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Lehren mit Erfolg

Ein Praxisratgeber für die Gestaltung erfolgreicher Lehrveranstaltungen

0404
2022
978-3-8385-5853-0
978-3-8252-5853-5
UTB 
Günter Lehmann
10.36198/9783838558530

"Alles schläft, nur einer spricht, so läuft manchmal Unterricht." Eine Übertreibung? Sicher! Aber manchmal ist auch hier guter Rat gefragt. Gerade fachkompetente nebenberuflich tätige Dozent:innen in der Aus- und Weiterbildung bieten ihr umfangreiches Wissen in einer solchen Fülle an, dass es von den Teilnehmenden so nicht aufgenommen und verinnerlicht werden kann. Dozent:innen finden in diesem Buch Planungsmodelle und Steuerungshilfen für den Lehr-Lern-Prozess sowie Gestaltungsempfehlungen für kommunikative Situationen in der Lehre. Das Buch ist so aufgebaut, dass eilige Leser:innen oder didaktisch bereits geschulte Dozent:innen sich anlassbezogen in den einzelnen abgeschlossenen Kapiteln Rat holen können.

<?page no="0"?> Günter Lehmann Lehren mit Erfolg 3. Auflage <?page no="1"?> utb 5853 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau Verlag · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann studierte Bauwesen und Berufspädagogik. Als Hochschullehrer und langjähriger Direktor eines freien Instituts verfügt er über 40 Jahre Lehrpraxis, wobei der Schwerpunkt auf der wissenschaftlichen und beruflichen Weiterbil‐ dung liegt. Erfolgreich führt er für Dozent: innen in diesem Bereich didaktische Basis- und Aufbaukurse durch. <?page no="3"?> Günter Lehmann Lehren mit Erfolg Ein Praxisratgeber für die Gestaltung erfolgreicher Lehrveranstaltungen 3., überarbeitete und erweiterte Auflage expert verlag · Tübingen <?page no="4"?> DOI: https: / / www.doi.org/ 10.36198/ 9783838558530 © expert verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: in‐ nen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 5853 ISBN 978-3-8252-5853-5 (Print) ISBN 978-3-8385-5853-0 (ePDF) ISBN 978-3-8463-5853-5 (ePub) Umschlagabbildung: © iStock.com/ Chinnapong Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> V Inhaltsübersicht Vorwort 1 Leitorientierungen für das Gestalten ................................................................................................. 1 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten ..................................................................................................... 8 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten ................................................................................................ 39 4 Kommunikative Situationen in der Lehre ............................................................................... 52 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen .......................................................................... 103 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess .............................................................. 160 Literaturverzeichnis ................................................................................................................................................... 198 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................................... 201 Sachwortverzeichnis ................................................................................................................................................. 204 <?page no="7"?> VII Vorwort „Alles schläft, nur einer spricht ... das ist Hochschulunterricht“ Eine Übertreibung? Sicher, zumindest gilt der Satz nicht für Lehrveranstaltungen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, in denen die „Selbstzahler“ energisch Antworten auf ihre Problem- und Verwertungsfragen einfordern. Allerdings bieten fachkompetente Dozenten auch hier oft alle relevanten Daten und Fakten in einer solchen Fülle an, dass sie von den Teilnehmenden so nicht angenommen werden können. Ein kritisches Feedback führt dann zu Irritationen, die einem falschen Lehrverständnis geschuldet sind. Lernpsychologische Befunde und pädagogische Vorgehensweisen werden mangels Kenntnis mitunter vernachlässigt. Als Praxisratgeber richtet sich das Buch vor allem an Dozenten, die keine pädagogische Ausbildung besitzen und nebenberuflich in der Aus- und Weiterbildung an Universitäten, Hochschulen, Akademien und Bildungszentren tätig sind. Er soll helfen, • die Teilnehmer an den Bildungsmaßnahmen noch effektiver zu neuen beruflichen Qualifikationen zu führen und • dem Dozenten einen persönlich zufriedenstellenden Umgang mit der Lehre zu ermöglichen und so den eigenen Lehrerfolg bewusster zu erleben. Nach einer knappen Erläuterung der Leitorientierungen für die Lehre im 1. Teil werden in einem 2. Teil die wichtigsten Planungselemente und Organisationsformen verbunden mit Handlungsorientierungen vorgestellt. Der 3. Teil enthält eine Übersicht über Planungsmodelle, jeweils für einen Lehrgang, ein Lehrgangsthema und ein LoD-Lernangebot. Im Teil 4 werden mit der Moderation und Präsentation zwei typische kommunikative Situationen in der auf Teilnehmeraktivität orientierten Lehre vorgestellt. Der 5. Teil bietet neun Steuerungshilfen für Informationsverarbeitungsprozesse in Lehrveranstaltungen an. Teil 6 empfiehlt eine Reihe von Techniken für das Lösen von Konflikten im Lehr-Lern- Prozess. Schließlich werden im Kapitel 6.5 die bisherigen Hinweise verarbeitet und zu Empfehlungen für das souveräne Agieren in ausgewählten schwierigen Situationen gebündelt. <?page no="8"?> VIII Natürlich lässt jedes Setzen von Prioritäten Wünsche offen und bestätigt am Ende den launigen Reim von E UGEN R OTH : Der Leser traurig aber wahr, ist häufig unberechenbar: Hat er nicht Lust, hat er nicht Zeit, dann gähnt er „Alles viel zu breit! “. Doch wenn er selber etwas sucht, was ich als Raumnot nicht verbucht, wirft er voll Stolz sich in die Brust: „Aha, das hat er nicht gewusst! “. Man weiß, die Hoffnung wär zum Lachen, es allen Leuten recht zu machen. Das Buch ist so aufgebaut, dass sich auch der eilige Leser ohne Studium des gesamten Textes anlassbezogen in den einzelnen Kapiteln und Abschnitten Rat holen kann. Das sehr detaillierte Inhaltsverzeichnis soll dabei eine schnelle Orientierung ermöglichen. Situativ bedingt erhält er Antworten beispielsweise auf folgende Fragen: • Wie tief ist eine Lehrveranstaltung zu planen? • Wie gestalte ich eine Orientierungsphase? • Welche Möglichkeiten gibt es für die Beschränkung des Lehrstoffs? • Wie ist eine Gruppenarbeit anzuleiten? • Wie kann Lernen virtuell gestaltet werden? • Wie reagiere ich auf ein negatives Feedback der Teilnehmer? • Worauf ist beim Präsentieren von Arbeitsergebnissen Wert zu legen? • Mit welchen Techniken lassen sich bestimmte Konflikte lösen? Der Autor selbst ist seit mehr als dreißig Jahren in der beruflichen Weiterbildung tätig, so dass der überwiegende Teil der Aussagen auf seinem Erfahrungswissen beruht, angereichert durch Beiträge aus der einschlägigen Fachliteratur und von Kollegen in hochschuldidaktischen Kursen. In diesem Text wird durchweg die männliche Sprachform verwendet. Alle Aussagen gelten selbstverständlich für Frauen und Männer gleichermaßen. Wenn also von Teilnehmern, Dozenten oder Kollegen die Rede ist, sind stets „Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, „Dozentinnen und Dozenten“ etc. gemeint. An dem Buch hat eine Reihe von Personen tatkräftig mitgewirkt. Mein besonderer Dank gilt den Herren Prof. Dr. Volker Oppitz und Prof. Dr. Dr. h.c.mult. Gerd-Bodo von Carlsburg für die inhaltlichen Anregungen, Frau Ingrid Lehmann für die Durchsicht des Manuskripts und Frau Antje Albani für die Text- und Bildgestaltung sowie den Einbandentwurf. Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann Dezember 2013 <?page no="9"?> IX Vorwort zur 2. Auflage Der Einsatz dieses Buches in der didaktischen Weiterbildung von Dozenten hat zahlreiche Impulse gebracht, von denen einige in der 2. Auflage verarbeitet wurden. Sie betreffen: • die Zielanalyse der Teilnehmer, illustriert an einem Beispiel (s. Abschnitt 2.1.2), • die Charakterisierung der Unterweisung als eine Organisationsform der Lehre (s. Abschnitt 2.2.5), • die Prozesse im Arbeitsgedächtnis, die durch Lernaktivitäten angeregt werden (s. Kapitel 5.2), • die Dozentenfrage als eine Steuerungshilfe im Lehr-Lern-Prozess (s. Kapitel 5.3), • die Erweiterung der Beispiele zur Stoffreduktion, insbesondere zum exemplarischen Vorgehen und zur Modellbildung. Was den Humor in der Lehre betrifft, dazu gehen die Meinungen überraschenderweise auseinander. Das hängt offenbar auch mit dem unterschiedlichen Verständnis von Humor zusammen. Einen Standpunkt des Autors dazu findet der interessierte Leser in einem kleinen Exkurs „Humor in der Lehre“ am Ende des Kapitels 5.3. Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann September 2016 <?page no="10"?> X Vorwort zur 3. Auflage Die Möglichkeiten der Digitalisierung von Lerneinheiten haben auch zum Ausbau der Lernform Blended Learning geführt. Anknüpfend an den Exkurs in Abschnitt 2.1.6 wird in einem neuen Kapitel 3.4 ein Modell für die virtuelle Gestaltung von Lerneinheiten vorgestellt. Vorbild dafür ist das in der betrieblichen Bildung bewährte Learning on Demand - LoD. Unter dem Motto „Lernen passend zum Bedarf“ wird ein Vorschlag für ein individuell konfigurierbares Lernangebot in der institutionellen beruflichen Aus- und Weiterbildung vorgestellt. Die Betonung liegt dabei auf der Erweiterung des informellen Lernens. Am Ende des Kapitel 5.8 findet der interessierte Leser einen Hinweis auf die „nützliche Funktion“ eines Spickers. Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann November 2021 <?page no="11"?> XI Inhaltsverzeichnis 1 Leitorientierungen für das Gestalten ......................................................................................... 1 1.1 Einführung ............................................................................................................................................................... 1 1.2 Prozessorientierung ........................................................................................................................................ 3 1.3 Teilnehmerorientierung .............................................................................................................................. 4 1.4 Teilnehmerbesonderheiten in der Weiterbildung ............................................................. 5 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten ............................................................................................ 8 2.1 Planungsansätze und Planungselemente ................................................................................... 8 2.1.1 Elementarmodell .................................................................................................................................. 8 2.1.2 Element Ziel ............................................................................................................................................ 9 2.1.3 Element Inhalt ..................................................................................................................................... 15 2.1.4 Element Methode ............................................................................................................................. 20 2.1.5 Element Organisation .................................................................................................................... 23 2.1.6 Element Mittel .................................................................................................................................... 24 Exkurs: E-Learning ............................................................................................................... 25 Exkurs: Blended Learning ............................................................................................... 26 2.1.7 Element Resultat ............................................................................................................................... 28 2.2 Organisationsformen .................................................................................................................................. 29 2.2.1 Grundformen ........................................................................................................................................ 29 2.2.2 Vortrag ...................................................................................................................................................... 29 2.2.3 Seminar .................................................................................................................................................... 30 2.2.4 Übung ........................................................................................................................................................ 32 2.2.5 Unterweisung ....................................................................................................................................... 34 2.2.6 Selbststudium ...................................................................................................................................... 36 2.2.7 Studienkontrolle ................................................................................................................................ 37 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten ........................................................................................ 39 3.1 Voraussetzungen ............................................................................................................................................ 39 3.2 Modell für das Gestalten eines Moduls bzw. Lehrgangs ...................................... 40 3.3 Modell für die Gestaltung eines Lehrgangstages bzw. -themas ..................... 42 3.4 Modell für die virtuelle Gestaltung von Lerneinheiten (LoD) ........................ 45 <?page no="12"?> XII 4 Kommunikative Situationen in der Lehre ...................................................................... 52 4.1 Vorbemerkungen ............................................................................................................................................ 52 4.2 Moderation der Gruppenarbeit ......................................................................................................... 53 4.2.1 Kommunikationsmodell ............................................................................................................. 53 4.2.2 Gruppenarbeit vorbereiten ........................................................................................................ 55 Vorgaben erläutern .............................................................................................................. 55 Gruppe konstituieren ........................................................................................................... 55 Gruppenmitglieder analysieren .................................................................................. 56 Moderationsfahrplan erstellen .................................................................................... 56 4.2.3 Gruppensitzung durchführen .................................................................................................. 57 Sitzung eröffnen ....................................................................................................................... 57 Ziel und Problem formulieren ...................................................................................... 59 Problemverständnis klären ............................................................................................. 62 Ideen suchen .............................................................................................................................. 63 Ideen bewerten/ Maßnahmenplan erstellen ......................................................... 70 Ergebnisse sichern ................................................................................................................ 71 4.2.4 Gruppenarbeit auswerten ........................................................................................................... 72 Vereinbarte Spielregeln prüfen ................................................................................... 72 Gruppenverhalten auswerten ........................................................................................ 72 Moderatorenleistung bewerten .................................................................................... 73 4.2.5 Checkliste - Ablaufplan Gruppenarbeit ......................................................................... 75 4.3 Präsentation von Arbeitsergebnissen ......................................................................................... 76 4.3.1 Kommunikationsmodell ............................................................................................................. 76 4.3.2 Präsentation vorbereiten ............................................................................................................. 77 Ziel(e) formulieren ................................................................................................................ 77 Teilnehmer analysieren ..................................................................................................... 79 Inhalt bearbeiten .................................................................................................................... 80 Aussagen visualisieren ....................................................................................................... 82 Teilnehmerskript erstellen ............................................................................................... 85 Zeitfaktor beachten ............................................................................................................... 86 4.3.3 Ergebnisse vortragen ..................................................................................................................... 87 Eröffnen ......................................................................................................................................... 87 Argumentieren .......................................................................................................................... 88 Belege (Zahlen) anbieten ................................................................................................. 91 Abschließen ................................................................................................................................. 92 4.3.4 Fragen/ Einwände behandeln ................................................................................................... 94 Eröffnen ......................................................................................................................................... 94 Fragen beantworten ............................................................................................................. 94 Einwände behandeln ........................................................................................................... 95 Diskussion abschließen ..................................................................................................... 97 <?page no="13"?> XIII 4.3.5 Nachbereitung ..................................................................................................................................... 97 Planen der Nachkontakte .................................................................................................. 97 Einschätzen des Präsentationsverhaltens ............................................................ 98 4.3.6 Sonderformen gestalten ............................................................................................................... 98 Posterpräsentation ................................................................................................................. 99 Abstract (Summary) ........................................................................................................... 100 4.3.7 Checkliste Präsentation ............................................................................................................. 102 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen ................................................................ 103 5.1 Problemdarstellung ................................................................................................................................... 103 5.2 Modell der Informationsverarbeitung .................................................................................... 103 5.3 Aufmerksamkeit erzeugen ................................................................................................................. 108 Empfehlungen ......................................................................................................................... 110 Empfehlungen ......................................................................................................................... 115 5.4 Sinnbezüge herstellen ............................................................................................................................ 117 Empfehlungen ......................................................................................................................... 119 5.5 Fragen stellen .................................................................................................................................................. 119 Empfehlungen ......................................................................................................................... 124 5.6 Veranschaulichung sichern ............................................................................................................... 125 Empfehlungen ......................................................................................................................... 133 5.7 Stoff beschränken ....................................................................................................................................... 133 Empfehlungen ......................................................................................................................... 145 5.8 Strukturierung anbieten ........................................................................................................................ 146 Empfehlungen ......................................................................................................................... 151 5.9 Entlastung ermöglichen ........................................................................................................................ 151 Empfehlungen ......................................................................................................................... 153 5.10 Orientierung geben ................................................................................................................................... 154 5.11 Feedback gewährleisten ....................................................................................................................... 154 Empfehlungen ......................................................................................................................... 156 5.12 Redeverhalten steuern ............................................................................................................................ 157 <?page no="14"?> XIV 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess .................................................... 160 6.1 Einführung ........................................................................................................................................................ 160 6.2 Das Problem .................................................................................................................................................... 160 6.2.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................... 160 6.2.2 Kontrollierte Wahrnehmung ................................................................................................ 161 6.2.3 Kontrollierter Dialog .................................................................................................................. 163 6.3 Der Konflikt .................................................................................................................................................... 167 6.3.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................... 167 6.3.2 Verhaltensstile in der Konfliktlösung ........................................................................... 168 6.3.3 Konfliktlösungstechniken ...................................................................................................... 171 Technik Feedback ............................................................................................................... 171 Technik Lichtschwert I .................................................................................................... 173 Technik Lichtschwert II .................................................................................................. 174 6.4 Die Krise ............................................................................................................................................................. 176 6.4.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................... 176 6.4.2 Mediationsverfahren .................................................................................................................. 177 6.5 Bewältigen von schwierigen Situationen .......................................................................... 178 6.5.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................... 178 6.5.2 Gruppe der Teilnehmer ............................................................................................................ 180 Gruppenarbeit wird abgelehnt .................................................................................. 181 Gruppenarbeit misslingt ................................................................................................ 182 Schweigende Gruppe ........................................................................................................ 183 Gruppe geht räumlich auf Distanz ......................................................................... 184 Unruhige Gruppe ................................................................................................................ 184 „Schwarzes Loch“ im Vortrag ................................................................................. 186 Zu große Gruppe ................................................................................................................. 186 Gruppe verweigert die Zusammenarbeit ........................................................... 187 6.5.3 Einzelne Teilnehmer .................................................................................................................. 187 Störendes Verhalten .......................................................................................................... 188 Vielredner ................................................................................................................................. 189 Angriff auf den Dozenten .............................................................................................. 190 6.5.4 Dozenten ............................................................................................................................................. 191 Umgang mit eigenem Nichtwissen ......................................................................... 192 Mangelnde eigene Vorbereitung ............................................................................. 192 Ungünstiges Feedback .................................................................................................... 193 Zeitknappheit .......................................................................................................................... 194 Lampenfieber .......................................................................................................................... 194 Versprecher ............................................................................................................................. 195 <?page no="15"?> XV Steckenbleiben ........................................................................................................................ 196 6.5.5 Technik .................................................................................................................................................. 196 Medienausfall ......................................................................................................................... 196 PC-Beamer-Problem ......................................................................................................... 197 Stromausfall ............................................................................................................................. 197 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................................. 198 Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................................................... 201 Sachwortverzeichnis ............................................................................................................................................. 204 <?page no="17"?> 1 Leitorientierungen für das Gestalten 1 1 Leitorientierungen für das Gestalten 1.1 Einführung Aus der Sicht mancher Dozenten stellt sich Lehre etwa so dar: „Ich halte eine Vorlesung, diese hat einen bestimmten Titel und behandelt einen ausgearbeiteten Stoff, den ich vortrage. Hierzu ist es erforderlich, dass ich den Ablauf plane und mich dann auf meinen Vortrag vorbereite, um diesen dann den Teilnehmern zu präsentieren.“ (W ÖRNER , A. 2008, S. 22) So gesehen wird Lehre gleichsam als Theaterauftritt verstanden, bei dem der Dozent die Hauptrolle spielt - eine Hauptrolle, in der der Stoff nach Skript abgespult wird, ohne Versprecher, ohne Steckenbleiben und vor allem ohne unvorhergesehene Abweichungen. Welche Eigenschaften muss eine gute Lehre besitzen? Effektiv, motivierend, interessant, spannend, verständlich, praxisnah, zielorientiert, transparent, mit Beispielen erläuternd. Alle Aspekte zu berücksichtigen ist schwer möglich - sie sind nicht präsent zu halten. Für die Lehrpraxis mögen zwei Leitorientierungen gelten - Aktivität und Offenheit - mit denen viele der oben erwähnten Eigenschaften realisiert werden können (W ÖRNER , A., 2008, S. 17 ff.). Zugleich wird deutlich, dass den Leitorientierungen Aktivität und Offenheit folgend, das Modell von Lehre als Theateraufführung ungeeignet ist. Der konstruktivistischen Orientierung für die Lehre folgend wird Wissen nicht einfach weitergegeben, sondern es wird von den Teilnehmern in der Auseinandersetzung mit Aufgaben und Problemen aktiv konstruiert. Dabei erfolgt Lernen, also das „Konstruieren“ von Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen, durch aktive, gleichwohl angeleitete Teilnahme an Kommunikations- und Kooperationsprozessen in der Gemeinschaft von Teilnehmern und Dozenten (S CHMOTZ , 2011, S. 130 ff.). Eine traditionelle Auffassung lautet: Lehre ist Inbegriff für Wissensvermittlung, Wissen wird von einem Wissenden auf Unwissende übertragen. Der Lehrende fügt mit seinem Lehrhandeln Wissensstücke in die Köpfe der Lernenden ein. Aber: Lernen durch Lehre im Sinne eines Input-Output-Modells ist überholt. Denn Lernen ist Tätigkeit der Teilnehmer, die der Dozent nicht erzeugt, sondern anregt, Voraussetzungen für diese Tätigkeit schafft. <?page no="18"?> 2 1 Leitorientierungen für das Gestalten Alleiniges Ziel der Lehre in der Vorlesung oder im Seminar kann nicht „reine“ Stoffvermittlung sein. Wesentlich ist doch, das • der Stoff verstanden wird, • man mit ihm umgehen, • ihn erfolgreich anwenden kann. Es geht nicht nur um Wissenszuwachs, sondern auch um • vertieftes Hintergrundverständnis, • Vergleichs- und Kritikfähigkeit, • angemessene Umsetzung usw. Angeleitetes Lernen lässt sich durch folgende Dimensionen des didaktischen Raums für das Gestalten charakterisieren (S CHMOTZ , W., 2011, S. 135 ff.): (1) Fremdsteuerung oder Selbststeuerung Wie groß sind jeweils die Anteile? (2) Strukturierung der Lernsituation Erfolgt die Strukturierung anhand der Struktur des Wissens oder anhand der Struktur praktischer Anforderungssituationen? (3) Grad des Problembezugs Wie ausgeprägt ist der Problembezug? Danach weist die konstruktivistische Orientierung für die Gestaltung der Lehre ein ausgewogenes Verhältnis von Selbst- und Fremdsteuerung aus. Bei der Strukturierung der Lernsituationen dominiert die Orientierung auf praktische Anforderungssituationen. Der Problembezug ist situationsabhängig. Die Aktivität der Teilnehmer ist Voraussetzung und Prozess ihres Lernens zugleich. Offenheit ist die Voraussetzung dafür, dass ein angemessener Umgang mit der Aktivität der Teilnehmer realisiert werden kann, also einer Voraussetzung auch dafür, um die individuell vorstrukturierten Aktivitäten zu koordinieren und zu strukturieren. Aktivität der Teilnehmer und Offenheit der Dozenten sind • Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Lehre und zugleich • Erfolgsfaktoren für ein gutes Verhältnis von Teilnehmern und Dozenten. Beide Leitorientierungen sind ab der ersten Veranstaltungsstunde im eigenen Lehrhandeln umzusetzen. <?page no="19"?> 1 Leitorientierungen für das Gestalten 3 1.2 Prozessorientierung Themenbezogene (Lern)Aktivitäten der Teilnehmer als Zweck gelingender Lehre im Unterricht Lernaktivität zielt eindeutig auf die Teilnehmer und nicht vordergründig auf die Aktivität des Dozenten. Kennzeichen gelingender Lehre ist es, dass die Teilnehmer die Hauptaktivität übernehmen. Die Erfahrung zeigt: Qualitativ hochwertiges Lernen findet vor allem dort statt, wo sich die Teilnehmer Dinge selbst aneignen, selbst Fragen und Problemstellungen entwickeln und selbst nach Alternativen und Lösungen suchen. Also: Es kommt nicht darauf an, was der Dozent in der Lehrveranstaltung alles gesagt hat, sondern darauf, was bei den Teilnehmern für Lernprozesse angeregt wurden. Sie sollen über die Zuhörerfunktion hinaus aktiv werden, den Rollenwechsel vom Empfänger zum Akteur vollziehen. Das führt auch beim Dozenten zu einem Rollenwechsel. Der Dozent wird vom Alleinunterhalter zum Lernhelfer und Lernberater, manchmal auch zum Moderator. Deshalb gilt es abzurücken von der Praxis, sämtliche verfügbaren Minuten der Lehrveranstaltung für die eigene Redezeit einzuplanen. Vielmehr ist Teilnehmer-Aktivität anzuregen und die eigene Aktivität in die Vorbereitung der Veranstaltung vorzuverlegen. Insbesondere sind ansprechende und zielführende Arbeitsaufträge vorzubereiten. Das Übertragen von Aufgaben soll zu einer intensiven Lernarbeit führen, die vom Dozenten beratend begleitet wird. Hier treten als Grundformen der Tätigkeit Einzel-, Partner-, Gruppen- oder Plenumsarbeit auf (s. Abb. 4, S. 42). Natürlich gehen nicht alle Aktivitäten von den Teilnehmern aus. Der Dozent bleibt Sachverwalter des zu Lernenden. So hat in der Prozessorientierung auch der Lehrvortrag seinen Platz als Organisationsform. Bewährt sind Impulsreferate für einen Überblick, eine Einführung in das Unterrichtsfach und das Anlegen von Orientierungswissen für ein Themengebiet. Die Vorträge sollten mit Blick auf die Aufmerksamkeitsleistung in der Regel nicht 25 Minuten überschreiten. In dieser Zeit prüfen die Teilnehmer, ob die angebotenen Themen in ihre Wissensstrukturen passen, ob sich Lösungen für berufliche Probleme andeuten, ob Anwendungsbezüge erkennbar sind. Teilnehmer-Aktivität ist keine Bedrohung, die die eigene Planung zerstört, die durch Fragen vielleicht Nichtwissen beim Dozenten aufzeigt und ihn in Bedrängnis bringen kann. Gefragt ist persönliche Offenheit für die Teilnehmer, Offenheit für deren Beiträge und für das Risiko, das diese Beiträge den Dozenten <?page no="20"?> 4 1 Leitorientierungen für das Gestalten vor ungewohnte und unverhoffte Situationen stellen können. Wer den Plan „störungsfrei“ abgearbeitet hat, sollte sich überlegen, ob er vielleicht an den Teilnehmern vorbei vorgetragen hat. 1.3 Teilnehmerorientierung Offenheit als Grundhaltung gegenüber den Teilnehmern und ihren Anliegen aber auch Offenheit der Teilnehmer untereinander Teilnehmerorientierung bedeutet Offenheit für die Aktivitäten und Anliegen, Einwände und Impulse der Teilnehmer sowie Orientierung über Ziele und Planungen der Zusammenarbeit. Die Perspektiven der Teilnehmer bezüglich ihrer Interessen, Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen sind in die Planung und Durchführung der Lehre einzubeziehen (F AULSTICH , P.; Z EUNER , C H ., 2010, S. 69 f.). Offenheit verlangt wohlüberlegte Planung, bei der Teilnehmeraktivität bereits einkalkuliert ist, aber situativ auch abgewichen werden kann. Lehrerfolg besteht nicht darin, dass alles nach Plan abgearbeitet wird, sondern dass die Teilnehmer in der Lehrveranstaltung aktiv werden und sich mit den behandelten Gegenständen auseinandersetzen. Offenheit als Maxime entlastet den Dozenten letztlich von dem Druck, alles schaffen zu müssen. Spontane Teilnehmer-Aktivität geht vor minutiöser Skriptabarbeitung. Offenheit bedeutet nicht Beliebigkeit. Der Dozent orientiert die Teilnehmer- Aktivität auf den jeweiligen Themenbezug, legt Ziele für jede Gesamtveranstaltung und jede einzelne Veranstaltung fest. Wichtig ist, dass die Teilnehmer diese Ziele und die dafür geplanten Arbeitsformen kennen und sich zu Eigen machen. Kennzeichen guter Lehre ist, dass in einem offenen Lehr-Lern-Verhältnis die Dinge gemeinsam erarbeitet werden - also eine Form der prinzipiell gleichberechtigten Zusammenarbeit. Zusammenarbeiten bedeutet: miteinander reden, wobei beide Seiten reden und beide Seiten zuhören. Es geht also nicht darum, ein vorgefertigtes Stoff-Stück vorzutragen oder gar vorzulesen, sondern immer auch, sich spontan und aktuell zueinander zu verhalten. Zur Offenheit als Grundhaltung gehört schließlich auch, den Lehrgegenstand zum Lerninhalt zu machen, in dem der Dozent den biografischen Kontext der Teilnehmer durch entsprechende Aufgabenstellungen und Beispiele berücksichtigt. Eine empfehlenswerte Methode unter dem Aspekt der Lernförderlichkeit ist das Sprechdenken. Hier begleitet der Dozent Arbeitsschritte, Experimente und Ver- <?page no="21"?> 1 Leitorientierungen für das Gestalten 5 suche aller Art durch Artikulation der jeweils von ihm angestellten Überlegungen - z. B.: „Ich mache AB und nicht CD, das mache ich wie folgt, weil sonst das Risiko bestünde, dass … Um das zu erreichen, dass …, ist es jetzt wichtig, dass ich … berücksichtige.“ Damit wird beim Teilnehmer ein tiefgehendes Verständnis der Vorgehensweisen sowie für deren Begründung entwickelt. Diese Form des miteinander Redens impliziert, dass hierbei miteinander gelernt wird. 1.4 Teilnehmerbesonderheiten in der Weiterbildung Das Umsetzen der Leitorientierungen Aktivität und Offenheit erheischt einen Blick auf die Besonderheiten des Teilnehmers an der Weiterbildung, vor allem auf Besonderheiten gegenüber dem Auszubildenden in der Erstausbildung. Auf einige sei im Folgenden verwiesen: • Die Teilnehmer zeichnen sich durch einen hohen Grad der Bewusstheit in Bezug auf Ziel, Inhalt und Organisation der Qualifizierung aus. Sie erwarten, dass diese Form der organisierten Weiterbildung in größerem Umfang praktisch sofort, gezielt und verlustarm berufsbzw. aufgabenspezifisch wirksam wird. Dafür setzen sie Zeit und Geld ein. • In der Weiterbildung verlagert sich der Schwerpunkt von Lehraktivität des Dozenten auf Aktivität der Teilnehmer. Auf der einen Seite stellt der begrenzte Zeitfonds hohe Ansprüche an die Lehrtätigkeit, insbesondere bei der Planung und Vorbereitung der Lehrveranstaltung. Andererseits erfordert hochwertiges Lernen zunehmende Aktivität und Selbstständigkeit von den Teilnehmern. • Der Erwerb von Wissen und Können in der Weiterbildung führt nicht nur zur Neubildung bzw. Stabilisierung von Vorgehens- und Verhaltensweisen, sondern in Verbindung damit auch zur Labilisierung oder gar Eliminierung von bestimmten Verhaltensweisen. Dahinter steckt oft auch die ablehnende Haltung, neue wissenschaftliche Erkenntnisse könnten die eigenen, bisher bewährten Positionen erschüttern. Voraussehbare Strecken des Umlernens sind durch entsprechende Motivation der Teilnehmer sorgfältig zu gestalten. • Teilnehmer sind umso stärker zum Lernen motiviert, je intensiver Lehrinhalte mit ihren Interessen korrespondieren, je konkreter der Nutzen für die berufliche Tätigkeit transparent wird. Dabei erwarten sie, dass ihr Erfahrungspotential angemessen in der Zusammenarbeit mit dem Dozenten und im Teilnehmerkreis Beachtung findet. • Weiterbildungsprozesse erfordern ein spezielles Vorgehen mit wiederholendem Charakter. Es muss sowohl der Reaktivierung von früher Erworbenen dienen, als auch das Auffüllen von Lücken gewährleisten. Ein besonderes <?page no="22"?