, aber dies ist gleichbedeutend mit einer nochmaligen Steigerung der Güterverkehrsleistung um 120 % in 17 Jahren! Im Vergleich dazu erscheinen die Prognosen für Deutschland und Europa geradezu „harmlos“: In Deutschland wird von 2008 bis 2025 - also einschließlich der „Krisendelle“ 2008/ 2009 - ein Ansteigen der gesamtmodalen Güterverkehrsleistungen um 23 % erwartet, in Westeuropa um 17 % und in Osteuropa um nur noch 22 %. Diese Prognosen bedeuten gegenüber den bisherigen Langfristprognosen eine deutliche Verlangsamung des Wachstumstrends, obwohl an der grundsätzlichen Erwartung der Fortsetzung der Globalisierung ja festgehalten wurde. Russland und vor allem Indien werden im gleichen Zeitraum hingegen mit 44 bzw. über 180(! ) % deutlich stärker zulegen und beide im Jahr 2025 die Güterverkehrsleistungen aller 32 europäischen Länder zusammen, die in Abbildung 3 dargestellt sind, längst überflügelt haben. Auch Brasilien wird mit einem Zuwachs von rund 85 % zwischen 2008 und 2025 in neue Dimensionen vorstoßen - die Herausforderungen dieses Wachstums werden enorm sein. Modal-Split-Entwicklung im Güterverkehr Bei diesen Zuwächsen stellt sich die Frage, welche Verkehrsträger den Güterverkehr in den verschiedenen Ländern denn eigentlich zukünftig bewältigen sollen. Die Aufteilungen zwischen Straße, Schiene und Binnenschif sind ebenfalls in Abbildung 3 dargestellt. Die Ausgangssituationen - wie auch die Vergangenheitsentwicklungen - sind in den einzelnen Ländern ausgesprochen unterschiedlich: Während die Schiene in Russland eine überragende und in China eine sehr wichtige Rolle spielt, ist dies in Europa schon lange nicht mehr der Fall. Gerade in den neuen EU-Ländern hat sich mit deren Wirtschaftsstrukturwandel in Richtung auf westeuropäische Verhältnisse auch der Modal-Split stark in Richtung Lkw verändert: Hatte die Schiene in Osteuropa im Jahr 2000 noch einen Anteil von 33 % an allen Güterverkehrsleistungen der Landverkehrsträger, waren es in 2008 nur noch 27 %. Und gemäß den Prognosen werden es im Jahr 2025 nur noch 23 % sein. Einmal mehr gilt: Die Strukturen und Entwicklungen sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Dies trift natürlich auch auf die westeuropäischen Länder zu, wenngleich hier der Anteilsverlust der Schiene schon viel früher einsetzte: Deren Anteil betrug im Jahr 2000 schon nur noch 14,5 %, im Jahr 2008 waren es ziemlich exakt genauso viel. In Westeuropa macht sich allmählich die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs bemerkbar, die Eisenbahnpakete beginnen zu wirken. Open Access im internationalen Schienengüterverkehr wird sich ausweiten, und damit auch der intramodale Wettbewerb. In manchen Ländern zeigen sich davon seit ein paar Jahren bereits kräftige Spuren; dies wird sich fortsetzen, im Laufe der Zeit sogar intensivieren. Das sind wesentliche Annahmen der Modal- Split-Prognosen, die insofern auch keine Trendprognosen darstellen. Zugunsten der Massenverkehrsträger kommen noch die zunehmende Containerisierung und die längeren Transportweiten der Güterströme im internationalen Güterverkehr hinzu - die ersten Strukturefekte zu ihren Gunsten seit langem. In China und den anderen BRIC-Staaten sehen die Verhältnisse und Entwicklungen ganz anders aus: In Russland beherrscht die Schiene mit im Zeitablauf zunehmenden Anteilen zwischen 80 und 90 % den Güterverkehrsmarkt. In Brasilien und Indien liegen deren Anteile bei etwa einem Drittel, in Brasilien mit