eJournals Internationales Verkehrswesen 63/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/iv-2011-0006
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Peter Lundhus
Eine feste Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark ist eine lang gehegte europäische Vision. Die 18 km lange Querung soll ab 2020 Deutschland und Dänemark einander näher bringen. Die Entscheidung für einen Tunnel oder eine Brücke ist noch nicht gefallen.
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Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 22 INFRASTRUKTUR Fehmarnbelt Eine feste Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark ist eine lang gehegte europäische Vision. Die 18 km lange Querung soll ab 2020 Deutschland und Dänemark einander näher bringen. Die Entscheidung für einen Tunnel oder eine Brücke ist noch nicht gefallen. M it einer Festen Fehmarnbeltquerung geht der Traum einer festen Direktverbindung zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa entlang der kürzesten Strecke in Erfüllung. Durch ihren Beitrag zur stärkeren grenzüberschreitenden Integration in Bereichen wie Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur fördert das weitere Zusammenwachsen Europas. Die Reisezeit zwischen Kontinentaleuropa und Skandinavien wird sich durch die neue Verbindung erheblich verkürzen. Während die derzeitige Fährüberfahrt 45 min dauert (plus ggf. Wartezeit), werden Zugpassagiere über die Feste Fehmarnbeltquerung nur sieben Minuten benötigen, Autofahrer etwa zehn. Die Dauer einer Zugfahrt zwischen Hamburg und Kopenhagen verkürzt sich von ca. 4,5 auf 3 h. Die feste Querung schließt eine Lücke zwischen den skandinavischen und europäischen Schienennetzen und wird daher als Teil eines der vorrangigen Schienenkorridore Europas von der EU gefördert. In Zukunft werden Güterzüge den 160 km langen Umweg über den Großen Belt vermeiden können. So wird ein starker Transportkorridor zwischen Hamburg auf der deutschen Seite und der Öresundregion in Dänemark/ Schweden geschafen und es entsteht eine neue, wettbewerbsfähigere Großregion - die Fehmarnbeltregion. Gründliche Planung für ein Rekordprojekt Der Staatsvertrag zur Festen Fehmarnbeltquerung sieht als technische Vorzugslösung eine Schrägkabelbrücke vor, lässt aber ausdrücklich ofen, ob das Projekt in Form einer Brücke oder eines Tunnels realisiert wird. Femern A/ S führt seit 2009 umfangreiche Untersuchungen durch, um das Projekt zu identifizieren und zu entwickeln, das in Bau und Betrieb die geringsten negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt hat. 2009 haben wir ein sehr umfangreiches, gut zweijähriges Umweltuntersuchungsprogramm gestartet, das Anfang 2011 abgeschlossen sein wird. Wir werden dann mehrere tausend Seiten an Bestandsanalysen vorlegen, die die Grundlage bilden für die im Frühjahr 2011 beginnende Erstellung der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) für die Varianten Absenktunnel und Schrägkabelbrücke. Weil die Bodenverhältnisse vor Ort naturgemäß eine Anschluss gesucht Die Schrägkabelbrücke im Überblick Gesamtlänge *) 17,6 km Brückenträger, Höhe 12,9 m Schrägseilbrücke 2 414 m Pylonen, Anzahl 3 Brückenpfeiler, Anzahl (Vorlandbrücken) 74 Brückenfeld, Länge (Vorlandbrücken) 200 m Aushubmenge ca. 1,0 Mio. m 3 *) Länge von Küste zu Küste Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 