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Angst? Frag doch einfach!

Klare Antworten aus erster Hand

0425
2022
978-3-8385-5687-1
978-3-8252-5687-6
UTB 
Barbara Schmidt
10.36198/9783838556871

Angst vor Spinnen, Höhe, Zahnbehandlung? Alle Menschen kennen das Gefühl der Angst. Bei manchen steigert es sich bis zur Angststörung. Wie kommt es dazu und was hilft in Angstsituationen? Diese und weitere Fragen beantwortet Barbara Schmidt in ihrem Buch. Dabei geht sie auf den wichtigen Aspekt des Lernens und der Konditionierung bei Angst ein und zeigt, welche Folgen ängstliches Verhalten haben kann. Ausführlich beschreibt die Autorin Wege aus der Angst. Auch auf die neuesten Erkenntnisse zum Einsatz von Hypnose in der Angsttherapie geht sie ein. Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have für alle, die mehr wissen und verstehen wollen.

Barbara Schmidt Angst? Klare Antworten aus erster Hand Frag doch einfach! utb 5687 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau Verlag · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main #fragdocheinfach Weitere Bände sind bereits in dieser Reihe erschienen: Agilität? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5790-3 Armut? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5554-1 Demokratie? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5446-9 Ein Start-up gründen? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5436-0 Homeoffice und mobiles Arbeiten? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5664-7 Mobilität im 21. Jahrhundert? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5662-3 Nachhaltigkeit für Deutschland? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5435-3 Scrum? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5522-0 Virtuelle Teams führen? Frag doch einfach! ISBN 978-3-8252-5780-4 Dr. Barbara Schmidt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie des Universitätsklinikums Jena. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit den Auswirkungen positiver Suggestionen und Hypnose auf Angst und Stress in Gehirn und Körper. Barbara Schmidt Angst? Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand UVK Verlag · München DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838556871 © UVK Verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 5687 ISBN 978-3-8252-5687-6 (Print) ISBN 978-3-8385-5687-1 (ePDF) ISBN 978-3-8463-5687-6 (ePub) Umschlagabbildung und Kapiteleinstiegsseiten: © bgblue - iStock; Icons im Innenteil: Figur, Lupe, Glühbirne: © Die Illustrationsagentur; Abb. 1, 2, 4, 6, 8, 9, 11 : © Sophie G. Elschner, psychosophcomic.de; Abb. 3: © Blamb - shutterstock; Abb. 10: © 2021 Barbara Schmidt, Jana Schneider, Teresa Deffner, Jenny Rosendahl, Hypnotic suggestions of safety improve well-being in non-invasively ventilated patients in the intensive care unit, Intensive Care Med 47, 485-486 (2021). doi.org/ 10.1007/ s00134-021-06364-8; Autorinnenfoto: © Anne Günther, Pressestelle Universität Jena Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 9 11 13 14 17 18 19 21 23 24 25 25 26 29 30 30 32 33 34 35 Alle Fragen im Überblick Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was die verwendeten Symbole bedeuten . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlen und Fakten zum Thema Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegendes über Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist der Unterschied zwischen Angst und Angststörung? . . . . . . . . . Warum sind Frauen etwa doppelt so häufig von Angststörungen betroffen wie Männer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Arten von Angststörungen gibt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wovor haben wir Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie hängen die Störungen untereinander zusammen? . . . . . . . . . . . . . . Ab wann ist etwas eine Störung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist eine posttraumatische Belastungsstörung? . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie werden Angststörungen klassifiziert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt . . . . . . . Hat der Mensch schon immer Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Rolle spielt Lernen bei der Entstehung von Angst? . . . . . . . . . . Wie lässt sich erlerntes Angstverhalten wieder „verlernen“? . . . . . . . . . Was passiert bei der Extinktion von Angstverhalten? . . . . . . . . . . . . . . . Was ist klassisches Konditionieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Woher stammt der unkonditionierte Reiz bei gelernten Ängsten? . . . . . 36 37 39 40 42 44 45 47 48 49 49 50 52 53 54 54 57 58 59 62 64 65 66 68 69 70 71 Was ist operantes Konditionieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann Angst auch durch Vorstellungen entstehen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Prozesse laufen in Gehirn und Körper ab? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie zeigt sich Angst im Gehirn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie zeigt sich Angst im Blut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Rolle spielt Cortisol im Blut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man von körperlichen Reaktionen direkt auf die Emotion schließen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie beeinflusst Angst das Immunsystem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind äußerlich sichtbare Anzeichen von Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind Angstgefühle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist der Unterschied zwischen Angst und Furcht? . . . . . . . . . . . . . . . Was ist der Unterschied zwischen Angst und Stress? . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können Angehörige bei Angst helfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen ängstlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treffen ängstliche Personen andere Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . Hemmt Angst unsere kognitive Leistungsfähigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . Hängen Angst und Schmerz zusammen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welchen Einfluss hat Angst auf die Motivation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führt Einsamkeit zu Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man mit Angst Politik machen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man mit Angst Produkte verkaufen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiegt ein Verlust schwerer als ein Gewinn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum machen Veränderungen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie überwindet man die Angst vor Veränderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum ist es gut, sich zu verändern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was passiert, wenn man an einem Verhalten festhält? . . . . . . . . . . . . . . Kann Veränderung allein schon das Ziel sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Alle Fragen im Überblick 72 75 76 77 78 78 80 82 83 84 85 85 86 87 88 89 89 91 91 93 94 95 95 98 100 101 102 Gibt es regelmäßige Rhythmen im subjektiven Empfinden? . . . . . . . . . . Wie kann Statistik Hoffnung machen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie beeinflussen Erwartungen unser Befinden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfestellungen bei Angst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie ist die systematische Desensibilisierung entstanden? . . . . . . . . . . . Was ist systematische Desensibilisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist Expositionstherapie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie wirkt Expositionstherapie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilft Sport gegen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilft Schlaf gegen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie beeinflusst der Tag-Nacht-Wechsel die Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann ein stabiler Tagesrhythmus bei Angststörungen helfen? . . . . . . . . Kann Angst von Ernährung beeinflusst sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man Angst wegatmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helfen Gerüche gegen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Können Geschichten gegen Angst helfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Geschichten können bei Angst helfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilft Singen gegen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann man Perfektionismus überwinden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus Angst wird Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann aus Angst positive Energie werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann man auch in Angstsituationen Sicherheit empfinden? . . . . . . Kann Hypnose ein Gefühl von Sicherheit erzeugen? . . . . . . . . . . . . . . . . Wie genau kann Hypnose Angst reduzieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist ein sicherer Ort? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie funktioniert die Methode des sicheren Ortes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man Kindern Angst vor medizinischen Eingriffen nehmen? . . . . 7 Alle Fragen im Überblick 104 106 106 107 108 109 111 112 112 114 114 115 116 116 118 120 121 123 124 125 127 129 137 141 Wie funktioniert die Methode der Zeitprogression? . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie lassen sich Gefühle möglichst plastisch vorstellen? . . . . . . . . . . . . . Was ist Hypnose? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist ein Bewusstseinszustand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie lässt sich der Bewusstseinszustand der Hypnose bestimmen? . . . . Was ist eine Suggestion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was bedeutet Empfänglichkeit für Suggestionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie fühlt sich Hypnose an? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist reflektiertes und was ist automatisches Verhalten? . . . . . . . . . . Ist Hypnose mehr als Entspannung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie leitet man eine Hypnose ein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie beendet man eine Hypnose? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum hilft Hypnose so gut gegen Angst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie läuft Angsttherapie unter Hypnose ab? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkt eine Suggestion auch noch nach der Hypnose? . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann Hypnose die eigenen Handlungsspielräume erweitern? . . . . Was sind starke mentale Bilder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann eine Hypnosesitzung bei Angst ablaufen? . . . . . . . . . . . . . . . . Wie finde ich eine Hypnotherapeutin oder einen Hypnotherapeuten? . Wie findet man den idealen Zeitpunkt für eine Handlung? . . . . . . . . . . Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwendete Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wo sich welches Stichwort befindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Alle Fragen im Überblick Vorwort „Gefühle sind wie kleine Kinder: Sie sollten nicht allein am Steuer sitzen, aber wir sollten sie auch nicht in den Kofferraum sperren.“ gefunden auf Twitter Das Thema Angst beschäftigt viele Menschen. Seit ich mich in meiner wissenschaftlichen Arbeit mit Angst befasse und auch in einigen Fernseh‐ sendungen zum Thema aufgetreten bin, bekomme ich viele Anfragen von Menschen, die diesbezüglich Hilfe suchen. Ich selbst bin jedoch keine haupt‐ berufliche Therapeutin, sondern Wissenschaftlerin. Mich interessiert, was Angst genau ist und wie man mit ihr umgehen kann. In der Erforschung von Angst sind wir noch längst nicht so weit, dass wir alle Fragen beantworten können. Seit ich aber mit Hypnose arbeite, weiß ich, wie groß der Einfluss dieser Methode auf Angst und Stress ist. Deshalb schreibe ich dieses Buch. Ich schreibe es für die Menschen, die mich um Hilfe bitten, für meine wunderbaren Studierenden aus der Psychologie und aus der Medizin, für alle, die sich informieren wollen und bereit sind, über dieses wichtige und komplexe Thema nachzudenken. Ich habe das Buch so konzipiert, dass Sie zunächst erfahren, welche Zahlen und Fakten es zum Thema Angst gibt und welche Theorien zur Entstehung von Angst aktuell diskutiert werden. Dann erfahren Sie, welche Rolle Angst in unserem täglichen Leben spielt und wie Sie damit umgehen können. Und am Ende beschreibe ich, wie Techniken aus der Hypnose helfen können, Angst in positive Gefühle wie Sicherheit und Geborgenheit zu verwandeln. Ich möchte Ihnen zeigen, dass Angst an sich erst einmal Energie bedeutet, die zum Überleben notwendig ist. Was Sie mit dieser Energie anfangen, können Sie selbst bestimmen. Mein Ziel ist es, dass Sie nach der Lektüre dieses Buches eine Vorstellung davon haben, welches meisterhafte Zusammenspiel von körperlichen Prozessen das Gefühl der Angst bedingt. Angst wird uns immer begleiten, jedoch sind wir diesem Gefühl nicht hilflos ausgeliefert, sondern können es für uns nutzen. Barbara Schmidt Danksagung Ich danke meinen Kolleg: innen, die mit mir über die Inhalte dieses Buches diskutiert haben und es dadurch bereichert haben. Das sind insbesondere Marcella Woud, Jana Strahler, Matthias Sperl, Christine Blume, Angelos- Militaris Krypotos und Laura König. Dann danke ich meiner Illustratorin Sophie G. Elschner, die mit großem Feingefühl zentrale Themen des Buches mit ihren ansprechenden Zeich‐ nungen veranschaulicht hat. Sophie hat in Psychologie promoviert und kann wunderbar zeichnen, weshalb sie sich ideal eignet, dieses Buch zu illustrieren. In ihrem Blog „psychoSoph“ (psychosophcomic.de) illustriert sie comicartig psychologische Themen. Gender-Hinweis | An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ich in diesem Buch bei Personenbezeichnungen den Plural mit Gender- Doppelpunkt verwende. Wenn dies nicht möglich war, zum Beispiel bei der Beschreibung von Experimenten und Therapiesitzungen, in denen nur ein Therapeut bzw. eine Therapeutin und auch nur ein Patient bzw. eine Patientin anwesend sind, habe ich die weiblichen und männlichen Bezeichnungen im Wechsel gewählt. Es sind natürlich immer alle Geschlechter gemeint. Was die verwendeten Symbole bedeuten Toni verrät dir spannende Literaturtipps, Videos und Blogs im World Wide Web. Die Glühbirne zeigt eine Schlüsselfrage an. Das ist eine der Fragen zum Thema, deren Antwort du unbedingt lessen solltest. Die Lupe weist dich auf eine Expert: innenfrage hin. Hier geht die Antwort ziemlich in die Tiefe. Sie richtet sich an alle, die es ganz genau wissen wollen. → Wichtige Begriffe sind mit einem Pfeil gekennzeichnet und werden im Glossar erklärt. Im Schnitt erlebt jede: r Vierte im Laufe seines bzw. ihres Lebens eine Angststörung. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Quellen: Craske, M. G., Stein, M. B., Eley, T. C., Milad, M. R., Holmes, A., Rapee, D. M., & Wittchen, H.-U. (2017). Anxiety disorders. Nature Reviews Disease Primers, 3, 1-19. Kaufman, J., & Charney, D. (2000). Comorbidity of mood and anxiety disorders. Depression and Anxiety, 12, Supplement 1, 69-76. Dattani, S., Ritchie, H., & Roser, M. (2021). Mental Health. Our World in Data. Retrieved from https: / / ourworldindata.org/ mental-health#anxiety-disorders. (letzter Zugriff: 10.1.2022) Zahlen und Fakten zum Thema Angst Angst ist eng mit Depression verbunden. Die beiden sind die häufigsten psychischen Störungen und treten oft gemeinsam auf. Quellen: Craske, M. G., Stein, M. B., Eley, T. C., Milad, M. R., Holmes, A., Rapee, D. M., & Wittchen, H.-U. (2017). Anxiety disorders. Nature Reviews Disease Primers, 3, 1-19. Kaufman, J., & Charney, D. (2000). Comorbidity of mood and anxiety disorders. Depression and Anxiety, 12, Supplement 1, 69-76. Dattani, S., Ritchie, H., & Roser, M. (2021). Mental Health. Our World in Data. Retrieved from https: / / ourworldindata.org/ mental-health#anxiety-disorders. (letzter Zugriff: 10.1.2022) Grundlegendes über Angst Jeder Mensch kennt das Gefühl von Angst. Doch wann sollte Angst behandelt werden? Und welche Ängste und Phobien gibt es? Diese Fragen werden hier geklärt und auch, warum sich die Forschung zu einseitig mit dem männlichen Geschlecht beschäftigt. Was ist der Unterschied zwischen Angst und Angststörung? Angst zu haben ist zunächst eine gesunde Antwort auf einen bedrohli‐ chen Reiz. In der Folge stellt der Körper Energie zur Verfügung, die dabei helfen soll, die bedrohliche Situation zu bewältigen. Wenn Angstgefühle jedoch auch auftreten, wenn es keinen angemessenen Grund dafür gibt, kann eine Angststörung entstehen. Eine Angststörung bedeutet eine massive Einschränkung der Lebensqualität und einen hohen Leidens‐ druck. Die Betroffenen vermeiden alle Situationen, in denen Ängste auftreten könnten, und bleiben schließlich ganz zu Hause. Oft verlieren sie ihre Arbeitsstelle, weil sie nicht mehr hingehen können. Dieses Ver‐ meidungsverhalten ist einer der Hauptfaktoren, die eine Angststörung aufrechterhalten. Dann ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen. Eine weitere Folge ist häufig ein geringeres Selbstwertgefühl, denn die Betroffenen haben das Gefühl, sich selbst nicht mehr im Griff zu haben. In einer Therapie kann den Betroffenen unterschiedlich geholfen wer‐ den: Ist die Angst mit einem ganz bestimmten Auslöser verbunden wie dem Anblick einer Spinne, kann die Angststörung leicht therapiert werden. Tritt sie dagegen unsystematischer auf, dauert die Therapie länger und es wird auch mit Medikamenten gearbeitet. In jedem Fall aber kann die Lebensqualität deutlich gesteigert werden, wenn sich die Betroffenen in therapeutische Behandlung begeben. Auch für die Angehörigen der Betroffenen bedeutet eine Angststörung eine große Belastung. Linktipp | Wie eine Angststörung von Betroffenen wahrgenommen wird, zeigen diese Erfahrungsberichte von Personen mit Angststörun‐ gen. Hier wird auch deutlich, was der Unterschied zwischen einem nor‐ malen Angstempfinden und einer Angststörung ist: https: / / www.sti ftung-gesundheitswissen.de/ wissen/ agoraphobie-panikstoerung/ leben -mit-angststoerungen. 18 Angst? Frag doch einfach! Warum sind Frauen etwa doppelt so häufig von Angststörungen betroffen wie Männer? Leider kann ich auf diese wichtige Frage keine eindeutige Antwort geben. In diesem Abschnitt möchte ich jedoch deutlich machen, woran es liegt, dass es auf diese Frage noch keine befriedigende Antwort gibt. Dabei gewinnen Sie auch einen Einblick von der Art und Weise, wie Angst in der Wissenschaft untersucht wird. Um Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu dieser Frage zu geben, stelle ich Ihnen hier eine aktuelle Überblicksarbeit von Debra Bangasser und Amelia Cuarenta vor (Bangasser & Cuarenta, 2021). Dabei nehmen die Autorinnen nicht nur → Angststörungen, sondern auch → Depression ins Visier, denn auch an Depression erkranken etwa doppelt so viele Frauen wie Männer. Sie fokussieren dabei auf die neurobiologischen Mechanismen, die bei Angst eine Rolle spielen. Ich werde diese Mechanismen im Verlauf des Buches genauer beschreiben. An dieser Stelle ist wichtig zu wissen, dass zur genauen Untersuchung der Abläufe im Gehirn Studien mit Nagetieren gemacht werden. Die beiden Autorinnen stellen zunächst fest, dass diese Studien nur mit männlichen Mäusen durchgeführt wurden. Weibliche Mäuse gelten als unberechenbar, man muss beispielsweise auf deren Hormonspiegel achten, der sich im Laufe des Fruchtbarkeitszyklus ändert. In einer Sendung des Deutschlandfunks aus dem Jahr 2019 berichtet die Neurobiologin Rebecca Shansky: „Ein allgemeiner Rat lautete: Achten Sie auf die Hormonspiegel, wenn Sie mit weiblichen Tieren experimentieren. In allen Nagetieren exis‐ tieren erhebliche Schwankungen bei Fortpflanzungshormonen aus dem Eierstock. Am besten Sie entfernen die Eierstöcke oder verzichten ganz auf weibliche Versuchstiere. Dann sind Sie das leidige Problem mit den weiblichen Hormonen los.“ (Lange 2019, Min. 0: 58-1: 23, Übersetzung von Deutschlandfunk) Laut Neurobiologin Rebecca Shansky sind aber weibliche Nagetiere für Forschungszwecke genauso gut oder eben schlecht geeignet wie männliche Nagetiere. Da Angst und Depression vor allem bei Frauen auftreten, würde sich hier die Untersuchung an weiblichen Tieren anbieten. Das wird erst seit wenigen Jahren getan laut der aktuellen Überblicksarbeit von Bangasser und Cuarenta. Für solche Versuche werden die Mäuse auf abgegrenzte Flächen oder in Labyrinthe gesetzt. Mäuse halten sich generell ungern auf offenen Flächen auf. Wenn sie Angst haben, sind sie fast nur noch am Rand der 19 Grundlegendes über Angst Fläche unterwegs. Gibt man den Mäusen ein Medikament, das die Angst reduziert, nimmt diese Tendenz ab. Hier gibt es aber weitere Probleme, denn die experimentellen Aufgaben, die in den neurobiologischen Studien verwendet werden, sind für männliche Nagetiere entwickelt. Beispielsweise wird ein sogenanntes Elevated Plus Maze verwendet, also ein erhöhtes plusförmiges Labyrinth, in dem die Nagetiere untersucht werden. Dabei wird das Verhalten der männlichen Versuchstiere im Labyrinth durch Angst beeinflusst, während das Verhalten der weiblichen Versuchstiere eher durch ihr Aktivitätsniveau beeinflusst wird. Man kann also die Forschungsergebnisse, die vor allem aus Studien mit männlichen Tieren stammen, nicht ohne Weiteres auf die weiblichen Tiere übertragen. Das ist ein Problem, da Frauen ja sogar noch häufiger von → Angst und → Depression betroffen sind und wir deshalb gerade für sie die Studienergebnisse verwenden wollen. Die beiden Autorinnen der Überblicksarbeit stellen anhand der wenigen verfügbaren Arbeiten, die sowohl männliche als auch weibliche Versuchs‐ tiere untersucht haben, die Unterschiede dar, die für die stärkere Betroffen‐ heit von Frauen relevant sind. Ich möchte hier nur einen beispielhaften Unterschied herausgreifen. Angst wird bei Mäusen und Ratten über ein bestimmtes Verhaltensmuster erfasst. Die Nagetiere erstarren, sie bewegen sich einfach nicht mehr. Nun stellt sich heraus, dass dieses Verhalten vor allem auf die männlichen Versuchstiere zutrifft. Weibliche Versuchstiere zeigen bei Angst weniger Erstarren, sondern eher kurze schnelle Bewegungen, die aussehen wie Fluchtbewegungen. Weibliche Tiere reagieren folglich anders auf angstaus‐ lösende Reize als männliche Tiere. Es ist also noch viel zu tun, wenn es um die Erforschung der Unter‐ schiede von männlichen und weiblichen Tieren geht. Dies ist wichtig, damit wir nicht nur Männern, sondern auch Frauen, die doppelt so häufig von Angst und Depression betroffen sind wie Männer, besser helfen können. Es ist durchaus möglich, dass sich herausstellen wird, dass Frauen anders behandelt werden müssen als Männer, wenn sie unter einer → Angststörung leiden. Bezüglich der Medikation ist das Problem nicht nur, dass in der Anfangsphase der Medikamentenentwicklung vor allem männliche Nagetiere untersucht werden, sondern auch, dass in späteren Phasen der Medikamentenentwicklung weniger an Frauen getestet wird. Das liegt auch daran, dass Frauen besonders schützenswert sind, denn das zu testende Medikament kann sich auch auf das Baby im Falle einer 20 Angst? Frag doch einfach! Schwangerschaft auswirken. Wenn überhaupt, werden oft nur Frauen in solche Studien eingeschlossen, die doppelt verhüten. Frauen, die einen natürlichen Menstruationszyklus haben, werden also überhaupt nicht getestet. Linktipp | Dieses Video zeigt, wie man Angst bei Mäusen untersuchen kann: https: / / www.youtube.com/ watch? v=gJDV2cp8w9E. Mehr zum Thema Gendermedizin kann man in einem Beitrag von SWR Wissen nachlesen und nachhören: https: / / www.swr.de/ wissen/ genderm edizin-klinische-studien-speziell-fuer-frauen-100.html. Bezeichnend ist hier vor allem folgendes Zitat: „Paradoxerweise führt also der gute Wille, besonders gefährdete Personengruppen zu schützen, dazu, dass sie be‐ sonders wenig Schutz erfahren: Anstatt innerhalb einer streng regle‐ mentierten und überwachten Studie werden den Patientinnen Medika‐ mente sozusagen auf gut Glück verabreicht - ohne dass klar ist, wie diese sich auf ihren Organismus auswirken oder wie sie dosiert werden müssen.“ (Min. 2: 15-2: 36) Welche Arten von Angststörungen gibt es? Generell unterscheidet man zwischen spezifischen und unspezifischen Angst‐ störungen. Die spezifischen Angststörungen nennt man auch → Phobien. Bekannte Beispiele hierfür sind die Angst vor Höhe, die Angst vor engen Räumen und die Angst vor Spinnen. Dabei hat jede Störung einen Namen, der sich von der griechischen Bezeichnung Phobos für Angst und der griechischen oder lateinischen Bezeichnung des Objektes oder der Situation ableitet, vor der die betroffenen Personen Angst haben. Bei Höhenangst ist das Akrophobie (Akros = Gipfel, Spitze, Höhe), bei Angst vor engen Räumen die Klaustrophobie (Klaustrum = Verschluss, Riegel, Schloss). Die Angst vor öffentlichen Plätzen ist die Agoraphobie (Agora = Marktplatz). Die Agoraphobie wird aber nicht zu den spezifischen Phobien gerechnet, weil hier noch andere Angstprozesse eine Rolle spielen. Es gibt eine lange Liste von möglichen Ängsten, in der folgenden Tabelle gebe ich einige Beispiele von spezifischen Phobien. 21 Grundlegendes über Angst Phobie griechischer/ lateinischer Objektname Bedeutung Akrophobie akros: Gipfel, Spitze, Höhe Angst vor Höhe Arachnophobie arachne: Spinne Angst vor Spinnen Aviophobie avis: Vogel Flugangst Brontophobie bronte: Donner Angst vor Donner Canophobie canis: Hund Angst vor Hunden Dentophobie dens: Zahn Angst vor Zahnbehand‐ lung Emetophobie emeein: erbrechen Angst vor Erbrechen Hemaphobie haima: Blut Angst vor Blut Klaustrophobie claustrum: Verschluss, Riegel, Schloss Angst vor engen Räumen Musophobie mus: Maus Angst vor Mäusen Xenophobie xenos: Fremder Angst vor Fremden/ Un‐ bekannten Zoophobie zoon: Lebewesen Angst vor Tieren Tabelle 1 | Verschiedene Phobien und ihre sprachliche Herkunft Spezifische Phobien kann man recht gut behandeln. In der Regel werden die Betroffenen den angstauslösenden Reizen unter Begleitung einer The‐ rapeutin ausgesetzt. Diese Therapieform nennt sich Expositionstherapie. Ich beschreibe die Expositionstherapie später noch genauer. Nach einer bis fünf solcher Expositionssitzungen ist die Behandlung der Störung in der Regel abgeschlossen laut S3-Leitlinie für Angststörungen. Manchmal reicht sogar eine einzige Sitzung. Unspezifische Angststörungen sind dagegen schwerer zu behandeln. Meist wird hier mit Medikamenten und Psychotherapie gearbeitet. Oft werden auch Antidepressiva gegeben, also Medikamente, die auch bei → Depression eingesetzt werden. Welche Medikamente genau bei welcher Angststörung gegeben werden, können Sie auch in der S3-Leitlinie nach‐ lesen, die ich unten verlinkt habe. Diese Medikamente wurden auf ihre Wirksamkeit getestet, unter anderem in Tierstudien mit Nagetieren. Da in 22 Angst? Frag doch einfach! diesen Studien vor allem männliche Nagetiere untersucht wurden, kann es sein, dass sich in Zukunft die Medikamente für Männer und Frauen mit Angststörungen unterscheiden werden. Linktipp | Eine Liste mit allen Phobien findet sich hier: https: / / phobie-w issen.de/ phobienliste/ . Die S3-Leitlinie für Angststörungen kann man hier einsehen: https: / / www.awmf.org/ leitlinien/ detail/ ll/ 051-028.html. Wovor haben wir Angst? Hier ist spannend, dass es Objekte oder Situationen gibt, die wahrscheinli‐ cher Angst auslösen als andere. Es gibt zum Beispiel keine bisher bekannte → Phobie vor kleinen Schafen, dafür aber Angst vor Tieren, die potenziell gefährlich sind wie Spinnen oder Schlangen. Hier geht man davon aus, dass wir genetisch dazu veranlagt sind, vor gefährlichen Dingen schneller Angst zu entwickeln als vor ungefährlichen, was an sich ja sehr sinnvoll ist. Das nennt man Preparedness, also „Vorbereitet-Sein“. Arne Öhman, ein schwedi‐ scher Psychologe, hat sich mit der Forschung zu Preparedness einen Namen gemacht und saß sogar im Nobelpreiskomitee. In seinem meistzitierten Paper von 2001 fasst er vier Charakteristiken von Furchtlernen zusammen. Das erste Kriterium ist, dass → Furcht vor allem von Reizen ausgelöst wird, die in einem evolutionären Sinn gefährlich sind. Das zweite ist, dass die Furchtreaktion auf solche Reize automatisch abläuft. Das dritte, dass man mit bewusster Kontrolle wenig ausrichten kann gegen Furchtreaktionen, und das vierte, dass die → Amygdala und mit ihr verbundene Gehirnberei‐ che hauptverantwortlich sind für die ausgelösten Furchtreaktionen (Öhman & Mineka, 2001). Diese Preparedness wird von Beutetieren auch als Schutz vor dem Ge‐ fressen-Werden genutzt. Die Fähigkeit bestimmter Tiere, sich zu schützen, indem sie sich der Gestalt oder Farbe solcher Tiere anpassen, die von ihren Feinden gefürchtet werden, nennt sich Mimikry. Beispiele hierfür sind harmlose Schwebfliegen, die sich durch gelb-schwarze Wespenfarben als giftig ausgeben, und wehrlose Schmetterlinge, zum Beispiel das Pfauenauge, deren Flügelmuster den Augen eines gefährlichen Raubvogels ähneln. 