> 6 1 Leitorientierungen für das Gestalten Problem besteht darin, dass die Teilnehmer schon beim Wiedererkennen einzelner Informationen diese als redundant empfinden und entsprechend bewerten. Deshalb ist verteiltes Wiederholen des Stoffs effektiver als gehäuftes Wiederholen. • Die teilweise erheblichen Unterschiede in den Erfahrungen, in der Vorbildung, im beruflichen Einsatzfeld und nicht zuletzt im Lebensalter der Teilnehmer verlangen in der Weiterbildung ein hohes Maß an Differenzierung. Altersbedingte Leistungsminderungen, etwa in den Gedächtnisfunktionen oder in der Lernleistung, sind in der Weiterbildung kaum spürbar. Das Lernen ist auf Sinnzusammenhänge zu konzentrieren, mechanisches Einprägen bleibt erfolglos. • Bei einer Reihe von Teilnehmern wirkt ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, das aus Berufserfolg, beruflicher Stellung, sozialem Umfeld und langjähriger Leitungserfahrung gespeist ist. Dies kann dazu führen, dass die Dozententätigkeit nicht ohne weiteres akzeptiert wird, besonders wenn es dabei um Bewertung und Korrektur des eigenen Leistungsverhaltens geht. Auch eine Kritik aus dem Teilnehmerkreis wird häufig schlecht verkraftet. • Die bei einzelnen Dozenten zu beobachtende Arroganz des Experten, insbesondere das offensichtliche Herauskehren dieses Anspruchs, verschärft die beschriebene Lage erheblich. • Aufgrund der umfangreichen Erfahrungen der Teilnehmer in den verschiedensten sozialen Gruppen, in der Arbeit in Teams entwickeln sich in der Weiterbildung rasch kollektive Formen des Zusammenwirkens - sowohl informatorische, aktivierende, koordinierende und nicht zuletzt auch verhaltensorientierende Wechselbeziehungen. Sie zu nutzen und zu fördern unterstützt die helfende Aktivität des Dozenten. • Bei einigen Teilnehmern muss im Verlaufe der Weiterbildung mit Vorbehalten gegen die eine oder andere Leistungsanforderung gerechnet werden. Dahinter verbergen sich eine gewisse Scheu vor dem persönlichen Aufwand, eine nicht eingestandene Angst vor Prüfungs- und Kontrollsituationen und manchmal auch ein Schutzmechanismus gegen unerwünschtes Infragestellen der eigenen Kenntnisse und der damit verknüpften Werte und Handlungsmuster. Hier helfen eine klare Orientierung des Leistungsanspruchs und Konsequenz bei der Durchsetzung. Diese für die Weiterbildung typischen Besonderheiten von Teilnehmern werden im Einzelfall durch eine Reihe weiterer ergänzt. In diesem Zusammenhang werden oft die Bedeutung räumlicher und zeitlicher Schwierigkeiten, Probleme der Belastung und Ermüdung genannt oder die Einwirkung beruflicher und familiärer Verpflichtungen als hinderliche Faktoren erörtert. Natürlich können diese <?page no="23"?> 1 Leitorientierungen für das Gestalten 7 Faktoren über die Teilnahme entscheiden. Dagegen wird ihr Einfluss auf die Prozessgestaltung oft überschätzt. Die hohe Erfolgsquote in der Weiterbildung liefert dafür eine Bestätigung. <?page no="24"?> 8 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2.1 Planungsansätze und Planungselemente 2.1.1 Elementarmodell Die Durchführung der Lehr-Lern-Aktivitäten verlangt eine sorgfältige Planung. Dabei sind in der Weiterbildung mindestens zwei Ebenen zu unterscheiden: • die Ebene der Grobplanung oder auch der zentralen Planung für einen Lehrgang, • die Ebene der Feinplanung oder dezentralen Planung für ein Modul innerhalb eines Lehrgangs oder eines Unterrichts zu einer begrenzten thematischen Einheit. Die folgenden Empfehlungen beziehen sich auf die Feinplanung des Lehr- und Studienprozesses. Die planende und vorbereitende Tätigkeit des Dozenten beginnt mit dem gedanklichen Durchdringen des Prozessverlaufes und dem Erkennen des zu schaffenden Bedingungsgefüges. Mit Blick auf das Elementarmodell lässt sich in grober Näherung folgender Ablauf des Lehr-Lern-Prozesses darstellen (s. Abb. 1). Das aus den Vorgaben der Grobplanung abgeleitete Ziel wird von dem Dozenten bzw. dem Dozententeam nach Analyse der Voraussetzungen und Erwartungen der Teilnehmer präzisiert. Unter Einsatz von Methode, Organisation und Mittel wählen sie die für die Zielrealisierung geeigneten Inhalte aus der entsprechenden Fachwissenschaft sowie den beruflichen Aufgaben- und Problemfeldern der Teilnehmer aus. Mit Hilfe von Methode, Organisation und Mittel werden die ausgewählten Inhalte den Teilnehmern angeboten und von diesen angeeignet. Das ermittelte Resultat der Aneignung sollte sich in einer erweiterten Berufsbefähigung der Teilnehmer äußern und kann zur Präzisierung des Ziels führen. Das in Abb. 1 dargestellte Elementarmodell enthält die sachlichen Elemente des Lehr- und Studienprozesses - das Ziel, den Inhalt, die Methoden, die Organisation, die Mittel und das Resultat. Mit diesen Elementen wird die gemeinsame Tätigkeit von Dozenten und Teilnehmern planbar. Deshalb werden im Folgenden diese sachlichen Momente des Lehr-Lern-Prozesses kurz charakterisiert und mit Gestaltungsempfehlungen versehen. <?page no="25"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 9 Abb. 1: Grundmodell des Lehr-Lern-Prozesses 2.1.2 Element Ziel Eine Analyse von Lehrgangsprogrammen in der Praxis lässt deutliche Mängel in der Zielbeschreibung erkennen. Häufigste Fehler sind eine viel zu umfangreiche, nicht kontrollierbare Zielstellung oder die Beschreibung durch die zu vermittelnden Inhalte. Auf diese Weise wird ein Weiterbildungsangebot durch eine Anhäufung von Inhalten konzipiert. Ziele in der wissenschaftlichen Weiterbildung beschreiben den beabsichtigten Zuwachs an beruflicher und wissenschaftlicher Qualifikation der Teilnehmer, ausgedrückt in Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen oder einer Verhaltensänderung. Demzufolge unterscheidet man folgende Seiten der Qualifikation und zugeordnete Eigenschaftsformen als Beschreibungsmittel: <?page no="26"?> 10 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Qualifikationsseiten Eigenschaftsformen Kennen - Kenntnisse Können - Fähigkeiten - Fertigkeiten Wollen - Überzeugungen - Motive - Bedürfnisse - Gewohnheiten Sein - Charakter - Temperament Kenntnisse entstehen durch Aneignung von Wissen. Sie verfestigen sich und sind die informationellen Voraussetzungen für die Tätigkeit. Sie sind beteiligt an der Regulierung der Tätigkeit und damit ein Teil der Leistungsbefähigung. Fähigkeiten und Fertigkeiten sind der andere Teil der Leistungsbefähigung. Sie beziehen sich auf die Aneignung und Produktion von Wissen. Als dispositionelle Voraussetzung steuern sie den Tätigkeitsvollzug. Fähigkeiten bilden vorzugsweise kognitive Operationen aus, beispielsweise die Fähigkeit zur Analyse, Synthese oder Bewertung/ Beurteilung. Fertigkeiten bilden in Ergänzung dazu die Grundlage für die automatisch ablaufende Regulation der Tätigkeit. Überzeugungen, Bedürfnisse, Gewohnheiten bestimmen, welches Wissen in welcher Tiefe und in welchem Umfang angeeignet und angewendet wird. Als positionelle Voraussetzungen regulieren sie den Antrieb zur Tätigkeit und zeigen in ihrer Ausprägung die Bereitschaft zur Tätigkeit an. Gewohnheiten bilden ein Antriebsinstrument für Tätigkeiten, deren Motiv dem Handelnden nicht mehr bewusst zu werden braucht, um zu handeln. Charakter und Temperament gehören zu den Anlagen des Menschen. Ihre Entwicklung ist das Produkt nachhaltiger Einflüsse sowie innerer psychischer Vorgänge und Zustände. Sie sind durch den relativ kurzzeitigen Weiterbildungsprozess kaum unmittelbar zu beeinflussen und deshalb hier aus der weiteren Zielbetrachtung auszuklammern. Die Planung der Ziele für einen Lehrgang folgt dem Prinzip vom Allgemeinen, Prinzipiellen und Komplexen zum Einfachen, Einzelnen und Konkreten. Nach dem Drei-Stufen-Modell werden folgende Zielebenen unterschieden: <?page no="27"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 11 • Die Richtziele, die einen sehr umfassenden Charakter besitzen und für den gesamten Lehrgang gelten. Sie beschreiben die angestrebte Erweiterung, Vertiefung oder Erneuerung der Qualifikation. Zugleich sind sie Prüfkriterium dafür, ob in den Grob- und Feinzielen das ursprünglich Beabsichtigte wirklich zum Ausdruck kommt. • Die Grobziele, die modul- oder abschnittsweise den beim Teilnehmer zu erreichenden Zustand beschreiben, beispielsweise durch Tätigkeiten, die nach erfolgreicher Aneignung ausgeübt werden können. • Die Feinziele, die für Module und thematische Einheiten den zu erreichenden Endzustand in operationalisierter Form kennzeichnen. Sie werden durch typische Aufgaben bzw. Fragen beschrieben, die der Teilnehmer anschließend lösen bzw. beantworten kann. Ziele sind immer als Eigenschaften der Persönlichkeit zu sehen, die in bestimmter Art im Lehr-Lern-Prozess entwickelt werden sollen. Grundlage jeder Eigenschaft ist die Erkenntnis über bestimmte Inhalte, die nach den Qualitäten Sachwissen, Methodenwissen, Wertwissen und Normwissen (s. dazu 2.1.3) unterschieden werden können. Dabei ist das Sachwissen die Grundlage, aus der alle anderen Wissensarten entwickelbar sind. Mithin ist die Sacherkenntnis der Ursprung aller Überlegungen zur Zielformulierung. Ziele sind also eng mit der Sache verbunden, aber nicht allein durch die Sache formulierbar. Für die Zielformulierung ist zu überlegen, welche Handlungen die Person mit einer Sach- oder anderen Erkenntnis nun ausführen kann oder/ und wie sie mit einer Sache, die sie in ihrem Wesen erkannt hat, umgehen sollte. Auf diese Weise entsteht eine operationalisierte Zielbeschreibung. Durch das Operationalisieren werden Zielformulierungen präzise und abrechenbar ausgedrückt. So erfüllt beispielsweise die Zielformulierung „Der Lernende soll das Ohmsche Gesetz (I = U/ R) kennen.“ noch nicht diesen Anspruch. Besser ist zu formulieren: • „Der Lernende soll mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes Schaltungen berechnen können.“ oder • „Der Lernende soll mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes elektrische Lösungen bewerten können.“ <?page no="28"?> 12 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Für die operationale Zielbeschreibung bieten A NDERSON und K RATHWOHL (2001, S. 433 ff.) folgende Zielklassen an: Erinnern: an im Langzeitgedächtnis gespeicherte Informationen. Verstehen: mit eigenen Worten wiedergeben, eigene Beispiele geben, Vergleiche anstellen. Anwenden: auf bekannte oder neue Sachverhalte übertragen. Analysieren: Zerlegen in Teile und Aufdecken von Beziehungen. Bewerten: kritische Beurteilung nach Kriterien und Standards, Entdecken von Lücken und Widersprüchen. Kreieren: Schaffen neuer Lösungen, Formulieren neuer Hypothesen, Aufdecken neuer Anwendungen. Für das Modul „Maklerrecht“ wurde beispielsweise in einem Weiterbildungsprogramm folgende Zielstellung formuliert: • den aktuellen Berufsstand des Maklers skizzieren, • Erfahrungen und Betrachtungen über den Maklerberuf systematisch darstellen, • Schwachstellen der heutigen Gesetzgebung in Bezug auf das Maklerrecht aufzeigen und die aktuelle Rechtsprechung vorstellen, • Praxis und die aus dem Gesetz resultierenden Widersprüche aufzeigen, • Blick in die europäischen Nachbarländer. In diesen Formulierungen werden offensichtlich nicht der vom Teilnehmer zu erreichende Zustand, sondern Bildungsinhalte beschrieben, mit deren Hilfe dieser Zustand erreicht werden soll. Deshalb sollte die Zielstellung für das Modul „Maklerrecht“ wie folgt operationalisiert beschrieben werden: • das aktuelle Berufsprofil des Maklers verstehen. • Aktuelle Zustände aus Erfahrungen und Betrachtungen über den Maklerberuf bewerten können. • Schwachstellen der heutigen Gesetzgebung in Bezug auf das Maklerrecht erkennen und die aktuelle Rechtsprechung verstehen. • Praxis und die aus der Gesetzgebung resultierenden Widersprüche verstehen. • Situation in den europäischen Nachbarländern einschätzen können. <?page no="29"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 13 In einem weiteren Beispiel werden für das Lehrgebiet „Automatisierungstechnik“ in der Ausbildung von Maschinenbauingenieuren folgende Ziele genannt: In der Lehrveranstaltung sind • die grundlegenden Begriffe sowie die wesentlichen Motive, Aufgaben, Ziele und Mittel der Automatisierungstechnik erläutert, • Einführungen in die Theorie, die Gerätetechnik sowie die Projektierung von Automatisierungseinrichtungen und zur Rolle der Menschen bei der Lösung und Erfüllung von Automatisierungsaufgaben gegeben, • in anschaulicher Weise die Funktion, Anwendung und Eigenschaften von Automatisierungseinrichtungen demonstriert, • auf der Basis von Differentialgleichungen, Frequenzangleichungen und Übertragungsfunktionen die Grundlagen zur Berechnung der Eigenschaften linearer Regelkreise hinsichtlich ihres Übergangsverhaltens, ihres Verhaltens im eingeschwungenen Zustand sowie ihrer Stabilität erläutert. Die operationale Zielbeschreibung lautet: Die Lernenden sind in der Lage • einfache Automatisierungseinrichtungen und automatisierte Anlagen funktionell zu bestimmen, sie hinsichtlich ihres statischen und dynamischen Verhaltens zu analysieren, • die Differentialgleichungen für einfache Übertragungsglieder aufzustellen, zu linearisieren, zu lösen sowie die Glieder bezüglich ihres dynamischen Verhaltens zu klassifizieren, • das Verhalten von Regelkreisen für Übergangsvorgänge und eingeschwungene Zustände zu berechnen, • lineare Regelkreise hinsichtlich ihre Stabilitätsverhaltens zu analysieren und zu bewerten, • einfache Regelkreise zu entwerfen und zu dimensionieren. Die Operation mit der Sache ist das Wesentliche und bestimmt die eigentliche Zielerkenntnis zur Sache sowie die daran gebundenen anderen Qualitäten wie Methoden-, Wert- und Normerkenntnis. Zielanalyse der Teilnehmer Die Arbeit am Ziel - vom Grobbis zum Feinziel in operationalisierter Form - verlangt eine fortwährende Analyse der Teilnehmer am Lehr-Lern-Prozess. Auf allen Ebenen ist die Realität der angestrebten Ziele mit Blick auf die Teilneh- <?page no="30"?> 14 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten mervoraussetzungen zu recherchieren. Noch vor der Auswahl von detaillierten Inhalten sind Vorstellungen zu entwickeln, • welche Kenntnisse, Erfahrungen und Erwartungen vorausgesetzt werden können, • welche Inhalte mit Blick auf die beruflichen Verwertungsbedürfnisse besonders gefragt sind, aber auch, • mit welchen Vorbehalten und illusionären Wunschvorstellungen zu rechnen ist. Eine Analyse der Teilnehmer hinsichtlich ihrer Situation, ihrer Interessen und ihrer Einstellungen hilft beim Entwickeln dieser Vorstellungen. Sie wird als S I E- Analyse bezeichnet und ist in Abschnitt 4.3.2, Abb. 29 gekennzeichnet. BEISPIEL: Im Rahmen des Lehrgangsthemas „Patientenedukation in der professionellen Pflege“ wird dem vorgegebenen Richtziel nachfolgend die S I E- Analyse mit folgenden Ergebnissen durchgeführt (D REISCHER , T., 2016, Folien 4-7): SITUATION · Pflegepersonal, dessen Aufgabenbereiche nach dem Lehrgang noch nicht klar definiert ist, · erfahrungsbedingte grobe Vorstellung zur Edukation (Erziehung), jedoch keine Kenntnisse über Grundlagen und Verfahrensweisen, · Edukation wird als Möglichkeit gesehen, spezielle Aufgaben in der Arbeitsroutine zu besetzen. INTERESSEN · Interesse an Inhalten, die für die praktische Tätigkeit relevant sind, · Argumente, die nachvollziehbar und praktikabel sind, · konkrete Beispiele, die als Muster für eigenes Handeln dienen können, · Möglichkeit, sich von anderen Pflegekräften abzugrenzen. EINSTELLUNGEN · „Das machen wir doch schon nebenbei mit“, · Zweifel, dass bei chronischem Zeitmangel Edukation umgesetzt werden kann, · Positiv gegenüber den vorgegebenen Zielen, aber skeptisch gegenüber der sich anschließenden Erfolgskontrolle. <?page no="31"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 15 Die auf diese Weise entwickelten (sicher noch unvollkommenen) Vorstellungen über die Voraussetzungen der Teilnehmer sind eine Grundlage für das Ableiten der folgenden Teilziele: Die Teilnehmer: • können den Begriff der Edukation erklären, • kennen das Wesen und den Unterschied zwischen Informieren, Schulen und Beraten, • können Konzepte für eine Beratung und eine Schulung in ihrem eigenen Tätigkeitsfeld entwickeln, • führen selbstständig eine Schulung oder Beratung in ihrem Tätigkeitsfeld im Rahmen einer Praxisbegleitung durch. Zusammenfassend wird empfohlen: Ziele als Eigenschaftsformen zu formulieren, die im Lehr- und Studienprozess beeinflusst werden sollen. Die Entscheidung zu treffen, ob informiert, befähigt, überzeugt oder veranlasst werden soll. Ziele so eindeutig zu beschreiben, dass ihre Erfüllung kontrolliert und bewertet werden kann, z. B. durch Tätigkeiten bzw. Aufgaben. Die Realität der Ziele mehrfach zu überprüfen (Ergebnisse der S I E-Analyse, Verfügbarkeit der Inhalte, Methoden, Mittel und der Zeit) und dementsprechend zu überarbeiten. Den Teilnehmern die Ziele und vorgesehenen Formen der Ergebniskontrolle frühzeitig bewusst zu machen. 2.1.3 Element Inhalt Inhalte sind ein Mittel der Zielrealisierung und primär vom Ziel bestimmt. Über das Angebot eines bestimmten Wissens, das den Inhalt ausmacht, soll eine Befähigung für eine Aufgabe erreicht oder es soll eine Einstellung gegenüber Trends in einem definierten Bereich entwickelt werden. Die Übermittlung von Wissen erfolgt in den Qualitäten Sachwissen, Methodenwissen, Wertwissen und Normwissen. Nachfolgend sind die wichtigsten Aussagebzw. Aufforderungsarten dieser Wissensqualitäten genannt: <?page no="32"?> 16 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Wissensqualitäten Aussagebzw. Aufforderungsarten Sachwissen Aussagen über Begriffe, Merkmale, Gesetze usw. Methodenwissen Aussagen über Vorgehensweisen, Techniken, Handlungsmuster, Methoden usw. Wertwissen Aussagen über Wertmaßstäbe, Wertsätze, Werturteile, Beurteilungskriterien usw. Normwissen Aufforderungen und Empfehlungen für das Verhalten in schwierigen oder bisher unbekannten Situationen Zwischen den genannten Aussagearten und Aufforderungen existieren eindeutige Abhängigkeiten. Die Sachaussagen und damit verbundene Aussagen zum methodischen Vorgehen, zu Techniken und Verfahrensweisen, die Methodenaussagen, bilden das Fundament für die anderen Arten. Das bedeutet: Wert- und Normaussagen sind nur aus bestimmten Sach- und Methodenaussagen entwickelbar. Wertaussagen beinhalten Kriterien bzw. Kennziffern, die es ermöglichen, einen bestimmten Sachverhalt oder verschiedene Varianten zu bewerten. So könnten beispielsweise für die Bewertung eines Projekts folgende Kriterien gelten: • Investitionskosten, • Folgekosten, • Werthaltigkeit, • Sicherheit, • Kommunale bzw. regionale Aspekte. Zur Beurteilung von Lösungsvarianten für ein Tragwerk im Neubau eines Gebäudes bieten sich folgende Bewertungskriterien an (siehe dazu auch Abb. 49, Kapitel 5.3): • Brandschutz, Schallschutz, Spannweite, …, • Flexibilität, vorgefertigte Bauteile, Optimierung, …, • Recycling, Baustofftrennung, … Ein maßvolles Angebot an Wertaussagen regt Teilnehmeraktivität an, befähigt im besten Sinne des Wortes zur Bewertung von Sach- und Methodenaussagen. Normaussagen sollen für das Verhalten des Handelnden in bestimmten Situationen eine Orientierung geben. Das bezieht sich vor allem auf Situationen, die für <?page no="33"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 17 die Teilnehmer in Bezug zu den Sach- und Methodenaussagen unbekannt oder schwierig sind. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wie soll sich der Sachverständige auf der Baustelle verhalten, wenn der Handwerker seine Hinweise unbeachtet lässt? Vorschlag für den Kommentar des Sachverständigen: „Ich gehe davon aus, dass mit Ihrem Verhalten ein Schaden eintritt. Im Schadensfall müssen wir uns die Kosten für die Mangelbeseitigung teilen. Da ich auf die Gefahr hingewiesen habe, bin ich nicht bereit, einen Teil des Risikos zu übernehmen. Damit es aber weitergeht, bin ich bereit, mein Risiko an Sie abzutreten. Die Auswahl des Inhalts ist in der Fort- und Weiterbildung eine anspruchsvolle Aufgabe, weil hier im Unterschied zur Ausbildung häufig die geistige Überführung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und aktueller praktischer Erfahrungen als Pilotlösung erfolgt. Auf vier Schwierigkeiten sei in diesem Zusammenhang hingewiesen: Erstens nimmt die Menge der fachlichen Informationen und praktischen Erfahrungen in den für jede Weiterbildung wichtigen Entwicklungsgebieten rasch zu. Deshalb sollten bei der Auswahl vor allem Erkenntnisse und Erfahrungen mit Flächenwirkung und Transfereffekt an erster Stelle stehen. Zweitens fällt die Auswahl schwer, weil diese Informationen so „frisch“ sind, dass nicht immer das Wesentliche mit Bezug auf das Ziel zu erkennen ist. Ein Zugang schaffen hier pragmatische Strukturträger, die aus Anforderungsbildern ableitbar sind und sichern, dass sich der Dozent nicht zu weit von den praktischen Erfordernissen entfernt. Drittens unterliegen diese „frischen“, noch nicht eingeordneten Informationen unterschiedlichen Bewertungen in Theorie und Praxis. Hier darf die Auswahl nicht zu einer Entscheidung darüber führen, welche der unterschiedlichen Auffassungen aus Sicht des Dozenten richtig ist. Die anderen Auffassungen dürfen nicht verschwiegen werden. Viertens sind jene theoretischen Grundlagen auszuwählen, ohne die das Verständnis neuer Erkenntnisse nicht möglich ist. Dabei ist bei bruchstückhafter Auswahl aus den Grundlagengebieten auf das Wahren des inneren Zusammenhangs zu achten. Mit der Auswahl des Inhalts ist seine notwendige Strukturierung oder Ordnung verbunden. Für die Weiterbildung gilt: Je mehr an ursprünglicher Ordnung durch unerlässliche Auswahl verloren geht, desto wichtiger wird eine neue Ordnung, die sich in einer überschaubaren Gliederung des Inhalts ausdrückt. <?page no="34"?> 18 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten In der praktischen Planungsarbeit des Lehr- und Studienprozesses sind Ziel- und Inhaltsbestimmungen, insbesondere deren Präzisierung und Differenzierung, also Zieldifferenzierung und Inhaltsdifferenzierung, vielfältig miteinander verbunden. Generell kann festgestellt werden: • Ziele für einen Lehr-Lern-Prozess lassen sich nicht allein und isoliert aus übergeordneten Zielen (z. B. Richtzielen) differenzieren, sondern erfordern immer auch Arbeit am Inhalt. • Ziele für Lehr-Lern-Prozesse ergeben sich nicht allein aus Inhalten, sondern erfordern eine Analyse der Eigenschaften, die für ein dem Richtziel entsprechendes Leistungsverhalten bedeutsam sind. Die Erläuterung dieser beiden Positionen erfolgt in Abb. 2. • Danach wird aus den objektiven Anforderungen der beruflichen Praxis die notwendige Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Teilnehmer als Richtziel bestimmt (1). In der Regel geht es um die Erweiterung des Fähigkeitsspektrums und eines Spektrums sachgemäßer Verhaltensweisen für die Bearbeitung von neuartigen Aufgaben und die Wahrnehmungen von Verantwortungen. Dies setzt zunächst Klarheit über eine erforderliche Persönlichkeitsstruktur voraus. Diese geht über neue Kenntnisse hinaus und schließt neuartige Denk- und Arbeitsweisen sowie Verhaltenskomponenten ein. • Jede Entwicklung im persönlichen Bereich erfolgt über vernetzte Informationen, also über Wissen, das den Inhalt ausmacht. Demzufolge ist eine Inhaltsmenge auszuwählen (2), die geeignet erscheint, zur Erfüllung des Richtziels beizutragen. Diese Inhaltsmenge umfasst Einzelaussagen, Fakten und Tatsachen in jeweiligen Zusammenhängen. Sie muss von sich aus typische Denk- und Verhaltensweisen, d. h. wissenschaftliche oder berufsrelevante Vorgehensweisen ermöglichen. Die ausgewählte Inhaltsmenge ist zunächst offen. Sie kann später erweitert und in Grenzen reduziert werden. • Die grob umrissene Inhaltsmenge ist nun für eine systematische Vermittlung aufzubereiten. Die Systematisierung (3) erfolgt so, dass kleinere überschaubare Bereiche des Inhalts als „Portionen“ gebildet und unter Beachtung des Zeitfaktors portioniert (Teilinhalte) und in eine Abfolge ihrer Vermittlung gebracht werden. Wesentlichen Einfluss auf die Fixierung der Teilinhalte haben die Voraussetzungen der Teilnehmer. M IETZEL , G., (2007, S. 212) u. a. betonen, dass die Aufarbeitung des Vorhandenen im Lehr-Lern-Prozess zu fördern ist. Deshalb sollte der Dozent schon in der Planung prüfen (und in der Durchführung kontinuierlich fortsetzen), auf welchem Wissen und welchen Erfahrungen er aufbauen kann. <?page no="35"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 19 • Die Abfolge der ermittelten Teilinhalte bildet das Grobgerüst für die Gestaltung des Lehr- und Studienprozesses. Allerdings ist damit noch nicht die umfassende Realisierung des Richtziels möglich. Über die Kenntnisse hinausgehende Eigenschaftsentwicklung bei den Teilnehmern erfordern innere Vorgänge und diese wiederum besonders aufbereitete Inhalte. Spezielle Verhaltenskomponenten, Haltungen, Einstellungen verlangen zusätzliche Informationen und Einsichten. Mit Blick auf die zukünftige Aufgabenbearbeitung lässt sich aus dem ermittelten Sachwissen wesentliches Methoden-, Wert- und Normwissen bestimmen und den Teilinhalten zuordnen (4). Dabei erfolgt eine Ergänzung der Mengen der Teilinhalte durch die Qualitäten Methoden-, Wert- und Normwissen. • Im Ergebnis von (4) kann eine Präzisierung der Ziel- und Inhaltskomponenten unter Beachtung der verfügbaren Zeit erforderlich werden (5). Das führt zu einer Reduzierung und möglicherweise zur Veränderung der Struktur des Inhalts. Eine Zielpräzisierung geht stets mit einer inhaltlichen Weiterentwicklung einher. Den jeweiligen durch Sachwissen zentrierten Inhalten wird relevantes und günstig entwickelbares Methoden-, Wert- und Normwissen zugeordnet. • Die differenzierte Arbeit am Inhalt erlaubt jetzt eine Bestimmung von Teilzielen (6), die in einer vorbestimmten Folge das Erreichen der Richtziele ermöglichen. • Auf einer bestimmten Ebene (Modul, Lehrgebiet, Themenkomplex) können Teilziele auf entsprechende Aufgaben-, Problem- oder Fragestellungen als deren Repräsentanten abgebildet werden (7). Ihre Lösung bzw. Beantwortung signalisiert die Zielerfüllung. • Die Festlegung von Organisationsformen, Methoden, Mitteln und Kontrollmaßnahmen ist erst auf einer Ebene sinnvoll, auf der die Teilziele durch Aufgaben oder Fragen hinreichend genau repräsentiert werden können (8). <?page no="36"?> 20 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Abb. 2: Schritte bei der Differenzierung von Zielen und Inhalten (in Anlehnung an K NÖCHEL et al. 1986, S. 100) Zusammenfassend wird empfohlen: Ordne Sach-, Methoden-, Wert- und Normwissen dem jeweiligen Grobziel (z. B. Modul oder Lehrgang) oder Feinziel (z. B. Lehrveranstaltung) zu! Strukturiere und differenziere die Inhalte, schaffe eine Gliederung! Bestimme aus den differenzierten Inhalten ggf. Teilziele! Leite daraus Inhaltselemente ab, bilde Teilziele auf adäquate Frage- und Aufgabenstellungen ab! 2.1.4 Element Methode Das methodische Vorgehen kennzeichnet die Art und Weise der Zusammenarbeit von Dozenten und Teilnehmern beim Verwirklichen von Zielen und Inhalten unter den gegebenen Bedingungen. Für die Darstellung ausgewählter Methoden werden hier unterschieden: • Wissenschaftliche Arbeitsmethoden, die beim Aneignen der Inhalte die Grundstruktur für das methodische Vorgehen bestimmen. <?page no="37"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 21 • Methoden, die eine Einordnung der Arbeitsmethoden und Inhalte durch einen besonderen didaktischen Zuschnitt bewirken. • Methoden, die das Verhalten bei der Aneignung und Anwendung der Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen betreffen und bei jeglichem methodischem Vorgehen unerlässlich sind. Methodengruppen Ausgewählte Methoden Wissenschaftliche Arbeitsmethoden - logische Operationen, wie Analyse, Synthese, Induktion, Deduktion sowie Methode der Beweisführung - Strategien des Problemlösens wie Suchen, Lösen, Bewerten Methoden mit besonderem didaktischen Zuschnitt - direkte Vermittlung wie mitteilende und erklärende Methode - indirekte Vermittlung wie Auffordern, Anleiten, Überwachen, Kontrollieren - Vereinfachung - Exemplarisches Vorgehen Methoden mit verhaltensregulierender Wirkung - Orientieren, Gewöhnen, Fordern, Werten, Stimulieren, Demonstrieren des Vorbildes In der Aus- und Weiterbildung ist den Teilnehmern bewusst zu machen, dass sie ein eigenes methodisches Vorgehen entwickeln müssen. Das setzt Ziel- und Inhaltsbewusstheit voraus. Drei Vorgehensweisen stehen im Vordergrund: Informierendes Vorgehen ist dann erforderlich, wenn Impulse gesetzt werden sollen, Quellen nicht verfügbar sind oder vorhandene Literatur durch die Teilnehmer nicht erschließbar ist. Der Erfolg hängt hier vom richtigen Verhältnis zwischen der zur Erkenntnis führenden Sachinformation und ihrer Erklärung mit angemessener Redundanz ab. Zu beachten ist: • Die Teilnehmer haben einen unterschiedlichen Erklärungsbedarf, so dass Differenzierungen erforderlich werden. • Die vermittelte Information, insbesondere über neue Wertungen, kann im Widerspruch zu früher Erworbenem oder persönlichen Erfahrungen stehen. Deshalb sind Fragen zuzulassen und mit Ableitungen und Beweisführungen zu arbeiten. <?page no="38"?> 22 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Durch das informierende Vorgehen werden die Teilnehmer zu Rezeption veranlasst. Der Erfolg hängt vom Verstehen der vermittelten Informationen, von den verinnerlichten Methoden geistiger Arbeit und von einer aktiven Grundhaltung ab. Im Kern führt das informierende Vorgehen zu Kenntnissen. Erarbeitendes Vorgehen bezieht sich auf das Erarbeiten der Inhalte durch die Teilnehmer. Der Dozent unterstützt sie durch Anleitung, Unterweisung bzw. Instruktion, Anregung bis hin zur Kooperation beim Problemlösen. Erarbeitendes Vorgehen erfolgt beim • Erarbeiten von Aussagen durch Nachvollzug von Problemlösungen mit dem Nebeneffekt der weiteren Anregung und Befähigung zum Selbststudium, • Lösen von Aufgaben, die für den Teilnehmer den Charakter von Problemen haben, s. g. didaktisierte Probleme, • Suchen, Stellen und Lösen von Problemen mit gesellschaftlichem Neuwert. Bei diesem Vorgehen erfolgt eine ständige Bewertung des Verlaufs und des Ergebnisses der Erarbeitung. Dazu ist die Bereitstellung geeigneter Texte und Aufgaben sowie die Zuweisung von Tätigkeitsbereichen und Problemfeldern erforderlich. Im Kern führt das erarbeitende Vorgehen zur Herausbildung und Ausprägung von Fähigkeiten und Einstellungen. Übendes Vorgehen vollzieht sich als Training bestimmter Techniken oder Verhaltensweisen. Neben den materiell-technischen Voraussetzungen muss dazu die „pädagogische Software“ vorhanden sein, z. B. Handlungs- und Verhaltensmuster, Programme, Ablaufpläne usw. Dabei ist zu beachten: • Der Übungsbedarf der Teilnehmer ist unterschiedlich. Deshalb sind Differenzierungen notwendig, beispielsweise Kleingruppenarbeit. • Das Training ist durch Phasen des Vormachens und Nachmachens in Gang zu bringen. Der Dozent beschränkt sich auf angemessene Aufsicht, Überwachung und angeforderte Hilfe. Im Kern führt übendes Vorgehen zur Herausbildung von Fertigkeiten und zur Ausprägung von Fähigkeiten. <?page no="39"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 23 Zusammenfassend wird empfohlen: Entscheide über das methodische Vorgehen erst, wenn Ziel und Inhalt bestimmt sind. Wähle die für die jeweilige Organisationsform (siehe Kapitel 2.2) geeignete Methode aus. Variiere die ausgewählten Methoden und setze möglichst mehrere ein. 2.1.5 Element Organisation Traditionsreiche Formen der berufsbegleitenden Weiterbildung sind Vorträge, Vortragsreihen, Tages- und Wochenendkurse. Ihr Vorteil besteht im geringen Aufwand für die Beteiligten und in der leichten Durchführbarkeit. Allerdings wird ihre Wirksamkeit oft überschätzt. Erreichbar sind bestenfalls eine Übersicht und das Wecken von Interesse für intensivere Beschäftigung mit dem Inhalt. Größere Informationsmengen werden kaum dauerhafter Gedächtnisbesitz. Fähigkeits- und Fertigkeitsentwicklung bleiben vernachlässigt. Mit dem Ziel der Erweiterung, Ergänzung oder Erneuerung der beruflichen Qualifikation bewähren sich berufsbegleitende, längerfristige Lehrbzw. Studiengänge. Sie werden realisiert durch: Lehrveranstaltungen - Vorlesung/ Vortrag, Seminar, - Übung, Praktikum, Exkursion; Selbststudium - Aneignungsselbststudium, - produktives Selbststudium, - Konsultation; Ergebnisermittlung - Belegverteidigung, und Bewertung - Leistungskontrolle, - Prüfung, Beurteilung. Eine ausführliche Kennzeichnung der einzelnen Organisationsformen ist dem Kapitel 2.2 zu entnehmen. <?page no="40"?> 24 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2.1.6 Element Mittel Im engem Zusammenhang mit dem methodischen Vorgehen und der Organisationsform steht das Mittel als Antwort auf die Frage: Womit wird im Lehrprozess gearbeitet? Der Mittelbereich besteht aus • Medien als Informationsträger, • Geräten und Einrichtungen als „Projektoren“ der Information • sowie Räumen, in denen Medien und Geräte funktionieren. Im Einzelnen gehören dazu folgende Mittel: Gruppen Mittel Medien Printfassungen (Literatur), PowerPoint, Overhead- Folie, Tonträger, Videofilm, Modelle, reale Objekte Geräte, Einrichtungen, Systeme Visuelle, auditive, audio-visuelle, adaptive Geräte Räume Lehrräume, Kabinette, Sitzungs- und Konferenzräume Zur geeigneten Studienliteratur in der Weiterbildung gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen verstehen die Studienliteratur als zeitbilanzierte Folge von Fakten. Andere verlangen eine gründliche didaktische Aufbereitung dieser Literatur. Generell sollte das Literaturangebot aus der Sicht von Einheitlichkeit und Differenziertheit gestaltet werden. Demzufolge sind drei Fragen zu beantworten: • Welche Literatur wird zur notwendigen Vereinheitlichung der Voraussetzungskenntnisse angeboten? Das sind vor allen Grundlagenwerke und Lehrbücher. • Welche Literatur wird zur Unterstützung des Selbststudiums bei der Aneignung neuer Inhalte benötigt? Hier dominieren Teilnehmerskripte und spezielles Informationsmaterial. • Welche Literatur wird für die Erfüllung besonderer Interessen bzw. für die Entwicklung besonderer Leistungsstärken angeboten? Hierzu wird spezielle Fachliteratur vorgeschlagen, auch als Angebot für eine weiterführende Weiterbildung. <?page no="41"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 25 Exkurs: E-Learning Den Überlegungen zum E-Learning liegt die Annahme eines Paradigmenwechsels beim Lernen zugrunde. Grundlage des neuen Lernens wäre danach die zu entwickelnde Kompetenz, sich im Anlassfall - etwa bei der Lösung aktueller Aufgaben und Probleme - Informationen und Wissensbestände zu beschaffen. So gesehen wird Lernen eher als die Aktualisierung von in Datenbanken gespeichertem Wissen als das klassische Lernen auf Vorrat verstanden. Im virtuellen Lernen wird ein Weg gesehen, die bestehende Lernsituation an den Universitäten und Hochschulen zu verbessern und die Studierenden zum lebenslangen Lernen anzuregen. Vom Grad der Virtualität, der Online-Aktivitäten werden folgende Arten unterschieden (W INTELER , A., 2011, S. 64 ff.): • Geringfügige Nutzung Das Netz dient hier nur als zusätzliche Ressource. Der Dozent stellt beispielsweise Literatur ins Internet oder es gibt die Möglichkeit, dem Dozenten über E-Mails Fragen zu stellen. • Integrierte Nutzung Hier stehen alle Kursmaterialien im Netz oder es gibt Diskussionsforen, in denen die Studierenden die Inhalte der Präsenzveranstaltungen diskutieren können. • Vollständige virtuelle Veranstaltung Der gesamte Kursus findet online statt. Sämtliche Kursinhalte stehen im Netz, die Veranstaltungen und der Austausch der Studierenden untereinander und mit den Dozenten erfolgt virtuell. In der Weiterbildung ist heute die geringfügige Nutzung in zahlreichen Modulen und Lehrgängen anzutreffen, integrierte Nutzung dagegen nur vereinzelt. Die Annahme, dass mit einem höheren Grad der Virtualität das Lernen rationalisiert und ökonomisiert wird, hat sich bisher ebenso wenig bestätigt wie die Hoffnung, das der Lernerfolg durch solche Programme rasch zunimmt. Zudem ist der Aufwand für die Entwicklung, Durchführung und Evaluation der Lehrprogramme gegenwärtig hoch. Außerdem widerspricht die fehlende soziale Präsenz in den Seminaren den Erwartungen der Teilnehmer. Allerdings werden künftige technische Entwicklungen neue Lösungen für das E-Learning offerieren und insbesondere den Entwicklungsaufwand deutlich reduzieren. Außerdem werden in der Zukunft Zielgruppen diese ihren Arbeitsgewohnheiten entsprechende Art des Wissenserwerbs bevorzugen. <?page no="42"?> 26 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Gegenwärtig finden zwei traditionelle Organisationsformen online zunehmende Anwendung: • Online-Vorlesung Online-Vorlesungen können synchron oder asynchron ablaufen. Synchron verlaufen beispielsweise Videokonferenzen, Internet-Telefonie. Die Dozenten und Teilnehmer sind zum verabredeten Zeitpunkt am Computer oder am selben Ort. Sie kommunizieren direkt miteinander und/ oder tauschen Dateien aus. Asynchron verlaufen beispielsweise E-Mails, Foren oder Wikis. Die Teilnehmer können die Inhalte zu beliebigen Zeiten bearbeiten, oft auch herunterladen und im „Offline-Modus“ am Computer weiterverwenden. Heruntergeladen kann ein Video-Vorlesungsmitschnitt beliebig oft rezipiert werden - was bei der Prüfungsvorbereitung eine wirksame Hilfe darstellt. • Online-Seminare Im Online-Seminar können Teilnehmer untereinander sowie Teilnehmer und Dozenten miteinander in Kontakt treten und individuell entscheiden, wie lange und wie intensiv sie sich mit den auf einer Lernplattform angebotenen Inhalten beschäftigen. Auch die Kommunikation und Kooperation der Teilnehmer kann orts- und zeitunabhängig erfolgen. Bei den Online-Veranstaltungen entscheidet in der Regel nicht der Dozent, sondern der Teilnehmer, wie der Lernprozess gestaltet wird. Exkurs: Blended Learning Eine Kombination des E-Learnings mit traditionellen Präsenzveranstaltungen hat sich in der Lernform „Blended Learning“ herausgebildet. Hierbei handelt es sich um ein integriertes Lernkonzept, das die gegenwärtig verfügbaren Möglichkeiten der Vernetzung über Internet oder Intranet in Verbindung mit klassischen Lernmethoden und -medien in einem sinnvollen Lernarrangement optimal nutzt. In diesem Konzept kann losgelöst von Ort und Zeit gelernt, kommuniziert, informiert werden und das in Kombination mit Erfahrungsaustausch, Rollenspiel und persönlichen Begegnungen im klassischen Präsenztraining. Bei Blended Learning werden Lehrinhalte auf unterschiedliche digitale und nicht-digitale Medien und Methoden verteilt. Klassische Lehr- und Lernmethoden werden mit den Möglichkeiten, die Internet und Intranet bieten, ergänzt. Die entsprechenden Lernkonzepte sollen die unterschiedlichen Bedürfnisse und <?page no="43"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 27 Voraussetzungen der Lernenden, den jeweiligen Lerngegenstand und die Rahmenbedingungen berücksichtigen. In einer Onlinephase können beispielsweise zum Einsatz kommen: • zeitgleiche (synchrone) Medienarrangements - Chats als schriftliche Kommunikation zwischen Personen oder einer Gruppe im Internet; • asynchrone Medienarrangements - Forumsdiskussion, E-Mail; • Aufgaben wie die Bearbeitung von WebQuests, das Arbeiten an Blogs (Online-Tagebücher); • Audio- und Videomaterialien usw. In Abhängigkeit davon, wie weit digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden, unterscheidet man folgende Stufen des Blended Learning: • Anreicherungsstufe: Präsenzveranstaltungen werden mit multimedialen Elementen ergänzt bzw. angereichert. Das erfolgt beispielsweise durch die Online-Bereitstellung von Materialien zu einer Veranstaltung (Hausaufgaben, Übungen usw.). Der Zugang des Lernenden zur Information soll unterstützt, das Behalten von Inhalten gefördert werden. • Integrative Stufe: Präsenz- und Onlinephasen übernehmen spezifische, aufeinander abgestimmte Aufgaben. Durch die Verbindung unterschiedlicher Methoden soll ein optimales Lernergebnis erreicht werden. • Virtualisierungsstufe: Die Veranstaltung läuft überwiegend virtuell ab. Sie wird in der Regel von einem Tutor betreut. Zu Beginn und am Ende finden Präsenzphasen statt. Ein Beispiel für den Übergang zur Virtualsierungsstufe wird im Kapitel 3.4 erläutert. In einem Modell wird das Lernen aus Anlass (Learning on Demand) als individuell konfigurierbares Angebot in der beruflichen Bildung vorgestellt. Bisherige Erfahrungen belegen, dass nicht der Prozentsatz von Onlinebzw. Offline-Elementen wichtig ist, sondern vielmehr die pädagogische Gestaltung sowie die Taktung und Sequenzierung von Aktivitäten mit dem Ziel, ein zusammenhängendes Lernerlebnis zu schaffen. <?page no="44"?> 28 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2.1.7 Element Resultat Resultate im Lehr- und Studienprozess sind die angeeigneten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Darstellung (Präsentation) des Wissens, der Denkprozesse, das Erkennen von Problemen und deren Lösung sowie die Anwendung des Wissens und Könnens. Als Formen der Ermittlung und Bewertung der Resultate, also der Lernleistungen, sind in den Dokumenten der Studiengänge und Lehrgänge festgelegt: Prüfungen: • mündliche Prüfungen (z. B. zum Abschluss von Modulen), • Prüfungsklausuren, • experimentelle u. a. praktische Prüfungen. Leistungskontrollen: • mündliche Leistungskontrollen (unmittelbar im Prozess), • schriftliche Leistungskontrollen, • experimentelle Leistungskontrollen. Testate: • Bescheinigung von Leistungsnachweisen. Beurteilungen: • fachliche Leistungsbeurteilung, • analytische Darstellung von Leistungs- und Verhaltensmerkmalen. Schriftliche Arbeiten: • Beleg-, Projekt- und Studienarbeiten, • Abschlussarbeiten. Rückkopplung und Ergebniskontrolle sind notwendige Bestandteile des Weiterbildungsprozesses. Dabei sollte der Prüfungs- und Zensierungsaspekt nicht immer im Vordergrund stehen. Im Erleben mancher Teilnehmer spielt er eine erhebliche Rolle, erzeugt Vorbehalte und mitunter auch Beklemmungen, die durch übertriebenes Prüfungsgebahren von Prüfern noch verstärkt werden. Die Mehrzahl der Teilnehmer ist es gewohnt, nicht in erster Linie nach ihren Kenntnissen, sondern nach den Ergebnissen ihrer Arbeit und ihrem Verhalten während der Arbeit beurteilt zu werden. Diesen Maßstab legen sie auch ihrer Selbsteinschätzung in der Weiterbildung zugrunde. Deshalb sind bei aller Unter- <?page no="45"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 29 schiedlichkeit in den Zielen, Inhalten und der zeitlichen Dauer solche persönlichen Erfolgserlebnisse bewusst zu organisieren. Gute Erfahrungen werden überall dort gemacht, wo die Leistungsfortschritte gemeinsam ermittelt und gewertet werden - gleichsam als Anleitung zur Selbstkontrolle. 2.2 Organisationsformen 2.2.1 Grundformen Wenn Lehre auf Lernen der Teilnehmer zielt, sollte man genauer von Tätigkeitsformen der Teilnehmer sprechen. Als Grundformen kann man unterscheiden: • Vortrag - „Dozentenarbeit“, • Einzelarbeit - jeder Teilnehmer arbeitet für sich allein, • Partnerarbeit - jeweils zwei Teilnehmer arbeiten gemeinsam, • Gruppenarbeit - drei oder mehr Teilnehmer arbeiten gemeinsam, • Plenumsarbeit/ Plenumsdiskussion - alle Anwesenden arbeiten gemeinsam. Die unterschiedliche Ausgestaltung und Kombination dieser Formen führt zu zahlreichen Organisationsformen, von denen die Wesentlichen im Folgenden kurz charakterisiert werden. 2.2.2 Vortrag (1) Merkmale: • Kooperation zwischen einem Dozenten und einer größeren Zahl von Teilnehmern, • darbietende, monologische Vermittlung und rezeptive Aneignung. (2) Funktionen: • Vermittlung und Erwerb von Wissen, • Herausbildung der Fähigkeiten zur Verarbeitung und Bewertung, • Einstellungs- und Überzeugungsbildung. (3) Typen: • Einführungs-, Ergänzungs-, Übersichts-, Problem- und Experimentalvorträge, • in Abhängigkeit vom Typ: setzt der Vortrag Selbststudium, Seminare und Übungen voraus, oder er wird durch Selbststudium, Seminare und Übungen ergänzt. <?page no="46"?> 30 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten (4) Grundstruktur: Wiederholung Reaktivierung von Kenntnissen, ist nicht in jedem Fall erforderlich. Einführung Orientierung und Motivierung, kann mitunter für mehrere einzelne Vorlesungen gelten. Erarbeitung Hauptanliegen und vorrangiger pädagogischer Zweck des Vortrags. Kann sich über mehrere einzelne Vorträge erstrecken. Zusammenfassung Geordnete Wiederholung, kann auch während eines Vortrags als Teilzusammenfassung auftreten. (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Wähle den freien, am Manuskript angelehnten Vortrag. Biete eine Gliederung zur Orientierung an. Hebe das Wesentliche hervor und wiederhole es in wechselnden Zusammenhängen. Arbeite mit Beispielen. Lasse Frage zu. Gib Hinweise zum Selbststudium. Fasse zusammen. Stelle ein Skript bereit (online). 2.2.3 Seminar (1) Merkmale: • Kooperation des Dozenten mit einer kleineren Zahl an Teilnehmern, • indirekte Vermittlung (durch Fragen, Vorgabe von Thesen etc.), • produktive, häufig kooperative Aneignung durch Dialog als Gedankenaustausch, • Kontrolle der Denk- und Bewertungsvorgänge. <?page no="47"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 31 (2) Funktionen: • Ergänzung, Vertiefung, Erweiterung spezieller Themen, Schwerpunkte und Problemstellungen, • Erwerb von Methoden des fachlichen Arbeitens, • Einstellungs- und Überzeugungsbildung, • Entwickeln von Fähigkeiten zum Argumentieren und Präsentieren. (3) Typen: • Frage-Antwortseminar, • Vortragsseminar, • Seminar als kommentierendes Lesen, • Fallseminar, • Auswertungsseminar. (4) Grundstruktur: Einführung/ Fragestellung durch den Lehrenden Entwicklung von Aspekten der Problemsituation durch Fragen und Antworten (Frage- Antwort-Situation) Frage-Antwort- Seminar Entwicklung subjektiver Problemsituationen bei allen Teilnehmern Kurzvorträge zur Problemsituation und ihrer Berücksichtigung in der Lösung Vortragsseminar Lesen von Fachtexten zur Problemsituation und deren Bewertung Seminar als kommentierendes Lesen Geführte Diskussion Demonstration eines realen Falles als Ausgangspunkt für die Problemsituation Fallseminar Zusammenfassung und Schlusswort Auswertung der Leistungen zur Problemlösung und deren Erklärung Auswertungsseminar <?page no="48"?> 32 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Reaktiviere und aktualisiere vorhandenes Wissen durch Wiederholung. Stelle zu Beginn den Seminarablauf vor. Erfrage die Erwartungshaltung der Teilnehmer. Sichere ausreichende Diskussionsmöglichkeiten, schränke sie nicht durch Lehrvorträge und ein Übermaß an Kurzvorträgen ein. Richte Fragen an alle Teilnehmer, formuliere dabei kurz, eindeutig und verständlich. Lenke die Diskussion durch Denkanstöße, Praxisbeispiele, Problematisieren scheinbar geklärter Fragen, Pointieren umstrittener Standpunkte, Präzisierung von Formulierungen, Einengen, Ausweiten und Abschließen der Diskussion. Hebe das Ergebnis der Diskussion hervor, sichere es und bewerte es für alle Teilnehmer. Erfrage die Erwartungserfüllung von den Teilnehmern. 2.2.4 Übung (1) Merkmale: • Indirekte Vermittlung durch Vorgabe von Aufgabenstellungen und gelenkte produktive Aneignung, • mehrfach wiederholende Ausführung von inhaltsgebundenen Tätigkeiten. (2) Funktionen: • Ausprägen von Fähigkeiten und Fertigkeiten des methodischen Vorgehens, • Herausbilden kommunikativer Befähigung, • Entwickeln von Einstellungen und Gewohnheiten. <?page no="49"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 33 (3) Typen: • Entwickelnde Übung, • Vortragsgebundene Übung, • Übung mit kommentierenden Lesen, • Fallübung, • Auswertungsübung. (4) Grundstruktur: Nennen der Aufgabenstellung und Lösungsbedingungen Entwickeln der Übungsaufgabe in vom Lehrenden geführten Gesprächen entwickelnde Übung Selbstständige Aufgabenlösung Kurzvorträge zur Übungsaufgabe und ihre Berücksichtigung für die Lösung vortragsverbundene Übung Entwicklung der Problemsituation bei Teilnehmern Lesen und Bewerten von Algorithmen, Berechnungsvorschriften unter Berücksichtigung der Übungsaufgabe Übung mit kommentierendem Lesen Geführte Diskussion Demonstration eines realen Falles als Ausgangspunkt für die Übungsaufgabe Fallübung Auswertung/ Schlusswort Auswertung der Leistungen mit Bezug zur Übungsaufgabe Auswertungsübung (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Stelle die Lösung fachspezifischer Aufgabenstellungen in den Mittelpunkt. Fordere die Teilnehmer zu einer Bewertung der Lösungswege auf. Nutze unterschiedliche Typen der Übungsorganisation, wie z. B.: Übung mit Gesprächen, Übung mit Kurzvorträgen, Übung mit kommentierenden Lesen, Übung an Fallsituationen. <?page no="50"?> 34 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2.2.5 Unterweisung (1) Merkmale: • Vermittlung der zu einer konkreten Arbeitsaufgabe notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen. • Einüben manueller Fertigkeiten und praktischer Tätigkeiten ohne Interpretationsspielräume. • Besonderes Gewicht liegt auf der Vermittlung der adäquaten Verhaltensweisen. (2) Anlässe: • Einstellung oder Versetzung, Veränderung im Aufgabenbereich oder in Abläufen. • Ergebnisse von Besichtigungen, Unfälle und Schadensereignisse, turnusgemäße Wiederholungen. (3) Typen: • Arbeitsplatzbezogene Unterweisung mit den Elementen Einweisung (z. B. in die Bedienung eines Geräts oder in veränderte Arbeitsabläufe) Unterweisung (z. B. für damit verbundene Sicherheitsmaßnahmen) • Schulungen zum Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (z. B. einmal jährlich). (4) Grundstruktur der Arbeitsunterweisung Die Grundstruktur folgt der REFA-Methodenlehre in vier Stufen (REFA- Verband, 1987, S. 26): Stufen Kennzeichnung Teilnehmer 1. Vorbereitung Teilnehmer wird auf die Unterweisung durch Unterweisenden vorbereitet. Erkennt das Ziel und entwickelt Interesse 2. Vorführung Der Vorgang wird dem Teilnehmer vorgeführt und erklärt. Lernt den Vorgang kennen 3. Ausführung Der Teilnehmer macht den Vorgang nach und erklärt ihn selbst. Führt den Vorgang selbst aus 4. Vertiefen Der Vorgang wird vom Teilnehmer geübt und vom Unterweisenden kontrolliert. Übt den Vorgang bis zur einwandfreien Beherrschung <?page no="51"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 35 Eine Weiterentwicklung der Vier-Stufen-Methode ist die Leittextmethode als „Modell vollständiger Handlung“ (K OCH , J. et al., 1991, S. 41 ff.). Sie besteht aus den folgenden sechs Schritten: Stufen Kennzeichnung 1. Information Teilnehmer erarbeitet Leitfragen zum Thema 2. Planung Dozent erstellt mit dem Teilnehmer einen Arbeitsplan 3. Entscheidung Gespräch zur Planung, Dozent beantwortet die Leitfragen 4. Ausführung Praktische Umsetzung einer Aufgabe durch den Teilnehmer 5. Kontrolle Dozent und Teilnehmer überprüfen Ergebnis an Hand eines Kontrollbogens 6. Auswertung Gespräch über Kontrollergebnisse und Möglichkeiten künftiger Fehlervermeidung (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Führe die arbeitsplatzbezogene Unterweisung zu wesentlichen Teilen am Arbeitsplatz aus. Sichere die arbeitsplatzspezifische Aufbereitung des Inhalts der Unterweisung. Prüfe regelmäßig das Verständnis der vermittelten Inhalte. Ermögliche bei Unterweisungen mit elektronischen Hilfsmitteln das Gespräch zwischen dem Unterweisenden und dem Teilnehmer. <?page no="52"?> 36 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 2.2.6 Selbststudium (1) Merkmale: • Selbstständige Lernarbeit der Teilnehmer mit individueller Zeitplanung, • fester Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses. (2) Funktionen: • Vertiefung, Ausweitung und Kontrolle der Aneignung des Wissens, • Ausprägung von Selbstständigkeit, Aktivität und Eigenverantwortung, • Entwicklung positiver Arbeitsgewohnheiten und -einstellungen. (3) Typen nach den Arbeitsaufgaben: • Aneignung durch Aufnehmen von Lehrinhalten in Vorbereitung auf den Unterricht mittels Lehr- oder Fachbuch mit dem Ziel, eine Informations- oder Orientierungsgrundlage zu schaffen; • Aneignung durch Verarbeiten von Lehrinhalten im Nachvollzug des Unterrichts mittels Skripte, Lehr- und Fachbücher mit dem Ziel des reproduktiven Beherrschens; • Aneignung durch Verarbeitung von Lehrinhalten ohne Bezug zum Unterricht mittels Lehr- und Fachliteratur gleichfalls mit dem Ziel des reproduktiven Beherrschens; • Aneignung durch Lösen von Aufgabenstellungen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und Umfang mit dem Ziel des operativen Beherrschens. (4) Typen nach den Qualitätsstufen: • Aneignungsselbststudium - rezeptive Aneignung vermittelter Lehrinhalte mit verbesserter Einsichts- und Behaltensleistung führt zur Erweiterung der Wissensgrundlage; • Produktives Selbststudium - Anwendung von Wissen in der Auseinandersetzung mit Aufgaben- und Problemstellungen führt zur produktiven Aneignung. (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Mache Ziele und Aufgaben für das Selbststudium und die damit verbundenen Arbeits- und Tätigkeitsabläufe sichtbar. Biete für das Selbststudium Aufgaben- und Problemstellungen an, die eine produktive Wissensaneignung fördern. Ermögliche die Anwendung der im Selbststudium erzielten Ergebnisse in Seminaren und Übungen. <?page no="53"?> 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten 37 2.2.7 Studienkontrolle (1) Merkmale: • Verlaufs- und Abschlusskontrolle der Resultate einzelner Lehrveranstaltungen. • Organischer Bestandteil der Lehrveranstaltung. (2) Funktionen: • Vergleich: Stand der Zielrealisierung • Information: Leistungs- und Verhaltensqualitäten • Steuerung: Anregen der Studienarbeit • Rückkopplung: Einleitung von Maßnahmen in der Lehrveranstaltung • Prognose: Zu erwartende künftige Leistungs- und Verhaltensqualitäten (3) Typen: • Prüfungen (in der Regel Modul- oder Lehrgangsabschluss) mündliche Prüfungen, schriftliche Prüfungen (Klausuren), experimentelle und andere praktische Prüfungen; • Leistungskontrollen (unmittelbar im Prozess) mündliche Leistungskontrollen, schriftliche Leistungskontrollen, experimentelle und andere Leistungskontrollen; • Testate Bescheinigung von Leistungsnachweisen (Scheine); • Konsultationen indirekte Leistungskontrolle in Beratungsgesprächen zur Bewältigung von Aufgaben- und Problemstellungen. (4) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Gewährleiste die Eindeutigkeit der Fragen, Aufgabenstellungen und Anforderungen. Sichere, dass die Fragen, Aufgabenstellungen und Anforderungen nach Umfang und Schwierigkeitsgrad den vorgegebenen Lehrveranstaltungszielen entsprechen. <?page no="54"?> 38 2 Planung der Lehr-Lern-Aktivitäten Ermögliche das Erbringen der Leistungsnachweise unter einheitlichen Bedingungen, biete Chancengleichheit. Fördere positive Nacheffekte im Sinne der Motivierung für das weitere Lernen. Strebe nach Einheitlichkeit in der Benotung. Die Empfehlungen sind nicht als Verfahrensvorschriften zu verstehen, sondern als Anregungen, mit denen der Dozent kreativ umgeht, sie eigenständig gestaltet und für seine Zwecke anpasst und nutzbar macht. Mit Bezug auf die in Abschnitt 2.1.2 beschriebenen Zielklassen bietet M ACKE , G. et al. (2012, S. 182) folgendes grobe Schema für die Leistungsbewertung an: Zielklasse Erwartete Leistung des Teilnehmers Zensur nach Ausprägungsgrad Wissen Verstehen - Fakten reproduzieren, - Aussagen wiederholen bzw. mit eigenen Worten wiedergeben, - Aussagen mit Beispielen verdeutlichen. 5 - 4 - 3 Anwenden Analysieren Synthetisieren - Allgemeines Wissen auf Sonderfälle übertragen, - Sachverhalte in ihre Strukturen zerlegen, - Elemente zu einem komplexen Sachverhalt verknüpfen. 3 - 2 Bewerten Kreieren - Sachverhalte mit Kriterien beurteilen, - begründete Stellungnahmen entwickeln. 2 - 1 <?page no="55"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 39 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 3.1 Voraussetzungen Planen ist geistiges Problemhandeln. In der Lehre heißt das: • Ziele zu formulieren, • davon abgeleitete Inhalte auszuwählen, • Organisationsformen und Methoden festzulegen und • mit Blick auf die Teilnehmer-Aktivität den entsprechenden Zeitaufwand zu bemessen. Die Leitorientierungen Aktivität und Offenheit legen es nahe, dass der Lehr-/ Lernprozess nicht vollständig bis ins Detail durchgeplant werden kann. Planung soll nicht normativ sein. Sie darf den Dozenten und Teilnehmern nicht einzelne Entscheidungen abnehmen (A RNOLD , K., 2009, S. 506). Planung ist so gesehen ein modifiziertes Konstrukt, das situativ geändert werden kann und manchmal sogar abgeändert werden soll. Die gedankliche Durchdringung des Prozessverlaufs beginnt mit der Entwicklung einer Modellvorstellung des zu gestaltenden Prozesses in seiner zielinhaltlichen, didaktisch-methodischen und zeitlich gegliederten Organisiertheit. Bei der Entwicklung dieser Modellvorstellung sind drei typische Prozessphasen zugrunde zu legen: In der Orientierungsphase sind • Problemverständnis zu erzeugen, • Voraussetzungen zu ermitteln, • Grundlagen- und Einordnungswissen zu vermitteln, • Zielorientierungen zu schaffen, • Leistungsansprüche verständlich zu machen, • Vereinbarungen zu treffen. In der Ausführungsphase sind • Fachwissen zu vermitteln, • Erfahrungen auszutauschen, • Probleme zu diskutieren und zu lösen, • Anwendungen zu initiieren und zu trainieren, <?page no="56"?> 40 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten • Zusammenhänge abzuleiten, • Wertungen vorzunehmen. In der Kontrollphase sind • Problemverständnis zu überprüfen, • Wissensstand festzustellen, • Anwendungs- und Umsetzungsfähigkeit zu testen, • Systematisierung und Verallgemeinerungsfähigkeit zu prüfen. Diesen Phasen können verschiedene Organisationsformen der Lehre zugeordnet werden: Orientierungsphase • Orientierung und Wissen vermitteln, • beispielsweise durch Einführungs-, Ergänzungs-, Übersichtsvortrag, Aneignungsselbststudium. Ausführungsphase • Zusammenhänge verdeutlichen und Anwendungen trainieren, • beispielsweise durch Vortrag, Problemseminar, Übung, produktives Selbststudium, Konsultation. Kontrollphase • Wissen, Anwendungs- und Systematisierungsbefähigung überprüfen, • beispielsweise durch Konsultation, Belegverteidigung, Testat, Leistungskontrolle, Prüfung. Im Folgenden werden drei Modelle vorgestellt, die unter den Prämissen von Aktivität und Offenheit mögliche Kombinationen der Organisationsformen in den drei Phasen des Lehr-Lern-Prozesses abbilden. 3.2 Modell für das Gestalten eines Moduls bzw. Lehrgangs Das in Abb. 3 dargestellte Planungsmodell folgt der Phasenfolge Orientierung - Ausführung - Kontrolle. Ausgehend von den im Lehrgangsplan ausgewiesenen Befähigungszielen ist für das Fach (Modul oder Lehrgang) eine typische, relativ komplexe Aufgabenstellung, die zentrale Aufgabenstellung, zu ermitteln. Die Orientierungsphase erfüllt Funktionen der Motivierung/ Sensibilisierung der Teilnehmer, der Zielorientierung (zu lösende Aufgaben, zu beantwortende <?page no="57"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 41 Fragen), der überblicklichen Vermittlung der erforderlichen Inhalte. Sie wird vor allem durch Vorträge, Seminare und Selbststudium realisiert. In dieser Phase kann der Dozent feststellen, welche Voraussetzungen die Teilnehmer mitbringen. Das kann mit einem Vortest erfolgen, in dem für die Diagnose beispielsweise folgende Fragen gestellt werden: „Was verstehen Sie unter …? “ oder „Was bedeutet für Sie …? “. In der Ausführungsphase sind die Tätigkeiten zu bestimmen (als Aufgabenlösung), die einer zielgerechten Anwendung der Inhalte entsprechen. Ihre Ausführung bedarf der Anleitung und Kontrolle in Übungen und Selbststudium sowie der Vermittlung operationaler Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Kontrollphase ermöglicht dem Teilnehmer eine Kontrolle seiner Tätigkeiten und Leistungen. In der Belegverteidigung bzw. Prüfung weist jeder Teilnehmer die erfolgreiche Lösung der zentralen Aufgabenstellung nach. Abb. 3: Modell für die Modulbzw. Lehrgangsplanung <?page no="58"?> 42 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 3.3 Modell für die Gestaltung eines Lehrgangstages bzw. -themas Abb. 4: Modell für die Tages- oder Themenplanung Auch das in Abb. 4 skizzierte Modell der Tages- oder Themenplanung folgt ebenfalls der o. g. Phasenstruktur. In der Orientierungsphase werden Ziele, inhaltliche Gliederung, Arbeitsformen, Ergebnispräsentation und Bewertung erläutert sowie Impulse für das Aufgabenlösen gesetzt. Die Ausführungsphase ist mit unterschiedlichen Tätigkeitsformen der Teilnehmer (Einzel-, Partner-, Gruppen- und Plenumsarbeit) ausgefüllt. Sie werden durch Aufgabenstellungen unterschiedlicher Komplexität und Kompliziertheit ausgelöst. Ergänzungsvorträge im Umfang von etwa 20 Minuten oder auch digitale Medien bieten transformierbare Kenntnisse und Fähigkeiten an. Die Kontrollphase ist der Präsentation der Arbeitsergebnisse, ihrer Diskussion und Bewertung vorbehalten. Wesentlich ist in dieser Phase das Bewerten des Gelernten, das gemeinsame Einschätzen des „Merkenswürdigen“. <?page no="59"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 43 Beispiel: Thema: Businessplan - Beispiel: Konzept für die Gründung eines Start- Up-Unternehmens - 8-9 Unterrichtseinheiten (abhängig von Gruppengröße). (1) Einführungsvortrag Ausgangssituation, Ziele, inhaltliche Gliederung, Arbeitsformen, Ergebnispräsentation und Bewertung. (2) Impulsvortrag Chancen und Perspektiven, aber auch Risiken der Selbstständigkeit, Rahmenbedingungen, Voraussetzungen. Einstieg in die Einzel-/ Partnerarbeit mit einem Szenario: „Die Deutsche Stiftung für Wirtschaftsförderung schreibt einen Preis für eine innovative Unternehmensgründung aus. 200.000 Euro erhält das Gründungsteam, welches das beste Konzept für ein innovatives Unternehmen vorstellt.“ (3) Ideensammlung In Einzel- oder Partnerarbeit werden innovative Ideen für neue Produkte oder besondere Dienstleistungen entwickelt. (4) Vorstellen und Diskussion der Ideen Die Ideen werden vorgestellt, visualisiert und diskutiert. (5) Ergänzungsvortrag Die Stiftung für Wirtschaftsförderung wird mit ihrer Vision, Mission und den Förderschwerpunkten vorgestellt. (6) Anwendungsbeispiel I In Partnerarbeit entwickeln die Teilnehmer Kriterien, mit denen eine Jury der Stiftung die eingereichten Konzepte bewertet. Außerdem legen sie die Ausprägung der Kriterien fest. (7) Diskussion Mit Hilfe der erarbeiteten Kriterien werden die entwickelten Ideen im Plenum bewertet und entschieden, welche 2 bis 3 Ideen weiter verfolgt werden. (8) Ergänzungsvortrag Bestandteile eines Konzepts für ein Start-Up-Unternehmen. (9) Anwendungsbeispiel II Erarbeitung des Konzepts für die in (7) ausgewählten 2-3 Ideen in jeweils einer Gruppe. <?page no="60"?> 44 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten (10) Vortrag und Diskussionsrunde Präsentation der erarbeiteten Konzepte durch jede Gruppe vor einer angenommenen Jury der Stiftung. (11) Anwendungsbeispiel III Für den Fall, dass noch Zeit zur Verfügung steht, kann den Gruppen eine Ergänzungsaufgabe gestellt werden, beispielsweise Entwurf einer Website für das neue Unternehmen. (12) Zusammenfassung und Bewertung Teilnehmer und Dozenten bewerten gemeinsam die Ergebnisse (Gründungskonzepte, Gruppenarbeit und Präsentationen) und schätzen die Zielerfüllung ein. Ein anderer Ansatz für die Gestaltung eines Themas geht von den Grundtypen individueller Lernstile aus. Jeder Teilnehmer hat im Verlauf seiner schulischen und beruflichen Entwicklung einen solchen Lernstil entwickelt, der darüber entscheidet, wie er Lehrinhalte aufnimmt, verarbeitet und reproduziert. H ÄUPTLE -B ACELO (1999) bietet in einem Modell folgende vier unterschiedliche Lernstile an: • Konkreter Lernstil: bevorzugt Beispiele, Aufgaben, Praxissituationen und konkrete Umsetzungen (Handlungsorientierungen). • Analytischer Lernstil: präferiert klare Systematik, Strukturierung und selbstständiges Aufgabenlösen/ produktives Selbststudium. • Kommunikativer Lernstil: schätzt das soziale Lernen und versteht Zusammenhänge durch Diskussion, Interaktion und Gruppenarbeit. • Autoritativer Lernstil: orientiert sich vor allem an Vorgaben, an dem Handeln des Dozenten und prüft zuerst, was prüfungsrelevant ist. Entsprechend diesem Modell bevorzugt jeder Mensch den einen oder anderen Stil, der mit in einer Vorliebe für ein bestimmtes didaktisches Vorgehen verbunden ist (S CHUMACHER , E.-M., 2011, S. 47). So hat jener, der den analytischen Lernstil pflegt, Vorbehalte gegen Gruppenarbeit. Der konkret Lernende fühlt sich bei Fallstudien wohl und der autoritativ Orientierte fragt zuerst, wofür er seine Credits bekommt. <?page no="61"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 45 Dem Dozenten muss bewusst sein, dass jeder Teilnehmer entsprechend der individuellen Ausprägung seines Lernstils bestimmte didaktische Konzepte bevorzugt. Dementsprechend sind möglichst alle vier Lernstile in das Gestaltungskonzept für das Thema zu integrieren. In Abschnitt 6.5.3 wird dazu ein Vorschlag unterbreitet. 3.4 Modell für die virtuelle Gestaltung von Lerneinheiten (LoD) Die Erfordernisse zunehmender Individualisierung des Lernens und die mit der Digitalisierung verbundenen Möglichkeiten sowie die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachdatenbanken haben die Erweiterung des informellen Lernens auch in der institutionalisierten beruflichen Aus- und Weiterbildung ins Gespräch gebracht. Lernen on Demand (LoD) bedeutet Lernen „passend zum Bedarf“. Der Lerneffekt im Bedarfsfall, ausgelöst durch Konzentration auf selbst festgestellten Wissensbedarf für eine Problemlösung, liegt weit über der bloßen Seminarstunde, in der man in der Regel „auf Vorrat“ lernt. Dabei wird das Wissen beim LoD stets mit Blick auf ein bestimmtes Lernziel erworben. LoD bietet dem Lernenden örtliche und zeitliche Flexibilität. Er kann Themen selbst konkretisieren und Schwerpunkte setzen. Gelernt wird in eigenem Tempo. Das entspricht der in Abschnitt 2.1.6 charakterisierten Lernform „Blended Learning“ im Übergang von der Anreicherungszur Virtualisierungsstufe. Das Modell LoD ist ein individuell konfigurierbares Lernangebot, bestehend aus einem Mix der Komponenten • informelles Lernen Lernen für Bedarf durch selbstständiges Aneignen von zielbestimmtem Wissen und Können beim Lösen von arbeitsplatznahen Aufgaben aus dem Berufsfeld des Lernenden, • soziales Lernen Lernen durch Kommunikation und Interaktion mit Lernbegleitern, Experten, Teilnehmern, Kollegen und Dozenten, • formales Lernen Lernen auf Vorrat durch Aneignung in Vermittlungsprozessen innerhalb klassischer Strukturen (Kurse, Seminare in Präsenz und online), bei Dominanz des informellen Lernens. <?page no="62"?> 46 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten Beim Entwickeln des Modells LoD wird von folgenden Annahmen ausgegangen: 1. In vornehmlich anwendungsorientierten Lerneinheiten (Modulen, Themenkomplexen und Themen) der beruflichen institutionalisierten Bildung ist Lernen für Bedarf mit überwiegenden Anteilen durchführbar. Für das Lösen von arbeitsfeldnahen Aufgaben können die Teilnehmer das zielbestimmte Wissen und Können selbstständig aneignen. 2. Der Erwerb von Wissen und Können auf diesem Wege erfolgt mit hoher Motivation, sichert seine überdurchschnittliche Reproduzierbarkeit des Erworbenen und schafft nutzbare Ergebnisse im Berufsfeld des Lernenden. 3. Das Lernen für Bedarf verläuft strukturiert. Es gewährleistet ein zielorientiertes, zeitökonomisches und erfolgversprechendes Lernen. Mit der Bestimmung eines Aufgabentyps ist dafür ein Rahmen vorgegeben. Dieser ermöglicht dem Lernenden die Auswahl einer arbeitsfeldnahen Aufgabe und orientiert ihn bei deren Lösung. In Abb. 5 wird eine grobe Kennzeichnung beider Lerntypen (LoD und LoS) vorgenommen. Bei Vorhandensein aller drei Komponenten unterscheidet sich allerdings ihr Anteil und Inhalt am Mix deutlich. Beim LoD sinken die Anteile des formalen Lernens erheblich zu Gunsten des informellen Lernens. Die Aneignung des Wissens erfolgt jetzt vornehmlich durch das Lösen selbstgewählter arbeitsfeldnaher Aufgaben. Auch über Ort und Zeit entscheidet der Studierende selbst. Vorgegebene Aufgabentypen (Modelle, Schrittfolgen, Handlungsmuster, Best-Practice-Beispiele etc.), die aus Ziel und Inhalt der Lerneinheiten abgeleitet werden, bestimmen den Handlungsrahmen und den Anspruch an die selbstgewählten Aufgaben. Sie enthalten das Thema, die anzueignenden Inhalte und eine Grundstruktur, die die Auswahl und Bearbeitung der Aufgaben durch die Lernenden ermöglicht. Das formale Lernen in Präsenz- und Online-Kursen hat nach wie vor einen wichtigen Platz im Konzept LoD. Neben der Orientierung für den Gesamtprozess werden hier Anspruch und Gerüst für das arbeitsfeldnahe Lernen erklärt. So sind der Aufgabentyp zu thematisieren, die Inhalte für das selbstständige Aneignen zu benennen, die Grobstruktur für die Bearbeitung der selbstgewählten Aufgaben zu erläutern und mit Beispielen zu veranschaulichen. Wesentliche Feedback- und Kontrollprozesse sind dem formalen Lernen ebenso vorbehalten, wie die Bereitstellung von Expertenwissen. <?page no="63"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 47 Abb. 5: Kennzeichnung der beiden Lerntypen Das arbeitsfeldnahe Lernen ist mit dem sozialen Lernen zu verbinden. Hier wird spezielles Wissen und Können zur Lösung der konkreten Aufgabe erworben, insbesondere durch Kommunikation und Interaktion mit Dritten, außerhalb des formalen Lernens. Neben Dozenten und Kollegen fördern Lernprozessbegleiter (Learning Consultants) den Austausch und das vernetzte Arbeiten der Teilnehmer. Sie unterstützen das selbstgesteuerte Lernen beim Bestimmen des eigenen Lernpfades, durch das Kuratieren von Lerninhalten, Bereitstellen von Datenbankempfehlungen und Expertenwissen, das Zeigen von Lernmöglichkeiten durch Netzwerke und das aktive Unterstützen von Lernnetzwerken. Lernprozessbegleiter machen Lernfortschritte bewusst und signalisieren den Grad der Zielerreichung (Feedback, Erfolgskontrolle). Mit der betrieblichen Umgebung (Unternehmen, Organisation, Kammer, Klinik oder Verwaltung) nimmt ein weiterer Faktor Einfluss auf das soziale Lernen. Mitunter sind Lernende von ihrem Arbeitgeber zur Bildungsmaßnahme abgeordnet. Dieser erwartet Mitsprache bei der Auswahl der Aufgabenstellung, ermöglicht gute Arbeitsbedingungen und kollegialen Rat. Nicht zuletzt wird aber auch Unternehmen als Veranlasser, Fördernder, Weiterbildung Lernen für Bedarf Learning on Demand LOD Lernen auf Vorrat Learning on Stock LOS INFORMELLES LERNEN Arbeitsfeldnahe Aufgabe Lernbegleiter Aufgabentypen ZIELE ( / ) INHALTE (Wi s sen, Können, ...) Kollegen Unternehmen als Veranlasser, r Fördernder, r Weiterbildung Lernen für Bedarf Learning on Demand LOD Lernen auf Vorrat Learning on Stock LOS INFORMELLES LERNEN Arbeitsfeldnahe Aufgabe A Lernbegleiter Aufgabentypen ZIELE ( / ) INHALTE (Wi s sen, Können, ...) Kollegen FORMALES LERNEN SOZIALES LERNEN Dozenten <?page no="64"?> 48 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten direkt oder indirekt ein betrieblicher Nutzen von der Aufgabenlösung erwartet. Die Bildungseinrichtung ist deshalb gut beraten, das betriebliche Umfeld frühzeitig in das LoD-Modell einzubeziehen. Ein Aufgabentyp steht für Themenkomplexe, Module oder ganze Lehrgänge. Neben Ziel- und Inhaltsangaben beinhaltet er die Darstellung der Grobstruktur. Sie ist der Rahmen und ein Leitfaden für die Auswahl und Lösung der arbeitsfeldnahen Aufgaben. Die tragende Rolle der Grobstruktur soll am Beispiel des Moduls „Erkenntnisgewinnung“ im Lehrgang „Wissenschaftliches Arbeiten“ sichtbar werden. Abb. 6 zeigt die einzelnen Etappen der Erkenntnisgewinnung in ihrer Abfolge, ihren Merkmalen und Ergebnissen. Abb. 6: Beispiel für eine Grobstruktur im Modul „Erkenntnisgewinnung“ (Quelle: L EHMANN , G., 2019, Skript) Zum Verständnis der Grobstruktur und ihrer effektiven Handhabung während der Bearbeitung arbeitsfeldnaher Aufgaben wird eine Lernbibliothek eingerichtet. Auf diese haben alle Akteure des jeweiligen Programms (Lernende, Dozenten, Lernbegleiter, Experten) Zugriff. Alle LoD-Module eines Lehrganges sollen <?page no="65"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 49 für die Lernenden eine wiederkehrende Struktur aufweisen. Sie besteht beispielsweise aus folgenden Elementen: • Auftaktvideo zur Einordnung des Themas mit Anwendungsbeispiel und Feedbackmöglichkeit (typisch: .mp4), • Vorstellung des/ der Dozenten, • Verzeichnis der Primärliteratur zum Thema, • Leseskript zur Vertiefung des Themas (typisch: .pdf), • kuratierte Linksammlung zu relevanten Onlinequellen zum Thema, • vertiefende Vorlesung mit Verständnisfragen, Optionen für obligatorische und fakultative Beantwortung (typisch: eingesprochene .ppt, angereichert mit H5P-Strukturelementen zur Wissensüberprüfung), • mindestens eine Seminarmöglichkeit (Fragen im Online-Forum, Fragen und Diskussion in einer Videokonferenz oder Arbeit am eigenen Beispiel), • Selbsttest zum Modulende (Quiz mit Leistungsfeedback). Der Modulablauf kann auf einer Online Lehr-/ Lernplattform abgebildet werden und steht somit orts- und zeitunabhängig zur Verfügung. Hierbei werden Abhängigkeiten zwischen den Modulen aufgebaut und nach erfolgreicher Bearbeitung automatisch ein Zertifikat erstellt. Dafür ist die Lehr-/ Lernplattform Moodle geeignet, die jeder Bildungseinrichtung die Möglichkeit gibt, ein Lern-Management-System zu nutzen. Die Plattform stellt Lehrmaterialien (Lernbibliothek) bereit, organisiert Lernvorgänge (Foren und Diskussionen) und ermöglicht eigene und externe Bewertung der Arbeitsergebnisse. Fachkompetente Produktmanager der Bildungsmaßnahme übernehmen als Lernbegleiter die Beratung und Erfolgskontrolle. Mit dieser Grobstruktur und der auf ihrer Grundlage entwickelten Lernbibliothek soll der Lernende in seinem selbstgewählten Thema (einer Master-/ Bachelorarbeit) zu Erkenntnissen geführt werden. Mit Bezug auf das Beispiel in Abb. 6 lautete das Thema einer anerkannten Bachelorarbeit: „Aufbau und Implementierung einer Ablauforganisation zur Erhöhung der Betriebssicherheit in Unternehmen der Getränkeindustrie“. In einem weiteren Beispiel aus einem Bildungsprogramm im Bauprojektmanagement (BPM) wurde das Modul „Klassische Leistungsbilder des BPM“ als LoD-Lösung entwickelt. Abb. 7 zeigt die Grobstruktur. Das Studium der zugeordneten Lernbibliothek ermöglichte dem Lernenden die erfolgreiche Bearbeitung der Hausarbeit zum selbstgewählten Thema aus seinem Arbeitsfeld: „Auswahl und Beschreibung der Steuerungsmechanismen für das Projekt DORA3.1 in den einzelnen Handlungsbereichen der Projektvorbereitung“. <?page no="66"?> 50 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten Legende: EIPOS - Europäisches Institut für postgraduale Bildung gGmbH Abb. 7: Beispiel für eine Grobstruktur im Modul „Klassische Leistungsbilder im BPM (Quelle: B AUCH , U.: 2021, Skript) Um einem auftretenden Missverständnis vorzubeugen: Die Lernbibliothek hilft beim Erlernen der Grobstruktur, nicht aber beim Lösen der jeweiligen selbstgewählten arbeitsfeldnahen Aufgabe. Dazu muss der Lernende auf entsprechende externe Quellen zugreifen und Fachleute ansprechen. Hier ist fachgebietsspezifisch zu prüfen, welche realisierbare Hilfen dem Lernenden außerdem angeboten werden können (Orientierung, Hard- und Software, wissenschaftliche Literatur, Datenbanken, Expertenwissen, Netzwerke, Learn-Consultants, Kontrolle bis zur Dokumentation der erreichten Ergebnisse und der Qualifikation). Die Beispiele zeigen die tragende Rolle der Grobstruktur im Mix der Komponenten informelles, formales und soziales Lernen. Sie ordnet im LoD-Modell das Lernangebot, macht den Anspruch an das zu Erwerbende deutlich und ermöglicht mit einer vielgestaltigen Lernbibliothek die Ausschöpfung der Selbstlern- <?page no="67"?> 3 Planungsmodelle für Lehreinheiten 51 kompetenz aller Akteure und damit den Weg zur erfolgreichen Lösung der arbeitsfeldnahen Aufgabe. Auch in der virtuellen Gestaltung der Lerneinheiten ist die Phasenstruktur offensichtlich. In der Orientierungsphase, die vornehmlich in Präsenz erfolgt, sind • der Aufgabentyp zu thematisieren, • die Inhalte für das selbstständige Aneignen zu benennen, • die Grobstruktur für die Bearbeitung der selbstgewählten Aufgabe(n) zu erläutern und • mit einem Beispiel zu veranschaulichen. Die Ausführungsphase umfasst sowohl das Studium der Lernbibliothek als auch das Lösen der arbeitsfeldnahen Aufgabe(n). Dabei setzt schon in dieser Phase die Kontrolle zum Verständnis der Grobstruktur mit zahlreichen Feedbackmöglichkeiten ein. Mit dem Nachweis des erworbenen Wissens und Könnens durch die erfolgreiche Präsentation und Bewertung der Aufgabenlösung schließt die Kontrollphase ab. <?page no="68"?> 52 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 4.1 Vorbemerkungen Der Beschreibung des Planungsmodells für ein Lehrgangsthema (s. Kapitel 3.3) kann entnommen werden, dass der Erfolg der Gruppenarbeit besonders durch zwei kommunikative Situationen beeinflusst wird: • Die Moderation der Aufgabenbzw. Problemlösung und • die Präsentation der erreichten Arbeitsergebnisse. Die Sachkenntnis von Prozesswissen in diesen beiden, für aktivierende Lehre maßgeblichen Situationen ist unverzichtbarer Bestandteil des methodischen Repertoires von Dozenten in der Weiterbildung. Zugleich wird das Moderieren und Präsentieren zum Inhalt der Lehre, mit dem die Dozenten ihre Teilnehmer befähigen, das entsprechende methodische Vorgehen bewusst und erfolgreich beim Lernen und in der beruflichen Tätigkeit umzusetzen. In Abb. 8 werden die unterschiedlichen Funktionen beider kommunikativen Situationen verdeutlicht. Im Ergebnis der Moderation wird eine Entscheidung und ihre Umsetzung vorbereitet. In der Präsentation werden diese Entscheidung und ihre Umsetzung vorgestellt und diskutiert. Es ist bereits entschieden ... Moderation Präsentation Wir werden besprechen ... nichts alles das etwas getan werden soll was getan werden soll was getan werden soll von wem, was, (bis) wann zu erledigen ist von wem, was, (bis) wann getan werden soll wie die Aufgaben erledigt werden sollen von wem, was, (bis) wann, wie zu erledigen ist welche Konsequenzen, welchen Nutzen das für Sie hat alles nichts Abb. 8: Übergang von der Moderation zur Präsentation (S EIDEL , J., 2012, S. 88) <?page no="69"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 53 4.2 Moderation der Gruppenarbeit 4.2.1 Kommunikationsmodell In Abb. 9 sind zwei unterschiedliche Führungskonzepte für das Aufgaben- und Problemlösen schematisch dargestellt. Abb. 9: Schematische Darstellung der Führungskonzepte Im Führungskonzept A bestimmt der Leiter der Gruppe, welche Aufgabe bzw. welches Problem zu lösen ist, um das vorgegebene Ziel zu erreichen. Die Gruppe wird aufgefordert, Ideen für die Lösung zu entwickeln. Auch der Leiter beteiligt sich und erwartet, dass seine Ideen akzeptiert werden. Am Ende entscheidet er, welche Idee weiterentwickelt und in einem Maßnahmenplan umgesetzt wird. Das Führungskonzept B stellt die Leitidee des Konzepts A auf den Kopf: „Wenn du Menschen führen willst, musst du hinter ihnen gehen“. Der Leiter - jetzt der <?page no="70"?> 54 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Teammoderator - und sein Team wollen gemeinsam ein Ziel erreichen. Aber nicht der Teammoderator definiert das Hindernis auf den Weg zum Ziel, sondern die Gruppe. Dabei entwickelt jedes Gruppenmitglied seine Sicht und es entsteht regelmäßig eine Vielzahl von lösungsrelevanten Problemen. Jetzt entscheidet nicht der Moderator, welches der Probleme mit Blick auf das Ziel gegenwärtig die größte Lösungspotenz hat, sondern die Gruppe. Sie ist es auch, die nun die Ideen zur Problemlösung entwickelt. Der Moderator steuert diesen Prozess durch Impulse. Schließlich erfolgt die Bewertung der Ideen auch durch die Gruppe. Sie entscheidet, welche der Ideen in einen Maßnahmenplan überführt wird. Während also im Konzept A der Leiter die Entscheidungen trifft, entscheidet im Konzept B die Gruppe. Auf den Punkt gebracht lautet die Aufgabenteilung im Konzept B wie folgt: • Die Gruppenmitglieder sind für den Inhalt verantwortlich, • der Moderator bestimmt die Methode. Die Moderation verläuft nach dem Führungskonzept B. Hier wird offenbar die hierarchische Autorität des Leiters ersetzt oder mindestens ergänzt durch eine neue, eine prozessbezogene Autorität des Moderators, die auf Prozesskompetenz beruht. Sie bezeichnet das Vermögen, zwischenmenschliche Interaktion ohne störende Reibungen zu steuern und auf ein gewünschtes Ergebnis auszurichten (S PERLING , J., B., 1997, S.11). Alle Beteiligten sollten am Ende damit zufrieden sein. So gesehen ist der Moderator im besten Sinne des Wortes Dienstleister für die Gruppe, eine Art Servicetechniker. Er sorgt dafür, • dass das Ideenpotential der Gruppe in Richtung auf das Ziel der Zusammenarbeit voll ausgeschöpft wird (Lokomotionsfunktion) und • die Gruppe störungsfrei und konstruktiv auf das Problem orientiert zusammenarbeitet (Kohäsionsfunktion). Typische Einsatzfelder der Moderation sind: • Finden von Problemen und Lösungswegen für die Zielerfüllung, • Analyse von Sachverhalten, • Produzieren kreativer Ideen, • Entwickeln von Visionen und Strategien, • Vorbereitung von Entscheidungen. Für eine gelingende Moderation der Gruppenarbeit gelten folgende Prinzipien: • die Gleichberechtigung aller Teilnehmer, • die Unterstützung des positiven Denkens, <?page no="71"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 55 • die Visualisierung aller Gedanken und Beiträge, • der Wechsel von Gruppen- und Einzelarbeit, • die Ergebnisorientierung der Gruppenarbeit, • die personenbezogene Neutralität und inhaltliche Unparteilichkeit des Moderators. 4.2.2 Gruppenarbeit vorbereiten Vorgaben erläutern Die Gruppenarbeit ist bereits in der Orientierungsphase anzukündigen. Das erfolgt beispielsweise so, dass der Dozent auf Fragestellungen verweist, die unter bestimmten Aspekten beleuchtet und unter Einbeziehung von Erfahrungen der Teilnehmer gemeinsam beantwortet werden sollen. Damit wird klar, dass es primär um Arbeitsinhalte geht. Die Arbeitsform ist dann Mittel zum Zweck. Zu Beginn der Gruppenarbeit ist das Ziel präzise zu formulieren und die Ergebnisbewertung zu erläutern. Den Teilnehmern wird die Rollenverteilung in der Gruppe erklärt, z. B. Moderieren, Präsentieren, Leitung der Diskussion, verfassen eines Summary. Das erklärt auch die Arbeitsaufträge, die in der Gruppe zu leisten sind. Danach wird im Bedarfsfall die Moderationstechnik erläutert, mindestens an o. g. Prinzipien erinnert. Der Dozent erläutert seine Rolle während der Übung (Greift er ein? Wenn ja, wann? ). Schließlich wird ein Zeitplan für die Gruppenarbeit vorgegeben. Bei der Vorgabe der Zeit sollte nicht die Dauer, sondern die Endzeit (z. B. 16.30 Uhr) genannt werden. Gruppe konstituieren Bei der Wahl der Gruppengröße liegt entsprechend dem optimalen individuellen Aktivitätsniveau die Zahl der Mitglieder zwischen vier und acht Personen. Bei mehr als acht Mitgliedern besteht die Gefahr, dass der Einzelne sich nicht ausreichend einbringen kann und der Effekt des Trittbrettfahrens auftritt. Bewährt hat sich innerhalb eines Lehrgangs die Bildung von drei Gruppen. Bei mehr Gruppen kann der Dozent seine Betreuungsaufgaben nicht ausreichend wahrnehmen. Außerdem wird der Zeitfonds durch die nacheinander ablaufenden Ergebnispräsentationen erheblich belastet. Bei der Gruppenbildung dominieren vor allem zwei Varianten: (1) Drei Moderatoren werden bestimmt oder melden sich freiwillig. Die anderen Teilnehmer schreiben sich selbst bei dem jeweiligen Moderator ein. <?page no="72"?> 56 4 Kommunikative Situationen in der Lehre (2) Fünf nebeneinandersitzende Personen bilden die Gruppe oder Teilnehmer 1, 2, 3 durchzählen lassen und dann bilden alle Einser, alle Zweier, alle Dreier jeweils eine Gruppe und bestimmen ihren Moderator. Bewährt haben sich komplementäre Gruppen - also drei Gruppen bearbeiten drei verschiedene Aufgaben. Mit dieser Expertengruppenmethode lernen die Teilnehmer nicht nur selbst, sondern sie vermitteln auch anderen ihre Ergebnisse. Zugleich wird die Furcht bei den Teilnehmern vor der unterlegenen Lösung vermindert (W ÖRNER , A., 2008, S. 54). Gruppenmitglieder analysieren Für den Moderator ist die Kenntnis der Mitglieder seiner Gruppe wichtig. Wenn es vor der Gruppensitzung möglich ist, sollte er vor allem zur Beantwortung folgender Fragen Informationen sammeln: • Welcher Erfahrungshintergrund ist vorhanden? • Welche Kenntnisse zum Gegenstand liegen vor? • Welche Interessen dominieren? • Welche Vorbehalte gibt es? Ist mit Wiederstand zu rechnen? Moderationsfahrplan erstellen In Abb. 10 wird das Formular eines Moderationsfahrplanes vorgestellt, der sich vielfach bewährt hat. Er enthält die wichtigsten methodischen und organisatorischen Handlungen für die Phasen der Moderation in ihrem zeitlichen Rahmen. Vorschläge für Spielregeln und zur Rollenverteilung ergänzen die Planung. Auf dieser Grundlage bereitet der Moderator die benötigten Medien und Mittel für eine Gruppenarbeit in möglichst abgeschlossener und abgetrennter Räumlichkeit vor. <?page no="73"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 57 Abb. 10: Moderationsfahrplan 4.2.3 Gruppensitzung durchführen Sitzung eröffnen Die Eröffnung hat einen wesentlichen Einfluss auf den Ablauf der Moderation sowie auf die Atmosphäre in der Gruppe. Die Sitzung ist offiziell zu eröffnen. Dabei gilt es, ein positives Arbeitsklima und eine klare Orientierung für die gemeinsame Arbeit zu schaffen. Neben der Vorstellung des Moderators und seiner Rolle in der Sitzung spielt die Vorstellung der Gruppenmitglieder eine wichtige Rolle. Auch wenn die Mitglieder sich bereits kennen, sollte in jedem Falle bezogen auf die konkrete Sitzung jeder in der Gruppe sich wie in Abb. 11 vorgeschlagen vorstellen. Für den Moderator ist vor allen die Kenntnis der Teilnehmererwartungen wichtig. Gehen sie soweit auseinander, wie im Beispiel der Abb. 11, muss er später etwas zu ihrer Annäherung unternehmen (s. Ziel- und Problemformulierung). <?page no="74"?> 58 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 11: Vorstellung der Gruppenmitglieder Die Eröffnung schließt mit der Vereinbarung von Regeln für die Zusammenarbeit ab. Vorschläge für diese Regeln enthält die Abb. 12. <?page no="75"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 59 Abb. 12: Regeln für die Zusammenarbeit Aus diesem Reservoir schlägt der Moderator zwei bis drei Regeln vor, lässt sie durch die Gruppe prüfen und ggf. ergänzen. Am Ende lässt er darüber abstimmen und damit jedem Teilnehmer bewusst werden, dass die vereinbarten Regeln verbindlich für die Zusammenarbeit gelten. Sie sollten während der ganzen Sitzung für alle Teilnehmer auf einer Pinnwand sichtbar sein. Ziel und Problem formulieren In diesem Schritt gibt es häufig Versäumnisse. Die Abb. 13 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Entsprechend dem Szenario auf der linken Bildseite wird nach Erläuterung des Ziels nach dem Problem gefragt, das dafür zu lösen ist. Nachdem ein Problem aus der Gruppe genannt wird (P1), stürzen sich alle auf die Ideenproduktion. <?page no="76"?> 60 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 13: Auflisten der Hindernisse Aber nur ganz selten gibt es nur ein Hindernis auf dem Weg zum Ziel, in der Regel sind mehrere Probleme zu lösen (rechte Seite der Abb. 13). Demzufolge muss der Moderator schon in diesem Schritt das Ideenpotential der Teilnehmer erschließen, in dem er jedes Gruppenmitglied veranlasst, schriftlich (Moderationskarten) oder mündlich seine Vorschläge zu unterbreiten. Die Ergebnisse werden vom Moderator visualisiert (Metaplanwand, Flipchart, Folie oder Tafel). In Abb. 14 ist ein Beispiel für das Formulieren mehrerer Probleme jeweils als Stichwort dargestellt, mit deren Lösung ein Beitrag zum Erreichen des Ziels geleistet wird. <?page no="77"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 61 Abb. 14: Beispiel für das Finden mehrerer Problemformulierungen Nunmehr ist durch die Gruppe zu entscheiden • welches Problem unter den gegenwärtigen Bedingungen die größte Potenz für die Zielerreichung besitzt oder • in welcher Reihenfolge die formulierten Probleme bearbeitet werden sollen. In Abb. 15 wird ein Vorschlag für die Entscheidungsfindung unterbreitet. Hier erhält jedes Gruppenmitglied fünf Punkte, die nach der mündlich vorgetragenen Begründung auf die fünf Vorschläge verteilt werden. Der Vorschlag mit der höchsten Punktzahl erhält Priorität für die Problembearbeitung. Vorher sollte es der Moderator allerdings nicht versäumen, der überstimmten Minderheit noch einmal die Chance zu geben, ihren Vorschlag zu konkretisieren. Sofern das überzeugt, kann die Entscheidungsfindung wiederholt werden. <?page no="78"?> 62 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 15: Vorschlag für Entscheidungsfindung Problemverständnis klären Nach dem die Entscheidung gefallen und das priorisierte Problem benannt ist, gilt es in der Gruppe ein allseitiges Problemverständnis zu erzeugen. Dazu stellt der Moderator der Gruppe folgende Fragen (S PERLING , J., B. et al., 1997, S. 51 ff.): • Wozu lösen wir das Problem, trägt es zur Zielerreichung bei? • Für wen lösen wir das Problem, wer ist der Nutznießer? • Welches Ergebnis streben wir in der verfügbaren Zeit an? • An welchen Qualitätskriterien messen wir unser Ergebnis? Wohlgemerkt, nicht der Moderator gibt darauf die Antworten, sondern die Gruppe. Dem aufmerksamen Leser ist längst aufgefallen, dass auf diese Weise die in der Vorstellungsrunde offenbarten sehr unterschiedlichen Erwartungen der Teilnehmer mit Realitätsbezug stärker angenähert werden können. Die in diesen Schritt investierte Zeit wird später eingespart, weil ein ausgeprägtes Problemverständnis bei allen Teilnehmern den weiteren Ablauf befördert. <?page no="79"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 63 Ideen suchen Bei der Suche nach Lösungsideen, der eigentlichen Problembearbeitung durch die Teilnehmer, sollte der Moderator die folgenden Empfehlungen beachten: Killerphrasen sind zu vermeiden Jede geäußerte Idee ist aufzunehmen und möglichst weiterzuentwickeln. Die in Abb. 16 skizzierten Szenarien verdeutlichen die Erfolgsaussicht bei Beachtung dieser Empfehlung. Abb. 16: Szenarien Butterberg Hier hat sich in der Problemberatung 1 die Vereinbarung einer entsprechenden Regel mit den Teilnehmern bewährt. Wird sie verletzt, kann der Moderator durch kommentarloses Zeigen einer farbigen Karte oder Verweis auf die visualisierten Regeln dies signalisieren. Wird sie von einer Person mehrfach verletzt, sollte der Moderator mit dem Betreffenden in einer Pause bilateral eine Klärung herbeiführen. <?page no="80"?> 64 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Aktiv zuhören Aktives Zuhören bedeutet vor allem: • Aufmerksam sein: Blickkontakt, zugewandte Körperhaltung, zustimmendes Nicken. • Wiederholen, Zusammenfassen: Verständnis des Kerns der Aussage prüfen. • Offene Fragen stellen: Um weitere Informationen bzw. Stellungnahmen bitten. • Gefühle widerspiegeln: Gefühle erkennen und ansprechen. • Aktiv Schweigen: Kontrollierten nonverbalen Kontakt, z. B. bei Fragen oder Einwänden, aushalten (etwa fünf Sekunden). Ideen visualisieren Das Visualisieren aller geäußerten Ideen auf der Metaplanwand, Flipchart, Tafel oder Folie sollte durch den Moderator selbst vorgenommen werden. Die Vorteile der Visualisierung bestehen vor allem darin, dass keine Ideen, Informationen, Daten verloren gehen. Sie sind für alle ständig sichtbar, entlasten selber vom Mitschreiben und stehen den Teilnehmern über die gesamte Zeit der Gruppensitzung zur Verfügung. Die Aufnahme in die Visualisierung signalisiert Akzeptanz der geäußerten Meinung oder Idee und macht frei für das Suchen nach weiteren Ideen. Außerdem werden die Vergleichbarkeit der Vorschläge erleichtert und Zusammenhänge besser erkannt. Missverständnisse sind weitgehend ausgeschlossen. Das Visualisieren zwingt eine Idee nach ihrer Darlegung auf kurze Aussagen zu präzisieren und hilft, den Redeaufwand zu verkürzen. Schließlich erleichtert die Visualisierung die Reproduktion der gesamten Sitzung und ist damit eine wertvolle Hilfe für die Dokumentation, Berichterstattung und Präsentation. Abb. 17 enthält ein Beispiel für eine mögliche Visualisierung bei der Suche nach Lösungsideen. <?page no="81"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 65 Abb. 17: Beispiel Ideen visualisieren Konsens feststellen Die Vereinbarung zum Verzicht auf Kritik während der Ideenproduktion kann dazu führen, dass einzelne Teilnehmer ihre Unzufriedenheit mit dem Arbeitsfortschritt oder der methodischen Führung des Moderators zwar unterdrücken, aber geistig Abschied von der Zusammenarbeit genommen haben. Um dem vorzubeugen sollte der Moderator im Verlaufe der Zusammenarbeit etappenweise (Abb. 18) • feststellen, was bis zum jeweiligen Zeitpunkt bereits erreicht wurde und • zugleich nachfragen, ob es bis hierher Einverständnis mit dem Vorgehen gibt. <?page no="82"?> 66 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Sofern es Kritikpunkte gibt, sind diese vor Fortsetzung der inhaltlichen Arbeit zu klären. Abb. 18: Konsens feststellen Ideen strukturieren Wenn die Ideensammlung zunächst erschöpft ist, empfiehlt sich das Clustern oder Strukturieren der bisher visualisierten Ideen. Dabei werden „weiße Felder“ sichtbar, die zur weiteren Ideenproduktion anregen sollen. Die Abb. 19 bis Abb. 21 verdeutlichen am Beispiel „Ressourcen für das Wachstum ...“ die drei Schritte • Ideen sammeln, • Ideen strukturieren, Cluster bestimmen, • Ideen ergänzen. <?page no="83"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 67 Abb. 19: Ideen sammeln Abb. 20: Ideen strukturieren - Cluster bestimmen <?page no="84"?> 68 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 21: Ideen ergänzen Impulse geben Zur Beschleunigung der Ideenentwicklung kann der Moderator bestimmte Hilfsmittel vorschlagen, die zugleich zur inhaltlichen Qualifizierung der Gruppenarbeit beitragen. So wird beispielsweise für die Entwicklung einer regionalen Entwicklungskonzeption die Bereitstellung einer Matrix für die Bewertung von Stärken und Schwächen wesentlicher Bereiche einer Region empfohlen (s. Abb. 22). <?page no="85"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 69 Qualitatives Stärken-Schwächen-Profil der Region X Bereiche Stärke Schwäche +3 +2 +1 -1 -2 -3 WIRTSCHAFT Industrie Handel Verkehr (Konzeptumsetzung) Tourismus Verwaltungsstandort Landwirtschaft (als Zulieferer) Handwerk ÖKOLOGIE Landschaft Verkehr (Konzeptumsetzung) Gebäudesanierung Radfahren Grüner Markt Ambiente (Haus/ Stadt) Wasser SOZIALES Familienfreundl. Wohnen Gesundheitsversorgung Schulen/ Angebote Kultur/ Innenstadt Randgruppen Abb. 22: Qualitatives Stärken-Schwächen-Profil der Region X Oder für eine Unternehmensstrategie kann die Vorgabe von Bewertungskriterien zur Analyse der Stakeholder nützlich sein (s. Abb. 23). Stakeholderanalyse und -management Stakeholder Interessen / Erwartungen Macht / Einfluss Maßnahmen / Verantwortlichkeiten Abb. 23: Stakeholderanalyse <?page no="86"?> 70 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Ideen bewerten/ Maßnahmenplan erstellen Auch in der Bewertung gilt der Grundsatz: Der Moderator ist für die Methode, die Gruppe ist für den Inhalt zuständig. Demzufolge organisiert der Moderator die Bewertung und schafft damit die Bedingungen, dass jeder Teilnehmer alle Ideen bewerten kann. Dabei sollte zuerst die Bewertung abgegeben werden und dann die Begründung angeschlossen werden. Die Idee mit der höchsten Punktzahl bzw. den meisten Stimmen wird dann zuerst in einen Maßnahmenplan umgesetzt. Auch hier erhält die überstimmte Minderheit die Chance zur Konkretisierung der eigenen Bewertung. Danach kann auf Wunsch der Gruppe eine erneute Bewertung erfolgen. Im Beispiel „Ökoaudit in einer Gießerei“, das in Abb. 24 dargestellt ist, haben sechs Umweltbetriebsprüfer in einer moderierten Gruppensitzung Handlungsbedarf in zwölf Programmbereichen festgestellt. In der Bewertung geht es um die Frage: Welcher Programmbereich hat Priorität und sollte deshalb der Leitung für erste Maßnahmen vorgeschlagen werden? Die Entscheidung für die Energie ist eindeutig, auch die überstimmte Minderheit stimmte zu. Abb. 24: Beispiel für die Bewertung der Ideen <?page no="87"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 71 Beim Aufbau eines Maßnahmenplans sollen die in Abb. 22 vorgeschlagenen Spaltenüberschriften dienlich sein. Lfd. Nr. Maßnahme Wer macht´s? Bis wann? Mit Wem? Kosten Bemerkungen 1 2 3 n Abb. 25: Spaltenüberschriften für Maßnahmenplan B RIEGEL , K. (2002; S. 61) schlägt die in Abb. 26 dargestellte Kurzform eines Aktionsplanes vor, wobei nur Gruppenmitgliedern einzelne Aufgaben in den Spalten zugeordnet werden. Moderatoren übernehmen keine inhaltlichen Aufgaben. Nr. Was Wer Wann Abb. 26: Spaltenüberschriften für Aktionsplan Ergebnisse sichern Zwei Maßnahmen muss der Moderator zum Schluss sicherstellen: (1) Die Ergebnisse sind den Auftraggeber zu übergeben - als schriftliche Dokumentation oder im Rahmen einer Präsentation (s. Kapitel 4.3). (2) Jedes Mitglied der Gruppe erhält auf Wunsch eine Dokumentation des Gruppenergebnisses. <?page no="88"?> 72 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 4.2.4 Gruppenarbeit auswerten Bei der hier in Rede stehenden Auswertung geht es um das Feststellen des Prozessergebnisses. Sie erfolgt nach Abschluss der Problembearbeitung und der Fixierung des inhaltlichen Gesamtergebnisses. Schwerpunkte der Auswertung sind: Vereinbarte Spielregeln prüfen Auch bei Zeitknappheit sollte die Gruppe mindestens einige Minuten zur Beantwortung von zwei Fragen verwenden: • Haben wir die vereinbarten Regeln eingehalten? • Waren die vereinbarten Regeln für unsere Arbeit nützlich? Im Ergebnis sind eventuell neue Regeln vorzuschlagen sowie weniger geeignete zu streichen. Gruppenverhalten auswerten Mit Hilfe des in Abb. 27 dargestellten Polaritätsprofils lassen sich zum Gruppenverhalten rasch brauchbare Aussagen gewinnen. Jedes Gruppenmitglied füllt einen Fragebogen aus. Aus allen Angaben wird der Durchschnittswert ermittelt und der Einschätzung durch den Moderator gegenübergestellt. <?page no="89"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 73 Bewertungsskala hervorragend befriedigend ausreichend nicht ausreichend unbefriedigend sehr unbefriedigend Kriterien Plus-Pol +3 +2 +1 -1 -2 -3 Minus-Pol 1. Arbeitsweise zielorientiert ziellos 2. Vorgehen klar verworren 3. Ideen bewerten erst gesammelt gleich kritisiert 4. Ideen vortragen Ideen anderer aufgreifen jeder für sich 5. Unterbrechungen konnten ausreden wurden unterbrochen 6. Beteiligung ungleichmäßig gleichmäßig 7. Problemorientierung problemorientiert eigenorientiert 8. Gruppenergebnis produktiv unproduktiv Abb. 27: Fragebogen zum Verhalten der Gruppenmitglieder (in Anlehnung an Q UISKE , F.H. et al., 1973, S. 117) Moderatorenleistung bewerten Ein bewährtes Polaritätsprofil für die Bewertung des Moderatorenverhaltens ist in Abb. 28 dargestellt. Der Fragebogen wird sowohl vom Moderator als auch durch alle Gruppenmitglieder ausgefüllt. Im Ergebnis liegen drei Werte vor: der Eigenwert des Moderators, die Durchschnittswerte und die Extremwerte der Gruppe. Aus der Diskussion festgestellter Abweichungen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung entwickeln sich häufig wertvolle Schlussfolgerungen für künftige Gruppensitzungen. <?page no="90"?> 74 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Bewertungsskala hervorragend befriedigend ausreichend nicht ausreichend unbefriedigend sehr unbefriedigend Kriterien +3 +2 +1 -1 -2 -3 1. Sorgte der TM dafür, dass die Problemstellung von allen GM verstanden wurde? 2. Sorgte der TM dafür, dass Ideen nicht sofort bewertet wurden? 3. Sorgte der TM dafür, dass die GM einander zuhörten und Ideen anderer weiterverfolgt wurden? 4. Sorgte der TM dafür, dass durch stimulierende Fragen zahlreiche Lösungsvorschläge erarbeitet wurden? 5. Sorgte der TM dafür, dass alle Gedanken für jedes GM sichtbar mitgeschrieben wurden? 6. Sorgte der TM dafür, dass jeder in der Gruppe sich am Problem beteiligte und engagierte? 7. Vermied der TM, der Gruppe eigene Lösungsvorschläge aufzudrängen? 8. Sorgte der TM dafür, daß das Profilierungsstreben einzelner GM zurückgedrängt wurde? 9. Sorgte der TM dafür, dass Missverständnisse und Rivalitäten zwischen den GM vermieden wurden? TM = Teammoderator GM = Gruppenmitglied Abb. 28: Fragebogen zum Verhalten des Teammoderators (in Anlehnung an Q UISKE , F.H. et al., 1973, S. 11) <?page no="91"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 75 4.2.5 Checkliste - Ablaufplan Gruppenarbeit Abb. 29: Checkliste Gruppenarbeit <?page no="92"?> 76 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 4.3 Präsentation von Arbeitsergebnissen 4.3.1 Kommunikationsmodell Die Präsentation ist ein Ensemble aus vier Bestandteilen. Abb. 30 veranschaulicht das Grundmodell. Danach besteht jede Präsentation aus einem Vortragsteil und einer sich anschließenden Frage- und Diskussionsrunde. In der Regel kann auf eine Vorgeschichte zurückgegriffen werden. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, Nachkontakte aktiv zu gestalten. Der Erfolg der Präsentation besteht in der gelungenen Komposition aller vier Bestandteile. Abb. 30: Bestandteile der Präsentation Ereignisse im Vorfeld der Präsentation bilden die Vorgeschichte. Der Präsentator sollte gründlich recherchieren, ob zurückliegende Hinweise oder Empfehlungen aus der Zielgruppe oder mit ihr verbundene positive wie negative Erfahrungen vorliegen, die mit Blick auf die Erwartungen der Zuhörer in der Präsentation zu berücksichtigen sind. Die Nachgeschichte der Präsentation beinhaltet die Analyse des Ablaufs und die Bearbeitung der erhaltenen Hinweise. Zugleich geht es um das Prüfen von Chancen für die Kontaktaufnahme zu einzelnen Teilnehmern. Angebote zur Erhebung von weiterem Datenmaterial oder gewünschten Konsultationen und Gesprächen muss sich der Präsentator während der Veranstaltung organisieren. Er muss vorher überlegen, was er weiterhin braucht und wie er das erreichen will. <?page no="93"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 77 In diesem Sinne ist die Vorgeschichte als ein Rückgriff auf Ereignisse im Vorfeld der Präsentation und die Nachgeschichte als die aktive Gestaltung von Nachkontakten zu verstehen. 4.3.2 Präsentation vorbereiten Die Vorbereitung einer Präsentation erfolgt in der Regel immer unter Zeitdruck. Das gilt insbesondere in der Gruppenarbeit. Dennoch sollte die Gruppe für ein unverzichtbares Minimum in der Vorbereitung sensibilisiert werden, auch mit Blick auf das Umsetzen in der beruflichen Praxis. In der Reihenfolge werden folgende Schritte in der Vorbereitung empfohlen: • Ziel(e) formulieren, • Teilnehmer analysieren, • Inhalt bearbeiten, • Aussagen visualisieren, • Teilnehmermaterial erstellen, • Zeitfaktor beachten. Ziel(e) formulieren Die Frage nach dem Ziel lautet: Was sollen die Teilnehmer an der Präsentation in und nach der Veranstaltung tun? Was sollen sie kennengelernt oder verstanden haben? Oder: Wovon sollen sie überzeugt werden, was sollen sie konkret unternehmen, wozu werden sie veranlasst? Wie sollen sie sich künftig verhalten? In Abb. 31 sind die wichtigsten Richtziele dargestellt. <?page no="94"?> 78 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 31: Richtziele der Präsentation Je konkreter diese Fragen beantwortet werden, desto präziser können die Ziele formuliert und die dazu erforderlichen Inhalte ausgewählt werden. BEISPIEL: Für die Präsentation einer Software vor potentiellen Käufern wird als Ziel formuliert: „Die Erträge der Softwarefirma erhöhen“ · Das ist ein persönliches Ziel des Präsentators und nicht auf die Teilnehmer ausgerichtet. 1. Präzisierungsstufe Zielformulierung: „Mehr Computersoftware verkaufen.“ · Es bleibt bei der persönlichen Zielsetzung. Offen bleibt, wie die Teilnehmer erreicht werden sollen. 2. Präzisierungsstufe Zielformulierung: „Die Zweifel und Vorbehalte gegenüber internetbasierter Software in den Köpfen potentieller Käufer zerstreuen.“ · Jetzt hat der Blick vom Präsentator zum Teilnehmer gewechselt, jetzt wird gesagt, was er korrigieren soll. Offen bleibt, womit die Korrektur erfolgen soll. <?page no="95"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 79 3. Präzisierungsstufe Zielformulierung: „Eine große Anzahl von Personen aus dem Marketing und Verkauf, die bisher lokale Netzlösungen bevorzugten, überzeugen, dass sich die zusätzliche Ausgabe für unsere teurere, aber benutzerfreundliche und vielseitige internetbasierte Software lohnt.“ · Nunmehr ist der Personenkreis eingegrenzt, dessen Vorbehalte durch Überzeugen von der Nützlichkeit abgebaut werden sollen. Jetzt kann mit Blick auf die Interessen und Einstellungen dieser Personen begründet Inhalt für die Präsentation ausgewählt werden. Teilnehmer analysieren Während der Arbeit an der Zielbestimmung ergeben sich u. a. zwei Fragen: • Wie realistisch sind meine konkreten Ziele? • Werden sich meine Teilnehmer darauf einlassen? Bei der Beantwortung hilft die SIE-Analyse, die in Abb. 32 dargestellt ist. Abb. 32: SIE-Analyse <?page no="96"?> 80 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Von zentraler Bedeutung in dieser Analyse ist das Feststellen der Teilnehmerinteressen. Ihre Kenntnis ermöglicht das Finden von Nutzenargumenten und ist der Schlüssel für die begründete Auswahl von Aussagen, die für die Teilnehmer von Bedeutung sind. Inhalt bearbeiten 1. Schritt: Sammeln - Was gehört alles zur Präsentation? Hier sollten die in Abb. 33 dargestellten Aussagequalitäten Beachtung finden. Neben dem Sachwissen (Begriffe, Eigenschaften, Gesetze, quantitative Aussagen etc.) und dem Methodenwissen (Techniken, Handlungsmuster, Verfahren etc.) wird der Einsatz von darauf bezogenen • Wertwissen (Kennziffern, Urteile, Kriterien für die Beurteilung von Varianten, Vorschlägen) und • Normwissen (Verhaltensempfehlungen für unsichere oder unbekannte Situationen) oft unterschätzt. Erfahrungsgemäß haben Wert- und Normwissen erheblichen Einfluss auf die Überzeugungskraft der Präsentation. Abb. 33: Aussagequalitäten in der Präsentation <?page no="97"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 81 2. Schritt: Auswählen - Welche Inhalte sind für die aktuelle Präsentation zu wählen? Das erste Kriterium für die Auswahl bildet das konkret formulierte Ziel. Das zweite Auswahlkriterium sind die Teilnehmer, ihre Situation, ihre Interessen und ihre Einstellungen. Drittens begrenzt die verfügbare Zeit den Inhalt. 3. Schritt: Gewichten - Welches sind die wichtigsten Argumente und womit werden sie belegt und illustriert? Das Gewichten des ausgewählten Inhalts bezieht sich auf dessen Gliederung in drei inhaltliche Ebenen • A Kernaussagen - zum Verständnis unverzichtbar, muss unbedingt berücksichtigt werden. Argumente nennen • B Hintergrundinformationen - soll berücksichtigt werden, wichtige Zusatzinformationen zum Beleg/ Beweis. Begründung geben • C Beispiele, didaktische Maßnahmen - empfehlenswert, aber nicht zwingend zu berücksichtigen, zusätzliche Informationen zur Veranschaulichung Beispiele anbieten, Wiederholungen vornehmen 4. Schritt: Reihen - In welcher Reihenfolge sollten die Argumente angeboten werden? Zwei typische Reihenfolgen werden hier vorgestellt. • Sachlogische Reihenfolge: Darunter fallen Abläufe, die sich aus der Sache selbst ergeben, dem Gegenstand, seiner Struktur, seinem Funktionsprinzip. Zu denken ist beispielsweise an die Schritte bei der Inbetriebnahme einer Maschine, an das Funktionsprinzip eines Antriebsaggregats oder an die Wachstumsschritte einer Pflanze. Hier lassen sich Reihenfolgen darstellen, die sich zwingend aus dem Funktionieren der Sache ergeben. • Psychologische Reihenfolge: Sie folgt dem Vorgehen in Schule und Studium, nämlich bei der Behandlung des Lehrstoffs als Weg vom Vertrauten/ Bekannten zum Unbekannten, vom Unbeliebten zum Beliebten, von den Nachteilen zu den Vorteilen, die diese Nachteile überwiegen, <?page no="98"?> 82 4 Kommunikative Situationen in der Lehre vom Einfachen zum Komplizierten, vom Nahen zum Entfernten, vom zeitlich Vorhergehenden zum Nachfolgenden. In Abb. 34 sind beide Reihenfolgen für das Beispiel zur Präsentation „Liefermanagement“ vorgestellt. Während im Ergebnis der sachlogischen Folge die Teilnehmer etwas kennenlernen und darüber diskutieren sollen, wird die psychologische Reihung mit dem Ziel eingesetzt, die Teilnehmer zu veranlassen, eine Entscheidung zu treffen. Abb. 34: Sachlogische und psychologische Reihenfolgen Aussagen visualisieren Im Vortrag unterstützen Bilder das gesprochene Wort, geben Orientierung zum Inhalt und Ablauf des Vortrags, veranschaulichen komplizierte Sachverhalte und können Gedanken erweitern und vertiefen. Zugleich übernehmen sinnvoll aneinandergereihte Bilder gedanklich eine Leitfunktion, übernehmen Funktionen eines Redeskripts und begegnen der Gefahr eines eventuellen Steckenbleibens. Für das Gestalten der Bilder wird auf die Aussagen in Kapitel 5.6 verwiesen. Daraus abgeleitet ergeben sich für den Vortrag besonders drei Empfehlungen: <?page no="99"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 83 (1) Orientieren über den Inhalt des Vortrags Mit einer übersichtlichen Gliederung des Vortrags erhalten die Teilnehmer eine Orientierung dafür, was sie im Verlaufe der Veranstaltung erwartet. Deshalb ist viel Wert auf die Übersichtlichkeit der Orientierung zu legen (vgl. auch Kapitel 5.10). In Abb. 35 ist ein Auszug der Gliederung für das Beispiel „Präsentation von Arbeitsergebnissen“ gewählt, die leider zur schlechten Praxis der Visualisierung gehört. In dieser Ausführlichkeit erfolgt hier keine Orientierung, die im Kopf behalten wird. Präsentation von Arbeitsergebnissen 1. Kennzeichnung 1.1 Problemsituation 1.2 Grundmodell 1.2.1 Vortrag 1.2.2 Frage- und Diskussionsrunde 1.2.3 Vorgeschichte 1.2.4 Nachgeschichte 2. Hauptschritte der Vorbereitung 2.1 Ziel bestimmen 2.1.1 Informieren 2.1.2 Überzeugen 2.1.3 Veranlassen 2.2 Teilnehmer analysieren 2.2.1 Situation 2.2.2 Interessen 2.2.3 Einstellungen 2.2.4 Typisierung von Gruppen 2.3 Inhalt bearbeiten 2.3.1 Sammeln 2.3.1.1 Sachaussagen 2.3.1.2 Methodenaussagen 2.3.1.3 Wertaussagen 2.3.1.4 Normaussagen 2.3.2 Auswählen . . . Abb. 35: Vortragsgliederung (Auszug) - schlechte Orientierung <?page no="100"?> 84 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Gemäß der Devise „das gute Einfache ist immer noch das Beste“, wird einer knappen, aber klaren Darstellung der Schwerpunkte in Abb. 36 der Vorzug gegeben. Mit ihr gewinnt der Teilnehmer rasch eine Vorstellung von dem, was ihn erwartet. Dabei kann der Präsentator in Abhängigkeit vom Bearbeitungstand und der verfügbaren Zeit kennzeichnen, welchen Aussagen er den Vorrang gibt und welche nach Bedarf ergänzt werden können. Präsentation von Arbeitsergebnissen 1. Kennzeichnung 2. Vorbereitung 3. Vortrag 4. Frage- und Diskussionsrunde 5. Nachbereitung 6. Rhetorische Mittel 7. Sonderformen Abb. 36: Vortragsgliederung - empfohlene Orientierung (2) Veranschaulichen komplexer Sachverhalte Eine bewährte Möglichkeit für das Veranschaulichen komplexer Sachverhalte besteht in der Anwendung der didaktischen Vereinfachung. Sie hilft vor allem beim Erstzugang für das Verständnis technischer Geräte, von Abläufen und Prozessen. Ihr Prinzip besteht darin, den Merkmalsreichtum eines komplexen Sachverhalts und die Schwierigkeit eines komplizierten Sachverhalts mit Blick auf den Anspruch der Teilnehmer zu reduzieren und auf die Darstellung des Wesens der Sache zu beschränken. Allerdings muss die Vereinfachung anschließend wieder ausgelöst werden und schrittweise zur realen Komplexität geführt werden. Beispiele für die didaktische Vereinfachung sind im Kapitel 5.6 zu finden. (3) Empfehlungen zum Erstellen von Bildern Bei jedem Bild, das erstellt werden soll, sind drei Fragen zu beantworten (B ARENBERG , A., 1994, S. 58): • Was will ich veranschaulichen? • Was will ich damit erreichen? • Wen will ich damit ansprechen? Für das Erstellen von Bildern sollte der Präsentator die in Abb. 37 genannten Empfehlungen beachten: <?page no="101"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 85 Abb. 37: Empfehlungen für das Erstellen von Bildern Faustregel für die Anzahl der eingesetzten Bilder im Vortrag: Etwa zwei Minuten pro Bild für die Kommentierung durch den Präsentator und die visuelle Aufnahme und die Verarbeitung durch die Teilnehmer. Teilnehmerskript erstellen Als externer Speicher entlastet das Teilnehmermaterial (Handout) den Zuhörer bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung (s. Kapitel 5.10). Veranstalter von Präsentationsveranstaltungen setzen ihre Bereitstellung in der Regel voraus. Ein Teilnehmermaterial soll • einen raschen Überblick über Inhalt und Ablauf der Präsentation geben, an dem man sich jederzeit orientieren kann; • das Verstehen komplizierter Bilder erleichtern, das Notieren von Erläuterungen und Ergänzungen auf dem Papierausdruck ermöglichen und das Abzeichnen oder -malen von wichtigen Informationen ersparen; • vor allem in der anschließenden Frage- und Diskussionsrunde den Bezug zu den Aussagen im Vortrag gewährleisten. <?page no="102"?> 86 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Für das Erstellen des Teilnehmermaterials haben sich vor allem die folgenden Empfehlungen bewährt: Das Material für einen 15-minütigen Vortrag sollte fünf DIN A4-Blätter (beidseitig bedruckt) umfassen. Mühevolles Suchen wird damit ausgeschlossen. Die erste Seite enthält das Thema und die Gliederung. Sie verdeutlicht den roten Faden der Präsentation. Ein Hinweis auf die ausdrücklich erwünschte Diskussion nach dem Vortrag ist wichtig. Kontaktdaten sind zu vermerken. Für das Verständnis wichtige Bilder sind als Kopie beizufügen. Dabei ist ausreichend Platz für Notizen einzuräumen. Längere Textpassagen sind zu vermeiden, Kernaussagen sollten stichwortartig als Schlagwörter angeboten werden. In einem Glossar werden die wichtigsten Begriffe (maximal 8) im Verständnis des Präsentators erläutert. Die einzelnen Seiten sind zu nummerieren, gelocht und in geeigneter Weise zusammenzuhalten. Auch damit demonstriert der Präsentator Wertschätzung gegenüber seinen Teilnehmern. Die Verteilung des Materials unmittelbar vor der Präsentation hat sich bewährt. Zeitfaktor beachten Zeitdisziplin in der Präsentation ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Kündigt der Präsentator die Zeit für seinen Vortrag an, ist diese unbedingt einzuhalten. Die optimale Vortragszeit beträgt etwa 15 Minuten. Stehen für die Präsentation 30 Minuten zur Verfügung, so ist diese Zeit jeweils zur Hälfte für den Vortrag und die Frage- und Diskussionsrunde zu verwenden. Sollte eine längere Vortragszeit nötig sein, muss der Präsentator Verstärkungsmittel einsetzen, um die Aufmerksamkeit zu erhalten. In Kapitel 5.3, Punkt (2) werden dazu Vorschläge unterbreitet. <?page no="103"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 87 4.3.3 Ergebnisse vortragen Eröffnen Mit der Einleitung setzt der Präsentator seinen Teilnehmern die „Brille“ auf, durch die sie seine weiteren Ausführungen „sehen“. Deshalb sollten mindestens vier Schritte geprüft werden: • Starte mit Schwung. Ein origineller Einstieg mit Bezug zur vermittelten Botschaft soll dem Start Schwung verleihen und dem Vortrag die erforderliche Aufmerksamkeit sichern. Die ersten Minuten bieten dafür eine Chance, denn zu Beginn schenken die Teilnehmer dem Präsentator ihre Aufmerksamkeit „kostenlos“. In der Folge muss sie „verdient“ werden. Beginnen kann man beispielsweise mit der Schilderung eines Konflikts, einem aktuellen Problem, einer Provokation, einer Zuspitzung, einem Zitat, einer Anekdote, einem persönlichen Erlebnis. • Nenne das Thema und gib den Rahmen vor. Der knappen und präzisen Themenformulierung folgt die Vorstellung der inhaltlichen Schwerpunkte mit Angabe der Vortragszeit. Bereits in diesem Schritt sollte das Angebot zur anschließenden Frage- und Diskussionsrunde unterbreitet werden. • Stelle dich selber vor. Die Teilnehmer müssen mindestens erfahren: Was ist der Präsentator für ein Fachmann? Welchen Bezug hat er zum Gegenstand der Präsentation, ist er alleiniger Autor oder Sprecher eines Teams, welche Kompetenzen hat das Team? • Nenne das konkrete Ziel. Bereits im Einstieg sollen die Teilnehmer wissen, was sie nach der Präsentation tun sollen: Informiert sein, überzeugt sein oder etwas entscheiden. Sicher schafft sich der Präsentator damit frühzeitig einen kritischen Prüfstein für seine folgenden Ausführungen im Hauptteil des Vortrages. Aber was will er eigentlich anderes? Er präsentiert sich damit als offen und fair und signalisiert, dass er die Teilnehmer als wertgeschätzte Partner behandeln will. <?page no="104"?> 88 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Argumentieren Im Hauptteil werden jetzt die Ankündigungen im Einstieg in Argumente umgesetzt. Dabei sind die Argumente in die Bedeutung zu hüllen, die den Interessen der Teilnehmer entspricht. Stets ist zu beachten, dass die Überzeugungskraft der Argumentation nicht nur von dessen Richtigkeit, sondern zugleich immer auch von der Bedeutsamkeit des Arguments für die Teilnehmer abhängt. Abb. 38 verdeutlicht an einigen Beispielen diesen Zusammenhang. Richtigkeit Bedeutsamkeit Fakten Was das Interesse des Partners trifft Daten Was dem Partner entgegenkommt Statistik Was den Zielen des Partners entspricht Zitate Was dem Image, den Werten des Partners zusagt Varianten Was dem Partner die Wahlfreiheit erweitert Erfahrungen Was die Erfahrung des Partners berücksichtigt Praxishinweise Was der Lösung des Problems des Partners hilft Abb. 38: Faktoren für die Überzeugungskraft eines Arguments Die Argumentation beginnt beispielsweise mit dem Darstellen von Zielen oder Standpunkten, umfasst zugeordnete Lösungsmöglichkeiten und ihre Bewertung und reicht bis zum Erläutern notwendiger Schritte für das weitere Vorgehen. In der Regel steht das stärkste Argument am Ende der Reihenfolge. In den Abb. 39 bis Abb. 42 werden Beispiele für gebräuchliche Argumentationsfolgen angeboten. <?page no="105"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 89 Abb. 39: Argumentationsfolge Allgemeines-Besonderes-Einzelnes Abb. 40: Argumentationsfolge Kompromiss <?page no="106"?> 90 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 41: Argumentationsfolge Vergleich Abb. 42: Argumentationsfolge Alternativen <?page no="107"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 91 Belege (Zahlen) anbieten Zahlen sind immanenter Bestandteil der Argumentation. Sie finden reichlich Verwendung in Präsentationen. Denn wer die Zahl hat, hat die Macht - solange die Zahlen nicht angezweifelt werden. Wenn der Präsentator seine Argumente mit Zahlen belegt, hat er gegenüber allen anderen einen deutlichen Vorteil: die Zahlen stehen ihm für den Augenblick ganz exklusiv zur Verfügung. Aber Vorsicht! Skeptiker zweifeln Zahlen gern an und machen oft drei typische Einwände geltend: • „Das sind doch nicht die neusten Zahlen! “ Achte stets auf die Aktualität der verwendeten Zahlen. Halte bei Zahlen mit Belegcharakter für die Argumentation immer die Quellen bereit. • „Da haben Sie sich offensichtlich verrechnet! “ Achte darauf, dass beispielsweise beim Summieren der Verhältnisgrößen am Ende 100 % steht. • „Sie interpretieren Ihre Zahlen falsch! “ Achte auf die richtige Interpretation der angebotenen Zahlen. Beispiel: Wenn der Anteil einer Kostengruppe von 40 % auf 36 % sinkt, entspricht das nicht einem Rückgang von 4 %, sondern von 10 %. Falsche Zahlen erwecken den Eindruck, der Präsentator neigt zur Oberflächlichkeit oder gar zur Manipulation. Eine besondere Wirkung entfaltet die bildhafte Veranschaulichung von Zahlenmaterial, weil sie beim Teilnehmer reale Vorstellungen entstehen lässt. Wenn beispielsweise eine Turbinenanlage mit allen ihren technischen Daten wie Größe, Umdrehungen pro Minute oder Durchmesser präsentiert wird, könnte ihre Leistung mit einem Vergleich veranschaulicht werden: „Wie Sie den Zahlen entnehmen können, bewegen sich die Flügelenden mit anderthalbfacher Schallgeschwindigkeit.“ Nunmehr hat auch der technische Laie eine Vorstellung von der Turbinenleistung. Oder, statt das Waldsterben auf der Erde mit dürren Zahlen zu belegen, könnte man die Dimension wie folgt beschreiben: „Jedes Jahr wird die Erde um ein Waldgebiet ärmer, das der Größe der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs zusammen entspricht.“ Zusammengefasst wird für den Umgang mit Zahlen im Vortrag empfohlen: • So wenig Zahlen wie möglich, so viel wie nötig einsetzen. <?page no="108"?> 92 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Kennzahlen bzw. Kenndaten verwenden. • Aktuelle Zahlen verwenden. Belege für wichtige Zahlen in Reserve halten. • Zahlen auf- oder abgerundet angeben. Genaue Zahlen kennen, auf Anfrage nennen. • Auf richtige Summierung achten. Bei Verhältniszahlen 100 %. • Zahlen richtig interpretieren. Veränderungen zur Sicherheit in Prozentpunkten angeben. • Zahlen mit Bildern veranschaulichen. Bildhafte Vergleiche einsetzen. Visualisierung vornehmen. • Auf komplizierte mathematische Ableitungen verzichten. Evtl. nur das Ergebnis darstellen. Abschließen Erfahrene Präsentatoren wissen, dass der Vortragsschluss bei den Teilnehmern am längsten in Erinnerung bleibt. Deshalb ist besondere Sorgfalt bei seiner Gestaltung zu empfehlen. Ein guter Schluss fasst wenige Nutzenargumente zusammen, bietet keinesfalls neue Argumente an und fordert die Teilnehmer zum Handeln auf. Auf diese Weise wird der Schluss zum Höhepunkt des Vortrags. Erfolgreiche Präsentatoren stellen bei der Vorbereitung ihres Vortrags die Bestimmung der Nutzenargumente an den Anfang. Von daher bestimmen sie dann Inhalt und Umfang ihrer Argumentation im Hauptteil des Vortrages. Was aber bedeutet Nutzen? Häufig werden „Nutzen“, „Vorteil“ und „Merkmal“ einer Leistung oder eines Produkts miteinander vermischt. Abb. 43 veranschaulicht die Argumentationskette Merkmal - Vorteil - Nutzen und macht deutlich, dass im Nutzenargument der personalisierte Vorteil einer bestimmten Sache zum Ausdruck gebracht wird. <?page no="109"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 93 Abb. 43: Argumentationskette Merkmal - Vorteil - Nutzen Empfehlungen für die Gestaltung des Schlussteils: Kündige den Schluss an: „Ich komme jetzt zum Schluss meines Vortrags.“ Damit wird den Teilnehmern signalisiert, dass jetzt keine neuen Argumente folgen. Formuliere zwei bis drei Argumente, die möglichst konkret den Nutzen für die Teilnehmer aussagen. Vermeide die Aufzählung einer Fülle von Merkmalen, die ohnehin keiner im Gedächtnis behalten kann. Treffe keine neuen Aussagen zur Begründung der Argumente. Wurde etwas vergessen, kann das in der nachfolgenden Frage- und Diskussionsrunde nachgeholt werden. Stelle ein bis zwei Fragen als Angebot für die Diskussion. Verzichte auf Fragen, deren Berechtigung vorher nicht begründet wurde. Fordere zum Handeln auf: „Ich bitte Sie, meine Ausführungen zu prüfen und bin Ihnen für Fragen, Meinungsäußerungen und Anregungen sehr dankbar.“ <?page no="110"?> 94 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Vermeide zum Abschluss wortlos ein Bild mit dem Text „Vielen Dank für die Aufmerksamkeit“ an die Wand zu projizieren. Danke vielmehr den Teilnehmern so mit dem gesprochenen Wort, dass sie spüren, du fühlst dich zu Dank verpflichtet. 4.3.4 Fragen/ Einwände behandeln In der nun folgenden Frage- und Diskussionsrunde erfährt der Präsentator, ob und inwieweit er seine Ziele erreicht hat. Hier bietet sich die Möglichkeit, eventuelle Missverständnisse auszuräumen, Fragen zu klären, Argumente auszuschärfen und dabei mehr über die Interessen und Beweggründe seiner Teilnehmer zu erfahren. Zudem bietet diese Runde Raum für eine bewusste Vorbereitung von Nachkontakten. Eröffnen Der Präsentator kann das Gespräch mit offenen Fragen eröffnen. Das sind W- Fragen, beispielsweise • Welche Informationen benötigen Sie noch? • Welche Begriffe sind erklärungsbedürftig? • Wie beurteilen Sie meine Argumente, Behauptungen, ist deren Begründung ausreichend, was müsste noch getan werden? Zur Anregung der Diskussion regen aber auch solche Fragen an, wie: • „Gestern wurde ich gefragt, welche Risiken mit meinem Vorschlag verbunden sind. Bewegt Sie auch diese Frage? “ • „Herr Müller, darf ich Sie als Kaufmann fragen, wie Sie meinen Kostenvoranschlag beurteilen? “ Fragen beantworten Ein Teilnehmer stellt zwei bis drei Fragen hintereinander. In der Regel beginnt der Präsentator mit der Beantwortung der zuletzt gestellten Frage - und hat danach die beiden anderen schon wieder vergessen. Das vermeidet er, indem er die Fragen vor ihrer Beantwortung stichwortartig notiert. Für den Fragesteller ist es wichtig, dass sein Beitrag vom Präsentator positiv aufgenommen wird. Auf jeden Fall sind jegliche Arroganz oder herablassende Kommentare zu vermeiden wie beispielsweise: „Obwohl ich das bereits ausführlich erläutert habe, will ich das für Sie nochmals wiederholen ...“. <?page no="111"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 95 Außerdem wissen es die Teilnehmer zu schätzen, wenn der Präsentator die Fragen kurz und präzise beantwortet und sich erkundigt, ob die Antwort zufrieden stellt. Fragen, die im Moment nicht beantwortet werden können, sollte man benennen: „Das ist eine interessante Anregung, ich werde darüber nachdenken.“ Oder: „Diese Frage kann ich im Augenblick nicht beantworten. Ich werde einen einschlägigen Fachmann konsultieren und Ihnen die Antwort nachreichen.“ Einwände behandeln Einwände gegen Argumente und Vorgehensweisen geben dem Präsentator eine Chance, rechtzeitig Bedenken zu zerstreuen oder Missverständnisse zu klären sowie zusätzliche, dem Verständnis und der Überzeugung dienende Informationen zu geben. Einwände signalisieren, was noch zu tun ist auf dem Weg zum Ziel. Bei der Behandlung des Einwandes sind folgende Schritte zu gehen: (1) Aktiv zuhören Bleibe ruhig, zeige Aufmerksamkeit durch Blickkontakt, zugewandte Körperhaltung und zustimmendes Nicken. Notiere den Einwand in Stichworten. Lasse den Einwendenden ausreden. Versuche festzustellen, welche Motive dem Einwand zugrunde liegen könnten - beispielsweise Sachurteil, Informationslücke, taktisches Manöver, Prestigegehabe oder Provokation. (2) Einwand neutralisieren Der geschickte Präsentator widerspricht nicht direkt einem Einspruch. Er neutralisiert ihn, das heißt, er federt ihn positiv ab, beispielsweise mit solchen Wendungen: „Gut, dass Sie darauf zu sprechen kommen.“ „Ein interessanter Gedanke, den Sie da äußern.“ „Sie haben Recht, ich muss den Vorschlag verständlicher formulieren.“ „Ich kann verstehen, dass Sie das bewegt.“ „Danke für die Offenheit, mit der Sie diese Frage stellen.“ Wenn jemand damit gerechnet hat, dass der Einwand den Präsentator irritiert oder gar verunsichert, so wird er jetzt angenehm überrascht sein, wie der Einwand aufgenommen wurde. <?page no="112"?> 96 4 Kommunikative Situationen in der Lehre (3) Denkpause einhalten Durch das Einlegen (und Aushalten) einer kurzen Denkpause signalisiert der Präsentator, dass er nicht zu schnellen und damit oft auch oberflächlichen Antworten neigt. Er vermittelt den Eindruck, den Einwand ernst zu nehmen und um seine gründliche Behandlung bemüht zu sein. In dieser Pause (2 bis 3 Sekunden) ist zu entscheiden, ob er sofort antwortet oder erst nachfragt. (4) Nachfragen Mit dem Nachfragen vergewissert sich der Präsentator, ob er den Einwand richtig verstanden hat. Dazu wird das Gesagte mit eigenen Worten wiedergegeben. Damit vermeidet er Missverständnisse, gewinnt etwas Zeit für seine Antwort und zeigt, dass er eine andere Meinung ernst nimmt. Beispiel: „Ich verstehe, dass Sie als Techniker mit einer Tendenzaussage nicht zufrieden sind. Erlauben Sie bitte eine Nachfrage: Welche Kriterien müsste die Aussage erfüllen, damit sie für Sie akzeptabel wird? “ Jetzt muss der Einwendende aktiv werden. Der Präsentator erhält weitere Informationen und gewinnt Zeit für eine Antwort, die zufrieden stellt. (5) Antworten Bei jeder Antwort ist zu bedenken, dass der Einwänder ein wertvoller Partner in der weiteren Zusammenarbeit sein könnte. Unüberlegte Antworten oder negative Reaktionen sind zu vermeiden. Die Verhältnismäßigkeit des Einwandes ist kurz und prägnant zu benennen. Die Vorteile, die den Einwand aufwiegen, sind anzuführen. Sofern ein Einwand nicht entkräftet, eine Frage nicht beantwortet werden kann, ist das zuzugeben. Zugleich ist die Klärung anzubieten. Nachkontakte werden u. a. dadurch vorbereitet, in dem Fragen von Personen, die für den Präsentator besonders interessant sind, bewusst nicht bis zu Ende beantwortet werden. Der Vorschlag zur endgültigen Klärung der Frage nach Einholen eines Fachurteils und zur erneuten Kontaktaufnahme wird in der Regel vom Betreffenden gern angenommen. (6) Gegenfrage stellen Insbesondere bei Einwänden, die in verallgemeinerter Form vorgetragen werden, kann der Präsentator mit einer Gegenfrage reagieren. Damit soll die Verallgemeinerung aufgelöst und auf eine Ebene zurückgeführt werden, die eine auf die Interessen des Einwendenden bezogene Antwort erlaubt. <?page no="113"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 97 BEISPIELE: Einwand: „Das ist mir zu teuer! “ Gegenfrage: „Wo setzen Sie die Grenze? “ „Wo liegen Ihre Vorstellungen? “ „In welchem Rahmen kalkulieren Sie? “ Einwand: „Das geht bei uns nicht! “ Gegenfrage: „Welche Schwierigkeiten sehen Sie? “ „Was genau spricht bei Ihnen dagegen? “ „Was wäre aus Ihrer Sicht noch machbar? “ Diskussion abschließen Zum Abschluss der Frage- und Diskussionsrunde nimmt der Präsentator eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse vor. Jetzt zahlt sich erneut aus, wenn er sich während der Runde Notizen gemacht hat. Für die Zusammenfassung gelten folgende Empfehlungen: Benenne die Aussagen, über die keine Einigung erzielt wurde und die Fragen, die nicht oder die nur unvollständig beantwortet werden konnten. Formuliere die Aussagen, die im Ergebnis der Diskussion von den Teilnehmern bestätigt wurden. Hebe besonders die Erkenntnisse hervor, die über die präsentierten Aussagen hinausgehen und würdige damit die mit den Teilnehmern gemeinsam geleistete Arbeit. 4.3.5 Nachbereitung Auch wenn die Zeit immer knapp ist, sollten zwei Maßnahmen in der Nachbereitung einer Präsentation durchgeführt werden: das Planen der Nachkontakte und die Selbstreflexion des eigenen Verhaltens in der Präsentation. Planen der Nachkontakte Hier gilt es zunächst festzuhalten, welche konkreten Aktivitäten sich unmittelbar aus der Präsentation ergeben, beispielsweise die Abgabe eines detaillierten An- <?page no="114"?> 98 4 Kommunikative Situationen in der Lehre gebots, die Entwicklung neuer Handlungsoptionen, das Eingehen weiterer Kooperationen. Zum Kreis der nachfolgenden Maßnahmen gehört auch das Ermitteln von Antworten auf Fragen, die in der Diskussion unbeantwortet blieben und das Weiterleiten an die Interessenten. Schließlich ist zu prüfen, wer aus dem Kreis der Teilnehmer an der Präsentation besonders interessant für eine weitere Zusammenarbeit ist und wie der Kontakt aufzunehmen ist. Einschätzen des Präsentationsverhaltens Zuerst sollte der Präsentator selbst überlegen, wie ihm die Präsentation gelungen ist, beispielsweise in dem er sich fragt • Konnte ich die Inhalte verständlich und überzeugende vermitteln? • Habe ich den Teilnehmern gegenüber ausreichend Wertschätzung gezeigt? • An welchen Stellen ist es gelungen, die Teilnehmer zu aktivieren? • War mein Skript für die Teilnehmer hilfreich? • An welchen Stellen während der Frage- und Diskussionsrunde habe ich mich wohlgefühlt? Was habe ich da getan? • Wie gut konnte ich auf die Fragen und Einwände der Teilnehmer eingehen? • Habe ich meinen Zeitplan eingehalten? • Habe ich das Ziel, was ich mir vorgenommen habe, erreicht? Zusätzlich zu dieser Selbstreflexion kann sich der Präsentator um Rückmeldungen aus dem Publikum bemühen. Personen, die man kennt, von denen man eine offene und ehrliche Meinung erwarten kann, sind gezielt zu fragen: • Was hat Ihnen im Vortrag gefallen? • Was sollte zukünftig anders gemacht werden? • Wie sollte ich dabei vorgehen, damit es besser wird? • Was hat Ihnen in der Frage- und Diskussionsrunde gefallen? • Was sollte ich künftig bei der Beantwortung von Fragen und bei der Behandlung von Einwänden besser machen? 4.3.6 Sonderformen gestalten Unter den zahlreichen Sonderformen für das Vorstellen von Arbeitsergebnissen sollen im Folgenden die Posterpräsentation und das Summary kurz beschrieben <?page no="115"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 99 werden, weil sie in Aus- und Weiterbildung, betrieblicher Praxis und öffentlichem Leben nach wie vor einen festen Platz einnehmen. Posterpräsentation Mit der Posterpräsentation werden Arbeitsergebnisse in knapper Form vorgestellt. Die Vorstellung soll gezielt einen potentiellen Kreis von Interessenten ansprechen. Ihr Einsatz erfolgt bevorzugt in Arbeitsbesprechungen, Beleg- und Projektverteidigungen, Tagungen und Konferenzen. In Abb. 44 wird ein Vorschlag für den Aufbau eines Posters vorgestellt. Der Titel sollte groß gedruckt platziert werden. Angaben zum Autor und seinem Hintergrund vervollständigen die oberste Zeile. In einer Einführung werden mit maximal 60 Wörtern Anlass, Vorgehensweise und Ergebnisse der Arbeit für den eiligen Leser angeboten. Der Hauptteil mit Prinzip-, Ablauf- und Ergebnisdarstellung ist mit wenig Text vorrangig mit Abbildungen im Format DIN A4 zu gestalten. Dabei sind die Ergebnisse und Schlussfolgerungen auf wichtige Aspekte zu konzentrieren. Die Erläuterung von Umsetzungsaktivitäten sowie weiterführenden Arbeiten unterstreichen den Praxisnutzen der vorgestellten Arbeit. Aus gegebener Veranlassung können ausgewählte Referenzen und eine Danksagung an Förderer/ Kooperationspartner das Poster abrunden. Als Posterformat bewährt sich ein Gesamtausdruck A0 (84 x 119 cm). <?page no="116"?> 100 4 Kommunikative Situationen in der Lehre Abb. 44: Posteraufbau Abstract (Summary) Im Abstract erfolgt eine kurze, präzise Beschreibung des Inhalts der in Rede stehenden Arbeit. Beim Leser soll Interesse für die gesamte Arbeit und deren Ergebnisse geweckt werden. Bewährt haben sich Abstracts bei der Vorstellung von Beleg-, Projekt- und Prüfungsarbeiten sowie bei der Anmeldung von Publikationen und Tagungsbeiträgen. In Abb. 45 werden wesentliche inhaltliche Schwerpunkte eines Abstracts über eine wissenschaftliche Arbeit vorgeschlagen. <?page no="117"?> 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 101 Abb. 45: Abstract - inhaltliche Schwerpunkte Die Besonderheit des Abstracts kommt in folgenden Merkmalen zum Ausdruck: • Objektivität: Persönliche Wertungen des Inhalts sind ausgeschlossen, keine Rezension. • Kürze: 100 bis 150 Wörter, ohne Bilder und Zitate. • Verständlichkeit: Kurze Sätze, Verzicht auf wenig gebräuchliche Fachwörter, keine Füll- und Modewörter. • Genauigkeit: Inhalte der Originalarbeit genau wiedergeben. <?page no="118"?> 102 4 Kommunikative Situationen in der Lehre 4.3.7 Checkliste Präsentation Abb. 46: Checkliste Präsentation <?page no="119"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 103 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 5.1 Problemdarstellung Die Lehrtätigkeit von berufserfahrenen Fachleuten in der Weiterbildung ist weithin anerkannt und erfolgreich. Aber hin und wieder sind Dozenten mit dem Ergebnis selbst nicht zufrieden. Mitunter geben auch die Teilnehmer solche Signale wie • der Nutzen des Ganzen ist nicht zu erkennen, • die Theorie dominiert zu vordergründig, • die Darstellung ist viel zu kompliziert, • komplexe Sachverhalte sind unzureichend veranschaulicht, • der rote Faden ist nicht zu erkennen, • die Struktur wird nicht deutlich oder • die Überlast an Informationen kann nicht verarbeitet werden. Nun gibt es für alle diese Probleme keine Patentlösung, keine Rezepte, aber doch wohl auf Erfahrungen beruhende Empfehlungen. Ihre Beachtung kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen, ihre Kenntnis kann die Lehrtätigkeit bereichern. 5.2 Modell der Informationsverarbeitung Einen Ansatz für die folgenden Lösungsvorschläge liefert eine Antwort auf die Frage: Wie erfolgt der Informationsumsatz beim Menschen? Das führt zu weiteren Fragen: • Was wird vom Menschen wahrgenommen? • Was von dem Wahrgenommenen wird ihm tatsächlich bewusst? • Wie erfolgt das Abspeichern im Gedächtnis bzw. das Reaktivieren des Gespeicherten für das Handeln? Bevor mit Blick auf das in Abb. 47 dargestellte Grobmodell der Informationsverarbeitung nach Antworten auf die oben gestellten Fragen gesucht wird, soll kurz das Verständnis der Begriffe Information, Erfahrung, Wissen erläutert werden. <?page no="120"?> 104 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Informationen sind alle konstruierten, rekonstruierten bzw. neukonstruierten Wahrnehmungs- und Vorstellungsergebnisse, Erinnerungsresultate, Denk- und Problemlösungsprodukte. Sie haben den kognitiven Apparat (z. B. Arbeitsgedächtnis) durchlaufen und werden in den zugehörigen Strukturen (z. B. Langzeitgedächtnis) behalten. Auch die Erfahrungen sind Informationen. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die Person bei deren Erwerb selbst aktiv beteiligt war. Von Wissen spricht man dann, wenn nicht nur einzelne Informationen (z. B. Daten, Fakten) vorliegen, sondern diese mit weiteren Informationen in vielfältigen Beziehungen vernetzt sind. Bildung zielt u. a. auf den Erwerb eines gut vernetzten Wissens. Als Wissenserwerb versteht man die Aufnahme von im Arbeitsgedächtnis verarbeiteten Wissensbeständen in das Langzeitgedächtnis. Dies erfolgt durch die wiederholte Darbietung von Informationen (Übung) oder durch ihren geordneten und strukturierten Transfer. Das Grobmodell des Informationsumsatzes beim Menschen ist in Abb. 47 stark vereinfacht dargestellt. Danach werden Umweltreize über die Sinnesorgane auf sechs Kanälen sinnlich wahrgenommen. Die Wahrnehmung erfolgt allerdings nicht fotografisch. Sie wird im Ergebnis eines Selektionsprozesses individuell konstruiert. Nur ein geringer Teil der aus der Umwelt eintreffenden Informationen wird bewusst erfasst. Kenntnisse, Interessen, Motive, Einstellungen, Erfahrungen etc., d. h. das „innere Bild der Person von der Umwelt“, verkörpern die Auswahlinstanz. Das Wahrnehmungsergebnis wird außerdem durch Mustererkennungsvorgänge beeinflusst, die allerdings unbewusst verlaufen. Die ausgewählten Informationen fließen weiter in einen Kurzzeitspeicher. Hier wird kurzzeitig (etwa 15 Sekunden) eine bestimmte Informationsmenge (etwa 15 bis 20 Worte) gespeichert und nach bestimmten Prinzipien geordnet. Die hier gespeicherten Informationen sind dem Menschen bewusst, er kann sie benennen. Der Kurzzeitspeicher weist eine Registerstruktur auf. Danach laufen Informationen entlang der Zeitachse in das Register ein. Mit jeder neuen Information wird die alte in das nächste Register verschoben. Der Vorgang wiederholt sich, bis das Register insgesamt gefüllt ist. Der Umfang des Registers beträgt etwa fünf bis neun Informationseinheiten. Alle nachfolgenden Informationen verdrängen die ältesten aus dem Register. <?page no="121"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 105 Abb. 47: Grobmodell des Informationsumsatzes beim Menschen Durch stilles Wiederholen können Inhalte des Kurzzeitspeichers länger behalten werden. Bewährte Techniken dafür sind: • das erhaltende Wiederholen - beispielsweise beim Einprägen von Telefonnummern oder von Namen nach der Vorstellung und • das Chunking, d. h. das Bilden von Ähnlichkeiten oder persönlichen Bedeutungen - beispielsweise ist der Kurzzeitspeicher beim Speichern der Zahlenfolge 10121996 nahezu aufgebraucht; eine Zuordnung zu Tag, Monat und Jahreszahl (10. Dezember 1996) benötigt nur drei Chunks und ist deshalb leichter zu speichern. Für längeres Speichern müssen die Informationen in das Langzeitgedächtnis transferiert werden. Im Langzeitgedächtnis werden die bewusst gewordenen Informationen durch Gliedern, Organisieren, Verschlüsseln zeitlich und im Umfang unbegrenzt abgelegt. Die Vielzahl der hier gelagerten Informationen ist zunächst unbewusst, befindet sich in einem Ruhezustand. Dabei ist gleichgültig, ob es sich um Wahrnehmungsinhalte oder gespeicherte Begriffe handelt. Um die gelagerten Informationen aus dem Ruhezustand zu aktivieren, also bewusst in Erinnerung zu bringen, müssen die entsprechenden Informationen aufgefunden, entschlüsselt und in <?page no="122"?> 106 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen das Arbeitsgedächtnis transferiert werden. Das Aktivieren fällt umso leichter, je besser die Ordnungsmerkmale der gespeicherten Informationen bekannt sind - beispielsweise Zusammenhänge, Strukturen oder Gesetzmäßigkeiten, siehe dazu auch Kapitel 5.7, (4) Modellbildung. Im Langzeitspeicher werden unterschieden: • ein episodisches, bildliches Gedächtnis, also ein Gedächtnis für Einzelereignisse, an der die Person selbst aktiv beteiligt war (Erfahrungen), und • ein semantisches, begriffliches Gedächtnis, also ein Gedächtnis, das das organisierte Wissen der Person in sprachlich-begrifflicher Form enthält (Wissensnetze). Beide Gedächtnissysteme können interagieren. Von Fall zu Fall liegt einmal der Schwerpunkt auf der aktiven Erfahrung in einem bildhaften Speicherformat und anderenfalls auf dem vernetzten Wissen in einem semantischen Speicherformat. Zur Entlastung des Langzeitgedächtnisses bewähren sich externe Speicher (z. B. Bücher, Skripte, Datenbanken etc.), aus denen nach Bedarf Informationen abgerufen werden können. Erst durch den Transfer von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis in das Arbeitsgedächtnis entstehen bewusste Inhalte. Im Arbeitsgedächtnis erfolgt die Verarbeitung der aufgefundenen und entschlüsselten Informationen durch Abspeichern, Erinnern und Verknüpfen, je nach der konkreten Zielsetzung. Im Verknüpfen der Informationen vollzieht sich das Denken bzw. Problemlösen in engem Zusammenhang mit dem Langzeitgedächtnis und der Steuereinheit für das Verarbeiten. Das Verarbeiten von Informationen im Arbeitsgedächtnis setzt das Enkodieren (Aufnehmen), Speichern (Behalten) und Dekodieren (Erinnern, Abrufen) voraus. Dabei bezieht sich das Enkodieren auf das erstmalige Verarbeiten von Informationen, das Speichern auf deren Aufbewahrung und das Dekodieren auf das spätere Wiederfinden der gespeicherten Informationen. Nach F RITZ , A. et al. (2010, S. 84) leistet das Arbeitsgedächtnis • das Speichern jener wahrgenommenen Informationen, die aktuell benötigt werden, • das Koordinieren des Abrufens von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis mit den jeweils zu bearbeitenden Anforderungen, • den Dienst einer bewussten Zwischenstation der Informationen auf dem Weg in das Langzeitgedächtnis. <?page no="123"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 107 Neuere Untersuchungen zur Funktion des Arbeitsgedächtnisses verweisen auf eine Vielzahl von Prozessen, die durch Lernaktivitäten angeregt werden. So verweist u. a. R ENKL , A., 2015, auf die in Abb. 48 genannten und gekennzeichneten Funktionen. Lfd. Nr. Funktion Kennzeichnung 1 Verstehen (Interpretieren) Neue Informationen sind mit Bezug auf Vorwissen zu erklären. Im Arbeitsgedächtnis aufgenommene Daten werden erst zu Informationen, indem sie mit dem im Langzeitgedächtnis gespeicherten Wissen interpretiert werden. 2 Auswählen (Selektieren) Die wichtigsten, persönlich bedeutsamen Informationen werden ausgewählt. Aus einer kontrovers verlaufenden Diskussion werden die entscheidenden Informationen ausgewählt. 3 Einbauen (Implementieren) Neue Informationen werden in Zusammenhänge (neue und bestehende) eingeordnet. 4 Einfügen (Integrieren) Neue Informationen sind in das vorhandene Wissen einzuordnen. Sie sind strukturiert anzubieten und in vorhandene Strukturen einzufügen. 5 Verstärken (Intensivieren) Neue, wichtige Informationen sind mehrfach wiederholt anzubieten. Das Wiederholen sollte in möglichst wechselnden Zusammenhängen erfolgen. 6 Erzeugen (Generieren) Zum eigenständigen Schaffen neuer Informationen sind Anregungen zu geben. 7 Eigenständiges Steuern (Regulieren) Prozesse werden selbstständig geplant und Informationsdefizite ausgeglichen. Abb. 48: Funktionen des Arbeitsgedächtnisses <?page no="124"?> 108 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Die vom Arbeitsgedächtnis entsprechend der Zielsetzung abgegebenen Informationen äußern sich in einem offenen Verhalten und werden über die unterschiedlichen Kanäle der Signalisation in Aktion gebracht. Beim Vergessen geht man davon aus, dass es Unterschiede in der Abrufbarkeit von Informationen aus dem Gedächtnis gibt. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Informationen unterschiedlich alt sind, verschieden häufig genutzt werden und verschieden stark an das Selbstbild der Person angebunden sind. Die sehr komplexen und komplizierten Verarbeitungsprozesse der Informationen benötigen „Hilfen“ für ihre Steuerung und Kontrolle. Als solche Steuerungshilfen bewähren sich: • Aufmerksamkeit erzeugen, • Sinnbezüge herstellen, • Veranschaulichung sichern, • Fragen stellen, • Stoff beschränken, • Strukturierung anbieten, • Entlastung ermöglichen, • Orientierung geben, • Feedback gewährleisten, • Redeverhalten steuern. 5.3 Aufmerksamkeit erzeugen Aufmerksamkeit ist eine wichtige Voraussetzung für den Zugang der Informationen zum Kurzzeitspeicher sowie für deren Aufenthalt in diesem Speicher. Sie selektiert aus der Fülle der aus der Umwelt eintreffenden Informationen jenen Bruchteil heraus, der letztlich zum Zwecke des Behaltens, Erinnerns und Problemlösens weiterverarbeitet wird. Des Weiteren sichert Aufmerksamkeit die Art (Qualität des Wahrnehmens, Behaltens, Erinnerns usw.) und das Ausmaß (Dauer, Intensität) der Nutzung von Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses. Bei neueren Untersuchungen konnte in einer größeren Anzahl von Experimenten bestätigt werden, dass alle - auch die nicht beachteten - Informationen in das Langzeitgedächtnis fließen und dort semantisch angereichert werden. Erst dann kommt es durch Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einzelne Teilaspekte zur Auswahl aus dem Gesamtinformationsangebot. Der Transfer der selektierten Informationen in das Arbeitsgedächtnis führt dazu, dass sie bewusst werden. Ein <?page no="125"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 109 spezieller Aufmerksamkeitszustand ist die Konzentration. Sie ist durch ein hohes Ausmaß an genutzter Verarbeitungskapazität und eine starke Ausrichtung auf eine zu lösende Aufgabe gerichtet. H USSY , W. (2010, S. 68 ff.) unterscheidet zwischen unwillkürlicher und willentlicher Aufmerksamkeit. Bei der unwillkürlichen Aufmerksamkeit werden einige der zahlreichen Wahrnehmungseindrücke ohne eigenes Zutun bewusst. Sie unterliegen im Langzeitgedächtnis einem unterschiedlichen Grad der Aktivierung. Treffen die eingehenden Informationen auf bereits Bekanntes (beispielsweise auf die eigene Person bezogene Informationen - Selbstbild) tritt ein hoher Grad der Aktivierung ein. Wird dabei eine Aktivationsschwelle überschritten, findet der Transfer in das Arbeitsgedächtnis statt. Der Begriff oder das Ereignis wird automatisch bewusst. Einfluss auf das Überschreiten der Aktivationsschwelle, also auf das Bewusstwerden, haben: • die Voraktivation, die mit der Bedeutung, der Wichtigkeit einer Information oder eines Ereignisses für die Person steigt. ressen an. • der Signifikanzfilter, der die eingehenden Informationen an den stabilen Bedürfnissen und langfristigen Handlungsdispositionen der Person spiegelt. ten. • der Pertinenzfilter, der prüft, ob eine eingehende Information in einen Situationszusammenhang hineinpasst. Durch Aufmerksamkeit werden Informationen aber nicht nur unwillkürlich ausgewählt, sondern alle auf Erkenntnis gerichteten (kognitiven) Abläufe gesteuert und kontrolliert. Die willkürliche Aufmerksamkeit wird verstanden als Art und Ausmaß der Nutzung der Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses. Dabei bezieht sich die Nutzungsart der Verarbeitungskapazität auf den jeweiligen kognitiven Vorgang, der gesteuert und kontrolliert wird, beispielsweise Wahrnehmungsvorgänge, Gedächtnis- oder Denkprozesse. Unter dem Ausmaß der Nutzung versteht man die Dauer und die Intensität des Zugriffs auf die Verarbeitungskapazität. So ist beispielsweise bei einer intensiven Beschäftigung mit einer schwierigen Aufgabe das Ausmaß der Nutzung der Verarbeitungskapazität hoch. Konzentration ist ein bestimmter Steuer- und Kontrollzustand der Aufmerksamkeit. Sie ist durch eine weitgehende Ausschöpfung der Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses gekennzeichnet (z. B. Bearbeitung einer Klausur). <?page no="126"?> 110 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Konzentriertes Arbeiten ist dann erforderlich, wenn: • eine Problemstellung vorliegt, deren Lösung die sorgfältige Steuerung und Kontrolle vielfältiger kognitiver Prozesse (beispielsweise Erinnern, Analysieren, Verknüpfen) erforderlich macht und • die erfolgreiche Lösung für die Person bedeutsam ist. Konzentration lässt nach, wenn der Verarbeitungsprozess durch Störreize, wie Zeitdruck oder Ermüdung, beeinträchtigt wird. Empfehlungen Pausen einlegen - besser mehrere kleine verteilte Pausen als eine einzelne große Pause, Handlungsabläufe strukturieren, Handlungsabläufe automatisieren (benötigen dann keine Verarbeitungskapazität), klare Regeln vereinbaren. Die Konzentration des Teilnehmers auf eine Sache setzt ein Bewusstsein für diese Sache voraus. Er nimmt fortlaufend Informationen auf und bewertet diese, setzt sie in einen Kontext bzw. verbindet diese Informationen mit bereits Vorhandenem. Erhält der Teilnehmer neue Informationen, benötigt er Zeit, bis Verbindungen zwischen den neuen Informationen und schon vorhandenem Wissen hergestellt sind. Da die Aufmerksamkeit beispielsweise beim Vortrag in der Regel nach 15 bis 20 Minuten abfällt, ist sie an Aktivierung gebunden. Folgende Vorschläge können Aktivierung auslösen: (1) Steige problemorientiert ein Dahinter steht die Empfehlung, die Teilnehmer zu Beginn bei ihren Erfahrungen, Sorgen und Problemen abzuholen. Praxisfälle, Konflikte, Defizite, die für die Teilnehmer nachvollziehbar und bedeutsam sind, öffnen sie gleichsam für anschließende Grundlagen und theoretische Erläuterungen. Beispiel für einen Einstieg zum Thema: Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Softwarefehlern „Sie sind zum Akquisitionsgespräch vom Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens nach Berlin eingeladen. Vorsichtshalber geben Sie die Adresse des Unternehmens in Ihren Navigator ein. Aber statt in die Goetheallee führt Sie das Gerät in die Goethestraße, etwa 25 km <?page no="127"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 111 vom Unternehmensstandort entfernt. Ihr Termin ist in Gefahr - vielleicht platzt er gar. Die Ursache: Ein Softwarefehler! Nachgewiesenermaßen tritt nach 272 Zieleingaben gegenwärtig ein solcher Fehler auf. Ich möchte Ihnen im Folgenden Lösungsmöglichkeiten für die Fehlerprävention in Software-Innovationsprozessen vorstellen.“ (2) Erzeuge Spannungen Mit dem Aufbau von Spannungen soll die Reizwirkung der Informationen auf die Teilnehmer erhöht werden. Anderenfalls kommt Langeweile auf, mitunter wächst Enttäuschung aus nicht erfüllten Erwartungen. Für den Aufbau von Spannungen eignen sich folgende Techniken: Überraschung: Eine überraschende Information wird übermittelt. Opponierung: Eine Widerspruch auslösende Information wird angeboten. Pro/ Kontra-Darstellung: Informationen werden in einer Pro/ Kontra-Übersicht vermittelt. Zuspitzung: Information wird absichtlich kurzzeitig zugespitzt. Projektion: Aus gedanklichen Vorstellungen über Mögliches wird die Wirklichkeit von Wünschen entwickelt. Erlebnisschilderung: Verbindendes Erlebnis wird geschildert und die Information auf indirektem Wege übermittelt. Entscheidungsdelegierung: Entscheidungsfragen werden zur Beantwortung gestellt. Deblockierung: Dozent schildert eigene Fehler oder Vorurteile und deren Überwindung. Dramatisierung: Informationen werden in eine handlungsbezogene, dramatisch angelegte Geschichte gekleidet. Humorisierung: Mit Anekdoten und humorvollen Geschichten ist Auflockerung zu erzielen. <?page no="128"?> 112 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen (3) Biete Abwechslung an Ein weiterer Freund der Aufmerksamkeit ist die Abwechslung, ihr Feind ist die Monotonie. In der Vermittlung des Wissens ist zwischen Generellem (Abstraktem) und Speziellem (Gegenständlichem) sinnvoll zu wechseln. Bleibt der Dozent ausschließlich oder zu lange im Abstrakten, wird er die Teilnehmer bald ermüden, weil deren Erwartungen und Erfahrungen nicht ausreichend angesprochen werden. Reiht er andererseits nur Beispiele, Zitate und Anekdoten aneinander, werden weder seine Botschaft noch die Konturen seiner Aussagen sichtbar. Für den Wechsel zwischen Abstraktionsebene und Konkretisierungsebene im Vortrag bieten sich zwei Möglichkeiten an: • Der Dozent formuliert zuerst die Kernaussage und belegt sie dann mit Beweisen und konkreten Beispielen, um am Schluss das Wichtigste zusammenzufassen und zur Kernaussage zurückzukehren. • Der Dozent beginnt mit der Schilderung eines Konflikts, eines konkreten Beispiels und leitet daraus Schlussfolgerungen, Lösungsmöglichkeiten und schließlich eine Kernaussage ab. Mit dem mehrfachen Wechsel zwischen beiden Ebenen wird Monotonie im Vortrag vermieden. Die Teilnehmer erhalten auf diese Weise stets neue Aufmerksamkeitsimpulse. Das erfolgt auch durch eine Abwechslung schaffende Wort-Bild-Folge oder den Wechsel der Visualisierungsmedien. (4) Fordere Entscheidung heraus Durch ein Angebot von Alternativen, die für die Teilnehmer nachvollziehbar sind, werden die Teilnehmer zur Entscheidung aufgefordert. Ein solches Angebot ist ggf. durch Kriterien, Kennziffern zu ergänzen, die zur Bewertung befähigen (s. dazu auch 2.1.2 Element Ziel). Im Beispiel in Abb. 49 werden Kriterien für die Bewertung von Tragwerklösungen in einem Klinikum vorgestellt. <?page no="129"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 113 Abb. 49: Tragwerkslösung im Klinikum (5) Gestalte Sprechpausen Das Nachlassen der Aufmerksamkeit bedeutet immer auch eine Reduzierung der Kapazität des Kurzzeitspeichers. Pausen gliedern einen Vortrag, geben den Teilnehmern Zeit zum Nachdenken über das bisher Gesagte. Der Dozent gewinnt Zeit darüber nachzudenken, was er als Nächstes sagt. Neben der Einhaltung von Pausen vor der Beantwortung von Fragen und der Behandlung von Einwänden, sollten Pausen vor allem in folgenden Vortragssituationen eingehalten werden: • Zu Beginn des Vortrags: Ein längerer freundlicher Blickkontakt mit den Teilnehmern (ca. 5 Sekunden) trägt zu einer erwartungsvollen Spannung bei. • Vor und nach wichtigen Aussagen: Beispiel: „Die Ergebnisse der Untersuchungen haben alle Erwartungen übertroffen. - PAUSE (ca. 3 Sekunden) - Alle Versuche liefen positiv. - PAUSE - Das neue Programm kann jetzt eingeführt werden. - PAUSE - …“ <?page no="130"?> 114 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen • Zum Vortragsschluss: Beispiel: „Ich komme jetzt zum Schluss. - PAUSE (ca. 3 Sekunden) - Drei Behauptungen habe ich vorgetragen und belegt. - PAUSE - Zum ersten …“ (6) Beachte den biologischen Rhythmus Abb. 50: Leistungsbereitschaft über den Tagesverlauf Folgt man dem in Abb. 50 dargestellten Verlauf der Leistungsbereitschaft über den Tag, so kann tendenziell in den Vormittagsstunden und den späten Nachmittagsstunden bzw. frühen Abendstunden mit voller Aufmerksamkeit gerechnet werden. Deshalb sollten Vorträge/ Vorlesungen bevorzugt in diesen Zeiträumen platziert werden. Mit Übungen und anderen aktiven Formen kann man dem biologisch bedingten Leistungsabfall im Zeitraum zwischen 13.00 und 16.00 Uhr begegnen. Bei Vorträgen mit einer Zeitdauer von einer Doppelstunde sollten spätestens nach 30 Minuten Aktivierungsmittel eingesetzt werden. <?page no="131"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 115 Empfehlungen Wähle zum Einstieg das Ereignis, den Fall, den Konflikt. Führe vom praktischen Fall zur Theorie, vom Ereignis zum Allgemeinen. Baue Spannung auf. Biete Abwechslung an. Fordere Entscheidungen heraus. Halte Pausen ein und aus. Beachte den biologischen Rhythmus. Kleiner Exkurs: Humor in der Lehre Die Meinungen zum Humor in der Lehrveranstaltung gehen deutlich auseinander. Die einen meinen, dass die Lehrveranstaltung keine Unterhaltungsschau sei, in der die Teilnehmer bei Laune gehalten werden müssen. Andere berichten von ihren Erfahrungen, wonach durch Anekdoten oder Wortspiele die Teilnehmer einen leichteren Zugang zum Lehrinhalt erhalten (W ILKE , M.-K., 2016, S. 409). Den verschiedenartigen Meinungen liegt offenbar auch ein unterschiedliches Verständnis von Humor zugrunde. Weitgehende Akzeptanz findet die Auffassung von M C G EEH (in K ASSNER , D., 2002 b, S. 56), der den Humor versteht „als einen besonderen Gemütszustand, der durch eine besondere Sensitivität bzw. Wertschätzung gegenüber lustigen, absurden, inkongruenten oder komischen Ereignissen gekennzeichnet ist“. In diesem Verständnis sollte Humor durchaus in die Lehre einziehen. K ASSNER , D. (in VON C ARLSBURG , G. B., 2016, S. 412) unterscheidet zwischen positivem und negativem Humor. Positiver Humor steht im sinnvollen Zusammenhang mit den Zielen des Lehr-Lern-Prozesses. Er ist geprägt von einer „partnerschaftlichen Grundstimmung“ (V EITH , 2012, S. 9). Typische Erscheinungsformen sind Anekdoten, Wortspiele, Cartoons und auch Witze, sofern die nicht auf Kosten anderer gemacht werden. Der negative Humor hat in der Regel wenig Bezug zu den Zielen und Inhalten. Er polarisiert die partnerschaftlichen Beziehungen, produziert Angriffs- und Verteidigungsverhalten. Typische Formen sind Zynismus, Sarkasmus, Spott und Ironie, ausgenommen die Selbstironie. Insbesondere ist vor Bewertungszynismus zu warnen, wenn beispielsweise die Rückgabe einer fehlerhaften Studienarbeit <?page no="132"?> 116 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen mit einer überzogenen, intellektuellen Zurechtweisung „Ihre Arbeit beweist: Sie haben offenbar nicht alle Daten im Speicher.“ verbunden wird. Oder auch die herabsetzenden Umdeutung von Abkürzungen, wie beispielsweise die Kollegen von „F“ und „E“ (von Forschung und Entwicklung) zu Vertretern von F(erien) und E(rholung) abzustempeln (E RNST , O., 1977 S. 30 f.). Diese Pseudooriginalität ist meist persönlichkeitsverletzend und wendet sich am Ende gegen den Verursacher. Forschungen von K APLAN , R. M. und P ASCOE , G. C. (in VON C ARLSBURG , G. B., 2016, S. 415) in der Hochschullehre haben gezeigt, dass sich Studierende nach mehreren Wochen besser an die mit Humor gewürzten Veranstaltungen erinnern können als an die ohne. Humor hat mithin, so wird geschlussfolgert, positiven Einfluss auf das Aufnehmen und Behalten von Informationen. Der Autor erinnert sich noch nach einem halben Jahrhundert an jene Lehrer, die ihre Vorlesungen mit Anekdoten oder Wortspielen würzten. So endete beispielsweise eine Vorlesung über das Thema „Wasser“ mit dem Schlusssätzen: „Meine Damen und Herren, bedenken Sie bitte, was wären wir ohne Wasser? Wir könnten alle nicht schwimmen lernen und wie viele Menschen müssten dann ertrinken! “ Wenngleich Zynismus und Ironie häufig andere bloßstellen oder gar ausgrenzen, richtet Selbstironie selten Schaden an. Allerdings können die ausgelösten Reaktionen unterschiedlich ausfallen. Wie die folgenden zwei Beispiele zeigen: BEISPIELE: „Mich stört nicht, wenn einige während meiner Vorlesung ständig auf die Uhr schauen. Schlimm ist nur, wenn jemand sie schüttelt, um festzustellen, ob sie stehen geblieben ist.“ ... Schweigen, vereinzeltes Kopfschütteln. „Der Fachkollege, den ich soeben zitiert habe - übrigens in meinem Alter -, hielt den Vortrag letztes Jahr auf einer gemeinsam besuchten Tagung. Er war allerdings so gealtert, dass er mich gar nicht mehr erkannte.“ ... mit Verzögerung zunehmende Heiterkeit. Selbstironie ist allerdings nicht mit Selbstschuss zu verwechseln, den sich ein Dozent während seines Vortrags zur Technologie der Platin-Bearbeitung setzte und damit unbeabsichtigt Heiterkeit erweckte. So führte er aus: „Platin kann man walzen, fräsen und bohren. Platin kann man …“ Zwischenruf aus dem Auditorium: „Platin kann man auch schweißen! “ <?page no="133"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 117 Der Dozent wandte den Blick vom Manuskript, schüttelte den Kopf und erläuterte in längeren Ausführungen, dass Platin nicht geschweißt werden kann. Dann blickte er wieder in das Manuskript und fuhr im Vortrag fort: „Platin kann man auch schweißen.“ Der Autor hat in einem kleinen Büchlein Anekdoten aus dem Hochschulleben gesammelt, die anlassbezogen in der Lehre eingesetzt werden können (L EHMANN , G., 2011). 5.4 Sinnbezüge herstellen Eine wirksame Hilfe bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen ist das Herstellen von Sinnbezügen. Dabei werden Fakten und Daten in Zusammenhänge überführt, die für die Erfahrungswelt der Teilnehmer zugänglich sind. Durch das sinnhafte Verstehen lässt sich die Information leichter in das Langzeitgedächtnis und das Arbeitsgedächtnis überführen. Die in Abb. 51 dargestellte Lernkurve nach E BBINGHAUS belegt die Schlussfolgerung: Je sinnvoller das Lernmaterial, desto steiler die Kurve. Abb. 51: Lernkurve nach E BBINGHAUS (F RITZ , A., et al., 2010, S. 117) Reines Auswendiglernen, bei dem die Teilnehmer kein besonderes Interesse für die zu lernenden Wissensbestände aufbringen, führt zu isolierten Informationen. Die Beteiligung des Langzeitgedächtnisses und des dort gespeicherten (Vor)- Wissens führt dagegen zum besser erinnerbaren Schemawissen (siehe dazu auch Kapitel 5.7, Punkt (3)). gelernte Stoffmen- Zeit leicht gruppierbares sinnvolles Material schwer gruppierbares sinnvolles sinnfreies Material gelernte Stoffmenge leicht gruppierbares sinnvolles Material schwer gruppierbares sinnvolles Material sinnfreies Material <?page no="134"?> 118 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen BEISPIEL 1: Für eine Person A ist die Formel e = 2,718281828 eine Einheit, von der er weiß, dass es sich dabei um die Basis des natürlichen Logarithmus handelt. Für eine Person B, die das nicht weiß, besteht die Formel aus 12 Einheiten. Damit ist der Kurzzeitspeicher von B im Vergleich zu A um ein Vielfaches belastet und mit 12 Einheiten offensichtlich überlastet. Nun kann B geholfen werden durch das Zusammenfassen von einzelnen Elementen zu größeren Einheiten. Bezogen auf die Zahl „e“ bedeutet das: Die Ziffern 2 bis 9 hinter dem Komma bilden zweimal das Gründungsjahr der Technischen Universität Dresden ab - 1828, 1828. Damit reduziert sich die Formel auf 4 Einheiten - also e, 2,7 und zweimal das Gründungsjahr - und ist damit im Kurzzeitspeicher erfassbar. BEISPIEL 2: Bietet man einer Gruppe A die Abb. 52 mit dem Auftrag an, sich die dort dargestellten Begriffe mit entsprechender Kurzdefinition in einer Minute einzuprägen, so werden nach einer Stunde lediglich 30 bis 40 % davon reproduziert. Abb. 52: Begriffe in loser Folge angeordnet Einer Gruppe B wird in dem gleichen Zeitraum die Abb. 53 angeboten. Nach einer Stunde reproduzieren sie 70 bis 80 % der Begriffe und Definitionen. <?page no="135"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 119 Abb. 53: Begriffe in Verbindung gebracht Empfehlungen Reduziere umfangreiche Definitionen auf überschaubare Sinneinheiten. Vermittele Begriffe und Zahlen in Sinnzusammenhängen. Verbinde Kernaussagen möglichst mit dem Nutzen für eine definierte Zielgruppe mit Bezug zur Praxis. 5.5 Fragen stellen Die Frage hat eine aktivierende Funktion im Lehr-Lern-Prozess. Aber wer stellt die Frage? Die Antwort ist umstritten. So verweist A EBLI , H. mit Bezug auf G AUDIG , H. (1978, S. 216): „Was gibt es Unsinnigeres als jene Schulsituation, in der der Lehrer, der die Sache kennt, fragt, und der Schüler, der die Sache nicht kennt, antwortet? Gerade umgekehrt sollte es sein: Der Schüler soll fragen und der Lehrer soll antworten.“ Aber im Lehr-Lernprozess täuscht der Dozent, der an die Teilnehmer eine Frage stellt keineswegs vor, etwas nicht zu wissen, dass er ganz genau weiß und er fordert den Teilnehmer auch nicht auf über etwas Auskunft zu geben, dass ihm <?page no="136"?> 120 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen unbekannt ist. Vielmehr fordert er mit seiner Frage den Teilnehmer dazu auf, einen vorliegenden Gegenstand oder Sachverhalt unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkt zu betrachten. So schlägt beispielsweise die Frage „Warum? “ die kausale Betrachtung einer Erscheinung vor. Die Dozentenfrage soll also den Teilnehmer zum Erfassen einer Gegebenheit anleiten (A EBLI , H., 1978, S. 219). Im Beispiel der Abb. 54 soll die Dozentenfrage den Teilnehmern helfen, am Gegenstand einer mündlichen Befragung zu erkennen, dass vor allem zwei Faktoren das Antwortverhalten des Befragten beeinflussen. Abb. 54: Funktion der Dozentenfrage (in Anlehnung an A EBLI , H. (1978, S. 220) Also: Die Dozentenfrage löst eine Erweiterung der Sichtweise und damit ein tieferes Verständnis für den jeweiligen Gegenstand aus. Sicher gehört auch die Teilnehmerfrage zur Steuerungshilfe in der Lehrveranstaltung. Wie kann sie angeregt werden. Exemplarisch sollen hier zwei Möglichkeiten genannt werden: (1) Aufzeigen von Widersprüchen in gedanklichen Strukturen (Provozieren). So führen Informationen, die den bisherigen Erkenntnissen und Erfahrungen der Teilnehmer widersprechen zu kognitiven Konflikten, die entweder verdrängt werden oder eine Frage an den Dozenten auslösen. <?page no="137"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 121 (2) Darbieten von interessanten Ideen, Tatsachen oder Erscheinungen. In einem Seminar zum Thema Unternehmensstrategie fehlen den Teilnehmern zur Problemlösung Kenntnisse über die Umsetzung der von ihnen entwickelten Strategie. Der Dozent fordert Fragen heraus, indem er feststellt: „Ich kenne alle Implementierungstheorien. Fragen Sie mich, was Sie wissen wollen! “ Zurück zur Dozentenfrage. Sie beeinflusst Richtung und Tiefe der Verarbeitung, in dem sie Hinweise auf die Mitteilungsabsicht des Dozenten gibt. Durch die Dozentenfrage werden insbesondere bestimmte Verarbeitungsstrategien aktiviert, Möglichkeiten zur Anwendung des Erworbenen geboten und Grundlagen für die Selbsteinschätzung geschaffen (S CHMOTZ , W., 2011, S. 157). In Anlehnung an P ETERSEN , J.; S OMMER , H. (2014, S. 40) werden unterschieden: • Wissensfragen • Konvergente Fragen • Divergente Fragen • Gefühlsfragen • Ablauffragen • Rhetorische Fragen Wissensfragen erfordern das Wiedererkennen und Reproduzieren von gespeicherten Informationen zu Ideen, Gegenständen und Erscheinungen. Die kognitive Operation besteht im Erinnern. Beispiel: „Welche Planungselemente kennzeichnen den Lehr-Lern- Prozess? “ Die konvergenten Denkfragen erfordern die Analyse von erinnerten und/ oder vorgegebenen Sachverhalten und führen stets zu einem abschließenden Ergebnis. Analysieren ist die zentrale kognitive Operation. Beispiel: „Welche der fünf Theorien für die Implementierung einer Unternehmensstrategie ist für kleine und mittlere Unternehmen besonders geeignet? “ „Welche Faktoren bestimmen das Antwortverhalten während einer Befragung? “ Die divergenten Denkfragen ermöglichen es, unabhängig von den eigenen Vorstellungen in eine neue Situation einzudringen oder eine neue Perspektive zu eröffnen. Diese Fragen sind nicht auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtet. Die kognitive Operation besteht im Kreieren oder auch Phantasieren. <?page no="138"?> 122 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Beispiele: „Angenommen, Ihr Kapital würde sich um 30 % vergrößern, in welche Bereiche würden Sie zuerst investieren? “ „Stellen Sie sich vor, Sie müssten 30 % der Kosten senken, in welchen Bereichen würden Sie Veränderungen vornehmen? “ Gefühlsfragen dienen zur Verdeutlichung affektiver Aspekte des Themas mit der Aufforderung zu Gefühlsäußerung. Beispiel: „Stellen Sie sich bitte vor, man würde Sie im Fall X mangelnder Aufsichtspflicht beschuldigen. Wie fänden Sie das? “ „Inwieweit würde Sie das berühren? “ Ablauffragen helfen bei der Klärung organisatorischer Probleme im Unterricht bis hin zur Mitwirkung bei der Planung. Beispiel: „Wünschen Sie nach 45 Minuten eine kurze Pause oder nach 90 Minuten eine längere? “ Rhetorische Fragen werden zur Vermeidung von Fehlverhalten einzelner Teilnehmer eingesetzt, ohne dass der Dozent auf die Frage eine Antwort haben möchte. Beispiel: „Herr Müller, sind Sie eigentlich noch bei uns? “ Bei all diesen Fragen sind mit Blick auf das Phasenmodell in Abb. 55 zwei Empfehlungen zu ergänzen: Je nach Verständnis und Bereitschaft zur Beantwortung der Frage werden die dazu benötigten Informationen aus dem Gedächtnis abgerufen. Entweder wird durch den Informationsabruf ein Urteil gebildet oder bereits fertige Urteile werden aktiviert. Daraus entsteht die erste Antwort. Sie verlangt etwas Geduld vom Dozenten. Erscheint die erste Antwort für den Dozenten unvollständig, sollte er gezielt Nachfragen einsetzen. Damit kann das ursprüngliche Urteil präzisiert oder korrigiert werden. <?page no="139"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 123 Abb. 55: Phasenmodell der Fragenbeantwortung (in Anlehnung an H ÄDER , M., 2010, S. 202) Ebenso so wie die beschriebenen Fragen haben Dozentenimpulse eine aktivierende Funktion im Lehr-Lern-Prozess (M ACKE , G. et al., 2012, S. 82 f.). Im Unterschied zu diesen stellen Impulse Aufforderungen oder Anweisungen dar. Sie werden häufig in Verbindung mit den angestrebten Zielen geplant und sind geeignet, insbesondere die Erfüllung operationalisierter Ziele (s. Abschnitt 2.1.2) zu kontrollieren. In Abb. 56 werden Ansätze für zielorientierte Dozentenimpulse vorgestellt. <?page no="140"?> 124 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Operationalisierte Ziele Beispiele für Dozentenimpulse Erinnern Nennen Sie die wichtigsten Eigenschaften von … Verstehen Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen … Anwenden Übertragen Sie den Zusammenhang von … auf den konkreten Fall … Analysieren Vergleichen Sie das System A mit dem System B unter dem Aspekt … Bewerten Bewerten Sie die folgenden drei Lösungsvarianten für die … Kreieren Erstellen Sie nach der Veränderung von … ein neues Programm für … Abb. 56: Zielorientierte Dozentenimpulse Empfehlungen Versuche die wichtigsten Lernziele (abschnittsweise) mit Fragen abzudecken. Entscheide nach dem Lernziel, welche Fragen geeignet sind. Prüfe die Verwendung zielorientierter Dozentenimpulse. Erhöhe durch aufsteigende Fragefolge schrittweise die kognitiven Anforderungen. Reduziere durch absteigende Fragefolgen die Anforderungen bei Nichtbeantwortung der ersten Frage. Stelle präzise Fragen, die keine mehrdeutigen Interpretationen zulassen, z. B. nicht: „Was halten Sie vom Umweltschutz? “ Lasse ausreichend Zeit zur Beantwortung der Frage (Zähle bis 10). Reagiere belohnend oder bestätigend auf eine Antwort, vermeide negative Reaktionen. Siehe dazu auch 6.5.2 „Schweigende Gruppe“. <?page no="141"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 125 5.6 Veranschaulichung sichern (1) Visualisierung Das Visualisieren dient dem Veranschaulichen von Inhalten, insbesondere von komplexen und komplizierten Sachverhalten. Visualisieren bedeutet, diese Sachverhalte in eine bildhafte Form zu überführen. Damit soll den Teilnehmern beim Entwickeln geeigneter Vorstellungsbilder besonders zu abstrakten Sachverhalten geholfen werden. Gegenwärtig bestehen unterschiedliche Vorstellungen darüber, in welcher Form Informationen im Langzeitgedächtnis repräsentiert werden. Hier soll auf die Unterscheidung zwischen begrifflichen (sprachlichen) und bildhaften, episodischen Repräsentationsformat eingegangen werden. So lösen abstrakte Begriffe, mit denen keine Bilder bzw. bildhaften Vorstellungen verknüpft werden können, nur in einem kognitiven System Aktivitäten aus. Dem gegenüber führen konkrete, bildhafte, anschauliche Begriffe oder Ereignisse, an denen die Person selbst beteiligt war (Episode), in beiden Systemen zu Aktivitäten. Dieser Sachverhalt wird in Abb. 57 dargestellt. <?page no="142"?> 126 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Abb. 57: Grobmodell des Gedächtnisses Der Abb. 57 ist zu entnehmen: • Konkrete Begriffe werden gleichzeitig in einem begrifflichen Langzeitgedächtnis (Hirnhälfte A) und einem bildhaften, episodischen Langzeitgedächtnis (Hirnhälfte B) abgelegt. • Abstrakte Begriffe, die mit keinen bildhaften oder episodischen Vorstellungen verbunden sind, werden nur in der Hirnhälfte A gespeichert. So führt beispielsweise das Wort „Lilie“ nicht automatisch zu einer bildhaften Vorstellung und wird deshalb in der Regel allein in der Hirnhälfte A gespeichert. Demgegenüber wird das Bild „Lilie“ in beiden Hirnhälften abgelegt und führt zu einer doppelten Kodierung. Offensichtlich hinterlassen konkrete Begriffe, veranschaulichte, d. h., visualisierte, mit Vorstellungsbildern und Erfahrungen verknüpfte Informationen, mehr Spuren (duale Kodierung) und werden deshalb auch besser behalten. Deshalb bietet sich die Kombination beider Kodierungsformen (Bild und Wort) für den Lehrenden an. <?page no="143"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 127 BEISPIEL 1: Eine Turbinenanlage wird mit der ganzen Fülle ihrer einzelnen technischen Daten erläutert. Nunmehr sind Vorstellungsbilder zu den abstrakten Begriffen zu entwickeln, beispielsweise so: „Wie Sie den Zahlen entnehmen können, bewegen sich die Fügelenden der Turbine mit anderthalbfacher Schallgeschwindigkeit.“ Nunmehr hat auch der Zuhörer eine Vorstellung von der Leistung der Turbine. BEISPIEL 2: Der Begriff „Wissenschaftliche Argumentation“ ist zunächst abstrakter Natur. Zum Verständnis ist es dienlich, seine Bausteine und deren Zusammenhang mit dem in Abb. 58 dargestellten Waagemodell zu erläutern. Abb. 58: Waagemodell der Argumentation (in Anlehnung an E SSELBORG -K RUMBIEGEL , H., 2002, S. 99) (2) Didaktische Vereinfachung Eine einfache, überschaubare Bildgestaltung wird durch die didaktische Vereinfachung erreicht. Darunter ist der Übergang von einer differenzierten Aussage zu einer nur das Wesentliche aufbewahrenden Aussage (gleicher Gültigkeitsumfang über den gleichen Gegenstand unter gleichem Aspekt) zu verstehen. Krite- <?page no="144"?> 128 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen rium der zulässigen didaktischen Vereinfachung ist der widerspruchsfreie Übergang von der vereinfachten Aussage zurück zur Ausgangsaussage. Ziel der Vereinfachung ist eine Übereinstimmung von Lernvoraussetzung und Schwierigkeitsgrad herbeizuführen (L EHNER , M., 2012, S. 10). BEISPIEL 1: Bei der Erläuterung des Aufbaus eines technischen Gerätes (s. Abb. 59) bewährt es sich nach Augenscheinnahme des realen Objekts die Fülle der einzelnen Merkmale (differenzierte Aussagen) abzubauen und nur das Wesentliche abzubilden. Damit wird eine erste Vorstellung vom Gerät beim Zuhörer geschaffen. Auf diesem Grundverständnis können nun die Merkmale angereichert und der Übergang zum realen Objekt vollzogen werden. Abb. 59: Didaktische Vereinfachung Messuhr (in Anlehnung an H ERING , D., 1959, S. 88 f.) BEISPIEL 2: In gleicher Weise ist bei der Vorstellung von Abläufen vorzugehen. Die verbreitete Praxis, den Teilnehmern den Gesamtablauf mit allen Details in einem Zuge anzubieten, fördert nicht das Verständnis. Wie in Abb. 60 am Beispiel des Kalkkreislaufs dargestellt, geht es auch hier um Vereinfachung. <?page no="145"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 129 Abb. 60: Didaktische Vereinfachung Kalkkreislauf Erste Erweiterung Komplexe Darstellung Didaktische Vereinfachung <?page no="146"?> 130 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Auf diese Weise entsteht eine erste Vorstellung über den Ausgangszustand und über den Endzustand sowie über den Charakter der entsprechenden Vorgänge und Prozesse. Mit dem Ziel der methodischen Befähigung der Teilnehmer lässt sich die didaktische Vereinfachung mit dem methodischen Vorgehen sinnvoll verknüpfen. Für den Ablauf eines Verfahrens oder Prozesses werden folgende Schritte empfohlen: 1. Bestimme die Ausgangssituation und den angestrebten Endzustand. 2. Analysiere die Ausgangssituation in Bezug auf wesentliche Merkmale. 3. Beschreibe den Endzustand hinsichtlich der gewünschten Merkmale. 4. Vergleiche die analysierte Ausgangssituation und den beschriebenen Endzustand und charakterisiere den Übergang. 5. Lege die wesentlichen Schritte von der Ausgangssituation zum Endzustand fest. 6. Charakterisiere die festgelegten Schritte. Die beschriebenen Schritte beim Erkennen, Beschreiben, Gestalten und Vermitteln von Verfahren oder Prozessen sollte als stereotypisches Handlungsmuster der Teilnehmer ausgeprägt werden. Auch Analogien können das Umsetzen abstrakter Sachverhalte in bildhafte Vorstellungen unterstützen. Ein treffendes Beispiel bietet W AGNER , B. (2011) mit der Veranschaulichung des elektrischen Stromkreises durch Analogie zu einem Wasserkreislauf (s. Abb. 61). Abb. 61: Analogie - elektrischer Stromkreis und Wasserkreislauf (L EHNER , M., 2012, S. 146) <?page no="147"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 131 Hier entsprechen die Wasserrohre den Kabeln, die Pumpe der Batterie; die Ursache des elektrischen Stroms ist die Spannung. Allerdings müssen zugleich die Grenzen der Analogiebetrachtung angezeigt werden. Denn die Konsequenzen aus Leitungsbruch und Rohrbruch sind extrem unterschiedlich. Beim Einsatz von Analogien sollten mindestens zwei Bedingungen erfüllt sein: • Zuerst ist der jeweilige Sachverhalt zu behandeln, also z. B. der elektrische Stromkreis; und dann erst die Analogie, z. B. der Wasserkreislauf. • Im Lehr-Lern-Prozess muss zugleich eine prüfende Betrachtung der Analogie erfolgen, z. B. der Folgen einer Unterbrechung beider Kreisläufe (Leitungsbruch und Rohrbruch). (3) Bildgestaltung Für das Erstellen von Bildern als Folien oder in PowerPoint-Präsentationen haben sich die folgenden Gestaltungshinweise bewährt: • Einheitliches Layout festlegen (Platzierung von Logo, Farbwahl usw.). • Möglichst Querformat wählen. • Geeignete Schriftart/ -größe wählen (z. B. Times, Arial): Überschrift etwa 26 Punkt, Text 20 bis 24 Punkt, Fußzeile mit Informationen (Foliennummer, Dateiname usw.), nicht nur Großbuchstaben verwenden, nur eine Art der Hervorhebung verwenden (entweder kursiv oder fett oder farbig unterlegen), Abstand zwischen den Textzeilen lassen. • Höchstens drei Farben für Textfolien (Text, Hintergrund, Hervorhebungen). • Für gleiche Sachverhalte gleiche Farbe wählen. • Zahlenlawinen vermeiden. • Farben für Grafiken festlegen, Kontrast muss erkennbar sein. • Nur immer einen Gedanken auf einer Folie darstellen. • Längere Textpassagen, ausformulierte Sätze vermeiden. • Maximal sieben Textzeilen auf einer Folie platzieren. • Cliparts sparsam einsetzen (zum Strukturieren, zum Hervorheben oder als Ersatz für einen Text). <?page no="148"?> 132 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen (4) Fassliche Informationsfolgen Die Forderung nach Fasslichkeit in der Informationsfolge steht in enger Verbindung mit der unter Punkt (2) besprochenen didaktischen Vereinfachung. Im Kern geht es um das Anpassen der Vermittlung der Inhalte an den Bedarf (Nutzen) und an die Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit der Teilnehmer. Damit soll eine optimale Aneignung unterstützt und die Gefahr der Unter- oder Überforderung begegnet werden. Bei der Umsetzung bewähren sich die folgenden Regeln: • Vom Einfachen zum Komplizierten: Vom sachlich Einfachen zum sachlich Komplizierten voranschreiten, beispielsweise von einem Überblick über die Härteverfahren zu den Besonderheiten des Warmbadhärtens. • Vom Allgemeinen zum Besonderen: Von den allgemeinen Merkmalen eines Gegenstandes zu seinen einzelnen besonderen Merkmalen voranschreiten. • Vom Konkreten zum Abstrakten: Vom Einzelfall, Ereignis, Konflikt zum Zusammenhang, zur Verallgemeinerung, zur Theorie voranschreiten, aber auch von der realen Vielgestaltigkeit zum Herausheben wesentlicher Seiten (z. B. Modelle) oder von der Komplexität zur Gleichmäßigkeit (z. B. Idealisierung - konstanter Druck, homogener Werkstoff). • Vom Bekannten zum Unbekannten: Von Vorstellungen, Begriffen und Einsichten, die beim Teilnehmer vorhanden sind, zu ihm noch nicht bekannten voranschreiten, beispielsweise durch Analogiebildung. • Vom Nahen zum Entfernten: Von Inhalten ausgehen, die dem Teilnehmer auch erkenntnismäßig nahestehen, zu solchen voranschreiten, die ihm weniger nahestehen, wobei das Nahe das zeitliche oder räumlich Nahe sein kann. • Vom Leichten zum Schwierigen: Systematisches Steigern des Schwierigkeitsgrades, der Anforderungen in Abhängigkeit vom Lernfortschritt der Teilnehmer. <?page no="149"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 133 Empfehlungen 1. Visualisierung Entwickele geeignete Vorstellungsbilder, besonders zu komplizierten und abstrakten Sachverhalten. Drücke Wertschätzung durch einfache, überschaubare Bildgestaltung aus. 2. Didaktische Vereinfachung Reduziere die Vielzahl der Merkmale eines Gerätes oder eines Ablaufs und konzentriere die Darstellung auf das Wesen durch Vereinfachung. Sichere anschließend den widerspruchsfreien Übergang von der vereinfachten Aussage zur Ausgangsaussage. 3. Bildgestaltung Plane ca. zwei Minuten pro Bild für das Kommentieren und die Aufnahme durch die Teilnehmer Setze bei einer Vortragszeit von 20 Minuten ca. zehn Bilder ein. 5.7 Stoff beschränken Ein erhebliches Problem in der Lehre ist die so genannte Vollständigkeitsfalle. Insbesondere Fachexperten bewerten die Weitergabe von möglichst viel eigenem Wissen höher als die Vermittlung von ausgewähltem, stoffmäßig reduziertem Wissen (L EHNER , M., 2012, S. 22). Den Stoff begründet zu reduzieren ist eine wichtige Aufgabe der Didaktik bei der Bestimmung des Inhalts. Sie besteht in der Rückführung komplexer Sachverhalte auf ihre wesentlichen Elemente und deren Verknüpfungen mit dem Ziel, diese für die Teilnehmer überschaubar und begreifbar zu machen (L EHNER , M. 2009, S. 128). Stoffreduktion bedeutet also nicht Verwässern, Vergröbern oder gar Simplifizieren (G RÜNER , G. 1967, S. 86), sondern Konzentrieren auf das Wesentliche des Stoffs bei der Auswahl aus der Stofffülle. Was aber wesentlich ist, das wird maßgeblich durch folgende drei Faktoren bestimmt: • Das Ziel - Was sollen die Teilnehmer anschließend kennen, können; wie sollen sie sich verhalten? • Die Teilnehmer - Welche Vorkenntnisse, Erfahrungen, Interessen, Wünsche und Erwartungen bringen sie mit? <?page no="150"?> 134 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen • Die Zeit - Welcher zeitliche Rahmen steht zur Verfügung? Stoffreduktion bedeutet nicht einfaches Weglassen, sondern bezieht sich • sowohl curricular auf die quantitative Begrenzung, insbesondere (1) Konkretisieren und Operationalisieren der Lernziele (unter Beachtung der Voraussetzungen der Teilnehmer und des Zeitbudgets), (2) Auslassen von stofflichen Einheiten; • als auch vermittlungstechnisch auf eine qualitative Begrenzung, insbesondere (3) exemplarisch vorgehen, (4) Modelle bilden. In Abb. 62 werden die vier Techniken - ergänzt um das Vereinfachen (s. Kapitel 5.6 (1), (2)) - in Zusammenhänge eingeordnet. Dazu wird erstens deutlich zwischen Lehrstoff und Lehrinhalt unterschieden. Unter Lehrstoff ist hier das in der Gesellschaft verfügbare Wissen mit Bezug zum Lehrgegenstand zu verstehen. Der Lehrinhalt bezeichnet jenes Wissen, das mit Blick auf das Ziel, die Teilnehmer und die verfügbare Zeit aus dem Stoff ausgewählt wird. Zweitens ergeben sich aus der Unterscheidung von Komplexität und Kompliziertheit des Lehrstoffs die unterschiedlichen Techniken - einerseits zu dessen qualitativer und andererseits zur quantitativen Begrenzung. Fazit: Stoff beschränken ist nicht einfach gleichzusetzen mit Zeit beschränken, sondern soll zu einem Zuwachs an Befähigung, dem Entwickeln von Einstellungen, dem Korrigieren veralteter Auffassungen führen. <?page no="151"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 135 Abb. 62: Didaktische Reduktion (in Anlehnung an Lehner, M. 2012, S. 11) (1) Ziele konkretisieren und operationalisieren Mit Bezug auf die Ausführungen im Abschnitt 2.1.2 (Element Ziel) besteht in der eindeutigen Beschreibung von Zielen ein entscheidender Ausgangspunkt für eine konstruktive Stoffbeschränkung. Der Effekt wird befördert durch • das Abbilden der herauszubildenden Eigenschaften auf Tätigkeiten und soziale Interaktionen und • das Bestimmen zentraler Aufgabenstellungen bzw. Fragestellungen als Prototypen. Die konstruktive Stoffreduktion wird im folgenden Beispiel erläutert: Fachleute unterschiedlicher Profession sind nebenberuflich als Dozent in der Weiterbildung tätig. Sie haben Interesse an Empfehlungen für die Wirksamkeit ihrer Lehrtätigkeit im Rahmen eines zweitägigen Kurses. Überwiegend verfügen sie über keine oder nur geringe pädagogische Ausbildung, gleichwohl langjährige Lehrerfahrungen. <?page no="152"?> 136 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Die Schritte der Ziel-/ Inhaltsdifferenzierung des Kurses erfolgt nach dem Modell in Abb. 2, Abschnitt 2.1.3. Das Richtziel für den Kursus lautet: Entwicklung der Befähigung zur wirksamen Gestaltung der Lehre. Nunmehr sind die inhaltlichen Schwerpunkte auszuwählen, die für die Zielerfüllung geeignet erscheinen. In Abb. 63 sind wesentliche Strukturträger zum Thema „Lehre wirksam gestalten“ dargestellt. Abb. 63: Strukturträger zum Thema „Lehre wirksam gestalten“ Mit Blick auf die Voraussetzungen und Interessen der Kursteilnehmer (nebenamtliche Dozenten mit Lehrerfahrungen) und die verfügbare Zeit (16 Stunden) werden nun aus dem Angebot in Abb. 63 folgende inhaltlichen Schwerpunkte für den Kursus ausgewählt: • Orientierung, • Planung, • Steuerung, • Bildungsbereiche. Nach dieser Differenzierung und inhaltlichen Auswahl im Sinne einer deutlichen Beschränkung wird die Bestimmung der folgenden Grobziele möglich: • Leitorientierungen für das Gestalten der Lehre benennen und anwenden. • Planungsmodelle für die eigene Lehrpraxis bewerten. <?page no="153"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 137 • Steuerungshilfen in der Lehre anwenden. • Ausgewählte schwierige Situationen bewältigen. Zur Umsetzung dieser Grobziele wird die in Abb. 64 dargestellte weitere Differenzierung der inhaltlichen Schwerpunkte vorgenommen. Abb. 64: Auswahl und Detaillierung der inhaltlichen Schwerpunkte (Strukturträger) Auf der nunmehr erreichten Ebene der Detaillierung ausgewählter Strukturträger können Teilziele auf komplexe Aufgabenstellungen als deren Repräsentanten abgebildet werden - siehe Abb. 65. Ihre Lösung, die in einer Präsentation (Vortrag und Diskussion) vorgestellt wird, signalisiert Zielerfüllung. <?page no="154"?> 138 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Komplexe Aufgaben aus der eigenen Lehrpraxis 1. Gestalten eines Lehrgangs/ Lehrfachs/ Moduls in Anlehnung an das Modell in Kapitel 3.2 2. Gestalten eines Lehrtages/ Lehrthemas in Anlehnung an das Modell in Kapitel 3.3 3. Gestalten der Orientierungsphase in einem Lehrgang/ Lehrfach/ Modul 4. Ausschöpfen der Möglichkeiten für die Stoffreduktion in einer Lehreinheit 5. Einsatz aktivitätsfördernder Maßnahmen in einer Lehreinheit 6. Verständliche Text- und Bildgestaltung eines externen Speichers für eine Lehreinheit Abb. 65: Beispiele für komplexe Aufgabenstellungen Hinter dieser quantitativen Begrenzung des Inhalts steht eine Art „Zoom-Technik“: • von der Totalen - das Gesamtbild der Strukturträger (Abb. 63), • über das Zoom - die ausgewählten Strukturträger (Abb. 64), • zum Makro - die komplexe(n) Aufgabenstellung(en) (Abb. 65). (2) Auslassung Schließlich bietet sich auch die Auslassung als weitere Möglichkeit für das Reduzieren stofflich überfrachteter Lehrveranstaltungen an. Manch gewissenhafter Dozent wird diese Art der Stoffbeschränkung als Makel empfinden, nicht zuletzt auch deshalb, weil er dadurch die investierte Vorbereitungsarbeit als unnütz empfinden muss. Aber die Auslassung ist weniger ein Defizit als ein nützliches Instrument zur Entzerrung von Lernräumen (W ÖRNER , A., 2008, S. 38). Im Unterschied zu den anderen Möglichkeiten der geplanten didaktischen Reduktionen erfolgt die Auslassung situativ. Sie ist vor allem der themenbezogenen Aktivität der Teilnehmer geschuldet. Unter Aufgabe des Strebens nach „blinder“ Planerfüllung entlastet sie die Interaktion mit den Teilnehmern. Mit dem Verweis auf selbst anzueignende Inhalte durch Literaturhinweise, Teilnehmerskripte oder Aufgaben für das Selbststudium kann das Ausgelassene kompensiert werden. Damit wird die Präsenzphase entlastet und frei für Räume des miteinander Arbeitens. <?page no="155"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 139 Aus eigener Erfahrung kann ein „Auslassungsszenarium“ durch Gewichten des Inhalts (s. dazu Abschnitt 4.3.2) vorbereitet werden. Dazu wird der Inhalt in „Muss-Inhalte“: Strukturträger, Kernaussagen, Hauptargumente; „Soll-Inhalte“: Strukturelemente, Detailaussagen, Belege, Beweise, Kriterien; „Kann-Inhalte“: Beispiele, Szenarien, Zusammenfassungen, Wiederholungen gegliedert. Mit dieser Struktur im Hintergrund kann im Anlassfall die Auslassung vorgenommen werden - vorzugsweise in den Soll- und Kann-Inhalten. L EHNER , M. (2012, S. 100) verweist mit Bezug zur Auslassung auf die In-Out- Technik. Ihr liegt das einfache Prinzip zugrunde: „Immer wenn ein neuer Inhalt („IN“) hinzukommt, muss einer der bisherigen Inhalten weichen („OUT“). (3) Exemplarisches Vorgehen Ein gewichtiges Instrument der qualitativen Stoffbeschränkung oder auch didaktischen Reduktion ist das exemplarische Vorgehen in der Lehre. Hierbei geht es nicht um ein einfaches Weglassen von Stoffgebieten, sondern um das Erschließen eines Gesamtbereichs von einem in besonderer Weise geeigneten Teilbereich her. Am ausgewählten Teil wird das Ganze gespiegelt; vom Teil als Ausgangsposition ist das Ganze zu begreifen. Ausgehend vom geeigneten Einzelnen (einzelnes Ereignis, einzelne Erscheinung, einzelnes Gerät) ist das Allgemeine (Begriff, Geräteklasse, Erklärung, Theorie) aufzuweisen. Dabei ist zu sichern, dass das Exempel als solches gekennzeichnet und im System platziert wird. Das Beispiel in Abb. 63 zeigt, wie der Zweischaufelrührer als Repräsentant zahlreicher Rührerarten angesehen werden kann. Das Beispiel in Abb. 66 verdeutlicht das Entstehen eines semantischen Netzes als eine wirksame Form der Wissensrepräsentation. So müssen Merkmale, die allgemein auf Rührwerke zutreffen, wie beispielsweise Wirbelbildung oder Rührwiderstand, nicht für jede Art von Rührwerken neu gespeichert werden. Das gilt gleichermaßen für Merkmale, die allgemein für Rührwerke gelten. <?page no="156"?> 140 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Abb. 66: Zweischaufelrührer als Exempel für die Klasse der Rührwerke Als weiteres Beispiel sei auf die Liste der Härteverfahren von Edelstahl verwiesen. Sie enthält mehr als 50 Möglichkeiten, die eine erdrückende Stofffülle bietet und in ihrer Vielfalt schwer zu fassen ist. Deshalb wird exemplarisch das „Warmbadhärten“ herausgegriffen und gründlich die Folge der Verfahrenselemente „Erwärmen“, „Halten“ und „Abschrecken“ behandelt, eine Folge, auf die sich alle anderen Verfahren zurückführen lassen. Auf diese Weise entstehen Schemata, im Sinne eines begrifflichen Rahmens, einer kompakten Anordnung von Wissen über Gegenstände, Situationen oder Lebewesen. Alle Informationen, die gespeichert werden sollen, werden mit bereits gespeicherten Informationen verbunden und zu Einheiten, den Schemata, zusammengefasst. Solche Schemata entstehen beim Teilnehmer vor allem durch Übung, Elaboration (ausführliche und gründliche Verarbeitung von Informationen) und Strukturierung. Nicht nur in der Technik bewährt sich das exemplarische Vorgehen zum konzentrierten Erfassen des Wesentlichen. Auch in zahlreichen weiteren Lehrgebieten ist beispielsweise die Fallanalyse eine geeignete Methode zum Erfassen des Fundamentalen. Mit dem Ziel, am konkreten Fall verallgemeinerungsfähige Ergebnisse zu erarbeiten, wird eine reale Problemsituation aus dem fachlichen <?page no="157"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 141 bzw. beruflichen Bereich ausgewählt, die stellvertretend für eine Gruppe oder Klasse ähnlicher Fälle steht (M ACKE , G., 2012, S. 202). In der Abb. 67 wird ein Vorschlag für den Ablauf einer Fallanalyse in sechs Schritten vorgestellt. Dabei werden die Aktivitäten von Teilnehmern und Dozenten unter den Bedingungen der Gruppenarbeit gekennzeichnet. lfd. Nr. Schritte Kennzeichnung Dozent Teilnehmer 1 Vorstellen Ausführliche Darstellung des Falls und der damit verbundenen Entscheidungssituation Vortrag Nachfragen 2 Analysieren Untersuchen des Falls im Hinblick auf Probleme, Fragen, Widersprüche sowie das Beschaffen benötigter Informationen Beratung Gruppenarbeit 3 Diskutieren Entwickeln von Lösungen, insbesondere Schaffen von Lösungsvarianten Beratung Gruppenarbeit 4 Entscheiden Bewerten der Lösungsvarianten und Darstellen der Konsequenzen Beratung Gruppenarbeit 5 Verteidigen Vorstellen der Entscheidung (Lösung) und Führen einer Pro-Kontra-Argumentation Moderation Plenum 6 Überprüfen Vergleich der Lösung mit der Wirklichkeit und Überprüfen der Verallgemeinerungsfähigkeit auf eine Gruppe ähnlicher Fälle Moderation Vortrag Plenum Abb. 67: Ablauf einer Fallanalyse Beim Umsetzen dieser Schrittfolge wurden zu den Themen „Unternehmenswachstum (für den Fall eines mittelständigen Unternehmens im Maschinenbau)“, „Regionale Entwicklungskonzeption“ (für den Fall einer ländlichen Region in Brandenburg) und „Familienorientiertes Pflegen in der Palliativversorgung“ die angezielten Ergebnisse in jeweils vier Unterrichtseinheiten (á 45 Minuten) erreicht. <?page no="158"?> 142 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen (4) Modellbildung Eine weitere Möglichkeit der konstruktiven Stoffbeschränkung besteht in der Modellbildung. Unter Modellbildung wird hier die eine bewusst hergestellte, vereinfachte ideelle oder materielle Konstruktion (Ersatzobjekt) von einem zu untersuchenden oder zu vermittelnden Sachverhalt (Original) verstanden. Als didaktisches Instrument sollen Modelle den Aufwand zum Verständnis des Originals reduzieren. Deshalb enthält das Modell nur solche Aussagen über das Original, die für das Verständnis der Zielpersonen (Teilnehmer) von Bedeutung sind. Damit wird eine abkürzende und zusammenfassende Wirkung der Vermittlung erreicht. Modelle bilden Funktions-, Systems- und Strukturähnlichkeiten ab. Dementsprechend werden im Folgenden als Beispiele • Funktionsmodelle, • System- oder Verhaltensmodelle und • Strukturmodelle für die Vermittlung in der Lehre vorgestellt. Als Beispiel für Funktionsmodelle sind in den Abbildungen 65 bis 67 verschiedene Zusammenhänge von „Angebot und Nachfrage“ dargestellt. Dabei verdeutlicht Abb. 68 die Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP), die Abb. 69 die Auswirkung einer steigenden Nachfrage und die Abb. 70 die Auswirkung eines steigenden Angebots. Abb. 68: Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP) <?page no="159"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 143 Erkenntnis: Da die Preiswünsche von Abnehmern und Anbietern gegenläufig sind, stellt sich am Markt ein Gleichgewicht an der Schnittstelle von Angebot und Nachfrage ein. Abb. 69: Auswirkungen einer steigenden Nachfrage Erkenntnis: Eine höhere Nachfrage bei stabiler Menge lässt den Preis steigen. Abb. 70: Auswirkungen eines steigenden Angebots Erkenntnis: Ein höheres Angebot lässt den Preis sinken. <?page no="160"?> 144 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Für das Verständnis des Wirtschaftskreislaufs bietet sich das in der Abb. 71 dargestellte Systemmodell „Vollständige Wirtschaftskreislauf“ an (Quelle: www.rechnungswesen-verstehen.de). Abb. 71: Vollständiger Wirtschaftskreislauf ohne Eingreifen des Auslands (Quelle: www.rechnungswesen-verstehen.de) Das Modell verdeutlicht, dass in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft Geld- und Güterströme zwischen Haushalten, Unternehmen, Banken, Versicherungen und dem Staat fließen. Im Wirtschaftskreislauf einer offenen Gesellschaft wird das Ausland einbezogen. Für das Selbststudium können die Teilnehmer z. B. beauftragt werden, ein Modell des einfachen Wirtschaftskreislaufs zu entwickeln - das heißt: ohne Eingreifen des Staates und ohne Sparen oder Investieren. Das Strukturmodell in Abb. 72, als Ideengrafik zum Thema „Wachstumsressourcen für ein Unternehmen“ dargestellt, lässt eine klare Einteilung in Hauptgruppen und Untergruppen erkennen und kann bis hin zu den Einzelelementen ergänzt werden. Das Modell ermöglicht einen raschen Überblick über das Wesentliche und erleichtert das Speichern und Reproduzieren. <?page no="161"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 145 Auch hier kann den Teilnehmern beispielsweise als Aufgabe für das Selbststudium die Zuordnung von Einzelelementen zu einer oder mehreren Untergruppen gestellt werden. Abb. 72: Wachstumsressourcen für ein Unternehmen Empfehlungen 1. Ziele konkretisieren und operationalisieren Bilde im Ziel formulierte Eigenschaften auf Tätigkeiten und soziale Interaktionen ab. Bestimme komplexe Aufgabenstellungen bzw. Fragestellungen. 2. Auslassung Reduziere Stoffdarbietung situativ zugunsten der aktiven Zusammenarbeit mit den Teilnehmern. Prüfe die Strukturierung in Muss-, Soll- und Kann-Inhalte. Verweise die Teilnehmer auf Eigenstudienanteile mit Hinweisen auf geeignete Quellen. <?page no="162"?> 146 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 3. Exemplarisches Vorgehen Wähle aus der Vielzahl der Fälle das repräsentative Beispiel aus und stelle daran die für alle Fälle gültigen Aspekte dar. Eröffne aus dem Exempel heraus das System des betreffenden Stoffgebietes. Erwecke durch exemplarisch ausführliche Behandlung das Gefühl für Differenziertheit in anderen Fällen. 4. Modellbildung Unterstütze das Erkennen und Beherrschen eines komplizierten Sachverhalts durch eine vereinfachte Konstruktion des Originals. Passe das Modell an das Leistungsvermögen der Teilnehmer an. Prüfe die Möglichkeit, die Modellmethode auch als Bildungsinhalt einzusetzen. 5.8 Strukturierung anbieten Eine oft unterschätzte Steuerungshilfe bei der Verarbeitung von Informationen ist eine angemessene Strukturierung. Informationen werden im Langzeitgedächtnis in Strukturen abgespeichert. Werden sie mithin bereits strukturiert angeboten, wird ihr Behalten und die Transformation in das Arbeitsgedächtnis erleichtert. Das Strukturieren soll die neuen Informationen nach ihren Teilen und deren Beziehungen ordnen. Damit wird die Informationsfülle reduziert und der Abruf von Informationen über Strukturen gelenkt. Innerhalb eines neuen Wissensgebietes werden Ordnungsbeziehungen aufgedeckt. So bedeutet beispielsweise strukturiertes Vorgehen beim Erlernen eines Textes: • Hauptideen und Einzelheiten des Textes bestimmen, • Schlüsselwörter benennen und unterstreichen, • Zusammenfassung vornehmen, • Diagramme und • Gliederung erstellen. In Abschnitt 5.2 wurde ausgeführt, dass der Mensch i. d. R. etwa fünf bis neun Informationseinheiten (im Durchschnitt sieben Themenregister) im Kurzzeitspeicher halten kann. Dabei hängt dieses Maß natürlich vom Wissen des Betreffenden ab, das im Langzeitspeicher aufbewahrt ist. <?page no="163"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 147 BEISPIEL 1: Im Lehrverhalten sollte den Teilnehmern Begriffe geordnet angeboten werden. So fällt es beispielsweise schwer, die Begriffe Platin, Aluminium, Bronze, Saphir, Kalkstein, Silber, Kupfer, Diamant, Smaragd, Granit, Gold, Blei, Messing, Marmor, Eisen, Rubin, Schiefer im Kurzzeitspeicher aufzunehmen, geschweige alle zu behalten. Eigene Versuche zeigen, dass ihre Einordnung in ein System „Mineralien“, das Angebot einer Gliederung, das Aufdecken von Zusammenhängen (s. Abb. 73) Behaltensleistungen deutlich verbessern. Abb. 73: Strukturierung im System „Mineralien“ Das Beispiel zeigt: Die Informationsmenge, die der Kurzzeitspeicher aufnehmen kann, hängt wesentlich davon ab, in welchem Maße das Stoffangebot gegliedert erfolgt, Einheiten gebildet, Elemente zusammengefasst, Bezüge hergestellt werden. BEISPIEL 2: Das Aufdecken von Kategorien am speziellen wissenschaftlichen Gegenstand bietet weitere Ansatzpunkte für das Lösen des Stoff-Zeit-Problems und lässt Strukturen von Handlungen gewinnen. Solche Kategorien für das didaktische Strukturieren sind: Allgemeines - Besonderes - Einzelnes, Zweck - Mittel, Ursache - Wirkung, Struktur - Funktion, Bedingung - Bedingtes. <?page no="164"?> 148 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen In Abb. 74 ist am Beispiel „Spannen in Vorrichtungen“ die Strukturierung mit den Kategorien Zweck - Mittel dargestellt. Abb. 74: Strukturierung mit den Kategorien Zweck - Mittel (L ICHTENECKER , F. et al. 1965, S. 66) BEISPIEL 3: Eine Art der didaktischen Strukturierung wird durch das Mindmapping (Gedankenkarte) erreicht. Mit dieser Technik wird die Organisation des vermittelten Wissens zu einem Themenbereich, einem Vortrag oder einem Text unterstützt. In Abb. 75 ist dies am Beispiel des Wissensbausteins „Kooperative Führung“ dargestellt. <?page no="165"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 149 Abb. 75: Mindmap zum Wissensbaustein „Kooperative Führung“ Das Erstellen einer Mindmap erfolgt in vier Teilschritten: Schritt 1: Zentrales Thema in die Mitte des Blattes schreiben, Schritt 2: Schlüsselwörter zum Thema sammeln, Schritt 3: Oberbegriffe (Strukturträger des Themas) ermitteln und Schlüsselwörter den Oberbegriffen zuordnen, Schritt 4: Map verfeinern, Begriffe und ihre Beziehungen ergänzen bzw. präzisieren. BEISPIEL 4: Zahlenreihen, die von ihrer Länge die Kapazität des Kurzzeitspeichers übersteigt, können durch das Schaffen einer Ordnung schnell und dauerhaft behalten werden. Die Zahlenkolonne 5 8 1 2 1 5 1 9 2 2 2 6 ist so kaum zu behalten. Eine erste Strukturierungsmöglichkeit ergibt vier Zahlenblöcke mit je drei Zahlen: 581 215 192 226 <?page no="166"?> 150 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Mehr zum Behalten trägt das Strukturieren nach ansteigender Zahlenreihe bei: 5 8 12 15 19 22 26 Eine noch tiefere Erarbeitung des Zusammenhangs zwischen den Zahlen erfolgt dadurch, dass die Differenz zwischen je zwei Zahlen bestimmt wird. Auf diese Weise wird eine Gesetzmäßigkeit im Aufbau der Kolonne entdeckt: 5 8 12 15 19 22 26 3 4 3 4 3 4 Die erste Zahl (5) und die Kenntnis der Gesetzmäßigkeit (3, 4 - Periode) sichert das dauerhafte Behalten. Strukturieren heißt, von den vorgegebenen Ordnungsmöglichkeiten im Lernmaterial Gebrauch zu machen und die Ordnungsmerkmale beim Einprägen und bei der Wiedergabe zu nutzen. Zum begrifflichen Ordnen in einem Themengebiet eignet sich die Methode des Aktiven Strukturierens. Bei ihrer Verwendung, beispielsweise in der Orientierungsphase, wird unter aktiver Beteiligung der Teilnehmer und Moderation durch den Dozenten die begriffliche Strukturierung im Modul oder Lehrgebiet (u. a. visualisiert mit Hilfe von Mindmap) vorgenommen. Das führt zur besseren Orientierung und zum frühzeitigen Erkennen von Zusammenhängen. Auf diese Weise werden die Lernenden zum Strukturieren angeregt. Wenn sich dabei Befähigung herausbildet, werden Informationen besser gespeichert (siehe dazu auch Kapitel 5.2). Ein originelles, aber durchaus ernst zu nehmendes Beispiel liefert G ERLACH , G. (2019, S. 18). Er erlaubt seinen Studenten der Elektrotechnik ausdrücklich, einen selbstgefertigten Spickzettel (Format A4, beschriftet auf Vorder- und Rückseite) während der Klausur zu nutzen. Gut sortiert und strukturiert sollen sie sein, damit während der Prüfung auf den ersten Blick das Nötige zu finden ist. Erfahrung seiner Studenten: „Letztlich brauchte man den Spicker nicht mehr, weil man durch das Schreiben des Spickers den Lernstoff schon verstanden und behalten hatte.“ Das Beispiel ist ein Beleg für den Wert der strukturierten Aneignung von Wissen. <?page no="167"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 151 Empfehlungen Gebe frühzeitig inhaltliche Ordnung vor. Stelle Zusammenhänge her zwischen Argumenten, Begriffen und Fakten. Führe Elemente zu Einheiten zusammen. Biete Inhalte didaktisch strukturiert an in den Kategorien: Allgemeines - Besonderes - Einzelnes, Zweck - Mittel, Ursache - Wirkung, Struktur - Funktion. Prüfe den Einsatz der Methode „Aktives Strukturieren“. Arbeite mit Mindmapping zur Organisation des Wissens. Entdecke und vermittele Gesetzmäßigkeiten. 5.9 Entlastung ermöglichen Auch bei Maßhaltung überfordern die vermittelten Informationen nicht selten die Möglichkeiten ihrer sofortigen Speicherung. Deshalb muss Entlastung ermöglicht werden. Externe Speicher sind hier hilfreich, vor allem dann, wenn es sich um neue und/ oder komplexe Sachverhalte bei der Stoffvermittlung handelt. Externe Speicher, wie beispielsweise ein Skript zum Vortrag oder ein Handout in der Präsentation und nicht zuletzt der Computer, ermöglichen eine zwischenzeitliche Aufbewahrung der Informationen. Anforderungen an externe Wissensspeicher: • knappe und übersichtliche inhaltliche Gliederung, • logische Verknüpfung der Informationen, • Beschränkung verbaler Aussagen, • geringe Redundanz, • Verwendung von Tabellen, Diagrammen, Formeln, • gedanklich und zeitlich optimaler Zugriff für den Nutzer. Nach Ablauf der Präsenzveranstaltung können bei vorhandener Zeit die Informationen in kleinen Schritten aus dem externen Speicher in den biologischen Speicher überführt werden. Damit kann auch die situative Auslassung von Stoff kompensiert werden. <?page no="168"?> 152 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Bei der Abfassung von Teilnehmerskripten sollte auf Wortwahl, Satzgestaltung und Textverständlichkeit geachtet werden. (1) Wortwahl • Fachwörter im Verständnis erklären, • Fremdwörter sparsam einsetzen, • Fremdwörter in der richtigen Bedeutung verwenden, • Modewörter durch einfache Wörter ersetzen. (2) Satzgestaltung • Eindeutige Satzbezüge herstellen, • Satzlänge auf 20 bis 25 Wörter begrenzen, • jede Aussage im Satz auf maximal neun Wörter beschränken, • neben den Hauptsatz nicht mehr als zwei Nebensätze stellen. (3) Textverständlichkeit • Einfachheit durch Wortwahl und Satzbau erreichen, • Handlungsabläufe und Strukturen als innere Ordnung des Textes gestalten, • Handlungsabläufe und Strukturen als äußere Gliederung sichtbar machen, • zu gedrängte Darstellung ebenso wie zu weitschweifige Darstellung vermeiden, • anregende Zusätze (sparsam) einsetzen. Gute Erfahrungen gibt es mit Texten, die zweispaltig gesetzt sind. Kürzere Zeilen sind besser zu verstehen. Absätze werden dabei als Einheit erfasst und leichter gespeichert. Texte sind durch Bilder zu unterstützen. Auch Bilder im Text können schwer verständlich sein. Welche Merkmale hat eine verständliche Bildgestaltung? (1) Einfachheit • allgemein verständlich Bildsprache, • nur ein Thema im Bild, • Reduktion auf das Wesentliche, • wenig grafische Elemente, • sparsame Informationen. <?page no="169"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 153 (2) Gestaltung • an Erfahrung des Teilnehmers anknüpfen, • Prägnanz durch treffende Beispiele, • Ähnlichkeiten mit der abgebildeten Sache durch fotografische Genauigkeit oder gekonnte Vereinfachung, • Geschlossenheit durch einheitlichen Stil und grafische Mittel. (3) Stimulanz • originelle Gestaltung, • provozierende Aussage, • einprägsamer Stil, • humorvolle Ideen. (4) Textbezug • Sinnvolle Ergänzung der Textinformation durch das Bild mit geringer Redundanz. • Im Text wird das Bild erklärt mit gleicher Sprache, gleicher Symbolik und gleichem Ablauf. • Das Bild und die Textpassage sind als zusammengehörig erkennbar, z. B. durch Anordnung, Legenden oder Bildunterschriften. Empfehlungen Biete externe Wissensspeicher als Skripte, Studienhefte, Fachbücher, Datenbanken etc. an. Sichere die verständliche Gestaltung der entsprechenden Texte. Gestalte Bilder in Bezug zum Text verständlich. Achte auf Vollständigkeit (z. B. Legende). Arbeite mit Mindmapping zum Speichern des Wissens und zum Nachbereiten von Lehrveranstaltungen. <?page no="170"?> 154 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 5.10 Orientierung geben Orientierung wird hier in zweifacher Hinsicht verstanden. • Einerseits ist sie didaktische Maßnahme zur Entwicklung der Bewusstheit bei den Teilnehmern. Dazu gehören neben dem zeitlichen Ablauf: die Vorgabe der Ziele gemeinsamer Arbeit, möglichst in operationalisierter Form, also ausgedrückt durch zu lösende Aufgaben oder zu beantwortende Fragen; eine knappe Gliederung der inhaltlichen Hauptpunkte (ohne Differenzierung bis in die 2. oder gar 3. Dezimalstelle), Beispiele s. Abschnitt 4.3.2, Punkt (1); die Lern- und Arbeitsvereinbarungen für den Lehrgang oder ein Modul (s. dazu Abschnitt 6.5.2); die Einordnung des Themas in den Gesamtzusammenhang des Lehrgangs bzw. Moduls und das Aufzeigen der Schnittstellen zu anderen Themen; die vorgesehenen Arbeitsformen (Vortrag, Teamarbeit, Plenumsdiskussion, Selbststudium, Online-Phasen); die Art und der Zeitpunkt der Ergebniskontrolle. • Andererseits wird Orientierung selbst zum Aneignungsgegenstand. So wird beispielsweise Orientierung als Empfehlung für das Verhalten in schwierigen oder bisher unbekannten Situationen in engem Bezug zum Aneignungsgegenstand von den Teilnehmern in der Weiterbildung als Wert geschätzt (siehe dazu auch 2.1.3). 5.11 Feedback gewährleisten Die wechselseitige Kommunikation zwischen dem Dozenten und den Teilnehmern und der Teilnehmer untereinander impliziert immer auch ein Feedback für beide Seiten. Dabei bedeutet Feedback einzuholen nicht nur, sich gegenseitig zu bestätigen und zu loben, sondern auch Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik auszutauschen. Nur durch konkrete und möglichst exakte Beschreibung des Verhaltens ist es möglich, relativ wertungsfrei und damit „schuldfrei“ über das Verhalten des anderen zu sprechen. Dieser würde sonst das Feedback als angreifende Kritik interpretieren können und sich verschließen. Bei einem konstruktiven Feedback werden keine Machtverhältnisse ausgespielt, sondern eine partnerschaftliche Kommunikation praktiziert. <?page no="171"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 155 Damit die Rückmeldung nicht verletzend und damit auf die Beziehung störend wirkt, hat sich die folgende Grundstruktur bewährt: (1) Möglichst exakte Beschreibung des wahrgenommenen Verhaltens, frei von Schuldvorwürfen, durch Daten und Fakten. (2) Darstellung der Wirkung dieser Wahrnehmung auf die eigenen Gefühle, eigene emotionale Reaktion. (3) Formulieren der eigenen Wünsche/ Bitten zur Veränderung. BEISPIEL: Nicht so: „Unterbrechen Sie mich doch nicht ständig.“ Sondern so: „Sie haben mich jetzt dreimal unterbrochen.“ „Mich stört das sehr.“ „Bitte lassen Sie mich ausreden.“ Eine bewährte Form des prozessbegleitenden Feedbacks mit anderer Zielsetzung ist der geplante Einsatz einer Folge von Fragen. Ihre Beantwortung lässt • sowohl Vorkenntnisse • als auch erreichtes Verständnis in der Zusammenarbeit erkennen. Insbesondere vier Fragetypen unterstützen diese Funktion: (1) Offene Fragen: • Wer? , Was? , Wie? , Wo? , Warum? , Welche? , Wodurch? , Wie viele? • Beispiel: „Welche Erfahrungen haben Sie ...? “ „Was verstehen Sie unter ...? “ • Informationsgewinn, Anregung zur Antwort. (2) Geschlossene Fragen: • Antwortvorgabe beschränkt sich auf die Ja/ Nein/ Weißnicht-Antwortmöglichkeit. • Beispiel: „Sind Sie für die Variante A? “ • Veranlasst zur Entscheidung; gestattet kurze Feststellung. (3) Unterscheidungsfragen: • Ermöglicht konkrete Bewertung und Einschätzung. • Beispiel: „Welche der drei Varianten ist für den Fall B besonders geeignet? “ • Unterstützt Argumentations- und Entscheidungstechniken. <?page no="172"?> 156 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen (4) Hypothetische Fragen: • Nimmt Zukunftsszenarien vorweg und überprüft mögliche Alternativen und Konsequenzen. • Beispiel: „Mal angenommen, Fall B würde eintreten, was hätte das für Konsequenzen? “ • Erweitert bisherigen Denkrahmen und erschließt neue Lösungsmöglichkeiten. Empfehlungen zum Fragestellen: Einfache, dem Verständnis der Teilnehmer angepasste Fragen stellen, Antworten anerkennen, nicht sofort bezweifeln, Intensiv nachfragen, Aktiv Zuhören statt selber vorschnell antworten, Suggestiv- und Provokativfragen vermeiden. Gute Erfahrungen werden mit dem so genannten Minutenfeedback gemacht. Am Ende der Veranstaltung werden die Teilnehmer gebeten, auf einem Vordruck folgende drei Fragen mit jeweils zwei Sätzen zu beantworten: • Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie in dieser Veranstaltung gewonnen haben? • Welche Fragen beschäftigen Sie am Ende dieser Veranstaltung am meisten? • Was ist Ihnen in dieser Veranstaltung am wenigsten klar geworden? Aus den entsprechenden Antworten erfährt der Dozent sehr einfach und rasch, ob die Teilnehmer die zentralen Aussagen der Veranstaltung verstanden haben und wo gehäufte Verständnisschwierigkeiten auftreten. Empfehlungen Ein konstruktives Feedback sollte beschreibend sein, nicht bewertend, interpretierend oder Motive suchend, konkret sein, d. h. auf konkrete Situationen bezogen (nicht allgemein oder globalisierend), angemessen sein und somit nicht nur die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen, sondern auch die der anderen Personen, brauchbar sein, d. h. auf Verhaltensweisen bezogen sein, die der Empfänger zu ändern fähig ist, <?page no="173"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 157 erbeten und nicht aufgezwungen sein, zur rechten Zeit erfolgen, nicht aufgeschoben werden, klar und genau formuliert sein, korrekt sein; zur Vermeidung von Ungenauigkeiten mehrere Personen nach ihren Eindrücken befragen. 5.12 Redeverhalten steuern Alles was die Teilnehmer an der Person des Dozenten wahrnehmen, ist Information. Informationen liefern • die Sprache (verbale Aussagen), • die Sprechweise/ Sprechtechnik (Sprechtempo, Lautstärke, Stimmlage, Dialekt, Pausen), • die Körpersprache (Mimik, Blickkontakt, Gestik, Körperhaltung). Befragungen von Vortragenden verweisen auf eine häufige Unterschätzung der nonverbalen Ausdrucksmittel. Aber Sprechweise/ Sprechtechnik und Körpersprache bringen die verbalen Aussagen erst zur Wirkung. So, wie der Dozent redet, wird er von den Teilnehmern wahrgenommen. Und wie er wahrgenommen wird, so wird er behandelt. Deshalb sind das verbale und das nonverbale Ausdrucksverhalten gleichermaßen zu gestalten. Sprechtechnik Mancher Vortragende, dem die Zeit beim Vortrag „davonläuft“, versucht sich mit einer Erhöhung des Sprechtempos zu retten. Aber die Grenzen des Verstehens liegen bei etwa 400 Silben in der Minute; das entspricht etwa 125 Wörtern in der Minute. Wer schneller spricht riskiert, nicht mehr verstanden zu werden. Mit einem begründeten Wechsel der Lautstärke kann der Dozent Spannung erzeugen. Ständiges zu lautes Sprechen wirkt unangenehm und zu leises Sprechen strengt das Publikum über Gebühr an. Eine zu hohe Stimmlage wird häufig als unangenehm empfunden. Deshalb gilt: Besser tiefer als zu hoch, denn mit einer tieferen Stimme wirkt der Vortragende glaubwürdiger. Zu achten ist auf die richtige Satzmelodie, Fragen enden in einer höheren Stimmlage, beispielsweise: „Hätten Sie das gedacht? “ Ausrufesätze werden mit tieferer Stimme vorgetragen, beispielsweise: „Damit hatte keiner gerechnet! “ <?page no="174"?> 158 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen Die Aussprache sollte deutlich und frei vom Verschlucken der Endungen sein. Damit lässt der Dozent erkennen, dass ihm viel am Verständnis seiner Ausführungen gelegen ist. Die Verwendung des „äh“ oder des „ahm“ wird vor allem dann problematisch, wenn die Teilnehmer anfangen, sie zu zählen. Unterschiedliche Auffassungen gibt es zum Dialekt. Dialekt signalisiert Herkunft und die sollte man nicht verleugnen. Das gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man noch verstanden wird. Ein wichtiges Mittel der Sprechtechnik ist das Einhalten und Aushalten von Pausen. S TANISLAW J ERCYLEC hat das sehr treffend ausgedrückt: „Manchmal muss man, um sich Gehör zu verschaffen, einfach den Mund halten.“ Pausen gliedern einen Vortrag, geben den Teilnehmern Zeit zum Nachdenken über das soeben Gesagte und ermöglichen dem Dozenten darüber nachzudenken, was er als Nächstes sagt. Neben der Einhaltung von Pausen bei der Beantwortung von Fragen und der Behandlung von Einwänden sollten Pausen in den im Abschnitt 3.3, S. 42, Punkt (5) genannten Vortragssituationen eingebaut werden. Körpersprache Der Blickkontakt mit den Teilnehmern hilft, Botschaften von Person zu Person zu übermitteln. Er baut eine Brücke zu den Teilnehmern und hilft, deren Verhalten während des Vortrags einzuschätzen. Im Vortrag vor einer größeren Gruppe sollte man den Blick langsam wandern lassen, möglichst zwei bis drei Sekunden bei jedem verweilen, ohne sie zu hypnotisieren. Allerdings darf der Blickkontakt nicht auf einen Teil des Publikums reduziert werden. Blickt der Vortragende die ganze Zeit in sein Manuskript, auf die gezeigten Bilder oder über die Köpfe hinweg, fühlen sich die Teilnehmer nicht ausreichend oder gar nicht angesprochen. Angemessenes Lächeln während des Vortrags ist nützlich, denn die Teilnehmer werden den Vortragenden so anschauen, wie er sie anschaut. Lächeln mit den Augen zaubert ein Lächeln in die Augen der Teilnehmer. Allerdings wirkt ein stereotypes „Keep smiling“ auf die Dauer unangenehm, weil es aufgesetzt und unecht ist. Für manchen Vortragenden sind seine Hände ein Problem. Wohin mit ihnen? Erstens nicht in die Taschen, zweitens möglichst nicht zur Faust geballt, drittens nicht zu lange hinter dem Rücken und viertens nicht am Pult festgekrallt. Hände sind Sprechwerkzeuge, die man sehen muss, damit sie mitreden können. Am besten man lässt die Arme zunächst locker an beiden Seiten herabhängen. Dann kann man die Fingerspitzen beider Hände leicht in Bauchhöhe zusammenlegen. Später sollte man sie tun lassen, was sie wollen, allerdings nicht übermäßig her- <?page no="175"?> 5 Steuerungshilfen für Lehrveranstaltungen 159 umfuchteln und im vorgenannten Sinne Erstens, Zweitens, Drittens und Viertens vermeiden. Die Körperhaltung spricht während des Vortrages mit. Hier gilt die bewährte Regel: Kopf hoch, Brust raus. Wer die Schultern zurücknimmt und den Kopf leicht nach oben hebt, wirkt nicht nur selbstsicher, er wird auch gelassener vor die Teilnehmer treten. Stets sollte die Körperhaltung dem Publikum zugewandt sein. Niemals ist den Teilnehmern während des Erläuterns von Bildern der Rücken zu zeigen, immer zu den Teilnehmern sprechen, nicht zu den Medien. Die Körperbewegung sollte zwar maßvoll erfolgen, aber nicht durch ängstliches Verharren auf einer Stelle ersetzt werden. Mit Bewegung im Raum werden Aussagen unterstützt. Allerdings muss man für die Teilnehmer sichtbar und hörbar bleiben. Voraussetzung für das Bewegen ist, dass der Vortragende während der Lehrveranstaltung weitgehend steht, auch wenn alle anderen sitzen. Damit kommen seine Körpersprache und seine Argumente besser zur Wirkung. Ohne dass es dem Einzelnen bewusst wird, hört er aufmerksamer zu, wenn er zu einem Menschen aufschauen muss. Muss man deshalb dem Lehrer den Stuhl wegnehmen? Und die Zweifler verweisen darauf, dass „Vorleser“ immer sitzen; und die Zuhörer mucksmäuschenstill sind. Aber Lehre bedeutet nicht Vorlesen und die Teilnehmer sollen nicht still, sondern aktiv sein. <?page no="176"?> 160 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 6.1 Einführung Schwierige Situationen sind zunächst eine Abweichung von der Normalsituation. In vielen Fällen können sie mit den vorhandenen Mitteln und Erfahrungen rasch bewältigt werden. Aber Fachleute, die nebenberuflich eine Lehrtätigkeit ausüben, verfügen nicht immer sofort über das Methodenrepertoire, um unter den Bedingungen des Lehr-Lern-Prozesses angemessen zu reagieren. So lassen die Ablehnung einer Gruppenarbeit, das störende Verhalten einzelner Teilnehmer oder der Umgang mit einem ungünstigen Feedback Bedarf an entsprechender Handlungsorientierung aufkommen. Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess sind vor allem durch drei Merkmale gekennzeichnet (P ATTERSON , K. et al., 2012): • Es bestehen unterschiedliche Auffassungen bis hin zu gegensätzlichen Positionen zum Verhalten, zu Vorgehensweisen, zu Regeln oder Ergebnissen. • Der Unterschied in den Auffassungen ist mindestens für einen wesentlich; es steht etwas auf dem Spiel, die Klärung ist wichtig. • Die Situation ist durch hohe Emotionalität geprägt, das Gefühl, dass etwas stört, etwas unklar ist, etwas vom Normalen abweicht spielt eine wichtige Rolle. Natürlich kann man schwierigen Situationen aus dem Weg gehen oder auch ungeschickt agieren, was in der Regel unangenehme Folgen hat. Man kann aber auch diese Situationen geschickt meistern. In diesem Teil sollen dafür drei Repräsentanten für schwierige Situationen vorgestellt werden - das Problem, der Konflikt und die Krise. Für jede dieser drei Situationen wird ein kleines Angebot an Lösungstechniken unterbreitet. Wenn man es anspruchsvoll ausdrückt, könnte man von Problemmanagement, vom Konfliktmanagement und vom Krisenmanagement sprechen. 6.2 Das Problem 6.2.1 Kennzeichnung Probleme treten als Hindernis oder „negative Differenz“ zwischen einem Ist- Zustand und der Zielerreichung auf (C ONRAD , B. et al., 2003, S. 17). Sie führen <?page no="177"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 161 häufig dann zu schwierigen Situationen, wenn Dinge falsch verstanden bzw. interpretiert werden oder unkontrolliert reagiert wird. Im Folgenden werden zwei Techniken für die Problemlösung vorgestellt: • die kontrollierte Wahrnehmung und • der kontrollierte Dialog. 6.2.2 Kontrollierte Wahrnehmung Das Problem ergibt sich aus dem Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Danach werden alle aufgenommenen Informationen individuell an unserer aktuellen Situation, unseren Interessen und Einstellungen gespiegelt, entsprechend den internen Mustern interpretiert und im Ergebnis neu formatiert. Zugespitzt: Das, was wir wahrnehmen, entspricht nicht immer dem, was wir behalten und wie wir darauf reagieren. Entsprechende Reaktionen enthalten Problempotential, mitunter sogar Konfliktpotential. In Abb. 76 wird dieses Phänomen veranschaulicht. Abb. 76: Phänomen der Selektiven Wahrnehmung <?page no="178"?> 162 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess BEISPIEL: Die Veränderung von Informationen durch selektive Wahrnehmung wird mit folgendem Szenario demonstriert: Tatsächlicher Ablauf: Teilnehmer Müller wird bei der Auswertung von Belegarbeiten vom Dozenten Schneider darauf hingewiesen, dass seine Arbeit zahlreiche grammatikalische Fehler enthält. Müller ist ärgerlich darüber, dass er vor der Gruppe zurechtgewiesen wird und murmelt ein undeutliches „Ich bin doch kein Germanist.“ Sein Banknachbar Meier, der nicht gerade zu seinen Freunden zählt, kann ein schadenfrohes Grinsen ob der Kritik des Dozenten nicht unterdrücken. Während sich der Dozent einen Augenblick von Müller abwendet, streicht sich dieser verlegen über die Stirn. Wahrnehmung des Dozenten: Er hört ein undeutliches Gemurmel von Müller. Sieht, dass Meier ein Lachen nicht verbergen kann und, indem er sich wieder Müller zuwendet, nimmt er wahr, dass dieser die Hand an der Stirn hat. Interpretation des Dozenten: Schneider deutet seine Wahrnehmung aufgrund von Meiers Grinsen und Müllers Handbewegung zur Stirn so, dass sich die beiden hinter seinem Rücken über ihn lustig machen. Er interpretiert die Gesten von Müller und Meier so, dass sie gegen seine Person gerichtet sind. Gefühlsebene des Dozenten: Aufgrund seiner Interpretation der Situation wird der Dozent ärgerlich, fühlt sich verletzt, respektlos behandelt und reagiert ungehalten. Offensichtlich wird die Reaktion des Dozenten vom tatsächlichen Ablauf durch Wahrnehmung, Interpretation und Gefühle deutlich verfälscht. Wie sollte Dozent Schneider in dieser Situation sinnvoll reagieren? Die Wahrnehmung und die damit verbundenen Gefühle sind als ICH- Botschaft anzusprechen: „Ich habe den Eindruck, dass es zwischen uns eine Irritation gibt.“ Anschließend ist nachzufragen, ob die subjektive Interpretation richtig ist: „Stimmen Sie meiner Bewertung nicht zu? Habe ich einen Fehler gemacht? “ <?page no="179"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 163 Nur auf dieser Ebene kann das Problem geklärt werden, die falsche Interpretation aufgelöst und vor allem eine unangemessene Reaktion mit Ausweitung zum Konflikt verhindert werden. Auch in allen wichtigen Gesprächen zur Bewertung, Beurteilung, Prüfung, die der Dozent mit seinen Teilnehmern führt, sollte er seine Wahrnehmung dadurch schärfen, dass er • wichtige Aussagen wiederholt, • nachfragt, ob er richtig verstanden hat, und • Wesentliches notiert. Auf diese Weise werden Gesprächsinhalte korrekt wiedergegeben und bewertet. 6.2.3 Kontrollierter Dialog Ein kontrollierter Dialog kann mit der Technik der Transaktionsanalyse geführt werden. Diese Technik soll helfen • unterschiedliche Reaktionen von Menschen besser zu verstehen und • gegen negativ verlaufende Dialoge etwas zu unternehmen. In der Transaktionsanalyse wird das Verhalten und Erleben als Ausdruck wechselnder ICH-Zustände verstanden. Die Beziehungen zwischen Personen werden auf Handlungen zwischen den ICH-Zuständen zurückgeführt. Dabei ist der ICH- Zustand jeweils die Gesamtheit von zusammenhängenden Verhaltensweisen, Denkmustern und Gefühlen. Drei ICH-Zustände werden unterschieden: • Erwachsenen-ICH-Zustand, • Eltern-ICH-Zustand, • Kind-ICH-Zustand. Aus jedem der drei ICH-Zustände können Personen miteinander in Verbindung treten und jeder kann auf diese drei Zustände reagieren. S TEWART , J. und J OINES , V. (1990, S. 15 ff.) unterscheiden in der Transaktionsanalyse fünf verschiedene Kategorien innerhalb der ICH-Zustände, die in Abb. 77 dargestellt werden. <?page no="180"?> 164 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Abb. 77: Kategorien innerhalb der ICH-Zustände In der Transaktionsanalyse wird unterschieden zwischen • paralleler Kommunikation und • gekreuzter Kommunikation. Parallele Kommunikation findet danach immer dann statt, wenn der Adressat so reagiert, wie es der Absender erwartet. In Abb. 78 sind fünf Beispiele für parallele Kommunikation dargestellt. <?page no="181"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 165 Abb. 78: Parallele Kommunikation BEISPIEL: Der Verlauf des kontrollierten Dialogs könnte wie folgt ablaufen: Dozent bittet einen Teilnehmer, die Rolle des Moderators in der Gruppenarbeit zu übernehmen. Teilnehmer: „Warum gerade ich? “ - reagiert impulsiv (freies Kind-ICH). Dozent: „Ich habe verstanden, dass Sie von dieser Aufgabenzuteilung überrascht sind.“ - reagiert verständnisvoll (fürsorgliches Erwachsenen-ICH). Damit ist aber das Problem noch nicht gelöst. Deshalb sollte der Dozent nicht bei der bedingt erwartbaren Reaktion stehen bleiben, sondern mit einer Gegenfrage in das Erwachsenen-ICH führen: Dozent: „Wollen Sie es dennoch versuchen oder wollen wir gemeinsam überlegen, ob jemand anderes für diese Aufgabe besser geeignet ist? “ - Gegenfrage führt zum Nachdenken und Entscheiden (Erwachsenen-ICH). <?page no="182"?> 166 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Jetzt wird der Teilnehmer aktiv in die Lösung des Problems einbezogen. Er kann sich entscheiden, ob er die Aufgabe übernimmt oder einen anderen vorschlägt. Ein Streit wird vermieden, beide behalten ihr Gesicht. Abb. 79 veranschaulicht die beiden wesentlichen Empfehlungen zum Führen eines kontrollierten Dialogs: • Bedingt erwartbar reagieren (parallele Kommunikation), • Gegenfrage oder Alternativfrage stellen (in das Erwachsenen-ICH führen). Abb. 79: Führen des kontrollierten Dialogs Im Gegensatz dazu steht die gekreuzte Kommunikation in der Transaktionsanalyse. Sie verläuft immer dann, wenn ein Beteiligter nicht bedingt erwartbar, also parallel reagiert. BEISPIEL: Auf die Bitte des Dozenten, die Moderatorenrolle zu übernehmen, reagiert der Teilnehmer: „Warum gerade ich? “ Dozent: „Weil ich das so will und weil ich Ihre ständigen Vorbehalte nicht mehr hinnehme.“ <?page no="183"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 167 Also: Auf ein freies Kind-ICH folgt ein kritisches Eltern-ICH. Ein erwartbares Verhalten ist ausgeblieben. Ein Personenkonflikt deutet sich an, die Situation kann sich zuspitzen. 6.3 Der Konflikt 6.3.1 Kennzeichnung Im Unterschied zum Problem kommt es beim Konflikt zum Zusammenstoß widersprüchlicher Interessen, zum Widerstreit unvereinbarerer Positionen. Hier helfen dem Dozenten bewährte Techniken beim richtigen Umgang mit den Unterschieden. Auch im Lehr-Lern-Prozess treten solche Spannungssituationen auf, in denen die Teilnehmer untereinander oder im Verhältnis mit dem Dozenten versuchen, gegensätzliche Handlungen durchzuführen oder unvereinbare Ziele zu verwirklichen. Das Ergebnis sind Konflikte. Konflikte sind dadurch gekennzeichnet, dass • ein Gegensatz zwischen mindestens zwei Konfliktparteien besteht, • zwischen diesen Parteien eine Abhängigkeit in Form eines gemeinsamen Ziels, einer gemeinsamen Aufgabe vorhanden ist, • der Gegensatz mindestens für eine Partei oder für beide von hoher emotionaler Bedeutung ist und • deshalb argumentativ allein nicht zu lösen ist. • Der Gegensatz kann in der Beziehung der Konfliktparteien nicht ignoriert werden und seine Auflösung soll zur Befriedung der Beziehungen führen, nicht zur Harmonisierung. Gegensätze befrieden bedeutet, dass die Gegensätze fortbestehen können, aber es wurde ein Weg gefunden, nicht mehr über die Gegensätze in einem bestimmten Bereich zu streiten. BEISPIEL: Ein Teilnehmer kommt ständig verspätet in die Lehrveranstaltung. Der Dozent legt großen Wert auf Pünktlichkeit und ihn stört dieses Verhalten. Das ist ein Gegensatz. Angenommen, es gelingt dem Dozenten den Teilnehmer zum pünktlichen Erscheinen in seinen Lehrveranstaltungen zu bewegen, dann hat er den konkreten Gegensatz befriedet. Damit ist aber nicht gesagt, dass der Teilnehmer nun für alle Zeiten und in allen Lehrveranstaltungen bei allen Dozenten pünktlich erscheint. <?page no="184"?> 168 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 6.3.2 Verhaltensstile in der Konfliktlösung Der Entscheidung über das richtige Verhalten in der Konfliktlösung liegen zwei Richtungen zugrunde: • Geht es um die Aufrechterhaltung der Beziehungen zum Partner • oder um das konsequente Durchsetzen der eigenen Ziele? In Abhängigkeit davon, welche Richtung dominiert, lassen sich die in Abb. 80 dargestellten Konfliktlösungsstile unterscheiden. Abb. 80: Konfliktlösungsstile Stil A - Vermeiden/ Fliehen Grundhaltung: Der Gegensatz wird akzeptiert. Ärger und endlose Diskussionen sollen vermieden werden. Meistens löst sich der Gegensatz von selbst auf. Anwenden, wenn • in der gegenwärtigen Situation durch Aktivität nichts erreicht wird und • der andere auf Grund seiner Position keine Chance lässt. <?page no="185"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 169 Vermeiden, wenn • der Stil ständig angewandt wird und damit Konflikte unterdrückt werden, • die Sache eine Konfliktlösung unumgänglich macht. Stil B - Konkurrieren/ Vernichten Grundhaltung: Das Recht muss siegen. Deshalb gilt nur voller Einsatz für die Sache. Einer kann nur siegen und dabei sind alle Mittel erlaubt. Die Beziehung ist nebensächlich. Anwenden, wenn • ein bestimmtes Ergebnis entscheidend ist und Zeitdruck besteht oder • Unpopuläres das einzige Mittel zur Überwindung von Stagnation oder Rückschritt ist. Vermeiden, wenn • eine gesunde Beziehung langfristig wichtig ist oder • der andere sich mit dem Ergebnis identifizieren soll. Stil C - Nachgeben/ Unterwerfen Grundhaltung: Harmonie ist wichtig. Meinungsverschiedenheiten sind nicht hochzuspielen. Eigene Ziele werden dem gemeinsamen Ganzen geopfert. Anwenden, wenn • der Gegensatz aus persönlicher Sicht unbedeutend und • die Sache dem anderen gegenwärtig wirklich wichtiger ist. Vermeiden, wenn • auf diese Weise auf die Dauer eigene Ziele unter den Tisch fallen oder • der Betreffende im Recht ist, sich aber nicht durchsetzen kann und damit das gemeinsame Ganze unterdrückt. <?page no="186"?> 170 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Stil D - Feilschen/ Kompromiss Grundhaltung: Man kann nicht immer gewinnen. Jeder gewinnt und verliert etwas. Man kann es nicht jedem Recht machen. Anwenden, wenn • bei stark unterschiedlichen Positionen ein Ergebnis in kurzer Zeit erzielt werden muss oder • eine minimale Übereinkunft erzielt werden soll, die später noch einmal nachverhandelt werden kann. Vermeiden, wenn • eine nachhaltige Geschäftsbeziehung aufgebaut werden soll bzw. • ein ausgewogener Interessenausgleich erforderlich ist. Stil E - Integrieren/ Konsens Grundhaltung: Konflikte sind zum beiderseitigen Vorteil zu lösen. Dazu sind kreative Wege zu gehen, gemeinsam Ziele zu erreichen und für beide Seiten optimale Lösungen zu finden. Anwenden, wenn • genügend Zeit für die Gespräche und Entwicklungen vorhanden ist, • alle anschließend hinter dem Ergebnis stehen müssen und • die Art des Konflikts einen Konsens erfordert. Vermeiden, wenn • starker Zeitdruck herrscht oder • Misstrauen und keine Konsensbereitschaft vorhanden sind. <?page no="187"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 171 6.3.3 Konfliktlösungstechniken Für das Lösen von Konflikten, insbesondere für das Ändern des Verhaltens eines anderen, gibt es drei Techniken, die von A RBOLEDA , C., J. (2003, S. 211 ff.) nach der W INTERHELLER -Methode (2003, S. 15 ff.) entwickelt wurden und in Abb. 81 dargestellt sind. Allen diesen Techniken liegt die klare Entscheidung zugrunde, dass man ein bestimmtes Verhalten beim anderen nicht mehr akzeptiert. Abb. 81: Techniken des Konfliktlösens (in Anlehnung an A RBOLEDA , C., J., 2003, S. 211 ff.) Technik Feedback Die Technik des Feedbacks zielt auf die Veränderung eines Verhaltens des anderen, ohne Druck auf ihn auszuüben - gewissermaßen auf freiwilliger Basis (A RBOLEDA , C., J., 2003, S. 212). In Abb. 82 ist diese Technik in sechs Schritten dargestellt. <?page no="188"?> 172 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Abb. 82: Schrittfolge der Feedback-Technik Aus Abb. 82 sind drei wesentliche Merkmale der Feedback-Technik zu erkennen: (1) In der aktuellen Situation des Fehlverhaltens erfolgt keine Reaktion. (2) Es wird klar gesagt, was stört und wie man sich dabei fühlt. (3) Lösungsvorschläge oder Androhung von Konsequenzen werden vermieden - die freiwillige Änderung des Verhaltens wird erwartet. BEISPIEL: Ein Teilnehmer kommt ständig zu spät, sowohl zu Beginn des Lehrgangstages als auch nach jeder Pause. Den Dozenten, der Wert auf Pünktlichkeit legt und diese auch mit den Teilnehmern ausdrücklich vereinbart hat, stört dieses Verhalten. Heute wieder, 10 Minuten nach Beginn des Seminars erscheint der Teilnehmer mit dem Handy am Ohr. Wie reagiert der Dozent darauf? Entsprechend der Schrittfolge in Abb. 82 · entscheidet er, diese ständige Unpünktlichkeit nicht mehr zu dulden; · vermeidet er in der Akutsituation darauf zu reagieren; · erklärt er dem Teilnehmer in der Pause, dass er auf seine aktive Mitarbeit Wert legt; <?page no="189"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 173 · sagt er dem Teilnehmer, dass ihn dessen ständiges Zuspätkommen sehr stört und dass er sich dadurch nicht ernst genommen fühlt; · vermeidet er Konsequenzen zu nennen für den Fall, dass sich das Verhalten nicht ändert und erwartet, dass der Teilnehmer positiv reagiert; · anerkennt die freiwillige Verhaltensänderung und äußert Zuversicht. Technik Lichtschwert I Während die Feedback-Technik ohne Druck auskommt, wird bei der Technik des Lichtschwerts I sehr klar die Konsequenz für den Fall angekündigt, wenn die gewünschte Verhaltensänderung nicht eintritt (A RBOLEDA , C., J., 2003, S. 250 ff.). In Abb. 83 ist diese Technik in sechs Schritten dargestellt. Abb. 83: Schrittfolge der Technik Lichtschwert I Aus Abb. 83 ist zunächst eine weitgehende Übereinstimmung mit der Feedback- Technik zu erkennen, allerdings mit dem deutlichen Unterschied, dass jetzt Druck aufgebaut wird. Klar und unmissverständlich sind die Konsequenzen für den Fall anzukündigen, dass die gewünschte Verhaltensänderung nicht eintritt. Wesentlich ist dabei, dass die Konsequenzen nicht in der Akutsituation genannt werden, sondern erst nach gründlicher Überlegung und ggf. Abstimmung mit der Studienbzw. Lehrgangsleitung. <?page no="190"?> 174 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess BEISPIEL: In einem weiterbildenden Studiengang sind vier Belege anzufertigen. Teilnehmer Schulze hat bereits zweimal den Abgabetermin ohne Angabe von Gründen nicht eingehalten. Dazu gab es nach dem zweiten Versäumnis ein Gespräch (Feedback-Technik) mit dem Studienleiter, in dessen Ergebnis Schulze ab sofort Termineinhaltung versprach. Gestern war Abgabetermin für den dritten Beleg. Heute liegt die Arbeit von Schulze immer noch nicht vor. Wie reagiert der Studienleiter darauf? Entsprechend der Schrittfolge in Abb. 83 · entschließt er sich unwiderruflich, das Versäumnis nicht mehr zu dulden; · vermeidet aber sofort im ersten Ärger zu reagieren, sondern bestellt Schulze zu einem späteren Termin zum Gespräch; · bringt er das Interesse der Studienleitung zum Ausdruck, Schulze weiterhin das Studium zu ermöglichen und · erklärt dann in klarer, knapper und emotionaler Form, dass dieses fortwährende Versäumnis die Studien- und Prüfungsordnung verletzt und ihn persönlich sehr verärgert; · verkündet er die Konsequenz, die eintritt, sofern das Verhalten nicht geändert wird - z. B. verspätet eingereichte Belege werden nicht angenommen; · äußert sich zuversichtlich, dass Verhaltensänderung eintritt. Technik Lichtschwert II Lichtschwert II wird in Situationen empfohlen, wo mit Verhalten klar gegen grundlegende Regeln und Vereinbarungen verstoßen wird. In solchen Fällen ist aktiv einzugreifen (A RBOLEDA , C. J., 2003, S. 252 f). Jetzt gelten nicht mehr die Regeln des Feedbacks, jetzt wird nicht mehr auf eine entspannte Situation gewartet. Jetzt gilt nur eins: Den Verursacher rasch stoppen! In Abb. 84 ist diese Technik in vier Schritten dargestellt: <?page no="191"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 175 Abb. 84: Schrittfolge der Technik Lichtschwert II Aus der Schrittfolge in Abb. 84 wird der deutliche Unterschied zu den beiden vorgenannten Techniken deutlich. Jetzt wird in der Akutsituation eingegriffen, der Regelverstoß und seine Auswirkungen klar benannt und schließlich nach reiflicher Überlegung und Abstimmung die Konsequenz erklärt, die jetzt sofort gezogen wird. BEISPIEL: Während einer Klausur muss der Dozent feststellen, dass Teilnehmer Neumann unerlaubte Mittel benutzt. Ein offensichtlicher Betrug. Wie reagiert der Dozent? Entsprechend der Schrittfolge in Abb. 84 · lässt er sofort die Arbeit von Neumann an der Klausur abbrechen; · charakterisiert das Verhalten als Verstoß gegen bestehende Ordnungen und Vereinbarungen; · veranlasst Neumann zum Verlassen des Seminarraums und bestellt ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Gespräch; · teilt ihm in diesem Gespräch die mit der Studienleitung abgestimmte Konsequenz mit. <?page no="192"?> 176 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 6.4 Die Krise 6.4.1 Kennzeichnung Besonders schwierige und entscheidende Situationen werden als Krisen bezeichnet. Sie sind durch Überforderung der Beteiligten, instabile Emotionen, Hilflosigkeit und Resignation gekennzeichnet. Bisherige Muster und Abläufe für das Bewältigen der Situationen funktionieren nicht mehr, es gibt keine neuen Strukturen (C ONRAD , B., 2003, S. 18). Die Bewältigung der Krise verlangt das Eingreifen Dritter in den Lösungsprozess - beispielsweise durch Mediation. In einem strukturierten und ganzheitlichen Verfahren begleitet ein neutraler Dritter ohne Entscheidungsbefugnis - der Mediator - die Parteien auf dem Weg zur Konsensfindung. Insbesondere unterstützt der Mediator die Parteien beim Verständnis der gegenseitigen Positionen und Interessen und hilft beim Ermitteln von Optionen und Lösungsansätzen. Das Verfahren wird im Abschnitt 6.4.2 vorgestellt. Sofern Mediation nicht zur Beilegung der Krise führt, schlagen C ONRAD , B. et al. (2003, S. 18) das „aktive Eingreifen und Gestalten des Prozesses“ durch einen Krisenmanager vor. Seine aktive Rolle beim Krisenmanagement beinhaltet folgende Schwerpunkte: • Führen und Gestalten des Prozesses, • Treffen schneller und klarer Entscheidungen, • Sichern einer partnerbezogenen Kommunikation, • Akzeptieren von Emotionen, • Souveränes Umgehen mit schlechten Nachrichten, • Schaffen von gegenseitigen Vertrauen, • Konzentrieren auf lösungsorientiertes Handeln. Auch hier soll der Krisenmanager die Beteiligten befähigen, die erforderlichen Entscheidungen zur Beilegung der Krise zu treffen. Im Kontext des Lehr-Lern-Prozesses treten solche zugespitzten Krisensituationen seltener auf. Allerdings gibt es immer wieder Fälle, bei denen die Gruppe der Teilnehmer die Zusammenarbeit mit dem Dozenten aufkündigt. Erfahrungsgemäß können solche Konflikte die Streitparteien nicht selbst befrieden. Hier ist die Hilfe eines „Außenstehenden“, eines Mediators, erforderlich. Im geschilderten Fall ist das in der Regel der Studienleiter oder der Leiter der Weiterbildungseinrichtung. <?page no="193"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 177 6.4.2 Mediationsverfahren Mediationsverfahren in Weiterbildungseinrichtungen verlaufen in der Regel innersystemisch, d. h. eine Führungskraft handelt als Mediator. Er unterstützt als neutraler Dritter die Streitparteien ohne Entscheidungsabsicht bei der Konfliktlösung mit dem Ziel der Konsensfindung (s. Abb. 85). Abb. 85: Innersystemische Mediation ( VON H ERTEL , A., 2003, S. 215) Hauptschritte im Verfahren: (1) Mediation vorbereiten • Über Konflikthintergrund und Streitparteien informieren. • Hierarchien im Dozent-Teilnehmer-Verhältnis aufheben. • Keinen Zeitrahmen vereinbaren. • Alle Beteiligten einladen. (2) Verfahrensregeln erläutern • Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit, • Vertraulichkeit, • Neutralität und Allparteilichkeit. <?page no="194"?> 178 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess (3) Einzelgespräche führen, Konflikt analysieren, Entscheidungen treffen • Fragen stellen und aktiv zuhören. • Ehrlichkeit und Offenheit als Prinzipien vereinbaren. • Zwischentöne beachten. • Chancen der Meditation ermitteln. (4) Alle Beteiligten am Runden Tisch zusammenführen • Zielvereinbarung treffen: Konsens erreichen, keinen Kompromiss anstreben. • Als Mediator vor allem aktiv zuhören (beim Abarbeiten der Themenliste). • Gemeinsamkeiten herausstellen, Unterschiede benennen. • Interessen und Bedürfnisse feststellen, Wünsche erfragen. • Direkte Kommunikation zwischen den Parteien anregen. • Konstruktive Lösungsvorschläge im Brainstorming entwickeln lassen. • Gemeinsames Protokoll verfassen. (5) Vereinbarungen treffen und umsetzen • Wunschvorstellungen zum Konsens bestimmen. • Praxistauglichkeit vereinbaren. • Konsensvertrag schriftlich fixieren und unterzeichnen. • Intensive Nachsorge durch Mediator sichern. Dem interessierten Leser wird als eine andere Möglichkeit der kreativen Konfliktlösung die „Schritt-für-Schritt-Strategie“ in der Wirtschaftsmediation von W ITTSCHIER , B., M. (1998, S. 21 ff.) empfohlen. 6.5 Bewältigen von schwierigen Situationen 6.5.1 Kennzeichnung Die Wahrnehmung von schwierigen Situationen im Lehr-Lern-Prozess ist individuell verschieden. Die Lehre stellt den Dozenten vor unterschiedliche Anforderungen, denen er nicht immer aus sämtlichen Perspektiven der verschiedenen Teilnehmer hundertprozentig gerecht werden kann. So können unterschiedliche Interessen, Ziele, Persönlichkeiten, gruppendynamische Prozesse und Außeneinflüsse ebenso zu Störungen und Konflikten beitragen wie der Dozent oder der Lehrkontext. <?page no="195"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 179 Beim Umgang mit diesen Schwierigkeiten ist die Haltung des Dozenten sehr wesentlich. Im hier dargelegten Verständnis ist der Lehrende nicht nur Wissensvermittler und Prüfer, sondern immer auch Lernprozessbegleiter, Berater, Moderator, Coach. Dieses praktizierte Rollenverständnis trägt viel dazu bei, ob und wie schwierige Lehrsituationen entstehen, welchen Raum sie einnehmen und ob damit konstruktiv umgegangen wird. Die oft gestellte Frage, wie Störungen und Konflikte vermieden werden können, lässt sich zunächst wie folgt beantworten: durch ein sinnvolles didaktisches Konzept, ein wertschätzendes Lern- und Arbeitsklima sowie eine klare und anerkennende Lernprozesssteuerung. Es gibt eine Reihe typischer Situationen, die mit bestimmten Handlungsstrategien beherrscht werden können (W ÖRNER , A., 2008, S. 43 ff., S CHUMACHER , E.-M., 2011, S. 77 ff.). Typische schwierige Situationen sind beispielsweise: • Umgang mit dem eigenen Nichtwissen, wenn man eine Frage nicht beantworten kann; • geplante Arbeits- und Übungsformen werden abgelehnt oder führen zu einem ganz anderen als zu dem beabsichtigten Ergebnis; • hartnäckiges Schweigen von Teilnehmern, wenn diese keine Antwort auf die Frage geben und die geplante Diskussion nicht anläuft; • Störungen durch Nebengespräche, sowohl einzelner Teilnehmer als auch die „unruhige Gruppe“; • das Arbeiten in großen Sälen, in denen sich die Teilnehmer auf den hinteren Reihen verschanzen; • chronische Zeitknappheit in der Lehre; • das Verhalten unmotivierter Teilnehmer; • die mangelnde eigene Vorbereitung des Dozenten; • die Reaktion auf ungünstiges Feedback der Teilnehmer; • der Ausfall des Stroms bzw. der Technik oder Tonstörungen (Beispiel: Hupton in der PowerPoint-Präsentation). Das Bewältigen der schwierigen Situationen besitzt enormes Entwicklungs- und Verbesserungspotenzial, denn man lernt dabei und beim nächsten Mal läuft es besser (W ÖRNER , A. 2008, S. 44). Das Lehrgeschehen bewegt sich stets im Spannungsfeld von Gruppe, einzelner Teilnehmer und Dozenten. Von diesen Personen und dem Technikeinsatz gehen eine Reihe von Wirkungen aus, die auch zu schwierigen Situationen im Lehr- <?page no="196"?> 180 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Lern-Prozess führen können. Im Folgenden werden ausgewählte schwierige Situationen in der Lehre vorgestellt, die vornehmlich ausgehen von • der Gruppe der Teilnehmer, • einzelnen Teilnehmern, • den Dozenten, • der eingesetzten Technik. 6.5.2 Gruppe der Teilnehmer Vorbeugende Überlegungen: 1. In der Orientierungsphase ist eine klare Lern- und Arbeitsvereinbarung mit den Teilnehmern abzuschließen. Sie soll Transparenz und eine realistische Erwartungshaltung schaffen. Wesentliche Elemente einer solchen Vereinbarung sind (in Anlehnung an S CHUMACHER , 2011, S. 52 f.): • mit der Lehrveranstaltung sollen folgende Ziele erreicht werden: ... • Das werden wir erreichen, indem ... • Wie werden daher wie folgt vorgehen ... • Das heißt für mich, ich werde ... • Das heißt für Sie, Sie werden ... • In unserer Zusammenarbeit sollen folgende Regeln gelten: ... • Im Selbststudium werden Sie ... • Für Fragen und Begleitung stehe ich zur Verfügung ... • Folgende Beiträge, Belege, Leistungsnachweise führen zur abschließenden Leistungsbewertung ... Außerdem sind mögliche Störungen vorbeugend anzusprechen und klarzustellen, was es bedeutet, wenn Termine oder Vereinbarungen nicht eingehalten werden. 2. Die Teilnehmer sind frühzeitig miteinander zu vernetzen, denn je weniger sie sich kennen, umso schwieriger wird es im Umgang mit Störungen und Konflikten. Deshalb ist frühzeitig inhaltliches mit sozialem Lernen zu verknüpfen. Dazu ist Gruppenarbeit gezielt einzusetzen, professionell anzuleiten, zu begleiten und auszuwerten (s. dazu Kapitel 4.2). Insbesondere sind • Auftrag und Ziel, der Zeiteinsatz und der Weg der Gruppenfindung zu erläutern; <?page no="197"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 181 • die Arbeitsschritte Eröffnung der Gruppenarbeit, Einstimmen der Teilnehmer, Formulieren des Problems, Klären des Problemverständnisses, Ideensammlung, Strukturieren und Bewerten der Ideen, Aufbau des Maßnahmenplanes inhaltlich zu klären; • die Begleitung, Ergebnispräsentation und Ergebnissicherung zu verdeutlichen; • die Reflexion der Gruppensitzung mit Rückschlüssen für die künftige Gruppenarbeit anzuregen. Bei der Wahl der Teamgröße wird eine Orientierung an der Zahl 5 empfohlen (ermöglicht optimales individuelles Aktivitätsniveau). Empfehlungen für eine zügige Teambildung: • fünf nebeneinandersitzende Personen bilden das Team oder • Teilnehmer 1, 2, 3 durchzählen lassen und dann bilden alle Einser, alle Zweier, alle Dreier ein Team oder • Teammoderatoren für Gruppen festlegen, Gruppenmitglieder schreiben sich selbst ein. Bewährt haben sich komplementäre Gruppen - also beispielsweise: drei Teams bearbeiten drei verschiedenen Aufgaben - Expertengruppenmethode. Ausgewählte schwierige Situationen: Gruppenarbeit wird abgelehnt Teilnehmer entwickeln dann eine gewisse Gruppenarbeitsallergie, wenn Gruppenarbeit nicht professionell gestaltet wird und als eine Art Alibi- und Beschäftigungsfunktion wahrgenommen wird. Dabei haben sie erlebte Trittbrettfahrermentalität und Profilierungsneurosen in unangenehmer Erinnerung. Empfehlungen: In der Ausschreibung der Lehrveranstaltung über vorgesehene Formen der Zusammenarbeit (z. B. Wechsel von Dozenten-, Einzel-. Partner- Gruppen- und Plenumsarbeit sowie Ergebniskotrolle) informieren und darauf hinweisen, dass Bereitschaft zur Arbeit im Team vorausgesetzt wird. <?page no="198"?> 182 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess In der ersten Stunde Verständigung über Lernziele und die dafür notwendigen Arbeits- und Umgangsformen. Nicht ankündigen: „Wir machen jetzt eine Gruppenarbeit.“, sondern: „Wir befassen uns heute mit der Fragestellung XY und wollen dabei die Aspekte A, B und K näher beleuchten. Hierzu bitte ich die Teilnehmer L, M und N die Aspekte A, B und K für uns zu bearbeiten und die Ergebnisse anschließend zu präsentieren.“ Nach Vorgabe der passenden Arbeitsform nicht auf Methodendiskussion einlassen, Rückfragen gestatten, aber keine Verhandlung über Arbeitsform zulassen. Bei Verweigerung nicht ablassen oder einknicken, sondern inhaltliche und personenbezogene Probleme klären. Bei Zuspitzung methodische Wünsche der Teilnehmer aufnehmen: probehalber die geplante Arbeitsform einführen und Kritik zunächst zurückstellen, Alternativen erfragen: „Wollen Sie lieber A oder B? “ - nicht: „In welcher Form wollen Sie ...? “ Bei massiver Verweigerung Frage an die Teilnehmer: „Wie würden Sie sich das Thema erarbeiten? “ Den Teilnehmern ist die Schwierigkeit der Arbeitsformwahl bewusst zu machen. Gruppenarbeit misslingt Abweichung von den Standardmustern (Vortrag bzw. Vortrag mit Diskussion) birgt immer das Risiko in sich, dass etwas schief gehen kann, dass nicht das erwartete Ergebnis eintritt. Ursachen für das Misslingen können sein: • Aufgabestellung und/ oder Fachbegriffe werden nicht verstanden, • Arbeitsschritte werden nicht beherrscht, Rollenverteilung ist unklar, • Anweisungen zur Bearbeitungszeit und Ergebnispräsentation sind ungenau oder fehlen ganz, • Rolle des Dozenten während der Teamarbeit wurde zu Beginn nicht geklärt. Empfehlungen: Arbeitsauftrag verständlich formulieren und möglichst visualisieren. Teamfindungsphase aufmerksam begleiten, Missverständnisse klären, Arbeitsfähigkeit feststellen. Eigene Rolle als Ansprechpartner während der Teamarbeit betonen, Eindruck des Überwachens vermeiden. <?page no="199"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 183 Klärung des Ziel- und Problemverständnisses sowie kritikfreie Ideensuche unterstützen. Einhaltung des Zeitplanes einfordern, bei Zeitüberschreitung Bearbeitungsphase beenden und bis dahin erreichte Ergebnisse präsentieren lassen. Bei nicht erwarteten Ergebnissen für Mitarbeit danken, erreichte Ergebnisse anerkennen, mit Hinweise auf ursprüngliches Ziel prüfen, warum es zu Abweichungen gekommen ist. Schweigende Gruppe Das Angstbild des Dozenten; nach einem Vortrag oder auch im Seminar reagieren die Teilnehmer auf seine Fragen mit hartnäckigem Schweigen. Was ist zu tun? Zunächst ist zu akzeptieren, dass die Teilnehmer Zeit brauchen, um aktiv zu werden. Die Antwort des Teilnehmers ist ein voraussetzungsreiches Produkt. Dazu gehören • das Verstehen der Frage, • das in Beziehung setzen zum eigenem Wissen, • das Überlegen einer Antwort, • die Entscheidung zur Antwort. Deshalb sollte der Dozent den Teilnehmern eine Zeit des Nachdenkens, des Überlegens, des Suchens einer Antwort zubilligen. Empfehlungen: Nach dem Stellen der Frage mindestens bis zehn zählen und dabei Blickkontakt mit den Teilnehmern halten. Vermeiden von „Proforma-Fragen“, das bedeutet: Der Dozent antwortet gleich selbst um keine Zeit zu verlieren. Klare Aufforderung zur Beantwortung, sonst wird die Frage zur Floskel. Frage eventuell umformulieren, zuspitzen, mit einem Beispiel verbinden oder Auswahlantworten zur Entscheidung vorgeben. Fragen in der Lehrveranstaltung frühzeitig stellen, nicht nach 80 Minuten Vortrag, sondern nach zehn Minuten. Nach längerer Rede verfällt das Publikum in Passivität. Methode der „Buzz-Groups“ (Murmelgruppen) in der Einführung der Lehrveranstaltung oder zur Eröffnung der Diskussion praktizieren. Dabei tauscht <?page no="200"?> 184 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess sich jeder Teilnehmer leise etwa drei Minuten mit seinem Nachbarn zu einem Begriff oder einem Vorgang aus, beispielsweise: „Tempolimit ja oder nein? “ Anschließend werden die Ergebnisse im Plenum mitgeteilt. Gruppe geht räumlich auf Distanz Nach dem „Alle sitzen in der letzten Reihe-Effekt“ platzieren sich die Teilnehmer in größeren Räumen oft mit Vorliebe auf den hinteren Reihen. Das provoziert unnötige Distanz, schafft akustische Verständnisprobleme und stimmliche Überbelastung des Dozenten. Empfehlungen: Gehe den Teilnehmern nicht entgegen und trage nicht aus der Reihe vor. Bitte unmissverständlich darum, in die vorderen Reihen aufzurücken. Mache bei Zögern deutlich, wie man sich fühlt, über zehn Reihen hinwegschreien zu müssen. Wer hier einknickt, hat es schwer, den Verteilungseffekt später zu revidieren. Vermeide Machtdemonstrationen, die zu Trotzreaktionen führen können; erkläre, warum man so nicht arbeiten kann. Kläre Sitzverhältnisse als erste Amtshandlung, kein zaghaftes „Beim nächsten Mal …“. Relativiere: nicht dichtgedrängt in den vorderen Reihen sitzen, erste Reihe kann frei bleiben. Unruhige Gruppe Ziel der Zusammenarbeit von Teilnehmern und Dozenten ist die themenbezogene Aktivität der Teilnehmer, nicht die ungerichtete Nebenaktivität. Die themenfremde Aktivität von Teilnehmern wird durch unterschiedliche Faktoren bewirkt (W ÖRNER , A., 2008, S. 76 f.). Vom Dozenten nur schwer beeinflussbar sind: • Raumverhältnisse - z. B. große Vorlesungssäle mit vollbesetzter letzter Reihe, • Zeitliche Lage - Stunde nach der Mittagspause oder siebte und achte Stunde. Empfehlungen: Sprich die erschwerenden Umstände mit den Teilnehmern an. <?page no="201"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 185 Zeige Verständnis für die einschränkenden Bedingungen - didaktische Demut. Darüber hinaus geht Unruhe meistens von Einzelnen oder einzelnen Paaren aus. Solche „Unruheherde“ sind zu identifizieren und zu beobachten bevor interveniert wird. Empfehlungen: Vereinbare klare Verhaltensregeln mit den Teilnehmern. Identifiziere Unruheherde, erkunde und kläre die Ursachen dafür. Kurzzeitunruhe - informelle Klärungsgespräche zwischen einzelnen Teilnehmern - Dozent sollte das zulassen, nicht intervenieren. Längere Klärungsgespräche - egal ob themenbezogen oder themenfremd - Dozent sollte intervenieren. Verständnisprobleme - Klärung könnte für alle Teilnehmer wichtig sein - Dozent sollte Klärung herbeiführen. Teilnehmer bitten, Fragen zum Thema offen zu stellen, entweder innerhalb angebotener Frageräume oder in der aktuellen Situation. Meinungsführer identifizieren und gezielt ansprechen, bei diffuser Unruhe Blickkontakt halten, im Raum bewegen, Lautstärke variieren. Störungen in der Gruppen zurückspiegeln: „Mich stören Ihre Nebengespräche. Ich kann mir vorstellen, dass das hier auch andere stört.“ Frage an die Gruppe: „ Wie geht es Ihnen damit? “ Im Extremfall Rauswurf Einzelner diplomatisch durchführen: „Wenn Sie etwas themenfremdes zu besprechen haben, so bitte ich Sie, solange den Raum zu verlassen, bis Sie dies besprochen haben.“ Den Betreffenden dabei ansehen, bis er merkt, dass es ernst ist. Tipps: Ausführungen unterbrechen und schweigen, zum Störer herantreten, Störer fragen, was man in den letzten Sätzen gesagt hat, aber Vorsicht, Teilnehmer wird öffentlich bloßgestellt, Gruppe könnte sich mit ihm solidarisieren. <?page no="202"?> 186 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess „Schwarzes Loch“ im Vortrag Der Dozent findet keine Resonanz auf seine Ausführungen. Die Teilnehmer vermeiden Blickkontakt, haben sich offenbar vom Dozenten mehrheitlich geistig verabschiedet. Was tun? Hier bewährt sich die Technik des „Dreiklangs“ mit den Schritten: • Selbstoffenbarung, • offene Frage, • Reaktion (P ÜTZ , M., 2012, S. 119 ff.). Empfehlungen: Selbstoffenbarung: Vortrag unterbrechen, Visualisierung abschalten (B-Taste am Laptop drücken) und sich beispielsweise wie folgt offenbaren: „Ich merke, dass ich Sie mit meinen Ausführungen nicht mehr erreiche.“ Offene Frage: „Was kann ich tun? Was stört Sie? Was brauchen Sie? “ Reaktion: In Abhängigkeit von der Antwort Pause einlegen (Ermüdung ist häufige Ursache), Vorgehen erklären, Veränderungswünsche beachten, weiter wie bisher vorgehen. Zu große Gruppe Die Lehre in zu großen Gruppen (> 30 Teilnehmer) schränkt in der Regel die Gestaltungsmöglichkeiten für Teilnehmeraktivität ein. Strategien: • Buzz-Groups (Murmelgruppen) - Teilnehmer werden gebeten, im Rahmen von etwa fünf Minuten jeweils mit dem Nachbarn eine Auffassung zu einem Sachverhalt oder eine Definition für einen Begriff zu erarbeiten. Anschließend wird das Ergebnis abgefragt und diskutiert. Damit kann ein sanfter Übergang vom schweigenden Einzeldasein des Zuhörers zur gemeinsamen Diskussion in der Großgruppe geschaffen werden. • Hand-Hoch-Abfrage - geschlossene Frage wird bejaht, verneint oder ist nicht entscheidbar - wer einmal die Hand gehoben hat, ist auch zu weiteren Stellungnahmen bereit. <?page no="203"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 187 Gruppe verweigert die Zusammenarbeit Zweifellos liegt hier eine Extremsituation vor, in die Dozenten hoffentlich nur im Ausnahmefall geraten. Die Verweigerung kann sich in unterschiedlicher Weise äußern. Empfehlungen: Von einzelnen Teilnehmern kommen in massierter Form extreme Reaktionen in Form provokativer Fragen oder abwertender Bemerkungen - Dozent sollte in einer Pause mit den Betreffenden ein klärendes Gespräch führen und im Ergebnis gemeinsam über die weitere Zusammenarbeit, eventuell auch über den Verbleib in der Lehrveranstaltung entscheiden. In Fällen des Protests gegen das Ergebnis einer Leistungsbewertung, z. B. Prüfungsnote, empfiehlt sich das Einfordern des Protest in der Schriftform und auf dieser Basis, ein klärendes Gespräch am Tisch des Lehrgangsleiters bzw. des Leiters der Bildungseinrichtung mit Protokollierung der Ergebnisse. Sofern sich mehrere Teilnehmer provozierend äußern, wortstark protestieren, teilweise den Raum verlassen, sollte der Dozent sich zurückziehen und sofort die Lehrgangsleitung informieren. Jetzt muss der zuständige Leiter die Klärung einleiten. Jeder Teilnehmer wird um die schriftliche Abfassung seiner Kritik gebeten. Nach einer vereinbarten Frist erhält er dazu eine Antwort am Tisch des Lehrgangsleiters. Bei hartnäckigen Konflikten bewährt sich ein innersystemisches Mediationsverfahren mit einer Führungskraft als Moderator (s. dazu Abschnitt 6.4.2). 6.5.3 Einzelne Teilnehmer Vorbeugende Überlegungen: Jeder Mensch hat im Rahmen seiner Lernbiografie Strategien entwickelt, die sich beim Lernen mehr oder weniger bewährt haben. Dieser individuelle Lernstil entscheidet maßgeblich darüber, wie das in der Lehrveranstaltung Angebotene angenommen und verarbeitet wird. In Kapitel 3.3 sind die Lernstile • konkret, • analytisch, • kommunikativ und • autoritativ <?page no="204"?> 188 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess beschrieben. Alle vier Stile sind in der didaktischen Gestaltung eines Lehrgangs, Moduls oder Themas zu berücksichtigen. Sofern ihre Integration nicht erfolgt, können schwierige Situationen eintreten. Für die Berücksichtigung aller vier Stile in der Lehre bietet S CHUMACHER , E.-M. (2011, S. 48) dafür ein nützliches Modell an. Danach sollen die Teilnehmer eine Situation vorfinden, „die es zu analysieren und zu verstehen gilt (analytisch). Für diese Situation oder Anforderung gilt es eine Lösung zu finden (konkret). Die Analyse und Entwicklung bzw. Umsetzung findet tendenziell in der Kommunikation mit anderen statt (kommunikativ). Zugleich bewegt sich der Lernende immer in einem gewissen Rahmen, der durch Zeit, Budget und Vorgaben gesetzt ist (autoritativ).“ Auf diese Weise kann der Dozent in bestimmten Lernphasen auf bestimmte Lernstile fokussieren: • Er beginnt mit einem Vortrag (analytisch), • wechselt über in das Gespräch, in die Diskussion mit den Teilnehmern (kommunikativ), • bringt einen konkreten Fall oder eine praktische Aufgabe ein, die paarweise zu bearbeiten ist (konkret/ kommunikativ), und • gibt den Rahmen für die Herangehensweise an und nimmt zum Schluss eine fachliche Einordnung vor (autoritativ). Der Dozent sollte dieses Gestaltungskonzept, beruhend auf der Integration aller vier Lernstile, zu Beginn einer Veranstaltungsreihe mit seinen Teilnehmern besprechen. Ausgewählte schwierige Situationen: Störendes Verhalten Störendes Verhalten einzelner Teilnehmer gegenüber dem Dozenten und den anderen Teilnehmern äußert sich beispielsweise in ständiger Unpünktlichkeit, Unaufmerksamkeit, andauernden Nebengesprächen, signalisiertem Desinteresse, im „Nichtstun“. Wie reagiert der Dozent darauf? Zunächst sollte er nicht jede negativ erscheinende Reaktion auf sich beziehen, darin keine persönliche Beleidigung empfinden, keine Nichtachtung des Vortragsinhalts und schon gar keine Provokation vermuten. Viele der so genannten „Undisziplinierten“ haben sehr persönliche Gründe für ihr Verhalten, die nicht die Person des Dozenten betreffen. Sofern sich der Dozent entschlossen hat, das konkrete störende Verhalten nicht mehr zu dulden, gelten die folgenden Empfehlungen. <?page no="205"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 189 Empfehlungen: Vermeide in der Akutsituation die spontane Zurechtweisung und mach keine abfälligen Bemerkungen zynischer Art. Suche in einer Pause das persönliche Gespräch, erkläre, was dich stört und wie das auf dich wirkt. Erwarte eine einsichtsvolle Reaktion (s. dazu 6.3.3 „Feedback“). Bleibt diese Reaktion aus, nenne nach vorheriger Überlegung Sanktionen, die erfolgen, sofern die Verhaltensänderung nicht eintritt (s. dazu 6.3.3 „Lichtschwert I“). Greife bei fortgesetzten oder extremen Störungen in der Akutsituation ein, verbiete diese, veranlasse die Sanktion aber erst nach Bedenkzeit (s. dazu 6.3.3 „Lichtschwert II“). Verweise bewusste Störer im persönlichen Gespräch auf die Bedeutung des Themas für alle Teilnehmer und die Autorität der Gruppe. In der Weiterbildung sind „unmotivierte“ Teilnehmer selten anzutreffen. Ihr Desinteresse bezieht sich dann meistens auf einzelne Lernangebote. Für deren Gestaltung werden folgende Empfehlungen gegeben: Decke den Bezug zur beruflichen und Lebens-Praxis auf, verdeutliche den konkreten Nutzen für den Teilnehmer. Erhöhe die Verständlichkeit des Stoffs durch praktische Beispiele und konkrete Situationen. Beziehe Beispiele/ Situationen auf Aktuelles, verdeutliche die aktuelle Relevanz des Vergangenen. Verdeutliche den Anwendungsbezug des gelösten Problems/ der erfüllten Aufgabe. Mache den Gegenstand, beispielsweise theoretische Grundlagen, als Voraussetzung für weiteren Nutzen verständlich. Lasse die Prüfungsrelevanz des Stoffs erkennen. Vielredner Ein Teilnehmer aus der Gruppe redet pausenlos, stellt ununterbrochen Fragen, so dass die anderen nur selten zu Wort kommen. Sollte der Dozent den Vielredner unterbrechen und ihn auf sein „Fehlverhalten“ hinweisen oder sollte er grund- <?page no="206"?> 190 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess sätzlich jeden Teilnehmer solange reden lassen, bis alles gesagt ist? Eine schlüssige Antwort kann im Grunde erst gegeben werden, wenn man festgestellt hat, ob der Betreffende wirklich so viel zum Thema zu sagen hat (und dann ist seine Aktivität wertvoll) oder ob er unter einer Profilierungsneurose leidet und den anderen die Zeit stiehlt. Empfehlungen: Unterbrich den Vielredner in einer Atempause oder am Satzende: „Vielen Dank, wir sollten jetzt die Meinung der anderen zu diesem Punkt hören.“ Bremse den übermäßig fragefreudigen Teilnehmer: „Ich habe eine Reihe Ihrer Fragen bereits beantwortet. Jetzt möchte ich auch die anderen Teilnehmer berücksichtigen, die noch Fragen haben.“ Erkläre dem Vielredner/ dem Fragefreudigen das Vorgehen. Führe eine Zeitbegrenzung für Diskussionsbeiträge ein. Angriff auf den Dozenten Ein Teilnehmer wirft den Dozenten fachliche Inkompetenz oder Praxisferne vor. Was tun? Empfehlungen: Killerphrasen parieren. BEISPIEL: Zwischenruf: „Das klappt sowieso nicht, dass weiß jeder, der etwas davon versteht.“ Entgegnung: „Genau! Die Titanic ist unsinkbar, sagte jeder, der etwas davon verstand.“ Unfaire Argumentation abweisen. BEISPIEL: „Wenn ich jetzt nicht auf Ihre Argumentation eingehe, dann nur deshalb, weil ich es mit dem englischen Geistlichen S YDNEY S MITH halte: ‚Schlechte Argumente bekämpft man am besten dadurch, dass man ihre Darlegung nicht stört.‘ Ich komme jetzt zu meinem Standpunkt zurück ...“ Aggressive Einwände zurückweisen. <?page no="207"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 191 BEISPIELE: Zwischenruf: „Sie haben doch keine Ahnung.“ Entgegnung: „Versuchen Sie doch mal einen intelligenten Zwischenruf.“ Zwischenruf: „So dummes Zeug habe ich lange nicht gehört.“ Entgegnung: „Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.“ 6.5.4 Dozenten Vorbeugende Überlegungen 1. Das Lehrhandeln des Dozenten wird durch zwei Leitorientierungen bestimmt: • Das Ermöglichen themenbezogener (Lern)Aktivität der Teilnehmer als Zweck gelingender Lehre Offenheit als Grundhaltung gegenüber den Teilnehmern und ihren Anliegen aber auch Offenheit der Teilnehmer untereinander. Wenn Aktivität und Offenheit Grundzüge gelingender Lehre sind, dann ist ihre konsequente Umsetzung zugleich wesentliche didaktische Prävention beim Umgang mit Störungen, beim Auftreten schwieriger Situationen in den Lehrveranstaltungen (s. dazu Kapitel 1: Leitorientierungen für das Gestalten). 2. Eine weitere Störungsquelle, die durch Lehrhandeln ausgelöst wird, besteht im Bestreben, möglichst viel Stoff zu vermitteln (Vollständigkeitsfalle). Vorbeugendes Handeln schließt deshalb Inhaltsbeschränkung bzw. begründete Stoffreduktion ein. Stoffreduktion bezieht sich sowohl auf die quantitative Begrenzung des Stoffs, insbesondere durch · Konkretisieren und operationalisieren der Lernziele, · Auslassen von stofflichen Einheiten. als auch auf die qualitative Begrenzung des Stoffs, insbesondere durch · Exemplarisches Vorgehen · Bilden von Modellen. Im Kapitel 5.7 sind die genannten Instrumente näher beschrieben. <?page no="208"?> 192 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Ausgewählte schwierige Situationen: Umgang mit eigenem Nichtwissen Es gehört zu einer hochwertigen Lehre, dass auch komplexe, schwer beantwortbare Frage- und Problemstellungen behandelt und artikuliert werden, die nicht ad hoc, aus dem Stehgreif zu beantworten sind. Wie soll sich der Dozent verhalten, wenn er solche Art von Teilnehmerfragen gestellt bekommt, die er nicht sofort beantworten kann bzw. die seine inhaltliche Kompetenz übersteigen? Empfehlungen: Verweise zu Beginn der Veranstaltung auf die Komplexität und den Umfang des Stoffs und erwähne dabei, dass du dich über jede Frage freust, aber möglicherweise auf die eine oder andere Frage nicht sofort eine Antwort geben kannst. Frage zunächst nach, ob du die Frage richtig verstanden hast. Notiere die Frage für alle sichtbar. Vermeide qualvoll aus den Fingern gezogene Antworten. Erbitte etwas Zeit, um über eine Antwort nachzudenken und komme später darauf zurück. Gestehe Nichtwissen gelassen und ungezwungen ein, wenn die Frage im Moment nicht beantwortet werden kann. Gib die Frage weiter an den anwesenden Fachmann oder an die Gruppe. Kündige die Beantwortung nach Recherche an und halte die Ankündigung ein. Mangelnde eigene Vorbereitung Die Situation resultiert aus aktuell beruflicher Überlast des nebenamtlich tätigen Dozenten. Seine Frage sollte jetzt nicht lauten: „Wie bekomme ich jetzt in dieser Stunde den ganzen Stoff an die Teilnehmer? “, sondern: „Wie komme ich mit Hilfe der Teilnehmer, also mit ihrer Aktivität, über diese Stunde? “ Die Grundempfehlung lautet: Weniger auf den Stoff konzentrieren, mehr auf die Teilnehmer! Interessanterweise ergeben sich mitunter aus einer zu kurzen Vorbereitung Effekte, die das Umsetzen der Leitorientierungen „Aktivität“ und „Offenheit“ begünstigen. <?page no="209"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 193 Empfehlungen: Gib ein Oberthema (z. B. „Tempolimit auf der Autobahn“ oder „Kunststoffe in der Automobilindustrie“) vor und integriere dann die Teilnehmer intensiv in den Arbeitsprozess. Setze für unvorbereitete Lehreinheit als „Notlösung“ die Moderationsmethode ein, allerdings nur bei seminaristischen Lehrformen (max. 30 Teilnehmer). Beschränke das Verfahren auf Ausnahmebzw. Einzelsituationen. Ungünstiges Feedback Die gesamte Lehre hat durch wechselseitige Kommunikation - die immer wechselseitiges Feedback einschließt - eine kontinuierliche Form des Austauschs zu gewährleisten. Feedback in und nach der Lehrveranstaltung hat das Ziel, die gemeinsame Arbeit zu reflektieren und zu optimieren. Erfolgt dies nicht angemessen, können Irritationen und Störungen auftreten. Auf keinen Fall darf sich Feedback auf die formalisierten Instrumente, wie beispielsweise Fragebogen beschränken. Beim Umgang mit negativem Feedback ist zunächst zu beachten, dass im Normalfall in einer Gruppe unterschiedliche Wünsche, Erwartungen und entsprechende Wertungen des Lehrangebots bestehen. So ist das Vorgehen des Dozenten immer ein Kompromiss, der der Gruppe auch als solcher zu vermitteln ist. Empfehlungen: Plane in Lehrveranstaltungen Feedbackschleifen ein, führe Feedbackregeln ein. Leite die Teilnehmer zum Feedback geben an, beispielsweise nach dem Muster: „Erst halte ich fest, was gut war, was mir gefallen hat und mich auch weitergebracht hat und dann, was ich mir anders vorgestellt hätte und wie genau man das anders machen kann.“ (W ÖRNER , A., 2008, S. 108). Danke für das Feedback und mache Notizen. Frage evtl. nach, ob Du das kritische Feedback richtig verstanden hast. Werte das Feedback selbstkritisch aus und nimm vor der Gruppe Stellung dazu. Reagiere nicht auf jeden Hinweis mit Veränderung. Besprich die Heterogenität von Teilnehmerwünschen und erkläre das gewählte Vorgehen als Kompromiss. <?page no="210"?> 194 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Erläutere, warum Du bestimmte Dinge, die zum kritischen Hinweis führten, so gemacht hast. Würdige konstruktive Hinweise und erkläre, was dementsprechend verändert wird. Zeitknappheit Oberstes Prinzip: Anfangs- und Endzeit der Lehrveranstaltung einhalten. Keinesfalls überziehen! Die Lerngeschwindigkeit der Teilnehmer bestimmt die Eigengeschwindigkeit der Lehre. Sie kann nicht beliebig beschleunigt werden. Zeitmanagement heißt hier: Nicht Beschleunigen, sondern Reduzieren. Empfehlungen: Plane Pufferzeit in der Lehrveranstaltung ein, die ersten fünf bis zehn Minuten können verloren gehen. Prüfe eine Trockenübung für Vortrag, sie ist nützlich - aber tendenziell wird in der Realsituation deutlich langsamer gesprochen; außerdem werden situativ Zusatzerläuterungen notwendig oder es werden Verständnisfragen gestellt. Aus einem geplanten 10-Minutenvortrag werden schnell 20 Minuten. Beachte Zeitfresser in der Gruppenarbeit: inhaltliche und organisatorische Einführung vornehmen, Gruppen konstituieren, Arbeitsräume zuweisen, unterschiedliche Bearbeitungszeiten ausgleichen, Präsentationen vorbereiten, Ergebnisse austauschen. Bei zwei bis drei Gruppen werden dafür etwa 60 Minuten benötigt. Zwei Tipps: Zusatzaufgaben in Reserve halten. Mit Handouts, Lehrbuchabgaben, Online-Angeboten entlasten. Lampenfieber Lampenfieber entsteht aus einer normalen physiologischen Stresssituation, die ursächlich psychologischer Natur ist. Erfahrene Dozenten verweisen auf die Nützlichkeit einer gewissen „Vorstart-Spannung“. Wird sie allerdings belastend, gibt es Möglichkeiten, mit dieser Situation im aktuellen Lehrhandeln fertig zu werden. <?page no="211"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 195 Empfehlungen: Gezielte Bewegung im Raum - siehe Übungen 1 bis 3 zur Blitzentspannung, mehrmals durchatmen, kräftig ausatmen (vermehrter Sauerstoffvorrat wirkt beruhigend), einige Schlucke Flüssigkeit aufnehmen, vor offiziellen Start erster Wortwechsel mit einigen Teilnehmern, zuversichtliches Lächeln zum Start und Blickkontakt aufnehmen. Hinweise für eine Blitzentspannung: Die folgenden drei Übungen beginnen mit einer künstlichen Anspannung und münden nach etwa 15 Sekunden in einer natürlichen Entspannung. Übung 1: Arme anwinkeln und für ca. 15 Sekunden fest an den Körper pressen. Dann Arme plötzlich los- und hängen lassen. Übung 2: Arme waagerecht nach vorn strecken, die Ellenbogen weit zurücknehmen und dabei die Schulterblätter zusammenschieben. Nach ca. 15 Sekunden wieder lösen und die Arme hängen lassen. Übung 3: Kopf kräftig zwischen den Schultern einziehen. Nach ca. 15 Sekunden die Schultern fallen lassen. Wenn das Lampenfieber dennoch nicht weicht, könnte man so starten: „Mark Twain war ein weiser Mann. So hat er festgestellt: Das Gehirn ist ein Körperorgan, das im Augenblick der Geburt zu arbeiten beginnt und in dem Moment damit aufhört, wenn man aufsteht, um eine Rede zu halten.“ Versprecher Dem Dozent kommt beispielsweise statt „Schicksalsschlag“ „Schlicksals-Schag“ über die Lippen. Was tun? Wortreich entschuldigen? Oder einfach weiterreden? Empfehlungen: Schnelles Entscheiden: Hat der Versprecher den Sinn entstellt, zu Missverständnisses geführt, dann sofort korrigieren. Hat der Dozent beispielsweise „Umsatz“ und „Umsatzerlös“ verwechselt, sollte er sich sofort verbessern: „Ich meine natürlich „Umsatzerlös“ und nicht „Umsatz“. Bei unbedeutenden Versprechern (wie im Beispiel „Schlicksals-Schag“) einfach weiterreden, möglicherweise ist er den Teilnehmern gar nicht aufgefallen. <?page no="212"?> 196 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess Steckenbleiben Mitten im Satz bleibt der Dozent plötzlich stecken, verliert den sprichwörtlichen „roten Faden“. Was tun? Den Vortrag abbrechen? Empfehlungen: Vor allem Ruhe bewahren. Den zuletzt geäußerten Gedanken wiederholen, erst wörtlich, dann mit anderen Worten, beispielsweise so: „Ich möchte noch einmal betonen, Gewaltprävention ist eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam lösen können“. Nunmehr ist ein Übergang zum Anschlussgedanken zu finden. Dabei kann eine Hilfsfrage nützlich sein, beispielsweise: „Was bedeutet das nun für uns im Einzelnen? “ Sofern der Anschlussgedanke nicht gefunden wird, sollten die Ausführungen ohne Umschweife beendet werden, etwa so: „So viel wollte ich zunächst zu diesem Problem sagen. Sicher kommen wir in der Diskussion noch auf andere Gesichtspunkte zu sprechen.“ 6.5.5 Technik Medienausfall Mitten in der Veranstaltung fallen der Overheadprojektor oder der Beamer aus. Wie sollte der Vortragende reagieren? Empfehlungen: Bereits vor der Präsentation ist die einwandfreie Funktion der Medien zu überprüfen und zugleich die Bereitstellung von Ersatz im Störfall zu sichern. Es ist gut zu wissen, wo man den Ersatz im Bedarfsfall rasch findet. Fällt ein Gerät mitten im Vortrag aus, ist eine Pause ratsam, vielleicht eingeleitet mit der Bemerkung: „Das ist offenbar nur ein Kurzschluss, kein Vortragsschluss.“ und den Veranstalter um Hilfe bei der Beseitigung zu bitten. Fällt das Gerät kurz vor Schluss aus, geht der Dozent am besten zur freien Rede über und fasst kurz die Hauptgedanken zusammen oder beendet den Vortrag kurzerhand humorvoll frei nach Wilhelm Busch: „Wer sich nicht zu helfen weiß, der ist es nicht wert, in Verlegenheit zu kommen.“ Die Teilnehmer werden es ihm nicht verübeln, wenn die Rede fünf Minuten kürzer wird. <?page no="213"?> 6 Schwierige Situationen im Lehr-Lern-Prozess 197 Und fällt das Manuskript zu Boden, dann kann der Vortragende die eintretende Störung wie folgt überbrücken: „Meistens fällt mir etwas ein, manchmal auch etwas runter.“ Oder „Wie Sie sehen, fallen Blätter nicht nur vom Baum.“ PC-Beamer-Problem Ein Vortrag mit Beamer und PC setzt technisches Wissen voraus. Deshalb muss sich der Vortragende mit der Anlage vertraut machen. Was tun, wenn sich PC und Beamer nicht erkennen? Empfehlungen: Beamer und PC standsicher und nahe beieinander aufbauen. Zuerst den Beamer einschalten, dann den PC. Funktionsfähigkeit der Projektionsanlage unbedingt kontrollieren. Im Bedarfsfall Anlage durch einen Experten einrichten lassen. Zur Bedienung der Anlage Fernbedienung oder Funkmaus benutzen, Ersatzbatterie für die Fernbedienung oder Funkmaus und Verlängerungskabel in Reserve halten. Zur Sicherheit sollte der Dozent die wichtigsten Bilder seiner Powerpoint bei Ausfall der Anlage auf Folien bereithalten, um sie ohne längere Zeitverzögerung über den Overheadprojektor anzubieten. Stromausfall Hier bleibt nur eine Reaktionsmöglichkeit für den Dozenten, den Veranstalter zu bitten, Abhilfe zu schaffen: Der Autor hat einmal die gekonnte Reaktion eines Dozenten erlebt, bei dem mitten im Diavortrag in einem verdunkelten Raum der Strom ausfiel. Ein Teilnehmer rief: „Hier ist es ja finster wie in einem Bärenar ...“ Reaktion des Vortragenden: „Aber, aber, einige der Herren scheinen ja schon überall gewesen zu sein.“ Er hatte nicht nur die Lacher auf seiner Seite, sondern auch eine Reihe von Teilnehmern, die eilfertig ihre Hilfe zur Beseitigung der Störung anboten. <?page no="214"?> 198 Literaturverzeichnis A EBLI , H ANS : 1978. Grundformen des Lehrens. Eine allgemeine Didaktik auf kognitionspsychologischer Grundlage. 11. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta. A NDERSON , K.; K RATHWOHL , L.: 2001. A taxonomy of learning teaching and assessing: A revision of Bloom’s taxonomy of educational objectives. New York: Longman. A RNOLD , K ARL -H EINZ ; S AALFUCHS , U WE ; W IEHMANN , J ÜRGEN (Hrsg): 2009. Handbuch Unterricht. 2. Auflage. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. B ARENBERG , A XEL : 1994. Die überzeugende Präsentation. München: Humboldt Taschenbuch. B AUCH , U.: 2021. 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Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. <?page no="217"?> 201 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Grundmodell des Lehr-Lern-Prozesses.................................................................. 9 Abb. 2: Schritte bei der Differenzierung von Zielen und Inhalten ................................... 20 Abb. 3: Modell für die Modulbzw. Lehrgangsplanung .................................................. 41 Abb. 4: Modell für die Tages- oder Themenplanung........................................................ 42 Abb. 5: Kennzeichnung der beiden Lerntypen ................................................................. 47 Abb. 6: Beispiel für eine Grobstruktur im Modul „Erkenntnisgewinnung“...................... 48 Abb. 7: Beispiel für eine Grobstruktur im Modul „Klassische Leistungsbilder im BPM“.............................................................................................................. 50 Abb. 8: Übergang von der Moderation zur Präsentation ................................................. 52 Abb. 9: Schematische Darstellung der Führungskonzepte................................................ 53 Abb. 10: Moderationsfahrplan.......................................................................................... 57 Abb. 11: Vorstellung der Gruppenmitglieder ................................................................... 58 Abb. 12: Regeln für die Zusammenarbeit......................................................................... 59 Abb. 13: Auflisten der Hindernisse .................................................................................. 60 Abb. 14: Beispiel für das Finden mehrerer Problemformulierungen ................................ 61 Abb. 15: Vorschlag für Entscheidungsfindung................................................................. 62 Abb. 16: Szenarien Butterberg ......................................................................................... 63 Abb. 17: Beispiel Ideen visualisieren ............................................................................... 65 Abb. 18: Konsens feststellen ............................................................................................ 66 Abb. 19: Ideen sammeln ................................................................................................... 67 Abb. 20: Ideen strukturieren - Cluster bestimmen ........................................................... 67 Abb. 21: Ideen ergänzen................................................................................................... 68 Abb. 22: Qualitatives Stärken-Schwächen-Profil der Region X....................................... 69 Abb. 23: Stakeholderanalyse ............................................................................................ 69 Abb. 24: Beispiel für die Bewertung der Ideen ................................................................ 70 Abb. 25: Spaltenüberschriften für Maßnahmenplan ......................................................... 71 Abb. 26: Spaltenüberschriften für Aktionsplan ................................................................ 71 Abb. 27: Fragebogen zum Verhalten der Gruppenmitglieder .......................................... 73 Abb. 28: Fragebogen zum Verhalten des Teammoderators .............................................. 74 <?page no="218"?> 202 Abb. 29: Checkliste Gruppenarbeit ...................................................................................75 Abb. 30: Bestandteile der Präsentation .............................................................................76 Abb. 31: Richtziele der Präsentation .................................................................................78 Abb. 32: SIE-Analyse .......................................................................................................79 Abb. 33: Aussagequalitäten in der Präsentation ................................................................80 Abb. 34: Sachlogische und psychologische Reihenfolgen ................................................82 Abb. 35: Vortragsgliederung (Auszug) - schlechte Orientierung .....................................83 Abb. 36: Vortragsgliederung - empfohlene Orientierung .................................................84 Abb. 37: Empfehlungen für das Erstellen von Bildern......................................................85 Abb. 38: Faktoren für die Überzeugungskraft eines Arguments .......................................88 Abb. 39: Argumentationsfolge Allgemeines-Besonderes-Einzelnes .................................89 Abb. 40: Argumentationsfolge Kompromiss.....................................................................89 Abb. 41: Argumentationsfolge Vergleich .........................................................................90 Abb. 42: Argumentationsfolge Alternativen .....................................................................90 Abb. 43: Argumentationskette Merkmal - Vorteil - Nutzen.............................................93 Abb. 44: Posteraufbau .....................................................................................................100 Abb. 45: Abstract - inhaltliche Schwerpunkte ................................................................101 Abb. 46: Checkliste Präsentation ....................................................................................102 Abb. 47: Grobmodell des Informationsumsatzes beim Menschen ..................................105 Abb. 48: Funktionen des Arbeitsgedächtnisses ...............................................................107 Abb. 49: Tragwerkslösung im Klinikum .........................................................................113 Abb. 50: Leistungsbereitschaft über den Tagesverlauf....................................................114 Abb. 51: Lernkurve nach E BBINGHAUS ..........................................................................117 Abb. 52: Begriffe in loser Folge angeordnet ...................................................................118 Abb. 53: Begriffe in Verbindung gebracht ......................................................................119 Abb. 54: Funktion der Dozentenfrage ............................................................................120 Abb. 55: Phasenmodell der Fragenbeantwortung ...........................................................123 Abb. 56: Zielorientierte Dozentenimpulse ......................................................................124 Abb. 57: Grobmodell des Gedächtnisses.........................................................................126 Abb. 58: Waagemodell der Argumentation ....................................................................127 <?page no="219"?> 203 Abb. 59: Didaktische Vereinfachung Messuhr .............................................................. 128 Abb. 60: Didaktische Vereinfachung Kalkkreislauf ....................................................... 129 Abb. 61: Analogie - elektrischer Stromkreis und Wasserkreislauf ............................... 130 Abb. 62: Didaktische Reduktion .................................................................................... 135 Abb. 63: Strukturträger zum Thema „Lehre wirksam gestalten“.................................... 136 Abb. 64: Auswahl und Detaillierung der inhaltlichen Schwerpunkte (Strukturträger) ... 137 Abb. 65: Beispiele für komplexe Aufgabenstellungen ................................................... 138 Abb. 66: Zweischaufelrührer als Exempel für die Klasse der Rührwerke ...................... 140 Abb. 67: Ablauf einer Fallanalyse .................................................................................. 141 Abb. 68: Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP) ................................................ 142 Abb. 69: Auswirkungen einer steigenden Nachfrage ..................................................... 143 Abb. 70: Auswirkungen eines steigenden Angebots....................................................... 143 Abb. 71: Vollständiger Wirtschaftskreislauf ohne Eingreifen des Auslands ................. 144 Abb. 72: Wachstumsressourcen für ein Unternehmen.................................................... 145 Abb. 73: Strukturierung im System „Mineralien“ .......................................................... 147 Abb. 74: Strukturierung mit den Kategorien Zweck - Mittel ........................................ 148 Abb. 75: Mindmap zum Wissensbaustein „Kooperative Führung“ ................................ 149 Abb. 76: Phänomen der Selektiven Wahrnehmung ........................................................ 161 Abb. 77: Kategorien innerhalb der ICH-Zustände .......................................................... 164 Abb. 78: Parallele Kommunikation ................................................................................ 165 Abb. 79: Führen des kontrollierten Dialogs.................................................................... 166 Abb. 80: Konfliktlösungsstile ......................................................................................... 168 Abb. 81: Techniken des Konfliktlösens ......................................................................... 171 Abb. 82: Schrittfolge der Feedback-Technik.................................................................. 172 Abb. 83: Schrittfolge der Technik Lichtschwert I .......................................................... 173 Abb. 84: Schrittfolge der Technik Lichtschwert II ......................................................... 175 Abb. 85: Innersystemische Mediation ........................................................................... 177 <?page no="220"?> 204 Sachwortverzeichnis Abstract (Summary), 100 Abwechslung, 112 Aktionsplanes, 71 Aktiv zuhören, 64 Aktivität, 1 Analogien, 130 Antworten, 96 Arbeiten schriftliche, 28 Arbeitsgedächtnis, 106 Argumentationsfolgen, 88 Argumentieren, 88 Aufgabenstellung zentrale, 40 Aufgabenstellungen komplexe, 137, 138 Aufgabentyp, 46, 48 Aufmerksamkeit unwillkürliche, 109 willkürliche, 109 Ausführungsphase, 39, 41, 42 Auslassung, 138 Aussprache, 158 Auswählen, 107 Bedürfnisse, 10 Belege, 91 Beurteilungen, 28 Bilder, 84 Bildgestaltung, 133 Blended Learning, 26 Blickkontakt, 158 Charakter, 10 Deblockierung, 111 Dialekt, 158 didaktische Maßnahmen, 81 Diskussion, 97 Diskussionsrunde, 94 Dozentenfrage, 120 Dozentenimpulse, 123, 124 Dramatisierung, 111 Eigenständiges Steuern, 107 Einbauen, 107 Einfachheit, 152 Einfügen, 107 Einwände, 95 E-Learning, 25 Entscheidung, 112 Entscheidungsdelegierung, 111 Entscheidungsfindung, 61 Erfahrungen, 104 Ergebnisermittlung, 23 Ergebnisse sichern, 71 Erlebnisschilderung, 111 Erzeugen, 107 Fähigkeiten, 10 Fallanalyse, 140, 141 Feedback ungünstiges, 193 Feedback-Technik, 172 Feinziele, 11 Fertigkeiten, 10 Fragen Ablauffragen, 122 Denkfrage, konvergente, 121 Denkfragen, divergente, 121 Gefühlsfragen, 122 geschlossende, 155 hypothetische, 156 offene, 155 rhetorische, 122 Führungskonzepte, 53 Gegenfrage, 96 Generieren, 107 Gestaltung, 153 Gewohnheiten, 10 Grobmodell des Informationsumsatzes, 104 <?page no="221"?> 205 Grobstruktur, 48 Grobziele, 11 Gruppenarbeit, 180 Gruppenverhalten auswerten, 72 Hände, 158 Hintergrundinformationen, 81 Humor, 115 Humorisierung, 111 Ideen bewerten, 70 Ideen strukturieren, 66 Ideen suchen, 63 Ideen visualisieren, 64 Implementieren, 107 Impulse geben, 68 Informationen, 104 Informationsfolgen fassliche, 132 Inhaltsdifferenzierung, 18 Integrieren, 107 Intensivieren, 107 Interpretieren, 107 Kategorien, 147 Kenntnisse, 10 Kernaussagen, 81 Killerphrasen, 63 Kommunikation gekreuzte, 166 parallele, 164 Komplexität, 134 Kompliziertheit, 134 Konfliktlösungsstile, 168 Konsens feststellen, 65 Konsultationen, 37 Kontrollphase, 40, 41, 42 Konzentration, 109 Körperbewegung, 159 Körperhaltung, 159 Körpersprache, 158 Krisenmanagement, 176 Kurzzeitspeicher, 104 Lächeln, 158 Lampenfieber, 194 Langzeitgedächtnis, 105 Lautstärke, 157 Lehrinhalt, 134 Lehrstoff, 134 Lehrveranstaltungen, 23 Leistungskontrollen, 28, 37 Leittextmethode, 35 Lern- und Arbeitsvereinbarung, 180 Lernbibliothek, 48 Lernen formales, 45 informelles, 45 soziales, 45 Lernen on Demand, 45 Lernkurve, 117 Lernplattform Moodle, 49 Lernprozessbegleiter, 47 Lernstil individueller, 44, 187 Lichtschwert I Technik, 173 Lichtschwert II Technik, 174 Maßnahmenplan, 70 Mediation, 176 Medienausfall, 196 Merkmal, 92 Methodenwissen, 16, 80 Mindmapping, 148 Minutenfeedback, 156 Modelle Funktionsmodell, 142 Stukturmodell, 144 Systemmodell, 144 Moderationsfahrplan, 56 Moderatorenleistung, 73 Nachfragen, 96 Nachgeschichte, 76 Nachkontakte, 97 Nichtwissen, 192 <?page no="222"?> 206 Normwissen, 16, 80 Nutzen, 92 Nutzenargumenten, 80 Offenheit, 1, 4 Online-Seminare, 26 Online-Vorlesung, 26 Opponierung, 111 Orientierungsphase, 39, 40, 42 Pausen, 158 PC-Beamer-Problem, 197 Posterpräsentation, 99 Pro/ Kontra-Darstellung, 111 Problemformulierungen, 61 Problemverständnis, 62 Projektion, 111 Prüfungen, 28, 37 Pseudooriginalität, 116 REFA-Methodenlehre, 34 Regeln, 58 Regulieren, 107 Reihenfolge psychologische, 81 sachlogische, 81 Rhythmus biologischer, 114 Richtziele, 11, 77 Sachwissen, 16, 80 Satzgestaltung, 152 Schwarzes Loch, 186 Selbstironie, 116 Selbststudium, 23 Selektieren, 107 SIE-Analyse, 79 soziales Lernen soziales, 45 Spannungen, 111 Speicher externe, 106 Spickzettel, 150 Sprechpausen, 113 Sprechtechnik, 157 Sprechtempos, 157 Steckenbleiben, 196 Stimmlage, 157 Stimulanz, 153 Stoffreduktion, 134 Stromausfall, 197 Strukturieren aktives, 150 Teilnehmer, 133 Teilnehmer-Aktivität, 3 Teilnehmeranalyse, 79 Teilnehmerfrage, 120 Teilnehmerinteressen, 80 Teilnehmerskript, 85 Temperament, 10 Testate, 28, 37 Textbezug, 153 Textverständlichkeit, 152 Transaktionsanalyse, 163 Überraschung, 111 Überzeugungen, 10 Unterscheidungsfragen Unterscheidungs-, 155 Vereinfachung didaktische, 127 Vergessen, 108 Versprecher, 195 Verstärken, 107 Verstehen, 107 Vielredner, 189 Visualisieren, 82 Visualisierung, 125 Vorgehen erarbeitendes, 22 exemplarisches, 139 informierendes, 21 übendes, 22 Vorgeschichte, 76 Vorteil, 92 <?page no="223"?> 207 Wahrnehmung selektive, 161 Wertwissen, 16, 80 Wissen, 15, 104 Wissenserwerb, 104 Wissensfragen, 121 Wissensspeicher, 151 Wortwahl, 152 Zahlen, 91 Zeit, 133 Zeitfaktor, 86 Zeitknappheit, 194 Ziel, 133 Ziel(e) formulieren, 77 Zielbeschreibung, 12 Zieldifferenzierung, 18 Ziele konkretisieren, 135 operationalisieren, 135 Zuspitzung, 111 <?page no="224"?> ,! 7ID8C5-cfifdf! ISBN 978-3-8252-5853-5 „Alles schläft, nur einer spricht, so läuft manchmal Unterricht.“ Eine Übertreibung? Sicher! Aber manchmal ist auch hier guter Rat gefragt. Gerade fachkompetente nebenberuflich tätige Dozent: innen in der Aus- und Weiterbildung bieten ihr umfangreiches Wissen in einer solchen Fülle an, dass es von den Teilnehmenden so nicht aufgenommen und verinnerlicht werden kann. Dozent: innen finden in diesem Buch Planungsmodelle und Steuerungshilfen für den Lehr-Lern-Prozess sowie Gestaltungsempfehlungen für kommunikative Situationen in der Lehre. Das Buch ist so aufgebaut, dass eilige Leser: innen oder didaktisch bereits geschulte Dozent: innen sich anlassbezogen in den einzelnen abgeschlossenen Kapiteln Rat holen können. Schlüsselkompetenzen Dies ist ein utb-Band aus dem expert verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel