Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.30419/TuS-2019-0017
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JungkDie passende Oberflächenmodifikation für jeden Einsatzfall
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Berend Denkena
Gerhard Flores
Astrid Gies
Thilo Grove
Oliver Hildebrandt
Christopher Schmidt
In der Auslegung von Werkstücken werden Funktionsflächen für Reibkontakte oftmals mit möglichst geringer Rauheit bemaßt, um eine geringe Reibung zu erzeugen. Diese Funktionsflächen werden meist durch spanende Verfahren, beispielsweise Schleifen oder Honen endbearbeitet. Im Detail ist aber die Wechselwirkung verschiedener Endbearbeitungsverfahren auf das tribologische Einsatzverhalten der Oberfläche nicht bekannt. Daher werden hier im Folgenden die Ergebnisse von Untersuchungen dargestellt, bei denen verschiedene Fertigungsverfahren anhand des Reibungsverhaltens der erzeugten Oberfläche verglichen werden.
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Einleitung/ Motivation Die Effizienz von Maschinen und Komponenten spielt in Zeiten steigender Energiekosten eine wichtige Rolle. Die Erzeugung reibungsminimierter Funktionsflächen bietet dafür einen vielversprechenden Ansatz. Die Reibungsminderung ist insbesondere bei relativ zueinander bewegten Maschinenkomponenten, beispielsweise in der Antriebstechnik ein wichtiger Ansatz zur Reduzierung von Verschleiß, Energieverbrauch und letztlich von CO 2 -Emissionen. Fertigungszeichnungen weisen für Funktionsflächen oftmals lediglich Anforderungen an maximal zulässige Oberflächenrauheitswerte aus. Beispielsweise werden Oberflächen, die für einen Reibkontakt vorgesehen sind, oftmals spanend durch Schleifen und anschließendes Honen oder Läppen endbearbeitet und auf eine möglichst geringe Rauheit gebracht. Hier findet sich jedoch selten eine Berücksichtigung des Reibungsverhaltens wieder, weil der Zusammenhang der spanenden Endbearbeitung mit dem späteren tribologischen Verhalten nicht im Detail bekannt ist. Im Industrieforum Smart Surfaces, einem Teil des Production Innovations Networks PIN, das am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover 2014 gegründet wurde, werden Prozessketten zur Funktionalisierung von Werkstückoberflächen untersucht. Ein Schwerpunkt dabei ist die Untersuchung tribologischer Eigenschaften und deren Beeinflussung durch die spanende Endbearbeitung. Dabei werden Probenkörper mit unterschiedlichen Fertigungsverfahren mit definierten Topographien ausgestattet und die Reibeigenschaften im geschmierten Kontakt untersucht. Die Bestimmung von Reibung und Ver- Aus der Praxis für die Praxis 37 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Die passende Oberflächenmodifikation für jeden Einsatzfall Berend Denkena, Gerhard Flores, Astrid Gies, Thilo Grove, Oliver Hildebrandt, Christopher Schmidt* In der Auslegung von Werkstücken werden Funktionsflächen für Reibkontakte oftmals mit möglichst geringer Rauheit bemaßt, um eine geringe Reibung zu erzeugen. Diese Funktionsflächen werden meist durch spanende Verfahren, beispielsweise Schleifen oder Honen endbearbeitet. Im Detail ist aber die Wechselwirkung verschiedener Endbearbeitungsverfahren auf das tribologische Einsatzverhalten der Oberfläche nicht bekannt. Daher werden hier im Folgenden die Ergebnisse von Untersuchungen dargestellt, bei denen verschiedene Fertigungsverfahren anhand des Reibungsverhaltens der erzeugten Oberfläche verglichen werden. Schlüsselwörter Topographieanpassung, Mikroschmiertaschen, Ring- Scheibe Tribometer, Reibungsminderung, Fertigungstechnik In the design process of workpieces, functional surfaces for friction contacts are often specified with as little roughness as possible in order to generate a little amount of friction. These functional surfaces are usually finished by machining processes such as grinding or honing. However, the interaction of different finishing processes on the tribological performance of the surface is not known in detail. Therefore, the presented investigations compare different manufacturing processes concerning the resulting friction behaviour of the generated surface. Keywords Topography adjustment, micro dimples, ring-disc Tribometer, friction reduction, manufacturing engineering Kurzfassung Abstract * Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover, 30823 Garbsen Gerhard Flores Gehring Technologies GmbH, 73760 Ostfildern Dr. Astrid Gies Oerlikon Surface Solutions AG, 9496 Balzers, Lichtenstein Dr.