Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.30419/TuS-2019-0015
61
2019
663
JungkGraphenbasierte Schmierung von Wälzlagern
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2019
Florian Papehttps://orcid.org/https://orcid.org/0000-0002-2834-1929
Gerhard Poll
Graphen bietet vorteilhafte Eigenschaften wie hohe Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit. Als Verschleißschutz kann es als Trockenschmierstoff in Wälzkontakten sowie als Zusatz in Öl oder Fett zur Verbesserung der jeweiligen Eigenschaften unter bestimmten tribologischen Bedingungen eingesetzt werden. Für diese Untersuchungen wurden GraphenPlatelets auf den Laufbahnen von Schrägkugellagern als Trockenschmierstoff funktionalisiert, der einen dünnen Film bildet. Darüber hinaus wurden die Lager mit graphenhaltigem Fett geschmiert. In diesem Fall wurde eine geringe Menge von Graphen mit Fett vermischt. Die experimentellen Studien wurden unter oszillierenden Bewegungen durchgeführt. Die jeweilige Belastung im tribologischen Kontakt betrug 1,5GPa, die Prüffrequenz 5 Hz, der Schwenkwinkel 48°. Es konnte gezeigt werden, dass Graphen als Trockenschmierstoff oder als Fettzusatz unter den gegebenen Prüfbedingungen vorteilhafte Eigenschaften aufweist.
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Der Ansatz dieser Arbeit besteht darin, dünne Graphenplättchen als Trockenschmierstoff und als Zusatzstoff in Fetten für Wälzkontakte zu verwenden. Aufgrund ihrer 2D-Struktur weisen Graphene günstige Gleitflächen auf. Insbesondere für Gleitkontakte wurde der tribologische Nutzen von Graphen in früheren Studien untersucht [3]. Typischerweise wurden die Eigenschaften von Graphen zur Reduzierung von Reibung und Verschleiß auf der Nano- und Mikroskala mittels Rasterkraftmikroskopie (AFM) untersucht [4, 5]. FRANK und TANENBAUM untersuchten die mechanischen Eigenschaften von Graphenplättchen mit dem AFM und berechneten die Federkonstante und einen E-Modul von 0,5 TPa [6]. Durch den Einsatz eines Kugel-auf Fläche-Tribometers zeigten MARCHETTO et al. die hervorragenden Schmiereigenschaften von graphenisierten Oberflächen [7]. KIM et al. untersuchten die Reibungseigenschaften von Graphen als Trockenschmierstoff mit einem Mikrotribometer [8]. BERMANN et al. untersuchten die Reibungseigenschaften von Graphen in Gleitkontakten und zeigten, Aus Wissenschaft und Forschung 26 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0015 1 Einleitung Graphen als Allotrop von Kohlenstoff ist eine zweidimensionale (2D) Schicht, die aus kovalent gebundenen Kohlenstoffatomen besteht. Wie Graphit bietet es hervorragende Gleiteigenschaften. Eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit ist wichtig für die Übertragung der bei tribologischen Kontakten entstehenden Wärme. Diese Eigenschaft bietet Graphen [1]. Darüber hinaus hat Graphen eine hohe elektrische Leitfähigkeit [2]. Graphen kann als Zusatz in Öl oder Fett oder als Trockenschmierstoff verwendet werden. Graphenbasierte Schmierung von Wälzlagern Florian Pape, Gerhard Poll* Graphen bietet vorteilhafte Eigenschaften wie hohe Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit. Als Verschleißschutz kann es als Trockenschmierstoff in Wälzkontakten sowie als Zusatz in Öl oder Fett zur Verbesserung der jeweiligen Eigenschaften unter bestimmten tribologischen Bedingungen eingesetzt werden. Für diese Untersuchungen wurden Graphen- Platelets auf den Laufbahnen von Schrägkugellagern als Trockenschmierstoff funktionalisiert, der einen dünnen Film bildet. Darüber hinaus wurden die Lager mit graphenhaltigem Fett geschmiert. In diesem Fall wurde eine geringe Menge von Graphen mit Fett vermischt. Die experimentellen Studien wurden unter oszillierenden Bewegungen durchgeführt. Die jeweilige Belastung im tribologischen Kontakt betrug 1,5 GPa, die Prüffrequenz 5 Hz, der Schwenkwinkel 48°. Es konnte gezeigt werden, dass Graphen als Trockenschmierstoff oder als Fettzusatz unter den gegebenen Prüfbedingungen vorteilhafte Eigenschaften aufweist. Schlüsselwörter Graphene, Trockenschmierstoff, Schrägkugellager, Wälzlager, graphenhaltiges Fett, Reibreduktion Graphene offers advantageous properties like a high strength and electric conductivity. For wear protection, it can be used as dry lubricant in rolling bearing contacts, as well as an additive dispersed in oil or grease to improve the respective characteristics under certain tribological conditions. For this investigations, graphene platelets were functionalized on the raceways of angular contact ball bearings as dry lubricant, which forms a thin film. In addition, bearings were lubricated with grease containing graphene platelets. In this case, a small ratio of graphene was dispersed with grease. The experimental studies were carried out under oscillating movements. The respective load in the tribological contact was 1.5 GPa, the test frequency 5 Hz, the pivoting angle 48°. It could be shown that graphene as dry lubricant or as grease additive features beneficial properties under the given test conditions. Keywords Graphene, dry lubrication, angular contact ball bearing, rolling bearings, graphene containing grease, friction reduction Kurzfassung Abstract * Dr.-Ing. Florian Pape, Orcid-ID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-2834-1929 Prof. Dr-Ing. Gerhard Poll Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie (IMKT), Leibniz Universität Hannover T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 26 dass Graphen in Ethanollösung die Reibung effektiv reduzieren kann [9]. RESTUCCIA zeigte, dass Graphen stark an Eisenoberflächen bindet und die Oberflächenenergie reduziert. Simulationen haben gezeigt, dass die Metalloberflächen durch Passivierungseffekte nahezu inert sind und eine sehr geringe Haftung und Scherfestigkeit beim Fügen in einem Gleitkontakt aufweisen [10]. Die Haltbarkeit von Graphen im Trockengleitkontakt auf Cu-Substraten wurde von WON et al. unter Verwendung eines oszillierenden Tribotesters und einem Anpressdruck von ca. 220 MPa nachgewiesen. Graphenbeschichtungen mit Dicken von wenigen Schichten haben die Haltbarkeit des Cu-Substrats im Trockengleitkontakt effektiv erhöht [11]. Bei Wälzkontakten können die Grundlagen für die Funktionalisierung von Oberflächen mit einer schützenden Graphenbeschichtung übertragen werden. Erste Versuche bestätigten das Konzept, in diesem Fall führt der Rollkontakt zu einer Verdichtung des funktionalisierten Graphens und niedrigen Reibungskoeffizienten [12]. PAREDES et al. haben verschiedene Lösungsmittel untersucht, um Graphen zu dispergieren. Neben Ethylen und THF (Tetrahydrofuran) sind NMP (N-Methyl-2pyrrolidon) und DMF (N, N-Dimethylformamid) mögliche Lösungsmittel [13]. Das Graphen kann dann unter Wärmeeinwirkung auf Oberflächen funktionalisiert werden. 2 Versuche 2.1 Methodik Für die Untersuchungen wurden DMF-basierte Graphenplatelets als Beschichtung auf Innenringe von Schrägkugellagern aufgebracht, die in einem Wälzkontakt im oszillierenden Betrieb getestet wurden. Zwei Schrägkugellager wurden gleichzeitig auf einem Lagerprüfstand getestet. Während der Tests wird der Schwenkwinkel mit einem Drehgeber gemessen und das Reibmoment simultan aufgezeichnet. Da die Relativgeschwindigkeit der Wälzkörper am Umkehrpunkt Null ist, sind die Schmierbedingungen grundlegend, um Verschleiß zu vermeiden. Die Lager wurden mit fettgeschmierten Lagern verglichen. Um Graphene als Fettzusatz einzusetzen, können diese in einer definierten Menge in Fette eingerührt werden. In unserem Fall wurde eine definierte Graphenprobe mit einem Spachtel in Fett eingemischt, bevor diese Mischung auf die Prüfoberflächen aufgebracht wurde. 2.2 Testlager Für die Prüfungen wurden modifizierte Schrägkugellager vom Typ 7208 mit den Hauptabmessungen nach DIN 628-1 (Kontaktwinkel α = 40°) mit einer reduzierten Anzahl von Wälzkörpern verwendet (siehe Bild 1). Die Anzahl der Wälzkörper wurde von 14 auf 7 reduziert, um größere Schwenkwinkel ohne Überschneidung von benachbarten Kontaktellipsen zu ermöglichen. Die Wälzkörper rollen in einem Polyamidkäfig. Typischerweise werden die Lager für drehzahlgeregelte Anwendungen im rotierenden Betrieb verwendet, in unserem Fall wurden die Lager im oszillierenden Betrieb eingesetzt. Bei dieser Art von Lagern wird eine Wälzbewegung durch eine Bohrbewegung senkrecht zur Kontaktfläche überlagert. Auf der Kontaktfläche entsteht eine Gleitreibungskomponente. Für die Prüfungen wurde ein konstanter Schwenkwinkel von 48° (± 24°) verwendet. Die Lager wurden als Referenz mit 8 ml Bariumkomplexseife verdicktem synthetischem Fett sowie mit graphenadditiviertem Fett geschmiert und auch trockengeschmiert mit funktionalisierten Graphenplatelets als Beschichtung der Laufbahnen und Wälzkörper eingesetzt. Die Pressung der axial belasteten Lager zwischen dem Innenring und den Wälzkörpern betrug 1,5 GPa. 2.3 Prüfstände Die Lager wurden auf einem Zwei-Lager-Prüfstand untersucht. Der Prüfstand ermöglicht die gleichzeitige Untersuchung von zwei Schrägkugellagern, welche gegeneinander liegend in O-Anordnung montiert sind. Ein Servomotor wird verwendet, um eine oszillierende Bewegung auszuführen. Zwischen dem Servomotor und dem Prüfkopf mit den Lagern ist eine Drehmomentmesswelle mit der Getriebewelle gekoppelt. Bei Langzeittests wird anstelle der Drehmomentmesswelle eine normale Welle verwendet, um eine höhere Drehsteifigkeit zu erreichen. Ein Drehgeber ist mit der Hauptwelle der Lager verbunden, um den Schwenkwinkel der Lager zu messen. Die Temperaturen der Lager werden durch Temperatursensoren am Außenring der Lager gemessen. Die Lager werden über Tellerfedern axial belastet. Eine Übersicht über die Konstruktion ist in Bild 2 schematisch dargestellt. Für den Test selbst betrug die Prüffrequenz 5 Hz für mehr als 1 Million Zyklen; vor und nach den Tests wurde das Reibungsmoment unter einer Frequenz von 0,2 Hz [14] aufgezeichnet. Die Messung erfolgt bei niedrigerer Schwenkfrequenz. Aus Wissenschaft und Forschung 27 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0015 Bild 1: 7208 Schrägkugellager mit reduzierter Anzahl von Wälzkörpern T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 27 Gleitkontaktbedingungen realisiert. Die Kugel wurde mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1 m/ s gedreht und die Reibungskraft gemessen. 2.4 Lagervorbereitung Zur Funktionalisierung der Lager mit Graphen wurde DMF (N, N-Dimethylformamid) verwendet. In einem ersten Schritt wurde DMF in ein Becherglas gefüllt. Die Graphenplättchen wurden hinzugefügt, um eine Konzentration von 0,1 Gew.