Karriere an der Fachhochschule
Wege zur FH-Professur
0905
2022
978-3-8385-5910-0
978-3-8252-5910-5
UTB
Martina van de Sand
10.36187/9783838559100
Die Attraktivität der Fachhochschule erkennen!
Fachhochschulen bieten jungen Forscher:innen und Dozent:innen spannende Karrierewege. Martina van de Sand stellt diese vor: Zu Beginn skizziert sie die Historie sowie die Entwicklung der Fachhochschullandschaft und geht auf deren Aufstieg im Zuge des Bologna-Prozesses ein. Sie zeigt auf, was Fachhochschulprofessor:innen zu Leistungsträger:innen macht und was bei der Personalgewinnung und -entwicklung von Seiten der Hochschule und von Seiten der Bewerber:innen zu beachten ist.
Das Buch richtet sich gleichermaßen an Entscheider:innen in Fachhochschulen sowie an Interessierte aus Wissenschaft und beruflicher Praxis.
<?page no="0"?> Martina van de Sand Karriere an der Fachhochschule Wege zur FH-Professur <?page no="1"?> utb 5910 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Dr. Martina van de Sand war 25 Jahre im Wissenschaftsmanagement dreier Universitäten tätig. Im Zuge dessen leitete sie Zentren für den wissenschaftlichen Nachwuchs an der Universität Frankfurt und an der Freien Universität Berlin. Seit fünf Jahren berät sie wissenschaftliche Ein‐ richtungen. <?page no="3"?> Martina van de Sand Karriere an der Fachhochschule Wege zur FH-Professur UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.36187/ 9783838559100 © UVK Verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: in‐ nen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung utb-Nr. 5910 ISBN 978-3-8252-5910-5 (Print) ISBN 978-3-8385-5910-0 (ePDF) ISBN 978-3-8463-5910-5 (ePub) Umschlagabbildung: © vm | iStock Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 7 1 9 2 13 2.1 14 2.2 16 2.3 19 23 3 25 3.1 26 3.2 27 3.3 31 4 35 4.1 35 4.2 37 4.3 40 5 43 5.1 43 5.2 47 5.3 53 5.4 55 5.5 58 6 61 6.1 62 6.2 73 Inhalt Was Sie vorher wissen sollten! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Fachhochschule - Historie, Rolle und Entwicklungen . . . . . Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen . . . . . . . . . . . Entwicklung bis zum Jahr 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fachhochschulen im internationalen Systemvergleich . . . . Rahmenbedingungen an Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutungszuwachs durch hohe Nachfrage . . . . . . . . . . . . Bologna-Prozess als Katalysator der Aufwertung . . . . . . . . Zunehmende gesellschaftliche Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . Die Professor: innen als die Leistungsträger: innen . . . . . . . . . . . . . Qualifizierungsanforderungen für FH-Professuren . . . . . . . Herausforderungen bei der Personalgewinnung . . . . . . . . . Entwicklung des Angebots an Professuren . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung . . . . . . . . Information und Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proaktives Recruiting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen zur Unterstützung des Einstiegs . . . . . . . . . . . Beratungsangebote für Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur . . . . . . Forschungsqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pädagogische Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 6.3 77 6.4 82 91 7 93 7.1 93 7.2 103 7.3 112 7.4 116 8 119 123 133 137 138 Modelle zur besseren Verschränkung mit der Berufspraxis Implikationen für die Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karrierewege für angehende Professor: innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Weg zur FH-Professur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise für die Bewerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsangebote für angehende Professor: innen . . . . . . Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Was Sie vorher wissen sollten! Die Einrichtung der Fachhochschulen (FHs) bzw. Hochschulen für an‐ gewandte Wissenschaften (HAWs) ist eine Folge der Bildungsexpansion der 1950er- und 1960er-Jahre, als dem steigenden Bedarf an Studienplätzen u. a. durch die Einführung eines eher anwendungsorientierten Studiums an den neu gegründeten Fachhochschulen begegnet werden sollte. Wissen | Mittlerweile ist die Zahl der Studierenden an HAWs auf knapp 1,2 Millionen gestiegen; das entspricht einem Anteil von 40 %. Das Wachstum ist im Vergleich zu den Universitäten überproportional, und es ist absehbar, dass bis Ende der 2020er-Dekade mehr als die Hälfte aller Studierender an einer HAW ausgebildet wird. Diese Entwicklung erfordert einen erheblichen Ausbau der Zahl an HAW- Professuren. Seit Mitte der 2000er-Jahre bestehen jedoch zunehmend Eng‐ pässe, offene Professuren zeitnah und adäquat zu besetzen. Ein zentrales Hemmnis bildet die geforderte Dreifachqualifikation aus: ■ Forschung, ■ Lehre und ■ außerhochschulischer Berufspraxis. Die damit einhergehende zweimalige intersektorale Mobilität erschwert die Gewinnung beruflich erfolgreicher Spezialist: innen aus der Praxis und kon‐ terkariert die Etablierung systematischer Karrierewege zur FH-Professur. Eine im Rahmen dieser Arbeit im Jahr 2021 durchgeführte Dokumentation der Stellenausschreibungen über einen Zeitraum von zwei Monaten ergibt Hinweise darauf, dass der Besetzungsbedarf fast doppelt so hoch liegen könnte, wie in der Literatur angegeben. Daraus folgt, dass nicht nur deutlich höhere Anstrengungen, sondern vor allem eine stärkere adressatenspezi‐ fische Ausrichtung von Informations- und Marketingkampagnen sowie eine Anpassung der Rekrutierungspraxis erforderlich sind, um Erfolge in Besetzungsverfahren substanziell zu verbessern. Um den auch für die nächsten Jahre zu erwartenden anhaltend hohen Bedarf an HAW-Professuren zu decken, bedarf es mittelfristig neuer Kon‐ zepte der Personalentwicklung. Diese müssen einerseits alle drei Quali‐ <?page no="8"?> fikationsbausteine berücksichtigen und andererseits genügend Flexibilität für die individuellen Erfordernisse des Einzelfalls lassen. Ein zentrales Ele‐ ment in diesem Kontext bildet die Kooperation mit Unternehmen und außerhochschulischen Einrichtungen. Dieses Buch gibt einen Überblick über Vorschläge aus der Literatur, ergänzt diese um eigene Ideen und schafft somit eine Gesamtübersicht, mit deren Hilfe individuelle Karrierewege modulartig zusammengestellt werden können. Am Ende des Buches werden für Interessent: innen an und potenzielle Bewer-ber: innen auf Professuren an HAWs die Anforderungen an eine Bewerbung vorgestellt, Berufungsverfahren beschrieben und Hinweise für die Bewerbung gegeben. 8 Was Sie vorher wissen sollten! <?page no="9"?> 1 Die Fachhochschule - Historie, Rolle und Entwicklungen Die Fachhochschulen (FHs) bzw. Hochschulen für angewandte Wissen‐ schaft (HAW) haben sich seit ihrer Gründung in den 1970er-Jahren zu einer un‐ verzichtbaren Säule des deutschen Hochschulsystems entwickelt. Mittlerweile streben über 49 % der Studienanfänger: innen an eine Fachhochschule (BMBF, 2020a), und es zeichnet sich ab, dass noch vor Ende der Dekade 2020 mehr als 50 % aller Studierenden an einer Fachhochschule eingeschrieben sein werden. Aber nicht nur in quantitativer Hinsicht spielen die Fachhochschulen eine zunehmend wichtige Rolle. Vielmehr erfüllen sie einen zentralen bildungspolitischen Auftrag als die Institutionen für: ■ die Integration von Personen mit Migrationshintergrund, ■ den Bildungsaufstieg von Personen nichtakademischer Herkunft sowie bei ■ der Akademisierung von Ausbildungsberufen. In wirtschaftlicher Hinsicht ist darüber hinaus vor allem die Zusammen‐ arbeit mit Unternehmen von Bedeutung, insbesondere mit Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMUs), die sich keine eigene Forschung leisten können. Von dem hieraus erwachsenden Wissenstransfer profitieren Studierende, Hochschulen und die Unternehmen gleichermaßen. Insbeson‐ dere an Standorten fernab der Ballungszentren bzw. in strukturschwachen Regionen bilden die Fachhochschulen einen bedeutsamen regionalen Wirt‐ schaftsfaktor. Es ist daher völlig unstrittig, dass eine wichtige hochschulpolitische Aufgabe der nächsten Jahre darin bestehen muss, die Rolle der HAWs zu stärken und diese weiter auszubauen, damit sie ihren Bildungsauftrag auch weiterhin erfolgreich erfüllen können. Wissen | Eines der zentralen Stellglieder für die künftige Weiterent‐ wicklung bildet der Bereich Personalentwicklung. Vergleicht man die Personalstruktur mit der von Universitäten, so fällt auf, dass ein wissenschaftlicher Mittelbau, aber auch das Wissensmanage‐ ment bisher nur in Ansätzen vorhanden sind. <?page no="10"?> Dem steht ein weites Spektrum an Aufgaben gegenüber, die Fachhochschu‐ len erfüllen sollen: Neben der Lehre sind dies vor allem anwendungsori‐ entierte Forschung, Transfer und Weiterbildung. Mangels personeller Unterfütterung durch Mittelbau und Management konzentrieren sich die Aufgaben in erster Linie auf die Professor: innen. Diese sind aber aufgrund der hohen Lehrverpflichtung von 18 Semesterwochenstunden (SWS), die doppelt so hoch ist wie für ihre Kolleg: innen an den Universitäten (8-9 SWS), bereits mit der Lehre stark ausgelastet, so dass alle anderen Aufgaben deutlich in den Hintergrund treten. Die hohe Lehrbelastung schmälert bei vielen Personen die Attraktivität einer HAW-Professur. Gleichzeitig ist die Besoldung auf W2 gedeckelt - W3 ist den Universitäten vorbehalten - und kann mit Gehältern in der Industrie häufig nicht konkurrieren. Selbst in wirtschaftsnahen Fächern wie den Ingenieurwissenschaften oder der Betriebswirtschaftslehre bestehen meist keine Verhandlungsspielräume. Zusätzlich ist die Reputation von FH-Professuren mangels Forschung und Publikationsoutput - dem Goldstandard in der akademischen Welt - i. d. R. deutlich geringer als von Universitätsprofessuren. All dies führt dazu, dass eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaft für viele Personen nicht attraktiv ist. Wissen | Ein weiteres Hindernis besteht darin, dass die Karriereop‐ tion FH-Professur vor allem bei Personen, die in Unternehmen oder in anderen Einrichtungen außerhalb der Akademia tätig sind, vielfach völlig unbekannt ist. In den letzten beiden Dekaden ist es zunehmend schwierig geworden, geeignete Fachkräfte für die Besetzung von Pro‐ fessuren zu gewinnen. Neben den oben genannten gibt es hierfür zwei weitere zentrale Gründe: Zum einen bedeutet die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Berufspraxis außerhalb der Universitä‐ ten einen doppelten Bruch in der Biografie (In der Smitten et al., 2017), nämlich den Ausstieg aus der Hochschule nach der Promotion und die Rückkehr nach einer beruflichen Tätigkeit außerhalb. Diese intendierte intersektorale Mobilität hat zum anderen zur Folge, dass geregelte Karrierewege zu einer Professur an der Fachhochschule - im Gegensatz zur Universität - nicht existieren. Für die laufende Dekade kann davon ausgegangen werden, dass sich die Besetzungsschwierigkeiten weiter zuspitzen werden; hierfür sind vor allem zwei Entwicklungen ursächlich: 10 1 Die Fachhochschule - Historie, Rolle und Entwicklungen <?page no="11"?> 1. Die kontinuierlich ansteigende Zahl der Studierenden an Fachhoch‐ schulen erfordert einen weiteren personellen Ausbau. 2. Der prognostizierte Ersatzbedarf an FH-Professor: innen infolge altersbedingten Ausscheidens wird sich zwischen 2020 und 2029 von 500 auf 920 pro Jahr erhöhen, dies entspricht einem Plus von 82 % (Statistisches Bundesamt, 2020b). Tipp | Damit dürften die Fachhochschulen in den nächsten Jahren vor nie dagewesene Herausforderungen hinsichtlich der Rekrutierung ihres professoralen Personals gestellt werden. Es ist also zwingend erforderlich, geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln und umzu‐ setzen, da andernfalls die Leistungsfähigkeit der Institution Fachhoch‐ schule Schaden nehmen könnte. Dieses Buch will einen Beitrag zur Lösung dieser Thematik leisten. Dabei stehen die folgenden Fragen im Fokus: ■ Wie lässt sich die Attraktivität der FH-Professur erhöhen, und wo‐ durch könnte der Erfolg bei der Personalrekrutierung gesteigert wer‐ den? ■ Wie könnten geregelte Karrierewege zur FH-Professur etabliert wer‐ den, und worauf ist dabei zu achten? ■ Welcher Maßnahmen der Personalentwicklung bedarf es, und welche Implikationen für die Beratung ergeben sich hieraus? Ziel ist es, Handlungsoptionen aufzuzeigen, die dazu beitragen können, Rekrutierungserfolge durch gezielte Personalentwicklung zu verbessern. Gleichzeitig leistet das Buch den Beitrag, zu informieren und das Inter‐ esse an der Karriereoption HAW-Professur zu steigern. Der zweite Teil des Buches richtet sich daher vor allem an diejenigen Personen, die die Hochschule nach Abschluss ihrer Promotion verlassen haben und seither in Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen tätig sind. Mit zunehmender Zahl an Jahren in Berufsfeldern außerhalb der akademischen Welt findet ein allmählicher Entfremdungsprozess statt. Dieser Personenkreis sieht daher die jeweilige berufliche Zukunft überwiegend im gewählten Feld und zieht die Möglichkeit zur Rückkehr an eine Hochschule aufgrund von Informationsdefiziten häufig nicht einmal in Erwägung. Dieses Buch möchte dem entgegenwirken: Es werden deswegen die Anforderungen für HAW-Professuren beschrieben, der Prozess von der 11 1 Die Fachhochschule - Historie, Rolle und Entwicklungen <?page no="12"?> Ausschreibung bis zur Besetzung von Professuren dargestellt und Hinweise für die Bewerbung gegeben. 12 1 Die Fachhochschule - Historie, Rolle und Entwicklungen <?page no="13"?> 2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem Die Hochschulwelt in Zahlen Der Hochschulsystem in Deutschland ist binär strukturiert (Kreckel, 2008), es gliedert sich in einen universitären Bereich und einen Fachhochschulbereich. Von den insgesamt 423 Hochschulen (Stand 2020/ 21) gehörten 182 Einrichtungen zum universitären Bereich (108 Universitäten und 74 gleichgestellte Hochschulen: pädagogische, theologische und Kunsthochschulen). Der Fachhochschulbereich ist mit insgesamt 241 Einrichtungen, 211 Fachhochschulen und 30 Verwal‐ tungshochschulen (Statistisches Bundesamt, 2021) demgegenüber deut‐ lich größer. Trotz der höheren Zahl an FH-Einrichtungen entfällt der größere Anteil der Studierenden auf den Universitätsbereich: Von insge‐ samt ca. 2,95 Millionen Studierenden im Wintersemester 2020/ 21 waren 1,19 Millionen an Fachhochschulen eingeschrieben, das entspricht ei‐ nem Anteil von 40,3 %. Laut Statistischem Bundesamt (2020c) waren im Jahr 2019 insgesamt ca. 48.500 hauptamtliche Professor: innen im Hochschulbereich beschäftigt - davon knapp 27.500 (57,2 %) im Universitätsbereich (ein‐ schließlich Juniorprofessuren) und 21.000 (42,8 %) im Fachhochschul‐ sektor. Beim nebenamtlichen Lehrpersonal (Lehrbeauftragte, Honorar‐ professuren, Privatdozent: innen) sind von insgesamt 100.900 Personen 56 % (56.500) an Fachhochschulen tätig; die Zahl des nebenamtlichen Lehrpersonals übersteigt damit die der Professoren fast um das Zwei‐ fache (Statistisches Bundesamt, 2020c; eigene Berechnungen). Das zeigt, dass an den Fachhochschulen regelhaft externe Personen aus der Praxis in die Lehre eingebunden sind, was ihrem Auftrag der praxisorientierten Lehre entspricht. Es könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass die Lehre durch das dauerhaft beschäftigte Lehr- Personal nicht ausreichend abgedeckt werden kann. <?page no="14"?> 2.1 Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen Während die Entstehung der ersten Universitäten bis ins Mittelalter zu‐ rückreicht - die älteste Universität auf dem Gebiet der heutigen Bundes‐ republik ist die im Jahr 1386 gegründete Universität Heidelberg - sind Fachhochschulen deutlich jüngeren Datums. Es handelt sich bei ihnen um akademische Einrichtungen neuen Typs, die aus der Bildungsexpansion der 1950er- und 1960er-Jahre hervorgegangen sind. Ein Auslöser für diese Entwicklung war u. a. der sog. Sputnik-Schock, der Start des ersten künstlichen Erdsatelliten im Oktober 1957, mit dem die Sowjetunion in der Hochzeit des Kalten Krieges der westlichen Welt ihre technologische Überlegenheit demonstrierte. Die Reaktion der USA auf diesen Schock be‐ stand in Aufrüstung, nicht nur militärisch, sondern auch im Bildungsbereich (Holuscha, 2012). Auch wenn die Reaktionen in der Bundesrepublik Deutschland deutlich gemäßigter ausfielen, so kann dennoch davon ausgegangen werden, dass der kontinuierliche Ausbau der sekundären und tertiären Bereiche des Bildungssystems ohne den Schock weniger steil verlaufen wäre. Die Anfänge der Bildungsexpansion liegen in den 1950er-Jahren, als das einsetzende Wirtschaftswunder nicht nur mehr, sondern auch vermehrt hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigte. Hatte die Studienan‐ fänger: innenquote in der Bundesrepublik zu Beginn der 1950er-Jahre noch bei unter 5 % gelegen, stieg sie bis 1960 auf knapp 10 % und bis Mitte der 1970er-Jahre auf ca. 20 % (Merkator & Teichler, 2010). Der kontinuierliche Anstieg der Studierendenzahlen führte zu einem stetigen Wachstum der Universitäten mit der Gefahr einer baldigen Ausschöpfung der Kapazitäten. Für den Verlauf der Bildungsexpansion sind die bildungspolitischen De‐ batten der 1960er-Jahre von besonderer Bedeutung: Vor allem die Beiträge von Georg Picht (1964: Bildungsnotstand heißt wirtschaftlicher Notstand) und Ralf Dahrendorf (1965: Bildung ist Bürgerrecht) stießen auf erhebliche politische und gesellschaftliche Resonanz. Dahrendorf, stellvertretendes Gründungsmitglied und später Professor an der Universität Konstanz, über‐ nahm im Jahr 1967 den Vorsitz einer Arbeitsgruppe des baden‐württember‐ gischen Kultusministeriums zur Entwicklung eines Hochschulgesamtplans für Baden-Württemberg. Die Empfehlungen zur Reform von Struktur und Organisation der wissenschaftlichen Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Kunsthochschulen, Ingenieurschulen und höheren Fachschu‐ 14 2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem <?page no="15"?> len (Dahrendorf, 1967) haben als sog. Dahrendorf‐Plan in der Folge alle weiteren bildungspolitischen Debatten in Deutschland maßgeblich geprägt, denn erstmals wurde ein Gesamtkonzept für die bundesdeutsche Hochschul‐ landschaft umrissen. Der Grundgedanke bestand in einer Differenzierung zwischen wissen‐ schaftlicher Ausbildung und Bildung durch Wissenschaft und daraus abge‐ leitet eine Gliederung des Studiums in ein dreijähriges Kurzstudium mit dem Abschluss Bakkalaureus für die Mehrzahl der Studierenden und ein Langstu‐ dium für besonders Qualifizierte (Der Spiegel, 1967). Der Dahrendorf‐Plan entwarf mit dem Modell Gesamthochschule eine neue Hochschulart, die durch Verschmelzung der unterschiedlichen Institutionen entstehen sollte, mit einer Binnendifferenzierung in Allgemeiner Hochschulbereich und Fach‐ hochschulbereich (Holuscha, 2012); zu Letzterem sollten die Ingenieursowie alle weiteren Höheren Schulen gehören. Dieses Zusammendenken von Universitäten und anderen postsekundä‐ ren Bildungseinrichtungen stellte nach Bartz (2007) eine Innovation dar und trug dazu bei, die Vorstellung eines umfassenden tertiären Bereichs zu entwickeln. Wissen | Im Juli 1968 einigten sich die Ministerpräsidenten der elf Länder auf die Einführung von Fachhochschulen, drei Monate später wurde das Abkommen zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Fachhochschulwesens geschlossen (Holuscha, 2012). Ab 1969 entstanden die ersten Fachhochschulen, und bis 1971 waren die meisten der heute auf dem Gebiet der sog. alten Bundesländer existierenden Einrichtungen gegründet. Dabei handelte es sich viel‐ fach nicht um Neugründungen, sondern um die Überführung von Ingenieurschulen, Akademien und höheren Fachschulen mit jeweils langer, teilweise bis ins 18. Jahrhundert zurückreichender Tradition (Schreiterer, 2016). Insbesondere die damals 144 Ingenieurschulen und die Wirtschaftsschulen hatten sich stark für die Aufwertung ihres Status engagiert. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurden vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an neuen Qualifikationen im Technologiebereich in den 1960er-Jahren zahlreiche Ingenieurschulen aus dem Fachschulin den Hochschulstatus überführt, eine Entwicklung, die nach Rolfes (2006) mit den Fachhochschulgründungen in der Bundesrepublik vergleichbar ist. In 15 2.1 Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen <?page no="16"?> den 1970er- und 1980er-Jahren stiegen einige Pädagogischen Institute und Ingenieurhochschulen in den Rang von Hochschulen auf, was zu „einer Verdichtung der Hochschullandschaft der DDR“ (Lütke, 2006) führte. Nach der Wiedervereinigung sind Fachhochschulen in den neuen Ländern ab 1990 als neuer Hochschultyp eingeführt worden; sie entstanden aus den Ingenieurhochschulen und den Technischen Hochschulen der DDR (Lütke, 2006). 2.2 Entwicklung bis zum Jahr 1998 Die erste Version des Hochschulrahmengesetzes (HRG), das 1976 in Kraft trat, sah vor, alle bestehenden Hochschulen perspektivisch zu Gesamthochschulen zusammenzuführen (Merkator & Teichler, 2010). Die Fachhochschulen sahen sich daher als Provisorium im Übergangsstatus an. Diese Wahrnehmung war kontraproduktiv in Hinblick auf die Konkre‐ tisierung ihres im Abkommen zwischen den Ländern von 1969 (Ministe‐ rium des Innern Nordrhein-Westfalen, 1982) sehr allgemein formulierten Auftrags: „Sie vermitteln eine auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Bildung, die zu staatlichen Abschlussprüfungen führt und zu selbständiger Tätigkeit im Beruf befähigt“. Es erschwerte ihre Bemühungen, ein eigenständiges Profil zu entwickeln und als neuer Hochschultyp Anerkennung zu finden (Holuscha, 2012). Die Idee der Gesamthochschule verlor jedoch spätestens ab 1977 an Popularität, bis dahin waren lediglich sechs integrierte Gesamthochschulen - davon fünf in Nordrhein-Westfalen - etabliert worden. Die Bezeichnung wurde im Laufe der Jahre aufgegeben und die betreffenden Einrichtun‐ gen später als Universitäten weitergeführt (Merkator & Teichler, 2010). Das HRG-Leitmodell der Verbindung von Universität und Fachhochschule wurde 1985 endgültig verworfen (Müller-Bromley, 2014). Seither wurde die Entwicklung der Fachhochschulen nach Holuscha (2012) vor allem von drei Themen bestimmt: ■ der Namensgebung, ■ dem Verhältnis zu und der Abgrenzung von den Universitäten sowie 16 2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem <?page no="17"?> ■ dem Ausmass der Wissenschaftlichkeit und daraus abgeleiteten For‐ schungsaktivitäten der Fachhochschulen. Das Lehrdeputat der vormaligen Lehrkräfte an den Höheren Schulen sank von 24 bis 28 auf 18 bis 19 Wochenstunden. Die Lehrkräfte stiegen in den Rang von Professoren auf und wurden entsprechend von der Ain die C-Besoldung übergeleitet (ab 2002 Einführung der W-Besoldung). Beides entsprach einer deutlichen Aufwertung und war insbesondere von den Ingenieur- und Wirtschaftsschulen im Vorfeld massiv betrieben worden (Holuscha, 2012). Allerdings erfolgte die Besoldung der neuen FH-Profes‐ soren lediglich auf dem Niveau C2 bzw. C3 (WR, 1981). Die Kategorie C4 war allein den Lehrstuhlinhaber: innen an Universitäten vorbehalten. Zur Distinktion von ihren FH-Kolleg: innen tendierten Professor: innen an Universitäten zunehmend zur Einführung der Bezeichnung Universitäts- Professor: in. Die Fachhochschulen boten dreijährige Studiengänge mit ggf. ergänzen‐ den Prüfungs- und Praxisphasen an, die mit dem Diplom - versehen mit dem Zusatz (FH) - abgeschlossen wurden. Ab 1990 wurde die Studiendauer nicht mehr als dreijährig, sondern als vierjährig einschließlich der Prüfungs- und Praxisphasen definiert (Merkator & Teichler, 2010). Die Zahl der Studierenden an Fachhochschulen wurde zum Wintersemes‐ ter 1972/ 73 erstmals erfasst und lag bei knapp 110.000, was einem Anteil von ca. 17 % der Studierenden entsprach. Hierbei dürfte es sich überwiegend um Schüler: innen der vormals Höheren Schulen gehandelt haben, die nun in den Status von Studierenden übergeleitet wurden. Nach zehn Jahren war die Zahl der Studierenden auf rund 285.000 gestiegen, das entsprach einem Anteil von knapp 24 % der Studierenden (BMBF, 2020a, siehe auch → Abb. 1). In seinen ersten Empfehlungen zu den Fachhochschulen hob der Wis‐ senschaftsrat (WR, 1981) deren spezifische Merkmale anerkennend hervor (verkürzt): (i) hoher Grad an Verbindlichkeit in den Studienplänen, (ii) Studienbegleitende Leistungsnachweise, (iii) Lehre in kleinen Gruppen, (iv) anwendungsbezogene Komponenten in der Ausbildung, (v) längere Vorlesungszeiten, (vi) Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse und (vii) spezifische Qualifikation des Lehrkörpers. 17 2.2 Entwicklung bis zum Jahr 1998 <?page no="18"?> Der Wissenschaftsrat attestiert den Fachhochschulen eine wichtige Stel‐ lung im Bildungs- und Beschäftigungssystem. Gleichzeitig kritisiert er die Höherbewertung theoretisch-wissenschaftlicher Qualifikationen, die Benachteiligung der Absolvent: innen im öffentlichen Dienst und die geringe Bereitschaft der Politik, anwendungsbezogene Forschung im Fachhoch‐ schulbereich zu fördern: „[Daher] sollte den Investitionen für die Fachhochschulen die jeweils sachlich gebotene Priorität eingeräumt werden. In jedem Fall müssen die Fachhochschulen in die Lage versetzt werden, die ihnen übertragenen Aufgaben in vollem Umfang wahrzunehmen“ (WR, 1981). Wissen | Obwohl die Studierendenzahlen an Fachhochschulen zwischen 1982/ 83 und 1994/ 95 um 78 % auf ca. 502.000 anstie‐ gen, stagnierte ihr Anteil an der Studierendenschaft bei ca. 25 % (→ Abb. 1). Merkator & Teichler (2010) nennen als Grund hierfür geringe Kapazitäten und eine nur geringfügige Erweiterung des ursprünglichen (klassischen) Fächerspektrums. Der Wissenschaftsrat hatte sich 1990 und 1993 für einen vorrangigen Ausbau der Fachhochschulen ausgesprochen und u. a. eine Erweiterung des Fächerspektrums gefordert (WR, 1990; WR, 1994). Er konstatierte jedoch 1994: „Ungeachtet aller verständlichen Gründe […] ist die Zwischenbilanz der fachli‐ chen Erweiterung der Studienangebote an Fachhochschulen wenig befriedigend. Wenn es gelingen soll, die Fachhochschulen zu einer mit den Universitäten vergleichbar großen zweiten Säule des Hochschulsystems auszubauen, müssen die historisch gewachsene Verteilung der Fächergruppen auf beide Hochschulen verändert und das Fächerspektrum der Fachhochschulen erheblich verbreitert werden. Dieses Ziel muss künftig mit größerer Intensität und noch größerem Mut zu Innovationen verfolgt werden als bisher“ (WR, 1994). 18 2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem <?page no="19"?> Abb. 1: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1972 bis 1998 Datenquelle: BMBF-Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 0 150.000 300.000 450.000 600.000 1972/ 1973 1977/ 1978 1982/ 1983 1987/ 1988 1992/ 1993 1997/ 1998 Anzahl Studierende an Fachhochschulen gesamt Anteil der Studierenden an Fachhochschulen an der Gesamtzahl aller Studierender Abb. 1: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1972 bis 1998 | Daten‐ quelle: BMBF-Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung. 2.3 Fachhochschulen im internationalen Systemvergleich Die Einrichtung von Fachhochschulen ist kein deutscher Sonderweg, wie eine vergleichende Untersuchung von acht Hochschulsystemen (in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Schwe‐ den, Schweiz und den USA) durch Kreckel (2008) dokumentiert: Seit den 1960er-Jahren waren alle untersuchten Systeme mit einem hohen Anstieg der Studierendenzahlen konfrontiert und standen vor der Herausforde‐ rung, Mass Higher Education mit den Aufgaben in Forschung und Nach‐ wuchsförderung zu verbinden. Kreckel (2008) unterscheidet drei typische Lösungswege: 19 2.3 Fachhochschulen im internationalen Systemvergleich <?page no="20"?> Binäre Hochschulsysteme Binäre Hochschulsysteme differenzieren zwischen: ■ einem lehrintensiven (und kostengünstigeren) Fachhochschulbereich und ■ einem universitären Bereich, der darüber hinaus und schwerpunktmä‐ ßig Forschung- und Nachwuchsförderung betreibt. Dieses Modell gilt für fünf europäische Hochschulsysteme: Deutschland, Schweden (Högskole), Österreich (Fachhochschulen seit 1993), die Nieder‐ lande (Hogescholen voor Hoger Beroepsonderwijs seit 1993) und die Schweiz (Fachhochschulen seit 1997). Nach Kreckel (2008) ist es allerdings nur in den Niederlanden gelungen, den Großteil der Studierenden (67 % in 2005) in die Fachhochschulen zu lenken, wohingegen in Deutschland (33 % in 2005) die Entwicklung nicht konsequent fortgeführt worden sei. In der Schweiz lag der Anteil nur deshalb bei 33 %, weil die bereits zuvor existierenden Pädagogischen Hochschulen in den Fachhochschulsektor eingegliedert wurden. In Schweden (16 %) und Österreich (12 %) waren die Anteile noch niedriger. Stratifizierte Hochschulsysteme Ein zweites Modell bildet das stratifizierte Hochschulsystem (Kreckel, 2008). In Großbritannien war in den 1960er-Jahren mit den Polytechnics zunächst ein binäres System eingeführt worden, die erwartete Entlastung für die Uni‐ versitäten blieb allerdings aus. Ab 1992 wurden die 35 Polytechnics daher in den Universitätssektor integriert; seither gilt das Prinzip des Leistungswett‐ bewerbs zwischen allen Universitäten. Auf diese Weise sollte eine neue (für Leistungsauf- und -abstiege offene) stratifikatorische Ordnung entstehen. De facto aber ist es bisher keinem der ehemaligen Polytechnics gelungen, in die sog. Russel Group der 24 führenden britischen Universitäten aufzusteigen (Link-Tipp 1 | https: / / russellgroup.ac.uk/ about/ our-universities/ ). Auch die USA weisen nach Kreckel (2008) ein stratifiziertes System auf: Ungefähr ein Viertel (27 % im Jahr 2003) der Studierenden entfällt auf Universitäten mit Promotionsrecht, von denen etwa ein Drittel zu den hochkarätigen Forschungsuniversitäten zählt. Die Four-Year-Colleges sowie die Universities ohne Promotionsrecht werden dem Fachhochschulbereich zugeordnet, hier waren im Jahr 2003 insgesamt ein Drittel (34 %) aller US- Studierenden immatrikuliert. 20 2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem <?page no="21"?> Französches Hochschulsystem Das französische Hochschulsystem repräsentiert ein drittes (komplexes) Modell: In Frankreich zählt Forschung traditionell nicht zu den Aufgaben der Universitäten, sondern findet in erster Linie in staatlichen Einrichtungen wie dem Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), dem Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM) oder dem Institut National de la Recherche Agronomique (INRA) statt. Entsprechend ist das Prestige der Universitäten eher gering. Sie dienen vornehmlich als Ausbil‐ dungsstätten für die Masse der Studierenden (61 %), während die künftige staatliche Führungselite in den Grandes Écoles (10 %) ausgebildet wird. An den deutschen Fachhochschulen vergleichbaren Instituts Universitaires de Technologie (IUT) waren 2006 ca. 15 % der Studierenden eingeschrieben. Dieser Anteil ist gedeckelt, da die IUTs deutlich höhere Zugangsbeschrän‐ kungen als die Universitäten haben. Seit den 2000er-Jahren hat jedoch auch in Frankreich ein Prozess der Konzentration, Neuorientierung und Profilbildung der Universitäten als Einrichtungen von Forschung und Lehre eingesetzt (Kreckel, 2008). Der jetzige Staatspräsident Emmanuel Macron betreibt darüber hinaus nach den Protesten der sog. Gelbwesten im Jahr 2019 die Abschaffung der Grandes Écoles. 21 2.3 Fachhochschulen im internationalen Systemvergleich <?page no="23"?> Rahmenbedingungen an Hochschulen <?page no="25"?> 3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende Einerseits bestand Ende der 1990er-Jahre Einigkeit darüber, dass die Fach‐ hochschulen sich zu einer unverzichtbaren Instanz in der deutschen Hoch‐ schullandschaft entwickelt hatten. Andererseits aber waren die Fachhoch‐ schulen gegenüber den Universitäten immer zweitrangig, wie Spiewak 2002 in einem Beitrag für DIE ZEIT kritisiert: Die Politik trage dazu bei, das „Schmuddelkind‐Image“ der Fachhochschulen zu zementieren, indem sie Professor: innen schlechter bezahle und den Absolvent: innen den Zugang zum höheren Dienst verweigere. Dessen ungeachtet kämen all diejenigen, die sich über Reformen des deutschen Hochschulwesens Gedanken mach‐ ten, zum Ergebnis, dass man die Fachhochschulen stärken müsse. Wissen | Das Jahr 1998/ 1999 markiert in zweierlei Hinsicht eine Zäsur, die für die weitere Entwicklung der Fachhochschulen von einschnei‐ dender Bedeutung war: Zum einen stiegen die Studierendenzahlen, die seit 1994/ 95 leicht zurückgegangen waren, ab dem WS 1998/ 99 wieder deutlich an (→ Abb. 2). Zum anderen fassten die europäischen Bildungsminister in jenem Jahr den Beschluss zur Reform der euro‐ päischen Hochschulen, die als Bologna-Reform in den Folgejahren die bildungspolitische Agenda aller Mitgliedsstaaten sowie zahlreicher assoziierter Länder bestimmen sollte. <?page no="26"?> Abb. 2: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1998 bis 2020 Datenquelle: BMBF-Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung 0% 15% 30% 45% 0 500.000 1.000.000 1.500.000 1998/ 1999 2002/ 2003 2006/ 2007 2010/ 2011 2014/ 2015 2018/ 2019 Anzahl Studierende an Fachhochschulen gesamt Anteil der Studierenden an Fachhochschulen an der Gesamtzahl aller Studierender Abb. 2: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1998 bis 2020 | Daten‐ quelle: BMBF-Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung. 3.1 Bedeutungszuwachs durch hohe Nachfrage Wie → Abb. 2 illustriert, stiegen die Zahlen der an Fachhochschulen eingeschriebenen Studierenden von 1998/ 99 bis 2003/ 04 von knapp 470.000 auf ca. 590.000, das entspricht einem Wachstum von über 20 % innerhalb einer Zeitspane von nur fünf Jahren. In den nächsten vier Jahren (bis 2007/ 08) verharrten die Zahlen bei ca. 600.000, um sich danach rapide weiter nach oben zu entwickeln: Allein innerhalb des folgenden Jahres stieg die Zahl der Eingeschriebenen um 56.000 bzw. 9,4 %. Wissen | Zum Wintersemester 2016/ 17 wurde erstmals die Marke von einer Million überschritten; zuletzt (WS 2020/ 21) waren 1,19 Mil‐ lionen Studierende an Fachhochschulen eingeschrieben (BMBF, 2020a). Über den gesamten Zeitraum betrachtet ist eine Zunahme der Studierenden um 156,4 % zu verzeichnen. Zwar kam es auch im Universitätsbereich im betrachteten Zeitraum von 1998/ 99 bis 2020/ 21 zu einem deutlichen Anstieg 26 3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende <?page no="27"?> der Studierendenzahlen um ca. 452.000 Personen, relativ jedoch beträgt dieser „nur“ 33,2 % und fällt damit gegenüber dem Fachhochschulbereich vergleichsweise moderat aus. Darüber hinaus stagnieren die Zahlen an den Universitäten seit dem akademischen Jahr 2016/ 17 bei ca. 1,8 Millionen; das bedeutet, dass der weiter anhaltende Trend steigender Gesamtzahlen an Studierenden seither allein auf das Konto der Fachhochschulen geht. Im Wintersemester 2020/ 21 waren 40,3 % aller Studierenden in Deutschland an einer Fachhochschule eingeschrieben. Im Jahr 2019 hatten sich bereits 49,1 % aller Studienanfänger: innen für die Aufnahme eines Studiums an einer Fachhochschule entschieden - neuere Zahlen stehen noch nicht zur Verfügung (BMBF, 2020b). Wissen | Da sich ein Ende dieser Entwicklung noch nicht abzeichnet, steht zu erwarten, dass bis Ende der Dekade deutlich mehr als die Hälfte eines Studierendenjahrgangs an einer Fachhochschule eingeschrieben sein wird. Mit dem Aufwuchs bei den Studierendenzahlen hat auch die Zahl der FH- Professuren zugenommen, und zwar von ca. 15.000 auf 20.000 (+ 32 %) zwi‐ schen 2009 und 2019. Der Zuwachs bei den Universitäten im selben Zeitraum betrug hingegen nur 9,1 % (von ca. 22.000 auf 24.000). Noch eindrücklicher ist diese Entwicklung, wenn man die Lehrbeauftragten betrachtet: Hier betrug der Anstieg 58 % bei den Fachhochschulen, aber nur 8,2 % bei den Universitäten (Statistisches Bundesamt, 2020b). Das legt die Vermutung nahe, dass trotz der massiven Erhöhung der Zahl der Professuren an den Fachhochschulen ein zunehmender Teil der Lehre an Lehrbeauftragte ausgelagert werden muss. 3.2 Bologna-Prozess als Katalysator der Aufwertung Im Jahr 1998 unterzeichneten die Bildungsminister: innen Frankreichs, Ita‐ liens, des Vereinigten Königreichs und Deutschlands bei einem Treffen anlässlich des 800-jährigen Bestehens der Pariser Sorbonne die Sorbonne Declaration. Diese Erklärung verfolgte das Ziel einer Harmonisierung der europäischen Hochschulbildung. Sie war der Wegbereiter für das Treffen der europäischen Bildungsminister: innen in der italienischen Universitätsstadt Bologna und die Unterzeichnung der Bologna Declaration im Folgejahr. 27 3.2 Bologna-Prozess als Katalysator der Aufwertung <?page no="28"?> Wissen | Die Vereinbarung hatte für den europäischen Hochschulraum weitreichende Konsequenzen, denn sie zielte auf eine europaweite Vereinheitlichung der Studienstrukturen durch die Einführung eines zweistufigen Studiensystems, die zu den Abschlüssen Bachelor und Master führen sollten (ähnlich, wie das Dahrendorf mehr als 30 Jahre zuvor bereits angedacht hatte). Das Hochschulrahmengesetz hatte die Einführung entsprechender Studien‐ gänge als Modellversuch bereits ab 1998 erlaubt, so dass schon ab 1999 die ersten Modellstudiengänge in Deutschland eingerichtet wurden. Im Jahr 2002 wurden die Beschlüsse von Bologna endgültig in die Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und damit in nationales Recht überführt, und es erfolgte die entsprechende Anpassung der 16 Landeshoch‐ schulgesetze. Kernpunkte der Reform bildeten die herausgehobene Bedeutung von Lehre und Studium sowie die Betonung der Anwendungsorientierung im Hinblick auf spätere Beschäftigungsfähigkeit (Employability) am Ar‐ beitsmarkt. Für die traditionell anwendungsorientierten Fachhochschulen war eine an den Bedürfnissen der Studierenden und des Arbeitsmarktes ausgerichtete Lehre Teil ihres Auftrags und ihres Selbstverständnisses und gehörte damit zum Alltagsgeschäft (Nickel, 2011). Daher verlief die Umstellung eher reibungslos, wenngleich es auch an den Fachhochschulen zu Protesten, vornehmlich aus den technischen Disziplinen, kam (Key & Seeßelberg, 2012). Wissen | Für die Universitäten stellte die Forderung nach größerer Praxisnähe des Studiums einen Angriff auf ihr historisch gewachse‐ nes wissenschaftliches Selbstverständnis dar, wonach Lehre sich in ers‐ ter Linie als Produkt der Forschung definiert und Lehre und Forschung frei und nicht der unmittelbaren Verwertung verpflichtet sind. Damit ist ein wesentliches Element universitärer Identität berührt (Nickel, 2011), und in der Folge stieß die Umsetzung der Bologna-Beschlüsse im universitären Bereich auf massive und bis heute anhaltende Kritik und teilweise erhebliche Widerstände. Die Einführung der gestuften Studienstruktur erwies sich für die Fachhoch‐ schulen in mehrfacher Hinsicht als hilfreich: Zunächst war mit der Möglich‐ keit, nun auch Masterstudiengänge an Fachhochschulen anzubieten, eine 28 3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende <?page no="29"?> erhebliche Aufwertung verbunden, von der eine starke Motivation für die Umstellung ausging (Key & Seeßelberg, 2012). Die gestufte Struktur erhöhte außerdem die Flexibilität und verbesserte damit die Vorausset‐ zungen zur Entwicklung eines breiteren Angebots an Studiengängen - das eingeschränkte Fächerspektrum war ja in der Vergangenheit einer der permanenten Kritikpunkte des Wissenschaftsrats gewesen. Wissen | Die von den Fachhochschulen verliehenen Abschlüsse Ba‐ chelor und Master waren fortan denen der Universitäten gleichgestellt. Dies brachte für die Fachhochschulen gleich mehrere Vorteile: Zum einen entfiel der - als Makel empfundene - Zusatz FH als Zusatz zum akademischen Grad. Zum anderen hatten die Absolvent: innen künftig bessere Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Der im Vergleich zu den Universitäten überproportionale Anstieg der Studierendenzahlen ab 2009 kann auch als Indiz für die deutlich gestiegene Attraktivität eines Studiums an einer Fachhochschule gelten. Wenn dieser Zuwachs weiter anhält, so ist es sehr wahrscheinlich, dass in den 2030er- Jahren die Mehrzahl der Studierenden in der Bundesrepublik an einer Fach‐ hochschule immatrikuliert sein wird, ganz so, wie das einst von Dahrendorf (1967) vorgesehen war. Wie gezeigt, war die Bologna-Reform für die Fachhochschulen nicht nur leichter umzusetzen, sondern sie wurden durch den Prozess auch deutlich aufgewertet und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, was ihrer Erwartung, in der Hierarchie weiter zu den Universitäten aufzuschließen, Auftrieb gab. Aufgrund der ehemals in Aussicht gestellten Perspektive, in Gesamthochschulen aufzugehen, tendierten die Fachhochschulen in Deutschland von Anfang an zur Angleichung an die Universität. Aber auch international fungieren Universitäten als Leit- und Vorbild für den gesamten akademischen Bereich, an denen sich andere Hochschultypen orientieren. Das Phänomen ist als Academic Drift beschrieben; zentrales Anreizinstrument bildet die Reputation, die sich im Wissenschaftssystem in erster Linie über Forschungsleistungen definiert und die als treibende Kraft dafür sorgt, dass Akteur: innen (und Einrichtungen) in die entsprechende Richtung driften (Kreckel, 2008). Der Bologna-Prozess hat an den deutschen Hochschulen einen Interna‐ tionalisierungsschub ausgelöst, denn erstmals waren Studienabschlüsse international vergleichbar und Studienstrukturen gegliedert und transpa‐ 29 3.2 Bologna-Prozess als Katalysator der Aufwertung <?page no="30"?> rent. In den 2000er-Jahren begannen Universitäten und Fachhochschulen, zunehmend und systematisch um internationale Studierende zu werben; teilweise wurden mit Unterstützung einiger Länderministerien (z. B. Baden- Württemberg, Hessen) regelrechte Standort-Marketing-Kampagnen im Ausland durchgeführt. Dabei erwies es sich als schwierig, den Begriff Fach‐ hochschule adäquat zu übersetzen, ohne in die Kategorie Schule eingeordnet zu werden. Die Fachhochschulen führten international zunehmend die Bezeichnung University of Applied Sciences ein. Daraus folgte im Deutschen vielfach die Umbenennung in Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) oder auch nur in Hochschule. Im Jahr 2008 wurde mit der Hochschule Fulda europaweit die erste Fach‐ hochschule Mitglied der European University Association (EUA) (WR, 2010). Bis Februar 2021 wies die EUA-Website bereits 36 deutsche Fachhochschulen als Mitglieder aus (Link-Tipp 2 | https: / / eua.eu/ about/ member-directory.h tml). Die Gleichstellung der Abschlüsse hatte zur Konsequenz, dass mit dem Master nun auch Fachhochschulabsolvent: innen die unmittelbare Zugangs‐ berechtigung zur Promotion hatten. Das Promotionsrecht lag jedoch nach wie vor ausschließlich bei den Universitäten, die Masterabsolvent: in‐ nen der Fachhochschulen nur vereinzelt zur Promotion annahmen. Im Laufe der 2000er-Jahre erhoben sich erste Stimmen, aus dem Kreis der Fachhochschulen, die das Promotionsrecht zunächst thematisierten und im weiteren Verlauf immer vernehmlicher einforderten. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates dürften diesem Wunsch Auftrieb verliehen haben, denn im Jahr 2000 wurde privaten Hochschulen das Promotionsrecht in Aussicht gestellt (WR, 2000) und 2009 auch den nichtstaatlichen Hochschulen (WR, 2009). Diese Empfehlungen bildeten den Auslöser für eine unmittelbare Reaktion: Mit dem UAS7 forderte erstmals ein Verband von Fachhochschulen die Länder auf, „längerfristig auch forschungsstarke Fachhochschulbereiche anhand von Qualitäts- und Leistungskriterien hinsichtlich einer Promoti‐ onsfähigkeit (zu) betrachten“. Der Vorsitzende der UAS7 argumentierte, dass einzelne Bereiche an Universitäten z. T. schwächer in Forschung und Lehre seien als starke Bereiche an Fachhochschulen und es daher gerechtfertigt sei, das Promotionsrecht für alle Bereiche aller Hochschulen von ihren Leistungen abhängig zu machen (Burchard, 2009). 30 3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende <?page no="31"?> 3.3 Zunehmende gesellschaftliche Relevanz Schreiterer (2016) warnte unter Verweis auf das Beispiel der früheren Poly‐ technics im Vereinigten Königreich UK (→ Kap. 2.3) die Fachhochschulen davor, sich in einen „Statuskampf für die Entdifferenzierung des Hoch‐ schulsystems“ zu begeben, da sie Gefahr liefen, „den Leistungswettbewerb mit den Universitäten krachend zu verlieren“. Auch der Wissenschaftsrat (2010) sprach sich dagegen aus, „dass der Hochschultyp Fachhochschule das Rollenmodell der Universität übernimmt“, und plädierte stattdessen für den Fortbestand der Differenzierung zwischen Universität und Fachhochschule, was „punktuelle Konvergenzbewegungen“ nicht ausschließe. Schreiterer (2016) hält das Potenzial der Fachhochschulen für noch lange nicht ausgereizt und rät ihnen, „statt immer nur an den Zäunen der Forschungsuniversitäten zu rütteln“ sich „als Inkubatoren für technische, soziale und organisatorische Innovationen“ zu verstehen und ihr Portfolio entlang dieses Selbstverständnisses weiterzuentwickeln. Damit könnten sie ihren Wert für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft noch deutlich steigern. Dass es dem Verfasser nicht um Pauschalkritik an den Fachhochschulen geht, wird deutlich, wenn er sie an anderer Stelle als „hidden champions des deutschen Hochschulsystems“ bezeichnet, die in erheblichem Maße zu dessen Leistungsfähigkeit und Dynamik beitragen (Schreiterer, 2016). Teu‐ scher (in: Borgwardt, 2016, S. 32/ 33) sieht die Fachhochschulen als besonders zukunftsfähig an, weil sie der Gesellschaft zugewandt seien. Schreiterer (2016) zufolge kommt ihnen zunehmend eine Schlüsselfunktion zu, wie die folgenden Ausführungen zeigen sollen. Schon seit ihrer Gründung gehören neben der Lehre auch anwendungs‐ orientierte Forschung sowie Weiterbildung zu den Aufgaben der Fach‐ hochschulen, was der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen von 1981 bekräftigte. Im Jahr 2010 beschäftigte der Wissenschaftsrat sich erstmals eingehend auch mit dem Thema Wissenstransfer und regionale Wirt‐ schaft: Fachhochschulen hätten sich als gefragte Partner von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen etabliert. Praktika und praxisorientierte Abschlussarbeiten von Studierenden bilden ihm zufolge wichtige Elemente im Wissenstransfer, wodurch das Know-how der Studierenden und der betreuenden Hochschullehrer: innen von den Hochschulen in die Unterneh‐ men bzw. öffentlichen Einrichtungen und aus den Unternehmen in die Hochschulen gelange. Dieser zentrale Transfer betreffe alle Studien- und Forschungsgebiete von Fachhochschulen gleichermaßen. Aufgrund ihrer 31 3.3 Zunehmende gesellschaftliche Relevanz <?page no="32"?> regionalen Verankerung bildeten Fachhochschulen wichtige Bindeglieder zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und seien bedeutende Partnerein‐ richtungen Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMUs), die oft über keine eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verfügen, eher an die Region gebunden und daher auf die regionalen Hochschulen als externe Wissensquelle angewiesen seien (WR, 2010). Laut Warnecke (2016) bildet der Transfer von Wissen aus dem Hochschul‐ sektor in die Wirtschaft über Forschungskooperationen einen bedeutenden Faktor für Innovationen. Im Vergleich zu Universitäten, in denen der Transfer vor allem über Publikationen erfolgt, bilden Unternehmenskoo‐ perationen einen wichtigen Transferkanal der Fachhochschulen. Lackner (2019) attestiert den Fachhochschulen insbesondere in den Bereichen der anwendungsorientierten bzw. industrienahen Forschung und des Techno‐ logietransfers „eine überaus dynamische Entwicklung“ und sieht sie als „regional hervorragend vernetzte Innovationsträger“. Der Wissenschaftsrat (2010) konstatierte außerdem, dass Fachhochschu‐ len erheblich zur gesellschaftlichen Ausweitung akademischer Bildung und Ausbildung beigetragen hätten. Dies gilt insbesondere für den Bildungs‐ aufstieg weiter Bevölkerungsteile und für die Integration von Personen mit ausländischen Wurzeln: Laut der Sozialerhebung von Middendorf et al. (2017) stammten 58 % der Studierenden an Fachhochschulen aus nichtakademischen Elternhäusern, während an Universitäten 58 % aus akademischen Herkunftsfamilien kamen. Die Hochschulstatistik für das Jahr 2019 wiederum zeigt, dass 31,4 % aller ausländischen Studierenden an Fachhochschulen sog. Bildungsinländer (Personen nichtdeutscher Nationa‐ lität, aber deutscher Hochschulzugangsberechtigung) waren; deren Anteil lag an Universitäten bei nur 18 % (Statistisches Bundesamt, 2020a; eigene Berechnungen). Die Untersuchungen von Middendorf et al. (2017) zeigen außerdem, dass unter den studierenden Bildungsinländern der Anteil mit Bildungsherkunft „niedrig“ fast vier mal so hoch ist (35 %) wie bei denen deutscher Herkunft (9 %). In dieser Gruppe verbinden die Fachhochschulen damit sehr effektiv Integration und Bildungsaufstieg. Es ist damit zu rechnen, dass die Akademisierung in den Pflegeberufen erst den Anfang eines weiterreichenden Prozesses bildet, der durch die zunehmende „Verwissenschaftlichung von Arbeit“ (Langemeyer & Ohm, 2009) angetrieben wird. Dieser Prozess könnte im weiteren Verlauf eine Vielzahl von klassischen Ausbildungsberufen erfassen, weil wissenschaftli‐ ches Denken und Arbeiten zunehmend zum Anforderungsprofil der ausge‐ 32 3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende <?page no="33"?> übten Tätigkeiten gehören. Bereits im Zuge der Bologna-Reform sind laut Mozhova & Krabel (2018) viele Bachelorstudiengänge entstanden, die zuvor eher in den Bereich der beruflichen Ausbildung fielen; neben der Pflege werden praxisbezogene kaufmännische und handwerkliche Ausbildung genannt. In nächster Konsequenz erscheint es Langemeyer & Martin (2018) zufolge „nicht unplausibel, […] bei einer Neuausrichtung zukunftsweisender Arbeitsfelder […] das Schisma akademischer und beruflicher Bildung zu überwinden“. Damit wäre vorgezeichnet, dass die bildungspolitische und gesellschaftliche Bedeutung der Fachhochschulen weiter zunehmen wird. 33 3.3 Zunehmende gesellschaftliche Relevanz <?page no="35"?> 4 Die Professor: innen als die Leistungsträger: innen Die Erfüllung der „Trias aus Lehre, Forschung und Berufspraxis“ (Mozhova & Krabel, 2018) obliegt in Ermangelung eines Mittelbaus den Professor: in‐ nen, die damit die zentralen Leistungsträger: innen der Fachhochschulen bilden. Bereits 1981 stellte der Wissenschaftsrat in seinen ersten Empfeh‐ lungen zu den Fachhochschulen fest, dass diese „in der Erfüllung ihrer Aufgaben innerhalb des Tertiären Bereichs von der spezifischen Qualität ihrer Professoren“ abhängig seien (WR, 1981). Tipp | Seither haben sich die Anforderungen, insbesondere auch im Kontext der sog. Third Mission (Weiterbildung, Transfer und Ko‐ operationen), stetig erhöht. Wenn die Fachhochschulen künftig wei‐ terwachsen und an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnen sollen, ist die systematische Personalentwicklung für aktuelle und künftige FH- Professor: innen von eminenter Bedeutung für deren Erfolgsgeschichte (Lackner, 2019). 4.1 Qualifizierungsanforderungen für FH-Professuren Voraussetzung für die Berufung auf eine Professur an einer Fachhochschule bildet eine „Dreifachqualifikation“ (Lackner, 2019). Das Hessische Landes‐ hochschulgesetz (2009), das hier beispielhaft für die Hochschulgesetze der anderen Bundesländer herangezogen wird, definiert als Einstellungskrite‐ rien neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium (a) die für die Erfüllung der Aufgaben erforderliche Befähigung zu wis‐ senschaftlicher Arbeit (i. d. R. nachgewiesen durch die Promotion), (b) die dafür erforderliche pädagogische Eignung und (c) besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissen‐ schaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjäh‐ rigen beruflichen Praxis, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen. Nach wie vor stellt ein Universitätsstudium mit anschließender Promotion und folgender Berufspraxis den üblichen Karriereweg für Fachhochschul‐ <?page no="36"?> professuren dar und bildet für promovierte Wissenschaftler: innen prinzipi‐ ell eine Alternative zu einer Universitätskarriere. Entsprechendes hatte der Wissenschaftsrat bereits 1981 festgestellt: Aufgrund verringerter Aussich‐ ten des wissenschaftlichen Nachwuchses in den Universitäten sei zuneh‐ mend mit Bewerber: innen aus diesem Bereich zu rechnen, die aber dennoch die geforderten berufspraktischen Tätigkeiten außerhalb der Hochschule nachweisen sollten (WR, 1981). Im Evaluationsbericht des Professorinnenprogammes des Bundes von Löther & Glanz (2017) finden sich Hinweise darauf, dass ein erheblicher Teil der an Fachhochschulen berufenen Professorinnen aus den Universi‐ täten kommt. Die Autorinnen konstatieren, dass die an Fachhochschulen berufenen Professor: innen überproportional häufig über Qualifikationen verfügten, die für diesen Hochschultyp nicht nötig sind: 8 % wiesen eine Habilitation auf (6 % bei In der Smitten et al., 2017), 9 % verfügten über äquivalente Leistungen und 4 % hatten zuvor eine Juniorprofessur innege‐ habt. Von den 122 befragten Professorinnen kamen 40 % von außerhalb der Wissenschaft, 10 % waren selbständig, alle anderen - d. h. ungefähr die Hälfte - waren zuvor im Hochschulbereich beschäftigt gewesen. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Karriere an der Fachhochschule für nicht wenige Personen in Erwägung gezogen wird, nachdem sie erkennen müssen, dass ihre Chancen auf eine Universitätskarriere minimal sind. Nach Reissert bieten: „Fachhochschulen Nachwuchswissenschaftlern Alternativen zu verstopften uni‐ versitären Karrierepfaden, wenn sie bereit sind, eine Zeitlang außerhalb der Wissenschaft zu arbeiten“ (Reissert, 2016). Andererseits sehen In der Smitten et al. (2017) anhand der Ausschreibungs‐ texte und angewandten Leistungskriterien wie Publikationen und Drittmit‐ teleinwerbung Hinweise darauf, dass die Anforderungen gestiegen seien. Dem widersprechen die Untersuchungen von Kleimann & Hückstädt (2018), die in 407 Besetzungsverfahren des Jahres 2015 Auswahlkriterien von Fach‐ hochschulen und Universitäten verglichen haben und klare Unterschiede identifizieren konnten: Während die Fachhochschulen deutlich stärker am Primat der Lehre orientiert seien (insbesondere Lehrevaluationser‐ gebnisse und Lehrkonzept), schlage bei den Universitäten die „tradierte Dominanz der Forschung“ durch. Die Autoren schränken die Aussagekraft ihrer Ergebnisse dahingehend ein, dass es sich um keine Längsschnittstudie 36 4 Die Professor: innen als die Leistungsträger: innen <?page no="37"?> gehandelt habe, so dass sich mögliche Veränderungen über die Zeit nicht abbilden ließen. Die obligatorische Berufspraxis setzt die Bereitschaft zu intersektoraler Mobilität voraus. Sie bedeutet i. d. R. einen zweifachen Systemwechsel, der üblicherweise mit einem Ausscheiden aus der Wissenschaft und einer Rückkehr in das akademische System einhergeht. Die Studie von Kleimann & Hückstädt (2018) zeigt, dass es sich bei den „besonderen fachspezifischen Anforderungen“ in aller Regel nicht nur um das generelle Erfordernis außerhochschulischer Praxiserfahrung handelt, sondern darüber hinaus in den meisten Fällen Leitungserfahrung erwartet wird. In Interviews, die In der Smitten et al. (2017) u. a. mit Hochschulleitungen und Dekan: innen an FHs geführt haben, spricht eine der interviewten Personen davon, dass Bewerber: innen auf Fachhochschulprofessuren einen „doppelten Bruch“ im Lebenslauf aufwiesen. Ein anderer Interviewpartner bezeichnet sie sogar als „doppelte Aussteiger“, die nach der erfolgreichen Promotion den Entschluss gefasst haben, aus dem akademischen System auszusteigen, um sich nach drei bis fünf Jahren zur Rückkehr zu entscheiden: „Wenn das das Kriterium ist, um Nachwuchs zu gewinnen, durch zweimalige Abbruchsentscheidun‐ gen, dann sind wir ausgesprochen schlecht beraten.“ 4.2 Herausforderungen bei der Personalgewinnung Nach Auffassung der Hochschulallianz für den Mittelstand (HAfM, 2016a) baut das heutige Rekrutierungssystem für Fachhochschulprofessuren auf „spontane Berufsaussteiger“ und ist damit eher vom Zufall geprägt denn verlässlich, strukturiert und transparent. Laut In der Smitten et al. (2017) muss von „einem nicht ausgeschöpften Potential an Akademiker/ innen“ ausgegangen werden, die in der Berufspraxis stehen und qualifiziert sind, de‐ nen aber die Möglichkeiten einer Karriere an der Fachhochschule überhaupt nicht bekannt sind. In der Studie im Auftrag des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) wurden 773 Berufungs‐ verfahren an 41 Fachhochschulen ausgewertet, auf die 16.636 Bewerbungen eingegangen waren. Mehr als ein Drittel (36 %) der Professuren musste mehrfach ausgeschrieben werden, 11 % mehr als zweimal, in Extremfällen erfolgte die Ausschreibung sogar fünf und mehr Male. Die Dauer der Besetzungsverfahren wurde dadurch erheblich in die Länge gezogen, 16 % der Stellen blieben gar unbesetzt. 37 4.2 Herausforderungen bei der Personalgewinnung <?page no="38"?> Zwar bewarben sich im Durchschnitt 22 Personen auf eine Ausschrei‐ bung, im Schnitt erfüllten aber 29 % nicht die formalen Anforderungen: einschlägige berufliche Erfahrung (47 %), überdurchschnittliche Promotion (33 %), Lehrerfahrung im Hochschulbereich (19 %). Weitere 36 % der Bewer‐ bungen wurden wegen fachlicher Gründe oder unzureichender Leistungen aussortiert oder zogen ihre Bewerbung zurück. Wenn also fast zwei Drittel der Bewerber: innen zwar die Mühe einer Bewerbung auf sich nehmen, sie dann aber gar nicht erst in die Verfahren kommen, weist dies auf eklatante Informationsdefizite hinsichtlich der geltenden Voraussetzungen hin. Falsche Vorstellungen zu Fachhochschulprofessuren bis hin zu der irrigen Meinung, eine Laufbahn an einer Fachhochschule setze auch ein Stu‐ dium an diesem Hochschultyp voraus, bildeten, In der Smitten et al. (2017) zufolge, ein starkes Hemmnis. Die Informationsdefizite sind nicht zuletzt darin begründet, dass die Fachhochschulprofessur - im Gegensatz zu ihrem Pendant an der Universität - „in der öffentlichen Wahrnehmung und medialen Berichterstattung eher ein Schattendasein“ (Lackner, 2019) fristet. Der Bewerbermangel gilt nicht für alle Fächer gleichermaßen: In Musik, Kunst und Gestaltung ist die Bewerberlage mit durchschnittlich 35 Bewer‐ bungen pro Ausschreibung relativ gut. Hingegen bewerben sich in den ingenieurwissenschaftlich-technischen Fächern im Durchschnitt nur halb so viele Personen (17,7), weniger sind es nur im Gesundheitswesen mit 15,5. Bei derart niedrigen Bewerberzahlen kann davon ausgegangen werden, dass das Ziel einer Dreierliste in diesen Fächern eher die Ausnahme als die Regel darstellt. Auch im Bereich Sozialwissenschaften/ Soziale Arbeit ist die Besetzung von Professuren schwierig geworden, weil der „Arbeitsmarkt leergefegt“ ist (In der Smitten et al, 2017). Borgwardt (2016) spricht von einem gleich zweifachen Rekrutierungsproblem: einem allgemeinen im Hinblick auf wissenschaftlich und didaktisch qualifiziertes Personal und einem speziellen in den Bereichen, in denen es keine komplementären uni‐ versitären Fächer gibt und der entsprechende wissenschaftliche Nachwuchs fehlt. Letzteres wird von Lackner (2019) bestätigt, der Besetzungsprobleme vor allem in ebendiesen Disziplinen ausmacht, hierzu zählen nach seiner Auffassung die Pflege und Gesundheitsberufe, aber auch die Soziale Arbeit. Prinzipiell steht eine Fachhochschulprofessur auch promovierten Kan‐ didat: innen aus den Universitäten offen. Durch befristet finanzierte For‐ schungsförderprogramme - so auch der Exzellenzinitiative/ -strategie - sei an den Universitäten ein „Stau von Nachwuchswissenschaftlern entstan‐ den“ (HAfM, 2016b), der sich seit den 2010er-Jahren zunehmend zu einem 38 4 Die Professor: innen als die Leistungsträger: innen <?page no="39"?