eJournals Internationales Verkehrswesen 63/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/iv-2011-0013
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2011
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Standardisierung von Lieferketten

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2011
Sebastian Jürgens
Der Industriestandort Deutschland benötigt eine Industrialisierung seiner Verkehrsströme, insbesondere im wachstumsorientierten unbegleiteten Kombinierten Verkehr. Die traditionellen Geschäftsmodelle der beiden Segmente kontinentale Verkehre mit dem Operateursangebot Terminal-to-Terminal und maritime Verkehre mit einem Port-to-Door-Konzept müssen weiterentwickelt werden.
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Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 42 LOGISTIK Wissenschaft E in systemorientierter Ansatz im kontinentalen Verkehr zeigt die Möglichkeiten auf, die Grundlast der Speditionsverkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Dies ist nur realistisch, wenn sämtliche Beteiligte an der Prozesskette, einschließlich der Verlader, an unternehmensübergreifenden Nutzerplattformkonzepten u. a. für die gemeinschaftlich betriebenen Lagerflächen sowie die Abholung und Zustellung am Terminal mitwirken. Produktivitätsreserven für den kontinentalen Verkehr liegen insbesondere in der Einsparung des Flächenverbrauchs, auch der beteiligten Verlader, und der eizienten Nutzung einer vergleichsweise verkleinerten Lkw- Flotte. Damit reagiert die Branche auf steigende Umweltauflagen und strikte Anforderungen an die Sozialstandards bei den Lkw-Fahrern. Insgesamt besteht Anlass zu der Annahme, dass es zu einer Annäherung an die maritimen Konzepte kommen wird. Eine Systembetrachtung im maritimen Bereich zeigt ebenfalls Weiterentwicklungsperspektiven auf, u. a. Produktivitätsreserven im Hinblick auf die Etablierung von standardisierten Informationsketten. Bündelungsmöglichkeiten zwischen kontinentalen und maritimen Systemen sind noch nicht ansatzweise erschlossen. Dabei stehen „gemischte Züge“ aus maritimen und kontinentalen Mengen mit insgesamt deutlich verbesserter Auslastung ebenso im Vordergrund wie die gemeinsame Nutzung von modernen Terminalanlagen und Abstellflächen. Neben den bereits dargestellten Vorteilen dürfte ein höherer Containerisierungsgrad für sämtliche Verkehre noch einmal deutlich verbesserte Ressourceneinsätze hervorrufen. Insofern haben die Verlader ein hohes Eigeninteresse an der Standardisierung der Lieferketten. Innerhalb des einheitlichen Systems mit deutlich gestiegener Dispositionsmasse eröfnen sich ihnen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten für moderne Standardisierung von Lieferketten Der Industriestandort Deutschland benötigt eine Industrialisierung seiner Verkehrsströme, insbesondere im wachstumsorientierten unbegleiteten Kombinierten Verkehr. Die traditionellen Geschäftsmodelle der beiden Segmente kontinentale Verkehre mit dem Operateursangebot Terminal-to-Terminal und maritime Verkehre mit einem Port-to-Door-Konzept müssen weiterentwickelt werden. Abb.1: Prozesskette im maritimen und kontinentalen Kombinierten Verkehr Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 43 »Bündelungsmöglichkeiten zwischen kontinentalen und maritimen Systemen sind noch nicht ansatzweise erschlossen« Logistikkonzepte wie Just-in-time Belieferung. Die Frage bleibt: Wer ergreift die Initiative? Die heutige Landschaft des unbegleiteten Kombinierten Verkehrs 1 kann im Folgenden aufgrund der historischen Entwicklung der wesentlichen Operateursgesellschaften und der Interessenlage ihrer jeweiligen Gesellschafter erklärt werden. Darauf beruhen die unterschiedlichen Geschäftsmodelle Terminal-to-Terminal für den kontinentalen Bereich und Port-to-Door für den maritimen Bereich. 2 Im Anschluss an die Darstellung der wesentlichen Charakteristika der beiden Segmente werden in diesem Beitrag systemimmanente Produktivitätsverbesserungspotenziale aufgezeigt. Zahlreiche Bündelungsmöglichkeiten bei wesentlichen Teilen der intermodalen Wertschöpfungskette dienen als Konvergenztreiber für die Geschäftsmodelle beider Segmente. Daraus lassen sich möglichst weitgehende Standardisierungen der Lieferketten ableiten, die dem Nutzer des Systems zugute kommen. Schließlich werden substantielle Veränderungsnotwendigkeiten der Beteiligten am Kombinierten Verkehr aus den Erkenntnissen zur Konvergenz der Geschäftsmodelle hergeleitet. Interessenlagen der Gesellschafter der Operateure - zwei Geschäftsmodelle mit unterschiedlichen Optimierungsansätzen Vor etwa 40 Jahren sind die ersten Operateursgesellschaften gegründet worden. 3 Im Kontinentalen Verkehr mit Wechselbrücken, Sattelaufliegern und Tankcontainern haben sich Spediteure mit signifikanten Lkw-Flotten an den beiden großen europäischen Operateuren Kombiverkehr und HUPAC beteiligt, um in Ergänzung zu ihren Lkw- Verkehren den Kombinierten Verkehr anbieten zu können. Damit erhalten sie die Möglichkeit, ihr Equipment entweder im Fernverkehr auszulasten oder im Nahbereich die Abholung oder Zustellung möglichst im Selbsteintritt zu organisieren und auf diese Weise ihre Lkw-Flotte optimal auszulasten. Zahlreiche Spediteure befördern demnach die Grundlast auf der Straße im Fernverkehr und speisen die Überlaufmengen in den Kombinierten Verkehr ein. Aber selbst für die Spediteure, die zu einem erheblichen Anteil den Kombinierten Verkehr benutzen, 4 steht die Auslastung der eigenen Ressourcen im Vordergrund. 