23 große Rolle spielen, führen wir seit Juli 2008 Baugrunduntersuchungen im Fehmarnbelt und an Land auf Fehmarn und Lolland durch. Diese Untersuchungen werden 2012 abgeschlossen und die Erkenntnisse fließen in die weitere Planung des Vorhabens und später in die Ausschreibungsunterlagen ein. Am 6. April 2009 hat Femern A/ S einen Vertrag mit zwei Beraterkonsortien über die Erstellung jeweils eine Entwurfsplanung für einen Tunnel und eine Brücke geschlossen. Die beiden Beraterteams haben vollständig unabhängig voneinander, aber vom gleichen Ausgangspunkt aus gearbeitet. Nach anderthalb Jahren Arbeit haben wir im November 2010 schließlich deren Entwurfsplanungen vorgestellt. Auf Grundlage dieser Entwürfe sowie des derzeitigen Stands der Voruntersuchungen hat Femern A/ S Ende November dem dänischen Verkehrsminister einen Absenktunnel als bevorzugte Lösung für die Feste Fehmarnbeltquerung empfohlen. Wir sind der Aufassung, dass ein solcher Absenktunnel sowohl in der Bauals auch in der Betriebsphase insgesamt weniger Risiken birgt als eine Schrägkabelbrücke. Besonders berücksichtigt wurden bei der Entscheidung die technischen Risiken während des Baus, der Umweltschutz, die Auswirkungen auf die Sicherheit des Schifsverkehrs und die Baukosten. Finanziell liegen die beiden Projekte mit kalkulierten Kosten von 5,1 Mrd. EUR für einen Absenktunnel und 5,2 Mrd. EUR für eine Schrägkabelbrücke sehr nah beieinander. Frühere Kostenschätzungen waren noch von etwa 1 Mrd. EUR Mehrkosten beim Bau eines Absenktunnels ausgegangen. Die Empfehlung für einen Absenktunnel basiert auf dem bisherigen Kenntnisstand vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung und ist daher noch vorläufig. Anfang 2011 wird eine Entscheidung des dänischen Verkehrsministers erwartet, welcher der beiden Projektentwürfe die Vorzugslösung für die weitere Arbeit bilden soll, einschließlich der anstehenden Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Vorzugslösung bildet dann die Grundlage für das deutsche Planfeststellungsverfahren. Die endgültige Entscheidung für eine Variante wird in Verbindung mit dem Planfeststellungsbeschluss in Deutschland und der Verabschiedung des Baugesetzes in Dänemark voraussichtlich 2013 gefällt. Der Baubeginn der Festen Fehmarnbeltquerung ist für 2014, die Eröfnung für 2020 geplant. Es wurden neben den nun vorgestellten Lösungen Absenktunnel und Schrägkabelbrücke auch verschiedene Varianten eines Bohrtunnels und einer Hängebrücke untersucht. Mit den Entwurfsplanungen für Schrägkabelbrücke und Absenktunnel liegen nun sehr detaillierte Planungen für beide Varianten vor. Selten wurden bei einem Infrastrukturprojekt dieser Größenordnung zwei vollkommen unterschiedliche Bauwerksvarianten in dieser Tiefe analysiert und durchgeplant. Auch wenn nun eine erste Empfehlung für einen Tunnel auf dem Tisch liegt, ist die endgültige Entscheidung wie gesagt nach wie vor noch nicht getroffen - die Entwurfsplanungen zeigen aber, dass die Fehmarnbeltquerung in jedem Falle ein beeindruckendes technisches Bauwerk und das größte Infrastrukturprojekt in Nordeuropa werden wird. Der Absenktunnel Die Entwurfsplanungen für einen Absenktunnel wurden im Auftrag von Femern A/ S von einem Planungskonsortium der Firmen Rambøll-Arup-TEC durchgeführt. Im Entwurf verläuft der 17,6 km lange Tunnel in einer nahezu geraden Linie von Küste zu