lendemains
ldm
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
10.24053/ldm-2022-0006
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2022
47185
Frauendarstellungen in Catherine Meurisses Moderne Olympia
121
2022
Helene L. Bongers
ldm471850052
52 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier Helene L. Bongers Frauendarstellungen in Catherine Meurisses Moderne Olympia Eine bande dessinée als feministische Kunst-Geschichte „Roméo, ô mon Roméo! “, ruft die Figur Olympia zu Beginn der bande dessinée Moderne Olympia von Catherine Meurisse (2014: 7). 1 „Articule! “ (ibid.), belehrt sie daraufhin Félicité. Kniend und mit erhitzten Wangen, die Handflächen mit Pathos zum Himmel gewandt, rezitiert Olympia Shakespeares Romeo und Julia (Abb. 1). Die ambitionierte Schauspielerin erscheint auf den ersten Blick nackt, während die beiden anderen Figuren der Szene, die Woman of Color Félicité sowie ein kleiner Junge, bekleidet sind. 2 Olympia versucht sich jedoch keineswegs zu bedecken. Stattdessen wird der bewegte weibliche Körper durch die Vielzahl an Körperhaltungen und Gesten zu einem expressiven Ausdrucksmittel, wie dies ihrer Profession als Schauspielerin gebührt. Meurisses parodistische Darstellungen expressiver Körper ist durch ihre Arbeit als Karikaturistin bei Charlie Hebdo geprägt, erinnern durch die ausgreifenden Gesten und Posen aber auch an den Einsatz des bewegten Körpers in Stumm- und Tanzfilmen. 3 Moderne Olympia war 2014 die Auftaktpublikation einer kurzlebigen Zusammenarbeit zwischen dem Verlagshaus Futuropolis und dem Musée d’Orsay. Neben den museumspädagogischen und werbewirksamen Funktionen des sogenannten „Museum Comics“ (Schmitz-Emans 2021) entwirft Meurisse mit der Zeichenfeder und dem Aquarellpinsel „feingeistig und derb“ (Schröer 2018: s. p.) eine Liebesgeschichte zwischen einer Schauspielerin und einem Schauspieler. Die fulminante graphische Erzählung lebt von der permanenten „Wechselbefruchtung“ (Dath 2018: s. p.) unterschiedlicher historischer und aktueller Kunstformen: Erzählstränge der Musicalfilme West Side Story (1961) und Singin’ in the Rain (1952) werden ineinander verschränkt und in das Pariser Musée d’Orsay verlegt. Dieses fungiert als Filmstudio à la Hollywood. Gemäß dem Titel der deutsche Ausgabe Olympia in Love. Eine Komödie in 50 Gemälden werden Kunstwerke - jedoch auch Skulpturen und Kunstgewerbe - in der Panelfolge visuell und textlich zitiert (Meurisse 2018: s. p.). 4 Wie um Gotthold Ephraim Lessings Paradigma des ‚fruchtbaren Augenblicks‘ auf den Kopf zu stellen, werden die bedeutungsvoll veränderten Bildzitate jeweils in Bilderfolgen integriert, die das unmittelbar erzählerische Vor- und Nachzeitige der Kunstwerke verbildlichen. 5 Die Zitate erinnern an Standbilder eines Films, die in Panels aufscheinen und wieder verschwinden. So wird Moderne Olympia zu einer vielschichtigen Erzählung über das Musée d’Orsay, seine Museumsarchitektur und Sammlungsgeschichte sowie über die Kunstproduktion des 19. Jahrhunderts. Im Zentrum steht die weibliche Figur Olympia und ihre Erfahrung als Frau im Kulturbetrieb und in Liebesangelegenheiten. Moderne Olympia stellt prinzipiell Frauenfiguren in den Vordergrund: Der komplex ausgearbeiteten Protagonistin Olympia DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 53 Dossier Abb. 1: Meurisse © FUTUROPOLIS / MUSEE D’ORSAY EDITIONS 2014 54 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier und der Antagonistin Venus wird Raum gegeben - kaum ein Panel kommt ohne eine Darstellung Olympias aus - und die wenigen männlichen Figuren sind größtenteils marginal und tragen wenig zur Erzählung bei. Daher geht dieser Artikel der Frage nach, wie in Moderne Olympia Frauen und weibliche Körper dargestellt und angeschaut, welche kunsthistorischen Tropen aufgegriffen und welche zurückgewiesen werden. Im Vordergrund stehen dabei die Aushandlung zwischen der Darstellung des weiblichen Aktes und der Nacktheit sowie die Darstellung des Schwarzen Körpers in Bewegung. Aktmalerei ist spätestens seit der klassischen Antike mit der Darstellung von Bewegung und Handlung verknüpft (cf. K. Clark 2010: 8, Gualdoni 2012: 22sqq.). Der deutsche Begriff Akt trägt dieser Verbindung auch etymologisch Rechnung: Actus wird vom lateinischen agere - handeln, agieren - abgeleitet und denotiert seit dem 18. Jahrhundert auch die Darstellung des nackten menschlichen Körpers (cf. Pfeifer et al. 1993: s. p.). Durch die narrative Sequenz der Bilder und die wiederholte Darstellung Olympias wird dies vorbildhaft durchdekliniert, wie Dietmar Daths Titel seines Nachworts zur deutschen Ausgabe andeutet: „Wie man Menschenbilder bewegt“ (Dath 2018). In der folgenden Analyse wird ein Vergleich zwischen Körperdarstellungen Olympias und Venus’ durchgeführt, die wiederum mit der Rezeption ihrer ölmalerischen Vorlagen - Édouard Manets Olympia und Alexandre Cabanels Vénus (beide 1863) - in Beziehung gesetzt werden. 