5 Von „ihrem“ Operateur erwarten sie ein hochleistungsfähiges Terminal-to-Terminal-Angebot. Die Eisenbahnverkehrsdienstleister (EVU) müssen mit dem durchgehenden Lkw-Verkehr vergleichbare Pünktlichkeitswerte sicherstellen, um die Logistikanforderungen der Kunden zu erfüllen. Die Anlieferung in den Terminals erfolgt häufig am Tag des Schienengütertransports bis kurz vor der Abfahrt des Zuges, die Abholung unmittelbar im Anschluss an die Ankunft im Terminal. Verspätungen im Schienengüterverkehr verursachen Kosten für nicht geplante Wartezeiten der Fahrer oder zumindest in der Disposition. Die Terminals werden im Wesentlichen auf die Funktion von reinen Umschlagsanlagen reduziert. 6 Die kontinentalen Operateure sind ihren Dienstleistern gegenüber häufig als Einkaufsgemeinschaften aufgetreten. 7 Dadurch fanden sich die EVUs und Terminals in der Rolle der Dienstleister mit nachgeordneten Optimierungsmöglichkeiten. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei den Operateuren, die Auslastungsverantwortung bei kurzfristigen Anlieferungen zu übernehmen, sind diese bestrebt, zunehmend ihre Kunden über entsprechende Buchungs- und Stornierungsreglungen in die wirtschaftliche Verantwortung für den Betrieb von Ganzzugprodukten zu nehmen. Damit wird ein Teil der Dispositionshoheit im System faktisch wieder an die Speditionen zurück übertragen und deren Stellung im Intermodalsystem noch einmal gestärkt. Darüber hinaus ist bei sehr großen KVorientierten Spediteuren ein Trend zum Einkauf von Ganzzugleistungen zu erkennen. Im Zusammenhang mit ihrer Stellung als Anteilseigner erhalten die Spediteure und Transporteure damit auf der einen Seite einen weiteren Hebel zur Optimierung ihres Straßenequipments. Auf der anderen Seite werden dadurch unternehmensübergreifende Optimierungen zusätzlich erschwert. Die Nutzung systemübergreifender Optimierungsmöglichkeiten ist nahezu unmöglich. Zahlreiche maritime Operateure, die sich auf den Port-to-Door-Transport von Containern spezialisiert haben, sind von Anfang an unter signifikanter Beteiligung von EVUs und der Seehafenterminals entstanden. 8 Die Spediteure im Falle der Merchants´ Haulage 9 oder die Reeder im Falle der Carriers´ Haulage 10 haben im Regelfall kein eigenes Equipment auf der Straße oder der Schiene im Einsatz. Bei den Spediteuren sind die Seefrachtvon den Landverkehrsbereichen so weit getrennt, dass die Spediteure den Selbsteintritt im Containerverkehr überwiegend nicht aufgenommen haben. Daher wird im maritimen Segment, insbesondere auf der attraktiven langen Strecke, häufig die Grundlast im Kombinierten Verkehr gefahren. 11 Ferntransporte auf der Straße erfolgen nur für Überlaufmengen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Ressourcen auf der Schiene zu optimieren. Die EVUs haben die Qualitätsanforderungen des kontinentalen Verkehrs möglicherweise unreflektiert auf den maritimen übertragen. Auf diese Weise sind zahlreiche Möglichkeiten in der Glättung der Zugangslinien bisher nicht genutzt worden. Aufgrund der weitgehenden Festlegung der Operateure auf einen Schienengüterverkehrsdienstleister stellt sich die Frage nach den optimalen Einkaufskonditionen im Bahnsektor. 12 Die Zustellung und Abholung der Container erfolgt durch Unternehmen, die auf das Container- Trucking spezialisiert sind. Die Lkw-Unternehmer können von einer hohen Auslastung ihres Equipments ausgehen, da die Wartezeiten am Terminal nicht mehr von der Ankunft der Züge abhängen, sondern die Dispositionsmasse in den Anlagen einen regelmäßigen Auftragsfluss er- Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 44 zeugt. In der Transportkette werden die Terminalanlagen als Lager, d.h. in Verbindung mit Last- und Leerdepotflächen, benutzt. Die Lagerfläche dient mithin mehreren Kunden. Die Voraussetzungen für beispielsweise eine Just-in-time-Lieferung sind damit geschafen. Der wesentliche Begrenzungsfaktor für Produktivitätssteigerungen mit Hilfe von durchgehenden Lieferketten liegt im Regelfall in den Abhol- und Zustellzeiten beim Verlader. Die auf maritime Verkehre ausgerichteten Terminalanlagen, wie sie vor allem in Süd-Osteuropa entstanden sind, verfügen darüber hinaus über signifikante Abstellflächen unter dem Kran. Damit wird kurzfristig Dispositionsmasse bei der Beladung von Zügen zur Verfügung gestellt. Die Zugauslastung kann weitgehend von den Operateuren bestimmt werden. Aus der Darstellung der zahlreichen Beteiligten ergibt sich, dass kein Akteur im maritimen System eine dominante Position eingenommen hat. Im Hinblick auf die angestrebten Produktivitätsverbesserungen sind die zahlreichen Spieler unternehmensübergreifend noch besser zu koordinieren. Daraus ergibt sich, dass die zahlreichen Beteiligten am maritimen System im Hinblick auf die angestrebten Produktivitätsverbesserungen exzellent zu koordinieren sind. Vordergründig werden die Segmente im Hinblick auf die unterschiedlichen standardisierten