Küste. Auf der deutschen Seite fahren die Reisenden über eine kleine Anhöhe und anschließend in eine grüne Talsenke vor der Tunnelmündung. Nach einem allmählichen Der Absenktunnel im Überblick Gesamtlänge 17,6 km Anzahl Standardelemente 79 Anzahl Spezialelemente etwa 10 Maximales Elementgewicht 73.500 t Tunnelelementlänge (Standard und Spezial) 217 m Tunnelquerschnitt - Standardelement (Höhe x Breite) 8,9 m x 42,2 m Tunnelquerschnitt - Spezialelement (Höhe x Breite) 45,0 x 13,1 m Aushubmenge 15,5 Mio. m3 Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 24 INFRASTRUKTUR Fehmarnbelt elementen untergebracht. Auf diese Weise können die Standardelemente technisch einfacher gestaltet werden und eignen sich somit besser für die Serienfertigung. Die Spezialelemente sind breiter als die Standardelemente, da sie neben dem Standstreifen auch Platz für Nischen bieten, in denen Service- und Rettungsfahrzeuge parken können, ohne dass der Straßenverkehr gestört wird. Die Bodenverhältnisse im Fehmarnbelt sind sehr unterschiedlich. Das macht das Ausheben des Tunnelgrabens zu einer Herausforderung, da für verschiedene Bodenarten verschiedene Ausrüstung eingesetzt werden muss. Um Platz für den Tunnel zu schafen, müssen große Mengen an Boden ausgehoben werden. Die vorläufigen Prognosen belaufen sich auf etwa 15,5 Mio. m 3 . Das Aushubmaterial kann beim Bau wiederverwendet werden, beispielsweise zum Aufschütten künstlicher Halbinseln oder Deiche. Der Aushub erfolgt voraussichtlich mit Baggern, die das Aushubmaterial auf Kähne verladen. Die Kähne befördern das Material zu den Stellen, an denen es gelöscht und verbaut werden soll. Der Boden im Fehmarnbelt ist prinzipiell für eine sichere Platzierung eines Absenktunnels gut geeignet. Der weiche Lehm in Nähe der deutschen Küste macht allerdings besondere Vorkehrungen notwendig. Die technische Lösung hierfür wird im Laufe des Jahres 2011 festgelegt. Die Schrägkabelbrücke Die Entwurfsplanung der Schrägkabelbrücke hat ein Planerteam des Konsortiums COWI-Obermeyer im Auftrag von Femern A/ S entwickelt. Der Projektentwurf sieht eine 17,6 km lange Brücke über den Fehmarnbelt vor (Länge von Küste zu Küste). Bei einer voraussichtlichen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 110 km/ h benötigt ein Autofahrer etwa 10 Minuten zum Queren des Belts, Zugfahrgäste sieben Minuten. Es handelt sich um eine zweistöckige Schrägkabelbrücke, vergleichbar mit der über den Öresund: Auf der oberen Ebene verlaufen vier Autobahnspuren und zwei Standstreifen, auf der unteren zwei elektrifizierte Bahngleise, und es ist ein durchsichtiger Windschutz über die gesamte Brückenlänge hinweg vorgesehen. Die Brücke folgt einer s-förmigen Kurve und bietet den Reisenden während der Fahrt eine gute Sicht auf die etwa 270 m hohen Pylonen, die etwa 6 km von der deutschen und etwa 9 km von der dänischen Küste entfernt sind. Auf der Autobahn wird mit einer mobilen Mittelleitplanke die Möglichkeit geschaffen, den Verkehr im Falle eines Unfalls oder bei Wartungsarbeiten auf andere Spuren Übergang zu künstlichem Licht wird die Reise durch den Tunnel mit hellen Wänden fortgesetzt. Der durchgängige Standstreifen verleiht dem Tunnel dabei einen breiten und geräumigen Eindruck. Auf der dänischen Seite ist die Verkehrsleit- und Überwachungszentrale in das Tunnelportal integriert. Um den Fahrern Abwechslung auf der Fahrstrecke zu bieten, besteht der Tunnel aus Zonen mit unterschiedlicher Beleuchtung und enthält zudem drei etwa 1,5 km lange Bereiche mit LED-Beleuchtung, in denen an den Tunnelwänden Bilder in langsamer Bewegung gezeigt werden, zum Beispiel fliegende Vögel. Der Projektentwurf sieht einen einstöckigen Absenktunnel aus wasserdichtem Beton vor, vergleichbar mit dem Öresundtunnel. Er besteht aus zwei Autobahnröhren an der Westseite und zwei Gleisröhren an der Ostseite. Zwischen den Straßenröhren befindet sich ein Mittelkorridor, der für Installationen und als Fluchtweg genutzt wird. Sicherheit im Absenktunnel Der Absenktunnel ist sicherer als eine entsprechende Autobahn- oder Eisenbahnstrecke an Land. Es gibt keinen Gegenverkehr und keine Ein- und Ausfahrten. Außerdem ist der Tunnel stets trocken, windstill und gut beleuchtet. Es wird ein umfassendes Kommunikationssystem mit u. a. dynamischen Schildern, Lautsprechern und Funk eingerichtet, so dass die Reisenden während der Fahrt oder bei Unfällen informiert werden können. Im Tunnel werden kontinuierlich Umweltmessungen vorgenommen, automatische Lüftungsanlagen gewährleisten eine gute Luftqualität und Sicht. Darüber hinaus wird der Tunnel rund um die Uhr überwacht. Die Entwurfsplanungen sehen Notausgänge zum Rettungskorridor oder zu einer sicheren benachbarten Röhre alle 108 m vor, dazu Notstationen mit Feuerlöschmitteln und direkter Telefonverbindung zur Verkehrsleitzentrale alle 54 m. Im Tunnel sind Brandschutzanlagen installiert: Die Sprinkleranlage kann einen Brand unter Kontrolle halten, bis die Rettungsmannschaft eintrift, Decke und Wände des Tunnels sind feuerisoliert. Während des normalen Betriebs sorgen die Autofahrer selbst bzw. die Geschwindigkeit ihrer Fahrzeuge für die nötige Frischluftzufuhr im Tunnel und eine gute Luftqualität. Bei Bedarf, beispielsweise im Brandfall, wird der Tunnel zusätzlich über große Ventilatoren unter der Decke belüftet. Nach der Fertigstellung liegt der Tunnel geschützt unter dem Meeresboden. Abgesehen von den Verfüllungen wird die Meeresumwelt nicht beeinträchtigt, es besteht keine Gefahr von Schifskollisionen. Bau eines Absenktunnels Ein Absenktunnel unter dem Fehmarnbelt stellt einen Weltrekord dar: Konstruktion und Bauverfahren sind bekannt, aber der Umfang und die Tiefe des Belts sind Herausforderungen für den Bau, dessen Dauer sich nach vorläufigen Prognosen auf sechseinhalb Jahre belaufen wird. Der Tunnel besteht aus 79 etwa 200 m langen Standard- und etwa 10 Spezialelementen, die ca. alle 1,8 km eingesetzt werden. Die Tunnelelemente werden in großen Produktionsstätten an Land unter kontrollierten Bedingungen gefertigt, wiegen jeweils etwa 70 000 t und sind damit gerade noch schwimmfähig. Sie werden zur Tunnellinie transportiert und dort nacheinander in einen zuvor ausgehobenen Graben versenkt und miteinander verbunden. Wenn die Elemente platziert sind, werden sie mit einer etwa 1,2 m starken Schicht aus Gestein und Sand abgedeckt, um sie vor Schäden durch sinkende Schife oder Schifsanker zu schützen. Nach einigen Jahren hat sich dann wieder ein natürlicher Meeresboden gebildet. Das Konzept der Spezialelemente ist neu in der Absenktunneltechnik. Das Verfahren hat mehrere Vorzüge: Die gesamte mechanische und elektrische Ausrüstung, die Platz und Wartung erfordert, ist in den Spezial- Brücken- und Tunnelvariante