-Ing. Thilo Grove Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover, 30823 Garbsen Oliver Hildebrandt Supfina Grieshaber GmbH & Co. KG, 77709 Wolfach Christopher Schmidt Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover, 30823 Garbsen T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 37 keitsbzw. Hydrodynamikreibung liegt vor [CZI10; POP15]. In diesem Bereich sind Viskosität und Schmierfilmdicke entscheidend für den Reibkoeffizienten. In tribologischen Systemen besitzen viele Parameter einen Einfluss auf das Verhalten. Beispiele sind die Relativgeschwindigkeit, das Schmiermedium oder die Normalkraft. Diese bewirken unterschiedliche Verluste und auch unterschiedliche Schmierfilmdicken. Eine weitere wichtige Eigenschaft eines tribologischen Systems ist die Oberflächenbeschaffenheit der Reibpartner, die ebenfalls einen Einfluss auf deren Reibverhalten besitzt. Die Rauheit beeinflusst die Anzahl der Körperkontakte durch Rauheitsspitzen im Profil. In Kombination mit der Textur der Oberfläche wird die Schmierfilmströmung begünstigt oder verhindert. Plateauartige mit Riefen durchzogene Oberflächenprofile (s. Bild 2a unten) besitzen im geschmierten Reibkontakt oftmals eine geringe Reibung, da der eingeschlossene Schmierstoff in den Vertiefungen der Oberfläche zurückgehalten wird und nicht verdrängt werden kann. Dies erhöht durch ein gesteigertes Schmierfilmangebot die Tragfähigkeit der Oberfläche. Die plateauartige Oberfläche minimiert das Risiko von überhöhten Flächenpressungen an Rauheitsspitzen, wie sie beispielsweise bei sehr rauen Oberflächen vorkommen (s. Bild 2a oben) [POP15]. Aufgrund dieser Eigenschaften sind ein niedriger Spitzenanteil so- Aus der Praxis für die Praxis 38 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 schleiß wird im Labormaßstab mit geometrisch einfachen Tribosystemen im Scheibe-Scheibe-Tribometer realisiert. Neben der Oberflächenrauheit werden die Topographieausrichtung, das Einbringen von Mikroschmiertaschen sowie die Beschichtungen der Prüfkörper variiert. Mit Hilfe der Stribeckkurve, die in Bild 1 skizziert ist und für geschmierte Kontakte den Verlauf des Reibkoeffizienten in Abhängigkeit von der Relativgeschwindigkeit der untersuchten Paarung darstellt, wird der Verlauf der Reibkraft bestimmt und bewertet. Bild 1 zeigt anhand des Reibungskoeffizienten µ den typischen Reibungsverlauf bei Reibkontakten in Abhängigkeit der Relativgeschwindigkeit. Im Bereich des Stillstands stehen die Reibpartner in direktem Kontakt und Festkörperreibung liegt vor. Wie in Bild 1 zu erkennen ist, führen die Rauheitsspitzen zweier aufeinander reibender Oberflächen nicht nur bei reiner Festkörperreibung, sondern auch beim Übergang zur Mischreibung zu erhöhten Reibkoeffizienten [POP15]. Bei sehr dünnen Schmierfilmdicken führt dies durch hohe Flächenpressung zu stark erhöhten Kräften und Verschleißraten. Diese Kräfte nehmen mit steigender Schmierfilmdicke und höheren Relativgeschwindigkeiten in der Mischreibung ab, weil hier die Kontakte der Rauheitsspitzen deutlich seltener auftreten. Mit zunehmenden Relativgeschwindigkeiten und Schmierfilmdicken trennt der Schmierfilm die Reibpartner komplett und die Flüssig- DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 1: Reibkraft und Schmierfilmdicke in Abhängigkeit der Relativgeschwindigkeit T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 38 wie das Vorhandensein von Riefen vorteilhaft, in denen sich Schmierstoff sammeln kann [POP15; DET18, KAE13]. Die Oberflächentopographie wird nicht nur durch die Rauheit, sondern ebenfalls durch die Orientierung der Topographietextur bestimmt. Die Beeinflussung des Schmierstoff-Strömungswiderstands durch eine orientierte Topographie wirkt sich auf die Bildung des Schmierfilms aus. Zwei Beispiele dazu sind in Bild 2b skizziert. Longitudinale, in Bewegungsrichtung ausgerichtete Strukturen haben eine Minderung der Schmierfilmhöhe zur Folge, weil sie den Schmierstofffluss in Bewegungsrichtung begünstigen (s. Bild 2b oben). Demgegenüber fördern quer zur Bewegungsrichtung gerichtete Strukturen den Aufbau eines Schmierfilms aufgrund eines höheren Strömungswiderstands (s. Bild 2b unten) [PAT78]. In Konsequenz kann das tribologische Verhalten durch gezielte Einstellung der Oberflächenrauheit sowie der Ausrichtung der Topographie bezüglich bestimmter Einsatzbedingungen beeinflusst werden [POP15]. Zusätzlich zur Rauheit und Topographieausrichtung können gezielt eingebrachte Vertiefungen in Form von Mikroschmiertaschen