> Stau von Promovierten entwickelt hat. Die Universitäten stehen in der Kritik, „nicht nur für die entstandene Überfülle an Wissenschaftlern in ihrem Mittel‐ bau verantwortlich [zu sein], sondern gleichzeitig auch für den Mangel an Nachwuchswissenschaftlern und potentiellen Kandidaten für Fachhochschulpro‐ fessuren. Insofern sind die Universitäten dieser ihrer originären Aufgabe einer bedarfsgerechten Nachwuchsausbildung gleich in zweifacher Hinsicht nicht nachgekommen“ (von Grünberg, 2016). Wissen | Der wissenschaftliche Nachwuchs an den Universitäten verfolgt mehrheitlich das Ziel Universitätsprofessur und hat hinsicht‐ lich der Karriereoption FH-Professur vielfach einen blinden Fleck. Diejenigen aber, denen die Option grundsätzlich bekannt ist, wissen i. d. R. auch um die Bedingungen und vergleichen diese mit der Univer‐ sitätsprofessur: Die hohe Lehrbelastung und die geringen Ressourcen für Forschung, die für die meisten die eigentliche Motivation bildet (Reputation und Academic Drift, → Kap. 2.2) lassen eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften deutlich weniger bis gänzlich unattraktiv erscheinen. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten die Universität erst einmal verlassen müssten, um die geforderte mindestens dreijährige berufliche Praxisphase einuzulegen. Das hohe Lehrdeputat scheint potenziell geeignete Personen eher im Vorfeld von einer Bewerbung abzuhalten, denn für die Annahme oder Ab‐ lehnung des Rufs spielte es keine entscheidende Rolle (In der Smitten et al., 2017). Dennoch bezeichnen die Interviewpartner: innen in der DZHW-Studie die Höhe der Lehrverpflichtung als reformbedürftig und begründen dies mit steigenden Forschungsanteilen und der Notwendigkeit einer Ausdiffe‐ renzierung von Professuren, nicht zuletzt mit Blick auf die Wettbewerbsfä‐ higkeit mit den Universitäten. Auch die Hochschulrektorenkonferenz hatte bereits 2016 eine Flexibilisierung der Deputatsbelastung gefordert (HRK, 2016-2). Die niedrige Grundfinanzierung verhindert eine adäquate Ausstattung mit Sach- und Personalmitteln, beschränkt die Gestaltungsmöglichkeiten und bildet damit ein zusätzliches Attraktivitätshemmnis. Dies gilt insbeson‐ dere für Forschungs- und Transferaktivitäten, die aufgrund geringer Ressourcen häufig nicht in der gewünschten Intensität betrieben werden 39 4.2 Herausforderungen bei der Personalgewinnung <?page no="40"?> können. Wenngleich dieser kompetitive Nachteil mittlerweile erkannt wor‐ den ist und erste Professuren mit reduziertem Lehrdeputat oder sogar Forschungsprofessuren auf W3 ausgeschrieben werden, werden solche Positionen auch zukünftig voraussichtlich eher den Ausnahmeals den Regelfall darstellen. 4.3 Entwicklung des Angebots an Professuren Bereits in den 1970er-Jahren muss es in einigen Fächern Engpässe bei der Besetzung gegeben haben. Zwar stellte der Wissenschaftsrat 1981 fest, dass der Anteil von 12,1 % unbesetzter Professuren an Fachhochschulen sich nicht gravierend von den Universitäten unterscheide. Betrachtet man allerdings differenziert nach Fächerclustern (WR, 1981) zeigt sich, dass insbesondere die technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereiche teilweise erheblich höhere Anteile von über 20 % nicht besetzter Professuren aufwiesen. Den Spitzenreiter bildete die Technische Betriebswirtschaft mit einem Anteil von 42,9 %. Mehr als zwei Jahrzehnte später konstatierte der Wissenschaftsrat große Besetzungsschwierigkeiten insbesondere in Fächern, die in Konkurrenz zu attraktiven Positionen im außerhochschulischen Arbeitsmarkt stehen. Er prognostizierte eine weitere Verschärfung der Situation bedingt durch die hohe Zahl an altershalber ausscheidenden Professor: innen von damals ca. 500 pro Jahr (WR, 2002). Seit 2007 hat sich die Lage deutlich zugespitzt, wofür mehrere Gründe ursächlich sind: Durch den starken Anstieg der Studierendenzahlen (→ Kap. 2.1) und den Start des Hochschulpakts 2020 im Jahr 2007 stieg auch die Zahl der Lehrenden deutlich an. Zusätzlich ist der Ersatzbedarf bis Ende der 2010er-Jahre auf über 600 gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2009). Hinzu kommt die anhaltend gute konjunkturelle Situation, die nach In der Smitten et al. (2017) ebenfalls einen starken Einfluss auf die Bewerberlage hat. Die Fachhochschulen haben also immer größere Schwierigkeiten, ihre offenen Professorenstellen zeitnah zu besetzen. Die damalige Bundesminis‐ terin Johanna Wanka sprach 2017 von einem alarmierenden Bewerberman‐ gel (BMBF, 2017). Nach Lackner (2019) droht den Fachhochschulen der Nachwuchs an Professor: innen und „damit der eigentliche Erfolgsgarant für die Anwendungs- und Praxisnähe wegzubrechen“. Mit einer Entspannung 40 4 Die Professor: innen als die Leistungsträger: innen <?page no="41"?> ist auch für die Dekade 2020 nicht zu rechnen, vielmehr wird sich die Situation im Verlauf noch verschärfen: Angesichts des weiteren Anstiegs der Studierendenzahlen - nicht zuletzt auch infolge der Akademisierung von Ausbildungsberufen - besteht die Notwendigkeit, neue Professuren zu schaffen (Mozhova & Krabel, 2018). Andererseits wird der prognostizierte Ersatzbedarf durch altersbedingtes Ausscheiden im Verlauf der Dekade wei‐ ter ansteigen bis auf über 900 im Jahr 2029; dies entspricht einem Zuwachs um 82 % innerhalb eines Zeitraums von nur zehn Jahren (Statistisches Bundesamt, 2020b; eigene Berechnungen). Die Fachhochschulen müssen in den kommenden Jahren erhebliche zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um ihre frei werdenden und neu entstehenden Professuren effizient und adäquat zu besetzen und damit ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten. Dies erfordert die Verbesserung bestehender sowie die Einführung neuer Maßnahmen der Personalentwicklung - wozu auch die Personalgewinnung zählt. In den folgenden Kapiteln sollen existierende Maßnahmen und Ideen vorgestellt, auf ihren Beitrag zur Linderung des Problems Personalengpass analysiert und Vorschläge zur Verbesserung gemacht werden. Dabei soll differenziert werden zwischen eher kurzfristigen - und schnell umsetzbaren - Maßnahmen zur Personal‐ gewinnung und Steigerung des Rekrutierungserfolgs (→ Kap. 4), die in erster Linie Akademiker: innen aus der beruflichen Praxis adressieren und mittelbis längerfristig wirksamen Konzepten der Personalentwicklung mit dem Ziel eines eigenständigen Karrierewegs FH-Professur (→ Kap. 5), der neben den Berufspraktiker: innen auch den wissenschaftlichen Nachwuchs der Universitäten in den Blick nehmen und darüber hinaus eine eigene Kategorie FH-eigenen Nachwuchses adressieren soll. 41 4.3 Entwicklung des Angebots an Professuren <?page no="43"?> 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung Um den Rekrutierungserfolg möglichst unmittelbar zu steigern, empfiehlt es sich, vornehmlich diejenige Zielgruppe in den Fokus zu nehmen, die bereits über die geforderte Mehrfachqualifikation verfügt und somit die Ein‐ stellungsvoraussetzungen erfüllt. Dies sind in erster Linie die promovierten Berufspraktiker: innen. Wie im vorangegangenen Kapitel ausgeführt, exis‐ tieren in dieser Gruppe eklatante Informationsdefizite, so dass nur wenige Personen die Möglichkeit einer FH-Professur überhaupt im Blick haben. Noch weniger wissen sie i. d. R. über die Tätigkeit, die Voraussetzungen sowie den Karriereweg zu einer Professur. Der Wechsel in die Praxis war in den meisten Fällen das Resultat einer bewussten Entscheidung gegen eine akademische Karriere, und so haben die Jahre in der Praxis die Entfremdung zur Akademia weiter verstärkt. Eine Strategie zur Verbesserung des Rekru‐ tierungserfolgs sollte diese besondere Situation verstärkt berücksichtigen, um Maßnahmen adressatenspezifisch auszurichten. 5.1 Information und Marketing (Pro-)aktive Kommunikation und Marketing zum Berufsbild Fachhoch‐ schulprofessur sind wichtig, um mehr Personen für eine derartige Tätigkeit zu interessieren (Mozhova & Krabel, 2018), und bilden daher zentrale In‐ strumente der Personalgewinnung. Hierzu existieren bereits entsprechende Initiativen: Die Hochschulallianz für den Mittelstand (HAfM), ein Zusammenschluss von zwölf Hochschulen, wirbt auf ihrer Website mit „zehn guten Gründen für eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften“ (Link-Tipp 3 | http: / / www.hochschulallianz.de/ karrierewege/ 10-gute-gru‐ ende-fuer-eine-haw-professur.html). Die Hochschulallianz war außerdem erstmalig 2017 auf der Konferenz des German Academic International Network (GAIN) vertreten mit dem Ziel, deutsche Postdocs in den USA, die an einer Rückkehr nach Deutsch‐ land interessiert sind, zu umwerben. Zu diesem Zweck hatten sie auch <?page no="44"?> die 79 zu diesem Zeitpunkt offenen Professor: innenstellen „im Gepäck“. Seither waren bei der GAIN immer einzelne Fachhochschulen bzw. Kon‐ sortien als Aussteller mit Vorträgen zum Karriereweg Professur an einer HAW vertreten. Da jedoch nur eine Minderheit der hier angesprochenen Postdocs über die geforderte außerhochschulische Berufserfahrung ver‐ fügen dürfte, ist fraglich, inwieweit die GAIN-Präsenz eine geeignete Maßnahme zur unmittelbaren Steigerung des Rekrutierungserfolgs dar‐ stellt. Der Verband der UAS7 (ein Zusammenschluss aus sieben Fachhochschu‐ len) informiert und wirbt auf seiner Website zur Karrieremöglichkeit HAW- Professur. Außerdem organisiert er seit 2017 an seinen Mitgliedshochschu‐ len regelmäßig eine Roadshow, bei der über Tätigkeiten und Aufgabenfelder von Professor: innen sowie den Weg zu und die Vorteile einer Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) informiert wird und betreibt damit nach eigenen Worten Employer Branding (UAS7, 2021). Auch wenn diese Initiative richtungsweisend ist, so bleibt ihre Reichweite dennoch regional und sektoral beschränkt: Zum einen sind nur sieben der über 200 Fachhochschulen einbezogen, von denen sich allein fünf in Nord- West-Deutschland zwischen Köln und Hamburg konzentrieren; die anderen beiden Mitgliedshochschulen befinden sich in Berlin und München. Zum anderen handelt es sich um Informationsveranstaltungen an akademischen Einrichtungen, die ein überwiegend akademisches Publikum adressieren - vielfach promovierte Nachwuchswissenschafter: innen der benachbarten Universitäten. Aus den Informationen auf der Website der UAS Roadshow (2021) wird nicht ersichtlich, dass die Veranstaltungen sich nennenswert auch an promovierte Berufspraktiker: innen wenden bzw. solche Personen gezielt eingeladen sind. Um die Reichweite solcher Veranstaltungen zu erhöhen, wird empfohlen, die Initiative unter den Schirm der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu stellen, in der immerhin 118 der 243 Fachhochschulen als Mitglieder ver‐ treten sind (Link-Tipp 4 | https: / / www.hrk.de/ mitglieder/ mitgliedshochsch ulen/ hochschulen-fuer-angewandte-wissenschaften-fachhochschulen/ ) Die Veranstaltungen sollten nicht nur in der akademischen Community ange‐ kündigt werden, sondern, je nach Gegebenheit, auch in der lokalen bzw. regionalen Presse, bei Onlinekarriereportalen sowie in sozialen Netzwerken, bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern und den entsprechenden Fach‐ verbänden. Dabei muss klar ersichtlich werden, dass sich die Veranstaltung 44 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="45"?> an (promovierte) Personen aus der beruflichen Praxis richtet, die ganz ge‐ zielt angesprochen und eingeladen werden. Tipp | In diesem Zusammenhang könnte die Kooperation mit Alumni- Organisationen (der eigenen Hochschule und/ oder benachbarter Uni‐ versitäten) hilfreich sein, indem promovierte und außeruniversitär tätige Personen herausgefiltert und regelmäßig Informationen zu Ver‐ anstaltungen, aber auch zu vakanten Professuren erhalten. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, „einen stärkeren Fokus auf die Arbeitge‐ bermarke“ im Sinne eines Employer Branding zu legen und die Stärken der Fachhochschulen hinsichtlich gesellschaftlicher Relevanz und ihres Beitrags zur Innovation zu betonen (WR, 2016). Für HAW-Professuren sind zentrale Argumente (In der Smitten et al., 2017): ■ die hohe Arbeitsplatzsicherheit und ■ Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen, ■ ein vielfältiges Aufgabenspektrum ■ mit hoher Selbstbestimmtheit und ■ zeitliche Flexibilität. Bei Schlegel (2006) gaben 73 % der Befragten an, dass die neue Position eine Reihe von Vorteilen gegenüber ihrer vorangegangenen Tätigkeit mit sich brachte. Zusätzlich zu den oben genannten Faktoren wurde die Möglichkeit zur Verwirklichung eigener Ideen, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Statusverbesserung, die mit der Übernahme einer Professur einherging, genannt. Ein Punkt, der hingegen regelmäßig in der Kritik steht, ist die Besol‐ dungshöhe, vor allem die Deckelung auf W2, was im Vergleich zu den Ge‐ hältern in der sog. freien Wirtschaft nicht konkurrenzfähig sei. Auch wenn diese Kritik nicht unberechtigt ist, so trifft sie doch nicht pauschal zu, wie In der Smitten et al. (2017) nachgewiesen haben: Während in den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften jeweils rund die Hälfte der Neuberufenen Einkommenseinbußen hinnehmen musste, verzeichneten Personen aus den Agrar-, Gesundheits-, Gesellschafts- und Sprachwissenschaften tendenziell eher Einkommenszuwächse. Letzteres traf auch auf die Mehrheit (65 %) der Personen zu, die zuvor in der akademischen Wissenschaft beschäftigt gewesen waren. 45 5.1 Information und Marketing <?page no="46"?> Der Kritik an niedrigeren Einkommen liegt i. d. R. ein Vergleich der Bruttoeinkommen zugrunde (siehe auch In der Smitten et al., 2017). Dies hat zur Folge, dass eine W2-Besoldung gegenüber einem Angestelltengehalt niedriger erscheint, als sie tatsächlich ist: Wissen | Werden die Nettoeinkommen verglichen, ergibt sich ein differenzierteres Bild: Bei angestellten ledigen Personen ohne Kinder würde ein jährliches Bruttoeinkommen in Höhe von 95.000 Euro netto ca. 52.000 Euro ergeben. Dieser Nettoverdienst entspricht der Höhe des Nettoeinkommens einer W2-Besoldung auf Erfahrungs‐ stufe 0 (51.900 Euro); das Jahresbrutto aber liegt bei nur 72.000 Euro, also mehr als 20.000 Euro niedriger. Herangezogen wurde die Besol‐ dung im Bundesland Hessen, die Höhe der Besoldung differiert zwi‐ schen den Bundesländern. Erst ab einem Jahresbruttogehalt oberhalb von 91.000 Euro (einer angestellten, ledigen und kinderlosen Person) kann von einer Netto-Einkommensverschlechterung beim Wechsel auf eine FH-Professur ausgegangen werden. Bei einer verheirateten Person mit zwei Kindern erhöht sich dieser Grenzbetrag sogar bis auf 107.000 Euro bei Erfahrungsstufe 5 (Link-Tipp 5 | http: / / oeffentlic her-dienst.info/ beamte/ he/ ; Link-Tipp 6 | www.brutto-netto-rech ner.info - Stand 2021). Rekrutierungsempfehlungen ■ Personen, die in Industrieunternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung tätig sind, sollten möglichst frühzeitig rekrutiert wer‐ den. Laut gehaltsreporter.de steigen promovierte Absolvent: innen im Schnitt mit einem Jahresgehalt von 57.000 Euro ein. Im Bereich R&D in der Biotechnologie- und Pharmabranche liegt der Median in den ersten fünf Jahren bei knapp 59.000 Euro. Üblicherweise findet nach drei bis fünf Jahren der erste Karriereaufstieg in eine leitende Position statt; dieser Wechsel ist üblicherweise mit einem Gehaltssprung zwischen 20.000 und 25.000 Euro verbunden. In diesem Stadium ist dann eine Karriere an der Fachhochschule möglicherweise - nicht nur in monetärer Hinsicht nicht mehr attraktiv. 46 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="47"?> ■ Vielversprechende und gut dotierte Kandidat: innen, an denen die Hochschule ein hohes Rekrutierungsinteresse hat, könnten vor‐ zeitig in höhere Erfahrungsstufen eingruppiert werden, um die Einkommensdifferenz zu minimieren und die Attraktivität einer Professur zu erhöhen. ■ Zusätzlich sollten insbesondere in den Fächern, in denen die Konkurrenz mit dem außeruniversitären Arbeitsmarkt besonders groß ist - und dazu zählen in erster Linie die Ingenieurwis‐ senschaften, aber auch die Wirtschaftswissenschaften - auch Berufungsund/ oder Leistungszulagen gewährt werden können. Für die meisten Universitätsprofessuren existiert diese Option, so dass eigentlich kein Grund besteht, die Fachhochschulen im Wettbewerb mit den Universitäten in diesem Punkt zu benach‐ teiligen. Gegebenenfalls müssen die Kriterien für die Zulagen in den Hochschulleistungsbezügeverordnungen der Länder ent‐ sprechend erweitert werden. ■ Auch eine Erhöhung der Zahl an W3-Professuren an Fachhochschu‐ len sollte kein Tabu sein. Die Kriterien hierfür müssten definiert werden, die ersten Forschungsprofessuren könnten hierfür als Bei‐ spiele herangezogen werden. 5.2 Stellenausschreibungen Bei In der Smitten et al. (2017) gaben 73 % der Erstberufenen an Fach‐ hochschulen an, selbständig (z. B. in Online- und Printmedien) auf die Ausschreibung „ihrer“ Professur aufmerksam geworden zu sein. Das weist darauf hin, dass die klassische Ausschreibung nach wie vor eine zentrale Rolle bei Besetzungsverfahren spielt. Um einen Eindruck zu gewinnen, wie hoch die tatsächliche Zahl der Ausschreibungen ist und wie die Zielgruppe darin angesprochen wird, führte die Autorin im Zeitraum vom 1. März bis 30. April 2021 eine Erhebung zu den ausge‐ schriebenen HAW-Professuren durch. Berücksichtigt wurden alle Aus‐ schreibungen für unbefristete Professuren an Fach- und Verwaltungs‐ hochschulen sowie Professuren im FH-Track der Universitäten Cottbus- Senftenberg und Eichstätt. Ausschreibungen aus Berufsakademien und 47 5.2 Stellenausschreibungen <?page no="48"?> Dualen Hochschulen wurden nicht berücksichtigt. Als Recherchequelle diente die Printausgabe der Wochenzeitschrift DIE ZEIT, das Medium für Stellenausschreibungen im akademischen Bereich. Zusätzlich wurden zu Erscheinungsdaten der Printausgaben Onlinerecherchen in den Online‐ karriereportalen Stepstone (www.stepstone.de) und Monster (www.mon ster.de) durchgeführt (Suchwort: „Professor/ in“). Eigene Erhebung zur aktuellen Zahl der Ausschreibungen Angesichts des kurzen Erhebungszeitraums von nur zwei Monaten können die folgenden Ergebnisse nicht repräsentativ sein, sondern lediglich eine Momentaufnahme darstellen. Insgesamt wurden 310 unbefristete Professu‐ ren an 93 Fachhochschulen ausgeschrieben, dies ist ein Indiz für einen sehr hohen Bedarf. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr läge der tatsächliche Bedarf mit ca. 1.800 Neubesetzungen mehr als dreimal so hoch wie der in der Hochschulstatistik für 2021 prognostizierte Ersatzbedarf in Höhe von 577 Professor: innen (Statistisches Bundesamt, 2020b). Daher wurde als Referenz zusätzlich die Zahl der im selben Zeitraum ausgeschriebenen Universitätsprofessuren herangezogen: Mit 192 Inseraten (einschließlich Tenure-Track-Positionen, aber ohne Juniorprofessuren) lag der Bedarf um 38 % niedriger. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Zahl der Professuren an Universitäten um fast 30 % höher ist als an Fachhochschulen, wären bei ähnlich hohem Bedarf vonseiten der Universitäten ca. 400 Aus‐ schreibungen zu erwarten gewesen. Das verdeutlicht eindrücklich, dass die Besetzungsdynamik für Professuren an Fachhochschulen aktuell mehr als doppelt so hoch ist wie an Universitäten. Ausschreibungen mit bis zu 13 Professuren gleichzeitig (TH Ingolstadt) bzw. mit dem Ziel des Aufbaus neuer Fakultäten (Business School Berlin) sind deutliche Indizien für diese hohe Dynamik. Allerdings scheint sich der Bedarf an Professor: innen sehr ungleich auf einzelne Hochschulen zu verteilen: Während 26 Institutionen nur jeweils eine Professur zu besetzen hatten, schrieben die drei Spitzenreiter im fraglichen Zeitraum 20 (Ostbayrische Technische Hochschule Re‐ gensburg), 14 (Technische Hochschule Ingolstadt) bzw. 11 (Hochschule Ansbach) Professuren aus. Im Vergleich der Bundesländer liegt dement‐ sprechend Bayern mit 82 Ausschreibungen an erster Stelle, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 58 Inseraten. Der Südwesten Deutschlands mit Bayern und Baden-Württemberg bildet die Region mit dem höchsten 48 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="49"?> Rekrutierungsbedarf (41,6 %), die Nachfrage in Nordwestdeutschland mit Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (25,8 %) ist vergleichsweise deutlich geringer. Die ostdeutschen Bundesländer ohne Berlin waren nur mit insgesamt 32 ausgeschriebenen Stellen (10,3 %) vertreten. Dies steht im Widerspruch zur Studie von In der Smitten et al. (2017), in der die ostdeutschen Hochschulen hinsichtlich der Besetzungsverfahren überrepräsentiert waren. Eine Übersicht über die Verteilung nach Bun‐ desländern gibt → Abb. 3 wieder. Anhand weiterer Untersuchungen wäre zu überprüfen, ob sich die ge‐ nannten Befunde auch für einen längeren Zeitraum verifizieren lassen. Tipp | Da die Berufungsverfahren Ressourcen in erheblichem Umfang binden, wäre es in diesem Fall dringend geboten, die Fachhochschulen in den kommenden Jahren bei ihren Besetzungs‐ aktivitäten substanziell zu unterstützen. Dies betrifft einerseits die finanzielle Zuwendung zur Kompensation der Kosten für Inserate. Vor allem aber ist eine personelle Verstärkung und der Aufbau eines professionellen Berufungsmanagements erforderlich, um Besetzungsverfahren möglichst transparent, effizient und schnell durchführen zu können. Bei der Verteilung nach Fächergruppen dominierte der Cluster Technik und Informatik mit zusammen 131 Ausschreibungen (42,3 %). Auf die Fächer‐ gruppe Wirtschaft, Gesellschaft und Recht entfielen 75 Ausschreibungen (24,2 %), gefolgt von den Gesundheitswissenschaften (34 Inserate) und den Natur- und Umweltwissenschaften (30 Inserate). Schlusslichter bildeten die Cluster Gestaltung und Medien mit 23 und die soziale Arbeit mit 17 Ausschreibungen (→ Abb. 4). Das weist darauf hin, dass der Bedarf genau in den Bereichen am höchsten ist, in denen auch die größte Konkurrenz zu attraktiven und i. d. R. gut dotierten Positionen in der Wirtschaft oder Industrie besteht. 49 5.2 Stellenausschreibungen <?page no="50"?> Abb. 3: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren nach Bundesländern (März/ April 2021, eigene Erhebung) 0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Abb. 3: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren nach Bundesländern | März/ April 2021, eigene Erhebung. Die Aussage eines Interviewpartners bei In der Smitten et al. (2017) weist auf die erhebliche Bedeutung des Ausschreibungstextes hin: „Es gab Verfahren, die daran gescheitert sind, dass der Ausschreibungstext nicht so formuliert war, dass er genügend Bewerber angesprochen hat“. Nach wiederholter Ausschreibung mit geändertem Text gingen dann deutlich mehr Bewerbungen ein. Dies bildete den Ausschlag dafür, auch Aufmachung und Inhalte der Ausschreibungen in den Blick zu nehmen. 50 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="51"?> Abb. 4: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren auf Fächercluster (März/ April 2021, eigene Erhebung) 42,3% 24,2% 9,7% 11,0% 5,5% 7,4% Technik und Informatik Wirtschaft, Gesellschaft und Recht Natur und Umwelt Gesundheit Soziale Arbeit Gestaltung und Medien Abb. 4: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren auf Fächercluster | März/ April 2021, eigene Erhebung. Analyse der Ausschreibungen In den Auflistungen der Karriereportale haben alle Treffer dieselbe Struk‐ tur und beanspruchen denselben Platz, mit einem Klick wird man auf die Originalausschreibung weitergeleitet. Allerdings gehen bei der Suche unter Eingabe eines Stichworts zum Fachgebiet (ausprobiert mit „Artificial Intelligence“ und „Wirtschaftspsychologie“ bei Stepstone) die einschlägigen Stellenangebote in der Zahl der Treffer (im erwähnten Test waren es >> 200) unter, sofern nicht auch „Professor/ in“ als weiteres Stichwort eingegeben wurde. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ohne Kenntnis über die Karriere‐ option FH-Professur und der entsprechenden Sucheinstellung ist es eher unwahrscheinlich, dass Interessent: innen in den Onlinekarriereportalen fündig werden. Ohnehin hat das Printmedium DIE ZEIT für Ausschreibungen von Fachhochschulprofessor: innen die weitaus größere Bedeutung: Von den insgesamt 310 Ausschreibungen erschienen 262 in DIE ZEIT, 209 sogar ausschließlich hierin. Stellenausschreibungen in Printmedien sind i. d. R. nicht nach Kategorien sortiert, so dass Professuren an Fachhochschulen mit Professuren an Universitäten, Stellen für Nachwuchswissenschaft‐ 51 5.2 Stellenausschreibungen <?page no="52"?> ler: innen, Positionen im Wissenschaftsmanagement oder in der Leitung wissenschaftlicher oder kultureller Einrichtungen bunt gemischt neben- und untereinander erscheinen. Daher wäre es umso wichtiger, mit ei‐ nem Blick erfassen zu können, welche Einrichtung welche Professur zu vergeben hat. Vielfach sind jedoch Stellenanzeigen auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen: Die kleinste Ausschreibung maß gerade einmal 9 x 5 cm, und der Text bestand aus einem einzigen Satz. Ausschreibungen wie „Die […] Hochschule […] besetzt zum […] eine Professur (W2) für […]“ sind kein Einzelfall, sondern weit mehr als die Hälfte der ausgeschrie‐ benen Professuren wird mit nur einem Satz ausgeschrieben. Die Hoch‐ schulen vertrauen darauf, dass sich interessierte Personen zu Details der Ausschreibung auf der angegebenen Website informieren. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass derartige Anzeigen dazu geeignet sind, überhaupt Aufmerksamkeit zu erzeugen und noch weniger das Interesse qualifizierter Kandidat: innen zu wecken. In nicht wenigen Fällen steht die extreme Kürze darüber hinaus in einem eklatanten Missverhältnis zum Umfang der Selbstbeschreibung der Hochschule, für die regelmäßig ein ganzer Abschnitt (in manchen Fällen sogar mehr als die Hälfte der Anzeigenhöhe) verwendet wird. Das erweckt den Eindruck, als ginge es vielen Hochschulen mehr um ihre eigene Selbstdarstellung als um die Umwerbung gesuchter Spezialist: innen. Die ausführlicheren Ausschreibungen enthalten zusätzliche Informatio‐ nen zu Anforderungen und Aufgaben, unterscheiden sich aber - mit Ausnahme der geforderten Berufspraxis - vom stellenbezogenen Anforde‐ rungsprofil und der Darstellung i. d. R. nicht grundsätzlich von denen für Universitätsprofessuren. Bei einer Person außerhalb der akademischen Welt entsteht leicht der Eindruck, hier werde jemand aus der akademischen Community gesucht. Potenziell geeignete Personen dürften sich nur in Ausnahmefällen angesprochen fühlen. Vereinzelt finden sich Beispiele, in denen versucht wird, über „den akademischen Schatten zu springen“, wie der folgende Text zeigt: „Es wird eine Persönlichkeit gesucht, die umfangreiche Kenntnisse und prak‐ tische Erfahrungen im [Fach] besitzt, welche sich sowohl aus dem Bereich der [Teilgebiet 1] als auch aus dem Bereich der [Teilgebiet 2] zusammensetzen. Zu‐ dem sollte umfangreiches Wissen generell in der (Grundlagenfach) vorhanden 52 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="53"?> sein. Zum Aufgabengebiet gehört die Wahrnehmung der Lehre in Themenge‐ bieten des [Fach] als auch die intensive Mitwirkung in der grundlegenden […]-Ausbildung. Dazu werden die didaktischen Fähigkeiten zur anschaulichen Vermittlung […] vorausgesetzt. Erwünscht ist auch, Forschungsprojekte mit Partnern aus Wirtschaft und Industrie durchzuführen, um in der Lehre den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik vermitteln zu können“. Wenn man über Ausschreibungen gezielt beruflich erfahrene Spezialisten adressieren will, bedarf es bei der Formulierung des Anzeigentextes idea‐ lerweise eines Perspektivwechsels: Personen, die sich verändern wollen, tendieren häufig dazu, einen Job- und Arbeitgeberwechsel nur innerhalb desselben (bekannten) Sektors in Erwägung zu ziehen. Altvater (2017) hat für den Kontakt zwischen externem Berater und Hochschulakteuren „Fremdheitsgefühle“ bei den Hochschulmitgliedern beschrieben. Im Um‐ kehrschluss kann davon ausgegangen werden, dass auch Kanditat: innen von extern gegenüber der Hochschule Fremdheitsgefühle haben und dass diese möglicherweise umso stärker sind, je länger die eigene Hochschulerfahrung zurückliegt. Daher sollte das Ziel darin bestehen, dieses Fremdheitsempfin‐ den zu minimieren, indem der Sektor Fachhochschule und der Karriereweg FH-Professur für Lai: innen ansprechend dargestellt und beschrieben sowie die besonderen Vorzüge einer Professur herausgestellt werden. Schließlich kann die Institution dafür werben, was sie besonders auszeichnet und welche besonderen Angebote sie für Neuberufene und Mitarbeitende vor‐ hält - jenseits der üblichen Textbausteine zur Selbstdarstellung. Ziel sollte es sein, durch Inhalt, Stil und Aufmachung Fremdheit zu überwinden, Aufmerksamkeit zu generieren, Neugier zu wecken und Motivation zu erzeugen. 5.3 Proaktives Recruiting Die von In der Smitten et al. (2017) interviewten Angehörigen von Fachhochschulen stimmten darin überein, dass die proaktive Ansprache potenziell geeigneter Bewerber: innen in den letzten Jahren zugenommen habe. Gleichzeitig aber sehen sie jedoch nur eine eingeschränkte Möglich‐ keit, entsprechend zu agieren, weil Kandidat: innen i. d. R. nicht aus der Scientific Community kommen, in der man sich üblicherweise gegenseitig 53 5.3 Proaktives Recruiting <?page no="54"?> kennt, sondern aus der beruflichen Praxis, die nicht systematisch mit dem Wissenschaftssystem verzahnt sei. Moz-hova & Krabel (2018) empfehlen: ■ die zielgerichtete Ansprache von Lehrbeauftragten und Gastwis‐ senschaftler: innen, aber auch ■ aktives Personalmarketing mit Werbekampagnen und ■ die Kontaktierung geeigneter Personen über soziale Netzwerke oder durch Personalagenturen. In der Smitten et al. (2017) halten die persönliche Ansprache prinzipiell geeigneter Nachwuchskräfte für zielführend, 22 % der Neuberufenen in ihrer Studie geben an, von der Hochschule direkt oder von Kolleg: innen an der FH angesprochen worden zu sein. Tipp | Die Beauftragung professioneller Personalvermittler ist nicht nur nicht erforderlich, sie wäre möglicherweise sogar kontra‐ produktiv, da die Vermittler i. d. R. über keine hinreichende fachliche Expertise verfügen. Die Beauftragung von Personalagenturen durch Hochschulen beschränkt sich bisher eher auf die Besetzung von Führungspositionen (Rektor: innen, Kanzler: innen, Abteilungslei‐ ter: innen, Wissenschaftsmanager: innen). Betrachtet man aber die spezifischen Profile, die für HAW-Professuren erforderlich sind, und die Notwendigkeit, Personen aus der beruflichen Praxis zu rekrutie‐ ren, kann die Einbindung von Personalvermittlern durchaus sinnvoll sein. Diese Personaldienstleister sollten aber unbedingt danach aus‐ gewählt werden, ob sie über einschlägige Expertise in der Vermitt‐ lung akademischer Führungskräfte verfügen, um sicherzustellen, dass sie mit der akademischen Kultur und den Kriterien und Maß‐ stäben für die Besetzung vertraut sind. Durch gezieltes Headhunting könnten sie wirkungsvoll dazu beitragen, die oben angesprochene Verzahnung zwischen Unternehmen und Wissenschaftssystem zu schließen. Mit Blick auf die vergleichsweise hohen Kosten dürfte sich dies vor allem in denjenigen Fächern auszahlen, in denen besondere Engpässe bei der Stellenbesetzung bestehen, so dass man hiermit im besten Fall kosten- und zeitintensive Mehrfachausschreibungen umgehen kann. An den Universitäten werden neue Professor: innen aus der jeweiligen Academic Community rekrutiert. 54 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="55"?> Sowohl für traditionelle Besetzungsverfahren über Stellenausschreibun‐ gen als auch für das aktive Recruiting bedarf es eines professionellen Berufungsmanagements und standardisierter Verfahren, die Effizienz, Transparenz und Qualität sicherstellen, „insbesondere um durch eine zügige Vorgehensweise den Bewerber(inne)n keinen Anlass zu geben, ihre Bewer‐ bungen von sich aus zurückzuziehen“ (In der Smitten et al., 2017). 5.4 Maßnahmen zur Unterstützung des Einstiegs Auch wenn der Antritt einer Professur erst einige Monate nach dem Ab‐ schluss des Verfahrens erfolgt und damit nicht mehr zur Personalgewinnung im engeren Sinne zählt, soll die Unterstützung vor, während und nach dem Einstieg an dieser Stelle berücksichtigt werden. Zum einen kommen 53 % der Neuberufenen aus der Privatwirtschaft bzw. der Selbständigkeit (In der Smit‐ ten et al., 2017), und die meisten von ihnen dürften zuvor keine Berührung mit Fachhochschulen gehabt und nur wenige dort studiert haben. Besonders für diese Personengruppe können Unterstützungsmaßnahmen den Übertritt aus der vorangegangenen Tätigkeit und den Integrationsprozess fördern. Darüber hinaus kann ein Integrationsprogramm im Kontext von Informa‐ tionskampagnen und Berufungsverfahren als zusätzliches Werbeargument eingesetzt werden. Nach Becker (2013) sollte die Einführung neuer Mitarbeiter: innen syste‐ matisch erfolgen. Es bietet sich ein strukturiertes Onboardingprogramm bestehend aus drei Phasen an: ■ Die Vorbereitungsphase startet mit der Ruferteilung und beinhaltet ein Starterkit mit Informationen zu Hochschule, Leitbild, Profil, Gover‐ nance, Organigramm, Namen und Kontaktdaten von Ansprechperso‐ nen in Fachbereich und Verwaltung sowie Hinweisen zum Ablauf des Einstellungsverfahrens. ■ Die Orientierungsphase umfasst die ersten Wochen nach dem Ein‐ stieg und leistet in erster Linie Unterstützung bei administrativen Angelegenheiten, damit die neuberufene Person möglichst schnell arbeitsfähig wird, und macht mit den wichtigsten Einrichtungen auf dem Campus (HR, IT, Bibliothek etc.) bekannt. 55 5.4 Maßnahmen zur Unterstützung des Einstiegs <?page no="56"?> ■ Für die Integrationsphase hat Mertens (2009) ein umfassendes Perso‐ nalentwicklungskonzept für Neuberufene an Hochschulen erarbeitet. Es besteht aus vier Aktionsfeldern, die den PE-Prozess strukturieren: strategisches Bewusstsein schaffen und Rollenklärung, Konzeption und Umsetzungsplanung, Umsetzung sowie Controlling, Evaluation und Weiterentwicklung (→ Abb. 5). An dieser Stelle sollen nur die wesentlichen Bausteine der Umsetzung vorgestellt werden: Ein internes Mentoring durch organisationserfah‐ rene Professor: innen vermittelt Ziele, Kulturen und „Spielregeln“ der Hochschule und sorgt für konstruktive Rückmeldung zu eigenen Hand‐ lungen und Sichtweisen. Durch Coaching sollen Rollenfindung und Selbstreflexion gefördert werden. Ergänzend dient Fachcoaching u. a. der Bewältigung von Herausforderungen in der Lehre. Weiterbildungs‐ angebote fördern die überfachliche Kompetenzentwicklung, und regel‐ mäßige Vernetzungstreffen sorgen für einen strukturierten Austausch mit Dekan: innen und Mitgliedern der Hochschulleitung. In Informations‐ werkstätten zu spezifischen Themen wie z. B. Studienorganisation oder Drittmittel werden relevante Verwaltungsabläufe und Rahmenbedingun‐ gen erläutert und der Austausch mit Mitarbeitenden in der Hochschul‐ verwaltung gepflegt. Das Konzept geht damit weit über die eigentliche Integration hinaus, denn es leistet einen Beitrag zu einer systematischen Professionalisierung jenseits der Kernkompetenzen, und es fördert eine Identifikation mit der Hochschule, die über das eigene Fachgebiet und den Fachbereich hinausgeht. 56 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="57"?> Abb. 5: Empfehlungen zur Personalentwicklung neu berufener Professoren (Mertens, 2009) Abb. 5: Empfehlungen zur Personalentwicklung neu berufener Professoren | Mertens, 2009. 57 5.4 Maßnahmen zur Unterstützung des Einstiegs <?page no="58"?> 5.5 Beratungsangebote für Hochschulen Bei welchen Anliegen kann eine Beratung sinnvoll sein? Im Fall eines konkreten Ausschreibungs- und Besetzungsverfahrens kann eine Unterstützung in Form von proaktiver Rekrutierung helfen. Perso‐ nalagenturen (Headhunter) können ihr Netzwerk und ihre Expertise bei der gezielten Suche nach und Ansprache von qualifizierten Personen, insbesondere in Unternehmen einbringen. Bei der Formulierung professioneller und attraktiver Ausschreibungs‐ texte und einer adäquaten Adressierung der Zielgruppe kann sich die Unterstützung durch eine Marketingagentur lohnen. Die Erarbeitung und Umsetzung einer umfassenden Personalentwick‐ lungsstrategie bzw. entsprechender Teilstrategien, wie z. B. der Entwick‐ lung von Konzepten für Rekrutierungsverfahren, Onboarding, Gleichstel‐ lung und Diversität, Mentoring, Nachwuchsentwicklung und kann durch eine Organisationsberatung begleitet werden. In Abhängigkeit von der Dimension des Beratungsanliegens bietet es sich an, mit Beratertandems oder -teams zu arbeiten. Bei der Konzeption von Projekten mit PE-Bezug und der Akquise von Drittmitteln für diese Zwecke kann sich eine Unterstützung durch entspre‐ chend ausgewiesene Trainer: innen auszahlen. Unabhängig von Ziel und Thematik des Auftrags ist es essenziell, dass die beauftragten Personen oder Organisationen über umfassende Feldkennt‐ nis des Hochschul- und Wissenschaftssystems und einschlägige Bera‐ tungsexpertise verfügen. Dies erfordert eine intensive und kritische Recherche im Vorfeld. Wie findet man passende Berater: innen? Die Suche nach passenden Berater: innen kann durchaus anspruchsvoll und zeitaufwändig sein. Viele Hochschulen suchen daher zunächst in ihren Netzwerken nach Empfehlungen. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) konzipiert mit Hochschulconsult ein jeweils maßgeschneidertes Angebot zur Organisationsberatung für Hochschulen Link-Tipp 7 | https: / / www.hochs chulverband.de/ hochschulconsult. Auch die Mitglieder des Coachingnetzes Wissenschaft Link-Tipp 8 | https: / / www.coachingnetz-wissenschaft.de sind allesamt erfahrene und in Hochschulberatung ausgewiesene Expert: in‐ 58 5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung <?page no="59"?> nen. Manche Professor: innen für Organisationsentwicklung nehmen in ei‐ nigen Fällen auch nebenberuflich Beratungsaufträge an. Dasselbe gilt für Ruheständler, die ehemals Leitungsfunktionen an Hochschulen, z. B. als De‐ kan: in, Kanzler: in, Vizepräsident: in innehatten und von denen manche nach dem Ausscheiden als Berater: innen aktiv werden. Eine gute Auftragsklärung ist für den Erfolg des Beratungsauftrags essenziell. Das bedeutet, dass sich die auftraggebende Institution im Vorfeld intensiv mit den Zielen und Inhalten des Auftrags auseinandersetzen sollte. 59 5.5 Beratungsangebote für Hochschulen <?page no="61"?> 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur Das Erfordernis der Mehrfachqualifikation, insbesondere die berufsprak‐ tische Erfahrung, führt zu einem insgesamt wenig systematisch planbaren Karriereweg und erschwert die strategische und langfristige Vorbereitung auf eine FH-Professur (Lackner, 2019). Nach Kleimann & Hückstädt (2018) bildet vor allem das Kriterium Berufspraxis eine Herausforderung. Im Gegensatz zu den Universitäten können die Fachhochschulen ihren Nach‐ wuchs bisher meist noch nicht selbst ausbilden, sondern befinden sich vielmehr sogar in einer doppelten Abhängigkeit gefangen: ■ Auf die Universitäten sind sie wegen des Erfordernisses der wissen‐ schaftlichen Qualifikation (Promotion) angewiesen, und ■ bei den außeruniversitären Arbeitgebern findet - eher nebenbei und zufällig denn als Produkt eines zielgerichteten Prozesses - der Erwerb der berufspraktischen Qualifikation statt. Wissen | Das bedeutet, dass die Fachhochschulen so gut wie keine Steuerungsmöglichkeiten haben, weil sich die Qualifizierung des Nach‐ wuchses komplett außerhalb ihrer Institution abspielt. Dies ist der Grund dafür, dass bislang kein strukturierter Karriereweg zu ei‐ ner FH-Professur existiert. Den einheitlichen Karrierepfad wird es allerdings auch in Zukunft nicht geben können, da der zweimalige Sektorenwechsel ein sehr flexibles Modell erfordert, das jeweils auf die Erfordernisse des Einzelfalls zugeschnitten werden muss. Angesichts der für FH-Professuren notwendigen Dreifachqualifikation liegt es nahe, für jeden der drei Qualifikationsbausteine (Forschungsqualifika‐ tion, berufspraktische Erfahrung, Lehrkompetenz) jeweils mehrere (alterna‐ tive) Szenarien zu entwickeln. Am Ende könnte für jeden der drei Bausteine das jeweils passende Szenario gewählt und dann zu einem individuellen (und idealerweise strukturierten) Karriereweg zusammengestellt werden. <?page no="62"?> 6.1 Forschungsqualifikation Als Nachweis der geforderten Forschungsqualifikation gilt üblicherweise die Promotion, die überdurchschnittlich, d. h. i. d. R. mit mindestens magna cum laude (Hochschullehrerbund Bundesvereinigung, 2020), abgeschlossen sein sollte. Die Promotionsphase ist prinzipiell zu unterschiedlichen Zeiten im Karriereverlauf möglich: ■ Den Regelfall bildet eine Promotion unmittelbar im Anschluss an ein Masterstudium, das entweder an einer Universität oder einer Fachhoch‐ schule absolviert worden sein kann. ■ Alternativ ist eine Promotion im Anschluss an eine berufliche Praxis‐ phase außerhalb der Hochschule denkbar. UAS7 und Hochschulallianz für den Mittelstand (2016) forderten dezidiert für diesen Personenkreis die Etablierung kooperativer Promotionskol‐ legs. Die Nachfrage seitens der Zielgruppe dürfte jedoch eher verhalten sein, denn eine Rückkehr in das akademische System im Anschluss an eine Berufstätigkeit dürfte den meisten Personen nicht leichtfallen. Nicht zuletzt sind hiermit erhebliche Gehaltseinbußen verbunden, selbst wenn eine Finanzierung über eine Vollzeitstelle als wissenschaftliche: r Mitarbei‐ ter: in erfolgen sollte, was eher die Ausnahme darstellt. Promotion an einer Universität Wie zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, sind die Fachhochschulen in Er‐ mangelung eines eigenständigen Promotionsrechts auf die Universitäten angewiesen, wenngleich sich in einigen Bundesländern seit 2016 Änderun‐ gen ergeben haben, auf die → Kap. 6.1.3 noch eingehen wird. Allerdings haben die Universitäten in erster Linie die Qualifizierung ihres eigenen Nachwuchses im Blick (→ Kap. 4.2) und gehen davon aus, dass von den jährlich über 20.000 Promotionsabsolvent: innen genügend Potenzial für die Fachhochschulen abfallen werde. Mit Blick auf die reinen Zahlen mag dies in der Theorie zutreffen, in der Realität ist jedoch eine vornehmlich grundlagenorientierte Promotion häufig nicht ideal, um sich für anwendungsorientierte Lehre und Forschung an einer Fachhochschule zu qualifizieren. Problematischer ist, dass eine ganze Reihe von an Fach‐ hochschulen vertretenen Fächern keine Pendants an den Universitäten haben, was es für Studienabsolventen der betreffenden Fächer aus den 62 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="63"?> Fachhochschulen erheblich erschwert, ein Promotionsthema und Betreuung an der Universität zu finden (Lackner, 2019). Dies betrifft z. B. das Fach Soziale Arbeit, insbesondere aber die sich akademisierenden Berufe in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften. Es ist damit zu rechnen, dass in‐ nerhalb des Jahrzehnts 2020 im Zuge der fortschreitenden Akademisierung weitere Fächer hinzukommen werden. Wie dargelegt, bringen Masterabsolvent: innen von Universitäten in vie‐ len Fällen nicht den passenden fachlichen Hintergrund mit, um nach Promotion und Berufstätigkeit für eine Fachhochschulprofessur in Frage zu kommen. Wissen | In der Konsequenz heißt das, dass die hohe Zahl an Promo‐ tionsabschlüssen - Deutschland ist nach den USA der weltweit größte Produzent von Promovierten - eben doch nicht ausreichend Poten‐ zial für die Fachhochschulen in sich birgt. Vielmehr ist es erforderlich, dass deutlich mehr Masterabsolvent: innen der Fachhochschulen zu einer Promotion motiviert werden. Die Hochschulrektorenkonferenz hatte bereits in den Jahren 1992 und 1995 empfohlen, hervorragend qualifizierten Fachhochschulabsolvent: innen mit einem Diplom den Zugang zur Promotion in individuellen Verfahren ohne vorherigen Erwerb eines universitären Abschlusses zu ermöglichen (HRK, 1992; HRK, 1995 in: HRK, 2007b). Mit der Umsetzung des Bologna-Prozes‐ ses und dem Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Gleichwertigkeit der Masterabschlüsse beider Hochschultypen (KMK, 2000) war es für FH- Absolvent: innen möglich, unmittelbar zur Promotion an eine Universität zu wechseln. Dennoch blieb die Promotion von FH-Absolvent: innen auf Ausnahmefälle beschränkt. Im Dreijahreszeitraum 2002/ 03 bis 2005/ 06 wur‐ den gerade einmal 403 Promotionsverfahren abgeschlossen, das entspricht einem Anteil von 0,85 % an allen Promotionsabschlüssen ohne Human- und Veterinärmedizin. Kooperative Individualpromotion Im Jahr 2007 förderten fast alle Länder das stärkere Zusammenwirken von Universität und Fachhochschule bei der Betreuung von Dissertationen, vier Länder propagierten sogar explizit kooperative Promotionsverfahren (HRK, 2007a). Die HRK forderte, dass „Master-Absolventen von Fachhoch‐ 63 6.1 Forschungsqualifikation <?page no="64"?> schulen nach den gleichen Regeln zugelassen werden wie Universitätsab‐ solventen“ und Möglichkeiten für kooperative Promotionsverfahren mit Fachhochschulen geschaffen werden, einschließlich der Mitwirkung von Fachhochschulprofessor: innen bei der Betreuung, Begutachtung und Prü‐ fung (HRK, 2007b). Die Einflussmöglichkeiten von politischer Seite sind allerdings begrenzt, da die Ausgestaltung der Promotionsordnung in der Verantwortung des Fachbereichs bzw. der Fakultät liegt und diese durch die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Wissenschaftsfreiheit geschützt ist. Wissen | Bei der kooperativen Promotion handelt es sich um ein institutionalisiertes Modell der Zusammenarbeit zwischen Universi‐ tät und Fachhochschule bei der Betreuung und Durchführung von Promotionsvorhaben. Das Promotionsrecht liegt unverändert bei der Universität, die mit einer Fachhochschule eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit in bestimmten Fächern schließt. Je nach Einzelfall und abhängig von der Promotionsordnung der jeweiligen Fakultät bzw. des Fachbereichs können FH-Professor: innen als zusätzliche oder als Zweitgutachter: innen fungieren. Damit bestimmen laut Müller- Bromley (2014) die Universitätsprofessor: innen, als Vertreter: innen des Promotionsrechts, weitgehend über Themen und Inhalte. Eine Bestel‐ lung als Erstgutachter: in ist ihren Kolleg: innen von der Fachhochschule i. d. R. verwehrt, sofern nicht eine anderweitige Regelung in Form einer Kooptation oder Assoziierung getroffen wird. Das BMBF hat seit 2005 die kooperative Promotion gefördert. Im Rahmen des Programms Forschung an Fachhochschulen, mit mehreren Programmlinien, u. a. auch zur Förderung des Ingenieurnachwuchses wurden insgesamt 1.600 Vorhaben an 130 Fachhochschulen mit fast 650 Millionen Euro ge‐ fördert (BMBF, 2021; eigene Berechnungen). Das Programm wurde 2019 eingestellt und in die neue Förderlinie FH-Kooperativ überführt, bei der die Kooperation mit Unternehmen im Fokus steht; kooperative Promotio‐ nen sind in dem neuen Kontext jedoch weiterhin förderfähig. Trotz der Förderung durch das BMBF ist es nicht gelungen, die Zahl kooperativer Promotionen substanziell zu erhöhen. Wie die Studie der HRK (2019) zeigt, stieg zwar die Zahl der Abschlüsse in kooperativen Verfahren im Zeitraum 2015-2017 gegenüber 2012-2014 um 51 % auf 571 Abschlüsse (in drei Jahren). Der Anteil der kooperativen Promotion an der Gesamtzahl der Promotionsabschlüsse von Fachhoch‐ 64 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="65"?> schulabsolvent: innen (1.575) betrug jedoch nur 36 %, d. h., fast zwei Drittel promovierten nach wie vor traditionell an einer Universität. Betrachtet man die Gesamtzahl aller Promotionsabschlüsse im Zeitraum 2015-2017 (63.901), dann macht die kooperative Promotion sogar nur einen Anteil von ca. 0,8 % aus (HRK, 2019; eigene Berechnungen). Damit erweist sich das Modell kooperative Promotion bestenfalls als für Einzelfälle geeignet, nicht jedoch für eine generelle Lösung (Müller-Bromley, 2014). Ein nennenswerter Beitrag zur Linderung des Nachwuchsmangels an Fachhochschulen ist von der kooperativen Promotion nicht zu erwarten. Auch für die Folgejahre ist keine nennenswerte Steigerung der Zahl kooperativer Verfahren in Sicht. Der Hauptgrund dafür dürfte sein, dass es dem Modell an Akzeptanz und Motivation auf universitärer Seite mangelt. In der HRK-Studie befürworteten zwar 89 % der Universitätsleitungen eine Beteiligung von FH-Professor: innen an Promotionsverfahren, unter den Fachbereichen bzw. Fakultäten waren es aber nur 57 %, ein deutlicher Hinweis auf die bestehende Diskrepanz zwischen dem politischen Willen und der Realität (HRK, 2019). Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Zulassung zur Promotion, weder für Universitätsnoch für Fachhochschulabsolvent: innen, die Entscheidung liegt allein bei den betreffenden Professor: innen. Die Fachhochschulen finden sich also regelmäßig in der Rolle von Bittstellern wieder, die auf den guten Willen der Universitäten und deren professoralem Personal angewiesen sind und die froh sein müssen, wenn ihre Absolvent: innen überhaupt angenommen werden. Tipp | Im Hinblick auf einen substanziellen Beitrag zur Lösung des Nachwuchsproblems muss es ihnen jedoch nicht nur gelingen, mehr ihrer Absolvent: innen unterzubringen, sondern vor allem eigene The‐ men zu setzen und perspektivisch eigene Forschungsschwerpunkte aufzubauen. Kooperative Graduierten-, Forschungs- und Promotionskollegs Eine bessere Option für eine eigenständige thematische Schwerpunktset‐ zung bieten kooperative Forschungsbzw. Promotionskollegs. Das Bundes‐ ministerium für Bildung und Forschung schrieb im Jahr 2011 im Rahmen eines Pilotvorhabens sieben kooperative Forschungskollegs aus, für die 65 6.1 Forschungsqualifikation <?page no="66"?> über 90 Anträge eingingen, ein Indiz für den enormen Bedarf aufseiten der Fachhochschulen. Seitdem haben mehrere Länder eigene Landesprogramme ins Leben gerufen: ■ Baden-Württemberg: 18 Promotionskollegs, ■ Bayern: 11 thematische Verbundkollegs für kooperative Promotion, ■ Niedersachsen: 19 im Rahmen des Niedersächsischen Promotionspro‐ gramms, ■ Rheinland-Pfalz: 2 Forschungskollegs, ■ Nordrhein-Westfalen: 11 Forschungskollegs. Die hohe Zahl von über 60 kooperativen Landeskollegs, an denen je zwi‐ schen 8 und 48 Promotionen betreut werden, stellt einen wirkungsvollen Beitrag zur Schaffung neuer Kapazitäten für kooperative Promotionsvorha‐ ben und für eine stärker strukturelle Zusammenarbeit zwischen Universitä‐ ten und Fachhochschulen im Bereich der Promotion dar. Ein wesentlicher Nachteil ergibt sich jedoch aus der temporären Natur der Kollegs: Mit einer Förderdauer von i. d. R. drei bis dreieinhalb Jahren kann in den Kollegs nur jeweils eine Kohorte von Promovierenden zum Abschluss geführt werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass nach Auslaufen der Förderung die geschaffenen Kooperationsstrukturen kollabieren. Demgegenüber hat das Förderformat Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine deutlich längere Laufzeit von regulär neun Jahren. Es sieht dezidiert auch die Möglichkeit zur Kooperation zwi‐ schen Fachhochschulen und Universitäten bei der Promotion vor. In der Praxis beschränkt sich die Kooperation jedoch i. d. R. auf Einzelpersonen, die als Principal Investigator (PI) beteiligt sind. Diese besetzen dann meist ein spezifisches Thema, haben aber wenig Einfluss auf die grundsätzliche Ausrichtung des Kollegs. Eine Recherche in der Projekt-Datenbank der DFG (Link-Tipp 9 | https: / / gepris.dfg.de/ ) im Mai 2021 listet drei (von 226) lau‐ fenden Graduiertenkollegs, an denen Fachhochschulen beteiligt sind. Wäh‐ rend zwei davon nur jeweils einen PI aus der Fachhochschule im Team ha‐ ben, basiert das dritte Beispiel aus der personalisierten Medizin auf einer Kooperation zwischen der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg- Essen und der Fachhochschule Dortmund, hier stammen immerhin drei von zwölf PIs aus der Fachhochschule. Ein solches Beispiel sollte von politischer Seite und von der DFG aktiv propagiert werden. Da die Kooperation in der Nachwuchsausbildung eine gesellschaftliche Notwendigkeit darstellt, müssen die Rahmenbedingungen hierfür weiter 66 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="67"?> verbessert werden. Sowohl die HRK (2016a) als auch der Bad Wiesseer Kreis forderten 2016 vom BMBF eine Ausweitung der geförderten themenbezoge‐ nen Promotionskollegs auf insgesamt 50 mit einer Laufzeit von fünf Jahren, um die Zusammenarbeit mit Universitäten zu fördern und den Karriereweg Fachhochschulprofessur frühzeitig zu bewerben. Kooperationen müssen aber nicht nur attraktiver, sondern auch stärker institutionell und nachhaltig verankert werden. Empfohlene Struktur von Förderprogrammen Für den Ausbau der Promotionskollegs könnte das Förderformat Gra‐ duiertenkolleg der DFG beispielgebend sein: A. Förderprogramme sollten in angemessener Zahl und in allen Bundes‐ ländern etabliert werden. B. Sie sollten möglichst langfristig bestehen, so dass regelmäßig neue Ausschreibungen erfolgen können oder eine Antragstellung laufend möglich ist. C. Die Laufzeit der einzelnen Kollegs sollte auf mindestens sechs, besser neun Jahre verlängert werden mit einer Zwischenevaluation zur Halbzeit. D. Jedes der Promotionskollegs sollte systematisch über Karrierewege an einer HAW/ FH informieren (HRK, 2016b). Lackner (2017) empfiehlt eine promotionsbegleitende Informationskampagne mit dem Ziel, hoch‐ qualifizierte Kandidat: innen frühzeitig auf Karrierewege hinzuweisen. Alternativ oder parallel könnte die Deutsche Forschungsgemeinschaft das Förderformat Graduiertenkolleg in einer Weise ausbauen, dass Fachhoch‐ schulen systematischer und zahlreicher eingebunden werden können. Ähn‐ liches fordert auch die Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD- Bundestagsfraktion (2017), die mit einem eigenen DFG-Programm die ko‐ operative Promotion gefördert sehen will. Konsequenterweise sollten dann aber auch Fachhochschulen als Antragstellerinnen zugelassen werden. Es wäre z. B. ein eigenständiges DFG-Förderformat Kooperative Graduiertenkol‐ legs (KGK) analog zur Linie Internationale Graduiertenkollegs (IGK) denkbar. 67 6.1 Forschungsqualifikation <?page no="68"?> Promotionsrecht für Fachhochschulen Die geringe Akzeptanz der kooperativen Promotion und die politisch er‐ wünschte Ausweitung der Forschungsaktivitäten machen es nachvollzieh‐ bar, dass die Fachhochschulen in immer größerer Zahl ein eigenständiges Promotionsrecht fordern. Hessen gewährte als erstes Bundesland im Jahr 2016 ausgewählten, forschungsstarken Fachrichtungen an Fachhochschulen unter strengen Auflagen das Promotionsrecht als Ergänzung zur kooperativen Promotion. Zu diesem Zweck müssen sich mindestens zwölf fachlich kohärente, for‐ schungsstarke und in der Betreuung von Promotionen erfahrene Profes‐ sor: innen zusammenfinden und ein Promotionszentrum einrichten. For‐ schungsstärke wird anhand zweier Kriterien definiert: ■ Summe der eingeworbenen Drittmittel (min. 150.000 bzw. 300.000 Euro in technischen Fächern über drei Jahre) und ■ eine ausreichende Zahl an Publikationspunkten (min. 15 bzw. 6 Punkte in technischen Fächern in drei Jahren - Publikationen im Peer-Review- Verfahren werden mit fünf, alle anderen mit je einem Punkt gewertet). Sofern nur eines der beiden Kriterien (Drittmittel oder Publikationen) erfüllt wird, kann eine Kompensation erfolgen, sofern die Person habilitiert ist oder eine positive Evaluation als Juniorprofessor: in vorweisen kann bzw. durch einen universitären Fachbereich kooptiert ist oder durch zwei Uni‐ versitätsprofessor: innen das Vorliegen habilitationsäquivalenter Leistungen bescheinigt bekommt (DHV, 2016). Das Lehrdeputat der professoralen Mitglieder der Promotionszentren (PZ) wird für die Dauer der Mitgliedschaft am PZ auf max. 14 Semesterwo‐ chenstunden reduziert. Eine universitäre Beteiligung an den Promotions‐ verfahren ist vorzusehen, indem mindestens ein Mitglied des Promotions‐ ausschusses Universitätsprofessor: in ist. Außerdem soll in jedem einzelnen Promotionsverfahren die Zweitgutachter: in von einer Universität kommen. Ausnahmen hiervon gelten für die Fächer Soziale Arbeit sowie Gesundheit und Pflege. In diesen Fällen aber wird vorausgesetzt, dass eine der Gutach‐ ter: innen habilitiert, auf einer Juniorprofessur positiv evaluiert oder von einem universitären Fachbereich kooptiert wurde. Hinsichtlich der Qualitätsanforderungen für Promotionen gelten die Prin‐ zipien des Wissenschaftsrates. Allerdings gehen die hessischen Promotions‐ zentren mit der obligatorischen Trennung von Betreuung und Begutachtung 68 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="69"?> deutlich über die Empfehlungen des Wissenschaftsrats und anderer Vertre‐ tungen hinaus: Der Wissenschaftsrat bezeichnet die Trennung lediglich als „vorteilhaft“ (WR, 2011), der Dachverband der Graduiertenzentren UNIWiND empfiehlt „eine moderate Entflechtung“ (Carmesin et al., 2014) und auch die Nationale Akademie der Wissenschaften (2017) nennt sie „vernünftig“, hat aber Zweifel an der Realisierbarkeit. Die hessischen Regelungen setzen in diesem Punkt internationale Maßstäbe, denn in vielen anderen Ländern, so z. B. in Großbritannien, ist die personelle Trennung von Betreuung und Begutachtung gängige Praxis. Die Promotionszentren können hochschulintern oder -übergreifend ein‐ gerichtet werden. Das Promotionsrecht wurde befristet für fünf Jahre verliehen, in Abhängigkeit vom Ergebnis einer Evaluation nach vier Jahren sollte über eine Entfristung entschieden werden (HMWK, 2016). Hessenweit sind bisher insgesamt sieben Promotionszentren entstanden, davon sind vier Zentren hochschulintern und drei spannen sich über mehrere Hochschulen. Im Wintersemester 2021/ 22 wurden die ersten vier Zentren durch eine vom Ministerium eingesetzte externe internationale Kommission von Ex‐ perten evaluiert: Public Health und Sozialwissenschaften mit den Schwer‐ punkten Globalisierung, europäische Integration und Interkulturalität an der Hochschule Fulda sowie die beiden hochschulübergreifenen Zentren Angewandte Informatik und Soziale Arbeit, an denen jeweils alle vier hessischen HAWs beteiligt sind. Das Evaluationsergebnis erschien im Juni 2022 und fällt in allen vier Fällen positiv aus. Der Bericht betont den potenziellen Beitrag des Promotionsrechts zur Nutzung von Potenzialen der anwendungsorientierten (d. h. lösungsorientierten) Forschung, zur Ent‐ stehung „regionaler Innovationsökosysteme“, zur Durchlässigkeit und Chancengerechtigkeit im Bildungssystem und zur Akademisierung neuer Berufsbilder. Die Kommission sieht darüber hinaus einen Beitrag zur funktionalen Ausdifferenzierung des Hochschulsystems auf horizonta‐ ler Ebene (Positionierung als eigenständige Einrichtungen mit einem Profil in der Anwendungsorientierung) und auf vertikaler Ebene (Binnendifferen‐ zierung der HAWs auf der Basis ihrer jeweiligen Aktivitätsschwerpunkte bzw. anhand ihrer spezifischen Forschungsprofile (HMWK, 2022a). Der Bericht macht auch Vorschläge für die weitere Entwicklung: Er regt in erster Linie eine stärkere Schwerpunktsetzung in der Forschung an. Forschungsstrategien im Kontext der Entwicklungsplanung der Hochschule und unter Bezug auf regionale Innovationsökosysteme sollen entwickelt und in konkrete, thematische Forschungsprogramme für die Promotions‐ 69 6.1 Forschungsqualifikation <?page no="70"?> zentren übersetzt werden. Die Mitglieder eines (internationalen) wissen‐ schaftlichen Beirats sollen als critical friends die weitere Entwicklung des PZ konstruktiv-kritisch begleiten. Zur Qualitätssicherung sollen sie auch künftig alle sieben Jahre evaluiert werden. Der Bericht soll nach dem Willen der Kommission auch Impulse für die universitäre Promotionspraxis liefern. Das hessische Ministerium beschrieb das Promotionsrecht prompt als Erfolgsmodell (HMWK, 2022b). Von Hochschulen aus benachbarten Bun‐ desländern ist bekannt, dass diese mit großer Spannung das Ergebnis der Evaluation erwartet haben und nun beabsichtigen, mit ihren eigenen Länderministerien in entsprechende Verhandlungen einzutreten. Wissen | Nur vier Tage nach der Pressemitteiltung des hessischen Mi‐ nisteriums kündigte die Wissenschaftsministerin von Baden-Württemberg, Theresia Bauer, am 17. Juni 2022 an, dass die HAWs in Baden-Württem‐ berg ab September 2022 das Promotionsrecht erhalten sollen. Zu diesem Zweck haben sich die Hochschulen im Land zu einem Promotionsver‐ band zusammengeschlossen (https: / / www.forschung-und-lehre.de/ politik / haw-bekommen-promotionsrecht-in-baden-wuerttemberg-4797? wt_zmc= nl.int.zonaudev.112331552451_389652181514.nl_ref.) Von einer Ausweitung des Promotionsrechts für HAWs in den kommenden Jahren ist daher auszu‐ gehen. Bereits im Mai 2020 folgte Sachsen-Anhalt bei der Reform des Hoch‐ schulgesetzes ins Sachen Promotion für HAWs dem hessischen Beispiel. Neben der Einrichtung von Promotionskollegs an den beiden Universitäten des Landes, in denen die Betreuung kooperativer Promotionsverfahren erfolgen soll, sieht das Gesetz auch die Verleihung des Promotionsrechts für Hochschulen für angewandte Wissenschaften vor, und zwar, wie in Hessen, nur an solche Fachrichtungen und Fachbereiche mit ausreichender Forschungsstärke (Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitali‐ sierung Sachsen-Anhalt, 2020). Berlin, das im Jahr 2021 sein Hochschulge‐ setz reformierte, verankerte nun ebenfalls das Promotionsrecht für die HAWs. In Bayern wurde im Mai 2022 das Hochschulinnovationsgesetz verab‐ schiedet, in dem - zusätzlich zur Promotion im Rahmen der Verbundkollegs - eine Übertragung des Promotionsrechts an besonders forschungsstarke Bereiche der HAWs vorgesehen ist (Bayerisches Staatsministerium, 2020). Das neue Gesetz soll voraussichtlich im Januar 2023 in Kraft treten. Gegen die Reform hatte sich im Vorfeld erheblicher Widerstand durch eine Gruppe von Universitätsprofessor: innen (Wordpress, 2020) und vonseiten des Deut‐ 70 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="71"?> schen Gewerkschaftsbundes Bayern (2021) formiert. Auch wenn sich die Kritik in erster Linie gegen Aspekte der geplanten Governance-Struktu‐ ren sowie das als „neoliberal“ empfundene Konzept der unternehmerischen Hochschule richtet, bleibt noch abzuwarten, ob das Promotionsrecht für die bayrischen Fachhochschulen am Ende realisiert wird. Sachsen plant laut Koalitionsvertrag 2019-2024 die Einrichtung eines sächsischen Promotionskollegs als gemeinsame wissenschaftliche Ein‐ richtung der sächsischen Hochschulen, dem nach einer positiven wissen‐ schaftlichen Evaluation das Recht zur Promotion verliehen werden soll. (https: / / www.staatsregierung.sachsen.de/ regierungsprogramm-4730.h tml) Der Hamburger Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen für die Legislaturperiode 2020 bis 2024 sieht vor, mit der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine „Roadmap“ zu verabreden, „um ein‐ zelne Forschungsbereiche weiterzuentwickeln und diesen nach positiver Begutachtung durch den Wissenschaftsrat insoweit das Promotionsrecht verleihen zu können.“ (https: / / www.hamburg.de/ senatsthemen/ koalitionsv ertrag/ wissenschaft/ ) Einem anderen Modell folgen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, indem sie Verbundeinrichtungen von HAWs schaffen, denen das Promotionsrecht verliehen werden soll: ■ Nordrhein-Westfalen (NRW) gründete im Jahr 2016 das landesweite Graduierteninstitut, das kooperative Promotionen begleiten sollte. Im November 2020 wurde das Graduierteninstitut in das Promotionskolleg für angewandte Forschung überführt, das sowohl die kooperativen Pro‐ motionen weiter ausbauen als auch perspektivisch ein eigenes Promo‐ tionsrecht für seine 21 Mitgliedshochschulen ausüben soll. Grundlage für die Verleihung des Promotionsrechts an das Promotionskolleg NRW oder an einzelne seiner Abteilungen ist eine Ex-ante-Begutachtung durch den Wissenschaftsrat, die fast zeitgleich mit der Begutachtung in Hessen stattfand. Der Bericht der Kommission war allerdings im Juni 2022 noch nicht offiziell verfügbar (Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen, 2020). ■ Die Weiterentwicklungsklausel des Hochschulgesetzes Baden-Würt‐ temberg von 2020 sieht ebenfalls den Zusammenschluss aller HAWs des Landes zum Zweck der Heranbildung des wissenschaftlichen Nach‐ wuchses oder der Weiterentwicklung der angewandten Wissenschaften vor. Zu diesem Zweck kann das Promotionsrecht nach evaluations- 71 6.1 Forschungsqualifikation <?page no="72"?> und qualitätsgeleiteten Kriterien befristet und thematisch begrenzt verliehen werden (Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden- Württemberg, 2020). Generell entzünden sich am Thema Promotionsrecht kontroverse Debat‐ ten. Vonseiten der Fachhochschulen wird ein eigenständiges Promotions‐ recht fast einhellig begrüßt; eine Ausnahme bildet Pautsch (2020), ein FH-Professor, der in der Zeitschrift Forschung & Lehre das FH-Promoti‐ onsrecht als „Irrweg“ bezeichnet. Die Universitäten sorgen sich um ihr Alleinstellungsmerkmal, als stellvertretend hierfür kann eine Resolution des Deutschen Hochschulverbandes gelten, der „diese Vorstöße für einen gefährlichen Irrweg“ hält, der einen „hochschulpolitischen Dammbruch zur Folge“ hätte, indem es „die gesamte Architektur des gegliederten Hoch‐ schulsystems“ zerstören würde (DHV, 2014). Mit Blick auf die Zukunft ist aber davon auszugehen, dass sich das Promotionsrecht für Fachhochschulen weiter durchsetzen wird, zum einen wegen des zahlenmäßig geringen Beitrags der kooperativen Promotion, vor allem aber wegen der steigenden Zahl an Fächern, die an Universitäten nicht vertreten sind und die spezifisch ausgebildeten Nachwuchs benötigen. Wenngleich es für eine Auswertung der ersten Erfahrungen noch zu früh ist, kann davon ausgegangen werden, dass den Fachhochschulen mit dem Promotionsrecht neue Wege eröffnet werden, da sie flexibel entlang der eigenen Bedarfe ausbilden können und nicht mehr von den Universitäten abhängig sind. Auch der von der Politik geforderte und über das BMBF geförderte Ausbau der Forschungsaktivitäten (für den allein im Jahr 2020 ca. 70 Millionen Euro bereitgestellt wurden, BMBF, 2021) und die Etablierung eigener Forschungsschwerpunkte lässt sich nicht zuletzt durch größere Au‐ tonomie bei der Vergabe strategisch relevanter Promotionsthemen deutlich besser steuern. Dies eröffnet auch neue Möglichkeiten für Promotionen in Kooperation mit Unternehmen und öffentlichen Arbeitgebern. Diese frühe Verzahnung mit der beruflichen Praxis könnte im Hinblick auf die akademische Personalentwicklung eine äußerst interessante Option darstellen. Bei einem systematischen Ausbau sollte in Erwägung gezogen werden, die entsprechenden Promotionen mit einem Distinktionsmerkmal zu ver‐ sehen. Großbritannien könnte hierfür beispielgebend sein, hier existiert neben dem klassischen PhD oder DPhil ein sog. Professional oder Practicebased Doctorate für solche Forschungsthemen, die aus der praktischen Ar‐ 72 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="73"?> beitsumgebung entstammen und vornehmlich dort bearbeitet werden. Auch die EU setzt entsprechende Akzente mit dem European Industrial Docto‐ rate, einer Förderlinie im Rahmen der Marie Sklodowska Curie Actions (MSCA), das die Kooperation zwischen einer akademischen und einer nichtakademischen Einrichtung in der Betreuung von Promotionen vorsieht (Link-Tipp 10 | https: / / www.nks-msc.de/ en/ inst-massnahmen-itn-eid.ph p). Ein Professional/ Industrial Doctorate mit eigenen spezifischen Standards könnte auch in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal für einen neuen Typus von Promotion bilden. Dabei müssen die Qualitätsanforderungen un‐ verändert hoch oder sogar höher sein, um nicht den Eindruck zu erwecken, einen Dr. Light zu etablieren. Das Studium der Stellenanzeigen hat gezeigt, dass einige der ausgeschrie‐ benen Professuren vertiefte Kenntnisse in zwei sehr unterschiedlichen Disziplinen voraussetzen, wie z. B. „Recht der sozialen Arbeit“ (Recht und Soziale Arbeit), „humanitäre Hilfe und Ernährungsmedizin“ (Soziale Arbeit und Ernährung/ Medizin) oder „Eventmediale Technologien“ (Medien und Technik). Tipp | Die Grundlagen für Mehrdisziplinarität können nur im Studium und in der Forschungsphase gelegt werden, in der beruflichen Anwendung werden Kenntnisse ggf. vertieft und erweitert. Bezogen auf die Promotion würde dies sehr spezifische Themenstellungen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen mindestens zwei Pro‐ fessor: innen voraussetzen, das lässt sich noch am ehesten im Rahmen eines eigenständigen Promotionsrechts bewältigen. Der Nachwuchs für solche Professuren sollte sehr frühzeitig identifiziert und gezielt ausgebildet werden. 6.2 Pädagogische Eignung Die Lehre nimmt an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften eine zentrale Rolle ein, wie in vielen Veröffentlichungen betont wird (z. B. Struwe, in Borgwardt, 2016). Daher ist davon auszugehen, dass die Qualifizierungs‐ anforderung pädagogische Eignung in Besetzungsverfahren einen hohen Stellenwert hat. 73 6.2 Pädagogische Eignung <?page no="74"?> Lehrerfahrung Der Hochschullehrerbund (hlb, 2020) hat für seine Mitglieder die allgemeinen Voraussetzungen für Berufungsfähigkeit zusammengestellt. Im Punkt päd‐ agogische Eignung fasst er sich überraschend knapp: „Hierzu zählen entsprechende Erfahrungen durch Lehraufträge, Vertretungsund/ oder Gastprofessuren. Gute Lehrevaluationen sollten gesammelt und zusam‐ men mit einer Liste der konkret gehaltenen Lehrveranstaltungen der Bewerbung beigefügt werden.“ Es finden sich keinerlei Angaben zu Mindestumfang, Art und Dauer von Lehraktivitäten. Deutlich konkreter ist hingegen die Fachhochschule Bonn- Rhein-Sieg (2008), die ein Verfahren zur Feststellung der pädagogischen Eignung in einer gesonderten Richtlinie definiert hat. Gefordert wird eine mindestens einjährige hauptberufliche selbstständige Lehrtätigkeit an einer Hochschule, nachzuweisen durch eine Stellungnahme des betreffenden Fachbereichs zu Art, Umfang und Erfolg der Lehrtätigkeit. Idealerweise sollte erste Lehrerfahrung bereits in der Promotionsphase erworben werden, das gewählte Promotionsmodell (→ Kap. 6.1) ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Promotionsbzw. Forschungskollegs bie‐ ten allerdings gute Bedingungen, um Lehre strukturell als Baustein des begleitenden Qualifizierungsprogramms zu verankern. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Umfang der Lehre begrenzt bleibt (empfohlen werden zwei Semesterwochenstunden über zwei Semester), damit das Pro‐ motionsprojekt durch eine zu hohe Lehrbelastung nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Mit der möglichst frühen Anbindung von Absolvent: innen erhöhen sich nach Mozhova & Krabel (2018) die Chancen, die Personalgewinnung zu verbessern. Lehraufträge lassen sich in zweifacher Hinsicht als strategisches Instrument begreifen, indem sie Absolvent: innen an die Hochschule binden und ihnen die notwendige Lehrerfahrung ermöglichen. Lehraufträge bilden allein schon wegen ihrer großen Zahl (→ Kap. 1) ein enormes Reservoir für die Personalgewinnung und -entwicklung. Bei In der Smitten et al. (2017) geben 17 % der Neuberufenen an, zuvor einen Lehrauftrag an der FH gehabt zu haben. Dieses Potenzial kann sicher noch erheblich ausgebaut werden, hierzu bedarf es allerdings der Professionalisierung in zwei Bereichen: 74 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="75"?> ■ Zum einen muss ein systematisches Alumni-Management etabliert werden, das über die gängige Alumni-Arbeit deutlich hinausgeht und den Aufbau eines Pools an Lehrbeauftragten zum Ziel hat. ■ Zum anderen muss die bisher übliche Praxis der Verwaltung von Verträgen, Räumen, Prüfungen und Finanzen in ein professionelles Management überführt werden (In der Smitten et al., 2017), in dem die Lehrbeauftragten und weniger die Lehraufträge im Fokus stehen. Dies setzt eine Strategie zur systematischen Information, Ansprache und Gewinnung einschlägig qualifizierter und fachlich geeigneter Personen aus der Praxis voraus, ggf. sogar die gezielte öffentliche Ausschreibung von Lehraufträgen in Fachgebieten, in denen in den Folgejahren Neubesetzun‐ gen anstehen. Die HRK schlägt vergütete Lehraufträge für Personen aus der Praxis vor, die sich mit gemeinsamen Projekten verzahnen lassen (HRK, 2016b). Tipp | Die Unterrepräsentanz von Frauen bildet eine weitere, bisher nicht erwähnte Herausforderung bei der Besetzung von FH-Professu‐ ren. Verschiedene Bundesländer (u. a. Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen) haben zentrale Lehrauftrags‐ programme eingerichtet, die Frauen auf dem Weg zu einer Professur an einer HAW unterstützen sollen. Im Rahmen dieser aus Landesmitteln fi‐ nanzierten Programme können promovierte Frauen aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen Lehre an einer Fachhoch‐ schule leisten, pädagogische Erfahrung erwerben und Verbindungen zu Hochschulen knüpfen. Die Programme bilden damit eine gute Ergänzung zu den durch die Fachhochschulen selbst vergebenen Lehr‐ aufträgen. Bislang bleiben sie jedoch unter ihren Möglichkeiten, denn sie sind außerhalb der Hochschulwelt weitgehend unbekannt, so dass es nur in Einzelfällen gelingt, Frauen aus der außerhochschulischen Praxis zu adressieren. Idealerweise sollten Lehrauftragsprogramme in allen Bundesländern eingerichtet und zur Erhöhung ihres Bekannt‐ heitsgrades regelhaft in Informationskampagnen integriert werden. Auch Stellen für Dozent: innen sowie Gast- und Vertretungsprofessuren bieten Möglichkeiten zum Erwerb von Lehrerfahrung. Da deren Zahl jedoch nur einen Bruchteil der ausgeschriebenen Professuren beträgt, ist der Beitrag solcher Stellen für die Personalentwicklung eher überschaubar. 75 6.2 Pädagogische Eignung <?page no="76"?> Ähnlich wie bei neuberufenen Professor: innen sollte aber nicht nur die Personalgewinnung im Vordergrund stehen, sondern auch die systemati‐ sche und nach Möglichkeit langfristige Integration der neu gewonnenen Lehrkräfte in die Hochschule in den Blick genommen werden. Denkbar wären in diesem Kontext eine Art Onboarding light mit Willkommens- und Einführungsveranstaltungen, Einbindung in den Fachbereich, auch durch Ansprechpartner: innen, Weiterbildungsangeboten, u. a. auch hochschuldi‐ daktische Qualifizierungen, sowie mit Möglichkeiten zur (Ko-)Betreuung von Abschlussarbeiten. Didaktische Qualifizierung In → Kap. 5.4 wurde auf die Bedeutung einer Professionalisierung in der Lehre hingewiesen. Während jedoch Lehrerfahrung i. d. R. vorausge‐ setzt wird, scheint eine entsprechende didaktische Qualifizierung, z. B. in Form des Zertifikats Hochschuldidaktik, (noch) kein Erfordernis zu sein. Dies ist erstaunlich, denn angesichts der zentralen Rolle der Lehre an Fachhochschulen und des höheren Lehrdeputats sollte die Qualität der Lehrkompetenz im Vordergrund stehen, umso mehr, als viele Neuberufene von außerhalb der Hochschule kommen und ihnen oft die Erfahrungen in der Hochschullehre fehlen (Nikelski et al., 2013). Daher wäre es konse‐ quent, von Professor: innen eine einschlägige Qualifikation zu fordern. Eine didaktische Weiterbildung kann bei der Entwicklung der eigenen Lehran‐ gebote wertvolle Unterstützung, insbesondere in den ersten Jahren nach der Berufung, leisten. Dies gilt in noch verstärktem Maß für die Entwicklung digitaler Lehrkonzepte oder die Mitwirkung bei der Konzeption neuer Studiengänge. Im Sinne einer verbesserten Personalgewinnung wäre es allerdings kon‐ traproduktiv, die didaktische Qualifizierung als zusätzliche Bewerbungsan‐ forderung zu definieren, da zu befürchten steht, dass hiermit die Mehrzahl der Kandidat: innen von vornherein ausgeschlossen würde. Der Besuch entsprechender Weiterbildungsveranstaltungen und der Erwerb des Zertifi‐ kats könnte aber als Personalentwicklungsmaßnahme denjenigen Personen zur Auflage gemacht werden, die die Voraussetzung noch nicht oder nur teilweise erfüllen. Angesichts des hohen Zeitaufwands für den Erwerb des Zertifikats im Umfang von mindestens 90 (Rheinland-Pfalz) meistens 200 bis sogar 240 Unterrichtseinheiten (Sachsen) ist es unumgänglich, das Lehrde‐ putat für einen definierten Zeitraum zu reduzieren. Dies könnte im Rahmen 76 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="77"?> persönlicher Zielvereinbarungen entsprechend festgelegt werden. Darüber hinaus sollte Neuberufenen auch Gelegenheit gegeben werden, ihre ersten Lehrevaluationen im Rahmen einer kollegialen Beratung zu reflektieren, um ihre Lehrkonzepte, -inhalte und -methoden gezielt weiterzuentwickeln. Lehrerfahrene Kolleg: innen könnten als Mentor: innen einen wertvollen Beitrag leisten. Tipp | Der Bad Wiesseer Kreis (2016) fordert berufsbegleitende Qua‐ lifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der hochschuldidaktischen Kompetenzen. Der Besuch didaktischer Weiterbildungsangebote sollte möglichst frühzeitig, d. h. nach Möglichkeit bereits in der Phase der Promotion, einsetzen. Personen, die Lehraufträge, Dozenturen, Gast- und Vertretungsprofessuren übernehmen, sollten zum Besuch hochschuldidaktischer Veranstaltungen in einem festgelegten Mindest‐ umfang verpflichtet werden. Die Entwicklung und Organisation von Angeboten zur Didaktik übersteigt die Möglichkeiten einzelner Hochschulen und sollte daher in regionalen oder landesweiten Zentren gebündelt werden. Dies ist in einigen Bundes‐ ländern bereits geschehen. So haben z. B. Berlin mit dem Berliner Zentrum für Hochschullehre (BZHL) und Sachsen mit dem Zentralen Hochschuldidak‐ tikzentrum (HDZ) Einrichtungen für alle Landeshochschulen geschaffen: Das Didaktikzentrum Bayern (DIZ) hingegen stellt einen Zusammenschluss aller Fachhochschulen dar. 6.3 Modelle zur besseren Verschränkung mit der Berufspraxis Von wissenschaftspolitischer Seite wurde mittlerweile erkannt, dass die Rekrutierungsprobleme der Fachhochschulen durch kurzfristige Maßnah‐ men (→ Kap. 4) allein nicht zu bewältigen sind, sondern es vor allem längerfristiger Konzepte und neuer Strukturen für Karrierewege bedarf. Die Hochschulallianz für den Mittelstand (HAfM, 2015) identifizierte als wichtigste Ursache des Problems die mindestens dreijährige Berufsphase und bezeichnete das auf „den spontanen Berufsaussteiger bauende Rekru‐ tierungssystem“ als „vom Zufall geprägt“. Sie sieht in der Einrichtung eigen‐ ständiger und spezifischer Nachwuchsprogramme nach dualen Prinzipien 77 6.3 Modelle zur besseren Verschränkung mit der Berufspraxis <?page no="78"?> neue Gestaltungsspielräume zur Gewinnung und Qualifizierung künftiger Professor: innen. Hierin sieht die Allianz die Chance, nicht nur maßgeblichen Einfluss auf die Ausbildung und Qualifizierung ihres Nachwuchses nehmen zu können, sondern zusätzlich zu den Aussteiger: innen neue und jüngere Zielgruppen zu adressieren (HAfM, 2016c). Der Bad Wiesseer Kreis (2016) der Fachhochschulen in der HRK forderte u. a. spezifische Kooperationsformen mit der Berufspraxis. De Ridder (2016) setzte sich für die SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, ein Modell für Per‐ spektivprofessuren in Anlehnung an den Professional Tenure Track zu entwickeln. Die Hochschulrektorenkonferenz schlug Teilzeitstellen mit einer Be‐ schäftigung von 50 % an der HAW und 50 % bei Praxispartnern vor. Die Finanzierung von 50 solcher Stellen mit einer Laufzeit von sechs Jahren sollte durch das BMBF erfolgen (HRK, 2016a). Vier Monate später forderte die HRK ein dauerhaftes (! ) Bund-Länder-Programm zur Gewinnung von Professor: innen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften und „die Förderung spezifischer Kooperationsformen mit der Berufspraxis zur Erlan‐ gung der erforderlichen Doppelqualifikation“. Als Beispiele werden u. a. Tandem-Modelle, Secondment-Programme, d. h. zeitweise Abordnung von außeruniversitär Beschäftigten an Hochschulen und vergütete Lehraufträge an Berufspraktiker: innen mit Angliederung an gemeinsame Projekte (HRK, 2016b). Ein ähnliches Programm schlug auch Reissert (2016) vor, das zum Ziel haben sollte, Nachwuchswissenschaftler: innen die Rückkehr in die Wissenschaft zu erleichtern, indem sie während der Zeit im Unternehmen ein bis zwei Tage pro Woche an einer Fachhochschule lehren und forschen. Im Folgenden werden die zentralen Vorschläge zu einer besseren Verzah‐ nung von Forschung und Berufspraxis vorgestellt. Allen ist gemeinsam, dass sie eine verstärkte systematische Zusammenarbeit zwischen Hoch‐ schulen und Unternehmen voraussetzen. Tandem-Programme Der Wissenschaftsrat veröffentlichte 2016 umfassende Empfehlungen zur Personalgewinnung und -entwicklung an Fachhochschulen. In Bezug auf den Erwerb der außerhochschulischen Berufspraxis schlägt er als Instru‐ ment der Personalentwicklung - wie auch die HRK - Tandem-Programme zwischen Unternehmen und Hochschulen vor. Promovierte außerhochschu‐ lisch Beschäftigte sollen mit einem kleineren Teil ihrer Arbeitszeit (20 %) 78 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="79"?> auch an einer Fachhochschule tätig werden. Damit soll der Zugang der Fachhochschulen zu potenziellen Professor: innen verbessert und umgekehrt der Zugang von Unternehmen zu Forschung an Fachhochschulen erleichtert werden. Zur Etablierung der zu diesem Zweck erforderlichen systemati‐ schen und langfristigen Kooperationen sollen sich einzelne oder mehrere Fachhochschulen mit Unternehmen zu Kooperationsplattformen zusam‐ menschließen. Hierdurch sollen auch „Innovationsbrücken“ geschaffen und der Wissens- und Technologietransfer intensiviert werden. Mittelfristig sieht der WR Bedarf für 15-20 hochschulübergreifende Tandem-Programme mit je 15-20 Teilnehmer: innen. In der Einführungsphase - und um das Mo‐ dell zu erproben - hält der WR eine Anschubfinanzierung für erforderlich und schlägt daher die Finanzierung von fünf bis sechs Pilotprogrammen vor (WR, 2016). Der Vorschlag bildet das erste Beispiel für einen eigenständigen Karriereweg zu einer Fachhochschulprofessur. Professional Tenure Track Der Professional Tenure Track bildet eine Fortführung der Idee der Tandem- Programme. Mit ihm soll ein strukturierter, transparenter und planbarer Karriereweg geschaffen werden (HAfM, 2015). Das Modell sieht die Ein‐ richtung befristeter Qualifizierungsstellen (W1 oder W2 auf Zeit) vor. Ausgewählte Nachwuchswissenschaftler: innen werden im Anschluss an die Promotion oder Postdoc-Phase für mindestens drei bis max. fünf Jahre mit der Hälfte bzw. bis zu 80 % ihrer Arbeitszeit in einem Unternehmen angestellt und bearbeiten dort ein anspruchsvolles, zuvor gemeinsam geplantes und abgestimmtes Forschungsprojekt. Der restliche Teil der Arbeitszeit entfällt auf die Lehre an der Hochschule. Die Kosten werden anteilig von Hoch‐ schule und Unternehmen getragen. Im Anschluss an die berufspraktische Phase kann eine weitere (zweijährige) Phase erfolgen, in der weitere Quali‐ fizierungsziele vereinbart werden. Der erfolgreiche Abschluss des wissenschaftlichen Vorhabens sollte dann der Qualität einer Habilitation entsprechen (von Grünberg, 2016). Am Ende steht die Ausschreibung auf eine von Anfang an bekannte Professur. Die Kandidat: innen müssen sich in einem normalen Berufungsverfahren den Wettbewerber: innen stellen. Sie haben jedoch als Interne einen Vorteil gegenüber externen Kandidat: innen. Die Hochschulallianz verspricht sich außerdem eine Erhöhung des in einigen Fächern sehr geringen Frauenanteils, indem man den Professional 79 6.3 Modelle zur besseren Verschränkung mit der Berufspraxis <?page no="80"?> Tenure Track in einigen Disziplinen besonders ausgestalten und damit gezielt auch weibliche Postdocs aus den Universitäten gewinnen könnte. Auch Postdocs aus dem Ausland (→ Kap. 5.1) ließen sich mit diesem neuen Karriereweg zurückgewinnen (HAfM, 2015). HAW Tenure Track Eine konzeptionelle Weiterentwicklung des Professional Tenure Track bildet der HAW Tenure Track, der sich stärker am Modell der Tenure-Track- Professuren der Universitäten orientiert. Diese richten sich an promovierte Wissenschaftler: innen und bilden einen eigenständigen neuen Karriereweg, indem sie nach erfolgreicher Bewährungsphase den unmittelbaren Über‐ gang in eine Lebenszeitprofessur vorsehen. Die HAW-Tenure-Track-Stellen werden wettbewerblich ausgeschrieben und über ein reguläres Berufungs‐ verfahren besetzt. Erfolgreiche Kandidat: innen werden für die Dauer des Tenure Track zum Assistant Professor berufen. Die notwendige Berufspraxis wird bei einem kooperierenden Praxispartner erworben. Mit der Berufung zum Assistant Professor erhalten Berufene die Zusage auf eine unbefristete Professur nach Ablauf des Tenure Track, sofern sie alle Voraussetzungen für Berufungsfähigkeit erfüllen (HAfM, 2016). Als Praxispartner sieht die Hochschulallianz vor allem mittelständi‐ sche Unternehmen sowie transfer- und anwendungsorientierte außer‐ universitäre Forschungsorganisationen (insbesondere der Fraunhofer-Ge‐ meinschaft). Eine koordinierende Rolle als Projektträger soll dabei dem Forschungsnetzwerk Mittelstand (AiF) zukommen. Die Allianz geht von einem jährlichen Neubesetzungsbedarf von 1.000 HAW-Professuren aus (diese Zahl scheint angesichts der eigenen Erhebung zu den Stellenaus‐ schreibungen stark unterschätzt) und kalkuliert einen Bedarf von bis zu 200 zusätzlichen HAW-TT-Stellen, die bei Laufzeiten von drei bis vier Jahren einen Finanzierungsbedarf von ca. 100 Millionen Euro pro Kohorte erforderlich machten (HAfM, 2016b). HAW 3+3 Auch dieses Modell wurde von der Hochschulallianz für den Mittelstand propagiert. Es sieht eine Kombination von kooperativer Promotion, di‐ daktischer Qualfizierung und berufspraktischer HAW-Postdoc-Phase vor. Qualifizierte Masterabsolvent: innen werden in einem fachspezifischen wettbewerblichen Verfahren ausgewählt. Die erfolgreichen Kandidat: innen 80 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="81"?> werden in ein kooperatives Promotionsprogramm aufgenommen. Sie erhal‐ ten bereits in der Promotionsphase eine hochschuldidaktische Basisqualifi‐ zierung und werden anschließend für Lehre im Umfang von max. vier Se‐ mesterwochenstunden eingesetzt. Nach Abschluss der Promotion wechseln sie - analog zum Tenure-Track-Modell - in die transferorientierte Berufs‐ praxis oder in den hochschulischen Transferbereich, die Kandidat: innen erhalten den Status von akademischen Assistent: innen. Am Ende steht das Erreichen der Lehrbefähigung (facultas docendi) und mit der Erteilung der Lehrberechtigung sind die Teilnehmer: innen HAW-berufungsfähig (HAfM, 2016b). Die Hochschulallianz sieht hier ebenfalls einen Bedarf von ca. 200 Stellen bis 2024. Die Stellen sollen Laufzeiten von sechs Jahren haben; das entspricht einem Finanzierungsbedarf von 100 Millionen Euro. Der Vorteil dieses Modells ist sein früher Start unmittelbar nach Abschluss des Masterstudi‐ ums. Damit haben die Fachhochschulen am ehesten die Chance, unter ihren eigenen Absolvent: innen die Besten auszuwählen und gezielt für den Karriereweg FH-Professur auszubilden. Allerdings ist der Erfolg des Modells stark anhängig von der Ausweitung der kooperativen Promotionskollegs. Beide Programme, HAW Tenure Track und HAW 3+3, sollen die bisherigen Regelberufungsverfahren perspektivisch nicht ersetzen, sondern lediglich eine ergänzende Komponente bilden, indem sich mittelfristig bis 25 % der Berufungen aus diesen beiden Programmen speisen (HAfM, 2016b). Modellprogramm des Landes NRW Im Jahr 2016 schrieb das Land Nordrhein-Westfalen erstmals das Modell‐ programm Karrierewege FH-Professur aus. Durch das Programm sollen wissenschaftlich qualifizierte Personen die fehlenden beruflichen Erfahrun‐ gen sowie weitere Lehr- und Praxiserfahrungen im Fachhochschulkontext sammeln. Ziel ist es, in Fächern mit einer schwierigen Berufungssituation den Kreis der prinzipiell berufbaren Personen gezielt zu vergrößern und auch das Potenzial an gut qualifizierten Frauen besser zu erschließen. Die Teilnehmer: innen des Programms werden bis zu drei Jahre gefördert und arbeiten in dieser Zeit zu 25 bis 50 % in der Hochschule und zu 50 % bei einem externen Kooperationspartner. Die Lehrverpflichtung beträgt mindestens vier und höchstens acht Semesterwochenstunden, diese wird unterlegt durch hochschuldidaktische Weiterbildungen. Das Unternehmen 81 6.3 Modelle zur besseren Verschränkung mit der Berufspraxis <?page no="82"?> trägt mindestens ein Viertel der Kosten einer Vollzeitstelle nach Entgelt‐ gruppe TVL 13 bzw. 14 (Möhler, 2016). Rademaker & Stricker (2020) haben die ersten Erfahrungen mit dem Programm am Fachbereich Sozialwesen der FH Bielefeld analysiert. Ein wesentlicher Vorteil besteht aus ihrer Sicht in der Themenoffenheit, die zur Identifikation relevanter Forschungslücken beigetragen habe, die allerdings auch mit dem Nachteil einhergehe, dass auf diese Weise keine Profilierung der Hochschule/ des Fachbereichs möglich sei. Die Festlegung des Lehrge‐ biets sollte gut austariert werden zwischen genügend Spielraum für die eigene Profilbildung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Berufungsfähig‐ keit. Es sollten auch Absolvent: innen aus Fächern qualifiziert werden, die an HAWs nicht angeboten werden, solange das Fach als Bezugswissenschaft für einen HAW-Studiengang relevant ist. Entsprechend wichtig ist dann aber die passgenaue Wahl des Kooperationspartners im Hinblick auf die Berufungsfähigkeit. Karriereförderlich ist auch ein individueller Plan, der sicherstellt, dass alle notwendigen Anforderungen (Forschungs- , Transfer- und Praxiserfahrung, Publikationen, Lehrerfahrung und pädagogische Eig‐ nung) bis zum Ende der Laufzeit erfüllt werden können. Mentor: innen sind wichtig, um effektive Unterstützung bei der Orientierung und Integration an der Hochschule zu leisten. Als nachteilig beschreiben sie die hohe Arbeitsbelastung durch zwei parallele Beschäftigungsverhältnisse, die darüber hinaus zu Zielkonflik‐ ten zwischen Praxis und Lehre führen können. Auch halten sie mit Blick auf Forschung und Publikationen ein Lehrdeputat von bis zu acht Semesterwochenstunden für zu hoch. Sie vermissen ebenfalls Regelungen zur guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Als Fazit schließen sie, dass Personalentwicklung längerfristig und über die drei Jahre der Förderung hinaus gedacht werden müsste, wie z. B. über einen Ruf auf Zeit für sechs Jahre, in deren Verlauf dreijährige „Praxiskorridore“ zu absolvieren wären (Rademaker & Stricker, 2020). 6.4 Implikationen für die Umsetzung Die → Abb. 6 fasst die unterschiedlichen Vorschläge aus → Kap. 6 zu einer Gesamtübersicht zusammen. Die drei essenziellen Kompetenzfelder Forschung (Promotion), Berufspraxis (Postdoc-Phase) und Lehre wurden grau hinterlegt. Forschung und Berufspraxis sowie auch das Studium bilden 82 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="83"?> definierte Phasen im Karriereverlauf, die einzelnen Komponenten innerhalb der jeweiligen Phase können modulartig mit jeder Komponente der folgen‐ den Phase kombiniert werden. Durch die beliebige Kombination der Module in den drei Phasen können sich sehr unterschiedliche Karrierewege zu einer FH-Professur ergeben, in dieser Hinsicht illustriert die Abbildung die Forderung von Radema‐ ker & Stricker (2020) nach einem individuellen Karriereplan statt eines einheitlichen Standards. In diesen Plan sollte auch der Erwerb von Lehr‐ kompetenz integriert werden. Wenngleich diese nicht an eine bestimmte Phase gebunden ist, sondern (kontinuierlich) in allen Phasen bis noch nach der Berufung erworben werden kann, empfiehlt sich ein möglichst früher Beginn, idealerweise bereits in der Promotion. Im Folgenden sollen zunächst die Vorschläge aus → Kap. 6.3 auf ihre Praktikabilität hin diskutiert werden. Ergänzt wurden diese um eigene Vorstellungen (in → Abb. 6 fett hervorgehoben), die bisher nur unzulänglich berücksichtigt wurden und die in diesem Kapitel schwerpunktmäßig disku‐ tiert werden sollen. In der Diskussion gleichfalls vorgestellt werden sollen einige Optionen, die bisher noch keine Erwähnung gefunden haben (in → Abb. 6 blau markiert), hierbei handelt es sich um sog. „Brückenprojekte“ sowie Differenzierungen für künftige FH-Professuren. Das unter → Kap. 6.3 vorgestellte Tandem-Modell sieht fünf bis sechs Pilotprogramme mit einer Gesamtkapazität zwischen 225 und 400 Personen vor. Bei Laufzeiten von drei bis fünf Jahren würden jährlich zwischen 40 und 130 neue Kandidat: innen für FH-Professuren qualifiziert werden können (WR, 2016; eigene Berechnungen). Das erscheint angesichts der Dimension des Bedarfs vergleichsweise wenig. Es ist darüber hinaus absehbar, dass für den Erfolg der Tandem-Programme ein professionelles zentrales Ma‐ nagement unabdingbar ist. Programmkoordination und die Finanzierung der Stellen im Umfang von 20 % erfordern eine dauerhafte Finanzierung zwischen 250.000 und 400.000 Euro pro Jahr und Programm. 83 6.4 Implikationen für die Umsetzung <?page no="84"?> Phasen Master-Studium (2 Jahre) Promotion (3-4 Jahre) Universität, Uni + FH, Fachhochschule Postdoc-Phase (3-6 Jahre) Hochschule, außeruniversitäre Forschungseinrichtung , Unternehmen Brückenprojekte für Berufungsfähigeit Berufung (Modelle für FH- Professure) Modelle Universitätsstudium klassische Universitätspromotion (individual/ strukturiert) berufspraktische Tätigkeit Secondment- Programm (optional) klassische FH-Professur W2, 18 SWS Postdoc Universität im In-/ Ausland Transferprojekt (verpflichtend) Schwerpunkt-/ Forschungs -professur W3, 11 SWS kooperative Individualpromotion Postdoc Fachhochschule Fachhochschulstudium Postdoc außeruniversitäre Forschungseinrichtung (MPG, WGL, HGF, Ressortforschung) HAW Fast Track (optional) S-Professur mit Außeruniversitären kooperatives Promotionskolleg Postdoc Fraunhofer-Gemeinschaft Shared Professorship (50/ 50) HAW-Tandem Promotionskolleg mit FH- Promotionsrecht HAW-Tenure Track Stiftungsprofessur HAW 3+3 Teilzeitprofessur Lehre didaktische Basisqualifizierung didaktische Qualifizierung Gastdozentur/ Lehrauftrag (optional) didaktische (Weiter-) Qualifizierung betreute Lehrerfahrung Lehrauftrag an Fachhochschule temporäre Deputatsreduktion Abb. 6: Baukastenmodell individueller Karrierewege zu einer FH-Professur Abb. 6: Baukastenmodell individueller Karrierewege zu einer FH-Professur | eigene Zusam‐ menstellung. Das Professional-Tenure-Track-Modell sieht die Einrichtung von befristeten Qualifikationsstellen auf W1 oder W2 vor - eine neue, vielversprechende Perspektive für die akademische Personalentwicklung an Fachhochschulen. In Analogie zum BMBF-geförderten Tenure-Track-Programm der Univer‐ sitäten fordert die Hochschulallianz hierfür eine Bundesförderung in der Größenordnung von 1 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 15 Jah‐ 84 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="85"?> ren (HAfM, 2016b). Im dem darauffolgenden Positionspapier nimmt die Hochschulallianz eine Differenzierung der Nachwuchsmodelle vor (HAfM, 2016c): Neben einem HAW-Tenure-Track soll ein HAW-3+3-Modell geschaf‐ fen werden, das bereits mit der Promotion startet. Dieses Modell bietet den entscheidenden Vorteil, dass vielversprechende Kandidat: innen bereits zu Ende des Masterstudiums gezielt rekrutiert werden und eine systematische Karriereentwicklung zur FH-Professur zu einem sehr frühen Zeitpunkt startet. Hiermit würden die Fachhochschulen einen eigenen konsistenten Weg vom Studium zur Professur etablieren, der alle drei Qualifizierungs‐ anforderungen systematisch integriert. Es wäre sichergestellt, dass auch der Erwerb von Lehrerfahrung und -qualifizierung bereits während der Phase der Promotion einsetzt. Allerdings ist ein Umfang von (max.) vier Semesterwochenstunden Lehre in diesem Stadium deutlich zu hoch und gefährdet die Qualität der Promotion und einen zügigen Abschluss. Es wird daher empfohlen, für hochschuldidaktische Basisqualifizierung und Lehre zusammen nicht mehr als zwei Semesterwochenstunden über die gesamte Laufzeit der Promotion vorzusehen. In beiden Modellen, HAW-Tenure-Track und HAW-3+3, sollen je 200 tem‐ poräre Stellen mit einer Laufzeit von drei bis vier Jahren (TT) bzw. sechs Jahren (3+3) finanziert werden, wofür die Hochschulallianz bis 2021 einen Finanzierungsbedarf von je 100 Millionen Euro veranschlagt (HAfM, 2016c). Der quantitative Beitrag zur Lösung des Personalengpasses an Fachhoch‐ schulen ist dennoch gering, denn den 400 Stellen steht im selben Zeitraum ein Besetzungsbedarf zwischen 4.000 (lt. HAfM, 2016c) und 7.200 (siehe eigene Erhebung in → Kap. 5.2.1) gegenüber. Damit läge der Beitrag zur Bedarfsdeckung nur zwischen 6 und 10 %. Dies bedeutet, dass entsprechende Programme eine deutlich höhere Kapazität haben sollten (idealerweise 20 bis 30 % des Besetzungsbedarfs) und dass sie vor allem nachhaltig finanziert werden müssten, denn die Effekte der Qualifizierung nur einer Kohorte verpuffen unmittelbar nach Ablauf des Programms. Neben der ausreichenden Kapazität und einer dauerhaften Finanzierung bildet die Kooperation mit Unternehmen, auf die alle Modelle zwingend angewiesen sind, einen besonders kritischen Punkt. Es sind Zweifel ange‐ bracht, inwieweit die vorgesehenen und notwendigen Kooperationen in der Praxis realisierbar sind. Nicht nur benötigen die Hochschulen zuverläs‐ sige Unternehmenspartner in ausreichender Zahl und passender fachlicher Ausrichtung, die an einer längerfristigen Kooperation interessiert sind. Vor allem aber dürfte die Identifikation geeigneter und interessierter Partner und 85 6.4 Implikationen für die Umsetzung <?page no="86"?> die gemeinsame Festlegung von Forschungsthemen und die Verhandlungen über die Rahmenbedingungen erhebliche Ressourcen binden. Als erfolgs‐ kritisch könnte sich die Tatsache erweisen, dass alle vorgestellten Modelle vorsehen, dass die Unternehmen die auf sie entfallenden Stellenanteile aus eigenen Mitteln kofinanzieren. Entsprechend dürfte das Interesse eher gering sein, eine: n Mitarbeiter: in nur mit einem Umfang von 50 bis 80 % zu beschäftigen (und zu finanzieren), um sie oder ihn perspektivisch auch noch an die FH zu verlieren. Die Hochschulallianz allerdings betrachtet die Einrichtung gemeinsamer befristeter Qualifizierungsstellen als transpa‐ renter und ehrlicher als das bisherige System der Abwerbung, bei dem die Mitarbeiter das Unternehmen spontan verlassen. Unternehmen sollten schon deshalb Interesse zeigen, weil sie ihre Forschungs- und Entwick‐ lungsthemen mit einem künftigen HAW-Professor dauerhaft in Lehre und Forschung einbringen können und sich ihnen über diese Person attraktive Rekrutierungswege für Fach- und Führungskräfte eröffnen (HAfM, 2016b). Die Hochschulallianz sieht als Praxispartner vorzugsweise Mittelstands‐ unternehmen, Transferorganisationen sowie außeruniversitäre anwen‐ dungsorientierte Forschungsorganisationen (z. B. Fraunhofer-Gesellschaft). Die Arbeitsgemeinschaft industrielle Forschung (AiF/ jetzt: Forschungsnetz‐ werk Mittelstand) könnte dabei eine koordinierende Rolle einnehmen (HAfM, 2016c). Der Wissenschaftsrat empfiehlt zu diesem Zweck die Ein‐ richtung (multifunktionaler) Kooperationsplattformen aus Konsortien von Hochschulen und Unternehmen (WR, 2016), ohne diesen Vorschlag näher zu explizieren. Eine Option ist in diesem Kontext die Etablierung regionaler Verbünde: Unter Federführung der Fachhochschulen werden strukturelle Kooperationen mit in der Region ansässigen Industrie- und Mittelstands‐ unternehmen, ggf. auch unter Einbeziehung der Universitäten und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, geschaffen. Die Einrichtung eines solchen Verbundes ist das Ergebnis eines Strategieprozesses jedes einzelnen Mitglieds, aber auch des gesamten Konsortiums. Diesen Prozess zu planen, zu steuern und zu koordinieren sowie den Verbund professionell zu managen, wird ohne zusätzliche Ressourcen nicht gelingen. Erste Erfahrungen mit einem Pilotvorhaben in Nordrhein-Westfalen zeigen allerdings, dass die Arbeitsbelastung durch zwei Beschäftigungsver‐ hältnisse mit unterschiedlichen Anforderungen erheblich ist. Auf Seite der Fachhochschule kollidierte die Lehrverpflichtung im Umfang von acht Semesterwochenstunden regelmäßig mit Aufgaben in der Selbstverwaltung und vor allem mit den Erwartungen nach weiterer wissenschaftlicher 86 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="87"?> Profilierung durch Forschungstätigkeit und Publikationen. Insgesamt wurde das Erfordernis deutlich, Aufgaben, Zeiten und Ressourcen pro Arbeitgeber gut zu strukturieren. Für Wissenschaftlerinnen waren die Bedingungen noch deutlich erschwert, sofern auch Familie und Beruf zu vereinbaren waren (Rademaker & Stricker, 2020). Diese Ausführungen machen deutlich, dass neben Kapazität und Nachhaltigkeit vor allem die Implementierung entsprechender Programme sehr sorgfältig geplant werden muss, um ad‐ verse Effekte zu minimieren. Im Kontext aller Modelle wäre grundsätzlich zu klären, inwieweit diese vom Hausberufungsverbot tangiert wären. Dieses würde die dargestellten Modelle konterkarieren, indem ausgewählte Kandidat: innen nach Ablauf ihrer Qualifizierungsphase an der eigenen Hochschule nicht berufen werden dürften. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass das Verbot in diesen Fällen keine Anwendung findet bzw. geklärt werden, wie mit dem Erforder‐ nis des Hochschulwechsels zwischen Promotion und Berufung umgegangen werden kann. Denkbar wäre z. B., dass ein Arbeitgeberwechsel während dieser Zeit als äquivalent zum Hochschulwechsel anerkannt wird. Bis auf zwei Ausnahmen übersehen alle im Rahmen dieses Buches aufgeführten Publikationen zum Thema Personal an Fachhochschulen eine Option, in der allerdings ein großes Potenzial steckt: Es handelt sich um die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Der Wissenschaftsrat erwähnt zwar, dass Kooperationen u. a. auch außeruniversitäre Forschungs‐ einrichtungen mit Anwendungsbezug, insbesondere der Fraunhofer-Gesell‐ schaft, einschließen könnten, ohne dies jedoch weiter zu explizieren (WR, 2016). Die Hochschulallianz wiederum sieht die Institute der Fraunhofer- Gemeinschaft als Kooperationspartner für gemeinsame Projekte in der Praxisphase (HAfM, 2016c). Übersehen wird dabei jedoch die große Zahl der an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen (der Helmholtz- Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft) beschäftigten Wissenschaftler: innen (mehr als 25.000, ohne Promovierende). Diese bilden ein enormes und bislang über‐ sehenes Personalreservoir für Rekrutierungen von FH-Professuren, denn nach drei Jahren Beschäftigung bei einer außeruniversitären Einrichtung im Anschluss an die Promotion sind sowohl das Berufungserfordernis der Forschung als auch das der außerhochschulischen Berufspraxis erfüllt. Über 16.000 dieser Personen sind auf befristeten Positionen (GWK-Be‐ richt, 2020; eigene Berechnungen), und auch wenn keine der vier genannten Einrichtungen in ihrer Personalstatistik promovierte Wissenschaftler: innen 87 6.4 Implikationen für die Umsetzung <?page no="88"?> als eigenständige Personalkategorie führt, kann dennoch davon ausgegan‐ gen werden, dass der überwiegende Anteil dieser befristet Beschäftigen auf promovierte Nachwuchswissenschaftler: innen entfällt. Von diesen Perso‐ nen hat nur ein sehr geringer Anteil die Chance, eine Nachwuchsgruppe ein‐ zuwerben (die Zahl der Nachwuchsgruppen an allen vier Einrichtungen be‐ trug im Jahr 2019 zusammen 609, GWK-Bericht, 2020; eigene Berechnungen) oder eine unbefristete Position zu erlangen. Seit ein paar Jahren unterstüt‐ zen die Einrichtungen ihre promovierten Nachwuchswissenschaftler: innen zunehmend darin, frühzeitig informierte Karriereentscheidungen zu treffen. Angesichts der unsicheren Beschäftigungsperspektiven entscheiden sich mehr und mehr Personen für einen Ausstieg aus der Wissenschaft. Anstatt also Personen an den außeruniversitären Einrichtungen aufgrund unsiche‐ rer Perspektiven einfach aussteigen zu lassen, sollten die Fachhochschulen aktive Rekrutierungsanstrengungen unternehmen, um die am besten Qua‐ lifizierten für sich zu gewinnen. Diese Bemühungen sollten eine hohe Erfolgsquote haben, denn viele der prospektiven Aussteiger: innen würden gerne in der Wissenschaft bleiben, sofern ihnen dort sicherere Perspektiven in Aussicht gestellt würden - beides können die Fachhochschulen ihnen bieten. Alle außeruniversitären Forschungsinstitutionen haben darüber hinaus in den letzten Jahren verstärkte Anstrengungen unternommen, mit Unter‐ nehmen zu kooperieren. Beispielhaft hierfür stehen 107 Verbundprojekte an den 18 Instituten der Helmholtz-Gemeinschaft im Rahmen des BMBF-Pro‐ gramms Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) bzw. Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF). Die Leibniz-Gemeinschaft verzeichnete nach eigenen Angaben im Jahr 2019 über 2.700 Kooperationen mit Industrie- oder Wirtschaftsunternehmen. Unter dem Dach der Max-Planck-Gesellschaft wurde die Max-Planck-Innovation GmbH gegründet, um Erfindungen und Know-how industriekompatibel zu validieren. Alle drei Einrichtungen sind damit deutlich näher an die Unternehmen gerückt (GWK, 2020). Die Fraunhofer-Gesellschaft definiert sich als die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Promovierende und Postdocs sind bis auf wenige Ausnahmen in industriefinanzierten Projekten beschäftigt und müssen diese auch selbst einwerben. Damit bilden die promovierten Nachwuchswissenschaftler: innen der Fraunhofer-Gesellschaft unter den vier Außeruniversitären die ideale Zielgruppe für die Fachhoch‐ schulen. Sie verfügen nicht nur über substanzielle Forschungserfahrung, sondern haben auch Kenntnis von und Kontakte zu Unternehmen sowie 88 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="89"?> profunde Kenntnis der Forschungsthematik im Anwendungskontext. Einzig das Qualifikationserfordernis Lehrkompetenz könnte noch unterentwickelt sein, da Nachwuchswissenschaftler: innen an außeruniversitären Einrich‐ tungen i. d. R. wenig Zugang zu Lehre haben. Die Zielgruppe - nicht nur bei der Fraunhofer-Gesellschaft, sondern auch bei den anderen drei außeruniversitären Gemeinschaften sollte systematisch erschlossen werden. Hierfür würden sich z. B. die erwähnten (regiona‐ len) Kooperationsplattformen anbieten. Aus strategischen Gesichtspunkten wäre aber eine institutionelle Kooperation zwischen den vier außeruniver‐ sitären Organisationen und der Vertretung der HAWs in der HRK, dem Bad Wiesseer Kreis, in Erwägung zu ziehen. Hierüber könnten z. B. auch Werbe- und Imagekampagnen lanciert, Roadshows bei außeruniversitären Einrichtungen durchgeführt und der Besuch von Karrieremessen organisiert werden. Wichtig ist, dass die Postdocs möglichst frühzeitig von der Karrie‐ reoption FH-Professur erfahren und Kontakte zu FHs herstellen können. Hierzu würden sich gemeinsame Forschungsprojekte (Transferprojekte) eignen, aber auch Secondment-Programme (HRK, 2016b), d. h. die zeitweise Abordnung des Beschäftigten an eine Fachhochschule. Über Lehraufträge, Gast- und Vertretungsdozenturen könnten noch vorhandene Defizite beim Erfordernis Lehrkompetenz ausgeglichen werden. Sinnvoll ist die Etablie‐ rung eines HAW-Fast-Track mit einjähriger (bis max. zweijähriger) Laufzeit - ggf. auch in Form einer vorgezogenen Berufung -, in dem der Erwerb von Lehrkompetenz mit einem Transferprojekt kombiniert werden könnte. Ent‐ sprechende Stellen müssten geschaffen und finanziert werden und könnten allen Kandidat: innen offenstehen, die noch nicht alle Berufungsvorausset‐ zungen erfüllen. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit eine Differenzierung der Stellenprofile bei den FH-Professuren dazu beitragen kann, deren Attraktivität zu erhöhen. Hierbei sollen die Empfehlungen aus der Literatur den 310 recherchierten Ausschreibungen für FH-Professuren gegenübergestellt werden, um festzustellen, inwieweit diese bereits Eingang in die Praxis gefunden haben. Um mehr potenzielle Interessent: innen aus der Wirtschaft anzusprechen, empfiehlt der Wissenschaftsrat (WR, 2016) Schwerpunktprofessuren mit reduzierter Lehrverpflichtung von elf Semes‐ terwochenstunden. Unter den Stelleninseraten, die die Autorin bei ihrer Re‐ cherche fand, befanden sich zwei (Forschungs-)Professuren auf W3, beide in den Ingenieurwissenschaften, die mit einer reduzierten Lehrverpflichtung einhergingen. Mozhova & Krabel (2018) sprechen sich für Teilzeitprofessu‐ 89 6.4 Implikationen für die Umsetzung <?page no="90"?> ren aus, die es Kandidat: innen besser ermögliche, eine Professur an einer FH mit einer selbständigen Tätigkeit oder mit familiären Verpflichtungen zu vereinbaren. Unter den im März und April 2021 ausgeschriebenen Professuren fand sich allerdings keine Teilzeitprofessur, und es ist davon auszugehen, dass diese für die Fachhochschulen eine eher weniger interes‐ sante Option darstellt. Bei einer Ausschreibung handelte es sich um eine sog. Shared Professorship, bei der 50 % der Kosten von einem Unternehmen (im vorliegenden Fall der Carl Zeiss AG) finanziert werden. Zwei Professuren waren als Stiftungsprofessuren ausgeschrieben, bei der Unternehmen die Professur für die Dauer von fünf Jahren finanzieren und erwarten, dass die Hochschulen im Anschluss die Professur fest etatisieren. Damit lag der Gesamtanteil der Stellen, die nicht einer regulären FH-W2-Professur mit 18 Semesterwochenstunden Lehrverpflichtung entsprechen, bei unter 2 % und ist damit noch deutlich zu gering, um nennenswerte Effekte, die über den Einzelfall hinausgehen, auszulösen. 90 6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur <?page no="91"?> Karrierewege für angehende Professor: innen <?page no="93"?> 7 Der Weg zur FH-Professur 7.1 Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer Die Ausschreibung von Professuren und der Prozess von der Auswahl bis zur Einstellung von Professor: innen im Rahmen eines sog. Berufungsverfahrens unterscheidet sich deutlich von Stellenbesetzungsverfahren in Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen. Die Grundzüge von Berufungsverfahren wer‐ den durch die Hochschulgesetze der 16 Bundesländer geregelt. Hierin ist u. a. festgelegt, welche Voraussetzungen Kandidat: innen für eine Berufung auf eine (FH-)Professur erfüllen müssen. Es legt die grundsätzliche Zusammensetzung der Berufungskommissionen fest und definiert die Verantwortlichkeiten für die wesentlichen Schritte der Berufungsverfahren. Auch wenn sich die Hochschulgesetze der einzelnen Bundesländer nicht wesentlich voneinander unterscheiden, wird Interessent: innen und Bewer‐ ber: innen empfohlen, einen Blick in das Gesetz des betreffenden Landes zu werfen, um sich über die jeweils geltenden Regularien zu informieren. Eine Reihe von Ländern haben in den letzten Jahren ihre Hochschulgesetze u. a. im Hinblick auf HAWs und HAW-Professuren reformiert. Eine Übersicht aller jeweils aktuellen Versionen der Hochschulgesetze findet sich z. B. auf der Website des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, das zu diesem Zweck mit Wolters Kluwer kooperiert und eine Auswahl der wich‐ tigsten Gesetze des Bundes und der Länder kostenfrei zur Verfügung stellt: Link-Tipp 11 | http: / / www.lexsoft.de/ cgi-bin/ lexsoft/ justizportal_nrw.cgi. Die Regularien und die Verfahren für die Berufung von Professor: innen an Universitäten und an Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind vom Grundsatz her nicht unterschiedlich. Allerdings unterscheiden sich die formalen Berufungsanforderungen für Professuren an Fachhochschulen und an Uni‐ versitäten in einem wesentlichen Punkt: dem Erfordernis einer berufsprak‐ tischen Tätigkeit für die Berufung von HAW-Professor: innen (siehe hierzu auch → Kap. 4.1). Jedoch können zunehmend auch Ausnahmetatbestände gelten. Eine Zusammenstellung der in den jeweiligen Landeshochschulgesetzen definierten Berufungsvoraussetzungen findet sich in → Tab. 1. <?page no="94"?> Land Ver‐ sion Qualifika‐ tion I: pädagogische Eignung Qualifika‐ tion II: Befähigung zur wiss. Arbeit Qualifikation III: berufliche Erfahrung (Standard) Qualifikation III: Alternative (Ausnahme) Besonderheit BW Dez. 2021 ▶ Erfahrung in Lehre/ Ausbil‐ dung ▶ Teilnahme an Fort- & Weiterbildun‐ gen in HS-Di‐ daktik Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen (insbeson‐ dere Einrichtung von Forschungsschwerpunkten mit entsprechenden For‐ schungsprofessuren): zu‐ sätzliche wiss. Leistungen in Forschung & Lehre: ▶ Habilitation, Juniorprofes‐ sur, Dozentur ▶ akad. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in der Wirt‐ schaft Berufung auch ohne ▶ Promotion oder ▶ Nachweis der päd‐ agogischen Eignung möglich, wenn feh‐ lende Einstellungs‐ voraussetzung er‐ worben wird und zu diesem Zweck Tätig‐ keit bei Dritten aus‐ geübt und von diesen finanziert wird (Tan‐ dem-Professur auf Zeit) BY Apr. 2022 Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs (auch in Ko‐ operation HS-extern) in besonders begründeten Fällen zusätzliche wiss. Leis‐ tungen ▶ Habilitation/ Juniorprofes‐ sur ▶ Nachwuchsgruppenlei‐ tung, Tenure-Track-Profes‐ sur ▶ gleichwertige wiss. Leis‐ tungen außerhalb der HS befristete (3-6 J.) Nachwuchspro‐ fessuren (auch als Tenure Track) zur Erbringung noch fehlender Qualifika‐ tionsanforderungen: ▶ Promotion oder ▶ berufliche Praxis 94 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="95"?> BE Sep. 2021 ▶ Erfahrung in Lehre/ Ausbil‐ dung Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in begründeten Ausnahme‐ fällen zusätzliche wiss. Leis‐ tungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ akad. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in Wirt‐ schaft/ anderem gesellschaft‐ lichen Bereich BB Sep. 2020 pädagogische Eignung qualifizierte Promotion Besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 3 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 2 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in begründeten Ausnahme‐ fällen zusätzliche wiss. Leis‐ tungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ akad. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in der Wirt‐ schaft HB Mrz. 2022 k. A. k. A. k. A. k. A. HH Jun. 2021 i. d. R. durch entsprechende Leistungen im Rahmen der Juniorprofes‐ sur qualifizierte Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ i. d. R. Juniorprofessur ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF 95 7.1 Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer <?page no="96"?> HE Dez. 2021 ▶ selbständige Lehre (Quali‐ tät durch Eva‐ luation über‐ prüft) ▶ Erfahrung in der Ausbil‐ dung ▶ Teilnahme an Fort- & Weiterbildun‐ gen der HS- Didaktik Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs zusätzliche wissenschaftli‐ che Leistungen Das hessische Hochschulgesetz un‐ terscheidet bei den Einstellungsvo‐ raussetzungen nicht zwischen Uni- und HAW-Professuren, sondern verweist auf die Anforderungen der jeweiligen. Stelle. MV Nov. 2019 pädagogische Eignung Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen (insbeson‐ dere bei Einrichtung von Forschungsschwerpunkten mit Forschungsprofessuren): zusätzliche wiss. Leistungen in Forschung & Lehre: ▶ Habilitation/ Juniorprofes‐ sur/ Dozentur ▶ akademische Mitarbei‐ ter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in der Wirt‐ schaft/ anderem gesellsch. Bereich NI Mrz. 2022 durch prakti‐ sche Erfah‐ rung bestätigt Überdurchschnittliche Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: 96 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="97"?> wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs ▶ i. d. R. Juniorprofessur/ Ha‐ bilitation ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ andere wiss. Tätigkeit NW Nov. 2021 durch entspre‐ chende Vorbil‐ dung nachge‐ wiesen Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonderen Ausnahmefäl‐ len und nach Eigenart des Faches & der Anforderungen der Stelle: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in Wirt‐ schaft, Verwaltung/ anderem gesellsch. Bereich RP Jul. 2021 ▶ Erfahrung in Lehre/ Ausbil‐ dung ▶ hochschuldi‐ daktische Wei‐ terbildung Qualifi‐ zierte Pro‐ motion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ Juniorprofessur/ Tenure Track/ Habilitation ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in Wirt‐ schaft/ anderem gesellsch. Bereich 97 7.1 Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer <?page no="98"?> SL Okt. 2021 ▶ Erfahrung in Lehre/ Ausbil‐ dung ▶ Teilnahme an Fort- & Weiterbildun‐ gen in HS-Di‐ daktik Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ 5 Jahre Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs k. A. SN Sep. 2021 pädagogische Eignung & hochschuldi‐ daktische Kenntnisse Qualität der Promotion Besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden: ▶ i. d. R. 5 Jahre Berufs‐ praxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen (insbeson‐ dere wenn in Funktionsbe‐ schreibung der Professur nicht überwiegend praxis‐ orientierte Lehr- und For‐ schungsaufgaben): zusätzli‐ che wiss. Leistungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ gleichwertige wiss. Tätig‐ keit ST Jul. 2021 pädagogische Eignung Qualität der Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in be‐ ruflicher Praxis, davon grundsätzlich: ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ Habilitation oder gleich‐ wertige wiss. Leistung ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in der Wirt‐ schaft/ anderem gesellsch. Bereich 98 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="99"?> SH Feb. 2022 pädagogische & didaktische Eignung gute Quali‐ tät der Pro‐ motion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ gleichwertige wiss. Leis‐ tungen auch extern TH Mrz. 2021 pädagogische Eignung qualifizierte Promotion besondere Leistungen bei Anwendung/ Ent‐ wicklung wiss. Erkennt‐ nisse & Methoden in min‐ destens: ▶ 5 Jahren Berufspraxis, davon mindestens ▶ 3 Jahre außerhalb des HS-Bereichs in besonders begründeten Ausnahmefällen: zusätzliche wiss. Leistungen: ▶ Juniorprofessur/ Habilita‐ tion ▶ wiss. Mitarbeiter: in an HS oder AuF ▶ wiss. Tätigkeit in der Wirt‐ schaft/ anderem gesellsch. Bereich Länderkürzel (Bundesländer) nach Bundesministerium für Bildung und Forschung: BW = Baden-Württemberg, BY = Bayern, BE = Berlin, BB = Brandenburg, HB = Bremen, HH = Hamburg, HE = Hessen, MV = Mecklenburg- Vorpommern, NI = Niedersachsen, NW = Nordrhein-Westfalen, RP = Rheinland-Pfalz, SL = Saarland, SN = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, SH = Schleswig-Holstein, TH = Thüringen Tab. 1: Einstellungsvoraussetzungen für HAW/ FH-Professuren in den Hochschulgesetzen der Länder | eigene Darstellung, Stand Mai 2022. 99 7.1 Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer <?page no="100"?> Neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium auf Master- oder äqui‐ valentem Niveau bedarf es der „Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit“. Diese Befähigung wird i. d. R. nachgewiesen durch eine „qualifizierte“ bzw. eine „(gute) Qualität der“ Promotion, wie es in den Landeshoch‐ schulgesetzen heißt. Es ist dabei allerdings nicht geregelt, was hierunter konkret zu verstehen ist. In der Praxis wird i. d. R. vorausgesetzt, dass die Promotion mindestens mit der Note magna cum laude abgeschlossen wurde (→ Kap. 6.1). In künstlerischen und gestalterischen Fächern (z. B. Architek‐ tur, Design u. a.), in denen eine Promotion nicht üblich ist, werden i. d. R. äquivalente und einschlägige künstlerische Leistungen (Veröffentlichungen, Wettbewerbe, Projekte, Ausstellungen, Preise) vorausgesetzt. Auch das Qualifikationserfordernis pädagogische Eignung definieren die meisten Hochschulgesetze eher vage als pädagogische und/ oder (hoch‐ schul-)didaktische Eignung bzw. Erfahrung. Einige werden konkreter und definieren die Eignung über „Erfahrung in der Lehre oder Ausbildung“ (BW, BE, HE, RP, SL) bzw. über die „Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen auf dem Gebiet der Hochschuldidaktik“ (BW, HE, RP) bzw. „entsprechende Vorbildung“ (NW). Die Voraussetzungen für die Berufbarkeit auf eine Universitätsprofes‐ sur bildet i. d. R. die Habilitation, die in den beiden letzten Jahrzehnten zunehmend durch habilitationsäquivalente Leistungen in Form einer Juni‐ orprofessur oder einer Nachwuchsgruppenleitung ersetzt werden kann. Als Einstellungsvoraussetzung für HAW-Professuren sehen die Hochschul‐ gesetze fast aller Länder hingegen „besondere Leistungen bei Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen Berufspraxis nach Abschluss des Studiums vor, von denen mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbe‐ reichs“ verbracht worden sein müssen. Nur im Hochschulgesetz des Landes Brandenburg wird eine geringere Mindestdauer der beruflichen Praxis von nur drei Jahren, davon mindestens zwei Jahre außerhalb der Hochschule gefordert. Bei der Anrechnung der Berufspraxis werden Tätigkeiten als wissenschaftliche: r Mitarbeiter: in im Rahmen der Promotion berücksichtigt, sie können aber auf die erforderliche dreijährige außerhochschulische Be‐ rufspraxis (idealerweise auf einem Gebiet, das der fachlichen Ausschreibung der betreffenden Professur entspricht) nicht angerechnet werden. Mit Ausnahme der Länder Bremen und Saarland, deren Hochschulgesetze in diesem Punkt keine Angaben machen, kann in „(besonders) begründeten (Ausnahme-)Fällen“ das Erfordernis der beruflichen Praxis durch „zusätz‐ 100 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="101"?> liche wissenschaftliche Leistungen“ kompensiert werden. Diese können durch eine Habilitation, eine Juniorprofessur, eine Tätigkeit als wissen‐ schaftliche: r (akademische: r) Mitarbeiter: in an einer Hochschule oder au‐ ßeruniversitären Forschungseinrichtung oder auch eine wissenschaftliche Tätigkeit in der Wirtschaft oder einem anderen gesellschaftlichen Bereich im In- oder Ausland nachgewiesen werden. Was diese Ausnahme begründet, wird lediglich in den Hochschulgesetzen der Länder Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern näher ausgeführt: Einen Ausnahmefall be‐ gründet insbesondere die „Einrichtung von Forschungsschwerpunkten mit entsprechenden Forschungsprofessuren“. Wissen | Bedingt durch den Trend zunehmender Forschungsaktivi‐ täten, gleichen sich die Anforderungen bei der Neuberufung von Professor: innen in einer zunehmenden Zahl von Fällen an jene der Universitäten an. Dies gilt insbesondere in Fächern, in denen die Hoch‐ schule einen (künftigen) Profilschwerpunkt in der Forschung auf- oder ausbauen will und/ oder die über ein eigenständiges Promotionsrecht verfügen (bisher nur in Hessen umgesetzt, Stand Frühjahr 2022). Hessen war 2016 das erste Bundesland, das unter bestimmten Voraussetzun‐ gen seinen Fachhochschulen ein eigenständiges Promotionsrecht zunächst befristet zugestand. Nach positiver Evaluation soll das Promotionsrecht auf Dauer bestehen. Es ist abzusehen, dass andere Bundesländer sich dem hessischen Beispiel anschließen werden. In dem Maße, wie sich das Pro‐ motionsrecht für HAWs weiter ausbreitet und damit auch die Forschungs‐ aktivitäten und -profilbildung deutlich zunehmen, ist damit zu rechnen, dass vermehrt habilitierte bzw. äquivalent wissenschaftlich qualifizierte Personen berufen werden, zumal eine weitere Voraussetzung ist, dass die Person über ausreichende Erfahrung in der Betreuung von Promovierenden verfügt. Diese Erfahrung aber lässt sich bisher - in Ermangelung eines eigenständigen Promotionsrechts an HAWs - in erster Linie an den Uni‐ versitäten erwerben. Das bedeutet, dass die betreffenden Fachhochschulen, um überhaupt perspektivisch ein Promotionszentrum einrichten bzw. ein vorhandenes Zentrum ausbauen zu können, proaktiv eine entsprechende Berufungspolitik betreiben müssen. Die Konsequenz hieraus ist, dass ver‐ mehrt Wissenschaftler: innen mit abgeschlossener Habilitation oder einer habilitationsäquivalenten Leistungen gesucht werden. Interessanterweise unterscheidet das hessische Hochschulgesetz bisher als einziges bei den 101 7.1 Die Besetzung von Professuren - ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer <?page no="102"?> Einstellungsvoraussetzungen schon nicht mehr zwischen Universitäts- und Fachhochschulprofessuren, sondern verweist auf die Anforderungen der jeweiligen Stelle. Forschungsaktiven Professor: innen an HAWs wird i. d. R. nach Maßgabe des Einzelfalls und der Möglichkeiten der Hochschule bzw. des Fachbe‐ reichs eine (normalerweise zeitlich begrenzte) Reduktion des Lehrdeputats gewährt, um Forschungsaktivitäten zu honorieren und Anreize zu schaffen. In den meisten Bundesländern sind zwischenzeitlich auch schon sog. (meist befristete) Forschungsprofessuren mit teilweise deutlich reduziertem Lehr‐ deputat (i. d. R. sechs bis zwölf Semesterstwochenstunden) entstanden, in Mangelfächern werden sogar die ersten schon nach W3 besoldet. An den HAWs ist diese Praxis durchaus nicht unumstritten: In zunehmendem Maße wird an den HAWs die Entwicklung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft be‐ klagt: Auf der einen Seite finden sich diejenigen Hochschullehrer: innen, die überwiegend die Lehre schultern und die dafür nach eigener Wahrnehmung wenig Anerkennung erhalten. Auf der anderen Seite stehen die stärker forschungsaktiven Personen, die ihre Lehrbelastung reduzieren können und auch noch stärker im Fokus der Aufmerksamkeit seitens der Fachbereiche und der Hochschulleitung stehen. Ein vergleichbarer Differenzierungspro‐ zess hat spätestens mit der Exzellenzinitiative an den Universitäten Mitte der 2000er-Jahre eingesetzt. Anforderung bedeutet i. d. R. und weiter Alternative/ n abgeschlossenes Hochschulstu‐ dium Diplom-/ Master- oder äquivalenter Abschluss (insbe‐ sondere bei aus‐ ländischen Ab‐ schlüssen) Befähigung zu wissenschaftli‐ chem Arbeiten Promotion i. d. R. mindestens magna cum laude, in einigen Fällen auch cum laude in Fächern, in de‐ nen eine Promo‐ tion nicht üblich ist: adäquate künstlerische/ gestalterische Leistung pädagogische Eig‐ nung Lehrerfahrung und/ oder didakti‐ sche Qualifizie‐ rung z. T. bestätigt durch (sehr) gute Lehrevaluationen 102 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="103"?> Berufspraxis i. d. R. min. 3 Jahre außerhalb der Hochschule (nach Studienabschluss) bei forschungsak‐ tiven Professuren: Habilitation/ Juni‐ orprofessur/ Nach‐ wuchsgruppenlei‐ tung oder äquivalente Quali‐ fikation Tab. 2: Bewerbungsanforderungen HAW-Professur | eigene Darstellung, Stand Mai 2022. 7.2 Berufungsverfahren Tipp | Einem Berufungsverfahren an einer Hochschule liegt das Prin‐ zip der Bestenauslese (Schade, 2021) zugrunde. Es ist vom Prozedere genau reglementiert; dabei existieren geringfügige Unterschiede je nach Bundesland (Hochschulgesetz) und Hochschule (Berufungsord‐ nung und Berufungsleitfaden). Im Vorfeld einer Bewerbung auf eine Professur empfiehlt es sich daher, sich mit den einschlägigen Regelun‐ gen vertraut zu machen. Der Prozess der Besetzung einer Professur ist für Außenstehende häufig nur schwer nachzuvollziehen, weil er nicht nur komplex, sondern mit einer Zeitdauer von bis zu zwei Jahren auch sehr langwierig ist, insbesondere wenn man sie mit Stellenbesetzungsverfahren in Wirtschaftsunternehmen vergleicht. Im Folgenden sollen die Grundzüge des Verfahrens, an dessen Ende die Annahme des Rufes durch die ausgewählte Person steht, vorgestellt werden. Wie oben erwähnt, können die Verfahren je nach Bundesland und Hochschule in Details variieren. Verhandlungen zwischen Hochschule und Fachbereich Den ersten Schritt bilden Verhandlungen zwischen Hochschulleitung und Fachbereich bzw. Fakultät über die Notwendigkeit, eine frei gewordene Professur wieder zu besetzen. Bei vorgesehenen Wiederbesetzungen auf‐ grund altersbedingten Ausscheidens beginnt der Fachbereich schon ein bis zwei Jahre vor dem erwarteten Datum des Eintritts in den Ruhestand mit den Beratungen zur künftigen inhaltlichen Ausgestaltung (Denomination) und der strukturellen Einbindung der Professur. Eine Neuausrichtung der 103 7.2 Berufungsverfahren <?page no="104"?> künftigen Professur ist meist an eine entsprechende Strukturplanung des Fachbereiches und der Hochschule (Fachbereichs- und Hochschulentwick‐ lungsplan) gekoppelt. Der oder die Dekan: in des betreffenden Fachbereichs sucht das Gespräch mit der Hochschulleitung hinsichtlich der künftigen Ausrichtung der Pro‐ fessur, der Funktionsbeschreibung, der Ausstattung mit Personal (an HAWs eher selten), Räumen und finanziellen Ressourcen sowie der zu erbringen‐ den Lehre. Sobald hierüber Einigung erzielt worden ist, kann die Freigabe der Professur durch die Hochschulleitung erfolgen - in einigen Ländern muss das zuständige Wissenschaftsministerium seine Zustimmung erteilen, in anderen Ländern erfolgt die Zustimmung durch den akademischen Senat der Hochschule und das Ministerium wird lediglich informiert. Häufig werden vom Präsidium ein: e oder mehrere zentrale Berufungsbe‐ auftragte aus dem Kreis der Mitglieder der Hochschule bestellt. Näheres regelt die jeweilige Berufungsordnung. Der oder die Berufungsbeauftragte kann an allen Sitzungen aller Berufungskommissionen teilnehmen. Als nicht stimmberechtigtes Mitglied besteht die Aufgabe vor allen Dingen darin, die Kommissionsmitglieder in rechtlicher Hinsicht und zum Verfah‐ ren zu beraten und die Einhaltung übergreifender Standards sicherzustellen. Einsatz einer Berufungskommission Nun kann die Berufungskommission eingesetzt werden, die den weiteren Prozess verantwortet und begleitet. Die Kommission besteht aus Vertre‐ ter: innen aller vier Statusgruppen, i. d. R.: ■ 3-5 Professor: innen, ■ 1-2 Vertreter: innen des sog. akademischen Mittelbaus, ■ 1-2 Studierende sowie ■ 1-2 sonstige Mitarbeitende (i. d. R. aus der Verwaltung). Der Berufungskommission gehört immer auch an: ■ ein: e auswärtige: r Fachvertreter: in sowie in manchen Fällen zusätzlich ■ ein professorales Mitglied aus einem anderen Fachbereich der Hoch‐ schule. 104 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="105"?> Die Mitglieder aus der Gruppe der Hochschullehrenden verfügen über die Stimmenmehrheit. Alle Vertreter: innen in der Kommission mit Ausnahme der Externen wer‐ den von ihren jeweiligen Statusgruppen im Fachbereich gewählt. Der oder die Vorsitzende der Berufungskommission wird i. d. R. auf Vorschlag des Dekanats durch die Hochschulleitung ernannt. An einer zunehmenden Zahl von Hochschulen muss diese Person an einer Schulung zur Personal‐ auswahl im Berufungsverfahren teilnehmen, um die Funktion des bzw. der Vorsitzenden ausüben zu dürfen. Darüber hinaus nehmen an den Sitzungen der Berufungskommission in beratender Funktion teil: ■ der bzw. die zentrale Gleichstellungsbeauftragte (der bzw. die sich durch die Gleichstellungsbeauftragte des Fachbereichs vertreten lassen kann), ■ der bzw. die Berufungsbeauftragte ■ sowie bei Bewerber: innen mit Einschränkungen auch die Vertretung der Schwerbehinderten. Auch der bzw. die Dekan: in kann den Sitzungen der Kommission ohne Stimmrecht beiwohnen. Berufungskommissionen umfassen also regelmäßig zwischen 10 und 15 Personen. Ihre Sitzungen sind nicht öffentlich. Auf Einladung des bzw. der Dekan: in tritt die Kommission zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, auf der über Ziele und Ablauf des Verfahrens informiert und ein Zeitplan festgelegt wird, um Verbindlichkeit und Transparenz des Verfahrens sicherzustellen. Erarbeiten des Ausschreibungstextes und Ausschreibung Im nächsten Schritt erfolgt die Erarbeitung des Ausschreibungstextes auf der Grundlage der vorher getroffenen Absprachen zur Ausrichtung und Profilbeschreibung der Professur; Letztere bildet die formale Vorausset‐ zung und Grundlage für die Auswahl. Die Berufungskommission legt dem Fachbereichsrat einen Ausschreibungstext vor. In Abhängigkeit von den Regelungen des jeweiligen Landeshochschulgesetzes bedarf der Aus‐ schreibungstext vor der Veröffentlichung der Freigabe durch den oder die Präsident: in der Hochschule. Nun erfolgt die öffentliche, überregionale und häufig auch internationale Ausschreibung der Professur. Über die Frage, wie breit und in welchen 105 7.2 Berufungsverfahren <?page no="106"?> Medien die Stellenanzeige veröffentlicht werden soll, bestimmt die Beru‐ fungskommission. Wo sind die Ausschreibungen zu finden? Die überwiegende Zahl der Professuren an deutschen Hochschulen wird nach wie vor in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT in gedruckter Form ausgeschrieben; die entsprechenden Angebote finden sich online auch bei zeit.de bzw. academics.de. Ein großer Teil der ausgeschriebenen Pro‐ fessuren finden sich auch in der von Deutschen Hochschulverband (DHV) herausgegebenen Zeitschrift Forschung & Lehre. Darüber hinaus werden zunehmend auch Onlinekarriereportale wie Stepstone oder Monster genutzt (→ Kap. 5.2). Europaweit werden Professuren teilweise auch auf der Platform EURAXESS (Link-Tipp 12 | https: / / euraxess.ec.e uropa.eu) eingestellt; für die Suche nach (HAW-) Professuren muss bei Research Profile Leading Researcher (Level R4) ausgewählt werden. Viel‐ fach entscheiden die Berufungskommissionen, bei ihren Ausschreibun‐ gen auch die jeweils einschlägigen Fachgesellschaften wie z. B. die Ge‐ sellschaft Deutscher Chemiker (GdCh) einzubeziehen. Ansprache von Frauen Parallel zur Ausschreibung können besonders geeignete Personen angesprochen und zur Bewerbung aufgefordert werden (proaktive Suche). An einer steigenden Zahl von Hochschulen ist im Rahmen der Frauenförderung auch eine aktive Rekrutierung noch vor der Aus‐ schreibung möglich. Hierbei wird aktiv nach geeigneten Kandidatinnen recherchiert, z. B. bei den wissenschaftlichen Fachgesellschaften, in Wissenschaftlerinnen- und Expertinnendatenbanken oder der Projekt‐ datenbank der DFG. Aus Gründen der Transparenz muss die Recherche dokumentiert werden. Geeignete Personen werden kontaktiert und auf die Ausschreibung hingewiesen. Darüber hinaus können auch die Mitglieder der Berufungskommission eigene Personenvorschläge ein‐ bringen. Sichtung der Bewerbungen Nach Ablauf der Bewerbungsfrist erfolgt die Sichtung der Bewerbungen durch die Mitglieder der Berufungskommission; Kriterien sind die Voll‐ 106 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="107"?> ständigkeit der Bewerbungsunterlagen und die Erfüllung der formalen Qualifizierungsanforderungen (Promotion, Berufserfahrung und Erfahrung in Lehre oder Ausbildung). Tipp | Das Kriterium Lehrerfahrung wird in einigen Fällen nicht ganz so streng gewichtet; wenn aus anderen Gründen großes Interesse an einer bestimmten Person besteht, kann es sogar vorkommen, dass die Qualifizierung erst in den beiden ersten Jahren der Professur erfolgen kann. Darüber hinaus werden die Aussagefähigkeit des Anschreibens, Umfang und Qualität der Lehr- und Forschungserfahrung und die Einschlägigkeit der außeruniversitären oder ggf. äquivalenten beruflichen Erfahrung einer kritischen Prüfung unterzogen. Sitzung der Kommission, Anhörung und Fachgespräch In der ersten Sitzung der Kommission nach Ablauf der Bewerbungsfrist wird die Gewichtung der Kriterien bzw. Schwerpunkte für die Auswahl der Bewerber: innen diskutiert und festgelegt. Anschließend wird auf die‐ ser Basis entschieden, wie viele (i. d. R. zwischen sechs und acht) und welche Personen zur Anhörung (umgangssprachlich: Vorsingen) eingeladen werden. Die Anhörung muss innerhalb des in der Berufungsordnung festge‐ setzten Zeitrahmens (i. d. R. zwei bis drei Monate) nach Bewerbungsschluss anberaumt werden. Sie besteht aus einer Probelehrveranstaltung und einem Fachgespräch mit der Berufungskommission. Die sog. Lehrprobe ist öffent‐ lich, hier stellen sich die Bewerber: innen vor allem auch dem kritischen Blick der Studierenden. Diese achten i. d. R. nicht nur auf Inhalt und Qualität des Vortrags und Aktualität des Themas, sondern legen großen Wert darauf, dass sich die Person ihnen gegenüber angemessen präsentiert: Ist sie zugänglich oder herablassend? Will sie nur gefallen? Geht sie auf Fragen ein? Hat sie sich informiert? Neben der guten Vorbereitung des Vortrags und dem Antizipieren auch kritischer Fragen kann ein souveränes, zugewandtes und authentisches Auftreten dazu beitragen, die Studierenden zu überzeugen. Das Fachgespräch mit der Berufungskommission ist nicht öffentlich, in seinem Zentrum steht die Vorstellung und Diskussion des eigenen Lehrkonzepts sowie in Abhängigkeit von den weiteren Anforderungen der Stelle ggf. auch des Forschungskonzepts bzw. Überlegungen zu weiteren 107 7.2 Berufungsverfahren <?page no="108"?> Anforderungen wie Third Mission, Kooperationen, Weiterbildung etc. Wie schon für den Vortrag, so ist auch für das Gespräch eine sehr gute Vorberei‐ tung essenziell. Auch hier kann es sinnvoll und hilfreich für die Vorbereitung sein, Personen direkt zu kontaktieren, um weitere Details in Erfahrung zu bringen. Tipp | Kandidat: innen sollten sich mit dem Fachbereich, den Akteur: in‐ nen, den Schwerpunkten Lehre und Forschung, Kooperationspartnern und sonstigen Schwerpunkte umfassend vertraut machen. Erst dann sollten sie genau überlegen, welchen Mehrwert sie ihren potenziellen künftigen Kolleg: innen bieten können und welchen Beitrag sie zur weiteren Entwicklung des Fachbereichs leisten können. Eigene gut reflektierte Fragen zum Institut, dem Fachbereich, den Kolleg: innen und geplanten Entwicklungen spiegeln eine gute Vorbereitung wider, lassen auf ein hohes Interesse der eingeladenen Person schließen und ermöglichen im Idealfall eine wirkliche Diskussion und ein vertieftes gegenseitiges Kennenlernen. Kriterium Unterkategorie Promotion Quantität Note fachliche Passung berufliche Er‐ fahrung Quantität Mindestdauer fachliche Passung einschlägiges Profil fachliche Breite Leistungen in der Lehre Lehre Umfang inhaltliche Breite unterschiedliche Formate Qualität (Lehrevaluationen, Lehr‐ preise u. Ä.) Didaktik Umfang der besuchten Veranstaltun‐ gen Zertifikat Hochschuldidaktik 108 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="109"?> Betreuung Bachelorarbeiten Masterarbeiten Promotionen Leistungen in der Forschung Publikationen Anzahl / davon als Erst-/ Letztautor Qualität der Journals Zahl der Zitationen Monografien/ Bücher Buchbeiträge Konferenzbeiträge Drittmittel Summe eigenständig eingeworben Summe eingeworben als Beteiligte: r Summe eingeworben als Projektlei‐ tung Beteiligung an Verbundvorhaben Erfahrungen mit unterschiedlichen nationalen und internationalen För‐ dermittelgebern (BMBF, DFG, Stiftun‐ gen, Industrie) Methoden Methodenspektrum Verwendung neuer Methoden Methodenentwicklung Kooperation & Vernetzung Zusammenarbeit Beteiligung an Verbundvorhaben Vernetzung national und international Kontakte, Kooperationspartner, regionale Schwerpunkte, gemeinsame Projekte & Publikatio‐ nen Tab. 3: Beurteilungskriterien von Berufskommissionen und Gutachtenden | eigene Dar‐ stellung. 109 7.2 Berufungsverfahren <?page no="110"?> Vergleichende Gutachten und Berufungsliste Nach Abschluss aller Probelehrveranstaltungen und Gespräche tritt die Kommission erneut zusammen und entscheidet, welche der eingeladenen Personen sie für am besten geeignet hält. In der Regel werden drei bis vier Personen ausgewählt, über die Gutachten eingeholt werden sollen. Die Berufungskommission schlägt zwei bis drei unabhängige externe, fachlich einschlägig ausgewiesene Wissenschaftler: innen vor und bestellt diese. Die Gutachter: innen erstellen auf der Basis der Profilbeschreibung für die ausgewählten Personen vergleichende Gutachten, sie prüfen, ob die Personen listenfähig sind und bilden eine Rangfolge. Eine Übersicht der Auswahlkriterien von Berufungskommissionen bzw. Beurteilungskriterien von Gutachtenden findet sich in → Tab. 4. Bei den einzelnen Punkten handelt es sich nicht um Ausschlusskriterien. Vielmehr werden die einzelnen Kategorien bei jedem Besetzungsverfahren in Abhän‐ gigkeit von der ausgeschriebenen Professur, der Zusammensetzung der Berufungskommissionen und der Auswahl der Gutachtenden unterschied‐ lich stark gewichtet. Liegen alle Gutachten vor, nimmt die Berufungskommission auf der Basis des Eindrucks aus dem gesamten bisherigen Verfahren eine Gesamt‐ bewertung vor. Auf dieser Basis erstellt sie ihren Berufungsvorschlag. In der Regel besteht diese Berufungsliste aus drei Einzelvorschlägen in einer zuvor festgesetzten Reihenfolge, in begründeten Ausnahmefällen kann die Liste aber auch zwei oder vier Personen umfassen. Die Platzierung auf der Liste muss für jede Person gesondert vor dem Hintergrund des Anforderungsprofils eingehend begründet werden. Abschlussbericht, Beschluss und formale Prüfung Der bzw. die Kommissionsvorsitzende erstellt einen Abschlussbericht, in dem das Ergebnis der Beratung einschließlich sämtlicher Protokolle enthal‐ ten ist und legt diesen dem Fachbereichsrat zur Entscheidung vor. Die stimmberechtigten Mitglieder (i. d. R. mit Ausnahme der Vertretungen der sonstigen Mitarbeitenden) beschließen über jede: n der Kandidat: innen geheim. Nach der Beschlussfassung leitet der bzw. die Dekan: in dem oder der Präsident: in den Berufungsvorschlag mit sämtlichen Unterlagen zu. Die Hochschulverwaltung prüft den Vorschlag auf Einhaltung der formalen Kriterien. 110 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="111"?> Schritte Verantwortlich‐ keit Dauer bis zum Ergebnis Ergebnis Verhandlungen zur Wiederbesetzung und Profilbeschreibung Dekan: in Präsident: in 1-12 Mo. Freigabe der Pro‐ fessur Einsetzen der Beru‐ fungskommission Dekan: in Fachbereichsrat 2-4 Wo. konstituierende Sitzung Erarbeitung des Aus‐ schreibungstextes auf der Basis der Profilbe‐ schreibung BK Dekanat Präsidium Freigabe durch Präsidium Stellenausschreibung Präsidium 3-6 Wo. Ende der Bewer‐ bungsfrist Eligibility-Check auf Einhaltung der for‐ malen Kriterien BK-Vorsitzende: r parallel Pool an Bewer‐ ber: innen Sichtung und Aus‐ wahl der Bewerbun‐ gen BK 3 Wo. Liste für die An‐ hörung und Einla‐ dung der Ausge‐ wählten Anhörungen BK 3-4 Wo. Interne 3er-Liste Einholen externer Gutachten BK Gutachtende 4-8 Wo. Vergleichende Gutachten mit Reihung der Kan‐ didat: innen Gesamtbewertung der Begutachteten BK 2-3 Wo. Berufungsliste Erarbeitung des Ab‐ schlussberichts Weiterleitung von Be‐ rufungsliste und Ab‐ schlussbericht BK-Vorsitzende: r Fachbereichsrat Abhängig vom Sitzungturnus Zustimmung Fachbereichsrat Weiterleitung an Prä‐ sident: in bzw. Minis‐ terium (6 Mo. nach Bewerbungsfrist) Dekan: in Präsident: in Minister: in 1-4 Wo. Ruferteilung Berufungsgespräch Dekan: in Präsident: in 2-4 Wo. Rufannahme Tab. 4: Übersicht über den Ablauf von Berufungsverfahren | eigene Darstellung. 111 7.2 Berufungsverfahren <?page no="112"?> Der bzw. die Präsident: in (in manchen Ländern auch der bzw. die Wissen‐ schaftsminister: in) erteilt dann den Ruf i. d. R. an die erstplatzierte Person; in begründeten Fällen kann von dieser Regel abgewichen werden. Die berufene Person führt anschließend mit der Hochschule ein Beru‐ fungsgespräch. An manchen Hochschulen existiert dafür auch der Begriff Berufungsverhandlungen, der aber für Ruferteilungen an HAWs in den meisten Fällen einen Euphemismus darstellt, denn er suggeriert den Aus‐ gewählten, dass es Verhandlungspotenzial gäbe, was jedoch nur bei den wenigsten HAW-Professuren der Fall sein dürfte. Im Falle, dass der bzw. die zu Berufende noch nicht alle Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, sehen viele Berufungsordnungen Ausnahmen vor, wie hier am Beispiel der FH Münster gezeigt werden soll: „[So] wird im Berufungsgespräch ein verbindlicher Qualifizierungsplan verein‐ bart, dessen Erfüllung von einer externen Gutachterin […] [s]owie der Berufungs‐ kommission bestätigt werden muss. Während der Zeit der Qualifizierung erfolgt in der Regel eine Beschäftigung als Lehrkraft für besondere Aufgaben. Sobald die Qualifizierung erfolgreich abgeschlossen ist, erfolgt die Einstellung […].“ (https: / / www.fh-muenster.de/ uploads/ amtliche_bekanntmachungen/ 95_2016.pdf) Mit der Annahme des Rufs durch die berufene Person ist das Berufungs‐ verfahren beendet. Im Fall einer Ablehnung ergeht der Ruf an die zweitplat‐ zierte Person auf der Berufungsliste. Aus den Ausführungen wird ersichtlich, warum Berufungsverfahren so langwierig sind, wenngleich die meisten Hochschulen sich mittlerweile sehr bemühen, die Verfahren zu straffen. In → Tab. 4 sind die wichtigsten Schritte des Berufungsverfahrens mit Angaben zur ungefähren Dauer in einer Übersicht zusammengestellt. 7.3 Hinweise für die Bewerbung Eine Bewerbung auf eine Professur unterliegt anderen Spielregeln als eine Bewerbung auf Positionen in der Wirtschaft oder im öffentlichen Bereich. Das hat vor allem Konsequenzen für die Erstellung der Bewerbungsunterla‐ gen. Im Zentrum stehen die bisherigen Leistungen in Lehre und Forschung. Auch die Darstellung der berufspraktischen Tätigkeit sollte aus dieser Perspektive erfolgen. 112 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="113"?> Neben der Erfüllung der formalen Voraussetzungen müssen der fach‐ liche Hintergrund und die berufliche Erfahrung zur ausgeschriebenen Professur passen. Darüber hinaus werden in zunehmendem Maße auch weitere Kompetenzen erwartet, insbesondere Kooperationsfähigkeit, Füh‐ rungserfahrung, unternehmerisches Denken, organisatorische Fähigkeiten und Managementkompetenz. Angesichts der Vielfalt der Anforderungen werden alle Kriterien eher selten idealtypisch erfüllt. Der Wille zur Kooperation sowie die Bereitschaft, sich perspektivisch in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschule zu engagieren, dürften aber in allen Verfahren eine wichtige Rolle spielen. Tipp | In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, die in der Ausschreibung genannte fachliche Ansprechperson (oft der bzw. die Vorsitzende der Berufungskommission) zu kontaktieren, um weitere Details zu erfragen und Unklarheiten zu beseitigen. Da an die Vorsitzenden regelmäßig eine Vielzahl von Anfragen gerichtet werden, sollte vor einer Kontaktaufnahme eine akribische Recherche aller verfügbaren Informationen vorgenommen werden, um sich auf diejenigen Fragen zu beschränken, die sich nicht selbst beantworten lassen. Dann kann eine Anfrage sogar dazu beitragen, die eigene Ausgangssituation zu verbessern, indem Kandidat: innen nicht nur wichtige Informationen erhalten, sondern gleichzeitig auch die Gelegenheit haben, sich und ihr Profil im Vorfeld vorzustellen und im Idealfall schon Interesse und Neugier an der zu erwartenden Bewerbung zu wecken. Auch der bzw. die Gleichstellungsbeauftragte kann als Informationsquelle zur Hochschule, dem Verfahren, Besonderheiten, u. a. hilfreich sein. Das wissenschaftlich-fachliche Profil und der entsprechende Werdegang stehen im Vordergrund, und hierfür bildet die Quantität und Qualität der wissenschaftlichen Publikationen ein entscheidendes Beurteilungs‐ kriterium. Die Anforderungen unterscheiden sich in Abhängigkeit von der fächerspezifischen Publikationskultur und der betreffenden Professur. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit steigender Forschungsaffini‐ tät ausgeschriebener Professuren Publikationen und eingeworbene Projekte stärker gewichtet werden. Die Publikationsanforderungen stellen Interessent: innen aus Wirt‐ schaftsunternehmen regelmäßig vor besondere Herausforderungen, da häufig Forschungsergebnisse nur für die interne Verwendung im Unter‐ 113 7.3 Hinweise für die Bewerbung <?page no="114"?> nehmen dienen und nicht publiziert werden dürfen. Dies sollte in der Bewerbung unbedingt erwähnt werden. Wichtiges zum Lebenslauf Der Lebenslauf sollte möglichst kurz und überschaubar sein und die genannten Kriterien ins Zentrum rücken. Dabei könnte eine Strukturie‐ rung wie in → Tab. 5 vorgeschlagen sinnvoll sein. Sofern eine nennens‐ werte Zahl von Publikationen (≥ 8) vorliegt, empfiehlt es sich, die Rubrik Publikationen aus dem Lebenslauf auszugliedern und in einer separaten Aufstellung beizulegen. Entsprechendes gilt für die Kategorie Lehre, wobei hier die Rubriken Lehre, Entwicklung von Curricula, didaktische Qualifizierung und Betreuung wissenschaftlicher Arbeiten aufgeführt werden sollten. Referenzen sollten nur dann angegeben werden, wenn explizit danach verlangt wird. Das Anschreiben sollte auf neutralem Papier verfasst werden, denn einige Mitglieder von Berufungskommissionen zeigen sich regelmäßig irritiert, wenn sie auf Bewerbungen die Briefköpfe der gegenwärtigen Arbeitgeber bzw. Institute vorfinden. Vor einer Bewerbung und insbesondere vor dem Verfassen des Anschreibens sollten folgende Punkte recherchiert werden, um eine möglichst individuelle und auf die ausgeschriebene Position zuge‐ schnittene Bewerbung zu verfassen: ■ Informationen über den Fachbereich, ■ die Einbindung der Professur, ■ die angebotenen Studiengänge sowie ■ die zu übernehmenden Lehrveranstaltungen. Tipp | Unbedingt sollte der Eindruck vermieden werden, dass die Bewerbung in dieser Form auch an jede andere HAW gehen könnte. Berufungskommissionen sind auf der Suche nach künftigen Kolleg: in‐ nen, mit denen sie gut kooperieren und von deren Erfahrungen und Kontakten sie profitieren können. Besonders positiv wird daher gewer‐ tet, wenn die sich bewerbende Personen neue Impulse für Lehre und Forschung erwarten lässt. Insbesondere die studentische Seite begrüßt es, wenn schon im Anschreiben Bezug auf die Lehre genommen wird. 114 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="115"?> Rubrik Bestehend aus Bemerkungen Deckblatt ▶ Name ▶ Foto ▶ Dienst- ▶ Privatanschrift ▶ Bewerbung auf … ▶ persönliche Angaben ▶ Inhaltsverzeichnis Ausbildung chronologisch (neueste oben) Forschungs-/ Berufserfahrung beim Wording auf Bezug zur aus‐ geschriebenen Professur achten eingeworbene Drittmittel ▶ Titel ▶ Drittmittelgeber ▶ Art des Projekts ▶ Laufzeit ▶ Projektvolumen differenzieren zwischen: ▶ eigenverantwortlich ▶ gemeinschaftlich ▶ Zuarbeit zu eingeworbenen Projekten Preise/ Auszeich‐ nungen Stipen‐ dien Publikationen bei > 5 Publikationen strukturieren nach: ▶ begutachtete (Peer-Re‐ view) ▶ angenommen, im Druck ▶ Monografien, Bücher, Lehrbücher, (Lehr-)Buch‐ beiträge, Konferenzbei‐ träge ggf. separate Publikationsliste beilegen gutachterliche Tätigkeit regionale bzw. internationale Vernetzung und Erfahrung ▶ Forschungsaufenthalte ▶ Lehraufenthalte ▶ gemeinsame Projekte ▶ gemeinsame Publikatio‐ nen ▶ Forschungs-/ Lehraufenthalte ▶ gemeinsame Projekte ▶ gemeinsame Publikationen Lehrerfahrung ▶ Titel ▶ Zeitpunkt ▶ Hochschule ▶ Format (Vorlesung, Se‐ minar, Projekt, Praktikum etc.) ▶ Umfang in SWS ▶ Level (B. A.,/ M. A.) gesondert erwähnen: ▶ neu/ selbst konzipierte Veran‐ staltungen ▶ Erfahrungen mit neuen Forma‐ ten/ Konzepten (virtuell, mixed, blended) ▶ Erfahrungen bei der Entwick‐ lung von Curricula 115 7.3 Hinweise für die Bewerbung <?page no="116"?> Rubrik Bestehend aus Bemerkungen ▶ Lehrevaluationen didaktische Qua‐ lifizierung ▶ Titel ▶ Anbieter ▶ Umfang in SWS ggf. separate Liste Lehre beilegen inklusive: ▶ didaktische Qualifizierung und ▶ Betreuung wiss. Arbeiten (B. A./ M. A.) Betreuung wiss. Arbeiten ▶ Promotionen ▶ Masterarbeiten ▶ Bachelorarbeiten Wichtig: am besten nur die be‐ treuten Themen und nicht die Namen der betreuten Personen nennen (Datenschutz) Erfahrung in der Hochschul‐ selbstverwal‐ tung ▶ Gremium ▶ Zeitraum Mitgliedschaften i. d. R. nur interessant, wenn damit eine Funktion/ aktive Auf‐ gabe verbunden ist weitere Leistun‐ gen ▶ Transfer ▶ Third Mission ▶ soziales Engagement ▶ etc. Tab 5: Strukturierungsvorschlag für einen wissenschaftlichen Lebenslauf 7.4 Beratungsangebote für angehende Professor: innen Bei welchen Anliegen kann eine Beratung sinnvoll sein? Die Inanspruchnahme einer Beratung bietet sich vor allem bei konkreten Bewerbungsverfahren an. Erfahrungsgemäß tendieren viele Bewerbende - und das gilt nicht nur für Positionen in der Wissenschaft - dazu, zu stark sich selbst und die eigenen Leistungen ins Zentrum zu stellen und zu wenig die Erwartungen der Auswahlkommission im Blick zu haben. Hier kann eine Beratung Unterstützung bei einem Perspektivwechsel bieten und damit wichtige Impulse zu einer qualitativen Verbesserung der Bewerbung und Akzente zu einer strategischen Positionierung im Bewerberfeld setzen. 116 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="117"?> Eine Beratung kann modulartig angeboten werden. Die Basis bildet die Erstellung eines passgenauen und ansprechenden, gut strukturierten Lebenslaufs und eines im Hinblick auf die ausgeschriebene Professur ansprechenden Begleitschreibens. Daran anschließend können das Lehr‐ konzept und wo erwartet, auch das Forschungskonzept gemeinsam kritisch reflektiert und im Hinblick auf die prospektiven Erwartungen der Beru‐ fungskommission und der Fakultät bzw. des Fachbereichs an den bzw. die neue Kollegin bzw. neuen Kollegen weiterentwickelt werden. Wird die Person schließlich zum Berufungsgespräch eingeladen, so kann der Lehrvortrag mit Hilfe der Expertise des bzw. der Berater: in weiterentwickelt und die Präsentation geprobt werden. Auch die Diskussion mit den Vertreter: innen der Studierenden kann im Rollenspiel trainiert und kritische Fragen antizipiert werden. Dasselbe gilt für die Diskussion mit der Berufungskommission. Ein weiterer Anlass für Beratung kann eine strategische Karriereplanung für diejenigen Personen sein, die das Ziel HAW-Professur verfolgen wollen. Mit Hilfe der/ des Berater: in läßt sich in Abhängigkeit vom jeweils aktuellen Karrierestadium gemeinsam ein Karriereplan entwickeln, in dem alle Er‐ fordernisse für HAW-Berufungsfähigkeit in realistischer zeitlicher Abfolge angegangen werden. Wie findet man passende Berater: innen? Eine Beratung für künftige HAW-Professor: innen setzt voraus, dass die Berater: innen nicht nur über umfassende Feldkenntnis des Hochschul- und Wissenschaftssystems und einschlägige Beratungsexpertise verfügen, sondern auch über Expertenwissen hinsichtlich der Karrierewege und -bedingungen im Hochschul- und Wissenschaftssystem. Sofern man nicht über das eigene berufliche Netzwerk eine Empfehlung für eine bzw. einen geeignete: n Berater: in erhalten kann, ist eine intensive und kritische Re‐ cherche unvermeidbar, zumal die entsprechenden Dienstleistungen mit Honoraren zwischen 150 bis 250 € pro Stunde nicht ganz billig sind. Eine Möglichkeit zur Suche nach einem bzw. einer passenden Berater: in bieten die Coachingverbände. Die Stiftung Warentest hat im Jahr 2014 eine Untersuchung zu Standards im Coaching durchgeführt und listet 22 Co‐ achingverbände in Deutschland auf (Link-Tipp 13 | https: / / www.test.de/ D en-richtigen-Coach-finden-Nicht-nur-die-Chemie-muss-stimmen-4697530 -4699751/ ). Die Verbände garantieren entsprechende Standards ihrer Mit‐ 117 7.4 Beratungsangebote für angehende Professor: innen <?page no="118"?> glieder, allerdings ist die überwiegende Zahl im psychosozialen Bereich ak‐ tiv. Auf den Websites der meisten Verbände können Interessent: innen jedoch dezidiert nach Berater: innen suchen, die über Erfahrung im Wissenschafts‐ bereich verfügen und mit der Thematik Karriereentwicklung vertraut sind. Auch der Deutsche Hochschulverband (DHV) bietet Karriereberatung und Berufungstrainings für künftige (HAW-)Professor: innen an (Link-Tipp 14 | https: / / www.hochschulverband.de/ leistungen/ wiss-nachwuchs/ coaching). Ebenfalls einschlägig ausgewiesen sind die Mitglieder des Coachingnetzes Wissenschaft (Link-Tipp 15 | https: / / www.coachingnetz-wissenschaft.de). Alternativ bietet sich eine Internetrecherche oder eine Suche in den beruf‐ lichen Netzwerken LinkedIn oder Xing zu den Schlagworten „Wissenschafts‐ beratung“, „Wissenschaftsconsulting“, „Wissenschaftskarriere“ und ähnli‐ chen Suchbegriffen an. Grundsätzlich sollten Berater: innen über eine eigene Website verfügen, so dass für Interessent: innen die Möglichkeit besteht, sich einen ersten Eindruck über Berufserfahrung, Beratungsschwerpunkte, Themen und bis‐ herigen Auftraggeber zu beschaffen. Zum weiteren Kennenlernen bieten die meisten Berater: innen ein kostenloses ca. 20-30-minütiges Erstgespräch an, in dessen Verlauf noch keine Entscheidung bezüglich einer Zusammenarbeit getroffen werden muss. 118 7 Der Weg zur FH-Professur <?page no="119"?> 8 Fazit und Ausblick Im Jahr 2020 erfolgte die Ausschreibung des Bundesforschungsministeriums (BMBF) zur Gewinnung und Entwicklung von professoralem Personal an Fach-hochschulen - „FH-Personal“ - (BMBF, 2020-3). In der ersten Runde wurden 64 Konzepte ausgewählt, in der zweiten Beweilligungsrunde wurden im Juni 2022 weitere 34 Projektanträge bewil‐ ligt. Das bedeutet, dass knapp die Hälfte der HAWs mit ihren Konzepten erfolgreich waren. Insgesamt fließen über einen Zeitraum von zehn Jahren 431,5 Millionen Euro in die Förderung der entsprechenden Projekte. Beson‐ ders erfolgreichen Hochschulen ist es gelungen, mehr als zehn Millionen Euro einzuwerben. Die Förderung hat an den erfolgreichen Hochschulen offensichtlich eine rege Dynamik entfacht, wie an der Vielzahl der Stel‐ lenausschreibungen für die Koordination von Projekten und Maßnahmen abzulesen ist. Mit Sicherheit aber kann davon ausgegangen werden, dass aus dem Kreis der Fachhochschulen kreative und innovative Vorschläge zur Lösung des Problems hervorgegangen sind. Aus den Erfahrungen mit den entsprechenden Pilotprojekten könnte ein Kompendium für Best Practice erstellt und allen Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere wäre zu untersuchen, inwieweit entsprechende Strukturen und Maßnahmen der Personalentwicklung über die sechsjährige Förderdauer hinaus dauer‐ haft etabliert und ggf. auch an anderen Hochschulen eingeführt werden können. Neben der Begleitforschung zu den im Rahmen von „FH-Personal“ geförderten Projekten ergeben sich aus dieser Arbeit weitere Implikationen für Forschungsbedarf: ■ Die Auswertung der Stellenausschreibungen sollte über einen längeren Zeitraum (ein Jahr) erfolgen, um eine bessere Abschätzung des tatsäch‐ lichen Personalbedarfs vornehmen zu können. ■ Eine eingehende Analyse der Inhalte der Inserate unter Hinzuziehung von Personen aus der außerwissenschaftlichen Praxis und deren Per‐ spektiven könnte zur Entwicklung unterschiedlicher Formulierungs‐ vorschläge führen. ■ Auch die Dualen Hochschulen bzw. dualen Studiengänge an Fachhoch‐ schulen erfüllen eine enorm wichtige bildungspolitische Funktion, konnten jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Berücksich‐ <?page no="120"?> tigung finden. Eine entsprechende Ausweitung der Untersuchungen würde voraussichtlich wichtige neue Facetten zur Gesamtschau des tertiären Bildungssektors beitragen. ■ Die Entwicklung von Karrieremodellen in den Gesundheitswissen‐ schaften würde spezifischer Untersuchungen bedürfen. ■ Die Frage der Promotionsverfahren bzw. des Promotionsrechts impli‐ ziert weitergehende Untersuchungen, wie z. B. Längsschnittstudien von Karriereverläufen von Promovierten aus kooperativen Verfahren und von Fachhochschulen mit eigenem Promotionsrecht. Die Hochschulforschung in Deutschland beschäftigt sich in erster Linie mit den Universitäten und behandelt Fachhochschulen bestenfalls am Rande. Die Etablierung eines entsprechenden eigenständigen Forschungszweigs wird empfohlen. Die anhaltenden personellen Engpässe und das weiter absehbare Wachs‐ tum der Fachhochschulen einhergehend mit ihrer steigenden gesellschaft‐ lichen Bedeutung machen es in jedem Fall erforderlich, dass nachhaltig in ihre Entwicklung investiert wird, jenseits programmförmiger und damit temporärer Förderformate. Neben dem Aufbau eines Mittelbaus und der dauerhaften Finanzierung über Haushaltsstellen, bedarf es zusätzlicher Mittel, um Professuren stärker differenzieren und damit attraktiver gestal‐ ten zu können. Darüber hinaus sind vor allem Managementstrukturen erforderlich, um Berufungsverfahren zu professionalisieren, Personalent‐ wicklungskonzepte zu implementieren, Kooperationen mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen und internationalen Partnern zu managen sowie die Partizipation der Fachhochschulen bei der Einwerbung von Drittmitteln zu erhöhen. Für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wäre zu prüfen, ob ihr Anspruch, vorwiegend grundlagenorientierte Forschung zu fördern, ange‐ sichts der zunehmenden Relevanz der Anwendungsorientierung, nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Gesellschaft, noch zeitgemäß ist. Ein Anteil von nur 0,36 % an der Gesamtförderung des Jahres 2018, der auf Fachhochschulen entfiel, illustriert eindrücklich die hohe Exklusivität der DFG. Offensichtlich jedoch setzt allmählich - nicht zuletzt durch entsprechende Forderungen aus der Politik - ein Umdenken ein. Erste Schritte, die Fach‐ hochschulen stärker zu adressieren sind teilweise neue Ausschreibungen der DFG im Jahr 2022: Neben der Großgeräteaktion, mit der die HAWs wie auch 120 8 Fazit und Ausblick <?page no="121"?> schon in Vorjahr Anträge zum strukturellen Ausbau vorhandener Groß‐ geräteinfrastuktur stellen können, wurde erstmal auch eine Großgeräte- Sachbeihilfe für HAW ausgeschrieben, mit denen Wissenschaftler: innen Anträge auf Sachbeihilfe stellen können, die sich auf die Nutzung von DFG-begutachteten Großgeräten beziehen. Eine weitere neue Programmli‐ nie der DFG unterstützt die Internationalisierung der Forschung an HAWs. Generell gewinnt das Thema Transfer in der deutschen Wissenschafts‐ landschaft zunehmend an Bedeutung. War Transfer bei den außeruniversi‐ tären Einrichtungen in den letzten Jahren in erster Linie der Fraunhofer- Gesellschaft vorbehalten, so werden mittlerweile auch in der Helmholtz- Gemeinschaft entsprechende neue Programme im Rahmen der Transferkam‐ pagne, wie z. B. Validierungsprojekte oder die Helmholtz Transfer Academies aufgelegt. Auch die Universitäten sind - zumindest bei der Beantragung von Drittmittelprojekten - zunehmend gefordert darzulegen, wie Projektergeb‐ nisse genutzt werden können. Die DFG hat zum Thema Erkenntnistransfer im Jahr 2022 gleich drei neue Förderlinien lanciert: Erkenntnistransferprojekte, trilaterale Projekte und Transfer FH/ HAW Plus. Eine Antragstellung in allen drei Linien setzt eine Kooperation mit Anwendungspartnern voraus, damit dürften die Fach‐ hochschulen gegenüber den Universitäten in vielen Fällen im Vorteil sein. In den ersten beiden Förderlinien können Personen von HAWs mitwirken, die letztgenannte richtet sich dezidiert an HAWs. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) sollte aber weiter auf die DFG einwirken, um die Partizipation der Fachhochschulen substanziell zu erhö‐ hen. Dies betrifft einerseits einen verbesserten Zugang der HAWs bzw. ihrer Vertreter: innen zu vorhandenen Förderformaten, andererseits aber wären weitere eigenständige HAW-Formate denkbar, wobei existierende Förderli‐ nien als Blaupausen herangezogen werden könnten: Auf ein Förderformat Graduiertenkolleg für Fachhochschulen wurde bereits hingewiesen; eine andere Förderlinie könnte z. B. ein Modul in Analogie zu den Rotationsstel‐ len für Mediziner: innen sein, bei dem Berufspraktiker: innen sich im Job vertreten lassen können, um an einer Fachhochschule zu forschen und ggf. Lehrerfahrung zu erwerben. Im Bereich des Nachwuchses könnte z. B. ein Pendant zum Emmy-Noether-Programm der DFG geschaffen werden, in dem hochqualifizierte Kandidat: innen eine Nachwuchsgruppe mit mehreren Promovierenden leiten, die ein anwendungsorientiertes Forschungsprojekt in Kooperation mit einem Unternehmen bearbeiten. 121 8 Fazit und Ausblick <?page no="122"?> All diese Entwicklungen setzen einen Bewusstseinswandel voraus, indem Ansehen und Stellung der Fachhochschulen an die der Universitäten heran‐ wachsen müssen. Hierbei bilden die Fachhochschulen selbst die zentralen Akteurinnen, die durch einen kontinuierlichen Ausbau ihrer Kommunika‐ tions-, Vernetzungs- und Lobbyarbeit ihren Einfluss verstärken müssen. Erfolg werden sie aber nur dann haben, wenn die Politik ihre Rolle für das Bildungssystem nicht nur anerkennt, sondern sie auch bei der Verteilung von Ressourcen angemessen berücksichtigt und massiv in deren Ausbau investiert. Vor dem Hintergrund des Bedeutungswandels der Fachhochschu‐ len stellt sich 50 Jahre nach deren Gründung die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, den Institutionstyp Fachhochschule neu zu denken. 122 8 Fazit und Ausblick <?page no="123"?> Literaturverzeichnis Altvater, P. (2017): Beratungsprozesse an Hochschulen. Zwischen Fremdheitserfah‐ rung und Verstehen. HIS-HE: Beobachtungen zu Struktur und Handlungsfeldern der Organisation Hochschule 1/ 2017. Hannover: HIS-Institut für Hochschulent‐ wicklung. Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion (2017): Perso‐ nale Qualitätssicherung an Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften durch Perspektivprofessuren. Positionspapier der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung. https: / / daniela-de-ridder.de/ wp-content/ uploads/ 2017/ 0 2/ 170206_PosP_AGBF_FH-Förderung_final.pdf. Stand 20.03.2021. 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Stand 08.04.2021. 132 Literaturverzeichnis <?page no="133"?> Register Abhängigkeit, doppelte 61 Academic Community 44, 52, 54 Academic Drift 29, 39 academics.de 106 Akademisierung 9, 32, 41, 63, 69 Alumni-Management 75 Alumni-Organisation 45 Arbeitsplatzsicherheit 45 Assistant Professor 80 Auftrag, bildungspolitischer 9 Ausschreibung 12, 37f., 47, 50, 52, 75, 79, 90, 93, 100, 106, 113, 119 Ausschreibungstexte 58 Bachelor 28f. Bad Wiesseer Kreis 67, 77f., 89 Beratung 116 Bereich, tertiärer 15 Berufspraxis 7, 10, 35, 37, 52, 61, 77f., 80ff., 87, 100 Berufungskommission 104-107, 110, 112f., 117 Berufungsvorschlag 110 Besetzungsschwierigkeiten 10 Besoldung 10, 17, 46 Bewerbermangel 38, 40 Bewerbung 8, 12, 38f., 74, 103, 106, 112ff. Bildungsaufstieg 9, 32 Bildungsexpansion 7, 14 Bildungssystem 14, 69, 122 Bologna Declaration 27 Bologna-Reform 25, 29, 33 Bruch, doppelter in der Biografie 10 Bundesforschungsministerium (BMBF) 121 Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) 21 Chancengerechtigkeit 69 Coaching 56 Dachverband der Graduiertenzentren UNIWiND 69 Dahrendorf, Ralf 14f., 28f. Dahrendorf‐Plan 15 DDR 15 Deutsche Forschungsgemenschaft (DFG) 66f., 106, 120f. Didaktikzentrum Bayern (DIZ) 77 DIE ZEIT 25, 48, 51, 106 Dreifachqualifikation 7, 35, 61 Eignung, pädagogische 35, 73f., 82, 100 Emmy-Noether-Programm 121 Employer Branding 44f. EURAXESS 106 European Industrial Doctorate 73 European University Association 30 Fachhochschulprofessur 38, 43, 63, 67, 79 FH/ HAW Plus 121 Flexibilität 8, 29, 45 Forschung 7, 9f., 18-21, 28, 30, 32, 35f., 39, 46, 62, 64f., 67, 69, 71f., 78f., 82, 86f., 99, 101, 106, 108, 112, 114, 120f. Forschung, anwendungsorientierte 10, 31, 88 <?page no="134"?> Forschungsnetzwerk Mittelstand (AiF) 80 Forschungsqualifikation 61f. Fraunhofer-Gemeinschaft 80, 87 Fraunhofer-Gesellschaft 86-89, 121 Führungskraft, akademische 54 Führungsposition 54 German Academic International Network (GAIN) 43 Gesundheit und Pflege. 68 Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 66 Grandes Écoles 21 Grundfinanzierung 39 Helmholtz-Gemeinschaft 87f., 121 Helmholtz Transfer Academies 121 Hierarchie 29 Hochschulallianz für den Mittelstand (HAfM) 37, 43, 62, 77, 80 Hochschulconsult 58 Hochschuldidaktik 76, 100 Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) 30 Hochschulrahmengesetz (HRG) 16, 28 Hochschulrektorenkonferenz 39, 44, 63, 78 Hochschulsystem 13, 20f. Hochschulsystem, binäres 20 Höhere Schulen 15, 17 Individualpromotion, kooperative 63 Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) 88 Innovationen 18, 31f. Institut National de la Recherche Agronomique (INRA) 21 Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM) 21 Instituts Universitaires de Technologie (IUT) 21 Integration 9, 32, 56, 69, 76, 82 Internationales Graduiertenkolleg (IGK) 67 Internationalisierungsschub 29 Juniorprofessur 36, 68, 100f. Karriereplan 83 Karriereweg 35, 43f., 53, 61, 67, 79ff. Karriereweg, strukturierter 61 Karrierewege 7f., 10f., 67, 77, 81, 83f. Kleinere und Mittlere Unternehmen (KMUs) 9, 32 Kooperatives Graduiertenkolleg (KGK) 67 Lebenslauf 37, 114, 116 Lehre 7, 10, 13, 17, 21, 27f., 30f., 35, 53, 56, 62, 72-76, 79, 81f., 85f., 89, 100, 102, 104, 106ff., 112, 114, 129 Lehrerfahrung 38, 74ff., 82, 85, 107, 121 Lehrkonzept 36, 107 Lehrpersonal, nebenamtliches 13 Leibniz-Gemeinschaft 87f. LinkedIn 118 Macron, Emmanuel 21 Marie Sklodowska Curie Actions (MSCA), 73 Master 28ff., 63, 100 Max-Planck-Gesellschaft 87f. Mehrdisziplinarität 73 Mehrfachqualifikation 43, 61 Mentor: in 77, 82 134 Register <?page no="135"?> Mentoring 56 Mittelbau, wissenschaftlicher 9f., 39 Mobilität, intersektorale 37 Monster 48, 106 Nachwuchs, wissenschaftlicher 38f. Nachwuchsförderung 19f. Nachwuchsgruppenleitung 100 Nationale Akademie der Wissenschaften 69 Onboarding 58, 76 Partnereinrichtungen 32 Personalentwicklung 7, 9, 11, 35, 41, 57, 72, 75, 78, 82, 84, 119 Personalmarketing 54 Personalvermittler, professionelle 54 Picht, Georg 14 Polytechnics 20, 31 Praxisnähe des Studiums 28 Primat der Lehre 36 Principal Investigator (PI) 66 Prinzip der Bestenauslese 103 Professional Tenure Track 78ff. Professor: in, hauptamtliche: r 13 Promotion, kooperative 64f., 68, 72 Promotionskolleg, kooperatives 62 Promotionsrecht 20, 30, 64, 68-72, 101, 120 Promotionsvertband 70 Promotionszentren (PZ) 68f., 125 Publikationen, wissenschaftliche 113 Qualifikationen 15, 18, 36 Qualifikationsbausteine 7, 61 Qualifizierungsmaßnahme, berufsbegleitende 77 Qualifizierungsprogamm, begleitendes 74 Rekrutierung 11, 58, 106 Rekrutierungssystem 37, 77 Reputation 10, 29, 39 Russel Group 20 Scientific Community 53 Selbstbestimmtheit 45 Shared Professorship 90 Sorbonne Declaration 27 Soziale Arbeit 38, 63, 68f., 73 Sputnik-Schock 14 Standards im Coaching 117 Standort-Marketing-Kampagne 30 Stepstone 48, 51, 106 Studierendenzahlen 14, 18f., 25ff., 29, 40f. Tenure Track 79ff. Third Mission 35, 108 UAS7 30, 44, 62 UAS Roadshow 44 Universitätsprofessur 39, 100 University of Applied Sciences 30 Voraussetzungen, formale 113 Vorsingen 107 Weiterbildung. 10 Wirtschaftsfaktor 9 Wirtschaftswunder 14 Wissenschaftsrat 17f., 31f., 35f., 40, 45, 69, 71, 78, 86f., 89 Wissensmanagement 9 Wissenstransfer 9, 31 135 Register <?page no="136"?> Xing 118 Zentrales Hochschuldidaktikzentrum (HDZ) 77 Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) 88 Zentrum für Hochschullehre (BZHL) 77 Zwei-Klassen-Gesellschaft 102 136 Register <?page no="137"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1972 bis 1998 | Datenquelle: BMBF- Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Abb. 2: Entwicklung der Studierendenzahlen an Fachhochschulen 1998 bis 2020 | Datenquelle: BMBF- Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Abb. 3: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren nach Bundesländern | März/ April 2021, eigene Erhebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abb. 4: Verteilung der Ausschreibungen von FH-Professuren auf Fächercluster | März/ April 2021, eigene Erhebung. 51 Abb. 5: Empfehlungen zur Personalentwicklung neu berufener Professoren | Mertens, 2009. . . . . . . . . . . 57 Abb. 6: Baukastenmodell individueller Karrierewege zu einer FH-Professur | eigene Zusammenstellung. . . . . . . . . . 84 <?page no="138"?> Tabellenverzeichnis Tab. 1: Einstellungsvoraussetzungen für HAW/ FH-Professuren in den Hochschulgesetzen der Länder | eigene Darstellung, Stand Mai 2022. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Tab. 2: Bewerbungsanforderungen HAW-Professur | eigene Darstellung, Stand Mai 2022. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Tab. 3: Beurteilungskriterien von Berufskommissionen und Gutachtenden | eigene Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Tab. 4: Übersicht über den Ablauf von Berufungsverfahren | eigene Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 <?page no="139"?> BUCHTIPP Anette Hammerschmidt, Neela Enke (Hg.) Forschen, Lehren, Führen Das ABC für die Hochschulkarriere 1. Auflage 2020, 264 Seiten €[D] 25,90 ISBN 978-3-8252-5425-4 eISBN 978-3-8385-5425-9 Universitäten und Hochschulen sind weitaus komplexer als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Dies bekommen v.a. Mitarbeiter: innen im Mittelbau, Dozent: innen und Professor: innen zu spüren. Sie sind nicht nur mit Forschung und Lehre betraut, sondern auch mit einem breiten Spektrum recht diverser Aufgaben und Verantwortungen. Welche Schlüsselkompetenzen braucht es, um sich in diesem Feld zurechtzufinden? Wie bereite ich mich auf den Berufungsprozess vor? Wie führt man ein Team oder Institut? Wie gehe ich mit Stress um? Das Buch behandelt solche Schwierigkeiten und Herausforderungen. Es ist ein Handbuch, das man an der passenden Stelle aufschlagen kann, um über einen gegebenen Anlass zu reflektieren und so für sich einen Weg bzw. eine Lösung in einer gegebenen Situation zu finden. Das Buch gibt erste Anregungen, konkret erfahrene Schwierigkeiten aus einer anderen Perspektive zu betrachten, das eine oder andere auszuprobieren. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="140"?> BUCHTIPP Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Viola Falkenberg Wissenschaftskommunikation: Vom Hörsaal ins Rampenlicht Mit Übungen und Checklisten 1. Auflage 2021, 262 Seiten €[D] 25,90 ISBN 978-3-8252-5670-8 eISBN 978-3-8385-5670-3 Wissenschaftskommunikation ist wichtig. Aber wie erreicht man sein Publikum? Welche Formate und Kanäle können wofür genutzt werden? Dieser Praxisleitfaden bietet Schritt-für-Schritt-Anleitungen vom Social Media-Post bis zum eigenen Podcast, von der Bildrecherche bis zum Videodreh. Er unterstützt verlässlich bei der Konzeption und gibt zahlreiche Umsetzungs-Tipps für die Praxis in den Wissenschaften. Auf der Basis von Forschungsergebnissen und mit zahlreichen Best-Practice-Beispielen vieler Fachdisziplinen hilft der Band, die eigene Arbeit ins Rampenlicht zu rücken. Mit Übungen, Checklisten und Fördermittel-Übersicht. <?page no="141"?> BUCHTIPP Ulrich Engelmann, Martin Baumann Zielführend moderieren Kompetenzen - Methoden - Wege zum Gesprächserfolg 1. Auflage 2022, 438 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-5689-0 eISBN 978-3-8385-5689-5 In der Teamarbeit wird Moderation zum Erfolgsfaktor, der jedoch häufig unterschätzt wird. Ausgehend vom persönlichen Kompetenzniveau verknüpft dieses Buch Grundlagen und Methoden zu Wegen, um Ihre persönliche Entwicklung individuell zu begleiten: Einsteiger: innen finden hilfreiche Checklisten und Basistechniken für ihre ersten Moderationen, Fortgeschrittene wertvolle Praxistipps und Methoden für den Ausbau ihrer Moderationskompetenz. Profis schließlich genießen eine raffinierte Aussicht auf weniger bekannte Techniken und neue Anwendungen. Weiterführende Exkurse zum Meeting-Management und zur Online-Moderation runden den Anwendungshorizont ab. Ob in Beruf, Studium oder Ehrenamt - derart ausgestattet gelingen Ihre eigene sowie die Entwicklung Ihres Teams durch zielführende Moderation. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="142"?> ISBN 978-3-8252-5910-5 Die Attraktivität der Fachhochschule erkennen! Fachhochschulen bieten jungen Forscher: innen und Dozent: innen spannende Karrierewege. Martina van de Sand stellt diese vor: Zu Beginn skizziert sie die Historie sowie die Entwicklung der Fachhochschullandschaft und geht auf deren Aufstieg im Zuge des Bologna-Prozesses ein. Sie zeigt auf, was Fachhochschulprofessor: innen zu Leistungsträger: innen macht und was bei der Personalgewinnung und -entwicklung von Seiten der Hochschule und von Seiten der Bewerber: innen zu beachten ist. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Entscheider: innen in Fachhochschulen sowie an Interessierte aus Wissenschaft und beruflicher Praxis. Schlüsselkompetenzen Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel