eJournals Internationales Verkehrswesen 71/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.26128/2019.2
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2019
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Der Forschungskompass

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2019
Matthias Fuchs
Stefan Wolff
Die Analyse der Forschungslandschaft, etwa um interessante Kontakte für Forschungskooperationen zu finden oder neue Forschungsschwerpunkte zu identifizieren, ist ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit. Gerade in den interdisziplinären Bereichen der Mobilitäts- und Verkehrsforschung sind damit jedoch zahlreiche Herausforderungen verbunden. Mit dem neuen Forschungskompass wird ein Werkzeug entwickelt, um einen schnellen und passgenauen Einblick in diese vielfältige Forschungslandschaft zu erhalten.
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Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 54 MOBILITÄT Forschungsprojekte Der Forschungskompass Ein neues Werkzeug zur Unterstützung der Mobilitätsund-Verkehrsforschung Netzwerk, Verkehrsforschung, Mobilitätsforschung, Interdisziplinarität, Recherche, VIVO Die Analyse der Forschungslandschaft, etwa um interessante Kontakte für Forschungskooperationen zu finden oder neue Forschungsschwerpunkte zu identifizieren, ist ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit. Gerade in den interdisziplinären Bereichen der Mobilitäts- und Verkehrsforschung sind damit jedoch zahlreiche Herausforderungen verbunden. Mit dem neuen Forschungskompass wird ein Werkzeug entwickelt, um einen schnellen und passgenauen Einblick in diese vielfältige Forschungslandschaft zu erhalten. Matthias Fuchs, Stefan Wolff D ie Entwicklung zukunftsfähiger, gesellschaftlich akzeptierbarer Lösungen durch die verkehrswissenschaftliche Forschung bedarf eines ganzheitlichen Blicks auf die Rahmenbedingungen und Zusammenhänge im Verkehrswesen. Eine Aufgabe, die allein nur schwer zu bewältigen ist. So fordern auch Förderprogramme auf nationaler wie internationaler Ebene zunehmend die Zusammenarbeit in interdisziplinären Netzwerken und Forschungsverbünden (z. B. [1, 2]). Bereits in der Initialisierungs- und Antragsphase eines Forschungsprojektes werden durch die Auswahl geeigneter Partner die Weichen für dessen Erfolg gestellt. Um dies optimal leisten zu können, bedarf es der Kenntnis über bestehende Forschungsschwerpunkte relevanter Personen und den Strukturen, in die die Forschenden eingebunden sind. Eine solche Transparenz der Forschungslandschaft ist darüber hinaus nicht nur im Kontext konkreter Projekte entscheidend, sondern dient auch als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der eigenen wissenschaftlichen Arbeit, z. B. dem Ausbau des eigenen Netzwerkes oder der Identifizierung neuer Einsatzfelder der eigenen Forschung. Wer sich einen Überblick über die Vernetzung in der Mobilitäts- und Verkehrsforschung verschaffen will, der stößt vor allem bei der Suche außerhalb des eigenen Forschungsumfeldes auf verschiedene Herausforderungen. Hierzu gehört zum einen, dass potenziell interessante Personen und Netzwerke über viele unterschiedliche Plattformen verstreut sind. Zum anderen sind bestehende Netzwerkstrukturen, z. B. in Bezug auf die Zusammenarbeit, zum Teil gar nicht auffindbar. Diesen Herausforderungen stellt die Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ein Werkzeug entgegen, welches seit kurzem als Beta-Version verfügbar ist: www.forschungskompass.de. Für mehr Transparenz in der Forschungslandschaft Der Forschungskompass wird im Rahmen des DFG-geförderten Fachinformationsdienstes Mobilitäts- und Verkehrsforschung (FID move) entwickelt. Im FID move arbeitet die SLUB gemeinsam mit der Technischen Informationsbibliothek Hannover an forschungsunterstützenden Services und Werkzeugen für die Wissenschaftsdomänen Mobilität und Verkehr. Das Ziel des Forschungskompasses in diesem Zusammenhang ist es, fachspezifische Netzwerke sichtbar zu machen und den Forschenden einen übergreifenden Einblick in die personellen, thematischen und geografischen Vernetzungen des Forschungsgebietes zu ermöglichen. Dadurch erhalten die Forschenden neue Zugangsmöglichkeiten zu fachlich relevanten Akteuren in der universitären und außeruniversitären wissenschaftlichen Community. Der Forschungskompass erleichtert somit die sonst sehr zeitaufwendigen Recherche- und Netzwerktätigkeiten wesentlich und erlaubt darüber hinaus neue Betrachtungsperspektiven auf die Struktur der Forschungslandschaft. Bild 1: Design und Funktionen des Forschungskompasses Internationales Verkehrswesen (71) 3 | 2019 55 Forschungsprojekte MOBILITÄT Technische Grundlage dafür ist die Open Source-Software VIVO, in die kuratierte Datenbestände aus verschiedenen öffentlichen Informations- und Rechercheplattformen zu den Forschenden und deren Forschungsoutput (z. B. Artikel, Berichte, Konferenzbeiträge) eingebunden werden. Im Rahmen der Aggregation der Daten aus unterschiedlichen Quellen werden die gewonnenen Informationen im Forschungskompass untereinander in Beziehung gesetzt. Dies schafft die notwendige Basis, um mit innovativen Recherche- und Analysewerkzeugen die Transparenz in der Forschung zu verbessern (Bild 1). Zielführende Sucheinstiege und Mehrwert für die Forschung Der Forschungskompass bietet in der aktuellen Version drei spezifische Sucheinstiege, die nachstehend kurz erläutert werden: Themen Grundlage dieses Sucheinstieges sind die mit Personen und dem Forschungsoutput verknüpften Themen, z. B. Verkehrsmittelwahl, Parksuchverkehr. Durch die Auswahl von Themen werden die Personen, die sich mit den entsprechenden Forschungsschwerpunkten befasst haben, gruppiert zu diesen Themen dargestellt. So entsteht ein visueller Einblick in die Struktur des gewählten Fachausschnittes. Der Sucheinstieg ermöglicht ein exploratives Erschließen verknüpfter Forschungsthemen, ohne abschließende Kenntnisse über die thematische Systematik des Forschungsfeldes zu erfordern. Die Recherche nach Themen bietet sich zum Beispiel an, um an ein bestimmtes Forschungsfeld angrenzende Felder zu erkunden und zugehörige Akteure zu identifizieren. Konferenzen Konferenzen sind zentrale Orte des intra- und interdisziplinären Austausches sowohl auf akademischer Ebene als auch zwischen Wissenschaft und Praxis. Dieser Sucheinstieg ermöglicht daher anhand verschiedener Konferenzen und zugehöriger Themen eine veranstaltungsorientierte Auseinandersetzung mit einem gewählten Forschungsfeld. Neben den Titeln der Konferenz kann die Suche auch über die im ersten Sucheinstieg herausgestellten Themen erfolgen. Als Ergebnis präsentiert der Forschungskompass die entsprechenden Konferenzbeiträge und die zugehörigen Personen. Standorte Neben der fachlichen Suche bietet der Forschungskompass eine standortbasierte Recherche an. Diese ermöglicht das Auffinden von Forschenden auf Basis ihrer Lokalisation. Darüber hinaus gibt er einen Einblick in die geografische Verteilung gewählter Forschungsthemen. Um einen schnellen Einstieg in die Recherche zu unterstützen, befindet sich auf der Seite „Über den Forschungskompass“ ein Video, in dem diese Suchmöglichkeiten noch eingehender erklärt werden. [3] Die Entwicklung läuft Die aktuelle Beta-Version des Forschungskompasses verdeutlicht bereits die Möglichkeiten und Potentiale des Werkzeuges. Sie ist aber nur ein erster Schritt. Unter Berücksichtigung des Nutzerfeedbacks werden in der weiteren Entwicklung u.a. zusätzliche Datenmengen einbezogen. Darüber hinaus wird an einer noch stärkeren Berücksichtigung der zunehmenden Internationalität der Forschungsgebiete gearbeitet. Aufgrund des großen Grades der Interdisziplinarität dieser Forschungsbereiche und der Heterogenität der Netzwerkplattformen müssen bei der Weiterentwicklung des Werkzeuges einige Herausforderungen überwunden werden. So beschränken gerade privatwirtschaftliche Dateneigner, wie z. B. Research Gate, die Nachnutzung der von den Forschenden freiwillig und kostenfrei eingegebenen Daten. Sie beanspruchen damit das Recht zur Verwendung dieser Daten für sich allein, um alle Potentiale für das eigene Unternehmen zu reservieren. Frei verfügbare Daten sind zum Teil weniger umfangreich erfasst und ungenauer verschlagwortet. In Verbindung mit dem Problem der disziplinübergreifenden Suchwörter, wie z. B. „Verkehr“, erschwert dies die zielgenaue Einbindung relevanter Datenbestände. Darüber hinaus stellen die Quellsysteme ihre Daten in unterschiedlicher Qualität bereit, z. B. in Bezug auf Namen und Affiliierung von Autoren. Um diesen Problemen zu begegnen, wird durch den Einsatz mehrstufiger Prozesse zur Filterung, Anreicherung und Aufbereitung der Daten sowie durch die Entwicklung zuverlässiger Verfahren zur Deduplizierung, die Qualität und Quantität des Datenbestandes im Forschungskompass sukzessive verbessert. Der Forschungskompass verbindet Wissen Ob bei der Anbahnung interdisziplinär ausgerichteter Forschungsprojekte oder der Bearbeitung anspruchsvoller Fragestellungen in der Mobilitäts- und Verkehrsforschung: Die richtigen Partnerschaften sind ein kritischer Erfolgsfaktor bei der Entwicklung zukunftsfähiger Lösungen im Verkehrswesen. Zur Verbesserung der Transparenz in diesem dynamischen Forschungsumfeld steht mit dem Forschungskompass ein neues, kostenfrei nutzbares Werkzeug bereit (Bild 2). Aufbauend auf vernetzten Daten aus Wissenschaft und Praxis erleichtert der Forschungskompass die Suche nach Personen mit der benötigten Expertise. Darüber hinaus ermöglicht das Werkzeug, bestehende Wissensnetzwerke anhand von Forschungsthemen oder Wirkungsorten der Forschenden explorativ zu erkunden. Der Forschungskompass hilft somit, Wissen zu verbinden - zum Nutzen aller. ■ LITERATUR [1] Horizon 2020 Work Programme 2018 - 2020 11. Smart, green and integrated transport http: / / ec.europa.eu/ research/ participants/ data/ ref/ h2020/ wp/ 2018-2020/ main/ h2020-wp1820-transport_ en.pdf [2] BMBF Ausschreibung / MobilitätsZukunftsLabor 2050 / https: / / www. bmbf.de/ foerderungen/ bekanntmachung-2292.html [3] https: / / www.forschungskompass.de/ about Matthias Fuchs Projektleiter FID move, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden matthias.fuchs@slub-dresden.de Stefan Wolff Entwicklung Forschungskompass, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden stefan.wolff@slub-dresden.de Bild 2: Mit dem Forschungskompass Wissensnetzwerke erweitern