steigender, in Indien mit abnehmender Tendenz. Auch in China ging der Anteil der Schiene seit 2000 zurück; dies wird sich nach unseren Prognosen auch fortsetzen. Von 52 % in 2000 über 46 % in 2008 auf 42 % im Jahr 2025. Diese Entwicklung verläuft - anders als in Europa - allerdings nicht zugunsten der Straße, weil hierfür schlicht die Infrastrukturen fehlen und in Zukunft durch den stark wachsenden Personenverkehr noch stärker fehlen werden, sondern in Richtung auf die Binnenwasserwege. Hierbei bleibt jedoch ofen, ob die Entwicklung wirklich in diesem Ausmaß realisierbar sein wird. Das prognostizierte Güterverkehrsleistungswachstum in China wirft Fragen auf, die jegliche Abb. 4: Entwicklung der Motorisierung in ausgewählten Ländern und Regionen von 2000 bis 2025 Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 16 POLITIK Güter- und Personenverkehr Vorstellungskraft, geprägt durch die bisherigen Erfahrungen mit den Entwicklungen in Industrieländern, sprengen. Die Transportmärkte in China sollten in Europa sehr sorgfältig beobachtet werden, denn diese Entwicklungen werden auch hier deutliche Konsequenzen haben. Personenverkehr Motorisierungsgrade und Pkw-Bestände Der Pkw-Besitz und die Pkw-Verfügbarkeit haben sich in der Vergangenheit als eine wichtige Determinante des gesamten Personenverkehrsleistungswachstums wie auch der Aufteilung der Verkehrsarbeit auf die Verkehrsträger („Modal-Split“) erwiesen. Der so genannte „Motorisierungsgrad“, definiert als die Anzahl der Pkw je 1 000 Einwohner, unterscheidet sich, wie Abbildung 4 zeigt, zwischen den Ländern bzw. Regionen zum Teil recht stark und hat in der Vergangenheit stetig zugenommen. Mit rund 510 Pkw je 1 000 Einwohnern ist der Motorisierungsgrad in den westeuropäischen Ländern mehr als doppelt so hoch wie in denen Osteuropas. Einzelne Ländern wie Luxemburg oder Italien lagen deutlich über dem Mittelwert, andere wie beispielsweise Dänemark, Portugal oder Irland deutlich darunter. Auch Deutschland lag mit rund 500 Pkw je 1 000 Einwohnern gering unter dem westeuropäischen Mittel. Die BRIC-Länder haben bei der Motorisierung erwartungsgemäß ein vergleichsweise niedriges (Ausgangs-) Niveau, zeigen dafür aber eine umso dynamischere Entwicklung bis 2025. China und Indien nehmen eine Sonderrolle ein: Die Motorisierungsgrade des Jahres 2008 liegen mit 27 bzw. 11 Pkw je 1 000 Einwohner auf einem sehr niedrigen Niveau. Bis 2025 werden sie sich in beiden Ländern nach unseren Prognosen auf 63 bzw. 25 Pkw je 1 000 Einwohnern mehr als verdoppeln. Von besonderem Interesse ist für die Verkehrspolitik wie für die Kraftfahrzeughersteller, was dies für die Entwicklung des Pkw-Bestands bis zum Jahre 2025 bedeutet. In den 36 Untersuchungsländern waren im Jahr 2008 knapp 360 Mio. Pkw zugelassen, davon alleine mehr als ein Fünftel in Deutschland (rund 41 Mio. Pkw) und Italien (36 Mio. Pkw). In China waren es mit knapp 35 Mio. Pkw fast ebenso viele wie in Italien, gemessen an der gesamten Bevölkerung Chinas jedoch vergleichsweise wenig. Den Prognosen gemäß wird der Pkw-Bestand in den Reportländern bis 2025 um jahresdurchschnittlich 2 % auf 500 Mio. Pkw zunehmen. In China werden dann mehr als 91 Mio. Pkw zugelassen sein (das entspricht einem Zuwachs von 5,7 % pro Jahr), und damit mehr als in Deutschland und Italien zusammen, den heute wie in 2025 (mit dann gut 81 Mio. Pkw) absolut größten Pkw-Märkten in Europa. Durch das rasante Bevölkerungswachstum in Indien wird sich auch dort trotz eines niedrigen Motorisierungsgrads der Pkw-Bestand um gut 6 % pro Jahr erhöhen. Relativ betrachtet wird das Pkw-Wachstum in Osteuropa aufgrund des niedrigeren Ausgangsniveaus höher sein als in Westeuropa; absolut betrachtet fällt das Wachstum mit 13 Mio. zusätzlichen Pkw bis 2025 nur halb so groß wie in Westeuropa aus. Mobilitätsraten und Gesamtnachfrage nach Personenverkehrsleistungen Eine wichtige Grundlage der Personenverkehrsprognosen bilden neben den Motorisierungsgraden die Entwicklungstrends bei den entfernungsbezogenen Mobilitätsraten. Sie sind in den World Transport Reports 2010 / 2011 definiert als die Summe der spezifischen Personenverkehrsleistungen mit motorisierten Verkehrsmitteln in den jeweiligen Landverkehrsnetzen, also als territoriale gesamtmodale Personenkilometer je Einwohner und Jahr. Bei den nachfolgenden Ausführungen ist zu beachten, dass in den Angaben für China die Verkehrsleistungen der Busse (des Linien- und Gelegenheitsverkehrs) sowie des innerstädtischen Schienenpersonennahverkehrs (Stadt-, Straßen- und U-Bahnen o. ä.) nicht enthalten sind. Die spezifischen Personenverkehrsleistungen liegen in Westeuropa mit knapp 12 800 Pkm je Einwohner und Jahr am höchsten. Deutschland lag im Jahr 2008 geringfügig unter dem Mittel dieser Ländergruppe. Die Entwicklung in Osteuropa ist aufgrund des niedrigeren Ausgangsniveaus wesentlich dynamischer; dort wird die Mobilitätsrate bis 2025 auf rund 6 500 Pkm je Einwohner und Jahr steigen. Die niedrigsten spezifischen Personenverkehrsleistungen weist sowohl in 2008 als auch in 2025 China mit gerade einmal 1 500 bzw. 2 200 Pkm je Einwohner und Jahr aus. Dass China auch bei dieser Kennzifer ausgesprochen niedrige Werte zu verzeichnen hat, ist nur bedingt auf die fehlenden Verkehrsleistungen in unseren Basisdaten zurückzuführen: Die extrem niedrigen (Pkw-) Motorisierungsgrade einerseits und die hohe Bedeutung nicht motorisierter Fortbewegungsarten im chinesischen mobilen Alltag breiter Bevölkerungsgruppen andererseits sind vor allem dafür verantwortlich. Großen Teilen der Bevölkerung stehen keine alternativen Fortbewegungsmittel zur Verfügung, und auch die finanziellen Mittel sind häufig nicht gegeben. Die Projektion der gesamtmodalen Mobilitätsraten fällt in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich aus. Sie orientiert sich nicht allein an den Vergangenheitstrends und unterschiedlichen Ausgangsniveaus, sondern muss auch strukturellen Veränderungen der Bevölkerungsentwicklung Rechnung tragen. Gerade in westeuropäischen Ländern werden der demografische Wandel und dessen Auswirkungen auf die zukünftige Mobilitätsentwicklung seit einigen Jahren intensiv diskutiert. Trotz der steigenden Anteile älterer Menschen und gleichzeitig sinkender Gesamtbevölkerung in einigen europäischen Ländern ist u.a. aufgrund der zunehmenden Altersmobilität noch mit einem weiterhin leicht ansteigenden Trend der Verkehrsleistungen je Einwohner zu rechnen. Abb. 5: Territoriale Personenverkehrsleistungen in ausgewählten Ländern und Regionen nach Verkehrszweigen 2000 - 2008 - 2025 Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 17 1 DREWITZ, MARKUS ET AL.: World Transport Reports 2010/ 2011, Analyses and Forecasts, Basel 2010; weitere Informationen: www.progtrans.com. 2 Vgl. GREINUS, ANNE; ICKERT, LUTZ; ROMMERSKIRCHEN, STEFAN: Personenverkehr in Europa und Übersee - Wachstumsperspektiven bis 2020, in: Internationales Verkehrswesen, 1+2/ 2008, S. 10-14; ferner dies.: Güterverkehr in Deutschland, Europa und Übersee - Langfristige Perspektiven bis 2020, in: Internationales Verkehrswesen, 3/ 2008, S. 62-65. 3 Eine Besonderheit der deutschen Daten stellt beispielsweise der Sachverhalt dar, dass Deutschland - im Unterschied zu vielen anderen EU-Ländern - in der Güterkraftverkehrsstatistik nur für Fahrzeuge mit einer Nutzlast ab 3,5 t berichtet. In vielen anderen Ländern bezieht sich die Berichterstattung auf Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) ab 3,5 t. 4 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.): Verkehr in Zahlen 2009/ 2010, Hamburg 2009, S. 245. 5 Die Analyse- und Prognosedaten stammen aus der aktuellen Bevölkerungsvorausschätzung der Vereinten Nationen vom Frühjahr 2008; vgl. Population Division of the United Nations Department of Economic and Social Afairs of the United Nations Secretariat (Hrsg.): World Population Prospects, The 2008 Revision, New York 2009. 6 Es fehlen somit von den 40 Reportländern Weißrussland, die Ukraine, Japan und die USA. LITERATUR Stefan Rommerskirchen, Dr. rer. pol. Geschäftsführer ProgTrans AG (Basel / Schweiz) stefan.rommerskirchen@progtrans.com Markus Drewitz, Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Berater ProgTrans AG (Basel / Schweiz) markus.drewitz@progtrans.com Das Produkt aus der spezifischen Personenverkehrsleistung und den jeweiligen Bevölkerungszahlen ergibt die absoluten gesamtmodalen Personenverkehrsleistungen, die für die Vergangenheitsjahre 2000 und 2008 sowie für das Prognosejahr 2025 in Abbildung 5 dargestellt sind. Erwartungsgemäß liegt das jahresdurchschnittliche Wachstum mit 2,9 bzw. 2,6 % pro Jahr in Indien und China am höchsten. Bis 2025 werden die in Indien erbrachten gesamtmodalen Personenverkehrsleistungen diejenigen der westeuropäischen Länder knapp übersteigen. Auch Brasilien hat mit 1,2 % pro Jahr ein starkes Wachstum zu erwarten und wird in 2025 mit rund 1,1 Mrd. Pkm nur noch knapp unter dem Niveau Osteuropas bleiben. Mit Ausnahme von China haben sich die Entwicklungen im Personenverkehr gegenüber vorherigen Prognosen nur leicht verändert. Für China sind geringfügig niedrigere Zuwachsraten zu erwarten, die jedoch aufgrund des starken Wachstums in den vergangenen Jahren absolut gesehen auf einem höheren Niveau enden werden. Aufteilung der Personenverkehrsnachfrage auf die Verkehrszweige Die unterschiedliche Bedeutung der Verkehrszweige in den verschiedenen Ländern bzw. Regionen ist in Abbildung 5 deutlich zu erkennen. Mit Ausnahme von Indien dominiert der Pkw in allen übrigen Reportländern bzw. -regionen das Verkehrsgeschehen. Am stärksten ist die Dominanz in den Ländern Westeuropas, in denen im Jahr 2008 rund 83 % aller motorisierten Personenverkehrsleistungen mit dem Pkw erbracht wurden; auch in Osteuropa ist der Pkw mit 72 % das bedeutsamste Verkehrsmittel. Während für Westeuropa ein leichter Rückgang des Pkw-Anteils bis ins Jahr 2025 zu erwarten ist, wird in Osteuropa der Pkw sogar noch stark an Bedeutung hinzugewinnen und Marktanteile von rund 76 % erreichen. Insgesamt sind die Modal-Split- Anteile der Verkehrszweige in den einzelnen Ländern Europas allerdings sehr unterschiedlich. Deutschland liegt wiederum im westeuropäischen Mittel: 84 % der Personenverkehrsleistung wurden im Jahr 2008 in Deutschland mit dem Pkw erbracht, 10 % auf der Schiene und nur 6 % mit dem Bus. Bei leicht steigender Verkehrsleistung bleiben die