den Reibkoeffizienten bei geringen Relativgeschwindigkeiten senken [DUN15, KAE13]. Diese Vertiefungen können gezielt eingebracht werden, um den Schmierstoff nicht nur zurückzuhalten, sondern einen hydrodynamischen Druck aufzubauen, der das Trennen der Reibpartner unterstützt. Wie in Bild 2c dargestellt, kann beispielsweise durch eine keilförmige Schmiertaschengeometrie innerhalb der Schmiertaschen ein konvergenter Schmierfilmspalt eingestellt werden. Dieser führt dazu, dass im Schmierfilm bei Relativbewegung ein Druck aufgebaut wird. Dieser führt zu einer Normalkraft senkrecht zur Kontaktfläche und erhöht dadurch den Schmierspalt und die Schmierfilmdicke. Eine Reibungsminderung ist abgesehen von der Relativgeschwindigkeit stark abhängig von der Schmiertaschentiefe im Verhältnis zur Schmierspaltdicke und dem Anteil der Schmiertaschen an der Oberfläche. Die Topographie hat einen deutlichen Einfluss auf das Reibungsverhalten von Oberflächen. Als weitere Oberflächeneigenschaften sind die Härte, Wärmeleitfähigkeit sowie die chemische Reaktivität von Bedeutung für das tribologische Verhalten. Zum Verschleißschutz und zur Reibungsminderung werden heute auf belastete Reibkontakte oftmals Schutzschichten appliziert [KEU12]. Ein Beispiel für weit verbreitete Beschichtungssysteme in tribologischen Kontakten sind amorphe Kohlenstoffschichten (DLC für Diamond Like Carbon), wobei diese hauptsächlich zur Verschleißreduktion bei trocken- oder Mischreibungszuständen eingesetzt werden. Aufgrund der relativ niedrigen Schichtdicken dieser Beschichtungen (typischerweise im Bereich 2 - 5 µm) wird die ursprüngliche Topographie des Werkstücks kaum verändert. Lediglich das Auftreten eventueller Wachstumsdefekte während des Beschichtungsprozesses kann einen Einfluss auf einzelne Rauheitskennwerte wie z.B. Rpk oder Rpkx haben. Daher werden in der Praxis beschichtete Werkstücke nachträglich mittels Bürst- oder Läppprozessen endbearbeitet, um die Solltopographie einzustellen. Vorgehensweise und Probenvorbereitung Die Kombination oder der Vergleich mehrerer Fertigungsverfahren in vergleichbaren Versuchsreihen ist bisher nicht detailliert umgesetzt worden. Daher ist das Ziel der vorliegenden Untersuchungen die Bewertung des Einflusses der Endbearbeitung von Reibflächen auf ihren Reibkoeffizienten bei variierender Relativgeschwindigkeit. Aus der Praxis für die Praxis 39 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 2: Beispiele von Oberflächenmodifikationen: a) Rauheit; b) Texturausrichtung [PAT78]; c) Mikroschmiertaschen T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 39 ger Grundkörper ist auf einer Kugel gelagert, um Lagefehler der Paarung ausgleichen zu können. Auf den Grundkörper wird achsparallel ein ringförmiger Probenkörper montiert, welcher in der Versuchsdurchführung rotierend angetrieben wird und währenddessen mit definierter Normalkraft F N auf den Grundkörper gedrückt wird. Der Ablauf des Versuchs ist in Bild 4 links dargestellt. Nachdem die maximale Relativgeschwindigkeit v relativ,max erreicht ist, wird die Normalkraft F n eingeleitet und die Probe wird von v relativ,max auf Stillstand verzögert und anschließend wieder auf v relativ,max beschleunigt. Dieses Vorgehen ermöglicht es, pro Versuchsdurchgang zwei Stribeckkurven aufzunehmen, von denen eine die Verzögerung auf Stillstand und eine die Beschleunigung aus dem Stillstand umfasst. Entsprechend beginnt bzw. endet der Versuch im Bereich der Hydrodynamikreibung und endet bzw. beginnt im Bereich der Festkörperreibung. Die Kurvenpunkte der Stribeckkurven, Aus der Praxis für die Praxis 40 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 Zur gezielten Einstellung der Probentopographie werden verschiedene Fertigungsverfahren eingesetzt. Eine Übersicht ist in Bild 3 dargestellt. Die Oberflächenrauheit wird mittels Kurzhubhonen eingestellt, Mikroschmiertaschen werden durch Fräsen und durch Lasermaterialabtrag hergestellt. Zudem wird die Topographieausrichtung der Oberfläche durch Stirn-Planschleifen variiert sowie verschiedene Beschichtungen aufgebracht. Die Versuche werden dabei auf einem Ring-Scheibe Tribometer unter Ölschmierung durchgeführt, wobei die Kontaktfläche horizontal liegt. Das Tribometer ermöglicht es, die Versuche bei Variation von Probenkörpergeometrie, Normalkraft, Relativgeschwindigkeit sowie der Öltemperatur durchzuführen. Der Aufbau des Versuchs ist in Bild 4 rechts schematisch dargestellt. Ein nicht rotierender