Ladebehälter und die Vorläufe mit Schif oder Lkw unterschieden. Daraus werden die Geschäftsmodelle Terminal-to-Terminal oder Portto-Door abgeleitet. Eine nähere Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Operateursgesellschaften verdeutlicht jedoch den Einfluss der Eigentümerinteressen auf Produktionsabläufe. Daraus konnte ein Überblick über wesentliche Stärken und Schwächen der Systeme hergeleitet werden. Die Stärken des einen Systems können auf ihre Übertragbarkeit auf das jeweils andere überprüft werden. Darüber hinaus ist zu klären, ob eine Beseitigung der Schwächen zu einer Produktivitätsverbesserung führen könnte. Weiterentwicklungsansätze für den kontinentalen Kombinierten Verkehr − Plattformlösungen Im Rahmen der Standardisierung der Prozessabläufe sind Plattformlösungen für die Zustell- und Abholverkehre als Treiber für Produktivitätsverbesserungen im gesamten System vorstellbar. Die aktuellen Entwicklungen zwingen zahlreiche Spediteure zu einer Neubewertung ihres Selbsteintritts im Lkw-Verkehr. Die digitalen Tachographen und andere Kontrollmechanismen zu den Einsatzzeiten der Fahrer - verbunden mit konsequenten Sanktionen - führen zunehmend zu einer Gleichbehandlung der Verkehrsträger. Auf diese Weise nimmt die Attraktivität der Schienengüterverkehre zu. Eine zusätzliche Unterstützung erhält die Entwicklung durch steigende Mautsätze und zusätzliche Anforderungen an Lkw-Unternehmen im Hinblick auf die Reduktion von Schadstofemissionen. Daraus ergeben sich Perspektiven für den Kombinierten Verkehr als Ersatz für den Lkw-Fernverkehr, bis hin zur Verlagerung der Grundlast auf die Schiene bei zahlreichen Spediteuren. Die ständig steigenden Volumina 13 bei den kontinental geprägten Spediteuren führen zu einem erhöhten Dispositionsaufwand im Rahmen der Zustell- und Abholverkehre. Damit müssen wachsende Mengen durch das Nadelöhr der maßgeschneiderten Übergabeprozesse zwischen Schiene und Straße. Unter den dargestellten Bedingungen werden sich die Spediteure in absehbarer Zeit die Frage nach einer unternehmensübergreifenden Optimierung der Zustell- und Abholverkehre stellen müssen. Der eigene Fuhrpark kann nur noch marginale Verbesserungsmöglichkeiten bieten. Der Selbsteintritt muss daher weitgehend einer Plattformlösung weichen. Hierfür gibt es die Möglichkeit, dass die Spediteure ihre Fuhrparks gemeinsam nutzen. Einige Spediteure betreiben bereits gemeinsame Zustell- und Abholverkehre mit einem Partner außerhalb ihres eigenen Einsatzgebietes. Eine flächendeckende Lösung nach dem Muster des maritimen Segments, in dem einzelne Unternehmen sich auf die Zu- und Abfuhr von Wechselbrücken, Sattelaufliegern und Tankcontainern weitgehend − unabhängig vom beauftragenden Spediteur − in einem bestimmten Gebiet spezialisieren, steht allerdings noch aus. Insofern ergibt sich die Frage, ob nicht einzelne Unternehmen nach dem Vorbild der Container-Trucking-Unternehmen die Zustellung und Abholung zu einem eigenen Geschäftsmodell entwickeln könnten. Aufgrund ihres standardisierten Leistungsangebots muss es in ihrem Interesse liegen, möglichst zahlreiche Auftraggeber mit hohen Qualitätsstandards, günstiger Kostenstruktur und einem Höchstmaß an Vertraulichkeit bezüglich kundenbezogener Daten an sich zu binden. Damit kommt es zu einer möglichst optimalen Auslastung der Fahrer und Fuhrparks und im Ergebnis zu einer Produktivitätssteigerung entlang der Prozesskette. Um die entsprechenden Zwischenabstellungen und Puferlösungen in den Terminals sicherzustellen, bedarf es zusätzlicher Abstellkapazitäten in den Hinterlandanlagen. Die Kunden aus Industrie und Handel planen Pufer bei den Lieferketten ein. Die dafür notwendigen Lagerflächen befinden sich jedoch zum großen Teil bei den Kunden und teilweise noch beim speditionellen Dienstleister. Für die gesamte Lieferkette wäre jedoch eine gemeinschaftlich genutzte Lagerfläche für zahlreiche Beteiligte wesentlich eizienter. Ein Teil der Flächenbevorratung für Puferlösungen könnte zusammengefasst werden. Daher werden auch von Seiten des kontinentalen Verkehrs seit einigen Jahren neu geschafene Abstellflächen unter dem Kran in Anspruch genommen. »Es ergeben sich Perspektiven für den Kombinierten Verkehr als Ersatz für den Lkw-Fernverkehr, bis hin zur Verlagerung der Grundlast auf die Schiene bei zahlreichen Spediteuren.« LOGISTIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 45 »Die Plattformlösungen, die in den Bereichen der Zustellung und Abholung, des Umschlags und der Lagerung sowie der Equipmentorganisation möglich sind, vergrößern die Dispositionsmasse im System. « Eine Zusammenlegung der Puferkapazitäten im kontinentalen Bereich bietet für die Industrie- und Handelsunternehmen darüber hinaus die Möglichkeit, sich dem Druck verlängerter Öfnungszeiten bei der An- und Ablieferung zu widersetzen. Die stetig wachsenden Mengen - verbunden mit den aktuell niedrigen Lagerkapazitäten in den Terminals - führen zu einer erhöhten Nachfrage nach einer Ausdehnung der Öfnungszeiten bei den Industrie- und Handelsunternehmen. Damit werden für deren Abläufe zusätzliche Arbeitskräfte und Schichtsysteme benötigt. Dieser Entwicklung können die Verlader durch ein Outsourcing der eigenen Puferkapazitäten im räumlichen Zusammenhang mit einer Terminalanlage begegnen. Voraussetzung für die Umsetzung derartiger Verbesserungsmöglichkeiten ist jedoch die Einbeziehung der Kunden in die veränderten Abläufe. Es ist eine sorgsame Abwägung zwischen den Zufriedenheitskriterien Pünktlichkeit und Verlässlichkeit zu trefen. Speziell im Gefahrgutbereich, der zum Teil aufgrund der Vorschriftenlage im Kombinierten Verkehr transportiert wird, und bei lang laufenden grenzüberschreitenden Transporten ist die Geschwindigkeit häufig nicht allein das entscheidende Kriterium. 