Marktanteile der Verkehrsträger bis 2025 jedoch konstant. In Russland sowie in Brasilien wurde der Modal-Split des Jahres 2000 noch mehrheitlich von den öfentlichen Personenverkehrsmitteln Bus und Bahn geprägt. Bereits in 2008 hat jedoch der Pkw-Marktanteil die 50 %-Marke übersprungen und wird auch bis 2025 weiter zulegen. In 2025 ist mit Marktanteilen des Pkws von rund 70 % in Russland und 60 % in Brasilien zu rechnen. Das starke Wachstum geht in Russland insbesondere zu Lasten der Busse, deren Marktanteile um 16 Prozentpunkte abnehmen. In Brasilien sinken die Marktanteile der Busse bei nahezu konstanter Verkehrsleistung; der Personenverkehr auf der Schiene ist dort mit deutlich unter 1 % Marktanteil vernachlässigbar. Indiens Personenverkehrsleistungen wurden in der Vergangenheit und werden auch in Zukunft mehrheitlich mit Bussen erbracht; jedoch geht auch dort der Trend zum (eigenen) Pkw. Durch ein überproportionales Wachstum der Pkw-Verkehrsleistungen im Vergleich zu den Bussen und der Schiene steigt der Marktanteil der Pkw zwischen 2008 und 2025 um rund 9 Prozentpunkte auf 21 %. Trotz steigender Verkehrsleistung der Busse sinkt deren Marktanteil auf 52 % in 2025. In China wird der Marktanteilszuwachs der Pkw (im bimodalen Split) bis 2025 mit 5 Prozentpunkten als vergleichsweise gering eingeschätzt. Resümee Die bisherigen und zukünftigen Entwicklungen der Güter- und Personenverkehrsleistungen in Europa und in ausgewählten überseeischen Ländern weisen teilweise erhebliche Unterschiede in ihrem absoluten Ausmaß, aber auch hinsichtlich ihrer strukturellen Ausgangslagen und Veränderungen auf. Im Güterverkehr machen sich die gegenüber früheren Prognosen deutlich zurückgenommenen Wachstumserwartungen der Gesamtwirtschaft und des Außenhandels stark bemerkbar: Vor allem in den europäischen Ländern erhalten die Wachstumsperspektiven einen viel stärkeren Dämpfer, als das bei Langfristprognosen vor der Wirtschafts- und Finanzkrise der Fall war. Im Personenverkehr ist der Anpassungsbedarf bei den Prognosen insgesamt geringer als im Güterverkehr. Die Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung sind seit Jahren ziemlich stabil, und die Dynamik des Wachstums wurde zumindest in Europa schon seit längerer Zeit als vergleichsweise moderat eingeschätzt. Die neuen „World Transport Reports 2010/ 2011“ zeigen stärker als die Vorgängerstudien auf, dass sich die Gewichte der Transportnachfrageentwicklungen zwischen Europa und anderen Kontinenten deutlich verschieben. Der Nachfragedruck lässt dadurch allerdings keineswegs nach, sondern wird sich im Gegenteil weltweit weiter erhöhen. Damit stehen Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft auch in nächster Zeit vor großen Herausforderungen. Die Entwicklungen im Güter- und Personenverkehr bleiben ein außerordentlich spannendes Betätigungsfeld für alle, die an deren Gestaltung mitwirken. Neben den inhaltlichen Aspekten soll im Resümee nicht der Hinweis fehlen, dass die quantitative Bedeutung der Neuberechnung der Güterverkehrsleistungen ausländischer Lkw in Europa für manche Länder nicht unterschätzt werden darf. Nach den Modellrechnungen geht es in Deutschland beispielsweise um über 50 Mrd. tkm pro Jahr. Selbst wenn neueste Erkenntnisse darauf hindeuten, dass der Unterschied zu den bisher publizierten Zahlen etwas geringer sein könnte, geht es hier um mehr als nur um „Zahlenkosmetik“. Daher ist eine baldige Abklärung dieses Themas unverzichtbar. ɷ