6 Aktuell stehen Meurisse und Moderne Olympia im Fokus feministischer und genderorientierter Comicwissenschaften (Flinn 2020, Miller 2020). Nicht durch Rekonstruktion und Immersion, sondern durch Anachronismen und Brüche werden hier feministische Themen und kulturelle Sexismen thematisiert und parodiert. Ansätze und Analysen aus der feministischen Kunstgeschichte werden nicht nur bildimmanent und intradiegetisch illustriert, sondern durch die Bilderzählung reflektiert und kommentiert. Meurisse - so die These dieses Artikels - betreibt in Moderne Olympia feministische Kunstgeschichte in Comicform. Olympia: Nacktheit und der weibliche Akt Pas d’amant, pas de rôle… - pas de culotte. (MO: 12) Et vous ne pouviez pas enfiler un slip, par la même occasion? (MO: 49) Olympia wird wiederholt auf ihre fehlende Unterhose und somit synekdochisch darauf hingewiesen, dass sie überhaupt keine Kleidung trägt. Abgesehen von Schmuck und Schuhen bewegt sich Olympia unbekleidet durch eine graphische Erzählung, die größtenteils bekleidete Figuren aufweist. Einzige Ausnahme bilden die drei „cupidons“ (MO: 44), die Venus auf Schritt und Tritt folgen. Die Nacktheit der kindlichen Putti wird von anderen Figuren nicht kommentiert, sie provoziert nicht, sondern erscheint als unbewusster Zustand, der mit Kindheit und in der christlichen Tradition mit dem Paradies in Verbindung steht: DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 55 Dossier In the beginning, the body was not naked, it simply was. Nakedness is something that is acknowledged, that one is conscious of. It is a state of mind and of the gaze (Gualdoni 2012: 9). Doch handelt es sich bei Olympias Darstellung wie bei den Putti um den von Flaminion Gualdoni angesprochenen körperlichen Aggregatzustand? Oder wird hier Nacktheit als bewusste Abwesenheit von Kleidung dargestellt - gemäß Kenneth Clarks vielzitiertem Satz „To be naked is to be deprived of clothes“ (K. Clark 2010: 3)? 7 In der Aktmalerei, so impliziert er, sei der nackte Körper in die Kunst gekleidet oder die kulturelle Verkleidung der materiellen Wirklichkeit (cf. Nead 1992: 14, 16). Ann Miller beantwortet diese Frage in ihrem Aufsatz eindeutig: Olympia sei nackt (cf. Miller 2020: 70). Miller stützt sich damit auf Lynda Nead, die sich diesbezüglich mit T. J. Clarks soziopolitischer marxistischer Analyse von Manets Gemälde Olympia auseinandersetzt (cf. T. J. Clark 1985: 146, Nead 1992: 16). Doch wie wird der weibliche Körper intradiegetisch und bildimmanent konstruiert und was erfahren wir in der graphischen Erzählung über Olympias Bewusstsein für ihren Körper? Wir als Rezipient*innen werden durch die erwähnten Bemerkungen auf den ausgestellten Körper Olympias hingewiesen. Olympia übergeht diese jedoch wie im Anschluss an das erste Zitat oder sie drückt ihr Unverständnis aus, wie im zweiten Fall. Dort antwortet sie auf die wiederholte Frage, ob sie sich nicht einen Slip anziehen könnte: „Quoi? […] Un quoi? “ (MO: 49). Sie ist sich im Unklaren darüber, dass sie für ihr gesellschaftliches Gegenüber als nackt und unbekleidet erscheint. Ganz im Gegenteil empfindet sie sich durch die Haarschleife, das Halsband, den Armreif und in einer Szene auch die Schuhe als angezogen. Öffentliche Nacktheit erfüllt sie sogar mit Schrecken: „Tu veux dire… toute nue? ? “ (MO: 13). In einer weiteren Darstellung steht sie entspannt im Profil vor einer Galeriewand und hat ihre rechte Hand in eine vermeintliche Hosentasche geschoben - nur trägt sie keine Hose (Abb. 2). Stattdessen fungieren ihr Körper und ihre Haut als Kleidung. Abb. 2: Meurisse © FUTUROPOLIS / MUSEE D’ORSAY EDITIONS 2014 56 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier Vorbereitet durch den Chor in der finalen Tanzszene - „Le spectacle continue! - Nu! “ (MO: 65) - entkleidet sich Olympia erst im Epilog, wenn sie mit ihrem Geliebten hinter einem Heuschober verschwindet. „ ATTENDS! … Attends que je me déshabille“ (MO: 66), ruft sie und wirft im letzten Panel ihr schwarzes Halsband in hohem Bogen hinter dem Heuschober hervor. Jedoch wird weder die Entkleidung noch der Liebesakt visuell ausformuliert, sie werden durch den Heuschober verdeckt, bevor die Erzählung abbricht. Darüber hinaus erschwert ein visuelles Detail die Einordnung Olympias: Mehrfach werden mit wenigen Federstrichen die Konturen einer wie achtlos ausgezogenen und hingeworfenen Unterhose vor dem zerwühlten Bett gezeichnet, die sich farblich kaum vom blaugrünen Untergrund abhebt (Abb. 1). Mit dem wiederkehrenden Motiv der culotte wird die Frage nach Olympias Entkleidung während der graphischen Erzählung bildlich präsent gehalten. Sie erzeugt eine Spannung und hinterfragt die Glaubwürdigkeit von Olympias Aussagen. 8 Neben der Entkleidung wird mit der culotte auch der mit dieser zu bedeckende Körperteil konnotiert: die primären weiblichen Geschlechtsmerkmale. Die Darstellung der Vulva ist eine bewusste Auslassung, die durch die Referenz auf Gustave Courbets Gemälde L’origine du monde (1866) mehrfach angesprochen, aber nicht visualisiert wird (cf. Miller 2020: 74). 