-% zu erreichen. Um Agglomerate zu vermeiden und eine gute Suspension zu erhalten, wurde das Gemisch zwei Stunden lang in einem Ultraschallbad behandelt. Für die Suspension von Nanopartikeln wurde in früheren Studien nachgewiesen, dass eine solche Dauer ausreicht, um einen guten Abbau der Nanopartikelagglomerate zu erreichen [15]. In einem nächsten Schritt wurde die Mischung als dünne Schicht auf die Laufbahnen und Wälzkörper der Lager aufgetragen. Die Lagerringe und Wälzkörper wurden in einem Ofen erhitzt. Bild 4 zeigt die Graphenplättchen auf der Lagerfläche. Anschließend wurden der Lagerkäfig, die Wälzkörper, der Innenring und der Außenring montiert und die Lager in den Prüfstand eingebaut. Nach dem Test wurden die Lager demontiert und mittels Laser-Scanning-Mikroskopie untersucht. Um Graphen als Fettzusatz aufzutragen, kann es in eine definierte Fettmenge eingerührt werden. In unserem Fall wurde eine definierte Graphenmenge mit einem Spatel in das Fett (synthetisches Kohlenwasserstofffett mit Bariumkomplex-Seife als Verdicker) gerührt. Der Rührvorgang war beendet, wenn das Fett gleichmäßig dunkel gefärbt war. Anschließend wurde es in eine Spritze gefüllt, um damit die Lageroberflächen zu fetten. 3 Ergebnisse 3.1 Mikroskopische Untersuchungen Paare von fettgeschmierten, Graphen trocken geschmierten und mittels Graphenfett geschmierten Schrägkugellagern wurden zum Vergleich auf Aus Wissenschaft und Forschung 28 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0015 Für Untersuchungen im Gleitkontakt wurde ein Anton- Paar-Tribometer (MCR302) mit einer Heiz-/ Kühlvorrichtung eingesetzt (Bild 3). Dieses erlaubt es, den Einfluss von Graphen als Zusatz zu Fett oder Trockenschmierstoff auf die Reibeigenschaften unter Gleitkontaktbedingungen zu erfassen. In dem Tribometer wird eine Kugel gegen drei kreisförmig angeordnete Planflächen unter einem definierten Anpressdruck (1 GPa) gedreht. Auf diese Weise werden drei Punktkontakte unter Drehwinkelgeber Kupplung Prüflager Drehmomentmesswelle Bild 2: Schema des Zwei Lager-Prüfstandes Bild 3: Anton Paar Tribometer mit BC12.7 Messwelle Bild 4: Lageroberfläche mit funktionalisierten Graphenplättchen nach der Wärmebehandlung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 28 dem schwenkenden Zwei-Lager-Prüfstand getestet. Der Schwenkwinkel betrug 48° und die Pressung 1,5 GPa, was einer Belastung nahe der Anwendung solcher Lager entspricht. Durch die Schwenkbewegung kann es insbesondere an den Umkehrpunkten zu Mischreibung kommen, die zu Verschleiß führen kann. Die Topologie der Laufbahnoberfläche nach der Prüfung wurde mittels Laserscanning-Mikroskopie untersucht. Zunächst wurde ein Test zur Untersuchung eines fettgeschmierten Lagerpaares durchgeführt. Nach mehr als einer Millionen Prüfzyklen sind an den Umkehrpunkten Korrosion und leichter Verschleiß erkennbar (Bild 5). An diesen Stellen ist die Relativbewegung der Wälzkörper Null und die Schmierfilmdicke am geringsten. In diesem Fall ist eine Schmierung unerlässlich, um Verschleiß zu vermeiden. Durch die Schmierbedingungen kann es zu Rauheitskontakten kommen, wodurch Verschleiß hervorgerufen wird. Die mit Graphen trocken geschmierten Lager wurden ebenfalls über mehr als 1 Million Testzyklen untersucht. Ein Umkehrpunkt ist in Bild 6 dargestellt. Einige Graphenagglomerate liegen an der Oberfläche, die Oberfläche selbst weist eine dunklere Farbe als die ursprüngliche Oberfläche auf. An dem Umkehrpunkt befindet sich ein dünner schwarzer Film basierend aus Graphenansammlungen. Neben der Laufbahn bildet Graphen eine Zone aus komprimierten Partikeln. Verschleiß ist an der ursprünglichen Lageroberfläche nicht erkennbar. Darüber hinaus wurden Lager mit graphenhaltiger Fettschmierung für mehr als 1 Million Prüfzyklen untersucht. Ein Umkehrpunkt an einem Lager ist in Bild 7 dargestellt. An dem Umkehrpunkt sind nur geringe Farbveränderungen an der Oberfläche durch die Graphene zu erkennen. Auf der Laufbahn selbst sind kleine dunkle Flecken sichtbar, trotz der Mischreibungsbedingungen liegt kein Verschleiß vor. In diesem Fall scheinen sich die Graphenplatelets positiv auf die Schmierbedingungen an den Umkehrpunkten auszuwirken. 3.2 Reibeigenschaften Um auf den Einfluss von Graphen auf die Reibungseigenschaften schließen zu können, wurde das Reibmoment für die Schwenkzyklen aufgezeichnet. Die Messung wurde direkt zu Beginn der Versuche und anschließend bei einer Prüffrequenz von 0,2 Hz durchgeführt. Bild 8 zeigt das Reibmoment über den Schwenkwinkel von ±24°. Während das Reibmoment für das fettgeschmierte Lager Mittelwerte von ±150 Nmm aufweist, konnte das Reibmoment für die Graphen trocken geschmierten Lager mit Aus Wissenschaft und Forschung 29 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0015 Bild 5: Umkehrpunkt auf der Oberfläche des Lagers, geprüft mit Fett als Schmiermittel Bild 6: Umkehrpunkt auf der Oberfläche des Graphentrocken geschmierten Lagers Bild 7: Umkehrpunkt auf der Oberfläche des graphenhaltigen fettgeschmierten Lagers Bild 8: Reibungsmoment über Drehwinkel für fettgeschmierte, Graphen trockengeschmierte und Graphen fettgeschmierte Lager T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 29 darauf geschlossen werden, dass die Graphenschicht auch für Lager ohne erhöhtes Lagerspiel verwendet werden kann, da eine sehr dünne Schicht für eine hohe Zahl an Schwenkzyklen schmierwirksam ist. Während der Testphase zeigten die Oberflächen keinen Verschleiß. Bei der Prüfung des Graphen haltigen Fettes unter oszillierender Belastung wurden ebenfalls Vorteile erzielt. Es zeigte sich, dass die Reibung an den Wendepunkten deutlich reduziert werden konnte. Im Vergleich zu Fett konnten an den Umkehrpunkten kein Verschleiß festgestellt werden. Die genaue Wirkung des Graphens muss in diesem Fall weiter untersucht werden. Um die stärkere Schwankung des Reibwertes im Schwenkversuch zu reduzieren, ist der Dispergier- und Einmischungsprozess für die Graphene in das Schmierfett zu verbessern. Denkbar ist hierbei, die Graphene erst mit dem Grundöl zu dispergieren und anschließend den Verdicker einzubringen. Bei Gleitanwendungen weist das Referenzfett die niedrigsten Reibwerte bei höheren Gleitgeschwindigkeiten auf. Für vergleichbare Anwendungen muss dieser Effekt weiter untersucht werden und erforscht werden, wie das Aus Wissenschaft und Forschung 30 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0015 einem Mittelwert von ±75 Nmm um die Hälfte reduziert werden. Die Lager mit graphenhaltigem Fett weisen ebenfalls ein geringes Reibungsmoment auf, welches mit der Graphentrockenschmierung vergleichbar ist. Allerdings fluktuieren die Werte stärker, was daran liegen kann, dass die Graphenplatelets noch nicht optimal dispergiert vorliegen. Um den Einfluss von Graphen in Fett genauer zu untersuchen, wurden Tests mit einem Anton-Paar-Tribometer durchgeführt. In diesem Fall ist ein Gleitkontakt mit einem Anpressdruck von 1 GPa gegeben. Die resultierenden Stribeck-Kurven für das Fett und das graphenhaltige Fett sind in Bild 9 dargestellt. In diesem Fall kann das Graphen die Reibung bei sehr niedrigen Drehzahlen reduzieren, während die Reibung bei höheren Gleitgeschwindigkeiten von bis zu 1 m/ s im Vergleich zur Referenzfett-Kurve erhöht ist. Im Falle der Trockenschmierung mit Graphen, welches auf der Kugel und den Gegenstücken funktionalisiert wurde, sind die Gleiteigenschaften bei niedrigeren und höheren Gleitgeschwindigkeiten schlechter (Bild 10). Nur zwischen einer Gleitgeschwindigkeit von 0,001 m/ s und 0,01 m/ s weist Graphen als Trockenschmierstoff Reibwerte auf, die mit denen von Fett vergleichbar sind. Unter diesen Versuchsbedingungen mit dem hohen Kontaktdruck wird das Graphen aus dem Kontakt entfernt, was zu einem höheren Reibungskoeffizienten führt. 4 Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen, dass Graphen-Platelets als Trockenschmierstoffe eine gute Verschleißfestigkeit im oszillierenden Wälzkontakt aufweisen. Im Vergleich zu einem fettgeschmierten Lager konnte das Reibungsmoment über den Schwenkwinkel halbiert werden. Die Graphenplatelets bieten günstige Gleitebenen und reduzieren Reibungsverluste in Festkörperkontakten. Typische Trockenschmierstoffe unterliegen einem höheren Verschleiß und dicken Transferschichten, was zu instabilen Betriebsbedingungen führt. Der Betrieb der Graphen trocken geschmierten Lagern führte zu einer Agglomeration von Festschmierstoffpartikeln. Mit Hilfe der Laserscanning-Mikroskopie kann abgeschätzt werden, dass die Schichtdicke im Vergleich zu herkömmlichen Transferschichten deutlich geringer ist. Es kann Bild 9: Reibungskoeffizient über die Gleitgeschwindigkeit für Referenzfett und Graphenfett gemessen im Anton-Paar-Tribometer Bild 10: Reibungskoeffizient über die Gleitgeschwindigkeit für Referenzfett, Graphenfett und Graphentrockenschmierung gemessen im Anton- Paar-Tribometer T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 30 Verhalten verbessert werden kann. Bei niedrigeren Gleitgeschwindigkeiten kann eine geringere Reibung durch Zugabe von Graphen zu Fett erreicht werden. Graphen- Trockenschmierung unter Gleitkontaktbedingungen und hohem Anpressdruck weist schlechtere Eigenschaften als die Fettschmierung auf. In diesem Fall muss die Verbindung zwischen Graphen und den Oberflächen verbessert werden. Im Falle des Wälzkontakts scheint der Wälzvorgang zu einer besseren Anbindung der Graphene an die Lageroberfläche zu führen. Weiterhin werden die Graphene kompaktiert und nicht aus dem Kontakt herausgefördert. Eine vorteilhafte Anwendung der Graphentrockenschmierung für Lager wäre in der Luft- und Raumfahrtindustrie, unter Vakuum, bei hohen und extrem niedrigen Temperaturen zu finden. Diese Arbeit zeigt auf, dass Graphene für den Einsatz in Wälzlagern geeignet sind, welche unter Schwenkbewegung und in Gelenken betrieben werden. Die günstigen Gleiteigenschaften, die bisher in Nano- und Mikroprüfständen betrachtet wurden, wurden auf makroskopische Anwendungen, wie sie in verschiedenen Maschinenelementen vorkommen, übertragen. Literatur [1] Ghosh, S., Calizo, I., Teweldebrhan, D., Pokatilov, E. P., Nika, D. L., Balandin, A. A., Bao, W., Miao, F., Lau C. N., 2008, Extremely high thermal conductivity of graphene: Prospects for thermal management applications in nanoelectronic circuits, Appl. Phys. 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