wurden auf derselben Grundlage entwickelt: ฀ Die Feste Fehmarnbeltquerung umfasst eine vierspurige Autobahn und eine zweigleisige elektrifizierte Bahnstrecke. Sowohl Brücke als auch Tunnel werden für eine technische Lebensdauer von mindestens 120 Jahren ausgelegt. Die Entwurfsgeschwindigkeit für die Straße beträgt 130 km/ h (Höchstgeschwindigkeit auf dänischen Autobahnen). Die von den Behörden vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit wird voraussichtlich 110 km/ h betragen. Die Entwurfsgeschwindigkeit für die Bahnstrecke beträgt 200 km/ h bei Personenzügen und 140 km/ h bei Güterzügen (europäische Norm für den Neubau von Bahnstrecken). Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer muss mindestens der auf den entsprechenden deutschen und dänischen Autobahn- und Bahnstrecken an Land entsprechen. Ausgangspunkt für die Projektentwürfe ist, dass die Sicherheit der Schiffahrt im Fehmarnbelt mindestens so hoch sein muss wie ohne Querung. GEMEINSAME GRUNDLAGE Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 25 umzuleiten und so die Kapazität maximal zu nutzen. Auf der Gleisebene sorgen Weichen auf der Brücke für eine entsprechende Kapazitätsmaximierung. Die Brücke wird in einer sogenannten Verbundbauweise aus Brückenträgern aus Stahl und einer Fahrbahndecke aus Beton errichtet. Bei der Hochbrücke werden sowohl die Brückenträger als auch die Träger für die Straße aus Stahl bestehen, um das Gewicht zu reduzieren. Die beiden Hauptfelder der Hochbrücke haben gemäß Projektentwurf eine lichte Spannweite von jeweils 724 m. Dies sind die längsten Brückenfelder, die bisher für eine Schrägkabelbrücke für den Auto- und Zugverkehr errichtet wurden. Die großen Spannweiten sind für die Sicherheit der Schiffahrt erforderlich. Die lichte Durchfahrthöhe beträgt 66,2 m. Ausgangspunkt ist die Querung des Großen Belts mit einer lichten Höhe von 65 m. 1,2 m wurden noch zusätzlich aufgeschlagen, um einen erwarteten Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels zu berücksichtigen. Sicherheit einer Schrägkabelbrücke Wie der Absenktunnel wird auch die Brücke den Nutzern mehr Sicherheit bieten als eine entsprechende Autobahn- oder Bahnstrecke an Land. So wird es u. a. keine Ein- und Ausfahrten im Straßenbereich und keine Nebengleise im Bahnbereich geben. Die gesamte Verkehrsanlage wird zudem kontinuierlich videoüberwacht, was das Risiko von Folgeunfällen reduziert. Die Erfahrungen mit den Querungen des Großen Belts und des Öresunds haben zudem gezeigt, dass auf diesen Strecken wesentlich weniger Unfälle passieren, als auf entsprechenden Strecken an Land. Das größte Risiko für die Schiffahrt, das eine Brücke birgt, sind die Kollisionen. Die vorläufigen Berechnungen zeigen aber, dass eine lichte Spannweite von zweimal 724 m eine ausreichende Sicherheit für die Schiffahrt bietet, die zudem weiter durch die Schafung eines kontinuierlichen VTS-Systems (Vessel Traic Service) erhöht wird, das Schife auf einem Kollisionskurs warnt. Die drei Pylonen (großen Brückenpfeiler) können aufgrund ihres Gewichts den starken Beanspruchungen durch eine Schifskollision standhalten. Die kleineren Brückenpfeiler in Nähe der Schiffahrtsrouten müssen mit Schutzvorrichtungen vor Schifskollisionen versehen werden. Eine Brücke mit zwei Durchfahrtsfeldern mit einer Breite von jeweils 724 m zusammen mit einem VTS- System und einer Kennzeichnung der Schiffahrtsroute stellt für den Schifsverkehr eine genauso sichere Lösung dar wie das Befahren des Fehmarnbelts ohne Brücke. Bau einer Schrägkabelbrücke Eine Schrägkabelbrücke nach der Beschreibung in der Entwurfsplanung ist eine technische Herausforderung. Brückentyp und Verfahren sind aus anderen Projekten bekannt, noch nie wurde aber in einer solchen Größenordnung gebaut. Es gibt Kräne, allerdings nur wenige, die die mehr als 6000 t, heben können, die zur Durchführung des Bauprozesses erforderlich sind. Die vorläufigen Berechnungen veranschlagen die Bauzeit für die Brücke auf etwa sechs Jahre. Alle Brückenteile, mit Ausnahme der großen Pylone, werden voraussichtlich an Land in großen Elementfabriken gebaut. Die Senkkästen (Fundamente) und Brückenpfeiler bestehen aus Stahlbeton. Die Brückenträger werden an Land geschweißt und zu langen Sektionen montiert. In der oberen Ebene der Brückenträger wird dann die Fahrbahndecke gegossen. Alle Teile werden zur Brückentrasse transportiert und dort montiert. Insgesamt soll der Transport (einschließlich der großen Baustofmengen für die Elementfabriken) größtenteils auf dem Seeweg erfolgen. Die Bodenverhältnisse im Fehmarnbelt sind für die Fundamente der Brückenpfeiler nicht durchgehend optimal. Daher untersucht Femern A/ S verschiedene Gründungsverfahren, beispielsweise die Pfahlgründung. Bei einer Pfahlgründung müssten für das gesamte Bauvorhaben ca. 1 Mio m 3 Material ausgehoben werden. Produktionsstätten Der Bau eines Tunnels bzw. einer Brücke von der Größe der Fehmarnbeltquerung erfordert tausende Arbeiter, gewaltige Mengen an Material und Ausrüstung sowie großflächige Produktionsstätten für die Brücken- und Tunnelelemente. Anfang 2010 hat Femern A/ S ein Anforderungsprofil für Produktionsstätten für Tunnel- und Brückenelemente veröfentlicht. Einige Standorte, in Deutschland zum Beispiel Lübeck, Rostock und Sassnitz, haben bereits Interesse an einer solchen Produktionsstätte bekundet. Femern A/ S legt in den Ausschreibungsunterlagen für Bauunternehmer Auftrag, Zeitrahmen und Leistungsstandards durch eine Reihe funktionaler Bedingungen sowie die Entwurfs- und Durchführungsbedingungen fest. Unabhängig davon, ob die Entscheidung zugunsten einer Tunnel- oder einer Brückenlösung ausfällt, werden wahrscheinlich mindestens drei Hauptverträge ausgeschrieben. Über Anzahl und Standorte der Produktionsstätten entscheiden dann die Bauunternehmer. Femern A/ S vertritt den Standpunkt, dass große Teile der Stahlkonstruktion für eine Brücke aus wirtschaftlichen Gründen im Fernen Osten, beispielsweise in China, gefertigt werden sollten. Die Produktionsstätten für die Tunnelelemente hingegen sollten aufgrund des hohen Gewichts der Elemente in der Nähe der Bauplätze liegen. Aufgrund der mit einer Verschifung von so großen Elementen verbundenen Risiken vertritt Femern A/ S die Aufassung, dass die Produktion von Betonelementen am besten in einem Abstand von höchstens 120 km zur Trassenführung erfolgen sollte. Ein Standort in einem größeren Abstand ist jedoch nicht ausgeschlossen, wenn die Bauunternehmer meinen, dass diese Lösung insgesamt wirtschaftlich tragfähig und wettbewerbsfähig ist. Peter Lundhus Technischer Direktor Planungsgesellschaft Femern A/ S, Kopenhagen plu@femern.dk. ɷ Tunneleinfahrt auf der dänischen Seite Alle Grafiken: Femern A/ S