14 Die Veränderungen der Lieferketten führen zu einer Optimierung der Bahntransporte. Die Dispositionsmasse bei der Befüllung der Züge steigt. Es ist nicht mehr dringend geboten, die Ware im zeitkritischen Bereich zu transportieren. Damit können für den Schienengüterverkehr freie Trassen - ggf. auch häufiger tagsüber - genutzt werden. Auf diese Weise ergeben sich im kontinentalen Verkehr neue Möglichkeiten der Optimierung im Hinblick auf die teuren Ressourcen Loks und Güterwagen. Die Plattformlösungen, die in den Bereichen der Zustellung und Abholung, des Umschlags und der Lagerung sowie der Equipmentorganisation möglich sind, vergrößern die Dispositionsmasse im System. Daraus ergeben sich zahlreiche Bündelungsefekte, die in enger Abstimmung mit den Kunden des Kombinierten Verkehrs zu realisieren sind. Aufgrund des deutlich ansteigenden Standardisierungsgrades bieten sich wiederum zusätzliche Möglichkeiten, in einem wachsenden System individuelle Liefervorgaben noch detaillierter zu berücksichtigen. Damit steigen Produktivitäten und Kundennutzen gleichermaßen. Bevor noch weitergehende Verknüpfungsmöglichkeiten mit den maritimen Kombinierten Verkehren analysiert werden können, sind zunächst deren systemimmanente Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Weiterentwicklungsansätze im maritimen Kombinierten Verkehr - Systemförderung Verschiedene Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im maritimen Kombinierten Verkehr sind in den vergangenen Jahren initiiert worden. Die von der Deutsche Bahn AG ins Leben gerufenen Abb. 2: Systemskizze für Konzept eines integrierten KV-Terminals Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 46 Hafenkonferenzen haben konzeptionelle Neuerungen angestoßen. Hervorzuheben sind insbesondere eine vereinheitlichte, verbesserte Prognose, der durchgängige Informationsfluss und die Abstimmung der Hinterlandterminalprozesse mit den Öfnungszeiten der Kunden. 15 Hinterlandterminalprojekte, die den Systemansatz des maritimen Kombinierten Verkehrs mit Hilfe integrierter Anlagen für Depot- und sonstige Serviceleistungen unterstützen, werden nach dem Vorbild einiger osteuropäischer Anlagen inzwischen flächendeckend geplant und teilweise bereits umgesetzt. 16 Darüber hinaus sind erste Ansätze erkennbar, einen standardisierten Prozess bei der Zustellung und Abholung standortübergreifend im Hinterland zu implementieren. 17 Die dargestellten systemorientierten Ansätze sind jedoch überwiegend noch in der Konzeption oder in der frühen Phase der Umsetzung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass aufgrund des hohen Einflusses der EVUs auf zahlreiche Operateure im maritimen Kombinierten Verkehr besonderes Augenmerk auf die optimale Verhandlung der Einkaufskonditionen gelegt werden muss. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Produktivitätsfortschritte in den schienenbezogenen Assets erreicht werden, auch wenn dies im Einzelfall zur Stilllegung von nicht mehr benötigtem Material, welches nicht mehr den Anforderungen der Branche entspricht, führen kann. Das Design der Hinterlandterminals, insbesondere in Deutschland, entspricht nicht den wesentlichen Anforderungen des maritimen Verkehrs. 18 Die Förderung der Terminalinfrastruktur wurde von der Politik bisher noch nicht auf das System des maritimen Kombinierten Verkehrs zugeschnitten. Gleichzeitig sind die zahlreichen Terminalanlagen des Marktführers DUSS 19 in den vergangenen Jahren vornehmlich im Hinblick auf die Möglichkeiten des Bundesschienenausbaugesetzes (BSchWAG) ausgebaut worden, dessen Vorgaben hinsichtlich der Anlagenkonfiguration aus Zeiten mittlerweile überholter Bahnbetriebskonzepte stammen. Vor diesem Hintergrund bestehen Handlungsnotwendigkeiten für einen öfentlichen Diskurs zwischen Politik und Wirtschaft bezüglich der Umsetzung entsprechender Anlagen. 20 Im Rahmen der Planung der geförderten Anlagen besteht die Notwendigkeit, den Ausbau der entsprechenden Schienenkorridore voranzutreiben, um das maritime Netzwerk im Hinterland optimal zu verbinden. Hierzu ist eine Überarbeitung des TEN-Konzeptes 21 mit entsprechender politischer Begleitung erforderlich. Für den maritimen Kombinierten Verkehr besteht mithin die wesentliche Herausforderung, die Systemansätze unternehmensübergreifend und mit politischer Unterstützung weiterzuentwickeln. Voraussetzung hierfür ist, dass die zahlreichen Beteiligten an der Transportkette ein weitgehend einheitliches Bild vom Zielsystem haben. Bündelungspotenzial im kontinental-maritimen Mischsystem Aufgrund der heutigen weitgehenden Trennung der Systeme sind die Bündelungsmöglichkeiten noch nicht untersucht worden. Es ergeben sich entlang der Lieferkette Anknüpfungspunkte in nahezu sämtlichen Bereichen. Die Möglichkeiten der Realisierung von Bündelungspotenzialen steigen mit dem Eintritt der in den jeweiligen Systemen beschriebenen Entwicklungen. Dieses setzt voraus, dass sich die Systeme in zentralen Bereichen annähern. Zunächst werden die Bündelungsmöglichkeiten entlang der einzelnen Teile der Prozesskette beschrieben. Im Anschluss daran werden weitere Potenziale im Zusammenhang mit einer weitergehenden Standardisierung der Behältnisse aufgezeigt. Ausgangspunkt in der Prozesskette für eine synergetische Behandlung von Behältern sind die integrierten Terminalanlagen. An den modernen, maritim geprägten Terminalstandorten, z. B. in Süd-Osteuropa, können vielfältige Lagerkonzepte eingeführt werden. Die Abstellung der Behälter unter dem Kran und die Nutzung von Flächen für Last- und Leercontainerdepots gehören heute schon zum Basisangebot dieser Anlagen. Zusätzlich lassen sich erweiterte Abstellflächen für Wechselbrücken, Sattelauflieger und Tankcontainer konstruieren. Auf diese Weise ergibt sich eine optimale Flächennutzung der integrierten Terminalanlage. Da im Gefahrgutbereich des kontinentalen Verkehrs ebenso wie bei einigen anderen Geschäften noch logistische Zusatzleistungen angeboten werden können, sollte in einer Gesamtbetrachtung einer optimalen Anlage ein Konzept für einen Logistikpark aufgestellt werden. In der Abholung und Zustellung beim Terminal können Synergien beim Einsatz von Lkw-Zugmaschinen oder -Fahrern untersucht werden. Aufgrund der unterschiedlichen Behälterstruktur sind die Chassis weitgehend für die Systeme vorgegeben. Eine Weiterentwicklung könnte in der Disposition der Zugmaschinen und Fahrer durch das Hinterlandterminal selbst bestehen. Der Terminal hat ein hohes Interesse an Neutralität und hoher Leistungsfähigkeit der Anlage. Verbesserungspotenziale liegen insbesondere seit der Einführung der strengeren Lenkzeitkontrollen im Bereich der Personalproduktivitäten. Im Fall einer Terminalausrichtung, die den Anforderungen sämtlicher Beteiligter optimal gerecht wird, können Synergien bei der Beladung von gemischten kontinentalen und maritimen Zügen entstehen. Dadurch könnten Zugauslastungen erhöht werden. Die Gefahr besteht jedoch in zusätzlichen Unproduktivitäten beim Wageneinsatz. Die optimierten Shuttle-Verkehre lassen die Wagengarnituren mit dem niedrigst möglichen Rangieraufwand weitgehend geschlossen im Einsatz. Jedes zusätzliche Einstellen von Wagen könnte zu einer Aufwandsmehrung und einer zeitlichen »Im Fall einer Terminalausrichtung, die den Anforderungen sämtlicher Beteiligter optimal gerecht wird, können Synergien bei der Beladung von gemischten kontinentalen und maritimen Zügen entstehen.« LOGISTIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 47 Verzögerung führen. Insofern sind die möglichen Gewinne bei der zusätzlichen Auslastung von Zügen jeweils im Einzelfall ins Verhältnis zu setzen mit dem erforderlichen Mehraufwand. Bei den neu im Aubau befindlichen Relationen im intermodalen Bereich, insbesondere bei den Ost-West-Verkehren, ist erkennbar, dass überwiegend Container als Behälter zum Einsatz kommen. 22 Damit ist die Frage des zukünftigen Behältereinsatzes aufgeworfen. 23 Auf der etablierten Nord-Süd-Achse ist ein Trend zur Vereinheitlichung noch nicht zu erkennen. Da die Transportdienstleister in signifikantem Maße in entsprechende Behälter investiert haben, wird bei einer möglichen Veränderung der Struktur ein langer Zeitraum anzusetzen sein. Trotzdem lassen die Erfahrungen mit einem erhöhten Containeranteil erkennen, welche Synergiepotenziale bei einer zunehmenden Vereinheitlichung zwischen den Systemen entstehen können. Auf den Terminalanlagen können Flächenoptimierungen durchgeführt werden. Kontinentale Ladungsträger sollten dann ebenso wie maritime stapelbar sein. Der zum Teil heute nicht ausreichend transparente Flächenverbrauch, der aufgrund der geringen Lagerkapazitäten in den Terminals vielfach dezentral beim Spediteur oder Kunden zur Verfügung anfällt, kann vermindert werden. Gleichzeitig sind einheitliche Lagersysteme nach dem Vorbild maritimer Terminals vorstellbar. In der Zustellung und Abholung wäre eine entsprechend erhöhte Dispositionsmasse gegeben. Gleichzeitig könnte die Vielfalt an Chassis eingeschränkt werden. Die Zugmaschinen würden weitgehend mit den jeweiligen Chassis verbunden bleiben und durchgehend eingesetzt. Zeitkritische Ladung könnte in einem derartigen standardisierten System aufgrund der hohen Frequenzen von einheitlichen Transportaufträgen maßgeschneidert eingetaktet werden. Produktivitätsfortschritte ergeben sich aufgrund der Möglichkeiten des sogenannten „Container- Drehens“ im Lkw-Bereich. Dabei werden die Lastcontainer nicht - wie üblich - nach der Entladung vom Lkw in das Leerdepot verbracht, sondern direkt zum nächsten Kunden zur Beladung gefahren. In diesem Bereich liegen noch signifikante Synergien 24 zwischen den Systemen, da die Inhaber der Container im Regelfall ein hohes Interesse am optimalen Einsatz ihres Equipments haben, gleichzeitig aber vermeiden möchten, dass ein Wettbewerber mit ihren Behältern zum Kunden kommt. Damit sind die neutralen Dienstleister, die bereits heute das Container-Trucking übernommen haben, prädestiniert für eine erweiterte Funktion im kontinentalen Bereich. Die teuren Transportressourcen Loks und Güterwagen ließen sich ebenfalls produktiver einsetzen, da in den gemischten Systemen der Rangieraufwand nahezu vollständig auf das minimal notwendige und sinnvolle Maß reduziert werden kann. Die Königsdisziplin wäre in dem Fall eine übergeordnete Optimierung im Hinblick auf den optimalen Einsatz der teuersten Ressourcen und die Beseitigung von Engpassfaktoren. Der Einsatz eines standardisierten Equipments für beide Systeme ist zu untersuchen. Für das Gesamtsystem würde sich der analytische Aufwand lohnen zu untersuchen, ob die Vereinheitlichung des Ladungsträgers zu einer Verbesserung der übergreifenden Kostenposition gegenüber dem Mehraufwand der Vereinheitlichung führt. Im Zweifelsfall sind solche Kalkulationen im Zusammenhang mit Business-Plänen bei beabsichtigten Neuanschafungen vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Outsourcings der Produktion in den Überseebereich dieselben Warengruppen heute den Kunden im Container erreichen, die vorher mit Paletten, Wechselbrücken und Sattelaufliegern transportiert werden mussten. 25 Es wird zahlreiche Gründe für eine Diferenzierung geben. Diese sind jedoch zu bewerten und dem dargestellten Nutzen gegenüberzustellen. Abschließend sind die Veränderungsnotwendigkeiten der Beteiligten in der intermodalen Lieferkette im Hinblick auf die dargestellten Optimierungsmöglichkeiten zu analysieren. Neuausrichtung der Beteiligten am Intermodalverkehr Um die dargestellten Synergien zu realisieren, bedarf es einer signifikanten Veränderungsbereitschaft aller Beteiligten. Große Spediteure könnten von den Synergien unmittelbar profitieren. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass sie ihre getrennten Land- und Seeverkehrsabteilungen im Hinblick auf eine einheitliche Organisation der Hinterlandverkehre neu organisieren. Die großen Spediteure haben jedoch insgesamt im intermodalen Verkehr nicht die Marktmacht, um eine Umsteuerung gesamter Systeme zu veranlassen. Die Reeder als signifikante Ladungsbringer im maritimen Bereich haben kein im Geschäft begründetes Interesse, sich mit kontinentaler Ladung auseinanderzusetzen. Die Kooperationsimpulse, die für derartige Netzwerklösungen erforderlich sind, können innerhalb von Zusammenarbeitsplattformen gefunden werden. Hierfür eignen sich die wenigen Operateure im intermodalen Verkehr, sofern sie bereit sind, ihre etablierten Geschäftsmodelle grundlegend zu diskutieren. Der notwendige Druck kann von den Gesellschaftern im Hinblick auf eine Ergebnisverbesserung und von den Ladungsbringern über Diskussionen zur Kostensenkung kommen. Die EVUs, die z. T. an mehreren Operateuren oder an unterschiedlichen Teilen der Wertschöpfungskette beteiligt sind, können eine zentrale Moderatorenrolle in diesem Prozess einnehmen und ihre Stellung im Gesamtsystem durch die Vorstellung und Umsetzung eigener Lösungsvorschläge nachhaltig sichern. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie Gestaltungsfunktion im Hinblick auf eine dauerhafte Verbesserung des »Der zum Teil heute nicht ausreichend transparente Flächenverbrauch, der aufgrund der geringen Lagerkapazitäten in den Terminals vielfach dezentral beim Spediteur oder Kunden zur Verfügung anfällt, kann vermindert werden.« Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 48 ANMERKUNGEN 1 Der unbegleitete Kombinierte Verkehr hat sich gegenüber dem begleiteten aufgrund der niedrigeren Fördernotwendigkeiten bei geringerer Totlast als überlegen herauskristallisiert. Dies spiegelt sich auch in den jeweiligen Marktanteilen wider. War der Anteil des begleiteten Kombinierten Verkehrs an der Beförderungsmenge im Jahr 2004 noch 10 %, so sank dieser in 2008 auf 1,2 %, während der unbegleitete Kombinierte Verkehr von 90 % auf 98,8 % wuchs. Vgl. WALTER, K. (2006): „Kombinierter Verkehr 2004 - Motor aller Verkehrsträger“ in Wirtschaft und Statistik 5/ 2006. Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, S. 540 und WALTER, K. (2009): „Eisenbahnverkehr 2008 - Wachstum des Güterverkehrs verlangsamt sich - Personenverkehr verzeichnet Zuwächse“ in Wirtschaft und Statistik 5/ 2009. Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, S. 444. 2 In 2005 betrug der Anteil des kontinentalen Kombinierten Verkehrs 52,1 % und der maritime Kombinierte Verkehr erreichte ca. 47,9 % an der Summe der nationalen und internationalen unbegleiteten Kombinierten Verkehre, vgl. KombiConsult (2005): AGENDA 2015 für den Kombinierten Verkehr in Europa. Anlass: 6. Hessischer Mobilitätskongress am 04.11.2008 in Fulda. 3 Gründung Kombiverkehr GmbH & Co KG am 11.02.1969; Gründung TFG Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG am 14.04.1969. 4 Bei den Dienstleistern für die chemische Industrie nimmt die Nahbereichsbedienung eine größere Rolle ein, da Gefahrgüter z.T. zwingend im Kombinierten Verkehr befördert werden müssen 5 Neben ihren eigenen Produktionsvorteilen können sie dem Kunden einen ökologisch überlegenen Transportmodus anbieten. 6 Der traditionsreiche und größte Terminaldienstleister heißt daher bereits „Deutsche Umschlagsgesellschaft Schiene Straße (DUSS)“, gegründet im November 1982. Gesellschafter der DUSS sind die DB Netz Intermodalsystems einnehmen und sich nicht über kurzfristige Erfolge bei der Zugbestellung selbst zu Lasten des Gesamtsystems optimieren. Den Terminalbetreibern könnte ebenfalls eine Schlüsselrolle in der Prozessoptimierung zukommen. Sie haben einen neutralen und häufig systemübergreifenden Blick auf die Optimierungspotenziale. Sie könnten daher selbst eine Kooperationsplattform organisieren oder Anreize für alle Beteiligten bieten, wenn sie selbst in der Lage sind, den Prozess neu zu gestalten. Im Hinblick auf den Flächenverbrauch in den Anlagen haben sie einen hohen eigenen Anreiz, die Systeme in ihrem Sinne zu beeinflussen. Eine neutrale systemübergreifende Trucking- Plattform könnte sich als unabhängiges Geschäftsmodell konstituieren. Sollte es zu einer Liaison zwischen Terminalbetreiber und Trucking-Unternehmen im Bereich der Abholung und Zustellung kommen, wäre die Neutralität gesichert. Ein derartiges Konstrukt könnte weite Teile der intermodalen Kette koordinieren. Die Politik müsste ihr Anreizsystem für die intermodalen Verkehre im Hinblick auf die Förderung der Terminalinfrastruktur überdenken. Sie müsste Infrastrukturen für eiziente Intermodalsysteme fördern und systemübergreifende Ansätze ausdrücklich unterstützen. 26 Den Handels- und Industrieunternehmen, die sich in zunehmendem Maße auf die intermodale Lieferkette verlassen müssen, sollte eine Treiberfunktion für Verbesserungen der Produktivitäten zukommen. Maßgeschneiderte Lösungen sind möglich, sollten sich jedoch in die Produktionsabläufe einer systemübergreifenden standardisierten Lieferkette so weit wie möglich integrieren lassen. Es wurde dargestellt, dass eine JIT-Lieferung nur in den Ausnahmefällen eine Abweichung vom produktionellen Regelprozess erfordert. Bei verlässlichen Planungsvorläufen kann eine Qualitätsregelung in den Zustellverkehren die Kundenbedürfnisse weitgehend abdecken. Damit ist die Anfälligkeit der Lieferkette deutlich reduziert. Im Falle der Instabilität einer standardisierten Lieferkette bestehen häufig ausreichend Möglichkeiten, im Rahmen des hohen Dispositionsvolumens von einheitlich behandelten kontinentalen und maritimen Systemen die zeitkritischen Mengen noch im Rahmen der eingeschwungenen Prozesse abzuarbeiten. Individuallösungen sind demgegenüber nur in seltenen Fällen kurzfristig substituierbar. Insofern ergibt sich ein zusätzliches Wachstumspotenzial für den Kombinierten Verkehr, wenn die Lieferketten im Hinblick auf die Synergiepotenziale ausgerichtet werden. Industrie- und Handelsunternehmen sollten ein Interesse daran haben, dass nicht nur ihre eigenen Produktionsprozesse einen hohen Standard halten und weiterentwickelt werden, sondern dass darüber hinaus die vorgelagerten Lieferprozesse ebenfalls einen hohen Standard haben. Auf diese Weise wird die Entwicklung hin zu einer industriellen Produktion des Intermodalverkehrs nicht nur ein gern benutztes Schlagwort, sondern ein gemeinsames Anliegen der Ladungsbringer und ihrer Dienstleister. ɷ AG (75 %), Kombiverkehr GmbH & Co KG (12,5 %) und die DB Mobility Logistics AG (12,5 %). 7 Kombiverkehr verzeichnete Ende der 1970er Jahre 169 Kommanditisten bei ca. 240,000 Sendungen pro Jahr. Ende der 1980er Jahre stieg die Anzahl auf 242 Kommanditisten bei ca. 648 000 Sendungen p.a. und 1999 wurde das Maximum von 260 Kommanditisten bei ca. 893 000 Sendungen p. a. erreicht. Nach einer kurzen Korrektur nach unten zu Beginn des Jahrtausends lag am Ende des ersten Jahrzehnts die Anzahl der Sendungen mit über einer Million bei 236 Kommanditisten am höchsten. HUPAC hat ca. 100 Aktionäre (Kapitalstruktur: 72 % Logistik- und Transportunternehmen, 28 % Bahnen) und nutzt seit 2003 mit Rail4Chem und seit 2004 mit SBB Cargo, Stinnes Intermodal (Railion), Trenitalia Cargo, Ferrovie Nord Cargo fünf Bahnunternehmen für grenzüberschreitende Traktionsleistungen in durchgehender Leistungsverantwortung. 8 Hier ist insbesondere der größte europäische Spieler, die TFG Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG (50 % DB Mobility Logistics AG und 50 % HHLA Intermodal GmbH) mit 795 000 TEU in 2009 aber auch die POLZUG Intermodal GmbH (33,3 % DB Mobility Logistics AG, 33,3 % HHLA Intermodal GmbH, 33,3 % PKP Cargo S.A.) mit 100 000 TEU in 2009 sowie boxXpress.de (47 % ERS Railway B.V., 38 % Eurogate Intermodal GmbH, 15 % TX Logistik AG) mit 385 000 TEU in 2009 zu nennen. Vgl. Richter, K. A. (2010): Markübersicht Operateure. In: RailBUSINESS Spezial - Kombinierte Verkehre in Europa. 1/ 2010. DVV Media Group GmbH | Eurailpress, Hamburg. 9 Bei der Carrier’s Haulage organisiert ein Reeder (Carrier) den Vor- und Hauptlauf, also den Transport zum und vom Seehafen. 10 Wird der Vor- und Hauptlauf durch einen Seefrachtspediteur (Merchant) oder sogar vom Verlader in Eigenregie organisiert, handelt es sich um Merchant’s Haulage. »Die Politik müsste ihr Anreizsystem für die intermodalen Verkehre im Hinblick auf die Förderung der Terminalinfrastruktur überdenken. Sie müsste Infrastrukturen für e ziente Intermodalsysteme fördern und systemübergreifende Ansätze ausdrücklich unterstützen« LOGISTIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 1 | 2011 49 11 Auf der Relation Hamburg - Österreich betrug im Jahr 2005 mit geschätzten 1,42 Mio. t der Anteil Schiene-Straße ca. 19,6 % vom gesamten internationalen Seehafenhinterlandverkehr von/ nach deutschen Seehäfen (eigene Berechnungen). 12 Durch die Einbindung mehrerer EVUs ist es der HUPAC gelungen, ihre Dienstleister in einen Preiswettbewerb zu bringen und sie übt somit rückwirkend Einfluss auf Kombiverkehr aus. Ein vergleichbares Modell ist im maritimen Bereich in dieser Größenordnung nicht erkennbar. 13 Für den Zeitraum 2005 bis 2015 wird für den kontinentalen Kombinierten Verkehr eine Wachstumsrate von 6,1 % p. a für das nationale und 7,8 % p. a. für das internationale Segment prognostiziert, vgl. KombiConsult, 2005. 14 Die grenzüberschreitenden Transporte im kontinentalen Kombinierten Verkehr hatten 2005 bereits einen Anteil von 29,8 % (vgl. KombiConsult, 2005) an der Gesamtleistung. Es ist aus Kundensicht schwer nachzuvollziehen, warum Transporte aus Spanien oder Italien mit höchsten Geschwindigkeitsanforderungen geleistet werden sollten, während die maritimen Mengen aus dem Mittelmeerraum substantielle Zeitpufer beinhalten können. 15 Vgl. Deutsche Bahn AG (2008): Dritte Nordhafenkonferenz: Austausch und abgestimmte Prognosen erhöhen E zienz in der Transportkette. Pressemitteilung vom 02.07.2008 und Deutsche Bahn AG (2009): DB Intermodal bringt Akteure des Seehafenhinterlandverkehrs an einen Tisch. Pressemitteilung vom 13.07.2009 sowie JÜRGENS, S.; STRAUBE, F. (2008): Containerverkehr der Nordrange − Konzeption eines Planungsmodells für den see- und landseitigen Verkehr. In: Internationales Verkehrswesen 4/ 2008. DVV Media Group GmbH | Eurailpress, Hamburg, S. 120-126. Im Hinblick auf den verbesserten Datenaustausch ist inzwischen ein Forschungsprojekt „Vernetzung Sebastian Jürgens, Dr. Vorstandsmitglied der Hamburger Hafen und Logistik AG, Segmente Intermodal und Logistik, Lehrbeauftragter an der TU Berlin juergens@hhla.de von Seehäfen und schienengebundenen Hinterlandverkehren zur Erhöhung der Transportleistung auf der Schiene“ (VESUHV) im Rahmen der Forschungsinitiative Innovative Seehafentechnologien II (ISETEC II) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) aufgesetzt worden. 16 Vgl. JÜRGENS, S.; ELBERT, R.; TRUSCHKIN, E. (2010): Maritime KV-Terminals: „Blaupause“ für die Weiterentwicklungliegt in Ost-Europa. In: WOLF-KLUTHAUSEN, H. (Hrsg.): Jahrbuch Logistik 2010. Korschenbroich 2010 und JÜRGENS, S.; GRIG, R.; ELBERT, R.; STRAUBE, F. (2010): Data Flow across the maritime value chain - Case study on a successful integration of sea ports and hinterland players. In: BÖSE J.W. (Hrsg.): Handbook of Terminal Planning. New York. 17 Vgl. HHLA (2010): CTD knüpft mit EKB flächendeckendes Netz für Zustellverkehre. Pressemeldung vom 10.06.2010. Hamburg. 18 Vgl. ADEN, D. (2010): Zur Kooperation von See- und Binnenhäfen - Eine Vision für alle Häfen. In: Themendienst des Bundesverband Öfentlicher Binnenhäfen e. V. (BÖB). 09/ 2010. Berlin. Detthold Aden ist Präsident des Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Zusammen mit dem BÖB gründetete der ZDS im März 2009 eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit dem Namen „Konzeptionelle Vernetzung von See- und Binnenhäfen“. 19 Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene Straße (DUSS) mbH 20 Vgl. ConTraiLo (2010): Rahmenbedingungen optimieren. In: ConTraiLo 1/ 2010, S. 26f. 21 Die Transeuropäischen Netze (TEN) sind ein Beitrag der Europäischen Union (EU) zur Umsetzung und Entwicklung des Binnenmarktes und zur Verbesserung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes der Gemeinschaft im Bereich der Verkehrsinfrastruktur (abgekürzt TEN-V und auf Englisch: TEN-T), Telekommunikationsinfrastruktur (abgekürzt eTEN) und Energieinfrastruktur (TEN-Energie) zusammen. Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS): Gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes. 22 Nach Befragung der marktführenden Operateure in den Korridoren Ost- und Südosteuropa beträgt der Anteil containerisierter Ladung auf dem Korridor Polen ca. 95 %, auf dem Korridor Tschechien/ Slowakei ca. 90 %. 23 Der zukünftige Behältermix im Bereich der standardisierten Ladungsträger kann in diesem Zusammenhang nur im Hinblick auf die Darstellung möglicher Synergien zwischen den Systemen angerissen werden. Eine detaillierte aktuelle Prognose unter Berücksichtung möglicher Synergiepotenziale steht noch aus. 24 Es werden zumindest die Depotkosten und die Transportleistung zum Depot eingespart. 25 Container mit Palettenbreite sind grundsätzlich verfügbar, vgl. REESE, C. (Hg.) (2003): Jahrbuch der Schifbautechnischen Gesellschaft. 97. Bd. Berlin: Springer, S. 179. Damit gibt es stapelbares Equipment, das eine geringere Totlast als ein Sattelauflieger hat. Zurzeit haben sich derartige Behälter im kontinentalen Verkehr noch nicht durchgesetzt. 26 ELBERT, R.; JÜRGENS, S.; TRUSCHKIN, E. (2011): Maritime KV-Terminals: „Blaupause“ für die Weiterentwicklung liegt in Osteuropa. In: WOLF-KLUTHAUSEN, H. (Hrsg.): Jahrbuch Logistik 2011. Korschenbroich 2011 (Publikation angenommen).