scheibenförmi- DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 3: Übersicht der eingesetzten Fertigungsverfahren zur Probenbearbeitung Bild 4: Ablauf (links) und Versuchsaufbau (rechts) der Tribometeruntersuchung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 40 die im Folgenden diskutiert werden, sind zur Glättung jeweils über 10 Messwerte gemittelt. Pro Versuch werden drei Wiederholungsversuche durchgeführt und anschließend wird durch Mittelwertbildung eine Ergebniskurve erstellt. Die Herstellungsschritte des oben liegenden Probenkörpers sind in Bild 5 rechts skizziert. Der Probenkörper ist als Ring mit Außendurchmesser von d a = 100 mm und Innendurchmesser von d i = 85 mm ausgeführt. Als Werkstoff wird ein ungehärteter Wälzlagerstahl (100Cr6) gewählt. der Probenkörper wird in seiner Rauheit, Topographie und Beschichtung variiert und verbleibt im ungehärteten Zustand. Die Herstellung des unten liegenden Grundkörpers ist in Bild 5 links dargestellt. Der scheibenförmige Grundkörper besitzt einen Außendurchmesser von d a = 100 mm. Der Werkstoff ist ebenfalls 100Cr6, wobei der Grundkörper auf eine Härte von 61 HRC abschreckgehärtet ist. Anschließend wird er auf eine Rauheit von Rz = 0,5µm geschliffen und geläppt, wie in Bild 5 links dargestellt ist. Dieses Vorgehen wird gewählt, um den Einfluss von Einlaufeffekten während der Prüfung minimieren und zudem den Verschleiß auf den ungehärteten Probenkörper beschränken zu können. Darüber hinaus wird der Grundkörper in seiner Gestalt nicht verändert. Der Probenkörper wird aus nicht gehärtetem Wälzlagerstahl (100Cr6) hergestellt und mit Planetenkinematik planparallelgeschliffen, was zu einer ungerichteten und statistischen Textur führt. Dadurch wird eine Vorzugsrichtung in der Probenkörpertextur verhindert, wie sie beispielsweise beim konventionellen Planschleifen auftritt. Zur Entkopplung des Versuchs von ungewünschten Einflussgrößen werden vorab die Öltemperatur sowie die Anzahl der Schmiernuten auf dem Grundkörper untersucht. Dabei zeigt sich, dass die Öltemperatur oberhalb von 70 °C keinen signifikanten Einfluss hat, weswegen im Weiteren die Temperatur von 70 °C konstant gehalten wird. Zur Verbesserung des Schmierstoffangebots während der Versuchsdurchführung ist der Grundkörper mit keilförmigen, axial angeordneten Schmiernuten ausgestattet, wie in Bild 5 links zu erkennen ist. Die Anzahl der axialen Schmiernuten auf dem Grundkörper (s. Bild 5, linkes Foto) wurde auf 3, 5 und 7 Schmiernuten variiert und aufgrund gleicher Versuchsergebnisse auf eine Anzahl von 3 gesetzt. Die im Folgenden untersuchten Einflussgrößen der Topographie sind die Rauheit, der Einsatz von Mikroschmiertaschen, die Texturrichtung sowie eine Oberflächenbeschichtung. Untersuchungsergebnisse Einfluss der Rauheitskennwerte auf den Reibwert Zur Untersuchung der rauheitsbedingten Reibeigenschaften werden Probenkörper mit unterschiedlicher Oberflächenrauheit versehen. Dies erfolgt durch kraftgesteuertes Kurzhubhonen unter Einsatz von Kühlschmierstoff. Dabei wird ein rotierender Probenkörper mit einem oszillierenden Schleifband abgestuft in mehreren Korngrößen nacheinander bearbeitet, um nach Abfolge der Honstufen eine vorgegebene Zielrauheit zu erreichen. Diese Zielrauheit wird dabei durch die jeweilige Dauer der einzelnen Bearbeitungsstufen eingestellt. In Bild 6 sind exemplarisch vier der untersuchten Probenkörper- Topographien dargestellt. Zur vergleichbaren Darstellung der Topographieausprägung sind die Höhenskalen der Topographieaufnahmen in Bild 6 unterschiedlich gewählt. Die hier diskutierten vier Rauheitsstufen werden zur Vereinfachung im Folgenden anhand ihrer zugehörigen gemittelten Rautiefe Rz = 0,5; 1; 2; 2,5 µm unterschieden. Aus der Praxis für die Praxis 41 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 5: Prozesskette zur Probenkörper- und Gegenkörperherstellung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 41 Struktur, die in Bild 6 in den beiden Topographieaufnahmen Rz = 2; 2,5 µm zu sehen ist. Als Ergebnis der Versuche werden die Reibkoeffizienten-Verläufe aus Scheibe-Scheibe-Tribometer-untersuchungen herangezogen und nach den charakteristischen Bereichen bewertet. Diese stellen den Reibkoeffizienten bei bestimmten Relativgeschwindigkeiten sowie die Breite des Mischreibungsbereichs dar. Der Reibkoeffizient µ wird kurz vor Stillstand, an seinem Minimum µ min sowie im Hydrodynamikbereich verglichen. Die Ergebnisse zeigen einen Einfluss der Oberflächenrauheit auf das tribologische Verhalten, wie in Bild 7 anhand der vier zugehörigen Stribeckkurven erkennbar ist. Die dargestellten Kurven bilden jeweils den gemittelten Verlauf von 4 Versuchswiederholungen ab. Es ist keine Aus der Praxis für die Praxis 42 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 Die Topographieaufnahmen zeigen, dass ausgehend von der planparallel geschiffenen Oberfläche mit Rauheit Rz = 0,5 µm die Topographie mit steigender Rauheit zunehmend die charakteristische regellose Topographie des Planparallelschleifens verliert und die regelmäßige Kreuzriefentextur des Kurzhubhonens zu erkennen ist. Dies ist der Fall, weil die Werkstückoberfläche bei den geringen Rauheitsstufen (Rz = 0,5; 1 µm) mit feinkörnigem Schleifband (Korngröße 3 µm) bearbeitet wurde. Dieses feinkörnige Schleifband trägt nur die Materialspitzen der Oberfläche ab, verändert die Oberflächentextur des Ausgangszustandes ansonsten aber nicht. Zum Erreichen höherer Oberflächenrauheiten (Rz = 2; 2,5 µm) müssen mithilfe eines grobkörnigeren Schleifbandes (Korngröße 80; 20 µm) tiefere Riefen erzeugt werden, wodurch die regellose Ausgangstextur entfernt wird. Dies führt zur erkennbaren regelmäßigen Kreuzriefen- DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 6: Spezifikation der Probenkörper zur Bewertung des Rauheitseinflusses Bild 7: Reibungsverhalten der Probenkörper mit unterschiedlichen Rauheiten T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 42 deutliche tendenzielle Beeinflussung durch die steigende Rauheit festzustellen. Vielmehr zeigen die Ergebnisse, dass die Proben mit geringster Rauheit von Rz = 0,5 µm nicht das niedrigste Reibwertminimum aufweisen, sondern die Poben mit dem nächsthöheren Rauheitskennwert von Rz = 1 µm. Der Grund hierfür zeigt sich in den Funktionskennwerten, insbesondere der reduzierten Riefentiefe Rvk, die in Bild 6 aufgeführt sind. Das Verhalten lässt sich darauf zurückführen, dass Proben mit der niedrigsten Rauheit mit Rvk = 0,13 µm das geringste Maß an Riefen aufweisen, was dazu führt, dass es wenig Volumenbereiche gibt, die einen Ölrückhalt ermöglichen. Dies führt bei niedrigen Relativgeschwindigkeiten dazu, dass das Öl leicht aus der Kontaktzone herausgedrückt werden kann, was ein Abreißen des Schmierfilms begünstigt und somit Festkörper- und Mischreibung begünstigt. Eine rauere Oberfläche mit mehr Mulden zwischen den Rauheitsspitzen ermöglicht einen bessern Ölrückhalt und damit ein späteres Abreißen des Schmierfilms, was bei Verzögerung einen längeren Verbleib im Mischreibungszustand ermöglicht. Eine weiter gesteigerte Oberflächenrauheit führt dazu, dass zwar mehr Ölrückhaltevolumen zur Verfügung steht, aber höhere Rauheitspitzen zu hohen Flächenpressungen bei Festkörperkontakt und damit zu erhöhten Kräften und Verschleiß führen. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Proben mit Rz = 2,5 und 2 µm bei Verzögerung bereits bei höheren Relativgeschwindigkeiten einen steigenden Reibungskoeffizienten aufweisen, was auf Festkörperkontakte zwischen den Reibpartnern schließen lässt. Bei hohen Relativgeschwindigkeiten über v relativ = 0,5 m/ s zeigen die raueren Probenkörper mit Rz = 2,5 µm geringere Reibkoeffizienten, als die glatteren Probenkörper mit Rz = 0,5 und 1 µm. Das zeigt, dass im Bereich der Hydrodynamikschmierung keine Festkörperkontakte mehr vorliegen und die Reibkräfte lediglich aus Strömungsverlusten im Schmierfilm resultieren. Zusammenfassend lässt sich der Einfluss der Oberflächenrauheit wie in Bild 8 qualitativ skizzieren. Die tendenzielle Beeinflussung des Reibverhaltens wird anhand der zwei Rauheitsstufen Rz = 1 sowie Rz = 2 µm dargestellt, die eine Auswahl der untersuchten Rauheitsstufen darstellen. In Abhängigkeit der Oberflächenrauheit wird der maximale Reibkoeffizient µ max im Bereich um v relativ = 0 m/ s gesteigert. Die Beeinflussung im Hydrodynamikbereich fällt umgekehrt aus, wo eine höhere Oberflächenrauheit den Reibkoeffizienten µ senkt. Mit steigender Rauheit lässt sich das Reibwertminimum µ min und auch die zugehörige Relativgeschwindigkeit v relativ, µmin erhöhen. Einfluss von Schmiertaschen auf den Reibkoeffizienten Wie die dargestellten Ergebnisse zeigen, kann der Reibkoeffizient durch Rauheitsvariation in Abhängigkeit der Relativgeschwindigkeit v relativ beeinflusst werden. Der Grund sind die Anzahl der Rauheitsspitzen sowie das Ölrückhaltevolumen. Zur weiteren Untersuchung wird daher der Ansatz gewählt, eine sehr glatte Oberfläche mit einzeln abgeschlossenen Mikroschmiertaschen zu versehen, die ein erhöhtes Ölrückhaltevolumen ermöglichen, ohne aber die Anzahl und Höhe der Rauheitsspitzen zu steigern. Die definiert eingebrachten Schmiertaschen besitzen eine Tiefe von 20 µm, eine Breite von 100 µm und eine Länge quer zur Reibrichtung von 1,5 mm. Ihr Anteil an der Oberfläche beträgt 10 %. Die Schmiertaschen werden mittels zweier Verfahren hergestellt. Dazu wird Lasermaterialabtrag sowie ein einschneidiger Fräsprozess eingesetzt. Exemplarisch werden im Folgenden die Ergebnisse der gefrästen Schmiertaschen diskutiert. Die in Bild 9 dargestellten Kurven des Reibkoeffizienten zeigen, dass Mikroschmiertaschen im Bereich der Mischreibung die Reibung senken können. Dieses Verhalten Aus der Praxis für die Praxis 43 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 8: Reibungsbeeinflussung in Abhängigkeit der Rauheit T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 43 films, der bezüglich der herrschenden Relativgeschwindigkeit zu dick ist und dadurch zu Verwirbelungen im Schmierfilm und damit zu Strömungsverlusten führt. Entsprechend der Beobachtungen lässt sich schlussfolgern, dass das Einbringen von Schmiertaschen in eine reibbelastete Oberfläche bei geringer Relativgeschwindigkeit vorteilhaft ist. Ein beispielhafter Anwendungsfall für diese Randbedingung sind die Umkehrpunkte von Kolben im Verbrennungsmotor, wo bei niedriger Relativgeschwindigkeit ein Schmierfilmabriss auftreten kann und erhöhter Verschleiß vorkommt. Einfluss einer Oberflächentextur auf den Reibkoeffizienten Wie in der Einleitung ausgeführt, hat neben der Rauheit auch die Richtung der Topographietextur einen Einfluss auf das tribologische Verhalten von Funktionsflächen. Dies wird im Folgenden untersucht. Proben werden mittels einer Topfschleifscheibe in einem Planschleifprozess mit unterschiedlichen Vorzugsrich- Aus der Praxis für die Praxis 44 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 konnte in den Untersuchungen bei v relativ = 0,5 - 1,5 m/ s beobachtet werden. Hier führen die Schmiertaschen bei Beschleunigung dazu, dass früh ein ausreichender Schmierfilm aufgebaut werden kann. Bei Verzögerung wirken die Schmiertaschen einem Abreißen des Schmierfilms entgegen. Dieser Effekt führt neben einer Reduzierung des Reibkoeffizienten auch zu einer Verschiebung dessen Minimums in Richtung niedriger Relativgeschwindigkeiten. Unterhalb dieses Bereiches liegt der Reibkoeffizient einer mikrostrukturierten Oberfläche über dem einer Oberfläche ohne Mikroschmiertaschen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch die Schmiertaschen der Anteil der Plateauoberfläche reduziert wird. Durch das Einbringen von Schmiertaschen steht im Fall von Festkörperkontakt eine geringere Fläche in direktem Kontakt mit dem Reibpartner, was durch erhöhte Flächenpressung den Reibkoeffizienten µ erhöht. Wie Bild 9 ebenfalls zeigt, fällt ab einer Relativgeschwindigkeit von v relativ > 1,5 m/ s der Reibkoeffizient der schmiertaschenfreien Oberfläche geringer aus. Hier führen die Schmiertaschen zum Aufbau eines Schmier- DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 9: Reibungsbeeinflussung in Abhängigkeit von Mikroschmiertaschen Bild 10: Reibungsbeeinflussung in Abhängigkeit der Topographieausrichtung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 44 tungen der Topographie versehen, wie in Bild 10 zu erkennen ist. Dabei wird eine Topfschleifscheibe mit Korngröße von d g = 29 µm im Stirn-Planschleifen eingesetzt, während der Probenkörper rotiert. Die resultierende Texturrichtung wird durch das Drehzahlverhältnis und den Achsversatz zwischen der Werkzeug-Rotationsachse und der Werkstück-Rotationsachse vorgegeben. Die resultierenden Schleifriefen werden auf zwei Stufen, 35° und 83° variiert. Die Probenkörpertopographie weist aufgrund der Prozesskinematik durch die unterschiedlichen Schnittrichtungen in Reibrichtung unterschiedliche Texturrichtungen in Form von Schleifriefen auf. Da beim Schleifen identische Werkzeuge mit gleicher Schnittgeschwindigkeit, Bindung und Korngröße eingesetzt werden, sind die Anzahl von Spitzen und Tälern auf der Probenkörperoberfläche gleich. In Bild 10 ist zu erkennen, dass bei hohen Relativgeschwindigkeiten von v relativ > 0,6 m/ s, ab der mit beginnender Hydrodynamikschmierung kein Festkörperkontakt mehr vorliegt, die Texturrichtung einen Einfluss auf den Aufbau und Fluss des Schmierfilms besitzt. Das zeigt sich anhand der unterschiedlichen Reibkoeffizienten. Im Bereich von Relativgeschwindigkeiten v relativ < 0,6 m/ s, wo die Hydrodynamikreibung mit abnehmender Schmierfilmdicke in den Mischreibungszustand übergeht, besitzt die Textur einen abnehmenden Einfluss auf das Reibverhalten, weil nur die Anzahl und Höhe der Rauheitsspitzen die Reibung beeinflussen. Entsprechend nähern sich die beiden Kurven in ihrem Reibkoeffizienten ab einer Relativgeschwindigkeit von v relativ = 0,6 m/ s aneinander an und zeigen unterhalb von v relativ = 0,3 m/ s keinen Unterschied mehr. Einfluss einer Beschichtung auf den Reibkoeffizienten Zuletzt werden Beschichtungen untersucht, indem die Probenkörper mit unterschiedlichen Schichtsystemen ausgestattet werden. Insbesondere im industriellen Einsatz gewinnen heute Beschichtungen an Einfluss. Beschichtungen haben den Vorteil, dass der Grundwerkstoff eines Bauteils über seine Eigenschaften hinaus auf bestimmte Einsatzfälle angepasst werden kann. Beispiele hierfür sind bestimmte chemische oder thermische Eigenschaften oder eine gesteigerte Härte, die mechanischem Verschleiß entgegenwirken kann [KEU12]. In den hier gezeigten Untersuchungen wurden zwei verschiedene amorphe Kohlenstoffschichten (DLC) verwendet: eine undotierte wasserstoffhaltige a-C: H - Schicht (im Weiteren als DLC bezeichnet) sowie eine Cr-haltige wasserstoffhaltige a-C: H - Schicht (CrC/ a-C: H, im Weiteren als CrC bezeichnet) [KEU12]. Diese werden zunächst auf einem Substrat mit einer niedrigen Rauheit von Rz = 0,5 µm eingesetzt und anschließend an raueren und mikrostrukturierten Probenkörpern bezüglich ihres Reibverhaltens untersucht und mit unbeschichteten Probenkörpern verglichen. Die Grundrauheit der unstrukturierten Probenkörper beträgt dabei Rz = 0,5 µm, die Grundrauheit der mikrostrukturierten Probenkörper beträgt Rz = 2,3 µm. Die Reibkraftverläufe der unstrukturierten beschichteten Probenkörper sind in Bild 11 dargestellt. Die Verläufe der Reibkoeffizienten der beiden Beschichtungen zeigen keinen deutlich erkennbaren Unterschied. Beide Schichten verändern die Probenkörper-Rauheit und damit die Topographie nicht wesentlich, entsprechend liegen die Reibkraftverläufe im Bereich von Mischreibung und Hydrodynamikreibung nah beieinander. Hier treten die Reibpartner nicht in direkten Kontakt und das tribologische Verhalten wird ausschließlich von der Topographie bzw. ihrem Überströmungsverhalten bestimmt. Die größten Unterschiede der Reibkraftverläufe liegen im Bereich der niedrigsten Relativgeschwindigkeiten vor, bei denen die Reibpartner in Festkörperkontakt zueinanderstehen. Im direkten Kontakt der beiden Reibpartner besitzt die metallfreie DLC- Schicht Vorteile aufgrund der sehr geringen Adhäsionsneigung gegenüber dem metallischen Kontaktpartner, Aus der Praxis für die Praxis 45 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 11: Reibungsbeeinflussung in Abhängigkeit der Beschichtung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 45 Fazit und Zusammenfassung Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass eine gezielte Topographieeinstellung geeignet ist, das tribologische Verhalten von Funktionsflächen zu beeinflussen. Diese Beeinflussung wurde anhand von verschiedenen spanenden Fertigungsverfahren, des Lasermaterialabtrags sowie von Beschichtungstechnik untersucht. Alle Untersuchungen zeigen, dass die tribologischen Veränderungen in starker Abhängigkeit der Relativgeschwindigkeit ausfallen. Entsprechend sind beim Einsatz der untersuchten Verfahren das geforderte Bearbeitungsergebnis und der resultierende Reibungsvorteil hochgradig von den Randbedingungen, in diesem Fall der Relativgeschwindigkeit, abhängig. Zusammenfassend sind die Kernerkenntnisse der durchgeführten Tribometeruntersuchungen qualitativ in Bild 13 dargestellt. Durch den Einsatz von Mikroschmiertaschen, die durch Lasermaterialabtrag oder spanend eingebracht werden können, gezielter Rauheitssowie Texturwinkeleinstellung und Beschichtungen lassen sich bestimmte Bereiche der charakteristischen Stribeckkurve gezielt verändern. So ist das Niveau des minimalen µ min und maximalen Reibkraftkoeffizienten µ max ebenso beeinflussbar, wie die Übergangsgeschwindigkeit zwischen Misch- und Hydrodynamikreibung sowie das Reibungsniveau innerhalb der Hydrodynamikreibung. Mit Hilfe der unterschiedlichen untersuchten Fertigungsverfahren stehen in der Konstruktion von Werkstücken viele Möglichkeiten zur Verfügung, das Reibverhalten von Bauteilen gezielt auszulegen und optimal auf den späteren Einsatz vorzubereiten. Dabei muss eine genaue Auslegung jedoch individuell erfolgen, wie die vielfältigen untersuchten Reibeigenschaften gezeigt haben. Als ein mögliches Anwendungsbeispiel ist hier die Zylinderlaufbuchse zu nennen. Aufgrund der oszillierenden Bewegung des Kolbens sind Mikroschmierta- Aus der Praxis für die Praxis 46 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 während die metallhaltige CrC-Schicht im Grenzreibungsbereich einen höheren Reibkoeffizienten aufweist. Da die beiden untersuchten Beschichtungen bei einer geringen Rauheit keine deutlichen Unterschiede im tribologischen Verhalten zeigen, werden im Folgenden die Beschichtungen auf Probenkörper mit gesteigerter Rauheit und eingebrachten Mikroschmiertaschen erprobt. Die Grundrauheit der beschichteten und mikrostrukturierten Probenkörper beträgt Rz = 2,3 µm. Die zugehörigen Reibkraftverläufe sind in Bild 12 dargestellt. Wie der Verlauf der Stribeckkurven in Bild 12 zeigt, führt die Probenkörperbeschichtung bei Beschleunigung zu einem unterschiedlich frühen Übergang in die hydrodynamische Schmierung als bei einem unbeschichteten Probenkörper. Zudem ist der Bereich der Mischreibung bei den beschichteten Probenkörpern weniger ausgeprägt. Der Grund hierfür könnte einerseits in einer geringen Rauheitssteigerung durch den Beschichtungsprozess liegen. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass Additive im Schmierstoff in Abhängigkeit der Schichtsorte unterschiedliche Wechselwirkungen aufweisen. Da die DLC- Schicht im Gegensatz zur CrC/ a-C: H-Schicht nicht metallfrei ist, ließe sich eine stärkere Wechselwirkung zum Schmierstoff als Grund anführen, warum die DLC- Schicht im Mischreibungs- und Hydrodynamikbereich den höchsten Reibkoeffizienten aufweist. Zudem unterscheiden sich die Beschichtungssorten in ihrem Reibverhalten. Die DLC-Beschichtung (blau) zeigt im Vergleich zur CrC/ a-C: H-Schicht (rot) einen flacheren Verlauf, was darauf schließen lässt, dass hier das geringste Maß an Mischreibung vorliegt. Neben dem geschwindigkeitsabhängigen Reibverhalten zeigen die beschichteten Probenkörper gemäß den Erwartungen die geringsten abrasiven Verschleißspuren [KEU12]. DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 12: Reibungsbeeinflussung mikrostrukturierter Probenkörper in Abhängigkeit der Beschichtung T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 46 schen quer zur Relativbewegung in den Totpunktbereichen vorteilhaft. Die reibungsreduzierende Wirkung der Mikroschmiertaschen konnte bereits wissenschaftlich nachgewiesen werden [DEN18]. Demgegenüber wären Mikroschmiertaschen im Bereich der höchsten Relativgeschwindigkeit, wie sie im mittleren Bereich der Zylinderlaufbuchse herrscht, reibungssteigernd. Hier wäre es sinnvoller, beispielsweise die Textur der Zylinderlaufbuchse in Hubrichtung einzubringen, um eine reduzierte Ölfilmdicke zu ermögliche, um die Strömungsverluste im Schmierfilm gering zu halten. Literatur CZI15 Czichos, H.; Habig, K.-H.: Tribologie-Handbuch. Springer Verlag, Berlin, 2015. DEN18 Denkena, B., Dinkelacker, F., Rienäcker, A., Schmidt, C., Pasligh, H., Özdemir, Ö.: (2018): Spanende Mikrostrukturierung von Dieselmotor-Zylinderlaufbuchsen zur Reibungsminderung, 59. Tribologie-Fachtagung, Göttingen, 24.-26.9.2018, S. 1-11. DET18 Deters, L.: Reibung, Verschleiß und Schmierung. Konstruktionselemente des Maschinenbaus 2, S. 1- 68, Springer-Verlag, 2018. DUN15 Dunn, A.; Wlodarczyk, K.; Carstensen, J.; Hansen, E.; Gabzdyl, J.; Harrison, P.; Shepard, J.; Hand, D.: Laser surface texturing for high friction contacts. Applied Surface Science 357, S. 2313-2319, 2015 KAE13 Kästner, J.: Methode zur spanenden Herstellung reibungsminimierender Mikroschmiertaschen, Dr.-Ing. Dissertation, Universität Hannover, 2013. KEU12 Keunecke, M.; Bewilogua, K.; Becker, J.; Gies, A.; Grischke, M.; CrC/ a-C: H coatings for highly loaded, low friction applications under formulated oil lubrication. Surface & Coatings Technology 207, S. 270- 278, 2012. PAT78 Patir, N.; Cheng, H.S.: An Average Flow Model for Determining Effects of Three-Dimensional Roughness on Partial Hydrodynamic Lubrication. Trans. ASM, Ser. F, Journal of Lubrication Tribology, 100, S. 12-17, 1978. POP15 Popov, V.: Kontaktmechanik und Reibung. Springer Verlag, Berlin, 2015. Aus der Praxis für die Praxis 47 Tribologie + Schmierungstechnik · 66. Jahrgang · 3/ 2019 DOI 10.30419/ TuS-2019-0017 Bild 13: Reibungsbeeinflussung in Abhängigkeit der untersuchten Einflussgrößen T+S_3_2019.qxp_T+S_2018 13.06.19 11: 31 Seite 47
