Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/iv-2011-0027
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Zurück in die Zukunft
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Ralf Haase
Der Hybridbus scheint noch immer das Non plus ultra zu sein, obwohl er bekanntermaßen nur eine Übergangstechnologie darstellt. Ein bedauerlicher Umweg auf dem Weg zum reinen Elektrobus und offenbar ein Zugeständnis an die deutsche Automobilindustrie.
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POLITIK Elektromobilität Internationales Verkehrswesen (63) 2 | 2011 12 Zurück in die Zukunft Der Hybridbus scheint noch immer das Non plus ultra zu sein, obwohl er bekanntermaßen nur eine Übergangstechnologie darstellt. Ein bedauerlicher Umweg auf dem Weg zum reinen Elektrobus und ofenbar ein Zugeständnis an die deutsche Automobilindustrie. D ie Bundesregierung nahm am 30.- November- 2010 den Zwischenbericht des Lenkungskreises der Nationalen Plattform Elektromobilität entgegen, in dem die bisherigen Ergebnisse auf dem Weg zur beschleunigten Marktfähigkeit innovativer Elektrofahrzeuge beschrieben werden. Im Fokus des Berichts stand erwartungsgemäß der Elektro-Pkw. Der Elektrobus kam nach wie vor nicht zur Sprache, weil hier ofensichtlich der Begrif „Innovation“ anders interpretiert wird. Der Hybridbus scheint noch immer das Non plus ultra zu sein, obwohl er bekanntermaßen nur eine Brückentechnologie darstellt. Anstatt von vornherein die beachtlichen Fördermittel des Bundes in die technologische Weiterentwicklung von reinen Elektrobussen auf innovativer Basis zu stecken, wird der Erwerb von mehr als 140- Hybridbussen in den Modellregionen über aufwendige Ausschreibungsverfahren favorisiert. Ein bedauerlicher Umweg, wie engagierte Forscher wissen, der ofensichtlich als Zugeständnis an die deutsche Automobilindustrie zu werten ist. Das Thema Elektromobilität zählt zur Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung in Richtung einer aktiven Klimapolitik und efektiven Ressourcenschonung unter dem Aspekt der postfossilen Mobilität. Es fokussiert sich in der Gegenwart vordergründig auf den motorisierten individuellen Straßenverkehr. Im Bereich der Städte und Ballungsräume korrespondiert es jedoch mit den öfentlichen Nahverkehrssystemen, welche einen ständig wachsenden Anteil an den Personenverkehrsleistungen verzeichnen. Während die schienengebundene Elektromobilität seit langem den Kern nachhaltigen Verkehrs darstellt, bleibt der Elektroantrieb in Bussystemen eindeutig hinter den Möglichkeiten zurück. Es besteht der Eindruck, dass die Politik dafür keine ofene Ohren besitzt oder fehlgeleitet wird. Erinnern wir uns: Im Jahre- 1882 erprobte Werner von Siemens im Berliner Grunewald das „Elektromote“, den weltweit ersten elektrischen Omnibus. Von Deutschland aus trat der Trolley- oder Oberleitungsbus seinen Siegeszug rund um die Welt an. Heute verkehren weltweit mehr als 40 000 elektrische Omnibusse in 371 Städten von insgesamt 47 Staaten. Doch in Deutschland, dem Mutterland dieser Technologie, sind nur drei Städte übrig geblieben. Während die deutsche Automobilindustrie den Dieselantrieb in Stadtbussen immer weiterentwickelte, blieben die Forschungsleistungen bei Elektrobussen auf der Strecke oder kamen über den Fahrzeugexport anderen Ländern zugute. In den Jahren 2007 und 2009 richtete der Bereich Verkehrsstudien Berlin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. in Zusammenarbeit mit Verkehrs- und Industriepartnern im In- und Ausland in Solingen bzw. Esslingen a. N. „Nationale Elektrobus- Foto: Mercedes-Benz Internationales Verkehrswesen (63) 2 | 2011 13 Abb. 2: 24 m-Doppelgelenkbus in Hybridbauweise von HESS/ Vossloh Kiepe, lieferbar auch als Trolleybus Foto: Vossloh Kiepe konferenzen“ aus. Die dritte Konferenz in Reihe wird nunmehr vom 5.- bis- 6.- Mai- 2011 in Eberswalde stattfinden und damit den Kreis der deutschen Städte abrunden, die trotz mancher Schmähungen, künstlicher Hindernisse und unzureichender Förderung positiv zum elektrisch angetriebenen straßengebundenen ÖPNV stehen. Dass dies keine Notlösung ist, beweist in den genannten Städten die ungebrochene Akzeptanz des Oberleitungsbusses durch die Bevölkerung. Alle drei Städte investieren über Linienerweiterungen, Fahrzeugersatzprogramme und Mitwirkung an technologischen Verbesserungen mit Erfolg in dieses System. Sie unterstreichen damit auch für deutsche Verhältnisse, dass Trolleybusse moderne zukunftsträchtige Nahverkehrsmittel sind und die Kriterien von Umweltfreundlichkeit, Energieeizienz und fahrgastbezogener Attraktivität in hohem Maße erfüllen. Die Trolleybustechnologie ist ausgereift, technisch sicher und wirtschaftlich. Der weltweite Trend zu Elektrobussen mit unterschiedlichen Antriebskonfigurationen strafen diejenigen Lügen, welche Investitionen in diese „Dinosaurier-Technologie“ ablehnen. Dazu sind in der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ bereits mehrere wertende und kritische Beiträge erschienen [1]. Mit dem Thema Elektromobilität auf der politischen Agenda bekommt dieser Prozess eine neue Dynamik und wird mehr und mehr als Baustein einer künftigen Mobilitätsstrategie verstanden. Das alles hat jedoch noch nicht dazu geführt, dass der Elektrobus explizit als strategisches Ziel benannt und in technologischen Stufen in realistische Konzepte umgesetzt wird. Der „Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität“ kann in seiner Gesamtheit nur dann greifen, wenn es zu einem langfristigen und umfassenden Ansatz kommt, der systembezogen alle Anwenderbereiche einschließt. Mittels gezielter Forschungsförderung, regionaler Pilotprojekte und technologischer Vernetzungsangebote muss endlich auch der straßengebundene elektrische ÖPNV in den Mittelpunkt rücken. Auf den erwähnten Elektrobuskonferenzen wurde der wissenschaftliche Nachweis erbracht, dass der Elektrobus in traditioneller Version eine ausgereifte und sichere Technologie darstellt, welche ein enormes innovatives Weiterentwicklungspotenzial besitzt. Dass sich die deutsche Verkehrspolitik inzwischen in einem Sinneswandel befindet, unterstreicht die Tatsache, wonach Bundesminister Dr. Peter Ramsauer das Patronat für die dritte Elektrobuskonferenz übernommen hat und in seinem Kommentar zum oben erwähnten Statusbericht die Forderung nach Konzepten zur Integration von Mobilitätsansätzen auch für den elektrischen straßengebundenen ÖPNV erhoben hat. Postfossile Mobilität verlangt den Abbau von Denkbarrieren Das Finden einer neuen Position in Fragen elektrischer Antriebe für Stadtbussysteme in Deutschland muss sich auf breiter Ebene bewegen. Gefordert sind alle, welche hier Verantwortung tragen: die Automobilindustrie, die Interessenverbände in Wirtschaft und Verkehr, die politischen Entscheidungsträger auf allen Ebenen, die Stadt- und Abb. 1: Niederflur-Trolleybus in 19,50 m-Gelenkbauweise als elektrisches Bussystem für Saudi-Arabien Grafik: Viseon Bus GmbH POLITIK Elektromobilität