eJournals Internationales Verkehrswesen 63/2

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/iv-2011-0040
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2011
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Intermodales Netzwerk für Deutschland

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Klaus-Dieter Peters
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GASTKOMMENTAR Klaus-Dieter Peters Internationales Verkehrswesen (63) 2 | 2011 60 Intermodales Netzwerk für Deutschland D ie schnelle und kräftige Erholung des Güterverkehrsaukommens in Deutschland nach der einschneidenden Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt, dass ein Grundtrend der Verkehrsentwicklung unverändert Gültigkeit besitzt: Das Transportvolumen wächst schneller als das Sozialprodukt. Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung sind zunehmend auf eine überregionale Arbeitsteilung und damit auf überproportional steigende Verkehrsleistungen angewiesen. Für Deutschland mit seinem hohen Außenhandelsvolumen und seiner zentralen verkehrsgeografischen Lage ist die zukunftsweisende Gestaltung leistungsfähiger Transport- und Logistikketten nicht nur eine enorme Herausforderung, sondern auch eine große Chance. Diese Herausforderung ist von der deutschen Verkehrspolitik und den Logistikunternehmen längst erkannt. Sowohl der Aktionsplan Güterverkehr und Logistik des Bundes vom September 2010 als auch das Nationale Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen vom Juni 2009, ein Umsetzungsbaustein des Aktionsplans, formulieren Ziele, Strategien und Maßnahmen, mit denen „die Spitzenstellung Deutschlands bei Güterverkehr und Logistik dauerhaft zu sichern und auszubauen ist“. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die deutschen Seehäfen. Damit sie ihre Funktion als Drehscheiben der maritimen Logistik für die transkontinentalen Transportketten weiter erfolgreich erfüllen können, muss ihre see- und landseitige Anbindung quantitativ wie qualitativ erheblich verbessert werden. Die Zeit drängt: Der Hinterlandverkehr auf Schiene und Straße hat heute schon wieder das Rekordniveau von 2008 erreicht. Die erheblich verzögerte Fahrrinnenanpassung von Außen- und Unterelbe hindert die neuen Großcontainerschife mit mehr als 10 000 Standardcontainern (TEU) daran, die Elbe voll ausgelastet zu befahren. Die schnelle Realisierung der prioritären Projekte in der sogenannten „Ahrensburger Liste“ zum Ausbau der seewärtigen Zufahrten und Hinterlandanbindungen der deutschen Seehäfen ist dringend geboten und unverzichtbar. Mit dem Ausbau von Verkehrswegen allein ist das aktuelle und künftige Verkehrswachstum allerdings nicht zu bewältigen. Erforderlich ist ein integriertes Verkehrssystem für den Güterverkehr, in welchem alle Schnittstellen, Verkehrswege und Verkehrsträger in aufeinander abgestimmten Prozessketten mit durchgängigem Informationsfluss optimal miteinander vernetzt sind. Oder, anders formuliert: Der Weg zur weiteren „Industrialisierung der Transportkette“ muss konsequent fortgesetzt werden. Es gilt große Mengen unter der Ausnutzung von Bündelungsefekten in standardisierten Prozessen in intermodalen Logistikketten zu organisieren, die den jeweils besten Verkehrsweg und den jeweils besten Verkehrsträger einsetzen. Der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und der Bundesverband Öfentlicher Binnenhäfen (BÖB) haben dafür im Rahmen des Nationalen Hafenkonzepts eine Arbeitsgruppe „zur konzeptionellen Vernetzung von See- und Binnenhäfen“ gebildet, die zunächst für den Containerverkehr Potenziale für eine stärkere Vernetzung von See- und Binnenhäfen ermittelt. Parallel dazu haben die beiden größten deutschen Hafenlogistikunternehmen, die Eurogate-Gruppe und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), im Jahr 2010 das Gemeinschaftsunternehmen Inland Port Network (IPN) gegründet. Ziel ist der Aubau eines Netzwerks von intermodalen „Full-Service-Terminals“ an Aukommensschwerpunkten in Deutschland. Mit integrierten Depots, Flächen für die Containerlagerung, Abstellgleisen und umfangreichen Serviceangeboten verbessern derartige Inlandterminals die Voraussetzung für die Bildung eizienter Shuttle-Systeme. Darüber hinaus lassen sie sich einbinden in die Strategie der Bildung von Binnenhäfenclustern. ZDS und BÖB empfehlen in diesem Zusammenhang in einem gemeinsamen Positionspapier, die Förderung des Kombinierten Verkehrs in Deutschland fortzusetzen und dabei weiterzuentwickeln: von der bisherigen punktuellen Standortförderung zu einer Förderung der Terminalinfrastruktur unter Berücksichtigung der Netzbildungsefekte intelligenter Systeme des Kombinierten Verkehrs. Die konsequente Weiterentwicklung des Kombinierten Verkehrs mit einem Netzwerk intermodaler Terminals und Logistikketten würde nicht nur den Standort Deutschland und seine führende Position bei Logistik und Güterverkehr stärken. Diese Systeme können entscheidende Impulse zur Verlagerung von Verkehren von der Straße auf die Schiene und Binnenschif geben. Eine Chance, die es zu nutzen gilt: So lässt sich das künftige Verkehrswachstum gerade auch unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes vorbildlich meistern. ɷ »Für Deutschland ist die zukunftsweisende Gestaltung leistungsfähiger Transport- und Logistikketten eine große Chance« Klaus-Dieter Peters (57) ist Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hafen und Logistik AG. Zuvor war er Mitglied des Vorstands der internationalen Spedition Schenker und dort unter anderem verantwortlich für die Europaverkehre und die Eurologistik. ZUR PERSON