9 Olympias Körperlichkeit entzieht sich den dialektischen Vorstellungen von Gualdoni (Nacktheit und paradiesischer Zustand) und K. Clark oder Nead (Nacktheit und Akt). Millers entschiedenes Urteil zugunsten Olympias Nacktheit wird fragwürdig. Meurisses Olympia befindet sich in keinem vorzivilisierten paradiesischen Bewusstseinszustand, da sie dezidiert Scham und Angst vor möglicher Nacktheit empfindet. Stattdessen nimmt sich Olympia als angezogen wahr - bekleidet durch die Accessoires oder das Kleid der Kunst, das für andere Figuren nicht sichtbar ist. Das Bewusstsein der Figur Olympia sowie das visuelle Motiv der culotte konstruieren ein uneindeutiges Spannungsfeld. Auch in der kunsthistorischen Forschung zu Manets Olympia sind solche Ambivalenzen zentral: Nach T. J. Clark konnten Kritiker*innen des Gemäldes die Figur Olympia nicht eindeutig identifizieren (cf. T. J. Clark 1985: 146). Nead stellt die Unterscheidung zwischen der Darstellung von Nacktheit und Aktmalerei gänzlich infrage, indem sie darauf hinweist, dass Körper erst durch Repräsentationen produziert werden (cf. Nead 1992: 16). Zwar nimmt sich Meurisses Olympia in ihrem state of mind nicht als nackt wahr, dennoch wird sie durch die normierenden Blicke der intradiegetischen Figuren sowie durch die der extradiegetischen Rezipient*innen - durch den state of gaze - zu einem nackten weiblichen Körper, sie wird entkleidet. Vor diesem Hintergrund werden wir nun die hierarchisierenden und genderspezifischen Blickbeziehungen in Moderne Olympia mit denen in Manets und Cabanels Gemälden rezeptionsästhetisch vergleichen. DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 57 Dossier Olympia und Venus: für sich oder für uns? Manets großformatiges Ölgemälde Olympia provozierte schon bei seiner Präsentation im Pariser Salon einen gesellschaftlichen Skandal (cf. Lüthy 2003: 93). Rezeptionsgeschichtlich wird deutlich, dass hier kein weiblicher Akt im Sinne von K. Clark distanziert unter ästhetischen Vorzeichen betrachtet wurde. Die Subversion liegt gemäß einschlägiger Analysen in der vermeintlichen Darstellung einer Prostituierten, deren Vulva zwar durch ihre linke Hand verdeckt, jedoch durch die Motive der schwarzen Katze und des Blumenbouquets sublimiert werde, so dass eine pornographische Darstellung von Nacktheit entstehe (cf. T. J. Clark 1985, Miller 2020: 70, Nead 1992). Das skandalöse Element der Darstellung läge somit in der realistischen Darstellung der „Wirklichkeit des modernen Lebens“ (Rosenblum 1989: 189). Diese Interpretation fügt sich nahtlos in das teleologische und normative Modernenarrativ ein. 10 Konträr dazu argumentiert Lüthy: So liegt die Irritation, die von Olympia ausgeht, zu wesentlichen Teilen in der Ambivalenz, welche die Begegnung von Bild und Betrachter bestimmt und den ausgestellten Körper bei aller provozierenden Zuwendung zugleich entzieht. (Lüthy 2003: 94) Die „Dialektik von Zuwendung und Entzug“ (ibid.) in der Figur Olympia visualisiert sich in der Präsentation des Körpers sowie in ihrem direkt an die Betrachtenden gewandten Blick. Der weibliche Körper thront nackt auf dem Bett, wendet sich wortwörtlich aus dem Bild heraus. Dennoch gleicht der Blick keiner Einladung, sondern einer „Konfrontation“ (ibid.: 105), die auch durch die selbstbewusste Aufrichtung des Oberkörpers und des Kopfes, den übereinander geschlagenen Beinen sowie durch „das ostentative Verdecken des Geschlechts“ (ibid.: 104) untermalt wird. Der weibliche Körper entzieht sich der Konsumierbarkeit und der Unterwerfung durch die Betrachtenden, der potenzielle Voyeurismus wird durch die Antizipation des Geschautwerdens abgewehrt und in Souveränität transformiert (cf. ibid.: 110). Die Pointe liegt in der gleichzeitigen Objekt- und Subjektposition Olympias und der Schauenden (cf. ibid.: 96). Das Gemälde widersetzt sich darüber hinaus der konventionellen Darstellung weiblicher Sexualität durch die Komposition und die pastose Behandlung der Maloberfläche (cf. Nead 1992: 16). Lüthy greift Georg Wilhelm Friedrich Hegels Ausführungen zum Kunstwerk in den Vorlesungen über die Ästhetik (1835-38) auf. In dessen normativem Kunstbegriff repräsentiert das Kunstwerk zwar gemäß der „Autonomie und Heteronomie des Bildes“ (Lüthy 2003: 24) eine in sich kohärente „abgerundete Welt“ (Hegel 1986: 341), diese richtet sich jedoch notgedrungen an ein Publikum und öffnet sich nach außen, es präsentiert sich (cf. Lüthy 2003: 23sq.). Ein Kunstwerk muss also nach Hegel gleichzeitig für sich und für uns sein (cf. Hegel 1986: 341, Lüthy 2003: 23sq.). In einem solchen Spannungsverhältnis befindet sich auch Manets Olympia: Das Oszillieren zwischen Zuwendung und Verweigerung gleicht einem simultanen für sich und für uns. Anders verhält es sich bei Cabanels La naissance de Vénus. Lüthy 58 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier selbst bemüht den topischen Vergleich zwischen Olympia und Venus, der im kunsthistorischen Modernenarrativ moderne Malerei gegenüber dem Akademismus validiert (cf. Lüthy 2003: 96). Olympia und Venus als Kontrahentinnen gegeneinander auszuspielen, wie in Moderne Olympia angelegt, ist also ein Verweis auf die kunsthistorische Praxis des 20. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu Olympia war Vénus ein Publikumserfolg, der wie dahingegossene Akt der Liebesgöttin wurde als schicklich empfunden (cf. ibid.: 96). Mit halb geschlossenen Lidern und in unnatürlicher Verrenkung präsentiert sie sich den Betrachter*innen bestmöglich. Venus wird durch den „verdinglichte[n] Blick“ (ibid.: 96sq.) objektiviert und den Betrachtenden unterworfen. Venus ist im Gegensatz zu Olympia vollständig für uns. Meurisses Olympia wechselt ebenfalls schillernd zwischen dem Hegelianischen für uns und für sich. Olympias für uns ist in der oben schon beschriebenen expressiven Körperlichkeit angelegt, die sich beispielsweise im Bildzitat von Manets Olympia aus den Bildern heraus nicht selbstbewusst, sondern genervt an die Rezipient*innen wendet (Abb. 3). Abb. 3: Meurisse © FUTUROPOLIS / MUSEE D’ORSAY EDITIONS 2014 Ähnlich wie in Paul Cézannes zwei Variationen von Manets Gemälde, beide mit Une moderne Olympia (1870/ 1874) betitelt, wird Olympias für uns explizit thematisiert. In Cézannes „Paraphrase“ (Lüthy 2003: 111) im Musée d’Orsay (1874) sowie in Meurisses bande dessinée wird die von Manet angelegte „Theatralisierung“ (ibid.: 94) der bühnenartigen Aufsockelung des Bettes und des angeschnittenen Vorhangs in der linken Bildecke geklärt. In beiden Varianten Cézannes wird das Motiv des Bühnenvorhangs ausformuliert, zwischen Olympia und uns als Betrachtende schaltet sich eine sitzende Rückenfigur mit den Zügen des Künstlers, die den außerbildlichen Akt des Betrachtens parallelisiert und lenkt (cf. ibid: 111). Im dargestellten Blick des Malers wird der produzierende und gleichzeitig rezipierende Akt des Schauens verschränkt. Meurisses Manetrezeption wird somit über Cézannes Manetrezeption geleitet, wie auch die auffallende Übereinstimmung der Werktitel erkennen lässt. 11 Das DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 59 Dossier Thema der Inszenierung integriert Meurisse anhand der Filmproduktionen, die Bühne wird zur Filmkulisse und der männliche Künstlerblick zum Blick des Filmregisseurs. Das für uns wird bei Cézanne und Meurisse durch ein intradiegetisches für andere - den Künstler, den Regisseur, die Kamera und das Publikum - erweitert, der Blick auf den Frauenkörper wird als mise en abyme innerbildlich wie außerbildlich gespiegelt. 12 Im Blick auf den weiblichen Körper schwingt hier die Theorie um den male gaze mit, die sich mit dem schauenden männlichen Subjekt und dem geschauten und sexualisierten weiblichen Objekt auseinandersetzt und in der Rezeption von Manets Olympia bedeutsam ist (cf. Miller 2020, O’Grady 1992). Bei Meurisses Olympia geht diese Dichotomie jedoch nicht mehr auf, längst sind weder alle intradiegetischen Betrachter*innen noch die impliziten wie empirischen Rezipient*innen männlich. Auch bleibt Olympias Körperlichkeit für sich, sie ist - wie oben ausgeführt - möglicherweise nicht auf das Geschautwerden angelegt. Ganz im Gegenteil zu Manets Gemälde, in dem sich die Frauenfigur bewusst bedeckt und den Blick erwidert, ist sich Meurisses Olympia der Blicke auf ihren Körper nicht bewusst oder sie ignoriert diese konsequent. Ihre Körperlichkeit ist in einem solchen Maße für sich, dass sie sie sogar daran hindert, als Schauspielerin zu reüssieren. Als Statistin wird sie wiederholt entlassen, weil sie das Bild nicht mitreflektiert, welches sie während der Filmaufnahmen für die Kamera produziert: Sie bemerkt weder ihr lustiges Schattenspiel noch welche Pose sie beim Fall aus dem Flugzeug einnimmt (cf. MO: 10sq., 22). Ihr Körper ist gleichbleibend unbedeckt, bis auf die Szenen, wenn sie Venus doubeln muss und gezwungen wird, deren Kostüme zu tragen (cf. ibid.: 50). 13 Ihr Körper bleibt für sich, bekleidet wird er für andere. Venus hingegen ist nur nackt - entkleidet - während des Bildzitats von La naissance de Vénus (Abb. 4). 14 Abb. 4: Meurisse © FUTUROPOLIS / MUSEE D’ORSAY EDITIONS 2014 60 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier Ihre Körperlichkeit verhält sich chiastisch zu der Körperlichkeit Olympias. Ihre Nacktheit ist ausschließlich für uns und in der intradiegetischen Inszenierung für andere, also für die inner- und außerbildlichen Blicke und die Kameralinse. Anders als Miller annimmt, sind Venus und Olympia nicht Allegorien des Aktes und der Nacktheit (cf. Miller 2020: 71). Vielmehr ist Venus in ihrer Aktszene nackt/ unbekleidet, während Olympia Nacktheit von sich weist, selbst wenn sie von externen Blicken als nackt gelesen wird. In der Ausdifferenzierung des für sich und für uns wird darüber hinaus deutlich, dass Olympia zwar beide Elemente aufweist, sich im für sich aber nicht bewusst der Rezeption widersetzt, wie Manets Olympia. Wie die „Unschuld vom Lande“ (Schröer 2018: s. p.) scheint ihr für sich eher als Ignoranz gegenüber einer von außen an sie herangetragenen Sexualität. Dem Blick auf den weiblichen Körper wird in Moderne Olympia nichts entgegengesetzt, er wird ignoriert. Die Lesbarkeit des weiblichen Körpers wird irritiert. Félicité: Die Selbstermächtigung der Dienerin Neben dem Dualismus der beiden weiblichen Hauptfiguren Olympia und Venus verkörpert die Nebenfigur Félicité einen Gegenentwurf zur Darstellung des weiblichen Schwarzen Körpers, der von intersektionaler Diskriminierung betroffen ist. 15 Im Verlauf der anfangs besprochenen Szene sitzt Félicité in wechselnden, jeweils entspannten Posen auf einem Pouf - mit angewinkeltem Bein, hochgezogenen Beinen oder im Schneidersitz. Das weite hellrote Gewand umspielt ihren Körper, ein Buch liegt auf ihren Knien. Abgesehen vom notwendigen für uns einer künstlerischen Darstellung orientiert sich dieser actus des weiblichen Schwarzen Körpers weder an der Außendarstellung noch an der Sexualisierung des weiblichen Körpers. Stattdessen wird Félicité über ihren Intellekt und ihren „ironical wit“ (Miller 2020: 70) charakterisiert. Sie verfügt nicht nur über eine Stimme, wie sie Miller nur für Olympia herausstellt (ibid.), sondern unterweist letztere beim Rezitieren von Shakespeare sogar in Stimmbildung. Félicité hilft Olympia folglich, die eigene Stimme zu entwickeln. Die Stimmübung wird jäh durch den explizit rassistischen Witz eines Weißen Jungen unterbrochen, der Manets Gemälde Le Fifre (1866) entstammt: C’est un Noir qui passe devant une pharmacie, et qui lit sur la vitrine: „oméopathie“. Alors, il se dit: „pauv’Juliette! “ (ibid.) 16 Der Schwarze Mann deutet das Wort ‚Homéopathie‘ als ‚(R)oméo pa(r)ti‘. Das Missverständnis geht auf eine akzenthafte Aussprache zurück. Schwarze Figuren, die den französischen uvularen Frikativ / ʀ/ auslassen, finden sich auch an anderer Stelle: beispielsweise spricht der Pirat Baba in Astérix / ʀ/ ebenfalls stumm (Goscinny/ Uderzo 1965: 9). Henri-Simon Blanc-Hoàng merkt an, dass viele afrikanische und karibische Akzente diese Spezifizität aufweisen und somit sprachlich der Kontext französischer Kolonien aufgeworfen wird (cf. Blanc-Hoàng 2014: 19). Die DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 61 Dossier Aussprache wird im vorliegenden ‚Witz‘ durch das Unverständnis für das geschriebene Wort mit Dummheit, einem niederen Bildungsgrad oder Legasthenie in Verbindung gebracht und rekurriert auf ein rassistisches Stereotyp, das so auch für die Piratenfigur gilt. 17 Félicités Funktion als Sprachtrainerin Olympias kann als direkte Reaktion gelesen werden. Nicht nur kann sie einwandfrei / ʀ/ sprechen, sie unterweist Olympia sogar in der Aussprache von Konsonanten: „Frappe tes consonnes et attaque chacune de tes répliques“ (MO: 7). Félicités Reaktion auf den Witz wird im Laufe der graphischen Erzählung zu einem wiederkehrenden visuellen Reim. Die Ähnlichkeit der Darstellung des Pfeifers in den beiden Panels am unteren Rand der Seite stellt als „match cut“ (Heyden 2013: 292sq.) eindrücklich die Differenz heraus: Während er im vorletzten Panel im Profil lachend auf Félicité zeigt, das Gesagte auch visuell mit der Woman of Color verbindet, ist im letzten Panel seine Körperhaltung zwar unverändert, nun thront auf seinem Kopf jedoch der umgekehrte Blumenkübel und seine Flöte steckt in seinem Gesäß. Zwischen den beiden Darstellungen sind die Rezipient*innen angehalten, die weiße Leerstelle des Panelrasters semantisch zu füllen (cf. McCloud 1993: 67). Wir schlussfolgern, dass Félicité diese Veränderungen zu verantworten hat. Denn durch den bildlichen Fingerzeig auf Felicité im vorletzten Panel richtet sich das rassistische und beleidigende Stereotyp des ‚Witzes‘ auch an sie persönlich. Die Aktion bleibt unsichtbar, stattdessen wenden sich die beiden Frauenfiguren im letzten Panel vom Pfeifer ab und der Stimmbildung zu. Félicité wird so innerhalb der graphischen Erzählung in der Konfrontation mit Rassismus Handlungsspielraum zugesprochen. Zwar ist ihre direkte Reaktion - die wir imaginieren - gewalttätig, jedoch bleibt sie in den sichtbaren Darstellungen vor allem im Anschluss an den Vorfall ruhig und ignoriert den Pfeifer. Das Machtverhältnis zwischen dem diskriminierenden Weißen Jungen und der Schwarzen Frau wird durch Félicités Konter verkehrt. Dadurch entlarvt sie den Pfeifer als kleinen Weißen Mann oder Jungen in seiner eigenen Lächerlichkeit, er wird buchstäblich zu einer Witzfigur. Félicité und ihre Reaktion auf den ihr entgegen gebrachten Rassismus stehen in einem direkten Zusammenhang zu Manets Darstellung der „Dienerin“ (Lüthy 2003: 108) und deren Rezeption. In Olympia bietet sie eher den Betrachter*innen als Olympia den Blumenstrauß dar. Trotz ihrer zentralen Position wurde die Darstellung der Woman of Color in Manets Gemälde erst in der feministischen Kunstgeschichte der 1980er Jahre beachtet (cf. Gilman 1985, Nead 1992, Pollock 1999). Anekdotisch nimmt T. J. Clark in einer Neuauflage von The Painting of Modern Life auf diesen Umstand Bezug, wenn er die Reaktion eines Freundes zitiert: For God’s sake! You’ve written about the white woman on the bed for fifty pages and more, and hardly mentioned the black woman alongside her! (Clark 1999: xxvii) Wenn die Darstellung der Woman of Color überhaupt erwähnt wurde, diente sie als kontrastreiche Hintergrundfolie oder Attribut von Olympias Sexualität - verdinglicht und vergleichbar mit der Katze oder dem Blumenstrauß (cf. Grigsby 2015: 435). Der Schwarze Körper wurde im Gegensatz zum Weißen Körper im Kontext gesteigerter 62 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier und abnormer Sexualität gelesen (Nead 1992: 74). Erst Darcy Grimaldo Grigsby weist in ihrer postkolonialen Analyse dem Modell eine historische Identität und einen Namen zu: Laure (cf. Grigsby 2015: 433). Sie liest Olympia als kreolische Szene im Kontext des französischen Kolonialismus und vergangener Sklaverei. 18 Besonders die gesellschaftlichen Aushandlungen in Frankreich und deren Rassismen analysiert Grigsby anhand der rassistischen Salonkarikaturen zu Olympia (cf. ibid.: 438sq.). 19 Meurisse als zeitgenössische Pariser Karikaturistin, die sich in Moderne Olympia demselben Gegenstand widmet, ruft mit ihrem karikaturistischen Zeichen- und Erzählstil sowie mit den wiederkehrenden diskriminierenden ‚Witzen‘ des Pfeifers die Tradition der Pariser Salonkarikatur auf. In Moderne Olympia entfaltet sich jedoch das „emanzipatorische Potential“ (Dath 2018: s. p.), denn hier kann Laure/ Félicité reagieren - sie besitzt „agency“ (Flinn 2020: 513). An die Stelle einer weitestgehend namenlosen Dienerin tritt eine Woman of Color mit dem Namen „Félicité“ (MO: 11), die liest und Sprachunterricht gibt und damit das Stereotyp des ‚Witzes‘ Lügen straft. Im Umgang mit rassistischer Diskriminierung vonseiten des Pfeifers beweist sie Souveränität. Ob ihre unemotionale Ruhe im Verlauf der Szene von Resilienz oder Resignation zeugt, bleibt dabei ungeklärt. Schlussendlich besitzt sie nicht nur Sprache und Intelligenz, diese verkehren sogar das hierarchische Machtverhältnis: Die Dienerin wird zur Lehrerin und Beraterin - „coach and counsellor“ (Miller 2020: 70) - und die Herrin zur durchaus einfältig zu nennenden Schülerin. Moderne Olympia als feministische Kunstgeschichte Die Form des Comics wie auch Meurisses Stil sind eng mit der Gattung Karikatur verbunden. Die Bildlichkeit von Karikaturen und Comics orientiert sich grundsätzlich an Kategorien der Vereinfachung und Übertreibung (cf. McCloud 1993: 28sq.). Dennoch werden weibliche Körper in Moderne Olympia komplex betrachtet. In diesem Artikel wurde dargelegt, dass Olympia und Venus eben nicht in Kategorien weiblicher Darstellungsformen und Rollenbilder aufgehen. Nacktheit und künstlerischer Akt sind nicht mehr klar zu trennen. Wie auch bei Nead fällt in der Figur der Olympia die Unterscheidung zwischen einer potenziellen pornographischen Nacktheit - einer aufgeladenen Entblößung - und einem künstlerischen Akt in sich zusammen. Olympia verweigert sich der eindeutigen Zuordnung nicht aus selbstbewusster Souveränität, wie Lüthy im Falle von Manets Gemälde argumentiert, sondern aus bewusster Ignoranz oder unbewusster Naivität. In der Beziehung zu ihrem Körper und zu strukturellen Sexismen wird sie als ‚Unschuld vom Lande‘ charakterisiert. Diesbezüglich steht Meurisses Figur in einem klaren Gegensatz zur zeitgenössischen Rezeption von Manets Gemälde wie auch zu einschlägigen kunsthistorischen Ansätzen des 20. Jahrhunderts. 20 Die Unschuld und Naivität Olympias wird Manets anstößiger, gar als pornographisch gelesener Olympia entgegengesetzt, sodass die tradierte Manetrezeption heraus- und infrage gestellt wird. Venus auf der anderen Seite folgt in der Präsentation ihres nackten Körpers als Akt den kunsthistorischen Konventionen des 19. Jahrhunderts, sie scheint den Blicken unterworfen. Jedoch tritt sie ansonsten als DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 63 Dossier herrische Diva auf, die männliche Figuren herumkommandiert und sich nicht unterordnet (cf. MO: 60sq.). Die Figurendarstellungen und -konstruktionen von Olympia wie von Venus sind mit Ambivalenzen und Brüchen durchzogen, die eine stereotype Lesbarkeit der weiblichen Figuren unterbinden. Nur die Darstellung Félicités bleibt eindeutig: Sie reagiert visuell und narrativ auf die rassistische zeitgenössische wie kunsthistorische Rezeption. Frauenfiguren werden in Moderne Olympia als Subjekte herausgestellt, die Agency, Selbstbewusstsein, Handlungsspielraum, Willen und Macht - und im Falle Félicités auch Wissen - besitzen. Als Subjekte versuchen sie sich in einer diskriminierenden Gesellschaft zu behaupten. Meurisse konstruiert ihre graphische Erzählung über die Malerei des späten 19. Jahrhunderts nicht unter Verweis auf den kulturhistorischen Kontext oder die Künstler, sondern mittels ihrer Fokussierung auf das weibliche Bildpersonal. Weder Manet noch Cabanel treten in Moderne Olympia auf. Dies entspricht nicht den Machtverhältnissen in der Kunstproduktion im 19. Jahrhundert, jedoch spiegelt es die Sichtbarkeit im Museum wider: Dort werden die Künstler nur durch ihre Kunstwerke repräsentiert, oftmals durch weibliche Aktdarstellungen. So stehen Olympia und Venus nicht nur für unterschiedliche Formen der Darstellung weiblicher Körper, sondern darüber hinaus auch durch ihre Körper und ihr Handeln für antagonistische Kunstauffassungen. Meurisses feministische kunsthistorische Perspektive rekurriert darin auf Ansätze des Feminismus der zweiten Welle ab den 1970er Jahren. In Moderne Olympia werden weniger genderspezifische Strukturen aufgedeckt. Stattdessen bewirkt der Fokus auf weibliche Körper und Erfahrungen einen Ausschluss männlicher Figuren und deren Perspektiven sowie eine stärkere Fokussierung auf das biologische Geschlecht im Gegensatz zu Geschlechtsidentität und Gender. Einzig Félicité bewegt sich aus diesem Rahmen heraus, indem ihre Figur spätere postkoloniale und intersektionale Ansätze aufgreift. Aus dem Rückgriff auf diese historischen Methoden des Feminismus wird deutlich, wieso Flinn anachronistisch versucht, Moderne Olympia in Anlehnung an die écriture féminine der 1970er Jahre als dessin au féminin zu deuten (cf. Flinn 2020, 508). 21 Meurisses kunsthistorische Analyse in Moderne Olympia sprengt diesen Rahmen jedoch hinsichtlich der Ausführungen zu Hegel und Lüthy und der Abwendung von T. J. Clark. Stattdessen werden tradierte kunsthistorische Deutungsmuster der drei Frauendarstellungen aufgegriffen, kommentiert und hinterfragt. Moderne Olympia wird somit zu einer graphischen Erzählung, die Kunstwerke bildimmanent und intradiegetisch analysiert und interpretiert, wie dies in Textform auch die Kunstgeschichte betreibt. 22 Feminismus und Kunstgeschichte sind zwei Leitthemen, die sich in vielen graphischen Werken Meurisses wiederfinden (cf. Flinn 2020). In Moderne Olympia werden diese kombiniert. Die überzeitlichen Systeme, in denen sich die Frauenfiguren bewegen, berühren ihr Schaffen soziokulturell und biographisch. Denn in der internationalen wie auch in der französischen „comics world“ (Beaty 2012: 37) sind Frauen weiterhin auffallend unterrepräsentiert (cf. Milquet/ Reyns-Chikuma 2016). Meurisse besitzt zwar als derzeit tonangebende bédéiste durch ihre Rolle als Überlebende des 64 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier Attentats auf die Redaktion von Charlie Hebdo 2015 und ihre Aufnahme in die Académie des Beaux Arts 2020 Aufmerksamkeit und Macht. 23 Nichtsdestotrotz ist sie die erste und bis dato einzige bédéiste, die in den prestigeträchtigen Comicreihen des Musée d’Orsay und des Louvre - die insgesamt über 30 Comics zählen - mit einer eigenständigen Monographie publiziert wurde. Schließlich skizziert Meurisse in Moderne Olympia auch die überzeitlichen sexistischen und rassistischen Strukturen von der Malerei und der Karikatur des 19. Jahrhunderts über den Film des 20. Jahrhunderts bis hin zur bande dessinée des 21. Jahrhunderts. Somit erscheint Moderne Olympia nicht nur als eine karikatureske Kunst-Geschichte. Durch ihr bildnarratives Arrangement präsentiert sich die graphische Erzählung vielmehr als komplexe feministische Kunstgeschichte in der Form einer bande dessinée. „Akt“, in: Wolfgang Pfeifer et al. (ed.), Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1993, v. Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im DWDS - Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, www.dwds.de/ wb/ etymwb/ Akt (letzter Aufruf am 14.02.2022). Beaty, Bart, Comics versus Art, Toronto et al., UP Toronto, 2012. Beckmann, Anna, „‚Glaub mir nicht, ich bin ein Comic‘. Selbstreflexivität im Comic als Markierung narrativer Unzuverlässigkeit“, in: Closure. Kieler e-Journal für Comicforschung, 4.5, www.closure.uni-kiel.de/ closure4.5/ beckmann (publiziert im Mai 2018, letzter Aufruf am 05.11.2021), 92-105. Blanc-Hoàng, Henri-Simon, „Antiquity and Bande Dessinée: Schizophrenic Nationalism between Atlanticism and Marxism“, in: Annessa Ann Babic (ed.), Comics as History, Comics as Literature. 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Perea 1997, https: / / glossar.neuemedienmacher.de/ glossar/ people-of-color-poc, letzter Aufruf am 13.11.2021). 3 Meurisse zeichnete für Panelkompositionen Standbilder aus den Tanzfilmen West Side Story und Singin’ in the Rain ab (cf. Déchamps 2020: 0: 15: 30, 00: 18: 19). In letzterem ist das Ende der Stummfilmära sogar Leitthema. Doch selbst wenn die dargestellten Filmproduktionen auf Stummfilme rekurrieren, sind sie in der graphischen Erzählung durch Sprechblasen als Tonfilme gekennzeichnet. 4 Margaret C. Flinn schreibt über die Referenzialität in Moderne Olympia: „Meurisse’s bande dessinée practice becomes a meta-formal reflection on the ways in which arts continually remediate visual and narrative structures and tropes“ (Flinn 2020: 507). 5 Lessings Paragone ist für die Comicwissenschaften das Theorem, an dem es sich abzuarbeiten gilt (cf. Hochreiter/ Klingenböck 2014). Im Wettstreit der Künste wertet er die Malerei ab, weil sie im Gegensatz zur Dichtung nur einen einzigen Augenblick darstellen könne, weshalb dieser ‚fruchtbare Augenblick‘ das zeitliche Vorher und Nachher integrieren müsse (cf. Lessing 2012: 26). Die drei narrativen Bildmedien Historienmalerei, Film und Comic werden in Moderne Olympia zueinander in Beziehung gesetzt. 6 Für Digitalisate der besprochenen Gemälde cf. www.musée-orsay.fr/ collections (letzter Aufruf am 13.11.2021). 7 K. Clark stellt der Nacktheit den künstlerischen Akt gegenüber (T. J. Clark 1985: 128sq.). Für eine feministische Lesart cf. Nead 1992: 12-33. 8 Zu Darstellungen narrativer Unzuverlässigkeit im Comic cf. Beckmann 2018. 9 Michael Lüthy bespricht die fehlende Darstellung der Vulva im Fall von Cabanels Vénus (cf. Lüthy 2003: 98). Zu dieser Leerstelle in der Kulturgeschichte cf. Lehmann 2001, Sanyal 2009. 10 Auf der Grundlage der Kunstkritik des 19. Jahrhunderts kulminiert die Erfolgsgeschichte der künstlerischen Moderne unter den Vorzeichen Innovation, Abstraktion und Selbstreflexion in den kunstkritischen Schriften Clement Greenbergs (cf. Greenberg 1993). 11 In Moderne Olympia werden vielfach transmediale Phänomene thematisiert, wie in der mehrstufigen Referenzierung von Shakespeares Romeo und Julia (1597) über filmische Schwarzweißadaptionen (z. B. Cukor 1936) und die Musicaladaption West Side Story bis hin zur vorliegenden bande dessinée. Cf. zu Transmedialität und Comics Packard 2014. 12 Zum Motiv der mise en abyme als reflexive Schachtelung in die Bildtiefe, besonders in Comics mit integrierten kunsthistorischen Zitaten, cf. Heyden 2013: 283. DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 67 Dossier 13 Während des Doubelns steht Olympias für Venus’ Körper ein. Dieses Motiv ist Singin’ in the Rain entnommen, dort wird jedoch die Stimme übernommen (cf. Donen/ Kelly 1952: 1: 35: 35-1: 36: 49). 14 Der Titel des fiktiven Films lautet „Boudin sauvé des eaux“ (MO: 33) - Blutwurst aus dem Wasser gerettet. Hier wird Bezug genommen auf Émile Zolas berühmte Kunstkritik zu Cabanels Vénus von 1867: „La déesse, noyée dans un fleuve de lait, a l’air d’une délicieuse lorette, non pas en chair et en os - cela serait indécent, - mais en une sorte de pâte d’amande blanche et rose“ (Zola 1991: 182). An die Stelle des Marzipans tritt Wurst. Während Blutwurst durch die Bestandteile Fleisch und Blut metonymisch für den organischen Körper steht, bleibt die Materialität weich und formbar. In beiden Fällen wird das Bild von Künstlerhänden aufgerufen, die den Frauenkörper nach ihren Vorstellungen formen, gleichsam weisen die Essenstropen auf die Konsumierbarkeit des weiblichen Körpers hin. 15 Kimberlée Crenshaw entwickelte ihren Begriff der Intersektionalität am Beispiel der Women of Color, die zum Weißen bürgerlichen Feminismus der zweiten Welle keinen Zugang fanden. Er bedeutet die Verschränkung marginalisierter sozialer Kategorien, sodass sich Diskriminierungserfahrungen nicht nur addieren, sondern neue Formen annehmen (cf. Crenshaw 1991: 1242sq., 1299). 16 In der deutschen Übersetzung wird der Rassismus aus dem Witz gestrichen, der Ableismus bleibt bestehen (Meurisse 2018: 7). Diese Änderung der Übersetzung verursacht eine inhaltliche Verschiebung: der Referenzrahmen des historischen Rassismus wird negiert, was besonders die Interpretation Félicités erschwert. 17 Réné Goscinnys und Albert Uderzos Baba basiert auf der gleichnamigen Figur aus Jean- Michel Charliers und Victor Hubinons Barbe-Rouge (ab 1959). Baba zeichnet sich in beiden Erzählungen durch eine große physische Stärke, aber wenig Intellekt aus und bildet einen Gegensatz zur Weißen Figur Triple-Pattes. Letzterer tritt in Barbe-Rouge als Lehrmeister auf und rezitiert in Astérix regelmäßig auf Lateinisch, ist jedoch durch sein Holzbein und hohes Alter physisch eingeschränkt (Charlier/ Hubinon 2017: 37, Goscinny/ Uderzo 1965: 10). 18 Zwar wurde die Sklaverei in Frankreich schon 1848 abgeschafft, doch legt Grigsby dar, dass Olympia an Darstellungen Weißer Kolonialherrinnen und Schwarzer Dienerinnen - ehemaligen Sklavinnen - im karibischen Kontext anschließt (cf. Grigsby 2015: 435). 19 Cf. die Abbildung von Bertalls Manette, ou la femme de l’ébéniste, par Manet aus dem Journal Amusant vom 27. Mai 1865 (Grigsby 2015: 438). 20 Die sexuelle Ausbeutung des weiblichen Aktmodells des 19. Jahrhunderts wird hier Jahre vor #metoo prophetisch mit der von Schauspielerinnen in der Filmbranche des 20. Jahrhunderts verglichen. Letzteres merkt schon Miller an (cf. Miller 2020: 69sq.). 21 Die écriture féminine ist eine feministische Literaturpraktik der 1970er Jahre und versucht, eine weibliche Sprache zu finden (cf. Paul 2008: 308). Dieses Vorhaben wird in der feministischen Forschung unter dem Begriff des Essenzialismus problematisiert: Zum einen verfolgt sie eine „Intensivierung des Geschlechterantagonismus“ (ibid.). Zum anderen stellt sich die Frage, was eine weibliche Sprache oder ein weiblicher Stil wäre. Die Existenz einer weiblichen Form setzt eine weibliche Essenz im Sinne einer biologistischen Determiniertheit voraus, gegen welche sich die Genderforschung ausspricht (Butler 1991, Nochlin 1971). Flinn, Milquet und Reyns-Chikuma wie auch das vorliegende Dossier versuchen, dem Vorwurf anhand einer Verräumlichung zu entgehen: Form, Stil oder Erfahrung werden ins Weibliche gesetzt - au féminin. Dass diese Versuche nicht zwingend aufgehen, zeigt 68 DOI 10.24053/ ldm-2022-0006 Dossier die genaue Lektüre: Milquet und Reyns-Chikuma benötigen den Begriff der „création féminine“ (2), die englische Übersetzung ihres Bandes bleibt Female Comics; Flinn wiederum beschreibt Meurisses Stil anhand stereotyper Attribute wie „uncertainty“ und ruft mit Wörtern wie „fluidity“ und „wobbliness“ (508) weibliche Wassermetaphorik auf (cf. Lüthy 2003: 101). Trotz des bewussten Umgangs kann Sprache ungenau bleiben und esseztialistische Reflexe treten nach wie vor an die Oberfläche. Ein reflektierter Umgang mit Essenzialismus bleibt also weiterhin geboten. 22 Die vollständige Neuinterpretation eines Kunstwerks durch ein anderes, wie dies hier geschieht, erinnert an Ansätze der kunsthistorischen Forschung zur Salonkarikatur (cf. Langbein 2014). Der Möglichkeit, Kunstgeschichte innerhalb der Kunst selbst zu produzieren, geht Léa Kuhn nach (Kuhn 2020). 23 Cf. Meurisses Porträt auf der Homepage der Académie des Beaux-Arts: www.academiedes beauxarts.fr/ catherine-meurisse (letzter Aufruf am 11.11.2021).