23 Grundlegendes über Angst Für viele Phobien spielen soziale Situationen eine große Rolle, vor allem Situationen, in denen die Betroffenen von anderen Personen kritisch bewer‐ tet werden könnten. Bei den unspezifischen Angststörungen treten die Symptome der Angst, auf die wir später nochmal genauer eingehen, nicht nur bei ganz bestimmten Objekten oder Situationen auf, sondern scheinbar zufällig. Es gibt auch Zusammenhänge zwischen Phobien und der sogenannten generalisierten Angststörung. Wenn Personen beispielsweise erleben, dass sie unvorherseh‐ baren Angstattacken ausgeliefert sind, also eine generalisierte Angststörung haben, dann werden sie auch öffentliche Plätze meiden, an denen Hilfe nicht so einfach zur Verfügung steht. Sie entwickeln also möglicherweise eine Agoraphobie aufgrund der generalisierten Angststörung. Linktipp | In diesem eindrucksvollen Video „verwandelt“ sich eine Raupe in eine Schlange und schlägt den Affen, der die Raupe ansonsten gerne gefressen hätte, in die Flucht. Damit nutzt die Raupe die Angst des Affen vor Schlangen aus, um sich selbst zu schützen. Sehr clever! https: / / www.reddit.com/ r/ NatureIsFuckingLit/ comments/ m6vkrn/ t his_caterpillar_impersonating_a_snake/ . Wie hängen die Störungen untereinander zusammen? Die beiden häufigsten psychischen Störungen, → Angst und → Depression, treten oft gemeinsam auf. Das nennt man → Komorbidität. Bei 60 % der Betroffenen von Angststörungen wird auch eine Depression festgestellt (Kaufman & Charney, 2000). Oft sind Angststörungen auch verbunden mit psychosomatischen Störungen wie Schmerzen. Es kann passieren, dass Betroffene wegen körperlicher Beschwerden zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Hier muss der Arzt oder die Ärztin dann genau nachfragen und hinhören, damit er oder sie die den körperlichen Beschwerden zugrunde liegende Angststörung entdeckt. Oft versuchen sich die Betroffenen auch selbst zu helfen, indem sie verschiedene Substanzen konsumieren, zum Beispiel Beruhigungsmittel oder Alkohol. Daher ist auch das gemeinsame Auftreten einer Angststörung und einer Substanzabhängigkeit sehr häufig. Angst kann auch zu Zwangshandlungen führen. So können zum Beispiel Personen, die Angst haben, schmutzig zu sein oder mit verschmutzten 24 Angst? Frag doch einfach! Gegenständen Kontakt zu haben, eine Zwangshandlung entwickeln, indem sie sich sehr oft die Hände waschen oder ihre Wohnung putzen. Dabei ist wichtig zu wissen, dass ein gewisses Maß an Zwangshandlungen noch nicht als krankhaft gilt. Wenn Sie also ein zweites Mal überprüfen, ob Sie Ihre Türe abgeschlossen haben, ist das noch keine → Zwangsstörung. Ab wann ist etwas eine Störung? Diese Frage würde allein schon Bücher füllen, deshalb hier nur eine kurze Erläuterung. Psycholog: innen sprechen von Leidensdruck, der dazu führt, dass sich Patient: innen Hilfe suchen. Dann wird auch eine Diagnose verge‐ ben. Wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, das Haus zu verlassen, weil er oder sie ständig alles kontrollieren muss, dann wird der Leidensdruck irgendwann so groß sein, dass er oder sie sich Hilfe sucht. Linktipp | Die Stiftung Gesundheitswissen hat unter https: / / www.stiftu ng-gesundheitswissen.de/ wissen/ angststoerung/ hintergrund anschaulich zusammengetragen, wie sich normal auftretende Angst von einer Angst‐ störung unterscheidet. In dem animierten Video auf der Seite wird die Angst als schwarze Figur dargestellt, die bei Angststörungen stark an‐ wächst und durch Therapie auf ihr normales Maß reduziert werden kann. Was ist eine posttraumatische Belastungsstörung? Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist der Auslöser der Störung ein traumatisches Ereignis. Das sind häufig Missbrauchserfahrungen oder Erfahrungen im Krieg, die dazu führen, dass die Erinnerungen an diese Erlebnisse einfach so wieder auftauchen und das tägliche Leben stark stören. Frauen sind auch hier stärker betroffen als Männer. Man geht davon aus, dass traumatische Erinnerungen anders abgespeichert werden als normale Erinnerungen. Die traumatischen Erinnerungen sind somit nicht an einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit gebunden wie andere Erinnerun‐ gen. Sie können, oft ausgelöst durch einen bestimmten Reiz oder eine bestimmte Situation, wieder erlebt werden, als würde das ursprüngliche Erlebnis gerade noch einmal stattfinden. Dies ist sehr belastend für die Be‐ 25 Grundlegendes über Angst troffenen und kann auch zu sogenannten dissoziativen Phänomenen führen. Das bedeutet beispielsweise, dass man vor allem in akuten Stresssituationen auf einmal gefühllos wird oder sich auf einmal von außen sieht, als wäre man nicht mehr in seinem eigenen Körper. Linktipp | In dieser Dokumentation von reporter wird sehr anschaulich beschrieben, wie sich eine posttraumatische Belastungsstörung für eine betroffene Person anfühlt. Die Betroffene hat einen Hund, der darauf trainiert ist, sie im Falle von akuten Dissoziationen und Flashbacks zu‐ rückzuholen, indem er sie anstupst. Das funktioniert sehr gut und hilft der Betroffenen, ihren Alltag besser zu meistern: https: / / www.youtu be.com/ watch? v=WayryKjGRKg. Wie werden Angststörungen klassifiziert? Die genauen Definitionen der einzelnen → Angststörungen sind weltweit im → ICD-11 erfasst. Das ICD (englisch: International Statistical Classifi‐ cation of Diseases and Related Health Problems) wird von der Weltgesund‐ heitsorganisation WHO herausgegeben. Die Zahl 11 gibt an, dass es sich um die 11. Revision handelt. Diese ist seit Anfang 2022 in Kraft. Die Umstel‐ lung von ICD-10 auf ICD-11 erfolgt nach und nach. Nach diesem System werden weltweit Diagnosen vergeben. Daneben gibt es noch ein weiteres Klassifikationssystem, das DSM, das für „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ steht. Das DSM wurde von der American Psychiatric Association (APA) entwickelt und wird weltweit für Forschungszwecke verwendet. Die aktuelle Version ist das DSM-5, das 2013 veröffentlicht wurde. Im DSM sind nur psychische Diagnosen enthalten, im ICD sind dagegen alle Diagnosen enthalten. Um mit den Krankenkassen abzurechnen, wird das ICD verwendet. Der Code einer Diagnose setzte sich im ICD-10, der aktuell noch verwendet wird, zusammen aus einem Buchstaben von A bis Z an erster Stelle und einer zweistelligen Ziffer an zweiter und dritter Stelle. Darüber hinaus können noch weitere Zahlen nach einem Punkt als Unterklassifikation dienen. Die Diagnosen für psychische Störungen finden sich im ICD-10 bei F0 bis F9, wobei Angststörungen unter F4 gelistet sind. Die Agoraphobie hat beispielsweise den Code F40.0, eine Agoraphobie mit Panikstörung den Code F40.01. Spezifische → Phobien sind unter F40.2 26 Angst? Frag doch einfach! gelistet. F41 sind die anderen Angststörungen, F42 die → Zwangsstörung und F43.1 ist die Posttraumatische Belastungsstörung. Im Alltag begegnet man dem ICD bei einer Krankschreibung oder Überweisung, auf der die gestellte Diagnose in Form eines ICD-10-Codes steht. Linktipp | Die weltweit gültige ICD-10-Klassifikation findet sich z. B. unter https: / / www.icd-code.de/ , den ICD-11 kann man hier finden: http s: / / icd.who.int/ en. 27 Grundlegendes über Angst Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Angst ist ein hilfreicher Mechanismus. Dieses Kapitel zeigt, wie wir Angst „lernen“, welche Voraussetzungen für eine Konditionierung vorhanden sein müssen und auch, wie sich die Angst im Körper messen lässt. Hat der Mensch schon immer Angst? In diesem Kapitel geht es um die faszinierenden Mechanismen, mit denen unser Körper ausgestattet ist, um uns vor Gefahr zu bewahren. Unser Gehirn und unser Körper sind darauf eingestellt, Gefahren zu antizipieren und sie zu bewältigen. So wird das Überleben gesichert. Genau dieses Antizipieren von Gefahren ist aber auch mit Angst verbunden. Angst ist also ein lebenswichtiges Alarmgefühl. Es ist zunächst unange‐ nehm und beklemmend, hat aber zum Ziel, akute Gefahren abzuwehren. Wichtig ist, dass das Gefühl der Angst wieder aufhört, wenn die Gefahr überwunden ist. Leider haben wir oft Angst, obwohl gar keine akute Gefahr droht. Dies beruht auf der Fähigkeit des Menschen, sich Dinge vorzustellen, die passieren könnten. Der Vorteil daran ist, dass sich der Mensch so auf Gefahren vorbereiten kann, die noch gar nicht eingetreten sind. Nachteilig ist es, wenn die negativen Gedanken bezüglich der Zukunft überhandnehmen. Dann wird das Gefühl der Angst zur Belastung. Um zu verstehen, wie Angst entsteht und was dabei im Körper passiert, habe ich im folgenden Kapitel aktuell diskutierte Theorien zur Entstehung von Angst zusammengetragen. Linktipp | Dieses kurze Video zeigt, wie sich unser Gehirn entwickelt hat, um uns vor Gefahren zu schützen. Es zeigt auch, wie dadurch Angst entstehen kann: https: / / www.youtube.com/ watch? v=kv6HkipQcfA. Welche Rolle spielt Lernen bei der Entstehung von Angst? Bei der Entstehung von Angst kommt das bekannte Experiment mit dem kleinen Albert ins Spiel, ein Experiment, das unter heutigen ethischen Standards nicht mehr denkbar wäre. Der kleine Albert war nicht mal ein Jahr alt, als ihm John B. Watson und Rosalie Rayner an der Johns-Hopkins- Universität um 1920 verschiedene Tiere präsentierten. Aufgrund seines geringen Lebensalters konnte man davon ausgehen, dass Albert noch keine Vorerfahrungen mit den Tieren hatte, die ihm in diesem Experiment präsentiert wurden. Der kleine Albert war zunächst angetan von dem kleinen Affen, dem Kaninchen, dem Hund und vor allem der weißen Ratte. Dann erschreckten die beiden Versuchsleiter den kleinen Albert 30 Angst? Frag doch einfach! mit einem lauten Schlag auf ein Stahlrohr immer dann, wenn er gerade mit der weißen Ratte spielen wollte. Mit der Zeit hatte der kleine Albert auch dann Angst vor der Ratte, wenn der laute Schlag fehlte. John B. Watson und Rosalie Rayner hatten also experimentell eine → Phobie bei dem kleinen Albert erzeugt: Er hatte Angst vor der weißen Ratte. Sie testeten daraufhin auch, ob sich die Angst nur auf den spezifischen Reiz, also zum Beispiel die weiße Ratte, oder auch auf andere flauschige Objekte wie einen Nikolausbart übertrug. Das Ergebnis war, dass Albert nicht nur Angst vor der weißen Ratte hatte, die er vorher gerne gestreichelt hat, sondern auch vor anderen flauschigen Dingen. Die Angst hatte sich also generalisiert; sie wurde von der weißen Ratte auf andere flauschige Gegenstände übertragen (Watson & Rayner, 1920). Abbildung 1 | Der Versuchsaufbau des berühmten Experiments mit dem kleinen Albert. John B. Watson schlägt mit einem Hammer auf ein Metallrohr. Vor diesem Geräusch hat der kleine Albert Angst. Nun wird dieses Geräusch mit dem Anblick einer weißen Ratte gepaart, so dass der kleine Albert lernt, Angst vor der weißen Ratte zu haben. 31 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Dieses Experiment ist ethisch zwar äußerst bedenklich, aus psychologi‐ scher Sicht aber sehr spannend. Es zeigt, dass es möglich ist, einen vorher neutralen, ja sogar eher positiven Reiz wie eine weiße Ratte mit einem negativen Reiz, in diesem Fall einem lauten Geräusch, zu paaren und damit die Angst vor dem lauten Geräusch auf die weiße Ratte zu über‐ tragen. In der Fachsprache wird dies → „klassische Konditionierung“ genannt. Die klassische Konditionierung wurde vor allem durch Iwan Pawlow bekannt, der in seinen berühmten Experimenten um 1900 mit seinen Hunden zeigte, dass die Hunde bereits anfingen zu speicheln, wenn nur eine Glocke läutete, die Futter ankündigte. Hier wurde also ein neutraler Reiz (Glockenläuten) mit einem positiven Reiz (Futter) gepaart, so dass am Ende nur der Ton der Glocke genügte und bereits zur Speichelproduktion anregte. Der kleine Albert symbolisiert also zum einen die Übertragung des Prin‐ zips der klassischen Konditionierung auf den Menschen, zum anderen bietet das historische Experiment eine Erklärung, wie Angst entstehen kann. Wie lässt sich erlerntes Angstverhalten wieder „verlernen“? Der kleine Albert kam leider nicht in den Genuss einer experimentellen Löschung, genannt Extinktion, seines gelernten Angstverhaltens. Im Artikel von Watson und Rayner steht, dass er plötzlich nicht mehr verfügbar war, sonst hätten sie verschiedene Methoden ausprobiert, wie die gelernte Angst wieder verlernt werden kann. Heute wird im Rahmen der Verhaltens‐ therapie Patient: innen ein solches Verlernen von Angst beigebracht. Sie lernen dabei, dass der neutrale Reiz, also die Ratte im Beispiel vom kleinen Albert, doch nicht zwingend mit dem lauten Geräusch verbunden ist, das ursprünglich die Angst erzeugt hat. In der Therapie gehen die Patient: innen dann zum Beispiel auf öffentliche Plätze und lernen, dass sie das aushalten können, oder steigen auf einen hohen Turm und lernen, dass das gar nicht so schlimm ist wie erwartet. Dieses Verfahren heißt → Exposition und wirkt gut bei spezifischen Angststörungen. 32 Angst? Frag doch einfach! Was passiert bei der Extinktion von Angstverhalten? Durch die Therapie wird die Angst-Gedächstnisspur mit einer neuen Ge‐ dächtnisspur überschrieben. Die ursprüngliche, angstauslösende Gedächst‐ nisspur wird also nicht „gelöscht“, sondern lediglich überdeckt. Daher ist ein erneutes Aktivieren der Angst-Gedächtnisspur leicht möglich. Im Fall vom kleinen Albert konnten Watson und Rayner beobachten, dass der kleine Albert spontan seinen Daumen in den Mund nahm, wenn der angstmachende Reiz auftrat, also entweder der laute Schlag auf das Stahlrohr oder die bereits negativ konditionierte weiße Ratte. Das Nuckeln an seinem Daumen beruhigte den kleinen Albert offensichtlich. Watson und Rayner berichten, dass sie dem kleinen Albert für die Filmaufnahmen immer wieder den Daumen aus dem Mund nehmen mussten, damit er auch die erwünschte Angstreaktion zeigte. Es gibt also offensichtlich Verhaltensweisen, die in beängstigenden Si‐ tuationen helfen können. Diese Erkenntnis hilft bei der Therapie von Angst. So ist es den Patient: innen während der → Exposition, also der bewussten Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz, verboten, auf sogenanntes Sicherheitsverhalten auszuweichen. Die Patient: innen dürfen also keine Strategien anwenden, die die Angstreaktion abschwächen. Der Grund hierfür ist, dass die Patient: innen nur lernen können, mit der gefürch‐ teten Situation oder dem gefürchteten Objekt zurechtzukommen, wenn sie sich der Situation oder dem Objekt ganz ausliefern. Wenn sie hierbei Sicherheitsverhalten zeigen würden, würden sie lernen, dass dieses Sicher‐ heitsverhalten wichtig ist, um die Situation oder das Objekt zu ertragen. Was sie aber lernen sollen, ist, dass sie ohne jedes Sicherheitsverhalten in der Lage sind, die Situation oder das Objekt zu ertragen. Außerdem geht man davon aus, dass der Körper einen sehr starken Erregungszustand, wie er bei starker Angst auftritt, nicht sehr lange auf‐ rechterhalten kann und dieser Erregungszustand dann bald abnimmt. Wenn die Patient: innen merken, dass ihr Erregungszustand in der gefürchteten Situation merklich nachlässt, kann das zu einer neuen Gedächtnisspur führen, die mit Angst inkompatibel ist. Linktipps | Der etwa dreiminütige Film zu dem Experiment mit dem kleinen Albert ist auf der Wikipedia-Seite zum Experiment zu finden: https: / / en.wikipedia.org/ wiki/ Little_Albert_experiment. 33 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt In einem zweiten Video stellt psychologeek das Experiment mit dem kleinen Albert zusammen mit zwei weiteren sehr bekannten und ethisch bedenklichen Experimenten aus der Psychologie vor. In diesen Experi‐ menten geht es zum einen um das bereitwillige Ausführen von Befehlen, bei denen eine andere Person vermeintlich durch Elektroschocks ge‐ schädigt wird (Milgram-Experiment), und zum anderen um die sehr schnelle Übernahme von zugewiesenen Gefängniswärter- und Gefäng‐ nisinsassenrollen, verbunden mit der Ausübung von Gewalt (Stanford- Prison-Experiment): https: / / www.youtube.com/ watch? v=hYXWJBR r0pA. Was ist klassisches Konditionieren? Klassisches Konditionieren beschreibt den Lernprozess, durch den eine von einem unkonditionierten Reiz ausgelöste Reaktion auf einen ehemals neutralen Reiz übertragen werden kann. So wird aus einem neutralen Reiz ein konditionierter Reiz oder, wie es Pawlow eigentlich ausdrücken wollte, ein konditionaler Reiz. Beim kleinen Albert war der neutrale Reiz die weiße Ratte. Der unkonditionierte Reiz war der laute Schlag auf das Stahlrohr, dass bei kleinen Kindern generell eine Schreckreaktion hervorruft. Über die Paarung des neutralen Reizes mit dem unkonditionierten Reiz wird nun diese Schreckreaktion auf den ehemals neutralen Reiz übertragen. Beim kleinen Albert war das die gleichzeitige Präsentation der weißen Ratte und des lauten Geräusches. Die Phase, in der die beiden Reize gepaart werden, nennt man Lernphase. Das Ergebnis der Konditionierung wird dann in der nächsten Phase sichtbar, wenn der zuvor neutrale Reiz nun allein präsentiert wird und die konditionierte Reaktion auslöst. Beim kleinen Albert bedeutet das: Die weiße Ratte allein löst schon eine Schreckreaktion aus. In der Extinktionsphase, die der kleine Albert leider nicht mehr mitbekam, wäre die weiße Ratte so oft ohne das erschreckende Geräusch präsentiert worden, dass sich die Schreckreaktion auf die weiße Ratte langsam abgeschwächt hätte. Jedoch zeigt die Forschung, dass in der Extinktionsphase eigentlich keine Löschung der Gedächtnisspur stattfindet. Durch eine wiederholte Konditionierung oder sogar spontan kann sehr schnell wieder die Kopplung zwischen dem neutralen Reiz und der konditionierten Reaktion hergestellt 34 Angst? Frag doch einfach! werden. Man geht davon aus, dass sich eine stabile Gedächtnisspur gebildet hat, die leicht wieder reaktiviert werden kann. Literaturtipp | Eine gute Übersicht über den aktuellen Stand der For‐ schung in Bezug auf Furchtkonditionierung bietet ein Artikel von Chris‐ tian Merz und Tina Lonsdorf in der Psychologischen Rundschau: Merz, C. J. & Lonsdorf, T. B. (2020). Methodische Anmerkungen und Anwen‐ dungsbereiche der Furchtkonditionierung in verschiedenen psycholo‐ gischen Disziplinen. Psychologische Rundschau, 71, 273-287. Woher stammt der unkonditionierte Reiz bei gelernten Ängsten? Die Frage, die bei der Recherche zur → klassischen Konditionierung als Grundlage für → Angststörungen auftaucht, ist: Woher stammt der unkonditionierte Reiz? Der unkonditionierte Reiz ist derjenige Reiz, der von sich aus eine Angstreaktion auslöst, sprich, ohne erlernt zu sein. Beim Fall des kleinen Albert ist es das laute Geräusch, vor dem Albert von Natur aus Angst hat. Dieser unkonditionierte Reiz wird gepaart mit dem konditionierten Reiz, also beispielsweise der weißen Ratte. Nun fehlt aber ganz häufig eine solche Konditionierung, wie sie der kleine Albert erlebte. Im Normalfall hat eine Person mit Spinnenphobie noch keinen schmerzhaften Spinnenbiss erlitten, wodurch sie lernte, die Spinne mit Gefahr zu assoziieren. Auch Personen mit Höhenangst sind im Normalfall noch nie aus großer Höhe gestürzt, so dass sie Höhe mit Gefahr assoziieren. Die Paarung des konditionierten Reizes mit einer Angstreaktion findet also möglicherweise nur in der Vorstellung statt. Diese ist eine aktuelle Fragestellung, zu der gerade viel geforscht wird. Literaturtipp | Hier ein aktuelles Review, in dem der aktuelle For‐ schungsstand zusammengefasst wird: Mertens, G., Krypotos, A.-M. & Engelhard, I. M. (2020). A review on mental imagery in fear conditioning research 100 years since the ‘Little Albert’ study. Behaviour Research and Therapy, 126, 103556. 35 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Was ist operantes Konditionieren? Eine zweite Form des Lernens ist die operante Konditionierung. Hier geht es darum, dass Verhalten häufiger auftritt, wenn es positive Konse‐ quenzen hat und seltener, wenn es negative Konsequenzen hat. Wenn das Daumenlutschen für den kleinen Albert eine beruhigende Wirkung hat, ist das eine positive Konsequenz und er wird es deshalb häufiger machen. Operantes Konditionieren wird auch „Lernen am Erfolg“ genannt. Im Gegensatz zum klassischen Konditionieren, wo es um die Kopplung zweier Reize geht, steht hier das Verhalten in bestimmten Situationen im Vordergrund. Dabei wird die Auftretenswahrscheinlichkeit von Verhalten maßgeblich von den Konsequenzen dieses Verhaltens beeinflusst. Durch Belohnung wird eine bestimmte Verhaltensweise häufiger, durch Bestrafung seltener. Um diese Theorie zu belegen, wurden viele Tierexperimente ge‐ macht. Beispielsweise mussten sich Katzen aus Käfigen befreien, indem sie herausfanden, was sie dafür tun mussten. Die Belohnung war in dem Fall Freiheit und Futter außerhalb des Käfigs. Die Katzen brauchten zuerst lange, bis sie den Käfig öffnen konnten, lernten aber schnell und führten bei erneuten Versuchen gleich die richtige Verhaltensweise aus, die den Käfig öffnete. Diese Experimente machte Edvard Lee Thorndike an der Columbia University und verfasste 1898 das „Gesetz der Wirkung“ (englisch: law of effect). Dieses Gesetz beschreibt, dass eine bestimmte Situation, also beispielsweise die Katze im Käfig, stärker mit einem Verhalten gekoppelt ist, das mit einer positiven Konsequenz verbunden ist, also mit dem Öffnen des Käfigs. Dieses Verhalten wird dann häufiger. Eine positive Konsequenz kann dabei sowohl eine Belohnung sein, zum Beispiel in Form von Futter, aber auch das Ausbleiben einer Bestrafung, zum Beispiel in Form eines erschreckenden Reizes. Die Belohnung heißt → positive Verstärkung, das Ausbleiben der Bestrafung heißt → negative Verstärkung. Beides erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit des damit assoziierten Verhaltens. Die hier vorgestellten Arbeiten zum klassischen und operanten Konditionieren begründeten eine Strömung der Psychologie, die man Behaviorismus nennt. Wie der Name schon andeutet, geht es darum, das Verhalten der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht also weniger darum, was in der Psyche der Menschen passiert als darum, was das Resultat daraus ist. Angsttheorien des Behaviorismus gehen davon aus, dass Angst durch eine Kombination von klassischem und operantem Konditionieren entsteht. Dabei erklärt die operante Konditionierung vor allem das typische Vermeidungsverhalten bei 36 Angst? Frag doch einfach! → Angststörungen. Durch das Vermeiden der angstauslösenden Situation oder des angstauslösenden Reizes wird die negative Konsequenz der akuten Angstgefühle vermieden und verstärkt dadurch das Vermeidungsverhalten. Kann Angst auch durch Vorstellungen entstehen? Wer etwas lernt, muss etwas bereits erlebt haben. Oder reicht bereits die Vorstellung des Erlebens aus? Der kleine Albert erlebte gleichzeitig die weiße Ratte und das ohrenbetäubende Geräusch. Was aber, wenn sich der kleine Albert das Geräusch nur vorgestellt hätte? Das von Watson und Rayner propagierte Erklärungsmodell ist einleuchtend. Die Angst wird gelernt durch Paarung eines zuvor neutralen Gegenstands oder einer zuvor neutralen Situation mit einem angsteinflößenden Reiz wie einem lauten Geräusch. Nur: viele Ängste haben keine erlebte Erfahrung als Grundlage, die ja der Ausgangspunkt des Lernens nach diesem Erklärungsmodell ist. Menschen mit Spinnenphobie wurden weder von einer Spinne gebissen noch muss die Begegnung mit einer Spinne mit einem lauten Geräusch oder sonst einem angsteinflößenden Reiz gepaart worden sein. Dennoch haben sie Angst vor der Spinne entwickelt. Wie kann das sein? Dazu haben Forscher an der Universität Marburg ein spannendes Experiment durchge‐ führt (Müller, Sperl & Panitz, 2019). Dabei wurden nicht wie sonst üblich echte Schmerzreize verwendet, um Furchtreaktionen auf einen neutralen Reiz zu erzeugen, sondern nur vorgestellte Schmerzreize. Die Proband: innen wurden aufgefordert, sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, mit der Ferse mit voller Wucht auf einen Reißnagel zu treten. Autsch! An diesen Schmerz sollten sie immer denken, wenn ein bestimmtes geometrisches Symbol auf dem Bildschirm gezeigt wurde. Dieses Symbol erschien dann zusammen mit einem neutral blickenden Gesicht, das auf diese Weise mit dem angsteinflöß‐ enden Reiz gepaart wurde. Danach reagierten die Proband: innen allein auf das neutrale Gesicht schon mit einer körperlich messbaren Angstreaktion. Die Proband: innen lernten also nur aufgrund des vorgestellten Schmerzes eines Reißnagels in der Ferse, vor bestimmten neutralen Gesichtern Angst zu haben! Der etwas größere Albert könnte also auch Angst vor der weißen Ratte lernen, indem er sie sich als sehr gefährlich vorstellt, wie in der Illustration veranschaulicht. Dazu ist dann keine klassische Konditionierung notwen‐ dig, die den Anblick der weißen Ratte mit einem lauten Geräusch paart. 37 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Abbildung 2 | Der etwas ältere Albert stellt sich vor, dass die weiße Ratte sehr gefährlich ist. Allein die Vorstellung kann schon zu Angst führen. Geht das auch in die andere Richtung? Kann man Angst durch positive Vorstellungen wieder verlernen? Genau das wird in sogenannten vorstel‐ lungsbasierten Therapieverfahren gemacht und es funktioniert erstaunlich gut! Beispielsweise bei der sozialen → Phobie, bei der die Betroffenen Angst vor sozialer Zurückweisung haben. Dort spielt die Interpretation von sozialen Situationen eine zentrale Rolle. Geht eine Person mit sozialer Phobie in ein Café, in dem sich zwei Leute unterhalten und plötzlich in dem Moment anfangen zu lachen, wenn die Person an ihrem Tisch vorbeigeht, wird sie möglicherweise denken: „Die lachen bestimmt über 38 Angst? Frag doch einfach! mich! Ich habe mich bestimmt ungeschickt verhalten oder sehe seltsam aus! “ Die sozial ängstliche Person kann dann in ihrer Vorstellung oder mit Hilfe von virtueller Realität die zuvor beängstigende Situation noch einmal erleben. Diesmal aber mit der Vorstellung, dass sich die beiden Lachenden am Tisch einfach sehr gut verstehen und sich über etwas amüsieren, das die eine Person gerade erzählt hat. So lernt dann die betroffene Person, dass die Situation gar nicht bedrohlich ist und im besten Fall überträgt sie diese Erfahrung dann auf zukünftige Erlebnisse. Ziel ist, die spontane Interpretation der Situation zu verändern. Das erfordert viel Übung und oft große Überwindung, da die Betroffenen die beängstigenden Situationen normalerweise vermeiden. Dabei ist es eine sehr effektive Methode, sich Ängsten auszusetzen, um sie zu überwinden. Linktipp | Betroffene können angstbesetzte Situationen oder angstbe‐ setzte Objekte auch über virtuelle Realitäten erleben. Hier gibt es einen anschaulichen Überblick darüber, wie virtuelle Realität bei der Behand‐ lung spezifischer Phobien helfen kann. Beispielsweise wird das Achter‐ bahnfahren mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden trainiert: https : / / www.youtube.com/ watch? v=mi6GxuGVEd0. Welche Prozesse laufen in Gehirn und Körper ab? Angst ist ein komplexes Phänomen und der Körper zeigt auf vielen Ebenen Reaktionen, die darauf ausgelegt sind, auf eine akute Gefahr reagieren zu können. In Horrorfilmen wird Angst beispielsweise folgendermaßen dargestellt: Man hört den Herzschlag, der sich beschleunigt, dazu kommt schnelles Atmen. Die Anspannung des Körpers und die Fokussierung auf den angstauslösenden Reiz kann man sich vorstellen wie einen Bildaus‐ schnitt, der immer enger wird. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht das Objekt der Angst. Alles andere wird ausgeblendet. Der angstauslösende Reiz kann sich durch noch so kleine Indizien ankündigen. Das kann ein leises Rascheln oder ein Knacken sein - die ängstliche Person wird diese Indizien entdecken und die Aufmerksamkeit so auf sie richten, dass sie in der Wahrnehmung verstärkt werden. Diese Mechanismen werden durch verschiedene Schaltstellen im Körper gesteuert und sind hilfreich, wenn eine Situation oder ein Objekt wirklich gefährlich ist. Wenn eine Person 39 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt jedoch eine → Angststörung hat, so kann diese Angstreaktion zur Belastung werden. Im Folgenden gehen wir nacheinander die körperlichen Ebenen der Angstreaktion durch. Da die Prozesse nicht zwangsläufig in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen, ist die Anordnung nicht zeitlich geordnet. Wie zeigt sich Angst im Gehirn? Unser Gehirn ist in verschiedene Teile gegliedert. Es gibt Teile, die sind „älter“, das heißt, sie waren auch bei unseren evolutionären Vorfahren bereits angelegt. Daneben gibt es Teile, die „jünger“ sind. Diese sind entwicklungsgeschichtlich später entstanden. Die Region, die gemeinhin als Angstzentrum des Gehirns bekannt ist, die → Amygdala, gehört zum älteren Teil des Gehirns. Sie schlägt Alarm, wenn ein Reiz gefährlich ist. Die Amygdala gibt es in beiden Gehirnhälften und sie liegt relativ weit innen im sogenannten limbischen System, das eine große Rolle für Gefühle im Allgemeinen spielt. Die Amygdala hat aber auch eine Art Gegenspieler, den präfrontalen Kortex. Der gehört zum jüngeren Teil des Gehirns und liegt hinter unserer Stirn. Der präfrontale Kortex ist sehr groß und für die Steuerung von Verhalten zuständig. Er ist eine Art Dirigent und legt fest, welcher Akteur wann wie stark zum Einsatz kommt. Der präfrontale Kortex kann der Amygdala Einhalt gebieten, wenn sie zu stark oder unnötigerweise Alarm schlägt. Das ist eine sehr nützliche Funktion und schützt uns vor übermäßiger Angst in Situationen, in denen Angst nicht angesagt ist. Es wurde gezeigt, dass eine besonders ausgeprägte Verbindung zwischen der Amygdala und dem präfrontalen Kortex mit weniger Angst in Zusammen‐ hang steht (Kim & Whalen, 2009). 40 Angst? Frag doch einfach! Abbildung 3 | Querschnitt des Gehirns mit der Amygdala, dem Angstzentrum des Gehirns Natürlich steht die Amygdala noch mit vielen weiteren Gehirnarealen in Verbindung, denn wenn eine akute Bedrohung erkannt wird, ist der gesamte Organismus in Gefahr und alle Bereiche werden alarmiert. Es ist auch anzunehmen, dass es außer der Amygdala noch andere Mechanismen gibt, die im Bedarfsfall Alarm schlagen und Angstgefühle verursachen. In einer Studie wurden drei Patientinnen untersucht, denen aufgrund einer bestimmten Erkrankung die Amygdala in beiden Gehirnhälften fehlte. Diese Patientinnen empfanden keine Angst, mit einer Ausnahme: Wenn man ihnen Ersticken suggerierte, indem man sie Luft mit 35 % Kohlenstoff‐ dioxid einatmen ließ, empfanden sie Angst und hatten sogar Panikattacken. Die Patientinnen waren von diesem Angstgefühl überrascht, da sie es bisher noch nie so erlebt hatten (Feinstein et al., 2013). Beispiel | In dem Film Free Solo wird das Gehirn von Alex Honnold in einem fMRT Experiment untersucht. Er liegt dabei in dem Magnetreso‐ nanztomographen, der die Aktivierung seines Gehirns während einer 41 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt bestimmten Aufgabe zeigt. Die Aufgabe war, Bilder anzusehen, die bei Kontrollproband: innen eine starke Aktivierung der Amygdala erzeugen. Er sieht beispielsweise das Bild eines untergehenden Schiffes oder einer Hand mit einem großen Messer. Alex Honnolds Aufgabe ist es, eine Taste zu drücken, wenn er ein neues Bild sieht. Danach werden seine Gehirndaten ausgewertet. Die Wissenschaftlerin erklärt Alex Honnold, dass seine Amygdala während der Betrachtung der angstauslösenden Bilder fast keine Reaktion zeigte im Vergleich zu Kontrollproband: innen. Sie erklärt ihm, dass seine Amygdala funktioniert, aber eben eine sehr hohe Schwelle hat, bis sie reagiert. Linktipp | Der Filmausschnitt aus dem Film Free Solo, in dem die Amyg‐ dala von Alex Honnold untersucht wird, findet sich hier: https: / / ww w.youtube.com/ watch? v=tDR9lMDPA30. Emotionsauslösende Bilder werden unter anderem in der International Affective Picture System (IAPS), gesammelt: https: / / csea.phhp.ufl.edu/ m edia.html. Wie zeigt sich Angst im Blut? Im Nebennierenmark wird → Adrenalin ausgeschüttet und stellt sofort die nötige Energie bereit, um auf eine Gefahr zu reagieren. Über das Blut erreicht es die verschiedenen Organe, die dann wieder reagieren. Das vegetative Nervensystem trägt zur Erregung bei, indem der Sympathikus aktiv wird, während der Parasympathikus dagegen gehemmt wird. Das heißt, der Körper wird auf höchste Leistungsbereitschaft hochgefahren. Das Herz steigert seine Tätigkeit, der Puls und der Blutdruck steigen. Glukose wird freigesetzt zur Bereitstellung von Energie, mit der der Körper auf die Bedrohung reagieren kann. Die Tätigkeiten des Verdauungssystems werden gehemmt. Der Körper macht sich also insgesamt bereit für Angriff oder Flucht. Spannend ist an dieser Stelle, dass allein → Adrenalin im Blut noch nicht bestimmt, dass man Angst empfindet. In einer berühmten Studie von Schachter und Singer (1962) wurde einer Gruppe von Proband: innen 42 Angst? Frag doch einfach! eine Substanz injiziert, die Adrenalin im Blut ansteigen ließ, während eine andere Gruppe Salzlösung als Placebo injiziert bekam. Allen Proband: innen wurde erzählt, dass sie ein Vitaminpräparat bekämen. Die Proband: innen der Adrenalin-Gruppe zeigten wenige Minuten nach der Injektion bereits Anzeichen einer Sympathikus-Aktivierung, gemessen über einen erhöhten Puls. Einem Teil der Adrenalin-Gruppe wurde erzählt, dass ein Nebeneffekt der Vitaminspritze Erregungssymptome wie erhöhter Herzschlag sein kön‐ nen. Einem anderen Teil der Adrenalin-Gruppe wurde nichts erzählt. Nun kommt der spannende Teil des Experiments: Die Proband: innen wurden in einen angeblichen Warteraum mit einer anderen Person gebracht, die sich entweder fröhlich oder wütend verhielt. In der fröhlichen Bedingung fing die andere Person an, mit Papierkugeln zu werfen und Papierflieger zu basteln. Dabei ermunterte sie den Probanden mitzumachen. Schließlich tanzten sie sogar mit einem Hula-Hoop-Reifen. In der wütenden Bedingung dagegen beschwerte sich die andere Person darüber, dass sie sich eine Spritze geben lassen musste und fing widerwillig an, Fragebögen auszufüllen. Diese Fragebögen enthielten sehr persönliche und demütigende Fragen. Die Person regte sich zunehmend über die Fragen auf und wurde richtig wütend. Schließlich zerriss die Person sogar den Fragbogen und verließ wütend den Raum. Nun zu der Reaktion der eigentlichen Proband: innen. Diese wurden durch einen Einwegspiegel beobachtet und später zu ihren Emotionen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Proband: innen der Adrenalin- Gruppe, die keine Erklärung hatten für ihre körperliche Erregung, sich von der Stimmung der anderen Person im Warteraum anstecken ließen. Waren sie mit einer fröhlichen Person zusammen, waren sie fröhlicher. Waren sie dagegen mit einer wütenden Person zusammen, waren sie wütender. Daraus entstand die Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion, wobei der erste Faktor das physiologische Erregungsniveau ist und der zweite Faktor die Interpretation dieser Erregung. Beide sind notwendig, damit eine Emotion entsteht. In der Studie kommt zwar keine Angstbedingung vor, aber man kann sich leicht vorstellen, dass eine sehr ängstliche Person im Warteraum die Proband: innen möglicherweise dazu veranlasst hätte, sich auch ängstlicher zu fühlen. Entscheidend ist, dass die Proband: innen keine Erklärung für ihr erhöhtes körperliches Erregungsniveau haben und nach einer Erklärung suchen. In der Studie finden sie eine Erklärung über das Verhalten der anderen Person im Warteraum (Schachter & Singer, 1962). 