Internationales Verkehrswesen (63) 2 | 2011 14 Verkehrsplaner, die ÖPNV-Unternehmen u. a. Das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft muss eizienter werden. In der Tat haben wir es, wie die bestehenden Arbeitskontakte beweisen, mit Denkbarrieren zu tun, welche den Elektrobus brandmarken. Wer in diesem Prozess den Vergleich „Henne - Ei“ bemüht, ist schwer auszumachen. Die deutschen Bushersteller verweisen seit Mitte der 1970er Jahre auf die mangelhafte Marktnachfrage in Deutschland, die ÖPNV-Unternehmen auf Finanzierungsprobleme in der Infrastruktur und die Kommunen mit ihren Stadt- und Verkehrsplanungen auf neue „moderne Verkehrskonzepte“, welche keinen Platz für den Trolleybus vorsehen. Eben diese schlugen dann im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung auch auf jene ostdeutschen Kommunen durch, welche überwiegend am Elektrobus festhalten wollten, jedoch Bushersteller lange gezögert hat, ehe sie den Bau von Trolleybussen für deutsche ÖPNV-Unternehmen einstellte. Aktuelle Parallelen zeichnen sich dabei wie beim Elektro-Pkw ab, bei dem Deutschland die Entwicklung in anderen Ländern ignoriert hat und nunmehr Schwierigkeiten hat, den technologischen Rückstand in möglichst kurzer Zeit aufzuholen. Somit stellt sich die Frage, wie wir mit dem Thema Elektrobussysteme in Einheit von Tradition und Innovation weiter umgehen sollten. Die Eberswalder Konferenz will auch darauf eine Antwort geben. Erhalt und Ausbau konventioneller Trolleybussysteme Die Entscheidungen der Städte Solingen, Esslingen und Eberswalde zum Ausbau der Elektrobussysteme verlangen uneingeschränkte Anerkennung und Unterstützung. Die Vorteile des Elektrobusses sind allseits bekannt und müssen in den laufenden Debatten nicht ständig neu strapaziert werden. Was allerdings wiederholungsbedürftig ist, sind die Warnungen vor einem radikalen Investitionsstopp in die bestehenden Nahverkehrssysteme. Davon würden sowohl konventionelle als auch innovative Elektrobuskonzepte betrofen sein, der Status quo würde verfestigt. Auch würde er vernünftige verkehrsplanerische Ansätze einer Reihe von Kommunen zunichte machen, welche einen umweltgerechten Systemwechsel im deutschen Personennahverkehr anstreben. Ergänzungs- und Erweiterungsnetze vor allem in Großstädten im Zubringerverkehr zu Stadt-, Regional- und Fernbahn stünden vor dem Aus und die gewollte Optimierung bestehender Bedienungsnetze im ÖPNV mittels reiner Elektrobusse bliebe eine Zukunftsvision. Wenn heute in Deutschland eine Renaissance von Elektrobussen in konventioneller Bauart (also Trolleys mit Fahrdraht) in öfentlichen Debatten und unternehmerischen Planungen wie in Leipzig wieder erwogen wird, dann ist bei allen erkennbaren Systemvorteilen der Zeitpunkt äusserst schlecht gewählt, weil sich erneut die Rahmenbedingungen verschoben haben. Es ist nicht nur die erwähnte Finanznot, sondern auch die Abwartehaltung im ÖPNV-Sektor in der Frage, wie und wann sich die innovativen Technologien im Rahmen der straßengebundenen Elektromobilität in Busflotten realisieren lassen. Hier bedarf es größter Anstrengungen im F- und E-Bereich, um einen Sinneswandel zu ermöglichen. Am Rande der Internationalen Fachmesse InnoTrans- 2010 in Berlin fand eine vom Autor moderierte Podiumsdiskussion mit dem Titel „Hybridbus, Elektrobus, Brennstofzellenbus - Perspektiven für den straßengebundenen ÖPNV der Zukunft“ statt, in der es aus Industrie-, Verkehrs- und Wissenschaftssicht zu einer Bewertung traditioneller (mit Oberleitung) wie auch innovativer Elektrobussysteme kam. Für die traditionellen Systeme herrschte klar die Meinung vor, dass vorhandene Netze nicht nur erhaltenswürdig, sondern ausbaufähig sind, auch wenn die relativ teure Stromversorgung (Oberleitung, Masten, Unterwerke usw.) den Investitionsaufwand erhöht. Doch die Langlebigkeit solcher Systeme bei hoher Wartungsfreiheit in Verbindung mit neuen Werkstofen und Steuerungssystemen rechtfertigt dies in jedem Falle. Was die Fahrzeuge betrift, erreicht der moderne Trolleybus eine im Durchschnitt um 80 % höhere Lebensdauer als der Dieselbus. Zudem entspricht der Trolleybus von heute im technischen Gesamtkonzept (elektrische Ausrüstung, zusätzliche Speichermedien, Fahrzeuggröße, Fahrkomfort usw.) keineswegs mehr jenen Fahrzeugen, hinten denen man sich bei der Argumentation gegenüber dem Elektrobus versteckt. Genauso einfallslos muss die Argumentation bewertet werden, wonach die Oberleitung in Stadtzentren (besonders in historischen Stadtquartieren) störend wirkt. Doch wen stört eigentlich derzeit die Oberleitung bei Stadt- und Straßenbahnen? Zwischenzeitlich ist auf europäischer Ebene ein Verbundprojekt in Gang gekommen, das unter dem Namen „EU-Trolley“ vom ERDF (Europaen Regional Development Fund) von 2010 bis 2013 kofinanziert wird. Das Netzwerk vereint neun Partner aus sechs europäischen Staaten und dient der Weiterentwicklung von Trolleybussystemen in konventioneller Technologie [2]. Von deutscher Seite sind die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH und die Barnimer Busgesellschaft mbH (BBG) mit Sitz in Eberswalde involviert. Während Leipzig die Wiedereinführung eines Trolleybusnetzes schon seit längerer Zeit plant, erneuert die BBG gerade ihre Fahrzeugflotte mit 14- Solaris-Bussen des Typs „Trollino- 18“. Schwerpunkte des Arbeitsprogramms sind vor allem die Beschreibung der fortschrittlichen technischen Standards, die Erstellung eines Handbuchs für moderne Energiespeicherung, Intermodalitätsuntersuchungen für gemeinsame Netznutzung von Bahn und Bus, Umrüstungskonzepte von Dieselauf Trolleybusse, die Unterstützung bei der Erarbeitung von Machbarkeitsstudien sowie eine europaweite Kampagne zur Imageaufwertung von Trolleybussen. Schon die Laufzeit des Projekts macht deutlich, dass Brüssel den Trolleybussystemen in Europa eine Brücke bauen möchte. Abb. 3: Feierliche Übergabe des ersten 18 m-Trolleybusses (Trollino) von Solaris/ Cegelec am 6. November 2010 an den Betreiber Barnimer Busgesellschaft Foto: BBG die „westdeutsche Haube“ übergestülpt bekamen. Wir wissen heute jedoch, dass die politischen Rahmenbedingungen nicht gestimmt haben, was zu falschen Managemententscheidungen in Wirtschafts- und Verkehrsunternehmen geführt hat. Den Elektrobus auszublenden war ein fataler Fehler. Inwieweit dabei die deutsche Automobilindustrie die zukünftigen technologischen Innovationen falsch eingeschätzt und uneingeschränkt auf die Dieseltechnologie gesetzt hat, kann nur vermutet werden. Allerdings muss korrekterweise auch vermerkt werden, dass eine Reihe deutscher Internationales Verkehrswesen (63) 2 | 2011 15 für seine Alltagstauglichkeit auf breiter nationaler oder gar internationaler Ebene. Allianz für den modernen Elektrobus in Deutschland Mit dem provokanten Titel des Beitrags ist gewollt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Verkehrstechnologie in einen schlüssigen Denkanstoß münden zu lassen. Es kann bei der vorhandenen Kompetenz nicht befriedigen, dass wir in Sachen Elektromobilität auf der Straße eine Politik der kleinen Schritte präferieren, obwohl in Deutschland alle Voraussetzungen für ein Gesamtverkehrskonzept im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise bestehen, welche den Elektrobus als Zukunftsmodell einschließen. Aus den gesammelten Erfahrungen und vorliegenden Erkenntnissen kann und muss in Deutschland erreicht werden, dass b konventionelle Systeme (Trolleybustechnologie) weiterentwickelt werden, in weiteren Städten zur Anwendung kommen und investiv vorrangig gefördert werden; b innovative Systeme (Technologie mittels Energiespeicher und Schnellladeprozessen, Brennstofzellentechnologie) forschungsseitig beschleunigt werden und eine schnellere Praxisreife erlangen. Es erscheint geboten, dass Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in diesen Fragen stärker aufeinander zugehen, eine gemeinsame Strategie verfolgen und zu einer Allianz finden, welche den elektrischen straßengebundenen ÖPNV in eine zukunftsträchtige Position bringen. Aus diesem Grunde ist die Förderpolitik generell neu zu durchdenken. Die laufenden Förderprogramme müssen dringlich nach 2011 fortgeführt werden. Will Deutschland die weltweite Marktführerschaft für Elektromobilität im Straßenverkehr erreichen, bedarf es eines Gesamtkonzeptes, in dem auch der Elektrobus eine entscheidende Rolle spielt. ɷ Hybridbusse als Brückentechnologie Im Rahmen des Entwurfs zum Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität spielten Stadtbussysteme zunächst keine Rolle. Interventionen von verschiedenen Seiten, an denen sich auch der Autor im Auftrag der internationalen Arbeitsgruppe TrolleyMotion beteiligte, führten zu einem Umdenken in der Bundesregierung. Mit der Ausschreibung des Förderprogramms Modellregionen Elektromobilität gingen beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 176- Interessensbekundungen ein, aus denen letztlich acht Modellregionen (Berlin/ Potsdam, Bremen/ Oldenburg, Hamburg, Rhein/ Ruhr, Rhein/ Main, Stuttgart, Sachsen mit den Städten Dresden und Leipzig, sowie München) ausgewählt wurden. Schwerpunkt stellte hier vor allem die Förderung von Hybridbussen im Zeitraum 2009 bis 2011 dar. Parallel zum BMVBS verfolgen auch das Bundesumweltministerium sowie das Bundeswissenschaftsministerium diesen Technologieansatz weiter und stellen Fördermittel für Hybridbusse bereit. So erhält z. B. der Freistaat Sachsen für die Städte Dresden und Leipzig im Rahmen unterschiedlicher Förderprogramme insgesamt 51-Hybridbusse. Zurzeit existieren bundesweit insgesamt 15- Modellregionen, welche jeweils vom Verkehrs-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium ins Leben gerufen wurden. Die von Anfang an notwendige Clusterung bester Lösungen ist noch nicht in Sicht. Es muss auch festgestellt werden, dass bedauerlicherweise zwischen den Bundesministerien keine abgestimmte einheitliche Handhabung von Projektanträgen erfolgt. Es mangelt ofensichtlich an einem Gesamtkonzept der Bundesregierung, wie aus Stellungnahmen unterschiedlicher Gremien der Wirtschaft hervorgeht [3]. Damit erklärt sich auch, dass unterschiedliche Sichtweisen auf Zukunftstechnologien zu unefektiven Vorgehensmustern führen und somit die benötigten Forschungsgelder für innovative Technologieansätze noch weiter zersplittert werden. An dieser Stelle muss nochmals hervorgehoben werden, dass Hybridbusse zwar einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Doch ihre Förderung ist verlorenes Geld, das dringend für die Forschungsarbeiten am vollelektrischen Bus fehlt. Serielle Hybridbusse werden gegenwärtig sowohl von deutschen als auch von ausländischen Busherstellern in Zusammenarbeit mit Elektro-Ausrüstern angeboten. Doch sie stellen nur eine Mittelfristlösung dar. Natürlich stopfen solche zusätzlichen Investitionsquellen des Bundes einige wenige Löcher bei einzelnen ÖPNV-Unternehmen. Doch sie dienen mehr dem gegenwärtigen Umsatz der deutschen Omnibushersteller, wenn man den Zahlen glauben darf. Das Kernproblem lösen sie aber nicht. Werden die Weichen zum reinen Elektrobus mittels Forschungsförderung jetzt nicht konsequent und langfristig gestellt, verschenken wir entscheidendes Forschungspotenzial für die strategische Gesamtausrichtung des zukünftigen straßengebundenen ÖPNV. Jetzt kommt es darauf an, die bis 2011 festgesetzte Förderrichtlinie in neuen innovativen Forschungsprojekten fortzuschreiben, die sich bei elektrischen Stadtbussystemen auf die Schwerpunkte Speicher- und Ladetechnologien, Energieübertragungssysteme, innovative Fahrzeugkonzepte und Verkehrsnetzintegration konzentrieren sollten. Elektrobustechnologie kommt in Deutschland nur langsam voran Die erwähnte Diskussionsrunde während der InnoTrans- 2010 zeigte mit aller Deutlichkeit, dass sich der Elektrobus in einem technologischen Wandel befindet. Dieser beginnt damit, dass konventionelle Elektrobusse mit Fahrdraht hinsichtlich ihrer Energieeizienz (z. B. mittels Rekuperation von Bremsenergie in Superkondensatoren) weiterentwickelt und technisch vervollkommnet werden. Und dieser Wandel setzt sich darin fort, dass neue Hybridbusse in rein elektrische Busse umgebaut werden, aber zu welchem Aufwand. Aktuell sollte die Aufgabe forschungsseitig darin bestehen, die Technologie für Elektrobusse in innovativer Richtung weiterzuentwickeln. Dies sollte mittels leistungsfähiger Energiespeicher (überwiegend auf Lithium-Ionen-Basis) definiert werden. Und Ladetechnologien zur punktuellen Energieübertragung aus einem elektrischen Netz (Docking-Stationen) bzw. über andere Formen induktiver Energieübertragung (z. B. System „Primove“ von Bombardier) sollten korrespondierend mit der Batterieentwicklung schneller vorangebracht werden. So würde der moderne elektrische Stadtbus im Flottenbetrieb seine innovative Stärke über eine Netzintegration in bestehende Mobilitätslösungen ausspielen und schrittweise die Dieselflotte ablösen können. Was generell für die Elektromobilität zutrift, gilt auch für den Elektrobus. Elektrische Antriebe müssen immer stärker aus regenerativer Energie gespeist werden. Gleichermaßen bedarf es größerer Anstrengungen, die wasserstofgestützte Brennstofzellentechnologie noch schneller voranzubringen. Der laufende Pilotbetrieb im Rahmen der Modellregionen Hamburg und Berlin erlaubt noch kein endgültiges Urteil [1] HAASE, RALF; Für eine Renaissance des O-Busses; in Internationales Verkehrswesen, Heft 5 / Mai 2007, S. 229 f; HAASE, RALF; Der „Maßanzug“ für den Stadtverkehr der Zukunft; in Internationales Verkehrswesen, Heft 7+8 / August 2009; S. 268 f. [2] Promoting electric public transport; unter www.trolleyprojekt.eu [3] Deutsches Verkehrsforum, Lenkungskreis Straßenverkehr; Positionspapier Elektromobilität - Technologie fördern - Chancen nutzen - Nachhaltigkeit sichern; Oktober 2009 LITERATUR Ralf Haase, Dr. oec. habil. Friedrich-List-Forum Dresden e. V. Technischen Universtät Dresden dr.ralfhaase@t-online.de