43 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Die Studie steht jedoch stark in der Kritik, da sie zum einen nicht repliziert werden konnte, das heißt, es gab bisher keine weiteren Studien, die ähnliche Ergebnisse zeigten. Zum anderen sind die Ergebnisse aufgrund der geringen Stichprobengröße und weiterer methodischer Mängel nicht so belastbar, dass sie eine ganze Theorie der Emotion begründen können. Was man jedoch aus der Studie mitnehmen kann, ist, dass ein erhöhtes physiologisches Erregungsniveau allein nicht ausreicht, um das Gefühl von Angst zu erzeugen. Die Studie zeigt ebenfalls, dass es Einflussmöglichkeiten auf die Interpretation des körperlichen Erregungsniveaus gibt. So ist eine Technik zur Bewältigung von Angst die, dass ein erhöhter Herzschlag oder schweißnasse Hände uminterpretiert werden als Zeichen, dass der eigene Körper optimal gewappnet ist für bevorstehende Herausforderungen. Dann kann man die Erregungsgefühle als hilfreiche Signale deuten statt als Signale von Angst. Linktipp | Mehr zur Replizierbarkeit von Studien und speziell zur Studie von Schachter und Singer kann man im Replicability-Index-Blog nach‐ lesen: https: / / replicationindex.com/ 2019/ 02/ 24/ schachter-and-singer-1 962-the-experiment-that-never-happened/ . Welche Rolle spielt Cortisol im Blut? Ein zweiter relevanter Botenstoff in unserem Blut ist das → Cortisol. Unser Körper fängt in einer akuten angstauslösenden Situation an, Cortisol aus der Nebennierenrinde ins Blut auszuschütten. Es löst dabei das → Adrenalin ab, das kurzfristiger wirkt. Etwa 20 Minuten nach der akuten Stresssituation erreicht die Cortisolkonzentration im Blut ihr Maximum und sinkt danach normalerweise wieder ab. Cortisol wird generell als Stresshormon angese‐ hen, da es den Stoffwechsel aktiviert und dabei Energie bereitstellt. Cortisol wirkt darüber hinaus entzündungshemmend und immunsuppressiv. Es wird als gesund angesehen, einen starken Anstieg und Abfall von Cortisol in Stresssituationen zu zeigen. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel ist allerdings ungesund und tritt beispielsweise bei langanhaltendem → Stress oder → Depressionen auf. Cortisol übernimmt darüber hinaus auch eine weitere wichtige Aufgabe: Es weckt uns morgens, indem es zu der Uhrzeit, zu der wir normalerweise aufstehen, ein Tagesmaximum hat. Dadurch steht 44 Angst? Frag doch einfach! uns morgens Energie zur Verfügung. Über den Tag hinweg sinkt das Cortisol dann ab. Kann man von körperlichen Reaktionen direkt auf die Emotion schließen? Spannenderweise ist die Antwort hier Nein. Wie oben beschrieben kann beispielsweise ein erhöhter → Adrenalinspiegel, den wir im Blut mes‐ sen können, nicht eindeutig einer positiven oder negativen Emotion zugeordnet werden. Auch ein erhöhter Puls ist nicht eindeutig einer Emotion zuzuordnen. Wenn wir eine Verabredung mit einer attraktiven Person haben, klopft unser Herz schneller, aber auch, wenn wir Angst haben. Im Gehirn ist eine erhöhte Aktivität der → Amygdala meist mit Angst verbunden, die Aktivität anderer Gehirnareale ist dagegen auch nicht eindeutig einer Emotion zuzuordnen. → Cortisol, das wir beispielsweise im Speichel messen können, wird in Stresssituationen ausgeschüttet. Dabei kann → Stress sowohl bei positiven als auch bei negativen Emotionen auftreten. Das Wissen um die Tatsache, dass man von den körperlichen Reaktionen nicht direkt auf die Emotion schließen kann, bietet große Freiheit. So können Sie beim nächsten Mal, wenn Ihr Herz schneller schlägt und Sie die Aufregung in Ihrem Körper spüren, denken „Super, mein Körper stellt mir gerade sehr viel Energie zur Verfügung. Ich bin also kurz davor, etwas sehr Mutiges zu tun! “ 45 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Physiologische Reaktion Emotion EKG Blut Gehirn Cortisol Abbildung 4 | Eine bestimmte physiologische Reaktion, die beispielsweise über die Herz- und Gehirnaktivität oder über Stresshormone in Blut und Speichel gemessen wird, ist nicht eindeutig einer Emotion zugeordnet. So kann dieselbe körperliche Reaktion entweder freudige Aufregung oder Angst widerspiegeln. 46 Angst? Frag doch einfach! Wie beeinflusst Angst das Immunsystem? Wenn wir akut Angst empfinden, dann muss die gesamte Energie für die Bewältigung der wahrgenommenen Bedrohung zur Verfügung stehen. Wir müssen kämpfen oder wegrennen können. So kann man erklären, warum → Cortisol eine hemmende Wirkung auf das Immunsystem hat, denn das Immunsystem würde sonst möglicherweise zu viel Energie verbrauchen, die dann für den Nahkampf oder die überlebenswichtige Flucht fehlt. Um die eventuell entstandenen körperlichen Schäden kann sich das Immunsystem dann später kümmern, wenn die akute Bedrohung vorbei ist. Das Problem ist, dass die Dinge oder Situationen, vor denen wir heute → Angst haben, oft nicht durch Kampf oder Flucht zu bewältigen sind. Wir erleben also → Stress und Angst und unser Körper stellt große Mengen an körperlicher Energie bereit, die dann aber gar nicht gebraucht wird, da wir nicht in einen Nahkampf gehen oder weite Strecken rennen. Wenn wir zum Beispiel vor einer Jury aus Expert: innen eine schwierige Frage gestellt bekommen, brauchen wir die bereitgestellte Energie für körperliche Höchstleistung nicht, sondern höchstens die Energie zum Nachdenken über die schwierige Frage. Nachdenken allerdings funktioniert bei großem Stress weniger gut. → Adrenalin und Cortisol verbleiben also im Körper und werden nicht durch die akute Nutzung der Energie abgebaut. Deshalb ist es zum Beispiel ratsam, nach einer wichtigen Prüfung Sport zu machen, damit der Körper die bereitgestellte Energie verbrauchen kann und der Stress so abgebaut wird. Bei chronischem Stress stellt sich der Körper darauf ein, dass dauerhaft viel Cortisol ausgeschüttet wird und reagiert dann weniger stark auf das Cortisol. Christine Heim und Kollegen beschreiben, dass es bei chronischem Stress auch zu einer geringeren Cortisolausschüttung kommen kann. Daraufhin fehlt dem Immunsystem dann die Hemmung und es kann zu chronischen Entzündungen oder anderen Überreaktionen des Immunsystems wie Asthma oder Allergien kommen (Heim et al., 2000). Chronischer Stress ist generell ein Faktor, der andere Krankheiten bedin‐ gen kann. Die zugrundliegenden körperlichen Zusammenhänge dazu sind sehr komplex. Aber nicht umsonst gibt es bei fast jeder Erkrankung ein sogenanntes Vulnerabilitäts-Stress-Modell, das besagt, dass eine gewisse Neigung zu einer Erkrankung zusammen mit Stress zum Ausbruch der Erkrankung führen kann. Robert Sapolsky, Neuroendokrinologe an der Stanford University in Kali‐ fornien, beschreibt dies sehr unterhaltsam in seinen Büchern und Vorträgen. 47 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt In seinem seiner Bücher beschreibt er, warum Zebras keine Krebsgeschwüre bekommen und argumentiert, dass es für Zebras um alles oder nichts geht. Wenn sie mit einer Stresssituation wie einem jagenden Löwen konfrontiert sind, werden sie entweder gefressen oder sie entkommen und leben weiter als wäre nichts gewesen. Menschen jedoch empfinden Stress auch, wenn sie an vergangene oder zukünftig mögliche Gefahren denken. Sapolsky argu‐ mentiert hier, dass Tiere, die in der Nahrungskette weiter oben stehen, eher Krebsgeschwüre bekommen als Tiere, die weiter unten in der Nahrungskette stehen. Als Menschen stehen wir weit oben in der Nahrungskette, leben aber weltweit in unterschiedlichen Umständen. In einem Vortrag zum Thema bringt er das Beispiel, wie unsinnig sich das Laufen eines kalifornischen Athleten für einen Marathon ohne jede existenzielle Notwendigkeit für eine Person in der Kalahari anhört, die mit großen körperlichen Anstrengungen und Gefahren jagen muss, um den täglichen Nahrungebedarf zu decken. Link- und Literaturtipp | Sapolskys Argumentation ist nachzulesen in seinem Buch „Why Zebras Don’t Get Ulcers“ (2004). Sein Vortrag zum Thema findet sich hier: https: / / www.youtube.com/ watch? v=-yLKj62 B0_Y Was sind äußerlich sichtbare Anzeichen von Angst? Der typische Angstausdruck ist ein Gesicht mit weit aufgerissenen Augen, die Muskeln des Körpers sind angespannt. Die Atmung ist schnell und flach. Oft sieht man auch ein Zittern oder Schwitzen des Körpers. Der Angstschweiß riecht auch etwas anders als beispielsweise Schweiß während sportlicher Aktivität, er hat dadurch eine alarmie‐ rende Funktion. Menschen, die Angstschweiß riechen, tendieren dazu, ebenfalls Angst zu empfinden (Prehn-Kristensen et al., 2009). Ein weiteres äußerlich beobachtbares Anzeichen von Angst ist das Erstarren. Bei Mäusen und Ratten ist das die normalerweise auftre‐ tende Reaktion, wenn sie im Rahmen von Furchtkonditionierungsex‐ perimenten einen Stromschlag erhalten. Weitere Verhaltensweisen in angstauslösenden Situationen sind Angriff oder Flucht. Welches Verhalten genau gezeigt wird, liegt an der jeweiligen Situation und 48 Angst? Frag doch einfach! den beteiligten Akteuren. Ein generell ängstlicher Mensch wird eher dazu neigen, die Flucht zu ergreifen, während ein weniger ängstlicher Mensch eher den Angriff wagt. In bestimmten Situationen, wie zum Beispiel einer Naturkatastrophe wie einem Tsunami, ist jedoch nur die Flucht hilfreich. Was sind Angstgefühle? Das Wort Angst kommt vom Wort Enge. Angst fühlt sich beklemmend an. Angst kann aber auch Kräfte freisetzen und das fühlt sich weniger beklem‐ mend an. Ein bekannter Fragebogen zu Angstgefühlen, genannt STAI (State- Trait Anxiety Inventory), beinhaltet Items wie „Ich bin beunruhigt“, „Ich bin nervös“ und „Ich bin verkrampft“. Hier spiegeln sich die wahrgenommenen körperlichen Reaktionen wider (Spielberger et al., 1983). Um die Gefühle zu beschreiben, die bei Angst eine Rolle spielen, helfen Bilder. Edvard Munch, der norwegische Maler, stellte Angst oft als eine undefinierbare dunkle Masse dar. In seinem Bild „Angst“ sieht man auf der linken Seite blasse Gesichter mit weit aufgerissenen Augen, während auf der rechten Seite eine undefinierbare dunkle Fläche zu sehen ist. Es könnte ein Baum oder etwas ähnliches sein, oder aber etwas Unheimliches und Bedrohliches. Diese Undefinierbarkeit ist das Erschreckende, man kann es nicht genau fassen, es ist dunkel und unheimlich. Das Bild existiert in verschiedenen Varianten, die beiden Elemente sind dabei immer zu sehen. Das Gefühl der Angst ist also ein dunkler, undefinierbarer Bereich, den wir nicht so richtig fassen können, der uns in seiner Unkontrollierbarkeit Angst macht. Hier kann man schon einen Therapieansatz herleiten. Denn wenn diese undefinierbare Angst greifbarer wird, indem wir sie genau anschauen und sie eben nicht vermeiden, kann sie ihre beängstigende Wirkung verlieren. Was ist der Unterschied zwischen Angst und Furcht? Angst ist ein länger anhaltendes Gefühl einer diffusen Gefahr, während → Furcht einen spezifischen Auslöser hat. Daneben gibt es noch die 49 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Unterscheidung zwischen bewussten und unbewussten Angstgefühlen. Man geht davon aus, dass gefährliche Reize oder Situationen sehr schnell Angst auslösen, die aber nicht bewusst sein muss. Zum Beispiel gibt es Berichte, dass Personen plötzlich einen Sprung machten und danach erst realisierten, dass sie damit einer akuten Gefahr ausgewichen sind, wie einem Fahrzeug. Viele Studien zu Angst und Furcht werden auch bei Tieren, vor allem Mäusen und Ratten gemacht. Dort weiß man nicht, was diese Tiere bewusst empfinden, man kann lediglich ihr Verhalten beobachten. Diese Fragen kann man sehr breit diskutieren, ich möchte hier nur einen Denkanstoß geben. Was ist der Unterschied zwischen Angst und Stress? Viele der oben beschriebenen körperlichen Reaktionen auf eine gefährliche Situation wie die Ausschüttung von → Adrenalin oder → Cortisol sind ty‐ pische Stressreaktionen. Angst kann als Teil von → Stress begriffen werden. Um den Zusammenhang zwischen Stress und Angst zu verstehen, stelle ich hier das Modell des Psychologen Richard Lazarus vor. Sein Modell nennt sich transaktionales Stressmodell. Er veröffentlichte dieses Modell 1984 in einem Buch zusammen mit Susan Folkman. Dort beschreiben die beiden Wissenschaftler, welche Bewertungsprozesse ablaufen, wenn eine Person auf eine potenziell stressauslösende Situation trifft. Die größte Neuheit in dem Modell war, dass eine bestimmte Situation oder ein bestimmter Reiz nicht generell Stress auslöst, sondern es auf die subjektive Bewertung der Situation oder des Reizes ankommt. Zwischen Stressor und Stressreaktion findet also ein Bewertungsprozess statt, der für jede Person unterschiedlich ausfallen kann. So ist eine bestimmte Situation für die eine Person stressig, für die andere jedoch nicht. Schaut man sich die einzelnen Stufen in diesem Modell genauer an, so kommen hier zunächst Reize aus der Umwelt an. Eine Person sieht, hört, riecht und fühlt, was um sie herum geschieht. Die Reize werden hier bereits gefiltert, es werden also bestimmte Reize mit besonders großer Aufmerksamkeit erfasst, während andere Reize gar nicht weiter beachtet werden. Nach diesem ersten Wahrnehmungsfilter findet der erste von drei Bewertungsprozessen statt, den Lazarus primary appraisal nennt. Die wahrgenommenen Situationen oder Reize werden in drei Kategorien einge‐ 50 Angst? Frag doch einfach! ordnet: positiv, gefährlich oder irrelevant. Für uns ist natürlich die Kategorie „gefährlich“ interessant. Wenn eine Situation als gefährlich eingestuft wurde, gibt es wieder drei Möglichkeiten. Entweder ist die Situation eine Herausforderung, die als bewältigbar eingestuft wird, oder sie bedeutet eine mögliche Bedrohung in der Zukunft oder die Situation hat bereits zu Schaden oder Verlust geführt. Danach findet der zweite Bewertungsprozess statt, das secondary appraisal. Hier geht es vor allem darum, ob die eigenen Ressourcen ausreichen, um mit der Situation umzugehen. Die Situation kann aufgrund von mangelnden Ressourcen als nicht bewältigbar oder, bei ausreichenden Ressourcen, als bewältigbar eingestuft werden. Nur eine Situation, die als nicht bewältigbar eingestuft wird, löst → Stress aus. Auf den Stress wird nun mit Bewältigungsstrategien reagiert, die entweder problemorientiert oder emotionsorientiert sind. Es wird also entweder die Situation selbst geändert oder es wird die Emotion bezüglich der Situation geändert. Nun folgt der dritte und letzte Bewertungsprozess, das reappraisal. Aufgrund der gemachten Erfahrungen können Stressoren nun neu bewertet werden. Hier spielen auch Lerneffekte wieder eine Rolle (Lazarus & Folkman, 1984). Angst entsteht also, wenn eine Situation als gefährlich bewertet wird und ist somit ein Bestandteil der Stressreaktion. Die Emotion Angst hilft kurzfristig dabei, die angemessenen Bewältigungsstrategien zu aktivieren und langfristig stellt sie die Filterfunktionen der Umweltreize so ein, dass die gefährlichen Reize besonderes Gewicht bekommen. Das ist ein Mechanismus, der uns vor vielen Gefahren schützt, aber der natürlich auch anfällig ist für Fehldeutungen. Unser Körper gibt dabei lieber einmal zu oft ein Alarmsignal als einmal zu wenig, denn das eine Mal könnte ja das ent‐ scheidende Mal sein. Es ist aber auch möglich, die eigenen automatischen Reaktionen zu ändern, indem man lernt, dass bestimmte Situationen oder Reize doch nicht gefährlich sind. Unser Körper ist da natürlich skeptisch, schließlich geht er gerne auf Nummer sicher, um Leib und Leben zu schützen. Das ist auch sehr ehrenwert. Nur bedeutet das manchmal, dass Angst zur Belastung werden kann, genauso wie chronischer Stress. Die gute Nachricht aus dem transaktionalen Stressmodell ist, dass Stress von der Bewertung abhängt. Und die Bewertung wiederum kann geändert werden. Das Modell eröffnet also bereits einen Lösungsansatz, wie Stress reduziert werden kann. 51 Wie Angst entsteht und wie sie sich messen lässt Wie können Angehörige bei Angst helfen? Für Angehörige ist es nicht einfach, Angstpatient: innen zu helfen. Oft ist zunächst schon die Diagnose, dass es sich um eine → Angststörung handelt, eine Erleichterung. Dazu gehört dann auch, dass sich Betrof‐ fene Hilfe bei einer Therapeutin suchten. Das ist oft der erste und wichtigste Schritt. Sich Hilfe zu suchen kann eine große Überwindung bedeuten, führt aber meist zu einer baldigen Besserung. Der Partner kann hier lernen, wie Mechanismen der Angst ablaufen und kann dann entsprechend darauf reagieren und den Betroffenen unterstützen. Das bedeutet oft auch, der oder dem Betroffenen nicht alles abzunehmen. Im Gegenteil, Angstpatient: innen sollen dazu ermutigt werden, Dinge selbst zu erledigen. Nur, wenn sie es absolut nicht schaffen, kann geholfen werden. Linktipp | Wie ein Angehöriger seine Partnerin, die an einer Angst‐ störung leidet, unterstützt, kann man sich beispielhaft ein einem Video der Stiftung Gesundheitswissen ansehen. Darin berichtet ein Angehö‐ riger, wie stolz seine Partnerin ist, wenn sie eine ihr unmöglich erschei‐ nende Aufgabe selbst bewältigt hat. Er unterstützt seine Partnerin auch, indem er ihr Sicherheit und Rückhalt gibt. Gemeinsam unternehmen sie jetzt auch Ausflüge in andere Städte. Dadurch gewinnt die Partnerin Selbstvertrauen und wagt auch andere Dinge zu tun, die ihr vorher Angst gemacht haben. https: / / www.stiftung-gesundheitswissen.de/ mediathek/ videos/ angststoerung/ angststoerungen-erfahrungsbericht -eines-angehoerigen-frank-schulz. 52 Angst? Frag doch einfach! Folgen ängstlichen Verhaltens Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, was Angst mit uns macht und wie es möglich ist, Angst in etwas Positives umzuwandeln. Treffen ängstliche Personen andere Entscheidungen? Ja. Ängstliche Personen treffen weniger riskante Entscheidungen und denken mehr über ihre Entscheidungen nach, während sie sie treffen. Dies konnte ich zusammen mit Kolleg: innen bei einer Studie feststellen. Dazu haben wir Personen mit sehr hoher Angst und Personen mit sehr niedriger Angst identifiziert und dann verglichen. Dabei haben wir den oben beschriebenen Fragebogen STAI (State-Trait Anxiety Inventory) verwendet, in dem Angstgefühle abgefragt werden. Die Proband: innen spielten ein Risikospiel, bei dem sie sich in jeder Runde zwischen einer riskanten und einer weniger riskanten Alternative entscheiden mussten. Die riskante Alternative war: „Gewinne 11 Cent oder 0 Cent“, während die am wenigsten riskante Alternative Folgendes war: „Gewinne 6 Cent oder 5 Cent“. Während die Proband: innen das Spiel spielten, maßen wir ihre Gehirnaktivität mit dem Elektroenzephalogramm. Wir fanden heraus, dass sich ängstliche Proband: innen eher für die weniger riskante Alternative entschieden als die Nichtängstlichen, sie waren also weniger risikofreudig. Spannenderweise war auch die Gehirnaktivität kurz vor der Entscheidung unterschiedlich. Dort konnte man sehen, wie viel kognitive Kontrolle die Proband: innen aufwendeten. Dachten sie viel über die Entscheidung nach? Wir entdeckten, dass die ängstlichen Proband: innen mehr kognitive Kontrolle aufwendeten, während sie ihre Entscheidung trafen als die nichtängstlichen Proband: innen. Es war sogar so, dass die Ängstlichkeit das Ausmaß an kognitiver Kontrolle vorhersagte und diese wiederum das Ausmaß an Risikoscheu. War also ein Proband oder eine Probandin sehr ängstlich, hatte er oder sie viel kognitive Kontrolle und entschied sich eher für die weniger riskante Alternative (Schmidt et al., 2018). Hemmt Angst unsere kognitive Leistungsfähigkeit? Angst steigert die körperliche Leistungsfähigkeit, damit wir kämpfen oder weglaufen können. Wie sieht es aber mit unserer kognitiven Leis‐ tungsfähigkeit aus? Hier gibt es spannende Befunde zu Prüfungsangst. Über sehr viele Studien hinweg zeigt sich beispielsweise, dass unsere kognitiven Leistungen in einer Mathematikprüfung schlechter sind, 54 Angst? Frag doch einfach! wenn wir Prüfungsangst haben. Hier gibt es einen stabilen linearen Zusammenhang: Je mehr Angst in der Matheprüfung, desto schlechter die Leistung in der Matheprüfung (Barroso et al., 2021). Natürlich ist hier wieder zu bedenken, dass ein solcher Zusammenhang noch keine Kausalität bedeutet. So ist es beispielsweise denkbar, dass Personen vor dem Fach Mathematik besonders viel Angst haben, weil sie im Fach Mathematik generell schlechter sind. Es zeigt sich jedoch, dass, wenn man die Angst in der Prüfung reduziert, die Leistungen besser werden. Das wiederum deutet auf einen kausalen Zusammenhang hin. Es scheint so zu sein, dass die Angst in der Prüfungssituation nicht hilft, um die Art der Aufgaben, wie sie in einer Mathematikprüfung zu erle‐ digen sind, besser zu bewältigen. Die Angst macht unseren Körper bereit zu kämpfen oder wegzulaufen, aber nicht, um eine Mathematik Aufgabe korrekt zu lösen. Spannend ist es in dieser Hinsicht, auf andere Leis‐ tungssituationen zu schauen, in denen vorwiegend körperliche Leistung abverlangt wird wie bei einem sportlichen Wettkampf. Dort gibt es das choking-under-pressure-Phänomen, also das Problem zu versagen, wenn es darauf ankommt. Das Internet ist voll von Videos von Golfprofis, die einen ganz einfachen Schlag in einem Wettkampf einfach nicht mehr hinbekommen und es wieder und wieder versuchen, bis der Golfball endlich im Loch ist. Oder Fußballer, die einen entscheidenden Elfmeter nicht ins Tor bekommen, obwohl alle Voraussetzungen dafür perfekt sind. Auch Musikerinnen und Musiker kennen dieses Phänomen. Ein Musikstück zu Hause oder in der Probe zu spielen ist etwas ganz anderes, als es im Konzert zu spielen, wenn es darauf ankommt. Viele Sportlerinnen und Sportler sowie Musikerinnen und Musiker berichten hier, dass ein gewisses Maß von Angst oder körperlicher Erregung die Leistung positiv beeinflusst. Wird die Angst oder körperliche Erregung jedoch zu groß, dann wird die Leistung schlechter. Diese Funktion nennt man Yerkes-Dodson-Gesetz. Dieses Gesetz beschreibt die kognitive Leistungsfähigkeit als Funktion der körperlichen Erregung. Dieser Zu‐ sammenhang folgt einer umgekehrten U-Form. 55 Folgen ängstlichen Verhaltens Abbildung 5 | Zusammenhang zwischen Erregungsniveau und Leistungsfähigkeit nach dem Yerkes-Dodson-Gesetz (eigene Darstellung nach Yerkes, Dodson, 1908). Die höchste Leistungsfähigkeit wird bei einem mittleren Erregungsniveau erreicht, während zu niedrige oder zu hohe Erregung einen Leistungsabfall bedeuten. Dabei hat jede Person ihr individuelles optimales Erregungsniveau. Ist die körperliche Erregung gering, ist auch die kognitive Leistungsfä‐ higkeit gering. Steigt die körperliche Erregung an, steigt auch erstmal die kognitive Leistungsfähigkeit an, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Nach diesem Punkt, der das optimale körperliche Erregungsni‐ veau für eine bestimmte Person darstellt, fällt die kognitive Leistungs‐ fähigkeit wieder ab. Geht die körperliche Erregung über den optimalen Wert hinaus, so leidet die kognitive Leistungsfähigkeit. Das Ziel ist also, ein optimales körperliches Erregungsniveau zu erreichen, um in Situationen, in denen es darauf ankommt, optimale Leistung bringen zu können. Das geht zum Beispiel mit mentalem Training und auch → Hypnose. Die Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage ist also, dass Angst ab einem bestimmten körperlichen Erregungsniveau die kognitive Leis‐ tungsfähigkeit hemmt. 56 Angst? Frag doch einfach! Hängen Angst und Schmerz zusammen? Diese Frage lässt sich mit Ja beantworten. Bei Schmerz muss man jedoch zu‐ nächst zwischen akutem Schmerz und chronischem Schmerz unterscheiden. Akuter Schmerz tritt meist unerwartet auf, während chronischer Schmerz langfristig entsteht. Akuter Schmerz ist sehr wichtig, da er uns auf eine Verletzung aufmerksam macht, um die wir uns sofort kümmern müssen. Chronische Schmerzen treten über einen längeren Zeitraum hinweg oder in einer gewissen Regelmäßigkeit auf. Meist liegt keine körperliche Ursache in Form einer Verletzung oder ähnlichem vor. Bei der Entstehung von chronischem Schmerz spielen viele psychologische Prozesse eine Rolle. Ein wichtiger Einflussfaktor auf chronischen Schmerz ist Angst. In einer Metaanalyse von Kendra Ocanez und Kollegen wird der Zusammenhang zwischen der sogenannten Angstsensitivität und Schmerzen sogar als sehr groß beschrieben. Ängstlichere Personen haben dabei mehr Angst vor Schmerzen und vermeiden dadurch auch alles, was die Schmerzen erzeugen könnte. Dadurch werden die Schmerzen jedoch noch stärker und durch das Vermeidungsverhalten entstehen weitere Probleme. Ein Mechanismus dahinter ist wohl, dass ängstliche Personen Körpersignale eher negativ be‐ werten und dadurch verstärken. Wenn beispielsweise der Rücken schmerzt, würde eine ängstliche Person denken „Das könnte ein Bandscheibenvorfall sein, ich sollte mich also unbedingt schonen und hinlegen“, während eine weniger ängstliche Person vielleicht denkt „Ich könnte mal wieder Yoga machen, das tut meinem Rücken gut“. Die Rückenmuskulatur wird durch das Hinlegen geschwächt, durch das Yoga gestärkt. Daraus folgt eine langfristige Verschlechterung der Rückenschmerzen bei der ängstlicheren Person, während die weniger ängstliche Person die Rückenschmerzen durch Yoga langfristig reduziert. Für die Therapie von chronischen Schmerzen bedeutet das, dass auch an der emotionalen Bewertung der Körpersignale gearbeitet werden sollte. Wichtig dabei ist auch, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht vermieden werden. Dabei können sogenannte Schonhaltungen entstehen, die den Schmerz langfristig verschlimmern. Spannend sind dabei die Parallelen bei der Entstehung und Aufrechter‐ haltung von Angst und chronischem Schmerz. Bei beiden spielen Lerner‐ fahrungen eine große Rolle. Und bei beiden ist die → Vermeidung der angstauslösenden oder schmerzauslösenden Situation ein Hauptmerkmal, das dazu führt, dass die Beschwerden stärker werden (Ocanez et al., 2010). 57 Folgen ängstlichen Verhaltens Welchen Einfluss hat Angst auf die Motivation? Ein charakteristisches Symptom von Angst ist, dass der angstauslösende Reiz vermieden wird. Natürlich wird hier nicht nur der Reiz vermieden, sondern alle Situationen, in denen der Reiz auftreten könnte. Wenn man die Richtung der Motivation betrachtet, geht es also um → Vermeidung. Das Gegenteil davon wäre, sich aktiv einer Sache oder Situation anzunähern. Im Englischen nennt man Vermeidung prevention und die Annäherung promotion. Das Konzept von prevention und promotion geht zurück auf Tory Higgins, Professor an der Columbia University in New York City. Er nennt seine Theorie „regulatory focus theory“. Für ihn ist es ein hedonisches Prinzip: Wir möchten Freude haben und Schmerz vermeiden. Jeder von uns hat beide Tendenzen in sich. Sie zeigen sich je nach Situation. Es gibt jedoch auch generelle Tendenzen, eher den einen oder den anderen Fokus zu haben. So neigen ängstliche Personen eher zur Vermeidung, sie wollen eher unangenehme Dinge oder Situationen vermeiden als positive aufsuchen. Tory Higgins spricht auch von einer Passung von Fokus und Ziel. Ist das Ziel, eine bedrohliche Situation zu vermeiden, stellt sich der prevention focus ein. Ist das Ziel, eine angenehme Situation zu erreichen, ist der promotion focus gefragt (Higgins 1998). Personen, die eher zum promotion focus neigen, werden beispielsweise eine Situation, in der sie im Mittelpunkt stehen und sich präsentieren müssen, als Möglichkeit sehen, einen guten Eindruck zu machen und das eigene Ansehen zu steigern. Personen, die eher zum prevention focus neigen, werden eine solche Situation eher als Gefahr sehen, öffentlich gedemütigt zu werden und zu versagen. Damit verbunden sind verschiedene mentale Prozesse. So stellt sich beispielsweise eine Person mit promotion focus vor, wie sie sich mit vor Stolz geschwellter Brust vor dem Publikum präsentiert, während eine Person mit prevention focus sich Gedanken macht, in welcher Kleidung ihre möglichen körperlichen Makel am besten kaschiert werden. Die Übereinstimmung des motivationalen Fokus und eines externen Reizes wird als positiv empfunden. So ist beispielsweise Werbung für Personen mit prevention focus darauf ausgerichtet, Gefahren zu vermeiden (wie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zur Vermeidung von Mangelerscheinungen). Für Personen mit promotion focus hingegen weist Werbung eher auf einen Zugewinn von Energie hin (also die Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Vitamine). Stimmen die Botschaft und der 58 Angst? Frag doch einfach! motivationale Fokus überein, fühlt es sich für die Person gut an und sie fühlt sich angesprochen. Dies ist auch relevant, wenn man an Politik denkt. Auch hier werden die Botschaften am motivationalen Fokus der Zielgruppe ausgerichtet. Ist die Zielgruppe verängstigt, weil sie beispielsweise um ihren Arbeitsplatz fürchtet, starken Belastungen ausgesetzt ist oder die Gesundheit bedroht ist, sind Botschaften erfolgreich, die die Gefahren reduzieren wollen. Führt Einsamkeit zu Angst? Es gibt Forschungsbefunde, die darauf hindeuten, dass Einsamkeit Angst und → Depression bedingen kann. In Israel wurde in der Phase der sozialen Isolation während der Coronapandemie eine Studie durchgeführt, die genau diesen Zusammenhang als Ergebnis gefunden hat. Dabei ist natürlich schwer zu sagen, ob ängstliche Personen eher einsam sind oder ob Einsamkeit ängstlich macht. Da die Isolationsmaßnahme in Israel eine Art vorgeschriebene Einsamkeit darstellte, kann man vermuten, dass tatsächlich die Einsamkeit Angst bedingt (Palgi et al., 2020) In einem Überblicksartikel gehen Danilo Bzdok und Robin Dunbar der Neurobiologie der sozialen Distanz nach. Sie tragen dort Ergebnisse zusam‐ men, die ebenfalls nahelegen, dass Einsamkeit und Angst zusammenhängen. Das Zusammenleben in Gruppen ist für Menschen überlebenswichtig und soziale Isolation ist demnach eine Gefahr. Die Isolation während der Coro‐ napandemie stellt den Autoren zufolge eine starke Gefährdung des Wohl‐ befindens dar, die sich negativ auf psychische und physische Gesundheit auswirkt (Bzdok & Dunbar, 2020). 59 Folgen ängstlichen Verhaltens Abbildung 6 | Einsamkeit verstärkt Angst, während die Zugehörigkeit zu einer Gruppe Angst reduziert. 60 Angst? Frag doch einfach! Es ist daher sehr wichtig, Wege zu finden, auch in Zeiten der vorgeschrie‐ benen sozialen Distanzierung ein stabiles soziales Netz zu haben. Gerade ältere Menschen mussten während der Coronapandemie soziale Kontakte vermeiden und leiden stark unter der Einsamkeit. Als Anregung möchte ich von einer Aktion erzählen, die alte Menschen über das Telefon mit anderen Menschen verbindet, die für sie sogenannte „Telefonengel“ sind. Diese Telefonengelaktion fand während der Coronapandemie in vielen deutschen Städten statt und brachte dabei die alten Personen auf Basis der angegebenen Interessen und Vorlieben mit anderen Menschen zusammen, die dann regelmäßig über Telefon Kontakt hatten. So war die Einsamkeit nicht mehr so stark, teilweis entstanden richtige Freundschaften. Eine weitere schöne Aktion gegen die Einsamkeit ist der Zuhörkiosk in der U-Bahn-Station Emilienstraße in Hamburg. Zunächst mietete sich der Drehbuchautor Christoph Busch in diesen Kiosk direkt am Bahnsteig ein, um zu schreiben und um sich von Geschichten der Passantinnen und Passanten inspirieren zu lassen. Daraus wurde ein erfolgreiches Projekt, in dem es nun mehrere Zuhörerinnen und Zuhörer gibt, da das Angebot so großen Zuspruch fand. Die vorbeikommenden Personen können einfach in den Zuhörkiosk eintreten und ihre Geschichte erzählen. Dabei hört der Gegenüber zu und stellt gegebenenfalls auch mal eine Frage. Das Ganze läuft unter dem Schutz der Anonymität ab, was zusätzliches Vertrauen schafft. Christoph Busch erzählt vom großen Bedürfnis der Menschen, ihre Geschichte zu erzählen und dabei jemanden zu haben, der ihnen zuhört. Betroffene von → Angststörungen neigen dazu, sich durch das Ver‐ meiden aller möglichen potenziell angstauslösenden Situationen selbst zu isolieren. Dabei kreisen sie in ihren Gedanken um sich und ihre Probleme, die Angst wird dadurch noch stärker. Dagegen hilft das Aufgefangen-Sein in einer Gruppe, die zum einen auf andere Gedanken bringt und zum anderen emotionalen Rückhalt gibt. Der Aufmerksamkeitsfokus ist dann mehr nach außen als nach innen gerichtet und die Angst lässt nach. Linktipp | Mehr über die Telefonengelaktion gibt es hier: https: / / retla.o rg/ telefonengel/ . Und in diesem Radiobeitrag von Deutschlandfunk Kul‐ tur erzählt Christoph Busch von seinem Zuhörkiosk: https: / / www.deut schlandfunkkultur.de/ christoph-buschs-zuhoer-kiosk-es-hoert-einem-j a-keiner-mehr.4004.de.html? dram: article_id=503687. 61 Folgen ängstlichen Verhaltens Kann man mit Angst Politik machen? Die Antwort ist leider einfach und klar: Ja, und zwar sehr gut. Wenn Menschen Angst haben, dann wollen sie Sicherheit. Und das sogar, wenn diese vermeintliche Sicherheit Einschränkungen der eigenen Freiheit bedeutet. Ich schreibe diesen Abschnitt einen Tag vor der Bundestagswahl 2021. In Jena sehe ich Plakate der AfD, auf denen beispielsweise steht: „Ich liebe die Nacht, aber nicht den Nachhause‐ weg. Für sichere Städte.“ Darauf abgebildet ist eine junge Frau, die im Dunkeln steht und sich ängstlich umblickt. Die Botschaft ist klar: Wir wollen mehr Sicherheit. Das bedeutet mehr Polizei, strengere Regeln und so weiter. Die Frau ist schwach und ängstlich, sie wollte feiern, hat aber am Ende Angst vor dem Heimweg. Diese Botschaft spricht auf eine emotionale Art an, der man sich schwer entziehen kann. Den Zusammenhang von Angst und Politik thematisiert auch ein Video von Deutschland3000. Dort werden die Mechanismen noch ein‐ mal aufgezeigt: Es wird zuerst Angst gemacht und dann kommt das Bedürfnis nach Sicherheit, zum Beispiel durch mehr Polizei und mehr Videoüberwachung. In dem Kinofilm „Je suis Karl“ wird sehr anschaulich gezeigt, wie anziehend solche Versprechen von Sicherheit sind. Ein Mittel, das Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung zu erhöhen, ist in diesem Film die bewusste Provokation von Angst. Der Hauptdarsteller Karl liefert als Paketzusteller verkleidet eine Bombe aus, die dann in einem Wohnhaus in Berlin explodiert und eine Familie bis auf Vater und Tochter tötet. Karl spürt die völlig verängstigte und traumatisierte Tochter auf und vermittelt ihr das Gefühl von Sicherheit. Dadurch bringt er sie dazu, öffentlich für eine rechte Bewegung aufzutreten, was eine starke Wirkung auf die Anhänger der rechten Bewegung hat. In dem aktuellen Buch „Die Verlockung des Autoritären“ schreibt die Historikerin Anne Appelbaum über rechte Tendenzen in Europa und den USA. Anne Applebaum ist eine bekannte Journalistin und hat viele internationale Kontakte zu Politikern. Sie porträtiert in ihrem Buch Personen, die sie häufig zunächst als Freunde gesehen hat. Dann aber fand ein Gesinnungswandel statt. So beschreibt sie die persönliche Ent‐ wicklung von Boris Johnson, der den Brexit vorantrieb. Sie beschreibt auch, wie Freunde von ihr prominente Anhänger der polnischen PIS Partei wurden. Sie stellt dabei auch heraus, wie Narrative gezielt 62 Angst? Frag doch einfach! eingesetzt werden, damit die Menschen Angst bekommen und sich eine starke Hand wünschen, häufig in Verbindung mit einem starken weißen Mann an der Regierungsspitze. In allen genannten Beispielen wird deutlich, dass Angst ein Mittel ist, um eine autoritäre, patriarchalische Regierung zu etablieren. Das ist auch für Frauen hochproblematisch, weil ihnen in solchen Systemen keine gleichberechtigte Rolle zukommt. Sie sind dabei die zu schützen‐ den schwachen Mitglieder der Gesellschaft, bleiben eher zu Hause, kümmern sich um die Familie. Der Familienvater kümmert sich dann um die Versorgung seiner schutzbedürftigen Frau und seiner Kinder. Große Probleme wie der Klimawandel und die Entwicklung der inter‐ nationalen Gemeinschaft treten dabei in den Hintergrund. Die Tendenz geht eher dahin, sich abzuschotten, die Grenzen dicht zu machen und im eigenen Land für Sicherheit zu sorgen. Hier sind wir motivational ganz klar im prevention focus (siehe Frage „Welchen Einfluss hat Angst auf Motivation? “) Hier ist kein Platz für große Ideen, für Innovation und konstruktive Problemlösungen mit Verantwortung über den eigenen Tellerrand hinaus. Hier geht es um die Absicherung des unmittelbaren Umfelds um jeden Preis. Und dazu sind die Menschen nur bereit, wenn sie Angst haben. Aus meiner Sicht ist es deshalb hilfreich, sich klarzumachen, woher die Angst kommt, die man empfindet. Es kann sein, dass es ein politisches Interesse daran gibt, Angst zu erzeugen. Angst macht gefügig und man akzeptiert auch die Beschränkung der eigenen Freiheit zugunsten vermeintlicher Sicherheit. Das bewusste Erzeugen von Angst ist sehr negativ für diejenigen, denen Angst gemacht wird. Aber jeder einzelne von uns ist immer in der Lage, solche Beeinflussungsversuche zu erkennen und sich diesen zu widersetzen. Linktipp | Das Video „Politik statt Angst“ von Deutschland3000 mit Eva Schulz findet sich auf YouTube: https: / / www.youtube.com/ watch? v= TphuA6aC0X4. Einen kurzen Einblick in den Film „Je suis Karl“ erhält man mit dem Trailer: https: / / www.youtube.com/ watch? v=oFQel_8S Z6M. Hier ein Radiobeitrag von Deutschlandfunk Kultur aus dem Jahr 2021 zu dem Buch „Die Verlockung des Autoritären“ von Anne Applebaum: h 63 Folgen ängstlichen Verhaltens ttps: / / www.deutschlandfunkkultur.de/ anne-applebaum-die-verlockun g-des-autoritaeren-starke.950.de.html? dram: article_id=493494. Kann man mit Angst Produkte verkaufen? Auch hier ist die Antwort ein eindeutiges Ja. Zur Verdeutlichung eine Situa‐ tion, die sicherlich jede und jeder von uns kennt: Der Versicherungsvertreter ruft an und möchte über mögliche Versicherungen sprechen. Oft fallen dabei ganz nebenbei Sätze wie „Wenn Sie dann an einer ernsthaften Erkrankung leiden wie Krebs“ oder „Jetzt sind Sie noch gesund, da sind die Beiträge noch besonders günstig“. Damit werden Szenarien der Angst entworfen, um die Versicherungsnehmer: innen dazu zu bringen, weitere Versicherungen abzuschließen. Selbst wenn man diese „Masche“ durchschaut, bleibt doch oft ein Gefühl der Unsicherheit zurück, ob die eine oder andere Versicherung nicht doch sinnvoll gewesen wäre. Denn in dem Verkaufsgespräch werden Ängste und Sorgen aktiviert. Dies wirkt am besten, wenn die Risiken möglichst schwammig bleiben. Denn Ungewissheit macht Angst. Der Verkäufer sug‐ geriert also dem Kunden, dass er, wenn er das von ihm gemachte Angebot nicht annehmen sollte, auf etwas verzichtet. Dass er etwas riskiert, wenn er das Angebot nicht annimmt. Dies nur als ein Beispiel für ein Produkt, das durch Angst verkauft wird. Ein weiteres wären Waffen. In den USA haben viele Menschen Angst vor einem bewaffneten Überfall und kaufen sich eine Waffe, damit sie sich selbst schützen können. Dadurch steigt der Anteil derer, die eine Waffe besitzen, stark an, was wiederum die Gefahr eines bewaffneten Überfalls erhöht. Für dieses Problem gibt es sehr gute Lösungsansätze: In Neuseeland wurde nach dem Attentat von Christchurch 2019 eine Aktion gestartet, bei der man straflos seine Waffe abgeben konnte. Der Besitz einer Waffe ist in Neusee‐ land verboten. Wer bis Weihnachten 2019 seine Waffe zurückgab, bekam keine Strafe, danach drohten bis zu 5 Jahre Gefängnis. Im Rahmen dieser Aktion wurden mehr als 9.000 Waffen zurückgegeben (https: / / www.zeit.de/ gesellschaft/ 2019-08/ waffenbesitz-neuseeland-rueckgabe-terroranschlag -moscheen, letzter Zugriff: 10.1.2022). 64 Angst? Frag doch einfach! Linktipp | In diesem Text und Video wird die Verkaufsstrategie Angst erläutert: https: / / www.sweet-spot.de/ Das-Verkaufsargument-Risiko -und-Angst-richtig-einsetzen-im-Verkaufsgespraech_959.aspx. Wiegt ein Verlust schwerer als ein Gewinn? Ja. Die Frage wurde 1979 von zwei sehr berühmten Psychologen beantwor‐ tet, Daniel Kahneman und Amos Tversky. Daniel Kahneman bekam unter anderem für diese Erkenntnis 2002 sogar den Nobelpreis für Wirtschafts‐ wissenschaften (Amos Tversky war bereits verstorben; https: / / www.nobelp rize.org/ prizes/ economic-sciences/ 2002/ kahneman/ facts/ ). Kahneman und Tversky zeigten, dass es den Menschen viel mehr schmerzt, etwas zu ver‐ lieren als etwas zu gewinnen - selbst wenn der objektive Wert einer Sache gleich ist. Zur Veranschaulichung dient Abbildung 7, in der auf der x-Achse der objektive Wert und auf der y-Achse der subjektive Wert abgetragen ist. Gehen wir als Beispiel von einer Packung Schokoladenkekse aus, die 5 Euro kostet. Schenkt mir jemand diese Packung Schokoladenkekse, freue ich mich und bewerte diesen Gewinn auf meiner subjektiven Skala mit einer 17. Wird mir diese Packung Schokoladenkekse jedoch weggenommen, so bewerte ich diesen Verlust auf meiner subjektiven Skala mit einer -41. Der Verlust der Packung Schokoladenkekse ist also mehr „wert“ als der Gewinn dieser Pa‐ ckung Schokoladenkekse. Diese und andere Erkenntnisse von Daniel Kah‐ neman und Amos Tversky zeigen, dass Menschen keine rationalen Ent‐ scheider: innen sind. Wir bewerten Dinge nicht objektiv, sondern subjektiv. Wenn mir also der Versicherungsvertreter aus dem Kapitel vorher einen Verlust durch Krankheit oder Unfall suggeriert, nutzt er diese Tatsache aus. Es kann helfen, sich dieser Bewertungsverzerrung bewusst zu sein und Ge‐ winne bewusst mehr wertzuschätzen und Verluste nicht ganz so schlimm zu bewerten (Kahneman & Tversky, 1979). 65 Folgen ängstlichen Verhaltens Abbildung 7 | Verluste wiegen schwerer als Gewinne, veranschaulicht durch eine Grafik, die dem objektiven Wert von 5 Euro subjektive Bewertungen zuordnet (eigene Darstellung nach Kahneman & Tversky, 1979). Warum machen Veränderungen Angst? Im Laufe des Lebens legen wir uns viele Gewohnheiten zu. Das ist hilfreich und nützlich im alltäglichen Leben. So müssen wir nicht jedes Mal von Neuem nachdenken, welchen Weg wir zur Arbeit nehmen oder welches Spülmittel wir einkaufen sollen. Das spart kognitive Ressourcen, die dann wieder für andere, vielleicht wichtigere Dinge frei werden. Nun ist es aber zum Beispiel bei einer größeren Veränderung wie dem Auszug aus dem eigenen Elternhaus oder auch bei einer Therapie wichtig, Routinen zu verändern. Dies fällt uns generell schwer. Denn Gewohnheiten geben Sicherheit. Ändert man nun seine Gewohnheiten, fühlt es sich an, als ob man diese Sicherheit verliert. In einem Interview schildert die Schauspielerin Nora Tschirner, welch große Angst sie hatte, als sie anfing, in Therapie zu gehen, um ihre → Depression 66 Angst? Frag doch einfach! zu behandeln. Alle Strategien, die sie sich bis dahin zurechtgelegt hatte, um in ihrem anstrengenden Job am Filmset zu funktionieren, wurden in Frage gestellt: „Es könnte noch schlimmer werden, als es jetzt ist, nur dass ich dann gar keine Kontrolle mehr darüber habe. Dass ich einfach völlig im Weltall allein umher‐ treibe. Jetzt bin ich auf dem Planeten Welt allein, das ist schon schlimm genug, aber dann bin ich einfach in der Galaxie. So. Und das überlegst du dir natürlich gut. Weil du denkst nicht ‚Ich springe jetzt ab und dann lande ich einen Meter weiter und da stehen dann die ganzen Menschen, ich verbinde mich mit denen.‘ Dir ist nicht klar, wohin du springst. Und das macht diese - auch bei älteren Generatio‐ nen - diese totale Angst aus, in Therapie zu gehen. Es ist nicht einfach. Man springt in den Tod gefühlt. Weil man nicht weiß, was da kommt. Es ist eine kom‐ plett existenzialistische Angst. Und deswegen habe ich totales Verständnis dafür, wenn jemand sagt ‚Ich traue mich das nicht‘. Ich kann nur sagen: Meine Erfahrung mit allen, die in Therapien gegangen sind: Es wird immer sofort besser.“ (Freunde fürs Leben e. V., Bar-Talk mit Nora Tschirner, Teil 3: Mental Health, https: / / ww w.youtube.com/ watch? v=ItnX8K7-22M&t=1s, Min. 16: 17-17: 14) Abbildung 8 | Wie einen Sprung ins Weltall beschreibt Nora Tschirner ihre Angst vor den Veränderungen durch eine Therapie. 67 Folgen ängstlichen Verhaltens Wie überwindet man die Angst vor Veränderung? Aus meiner Sicht spielt da Vertrauen eine große Rolle. Damit meine ich, von der Zukunft Gutes zu erwarten, gelassen zu sein, sich entspannt und geborgen zu fühlen. Das erwähnt auch Nora Tschirner in ihrem Interview, als sie erzählt, dass aus ihrer Sicht die Kernfrage ihrer Therapeutin war: „Wann warst du als Kind am entspanntesten? “ Ihre Reaktion auf diese Frage beschreibt sie folgendermaßen: „Und ich hatte sofortige Assoziationen. Jeder hat die. Jeder hat eine sofortige Assoziation. In welchen Situationen hast du dich als Kind entspannt gefühlt? Bei mir war das ganz klar: Immer, wenn ich mit Tieren war. Es gab keine Erwartungen, das war so bewegend für mich. Und immer, wenn der Fokus nicht auf mir war. Also wenn ich irgendwo gelegen habe und meine Eltern haben noch gequatscht oder die hatten Gäste und ich habe so auf der Bank gemümmelt und die haben gequatscht und das Leben lief so, ohne dass ich was musste.“ (Freunde fürs Leben e. V., Bar-Talk mit Nora Tschirner, Teil 3: Mental Health, https: / / www.youtube.co m/ watch? v=ItnX8K7-22M&t=1s, Min. 14: 50-15: 22) Dieses Gefühl der Entspannung, Sicherheit und Geborgenheit gebe ich meinen Proband: innen in meiner Forschung. Die Proband: innen stellen sich genau solche Situationen vor, in denen sie sich vorher schon mal so sicher und geborgen gefühlt haben. Und zwar mit allen möglichen Sinneseindrücken. Wie hat es da gerochen? Was hast du gesehen? Was hast du gefühlt? Was hast du gehört? Das ist die Methode des sicheren Ortes. Es braucht also Vertrauen und ein Gefühl der Sicherheit, um eine Veränderung zu wagen, die zu einer Verbesserung führt. Übung | Ich lade Sie an dieser Stelle dazu ein, sich vorzustellen, Sie hätten alle Möglichkeiten und Sie könnten frei wählen, für welche Sie sich entscheiden. Und diese Freiheit haben Sie tatsächlich. Natürlich gibt es immer gewisse Einschränkungen, aber in einem gewissen Ausmaß haben Sie immer die Möglichkeit, sich für eine andere, vielleicht bessere Option zu entscheiden. Dafür ist auch ein promotion focus, wie ich ihn oben beschrieben habe, sehr hilfreich. Sie können auch in kleinen Schritten vorgehen. Nehmen Sie morgen einen anderen Weg zur Arbeit, kaufen Sie in einem anderen Supermarkt ein. Gehen Sie mit offenen 68 Angst? Frag doch einfach! Augen durch die Welt und lassen Sie sich inspirieren. Sie werden viele Erfahrungen dabei machen, die sehr wertvoll sind. Warum ist es gut, sich zu verändern? „Unter einer Straßenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Polizist kommt daher, fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: ‚Meinen Schlüssel.‘ Nun suchen beide. Schließlich will der Polizist wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: ‚Nein, nicht hier, sondern dort hinten — aber dort ist es viel zu finster.“ Vielleicht kennen Sie diese Geschichte aus dem bekannten Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ des berühmten österreichischen Philosophen und Psychologen Paul Watzlawick. Er beschreibt hier sehr anschaulich, wie man sich bei der Lösung eines Problems durch ein Mehr der immer gleichen Strategie in eine Sackgasse manövrieren kann. „Wenn du immer wieder das tust, was du immer schon getan hast, dann wirst du immer wieder das bekommen, was du immer schon bekommen hast. Wenn du etwas anderes haben willst, musst du etwas anderes tun! Und wenn das, was du tust, dich nicht weiterbringt, dann tu etwas völlig anderes, statt mehr vom gleichen Falschen! “ Watzlawick geht sogar so weit zu sagen, dass dieses „Mehr davon“ die Grundlage von psychischen Störungen ist. Denn aufgrund des starken Bedürfnisses nach Sicherheit neigt der Mensch dazu, negative Situationen eher auszuhalten als sie zu verändern, da damit ein Risiko verbunden ist. Hier spielt wieder die Angst vor Verlust mit. Man denkt also: „Lieber halte ich an dieser unangenehmen Situation fest, als sie zu verändern, denn es könnte sein, dass es mir dann noch schlechter geht.“ Das ist verständlich, aber nicht hilfreich. Natürlich ist eine Veränderung auch ein Risiko, aber sie ist der einzige Weg hin zu einer Verbesserung. Deshalb plädiere ich für ein Training der Veränderung in kleinen Bereichen. So ist man später auch in größeren Bereichen eher bereit, eine Veränderung zu wagen. 69 Folgen ängstlichen Verhaltens Übung | Wenn Sie zum Beispiel merken, dass Sie die Punkte auf Ihrer To- Do-Liste nicht schaffen und dass Ihnen alles zu viel wird, dann ist eine mögliche Strategie, noch mehr Energie in die Abarbeitung der Liste zu stecken. Dadurch würden Sie jedoch nur immer mehr Stress empfinden. Letztendlich wird es Ihnen immer schlechter gehen. Wechseln Sie hin‐ gegen die Strategie, kann dadurch etwas Gutes entstehen. So könnten Sie die Punkte auf der To-Do-Liste in wichtig und nicht wichtig sowie dringend und nicht dringend sortieren und dann nur noch die Punkte in der Spalte wichtig und dringend bearbeiten. Alle anderen Punkte warten erstmal. Oder Sie machen eine Pause, benachrichtigen lediglich die unmittelbar betroffenen Personen und schöpfen wieder Kraft. Was passiert, wenn man an einem Verhalten festhält? Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie haben eine sehr große Aufgabe zu bewältigen und merken, dass Sie immer weniger Energie haben und eine Pause bräuchten. Einer Ihrer Gedanken könnte sein: „Wenn ich das jetzt nicht erledige, passiert etwas Schlimmes.“ Solche Gedanken werden in sogenannten Burnout-Checklisten abgefragt. Wer sehr häu‐ fig solche Gedanken hat, sollte aufpassen, denn sie können zu einem Burnout führen. Weitere Beispiele für Gedanken dieser Art sind hier aufgelistet: ■ Ich möchte immer alles geben. ■ Ich bin unersetzbar! Ohne mich bekommen die anderen das nicht hin. ■ Ich brauche keine Pausen. ■ Mein Arbeitspensum ist nicht schaffbar. ■ Am Ende eines anstrengenden Tages habe ich das Gefühl, dass ich nichts von Belang erreicht habe. ■ Meine Arbeit wird nicht wertgeschätzt. ■ Ich identifiziere mich so stark mit meiner Arbeit, dass ich keine gesunde Balance mehr finde zwischen Arbeit und Privatleben. ■ Ich verbringe meinen Arbeitstag mit Tätigkeiten, die mir keine Freude machen. ■ Ich habe das Gefühl die Kontrolle zu verlieren. 70 Angst? Frag doch einfach! Burnout ist dabei keine Diagnose aus dem → ICD-10. Burnout wird dort gelistet unter „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“. Wie vorhin schon ausgeführt, wäre hier eine Lösung, etwas zu verändern. Einfach etwas zu tun, was man vielleicht noch nie getan hat. Das Smartphone ausschalten und einen Spaziergang machen. Sich für einen neuen Sportkurs anmelden und die Zeit absolut dafür blockieren. Feste Ter‐ mine für Pausen in den Terminkalender eintragen. Erholung suchen nicht nur, um später wieder arbeiten zu können, sondern wegen der Erholung selbst. So sieht es auch die Philosophin Amrei Bahr: „Wir sollten uns deshalb schleunigst das Ausruhen um des Ausruhens willen zurückerobern - mit einem gepflegten Desinteresse an dem, was wir Arbeit nennen.“ (https: / / www.deutschlandfunkkultur.de/ work-life-bal ance-100.html) Linktipp | In diesem Twitter-Thread berichtet Quarks über Burnout: h ttps: / / twitter.com/ quarkswdr/ status/ 1426412236034265089. Kann Veränderung allein schon das Ziel sein? Ein Ansatz in der Psychotherapie ist, dass durch die Therapie vor allem ein Prozess angeregt werden soll. Es geht also darum, dass die Patient: innen aus ihren eingefahrenen Mustern herauskommen. In der Hypnotherapie nennt man diesen eingefahrenen Zustand den stuck state. Es ist so ähnlich, wie wenn man mit dem Auto in ein morastiges Gelände gefahren ist und dann feststeckt, man kommt weder vor noch zurück. Hier ist jede Veränderung positiv, denn das bedeutet, dass es voran geht. Dabei ist es sogar in Ordnung, wenn die Veränderung sich erstmal gar nicht so gut anfühlt. Man kann sogar sagen: „Jeder Rückschritt ist auch ein Fortschritt.“ Wenn man diesen Spruch genau durchdenkt, wirkt er ungeheuer befreiend. Denn natürlich ist eine Veränderung nicht immer positiv. Aber sie führt uns heraus aus dem stuck state, und das allein ist positiv. Dazu kommt, dass wir geradezu darauf ausgelegt sind, uns zu verändern. Ein gleichbleibender Zustand ist eher die Ausnahme als die Regel und fühlt sich auch nicht sehr gut an. Stellen Sie sich zum Beispiel eine Sportlerin vor, die ständig an sich 71 Folgen ängstlichen Verhaltens arbeitet, um Weltmeisterin zu werden. Der Weg dorthin ist durch das Ziel bestimmt, Weltmeisterin zu werden. Ist sie dann Weltmeisterin, muss sie sich neue Ziele setzen, denn das Ziel „Ich will, dass alles so bleibt wie es ist“ motiviert überhaupt nicht. Es muss immer weitergehen. Natürlich hilft hier auch ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Es werden auch Schwierigkeiten auftreten beim Erreichen des Ziels, aber ich traue mir zu, dass ich diese Herausforderungen bewältige. Ich kann mich sogar auf die Herausforderungen freuen, denn nur an Herausforderungen kann ich wachsen und mich ausprobieren. Stellen Sie sich ein Kind vor, das auf ein Klettergerüst klettern will. Wenn ein Elternteil unten steht und ständig sagt „Fall bloß nicht runter“ wird es weniger enthusiastisch und erfolgreich sein Ziel verfolgen, als wenn das Elternteil sagt: „Toll, du bist schon so weit gekommen, jetzt schaffst du auch noch das letzte Stück! “. Übung | Folgende Möglichkeiten helfen Ihnen, sich selbst zu motivieren: ■ Legen Sie sich innere Sätze zurecht wie „Ich habe schon so viel geschafft, das schaffe ich auch! “ ■ Erinnern Sie sich regelmäßig an Ihre Erfolge und feiern Sie diese! ■ Wenn einmal etwas nicht gelingt, lernen Sie daraus und haken Sie das negative Erlebnis dann ab. Gibt es regelmäßige Rhythmen im subjektiven Empfinden? Viele körperliche Prozesse laufen in bestimmten Rhythmen ab. Einer der markantesten Rhythmen ist der Tag-Nacht-Rhythmus. Prozesse, die in diesem etwa 24 Stunden dauernden Rhythmus ablaufen heißen zirkadiane Rhythmen. Darunter fällt der wichtige Schlaf-Wach-Rhyth‐ mus, das → Cortisol, das morgens seinen absoluten Höhepunkt hat und dann im Laufe des Tages abfällt, die Ausschüttung von Melatonin, Hunger, Durst und viele weitere körperliche Prozesse mehr. Dann gibt es kürzere Rhythmen wie den Herzrhythmus oder den Atemrhythmus, der pro Minute gemessen wird. Und es gibt eine Reihe längerer Rhythmen wie den etwa 28 Tage dauernden Menstruationszyklus und den Rhythmus der Jahreszeiten über ein Jahr hinweg. Auch das Gehirn schwingt in bestimmten Rhythmen. 72 Angst? Frag doch einfach! Das subjektive Befinden ändert sich im Verlaufe dieser Rhythmen. Nachts hat der Mensch oft negativere Gedanken als tagsüber, dabei spielt das Tageslicht eine wichtige Rolle. Auch im Laufe eines Menstruationszyklus gibt es Stimmungsschwan‐ kungen: Etwa ab einer Woche vor Beginn der Menstruation kann es ein prämenstruelles Syndrom geben, das mit Symptomen von → Depres‐ sion und Angst einhergeht. Mit Einsetzen der Menstruation kann es dagegen auch zu einer Hochstimmung kommen. Viele Frauen berichten von einem regelrechten Schaffensdrang zu Beginn ihrer Menstruation. Eine Studie von Rosemarie Krug und Kollegen belegt wissenschaftlich sogar einen Zusammenhang zwischen Kreativität und Menstruations‐ zyklus. In der Phase zwischen Menstruation und Eisprung ist die Kreativität stärker ausgeprägt als in der danach folgenden Lutealphase. Diese Ergebnisse gelten selbstverständlich nur für Frauen, die einen natürlichen Zyklus haben und nicht hormonell verhüten (Krug et al., 1994). Auch der Zusammenhang zwischen Zyklus und Angst wurde unter‐ sucht. Tania Reynolds und Kollegen konnten feststellen, dass immer dann mehr Angst auftritt, wenn mehr Progesteron vorhanden ist. Pro‐ gesteron ist während der Lutealphase des Menstruationszyklus erhöht, also in der Zeit zwischen Eisprung und Monatsblutung (Reynolds et al., 2018). 73 Folgen ängstlichen Verhaltens Mens t ru at io n Folli kel p ha se Lu t ea l ph as e E i spr ung Progeste ron ho ch P r o g es te ro n ni e drig W o c h e 1 W o c h e 2 Wo c he 4 W o c h e 3 Abbildung 9 | Der Menstruationszyklus beeinflusst die Stimmung. In Woche 1, die mit dem ersten Tag der Blutung beginnt, ist die Stimmung gut, wird in Woche 2 noch besser bis zum Eisprung. Dann beginnt die Lutealphase, in der die Stimmung mit dem Anstieg des Hormons Progesteron immer schlechter wird, bis die Blutung wieder einsetzt. Auch über das Jahr hinweg gibt es Schwankungen in der Stimmung. Dies zeigt sich beispielsweise im Phänomen der saisonalen → Depres‐ sion, die vor allem in den Wintermonaten auftritt. Es gibt also durchaus Rhythmen in unserem subjektiven Befinden. Dies zu wissen kann helfen, besser mit den eigenen Stimmungslagen zurechtzukommen und sie besser einschätzen zu können. 74 Angst? Frag doch einfach! Übung | Sollten Sie nachts öfter über Probleme nachdenken, werden Sie diese im wahrsten Sinne des Wortes viel schwärzer sehen als tagsüber. Eine Technik, dieses negative Problemwälzen in der Nacht zu vermeiden, ist das mentale Wegschließen der Probleme am Abend. Dabei stellen Sie sich vor, dass Sie einen einbruchsicheren Safe haben. In diesen Safe legen Sie am Abend vor dem Schlafen Ihre Probleme und verschließen den Safe. Morgens können die Probleme dann wieder aus dem Safe geholt werden. Vielleicht haben sich die Probleme bis dahin ja schon verändert? Neben den Stimmungsschwankungen nach unten gibt es auch die Stimmungsschwankungen nach oben, die man genießen und nutzen kann. Wie kann Statistik Hoffnung machen? In einem spannenden Experiment zum Thema Statistik verzaubert Juli Tkotz einen Würfel immer dann, wenn er eine 1 oder eine 2 zeigt. Das Ziel ihrer Magie ist, dass der Würfel beim nächsten Wurf eine höhere Augenzahl zeigt. Sie belegt in ihrem Experiment, dass ihre Zauberei wirklich zu höheren Augenzahlen beim nächsten Wurf führt - und liefert auch gleich die Erklärung dafür: Die Verbesserung der Würfe liegt nicht daran, dass sie zaubern kann, sondern an einfachen statistischen Tatsachen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass nach diesen beiden sehr niedrigen Zahlen eine höhere Zahl gewürfelt wird, ist eher hoch. Es gibt keine Augenzahl, die niedriger ist als eine 1. Also ist die Wahrscheinlichkeit, nach einer 1 eine höhere Augenzahl zu würfeln, sehr hoch (Tkotz 2018). Das Experiment lässt sich auf die mentale Gesundheit übertragen. Dabei beschreibt man den mentalen Zustand eines Menschen mit 1 für „sehr schlecht“ bis 6 für „sehr gut“ (entsprechend den Augen auf einem Würfel). Wenn es einer Person sehr schlecht geht, ist die Wahrscheinlichkeit demnach sehr groß, dass es ihr danach eher besser gehen wird. Das heißt also, wenn man an einem mentalen Tiefpunkt etwas Bestimmtes tut, damit sich der Zustand verbessert und 75 Folgen ängstlichen Verhaltens er verbessert sich tatsächlich, dann liegt die Schlussfolgerung nahe, dass diese Veränderung geholfen hat. Dabei kann es zwar sein, dass sich der Zustand auch ohne dieses Tun verbessert hätte, doch dieser statistische Effekt kann auch Hoffnung machen. Denn der mentale Zustand bewegt sich immer um einen bestimmten Mittelwert. Weicht der mentale Zustand einer Person stark von diesem Mittelwert ab, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sich wieder in Richtung dieses Mittelwertes zurückbewegen wird. Das gibt Hoffnung während mentaler Krisen, denn es ist wahrscheinlich, dass sich der Zustand wieder verbessert. Das soll nicht Zustände verharmlosen, während derer es Personen sehr schlecht geht. Es soll nur zeigen, dass es auch wieder bergauf gehen kann. Linktipp | Das Experiment von Juli Tkotz führt sie in diesem Video sehr anschaulich durch: https: / / www.youtube.com/ watch? v=LB_X3jXZ C8I. Wie beeinflussen Erwartungen unser Befinden? Hier spielt auch wieder ein spannender Lerneffekt hinein. Wenn eine Person die Erfahrung gemacht hat, dass der Würfel beim nächsten Wurf eine höhere Zahl anzeigt, nachdem sie ihn verzaubert hat, lernt sie, dass ihr Zauber funktioniert. Wenn sie nun eine bestimmte Handlung mit einem positiven Ausgang assoziiert, dann erwartet sie bereits einen positiven Ausgang. Und positive Erwartungen erzeugen an sich schon positive Effekte. Ähnliche Erkenntnisse gibt es aus der Forschung zu Placebo-Medikamenten. Hier funktioniert es sogar, wenn die Proband: innen wissen, dass das Medikament keinen Wirkstoff enthält, ein sogenanntes open label placebo. Diese positiven Erwartungseffekte spielen dabei eine sehr große Rolle (von Wernsdorff et al., 2021) 76 Angst? Frag doch einfach! Hilfestellungen bei Angst Neben verschiedenen Therapieformen wie systematische Desensibilisierung und Expositionstherapie helfen auch ganz „banale“ Dinge bei Angst: Atmen, Singen, Sport. Um all das soll es nun gehen. Wie ist die systematische Desensibilisierung entstanden? Die Behandlung von Angst ist verbunden mit dem Pionier Joseph Wolpe, der 1915 in Johannisburg in Südafrika geboren wurde. Er war einer der einfluss‐ reichsten Begründer der Verhaltenstherapie. Er behandelte Kriegsveteranen, die aufgrund ihrer Erlebnisse im Krieg posttraumatische Belastungsstörun‐ gen hatten. Natürlich hieß es damals nicht posttraumatische Belastungsstö‐ rung, aber heute würde man das Krankheitsbild so nennen. Dabei störte es ihn, dass es keine systematisch dokumentierte und untersuchte Verfahren zur Behandlung der → Angststörungen gab. Er entwickelte daraufhin das Therapiekonzept der systematischen Desensibilisierung. Der Begriff erinnert heute eher an die Behandlung von Allergien, bei der man den Betroffenen den Stoff, auf den sie allergisch sind, immer wieder darbietet, bis sie darauf nicht mehr so stark reagieren. Das Konzept von Joseph Wolpe ist dabei ganz ähnlich. Er gilt damit als Begründer der Expositionstherapie, einer der effektivsten Methoden aus der Verhaltenstherapie. Witzigerweise spielt bei dieser Methode das Verhalten eine untergeordnete Rolle, sie arbeitet eher mit der Vorstellung der Patient: innen. Was ist systematische Desensibilisierung? Das theoretische Modell, auf dem die systematische Desensibilisierung beruht, ist das klassische Konditionieren. Dabei geht es darum, dass ein zuvor neutraler Reiz mit einem angstauslösenden Reiz verknüpft wurde. Der zunächst neutrale Reiz und der angstauslösende Reiz treten gemein‐ sam auf. Dadurch löst nun auch der zuvor neutrale Reiz Angst aus. Das Ziel der systematischen Desensibilisierung ist nun, die Verbindung zwischen dem ursprünglich neutralen Reiz und dem angstauslösenden Reiz zu lockern und dadurch die Angstreaktion abzuschwächen. Dabei wird die Gedächtnisspur nicht gelöscht, sondern lediglich überspielt. Joseph Wolpe hat dazu zuerst Versuche mit Katzen gemacht. Die konditionierte Angstreaktion hat er dabei durch Nahrungsaufnahme gehemmt. Er fütterte die Katzen an dem gleichen Ort, an dem die Katzen zuvor Elektroschocks erhalten hatten und vor dem sie deshalb Angst hatten. Angst und Essen sind zwei miteinander unvereinbare Reaktionsmuster. Deshalb nimmt laut Joseph Wolpe die Angstreaktion 78 Angst? Frag doch einfach! der Katzen an dem Ort ab, an dem die Katzen vorher Angst vor den Elektroschocks hatten. Bei Menschen hielt er andere mit Angst inkompatible Reaktionsmuster für besser geeignet als Essen, vor allem die Entspannung. Joseph Wolpe hat dabei in einem genauen Protokoll festgelegt, wie vorgegangen werden soll. Damit revolutionierte er die bis dahin weitgehend nicht standardisierte Verhaltenstherapie. Durch das genaue Protokoll wurde seine Vorgehensweise reproduzierbar und somit besser untersuchbar. Das Protokoll der systematischen Desensibilisierung sieht nun folgende Schritte vor: Zuerst erstellt der Patient eine Liste mit Dingen oder Situationen, vor denen er Angst hat. Die Liste ist geordnet nach der Stärke der Angst, die der jeweilige Gegenstand oder die jeweilige Situa‐ tion bei dem Patienten auslöst. Bei einem Patienten mit Spinnenphobie kann zum Beispiel auf der Liste an oberster Stelle stehen „Eine Spinne auf der Hand krabbeln spüren“ und an unterster Stelle „Von einer anderen Person von einer Spinne erzählt bekommen“. Dann lernt der Patient, sich zu entspannen. Das geht mit verschiedenen Verfahren. Joseph Wolpe schlägt Muskelrelaxation nach Jacobson vor, aber auch Hypnosetechniken und sogar Medikamente. Wenn der Patient mit Spinnenphobie entspannt ist, stellt er sich die Situation an unterster Stelle der Liste vor. Das kann zum Beispiel ein Telefonat sein, bei dem eine andere Person ihm von einer Spinne erzählt. Wenn das gut funktioniert und er sich während der Vorstellung weiter entspannen kann, wird die Liste weiter nach oben abgearbeitet, bis er schließlich zu dem Punkt kommt, der bei ihm am meisten Angst auslöst. Dann stellt sich der Patient vor, dass ihm eine Spinne über die Hand krabbelt. Dadurch, dass sich der Patient die angstauslösenden Reize un‐ ter Entspannung vorstellt und die Entspannung nicht vereinbar ist mit Angst, soll die Verbindung zwischen der Spinne und der Angst gelockert werden. Wenn die systematische Desensibilisierung erfolgreich war, hat der Patient dann auch im Alltag keine Angst mehr vor Spinnen (Wolpe et al., 1973). Systematische Desensibilisierung wurde daraufhin sehr häufig ange‐ wendet und empirisch untersucht und galt bald als eine der erfolg‐ reichsten Therapien von spezifischen → Phobien. Joseph Wolpe selbst spricht von 90 Prozent Erfolg bei der Behandlung von spezifischen Phobien durch seine Methode. Wenn es allerdings um generalisierte 79 Hilfestellungen bei Angst Ängste geht, es also keine gut identifizierbaren Auslöser für die Angst gibt, ist seine Technik weniger wirksam. Außerdem fand man später heraus, dass die Angstreaktion der Patient: innen auch abnimmt, wenn sie sich vorher nicht entspannt haben. Der Wirkmechanismus, dass die Entspannung nicht kompatibel ist mit der Angst und die Angstreaktion daher abnimmt, kann also nicht allein den Effekt erklären. Heute wird eher mit Expositionstherapie gearbeitet, bei der die Patient: innen sich die angstauslösende Situation nicht nur vorstellen, sondern tatsächlich erleben. Was ist Expositionstherapie? Im Gegensatz zur systematischen Desensibilisierung, bei der sich die Patient: innen die angstauslösenden Objekte oder Situationen nur vor‐ stellen, arbeitet die Expositionstherapie mit einer echten Konfrontation. Die Patient: innen gehen also tatsächlich in die U-Bahn, in die Fußgän‐ gerzone, in enge Räume oder steigen auf hohe Gebäude - je nachdem, welche → Phobie vorliegt. Ähnlich wie bei der systematischen Desen‐ sibilisierung erstellen auch hier die Patient: innen zu Beginn eine Liste mit den angstauslösenden Objekten oder Situationen, geordnet danach, wie viel Angst sie bei ihnen auslösen. Üblicherweise fängt man auch hier mit dem untersten Punkt der Liste an, also an dem Punkt, an dem am wenigsten Angst ausgelöst wird. Je nach Konzept begleitet die Therapeutin den Patienten dabei, wie er sich dem angstauslösenden Reiz aussetzt. Als Praktikantin habe ich dabei schon skurrile Erlebnisse gehabt, wenn Patient: innen mit sozialer Phobie in der Münchner Innenstadt mit Taucherbrille und Quietscheente die Aufmerksamkeit der Passant: in‐ nen auf sich ziehen sollten oder im Restaurant ihr Essen reklamieren sollten, weil es ihnen angeblich nicht schmeckt. Dabei ist es wichtig, dass die Patient: innen kein Sicherheitsverhalten zeigen. Beim kleinen Albert (siehe Frage „Welche Rolle spielt lernen bei der Entstehung von Angst? “) war das Sicherheitsverhalten das Daumenlutschen. Sobald er Angst hatte, steckte er sich den Daumen in den Mund, was ihn 80 Angst? Frag doch einfach! offensichtlich beruhigte. Bei Patient: innen mit sozialer Phobie kann ein Sicherheitsverhalten zum Beispiel das Vermeiden von Augenkontakt sein. Manche Patient: innen halten auch einen Gegenstand fest in der Hand, zum Beispiel eine Tasse, damit die Hand nicht zittern kann. Patient: innen mit Agoraphobie erkundigen sich im Vorhinein, wo Toi‐ letten und sonstige Fluchtmöglichkeiten sind, und tragen immer ein voll aufgeladenes Handy bei sich, mit dem sie im Notfall Hilfe holen können. Bei der Expositionstherapie geht es aber um die Erfahrung der angst‐ auslösenden Situation in möglichst reiner Form, damit die Patient: innen lernen, dass die schrecklichen vorgestellten Folgen nicht eintreten. Es konnte gezeigt werden, dass → Exposition ohne Sicherheitsverhalten wirksamer ist gegen spezifische Ängste bei sozialer Phobie als mit Sicherheitsverhalten. Dabei war die wirksamste Bedingung die, in der die Patient: innen folgende Information erhalten haben, bevor sie sich einer videoaufgezeichneten Vorstellungssituation aussetzten: „Wir wollen herausfinden, warum du so viel Angst hast vor der Präsen‐ tation. Du glaubst, dass X (hier fügt der Patient seine spezielle Befürchtung ein) eintritt, wenn du deine Präsentation hältst. Du sagst, indem du Y (hier fügt der Patient sein Sicherheitsverhalten ein) machst, kannst du möglicherweise verhindern, dass X eintritt. Weil du das bisher immer gemacht hast, konntest du nicht herausfinden, ob das, wovor du Angst hast, tatsächlich eintritt. Um deine Angst zu überwinden, musst du herausfinden, ob das, wovor du Angst hast, tatsächlich eintritt. Darum solltest du versuchen, jetzt nicht die Dinge tun, die du normalerweise tust, um X zu verhindern. Unternimm zum Beispiel nichts, das dich in Sicherheit bringt. Mache nicht Y. Wenn du das durchhältst, wirst du sicherer werden und beweist dir selbst, dass X nicht passieren kann. Denke einfach daran, dass du herausfinden willst, was wirklich passiert, wenn du Y nicht machst. Und erlaube dir, Angst zu haben. Tue nichts, um die Angst zu reduzieren oder um die gefürchtete Wirkung zu vermeiden.“ (Kim 2005, Übersetzung der Autorin). 81 Hilfestellungen bei Angst Wie wirkt Expositionstherapie? Ein Wirkmechanismus von Expositionstherapie ist die Habituation, also das Sich-Gewöhnen an eine Situation, so dass diese durch häufiges Erleben als immer weniger beängstigend empfunden wird. Ein weiterer Wirkmechanis‐ mus ist das Überspielen von alten Gedächtnisspuren mit neuen Gedächtnis‐ spuren. Beim sogenannten Flooding wird die Patientin mit einer maximal angstauslösenden Situation konfrontiert. Hier fängt man also gleich mit der Situation an, vor der die Patientin am meisten Angst hat, anstatt die Angst- Liste von unten her abzuarbeiten. Das befürchtete Ereignis tritt nicht ein und das Erlebnis trägt so dazu bei, dass die Angst auch in Zukunft reduziert ist. Die Expositionstherapie gilt als eine der wirksamsten Techniken zur Be‐ wältigung von spezifischen Phobien. In der S3-Leitlinie zur Behandlung von → Angststörungen ist bei spezifischen Phobien ganz klar eine Expositions‐ therapie angezeigt. Diese kann auch virtuell stattfinden, wenn eine In-vivo- Expositionstherapie nicht verfügbar ist. Dabei setzen sich die betroffenen Personen eine besondere Brille auf, mit der sie sich in einer virtuellen Umgebung bewegen können. Dort sehen sie dann das Szenario, das ihnen Angst macht und mit dem sie sich konfrontieren wollen. Sie steigen also auf einen Turm, sitzen im Flugzeug, stehen vor einer Menschenmenge usw. - ohne dass der Therapieraum dafür verlassen werden muss, ohne dass besonderer Aufwand betrieben werden muss und ohne die Risiken einer realen → Exposition. Ein Problem bei der Expositionstherapie ist, dass die bestehende Angst‐ reaktion generalisiert ist, also sich in vielen verschiedenen Kontexten zeigt, während die Exposition erstmal nur für den einen spezifischen Kontext gilt, in dem sie durchgeführt wird. Der Patient mit der Spinnenphobie hat also überall Angst vor Spinnen, egal ob im Keller, im Hotelzimmer oder im Wald. Wenn er im Rahmen der Expositionstherapie eine Vogelspinne in einem Tierpark auf der Hand hält, ohne dass er dabei Angst empfindet, dann wird er der Regel „Ich habe Angst vor Spinnen“ eine Ausnahme hinzufügen: Er hat also noch immer generell Angst vor Spinnen, aber nicht vor Vogelspinnen im Tierpark. Deshalb muss die Exposition in vielen verschiedenen Kontexten geübt werden. Es müssen also so viele Ausnahmen der generellen Regel „Ich habe Angst vor Spinnen“ hinzugefügt werden, bis die Angst als geheilt gelten kann. 82 Angst? Frag doch einfach! Es kann aber passieren, dass die Angst plötzlich wieder da ist. Dieses erneute Auftreten einer bereits gelöschten konditionierten Antwort nennt man → spontane Erholung. Das kann zum Beispiel passieren, wenn der Patient plötzlich viel → Stress hat oder ein einschneidendes Lebensereignis eintritt. Die Spontanerholung ist ein Beleg dafür, dass eine Angst-Gedächt‐ nisspur, die einmal gelernt wurde, im Sinne des klassischen Konditionierens nicht gelöscht wird, sondern nur von anderen Gedächtnisspuren überlagert werden kann (McNally 2007). Linktipp | Die S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen kann man hier einsehen: https: / / www.awmf.org/ leitlinien/ detail/ ll/ 051-028.h tml. Hilft Sport gegen Angst? Es gibt Belege dafür, dass Sport gegen Angst hilft. Wer Sport macht, erlebt einen erhöhten Puls, schnelleres Atmen und Schwitzen, ohne dass das mit Angst zu tun hat. Das könnte ein Faktor sein, der erklärt, warum Sport bei Angst hilft. Die Patient: innen lernen, dass die körperlichen Reaktionen, die sie spüren, wenn sie Angst haben, nicht immer Angst bedeuten müssen. Das ist zum Beispiel sehr wichtig bei Betroffenen von Panikstörungen, bei denen auffällige Körpersignale sehr schnell als bedrohlich eingestuft werden und damit Angst auslösen, die dann wiederum die körperlichen Signale verstärkt. Wie oben bereits geschrieben werden bei → Stress und Angst viele Botenstoffe wie → Adrenalin und → Cortisol ausgeschüttet, die dann wieder abgebaut werden müssen. Unser Körper stellt viel Energie für Kampf oder Flucht zur Verfügung, die in vielen Fällen aber nicht verbraucht wird. Wenn wir zum Beispiel eine wichtige Prüfung haben, bei der wir Fragen beantworten sollen statt zu kämpfen oder wegzulaufen, bleibt die bereitgestellte Energie unverbraucht. Es empfiehlt sich daher, nach einer solchen Stresssituation körperlich aktiv zu sein, damit die bereitgestellte Energie abgebaut wird und unser Körper wieder zur Ruhe kommen kann. Darüber hinaus kann Sport das Selbstwertgefühl und die empfundene Wehrhaftigkeit stärken. Sport kann Fähigkeiten stärken, die im Alltag sehr nützlich sind. Natürlich ist ein wichtiger Punkt auch die Freude am 83 Hilfestellungen bei Angst Sport, die Glücksgefühle, die sich dabei einstellen und die Gefühle von Selbstwirksamkeit und Stolz, wenn man über seine Grenzen geht und immer fitter wird. Wenn man langfristig Sport betreibt, wird auch der Ruhepuls niedriger. Das könnte bedeuten, dass die Schwelle für eine beängstigend hohe Herzfrequenz höher ist, man sie also nicht so schnell erreicht. Dies wiederum kann zusätzlich Sicherheit geben. Außerdem ist Sport mit einem generell besseren Gesundheitszustand verbunden, der immer hilfreich ist. Wichtig ist, dass man sich nicht zu stark unter Druck setzt, bestimmte Leistungen zu erreichen, denn dann bedeutet Sport Stress und hilft nicht gegen Angst. Hierzu wurde eine aktuelle Studie durchgeführt, die dem Gold-Standard der Therapieforschung mit einem randomisiert kontrollierten Studiende‐ sign entspricht. Das heißt, die Proband: innen wurden zufällig (randomisiert) den Gruppen zugeteilt und es gab eine Kontrollgruppe ohne Intervention. Die beiden Gruppen waren in diesem Fall 14 Proband: innen ohne → Angst‐ störung, die entweder acht Wochen Sport machten oder nicht. Das Sport‐ training bestand aus zweimal Sport pro Woche für acht Wochen. Dabei wurde Angst über den Fragebogen STAI (State-Trait Anxiety Inventory) gemessen. Die Proband: innen in der Sport-Gruppe hatten nach den acht Wochen signifikant weniger Angst als vorher, während es in der Kontroll‐ gruppe keine Veränderungen gab. Die Studie zielte auf die Prävention von Angststörungen ab. Sport kann also vor Angststörungen schützen (Gordon et al., 2000). Linktipp | Die beschriebene Studie von Gordon et al. wurde von den Medien aufgegriffen, unter anderem von der New York Times. In dem Artikel wird auch auf den Nutzen von sportlicher Aktivität während der Coronapandemie hingewiesen: https: / / www.nytimes.com/ 2020/ 11/ 04/ well/ mind/ anxiety-stress-weight-training-lifting-resistance.html? refer ringSource=articleShare. Hilft Schlaf gegen Angst? Generell gehen → Angststörungen mit Schlafstörungen einher. Wer weni‐ ger schläft, hat mehr Angst. Ben Simon und Kollegen demonstrierten in ihrer Forschungsarbeit, dass weniger Schlaf in der Nacht die Angst am nächsten 84 Angst? Frag doch einfach! Tag erhöht. Dabei ist insbesondere der Nicht-REM-Schlaf wichtig, also der tiefe Schlaf, in dem wir wenig träumen. Wenn dieser tiefe Schlaf fehlt, haben wir am nächsten Tag mehr Angst. Der tiefe Schlaf tritt vor allem in den ersten Stunden nach dem Einschlafen auf. Das ist auch die Art von Schlaf, die unser Körper nachholt, wenn er zuvor zu wenig davon bekommen hat. Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass guter Schlaf gegen Angst hilft (Ben Simon et al., 2019). Wie beeinflusst der Tag-Nacht-Wechsel die Angst? Der Wechsel von Tag und Nacht ist generell sehr wichtig für den Körper als Zeitgeber. Ausschlaggebend für die Wachphase am Tag ist das Tageslicht. Es signalisiert, wann Tag ist. Dabei wirkt starkes Licht wie Sonnenlicht am besten. Dafür gibt es in der Netzhaut sogar eigene Sinneszellen, die auf Tageslicht reagieren und die innere Uhr einstellen. Befindet man sich in einer anderen Zeitzone, passt sich die innere Uhr über das Tageslicht an den neuen Tag-Nacht Rhythmus an. Viele der körperlichen Funktionen folgen sogenannten zirkadianen Rhythmen, sie zeigen also bestimmte regel‐ mäßige Verläufe über 24 Stunden hinweg. Auch Emotionen folgen solchen Rhythmen. Bei → Depressionen sind die Symptome meist am Morgen am stärksten, während bei→ Angststörungen die Symptome gegen Nachmittag und Abend am stärksten sind. Dunkelheit ist mit Angst assoziiert. Es kann helfen, Probleme bewusst nur zu bestimmten Tageszeigen zu bearbeiten, zu denen die Zuversicht am größten ist. Linktipp | In diesem Video zeigt Jasmina Neudecker, wie Licht gegen Depression helfen kann: https: / / www.youtube.com/ watch? v=8Wt_4 MXQIJ0. Kann ein stabiler Tagesrhythmus bei Angststörungen helfen? Ein stabiler Tagesrhythmus trägt generell sehr zum Wohlbefinden bei. → Cortisol hat zum Zeitpunkt des Aufwachens seinen absoluten Hoch‐ punkt. Dabei ist nicht ganz klar, ob man wegen des hohen Cortisolspiegels aufwacht oder ob der Cortisolspiegel so hoch ist, damit man aufwacht. Der 85 Hilfestellungen bei Angst Cortisol-Höhepunkt, der das Aufwachen begleitet, lässt sich übrigens nicht so einfach verschieben. Es braucht längere Zeit, damit sich der Rhythmus generell anpasst. Daher lohnt es sich, sich einen regelmäßigen Schlaf-Wach- Rhythmus anzugewöhnen (Platje et al., 2013). Auch andere Rituale können das Wohlbefinden steigern. Morgens aus dem Haus zu gehen und Sonnen‐ licht zu sehen, während man sich bewegt, bringt den Körper in Schwung und signalisiert, dass der Tag nun angefangen hat. Nach einem Jetlag kann das übrigens helfen, die innere Uhr auf die aktuelle Zeit umzustellen. Weitere hilfreiche Rhythmen sind regelmäßige Pausen, mit Essen verbunden oder mit Bewegung. Um abends gut zu schlafen, können Sie sich bestimmte Rituale angewöhnen, bevor Sie ins Bett gehen (wie beispielsweise zu lüften, alle elektronischen Geräte wegzulegen und sich nochmal fünf Minuten zu nehmen, um über den vergangenen Tag nachzudenken). Wenn Sie über Probleme nachgrübeln, können Sie diese in Ihren virtuellen Safe legen, wie oben in der Übung beschrieben. Linktipp | Wenn Sie mehr über Schlaf wissen wollen, empfehle ich die‐ ses Video, in dem Christine Blume häufig gestellte Fragen zu Schlaf be‐ antwortet: https: / / www.youtube.com/ watch? v=E9agucR4lw0. Kann Angst von Ernährung beeinflusst sein? Haben Sie schon einmal Angstsymptome gehabt, nachdem Sie Kaffee getrunken haben? Oder waren Sie schon einmal hungrig und deshalb ängstlich? Was wir essen und trinken hat großen Einfluss auf unser Angst‐ empfinden. Das Angebot an Ernährungsempfehlungen und Fastenkuren ist riesig. Interessant ist hierbei, dass der Mensch neben dem zentralen Nervensystem und dem autonomen Nervensystem auch noch das enterische Nervensystem besitzt, das sogenannte Bauchgehirn. Dieses Bauchgehirn ist ein Geflecht aus Nervenzellen, das nahezu den gesamten Magen-Darm- Trakt durchzieht. Es ist bis heute wenig erforscht, hat aber nachweislich sehr viele Verbindungen zum Gehirn, wird dabei aber weniger stark vom Gehirn beeinflusst. Es agiert also relativ unabhängig und steuert unter anderem die Verdauung. Vielleicht haben Sie das Buch „Darm mit Charme“ von Giulia Enders gelesen, dort beschreibt sie sehr anschaulich und unterhaltsam die Komplexität unseres Darms. 86 Angst? Frag doch einfach! Generell steigert eine gesunde Ernährung unser Wohlbefinden. Es ist dabei in der Forschung schwer herauszufinden, ob sich Menschen, die sich wohlfühlen, auch gesünder ernähren oder ob die gesunde Ernährung dazu führt, dass sie sich besser fühlen. Es gibt auch Interventionsstudien, bei denen Patient: innen lernen, sich gesünder zu ernähren, was dann auch ihr Wohlbefinden positiv beeinflusst (Taylor & Holscher, 2018). Zudem kann Essen an sich beruhigend wirken. Bereits bei den Katzen bei Joseph Wolpe, die an dem Ort, an dem sie vorher Elektroschocks erhalten haben, gefüttert wurden, hat man gesehen, dass die Angst an dem Ort durch das Essen reduziert war. Essen ist also mit Angst inkompatibel. Das ergibt Sinn, wenn man sich vor Augen führt, dass man nur an einem sicheren Ort isst, an dem man sich auch entspannen kann. Wer auf der Flucht ist oder kämpfen muss, isst nicht. Literaturtipp | In dem Buch „Darm mit Charme“ beschreibt Giulia En‐ ders ausführlich und unterhaltsam die Komplexität des Darms: Guilia Enders. (2017). Darm mit Charme. Über ein unterschätztes Organ. Ull‐ stein. Kann man Angst wegatmen? Es gibt sehr gute Atemtechniken, die akut gegen Angst helfen. Allen Atemtechniken gegen Angst ist gemeinsam, dass sie das Ausatmen ver‐ längern und dass man zählt, was an sich schon eine Ablenkung ist. So ist zum Beispiel allein die Verschiebung der Aufmerksamkeit auf den eigenen Atem sehr hilfreich und beruhigt. Viele Mediationstechniken und Achtsamkeitstrainings nutzen den Atem. Auch die → Hypnose nutzt den Fokus auf den Atem als Entspannungsmethode. Langfristig senkt langsames Atmen die Herzfrequenz und den Blutdruck. Das Wohlbefinden steigt und Entspannung stellt sich ein. Angespanntheit und Angst nehmen ab (Zaccaro et al., 2018). Übung | Die Atemübung 4711 hat nichts mit dem berühmten Parfüm aus Köln zu tun, sondern die Zahlen stehen für einen bestimmten Atem‐ rhythmus: 4 Sekunden atmet man tief ein, dann 7 Sekunden lang aus. 87 Hilfestellungen bei Angst Das Ganze wird 11 Minuten lang wiederholt. Man kann diese Übung in Situationen einsetzen, die Angst und Stress auslösen. Sie hilft auch sehr gut beim Einschlafen. Wer sich einen Eindruck über die Wirkweise der Übung verschaffen will, kann sich dieses Video anschauen: https: / / w ww.youtube.com/ watch? v=M3we4ZWN5FM. Zur Durchführung der Übung kann z. B. folgendes Video dienen: https: / / www.youtube.com / watch? v=FZuJXR-oSWo. Linktipp | In diesem Video von maiLab wird Yoga und die damit ver‐ bundenen Atemtechniken unter die Lupe genommen: https: / / www. youtube.com/ watch? v=4ksufBoeZm8. Helfen Gerüche gegen Angst? Spannenderweise ist die Antwort Ja. In einer Studie wurden Männer und Frauen im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis mit Orangenöl (citrus sinen‐ sis) beduftet und nach ihrem Befinden gefragt. Eine Kontrollgruppe, die im Wartezimmer ohne Orangenduft saß, wurde als Vergleich herangezogen. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass der Orangenduft bei den Patien‐ tinnen die Angst reduzierte und die Stimmung aufhellte. Frauen, die im Orangenduft warteten, gaben demnach geringere Angstwerte und höheres Wohlbefinden an und fühlten sich ruhiger als die Kontrollprobandinnen (Lehrner et al., 2000). Diese Befunde wurden repliziert und erweitert. So ist auch Lavendelduft angstlösend und stimmungsaufhellend. Außerdem wurden in weiteren Studien die Effekte auch bei Männern gefunden. Auch Tiere reagieren positiv auf Zitrusduft. In einer Studie wurden weibliche und männliche Ratten mit Zitrusöl beduftet und zeigten daraufhin Veränderun‐ gen in neuronalen Strukturen, die bei Angst und Schmerz eine Rolle spielen. Sie hielten auch mehr Schmerz aus, wenn sie mit Zitrusöl beduftet waren (Aloisi et al. 2002). Es kann also helfen, wenn Sie sich einen Zitrusduft in einer Sprühfla‐ sche besorgen und diesen in Ihrer Wohnung oder an Ihrem Arbeitsplatz versprühen. Natürlich riechen auch einfach frische Orangen, Zitronen und Grapefruits gut. Sie können einen angenehmen Geruch auch einsetzen, 88 Angst? Frag doch einfach! um sich bei Bedarf auf andere, positivere Gedanken zu bringen. Manche Personen tragen dazu ein kleines Fläschchen mit ihrem persönlichen Duft bei sich, das sie bei Bedarf herausholen und daran riechen können. Können Geschichten gegen Angst helfen? Es gibt viele Texte aus allen Epochen, die gegen Angst helfen. Auch in der Therapie werden sehr häufig Geschichten verwendet. Ein Vorteil von Geschichten ist, dass sie die Person, für die sie erzählt werden, nicht direkt ansprechen. Das reduziert den potenziellen Widerstand gegen die Botschaft, die mit der Geschichte überbracht werden soll. Die zuhörende Person kann die Geschichte erst einmal als Text sehen, der nichts von ihnen verlangt oder keine konkreten Anweisungen enthält. Dirk Revenstorf, ein sehr erfahrener Hypnotherapeut, verwendet Geschichten explizit ohne Handlungsanweisung für seine Klient: innen. Das Ziel ist, dass sich die Pa‐ tientin unbewusst die Teile der Geschichte heraussucht, die für sie hilfreich sind. Beispiele für solche therapeutischen Geschichten nennt er in seinem Buch „Hypnotherapie und Hypnose“. Welche Geschichten können bei Angst helfen? Es gibt viele Geschichten, die hier aufgeführt werden könnten. Ich möchte beispielhaft drei Texte nennen. Der erste Text ist der 23. Psalm aus der Bibel. Viele Personen können ihn auswendig und wenden ihn in beängstigenden Situationen an, um sich zu beruhigen. Hier die Übersetzung von Luther: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ 89 Hilfestellungen bei Angst Ein zweiter wichtiger Text ist die Beschreibung des goldenen Zeitalters bei Ovid zu Beginn der Metamorphosen, die auf das Jahr 1-8 datiert werden. Ovids Metamorphosen hatten einen sehr großen Einfluss auf Kunst und Kultur. Hier der erste Abschnitt: „Als Erstes entstand das Goldene Zeitalter, welches ohne einen Strafvoll‐ strecker, freiwillig und ohne ein Gesetz immer die Aufrichtigkeit und das rechte Tun hochhielt. Strafe und Furcht gab es nicht, auch las man keine drohenden Worte, in Erz geschrieben; keine flehende Menge zitterte vor dem Spruch ihres Richters, sondern alle waren in Sicherheit ohne einen Rächer.“ Als drittes Beispiel möchte ich den Text nennen, den Dietrich Bonhoef‐ fer 1944 in seiner Gestapo-Haft kurz vor seiner Hinrichtung schrieb. Dieser Text ist als Liedtext sehr bekannt und wird zu vielen Anlässen gesungen, in denen Hoffnung verbreitet werden soll. Hier die bekann‐ teste letzte Strophe: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kom‐ men mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Schließlich gibt es jede Menge kulturspezifischer Texte, die zum Bei‐ spiel vor dem Essen oder vor dem Schlafen gesagt werden: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Äuglein zu“ oder Schlaflieder wie „Weißt du, wieviel Sternlein stehen? “ sind Beispiele dafür. Dabei spielt sicherlich auch eine Rolle, dass man sich über das Singen oder Sprechen des Textes einer Gruppe zugehörig fühlt, zum Beispiel der Gruppe der Christen oder einer anderen Religion, zu einer bestimmten Volksgruppe oder einem Familienverbund. Linktipp | Während der ersten Welle der Coronapandemie von März bis Mai 2020 hat die „kleinste Bühne der Welt“, ein Künstler: innen-Ehe‐ paar aus meinem Heimatort Pullach bei München, eine Reihe von Ge‐ schichten als Videos veröffentlicht unter dem Titel: „Wann ist die Nacht zu Ende? Zwölf Stücke gegen die Angst“: https: / / kleinstebuehne.de/ 12-lichtblicke/ . 90 Angst? Frag doch einfach! Hilft Singen gegen Angst? Wer singt, verlängert sein Ausatmen und das allein reduziert bereits Angst. Langes Ausatmen verlangsamt den Puls und den Blutdruck. Beim Singen kommt noch die Komponente des Textes dazu, deren Inhalte auch Angst reduzieren können. Ein weiteres Element ist die Musik, also Rhythmus und Melodie. Rhythmen können auch beruhigen. Joseph Wolpe und Kol‐ legen schlagen in ihrer Übersicht zur systematischen Desensibilisierung als Entspannungsmethode vor, dass man einem Metronom zuhört. Sie empfehlen 60 Schläge pro Minute, also einen Schlag pro Sekunde wie beim Sekundenzeiger auf einer Uhr. Sie schlagen vor, das Ticken des Metronoms zusätzlich an einen Entspannungzustand im Sinne einer → klassischen Kon‐ ditionierung zu koppeln, so dass das Ticken des Metronoms noch mehr mit Entspannung verknüpft ist. Joseph Wolpe schreibt sogar, dass Patient: innen ein Mini-Metronom hinter dem Ohr tragen könnten, damit sie in ihrem natürlichen Umfeld entspannen und die systematische Desensibilisierung im Alltag angewendet werden kann. Die 60 Schläge pro Minute könnten auch einen ruhigen Puls simulieren. Es gibt leider noch nicht allzu viel empirische Evidenz zum Thema Singen und Angst. Da die Menschen starke individuelle Präferenzen haben, welche Musik auf sie entspannend wirkt, ist es schwer, standardisierte Studien durchzuführen, in denen jeder Patient die gleiche Musik hört oder singt. Aufgrund der verlängerten Ausatmung und der zusätzlich beruhigenden Inhalte durch Text und Musik kann Singen aber durchaus eine gute Möglichkeit darstellen, wenn man Angst reduzieren will. Singen in Gruppen kann nochmal speziell positiv wirken. Übung | Spielen Sie eines Ihrer Lieblingslieder ab und summen oder singen Sie mit. Beobachten Sie, wie es Ihnen geht und was dabei mit Ihrer Atmung passiert. Wie kann man Perfektionismus überwinden? Personen, die Angst haben, streben oft nach Perfektion. Dabei ist besonders relevant, dass Personen Angst haben, von anderen negativ bewertet zu werden. Sie machen sich deshalb große Sorgen und versu‐ chen, dem Umfeld keinen Anlass zu Kritik zu geben. 91 Hilfestellungen bei Angst Perfektionismus und → Depression hängen ebenfalls zusammen. In einer Studie wurde gezeigt, dass der Aspekt von → Perfektionismus, Angst vor der sozialen Bewertung zu haben, unabhängig von Depres‐ sion mit Angst zusammenhängt. Die soziale Bewertung ist also der Aspekt, der bei Angst die größte Rolle spielt (Kawamura et al., 2001). Wer perfektionistisch ist, macht sich starken Druck, der wiederum belastend sein kann und Angst fördert. Dabei gibt es ein sehr gutes Argument gegen Perfektion, das sogar wissenschaftlich belegt ist. Das Argument ist ein Befund aus der Lerntheorie, bei der es vor allem um das operante Konditionieren geht. Wenn jemand lernen soll, dass eine bestimmte Verhaltensweise gut ist und er sie öfter zeigen soll, dann sollte man dafür belohnen. Und jetzt kommt der Clou: Man sollte nicht jedes Mal belohnen, sondern im besten Fall jedes zweite Mal, natürlich zufällig verteilt über alle Durchgänge. Was bedeutet das nun für Perfektionismus? Wer perfektionistisch ist, möchte, dass immer eine Belohnung erfolgt. Deshalb muss die abgelieferte Leistung immer perfekt sein. Das führt dazu, dass man nur etwas abliefert, wenn man sich absolut sicher ist, dass es perfekt ist. Man wird also nichts ausprobieren, sondern immer auf Nummer sicher gehen. Dabei lernt man nicht dazu, sondern macht nur das, was man sowieso schon kann. Wer aber eine Trefferquote von nur 50 % hat, der kann neue Fähigkeiten lernen und diese werden sogar noch ideal verstärkt, weil nur im Schnitt jedes zweite Mal eine Belohnung erfolgt. In einer Gesellschaft wie unserer, in der es sehr stark um Leistung geht, ist dieses Argument aus meiner Sicht sehr ermutigend. Beispiel | Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihrem Hund beibringen, seine Pfote zu geben, wenn Sie sagen: „Gib mir deine Pfote! “ Also werden Sie das immer wieder wiederholen und Ihrem Hund zur Belohnung ein Leckerli geben. Nun sollte man nicht jedes Mal, wenn der Hund die Pfote wie befohlen hebt, ein Leckerli geben, sondern eben nur im Schnitt jedes zweite Mal. Dann lernt Ihr Hund das Pfötchenheben besonders gut und auch langfristig. Natürlich sind Hunde keine Menschen, aber das Beispiel soll veranschaulichen, wie das Prinzip der optimalen Ver‐ stärkungsquote funktioniert. 92 Angst? Frag doch einfach! Aus Angst wird Sicherheit Keine Angst mehr empfinden und sich stattdessen sicher und geborgen fühlen - kann das gehen? Methoden wie der sichere Ort, Zeitprogression und Hypnose helfen dabei. Wie kann aus Angst positive Energie werden? In dem Film „Frozen II“ gibt es ein starkes Bild für die Umwandlung von Angst in positive Energie. Es gibt dort eine Szene, in der Elsa einen Ozean überqueren muss. Sie versucht es mit ihrer Zauberkraft, wird aber von einem blauen Pferd, dem water spirit, nach unten gezogen und ertrinkt fast. Sie möchte schon fast aufgeben. Dann gelingt es ihr, dem Wasserpferd Zügel anzulegen, und sie setzt sich auf das Pferd, das sie dann in Windeseile über den Ozean zu ihrem Ziel trägt. Die Szene ist am Anfang sehr unheimlich und angsteinflößend. Es ist Nacht, es ist kalt, es stürmt und Elsa steht vor der unüberwindlichen Aufgabe, den Ozean zu überqueren. Das Wasserpferd ist zunächst ihr Feind, sie versucht, es zu bekämpfen, kommt nicht gegen die Stärke des Pferdes an. Dann jedoch nutzt sie das Wasserpferd, legt dem Pferd Zügel an und setzt sich auf das Pferd. Am Ende der Szene reiten die beiden harmonisch über den Ozean. Ich finde das ein ganz starkes Bild. Elsa ist eine Frau mit beachtlichen Zauberkräften und kommt selten an ihre Grenzen. Hier jedoch muss sie kämpfen, und zwar in gewisser Weise gegen ihre eigene Angst. Dann nutzt sie die Energie dieser Angst, um zu ihrem Ziel zu kommen. Wenn wir Angst haben, stellt unser Körper sehr viel Energie bereit. Diese Energie kann man in diesem starken blauen Pferd sehen. Wenn wir es schaffen, die Energie der Angst für uns zu nutzen, kann sie uns zu unserem Ziel bringen. Das bedeutet auch, dass Angst in gewisser Weise ein positives Gefühl ist, denn es stellt die Energie bereit, die es uns ermöglicht, mit großen Herausforderungen umzugehen. Linktipp | Wie aus Angst positive Energie werden kann, wird in dieser Szene mit Elsa und dem Wasserpferd aus dem Film „Frozen II“ gezeigt: https: / / www.youtube.com/ watch? v=X0akYeU_RHY. 94 Angst? Frag doch einfach! Wie kann man auch in Angstsituationen Sicherheit empfinden? Mich hat schon immer fasziniert, dass es relativ leicht ist, in psychologischen Experimenten Angst und Stress zu induzieren. Das Gegenteil, also Sicherheit und Geborgenheit, ist sehr viel schwerer zu erzeugen. Seitdem ich die Techniken der Hypnotherapie kenne, habe ich einen Weg gefunden, genau das zu tun. Die Proband: innen stellen sich dabei vor, dass sie an einem sicheren Ort sind. Extrem spannend finde ich es in meiner aktuellen Studie, Pro‐ band: innen zuerst unter Hypnose ein Gefühl der Sicherheit zu suggerieren und danach zu untersuchen, ob dieses Gefühl das Stresslevel in einer standardisierten Stresssituation reduzieren kann. Im Folgenden beschreibe ich vielversprechende Befunde, die zeigen, dass Techniken aus der Hypnose Angst und Stress reduzieren können. Das sind größtenteils Studien, die ich selbst durchgeführt habe. Einige davon laufen gerade. Sie bekommen also einen Eindruck von meiner Arbeit als Wissenschaftlerin und erfahren, wie man durch Hypnose Angst und Stress reduzieren kann. Linktipp | In dem Quarks-Beitrag „Hypnose - Hokuspokus oder Heil‐ mittel? “ zeige ich, wie Suggestionen unter Hypnose funktionieren und wie man dadurch Angst reduzieren kann. Dabei gebe ich einen Einblick in meine aktuelle Forschung und erkunde mit der Moderatorin Florence Randrianarisoa die imaginativen Bilderwelten, die in Hypnose genutzt werden: https: / / www.ardmediathek.de/ video/ quarks/ hypnose-hoku s-pokus-oder-heilmittel/ wdr/ Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTFj NzM3MmQyLTcyMGYtNGI5MS05Yjk5LTlmYWQ5ZmM2YjU2Mw (Min. 12: 30, 31: 20 und 42: 06). Kann Hypnose ein Gefühl von Sicherheit erzeugen? Mit dieser Frage beschäftige ich mich in meiner aktuellen Forschung. Für eine Studie gingen wir zu Patient: innen auf der Intensivstation, die künstlich beatmet werden mussten. Sich auf der Intensivstation zu befinden, ist allein schon beängstigend. Dazu kommt die künstliche Beatmung, die sich 95 Aus Angst wird Sicherheit furchtbar anfühlen kann, wenn es einem nicht gelingt, das Beatmungsgerät anzunehmen. Es kann zu sogenannten Asynchronien kommen, wenn die Patient: innen versuchen, gegen die Beatmungsmaschine zu atmen. Das kann sich anfühlen wie Ersticken und ist das Gegenteil von dem, was durch die künstliche Beatmung erreicht werden soll, nämlich eine Erhöhung des Sauerstoffgehaltes im Blut. In meiner Studie nun suggerierten wir den Patient: innen Sicherheit, während sie künstlich beatmet wurden. Wir leiteten sie an, sich in ihrer Vorstellung an einen sicheren Ort zu begeben. Die Ergebnisse sind beein‐ druckend. Die Patient: innen konnten die künstliche Beatmung besser an‐ nehmen, hatten weniger Angst und auch ihre körperlichen Signale zeigten Entspannung an: Die Atmung wurde langsamer und die Herzfrequenz und der Blutdruck sanken (Schmidt et al., 2021). Abbildung 10 zeigt den genauen Ablauf der Studie. Zunächst erfasst die Psychologin die Angst des Patienten vor Beginn der Beatmung. Dann legt ein Pfleger die Atemmaske an. Während der künstlichen Beatmung begleitet die Psychologin den Patienten mit therapeutischen Suggestionen. Die positive Wirkung der Suggestionen kann man beispielsweise an der langsameren Atmung erken‐ nen, die Entspannung anzeigt. Faszinierend dabei ist, dass die Vermittlung von Sicherheit über Hypnose besonders gut funktioniert, wenn sich die Proband: innen in Extremsituationen befinden. In Extremsituationen ist man nämlich in einem natürlichen Zustand der Trance, der einen sehr empfänglich macht für Suggestionen. Die Vorstellung eines sicheren Ortes ist eine solche Suggestion. 96 Angst? Frag doch einfach! Abbildung 10 | Ablauf der Studie von Barbara Schmidt et al. (2021), bei der Patient: innen in der Intensivstation während künstlicher Beatmung Sicherheit suggeriert wurde. Möglicherweise wurde durch das Gefühl der Sicherheit während der künst‐ lichen Beatmung die Entstehung einer traumatischen Erfahrung verhindert. Damit könnte ein Angst-Lernen im Sinne der → klassischen Konditionie‐ rung gar nicht erst stattgefunden haben. Das ist sehr vielversprechend, da einmal gelernte traumatische Gedächtnisinhalte nicht gelöscht, sondern lediglich überlagert werden können. Patient: innen während der künstlichen Beatmung Sicherheit zu suggerieren, könnte also eine Methode sein, um Traumata und deren negative Folgen zu verhindern. Dazu fehlen uns noch langfristige Daten, aber das ist die Perspektive, die unsere Studie aufzeigt. 97 Aus Angst wird Sicherheit Linktipp | Ein Hypnosetext, der ohne die Anwesenheit eines Hypno‐ therapeuten auf einer Intensivstation eingesetzt werden kann, ist hier abrufbar: https: / / www.uni-jena.de/ 210217_Intensivstation. Es handelt sich dabei um die Übersetzung eines Textes einer ungarischen Gruppe um Katalin Varga (Szilágyi et al., 2014), die mit diesem Text die Dauer der künstlichen Beatmung und des Aufenthalts in der Intensivstation verkürzen konnte. Durch den Einsatz des vom Band abgespielten Textes kann den Patient: innen ein stärkeres Sicherheitsgefühl gegeben werden. Eine von mir entwickelte und eingesprochene Sicherheitssuggestion, die jede: r einsetzen kann, wenn er/ sie das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit hat, findet sich gegen Ende dieses Interviews verlinkt: ht tps: / / www.uni-jena.de/ 200327_Schmidt_Interview. Wie genau kann Hypnose Angst reduzieren? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich von einem Fallbeispiel berich‐ ten: Aufgrund meiner oben erwähnten Publikation in Intensive Care Medi‐ cine rief mich die Angehörige eines Patienten an, der sich in Intensivpflege befindet. Laut ihrer Schilderung ist der Patient körperlich dazu in der Lage, selbst zu atmen, hat aber panische Angst, von der Beatmungsmaschine entfernt zu werden. Sie fragte mich nun an, ob ich meine Methode, die ich in der Publikation vorgestellt habe, bei ihrem Angehörigen anwenden könne. Ich fand den Fall sehr spannend, da ich weiß, dass es ganze Kliniken voll Patient: innen gibt, die versuchen, von der künstlichen Beatmung wieder loszukommen. Diese Entwöhnung nennt sich Weaning und fällt vielen Pa‐ tient: innen sehr schwer. Meist steckt dahinter eine traumatische Erfahrung des Erstickens. Ich telefonierte daraufhin mit dem behandelnden Arzt und ließ mir die Lage von ihm noch einmal genau schildern. Dann fragte ich die Angehörigen des Patienten nach den Ressourcen des Patienten. Wo fühlt er sich wohl, was macht er gerne? Es stellte sich heraus, dass er Eisenbahnfahren liebt. Vor allem die Brockenbahn im Harz kenne er in- und auswendig und könne gar nicht genug davon bekommen, mit dieser Eisenbahn zu fahren. Vor meiner ersten Begegnung mit dem Patienten bat ich einen Freund von mir, mir ein Foto der Brockenbahn zu schicken: Das druckte ich dann groß aus und brachte es als Begrüßungsgeschenk mit. In 98 Angst? Frag doch einfach! unserer ersten Sitzung arbeitete ich gleich mit dem mentalen Bild, in der Eisenbahn zu fahren. Ich erzählte dem Patienten einfach, dass er jetzt in der Eisenbahn sitzt, aus dem Fenster schaut, die Landschaft vorbeifahren sieht, das Ruckeln des Wagens auf den Schienen fühlt. Während sich der Patient vorstellte, mit der Eisenbahn durch den Harz zu fahren, startete die Weaning-Sitzung, er atmete also ohne die Beatmungsmaschine. Dabei wurde er über ein Gerät überwacht, das den Sauerstoffgehalt im Blut misst. Dieses Gerät piepst immer dann, wenn der Sauerstoffgehalt im Blut unter 90 % fällt. Dieses Piepsen ist dementsprechend ein Alarmsignal, das die Angst vor dem Ersticken befeuern kann. Ich erzählte dem Patienten, dass der Schaffner gerade seine Fahrkarte kontrolliere und das piepsende Geräusch vom Fahrkartenkontrollgerät käme. Der Patient machte sichtlich mit und sagte sogar selbst Dinge wie „Kohle nachschippen“, indem er mit dem Mund lautlos die Worte formte, denn hörbar laut Sprechen konnte er durch die Intubation nicht. In der ersten Sitzung schafften wir bereits zehn Minuten selbstständiges Atmen ohne das Beatmungsgerät. Das war der erste und wichtigste Schritt, denn der Patient merkte, dass er körperlich in der Lage war, selbst zu atmen, und verspürte auch keine Angst dabei. Ich kam einige Wochen hintereinander einmal pro Woche zu dem Patienten und er konnte immer länger ohne das Beatmungsgerät atmen. Schließlich kündigten wir sogar einen Ausflug nach draußen an, bei dem er zum ersten Mal seit vielen Monaten sein Zimmer in der Intensivpflege verließ. Wir fuhren mit dem Rollstuhl und dem mobilen Beatmungsgerät in den kleinen Park der Intensivpflegeeinrichtung. Ich hatte als Überraschung einen Fahrradkurier bestellt, der Eis brachte. Der Patient war überglücklich und aß sein Eis im Park, eine Situation, die für ihn vor Wochen noch unvorstellbar gewesen war. Die Behandlung dieses Patienten zeigte mir noch einmal ganz deutlich, wie stark mentale Vorstellungen unsere Angst beeinflussen. Literatur- und Linktipp | Hier ein Portrait des Patienten und ein Ein‐ druck meiner Arbeit mit ihm: https: / / www.rtl.de/ videos/ hypnose-al s-therapieform-6107f7f23ef07e2b300adfa2.html. Meine Behandlungsmethode erkläre ich in einem Interview ausführlich: https: / / www.management-krankenhaus.de/ restricted-files/ 150285 (Seite 12). 99 Aus Angst wird Sicherheit Was ist ein sicherer Ort? Ein sicherer Ort kann ein realer, aber auch ein Fantasieort sein, den man sich lediglich vorstellt. Bei der Behandlung von Traumata ist ein sicherer Ort oft ein Ort, an dem es eine sichere Abschottung nach draußen gibt. Man kann auch als Therapeutin diesen sicheren Ort mit der Patientin erarbeiten. Über Fragen wie „Was müsste jetzt noch dazu kommen, damit Sie sich vollkom‐ men sicher fühlen? “ erreicht man, dass sich der Patient oder die Patientin an diesem Ort sicher fühlt. Antworten können zum Beispiel sein, dass es einen tiefen Wassergraben um den sicheren Ort geben soll, durch den nichts hindurchkommt, ähnlich wie bei einem Burggraben. Oder der Eingang soll von kräftigen Personen überwacht werden, die niemanden hineinlassen. In einer Hypnosesitzung kann die Therapeutin mit der Patientin im Zustand der → Hypnose diesen sicheren Ort ausarbeiten und so verankern, dass die Patientin jederzeit Zugriff darauf hat. Bei der weiteren Behandlung der Patientin kann dann der sichere Ort immer wieder aufgerufen werden, wenn die Auseinandersetzung mit den traumatischen Erinnerungen zu heftig wird. Der sichere Ort ermöglicht so, dass sich die Patientin immer mehr zutraut, sich mit dem Trauma auseinandersetzen kann und dadurch lernt, es zu überwinden. Ziel ist hier, dass das traumatische Erlebnis als Erinnerung mit einem festen Zeitpunkt und einem festen Ort abgespeichert wird und damit das tägliche Leben nicht mehr so stark beeinflusst. Bei meinem Weaning-Patienten aus dem Beispiel oben war das traumati‐ sche Erlebnis das Gefühl des Erstickens, das in einer bestimmten Situation zu einer bestimmten Zeit aufgetreten ist. Diese Erinnerung wurde aber nicht als normale Erinnerung, sondern als traumatische Erinnerung abgespeichert und hat seitdem dazu geführt, dass der Patient jedes Mal, wenn er wieder ohne Beatmungsgerät atmen sollte, große Angst hatte. Diese große Angst führte zu den entsprechenden Reaktionen wie sehr schnelles Atmen, rasches Ansteigen des Pulses und dementsprechend musste der Patient dann sofort wieder an das Beatmungsgerät angeschlossen werden. Die Angstreaktion soll das Überleben des Patienten sichern, verhindert in diesem Fall aber, dass er lernt, wieder selbst zu atmen. Stellt er sich nun aber unter meiner Anlei‐ tung vor, dass er in der Brockenbahn sitzt und durch den Harz fährt, während er von dem Beatmungsgerät getrennt wird, tritt keine Angstreaktion auf und der Patient lernt, dass er ohne Probleme allein atmen kann. Diese Erfahrung wiederum hilft ihm, dass er sich immer mehr zutraut und die Zeiten ohne künstliche Beatmung immer länger werden können. Dies wiederum ist mit 100 Angst? Frag doch einfach! erweiterten Möglichkeiten verbunden: Er kann auf den Balkon oder in den Park gehen und sogar Eis essen. Seit neuestem kommt auch ein Musiker zu ihm, der singt und Gitarre spielt. Bei diesen Gelegenheiten kann er schon 2,5 Stunden selbstständig atmen. Jede Verbesserung wird positiv verstärkt und der Patient lernt, seinem Körper wieder zu vertrauen. Übung | Was könnte Ihr sicherer Ort sein? Wo fühlen Sie sich wohl? Überlegen Sie und malen Sie ihn sich mit allen Sinnen aus. Wie funktioniert die Methode des sicheren Ortes? Der sichere Ort ist eine Methode, die in nahezu allen Therapieformen vorkommt. Es geht darum, den Patient: innen Sicherheit über die eigene Vorstellungskraft zu vermitteln. Im besten Fall greift man auf bereits ge‐ machte Erfahrungen zurück. Zum Beispiel eine Situation im Urlaub, wo man am Strand saß, den warmen Sand unter den Füßen spürte, die frische Meeresluft im Gesicht fühlte, die salzige Luft eingeatmet hat, die Sonne auf der Haut fühlte. Eine Methode aus der Hypnotherapie zur Aktivierung des Gefühls der Sicherheit ist die Drei-Worte-Induktion. Dabei besinnt man sich auf drei Begriffe, die mit dem eigenen sicheren Ort in Verbindung stehen. Das können zum Beispiel die drei Begriffe Geborgenheit, Freiheit, Gelassenheit sein. Diese drei Begriffe sagt man sich im Kopf immer im Kreis vor: Geborgenheit, Freiheit, Gelassenheit, Geborgenheit, Freiheit, Gelassenheit und so weiter. Dadurch aktiviert man das Gefühl, das man an diesem sicheren Ort empfunden hat. Dies führt wiederum zu einer körperlichen Entspannung und Gelassenheit, mit der man beispielsweise einen Zahnarztbesuch sehr gut bewältigen kann. Literatur- und Linktipp | Wie die Aktivierung des Gefühls, an einem sicheren Ort zu sein, während einer Zahnarztbehandlung ablaufen kann, beschreibt Susann Fiedler in zwei Artikeln mit dem Titel „Hypnosethe‐ rapie zur Behandlung von Dental-Phobikern“. Dabei zeigt sie, dass auch Geräusche und Gerüche, die in der Zahnarztpraxis vorkommen, in den Wohlfühlort eingebaut werden können. So kann der Geschmack von Blut im Mund das salzige Wasser am Traumstrand sein oder das Bohr‐ 101 Aus Angst wird Sicherheit geräusch kann von einem abfliegenden Helikopter oder einem Motorrad herrühren, je nach persönlichem Geschmack. https: / / dgzh.de/ verein/ de utsche-zeitschrift-fuer-zahnaerztliche-hypnose/ dzzh-22005.html und ht tps: / / dgzh.de/ verein/ deutsche-zeitschrift-fuer-zahnaerztliche-hypnose/ dzzh-12006.html. Die Drei-Worte-Induktion wird in einem Fernsehbeitrag von Doc Fischer gezeigt: https: / / www.ardmediathek.de/ video/ doc-fischer/ hypnose-i mmer-haeufiger-auch-in-der-medizin-eingesetzt/ swr/ Y3JpZDovL3N3ci5 kZS9hZXgvbzE1ODYyMDY/ . Kann man Kindern Angst vor medizinischen Eingriffen nehmen? Um die Angst vor medizinischen Eingriffen bei Kindern zu senken, wird oft Midazolam gegeben. Dieses Medikament reduziert Angst. Eine Studie konnte zeigen, dass → Hypnose genauso wirksam Angst reduziert wie Midazolam. Dabei hat Hypnose den Vorteil, dass die langfristigen negativen Folgen von Midazolam entfallen. Die Behandlung mit Hypnose war also der Medikation mit Midazolam überlegen (Calipel et al., 2005). Eine ähnliche Strategie verfolge ich zusammen mit Kolleg: innen in einer aktuell laufenden Studie. In dieser versuchen wir, 3-6 Jahre alten Kindern die Angst vor einer schmerzhaften Mandel- oder Polypenoperation zu nehmen. Im Folgenden beschreibe ich das Vorgehen in unserer Studie. Etwa einen Tag vor der Operation werden die Kinder zusammen mit ihren Sorgeberechtigten von einer Anästhesistin über die Operation aufgeklärt. Hier bekommen die Kinder einen Narkose-Comic, das ihnen die Abläufe der Operation mit Narkose und allen Zwischenschritten in Zeichnungen und einfachen Texten erklärt. Dabei kommt der Affe Manchu vor, der in der Klinik wohnt und dem Kind alles erklären kann. Wir haben nun eine Hypnoseintervention entworfen, die zum Comic passt und den Kindern die bevorstehende Operation als abenteuerliche Weltraumfahrt mit dem Affen Manchu erzählt. Darin wird aus der Krankenstation die Raumfahrt Bodenstation, die Kittel der Ärztinnen und Ärzte werden zu Uniformen des Bodenpersonals, das ihnen den Start in den Weltraum erleichtern will. Die Narkose selbst ist das Abheben in den Weltraum, wo sie spannende Träume 102 Angst? Frag doch einfach! haben, die sie nachher ihren Eltern stolz erzählen können. Sie besuchen nämlich die Familie des Affen Manchu auf deren Planeten und haben ganz viel Spaß zusammen. Dieses Hörspiel bekommen die Kinder der Experimen‐ talgruppe der Studie und ihre Sorgeberechtigten über einen QR-Code mit dem Bild des Affen Manchu nach Hause und können es dort beliebig oft anhören, am besten gemeinsam. Am nächsten Tag findet in der Regel die Operation statt und wir beobachten, wie sich die Kinder in der Schleuse und beim Aufsetzen der Maske verhalten. Wir fragen auch nach der Angst der Sorgeberechtigen, die nachgewiesenermaßen einen großen Einfluss auf die Angst der Kinder hat. Einen Tag nach der Operation rufen wir bei den Kindern und ihren Sorgeberechtigen an und fragen sie, wie es ihnen nach der Operation geht. Hier werden beispielsweise Schmerzen und Übelkeit abgefragt. Wir vergleichen dann das Wohlergehen der Kinder, die zusätzlich zum Narkose-Comic das hypnotherapeutische Hörspiel bekommen haben, mit dem Wohlergehen der Kinder, die nur das Narkose-Comic bekommen haben. Von einem Kind aus der Experimentalgruppe, das den Narkose- Comic und das hypnotherapeutische Hörspiel bekommen hat, haben wir schon das Feedback erhalten, dass es sich auf die Operation am nächsten Tag gefreut hat, dass es das Hörspiel auch nach der Operation nochmal anhören wollte und dass es gar keine Übelkeit verspürte nach der Operation. Wir freuen uns sehr über dieses Feedback und hoffen auf weitere positive Ergebnisse der Studie. In dieser Studie verfolgen wir ein ähnliches Ziel wie auf der Intensivsta‐ tion: dass die Extremsituation einer schmerzhaften Operation gar nicht erst als Trauma verarbeitet wird, sondern als Abenteuer. Hier jedoch erklären wir den Kindern sogar schon vor dem Eintritt der potenziell traumatisieren‐ den Situation die einzelnen Schritte, die bei der Operation auf sie zukommen. Wenn dann am nächsten Tag die Operation stattfindet, kennen die Kinder die einzelnen Schritte bereits. Wir haben sogar Bilder des Affen Manchu an verschiedenen Stellen in der Klinik aufgehängt, so dass die Kinder den Affen aus dem Comic und der Hörgeschichte vor Ort wiederfinden. Sogar an der Decke des Operationssaals hängt er mit seiner Atemmaske, die in der Geschichte die Astronautenmaske ist. Erkennen die Kinder die beschriebe‐ nen Prozeduren wieder, vermittelt ihnen das Sicherheit und jeder Schritt bedeutet, dass sie in der Abenteuergeschichte sind, die bekanntermaßen gut ausgeht. 103 Aus Angst wird Sicherheit Linktipp | Mehr zu dieser Studie steht in der Pressemitteilung des Uni‐ versitätsklinikums Jena: https: / / www.uniklinikum-jena.de/ Unikliniku m+Jena/ Aktuelles/ Pressemitteilungen/ Ein+affenstarker+Freund+f%C3 %BCr+kleine+HNO_Patienten-pos-0-p-26294.html. Wie funktioniert die Methode der Zeitprogression? In der Kinderstudie verwenden wir die Methode der Zeitprogression, denn die Kinder stellen sich einen Tag vorher die Operation in all ihren Einzelhei‐ ten und mit gutem Ausgang vor. Dies ist eine sehr wirksame Technik aus der Hypnotherapie und wird auch sehr erfolgreich in anderen Bereichen ange‐ wendet, beispielsweise im Leistungssport. Es geht darum, sich eine Situation in der Zukunft mit einem positiven Ausgang in allen Details vorzustellen, so dass die tatsächliche Situation wie ein Drehbuch abläuft. Jedes Detail sagt das nächste Detail voraus und führt so zu dem vorgestellten positiven Ergebnis. Ausgangspunkt dieser Methode ist das positive Gefühl nach der gemeisterten Herausforderung. Die Herausforderung kann eine wichtige Prüfung sein, ein Vorstellungsgespräch, ein sportlicher Wettkampf, ein Konzert oder eine bevorstehende Operation. Nun stellt man sich das Ende dieser herausfordernden Situation in der Zukunft als großes Erfolgserlebnis mit allen dazugehörigen Gefühlen vor wie Stolz, Freude, Ausgelassenheit und Zufriedenheit. Am besten hat man in einer ähnlichen Situation schon einmal ein solches Erfolgsgefühl gehabt. Wenn nicht, kann man auch ein Erfolgsgefühl aus einer anderen Situation nehmen. Wichtig ist, dass man sich dieses Gefühl so plastisch wie möglich vorstellen kann. Hat man sich nun das Erfolgsgefühl am Ende der zukünftigen Situation vorgestellt, geht man schrittweise in der Zeit zurück, also kurz vor Ende der Situation. Dafür sollte man so viele konkrete Details der Situation einbauen wie möglich. Bei einer Operation beispielsweise gibt es eine bestimmte Abfolge einzelner Schritte, die man nutzen kann. Bei einem sportlichen Wettkampf weiß man, welche Strecke man zu laufen hat oder welchen Parcours mit welchen Merkmalen an bestimmten Stellen man zu absolvieren hat. Bei einem Vorstellungsgespräch weiß man, wo es stattfinden wird, wer einem gegenübersitzen und worum es ungefähr gehen wird. Man stellt sich nun also die Situation kurz vor dem erfolgreichen Ende vor 104 Angst? Frag doch einfach! und danach gleich das Erfolgsgefühl. Dann geht man wieder einen Schritt weiter zurück in der Zeit und stellt sich vor, man ist in der Mitte der Situation, dann am Ende und dann hat man das Erfolgsgefühl. Dieses Vorgehen wiederholt man, bis der ganze Tag des Wettkampfs, der gesamte Ablauf am Operationstag oder das gesamte Vorstellungsgespräch vor dem inneren Auge wie ein Drehbuch ganz automatisch abläuft. Man sollte diese Vorstellung immer wieder üben, bis sie ganz automatisch sitzt. Wenn dann der Tag des Wettkampfs, der Operation oder des Vorstellungsgesprächs gekommen ist, läuft das Drehbuch wie von selbst ab. Jedes vorgestellte Detail, das auch in der Realität eintritt, bestätigt, dass man im richtigen Film ist, und zieht das antizipierte Erfolgsgefühl nach sich. Beispiel | In einem Radiointerview (https: / / www.deutschlandfunkkul tur.de/ olympiasiegerin-und-schwimmerin-britta-steffen-mental-war.9 70.de.html? dram: article_id=501201) berichtet die Olympiasiegerin und Schwimmerin Britta Steffen, wie sie diese Technik mit ihrer mentalen Trainerin für ihren Wettkampf angewendet hat: „Als es losging, war klar: sieben Delphinbeinekicks unter Wasser, 40 Züge hin, jeden vierten Armzug nach rechts atmen, Augen schließen, weil ich nicht abgelenkt werden wollte von der Strategie der anderen, wenn die jetzt ganz viel Gas geben am Anfang, dass man dann nicht denkt: ‚Oh Gott, da komme ich nicht hinterher‘, sondern das hohe Gleichmaß zu schwimmen, das man draufhatte. Hin mit Delphin, es soll locker sein, es soll lang sein, es soll entspannt sein, es soll Spaß machen. Und die zweite Bahn war meine große Stärke, das heißt, die Wende, dieses Einrollen, war hinterlegt mit dem Wort ‚Kugelblitz‘, sich blitzschnell zu einer Kugel formieren. Zwei Delphinbeinekicks 44 Züge zurück, ein kleiner Hai sollte mich verfolgen, dass es ein bisschen brenzlig wird. Ich sollte die Jägerin werden und die letzten 15 Meter ohne Atmung. So war das Olympiarennen aufgebaut. Das konnte ich hundert Prozent abliefern.“ (Min. 22: 01-22: 45) Linktipp | Sehr bekannt geworden im Zusammenhang mit mentalem Training ist auch Malaika Mihambo, die 2019 mit 7,30 Metern im Weit‐ sprung den Weltrekord aufgestellt hat und 2021 die Olympia-Goldme‐ daille im Weitsprung gewann. Vor ihrem Rekordsprung 2019 setzte sie sich nach zwei missglückten Sprüngen einfach im Stadion auf den Boden 105 Aus Angst wird Sicherheit und meditierte, woraufhin sie ihren besten Sprung machte. Davon be‐ richtet sie in einem Spiegel-Interview: https: / / www.spiegel.de/ karriere/ malaika-mihambo-weitsprung-weltmeisterin-ueber-mentale-staerke-d iesen-moment-a-a030252c-5096-43e0-bb01-dd443784d8da. Wie lassen sich Gefühle möglichst plastisch vorstellen? Für eine Studie ließen der finnische Forscher Lauri Nummenmaa und seine Kolleg: innen Proband: innen auf einer Art Körperkarte verschiedene Gefühle als Aktivierungen bestimmter Körperregionen angeben. Aktive Regionen waren in Rottönen dargestellt, nicht aktive Regionen in Blautönen. Dabei kamen sehr eindeutige Muster heraus. Für das Gefühl Stolz beispielsweise waren die Brustregion und der Kopf besonders aktiv, während alle anderen Regionen nicht aktiv waren (Nummenmaa et al., 2013). Übung | Um sich ein Erfolgsgefühl vorzustellen, können Sie an eine Goldmedaille denken, die vor Ihrer Brust hängt und die Sie stolz präsentieren. Sie können sich dabei auch im Spiegel betrachten und beobachten, ob und wie sich Ihre Körperhaltung bei der Vorstellung verändert. Was ist Hypnose? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Bisher gibt es noch keine endgültig zufriedenstellende Definition. Die aktuell gültige Definition von 2015 der APA Division 30, einer Gruppe in der American Psycho‐ logical Association, die sich mit Hypnose beschäftigt, lautet: „Hypnose ist ein Bewusstseinszustand, der mit fokussierter Aufmerksamkeit und reduzierter peripherer Wahrnehmung einhergeht und charakterisiert ist durch eine erhöhte Empfänglichkeit für Suggestionen.“ (Elkins et al., 2015) 106 Angst? Frag doch einfach! In den folgenden Abschnitten erkläre ich einige Begriffe dieser Defini‐ tion genauer. Was ist ein Bewusstseinszustand? Es gibt verschiedene Arten des bewussten Erlebens: der Wachzustand, der Schlaf, das Koma oder das Träumen. Auch → Hypnose ist ein eigener Bewusstseinszustand. Bewusstseinszustände werden subjektiv erlebt, von außen sind sie schwer zu bestimmen. Zwei Möglichkeiten, Bewusstseinszu‐ stände zu klassifizieren, gibt es jedoch: Zum einen gibt es Beobachtungsskalen wie die Glasgow Coma Scale, auf der man einen Wert von 3 bis 15 erreichen kann, wobei 3 für tiefes Koma steht und 15 für volles Bewusstsein. Sie wird oft in der Intensivmedizin verwendet. Der Wert setzt sich aus drei Beobachtungen zusammen: Es wird getestet, ob die Person die Augen öffnet, ob sie ansprechbar ist und ob sie auf einen leichten Schmerzreiz reagiert. Für alle drei Kriterien werden Punkte vergeben und am Ende addiert. Zum anderen kann man anhand des Elektroenzephalogramms, das die elektrische Aktivität des Gehirns aufzeichnet, Bewusstseinszustände grob bestimmen. Dabei misst man mit Elektroden an der Kopfhaut die elektri‐ schen Schwingungen des Gehirns. Dabei gilt: Je langsamer die elektrischen Schwingungen, desto weniger aktiv ist die Person. Die EEG-Frequenzen werden in Hertz, also in Schwingungen pro Sekunde, angegeben. In der tiefsten Tiefschlafphase sind sogenannte Delta-Wellen dominant. Diese sind sehr langsam, weniger als vier Schwingungen pro Sekunde. Im Übergang vom Wachzustand zum Schlaf sind Theta-Wellen dominant, die vier bis sieben Mal pro Sekunde schwingen. Bei entspannter Wachheit sind im EEG vor allem Alpha-Wellen zu sehen, die 8bis 13-mal pro Sekunde schwingen. Besonders ausgeprägt sind die Alpha-Wellen bei geschlossenen Augen und ohne mentale Beschäftigung. Bei offenen Augen und mentaler Anstrengung ist das Gehirn im Beta-Wellenbereich mit 13 bis 30 Schwingungen pro Sekunde. Bei sehr starker Konzentration, aber auch während intensiver Meditation schwingt das Gehirn sehr schnell im Gamma-Bereich, also über 30-mal pro Sekunde. 107 Aus Angst wird Sicherheit Bewusstseinszustand messbare Wellen Frequenz Tiefschlaf Delta-Wellen weniger als 4 Schwingun‐ gen pro Sekunde Übergang Wachzustand - Schlaf Theta-Wellen 4 bis 7 Schwingungen pro Sekunde entspannte Wachheit Alpha-Wellen 8 bis 13 Schwingungen pro Sekunde wach mit offenen Augen und mentale Anstrengung Beta-Wellen 14 bis 30 Schwingungen pro Sekunde starke Konzentration, inten‐ sive Meditation Gamma-Wellen über 30 Schwingungen pro Sekunde Tabelle 2 | Überblick über Bewusstseinszustände und die entsprechenden messbaren EEG-Gehirnaktivitäten Am EEG kann man ablesen, wie tief eine Person im Koma oder in Narkose ist und ob die Person schläft. Beim Schlaf kann man zwischen verschiedenen Schlafstadien unterscheiden. Wie lässt sich der Bewusstseinszustand der Hypnose bestimmen? Bei Experimenten mit EEG lässt sich meist viel Aktivität im Alpha-Bereich feststellen. Die Alpha-Wellen kann man im EEG sogar mit bloßem Auge sehen. Das sind daher auch die ersten Gehirnwellen, die man überhaupt bestimmen konnte. 1929 hat Hans Berger erstmals das EEG eines Menschen in Jena aufgezeichnet und in einer wissenschaftlichen Abhandlung beschrie‐ ben. Dieser dominanten Schwingung hat er den ersten Buchstaben des griechischen Alphabets zugeordnet, alpha. Zur eindeutigen Bestimmung, ob eine Person in → Hypnose ist oder nicht, reicht die Analyse des EEG leider nicht aus. Man kann allerdings anhand des EEG feststellen, dass Hypnose nicht Schlaf ist, obwohl der Name Hypnose vom griechischen Hypnos, dem Gott des Schlafes, stammt. Und man kann im EEG untersuchen, wie das Gehirn während der Hypnose auf Reize reagiert. 108 Angst? Frag doch einfach! Linktipp | In der RBB-Dokumentation „Die Wahrheit über … Hypnose“ sieht man, wie meine EEG-Hypnosestudien im Labor ablaufen: http s: / / www.youtube.com/ watch? v=ctwxSjRrGco. Was ist eine Suggestion? Suggestionen sind Vorschläge für mentale Vorstellungen, die der Hyp‐ notherapeut der zu hypnotisierenden Person macht. Die Einladung, sich einen sicheren Ort vorzustellen, ist zum Beispiel eine Suggestion. Auch das Holzbrett, das sich die Proband: innen vor ihren Augen in einer meiner Studien vorstellen sollten, ist eine Suggestion. Dieses Holzbrett hinderte sie daran, die Symbole auf einen Bildschirm vor sich zu sehen, zum Beispiel ein blaues Quadrat. Die Aufgabe der Proband: innen war es, die blauen Quadrate zu zählen, die neben gelben Dreiecken und roten Kreisen nacheinander auf dem Bildschirm gezeigt wurden. Nachdem ich ihnen unter → Hypnose suggerierte, dass sie ein Holzbrett vor den Augen haben, konnten sie die blauen Quadrate auf dem Bildschirm nicht mehr korrekt zählen und auch im EEG sah man stark reduzierte Gehirnantworten auf die blauen Quadrate. In der Kontrollbedingung konnten die Proband: innen die blauen Quadrate problemlos zählen und die Gehirnantworten auf die blauen Quadrate waren viel stärker ausgeprägt, so wie es normalerweise der Fall ist, wenn man sich auf ein bestimmtes Ereignis besonders konzentriert. Die Vorstellung eines Holzbretts vor den Augen ist eine Suggestion (Schmidt et al., 2017). Suggestionen sollten immer positiv formuliert sein, da man sich nicht etwas nicht vorstellen kann. Wenn ich Ihnen sage: „Denken Sie jetzt nicht an einen weißen Bären“, dann werden Sie öfter an einen weißen Bären denken, als wenn ich Ihnen gesagt hätte: „Denken Sie jetzt an einen weißen Bären.“ Das wurde in einer vielzitierten Studie von Daniel Wegner und Kollegen gezeigt (Wegner et al., 1987). Ein anderes Beispiel einer unglücklich formulierten Suggestion wäre: „Vergiss nicht, dir deine Hände zu waschen“, denn das suggeriert genau das Vergessen, da das Wort „nicht“ nicht wie intendiert verarbeitet wird. Positiv formuliert würde die Suggestion lauten: „Denke daran, dir 109 Aus Angst wird Sicherheit deine Hände zu waschen.“ Um den Erfolg noch zu steigern, kann man dieses „an etwas denken“ an eine Bedingung knüpfen, beispielsweise: „Immer, wenn du etwas essen möchtest, denke daran, dir deine Hände zu waschen.“ Damit löst die Situation „Ich möchte etwas essen“ den Gedanken an das Händewaschen aus. Ein Beispiel für eine negative Suggestion zum Thema Angst ist der Ratschlag: „Hab keine Angst.“ Diese Suggestion ist nicht hilfreich, weil sie genau Angst auslöst. Positiv formuliert wäre es besser zu sagen: „Fühle dich sicher und geborgen.“ Auch hier ist es hilfreich, die angstauslösende Situation miteinzubeziehen und zu sagen: „Immer, wenn du das Piepsen einer Maschine im Krankenhaus hörst, fühlst du dich sicher und geborgen.“ Ein weiteres Merkmal von Suggestionen ist, dass sie mit Bildern arbeiten. Am besten mit Bildern, die alle Sinne ansprechen. Was auch hilft, ist, wenn man Dinge beschreibt, die die Person schon einmal erlebt hat. In meinen Studien habe ich zum Beispiel ein reales Holz‐ brett gezeigt und gesagt, dass das vorgestellte Holzbrett so aussehen könnte. Es kann natürlich auch anders aussehen. Das haben mir die Proband: innen dann auch berichtet. Ein Proband hat sich sein Frühstücksbrett vorgestellt, eine andere Probandin hat alles wie hinter weißen Wolken wahrgenommen. Man kann als Hypnotherapeut: in auch viele Freiheiten lassen bei der Vorstellung eines mentalen Bildes. So können auch nur Anregungen gegeben werden: „Vielleicht liegen hier am Strand Steine, vielleicht auch Muscheln oder Sand.“ Dann kann sich die Person aussuchen, was für sie gerade passend ist. Man kann auch vorher alles genau absprechen und sich von der Person schildern lassen, wie die Details ihres inneren Bildes aussehen. Es reicht aber im Normalfall, wenn man einfach ein paar Fragen stellt wie: „Wie sieht es denn jetzt hier genau aus? Was fühlst du? Was riechst du? Was hörst du? “ Damit kann sich die Person ihr ganz persönliches Bild vorstellen. Wenn in der darauffolgenden Suggestion ein paar abgesprochene Details vorkommen, freut sich die Person natürlich, da das ein Zeichen der Aufmerksamkeit des Therapeuten ist. Das kann wiederum das Vertrauensverhältnis zwischen den Personen stärken, was ein wichtiger Wirkfaktor von Suggestionen und → Hypnose ist. 110 Angst? Frag doch einfach! Was bedeutet Empfänglichkeit für Suggestionen? Die Empfänglichkeit für eine Suggestion bedeutet, wie gut man sich auf eine gegebene Suggestion einlassen kann. Die sogenannte Suggestibilität messe ich in meinen Studien immer vor den eigentlichen Messungen mit einem Gruppentest, der in Harvard 1963 entwickelt wurde, der Harvard Group Scale of Hypnotic Susceptibility oder kurz HGSHS. Dieser Gruppentest enthält eine standardisierte Hypnoseinduktion und zwölf Suggestionen. Die Proband: innen bewerten nach dem Test, ob sie den Suggestionen gefolgt sind. Aus der Summe dieser Bewertungen resultiert ein Wert zwischen 0 und 12, wobei 0 für „gar nicht suggestibel“ und 12 für „hoch suggestibel“ steht. So finde ich vor der eigentlichen Messung in meinen Experimenten heraus, wie stark die Person auf hypnotische Suggestionen anspricht. Darüber hinaus machen die Personen ihre erste Hypnoseerfahrung und lernen mich kennen. So kann bereits ein Vertrauensverhältnis entstehen. Die Suggestibilität ist in der Bevölkerung normalverteilt, das heißt, es gibt sehr viele Menschen im mittleren Bereich und wenige, die sehr gut oder sehr schwer auf Suggestionen ansprechen. Es sprechen also eigentlich alle Menschen auf hypnotische Suggestionen an, nur nicht alle gleich stark. Die Suggestibilität ist übrigens ein sehr stabiles Persönlichkeitsmerkmal. Carlo Piccione und Kollegen haben herausgefunden, dass Personen auch 25 Jahre nach der ersten Suggestibilitätsmessung noch einen ähnlichen Suggestibilitätswert aufweisen (Piccione et al., 1989). Wie suggestibel man ist, hängt dabei nicht mit anderen Persönlichkeitseigenschaften oder der Intelligenz zusammen. Ich habe in meiner ersten Hypnosestudie drei gleich große Gruppen un‐ tersucht, die niedrig, mittel oder hoch suggestibel waren laut ihrem HGSHS- Wert. In der eigentlichen Messung unterschieden sich die Proband: innen der drei Gruppen jedoch kaum. Wenn ich mit praktisch tätigen Hypnothe‐ rapeut: innen spreche, bestätigen sie mir diese Beobachtung und halten fest, dass sie vor einer Hypnotherapie nicht die Suggestibilität bestimmen. Entscheidend ist die vertrauensvolle Beziehung zur Therapeutin sowie die Motivation des Patienten. Das bedeutet, dass → Hypnose prinzipiell für alle Personen geeignet ist, man muss vor einer Therapie keinen Suggestibi‐ litätstest machen (Shor & Orne, 1963; Schmidt et al., 2017). 111 Aus Angst wird Sicherheit Linktipp | Wie ein Hypnose-Gruppentest abläuft, zeige ich in einer Folge der ZDF-Reihe TerraXplore mit Jasmina Neudecker und der Wis‐ senschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim. Darin werte ich auch die Ergebnisse aus und teile den beiden mit, welchen Wert sie erzielt haben: https: / / www.youtube.com/ watch? v=f5_IXt1zbDY. Wie fühlt sich Hypnose an? Hypnose ist ein sehr subjektives Erlebnis. Vergleichen lässt sich Hyp‐ nose zum Beispiel mit der Situation im Kino: wenn man sich ganz auf den Film einlässt, alles um sich herum vergisst und auch jedes Zeitgefühl verliert, wenn man einfach eins ist mit dem Film, den man ansieht. Oder man vertieft sich total in ein Buch, schaut aus dem Zugfenster, fährt eine sehr bekannte Strecke und weiß nachher nicht mehr, wie man eigentlich ans Ziel gekommen ist. Ebenso kann man sich auch beim Musizieren in einen Zustand bringen, der Hypnose ähnelt. Diese Beispiele machen deutlich, dass der Zustand der Hypnose auch ganz natürlich im Alltag vorkommt. Dort nennt man ihn jedoch eher → Trance. Trance ist ein natürlich auftretender, hypnoseartiger Zustand. In den beschriebenen Situationen ist keine Therapeutin an‐ wesend, die die Hypnose einleitet. Das ist aber auch nicht unbedingt notwendig, da man sich mit etwas Übung auch selbst durch Autohyp‐ nose in einen hypnotischen Zustand versetzen kann. Was ist reflektiertes und was ist automatisches Verhalten? Das Gefühl, in → Hypnose zu sein, ist ein Gefühl des Passieren-Lassens. Wir sind in unserem Alltag sehr geprägt von zielgerichtetem Verhalten, von Plänen, von To-Do-Listen und Terminen. Das Gefühl, in Hypnose zu sein, ist in etwa das Gegenteil davon. In der Psychologie gibt es eine Reihe von Zwei-Prozess-Theorien, die auch diesen Gegensatz zwischen reflektiertem und automatischem Verhalten beschreiben. Beispielsweise beschreibt Daniel Kahneman in seinem Buch „Thinking fast and slow“ diese zwei Prozesse als schnell und langsam. Dabei wird angenommen, dass bewusst gesteuertes 112 Angst? Frag doch einfach! Verhalten langsam ist und viel Anstrengung erfordert, während automati‐ sches Verhalten schnell ist und wenig Anstrengung erfordert. In Hypnose ist man eher im automatischen Modus; wenn Sie Ihren Tag mit Terminen und Aufgaben strukturieren, sind Sie eher im reflektierten Modus. Wie reflektiertes Verhalten automatisches verlangsamen kann, zeigt folgendes Beispiel: Wenn Sie eine Treppe hinuntergehen und sich dabei ganz genau darauf konzentrieren, welche Bewegungen Ihr linkes Knie macht, dann wird dieses Reflektieren den automatischen Prozess des Laufens derart behindern, dass Sie sehr langsam gehen werden oder gar nicht mehr wissen, wie man Treppen steigt. Daran erkennt man, dass unser Gehirn darauf ausgelegt ist, in Bewegungen zu denken und diese auszuführen. Jede einzelne Bewegung ist ein wahnsinnig fein abgestimmter Prozess vieler verschiedener Muskeln, und diese Prozesse laufen meist ganz automatisch ab, sobald wir sie einmal gelernt haben. Denkt man zum Beispiel an das Fahrradfahren-Lernen, dann kann man hier diesen Unterschied feststellen: Am Anfang ist jedes Aufsteigen eine sehr wackelige Angelegenheit und kostet viel Kraft und Durchhaltevermögen, am Ende geht das Fahrradfahren ganz automatisch. Das ist die große Stärke unseres Gehirns, es leistet die meiste Arbeit einfach im Hintergrund, ohne dass wir viel davon bemerken. Diese Fähigkeit können wir nun nutzen, indem wir Prozesse, die wir mit viel Aufwand und bewusstem Denken steuern und die dadurch langsam sind und viel Energie kosten, einfach in die automatische Ebene verlagern. Dabei kann Hypnose und entsprechende Suggestionen helfen. Sportler: innen bei‐ spielsweise denken im Wettkampf nicht an einzelne Bewegungen, sondern haben oft mentale Bilder, die die Bewegung in einer ganzheitlichen Art und Weise beschreiben. Indem sie an dieses Bild denken, werden automatisch die richtigen Bewegungen abgerufen. Natürlich setzt das voraus, dass sie die richtigen Bewegungen vorher gelernt haben. Eine professionelle Violin‐ spielerin muss also zunächst sehr viel üben, um sich dann für ein bestimmtes Stück ein mentales Bild zurechtzulegen, das die nötigen Bewegungen zum Spielen des Stückes automatisiert. Sie steht dann auf der Bühne und denkt nicht an einzelne Noten oder bestimmte Bewegungen, sondern der gesamte Ablauf ist durch ihr mentales Bild so automatisiert, dass sie es einfach passieren lassen kann. Dadurch kann sie in der Leistungssituation all ihre Fähigkeiten abrufen, ohne dass ein bewusstes Nachdenken über einzelne Prozesse den Ablauf ihrer Bewegungen behindern. 113 Aus Angst wird Sicherheit Ist Hypnose mehr als Entspannung? Ja! Man kann im hypnotischen Zustand sehr aktiv sein. Wie vorhin beschrie‐ ben geschehen Höchstleistungen meist in → Trance. Dabei liegt wieder die Besonderheit im Modus des Passieren-Lassens, in dem ein bestimmtes Verhalten ganz automatisch ablaufen kann. So kann → Hypnose sowohl Entspannung bedeuten, aber auch den idealen Leistungszustand für eine bestimmte Sportart. Beispiel | Ich habe einmal einer Freundin eine Suggestion gegeben, mit der sie sich während eines Marathonlaufs motivieren kann. Dafür sollte sie mir beschreiben, wie sich der optimale Zustand während des Laufens für sie anfühlt. Sie hat mir ein Bild beschrieben, in dem sie mit einem wilden Mustang durch das Monument Valley reitet, Wind im Haar, roter Sand unter sich, ganz eins sein mit dem Pferd und Freiheit fühlen. Sie hatte eine ähnliche Situation schon einmal in der Realität erlebt und konnte sich das deshalb sehr gut vorstellen. Ich habe ihr dann unter Hypnose dieses Bild ganz genau beschrieben und ihr gesagt, dass sie diesen optimalen Zustand nun jederzeit während des Laufens aktivieren kann, wenn sie das Wort „Freiheit“ denkt. Nach der Sitzung war sie ganz erstaunt und meinte, dass ihr Herz ganz schnell geschlagen hätte, dabei war sie doch in Hypnose und demzufolge tief entspannt. Darauf habe ich ihr gesagt, dass sie ja auf einem wilden Mustang geritten ist und dass dabei natürlich das Herz schneller schlägt. Hypnose ist also mehr als Entspannung. Sie hilft dabei, sich mentale Bilder ganz intensiv vorstellen zu können. Wie leitet man eine Hypnose ein? Die folgende Einleitung einer → Hypnose wird so standardmäßig prakti‐ ziert. Natürlich setzt hier jeder Therapeut seine eigenen Schwerpunkte oder hat eigene Variationen. Die Person, die in Hypnose versetzt wird, sollte entspannt auf einem Stuhl sitzen, mit beiden Beinen auf dem Boden. Die Arme werden auf den Beinen abgelegt. Dann soll sich die Person einen Punkt vor sich auf dem 114 Angst? Frag doch einfach! Boden, etwa zwei Meter vor sich, aussuchen und diesen Punkt anschauen. Nun suggeriert die Hypnotherapeutin, dass die Person ganz hier im Raum ankommt, spürt, wie der Körper auf dem Stuhl sitzt und wie die Beine fest auf dem Boden stehen. Nacheinander werden die Muskelpartien des Körpers durchgegangen. Die Hypnotherapeutin sagt, dass sich die Beine entspannen, dass sich der Rumpf entspannt, dass sich der Nacken entspannt. Dabei soll die Person immer auf den Punkt vor sich schauen. Dann darf sich die Person auf ihren Atem konzentrieren. Bei jedem Ausatmen kann die Person spüren, wie sie sich tiefer entspannt. Idealerweise wird immer in die Ausatemphase der Person gesprochen, so dass die Entspannungssuggestionen auch in der Phase kommen, in der sich die Person sowieso durch das Ausatmen entspannt. Denn bei der Ausatmung verlangsamt sich der Herzschlag. Danach suggeriert die Hypnotherapeutin, dass die Augen ganz schwer werden, dass der Punkt verschwimmt oder sich die Farbe verändert. Es liegen Gewichte auf den Augen, die die Augen ganz schwer werden lassen. Dann schließt die Person die Augen und es kann mit dem weitergemacht werden, was zuvor mit der Person abgesprochen wurde. Dies kann zum Beispiel eine Reise an den sicheren Ort der Person sein, es kann eine bestimmte Situation beschrieben werden und es ist auch möglich, die Hypnose an dieser Stelle noch zu vertiefen. Dabei zählt die Hypnotherapeutin von 1 bis 20 und sagt, dass die Person mit jeder Zahl noch tiefer in Hypnose geht. Wahlweise kann hier auch mit einer vorgestellten Treppe, deren Stufen man hinauf- oder hinuntergeht, gearbeitet werden, je nach Vorliebe der hypnotisierten Person. Wie beendet man eine Hypnose? Eine häufig angewandte und effektive Methode zur Ausleitung der → Hyp‐ nose, ist das Zählen. Die Hypnotherapeutin zählt beispielsweise von 20 auf 1 und sagt, dass die Person bei 1 wieder ganz wach ist. Dann sagt die Hynoptherapeutin, dass die Person die Augen öffnen soll und noch ein paar tiefe Atemzüge nehmen soll, sich strecken soll, um wieder ganz im Hier und Jetzt anzukommen. Meistens fühlen sich die Personen nach einer Hypnosesitzung ganz erfrischt, manche beschreiben das Gefühl wie nach einer Dusche oder nach einem kurzen und erholsamen Schlaf. Hypnose kann also auch für eine effiziente Erholung genutzt werden. 115 Aus Angst wird Sicherheit Literaturtipp | Wer Hypnose einmal zu Hause für sich ausprobieren möchte, kann sich dazu spezielle Hypnosetexte anhören. Man kann sie sowohl zur Entspannung während des Tages nutzen als auch zum bes‐ seren Einschlafen. Empfehlenswert ist hier zum Beispiel das Audiobook „Die Reise ins zauberhafte Land vom Regenbogen“ von Ursula Lirk. Hier werden die Zuhörer: innen am Ende entweder wieder ins Hier und Jetzt geleitet oder man überspringt den Ausleitungsteil und gleitet direkt in den Schlaf hinüber (https: / / www.artistcamp.com/ dr-ursula-lirk/ die-reis e-ins-zauberhafte-land-vom-regenbogen/ 9008798210244/ index.html). Warum hilft Hypnose so gut gegen Angst? Hier sind mehrere Faktoren relevant. Zum einen ist der entspannte Zustand der → Hypnose hilfreich. Entspannung ist nicht kompatibel mit Angst, man kann nicht beides gleichzeitig empfinden. Zum anderen ist man bei Angst bereits in einem tranceartigen Zustand und spricht daher auch gut auf → Suggestionen an. Es gibt in → Trance die sogenannte Trancelogik. Das heißt, in Trance gelten andere Gesetze, man kann sich Dinge einfach vorstellen, auch wenn sie seltsam klingen. Man stellt nicht alles in Frage, sondern akzeptiert einfach, dass etwas so ist, wie es ist. Bei Angst gibt es ähnliche Phänomene, das heißt, die Person weiß rational, dass es zum Beispiel keinen Grund gibt, vor einer Maus in → Panik zu geraten, tut es aber trotzdem. Im hypnotischen Zustand ist man also sehr nah an einem Zustand, den man auch bei Angstzuständen hat. Bildlich gesprochen befindet man sich im richtigen Stockwerk, wenn Angst mit Hypnose behandelt wird. Rationale Erklärungen, warum eine Maus keine Gefahr darstellt, erreichen die verängstigte Person in diesem Moment nicht. Das wäre also ein anderes Stockwerk. Unter Hypnose ist man auch bereit, Dinge zu verändern, indem man sich diese Veränderung zunächst einfach nur vorstellt. Wie läuft Angsttherapie unter Hypnose ab? In meinem ZDF-Dreh mit Mai Thi Nguyen-Kim für TerraXplore behandelte ich ihre Spinnenphobie mit → Hypnose. Dabei erzählte sie mir im Vorfeld, 116 Angst? Frag doch einfach! dass sie als Kind ein Was-ist-was-Kinderbuch hatte, in dem eine Vogelspinne abgebildet war und sie hatte immer Angst, diese Seite aus Versehen aufzu‐ blättern. Das Wissen um die Situation aus der Kindheit nahm ich mit in die Hypnose: Ich sagte ihr, dass sie sich vorstellen soll, wieder in ihrem Kinderzimmer zu sein. Nach Einleitung der Hypnose war sie also mental in ihrem Kinderzimmer und das Was-ist-was-Kinderbuch lag auf dem Tisch. Ich suggerierte ihr, dass sie nun zu dem Buch hingeht und ihre Hand darauflegt, was sich ganz normal anfühlt. Dann machte sie mit ihrem Daumen eine Art Daumenkino, so dass alle Seiten ganz kurz zu sehen waren. Auch das war in Ordnung. Dann schauten wir alle Seiten einzeln an, bis wir zu der Seite mit der Vogelspinne kamen. Da merkte ich, wie ihr Herzschlag und ihre Atmung schneller wurden. Es war klar, dass sie Angst hatte. Ich sagte, dass es in Ordnung sei, aufgeregt zu sein, dass die Spinne aber nur ein Bild auf einer Seite in einem Buch sei. Danach leitete ich sie an, in ihrer Fantasie auf eine Expedition zu gehen, wie sie es als Kind oft und gerne machte. Auch dies hatte sie mir vorher erzählt. Ich beschrieb ihr, wie sie in einem Urwald ist, in dem all die spannenden Tiere sind, für die sie sich interessiert. Ich beschrieb ihr Geruch, Aussehen und Geräusche des Urwalds. Dann sagte ich ihr, dass sie dort eine Vogelspinne sitzen sieht. Sofort gab es wieder körperliche Angstsignale. Ich griff sie auf, indem ich sagte, dass es ganz normal sei, aufgeregt zu sein, wenn man etwas zum ersten Mal macht und wenn man einem neuen Tier zum ersten Mal begegnet. Ich sagte ihr, dass neben der Spinne eine Person sei, die sich sehr gut mit Spinnen auskenne. Diese Person nimmt die Spinne auf die Hand und zeigt sie ihr. Sie kann sie aus sicherer Entfernung betrachten. Sie ist so neugierig, dass sie selbst Lust bekommt, die Spinne auf der Hand zu spüren. Wie schwer sie wohl ist? Wie sich die Beine wohl anfühlen? Ich suggerierte ihr, dass sie die Hand ausstreckt und die Spinne darauf krabbeln lässt. Ich schilderte ihr, wie spannend es ist, diese Erfahrung zu machen und wie fasziniert sie von diesem besonderen Tier ist. Danach suggerierte ich ihr, dass wir wieder in ihr Kinderzimmer und zu ihrem Buch zurückkehren. Wir schauen nochmal die Seite mit der Vogelspinne an. Und auf einmal ist das gar nicht mehr aufregend, sondern ganz normal. Jetzt kennt sie ja die echte Spinne und weiß, wie sie sich anfühlt. Dann führte ich sie wieder aus der Hypnose heraus. Im Nachhinein berichtete sie, dass sie wirklich Angst hatte, als ich die Spinne beschrieb. Und dass sie bei der Schilderung des Urwalds einen „Filmriss“ hatte, was dafür spricht, dass sie sich ganz auf die Erfahrung eingelassen hat. 117 Aus Angst wird Sicherheit Am Ende des Drehtags probierten wir dann aus, ob Mai Thi nun tatsäch‐ lich eine Vogelspinne auf ihre Hand nehmen kann. Dafür hatten wir eine Tiertrainerin mit einer Vogelspinne vor Ort. Diese hatte ich in → Trance schon vorbereitet als Person, die sich sehr gut mit Spinnen auskennt und die die Spinne als Erste in die Hand nimmt. Die Spinne lief auf einem Tisch hin und her, wobei sie immer wieder drohte herunterzufallen. Man musste dann die Hand hinhalten, damit sie auf dem Tisch blieb, denn ein Sturz vom Tisch kann für eine Vogelspinne tödlich sein. Nach und nach traute sich Mai Thi nun auch an die Spinne und hielt auch die Hand an die Seite des Tisches, damit die Spinne nicht herunterfiel. Dabei berührte die Spinne sie mit einem Bein ganz vorsichtig an der Hand. Sie war ganz begeistert und rief „Die Spinne hat mir ein High Five gegeben! Wie süß! “ Danach war das Eis gebrochen und sie hatte die Vogelspinne tatsächlich auf der Hand. Man kann in → Hypnose eine andere Reaktionsmöglichkeit durchspielen für eine Situation, die normalerweise Angst auslöst. Oder man kann sich die Angst selbst als etwas vorstellen, das man loswerden kann. Bei dem Video, das unten im Linktipp angegeben ist, stellt sich die Angstpatientin unter Anleitung der Hypnotherapeutin vor, dass ihre Angst eine Sandburg am Strand ist, die immer kleiner und kleiner wird, so dass sie sie am Ende zertreten kann. Meine Erfahrungen und die Erfahrungen vieler praktizierender Hypno‐ therapeut: innen zeigen, wie wirksam solche → Suggestionen sind, auch wenn sie zunächst fast zu schön klingen, um wahr zu sein. Linktipps | Die beschriebene Hypnosesituation mit Mai Thi ist ab etwa Min. 24 zu sehen: https: / / www.youtube.com/ watch? v=f5_IXt1zbDY. In diesem Video von psychologeek zeigt die Sprecherin, wie sie mithilfe von Hypnose von ihrer Spritzen- und Nadelphobie geheilt wurde: https: / / www.youtube.com/ watch? v=UJ9lZSVJoPI. Wirkt eine Suggestion auch noch nach der Hypnose? Ja, eine Suggestion kann auch nach der Hypnose weiterwirken. Dafür gibt es eine spezielle Technik, die post-hypnotische Suggestion. Das sind → Suggestionen, die während der → Hypnose gegeben werden und dort 118 Angst? Frag doch einfach! an einen Auslösereiz geknüpft werden. So können die Suggestionen auch nach der Hypnose wirksam bleiben. In meinen aktuellen Studien ist das ein einfacher Zettel, auf den die Proband: innen unter Hypnose nach der Vorstellung, dass sie sich an ihrem sicheren Ort befinden, ein S für Sicherheit schreiben. Ich suggeriere ihnen dann, dass immer, wenn sie in Zukunft auf dieses S auf dem Zettel schauen, sie das Gefühl wieder genauso haben wie in dem Augenblick. Ich sage ihnen auch, dass sie den Zettel zusammenfalten und einstecken sollen und ihn somit ganz nah bei sich haben. In einer aktuellen Veröffentlichung zeige ich mit meinem Kollegen Justin Böhmer, dass der S-Zettel auch Wochen nach der Hypnosesitzung noch das Gefühl von Sicherheit auslöst. Damit kann man also einen langfristigen Therapieeffekt nach nur einer Sitzung erzeugen (Böhmer & Schmidt, 2022). In einer meiner aktuell laufenden Studien teste ich die Wirkung dieses S- Zettels in einer akuten Stresssituation. Die Stresssituation basiert auf einem standardisierten Test, dem Trierer Sozialen Stress Test (Kirschbaum et al. 1993). Dabei präsentieren sich meine Proband: innen vor zwei Personen mit weißem Kittel in einem fiktiven Vorstellungsgespräch und einer Kopfre‐ chenaufgabe. Die weißgekleideten Juror: innen verziehen dabei keine Mine und geben keinerlei Rückmeldung, außer die Person macht einen Fehler in der Rechenaufgabe. Dann muss die Person wieder von vorne beginnen. Die Hälfte der Versuchspersonen darf während dieser Stresssituation den S-Zettel nutzen, die andere Hälfte bekommt einen Zettel mit einem X, der keine Sicherheit auslöst. Wir messen die Reaktion auf den Stresstest mit subjektiven Bewertungen, Blutproben und Speichelproben, in denen wir unter anderem → Adrenalin, → Cortisol und Immunparameter messen. Eine Woche nach dem Stresstest frage ich die Proband: innen noch einmal nach der Wirkung des S-Zettels. Linktipp | Wie das Hypnose-Stress-Experiment abläuft, kann man sich in der Sendung Doc Fischer anschauen: https: / / www.ardmediathek.de/ v ideo/ doc-fischer/ hypnose-immer-haeufiger-auch-in-der-medizin-eingese tzt/ swr/ Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE1ODYyMDY/ (ab Min. 5: 40). 119 Aus Angst wird Sicherheit Wie kann Hypnose die eigenen Handlungsspielräume erweitern? Das Menschenbild in der Hypnose ist sehr positiv. Nach Milton Erickson, einem der modernen Gründerväter der Hypnose, geht man davon aus, dass dem Menschen alle nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen, um seine Probleme zu lösen. Der Hypnotherapeut hilft lediglich dabei, diese Ressourcen zu aktivieren. Eine solche Ressource ist der sichere Ort, das Gefühl, optimale Leistung zu bringen in einer herausfordernden Situation wie einem Wettkampf, das Erfolgsgefühl danach. All diese Ressourcen liegen in der hypnotisierten Person selbst, sie müssen lediglich aktiviert werden. Man kann sich die Hypnose auch ein bisschen vorstellen, wie wenn ein Kind an einem sicheren Ort spielt. Es probiert sich aus, spielt Rollenspiele, lernt sich selbst kennen und lernt dadurch hilfreiche Verhaltensweisen, die später zum Einsatz kommen können. Dabei entsteht Selbstvertrauen und Selbstwert, denn man lernt sich und seine Fähigkeiten kennen und schätzen. Laut Milton Erickson gibt es eine Instanz in unserem Inneren, die immer unser Bestes will und der wir folgen können wie einer Art Kompass. Milton Erickson selbst ist ein beeindruckendes Beispiel für die Macht der mentalen Vorstellung. Er litt an Kinderlähmung und musste als junger Mann erneut laufen lernen. Dabei gibt es die Schilderung, wie der junge Milton Erickson in einem Stuhl saß und sich nicht bewegen konnte. Er wollte aber gerne aus dem Fenster schauen, um zu sehen, wer ins Haus kommt und wer es verlässt. Der Stuhl stand so, dass er nicht aus dem Fenster sehen konnte. Er konzentrierte sich so stark darauf, dass er zum Fenster wollte, dass der Stuhl in kleinsten Bewegungen Richtung Fenster rückte und er am Ende aus dem Fenster schauen konnte. Im Verlauf lernte er, wieder zu gehen, und beschäftigte sich mit den Möglichkeiten der Hypnose. Ihm war sehr wichtig, ganz individuell auf seine Patient: innen einzugehen und er beschritt dabei auch unkonventionelle Wege. Beispiel | In dem Buch „My Voice Will Go With You“ beschreibt der Erickson-Schüler Sidney Rosen die Behandlungsgeschichten von Milton Erickson. In einer dieser Geschichten behandelt Milton Erickson einen professionellen Golfspieler, der während eines Golfspiels, in dem er 18 Löcher treffen muss, immer angespannter wird, da sich die Anzahl der Schläge während des gesamten Spiels aufsummieren. Außerdem könne er 120 Angst? Frag doch einfach! viel besser spielen, wenn er alleine auf dem Golfplatz sei. Milton Erickson suggeriert dem Golfspieler, dass er während des nächsten Wettkampfs bei jedem Loch denkt, dass es das erste Loch sei und dass er ganz alleine auf dem Golfplatz sei. Beim nächsten Wettkampf möchte der Golfspieler nach den 18 Löchern noch weiterspielen, so gut hat die Suggestion gewirkt. Dann spricht ihn ein anderer Spieler an und sagt ihm, er habe doch schon 18 Löcher gespielt. Darauf der Golfspieler: „Nein, das war mein erstes Loch. Und wo kommen eigentlich all die Leute her? “ Was sind starke mentale Bilder? Mentale Bilder können sehr stark sein. Im Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ kommt das Bild eines Pferdes vor, das über sein Gatter sprang, als die Fahrradfahrer im Rahmen des Fahrradrennens Critérium International an ihm vorbeifuhren. Das Pferd läuft dann vor den Fahrradfahrern her, überquert eine Brücke, ist immer an der Spitze. Diese Szene hat sich tatsäch‐ lich 1997 ereignet. Das Pferd verließ die Fahrradfahrer erst 20 Kilometer vor der Ziellinie. Im Film nimmt Amélie diese Szene auf Videokassette auf und übermittelt diese Videokassette an ihren alten Nachbarn, der im Rollstuhl sitzt und seine Wohnung nie verlässt. Die Szene vermittelt Stärke und Lebensfreude. Das Pferd hätte schon viel früher über den Zaun springen können. Anscheinend haben es erst die vorbeifahrenden Fahrradfahrer dazu motiviert, es wirklich zu tun. Die Kraft hätte es vorher schon gehabt, die Motivation hat möglicherweise bisher gefehlt. Die Szene ist ein ungewöhn‐ licher Vorfall, der inspirierend ist, weil er Freiheit vermittelt und bisher unbekannte Möglichkeiten eröffnet. Amélie will damit wohl die Botschaft senden: Probiere mal etwas Neues, Ungewöhnliches aus und du wirst staunen, was dann passiert! Linktipp | Hier ist der Filmausschnitt mit dem Pferd während des Fahr‐ radrennens. Im Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ wird ein Teil davon gezeigt: https: / / www.youtube.com/ watch? v=XuO-2ybn_UU. 121 Aus Angst wird Sicherheit Abbildung 11 | Bisher ungenutzte Fähigkeiten können genutzt werden. Das zeigt das Beispiel des Pferdes, das seit Jahren hinter einem Zaun lebt. Eines Tages fährt eine Gruppe Fahrradfahrer an dem Pferd vorbei. Plötzlich springt das Pferd über den Zaun und läuft an die Spitze der Gruppe. Die Fähigkeit, über den Zaun zu springen, war die ganze Zeit da, sie musste nur ausgelöst werden durch die Fahrradfahrer. 122 Angst? Frag doch einfach! Wie kann eine Hypnosesitzung bei Angst ablaufen? Damit Sie sich besser vorstellen können, wie eine Hypnosesitzung bei einer Angsttherapie ablaufen kann, beschreibe ich hier ein Beispiel. Der Hypno‐ therapeut wird Sie zunächst fragen, ob es eine bestimmte Situation gab, die für die Entstehung der Angst zentral war. Wenn Sie als Patient: in eine solche Situation nennen können, wird man diese Situation wie ein Trauma behandeln und es gegebenenfalls unter Hypnose neu erleben mit einem positiven Gefühl, beispielsweise mit dem Gefühl, das Sie an Ihrem sicheren Ort haben. Wenn es keine solche auslösende Situation gibt, wird Sie der Therapeut fragen, ob es typische Situationen gibt, in denen die Angst auftritt. Das kann zum Beispiel sein: immer dann, wenn ich die Nummer meines Chefs auf dem Display meines Mobiltelefons sehe. Daraufhin wird Sie der Therapeut fragen, was Sie bräuchten, um diese Situation optimal bewältigen zu können. Das kann ein bestimmtes Gefühl sein, bestimmte Gedanken wie: „Ich bin gespannt, welches Anliegen mein Chef heute hat und freue mich auf neue Herausforderungen.“ Sie werden angeleitet, dieses Gefühl oder diese Gedanken so intensiv wie möglich zu erleben. Dann leitet der Hypnotherapeut die → Trance wie oben beschrieben ein und Sie gehen in Ihrer Vorstellung in die angstauslösende Situation hinein. In meinem Beispiel würden Sie also an Ihrem Schreibtisch sitzen und auf dem Display Ihres Handys die Nummer Ihres Chefs sehen, der Sie gerade anruft. Nun kommt das positive Gefühl oder die positiven Gedanken ins Spiel. Sie können nun diese auslösende Situation mit einer neuen Reaktion verknüpfen. Der Hypnotherapeut wird diese Verknüpfung noch weiter verstärken. Das kann ein Satz sein wie: „Immer, wenn du in Zukunft den Namen deines Chefs auf dem Display deines Handys siehst, wirst du genau dieses Gefühl der positiven Neugier und Freude auf Herausforderungen haben, das du jetzt hast.“ Dann wird Sie der Hypnotherapeut wieder aus der Trance herausleiten wie oben beschrieben. Die posthypnotische → Suggestion wird weiterwirken und Sie können sich auf den nächsten Anruf Ihres Chefs freuen. 123 Aus Angst wird Sicherheit Wie finde ich eine Hypnotherapeutin oder einen Hypnotherapeuten? Ich kann Ihnen zunächst die Seite https: / / hypnose.de/ empfehlen, wo Sie Informationen über Hypnose und Hypnosegesellschaften in Deutsch‐ land finden. Ich bin beispielsweise Mitglied in der Milton Erickson Ge‐ sellschaft für Klinische Hypnose. Über die Homepage dieser Gesell‐ schaft können Sie in einer aktuellen Therapeut: innenliste, sortiert nach Postleitzahlen, nach einer geeigneten Hypnotherapeutin suchen: https: / / www.meg-hypnose.de/ therapeutensuche. Die in Deutschland tätigen Hypnotherapeut: innen haben üblicher‐ weise eine Approbation, also eine abgeschlossene Therapieausbildung zum psychologischen oder medizinischen Psychotherapeuten. Diese Approbation befähigt zur Übernahme eines sogenannten Kassensitzes, wodurch die angebotene Therapie über die gesetzlichen Krankenkas‐ sen abgerechnet werden kann. Es gibt auch Therapeut: innen, die nur privat behandeln, was dann nicht über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden kann. Zusätzlich zur Approbation als Psychothe‐ rapeut: in haben die auf der oben genannten Seite gelisteten Personen eine Zusatzausbildung zur Hypnose gemacht, deren Curriculum Sie auch online einsehen können: https: / / www.meg-hypnose.de/ fortbildu ng/ curricula. Es gibt auch eine Jahrestagung der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose, bei der sich jährlich über tausend tätige Hypno‐ therapeut: innen austauschen und bei der es auch ein wissenschaftliches Programm gibt. Sie können die Programme der vergangenen Jahresta‐ gungen hier einsehen: https: / / www.meg-hypnose.de/ jahrestagungsarc hiv. Ich würde empfehlen, Ihre erste Erfahrung mit Hypnose mit einer Hypnotherapeutin oder einem Hypnotherapeuten zu machen, der oder dem Sie vertrauen. Viele Therapeut: innen nehmen die Therapiesitzung auch auf, so dass Sie sie zu Hause weiter anhören können. 124 Angst? Frag doch einfach! Wie findet man den idealen Zeitpunkt für eine Handlung? „Planen Sie, was schwierig ist, während es einfach ist, und tun Sie, was großartig ist, während es klein ist. Die schwierigen Dinge auf dieser Welt müssen getan werden, solange sie leicht sind, die größten Dinge auf der Welt müssen getan werden, solange sie noch klein sind. Aus diesem Grund tun die Weisen niemals das, was großartig ist, und deshalb erreichen sie Größe.“ (Sun Tsu, „Die Kunst des Krieges“) Sun Tsu schrieb diese Zeilen vermutlich um 500 vor Christus in China. Bis heute ist es eines der bedeutendsten Bücher über erfolgreiche Strategien. Seine Weisheiten können auch auf andere Lebensbereiche übertragen werden. Mich hat das Zitat oben sehr angesprochen, da ich es sehr gut nachvollziehen kann, sowohl basierend auf meinen Erfah‐ rungen mit → Hypnose als auch meinen persönlichen Erfahrungen. Meinem Gefühl nach gibt es Zeitpunkte, zu denen es sehr leicht und einfach ist, bestimmte Handlungen auszuführen. Zu anderen Zeitpunk‐ ten wiederum ist es auf einmal unglaublich schwer, genau die gleiche Handlung auszuführen. Aus meiner Sicht ist es daher sehr wertvoll zu erkennen, wann der richtige Zeitpunkt für eine bestimmte Handlung ist. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass der richtige Zeitpunkt daran zu erkennen ist, dass man auf der einen Seite einen natürlichen Drang verspürt, die Handlung auszuführen, und auf der anderen Seite die Bedenken oder mentalen Blockaden auf einmal in den Hintergrund treten. Das heißt nicht, dass man am besten immer komplett sorglos sein sollte. Das heißt, dass es einen internen Prozess gibt, der die Bedenken und Sorgen im Vorfeld genau abwägt. Wenn die Handlung dann ausgeführt wird, geht es darum, die gesamte Energie auf die optimale Umsetzung zu lenken. Wenn es für eine Sache einen bestimmten Termin gibt wie das Datum eines Wettkampfs, eines Vor‐ trags oder eines Konzerts, dann kann man sich mit den oben genannten Techniken auch genau auf dieses Ereignis vorbereiten, so dass der ideale Zeitpunkt genau dann ist, wenn das Ereignis eintritt. Bei Handlungen, die nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt passieren müssen, kann man sich selbst den richtigen Zeitpunkt suchen. 125 Aus Angst wird Sicherheit Nachwort Ich freue mich, dass ich im Rahmen der Recherche für dieses Buch spannende Gespräche mit interessanten Menschen führen konnte, die Originalliteratur nochmal im Detail gelesen habe und auf neue Gedanken gekommen bin. Ich möchte an dieser Stelle noch auf einen Vortragsausschnitt mit Viktor Frankl hinweisen, der mich immer wieder sehr inspiriert und den ich so inspirierend finde, dass ich ihn ans Ende dieses Buches stellen möchte. Viktor Frankl war Psychiater und hat das Konzentrationslager Auschwitz überlebt. Er gründete die sogenannte Logotherapie, deren Grundannahme es ist, dass der Mensch nach Sinn strebt. Frankl hielt an vielen Orten Vorträge, unter anderem in Toronto vor einer Gruppe junger Menschen im Jahr 1972. Von diesem Vortrag existiert ein faszinierendes Video, in dem es zu Beginn darum geht, was das Lebensziel der meisten jungen Menschen ist. Dabei war die Top-Kategorie mit 78 % „einen Sinn im Leben finden“. Danach erzählt er davon, wie er in seinem fortgeschrittenen Alter angefangen hat, Flugstunden zu nehmen. Sein Fluglehrer brachte ihm bei, dass er, wenn er seitlichen Gegenwind bekäme, nicht direkt das Ziel anvisieren solle. Denn dann käme er nicht am Ziel an. Stattdessen solle er einen Punkt in der Richtung anvisieren, aus der der Wind kommt. Und nun überträgt Victor Frankl dieses Bild auf den Menschen. Wenn man den Menschen nimmt, wie er wirklich ist, mache man ihn schlechter, als er sein könnte. Wenn man ihn dagegen überschätze und ihn als besser wahrnimmt, als er ist, helfe man ihm, die beste Version seiner selbst zu sein. Er bezeichnet dies als das wichtigste Motto eines Therapeuten. Dieser habe die Aufgabe, bei seinem Klienten den Funken einer Suche nach Sinn zu finden und zu fördern, so dass der Klient die beste Version seiner selbst werden könne. Die Suche nach einem Sinn im Leben kann eine große Hilfe sein, die eigene Angst zu überwinden. Linktipp | Das Video zum Vortrag von Viktor Frankl in Toronto 1972 finden Sie hier: https: / / www.ted.com/ talks/ viktor_frankl_why_belie ve_in_others. Als Hintergrund zu dem Video ist noch interessant zu wissen, dass Viktor Frankl Angst vor dem Fliegen hatte. Er therapierte sich also selbst, indem er Flugstunden nahm, und das im hohen Alter. Ich wünsche Ihnen, liebe Leser: innen, dass Sie Ihren eigenen Gefühlen aufgeschlossen gegenübertreten können, auch wenn sie sich vielleicht negativ anfühlen. Und ich möchte dazu ermutigen, die eigenen Ressourcen zu nutzen, um Blockaden zu lösen und damit angstfreier zu leben. Alles Gute! 128 Angst? Frag doch einfach! Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt Im Text waren zentrale Fachbegriffe mit einem → gekenn‐ zeichnet. Hier werden sie genau erklärt. Adrenalin Adrenalin ist ein Hormon, das bei → Stress aus dem Nebennierenmark ins Blut abgegeben wird. Das passiert innerhalb von sehr kurzer Zeit unmittelbar nach dem Stressor. Adrenalin lässt das Herz schneller schlagen, steigert den Blutdruck und sorgt generell dafür, dass Energie bereitgestellt wird, so dass durch Kampf oder Flucht auf den Stressor reagiert werden kann. Amygdala Die Amygdala ist eine mandelförmige Gehirnstruktur in beiden Gehirnhälf‐ ten. Sie reagiert unmittelbar auf angstauslösende Reize und ist an der Entstehung von Furchtreaktionen beteiligt. Der Grad der Aktivierung der Amygdala spiegelt die sehr schnelle Bewertung eines Reizes als gefährlich wider. Wer keine Amygdala hat, empfindet keine Angst, außer bei Ersti‐ ckungsgefahr. Angst Angst bezeichnet das subjektive Gefühl, bedroht zu sein. Die empfundene Bedrohung kann dabei von einer akuten gefährlichen Situation oder einem akuten gefährlichen Objekt ausgelöst werden. Sie kann aber auch von der subjektiven Erwartung oder Bewertung einer Situation oder eines Objektes herrühren. Hat man vor einer bestimmten Situation oder Sache Angst, spricht man von einer → Phobie. Angst kann aber auch ohne jeden akuten Auslösereiz auftreten. Angststörung Wenn der subjektive Leidensdruck durch Angstgefühle sehr stark ist, wird eine Angststörung diagnostiziert. Häufig ist die Angststörung mit der starken → Vermeidung der angstauslösenden Situationen oder Objekte ver‐ bunden, wodurch das tägliche Leben der Betroffenen stark eingeschränkt ist. Je klarer definiert die angstauslösende Situation oder das angstauslösende Objekt, desto einfacher ist die Angststörung zu behandeln. Cortisol Cortisol ist ein Stresshormon, das bei → Stress aus der Nebennierenrinde ins Blut abgegeben wird. Gemessen wird Cortisol üblicherweise im Speichel, wo ein Maximum etwa 20 Minuten nach dem Stressor messbar ist. Cortisol spiegelt also eine verzögerte Stressreaktion zeitlich nach → Adrenalin 130 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt wider. Auch Cortisol sorgt dafür, dass Energie bereitgestellt wird, um auf den Stressor zu reagieren. Darüber hinaus hemmt Cortisol das Immunsystem. Cortisol hat über den Tag hinweg einen maximalen Wert kurz nach dem Aufstehen und fällt dann zum Abend hin ab. Depression Depression ist eine psychische Erkrankung. Typische Symptome sind eine gedrückte Stimmung und eine Verminderung von Antrieb und Aktivität. Außerdem stellen sich Konzentrationsprobleme, Schlafprobleme und ver‐ änderter, meist reduzierter Appetit ein. Depression ist eine der häufigsten psychischen Störungen und tritt häufig gemeinsam mit Angst auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Erholung, spontane Als spontane Erholung bezeichnet man ein konditioniertes Verhalten, das eigentlich verlernt wurde und dann doch plötzlich wieder auftritt. Meist geschieht das in akuten Stresssituationen. Exposition Die Exposition ist die erfolgreichste Behandlung von spezifischen → Pho‐ bien. Die betroffene Person setzt sich dabei der angstauslösenden Situation oder dem angstauslösenden Objekt aus. Dabei macht die Person neue Erfahrungen, die die Angst reduzieren. Mögliche Wirkmechanismen sind dabei die Gewöhnung, die Erfahrung, dass die körperlichen Reaktionen auch wieder nachlassen, der Abgleich der Vorstellung mit der Realität und neue Gedächtnisinhalte. Schon nach einer einzigen Sitzung mit Exposition kann eine spezifische Phobie geheilt sein. Furcht Furcht ist eine Reaktion auf einen akuten bedrohlichen Auslösereiz und geht wie die → Angst mit dem subjektiven Gefühl der Bedrohung einher. Während Angst auch unspezifisch und ohne akuten Auslösereiz auftreten kann, ist Furcht an eine akute Bedrohung gebunden. Die Begriffe Angst und Furcht können nicht immer ganz eindeutig unterschieden werden und werden deshalb häufig synonym verwendet. 131 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt Hypnose Hypnose bezeichnet einen Bewusstseinszustand, der mit einer erhöhten Empfänglichkeit für → Suggestionen einhergeht. Dieser Bewusstseinszu‐ stand tritt als natürliche → Trance auch im Alltag auf, beispielsweise im Kino oder bei einer routinierten Tätigkeit. Hypnose wird in der Therapie von psychischen und physischen Störungen verwendet, indem der Bewusst‐ seinszustand gezielt herbeigeführt wird. Therapeutische Veränderungen finden im Zustand der Hypnose schneller und dauerhafter statt als ohne diesen Zustand. Patient: innen empfinden die Behandlung mit Hypnose oft als einfach und automatisch, da sie ohne die gezielte Anstrengung des Bewusstseins funktioniert. ICD-10/ ICD-11 Das ICD (International Classification of Diseases) ist ein von der WHO (World Health Organization) herausgegebenes, international gültiges Klas‐ sifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der Nachsatz -10 bzw. -11 bezeichnet die Ausgabe. Die Ausgabe -11 gilt seit Januar 2022. Psychische Störungen sind unter dem Buchstaben F gelistet. Klassische Konditionierung Die klassische Konditionierung beschreibt das Lernen von Verhaltenswei‐ sen. Ein Reiz löst dabei ein Verhalten aus, indem er immer dann auftritt, wenn dieses Verhalten natürlicherweise gezeigt wird. Ivan Pavlov zeigte den Mechanismus mit Hunden, die mit Speichelfluss auf das Läuten einer Glocke reagierten, die Futter anzeigte. Nachdem die Hunde gelernt hatten, dass die Glocke Futter anzeigt, reagierten sie auf das Läuten der Glocke mit Speichelfluss, auch wenn kein Futter gegeben wurde. Komorbidität Die Komorbidität beschreibt das gemeinsame Auftreten von Störungen, beispielsweise von → Angst und → Depression. Negative Verstärkung Von negativer Verstärkung spricht man, wenn ein unangenehmer Reiz ausbleibt. Das Verhalten, das dazu geführt hat, dass der unangenehme Reiz ausbleibt, wird dabei verstärkt und so in Zukunft häufiger auftreten. Wenn 132 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt ängstliche Personen eine angstauslösende Situation vermeiden und dadurch keine Angst auftritt, wird das Vermeidungsverhalten verstärkt. Panik Panik bezeichnet eine sehr starke Angstreaktion. Sie geht mit körperlichen und psychischen Symptomen einher wie einem schnelleren Herzschlag, beschleunigter Atmung und dem intensiven Gefühl, bedroht zu sein. Oft erstarren die betroffenen Personen oder fliehen vor der bedrohlichen Si‐ tuation. Wenn die Situation nicht beendet werden kann, können auch dissoziative Symptome auftreten, bei denen sich das Erleben vom Körper abspaltet. Perfektionismus Strebt eine Person in ihrem Tun nach sehr hohen Standards und möchte unbedingt Fehler vermeiden, spricht man von Perfektionismus. Geht der Perfektionismus mit einer → Angst vor der Bewertung anderer Personen einher, kann er zu gesundheitlichen Belastungen führen, da die betroffene Person dauerhaft → Stress empfindet. Oft gehen auch Selbstzweifel und ein bedrohtes Selbstwertgefühl mit Perfektionismus einher. Phobie Eine Phobie bezeichnet Angst vor einer bestimmten Sache oder Situation. Positive Verstärkung Hat ein bestimmtes Verhalten unmittelbar positive Folgen, so wird dieses Verhalten verstärkt und so in Zukunft häufiger auftreten. Die positiven Folgen können sehr unterschiedlich sein und müssen für die betroffene Person unmittelbar belohnend sein. Randomisierung Randomisierung beschreibt die zufällige Zuweisung von Proband: innen auf Versuchsbedingungen oder Versuchsgruppen. Die zufällige Zuordnung sorgt dafür, dass systematische Verzerrungen in wissenschaftlichen Studien vermieden werden. Ressourcen Als Ressourcen werden in der Hypnotherapie die Fähigkeiten der Patient: in‐ nen bezeichnet. Dabei kann eine Ressource aus einem speziellen Bereich 133 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt auch auf andere Bereiche übertragen werden. Hat eine Person beispielsweise einmal in einem Fußballspiel ein wichtiges Tor geschossen, kann sie dieses Erfolgsgefühl mental an das Ende einer zukünftigen Leistungssituation wie eines Bewerbungsgesprächs setzen. So wird die potenziell bedrohliche Situa‐ tion des Bewerbungsgesprächs mit dem Erfolgsgefühl aus dem Fußballspiel verknüpft und löst dadurch positive Gefühle aus, die wiederum zum Erfolg des Bewerbungsgesprächs beitragen. Stress Wenn eine Person vor einer besonderen Herausforderung steht, spricht man von Stress. Stress kann sowohl positiv als auch negativ sein. Der Körper reagiert auf Stress mit der Bereitstellung von Energie, um die Herausforderung zu bewältigen. Akuten Stress, der dann auch wieder vorbei ist, kann der Körper gut bewältigen. Tritt Stress jedoch dauerhaft auf, können langfristige gesundheitliche Probleme die Folge sein. Therapeutische Suggestionen Suggestionen sind Vorschläge der Hypnotherapeutin an die hypnotisierte Person. Um beispielsweise ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zu erzeugen, wird die hypnotisierte Person angeleitet, sich in der eigenen Vorstellung an einen Ort zu begeben, an dem sie sich bereits gut und sicher gefühlt hat. Erfolgreiche Suggestionen sind positiv formuliert, sprechen alle Sinne an und basieren auf bereits gemachten Erfahrungen. Trance Trance ist ein natürlich auftretender Bewusstseinszustand, in dem automa‐ tische Verhaltensweisen die Führung übernehmen und man empfänglicher ist für → Suggestionen. Trance tritt beispielsweise beim Tagträumen auf, während intensiver Beschäftigung mit einer bestimmten Tätigkeit oder bei körperlichen Leistungen. Vermeidung Von Vermeidung spricht man, wenn eine Person eine vermeintlich bedroh‐ liche Situation oder ein vermeintlich bedrohliches Objekt bewusst nicht aufsucht. Vermeidung ist einer der Hauptfaktoren, die eine → Angststörung aufrechterhalten. Durch Vermeidung macht die betroffene Person keine Erfahrungen, die der erwarteten Bedrohung widersprechen. Durch die Vermeidung tritt eine sogenannte → negative Verstärkung ein, das heißt, 134 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt das Nichteintreffen der Gefahr wird als belohnend wahrgenommen und verstärkt dadurch weiter das Vermeidungsverhalten. Zwangsstörung Eine Zwangsstörung ist eine psychische Erkrankung und wird üblicher‐ weise begleitet von Zwangshandlungen und Zwangsgedanken. Die Betrof‐ fenen fühlen sich dabei dem Zwang ausgeliefert und empfinden große Angst, wenn sie die Zwangshandlungen nicht ausführen. Dabei sind sie sich bewusst, dass die Zwangshandlungen sinnlos sind. Eine Zwangsstörung kann zu starken Belastungen führen, da der Alltag stark beeinträchtigt wird. 135 Glossar - Wichtige Begriffe kurz erklärt Verwendete Literatur Alle im Buch verwendeten Links waren am 14. Januar 2022 aktiv. Aloisi, A. M., Ceccarelli, I., Masi, F. & Scaramuzzino, A. (2002). Effects of the essential oil from citrus lemon in male and female rats exposed to a persistent painful stimulation. 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Einsamkeit 59 Elektroenzephalogramm 54, 107 Energie 94 enterisches Nervensystem 86 Erholung, spontane 83, 131 Erickson, Milton 120 Ernährung 86 Erstarren 48 Exposition 32f., 131 -therapie 22, 78, 80 Extinktion 32 Flooding 82 Flucht 48 Frankl, Viktor 127 Furcht 49, 131 Gamma-Wellen 107 Gendermedizin 21 Glasgow Coma Scale 107 Habituation 82 Hypnose 56, 98, 100, 106f., 111f., 114ff., 118, 123, 125, 132 Hypnotherapie 101 ICD 26, 132 Immunsystem 47 Intensivstation 95 Kahneman, Daniel 65, 112 klassische Konditionierung 78, 132 Koma 107 Komorbidität 24, 132 Konditionierung klassische 32, 34, 78, 132 operante 36, 92 Lazarus, Richard 50 Lebensqualität 18 Leidensdruck 18, 25 Leistungsfähigkeit 54 kognitive 56 Lernphase 34 limbisches System 40 Little-Albert-Experiment 30 Lutealphase 73 mentales Bild 121 mentales Training 56 Milgram-Experiment 34 Mimikry 23 Motivation 58 open label placebo 76 operante Konditionierung 92 Panik 83, 133 Parasympathikus 42 Pawlow, Iwan 32 Perfektionismus 91, 133 Phobie 21, 31, 79, 82, 116, 133 positive Erwartungseffekte 76 posttraumatische Belastungsstörung 25 präfrontaler Kortex 40 prämenstruelles Syndrom 73 Preparedness 23 Prüfungsangst 54 Puls 42f., 45, 83, 91, 100 Randomisierung 133 Rayner, Rosalie 30, 32f. Ressourcen 51, 66, 98, 120, 133 Rosen, Sidney 120 Schlaf 84, 107 Schmerz 57 Schweiß 48, 83 Selbstwertgefühl 18 Sicherheitsverhalten 33 singen 91 spontane Erholung 83 Sport 83 Stanford-Prison-Experiment 34 State-Trait Anxiety Inventory 49, 54, 84 Stress 44, 47, 50f., 83, 134 Stressmodell, transaktionales 50 Stressor 50 Stressreaktion 50 stuck state 71 Substanzabhängigkeit 24 Suggestibilität 111 Suggestion 109f., 114, 118, 134 Sympathikus 42 systematische Desensibilisierung 91 Therapie 18 Therapieverfahren, vorstellungsbasiertes 38 Theta-Wellen 107 Thorndike, Edvard Lee 36 Tiefschlaf 107 Trance 134 transaktionales Stressmodell 50 träumen 107 Tschirner, Nora 66, 68 Tversky, Amos 65 Verhalten automatisches 112 142 Wo sich welches Stichwort befindet reflektiertes 112 Verhaltenstherapie 32 Vermeidung 58, 134 Vermeidungsverhalten 18, 57 Verstärkung negative 36, 132 positive 36, 133 Watson, John B. 30, 32f. Weaning 98ff. Wolpe, Joseph 78, 87, 91 Yerkes-Dodson-Gesetz 55 zirkadian 72, 85 Zwangshandlungen 24 Zwangsstörung 135 Zwei-Faktoren-Theorie der Emotion 43 Zwei-Prozess-Theorien 112 143 Wo sich welches Stichwort befindet MEIN STUDI-PLANER 2022/ 2023 Ein Must-have für Studierende aller Fachrichtungen! Vielen Erstsemestlern fällt es schwer, sich auf den neuen Uni- Alltag und die Selbstorganisation umzustellen. Der Kalender „Mein Studi-Planer“ hilft ihnen, in dieser neuen Situation den Überblick zu behalten. Uni-Termine und Alltagsaufgaben können übersichtlich über das gesamte Semester eingetragen werden. Im Stundenplan ist Platz für alle Seminare und Vorlesungen. Klausuren können im Prüfungsplan notiert werden. Damit das Studium nicht zum Chaos wird! \ großes, übersichtliches Format: alles auf einen Blick \ mit Stundenplan und Prüfungsplan \ mit 200 Motivaufklebern zum Markieren wichtiger Ereignisse Urlaub Familie Smiley Prüfung Geburtstag Date Freunde Lerngruppe Referat Job Hausarbeit Sport Party Arzt Putztag April Mai Juni Juli August September 1 Sa 1 Mo Tag der Arbeit 1 Do 1 Sa 1 Di Bundesfeier (CH) 1 Fr 2 So 2 Di 2 Fr 2 So 2 Mi 2 Sa 3 Mo 3 Mi 3 Sa 3 Mo Internationaler Plastiktütenfreier Tag 3 Do 3 So 4 Di 4 Do 4 So 4 Di 4 Fr 4 Mo 5 Mi 5 Fr 5 Mo 5 Mi 5 Sa 5 Di 6 Do 6 Sa 6 Di 6 Do 6 So 6 Mi Anti-Prokrastinations-Tag 7 Fr Karfreitag 7 So 7 Mi 7 Fr 7 Mo 7 Do 8 Sa 8 Mo 8 Do Fronleichnam 8 Sa 8 Di 8 Fr 9 So Ostersonntag 9 Di 9 Fr 9 So 9 Mi 9 Sa 10 Mo Ostermontag 10 Mi 10 Sa 10 Mo 10 Do 10 So 11 Di 11 Do 11 So 11 Di 11 Fr 11 Mo 12 Mi 12 Fr 12 Mo 12 Mi 12 Sa 12 Di 13 Do 13 Sa 13 Di 13 Do 13 So 13 Mi 14 Fr 14 So Muttertag 14 Mi 14 Fr 14 Mo 14 Do 15 Sa 15 Mo 15 Do 15 Sa 15 Di Mariä Himmelfahrt 15 Fr 16 So 16 Di 16 Fr 16 So 16 Mi 16 Sa 17 Mo 17 Mi 17 Sa 17 Mo 17 Do 17 So 18 Di 18 Do Christi Himmelfahrt / Vatertag 18 So 18 Di 18 Fr 18 Mo 19 Mi 19 Fr 19 Mo 19 Mi 19 Sa 19 Di 20 Do 20 Sa 20 Di 20 Do 20 So 20 Mi 21 Fr 21 So 21 Mi Sommeranfang 21 Fr 21 Mo 21 Do 22 Sa 22 Mo 22 Do 22 Sa 22 Di 22 Fr 23 So 23 Di 23 Fr 23 So 23 Mi 23 Sa Herbstanfang 24 Mo 24 Mi 24 Sa 24 Mo 24 Do 24 So 25 Di 25 Do 25 So 25 Di 25 Fr 25 Mo 26 Mi 26 Fr 26 Mo 26 Mi 26 Sa 26 Di 27 Do 27 Sa 27 Di 27 Do 27 So 27 Mi 28 Fr 28 So 28 Mi 28 Fr 28 Mo 28 Do 29 Sa 29 Mo 29 Do 29 Sa 29 Di 29 Fr 30 So 30 Di 30 Fr 30 So Internationaler Tag der Freundschaft 30 Mi 30 Sa 31 Mi 31 Mo 31 Do 31 So Oktober November Dezember Januar Februar März 1 Sa 1 Di Allerheiligen 1 Do 1 So Neujahr 1 Mi 1 Mi 2 So 2 Mi 2 Fr 2 Mo 2 Do 2 Do 3 Mo Tag der Deutschen Einheit (D) 3 Do 3 Sa 3 Di 3 Fr 3 Fr 4 Di 4 Fr 4 So 2. Advent 4 Mi 4 Sa 4 Sa 5 Mi 5 Sa 5 Mo 5 Do 5 So 5 So 6 Do 6 So 6 Di Nikolaus 6 Fr Heilige Drei Könige 6 Mo 6 Mo 7 Fr 7 Mo 7 Mi 7 Sa 7 Di 7 Di 8 Sa 8 Di 8 Do 8 So 8 Mi 8 Mi Internationaler Frauentag 9 So 9 Mi 9 Fr 9 Mo 9 Do 9 Do 10 Mo 10 Do 10 Sa 10 Di 10 Fr 10 Fr 11 Di 11 Fr Faschingsbeginn / Sankt Martin 11 So 3. Advent 11 Mi 11 Sa 11 Sa 12 Mi 12 Sa 12 Mo 12 Do 12 So 12 So 13 Do 13 So 13 Di 13 Fr 13 Mo 13 Mo 14 Fr 14 Mo 14 Mi 14 Sa 14 Di Valentinstag 14 Di 15 Sa 15 Di 15 Do 15 So 15 Mi 15 Mi 16 So 16 Mi Buß- und Bettag (D) 16 Fr 16 Mo 16 Do 16 Do 17 Mo 17 Do 17 Sa 17 Di 17 Fr 17 Fr 18 Di 18 Fr 18 So 4. Advent 18 Mi 18 Sa 18 Sa 19 Mi 19 Sa 19 Mo 19 Do 19 So 19 So 20 Do 20 So 20 Di 20 Fr 20 Mo Rosenmontag 20 Mo Frühlingsanfang 21 Fr 21 Mo 21 Mi 21 Sa 21 Di Faschingsdienstag 21 Di 22 Sa 22 Di 22 Do 22 So 22 Mi Aschermittwoch 22 Mi 23 So 23 Mi 23 Fr 23 Mo 23 Do 23 Do 24 Mo 24 Do 24 Sa Heiligabend 24 Di 24 Fr 24 Fr 25 Di 25 Fr 25 So 1. Weihnachtsfeiertag 25 Mi 25 Sa 25 Sa 26 Mi Nationalfeiertag (A) 26 Sa 26 Mo 2. Weihnachtsfeiertag 26 Do 26 So 26 So 27 Do 27 So 1. Advent 27 Di 27 Fr 27 Mo 27 Mo 28 Fr 28 Mo 28 Mi 28 Sa 28 Di 28 Di 29 Sa 29 Di 29 Do 29 So 29 Mi 30 So 30 Mi 30 Fr 30 Mo 30 Do 31 Mo Reformationstag / Halloween 31 Sa Silvester 31 Di 31 Fr Stundenplan Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Prüfungsplan Datum Prüfungs- Fach Raum nummer Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Datum Prüfungs- Fach Raum nummer Prüfungsplan Stundenplan üfun Wintersemester Sommersemester Mein Studi-Planer 2022 / 2023 UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de uistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Stat \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ anagement \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschicht Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ acherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidakt DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus F \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourism \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ WL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanist Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft ologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissensc \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ nguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ aft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen aft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwe \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik emdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinav \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ WL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilolog Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ rt \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosoph ien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissensc BUCHTIPP Holger Walther Ohne Prüfungsangst studieren 3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2021, 185 Seiten €[D] 14,90 ISBN 978-3-8252-5577-0 eISBN 978-3-8385-5577-5 Holger Walther Ohne Prüfungsangst studieren 3. Auflage 26.11.20 17: 45 Mit Prüfungsangst-Check! Panik, Schlaflosigkeit, Nervosität, Blackout - für viele Studierende ist und bleibt die Prüfung ein Alptraum. Dieser Ratgeber gibt Ihnen deswegen Tipps, Tricks und konkrete Übungen an die Hand, die Ihnen dabei helfen, Stress und Denkblockaden vor und in der Prüfung erfolgreich zu lösen. Holger Walther verrät Ihnen, wie Sie negative Einstellungen zur Prüfung verändern, Entspannungsübungen in Ihren Alltag integrieren und Lerntechniken richtig anwenden. Denn genau dieses Dreigespann hilft Ihnen dabei, Prüfungsängste langfristig abzulegen. Übrigens: Im Buch befindet sich ein Fragebogen. Dieser Prüfungsangst-Check verrät Ihnen konkret, wo Ihre Ängste liegen und wo Sie im Buch Lösungen finden. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de ,! 7ID8C5-cfgihg! ISBN 978-3-8252-5687-6 Angst vor Spinnen, Höhe, Zahnbehandlung? Alle Menschen kennen das Gefühl der Angst. Bei manchen steigert es sich bis zur Angststörung. Wie kommt es dazu und was hilft in Angstsituationen? Diese und weitere Fragen beantwortet Barbara Schmidt in ihrem Buch. Dabei geht sie auf den wichtigen Aspekt des Lernens und der Konditionierung bei Angst ein und zeigt, welche Folgen ängstliches Verhalten haben kann. Ausführlich beschreibt die Autorin Wege aus der Angst. Auch auf die neuesten Erkenntnisse zum Einsatz von Hypnose in der Angsttherapie geht sie ein. Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have für alle, die mehr wissen und verstehen wollen. Psychologie | Soziologie | Medizin Pflege- und Gesundheitswissenschaften Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel