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Publizieren in Technik- und Naturwissenschaften – ein Praxisbuch von der Textgestaltung bis zur Veröffentlichung

0516
2022
978-3-8385-5882-0
978-3-8252-5882-5
UTB 
Siegfried Ripperger
10.36198/9783838558820

Dieses Buch gibt Studierenden, Wissenschaftler:innen sowie Ingenieur:innen und Naturwissenschaftler:innen in der Praxis nicht nur einen Überblick über die wichtigsten Formen schriftlicher Ausarbeitungen und die Grundlagen der Textgestaltung, sondern auch einen Einblick in die natur- und ingenieurwissenschaftliche Publikationspraxis. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf den wissenschaftlichen Fachzeitschriften und dem Veröffentlichungsprozess in diesem Medium. Außerdem werden Informationen zu neuen Möglichkeiten des Publizierens, wie Open-Access-Veröffentlichungen, gegeben und auf die zunehmende Bedeutung barrierefreier Dokumente eingegangen.

<?page no="0"?> Siegfried Ripperger Publizieren in Technik- und Naturwissenschaften - ein Praxisbuch von der Textgestaltung bis zur Veröffentlichung <?page no="1"?> utb 5882 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau Verlag · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Prof. Dr.-Ing. Siegfried Ripperger leitete nach einer mehrjährigen In‐ dustrietätigkeit in einem Chemiekonzern den Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik von 1993 bis 2004 an der TU Dresden und von 2004 bis 2016 an der TU Kaiserslautern. Von 1993 bis 2020 war er außerdem Chefredakteur der Fachzeitschrift „Filtrieren und Separieren“, die seit 2021 im Vulkan-Verlag erscheint. <?page no="3"?> Siegfried Ripperger Publizieren in Technik- und Naturwissenschaften - ein Praxisbuch von der Textgestal‐ tung bis zur Veröffentlichung expert verlag · Tübingen <?page no="4"?> DOI: https: / / www.doi.org/ 10.36198/ 9783838558820 © expert verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: in‐ nen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 5882 ISBN 978-3-8252-5882-5 (Print) ISBN 978-3-8385-5882-0 (ePDF) ISBN 978-3-8463-5882-5 (ePub) Umschlagabbildung: © istock.com/ mustafahacalaki Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 9 1 11 1.1 11 1.2 13 1.3 14 1.4 18 1.5 19 2 21 2.1 21 2.2 24 2.3 26 2.4 26 2.5 27 2.6 28 3 29 3.1 29 3.2 37 3.3 43 3.4 47 3.5 52 3.6 54 4 57 4.1 57 4.2 59 4.3 59 4.4 60 4.5 60 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texte als eine Kommunikationsform zwischen Personen . Schriftliche Ausarbeitungen als Wissensspeicher . . . . . . . Zielorientierte schriftliche Ausarbeitungen . . . . . . . . . . . . Schriftliche Ausarbeitungen als Leistungsnachweise . . . . Formen schriftlicher Ausarbeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die drei Stilarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen der schriftlichen Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Abhandlung, der Fachbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Schreiben als kreativer Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Abfassen von Fachbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlegungen zur Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Laborbuch bzw. Laborjournal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsleistungen in Form schriftlicher Ausarbeitungen Die Dissertation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenangabe und Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autor(en) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzfassung / Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 4.6 60 4.7 62 4.8 64 4.9 64 4.10 65 4.11 66 4.12 67 4.13 69 4.14 69 4.15 71 4.16 71 4.17 72 4.18 73 4.19 74 4.20 78 4.21 78 4.22 79 4.23 79 4.24 79 4.25 80 5 81 5.1 81 5.2 84 5.3 94 5.4 101 6 105 6.1 105 6.2 105 6.3 108 6.4 110 6.5 112 6.6 113 6.7 113 6.8 116 Inhalt, Struktur und Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise zum Schreibstil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gendergerechte Formulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichen und Sonderzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grafiken, Abbildungen, Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mathematische Variablen, Symbole und Gleichungen . . . . Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Textformatierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenangabe und Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paraphrasieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverweise bzw. -hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fußnoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register (Sachverzeichnis, Index) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rolle der Fachzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung von Fachzeitschriften in Wissenschaft und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung der Fachzeitschriften . . . . . . . . . . Aufgabe der Verlage und Redaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise zur Nutzung des Mediums Fachzeitschrift . . . . . Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Möglichkeiten des Publizierens . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Produkte und Aufgaben der Verlage . . . . . . . . . . . . . . Neue Wissensspeicher und Wissensvermittlung . . . . . . . . . Text- und Data-Mining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Whitepaper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliometrie und bibliometrische Analysen . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 6.9 118 6.10 121 6.11 124 127 A: 127 B: 129 C: 130 D: 131 133 Publizierte Inhalte als wertvolle Ware . . . . . . . . . . . . . . . . . Open Access . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreier Zugang zu Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste zur Überprüfung einer schriftlichen Ausarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Griechisches Alphabet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normen und Richtlinien zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . Bücher zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Inhalt <?page no="9"?> Vorwort Im Zusammenhang mit ihrer Arbeit müssen Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Forschende der Naturwissenschaften Berichte, Anträge, Protokolle und Veröffentlichungen anfertigen. Bereits während des Studiums sind Studien-, Beleg-, Haus-, Diplombzw. Bachelor- und Masterarbeiten auszu‐ arbeiten. In der Regel werden die Studierenden darauf nicht systematisch vorbereitet. Einige bringen aufgrund ihrer Schulbildung und Begabung gute Voraussetzungen mit und gehen mit großem Interesse ans Werk. Andere tun sich dagegen schwer und betrachten das Schreiben als ein notwendiges Übel. Vielen ist oft nicht bewusst, dass das Ausarbeiten von Texten zu ihren späteren Aufgaben gehören wird. Während meiner Berufstätigkeit in einem großen Chemiekonzern und später als Hochschullehrer habe ich viel Zeit für das Abfassen von Entwicklungs- und Forschungsberichten, Forschungsanträgen, Veröffent‐ lichungen in Zeitschriften und Buchbeiträgen aufgewendet. Dabei lernte ich, wie wichtig ein guter Ausdruck ist, und welche große Bedeutung schriftlichen Beiträgen beigemessen wird. Als Hochschullehrer habe ich zahlreiche Diplom- und Masterarbeiten sowie Dissertationen gelesen und Hinweise zu ihrer Abfassung gegeben. 1993 übernahm ich die Schriftlei‐ tung der Fachzeitschrift „Filtrieren und Separieren“, die heute im Vulkan- Verlag erscheint. Bis 2021 kümmerte ich mich um den redaktionellen Inhalt der Zeitschrift und die Qualität der Beiträge. Dies beinhaltet u. a. auch das Sichten und Lesen zahlreicher Manuskripte, Pressemitteilungen und anderer schriftlicher Ausarbeitungen. Dabei konnte ich feststellen, dass manche der eingereichten Texte nicht den Anforderungen für eine Veröffentlichung genügten. Oft wird ein langer Text abgefasst, jedoch nur wenige Fakten mitgeteilt. Das hat mich bewogen diese Anleitung zu schreiben. Sie soll Mitarbei‐ tende und Studierende natur- und ingenieurwissenschaftlicher Disziplinen bei der Ausarbeitung verschiedener Texte unterstützen. Es werden kurz verschiedene Formen schriftlicher Ausarbeitungen behandelt und die damit verfolgten Ziele behandelt. Dem Abfassen von Beiträgen für Fachzeitschrif‐ ten wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Entwicklung und Rolle der Fachzeitschrift in den Natur- und Ingenieurwissenschaften werden kurz <?page no="10"?> beschrieben und die Veränderungen in diesem Bereich durch die „neuen Medien“ behandelt. Gonbach, im Februar 2022 S. Ripperger 10 Vorwort <?page no="11"?> 1 Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Folgenden auf eine geschlechtsneutrale Formulie‐ rung verzichtet. Es sind jedoch immer beide Geschlechter im Sinne der Gleichbehand‐ lung angesprochen. 1 Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung 1.1 Einführung Das Abfassen von Briefen, Berichten, Vortragsmanuskripten, Zeitschriften‐ beiträgen und Anträgen gehört zu den Aufgaben eines jeden Ingenieurs und Naturwissenschaftlers 1 und erfordert einen großen Teil seiner Arbeitszeit. Dabei ist es wichtig Informationen, Ergebnisse oder Anfragen so aufzube‐ reiten, dass sie für den Empfänger verständlich und nützlich sind. Von einem Autor wird dazu logisches Denken sowie eine sachgerechte und empfängerorientierte Auswahl, Aufbereitung und Darstellung der Inhalte gefordert. Über viele Jahrzehnte haben sich für Berichte, Fachaufsätze, Anträge und Vortragsmanuskripte formale Standards herausgebildet, die das Verstehen der Inhalte fördern und die man heute beachten sollte. Bei vielen schriftlichen Ausarbeitungen im Bereich der Ingenieur- und Naturwissenschaften wird erwartet, dass man diese Standards kennt und berücksichtigt. Es ist daher ratsam nur in Ausnahmen und wohl überlegt davon abzuweichen. Grundsätzlich ist eine schriftliche Ausarbeitung das Werk eines Autors oder mehrerer Autoren, die alle Freiheiten haben sie abzufassen und zu gestalten, wie sie wollen. Beim Abfassen sollte man sich jedoch bereits fragen, wie die schriftliche Ausarbeitung vom Leser aufgenommen wird. Es sollte dabei bereits bedacht werden, dass der Autor bzw. die Autoren zu jeder Zeit das Werk (Inhalt und Form) zu vertreten haben und mit ihm in Verbindung stehen. Sie werden oft nach ihm beurteilt. Während des Studiums eines ingenieur- und naturwissenschaftlichen Faches wird das Abfassen von Texten in der Regel nicht gesondert gelehrt. Die Studenten sollen aufbauend auf ihrem Schulwissen das Schreiben von Texten mit dem Studium der einzelnen Fachgebiete vertiefen. Je nach Prüfungsordnung sind Laborberichte sowie Haus- und Studienarbeiten anzufertigen. Das Studium wird in der Regel mit einer umfangreicheren <?page no="12"?> Abschlussarbeit, die meist auch im Rahmen eines Vortrages vorgestellt wird, abgeschlossen. Mit dieser Arbeit soll der Nachweis erbracht werden, dass der Student zur selbstständigen wissenschaftlichen Arbeit befähigt ist. Viele der genannten schriftlichen Ausarbeitungen sind auch Prüfungsleistungen. Sie werden als solche benotet und beeinflussen, je nach Gewichtung, mehr oder weniger stark das Ergebnis des Studienabschlusses. Bei Dissertationen müssen ebenfalls anerkannte Regeln beachtet werden. Sie sind Prüfungsleistungen, so dass ihre inhaltliche und formale Abfassung für die Bewertung durch die Gutachter und Prüfungskommission relevant ist. Auch bei Dissertationen ist es wichtig, dass die eigenständige wissen‐ schaftliche Arbeit klar und in nachvollziehbaren Schritten beschrieben wird. Beim Einstieg ins Berufsleben wird das Spektrum der geforderten schrift‐ lichen Ausarbeitungen meist noch beträchtlich erweitert. Von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern wird nicht nur gefordert, dass sie das erlernte Wissen kreativ anwenden können, sondern auch, dass sie z. B. im Rahmen einer Projektbearbeitung die Vorgehensweise, die angewandten Methoden sowie die damit gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse verständlich darstellen und erläutern. Das geschieht z. B. in Form von Präsentationen, Berichten oder Fachaufsätzen. Dabei sollten komplexe Zusammenhänge klar und so einfach wie möglich vermittelt werden. Mit einem guten schriftlichen Beitrag und ggf. mit dem zugehörigen Vortrag kann man einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen. In diesem Zusammenhang kommt den mit der beruflichen Tätigkeit angefer‐ tigten schriftlichen Ausarbeitungen eine besondere Bedeutung zu. So wie der gewandte sprachliche Ausdruck gepaart mit guten Fachkenntnissen bei mündlichen Prüfungen und Präsentationen von großem Vorteil ist, so ist das Abfassen von guten schriftlichen Fachbeiträgen und Ausarbeitungen oft entscheidend für die weitere Entwicklung. Bei Kollegen und Vorgesetzten in Unternehmen und bei Kunden kann man mit guten schriftlichen Ausar‐ beitungen oft eine positive Wirkung erzielen. Oft verfolgt der Schreibende mit einem schriftlichen Beitrag ein bestimm‐ tes Ziel. Der Anlass zur Abfassung einer schriftlichen Ausarbeitung und das Ziel, das damit verfolgt werden soll, können sehr verschieden sein. Entsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen, denen der schriftli‐ che Beitrag genügen muss. Der Schreibende muss sich den Anforderungen bewusst sein und ihnen beim Schreiben gerecht werden. Entsprechend haben sich verschiedene Formen herausgebildet, die in Kapitel 2 näher 12 1 Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung <?page no="13"?> 2 Karl R. Popper: Logik der Forschung, Julius Springer Verlag, Wien (1935). 3 Karl R. Popper: Ausgangspunkte, Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg (1979), S. 118. behandelt werden. Zunächst werden einige Anlässe und Zielsetzungen behandelt, die vielen schriftlichen Arbeiten zugrunde liegen. 1.2 Texte als eine Kommunikationsform zwischen Personen Briefe, Berichte und Veröffentlichungen sind ein Teil der Kommunikation zwischen Personen. Sie beinhalten u. a. den Austausch von Meinungen, Ideen, Hypothesen sowie theoretischen oder experimentellen Ergebnissen. Das Mitgeteilte wird zur Kenntnis genommen, kritisch bewertet und ggf. auch kommentiert. Es muss daher verständlich und nachvollziehbar sein. Mit Berichten und Veröffentlichungen in Fachzeitschriften geben Autoren Ergebnisse von Entwicklungs- oder Forschungsarbeiten bekannt und über‐ nehmen dabei auch die Gewähr für den Inhalt. Erst mit der Veröffentlichung werden die Inhalte für eine Kritik und Überprüfung zugänglich gemacht. Sie geben Anlass für eine Auseinandersetzung und Diskussion, die bei einer Veröffentlichung dann auch öffentlich geführt werden kann. Nach der „Logik der Forschung“ von Karl Popper 2 besteht die zwingende Aufgabe, wissenschaftliche Aussagen oder Theorien zu formulieren bzw. zu beschreiben und zu veröffentlichen. Erst dann können sie von anderen geprüft und der schärfsten Kritik ausgesetzt werden, um herauszufinden, ob bzw. wo man sich geirrt hat. 3 Nur wenn sie veröffentlicht sind, können sie von vielen hinterfragt und im Laufe dieses Prozesses als „wissenschaftlich untermauert“, „empirisch überprüft“ bzw. „wissenschaftlich erwiesen“ oder als „wissenschaftlich widerlegt“ gelten. Die Aussagen werden dann Gegen‐ stand eines wissenschaftlichen Diskurses, in dessen Verlauf sich Wissen formiert. Mehrere Autoren tragen die Verantwortung für den Inhalt einer Veröf‐ fentlichung stets gemeinsam. Die meisten Autoren der Fachdisziplinen veröffentlichen ihre Arbeiten im Bewusstsein, dass nur derjenige, welcher seine Arbeiten und Ergebnisse „veröffentlicht“, eine Erweiterung des Wis‐ sensstandes leistet. Sie dokumentieren mit dem Veröffentlichen ihre Tätig‐ keiten und Leistungen und geben praktisch über ihre Arbeit Rechenschaft ab. Die Leistungen werden erst durch den Prozess der Mitteilung bzw. Veröffentlichung der Ergebnisse bekannt und anerkannt. 13 1.2 Texte als eine Kommunikationsform zwischen Personen <?page no="14"?> Bei Entwicklungs- und Forschungsprojekten werden in bestimmten zeit‐ lichen Abständen Berichte als Beleg für die erbrachten Arbeiten und die erzielten Ergebnisse gefordert. In Unternehmen werden mit den Arbeiten wirtschaftliche Zielsetzungen verfolgt, so dass der schriftlich dokumentierte Stand der Entwicklung und Forschung und der erzielte Fortschritt von großer Bedeutung für die zukünftigen Entwicklungen im Unternehmen sind. Entsprechend sorgfältig müssen auch die für das interne Berichtswesen ausgearbeiteten Berichte angefertigt werden. Den Lesern erschließt sich mit Berichten und Veröffentlichungen der Stand des Wissens zu einem bestimmten Thema oder Fachgebiet. Öffentliche Geber von Forschungsmitteln haben ein großes Interesse daran, dass die mit diesen Mitteln erzielten Forschungsergebnisse einem großen Publikum mitgeteilt werden, damit sich darauf aufbauend ein technischer Fortschritt entwickeln kann. In diesem Zusammenhang erkennt man jedoch auch, dass es im Interesse eines Unternehmens liegen kann, Berichte nur intern zu nutzen, um das Know-how des Unternehmens zu dokumentieren, jedoch es nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit ein Text als Kommunikationsmittel seine Aufgabe erfüllt, muss er verständlich abgefasst werden. Die Verständlichkeit eines Textes wird u. a. durch die Verwendung klarer Begriffe und Formulierungen, kurze und einfache Sätze sowie eine angemessene Gliederung gefördert. 1.3 Schriftliche Ausarbeitungen als Wissensspeicher Schriftliche Ausarbeitungen sind notwendig, um Wissen zu erfassen und zu dokumentieren. Dazu dienen seit vielen Jahrhunderten die wissenschaft‐ lichen Bibliotheken. Sie sind an den Universitäten bis heute im Zusam‐ menhang mit Forschungsfragen der zentrale Ort, an dem sich Material- und Dokumentensammlungen befinden und Quellenrecherche betrieben werden kann. In den letzten Jahrzehnten wurden die nutzbaren Buch- und Zeitschriftensammlungen durch eine „digitale Bibliothek“, die jeder über das Internet an seinem Arbeitsplatz nutzen kann, ergänzt. Auch das umfangreiche Berichtswesen in Unternehmen und anderen Organisationen übernimmt die Aufgabe, das für die vielfältigen Aufgaben und Aktivitäten notwendige Wissen zu speichern und verfügbar zu machen. Wie bei den heutigen Bibliotheken beinhaltet das Berichtswesen in den Organisationen neben den zahlreichen Dokumenten, Büchern und Dateien 14 1 Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung <?page no="15"?> auch die Technologien und Systeme zu ihrer Erfassung, Speicherung, Archi‐ vierung, Verwaltung und Bereitstellung. Das Berichtswesen ist damit eine methodische Maßnahme des Wissensmanagements. Die Aufgabe des Wissensmanagements besteht darin Wissen zu identifi‐ zieren, zu erfassen, zu speichern und verfügbar zu machen. Während früher zur Suche aufwendige Registraturen, Karteien und Ablagesysteme einge‐ richtet wurden, bedient man sich heute computergestützter Suchmaschinen. Voraussetzung ist, dass das vorhandene Wissen systematisch in Form von Dateien erfasst wurde. In den Unternehmen kann es sich z. B. um Wissen zur optimalen Anwendung eines Produktes, zu einer Produktionsmethode oder über den Markt, in dem das Produkt angeboten wird, handeln. Das Wissensmanagement beinhaltet auch den Erwerb von Wissen und die Weiterentwicklung des Bestandes entsprechend den Zielsetzungen der Organisation. So wird z. B. „Spezialwissen“ in Form von Beratungsberich‐ ten, Studien oder Fachzeitschriften zugekauft. Der bewusste Umgang mit schriftlichen Ausarbeitungen und ihr zielgerichteter Einsatz innerhalb der Organisation soll durch die bestehende Infrastruktur und Nutzungsregeln gefördert werden. In einer Wissensgesellschaft ist Wissen innerhalb der Unternehmen ein bedeutender immaterieller „Produktionsfaktor“, der neben die Produktions‐ faktoren der klassischen Volkswirtschaftslehre Kapital, Arbeit und Boden getreten ist. Wissen bildet mit Kreativität und Selektion die Basis für neue Ideen und Innovationen. Auf Grund der Konkurrenz und der stetigen Veränderungen ergibt sich für die Unternehmen ein Zwang zu Innovationen. Dabei handelt es sich um Neuerungen, wie z. B. ein neues Produkt, einen neuen Produktionsprozess oder/ und um eine neue Organisationsform zur Herstellung oder zum Vertrieb von Produkten. Gute Ideen führen nur dann zu einer Innovation, wenn sie technisch und wirtschaftlich umgesetzt und damit nutzbringend angewendet werden. Innovationen schaffen in der Regel Wettbewerbsvorteile und sind entscheidend für den technischen Fortschritt und den Bestand vieler Unternehmen. Damit Mitarbeiter auf den gemachten Erfahrungen und dem vorhandenen Wissen aufbauen können, ist es wichtig, dass das Wissen erfasst und einfach zugänglich ist. Man muss auch berücksichtigen, dass sich in den Natur- und Ingenieur‐ wissenschaften das Wissen stetig erweitert. Für die auf diesen Gebieten tätigen Mitarbeiter besteht daher ein Zwang zur Weiterbildung. Aufsätze in Fachzeitschriften sind neben Vorträgen meist die ersten verfügbaren Quel‐ len, in denen über neue Erkenntnisse und aktuelle Entwicklungen berichtet 15 1.3 Schriftliche Ausarbeitungen als Wissensspeicher <?page no="16"?> 4 Siehe: Die Geschichte der Leopoldina, verfügbar unter https: / / www.leopoldina.org/ ue ber-uns/ ueber-die-leopoldina/ akademiegeschichte/ , [Zugriff am 23.12.2021]. wird. Die Unternehmen versuchen durch Forschung und Entwicklung den Wissensbestand auf ihrem jeweiligen Gebiet zu erweitern bzw. an den jeweiligen Stand anzupassen. Teilweise geschieht dies auch in Kooperation mit Universitäten und sonstigen externen Forschungseinrichtungen. Durch die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwick‐ lungen ist auch das Umfeld eines Unternehmens einer stetigen Veränderung unterworfen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass man die Ver‐ änderungen erkennt und, dass sich das Wissen darüber im Unternehmen verbreitet und zum Allgemeingut wird. Dabei wird auch bisher Bekanntes an Aktualität verlieren. Letzteres erlebt man, wenn man alte Papierstapel mit Berichten, Akten und Veröffentlichungen durcharbeitet. Ein Teil der darin enthaltenen Informationen sind für die aktuelle Situation und die notwendigen Geschäftsprozesse nicht mehr relevant. Es ist daher wichtig, dass man auf aktuelles Wissen zugreifen kann und, dass es verständlich vermittelt wird. Historische Entwicklung Die Idee, Wissen zu erfassen und damit verfügbar zu machen, ist nicht neu. So hatten die Gründungsmitglieder der heute als Leopoldina bekannten Nationalen Akademie der Wissenschaft Deutschlands bei ihrer Gründung im Jahre 1652 das Ziel, eine Enzyklopädie zu verfassen. Man stellte jedoch fest, dass für die Erarbeitung der geplanten Enzyklopädie zunächst eine Sammlung von bereits vorliegenden Erkenntnissen und ihre Disskussion notwendig sind. 4 Im 18. Jahrhundert verfolgten die Franzosen Jean Baptiste le Rond, genannt d‘Alembert, Denis Diderot und weitere 142 Persönlichkeiten, u. a. Francois-Marie Arouet, der als Voltaire bekannt wurde, im Zuge der Auf‐ klärung das Ziel, ein auf Vernunft gegründetes Kompendium des gesamten Wissens ihrer Zeit zusammenzutragen. Sie schufen die große französische „Encyclopédie“, deren erster Band im Jahr 1751 erschien. Erst dreißig Jahre später lag die „Enzyklopädie“ oder „das nach Vernunftgründen bearbeitete Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Handwerke“ mit 34 Bänden und mehreren Ergänzungen abgeschlossen vor. Die Gruppe der Herausge‐ ber ging als die sogenannten Enzyklopädisten in die Geschichte ein. Sie 16 1 Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung <?page no="17"?> 5 Online-Ausgabe unter: www.kruenitz1.uni-trier.de dokumentierten den Stand des Wissens der damaligen Zeit und übten in einigen Beiträgen auch Kritik an den damals herrschenden Verhältnissen. In den vielen zum Teil kleinen Feudalstaaten war eine Zensur von gedruckten Werken damals üblich. Eine freie Meinungsäußerung, insbesondere zu theologisch-philosophischen Fragen, und eine Kritik an den herrschenden politischen und sozialen Verhältnissen waren mit Gefahren verbunden. Da‐ her erschienen zur damaligen Zeit auch viele Werke unter Decknamen oder anonym und/ oder mit fingierten Verlegernamen und Erscheinungsorten. 1768 erschien die „Encyclopaedia Britannica, a Dictionary of Arts and Sciences, compiled upon a new plan” in Edinburgh. Sie wurde von einer „Society of Gentlemen in Scotland“ sowie vom Graveur Anrew Bell und dem Drucker und Verleger Colin Macfarquhar herausgegeben. Die erste Ausgabe wurde 1771 mit einem dritten Band abgeschlossen. Die zweite Auflage erschien von 1777 bis 1784 bereits in zehn Bänden. 1773 erschienen in Berlin die ersten beiden Bände der „Oeconomischen Encyclopädie“ von Johann Georg Krünitz, die unter Mitwirkung und Ergän‐ zung durch weitere Autoren bis 1885 auf 242 Bänden anwachsen sollte. Sie ist wie die französische Enzyklopädie eine bedeutende Quelle zur Wirtschaft und Technik jener Zeit. 5 Friedrich Arnold Brockhaus, der 1805 in Amsterdam einen Verlag grün‐ dete, erwarb 1808 das unvollständige und in Deutsch verfasste „Conversa‐ tionslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten“ von Löbel und Franke aus Leipzig. Brockhaus zog 1811 nach Altenburg in Thüringen um, wo die zweite Auflage von 1812 bis 1820 in zehn Bänden erschien. Das Werk wurde als „Brockhaus Enzyklopädie“ fortgeführt. 2005 erschienen die ersten 10 von 30 Bänden der 21. Auflage sowie eine neue Version in digitaler Form. 2014 wurde jedoch der Vertrieb der „Brockhaus Enzyklopädie“ eingestellt. Ursache hierfür war sicherlich u. a. auch die starke Konkurrenz kostenloser Dienste im Internet, allen voran „Wikipedia“. Millionen von Menschen sind heute von einem ähnlichen Geist beseelt wie die zuvor genannten Enzyklopädisten und beteiligen sich an dem im Januar 2001 gestarteten Projekt „Wikipedia“. Sie entwickeln ein freies Online-Lexikon, das heute Beiträge in mehr als 250 Sprachen enthält. In Englisch sind bis Februar 2022 über 6,4 Millionen, in Deutsch mehr als 2,6 Millionen Artikel erschienen. Auch hierbei dient der schriftlich abgefasste 17 1.3 Schriftliche Ausarbeitungen als Wissensspeicher <?page no="18"?> Beitrag, ergänzt durch Abbildungen und Diagramme, dazu das Wissen unserer Zeit für jeden zugänglich zu machen. Das gesamte heutige Wissen würde jede Enzyklopädie sprengen. Es ist in vielen veröffentlichten und unveröffentlichten Schriften erfasst und dokumentiert. Unter anderem auch in unzähligen Fachaufsätzen und Fach‐ büchern. Sie sind Teil der Fachliteratur, die sich hauptsächlich an ein bestimmtes Fachpublikum wendet. Die technisch-wissenschaftliche Litera‐ tur ist auch eine Basis für den technischen Fortschritt. Sie richtet sich hauptsächlich an Ingenieure und Naturwissenschaftler und dient u. a. der Forschung und Entwicklung und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. 1.4 Zielorientierte schriftliche Ausarbeitungen Viele schriftliche Ausarbeitungen werden verfasst, um bestimmte Ziele zu erreichen. Sie sind damit zielbzw. zweckorientiert und müssen so abgefasst werden, dass sie den festgelegten Zielen dienen. Bei Anträgen ist z. B. die Bewilligung der beantragten Sache das Ziel. Andere Veröffentlichungen zielen darauf ab, die Kompetenz auf einem bestimmten Gebiet zu belegen. Sie werden z. B. nach dem Motto abgefasst „tue Gutes, und schreibe darüber“. In den überwiegenden Fällen werden der Autor bzw. die Autoren genannt. Die veröffentlichten Zusammenhänge werden mit ihnen in Verbindung ge‐ bracht. Bei positiven Zusammenhängen sind meist mit der Veröffentlichung auch direkte oder indirekte Vorteile für den Autor verbunden. In Unternehmen haben einige Abteilungen die Aufgabe, Informationen zu den angebotenen Produkten zu erfassen und potentiellen bzw. vorhandenen Kunden zur Verfügung zu stellen. Sie verfassen dazu z. B. Handbücher, Broschüren, Fachaufsätze und Whitepapers, die in gedruckter Form oder digital zur Verfügung gestellt werden. Damit werden direkt oder über den Vertrieb und das Marketing potentielle Kunden über die Produkte informiert. Zur Verbreitung von Informationen über die Presse sind in vielen Organisationen die eingerichteten Presseabteilungen zuständig. 18 1 Schriftliche Ausarbeitungen und ihre Bedeutung <?page no="19"?> 1.5 Schriftliche Ausarbeitungen als Leistungsnachweise In vielen Prüfungsordnungen werden als Prüfungsleistungen schriftliche Ausarbeitungen gefordert. Während eines Hochschulstudiums sind das u. a. Haus- und Belegarbeiten, Versuchsberichte, Bachelor-, Master- und Diplom‐ arbeiten. Die Dissertation ist im Rahmen der Doktorprüfung die wichtigste Prüfungsleistung, deren Bewertung in der Regel das Endergebnis wesentlich beeinflusst. Auch zur Habilitation sind der Nachweis eigener Veröffentlichun‐ gen sowie die Abfassung einer Habilitationsschrift notwendig. Die genannten schriftlichen Ausarbeitungen müssen bestimmten Anfor‐ derungen genügen und werden als Prüfungsleistung kritisch bewertet. Das wichtigste Bewertungskriterium ist die Originalität der Arbeit, die auf die Eigenleistung des Autors zurückzuführen ist. Bei experimentellen Arbeiten besteht diese u. a. in der Beschreibung der durchgeführten Versuche und der Darstellung und Diskussion der erzielten Ergebnisse, bei Literaturarbei‐ ten in der Sammlung, Sichtung und Auswertung der Literatur und der Darstellung der daraus gewonnen Ergebnisse zum Thema bzw. der zu untersuchenden Fragestellung. Bei anderen Arbeiten stehen eine eigene Prozessauslegung, eine entworfene Konstruktion oder ein mathematisches Modell zur Beschreibung bzw. Simulation eines bestimmten Vorgangs im Mittelpunkt der Betrachtung. Oft werden auch mehrere der oben genannten Aspekte in einer Arbeit verwoben, um die zu bearbeitende Fragestellung umfassend zu bearbeiten und um zu neuen Ergebnissen zu gelangen. Bei der Abfassung des Textes ist besonders darauf zu achten, dass die eigenen Beiträge zum Thema klar erkennbar sind und von bekannten und übernommenen Aussagen und Zusammenhängen abgegrenzt werden. Es kann jedoch sinnvoll und von Vorteil sein, eigene Überlegungen auf Bekanntem aufzubauen und in diesem Zusammenhang darzustellen und zu diskutieren. Auf diese Weise können neue Entwicklungen besser dargestellt und vom Leser entsprechend gewürdigt werden. Die richtige und angemes‐ sene Darstellung der eigenen Arbeiten und die Abgrenzung gegenüber den Arbeiten anderer, auf denen ggf. die eigenen Arbeiten aufbauen, stellt für Studenten und Doktoranden eine große Herausforderung dar. Bei Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten wird das Thema in der Regel vorgegeben. Bei Dissertationen ist die Thematik oft im Bereich eines größeren Forschungsvorhabens eingebunden, jedoch im Hinblick auf die Dissertation nicht detailliert vorgegeben. 19 1.5 Schriftliche Ausarbeitungen als Leistungsnachweise <?page no="21"?> 6 Karl Bühler: deutscher Mediziner, Psychologe und Philosoph (*1879 in Meckesheim, †1963 in Los Angeles); Schrift: K. Bühler: Sprachtheorie, Verlag G. Fischer, Jena (1934), Neudruck, Fischer (UTB), Stuttgart (1982). 2 Formen schriftlicher Ausarbeitungen 2.1 Die drei Stilarten Im Kapitel 1 wurde dargestellt, dass schriftliche Ausarbeitungen der Kom‐ munikation zwischen den Menschen dienen. Einem Modell der Kommuni‐ kation von Karl Bühler 6 , das im Folgenden sinngemäß auf das Geschriebene, den Text, angewendet wird, liegt die Überlegung zugrunde, dass der Aus‐ tausch von Gedanken, auf ■ den beschriebenen Gegenständen und Sachverhalten, ■ dem aufnehmenden Leser (Empfänger) und ■ der Person des Schreibenden (Autor bzw. Sender) basiert (Abb. 1). Im Mittelpunkt dieser Dreiecksbeziehung steht der Text z, über den kommu‐ niziert wird. Bühler hatte dabei hauptsächlich die akustisch wahrnehmbare Sprache als Werkzeug (Organon) betrachtet. Im Fall eines Autors ist es der Text. Er stellt nach dem Modell eine Vermittlerfunktion zwischen dem Autor und dem Leser dar. Er kann drei Funktionen ausüben: a. die Funktion der Darstellung eines Gegenstands oder Sachverhalts, b. die Funktion des Aufrufs bzw. des Appells, womit eine Wirkung des Schreibenden auf den Lesenden verbunden ist, und c. die Funktion des Ausdrucks bzw. der Ausstrahlung, wodurch die Bezie‐ hung des Schreibenden zum Leser dargestellt und bestimmt wird. Mit seinem Text kann der Autor die Gegenstände und Sachverhalte den Lesern auf verschiedene Weise vermitteln. Je nachdem, ob die Gegenstände und Sachverhalte, die Leser oder der Autor bei der Abfassung des Textes im Vordergrund stehen, unterscheidet man drei Stilarten: ■ den Sachstil, ■ den Wirkstil und ■ den persönlichen Stil. <?page no="22"?> Abb. 1: Organonmodell nach K. Bühler (1934) Sachstil Bei den schriftlichen Ausarbeitungen in den Natur- und Ingenieurwissen‐ schaften stehen die Sachverhalte und Gegenstände im Vordergrund, so dass der Sachstil meist angewendet wird (Abb. 2). In diesem Fall werden hauptsächlich Sachverhalte möglichst objektiv dargestellt bzw. erläutert. Der zugehörige Text wird klar und unbeeinflusst von den persönlichen Belangen des Schreibenden und der Absicht auf den Leser zu wirken abge‐ fasst. Der Text wendet sich an die Vernunft und das Erkennungsvermögen des Lesers. Es werden bekannte Begriffe verwendet. Neue oder weniger bekannte Begriffe werden erklärt bzw. definiert. Die Beschreibungen sind knapp, jedoch eindeutig und klar. Der Sachstil wird im Zusammenhang mit Mitteilungen, Berichten, wissenschaftlichen Abhandlungen sowie Skripten und Lehrbüchern angewendet. Abb. 2: Schema zur Wechselwirkung zwischen dem Autor und dem Leser 22 2 Formen schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="23"?> Wirkstil Beim Wirkstil wird mit dem Geschriebenen bzw. Text nicht nur der Zweck verfolgt den Leser zu informieren, sondern man möchte mit dem Text beim Leser auch eine Wirkung erzielen. Der Schreibende wendet sich an den Leser, um ihn entsprechend seinen Zielen zu beeinflussen. Daher werden die Worte mit Bedacht und im Hinblick auf ihre Wirkung gewählt. Bei Förderanträgen zu einem Projekt wird z. B. die positive Wirkung der möglichen Resultate in den Vordergrund gestellt. Der Wirkstil wird auch in Bewerbungen, Angebotsschreiben und Werbebroschüren angewendet. Dennoch ist Vorsicht geboten. Viele Mitarbeiter im Bereich des Marke‐ tings vergessen häufig bei technischen Beschreibungen zu Geräten, Maschi‐ nen und Apparaten, dass in technischen Bereichen mit nachprüfbaren Daten und Fakten beim Leser eine größere Wirkung erzeugt werden kann als mit Worten allein. Daher muss sich in diesem Bereich ein Text nicht sehr stark vom Sachstil unterscheiden. Dennoch sollte sich der Schreibende beim Abfassen des Textes bewusst sein, dass er mit dem Text gezielt eine Wirkung erzeugen will, und die Wortwahl daraufhin ausrichten. Das gilt auch beim Abfassen von Anträgen und der Einholung von Genehmigungen. Jedoch können auch darin „wohlklingende“ Worte und Versprechen in ihrer Wirkung verpuffen, wenn sie nicht mit Daten und nachprüfbaren Fakten unterlegt werden. So wird z. B. ein Prospekt zu einer technischen Anlage durch einen beigefügten Bericht im Sachstil, in dem über den erfolgreichen Betrieb einer ähnlichen realisierten Anlage berichtet wird, deutlich unterstützt. Bei einem schriftlichen Angebot muss zudem berück‐ sichtigt werden, dass es als eine Grundlage für einen Kaufvertrag dienen soll. Es muss daher auch den zugehörigen rechtlichen Anforderungen genügen. Persönlicher Stil Der persönliche Stil wird u. a. angewendet, wenn individuelle Gedanken, Ansichten und Meinungen beschrieben werden. Der Autor steht im Mittel‐ punkt und seine persönlichen Eindrücke bestimmen den Ausdruck. Der Text wird dabei von der jeweiligen Stimmung und Gemütslage des Autors beeinflusst. In Briefen wird z. B. damit die innere Verbundenheit des Schreibenden mit dem Empfänger ausgedrückt. Die Ausdrucksweise ist in der Regel natürlich und zwanglos. Sie sollte offen, echt und ehrlich sein. Oft ist sie auch herzlich und gewinnend im Ton. Der persönliche Stil wird im 23 2.1 Die drei Stilarten <?page no="24"?> persönlichen Schriftverkehr und in Schreiben zu bestimmten Anlässen (z. B. bei Gratulationen) angewendet. 2.2 Formen der schriftlichen Darstellung Entsprechend den verschiedenen Stilarten haben sich Grundformen der schriftlichen Darstellung entwickelt, die im Folgenden näher betrachtet werden. Eine Sache bzw. ein Sachverhalt kann mitgeteilt, berichtet, geschil‐ dert, erzählt, beschrieben oder erläutert bzw. erörtert werden. Zwischen den einzelnen Möglichkeiten der Darstellung und des Gedankenaustausches bestehen grundlegende Unterschiede, die man kennen und beachten sollte. Die erfolgreiche Montage einer technischen Anlage kann kurz mitgeteilt oder ausführlich in einem Bericht dargestellt werden. Alles, was berichtet werden kann, kann auch erzählt werden. Gegenstände (z. B. Apparate, Ma‐ schinen, Geräte) und Personen werden beschrieben. Probleme und Themen werden abgehandelt oder erörtert. Man kann z. B. über einen Besuch in einem Unternehmen kurz berichten oder man kann den Besuch ausführlich schildern oder über ihn lang und breit erzählen. Die Wahl der Form der schriftlichen Darstellung ist von der gestellten Aufgabe bzw. vom Zweck, den man verfolgt, abhängig. Da bei den schrift‐ lichen Ausarbeitungen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften der Sachverhalt bzw. der Gegenstand im Vordergrund steht, wird der Sachstil angewendet. Grundformen der schriftlichen Darstellung im Sachstil Grundformen schriftlicher Darstellungen, die überwiegend im Sachstil abgefasst werden, sind: ■ die Mitteilung, ■ der Bericht, ■ die Beschreibung, ■ die Abhandlung (der Fachbeitrag). Auf diese Grundformen der schriftlichen Darstellung wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen. 24 2 Formen schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="25"?> Grundformen der schriftlichen Darstellung im persönlichen Stil Im persönlichen Stil werden u. a. Schilderungen, Erzählungen und Novellen abgefasst. Sie sind für die professionelle Arbeit eines Ingenieurs oder eines Naturwissenschaftlers von untergeordneter Bedeutung. Im persönlichen Bereich, z. B. in Briefen und Biografien, werden diese Formen angewendet. Sie sind auch für viele andere Bereiche der Literatur relevant. Der persön‐ liche Stil zeichnet sich dadurch aus, dass der Sachverhalt, z. B. der Ablauf eines Geschehens, betont subjektiv dargestellt wird. Das persönlich Erlebte oder das im Zusammenhang Erdachte wird ausgeführt. Dabei kann auch Nebensächliches subjektiv in den Blickpunkt gestellt werden. Journalistische Formen schriftlicher Ausarbeitungen Besondere Formen schriftlicher Ausarbeitungen haben sich im Journalismus herausgebildet. Hierzu gehört u. a. die Nachricht, die Reportage, das Inter‐ view und der Kommentar. In einer Nachricht wird z. B. in knapper Form über ein Ereignis berichtet. Sie weist daher die Merkmale einer Mitteilung auf (siehe Abschnitt 2.3). Reportagen werden vom Autor aufgrund von erlebten Gegebenheiten abgefasst. Während ein klassischer Bericht im Sachstil ab‐ gefasst wird, kann ein Autor in einer Reportage auch über erlebte Emotionen und subjektive Empfindungen berichten. Ein Feature weist Elemente einer Reportage und einer Abhandlung auf. Es werden Sachverhalte in Form einer Reportage erläutert und gleichzeitig auch Hintergründe beleuchtet und Schlüsse bzw. Thesen abgeleitet. Zu den journalistischen Darstellungsformen zählt man oft auch den Essay. Insbesondere dann, wenn die strengen formalen und wissenschaftlichen Kriterien, die bei einer wissenschaftlichen Abhandlung zu beachten sind, und die im Abschnitt 2.6 und im Kapitel 4 näher behandelt werden, teilweise vernachlässigt werden. Wie bei einer Abhandlung behandelt der Autor in einem Essay aufgrund seiner Erfahrungen und seinem Wissen einen bestimmten Sachverhalt bzw. ein Thema. Bei einem Interview wird durch gezielte Fragen an eine Person versucht, Informationen zu ermitteln. Je nach Zielsetzung des Interviews können sich die Fragen mehr auf das Erlebte der befragten Person, auf ihre Erfahrungen oder ihre Meinung zu Sachverhalten beziehen. Auffallend während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 war, dass die nicht-fachliche Öffentlichkeit über wissenschaftliche Inhalte hauptsächlich durch die Forschenden durch Beantwortung von Journalistenfragen infor‐ 25 2.2 Formen der schriftlichen Darstellung <?page no="26"?> miert wurde. Ausführliche Beiträge im Wissenschaftsteil von Zeitungen spielten eine untergeordnete Rolle. 2.3 Die Mitteilung Die Mitteilung vermittelt in knapper Form ohne Wertung Tatsachen und Informationen. Sie wird im Sachstil abgefasst und ist knapp in der Darstellung und kurz an Umfang, enthält jedoch alle Informationen, die weitergegeben werden sollten. Viele Mitteilungen werden heute in Form einer E-Mail abgefasst und versendet. Amtliche Mitteilungen und Schriftstücke mit juristischen Kon‐ sequenzen werden aus rechtlichen Gründen auch heute noch per Post zugestellt. 2.4 Der Bericht Ein Bericht soll präzise, objektiv und sachlich über einen Vorgang, eine Handlung oder eine Entwicklung im Zusammenhang informieren. Er ist stets sachbezogen. Einseitige Darstellungen, subjektive Wertungen, Überbzw. Untertreibungen sowie ungenaue Beschreibungen und Quantifizierun‐ gen sollten unter allen Umständen vermieden werden. Die Ursprungsform ist der Augenzeugenbzw. Erlebnisbericht. Bei experimentellen Arbeiten sind Laborberichte abzufassen. Praktikumsberichte z. B. informieren über Tätigkeiten, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Im Rahmen von Projektarbeiten sind Zwischen- und Abschlussberichte abzufassen. Auch Besuchs- und Reiseberichte sind im Zusammenhang mit dem Berichts‐ wesen eines Unternehmens anzufertigen. Es handelt sich bei ihnen um dauerhafte, in sich abgeschlossene Dokumente. Ein Bericht kann Personen, welche z. B. die Vorgänge und Sachverhalte miterlebt und die Absprachen mit getroffen haben, als Erinnerungshilfe dienen. Anderen Personen dient ein Bericht als Information. Im Falle einer unklaren Sachlage kann ein Bericht zur Klärung beitragen. In diesem Zu‐ sammenhang kann er sogar als beweiskräftiges Dokument gewertet werden. Ein Bericht informiert über einen tatsächlichen Verlauf oder ein Gesche‐ hen. Er muss begrifflich klar und inhaltlich korrekt sein. Abkürzungen und Fachbegriffe sollten erklärt werden. Ein Bericht sollte Fragen beantworten und keine neuen Fragen aufwerfen. Sein Detaillierungsgrad sollte dem jeweiligen Nutzerkreis und Verwendungszweck angemessen sein. Damit 26 2 Formen schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="27"?> er die notwendigen Informationen enthält, sollte man beim Abfassen die sogenannten W-Fragen beantworten. Die Beantwortung dieser Fragen führt dazu, dass der Leser nach der Lektüre des Berichtes weiß, ■ wer, wann, wo, was gemacht hat, ■ warum berichtet wird, ■ was im Einzelnen wie und wodurch gemacht bzw. bewirkt wurde und ■ welche Ergebnisse erzielt und welche Erkenntnisse daraus gewonnen bzw. welche Schlussfolgerungen daraus gezogen wurden. Eine Basis zur Abfassung eines Berichtes sind Aufzeichnungen in Notiz‐ büchern und sonstigen Mitschriften. Bei der Abfassung von Berichten über eigene experimentelle Arbeiten leistet ein gut geführtes Laborbuch wertvolle Dienste (siehe Abschnitt 3.3). Das Protokoll Auch das Protokoll einer Verhandlung, Besprechung, Sitzung oder Ver‐ sammlung kann als Bericht abgefasst werden. Ein Protokoll dient oft Beweiszwecken und kann zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten herangezogen werden. Daher ist auf eine möglichst genaue Protokollierung der Vorgänge und Abläufe zu achten. Eine Sonderform ist das Beschluss- oder Ergebnisprotokoll, bei dem nur Beschlüsse (Abmachungen, Festlegun‐ gen), die in die Zukunft hineinwirken, formuliert und erfasst werden. Ein Abnahmeprotokoll wird nach Abschluss einer größeren Arbeit (z. B. Montage und Inbetriebnahme einer Maschine) angefertigt. Es bestätigt, dass keine Mängel festgestellt wurden oder es führt die Mängel, ggf. im Zusammenhang mit dem zeitlichen Verlauf der Inbetriebnahme, auf. Ein Protokoll wird mindestens von einem Protokollanten, oftmals auch von anderen Teilnehmern des Geschehens, unterschrieben. Damit wird die Richtigkeit des protokollierten Sachverhalts bestätigt. 2.5 Die Beschreibung In einer Beschreibung wird ein vorhandener Sachverhalt, wie z. B. das räum‐ liche Nebeneinander und das Zusammenwirken der Bauteile einer Apparatur, objektiv dargestellt. Eine sachliche, auf genauer Beobachtung beruhende schriftliche Darstellung eines Gegenstandes, einer Örtlichkeit oder einer 27 2.5 Die Beschreibung <?page no="28"?> Person wird verlangt. Eine Beschreibung im engeren Sinne soll das Bild vermitteln, das ein Foto von einem Gegenstand zeigt. Darüber hinaus können z. B. auch kurz die Funktionen und Aufgaben einzelner Baugruppen einer Apparatur erklärt werden. Folgende Formen können unterschieden werden: Gegenstands-, Bild-, Gelände- und Baubeschreibung, „Steckbrief“. Bei technischen Geräten sind mit einer Beschreibung des Gegenstandes oft auch die Beschreibung der Gerätefunktion, die Aufzählung technischer Daten und ggf. der Einsatzgrenzen verbunden. 2.6 Die Abhandlung, der Fachbeitrag In einem Fachbeitrag bzw. einer Abhandlung wird ein Sachverhalt bzw. ein Thema in einer übersichtlichen Ordnung dargestellt. Die objektive Abhandlung beruht auf den Kenntnissen und der Erfahrung des Autors. Er setzt sich objektiv mit einem fachlichen bzw. wissenschaftlichen Thema auseinander. Formen der Abhandlung sind z. B. das Manuskript zu einem Vortrag bzw. Referat, ein Fachaufsatz, eine Fach-, Studien-, Bachelor-, Diplombzw. Masterarbeit oder eine Dissertation. Eine wissenschaftliche Abhandlung bezieht sich auf Sachverhalte im Zusammenhang mit der Forschung und Lehre. Sie steht in Verbindung mit der Suche nach neuen Erkenntnissen und soll die gewonnen Erkenntnisse beschreiben und dokumentieren. Formen der wissenschaftlichen Abhand‐ lung sind z. B. der Fachbeitrag in einer Fachzeitschrift (wissenschaftliche Veröffentlichung), eine wissenschaftliche Monografie, ein Beitrag zu einem Handbuch oder eine Dissertation. Eine subjektive Abhandlung eines oder mehrerer Autoren beinhaltet eine selbstständige, persönlich-wertende Auseinandersetzung mit einem Sach‐ verhalt bzw. Problem. Oftmals sind objektive und subjektive Gesichtspunkte in einer Abhandlung enthalten, wobei jedoch diese durch die gewählte Gliederung zu unterscheiden sind. So kann z. B. in einem Abschnitt mit der Überschrift „Stand der Technik“ objektiv über diesen berichtet werden und im Abschnitt „Schlussfolgerungen“ subjektiv der Stand der Technik bewertet oder kritisiert werden. Die in den Kapiteln 3 und 4 behandelten Hinweise und Regeln beziehen sich überwiegend auf die Abfassung von Berichten, Fachbeiträgen und Abhandlungen. 28 2 Formen schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="29"?> 3 Das Schreiben als kreativer Prozess 3.1 Das Abfassen von Fachbeiträgen In Kapitel 2 werden verschiedene Formen schriftlicher Ausarbeitungen vorgestellt. Dabei werden der Fachbeitrag bzw. die Abhandlung sachlich und stilistisch gegenüber anderen Grundformen abgegrenzt und charakterisiert. In einem Fachbeitrag wird ein Thema abgehandelt. Dieses wird oft nach wissenschaftlichen Grundsätzen beschrieben und näher untersucht. Kenn‐ zeichnend dabei ist eine logische Gedankenfolge, die von der Einführung in das Thema zu den neuen Ergebnissen bzw. Erkenntnissen führt. Bei ingenieurwissenschaftlichen Arbeiten steht oft ein technisches Problem im Mittelpunkt, für das Lösungsmöglichkeiten untersucht und beschrieben werden. Bei einer umfangreichen Ausarbeitung werden die Gedanken und Sichtweisen bereits mit der Gliederung geordnet. Dadurch werden der logische Aufbau und die eigenen Argumente verstärkt und leichter erfass‐ bar. Eigene Ergebnisse werden nicht einfach mitgeteilt, sondern aufgrund eigener experimenteller und/ oder theoretischer Arbeiten derart erläutert, dass der Leser sie nachvollziehen und überprüfen kann. Voraussetzungen und Annahmen, die den Betrachtungen zugrunde liegen, werden mitgeteilt und begründet. Entwickelte theoretische Modelle werden hergeleitet und im Zusammenhang mit den daraus erhaltenen Ergebnissen diskutiert. Dabei kann auch auf fremde Arbeiten und Ergebnisse zum Thema Bezug genom‐ men werden. Das Abfassen eines Fachbeitrages ist ein kreativer Prozess. Die Kreativität besteht darin, dass der Text entsprechend dem Thema und der Zielsetzung aufgrund der subjektiven Wahrnehmung des Autors, seinem Wissen und seinen Erfahrungen neu erstellt wird. Der Begriff „Kreativität“ bedeutet, dass „etwas neu erschaffen“, „etwas erfunden“ und „etwas hergestellt“ wird. Ein kreativer Prozess hat jedoch auch etwas mit Bekanntem zu tun, da das Neue erst durch die Beschreibung des Bekannten als das Neue erkannt wird. Das Neue kann sich auch dadurch ergeben, dass man Bekanntes auswählt, auswertet und in einem neuen Kontext erörtert und daraus zu einer neuen Erkenntnis gelangt. Die Kreativität beim Schreiben beinhaltet demnach die Kombination von Informationen, Wissen und Erkenntnissen in der Form <?page no="30"?> 7 A. Frank, S. Lahm: Das Schreiblabor als lernende Organisation. In: A. Hirsch-Weber, St. Scherer (Hrsg).: Wissenschaftliches Schreiben in Natur- und Technikwissenschaften. Springer Fachmedien, Wiesbaden (2016). eines für den Leser interessanten und möglichst leicht verständlichen Texts. Der Leser soll quasi von der Aufgabenstellung bis zur Lösung bzw. von der Zielsetzung bis zum Ergebnis durch den Text geführt werden. Im anglo-amerikanischen Raum wird das „professionelle Schreiben“, d. h. das Schreiben von Journalisten, Schriftstellern und Kaufleuten, mit dem Begriff „creative writing” belegt. Man geht dabei davon aus, dass das Formu‐ lieren und Schreiben lern- und trainierbar sind. Entsprechend wurden dafür eigens Studiengänge an Hochschulen und zugehörige Kurse eingerichtet. In Deutschland werden entsprechende Kurse an einigen Hochschulen seit den 1990er Jahren angeboten. 7 Die Abfassung eines Textes kann als Prozess mit unterschiedlichen Arbeitsphasen betrachtet werden. Analog zu den Phasen einer Projektbear‐ beitung, die den Ingenieuren geläufig sind, können folgende Arbeitsphasen unterschieden werden: ■ Festlegung bzw. Erfassung des Themas, ■ Stoffsammlung; Durchdenken des Stoffes, ■ Sichten, Auswählen und Gliedern des Stoffes, ■ Einordung der eigenen Arbeiten, ■ Abfassen und Ausarbeiten von Textpassagen, ■ Zusammenstellung der Passagen zum fertigen Fachbeitrag, ■ Überarbeitung des gesamten Textes. Im Laufe der Arbeit ergeben sich dadurch ein Vorentwurf, ein Rohmanu‐ skript und die Reinschrift (Abb. 3). Festlegung bzw. Erfassung des Themas Entsprechend einer klaren Zielsetzung bei einer Projektbearbeitung sind eine klare Festlegung des zu behandelnden Themas sowie die mit der schrift‐ lichen Ausarbeitung verfolgten Ziele Voraussetzungen für das gute Abfassen eines Textes. Aufgrund einer Idee, einer Hypothese bzw. einer Initiative wird das Thema gewählt und die mit der Ausarbeitung verfolgten Ziele vorgegeben. Dabei muss auch berücksichtigt werden, was der zukünftige Leser erwartet. Bei einem wissenschaftlichen Fachbeitrag ist oft die Dar‐ stellung und Einordnung eigener (neuer) Ergebnisse und Erkenntnisse zu 30 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="31"?> utb-M-Format, Satzspiegelbreite 11 cm Idee Initiative Thema Vorentwurf Zettelmanuskript Entwurf Rohmanuskript Reinschrift Abb. 3: Arbeitsphasen zur Ausarbeitung eines Manuskripts einem Thema bzw. einem technischen Problem die wesentliche Zielsetzung. Damit verbunden ist häufig ein Bericht über geleistete Arbeiten in einem bestimmten Zeitraum. Bei der Abfassung des Textes kommt es darauf an, dass er das Wesentliche und Treffende zum Thema enthält, das in einer sehr kurzen Form mit der Überschrift erfasst wird. In der Einleitung kann dargelegt werden, in welchem Zusammenhang die Thematik relevant ist, und warum man sich mit dem Thema befasst. Stoffsammlung; Durchdenken des Stoffes Umfangreiche Arbeiten, wie z. B. Artikel für eine Fachzeitschrift oder eine Examensarbeit, verlangen eine ausführliche Stoffsammlung und ein Erfassen der darin aufgeführten Gedanken und Ergebnisse. Bei einem Fachaufsatz muss man zwischen einem Übersichtsartikel, der neben eigenen Arbeiten auch fremde Arbeiten mit einbezieht, und einem Bericht bzw. einem Fachbeitrag, bei dem eigene Arbeiten und Ergebnisse im Mittelpunkt stehen, unterscheiden. Auch im letzteren Fall ist es meist sinnvoll auf verwandte fremde Arbeiten hinzuweisen, um die eigenen Arbeiten in einem Zusammenhang darzustellen und einzuordnen. Man sollte den Stand der 31 3.1 Das Abfassen von Fachbeiträgen <?page no="32"?> Erkenntnisse zum Thema in der Literatur gründlich recherchieren und darüber berichten. Im Zusammenhang mit dem Lesen fremder Fachaufsätze und Bücher ist es sinnvoll sich Notizen zum Inhalt, sogenannte Exzerpte, anzufertigen. Sie enthalten u. a. Daten, Gedankengänge, Argumente und Literaturhinweise oder auch sinngemäße oder wörtliche Zitate. Getrennt davon können darin auch eigene Kommentare und Ideen sowie Querverweise aufgeführt wer‐ den. Diese Aufzeichnungen dienen der Stoffsammlung und der Einordnung der gelesenen Texte im Zusammenhang mit dem zu behandelnden Thema. Ein Exzerpt soll das Datum der Niederschrift, die bibliographische Angabe zum gelesenen Text (Verfasser, Titel, Zeitschrift oder Buch, Seitenzahl, Erscheinungsjahr) enthalten. Im Laufe der Arbeit kann man so wieder auf Literaturstellen zugreifen, um ggf. noch bestehende Unklarheiten zu klären. Entsprechend der Aufgabenstellung werden die vorliegenden Notizen und Entwürfe von Texten zu einer losen Stoffsammlung zusammengetragen. Dabei ist es notwendig, das Thema gründlich zu durchdenken. Damit möglichst viele Aspekte berücksichtigt werden, wird empfohlen auch nach sogenannten „Schlüsselfragen“ vorzugehen. Solche Fragen sind z. B.: Worin besteht das Problem? Was sind seine Auswirkungen? Wie kann man Abhilfe schaffen? Welche Lösungen sind bekannt bzw. werden vorgeschlagen? Welche Alternativen gibt es? Wie groß ist der Aufwand? Was sind Vorbzw. Nachteile? Die aufgeführten Schlüsselfragen sind nicht im Zusammenhang mit jedem Thema sinnvoll. Mit ihnen soll lediglich dargestellt werden, dass man bei der Erfassung eines Problems und der zugehörigen Stoffsammlung systematisch vorgehen kann. Durch geschickt gewählte Fragen kann man sich eine Übersicht über das eigene und vorhandene Wissen erarbeiten und auch Wissenslücken aufspüren. Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist es dann sinnvoll, Gedanken in Stichworten oder kurzen Sätzen, ohne an die Verwertbarkeit zu denken, schriftlich zu erfassen. Sichten, Auswählen und Gliedern des Stoffes Meist gehen die Aufzeichnungen und die Sammlung der Gedanken über das „eigentliche“ Thema hinaus. Dies ist auch notwendig, da man sich auf diese Weise ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat und oft dadurch erst in der Lage ist, das Wichtige vom weniger Wichtigen zu unterscheiden. 32 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="33"?> Nicht alles, was man gelesen und damit auch durchdacht und in sich aufgenommen hat, muss in die eigentliche Ausarbeitung übernommen werden. Man wird aus der Fülle dessen, was man zum Thema notiert und gesammelt hat, einiges als randständig erklären und weglassen. Nur das Wichtigste zum Thema wird ausgewählt und ggf. noch „verdichtet“. Der Text sollte so abgefasst werden, dass er die zu erklärenden Zusammenhänge und Gedanken treffend beschreibt. Während der Arbeit werden ggf. noch Lücken erkennbar, welche durch weitere eigene Arbeiten (z. B. in Form von Berechnungen, Abschätzungen, weiteren Experimenten) oder Literaturrecherchen geschlossen werden kön‐ nen. Einordung der eigenen Arbeiten Die methodische Vorgehensweise bei den eigenen Untersuchungen muss erläutert werden. Dabei kann zwischen theoretischen, empirischen und experimentellen Untersuchungen unterschieden werden. Auch die Überle‐ gungen zur Auswahl der Vorgehensweise sind von Interesse. Hierbei kann auch auf verwandte Arbeiten, die in der Literatur beschrieben werden, Bezug genommen werden. Danach sind die genutzten Methoden und die eigenen Ergebnisse zum Thema zu beschreiben und im Zusammenhang mit bekann‐ ten Ergebnissen aus der Literatur zu diskutieren. Eigene Aufzeichnungen, die im Laufe der Untersuchungen angefertigt wurden und z. B. in einem Laborbuch (siehe Abschnitt 3.3) erfasst sind, können dabei gute Hilfe leisten. Abfassen und Ausarbeiten von Textpassagen Die Abfassung eines Manuskriptes kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Während dieser Zeit können evtl. einige Abschnitte aufgrund der vorliegenden Unterlagen bereits vollständig niedergeschrieben werden. So ist bei vielen Arbeiten das behandelte Problem meist frühzeitig bekannt. Bei einer experimentellen Arbeit können auch die verwendeten Geräte und Apparaturen sowie die eingesetzten Stoffsysteme oft in einer frühen Phase beschrieben werden. Dabei gilt der Grundsatz „so exakt und knapp wie mög‐ lich“. Die in diesem Zusammenhang aufgeführten Literaturhinweise können entsprechend eingefügt und mit der Erstellung des Literaturverzeichnisses kann begonnen werden. Eigene Ergebnisse können im Zusammenhang mit theoretischen Überle‐ gungen oder experimentellen Befunden präsentiert werden. Dabei ist es 33 3.1 Das Abfassen von Fachbeiträgen <?page no="34"?> auch wichtig, die Ergebnisse im Zusammenhang mit dem bereits Bekannten darzustellen und sie in das betreffende Wissensgebiet einzuordnen. Im Zusammenhang mit dem Stand der Wissenschaft und Technik können sich jedoch noch Lücken ergeben. So kann z. B. noch offen sein, ob ein ermittelter Energiebedarf als hoch oder niedrig bewertet werden kann. Um eine solche Aussage zu treffen, ist die Kenntnis des aktuellen Standes notwendig. Außerdem kann es schwierig sein, vom eigenen Standpunkt aus auf zukünftig mögliche Entwicklungen zu schließen. Solche Aussagen kön‐ nen ggf. durch theoretische Abschätzungen und Grenzwertbetrachtungen gestützt und ermöglicht werden. Diese werden meist in der Endphase der Manuskripterstellung durchgeführt. Beim Sammeln und Zusammenstellen der eigenen Daten zu Textpassagen leisten Aufzeichnungen in einem Heft und/ oder in einem gut geführten Laborbuch (siehe Abschnitt 3.3) und/ oder in angelegten Dateien in einem Computer gute Dienste. Sie können bereits eigene Formulierungen und Textpassagen enthalten, die in das Manuskript eingefügt werden können. Im Laufe der Arbeiten entstehen Passagen des Manuskripts (in Zeiten, in denen ein Manuskript noch handschriftlich abgefasst wurde, sprach man auch von einem „Zettelmanuskript“), das durch eine erste Gliederung bereits eine Struktur annimmt. Beim Schreiben von Texten werden Gesichtspunkt nach Gesichtspunkt behandelt und formuliert. Manche schreiben „druckreif “, d. h. sie formu‐ lieren jeden Satz gleich stilistisch und grammatikalisch einwandfrei. Das dauert meist länger, spart dafür später Zeit beim Überarbeiten. Es besteht dabei jedoch die Gefahr, dass bei der Ausformulierung des Textes der Gedankenfluss gehemmt wird und, dass man die Übersicht über das Ganze verliert. Es können dadurch Brüche in der logischen Abfolge der Gedanken und dadurch auch im logischen Aufbau des Textes entstehen. Beim schnel‐ len Niederschreiben, ohne Achtung auf stilistische und grammatikalische Feinheiten ist dagegen eine meist umfangreiche Nacharbeit notwendig. Bei der Abfassung von Textpassagen kann ein Diktiergerät oder ein Dik‐ tierprogramm, mit dem das gesprochene Wort direkt vom Computer erkannt und in ein Textprogramm eingegeben wird, nützlich sein. Insbesondere bei „schreibfaulen“ Autoren werden beim Diktieren die Sätze oft besser ausformuliert und ein „flüssiger“ Schreibstil umgesetzt. Generell kann empfohlen werden, jeden Text zur Kontrolle öfter laut zu lesen. Man erkennt dabei oft, dass sich der Schreibstil innerhalb des Manuskriptes verändert 34 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="35"?> und, dass sich einzelne Passagen dem Leser nicht direkt erschließen, so dass Umformulierungen notwendig werden. Zusammenstellung der Passagen zum fertigen Fachbeitrag Ein Autor hat in der Regel, entsprechend seinen Vorstellungen und Erfah‐ rungen zum Thema, bereits sehr früh innerlich eine erste Gliederung vor Augen, die er in Form eines ersten Inhaltsverzeichnisses zu Papier bringt. Dies ist ein wesentlicher Teil des kreativen Prozesses zum Abfassen der Thematik. Dabei wird der vorhandene oder zukünftige Text in Kapitel und Abschnitte gegliedert. Eine sorgfältige Gliederung ist eine gute Grundlage für die folgende Abfassung des Rohmanuskriptes. Im Zusammenhang mit der Gliederung kann auch der notwendige und der erreichte Umfang der Arbeit grob abgeschätzt werden. Danach werden vorliegende Textpassagen entsprechend der Gliederung eingeordnet und mit fremden Aussagen, ggf. auch mit Literaturzitaten und den zugehörigen Literaturhinweisen, verknüpft. Auf diese Weise entsteht das Rohmanuskript. Bei einer Bearbeitung im Computer ist es sinnvoll im Laufe der Bearbeitung einzelne Manuskriptversionen mit dem jeweiligen Datum getrennt zu speichern. Dadurch kann man jederzeit die Entwicklung des Textes nachvollziehen. Man wird im Laufe der Arbeit feststellen, dass man nicht alle erstellten Unterlagen im Manuskript verwerten kann. Oft ist es sinnvoll, auf einige bereits formulierte Texte zu verzichten. In der Regel wird am Beginn der Arbeit das zu behandelnde Thema breiter angelegt, als es dann im endgül‐ tigen Manuskript umgesetzt ist. Am Beginn der Arbeit werden oft mehrere kreative Versionen zur Abhandlung des Themas erarbeitet, während im Laufe der Abfassung des Textes nur eine umgesetzt wird. Bei der Abfassung des Rohmanuskriptes ist darauf zu achten, dass die Inhalte in einer sinnvollen, d. h. logischen Reihenfolge, abgehandelt werden. Es wird geprüft, dass keine Gedankengänge im Text wiederholt werden und alle aufgeführten mit dem Thema verbunden sind. Nach Vollendung des Rohmanuskriptes sollten darin das Thema bzw. das behandelte Problem erfasst sein, und die Gedanken zum Thema im Ablauf richtig angeordnet und im Zusammenhang verständlich dargelegt sein. Die Gliederungspunkte sollten sich nicht überschneiden, was bedeutet, dass in jedem Abschnitt möglichst nur ein Aspekt des Themas, entsprechend der Überschrift des Gliederungspunktes, behandelt wird. Es sollte eine logische Folge von 35 3.1 Das Abfassen von Fachbeiträgen <?page no="36"?> Betrachtungen zum Thema entstehen, so dass sich eine Steigerung vom „Bekannten“ zum „Neuen“ ergibt. Überarbeitung des gesamten Textes (Redigieren) Mit fortschreitender Ausarbeitung des Manuskriptes werden Abweichun‐ gen vom einmal eingeschlagenen Weg sehr aufwendig. Dennoch werden bei der Abfassung eines Manuskriptes immer wieder Situationen auftreten, die eine Ergänzung oder neue Ausarbeitung von zuvor bearbeiteten Abschnit‐ ten erfordern. Das Rohmanuskript wird redigiert. Es kommt häufig vor, dass man einen Text nach einer bestimmten Zeit anders bewertet als kurz nach der Niederschrift. Bereits der Abstand von ein bis zwei Tagen kann eine veränderte Beurteilung zur Folge haben. Manches erscheint dann umständlich formuliert oder als entbehrlich. Daher sind oft wesentliche Verbesserungen möglich, wenn eine Überarbeitung des Manuskriptes nach einem zeitlichen Abstand erfolgt. Dabei können Aussagen noch treffender formuliert werden, Begriffe erklärt und ggf. noch Kürzungen vorgenommen werden, um nicht von den eigentlichen Kernaussagen abzulenken. Ein Mittel um letzte stilistische Mängel und Fehler aufzuspüren, ist das laute und langsame Lesen des Textes. Außer dem Auge ist dabei auch das Ohr am Prüfen beteiligt. Es ist auch sinnvoll, den Text jemandem zum kritischen Gegenlesen zu überlassen. So können Ungereimtheiten und Fragen, die durch den Text aufgeworfen werden, entdeckt werden. Vorgeschlagene Änderungen durch andere Personen sollten jedoch kritisch geprüft werden. Bei der Abfassung des Manuskripts muss auch darauf geachtet werden, dass vorgegebene formale Vorgaben zur Abfassung des Textes umgesetzt und eingehalten werden. Entsprechende Vorgaben werden für Manuskripte z. B. von Verlagen aufgestellt. Es existieren meist auch Vorgaben für Bache‐ lor- und Masterarbeiten, die an den Hochschulen meist von den Fakultäten bzw. Lehrstühlen und Instituten vorgegeben werden, und für Dissertationen von den Fachbereichen bzw. Fakultäten festgelegt werden. Bei Anträgen muss bereits die Gliederung bestimmten Vorgaben genügen. Korrigieren Man sollte bestrebt sein, einen möglichst fehlerfreien Text als Reinschrift zu erstellen. Das Korrekturlesen des Textes von mehreren Personen kann helfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Anerkennung des zukünftigen Lesers 36 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="37"?> für den Inhalt wird auch durch die Textgestaltung und eine fehlerfreie Schreibweise gefördert. In einem letzten Schritt werden daher Tipp- und Rechtschreibfehler korrigiert und sprachliche Unschönheiten noch verbes‐ sert. 3.2 Überlegungen zur Gliederung Das Rohmanuskript beinhaltet eine Einleitung, einen Hauptteil, der in mehrere Kapitel oder Abschnitte unterteilt ist, und einen Schluss. Einleitung, Hauptteil und Schluss müssen hinsichtlich des Umfanges in einem bestimm‐ ten Verhältnis zueinanderstehen. Bei Bachelor- und Masterarbeiten oder bei Anträgen wird der Gesamtumfang oft vorgegeben. Einleitung Im ersten Kapitel einer Arbeit wird die behandelte Thematik benannt und begründet, warum man sich damit befasst. Dabei muss man darauf achten, dass man sofort das Interesse und damit auch die Aufmerksamkeit des Lesers gewinnt. Daher soll der erste Gedanke in der Einleitung bereits einen Zusammenhang mit der Thematik herstellen. Günstig ist, wenn der Leser früh die behandelte Problematik erfasst und erkennt, dass sie auch für ihn von Bedeutung ist. Am Ende der Einleitung sollte ihm klar sein, warum man sich mit der Thematik beschäftigt und welche Zielsetzung man verfolgt. Man kann auf verschiedene Weise in eine Thematik einsteigen. Einige Beispiele werden im Folgenden aufgeführt: a. Vom Allgemeinen zum Besonderen (deduktive Methode) Man geht von einem allgemeinen Gedanken aus und leitet von ihm aus auf das spezielle Thema über. b. Vom Besonderen zum Allgemeinen (induktive Methode) Man geht von persönlichen Erfahrungen, bestimmten Befunden, einem konkreten Fall oder einer bestimmten Situation aus und formuliert darauf aufbauend das allgemeine Problem, das näher behandelt werden soll. Da meist das Besondere fesselnder ist als das Allgemeine, gewinnt man damit meist schnell die Aufmerksamkeit des Lesers. c. Einführung auf Basis von Begriffen und ihrer Erläuterung Man geht von Begriffen aus, welche das Thema betreffen und führt in die Thematik ein, indem man die Begriffe erläutert. Offene Fragen 37 3.2 Überlegungen zur Gliederung <?page no="38"?> können formuliert werden, für die man dann im folgenden Hauptteil nach Antworten sucht. d. Einführung auf Basis der Beschreibung einer historischen Entwicklung In diesem Fall beschreibt man z. B., wie sich eine Situation entwickelt hat und welche Vorgänge und Maßnahmen zur Problematik führten. e. Einführung auf Basis aktueller Ereignisse oder einer aktuellen Situation Ein aktuelles Ereignis, z. B. ein Zwischenfall in einem Betrieb, eine Erhöhung der Energiekosten oder eine neue technische Entwicklung, ist Anlass, sich damit zu beschäftigen. Die Einleitung selbst kann in Unterabschnitte untergliedert werden, die u. a. folgende Aspekte berücksichtigen können: ■ Problembeschreibung bzw. offene Fragestellung, ■ Ziel der Arbeit, ■ Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes. Hauptteil Im Hauptteil wird das in der Einleitung dargestellte Thema bzw. Problem Schritt für Schritt behandelt. Es können verschiedene Wege verfolgt werden, die jeweils eine bestimmte Gliederung des Hauptteils zur Folge haben. Bei der Darstellung eigener experimenteller und/ oder theoretischer Arbeiten sollten die folgenden Grundsätze beachtet werden: a. Zusammenhängende Aspekte werden in einzelnen Kapiteln und Ab‐ schnitten zusammengefasst. Die Gedankenführung wird dadurch klarer und es ist für den Leser leichter, den Inhalt zu erfassen. b. Fremde Ergebnisse bzw. Erkenntnisse, die z. B. den Stand des Wissens vor den eigenen Arbeiten beschreiben, werden in separaten Kapiteln bzw. Abschnitten beschrieben und deutlich von den eigenen Ergebnis‐ sen getrennt erläutert. Im Zusammenhang mit den fremden Ergebnissen kann bereits auf Wissenslücken und offene Fragen hingewiesen wer‐ den, die dann später durch die eigenen Arbeiten geschlossen bzw. beantwortet werden können. c. Mit dem Stand des Wissens übereinstimmende oder nicht übereinstim‐ mende Ergebnisse werden im Rahmen der Ergebnisdiskussion darge‐ stellt. Mögliche Gründe für Abweichungen werden erläutert. Vorzüge und Nachteile, die sich aus einer Erkenntnis ergeben, werden klar herausgearbeitet. 38 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="39"?> d. Die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte sollte man so wählen, dass man vom „Bekannten“ zum „Neuen“, vom „Einfachen“ zum „Schwie‐ rigen“ und vom „weniger Wichtigen“ zum „Wichtigen“ geht. Die Ab‐ schnitte mit der größten Bedeutung werden am Ende des Hauptteils angeordnet. Meist handelt es sich um die eigenen Erkenntnisse, Ergeb‐ nisse oder Lösungsvorschläge. Der Leser soll von den Ergebnissen quasi überzeugt werden. Außerdem wird dadurch erreicht, dass die Spannung beim Lesen stetig ansteigt und im letzten Teil des Hauptteils ihren Höhepunkt erreicht. Danach fällt sie zum Schluss hin steil ab. Beispielhafte Überschriften einzelner Abschnitte im Hauptteil: ■ Stand des Wissens, ■ Offene Fragestellungen, ■ Eigene experimentelle Untersuchungen, Untersuchtes Stoffsystem, Versuchsaufbau und Messgeräte, Versuchsdurchführung, Versuchsergebnisse, ■ Entwickelte Modellvorstellung, ■ Diskussion der Ergebnisse. e. Ein Gedankengang zu den Arbeiten sollte wie ein „roter Faden“ ver‐ folgt werden können. Hierzu werden die einzelnen Gedanken in den jeweiligen Abschnitten logisch aneinandergereiht, d. h. die einzelnen Abschnitte sollten möglichst mit den benachbarten Abschnitten in Verbindung stehen. Der Leser sollte erkennen, dass über die einzelnen Abschnitte hinweg das Thema entwickelt wird. Sie sind quasi Glieder einer Kette, bei der keines fehlen darf, da sonst der Zusammenhang nicht gewahrt wird. Der erste Satz eines Abschnitts leitet in der Regel einen neuen Gedanken ein und sollte möglichst auch eine Verbindung zum vorherigen Abschnitt herstellen. Hierzu kann z. B. kurz dargestellt werden, was zuvor behandelt wurde und was im neuen Abschnitt darauffolgt. Der neue Gedanke wird 39 3.2 Überlegungen zur Gliederung <?page no="40"?> quasi angekündigt. Ebenso kann das Verhältnis zum vorhergehenden kurz dargestellt werden. Beispielsätze zur Überleitung: Nach den gesetzlichen werden nun die betrieblichen Anforderungen behandelt. Im zuvor dargestellten Abschnitt wurden die Stoffeigenschaften be‐ schrieben, im Folgenden werden die Möglichkeiten ihrer Überwachung im Prozess näher betrachtet. Anders als bei den zuvor betrachteten hohen Temperaturen muss bei tiefen Temperaturen mit folgenden Schwierigkeiten gerechnet werden. Wesentlich größer als die zuvor behandelte mögliche schädigende Wirkung ist der Nutzen der neuen Verbindungen, der im Folgenden behandelt wird. Bei einigen Abschnitten kann auch auf eine formulierte Überleitung ver‐ zichtet werden und nach der Überschrift des neuen Abschnittes mit einem neuen Gedanken begonnen werden. Schluss Ein guter Schluss kann die positive Wirkung eines Beitrages auf den Leser verstärken. Darin kann z. B. dargelegt werden, dass das Thema erschöpfend behandelt wurde. Oft ist es günstig, wenn man den Leser mit den Gedanken entlässt, die mit der Abhandlung entwickelt und dargelegt wurden. Das gelingt z. B., wenn man die Problemstellung wieder kurz aufgreift und die dazu ausgearbeitete Problemlösung wieder kurz darstellt. In diesem Fall ist der Schluss mehr eine kurze Zusammenfassung der Arbeit. Der Schluss kann auch den Leser nachdenklich machen und ihn zum eigenen Denken anregen. Folgende Wege können dabei beschritten werden: a. Ausblick Im Ausblick werden Folgerungen abgeleitet, die sich aus den Betrach‐ tungen und den dargestellten Ergebnissen ergeben. Folgerungen sind oft in die Zukunft gerichtet oder sie stellen eine Verbindung zu benach‐ 40 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="41"?> barten Gebieten her. Außerdem kann auf offene oder zukünftig zu erwartende Probleme hingewiesen werden. Dadurch belegt der Autor, dass er auch über den Tellerrand der von ihm behandelten Problematik geschaut hat. b. Einschränkung Bei der Einschränkung werden die Ergebnisse des Hauptteils auf den Bereich, in dem sie uneingeschränkt gültig sind, eingeschränkt. Diese Art der Einschränkung stellt sicher, dass die Ergebnisse richtig interpretiert und angewendet werden. Über die Gültigkeit in anderen Bereichen können Vermutungen angestellt werden. Es kann in dem Zusammenhang auch auf offene Fragestellungen, und den zu ihrer Beantwortung notwendigen Forschungsbedarf hingewiesen werden. c. Zusammenfassung In der Zusammenfassung werden die wichtigsten Ergebnisse der Un‐ tersuchungen noch einmal deutlich herausgestellt. Ggf. werden Leit‐ sätze im Sinne von Thesen abgeleitet, die aufgrund der dargestellten Ergebnisse formuliert werden können. Die Zusammenfassung sollte so abgefasst werden, dass sie nicht als eine reine Wiederholung des bereits formulierten wahrgenommen wird. Im Folgenden sind einige allgemeine Hinweise zur Gliederung eines natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Aufsatzes in kurzer Form aufgeführt. Gliederung eines natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Aufsatzes ■ Titel: Der Titel sollte eine sehr kurze Zusammenfassung der Arbeit darstellen. Er sollte kurz und treffend formuliert sein. ■ Autorenliste inklusive aller Co-Autoren, mit Kontaktadresse eines korrespondierenden Autors. Die Autorenliste ist oft eine „Rang‐ liste“. Jene Person, die am meisten zum Werk beigetragen hat, wird in der Regel zuerst genannt. Der korrespondierende Autor steht für Anfragen zur Verfügung und hat in der Regel Zugriff auf die Laborjournale und Rohdaten. ■ Kurzfassung (engl. abstract): Kurzreferat des Inhaltes mit den wichtigsten Ergebnissen in sehr kurzer, prägnanter Form. ■ Einleitung: Die Einleitung enthält eine Beschreibung des Standes des Wissens bzw. der Technik und die Beschreibung der Motivation zur Durchführung der Arbeit. Der Ausgangspunkt, das Ziel der 41 3.2 Überlegungen zur Gliederung <?page no="42"?> Untersuchungen und die zugrunde liegende Fragestellung sollten beschrieben werden. Evtl. können auch Arbeitshypothesen formu‐ liert werden. In einer Einleitung sollte deutlich dargestellt werden, warum man sich mit der Thematik beschäftigte und worin der Nutzen der Arbeit besteht. ■ Materialien und Methoden: Beschreibung der Stoff- und tech‐ nischen Systeme sowie der Geräte und Methoden, welche zur Bearbeitung der Fragestellung verwendet bzw. angewendet wur‐ den. Bei umfangreichen experimentellen Untersuchungen kann es sinnvoll sein, einen kurzen Überblick über das durchgeführte Versuchsprogramm zu geben. Die Vorgehensweise bei den Arbeiten und die angewandten Methoden sollen beschrieben werden. Um den Text kurz zu halten, kann auf Beschreibungen in anderen Publikationen verwiesen werden. Bei experimentellen Arbeiten sollen die Versuche und die Versuchsgeräte so beschrieben sein, dass die Versuche praktisch wiederholt werden könnten. ■ Ergebnisse: Darstellung und Erläuterung der Ergebnisse der Un‐ tersuchungen. Schlussfolgerungen sind gesondert herauszustellen (z. B. im Abschnitt Diskussion). ■ Diskussion: Interpretation der Ergebnisse und die daraus abgelei‐ teten Antworten zu der untersuchten Fragestellung. Diskussion und Einordnung der Ergebnisse mit Bezug auf den Stand des Wissens und der Technik. Besteht ein Einklang mit Ergebnissen in anderen Publikationen oder gibt es Widersprüche. Eigene Ideen und Ergebnisse sind deutlich von übernommenen Meinungen und Ergebnissen zu unterscheiden. ■ Zusammenfassung: Die Zusammenfassung ist ähnlich abgefasst wie der Abstract, jedoch mit einem Bezug auf weitergehende Fra‐ gestellungen. Darstellung der Relevanz der Ergebnisse für weitere Gebiete, ggf. mit einer Erwähnung weiterer nutzbringender An‐ wendungen. ■ Dank: Dankworte an Mit- und Zuarbeiter, die zwar Forschungsar‐ beit oder Hilfsstellungen gegeben haben, aber den Artikel selbst nicht mit verfasst haben. ■ Literaturliste: Auflistung der Literaturstellen, auf die im Text Bezug genommen wurde. Die benutzte Literatur ist im jeweiligen Zusammenhang zu zitieren. 42 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="43"?> 3.3 Das Laborbuch bzw. Laborjournal Die Grundlage vieler wissenschaftlicher Berichte und Veröffentlichungen sind die persönlichen Aufzeichnungen im Laborbuch bzw. Laborjournal. Laborbücher und Laborjournale sind daher oftmals die Keimzellen einer natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Veröffentlichung. Bei einem Laborbuch handelt es sich um ein Notizbuch, in dem die Planung, Durchführung und Auswertung von Experimenten dokumentiert wird. Darüber hinaus kann es noch andere persönliche Aufzeichnungen zum Thema der Untersuchungen enthalten. Ein Laborbuch ist praktisch ein Tage‐ buch des experimentell arbeitenden Ingenieurs bzw. Naturwissenschaftlers. In den USA ist die Zuerkennung einer wissenschaftlichen Entdeckung oder einer patentfähigen Idee davon abhängig, wer als erster eine Entdeckung oder Erfindung gemacht hat. Daher gibt es dort Regeln, wie ein Laborbuch zu führen ist. Es können vom Arbeitgeber bzw. von der Hochschule abwei‐ chende Regelungen getroffen werden. Bei finanzierten Auftragsarbeiten kann das Laborbuch als Eigentum des Auftraggebers angesehen werden. In solchen Fällen ist das Laborbuch ein Dokument. In anderen Fällen ist das La‐ borbuch wie ein persönliches Notizbuch zu behandeln. Die Aufzeichnungen im Laborbuch sollen authentisch sein, d. h., sie sollten sofort zum Zeitpunkt des Beobachtens erfolgen (mit Datum, ggf. Uhrzeit und Unterschrift des Eintragenden). Sie sollen so detailliert sein, dass z. B. Versuche für eine Person mit Fachwissen nachvollziehbar sind und ggf. wiederholt werden können. Ein Laborbuch sollte möglichst mit einem festen Einband versehen sein und aus gutem Papier bestehen. Die Seiten sollten in der Regel durchnum‐ meriert sein. Nach den Eintragungen enthält es eine chronologische Doku‐ mentation der wissenschaftlichen Tätigkeit. Wenn mehrere Experimente parallel (und über mehrere Tage) durchgeführt werden, erleichtert die Nummerierung der Seiten den Querverweis zwischen Experimenten. Im Zusammenhang mit den experimentellen Arbeiten enthält ein Laborbuch u. a. folgende Eintragungen: ■ Überlegungen zur Versuchsplanung sowie die ausgearbeiteten Ver‐ suchspläne. ■ Versuchsprotokolle (Beschreibungen des Versuchsaufbaus, der Ver‐ suchsdurchführung, Messwerte, zugehörige Literaturstellen, Versuchs‐ auswertung, Notizen, Ideen, Abschätzungen usw.). Diese Eintragungen 43 3.3 Das Laborbuch bzw. Laborjournal <?page no="44"?> sollten direkt ins Laborbuch eingetragen werden. Dadurch werden Feh‐ ler, die sich durch ein Abschreiben von Zetteln einschleichen könnten, vermieden. ■ Die Versuche werden möglichst durchnummeriert. Überschriften (vor‐ zugsweise mit Projektbzw. Versuchsnummer) machen die Dokumen‐ tation übersichtlich. ■ Rohdaten in Form von Schreiberausdrucken, Fotografien, Diagramme etc. können ins Laborjournal eingeklebt werden. Bei Datensammlun‐ gen, die nicht ins Laborjournal passen (z. B. Computerdateien oder ein zu großer Datenumfang), sollte ein Vermerk gemacht werden, wo Originaldaten archiviert sind. ■ Theoretische Abschätzungen im Zusammenhang mit den Versuchen. ■ Mögliche Verbesserungsvorschläge zur Laboranlage, die nicht direkt umgesetzt werden. Laborjournale werden zunehmend mit Hilfe von Computern geführt. Mess‐ daten werden direkt in Dateien abgespeichert. Ein computergestütztes Laborjournal, auch elektronisches Laborbuch genannt, bietet folgende Vor‐ teile: ■ Messwerte werden ggf. direkt mittels automatischer Messwerterfas‐ sung eingelesen und abgespeichert. ■ Eine Suchfunktion ermöglicht die schnelle Suche nach Experimenten und Messergebnissen. ■ Eine fälschungssichere Ablage mit elektronischer Signatur ist möglich. ■ Versuchsparameter, Messdaten und ausgewertete Ergebnisse werden in Protokollblättern mit Tabellen, Textfeldern und Diagrammen präsen‐ tiert. In Unternehmen werden zunehmend computergestützte Laborjournale bzw. elektronische Laborbücher (Electronic Lab Notebooks, ELNs) verwendet. Sie sind meist in einer Software zur Automatisierung der Laborarbeit integriert. Die darin enthaltenen Daten werden leseberechtigten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Mit der Einführung elektronischer Laborbücher soll eine einheitliche Prozessdarstellung und eine nachgelagerte Datenanalyse gewährleistet werden. Mit ihnen werden Arbeitsabläufe und dazugehörige Daten erfasst, verarbeitet, gesucht und gefunden sowie langfristig gesichert. In vielen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen sind Laborübungen integriert. Das Führen eines Laborbuches bzw. das Abfassen 44 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="45"?> von Laborberichten ist dabei ein Teil der Übungen. Folgende Kurzanleitung enthält einige wichtige Hinweise zum Abfassen eines Laborberichtes wäh‐ rend des Studiums. Es sollten auf jeden Fall die jeweils gesondert gestellten Anforderungen an den Laborbericht beachtet werden. Hinweise zum Abfassen eines Laborberichtes während des Studiums Das Labor-Praktikum während des Studiums ist meist eine Ergänzung zu einer Vorlesung. Durch den Umgang mit Stoffen, Apparaten und funktionierenden Systemen sowie durch die parallel zu bearbeitenden theoretischen Aufgaben werden Inhalte der Vorlesung und ihre prakti‐ sche Bedeutung erläutert. Die Versuche und die zugehörigen Theorien geben einen Einblick in die Methodik der experimentellen Forschung, bei der Experimente und Theorien eng miteinander verknüpft sind. Je nach der Aufgabe des Versuches steht der Stoff oder das verwendete Gerät, die Maschine bzw. der Apparat im Vordergrund. Neben der Versuchsdurchführung ist das Anfertigen eines Laborberichtes ein we‐ sentlicher Bestandteil des Praktikums. Die Grundlage zur Abfassung eines Laborberichtes sind die Eintragun‐ gen in ein Laborjournal oder ein Laborbuch. Dabei sollte es sich um ein möglichst festes, kariertes Heft handeln. Seitenzahlen im Heft erleich‐ tern Verweise auf frühere Einträge. Die Eintragungen im Laborbuch sollen sauber und verständlich sein (Text stichwortartig). Besonders gu‐ tes Aussehen ist unwesentlich. Die Eintragungen sollten so vollständig sein, dass eine außenstehende Person den Versuch reproduzieren kann. Die Ergebnisse des Versuchs werden damit nachprüfbar. Es soll klar vermittelt werden, was z. B. gemessen wurde. Graphische Darstellungen können angefertigt und eingeklebt werden. Auf die Bezeichnung der Größen und die Dimensionen ist zu achten. Mehr als das Beobachtete soll nicht eingetragen werden. Was darüber hinausgeht, zählt zur Aus‐ wertung und sollte als solche deutlich gekennzeichnet werden. 45 3.3 Das Laborbuch bzw. Laborjournal <?page no="46"?> Gliederung der Eintragungen im Laborbuch und ggf. des Versuchsbe‐ richts: Teil 1: vor Beginn des Versuches zu bearbeiten 1. Bezeichnung und ggf. Nr. des Versuchs; Datum der Versuchsdurch‐ führung, Angabe der beteiligten Personen 2. Aufgabenstellung: stichwortartig 3. Theorie des Experimentes: Knappe Zusammenfassung der wichtigs‐ ten Definitionen und der für die Durchführung und Auswertung der Versuchsresultate notwendigen Theorien und Gleichungen. Hinweise auf Annahmen und Vereinfachungen. 4. Schema des Versuchsaufbaues und Bezeichnung der verwendeten Messgeräte mit stichwortartiger Beschreibung. Verweis auf vorhan‐ dene Beschreibungen und Bedienungsanleitungen. Ggf. eine Skizze zum Versuchsaufbau anfertigen und alle relevanten Geräte korrekt benennen. 5. Beschreibung des geplanten Messprogramms. Zur Versuchsvorbereitung sollte das entsprechende Kapitel der beglei‐ tenden Vorlesung und die evtl. vorgelegte Versuchsanleitung durchge‐ arbeitet werden. Dabei sollte man insbesondere auf die verwendeten Messgeräte achten und versuchen, das Messprinzip zu verstehen (Was wird wie und womit gemessen, was wird wo und wie angezeigt? ). Ggf. muss man sich das notwendige Hintergrundwissen erarbeiten (Literaturstudium). Fragen zum Versuch sollte man sich notieren. Die Eintragungen im Laborbuch sollte man vorbereiten und das notwendige Messprogramm entwickeln. Mit den Sicherheitsanforderungen sollte man sich vertraut machen. Teil 2: am Versuchstag zu erledigen 1. Ergänzung der Angaben zu den Messgeräten (Bezeichnung, Typ, Genauigkeit und Kalibrierung). Bei mehreren Messschritten An‐ gabe des jeweiligen Messziels. 2. Versuchsprotokoll, Messwerterfassung (Tabellen, Hinweis auf ge‐ speicherte Dateien, Ausdrucke u. dgl.)‚ graphische Darstellung von Messwerten mit Dimensionsangaben. 3. Auswertung: Berechnung der gesuchten Größen und Lösung der Aufgaben. Ggf. graphische Darstellung der Zusammenhänge. 46 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="47"?> Teil 3: Nacharbeit, Abfassen des Versuchsberichtes (in der Regel Haus‐ arbeit) 1. Vervollständigung der Auswertung, Fehlerbetrachtung, Endergeb‐ nis mit Fehlerangabe 2. Abfassen des Versuchsberichtes: Der Bericht soll informativ und gut lesbar sein. Er wird im Sachstil abgefasst. Er enthält die im Teil 1 erwähnten Eintragungen und berücksichtigt evtl. vorgegebene Formatvorgaben. Alle verwendeten Quellen sind anzugeben. 3. In der Einleitung wird für außenstehende Leser in die Thematik und Zielstellung des Experiments eingeführt. Die theoretischen und ge‐ rätetechnischen Grundlagen sowie die eingesetzten Messmethoden werden kurz beschrieben. Im Anschluss werden das Versuchspro‐ gramm und der jeweilige Versuchsablauf kurz erläutert. 4. Kurze Diskussion der Ergebnisse; ggf. Vergleich mit Literaturwer‐ ten und Ergebnissen aus anderen Versuchen; Kommentierung der Ergebnisse mit Bezug auf Anforderungen aus anderen Quellen bzw. Gesetzen und Verordnungen; Schlussfolgerungen, ggf. Hinweis auf neue Erkenntnisse. 5. Formale Überprüfung: Sind Abbildungen und Tabellen mit einer Legende (Abb.: Unterschrift; Tabelle: Überschrift) versehen? Wenn nicht alle Daten aufgeführt werden, sollte auf das Laborbuch und/ oder die Dateien mit abgespeicherten Daten der Messungen verwie‐ sen werden. 3.4 Prüfungsleistungen in Form schriftlicher Ausarbeitungen Während eines Hochschulstudiums müssen in der Regel neben Laborberich‐ ten und Protokollen auch einige schriftliche Ausarbeitungen angefertigt werden, die entsprechend der jeweiligen Prüfungsordnung als Prüfungsleis‐ tung gewertet werden. Meist werden sie benotet und sie sind damit auch für den Studienabschluss relevant. 47 3.4 Prüfungsleistungen in Form schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="48"?> Haus-, Beleg- oder Studienarbeiten Haus-, Beleg- oder Studienarbeiten dienen u. a. der Einarbeitung in das wissenschaftliche Arbeiten im Rahmen eines überschaubaren Themenberei‐ ches. Meist werden mit der Ausgabe des Themas bzw. der Aufgabenstellung auch formale Anforderungen formuliert, denen die Abhandlung genügen muss. Diese Anforderungen sollten in jedem Fall erfüllt werden. Die Ar‐ beiten werden von den Studenten selbstständig, jedoch unter Anleitung, angefertigt. In ingenieurwissenschaftlichen Fächern kann es sich dabei um konstruktive, theoretische und/ oder experimentelle Arbeiten handeln. Üblicherweise wird dazu ein zeitlicher Rahmen vorgegeben. Diplom-, Bachelor- und Masterarbeit Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten sind Prüfungsleistungen, mit wel‐ chen das Studium in einem entsprechenden Studiengang abgeschlossen wird. Mit einer solchen Abschlussarbeit sollen die Studenten zeigen, dass sie in einer begrenzten Zeit ein Problem aus ihrer Fachrichtung selbstständig nach wissenschaftlichen Methoden lösen können. Es wird erwartet, dass unter der Anleitung eines Betreuers zu einem bestimmten Thema bzw. Problem selbstständig substantielle Ergebnisse erarbeitet und schriftlich dargestellt werden. Oft wird die Arbeit mit einem Referat abgeschlossen. Thema, Aufgabenstellung und Umfang der Arbeit werden von einem Betreuer, in der Regel von einem Hochschullehrer, festgelegt und begrenzt. Der zeitliche Rahmen zur Bearbeitung des Themas wird durch eine Prü‐ fungsordnung vorgegeben, was bereits bei der Themenstellung zu beachten ist. In den Ingenieur- und Naturwissenschaften kann die Bearbeitung auch konstruktive, theoretische und/ oder experimentelle Arbeiten umfassen. Die Arbeiten und die dabei erzielten Ergebnisse werden jedoch in einer schrift‐ lichen Ausarbeitung dokumentiert, beschrieben und diskutiert. Die Arbeit wird in der Regel benotet. Die Note wird meist mit einer hohen Gewichtung bei der Bestimmung der Abschlussnote des Studiums berücksichtigt. Besonderheiten bei Prüfungsleistungen Prüfungsleistungen sind alle bewerteten Leistungen, die im Rahmen eines Studiums zu erbringen sind. Sie werden kritisch bewertet und in der Regel benotet. Einige davon, wie z. B. die oben aufgeführten verlangten Leistun‐ gen, werden in Form einer schriftlichen Ausarbeitung angefertigt. In einem 48 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="49"?> 8 Positionspapier des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV): Gute wissenschaftliche Praxis für das Ver‐ fassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten. 9. Juli 2012 [online]; verfügbar unter www.hochschulverband.de/ fileadmin/ redaktion/ download/ pdf/ resolutionen/ Gu te_wiss._Praxis_Fakultaetentage.pdf, [Zugriff am 21.02.2022]. solchen Fall sollte eine formal sehr gut abgefasste schriftliche Abhandlung zum bearbeiteten Thema zur Beurteilung vorgelegt werden. Man sollte sich bei der Ausgabe des Themas auch über die vom Hochschullehrer oder der Hochschule vorgegebenen formalen Anforderungen, denen die Ausarbeitung genügen soll, informieren. Diese Anforderungen sollten unter allen Umständen eingehalten werden. Bei der Anfertigung und Ausarbeitung der Arbeit sind die Regeln der „Guten wissenschaftlichen Praxis“ zu berücksichtigen (siehe hierzu auch Abschnitt 3.6). Die Mitglieder des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV) haben in einem gemeinsamen Positionspapier die „Gute wissenschaftliche Praxis für das Verfassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten“ formuliert und erläutert. 8 Entsprechend diesen Ausführungen ist Wissenschaft „die Suche nach Wahrheit. Der redliche Umgang mit Daten, Fakten und geistigem Eigentum macht die Wissenschaft erst zur Wissenschaft. Die Redlichkeit in der Suche nach Wahrheit und in der Weitergabe von wissenschaftlicher Erkenntnis bildet das Fundament wissenschaftlichen Arbeitens.“ Weiterhin wird formuliert: „Originalität und Eigenständigkeit sind grund‐ sätzlich die wichtigsten Qualitätskriterien jeder wissenschaftlichen Arbeit.“ Die intellektuellen Eigenleistungen des Studenten, die im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Themas erbracht wurden, sind die wesentlichen Bewertungskriterien. Bei der Ausarbeitung der Arbeit sind daher die eigenen Arbeiten und Ergebnisse deutlich von den Arbeiten und Ergebnissen anderer abzugrenzen und hervorzuheben. Dies geschieht einerseits durch eine präzise Kennzeichnung übernommener Ergebnisse mit den zugehörigen Literaturzitaten und einer entsprechenden Gliederung der Arbeit. Im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften wird meist eine konkrete Aufgabenbzw. Problemstellung vorgegeben, zu deren Lösung eigenständige experimentelle, konstruktive und/ oder theoretische Arbeiten durchzuführen sind. Die theoretischen Arbeiten können z. B. Berechnungen von Bauteilen und/ oder die Beschreibung von Vorgängen mit mathematisch formulierten Modellgleichungen umfassen. 49 3.4 Prüfungsleistungen in Form schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="50"?> Die zur Lösung der Aufgabe bzw. des Problems erbrachten Eigenleistun‐ gen können u. a. beinhalten: ■ Die Konzeption eines Versuchstandes zur experimentellen Untersu‐ chung von Vorgängen und zur Beantwortung von damit verbundenen offenen Fragen. In dem Zusammenhang sind das Konzept und die Vorgehensweise zu begründen. ■ Die Durchführung von Versuchen und die Auswertung der Versuchser‐ gebnisse. Damit verbunden sind in der Regel auch ein Vergleich und die Diskussion der eigenen Ergebnisse mit bekannten Ergebnissen aus der Literatur. Die Beschreibung der eigenen durchgeführten Arbeiten und der daraus gewonnenen Ergebnisse und ihre Interpretation und Diskussion im Zusammenhang mit Bekanntem ist in solchen Fällen ein wesentlicher Teil der eigenständigen Arbeit. ■ Das systematische Sammeln und Auswerten von Bekanntem zu einem Thema. Ziel dabei ist es z. B. den Stand des Wissens oder den Stand der Technik darzustellen und ggf. daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. So kann z. B. ein Forschungsbedarf oder eine Arbeitshypothese abgeleitet werden. ■ Das Bewerten von Bekanntem und ggf. das Auswählen und Anwenden von Bekanntem. Es kann sich dabei z. B. um experimentelle, analytische oder theoretische Methoden, Theorien, Berechnungsansätze oder ma‐ thematische Modelle handeln, die dann auf die eigene Problembzw. Ausgabenstellung angewendet werden. Die sich aus der Übertragung und Anwendung ergebenden Erkenntnisse sind darzustellen und kri‐ tisch zu hinterfragen. ■ Das Übertragen und Adaptieren von Bekanntem auf eine neue Problem‐ stellung. Bei der Ausarbeitung des Textes ist es wichtig, die eigenen Arbeiten und Erkenntnisse vom Bekannten abzugrenzen bzw. mit dem Bekannten zu ver‐ gleichen. Das kann sich auf die methodische Vorgehensweise, die Ergebnisse oder die angewendeten Theorien und mathematischen Modelle beziehen. Bereits die Festlegungen der eigenen Vorgehensweise zur Aufgabenbzw. Problemlösung setzt meist bereits eine kritische Bewertung verschiedener Möglichkeiten voraus. Die hierzu angestellten Überlegungen sind bereits ein Teil der eigenständigen Arbeit und sollten daher auch bei der schriftlichen Ausarbeitung nicht vernachlässigt werden. 50 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="51"?> In der folgenden tabellarischen Auflistung werden einige allgemeine Hin‐ weise zur Abfassung einer Studien-, Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit aufgeführt. Hinweise zur Abfassung einer Studien-, Bachelor-, Master- oder Di‐ plomarbeit 1. Die vorgegebenen Regeln und Hinweise des Fachbereiches bzw. der Fakultät und des betreuenden Professors sollten auf jeden Fall beachtet werden. Sie betreffen u. a. oft formale Kriterien, die bei der Abfassung der Arbeit beachtet werden sollen, und den Umfang der Arbeit. 2. Der Titel ist eine sehr kurze Zusammenfassung der Arbeit. Er stimmt meist mit der ausgegebenen Themenstellung überein. 3. Der Titel ist auf einer Titelseite aufgeführt. Diese sollte weiterhin enthalten: □ Namen der Betreuer mit den akademischen Titeln (z. B. Profes‐ sor, wissenschaftlicher Mitarbeiter), □ zugehörigen Organisationseinheit (z. B. Lehrstuhl, Labor), □ Namen des Verfassers der Arbeit mit der Studienadresse und ggf. E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Studienrichtung, Matri‐ kelnummer, □ Aus- und Abgabedatum der Arbeit. 4. In der Einleitung sollte deutlich dargestellt werden, warum man sich mit dem Thema beschäftigt und worin der Nutzen der Arbeit besteht. 5. Der Ausgangspunkt, das Ziel der Arbeit, die Vorgehensweise bei der Arbeit und die angewandte Methodik sind zu beschreiben. 6. Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind herauszustellen. 7. Eigene Ideen sind deutlich von übernommenen Meinungen und Ergebnissen zu unterscheiden. Benutzte Literatur ist zu zitieren. Oft können im dargestellten Zusammenhang Ergebnisse fremder Arbeiten kürzer mit eigenen Worten beschrieben werden als durch das Zitieren ganzer Passagen. 8. Es empfiehlt sich auf dem Deckblatt eine Kurzfassung anzugeben, in der Angaben zu den Punkten 1 bis 3 kurz skizziert sind. 51 3.4 Prüfungsleistungen in Form schriftlicher Ausarbeitungen <?page no="52"?> 9. Viele Zusammenhänge lassen sich mit Diagrammen, Skizzen, Block‐ schaltbildern, Fließschemata kürzer und deutlicher darstellen als durch Worte. Diese Möglichkeiten sollten daher genutzt werden. 10. Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften, bei denen die Behandlung eines Themas auf wenigen Schreibmaschinenseiten gefordert wird, können für das formale Abfassen der Arbeit als Beispiele dienen. Hinweise zur formalen Abfassung von Studienar‐ beiten werden in Kapitel 4 beschrieben. 11. Die Studien-, Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit ist das Werk des Autors. Er hat den Inhalt, die Form sowie das äußere Erschei‐ nungsbild zu vertreten. Daher hat er meist auch die Freiheit von den aufgeführten Hinweisen abzuweichen. Das Ziel sollte jedoch sein, die eigenen Ideen, Thesen oder Arbeitsergebnisse dem Leser auf eine leicht verständliche Art zu vermitteln. Außerdem muss die Vorgehensweise, die zu den Ergebnissen führte, überzeugen. Die Hinweise stellen hierzu bewährte Regeln dar. 12. Oft wird auch eine eidesstattliche Erklärung gefordert, dass die Arbeit selbstständig angefertigt wurde. 3.5 Die Dissertation Die Dissertation, als schriftliche wissenschaftliche Abhandlung zur Erlan‐ gung einer Promotion, stellt eine Prüfungsleistung dar. Mit dem erfolg‐ reichen Abschluss einer Promotion ist die Verleihung des Doktortitels verbunden. Die Dissertation muss inhaltlich und formal den in Abschnitt 3.4 beschriebenen Anforderungen genügen. Einige Anforderungen werden u. a. in den Promotionsordnungen der einzelnen Fachbereiche bzw. Fakultäten geregelt. So lautet z. B. der § 6, Absatz 1, der im Jahre 2012 gültigen Promo‐ tionsordnung des Fachbereiches Maschinenbau und Verfahrenstechnik der Universität Kaiserslautern wie folgt: „Die Dissertation muss eine die wissenschaftliche Erkenntnis fördernde gründ‐ liche Behandlung eines vorwiegend ingenieurwissenschaftlichen oder naturwis‐ senschaftlichen Problems enthalten. Mit der Dissertation soll der Bewerber zeigen, dass er selbstständig wissenschaftlich arbeiten kann. Bei der Wahl des Dissertationsthemas und beim Anfertigen der Dissertation kann ein Professor 52 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="53"?> oder Privatdozent des Fachbereichs betreuend mitgewirkt haben. Der Fachbe‐ reich muss für das Gebiet der Dissertation zuständig sein.“ Damit ist auch die Zielsetzung der Dissertation für den Autor klar vorgege‐ ben. Er soll mit seiner Dissertation neue Erkenntnisse vermitteln. Es reicht nicht aus, wie z. B. bei einer Masterarbeit, Bekanntes zu vermitteln oder anzuwenden. Mit der Arbeit soll der Doktorand auch den Nachweis erbrin‐ gen, dass er auf einem Fachgebiet der zuständigen Fakultät „wissenschaftlich arbeiten kann“. Zur formalen Abfassung der Dissertation wird in der Promotionsordnung des Fachbereiches Maschinenbau und Verfahrenstechnik der Universität Kaiserslautern in § 4 Absatz 3 lediglich angemerkt, dass die Exemplare in Maschinenschrift abgefasst werden müssen. Zusätzlich wird festgelegt: „Die Exemplare müssen gebunden und mit Titelblatt, Seitenzahl, einer Zusam‐ menfassung, einem Literaturverzeichnis sowie einem Lebenslauf des Verfassers versehen sein. Die Dissertation ist vorzugsweise in deutscher Sprache abzufassen. Alternativ ist auch die englische Sprache zulässig. Andere europäische Amtsspra‐ chen sind nur in Absprache mit den Mitgliedern der Promotionskommission und nach Genehmigung durch den Fachbereichsrat zulässig. Wird die Dissertation nicht in deutscher Sprache abgefasst, so ist eine Zusammenfassung von ca. 3 Seiten in der Arbeit in deutscher Sprache voranzustellen.“ Damit wird deutlich, dass in diesem Fall die vorgegebenen formalen An‐ forderungen oft nicht genau festgelegt werden und der Doktorand einen großen Spielraum bei der Abfassung seiner Dissertation hat, den es zu nutzen gilt. Sie muss jedoch auf jeden Fall den Anforderungen, die an eine wissenschaftliche schriftliche Abhandlung gestellt werden, genügen. Daher sind die in Abschnitt 3.4 erwähnten Regeln der „Guten wissenschaftlichen Praxis“ auf jeden Fall zu berücksichtigen. Dazu gehört u. a. auch die Verpflichtung zur Angabe der Quellen und zur Beachtung des Urheberrechts (siehe hierzu Abschnitt 3.6). Grundlegende und bewährte Regeln zur Text‐ gestaltung werden im Kapitel 4 behandelt. 53 3.5 Die Dissertation <?page no="54"?> 9 W. F. van Gunsteren: Die sieben Todsünden akademischen Handelns in der natur‐ wissenschaftlichen Forschung. Angew. Chem. 125 (2013), S. 128-132. DOI: 10.1002/ ange.201204076. 3.6 Quellenangabe und Urheberrecht Zur Darstellung und Diskussion eigener Ideen und Gedanken ist es häu‐ fig erforderlich auf fremde Arbeiten zurückzugreifen. Oft bereiten solche „Quellen“ den Nährboden, dem die eigenen Ideen entspringen und zu ausgearbeiteten Theorien oder Produkten heranreifen. Aufgrund von Ver‐ gleichen mit anderen Arbeiten kann die eigene Arbeit besser dargestellt und die Unterschiede zu Bekanntem besser herausgearbeitet werden. In der Einleitung vieler schriftlicher Ausarbeitungen wird anhand von zitierten Literaturstellen der Stand des Wissens dargestellt und die sich daraus ergebenden Wissenslücken beschrieben. In Forschungsanträgen wird dar‐ aus ein Forschungsbedarf und in einer Dissertation die Begründung für die Durchführung der eigenen Arbeiten abgeleitet. Bei der Ausarbeitung eigener Ideen kann auf Ideen, Theorien und Daten anderer zurückgegriffen werden. Sie werden z. B. dazu genutzt, um die eigene Theorie zu entwickeln oder um Problemstellungen damit zu bearbeiten. Durch einen Verweis auf andere Arbeiten können auch unnütze Wiederholungen fremder Arbeiten in einer Ausarbeitung vermieden werden. Die in solchen Zusammenhängen wichtige Bedeutung der wissenschaft‐ lichen Literatur als Wissensspeicher bzw. als „Quelle“ für eigene Arbeiten wurde in Abschnitt 1.3 beleuchtet. Wissenschaftler greifen auf diese „Quel‐ len“ zurück, um von anderen zu lernen und ihre eigenen Arbeiten darauf aufzubauen. Entsprechend haben in schriftlichen Abhandlungen die „Quel‐ len“ einen besonderen Stellenwert. Eine korrekte Angabe der „Quellen“, auf denen die eigenen Arbeiten aufbauen, ist daher notwendig und eine Pflicht jedes Autors. Die Ausgabe fremder Erkenntnisse als die eigenen oder das Zitieren fremder Quellen ohne Quellenangabe ist ein Verstoß gegen die „Gute wissenschaftliche Praxis“ und eine „Todsünde akademischen Handelns“ 9 . Im Zusammenhang mit Prüfungsleistungen stellen sie eine Täuschung dar, und können als solche auch rechtliche Folgen haben, wie einige Plagiatsaffären von bekannten Politikern zeigen. Rechtliche Folgen können sich auch aus einem Verstoß gegen das Urhe‐ berrecht ergeben, das in Deutschland mit dem Urhebergesetz (UrhG) gere‐ 54 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="55"?> 10 Siehe hierzu: http: / / www.gesetze-im-internet.de/ urhg/ gelt wird. 10 Beim Abfassen von Texten muss insbesondere das Zitatrecht, das in § 51 UrhG geregelt ist, beachtet werden. Es regelt Ausnahmen des Urhe‐ berrechts, bei denen geschützte Werke oder Werkteile ohne Zustimmung des Urhebers vervielfältigt werden dürfen. Über das Zitieren eines Werkes heißt es in § 51 UrhG: „Zulässig sind die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn 1. einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaft‐ liches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden, 2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden.“ „Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.“ Demnach wird dabei vorausgesetzt, dass die genehmigungsfreie Wieder‐ gabe von fremden Texten oder Abbildungen durch den Zitatzweck ge‐ rechtfertigt ist. Dies sieht das Urheberrechtsgesetz in erster Linie im wissenschaftlichen Diskurs gegeben. Zitate dürfen ohne Genehmigung in ein eigenes Werk, das selbst schutzfähig im Sinne des Urheberrechts ist, übernommen werden, wenn es zur Erläuterung des Inhaltes dient. Damit sind in einem Text ohne eigenen schöpferischen Beitrag einzelne Zitate grundsätzlich genehmigungspflichtig. In wissenschaftlichen Abhandlungen dient ein Zitat jedoch oft als Beleg oder Diskussionsgrundlage. Damit ist ein ausreichender Zitatzweck gegeben und es genügt die korrekte Quellen‐ angabe. Hierzu heißt es in § 63, Absatz 1, UrhG: „(1) Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes in den Fällen des § 45 Abs. 1, der §§ 45a bis 48, 50, 51, 58, 59 sowie der §§ 60a bis 60c, 61, 61c, 61d und 61 f vervielfältigt oder verbreitet wird, ist stets die Quelle deutlich anzugeben. Bei der Vervielfältigung oder Verbreitung ganzer Sprachwerke oder ganzer Werke der Musik ist neben dem Urheber auch der Verlag anzugeben, in dem das Werk 55 3.6 Quellenangabe und Urheberrecht <?page no="56"?> erschienen ist, und außerdem kenntlich zu machen, ob an dem Werk Kürzungen oder andere Änderungen vorgenommen worden sind.“ Bildzitate, die einen rein illustrativen Charakter haben, sind genehmigungs‐ pflichtig. Bei der Wiedergabe von fremden Abbildungen ist es daher in jedem Fall ratsam, sich vor der Veröffentlichung abzusichern. Aus „gemeinfreien“ Werken, d. h. aus Werken, bei denen der Urheber‐ rechtsschutz ausgelaufen ist, dürfen Werkteile frei übernommen werden. Nach dem bestehenden Urheberrecht gelten Werke nach 70 Jahren, vom Tod des Urhebers gerechnet, als „gemeinfrei“. Natürlich müssen auch Zitate aus gemeinfreien Werken in den eigenen Texten mit einer Quellenangabe ver‐ sehen werden. Ganze gemeinfreie Werke können auch ohne Genehmigung in Form von Reprints oder Digitalpublikationen neu herausgebracht werden. 56 3 Das Schreiben als kreativer Prozess <?page no="57"?> 4 Grundlagen der Textgestaltung 4.1 Einführung Zur Ausarbeitung von längeren schriftlichen Abhandlungen und Fachbei‐ trägen in den Ingenieur- und Naturwissenschaften haben sich im Laufe der Zeit anerkannte Regeln und Richtlinien herausgebildet, die zu beachten sind. Sie dienen dazu, dass der Inhalt des Textes für den Leser möglichst einfach erschlossen wird und, dass er so präsentiert wird, dass das Interesse am Lesen geweckt wird. Die Regeln beziehen sich auf bewährte stilistische und formale Kriterien, die in den folgenden Abschnitten behandelt werden. Fachaufsätze müssen anwendungsorientiert und verständlich geschrie‐ ben sein. Je nach Zeitschrift wird oft zwischen Übersichtsbeiträgen, Beiträ‐ gen zu konkreten Forschungsergebnissen, Kurzberichten und kurzen Fach‐ informationen unterschieden. Beim Abfassen des Manuskripts sollten die jeweils gültigen Autorenrichtlinien berücksichtigt werden. Das Manuskript sollte die in den Autorenrichtlinien angegebenen Umfänge an Textseiten (A4), Abbildungen sowie Tabellen nicht überschreiten. Bei einem Projekt zu einem Buch sollten das Konzept und die Textgestaltung mit dem Lektor abgesprochen werden. Längere Texte werden heute in der Regel mit einem Computer in Ver‐ bindung mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellt. Unterschiedliche Programme werden hierzu angeboten. Bei Texten, die nicht an einen Ver‐ lag gehen, wie z. B. Hausarbeiten und Abschlussarbeiten, und bei denen man selbst das Textverarbeitungsprogramm wählen kann, wird „Microsoft Word“ oft verwendet. Bei diesem Programm wird, wie bei vielen anderen auch, im Modus „Seitenlayout“ das erstellte Dokument so angezeigt, wie es später ausgedruckt wird. Gleichungen, Grafiken und Abbildungen können aus anderen Programmen importiert und in den Text eingefügt werden. Bei Texten, die bei einem Verlag eingereicht werden, sollte man bei der Wahl des Textprogramms die Vorgaben des Verlags beachten. Im Zusammenhang mit der digitalen Verbreitung schriflicher Ausarbei‐ tungen (des Textes mit den zugehörgen Abbildungen und Tabellen) werden häufig Textverarbeitungsprogramme verwendet, die auf einer sogenannten Auszeichungssprache (engl. markup language) beruhen. Der Text mit den <?page no="58"?> 11 Siehe: www.latex-projekt.org 12 Siehe: Anhang C: Normen und Richtlinien zur Textgestaltung. 13 Siehe: www.iupac.org Abbildungen und den Tabellen ist bei ihnen in eine maschinenlesbare Programmiersprache eingebunden, die Anweisungen zu Formatierung ent‐ hält. Entsprechend arbeitet das im wissenschaftlichen Bereich verwendete Programm LaTeX. Es handelt sich dabei um eine frei verfügbare Software, bei der ein Dokument quasi als Quellcode erstellt wird. 11 Überschriften, Abschnitte und Gleichungen werden mittels gesonderter Befehle gekenn‐ zeichnet. Das quasi als Quellcode erstellte Dokument kann dann zu einem Text im Endformat weiterverarbeitet und z. B. in Form einer PDF-Datei ausgegeben werden. Die Texterfassung (das Schreiben des Quellcodes) und seine Umwandlung in ein fertiges Dokument sind in diesem Fall zwei getrennte Schritte. Entsprechend kann beim Schreiben des Textes die Endversion auch nicht angezeigt werden. Andere Auszeichnungssprachen sind in Abschnitt 6.11 aufgeführt. Bei einem Projekt zu einem Buch sollten, wenn möglich, das Konzept, die Textgestaltung und die zu verwendende Software mit dem Lektor abgesprochen werden. Bei der Anfertigung des Textes sollte man sich an den internationalen Regeln und den nationalen Übereinkünften (z. B. ISO- und DIN-Normen 12 , IUPACbzw. IUPAP-Richtlinien, IUPAC = International Union of Pure and Applied Chemistry 13 , IUPAP = International Union of Pure and Applied Physics) orientieren. Die Einhaltung der Regeln kann z. T. durch eine entsprechende Formatierung mit den gängigen Textverarbeitungsprogrammen gewährleis‐ tet werden. Die Einsendung eines Manuskriptes erfolgt zumeist per E-Mail oder bei größeren Dateien über Filehosting-Dienste wie z. B. WeTransfer oder Dropbox. Bei Letzteren handelt es sich um einen Cloud-Service, der das Speichern und Übermitteln von Dateien erlaubt. Nach Eingabe eines Nutzernamens und eines Kennwortes oder einer anderen Authentifizierung können verschiedene Nutzer im Internet auf die Dateien zugreifen. Es empfiehlt sich ein druckfertiges Manuskript auch in Form einer schreib‐ geschützten elektronischen Datei abzuspeichern. Hierzu eignen sich das „Portable-Document-Format (PDF)“ oder das PostScript-Format (PS-For‐ mat). Beide Formate wurden entwickelt mit dem Ziel, Dateiformate für elektronische Dokumente zu schaffen, die diese unabhängig von der Soft- und Hardware originalgetreu erfassen und wiedergeben können. Durch 58 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="59"?> diese Programme wird die im Textverarbeitungsprogramm festgelegte Form in eine nicht veränderbare Datei überführt, so dass beim Einlesen in andere Systeme keine Änderungen der Formatierung vorgenommen werden. Eine Nachbearbeitung des Dokumentes ist jedoch nach der Umwandlung nur noch schwer durchführbar. Studien-, Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen werden in gebundener Form eingereicht. Dabei sind die jeweiligen Anfor‐ derungen der Lehrstühle bzw. Fakultäten zu beachten. In der Regel sind Ringheftungen nicht erwünscht bzw. nicht zulässig. Es sind zahlreiche Bücher erschienen, die als Leitfaden bei der Erstellung eines Manuskriptes Hilfen anbieten. Einige davon sind im Anhang aufge‐ führt. 4.2 Titel Der Titel sollte möglichst eine sehr kurze Zusammenfassung der Arbeit darstellen. Er muss mit besonderer Sorgfalt gewählt werden und so kurz wie möglich und treffend formuliert sein. 4.3 Autor(en) Auf der ersten Seite werden neben dem Titel auch die vollständigen Namen der Autoren aufgeführt. Werden im Zusammenhang mit der Überschrift die Vornamen der Autoren nur durch ihren Anfangsbuchstaben gekennzeich‐ net, so sollten in einer Fußnote dann die vollständigen Autorennamen (Vor- und Zuname) angegeben werden. Ferner sollten in der Fußnote die zugehörigen akademischen Titel, die Post- und E-Mail-Adresse sowie die Telefonnummer angegeben werden. Nach den Vorschlägen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) tragen die Autoren die Ver‐ antwortung für den Inhalt einer Veröffentlichung stets gemeinsam. Eine sogenannte „Ehrenautorschaft“ sollte ausgeschlossen werden. 59 4.2 Titel <?page no="60"?> 4.4 Kurzfassung / Vorwort Bei Aufsätzen, längeren Berichten und Monografien kann eine Kurzfassung (Zusammenfassung, Abstract) dem eigentlichen Text vorangestellt werden. Sie führt in die Thematik ein und soll das Ziel und den Zweck der Arbeit, die angewandte Methodik sowie die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolge‐ rungen enthalten. Oft ist die Zahl der Zeilen oder Worte begrenzt. Diese Be‐ grenzung sollte auf jeden Fall eingehalten werden. Bei Büchern übernimmt das „Vorwort“ oft auch die Funktion einer Zusammenfassung. Ein Vorwort enthält darüber hinaus oft noch den (historischen) Hintergrund, der zur Abfassung der Abhandlung geführt hat. Auch Danksagungen können im Vorwort enthalten sein. Eine Kurzfassung bzw. ein Vorwort ist ein separater Text und wird nicht in die Gliederung der Abhandlung aufgenommen. 4.5 Inhaltsverzeichnis Bei umfangreichen Berichten und Abhandlungen gibt ein Inhaltsverzeichnis eine Übersicht über die Gliederung des Textes und erleichtert damit den Zugang zu den Inhalten. Das Verzeichnis enthält die Überschriften der Kapitel, Abschnitte und Anhänge mit den vorgestellten Nummern der Gliederungsebene und die zugehörigen Seitenzahlen. Die Überschriften im Text und im Inhaltsverzeichnis müssen identisch sein. Es sollten im Inhaltsverzeichnis nur die Überschriften bis zur zweiten oder dritten Glie‐ derungsebene aufgeführt werden. 4.6 Inhalt, Struktur und Gliederung Die hier besprochenen Regeln gelten für ein eigenständiges Dokument, wie z. B. eine Masterarbeit, einen Bericht oder eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift. In besonderen Fällen kann eine Thematik in einer Zeitschrift auch in mehreren Teilen abgehandelt werden, die in aufeinan‐ derfolgenden Ausgaben einer Zeitschrift veröffentlicht werden. Sinnvoll ist dies beispielsweise, wenn die nachfolgenden Teile der Veröffentlichung inhaltlich miteinander in Beziehung stehen. Es ist dann auf die jeweils bereits erschienen Beiträge zu verweisen, wobei jedoch jeder Teil wie eine eigenständige Veröffentlichung abzufassen ist. Eine übersichtliche Struktu‐ 60 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="61"?> rierung und Gliederung in Abschnitte und Absätze hilft dem Leser beim Erfassen der dargebotenen Zusammenhänge. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist die numerische Gliede‐ rung üblich, bei der Kapitel und Abschnitte fortlaufend mit arabischen Ziffern versehen werden. Jeder Abschnitt muss eine Überschrift haben, die vom Text abgesetzt ist. Die Überschrift soll knapp und präzise angeben, welches Thema im nachfolgenden Abschnitt behandelt wird. Die Über‐ schrift soll keine Artikel und Abkürzungen enthalten. Ein Abschnitt kann in Unterabschnitte (als zweite Ebene), und diese in weitere Abschnitte unterteilt werden, die jeweils nachrangig sind. In der Regel sollte eine mit Nummern versehene Abschnittstiefe von drei Ebenen nicht überschritten werden. In einer Ebene sind Unterabschnitte nur bei zwei oder mehr sinnvoll. So ist z. B. ein Unterabschnitt 3.1 nur sinnvoll, wenn auch ein Abschnitt 3.2 vorhanden ist. Ein neuer Absatz sollte mit einer neuen Betrachtung begonnen werden, so dass die vorhergehende als abgeschlossen betrachtet werden kann. Eine Unterteilung im Sinne einer Aufzählung kann durch Spiegelstriche vorgenommen werden. In einer Einleitung sollte dargestellt werden, warum man sich mit der Thematik beschäftigte und worin der Nutzen der Arbeit besteht. Sie kann auch (historische) Gründe für die Bearbeitung des Themas, Kommentare oder Informationen über den Inhalt sowie eine Einführung ins Thema enthalten. Im Weiteren ist der Ausgangspunkt, das Ziel der Untersuchung, die Vorge‐ hensweise der Arbeit und die angewandte Methodik zu beschreiben. Hierzu genügt es häufig vorausgegangene Arbeiten, in denen Details beschrieben sind, zu zitieren. Durch eine entsprechende Gliederung können Inhalte mit eigenen Ideen und Ergebnissen deutlich von zusammenhängenden Berichten über Arbei‐ ten anderer Autoren und Meinungen abgegrenzt werden. Eigene Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind gesondert herauszustel‐ len (z. B. durch gesonderte Abschnitte) und vollständig und nachvollziehbar zu beschreiben. Früher bereits veröffentlichte eigene Ergebnisse sollten klar ausgewiesen und nur so weit dargelegt werden, wie es für das Verständnis der neuen Zusammenhänge notwendig ist. Eigene Vorarbeiten sollten durch Verweise auf die zugehörigen Literaturstellen auffindbar sein. 61 4.6 Inhalt, Struktur und Gliederung <?page no="62"?> Beispiel: Gliederungspunkte 2. Stand der Technik (Beschreibung des Standes der Technik unter Einbeziehung der Entwicklungen anderer) 3. Neu entwickelte Vorrichtung (Beschreibung der eigenen Entwicklung) Bei experimentellen Arbeiten sollen die Versuche und die Versuchsgeräte so beschrieben sein, dass die Versuche praktisch wiederholt werden könnten. Dies kann auch dadurch geschehen, dass auf Berichte und Aufsätze, in denen hierzu notwendige Beschreibungen enthalten sind, verwiesen wird. Den experimentellen Arbeiten sollte ein eigener Abschnitt gewidmet werden. Die Versuchsauswertung und Diskussion sollten in einem davon separaten Abschnitt erfolgen. In groben Zügen empfiehlt sich bei einer eigenständigen wissenschaft‐ lichen Arbeit zu einem bestimmten Thema z. B. die in Abschnitt 3.2 aufgeführte Gliederung. 4.7 Hinweise zum Schreibstil Eine eigenständige Veröffentlichung bzw. ein eigenständiges Dokument sollte in sich abgeschlossen sein und ein einheitliches Bild vermitteln. Neben dem einheitlichen Layout wird die Einheitlichkeit auch durch einen einheit‐ lichen Schreibstil erreicht. Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten: ■ Sehr lange Sätze und Schachtelsätze sind zu vermeiden. Kurze Sätze, mit klaren Aussagen fördern die Verständlichkeit des Textes. ■ Jeder Satz muss auch bei einer isolierten Betrachtung verständlich sein. ■ Auf Füllwörter (z. B. durchaus, gewissermaßen, immerhin, lediglich), die in der gesprochenen Sprache oft verwendet werden, sollte verzichtet werden. Sie sind für die Beschreibung eines Sinnzusammenhangs nicht notwendig und haben keinen oder nur geringen Aussagewert. ■ Auf klare Begriffe und auf die richtige Anwendung der Fachtermino‐ logie muss geachtet werden. Ein einmal eingeführter Begriff für eine Sache bzw. einen Sachverhalt sollte konsequent beibehalten und genutzt 62 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="63"?> werden. Es sollten nur Fachausdrücke verwendet werden, von denen angenommen werden kann, dass die Leser sie kennen und verstehen. Neu eingeführte Begriffe oder wenig verbreitete Bezeichnungen sollten definiert bzw. erklärt werden. Das gleiche gilt auch für „Modewörter“, falls darauf nicht verzichtet werden kann. ■ Unscharfe Formulierungen sollten vermieden werden. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften sollten physikalische Größen möglichst mit einem Zahlenwert aufgeführt werden. Beispiel: „Unter Umständen kann einer Festigkeitserhöhung noch erreicht werden.“ Besser: „Durch den Zusatz eines Bindemittels kann eine Festigkeitserhöhung noch erreicht werden.“ „Das Gas tritt mit einer hohen Temperatur aus.“ Besser: „Das Gas tritt mit einer Temperatur von 200 °C aus.“ ■ Namen von Organisationen und Unternehmungen sowie ihre Abkür‐ zungen müssen der amtlichen Bezeichnung entsprechen. Wenn offizi‐ elle deutsche Übersetzungen fehlen, ist die Bezeichnung in der jeweili‐ gen Landessprache zu verwenden. ■ Abkürzungen sollten nur verwendet werden, wenn eine mehrdeutige Interpretation ausgeschlossen ist. Mit Ausnahme von Standardabkür‐ zungen, die auch im Duden aufgeführt sind, sollten Abkürzungen vor der ersten Nutzung erklärt werden (s. Abschnitt 4.11). ■ Um unnötige Wiederholungen von eigenen Texten zu vermeiden, wer‐ den Verweise auf die entsprechenden Stellen verwendet, z. B. in der Form „siehe Abschnitt 2.3.4“. Es ist zweckmäßig auf Abschnitte oder Absätze zu verweisen und nicht auf Seitennummern. ■ Umgangssprachliche Ausdrücke, Wendungen und Beschreibungen sind zu vermeiden. Das gleiche gilt für Übertreibungen (z. B. „die allerbeste Lösung“, „das optimalste Modell“ oder „ein enormer Anstieg“). ■ Bei wissenschaftlichen Abhandlungen stehen Erkenntnisse bzw. Ergeb‐ nisse oder Gegenstände im Vordergrund und nicht der Verfasser. Daher 63 4.7 Hinweise zum Schreibstil <?page no="64"?> wählt man sprachliche Formen, bei denen der Autor in den Hintergrund tritt. Auf das Personalpronomen „ich“ und das Possessivpronomen „mein“ sollte daher möglichst verzichtet werden. 4.8 Gendergerechte Formulierungen Eine faire Behandlung von Frauen und Männern wird auch in schriftli‐ chen wissenschaftlichen Ausarbeitungen gefordert, so dass auf eine gen‐ dergerechte bzw. geschlechtsneutrale Schreibweise geachtet werden soll. Das „generische Maskulinum“ wird von vielen Lesern als Beschreibung beider Geschlechter nicht mehr akzeptiert. Unterschiedliche Formen zur geschlechtsneutralen Schreibweise wurden vorgeschlagen. So können beide Geschlechter benannt werden (z. B. Autorinnen und Autoren), es kann eine Schreibweise mit Sternchen (z. B. Autor*innen), mit Schrägstrich (z. B. Autor/ -innen) oder mit Doppelpunkt (z. B. Autor: innen) verwendet werden. Oft wird die männliche Schreibweise mit folgendem Inklusionshinweis akzeptiert: „In dieser Ausarbeitung wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Schreibweise verwendet. Sie bezieht sich auf Personen beiderlei Geschlechts.“ Es ist auch möglich in einer Ausarbeitung sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise z. B. mit dem folgenden Hinweis anzuwenden: „Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Ausarbeitung die männliche („Autor“) und weibliche Form („Autorin“) im Wechsel angewendet.“ Wenn im Zusammenhang mit Prüfungsleistungen oder z. B. von Verlagen eine bestimmte Form vorgeschrieben wird, so sollte diese auch verwendet werden. Die gesellschaftliche Debatte bezüglich einer einheitlichen Schreib‐ weise ist noch nicht abgeschlossen. 4.9 Rechtschreibung Bei der Abfassung von Texten in deutscher Sprache sollte die „neue Recht‐ schreibung“ zugrunde gelegt werden. Als Grundlage dient in der Regel der 64 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="65"?> 14 Duden - Die deutsche Rechtschreibung. Das umfassende Standardwerk auf der Grund‐ lage der aktuellen amtlichen Regeln. 28. Aufl., Bibliographisches Institut, Mannheim (2020). 15 Siehe: www.iupac.org Duden Band 1 in seiner aktuellen Auflage 14 . Folgende Punkte sollte man zu‐ sätzlich beachten: Die „wissenschaftliche“ Schreibweise ist anzuwenden, die z. B. der internationalen Nomenklatur folgt (z. B. IUPAC-Empfehlungen 15 ). So ist die Schreibweise Calcium statt Kalzium oder Ethanol statt Äthanol zu verwenden. 4.10 Zeichen und Sonderzeichen Dezimalzahlen sind mit Komma zu schreiben. Ganze Zahlen aus mehr als drei Ziffern können von der Endziffer bzw. vom Komma aus in dreistelligen Gruppen zerlegt werden. Man gliedert die Gruppen durch ein Leerzeichen und nicht durch einen Punkt, da im Englischen der Punkt auch die Dezi‐ malstelle angibt. Bei vierstelligen Zahlen ist auch eine Schreibung ohne Zwischenraum möglich (z. B.: 30 000 kW, 33 750,60 EUR, 2456,70 USD). Zusammengehörige Zeichen, die durch Zwischenräume gegliedert wer‐ den, dürfen auch an den Zwischenräumen nicht getrennt werden. Dies gilt z. B. für die Zahlen, eine physikalische Größe, die aus dem Zahlenwert und der Maßeinheit besteht, sowie einen Namen mit voranstehendem Titel. In diesen Fällen ist die Angabe durch das so genannte geschützte Leerzeichen (engl.: non-breaking space, abgekürzt: NBSP) gegen einen unbeabsichtigten Zeilenumbruch zu sichern. Zwischen dem Trennungsbzw. Bindestrich (-) und dem Gedankenstrich (-) ist zu unterscheiden. Der Gedankenstrich ist länger und ersetzt oft das Wort „bis“ (z. B.: Seite 6-10; von 8-16 Uhr). In diesem Fall ist vor und nach dem Gedankenstrich kein Abstand einzufügen. Bekannte Sonderzeichen sollten möglichst verwendet werden, wie z. B. % für eine Prozentangabe oder das Zeichen § für einen Paragrafen. Dabei ist zwischen dem Paragrafenzeichen und der Ziffer des Paragrafen ein Leerzeichen vorzusehen (z. B.: § 102 BGB). Ebenso ist bei einer Angabe in Prozent oder Promille ein Leerzeichen zu setzen (z. B.: 25 %). Das Leerzeichen entfällt bei Zusammensetzungen (z. B.: die 5 %-Klausel, eine 25%ige Umsatzsteigerung). 65 4.10 Zeichen und Sonderzeichen <?page no="66"?> Bei einer Temperaturangabe ist zwischen der Zahl und dem Gradzeichen ein Leerzeichen zu setzen (z. B.: 3 °C). Bei einer Winkelangabe wird das Gradzeichen ohne Leerzeichen dem Zahlenwert angefügt (z. B.: ein Winkel von 30°). Das Et-Zeichen (&) ist ein Ersatzzeichen für „und“ und sollte nur in Verbindung mit Firmenbezeichnungen verwendet werden (z. B.: Meyer & Co.). Währungen werden mit der Abkürzung nach ISO 4217 angegeben. Die Abkürzung umfasst drei Buchstaben, wobei die ersten beiden Buchstaben für das Land stehen (nach ISO 3166) und der letzte Buchstabe die Währung bezeichnet (z. B. US-Dollar, USD; Schweizer Franken, CHF). Auf diese Weise werden alle Währungen, mit Ausnahme des Euro, angegeben. Bezeichnungen und Namen, die Abkürzungen darstellen (wie z. B. BASF oder BAMF), sollten in Großbuchstaben geschrieben werden. Bezeichnun‐ gen und Namen, die keine Abkürzungen sind, sollten nicht vollständig in Großbuchstaben geschrieben werden (z. B.: Ansys, Inc. statt ANSYS, Inc.; Adidas statt ADIDAS). Die Namen sollten mit einem Großbuchstaben beginnen (z. B.: Adidas statt adidas; Thyssenkrupp statt thyssenkrupp). 4.11 Abkürzungen Abkürzungen sollten nur verwendet werden, wenn eine mehrdeutige In‐ terpretation ausgeschlossen ist. Mit Ausnahme von Standardabkürzungen, die auch im Duden aufgeführt sind, sollten Abkürzungen vor der ersten Nutzung erklärt werden. Hierzu kann beim ersten Vorkommen der Begriff oder die Bezeichnung ausgeschrieben und danach in Klammern die zuge‐ hörige Abkürzung aufgeführt werden. Im nachfolgenden Text kann dann die Abkürzung verwendet werden. In der Regel werden Abkürzungen aus direkt hintereinander aufgeführten Großbuchstaben gebildet. Ausnahmen sind Abkürzungen von häufigen Redewendungen (Standardabkürzungen), die aus den Anfangsbuchstaben einzelner Wörter bestehen und die mit einem Punkt hinter jedem Buchstaben geschrieben werden (zum Beispiel: z. B.; unter Umständen: u. U., das heißt: d. h.). Bei solchen Abkürzungen, die für ein Wort stehen, ist zwischen den abgekürzten Wörtern jeweils ein Leerzeichen zu setzen. Um einen Zeilenumbruch innerhalb der Abkürzung zu vermeiden, sollte ein geschütztes Leerzeichen verwendet werden. 66 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="67"?> 16 DIN 5008: Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung Wenn eine Abkürzung selbst als Begriff eingeführt ist, wie z. B. die Bezeichnungen Mio., Mrd., DIN, IHK oder TÜV, können sie auch ohne Erklärung verwendet werden. Abkürzungen, die wie selbstständige Wörter oder buchstäblich gesprochen werden, wie z. B. IHK oder UNICEF, sind ohne Punkt und in sich ohne Leerzeichen zu schreiben. Nicht allgemein ein‐ geführte Abkürzungen können zusätzlich in einem Abkürzungsverzeichnis erklärt werden. Titel sollten in der abgekürzten Form angegeben werden (z. B. Prof., Dr.-Ing.). Berufsbezeichnungen wie Ingenieur, Professor oder Architekt sollten dagegen ausgeschrieben werden. 4.12 Grafiken, Abbildungen, Diagramme Viele Zusammenhänge lassen sich mit Grafiken (z. B. Diagramme, Schalt‐ bilder, Fließschemata), Abbildungen und Gleichungen kürzer und deutlicher darstellen als durch Worte. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden. Daher sind Grafiken und Abbildungen erwünscht, wenn dadurch eine Textkürzung und eine übersichtlichere Darstellung erreicht werden. Auf nicht notwendige Grafiken und Abbildungen sollte verzichtet werden. Grafiken und Abbildungen sollten ebenso wie mathematische Gleichun‐ gen mit arabischen Zahlen durchnummeriert werden. Bei Manuskripten, die bei einer Fachzeitschrift zur Veröffentlichung eingereicht werden, werden Grafiken und Abbildungen oft auf gesonderten Blättern im Anschluss an den Text des Manuskriptes angehängt. Bei Berichten und Abhandlungen werden sie in den Text eingefügt. Nach DIN 5008 16 sollen Grafiken, Abbildungen und Diagramme zentriert zwischen den Seitenrändern eingefügt werden. Auf jede Grafik und Abbildung sollte im Text verwiesen werden. Sie sollten ebenso wie mathematische Gleichungen mit arabischen Zahlen durchnummeriert werden. Bei Veröffentlichungen und kurzen Berichten erfolgt die Nummerierung fortlaufend, bei Büchern und längeren Berichten erfolgt die Zählung kapitelweise (z. B. Abb. 2.3 zeigt …). Jede Abbildung muss eine Unterschrift (Legende) erhalten. Die Unter‐ schrift soll die Abbildung klar erläutern und sie nicht durch ihren Umfang belasten. Ein kurzer präziser Text, der das beschreibt, was abgebildet ist, erfüllt diese Forderung am besten. Oft wird eine Abbildung erst durch die 67 4.12 Grafiken, Abbildungen, Diagramme <?page no="68"?> Unterschrift erschlossen, d. h. das Abgebildete wird für den Betrachter erst im Zusammenhang mit der Unterschrift verständlich. So können z. B. Abkürzungen in einer Abbildung in der Unterschrift erklärt werden oder durch die Angabe des Typs einer abgebildeten Maschine wird die Zuordnung der technischen Daten möglich. Bei Abbildungen aus der Literatur muss in der Unterschrift auf die Quelle verwiesen werden. Bei Diagrammen ist auf eine einheitliche Beschriftung der Achsen zu achten. Durch den Verweis im Text auf die Abbildung und die Nummerierung sowie die Legende wird ein Bezug zum Text hergestellt. Verlagen müssen Abbildungsvorlagen reproduktionsfähig geliefert wer‐ den. Auf eine ausreichend große und klare Beschriftung in den Abbildungen ist zu achten. Bei der Erstellung von Diagrammen ist zu beachten, dass die Achsen beschriftet sind und die Beschriftung und die Zahlenwerte mit den zugehörigen Einheiten außerhalb der Diagrammfläche angeordnet sind. Die Koordinaten von Diagrammen müssen mit dem Symbol der Größe und der zugehörigen SI-Einheit versehen werden. Bei der heute üblichen Textverarbeitung sind Abbildungen eigenständige Dateien unterschiedlicher Formate. Bei ihrer digitalen Erfassung und Spei‐ cherung kann man zwischen einer Rastergrafik und einer Vektorgrafik un‐ terscheiden. Bei einer Rastergrafik wird die Abbildung aus Bildpunkten (Pi‐ xeln) zusammengesetzt. Die Bilddaten werden in Gruppen von Pixelzeilen, so genannten Stripes (Streifen) oder als rechteckige Tiles (Kacheln), je nach Grafikformat zur Speicherung der Daten, abgelegt. Bekannte Grafikformate für Rastergrafiken sind JPEG, TIFF oder PNG. Bilder einer Digitalkamera werden immer als Rastergrafiken erfasst. Bei einer Vektorgrafik wird das Bild mit grafischen Elementen, wie z. B. Geraden, Kreisen oder allgemein Kurven erfasst. Das Bild wird mit diesen Elementen exakt erfasst und aufgebaut. So wird eine Gerade durch ihren Anfangs- und Endpunkt, ihre Linienbreite und ihre Farbe vollständig beschrieben. All diese Elemente einer Grafik werden mit ihren Daten gespeichert. Damit kann eine Vektorgrafik im Gegensatz zu einer Raster‐ grafik stufenlos und ohne Verlust an Schärfe vergrößert oder verkleinert werden. Zur Erfassung und Speicherung von Vektorgrafiken werden u. a. die Dateiformate WMF, EPS oder SVG verwendet. Strichgrafiken, d. h. Schwarz-Weiß-Abbildungen, die ohne Graustufen erfasst werden, werden oft als Vektorgrafiken erstellt und gespeichert. Werden sie eingescannt und als Rastergrafik erfasst und gespeichert, sollte die Auflösung mindestens 1200 dpi betragen. Die Abkürzung „dpi“ steht 68 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="69"?> für „dots per inch“, eine Maßeinheit für die Auflösung einer Abbildung im Druck und bei der elektronischen Erfassung bzw. Wiedergabe. Bei einer 1: 1-Darstellung sollte eine Abbildung mindestens mit einer 300 dpi (besser bis 600 dpi) Auflösung erfasst und gespeichert werden. Im Falle einer Fotografie ist eine Mindestauflösung von 600 dpi erforderlich. Abbildungen sollten nicht in einem kleineren Format erfasst werden, als es für den Druck vorgesehen ist. Die Größe der Abbildungen ist so zu wählen, dass alle erforderlichen Einzelheiten gut erkennbar sind. Bei farbigen Abbildungen sollte berück‐ sichtigt werden, dass sie auch im Schwarz-Weiß-Druck gut zu erkennen sind. Bei Diagrammen und Zeichnungen ist darauf zu achten, dass die Liniendicken nicht zu dünn gewählt werden, damit sie bei einer Wieder‐ gabe nicht verschwinden. Bei Diagrammen ist zudem darauf zu achten, dass farbige Kurvenverläufe und gleichartige farbige Symbole bei einem Schwarz-Weiß-Druck nicht zu unterscheiden sind. In einem solchen Fall sind die einzelnen Kurven mit verschiedenen Linienarten und Symbolen darzustellen. 4.13 Tabellen Tabellen werden in der Regel gesondert durchnummeriert und im Gegensatz zu den Abbildungen mit einer Überschrift versehen. Ebenso wie auf eine Abbildung muss auch auf eine Tabelle im Text hingewiesen werden. Dabei wird das Wort „Tabelle“ nicht abgekürzt. Auch bei der Erstellung von Tabellen muss darauf geachtet werden, dass aufgeführte physikalische Größen klar gekennzeichnet sind und die zu den Zahlenwerten passenden Einheiten des internationalen Einheitensystems (SI-Einheiten) aufgeführt werden. 4.14 Mathematische Variablen, Symbole und Gleichungen Variable (veränderliche) Größen und Formelzeichen werden in der Regel kursiv geschrieben. Physikalische Größen sind mit den üblichen eingeführ‐ ten Symbolen (meist lateinische oder griechische Klein- oder Großbuchsta‐ 69 4.13 Tabellen <?page no="70"?> 17 Siehe auch: DIN 1338: 2011-03 Formelschreibweise und Formelsatz ben) zu kennzeichnen. 17 Alle verwendeten Symbole sind entweder im Text bei der ersten Benutzung oder in einem separaten Symbolverzeichnis am Anfang oder am Ende der Ausarbeitung zu erklären. Mathematische Gleichungen sind deutlich zu schreiben (Indizes, Hoch‐ zahlen). Sie werden üblicherweise in einer separaten Zeile im Text aufge‐ führt. Im Zusammenhang mit Textprogrammen werden auch Programme zur normgerechten Schreibweise von Gleichungen angeboten, wie z. B. MathType. Bei der Angabe von Zahlenwerten von physikalischen Größen sollten nur die Einheiten des Internationalen Systems (SI-Einheiten) ver‐ wendet werden. Entsprechend sollten auch für die Einheiten die internatio‐ nal vereinbarten Zeichen verwendet werden (z. B. kg für Kilogramm, m für Meter, s für Sekunde). Gleichungen, auf die man im Text wieder Bezug nimmt, sollten mit arabischen Zahlen fortlaufend nummeriert werden, wobei die zugehörige Zahl hinter der Gleichung am Ende der Zeile in einer runden Klammer aufgeführt wird. Bei einem Verweisen im Text auf eine Gleichung wird oft die Abkürzung Gl. (Gleichung) in Verbindung mit der jeweiligen Nummer (ohne Klammer) verwendet. Beispiel Die Abhängigkeit des erzielten spezifischen Filtratstroms v F von der wirkenden Druckdifferenz kann mit Gl. 3, die als Darcy-Gleichung bekannt ist, erfasst werden: v F = KM ⋅ Δp η . (3) K M Permeabilitätskoeffizient, Δp transmembrane Druckdifferenz, η dynamische Viskosität des Mediums. 70 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="71"?> 18 DIN 16518: 1964-08 Klassifikation der Schriften 4.15 Schrift Zum Lesen längerer Fließtexte sind so genannte Serifenschriften, wie z. B. die Schriftart „Times New Roman“ oder „Garamond“, besser geeignet als serifenlose Schriften. Als Serife bezeichnet man die feinen „Füßchen“, die quer an den Enden der Buchstabenstriche stehen und sie abschließen. Da‐ durch wird die Grundlinie betont und die Leserlichkeit des Textes verbessert. Unter dem Begriff werden auch andere „Zierabschlüsse“ an Buchstaben zusammengefasst. Die Serifenschriften gehen in ihrer Form auf alte einge‐ meißelte römische Schriftzeichen zurück und wurden mit dem Buchdruck eingeführt. Vor allem die im 15. Jahrhundert eingeführte Schrift „klassische Antiqua“ entwickelte sich zu einem Grundtyp der Serifenschriften, von dem viele weitere abgeleitet wurden. Im 16. Jahrhundert hat nach diesem Vorbild der Franzose Claude Garamond die nach ihm benannte Schriftart geschaffen und bei gedruckten Werken genutzt. Die Schriftart „Times“ wurde in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts für die Londoner Zeitung „The Times“ entworfen. Serifenlose Schriften kamen erst am Ende des 18. Jahrhunderts auf. Bekannte serifenlose Schriftarten sind Gill Sans, Helvetica und Arial. Die bekannten Schriftarten werden nach DIN 16518 18 in elf Klassen eingeteilt. Nach dieser Klassifizierung zählt die Schriftart „Times“ zu den Barock-Antiqua-Schriften. Hervorhebungen im Text, z. B. mittels Unterstreichungen, Wechsel der Schriftart, Fettschrift, Kursivschrift, Verwendung von Großbuchstaben und Farben, sollten vermieden werden. 4.16 Textformatierung Ein Manuskript zur Veröffentlichung wird heute in der Regel mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellt. Der Text sollte in einer Datei erfasst sein. Unterstreichungen und Hervorhebungen im Text durch verschiedene Schriftarten und Großschreibung sollten nicht erfolgen. Bei einem Manu‐ skript, das zur Veröffentlichung eingereicht wird, sollte der Zeilenabstand mindestens 1,5 betragen. Bei gedruckten Werken ist auch ein einfacher 71 4.15 Schrift <?page no="72"?> Zeilenabstand üblich. Bei einem Fachaufsatz sollte der Text durch Zwischen‐ überschriften gegliedert sein (siehe Abschnitt 4.6). Zusammengehörige Zeichen, die durch Zwischenräume gegliedert wer‐ den, wie z. B. bei einer physikalischen Größe zwischen dem Zahlenwert und der Maßeinheit oder einem Namen mit voranstehendem Titel, dürfen auch an den Zwischenräumen nicht getrennt werden. Sie sind daher durch so genannte geschützte Zeichen (engl.: non-breaking space, abgekürzt: NBSP) gegen einen unbeabsichtigten Zeilenumbruch zu sichern. Zur Veröffentlichung wird heute ein Manuskript in der Regel elektronisch übermittelt. Bei einer zusätzlichen Zustellung des Manuskriptes in Papier‐ form sollte die Kennzeichnung der zugehörigen Datei auf dem Ausdruck angegeben werden. Die Kennzeichnung sollte mit der auf dem ggf. beige‐ legten Datenträger übereinstimmen. 4.17 Quellenangabe und Zitate Gedanken und Meinungen anderer Autoren können wörtlich oder sinnge‐ mäß übernommen und im Kontext aufgeführt werden. Dabei muss auf den Autor und die Quelle verwiesen werden (s. Abschnitt 4.18). Wörtliche Zitate sollten nur dann verwendet werden, wenn ein Autor eine Defini‐ tion eingeführt oder einen Sachverhalt besonders treffend formuliert hat. Wörtlich aufgeführte Zitate sind als solche, z. B. durch Anführungszeichen oder/ und eine veränderte Schrift, zu kennzeichnen. Wörtliche Zitate dürfen weder in der Rechtschreibung noch in der Interpunktion vom Original abweichen. Auslassungen sind durch drei Punkte in eckigen Klammern wie folgt zu kennzeichnen: […]. Auch in ein wörtliches Zitat eingefügte Worte, z. B. zur Ergänzung eines Satzes, werden in eckigen Klammern eingefügt. Analog sind auch fremdsprachliche Zitate aufzuführen. Kurze englische Zitate müssen nicht übersetzt werden. Bei Zitaten anderer Sprachen und bei längeren englischen Zitaten sollte eine Übersetzung mit Angabe des Übersetzers im Anschluss im Text oder in einer Fußnote aufgeführt werden. Im Zusammenhang mit dem Zitat wird der Name des Verfassers genannt und auf die Literaturstelle verwiesen. Insbesondere in Texten der Literaturwissenschaft werden exakt übernom‐ mene Zitate auch mit einem dem Zitat unmittelbar nachgestelltem [sic] gekennzeichnet. Der Zusatz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „so“ 72 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="73"?> 19 Siehe hierzu Abschnitt 5.2 bzw. „wirklich so“. Mit dem Zusatz werden zitierte Fehler oder andere zitierte Abweichungen von der normalen Form gekennzeichnet. Beispiel: Nach Dingler umfasst das Gebiet der Polytechnik, „die allgemeine Naturgeschichte, die Naturwissenschaft, die Chemie, die Mineralogie, die Pflanzenkunde, die Land- und Hauswirthschaft [sic], die Maschinen‐ lehre und Gewerbskunde [sic] sowie die Handels- und Waarenkunde [sic]“. 19 Der Zusatz [sic] kennzeichnet in dem obigen Satz, dass die Bezeichnun‐ gen der Fachgebiete in der von Dingler 1820 verwendeten Schreibweise übernommen wurden. Die rechtlichen Regelungen zu Zitaten im Zusammenhang mit dem Urhe‐ berrecht werden im Abschnitt 3.6 behandelt. Der Verweis auf die Quelle des Zitates kann bei kürzeren Zitaten am Ende stehen. Bei längeren Zitaten ist es zweckmäßig die zugehörigen Autoren und den Verweis bereits am Beginn aufzuführen. Bei übernommenen Abbildungen und Diagrammen sollte der Verweis auch in der Abbildungslegende angefügt werden. 4.18 Paraphrasieren Gedanken und Aussagen anderer Autoren können auch mit eigenen Wor‐ ten sinngemäß wiedergegeben werden. Diese sachliche Wiedergabe von Gedanken und Aussagen wird als Paraphrasierung bezeichnet. Auch in diesem Zusammenhang ist auf die Quelle bzw. den Autor der Gedanken zu verweisen. Es muss darauf geachtet werden, dass die Gedanken bzw. Aussagen sinngemäß richtig wiedergegeben werden. 73 4.18 Paraphrasieren <?page no="74"?> 20 DIN ISO 690: 2013-10 Information und Dokumentation - Richtlinien für Titelangaben und Zitierung von Informationsressourcen 4.19 Literaturverweise bzw. -hinweise Ein Autor, der das Schrifttum anderer Autoren nutzt, muss das fremde Schrifttum angeben. Dabei muss die verwendete Literatur nach bibliogra‐ phischen Regeln zitiert werden. Nach Quellenangaben im Text oder in Fußnoten erfolgt in der Regel am Ende der Arbeit ein Literaturverzeichnis. In DIN ISO 690 werden hierzu Regeln angegeben. 20 Diese internationale Norm legt jedoch keine bestimmte Form für Titelangaben oder Zitierungen fest. Sie kann daher als Vorschlag gewertet werden. Abweichungen von der Norm sind daher möglich. Wichtig ist, dass im Literaturverzeichnis auf eine einheitliche Schreibweise der Literaturangaben geachtet wird und bestehende Vorgaben eines Verlages oder einer Prüfungsordnung beachtet werden. Literaturverweise bzw. -hinweise im Text In den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist es üblich Literaturverweise und Literaturhinweise mit fortlaufenden arabischen Zahlen in eckigen Klammern zu kennzeichnen. Beispiel: Die Untersuchungen von Mayer [1] zeigen, dass die Temperatur über 100 °C ansteigen kann. Auch in anderen Untersuchungen wurde ermittelt, dass die Temperatur mehr als 100 °C betragen kann [2]. Diese Art der Kennzeichnung ist kurz und die Literatur lässt sich im zugehörigen Literaturverzeichnis schnell finden. Nachteilig ist, dass sie oft ohne den Namen eines Autors und die Zeit, in der die Schrift erschienen ist, eingefügt werden. Da die Nummerierung möglichst durchgängig erfolgen soll, ist es oft auch umständlich nachträglich neue Verweise einzufügen. Daher wird zunehmend auch direkt auf die Autoren und das Jahr, in dem 74 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="75"?> die Schrift erschienen ist, im Text verwiesen. Wird der Name in einem Satz des Textes aufgeführt, wird das Jahr in Klammern zusätzlich angegeben. Beispiel: Die Untersuchungen von Mayer (1999) zeigen, dass die Temperatur über 100 °C ansteigen kann. Im Bericht von Müller (2001, S. 103) wird ebenfalls angegeben, dass die Temperatur über 100 °C ansteigen kann. Ist der Name kein Bestandteil eines Satzes, wird er in der Klammer aufge‐ führt. Sind von dem Autor mehrere Werke aufgeführt, die im gleichen Jahr erschienen sind, so werden diese nach der Jahreszahl mit einem Großbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge gekennzeichnet. Beispiel: Andere Untersuchungen (Mayer, 1999A) zeigen ebenfalls, dass die Temperatur über 100 °C ansteigen kann. Bis zu zwei Verfasser können im Text genannt werden. Ab zwei Verfassern kann der Zusatz u. a. (und andere) bzw. der äquivalente lateinische Zusatz „et al.“ angefügt werden. Beispiel: Die Untersuchungen von Mayer und Müller (1999) zeigen auch, dass die Temperatur über 100 °C ansteigen kann. Im Bericht von Mayer et al. (1999, S. 103) wird ebenfalls aufgezeigt, dass die Temperatur mehr als 100 °C betragen kann. 75 4.19 Literaturverweise bzw. -hinweise <?page no="76"?> Literaturverzeichnis Ein Verzeichnis der Literaturstellen ist am Ende des Manuskripts bzw. Berichtes anzufügen. In Büchern wird oft jedes Kapitel mit einem Litera‐ turverzeichnis abgeschlossen. Das Literaturverzeichnis enthält die biblio‐ graphischen Daten der Literatur, auf die im Text verwiesen wird. Die Reihenfolge erfolgt in aufsteigender Zahl, wenn im Text die zugehörigen Nummern angegeben sind. Beispiel: [1] H. Lyko: Stand und Perspektiven der organophilen Nanofiltration. Filtrieren und Separieren 27 (2013), Nr. 3, S. 141-146. [2] K. Sutherland: Filters and Filtration Handbook. 5. Auflage, Elsevier, Amster‐ dam (2008). Die Reihenfolge erfolgt alphabetisch entsprechend den Namen der erst‐ genannten Autoren, wenn mit diesen Namen im Text auf die Literatur verwiesen wird. Beispiel: [1] Berndt, R. (2007): Membranfiltration zur Trennung grobdisperser und kolloid‐ disperser Stoffsysteme. Chem.-Ing.-Techn. 79, Nr. 11, S. 1809-1820. [2] Sutherland, K. (2008): Filters and Filtration Handbook. 5. Auflage, Elsevier, Amsterdam. [3] BASF SE (2011): Geschäftsbericht. Ludwigshafen, Eigenverlag. Wie in den oben aufgeführten Beispielen werden nach DIN ISO 690 die Be‐ zeichnungen einer Zeitschrift und der Titel eines Buches kursiv geschrieben. Vornamen können abgekürzt oder ausgeschrieben werden. In einem Manuskript ist eine einheitliche Version anzuwenden. Wird auf ein Sammelwerk verwiesen, so ist der Autor mit dem in Klam‐ mern gesetzten Zusatz „Hrsg.“ (Herausgeber) zu nennen. Wird auf einen 76 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="77"?> Beitrag in einem Sammelwerk verwiesen, so sind der Autor des Beitrages und der Autor des Sammelwerkes mit dem Titel des Werkes aufzuführen. Beispiel: [1] Beitz, W.; Grote, K.-H. (1997) (Hrsg.): Dubbel - Taschenbuch für den Maschi‐ nenbau. 19. Auflage, Springer, Berlin. [2] Bohnet, M. (1997): Grundlagen der Verfahrenstechnik. Kapitel N. In: Beitz, W.; Grote, K.-H. (Hrsg.): Dubbel - Taschenbuch für den Maschinenbau. 19. Auf‐ lage, Springer, Berlin, S. N1-N27. Bei einer alphabetischen Nummerierung und einem anonymen Werk kann ein Stichwort aus dem Titel anstelle des Namens des Verfassers angeführt werden, unter dem das Werk dann im Literaturverzeichnis aufgeführt wird. Bei elektronischen Informationsquellen sollte die Art der Quelle (z. B. Online-Datenbank) oder die Internetadresse (z. B. www.bmj.de/ DE/ recht) angegeben werden. Da Inhalte laufend aktualisiert werden, sollte nach der Quelle auch das Datum der Einsichtnahme folgen (z. B. „Zugriff am 6. Oktober 2011“ oder „Abruf am 6. Oktober 2011“). Beispiel: [5] DECHEMA e. V.: Industriewasser 4.0 - Potentiale und Herausforderungen der Digitalisierung für die industrielle Wasserwirtschaft [online]. 2018. Verfüg‐ bar unter: dechema.de/ dechema_media/ Industriewasser_40_DECHEMA_Po sitionspapier-p-20003550.pdf, [Zugriff am 12.06.2018]. Bei Anträgen wird zwischen einem Publikations- und einem Literaturver‐ zeichnis unterschieden. Das Publikationsverzeichnis ist eine Liste mit Pu‐ blikationen des Antragstellers, während das Literaturverzeichnis die Liste sämtlicher Quellen enthält, die im Antrag als Referenz aufgeführt wurden. Seltener wird in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Ausarbeitungen auf Literaturstellen in Fußnoten hingewiesen (siehe auch Abschnitt 4.17). Bei dieser sogenannten deutschen Zitierweise wird jeweils am Ende der Seite eine Fußnote mit den jeweiligen Angaben zur Literaturstelle eingefügt. 77 4.19 Literaturverweise bzw. -hinweise <?page no="78"?> Die Fußnoten werden mit fortlaufenden, hochgestellten arabischen Ziffern gekennzeichnet. Die jeweils hochgestellte Ziffer wird im Text hinter dem zugehörigen Bezugswort, Satzteil oder dem ganzen Satz eingefügt. Im letzten Fall steht die hochgestellte Ziffer nach dem Punkt. Diese Zitierweise hat den Vorteil, dass das Literaturzitat auf der gleichen Seite aufgeführt ist und, dass man es ohne zu blättern erfassen kann. Sie wird daher auch in dem vorliegenden Werk angewendet. 4.20 Fußnoten Fußnoten sind geeignet um kurze Bemerkungen und Angaben aufzuführen, die notwendig sind, die jedoch den Lesefluss des Textes stören würden. Dabei kann es sich neben den Hinweisen zur Literatur z. B. auch um Bemerkungen des Autors handeln. Auf eine Fußnote wird hinter dem Wort bzw. dem Satz oder dem Satzteil, auf die sie sich bezieht, mit einer hochgestellten arabischen Ziffer hingewiesen. Die Fußnote selbst wird am Ende der Seite aufgeführt, wobei sie vom eigentlichen Text durch einen waagerechten Strich getrennt wird. Fußnoten als Nebenbemerkungen sind auf ein Minimum zu beschränken. Es ist stets zu prüfen, ob eine solche Bemerkung nicht doch in den Text eingearbeitet werden kann. 4.21 Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen In einem Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen, das oft als nicht nummerierter Abschnitt aufgeführt wird, sollten die im Text und in den Gleichungen aufgeführten Symbole und Abkürzungen erklärt werden. Die Auflistung der Symbole sollte in tabellarischer Form in alphabetischer Reihenfolge geschehen. Dabei stehen lateinische Großbuchstaben jeweils gefolgt von den zugehörigen lateinischen Kleinbuchstaben (z. B. F, f, H, h 0 usw.). Buchstaben ohne Indizes stehen vor Buchstaben mit Indizes. Danach folgen griechische Buchstaben und Sonderzeichen. Auch die Symbole und Abkürzungen in Abbildungen und Diagrammen sollten dabei berücksichtigt werden. Das Verzeichnis kann am Anfang oder am Ende des Manuskriptes angeordnet werden. 78 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="79"?> 4.22 Glossar Einer umfangreichen Schrift kann ein Glossar angefügt werden, das die fachsprachliche Terminologie der behandelten Fachgebiete erklärt. Das Glossar enthält Begriffe und Fachausdrücke mit ihrer zum Text gehörenden Definition und Erläuterung. Es sorgt für den richtigen Gebrauch der Fach‐ ausdrücke und soll deren eindeutiges Verständnis sichern. Ein Glossar ist wie das Symbolverzeichnis in der Regel nicht mit einer Absatznummer zu versehen. 4.23 Danksagung Unterstützungen durch Dritte, sei es z. B. inhaltlicher oder finanzieller Art, sollten in einer Danksagung am Ende anerkennend erwähnt werden. Orga‐ nisationen zur Forschungsförderung legen oft auf eine solche Danksagung großen Wert. 4.24 Register (Sachverzeichnis, Index) Umfangreiche mehrseitige Schriften, wie Bücher und umfangreiche Be‐ richte, enthalten zweckmäßigerweise am Ende ein Register bzw. Sachver‐ zeichnis. Der praktische Nutzen einer wissenschaftlichen Ausarbeitung oder eines Sachbuches wird dadurch wesentlich verbessert, da dort Definitionen, Begriffe und Zusammenhänge schnell nachgeschlagen werden können. Das Inhaltsverzeichnis reicht bei umfangreichen Werken dazu oft nicht aus. Ein Register ist ein zusätzlicher Wegweiser zu Textpassagen. Beim Erstellen des Registers muss man sich in die Lage eines Nutzers versetzen, der auf‐ grund der Stichworte nach Zusammenhängen und Beschreibungen sucht. Entsprechend sind die Stichworte eines Registers zu wählen. Das Register ist ein alphabetisches Verzeichnis von Stichworten zu Schlüsselbegriffen und Namen mit dem Verweis auf Seitenzahlen, in denen sie behandelt und ggf. auch beschrieben werden. Wird ein Zusammenhang zu einem Stichwort auf zwei Seiten behandelt, so wird die erste Seite mit einem f. als Abkürzung für „und folgende Seite“ ergänzt, z. B. „233f.“. Folgen mehrere Seiten so wird „ff.“ als Hinweis angefügt, z. B. „244ff.“. Es kann auch sinnvoll sein ein Register mit Namen (Namensregister) und eines mit Sachbegriffen zu erstellen. In 79 4.22 Glossar <?page no="80"?> der Gliederung wird das Register bzw. der Index nicht mit einer Nummer versehen. 4.25 Anhänge Anhänge sind Ergänzungen einer Abhandlung, die in der Regel jedoch für das eigentliche Verständnis der Inhalte nicht erforderlich sind. Sie können, müssen jedoch nicht, vorhanden sein. Bei ihnen handelt es sich in der Regel um sinnvolle Ergänzungen, welche jedoch auch das Verständnis fördern können. Es kann sich bei ihnen z. B. um Beschreibungen zu Messgeräten, amtliche Texte, Zeichnungen, Datentabellen, Auswertungen oder Arbeitsanweisungen handeln. Oft sind sie auch zu umfangreich, um in den Hauptteil aufgenommen zu werden. Jeder Anhang beginnt mit einer neuen Seite und ist als solcher auf der ersten Seite zu kennzeichnen. Zusätzlich zu einer Nummer oder einen Großbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge wird jeder Anhang mit einer Bezeichnung versehen (z. B: „Anhang A: Messvorschrift zur Staub‐ messung“). Ist nur ein Anhang vorhanden, so kann die Kennzeichnung mit „A“ entfallen. 80 4 Grundlagen der Textgestaltung <?page no="81"?> 5 Die Rolle der Fachzeitschriften 5.1 Bedeutung von Fachzeitschriften in Wissenschaft und Technik Fachzeitschriften sind regelmäßig erscheinende Druckschriften, die sich überwiegend mit einem klar eingegrenzten Fachgebiet befassen und an professionell interessierte Leser wenden. Sie verfolgen das Ziel, wissen‐ schaftliche, technische und wirtschaftliche Erkenntnisse auf dem jeweiligen Fachgebiet zu publizieren und dienen damit der beruflichen und fachlichen Information und der Weiterbildung. Fachzeitschriften erscheinen periodisch und informieren im Unterschied zu den Fachbüchern zeitnah, d. h. aktuell, jedoch in den jeweiligen Beiträgen weniger umfassend. Mit Übersichtsbei‐ trägen und Themenreihen können auch größere Themenkomplexe in ihnen abgehandelt werden. Mit der Veröffentlichung eines Textes in einer Fachzeitschrift werden Informationen verbreitet, gespeichert und zu jeder Zeit wieder abrufbar. Die veröffentlichten Arbeitsergebnisse können eindeutig dem Autor bzw. den Autoren zugewiesen werden, was mit Anerkennung oder sonstigen Vorteilen verbunden sein kann. In der Wissenschaft werden publizierte Ergebnisse in Fachzeitschriften als Leistungsnachweis gewertet. Der Nach‐ weis von Publikationen ist heute z. B. eine entscheidende Voraussetzung für die Einstellung auf bestimmte wissenschaftliche Arbeitsplätze oder die Vergabe von Forschungsprojekten („publish or perish“). Außerdem kann ein Autor mit der Veröffentlichung eigener Ergebnisse und Erkenntnisse sich den Anspruch auf das geistige Eigentum an ihnen sichern. Die Summe der in Fachzeitschriften veröffentlichten Beiträge dokumen‐ tiert das Wissen einzelner Fachgebiete, auf das jeder zurückgreifen kann. Fachzeitschriften vermitteln damit Fachwissen und stellen in gesammelter Form einen Wissensspeicher dar. Dieses Wissen steht damit der Allge‐ meinheit für weitere Untersuchungen zur Verfügung und ist auch die Basis für Innovationen, d. h. Neuerungen in Form technischer Produkte, Produktionsprozesse oder sonstiger Abläufe. Die Veröffentlichung von Ergebnissen sowie der Austausch und die Weitergabe von Erkenntnissen sind eine Grundvoraussetzung für den wissenschaftlichen und technischen <?page no="82"?> Fortschritt, denn jede Erkenntnis und Erfindung baut auf anderen, die zuvor gewonnen wurden, auf. Es ist daher wichtig und notwendig, dass neueste Ergebnisse, Erkenntnisse und Erfindungen „veröffentlicht“ und damit der Fachwelt mitgeteilt werden. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und daher das technische Schutz‐ recht in Form des Patentes eingeführt. Der Gesetzgeber gewährt damit dem, der seine Erfindung in Form einer Patentschrift veröffentlicht, ein Schutz‐ recht, das die Nutzung dieser Erfindung betrifft. Wer für einen bestimmten Sachverhalt an einem Patent nicht interessiert ist, kann mit einer gezielten Veröffentlichung der Ideen bzw. Erkenntnisse diese der Allgemeinheit zur Verfügung stellen und damit auch verhindern, dass ein anderer dafür einen Patentschutz erhält. Über neue Erkenntnisse kann in Form eines Vortrages auf einem Fach‐ kongress und in Form eines Beitrags in einer Fachzeitschrift berichtet werden. In den Naturwissenschaften und der Technik ist es heute üblich, die flüchtigen Worte des Vortrages gleichzeitig durch dargestellte und er‐ läuterte Abbildungen, Diagramme, Gleichungen und Tabellen zu ergänzen. Damit die dargebotenen Zusammenhänge erfasst und zu jeder Zeit wieder abrufbar sind, wird bei Kongressen mit wissenschaftlich-technischem Inhalt das „gesprochene Wort“ ergänzt durch das „geschriebene Wort“, d. h. die wichtigsten Inhalte der Vorträge werden den Kongressteilnehmern auch als sogenannte Preprints (Vorveröffentlichungen) zur Verfügung gestellt. An‐ schließend werden die Beiträge in der Regel ausführlich in Fachzeitschriften publiziert. Das Ausarbeiten von Vorträgen und das Schreiben von Veröffentlichun‐ gen bilden in der Wissenschaft und Technik eine wesentliche Basis der Kommunikation. Nur wer seine Arbeiten und Ergebnisse veröffentlicht, leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Fachgebiete. Das Abfassen von Veröffentlichungen gehört deshalb zu den Aufgaben eines jeden Wis‐ senschaftlers und Ingenieurs. Im Bereich der Wirtschaft und der Industrie gibt es aufgrund des Wett‐ bewerbs und der Konkurrenz auch gute Gründe viele Ergebnisse nicht zu veröffentlichen. So sind z. B. Rezepturen, auf deren Basis bekannte Produkte hergestellt werden, seit Jahrzehnten geheim. Dennoch besteht von Seiten des Herstellers das Interesse, über die positiven Seiten der Produkte zu berichten. Es ist die Aufgabe der Redaktion einer Fachzeitschrift in einem solchen Fall die Interessen der Leser zu vertreten und darauf zu achten, dass der Informationsgehalt des Manuskriptes oder der Pressemeldung, auch 82 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="83"?> 21 Publikationsstrategien im Wandel: Ergebnisse einer Untersuchung zum Publikations‐ verhalten DFG-geförderter Wissenschaftler unter besonderer Berücksichtigung von Open Access. DFG Infobrief 1/ 2005. Verfügbar unter https: / / www.dfg.de/ download/ p df/ dfg_im_profil/ geschaeftsstelle/ publikationen/ infobriefe/ ib01_2005.pdf, [Zugriff am 04.03.2022]. ohne die Preisgabe aller Produktdaten und Details ihrer Herstellung, eine Veröffentlichung im redaktionellen Teil der Zeitschrift rechtfertigt. Fachbücher werden als Lehrbuch oder Monografie abgefasst. Aufgrund des langen Zeitraums ihrer Ausarbeitung und Herstellung sind sie weniger als Mittel zur Publikation von aktuell ermittelten Ergebnissen auf einem Fachgebiet geeignet. Sie fassen meist das Wissen auf einem bestimmten Gebiet zusammen, strukturieren es und geben damit einen guten Überblick über ein Fachgebiet. Ihre Inhalte basieren jedoch überwiegend auf Erkennt‐ nissen, die zuvor in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Eine Studie der DFG 21 hat unterschiedliche Kulturen des wissenschaftli‐ chen Kommunizierens von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren ermit‐ telt. Demnach werden in den Ingenieurwissenschaften neueste fachliche Entwicklungen hauptsächlich durch Fachbeiträge in Zeitschriften und durch Tagungsbände (Preprints) veröffentlicht. Bei den Ingenieurwissen‐ schaften steht hauptsächlich die Entwicklung von Maschinen, Anlagen und sonstigen Produkten im Vordergrund. Die Forschung und Entwicklung wird in enger Verbindung der Wissenschaft mit den im Markt handelnden Unternehmen vorangetrieben. Daher wird der gesamte Bereich nicht nur durch die wissenschaftlich und international ausgerichteten Fachzeitschrif‐ ten abgebildet. Praxisnahe Berichte über ausgeführte Anlagen und Betriebs‐ ergebnisse sind dort ohne die Preisgabe von Details, deren Veröffentlichung nicht im Interesse der Unternehmen ist, nur schwer zu platzieren. Die Geheimhaltung des „Know-hows“ und wesentlicher Betriebsergebnisse ist oft für die Unternehmen von großer Bedeutung. Daher hat sich in den Ingenieurwissenschaften eine Reihe von Fachzeitschriften etabliert, die das ganze Spektrum auf einem Fachgebiet von der Forschung über die technische Entwicklung bis zum Produkt bzw. seiner Anwendung in der Praxis abdecken. Gleichzeitig erkennen sie, bis zu einem bestimmten Grad, das Interesse der Unternehmen an, für sie wichtige Informationen nicht zu publizieren. Diese Zeitschriften berichten auch über das Marktgeschehen und die handelnden Unternehmen. Sie bieten damit auch ein Forum für den Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen, Ideen und Arbeits‐ ergebnissen und sind ein Bindeglied zwischen Wissenschaft, industriellen 83 5.1 Bedeutung von Fachzeitschriften in Wissenschaft und Technik <?page no="84"?> Anbietern und Anwendern. Die Verlage dieser Zeitschriften bieten damit eine wertvolle Dienstleistung an. Für Wissenschaftler und Ingenieure wird in der Zukunft nicht die Menge an Informationen entscheidend sein, sondern ihre Qualität, d. h. ihre Darstellung und Einordnung der darin beschriebenen Inhalte, ihre Aktualität und ihre Relevanz für das jeweilige Fachgebiet. Die Redaktion einer Fachzeitschrift versorgt im Verbund mit den vielen Autoren eine bestimmte Gruppe von Lesern mit aktuellen, bewerteten und aufbereiteten Informationen. Eine wesentliche Aufgabe der Redaktion besteht darin, die publizierte Information auf den Nutzen für die Leser auszurichten. Auf diese Weise erfüllt sie auch die Aufgabe, die Qua‐ lität der Zeitschrift zu sichern. Sie verschafft sich dadurch die Glaubwürdigkeit, ohne die ein langfristiger Bestand einer Zeitschrift nicht möglich ist. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die Verlage der Zeitschriften überwiegend private Wirtschaftsunternehmen sind. Als solche sind sie nur erfolgreich, wenn ihr Produkt nachgefragt und mit ihm ein ausreichender Erlös erzielt wird. In Zeiten, in denen sich das Medium Internet immer schneller entwickelt, hat man den Eindruck, dass Informationen leicht verfügbar sind. Dabei kommt auch die Frage auf, ob Fachzeitschriften noch notwendig sind und ob es die Mühe lohnt, noch Artikel abzufassen, die in Fachzeitschriften erscheinen sollen. Im Folgenden werden Argumente dafür aufgeführt. Es werden dabei die Rolle der Fachzeitschriften bei der Entwicklung der Natur- und Ingenieurwissenschaft beschrieben, die Zielsetzung der redaktionellen Arbeit behandelt und Hinweise für einen optimalen Umgang mit dem Medium Fachzeitschrift gegeben. Außerdem werden Chancen erläutert, die mit der Nutzung dieses Mediums verbunden sind. 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften Die Anfänge Die Ursprünge der Fachzeitschriften finden sich in der Gelehrtenkorre‐ spondenz. Im 17. Jahrhundert wurde innerhalb der Wissenschaft der pri‐ vate Briefwechsel durch Rundum-Briefe ergänzt. Diese Form wurde geför‐ dert durch die sich bildenden Gelehrtengesellschaften. Eine der ersten in Deutschland war die 1652 in Schweinfurt von Ärzten gegründete „Academia Naturae Curiosorum“, die 1677 von Kaiser Leopold I. bestätigt und 1687 84 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="85"?> 22 Siehe hierzu: www.leopoldina.org 23 Siehe: Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung (IZWT); Repertorium deutscher wissenschaftlicher Periodika des 18. Jahrhunderts; verfügbar unter www.izwtalt.uni-wuppertal.de/ repertorium/ MS/ Main.html, [Zugriff am 21.02.2022]. per Dekret mit Privilegien ausgestattet wurde. 22 Sie wurde danach kurz als „Leopoldina“ bezeichnet. Seit 1878 hat die Akademie ihren Sitz in Halle. In London wurde 1660 die „Royal Society“ gegründet und in Paris ver‐ sammelte sich 1666 erstmals in der Bibliothek des französischen Königs die „Académie des Sciences“ zu einer Sitzung. Auch in vielen anderen größeren und kleineren Städten bildeten sich im Laufe der Jahre wissenschaftliche Gesellschaften, die teilweise aus privaten Zirkeln hervorgingen. Sie hatten alle die Vertiefung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und eine Verbes‐ serung der Kommunikation zwischen den Forschern untereinander und den sich herausbildenden wissenschaftlich interessierten Kreisen zum Ziel. Die Mitglieder trafen sich zu Vorträgen, Experimenten und Diskussionen. Es wurden Niederschriften angefertigt und in Form von Rundum-Briefen verteilt, so dass auch Mitglieder, die nicht an einem Treffen teilnehmen konnten, informiert wurden. In Briefen wurden Experimente beschrieben und wichtige Ergebnisse dargestellt. Diese Briefe sorgten für eine schnelle Verbreitung der Erkenntnisse und die Bildung eines Korrespondenznetz‐ werkes, in das viele Bürger eingebunden wurden. Die Dokumentation und Verbreitung von Wissen in schriftlicher Form entwickelten sich zu einem Merkmal der Naturwissenschaft. Die Rundum-Briefe wurden zu einer Übergangsform hin zu den Fachzeitschriften. Oftmals wurden Inhalte daraus auch in den damals sich entwickelnden Fachzeitschriften veröffentlicht. Als erste Fachzeitschriften gelten das 1665 in Paris erscheinende „Journal des Sçavants“ und die ebenfalls im Jahre 1665 in London erscheinende „Phi‐ losophical Transactions of the Royal Society“. Auf Initiative von Sachs von Lewenhaimb, einem Arzt aus Breslau, wurde 1670 im Zusammenhang mit der Erarbeitung einer Enzyklopädie der Heilkunde durch die Mitglieder der oben genannten Akademie „Leopoldina“ die Zeitschrift „Miscellanea Curiosa Medicophysica Academiae Naturae Curiosorum“ gegründet. Sie erscheint unter mehr‐ fachem Titelwechsel heute als „Nova Acta Leopoldina“ und zählt damit zu den ältesten durchgängig erscheinenden Fachzeitschriften in Deutschland. 1682 erschien in Leipzig die „Acta Eruditorum“ (lat. Berichte). Sie wird oft als die erste wissenschaftliche Zeitschrift Deutschlands aufgeführt. 23 Ihr erster Herausgeber war Otto Mencke, Professor für Moral und Politik an 85 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften <?page no="86"?> 24 Siehe „Philosophiae naturalis principia mathematica“ (deutsch: Die mathematischen Prinzipien der Naturphilosophie). In: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Bearbei‐ tungsstand: 24. Juli 2021. Verfügbar unter de.wikipedia.org/ w/ index.php? title=Philoso phiae_Naturalis_Principia_Mathematica&oldid=214154374, [Zugriff am 28.12.2021]. der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig. Mit ihrem Erscheinen sollten die Ergebnisse deutscher Gelehrter auch international verbreitet werden. In ihnen hat Gottfried Wilhelm Leibniz 1684 seine Beschreibung der Differential- und Integralrechnung veröffentlicht. Etwa zur gleichen Zeit untersuchte Isaac Newton Kurven, die im Zusammenhang mit einer stetigen Bewegung entstehen. Aus dem in einem kleinen Zeitintervall zu‐ rückgelegten Weg hat er die zugehörige Geschwindigkeit der Bewegung und damit die Ableitung des Weges nach der Zeit ermittelt. 1687 veröffentlichte er seine Betrachtungen in den bekannten „Principia“ 24 . Gottfried Wilhelm Leibniz würde heute als Erfinder der Infinitesimalrechnung gelten, da er seine Ergebnisse als erster veröffentlichte. Newton hat jedoch seine Ergeb‐ nisse vor seiner Veröffentlichung bereits mündlich und per Briefwechsel ausgetauscht. Daher wurde Leibniz von Anhängern Newtons beschuldigt, die Ideen zur Infinitesimalrechnung von Newton aus einem Briefwechsel gestohlen zu haben. Dies führte zu einer Plagiatsklage, die 1712 von einer Kommission der Royal Society of London untersucht wurde. Zu dieser Zeit war Isaac Newton selbst Präsident dieser Organisation. Die Kommission, von Newton beeinflusst, sprach Leibniz schuldig. Dieser Prioritätsstreit belastete über lange Zeit das Verhältnis zwischen englischen und kontinen‐ talen Mathematikern. Diese Vorkommnisse belegen jedoch auch, welche Bedeutung man Ver‐ öffentlichungen bereits in den Anfängen der Fachzeitschriften beigemessen hat. Vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse kann man heute feststellen, dass Leibniz und Newton die Infinitesimalrechnung unabhängig voneinander entwickelten, dass sich jedoch die von Leibniz eingeführte Notation von Differentialen, Differentialquotienten und Integralen durch‐ gesetzt hat. Als erste Fachzeitschrift in deutscher Sprache gelten die 1688 in Halle erschienenen „Monatsgespräche“. Herausgeber war Christian Thomasius, der in Leipzig Physik, Mathematik, Geschichte und Philosophie studierte, und später an der Universität Halle wirkte. In Halle begründete Thoma‐ sius mit seinen Vorlesungen die juristische Fakultät. Als Aufklärer und Revolutionär bot er als einer der ersten Vorlesungen in deutscher Sprache 86 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="87"?> 25 R. Zott: Der Brief und das Blatt. Die Entstehung wissenschaftlicher Zeitschriften aus der Gelehrtenkorrespondenz. In: H. Parthey, W. Umstätter (Hrsg.): Wissenschaftliche Zeitschrift und digitale Bibliothek, Berlin (2003) (= Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2002), S. 47-59. an. 1696 erschien in Berlin das „Nouveau Journal des Sçavants“ und 1710 „Miscellanea Berolinensia“, ein wissenschaftliches Periodikum der Berliner Akademie. 25 Das Themenspektrum dieser Zeitschriften war sehr breit, wobei den Naturwissenschaften ein großer Raum eingeräumt wurde. Mit den Zeitschriften wurden auch die Diskussionen innerhalb der Wis‐ senschaften und den wissenschaftlichen Gesellschaften in die Öffentlichkeit verlagert. Mit den wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereinigungen entstanden neue Organisationsformen, deren Zusammenhalt durch die Herausgabe von Zeitschriften gefestigt wurde. Es bildeten sich auch soge‐ nannte Lesegesellschaften, deren Zweck u. a. auch darin bestand, praktisch tätigen gebildeten Berufsständen, wie z. B. Apothekern und Medizinern, die Fortschritte der Naturwissenschaften zu vermitteln. Durch Umlauf und Austausch der in wachsender Zahl erscheinenden Fachzeitschriften konnten die Kosten für den einzelnen verringert werden und eine kontinuierliche Fortbildung gepflegt werden. Hinzukamen Vorträge, die von verschiedenen Gelehrten gehalten wurden, wie sie z. B. auch in der von Goethe 1791 in Weimar initiierten „Freitagsgesellschaft“ gehalten wurden. Bereits 1775 wurde in Elberfeld (heute ein Stadtteil von Wuppertal) die „Elberfelder Lesegesellschaft“ gegründet, deren Gründung aufgrund eines Treffens auf‐ geklärter Bürger mit Goethe in Elberfeld angeregt wurde. Als erste Fachzeitschrift der Chemie wird häufig das 1778 erschienene „Chemische Journal für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufacturen“ genannt. 1780 hatte der in der Weimarer Hof-Apotheke tätige Gehilfe Johann Friedrich August Göttling seinen „Almanach oder Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker“ herausgebracht, ein Periodikum, das ab 1803 unter wechselnden Redaktoren bis 1829 erschien. 1793 erschien das von Johann Bartholomäus Trommsdorf gegründete „Journal der Pharmacie für Aerzte und Apotheker“, das 1817 in „Neues Journal der Pharmacie…“ umbenannt und bis 1834 von ihm selbstständig publiziert wurde. Das älteste chemische Journal, das heute noch erscheint, sind die „Annales de Chimie“, die erstmals 1789 in Paris herauskamen. Von 1790 bis 1794 erschien das „Journal der Physik“, dem 1795 87 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften <?page no="88"?> bis 1797 das „Neue Journal der Physik“ folgte. Seit 1799 wird es unter dem Titel „Annalen der Physik“ bis heute fortgesetzt. Anfänge des Urheberrechts Als die Verleger dazu übergingen, den Autoren Honorare zu zahlen, leiteten die Verleger daraus ab, dass ihnen damit ein ausschließliches gewerbliches Schutzrecht zustehen würde. Der Nachdruck wurde daher verboten, wenn der Verleger die Rechte erworben hatte. Erstmals wurden im 18. Jahrhundert theoretische Überlegungen über eigentumsähnliche Rechte an geistigen Leistungen und das Phänomen des immateriellen Besitzes angestellt. 1710 wurde in England mit dem so genannten „Statute of Anne“ ein ausschließ‐ liches Vervielfältigungsrecht der Autoren anerkannt. Sie konnten dieses jedoch auch an die Verleger abtreten. Nach Ablauf einer vereinbarten Zeit fielen alle Rechte wieder an den Autor zurück. Das Werk musste im Register der Buchhändlergilde eingetragen und mit einem Copyright- Vermerk versehen sein, damit es geschützt war. Auch Frankreich führte in zwei Gesetzen von 1791 und 1793 ein „Propriété littéraire et artistique“ ein. In Preußen kam es im Jahr 1837 zu einem entsprechenden Schutz. Die Bundesversammlung des Deutschen Bundes beschloss ebenfalls 1837 eine zehnjährige Schutzfrist seit Erscheinen des Werkes, die 1845 auf 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers verlängert wurde. 1870 wurde im Norddeutschen Bund ein allgemeiner Urheberrechtsschutz eingeführt, den das Deutsche Reich 1871 übernahm und später weiterausbaute. Heute entsteht das Recht des Urhebers an einem schützenswerten Werk automatisch mit der Schaffung des Werkes. Ein Werk der Literatur ist schüt‐ zenswert, wenn eine schöpferische Eigenleistung des Autors zu erkennen ist. Eine gesonderte Kennzeichnung des Werkes ist dabei nicht notwendig. Das Zeitalter der Industrialisierung Bis zur Aufhebung der Zünfte Ende des 18. Jahrhunderts wurden technische Prozesse und Technologien hauptsächlich durch das Handwerk vermittelt und überliefert, wie z. B. die Methoden der Metallverarbeitung, der Pa‐ pierherstellung, der Lebensmittelverarbeitung und der Textiltechnik. Im 19. Jahrhundert wurden durch die aufkommenden Fabriken industrielle Produktionsmethoden mehr und mehr genutzt. Mitte des 19. Jahrhunderts setzte mit dem Aufschwung der Eisen- und Stahlindustrie eine Zunahme des Energiebedarfs ein, der durch den Ausbau des Steinkohlebergbaus gedeckt 88 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="89"?> 26 I. Mieck: Ingenieurausbildung in Deutschland und Frankreich. Francia Bd. 33 (2006), S. 1-27. 27 J. G. Dingler: Vorbericht, Polytechnisches Journal, Bd. 1 (1820), verfügbar unter http: / / digital.slub-dresden.de/ id32258227Z, [Zugriff am 21.02.2022]. wurde. Bei der Verkokung der Kohle fielen Gas und Steinkohlenteer in großen Mengen als Nebenprodukte an, die anfangs von der Leuchtgas- und Teerfarbenindustrie quasi als Abfallverwerter genutzt wurden. Die industrielle Herstellung der Teerfarben (Anilinfarben) hatte die Anfänge der chemischen Industrie in Deutschland zur Folge. Mit dieser Industrialisierung ging einher, dass sich die Ansprüche, die an Gesellen und Meister gestellt wurden, wandelten. Es entstanden Gewerbe- und Maschinenbauschulen sowie „polytechnische Lehranstalten“ bzw. Po‐ lytechnika. Ein Modell für diese war die 1794 in Paris gegründete École Po‐ lytechnique, welche als „Tochter der Revolution“ in Frankreich hervorging. 26 „Polytechnische Bildungsanstalten“ sollten die naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse, ohne die an den Universitäten noch damals übli‐ che theologische Bevormundung, praxisnah vermitteln. Ihre Absolventen förderten die Anwendung und Nutzung dieser Erkenntnisse und schufen eine verbesserte Basis zur weiteren Ausweitung (industrielle Revolution). Die enge Verbindung zur Praxis hatte auch zur Folge, dass die Ausbildung ständig an die Bedürfnisse der Industrie angepasst wurde. Aus diesen Schu‐ len gingen in Deutschland die Technischen Hochschulen bzw. Technischen Universitäten hervor. Mit der Entwicklung dieser Hochschulen etablierten sich auch das Gebiet der Ingenieurwissenschaften und der Berufsstand des Ingenieurs. 1820 wurde von dem in Zweibrücken geborenen und hauptsächlich in Augsburg als Fabrikant und Chemiker wirkenden Johann Gottfried Dingler das „Polytechnische Journal“ begründet. Sie gilt als die erste technischwissenschaftliche Zeitschrift. Entsprechend Dinglers 27 Vorwort in der ers‐ ten Ausgabe fehlte bis dahin eine Zeitschrift „welche das ganze Gebiet der Polytechnik, also, die allgemeine Naturgeschichte, die Naturwissen‐ schaft, die Chemie, die Mineralogie, die Pflanzenkunde, die Land- und Hauswirthschaft, die Maschinenlehre und Gewerbskunde, die Handels- und Waarenkunde, umfaßt“. In der Zeitschrift wurden auch Patentschriften und technische Innovationen behandelt. Im Laufe der Zeit wurden auch mit der Industrialisierung verbundene gesellschaftspolitische Fragen diskutiert. Sie erschien über 111 Jahre und wurde als einzigartiges Archiv der Technik-, 89 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften <?page no="90"?> 28 Siehe: www.polytechnischesjournal.de 29 M. Grötschel, J. Lügger: Wissenschaftliche Kommunikation am Scheideweg - Biblio‐ theken im Zeitalter globaler elektronischer Netze. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (ZfBB) 42 (1995) 3, S. 287-312. Wissens- und Kulturgeschichte im Rahmen eines von der DFG geförderten Projektes digitalisiert, so dass die Ausgaben heute frei im Internet verfügbar sind. 28 1846 gilt als Gründungsjahr des Vereins und der Studentenverbindung „Hütte“, die sich bis zu ihrer Umbenennung 1847 noch „Verein der Zöglinge des Königlich Preußischen Gewerbeinstituts“, dem Vorgänger der TU Berlin, nannte. Seit 1857 tritt die Hütte als Herausgeber technisch-wissenschaft‐ licher Handbücher auf, insbesondere des Taschenbuches „Hütte - Das Ingenieurwissen“ (ca. 1950 Seiten, 34. Auflage, 2013). In London wurde 1856 die Zeitschrift „The Engineer“ gegründet, die noch heute erscheint. In ihr werden neueste Entwicklungen und Handels‐ nachrichten zur Technik und Technologie behandelt. Im selben Jahr grün‐ deten Mitglieder der Studentenverbindung „Hütte“ in Alexisbad den Verein Deutscher Ingenieure (VDI), der auch bis heute eine Verbandszeitschrift herausgibt. 1858 erschien die erste Ausgabe der VDI-Zeitschrift (VDI-Z), die heute im VDI Fachmedien-Verlag erscheint. 1892 wurde die Zeitschrift „Der Mechaniker“ gegründet mit dem Ziel, die Entwicklungen der Mechanik, Optik, Elektrotechnik und verwandter Ge‐ biete zu fördern. Sie hat mehrmals ihre Bezeichnung geändert und erscheint heute unter dem Titel „Mechatronik“ bei der I.G.T. Informationsgesellschaft Technik mbH in München. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaften und der Technik stieg auch die Zahl der wissenschaftlichen Zeitschriftentitel an, „von unter 10 (zu Beginn des 18. Jahrhunderts) bzw. etwa 100 (zu Beginn des 19. Jahrhunderts) auf über 10.000 zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 29 Sie waren teils kurz-, teils langlebig und wurden teilweise fusioniert oder teilten sich infolge der zunehmenden Spezialisierung in verschiedene Themengebiete auf. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, verbunden mit der Gründung immer neuer Fachgesellschaften und der Etablierung der wissenschaftlichen Berufe, etablierten sich auch die Fachzeitschriften. Mit der Publikation von Forschungsergebnissen in den Fachzeitschriften und Büchern und mit dem Rezensionswesen wurden die Fachzeitschriften 90 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="91"?> 30 Siehe: www.gesetze-im-internet.de/ urhg/ zu einem Indikator für den Fortschritt und beschleunigten die damit verbundenen Entwicklungen. Man erkannte, dass das Veröffentlichen von technischen Sachverhalten Anregungen für neue Ideen gibt und wie ein Katalysator die technische Weiterentwicklung fördert. In diesem Zusammenhang wurde neben der Urheberschaft für eine Veröffentlichung auch das Technische Schutzrecht in Form des Patentes eingeführt. Mit dem Patentgesetz des deutschen Reiches aus dem Jahre 1877 gewährte der Gesetzgeber in Deutschland erstmals dem Erfinder, der seine Erfindung in Form einer Patentschrift veröffentlichte, ein Schutzrecht, das die Nutzung dieser Erfindung betraf. Nach dem Prinzip „Leistung und Gegenleistung“ kann ein erteiltes Patent praktisch als Lohn für die vorausgegangene Veröffentlichung der Erfin‐ dung betrachtet werden. Die Schutzerteilung in Form eines Patentes ist mit der Beschreibung und Veröffentlichung der Erfindung verbunden. Auf diese Weise entstand die heute sehr umfangreiche Patentliteratur, die der Allgemeinheit frei zugänglich ist, mit den zugehörigen Registern und Publikationsorganen. Weiterentwicklung des Urheberrechts 1952 wurde in Genf das Welturheberrechtabkommen beschlossen, mit dem weltweite Mindeststandards für das Urheberrecht geschaffen und gleichzeitig die Verbreitung der Werke erleichtert werden sollten. Die unter‐ zeichnenden Staaten verpflichteten sich, ihre eigenen Gesetzesgrundlagen entsprechend anzupassen. 1965 trat in Deutschland das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz - UrhG) in Kraft. Aufgrund weiterer internationaler Vereinbarungen und der in der Europäischen Union in den Nationalstaaten umzusetzenden EG-Urheberrechtsrichtlinie von 2001 waren Ergänzungen notwendig. Zurzeit gilt das im Jahre 2020 novellierte Urheberrecht. 30 Demnach besteht der Urheberrechtsschutz für Werke 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Danach sind die Werke „gemeinfrei“ und können beliebig reproduziert werden. Auf Initiative und Förderung verschiedener Organisationen (u. a. auch der DFG) werden zunehmend „gemeinfreie“ herausragende und für die Forschung überregional bedeutende kulturelle Bestände der Bibliotheken 91 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften <?page no="92"?> 31 Ch. Woll: Wissenschaftliches Publizieren im digitalen Zeitalter und die Rolle der Biblio‐ theken. Kölner Arbeitspapiere zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Band 46 (2005). Verfügbar unter https: / / publiscologne.th-koeln.de/ frontdoor/ deliver/ index/ doc Id/ 10/ file/ Schriftenreihe_46_Woll.pdf, [Zugriff am 21.02.2022]. 32 Siehe: www.deutsche-fachpresse.de 33 Siehe: www.boersenverein.de und Archive erschlossen, digitalisiert und per Internet bereitgestellt. Hierbei werden zunehmend auch historische Zeitschriften berücksichtigt. 21. Jahrhundert Es wurde geschätzt, dass zum Beginn des 21. Jahrhunderts insgesamt ca. 150 000 STM-Fachzeitschriften existierten (STM = Science, Technology, Medicine). 31 Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Dieser gewaltige Zuwachs an Titeln ist auf die stetige Differenzierung, Verästelung und Fragmentierung der Wissenschaften in Teildisziplinen und den dadurch gestiegenen Bedarf nach spezialisierter Information zurückzuführen. Die Verlage der deutschen Fachzeitschriften sind in der „Deutschen Fachpresse“ organisiert. 32 Ihr gehören 350 Unternehmen der Branche an. Die „Deutsche Fachpresse“ wird von dem Fachverband Fachpresse im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Berlin und der IG Fachmedien im Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Frankfurt a. M.) 33 getragen. 2020 waren nach den statistischen Daten der „Deutschen Fachpresse“ 5695 Titel von Fachzeitschriften in gedruckter Form erhältlich. Sie sind in einer Gesamtauflage von 576,3 Millionen Exemplaren erschienen. Damit gibt es in Deutschland eine breit gefächerte und hohe Titelzahl. Viele Titel sind auf eine fachbezogene Zielgruppe zugeschnitten und versorgen diese mit Spezialwissen und den aktuellen Fachinformationen. Außerdem bieten sie eine Plattform für den Austausch von Informationen und für die Anbahnung von Geschäftskontakten. Die Verlage sorgen für die Veröffentlichung der Beiträge ihrer Autoren. Sie sichten die Beiträge und gewährleisten, dass ein verlässliches Maß an Qualität und Sorgfalt eingehalten wird. Sie unterhalten ein System zur Einreichung von Manuskripten und organisieren den Peer-Review- Prozess der eingereichten Manuskripte. Schließlich sorgen sie dafür, dass jeder veröffentlichte Beitrag identifiziert und zu jeder Zeit in gedruckter oder elektronischer Form wieder auffindbar ist. Hierzu unterhalten sie die notwendige Infrastruktur und entwickeln sie ständig weiter. 92 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="93"?> 34 Siehe: www.deutsche-fachpresse.de, [Zugriff am 28.12.2021]. 35 R. Johnson, A. Watkinson, M. Mabe: The stm report - An overview of scientific and scholarly publishing. Oktober 2018. Erstellt im Auftrag der „International Association of Scientific, Technical and Medical Publishers”; verfügbar unter www.stm-assoc.org, [Zugriff am 16.02.2022]. Der Umsatz der rund 350 Fachmedienverlage mit ihren 5695 Titeln betrug 2020 in Deutschland ca. 7,43 Mrd. Euro. Davon entfielen 3,59 Mrd. Euro auf den Printbereich, der vor allem durch die Fachzeitschriften geprägt wurde. Auf gedruckte Fachbücher entfielen 0,68 Mrd. Euro. Mit Digitalprodukten wurde ein Umsatz von 3,07 Mrd. Euro erwirtschaftet. 34 Ihre Bedeutung wächst zunehmend, während die Umsatzzahlen der anderen Medienkatego‐ rien rückläufig sind. Es spricht für den Standort Deutschland, dass die Fachleute der einzelnen Branchen über die Firmengrenzen hinweg zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen austauschen. Das geschieht neben den Aktivitäten in den Verbänden und Vereinen der verschiedenen Berufsgruppen auch in Form der Beiträge in den Fachzeitschriften. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass es für alle, die sich an dem Erfahrungsaustausch und den Diskussionen beteiligen, von Vorteil ist. Mitarbeiter von Unternehmen und anderen Organisationen können auf diese Weise auch ihre Kompetenz auf einem bestimmten Gebiet unter Beweis stellen und auf sich aufmerksam machen. Anders als das Internet, in dem jeder Berichte und Beiträge veröffentlichen kann, hat eine Zeitschrift eine Redaktion, die der Wahrheit verpflichtet ist und darauf bedacht ist, dass der Leser sachgerecht informiert wird. Eine Redaktion vertritt die Interessen der Leser. Auf diese Weise werden Zeitschriften ihrer Aufgabe gerecht und sind bei der zunehmenden Informationsflut notwendiger denn je. Unüberschaubare Zahl an Veröffentlichungen Weltweit betrachtet ist in Folge des exponentiellen Wachstums der For‐ schung und Entwicklung die Zahl der Veröffentlichungen in den letzten Jahrzehnten gewachsen und hat ein unüberschaubares Ausmaß angenom‐ men. In einer Studie 35 wird die Zahl der qualitätsgesicherten Fachzeitschrif‐ ten, in denen Forschungsergebnisse aus den Bereichen Naturwissenschaft, Technik und Medizin (STM-Fachzeitschriften) für das Jahr 2018 mit 42 500 angegeben. Davon erscheinen 33 100 bzw. 77,9 % in englischer Sprache. In ihnen sind in einem Jahr ca. 3 Millionen Artikel erschienen. Über die 93 5.2 Historische Entwicklung der Fachzeitschriften <?page no="94"?> 36 Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ innerhalb der Deutschen For‐ schungsgemeinschaft (Hrsg.): Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Wiley-VCH, Weinheim (1998), S. 30. letzten Jahrzehnte konnte man im Mittel eine jährliche Zunahme von ca. 3,5 % beobachten, wobei sich diese in den letzten Jahren auf ca. 4 % beschleunigt hat. Man stellte fest, dass diese Zunahme in etwa der Zunahme der mit Forschung befassten Personen und damit auch der Forschungsmittel entspricht. In einer Denkschrift der DFG zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis 36 wurde 1998 festgestellt, dass „der Gebrauch der Publikationen als Erfolgskriterium im Wettbewerb der Wissenschaftler um Karrierechancen, Forschungsmittel etc. seinerseits zu einer Vermehrung der Veröffentlichun‐ gen geführt“ hat. Außerdem wurde festgestellt, dass die Zahl der Veröffent‐ lichungen, an denen mehrere Autoren beteiligt sind, rapide zugenommen hat. Durch die zunehmende Anwendung bibliometrischer Analysen und Kennzahlen zur Erfassung und Beschreibung der wissenschaftlichen Leis‐ tung bzw. „Produktivität“ einzelner Personen oder Arbeitsgruppen wurde diese Entwicklung noch gefördert (s. hierzu Abschnitt 6.8). 5.3 Aufgabe der Verlage und Redaktionen Mit der Herausgabe einer Fachzeitschrift wird das primäre Ziel verfolgt, aktuelle wissenschaftliche, technische Erkenntnisse und Entwicklungen zu publizieren. Die Zeitschriften werden hierzu von einem Verlag in einer großen Stückzahl gedruckt und meist durch einen zielgerichteten Versand verbreitet. Heute ist damit in der Regel auch ein Angebot zur Nutzung der Publikationen im Internet verbunden. Fachzeitschriften wenden sich an einen mehr oder weniger engen Kreis von Fachleuten und erscheinen regelmäßig (mindestens viermal pro Jahr) und zählen damit zur Gruppe der Periodika. Herstellung und Verbreitung der Zeitschriften übernehmen die Verlage. Bei ihnen handelt es sich um Wirtschaftsunternehmen, welche die Zeitschrift unter Beachtung der Ökonomie vermarkten. Die dabei erzielten Erträge ermöglichen es meist erst, dass eine Fachzeitschrift erscheinen kann. Der Verlag ist mit Namen und Anschrift im Impressum der Zeitschrift aufgeführt. Einige Verlage garantieren die im Impressum aufgeführte Auflage und lassen die 94 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="95"?> 37 Siehe: www.presserecht.de 38 Siehe: www.hans-bredow-institut.de hergestellte und verbreitete Stückzahl von unabhängigen Organisationen überprüfen. In Deutschland übernimmt dies die IVW (Informationsge‐ meinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.). Die Identifikation eines Beitrages in einer Fachzeitschrift wird durch die International Standard Serial Number (ISSN) gewährleistet. Sie besteht aus acht Ziffern und wird vom Nationalen ISSN-Zentrum für Deutschland, der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main, vergeben. Sie wird im Impressum aufgeführt und ermöglicht weltweit die eindeutige Identifizierung der Zeitschrift. Auch Fachzeitschriften unterliegen den Pressegesetzen. 37 Da die Presse die Kulturhoheit der Länder betrifft, sind Pressegesetze Gesetze der Bun‐ desländer. Es werden darin die besonderen Rechte der Presse und ihre Pflichten beschrieben. U. a. wird festgelegt, dass redaktionelle Beiträge, die dem Verantwortungsbereich der Redaktion unterliegen, und bezahlte Veröffentlichungen (Anzeigen) deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Auch wird darin die Angabe des Impressums in jeder Ausgabe vorgeschrie‐ ben. Eine 2013 aktualisierte „Gesetzessammlung: Information, Kommunika‐ tion, Medien“ ist in der Schriftenreihe „Arbeitspapiere des Hans-Bredow- Instituts“ erschienen und wird vom Institut zum kostenlosen Download bereitgestellt. 38 Die Redaktion einer Zeitschrift erfüllt eine öffentliche Aufgabe dadurch, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Sie muss alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit prüfen. Sie ist für den Inhalt des redaktionellen Teils der Zeitschrift verantwortlich und bemüht sich, die vom Verlag vorgegebene Zielsetzung der Zeitschrift zu erfüllen. Als Beispiel ist die Zielsetzung des Verlages zur Fachzeitschrift „Filtrieren und Separieren“ aufgeführt, die der Autor des Buches über 25 Jahre als Chefredakteur geleitet hat. 95 5.3 Aufgabe der Verlage und Redaktionen <?page no="96"?> 39 S. Ripperger: F&S Filtrieren und Separieren 12 (1998), Nr. 1, S. 3-6. 40 Siehe: www.presserat.info Beispiel: Zielsetzung der Fachzeitschrift „Filtrieren und Separieren“ Die Zeitschrift „F&S - Filtrieren und Separieren“ verfolgt das Ziel, den Informationsbedarf von Ingenieuren, Technikern, Naturwissenschaft‐ lern und Betriebsleitern auf dem Gebiet der Filtrations- und Separations‐ technik zu decken. Die Redaktion übernahm in diesem Zusammenhang die Aufgabe, über die Entwicklungen in Kernbereichen (Filtrationstech‐ nik, Separationstechnik, Membrantechnik, disperse Stoffsysteme) aktu‐ ell zu berichten. Berichtet wird auch über Randgebiete, welche die oben aufgeführten Kerngebiete tangieren (z. B. Pumpen, Partikelmesstechnik, Rohrleitungs-, Apparate- und Anlagentechnik). Entsprechend dem An‐ wendungsspektrum der Filtrations- und Separationstechnik deckt das Profil der Zeitschrift das Informationsbedürfnis über dieses Gebiet in vielen Industriebereichen ab. Hierzu gehören z. B. die Bereiche ■ Chemische und Pharmazeutische Industrie, ■ Biotechnologie, ■ Lebensmittelindustrie inkl. der Getränkeindustrie, ■ Wasseraufbereitung, ■ Abwasserbehandlung, ■ sonstige Bereiche der Umweltschutztechnik, ■ Trocknungstechnik, ■ Produktions- und Oberflächentechnik, ■ Reinraum-, Lüftungs- und Klimatechnik, ■ Labor- und Analysetechnik. Die technische und wirtschaftliche Bedeutung der Filtrations- und Separationstechnik in den einzelnen Bereichen wurde anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Zeitschrift beschrieben. 39 Der Journalist einer Redaktion verbreitet die Nachrichten in einer Zeitschrift in der für die Zielgruppe geeigneten, aufbereiteten Form. Auch ein Fach‐ journalist ist dabei gehalten die publizistischen Grundsätze des „Deutschen Presserates“ 40 einzuhalten, welche als „Richtlinien für die publizistische Ar‐ 96 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="97"?> beit“, auch bekannt als „Pressekodex“, aufgestellt wurden. Der Pressekodex konkretisiert die Berufsethik der Presse, die u. a. die Pflichten umfasst, im Rahmen der Verfassung und der verfassungskonformen Gesetze das Ansehen der Presse zu wahren und für die Freiheit der Presse einzustehen. Für Fachzeitschriften mit eigenen redaktionellen Beiträgen ergibt sich daraus u. a. die oben bereits erwähnte Verpflichtung einer klaren Trennung zwischen redaktionellen Texten und Veröffentlichungen zu Werbezwecken. Redaktionelle Veröffentlichungen dürfen demnach auch nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch wirtschaftliche Interessen des Verlages oder der Journalisten beeinflusst werden. Bei einer technischen Fachzeitschrift steht der Journalist als Redakteur meist zwischen den schreibenden Wissenschaftlern bzw. Ingenieuren und den Lesern. Die Tätigkeiten der Redaktionen umfassen das Aufspüren und Akquirieren von Beiträgen sowie die Sichtung und Auswahl geeigneter zugesandter Manuskripte und sonstiger Informationen. Weil das Internet eine Fülle von Informationen in ungeordneter Weise anbietet, kommt der sachkundigen Informationsauswahl und -aufbereitung eine zentrale Rolle zu. Die Aufgabe der Redaktion einer Fachzeitschrift verlagert sich zunehmend von der Informationsbeschaffung zur Informationsbewertung und -aufarbeitung. Die Redaktion einer Fachzeitschrift hat die Aufgabe, ihre Zielgruppe mit entsprechend aufbereiteten Informationen zu versorgen. Entsprechend prüft sie Fachbeiträge auf ihre Relevanz und Aktualität. Außerdem be‐ steht die Aufgabe, die Qualität der Zeitschrift zu sichern. Die Aufgaben können nur von qualifizierten Fachleuten auf dem jeweiligen Fachgebiet wahrgenommen werden. Da nicht alle eingehenden Manuskripte den An‐ forderungen der Zeitschrift entsprechen, ist das Redigieren der Beiträge in Zusammenarbeit mit dem Autor, d. h. die inhaltliche, sprachliche und formale Anpassung der Beiträge, eine wesentliche Aufgabe der Redaktion. Inhaltliche Fragen werden dabei mit den Autoren abgesprochen. Bei den meisten STM-Zeitschriften, bei denen die Fachkompetenz in der Redaktion nicht in der gesamten Tiefe vorhanden ist, werden die Beiträge externen Gutachtern (Referees) zugesandt, die eine Begutachtung vornehmen. Gute Zeitschriften verpflichten die Gutachter, denen die einge‐ sandten Manuskripte zur Prüfung überlassen werden, auf Vertraulichkeit und die Offenlegung einer Befangenheit gegenüber den Autoren, die evtl. der Redaktion entgangen sein könnte. Weiterhin wird erwartet, dass das 97 5.3 Aufgabe der Verlage und Redaktionen <?page no="98"?> gewünschte Gutachten mit der Bewertung in Bezug auf die Zeitschrift und den Kommentaren in einer kurzen Frist (zwei bis drei Wochen) erstellt wird. Die Begutachtung eines Manuskripts durch Personen mit einer ähnli‐ chen Kompetenz wie der bzw. die Verfasser wird auch als „Peer-Review“ bezeichnet. Die Begutachtung durch die „Peers“ sollen die in dem Bereich üblichen Qualitätsstandards sichern und die Glaubwürdigkeit der beschrie‐ benen Ergebnisse soweit wie möglich bestätigen. Das Urteil der Gutachter entscheidet darüber, ob ein Manuskript veröffentlicht wird oder nicht. Die Begutachtung durch externe Gutachter ist nicht unkritisch für die Autoren, da urheberrechtlich oder patentrechtlich noch ungeschützte Ideen, Forschungsergebnisse und Formulierungen an Personen weitergegeben werden, deren Identität die Autoren in der Regel nicht kennen (engl. singleblind review). Ein Gutachter kann auch ein unmittelbarer Konkurrent der Autoren sein. Um eine Beeinflussung des Gutachtens durch die Kenntnis des Autors auszuschließen, wird oft ein Doppelblindgutachten (engl. doubleblind review) gefordert. In diesem Fall bleiben sowohl Gutachter als auch Begutachteter anonym. Die Vorsichtsmaßnahmen der Verlage beschränken sich auf eine sorgfältige Auswahl der Gutachter und deren Verpflichtung zur Vertraulichkeit. Außerdem wird daran appelliert eine ggf. bestehende Befangenheit offenzulegen. Die Gutachter orientieren sich bei der Begut‐ achtung meist an Fragebögen der Redaktion. In Tabelle 5.1 sind typische Fragen aufgeführt, die dabei zu beantworten sind. Sie machen deutlich, wie der Inhalt eines Beitrages und seine Präsentation beurteilt werden. Entsprechend ist ein Beitrag für eine Fachzeitschrift mit größter Sorgfalt abzufassen. Tabelle 5.1: Typische Fragen, die bei einer Begutachtung eines Facharti‐ kels von einem Gutachter zu beantworten sind ■ Ist der Beitrag für die Leser der Zeitschrift interessant? ■ Ist der Gegenstand der Untersuchung originell und sind die Ergeb‐ nisse neu? ■ Sind die genutzten Untersuchungsmethoden der Fragestellung an‐ gemessen? ■ Sind die Ergebnisse nachvollziehbar und schlüssig interpretiert? ■ Werden Einschränkungen und Gültigkeitsbereiche erklärt? ■ Ist der Beitrag sinnvoll gegliedert? 98 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="99"?> 41 DIN ISO 2108: 2007-01 Information und Dokumentation - Internationale Standard-Buch‐ nummer (ISBN) 42 ISO 3297: 2020-10 Information und Dokumentation - Internationale Standardnummer für fortlaufende Sammelwerke (ISSN) 43 Siehe: www.doi.org ■ Werden unangemessene Ausdrücke und Formulierungen vermie‐ den? ■ Ist der Beitrag entsprechend den Richtlinien der Zeitschrift abge‐ fasst? ■ Ist die Länge des Beitrages angemessen oder sind Kürzungen mög‐ lich? ■ Sind Ergänzungen notwendig oder wünschenswert? ■ Sind alle Abbildungen und Tabellen notwendig und ordnungsge‐ mäß aufgeführt? ■ Wird die Literatur angemessen und richtig zitiert? ■ Beschreibt der Titel den Inhalt des Beitrags richtig und treffend? Internationale Standardnummer (ISBN und ISSN) Verlage nutzen seit 1972 zur eindeutigen Identifizierung von nichtperiodi‐ schen erscheinenden Veröffentlichungen (u. a. Büchern) die mit der ISO- Norm 2108 41 eingeführte internationale Standardnummer ISBN (Internatio‐ nal Standard Book Number). Ursprünglich hatte eine ISBN zehn Stellen (ISBN-10). 2007 wurde sie aufgrund der größeren Zahl an zu berücksichti‐ genden Verlagen auf dreizehn Stellen (ISBN-13) erweitert. Für periodische Veröffentlichungen und Sammelwerke (z. B. Zeitschriften) wurde 1975 mit der ISO 3297 42 die ISSN eingeführt (International Standard Serial Number). Die Nutzung dieser Identifikationssysteme durch die Verlage ist nicht verpflichtend. Digitaler Objektbezeichner (DOI) Digitale erfasste Objekte, wie z. B. wissenschaftliche Zeitschriftaufsätze, werden eindeutig und dauerhaft durch den DOI gekennzeichnet (Digital Objekt Identifier). Sie werden damit eindeutig identifiziert. Das DOI-System ist mit den ISBNbzw. ISSN-Kennzeichnungen für Bücher und Zeitschrif‐ ten vergleichbar. Es wurde von der International DOI Foundation (IDF) eingeführt, die auch als Betreiber des DOI-Systems auftritt. 43 Mit der Norm 99 5.3 Aufgabe der Verlage und Redaktionen <?page no="100"?> 44 ISO 26324: 2012-05 Information und Dokumentation - System zur Identifikation digitaler Objekte (DOI) ISO 26324 44 werden die Syntax und Auflösungsfunktionselemente des DOI- Systems festgelegt. Einem DOI kann im Netz ein „Uniform Resource Locator (URL)“ zugewiesen werden. Es handelt sich dabei um eine Adresse im „World Wide Web“, die als Ressource für das Objekt dient und über die es aufgerufen werden kann. Da eine Internetadresse auch aufgelöst werden kann, was bei ihrer Eingabe durch eine Fehlermeldung angezeigt wird (Error 404), ist es wichtig, dass eine Veröffentlichung selbst durch den DOI identifiziert wird, und nicht nur ein Ort, an dem sie aufgerufen werden kann. Als Ressource können daher verschiedene digitale Datenbanken, welche die DOIs beinhalten dienen. Solche Datenbanken werden von Verlagen und anderen Unternehmen und Organisationen eingerichtet und betrieben. Einer DOI wird zur Kennzeichnung das Kürzel „doi: “ vorangestellt. Danach folgen „10.“ und die Kennung der Organisation (z. B. Verlag, Un‐ ternehmen oder sonstige Organisation) und die eindeutige Identifikation der Veröffentlichung. Den Verlagen wird zur Kennzeichnung eine eigene Nummer zugewiesen (beginnend bei 1000). Die Kennzeichnung der Veröf‐ fentlichungen können sie selbst vornehmen. So können Veröffentlichungen in einer Zeitschrift beispielsweise mit einem Kürzel für die Zeitschrift, dem Jahr der Veröffentlichung und einer durchgehenden Manuskriptnummer gekennzeichnet werden. Das zuvor beschriebene System wird u. a. vom Wiley-VCH-Verlag ge‐ nutzt. Ein Beitrag des Autors zur Haftung von Partikeln an Oberflächen in der Fachzeitschrift „Chemie Ingenieur Technik“ des Verlages kann z. B. unter doi: 10.1002/ cite.201100099 aufgerufen werden. Darin steht 1002 als Kennung für den Wiley-Verlag, „cite“ steht für die Zeitschrift „Chemie- Ingenieur-Technik“, 2011 für das Jahr der Einreichung und Bearbeitung und 99 als Nummer des Manuskripts. Der zugehörige „Uniform Ressource Loca‐ tor“ (URL) als Kennzeichnung der Quelle im Internet lautet: dx.doi.org/ 10.1 002/ cite.201100099. Damit wird der DOI-Proxyserver (http: / / dx.doi.org/ DOI) als Kommunikationsschnittstelle mit der DOI verbunden. Diese Verlinkung eines Artikels auf einer Webseite bietet sich an, um ihn direkt zugänglich zu machen. Der Artikel kann auf diese Weise einfach aufgerufen werden, da mit dem Link auf einer Webseite gleichzeitig auch die DOI des Beitrages angegeben wird. 100 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="101"?> 45 Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ innerhalb der Deutschen For‐ schungsgemeinschaft (Hrsg.): Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Wiley-VCH, Weinheim (1998). Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre können viele wissenschaft‐ liche Artikel der Ingenieur- und Naturwissenschaften durch DOIs erschlos‐ sen werden. Der Digital Object Identifier eines Artikels kann in der Regel auf der Webseite des zugehörigen Verlages ermittelt werden. Bei einem Verweis auf eine neuere Veröffentlichung wird meist auch die DOI-Kennzeichnung angegeben. In Literaturverzeichnissen wird es mehr und mehr üblich sowohl auf die gedruckte Form als auch auf die DOI-Kennzeichnung zu verweisen. 5.4 Hinweise zur Nutzung des Mediums Fachzeitschrift Die Redaktion einer Zeitschrift geht bei einer Einreichung eines Manu‐ skriptes zur Veröffentlichung in der Regel davon aus, dass der Autor im Besitz der Urheberrechte sowie ggf. erforderlicher Freigabegenehmigungen ist. Insbesondere Autoren, die über Arbeiten in Forschungsverbünden, Unternehmen oder sonstigen Organisationen berichten, müssen die darin geltenden Regeln, mit denen eine solche Freigabe erreicht wird, beachten. Der Autor bzw. die genannten Autoren übernehmen mit der Einreichung des Manuskriptes auch die Gewähr für den Inhalt. Sie sind, wie die Redaktion der Fachzeitschrift, der Wahrheit verpflichtet. Bewusste oder grob fahrlässige Falschangaben werden z. B. innerhalb wissenschaftlicher Forschungsorga‐ nisationen geahndet und können Konsequenzen zur Folge haben. Die DFG hat Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis erstellt, die u. a. auch die Qualitätssicherung wissenschaftlicher Veröffentlichung umfassen. 45 Bei Texten innerhalb einer Zeitschrift ist es daher wichtig zu wissen, wer einen Artikel inhaltlich vertritt und verantwortet. Bei Artikeln ohne Autorenangabe sind es Mitglieder der Redaktion, die im Impressum der Zeitschrift aufgeführt sind. Nach dem deutschen Presserecht besteht bei Zeitungen und Zeitschriften die Pflicht, ein Impressum mit den entspre‐ chenden Angaben aufzuführen. 101 5.4 Hinweise zur Nutzung des Mediums Fachzeitschrift <?page no="102"?> Hinweise für Autoren wissenschaftlicher Fachbeiträge Bei allen Fachzeitschriften hat sich ein Standard herausgebildet, den ein Autor kennen muss, um erfolgreich dieses Medium zu nutzen. Die Beach‐ tung dieser Regeln vereinfacht wesentlich die Zusammenarbeit mit einer Redaktion. Einige der Regeln zur inhaltlichen Abfassung von Fachartikeln werden in Kapitel 4 behandelt. Außerdem sollten bei der formalen Ab‐ fassung von Beiträgen die Richtlinien bzw. „Hinweise für Autoren“ des jeweiligen Verlages berücksichtigt werden. Die Beachtung dieser Hinweise und Richtlinien stellen sicher, dass viele der Fragen in Tabelle 5.1 positiv beantwortet werden können. Das Manuskript wird nur einmal geschrieben, der gedruckte Aufsatz jedoch häufig gelesen. Es ist daher angemessen, wenn der Autor den Text mehrmals überarbeitet, verbessert und sich bemüht ihn mit großer Sorgfalt abzufassen, damit die erläuterten Zusammenhänge und Aussagen für den Leser leicht verständlich sind. Hinweise für Mitarbeiter von Presseabteilungen Neben den Autoren sind die Mitarbeiter von Presseabteilungen der Unter‐ nehmen und Organisationen oder der von diesen beauftragten Agenturen Ansprechpartner der Fachjournalisten in den Redaktionen. Sie sind wie die Journalisten an der optimalen Verbreitung neuer Informationen interes‐ siert. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Sicht der Dinge deutlich voneinander abweichen kann. Der Journalist muss objektiv über Forschungs- und Entwicklungsergebnisse und über die Vor- und Nachteile sowie die möglichen Konsequenzen berichten. Bei Fachzeitschriften besteht außerdem der Wunsch häufig über Details der Methoden, Produkte oder Er‐ gebnisse im Interesse der Leser zu berichten, damit die Schlussfolgerungen nachvollziehbar werden. Je vollständiger die Ergebnisse bzw. Neuerungen beschrieben werden, desto geringer ist das Risiko für Missverständnisse. Eine ausführliche Beschreibung von Zusammenhängen ist meistens nicht das Ziel einer Pressemitteilung. Viele der eingehenden Pressemitteilungen sind so knapp und nur auf die „gute Nachricht“ ausgerichtet, dass sie nicht den Anforderungen einer Fachzeitschrift genügen. Sie bedürfen häufig einer Überarbeitung durch die Redaktion oder sogar einer Ergänzung. Ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit der PR-Fachleute sollte darin bestehen, auf die inhaltlichen und formalen Qualitätskriterien der jeweiligen Redaktion einzugehen. Die Qualitätskriterien einer Redaktion sind die Basis dafür, dass 102 5 Die Rolle der Fachzeitschriften <?page no="103"?> 46 M. Kleiner: Qualität statt Quantität. In: Forschung 1 (2010), S. 2-3. der Leser ihre Beiträge auf Basis von Vertrauen und Sachlichkeit oft stärker beachtet, als die Meldungen der Unternehmen selbst. In den meisten Fällen werden innerhalb der Redaktion die Unternehmensbeiträge so überarbeitet, dass sie ihren Anforderungen entsprechen. Sie werden quasi „objektiviert“. Entsprechend erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Pressemittei‐ lung innerhalb einer Redaktion berücksichtigt wird, wenn bereits bei ihrer Abfassung die Informationen möglichst neutral und objektiv dargestellt werden. Nicht zu unterschätzen sind die Vorteile für die Unternehmen und sonstige Organisationen, die mit einer Verbreitung ihrer Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in einer Fachzeitschrift verbunden sind. Sie ver‐ bessern das Image und belegen, dass innovative und fachlich kompetente Mitarbeiter im Unternehmen vorhanden sind. Dadurch wird die öffentliche Wahrnehmung eines Unternehmens positiv verändert und Vertrauen in die von ihm angebotenen Produkte geschaffen. Oft kann das Unternehmen aus einer Veröffentlichung einen konkreten Nutzen ziehen. So werden z. B. Neuentwicklungen, über die in der Fachpresse berichtet wird, oft als solche erst wahrgenommen und verbreitet. Es ist daher erstaunlich, dass insbesondere viele kleine und mittelständische Unternehmen das Medium Fachzeitschrift noch wenig nutzen. Anders ist es im Bereich der Wissenschaft. Dort ist man sich der Vorteile bewusst, die mit Veröffentlichungen verbunden sind. Veröffentlichungen entwickelten sich zur „Währung“ bzw. zum „Goldstandard“ der Wissen‐ schaft, wie Mathias Kleiner, ehemals Präsident der DFG formulierte. 46 Zur Bewertung der Leistung eines Forschers bzw. einer Forschergruppe werden oft auch Daten bibliometrischer Analysen herangezogen (s. Abschnitt 6.8). 103 5.4 Hinweise zur Nutzung des Mediums Fachzeitschrift <?page no="105"?> 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis 6.1 Einführung Am Ende des Abschnitts 5.2 wird über die Flut schriftlicher Ausarbeitun‐ gen und die Rolle der Verlage berichtet. Die Verlage sorgen mit ihrer Organisation und den technischen Einrichtungen für die Verbreitung und „Vermarktung“ der Publikationen. Die Rolle der Veröffentlichungen als Wissensspeicher und als Basis für Innovationen und den weiteren techni‐ schen Fortschritt wurde dargestellt und es wurden Normen und Richtlinien vorgestellt, die gewährleisten, dass die Veröffentlichungen auf den Gebieten der Ingenieur- und Naturwissenschaften dem letztgenannten Anspruch weitgehend gerecht werden. In diesem Kapitel soll untersucht werden, wie sich „das Veröffentlichen“ in den letzten Jahren entwickelt hat und ggf. in Zukunft entwickeln wird. Dabei muss berücksichtigt werden, a. was unter Einbeziehung der neuen Medien möglich ist bzw. möglich wird, b. was aus Blickrichtung der Akteure (Autoren, Verlage) und c. was aus Sicht der Nutzer (Leser) wünschenswert ist. Beim Letzteren muss bei der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Lite‐ ratur ihre Rolle als Wissensspeicher besonders berücksichtigt werden. 6.2 Neue Möglichkeiten des Publizierens Elektronisches Publizieren Bei allen Wissenschaftsverlagen werden die elektronischen Medien zum Publizieren von Fachbeiträgen genutzt, oft in Kombination mit den klas‐ sischen gedruckten Fachzeitschriften. Die meisten Verlage haben jedoch, wie andere Organisationen auch, Online-Portale eingerichtet mit dem Ziel, Beiträge zu veröffentlichen. Bei den sogenannten Online-Zeitschriften geht der eigentlichen Veröffentlichung oftmals ein Review-Prozess voraus, der <?page no="106"?> dem einer gedruckten Zeitschrift entspricht. Bei einer Online-Zeitschrift handelt es sich um ein Online-Portal bzw. Web-Portal, d. h. eine Adresse im „World Wide Web“, die als Zugang zu den Beiträgen dient. Viele Verlage offerieren die Inhalte ihrer Fachzeitschrift zusätzlich unter einem oder mehreren Online-Portalen. Zur Nutzung dieser Dienste und zum Lesen werden vermehrt Tablet-Computer und eBook-Reader genutzt. Diese Ent‐ wicklungen haben das traditionelle Geschäftsmodell der Verlage in Frage gestellt. Eine kurze Zeit lang haben einigen Verlage redaktionelle Inhalte im Internet kostenlos zur Verfügung gestellt. Heute sind meist nur einzelne Artikel im Rahmen einer Lizenzvereinbarung oder einer Rechnungsstellung zugänglich. Zur eindeutigen Kennzeichnung digital erfasster Objekte, wie z. B. wissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze, nutzen die Verlage zunehmend DOIs (Digital Objekt Identifier, s. Abschnitt 5.3). Die Nutzung elektronischer Medien ist bei der Suche von Autoren und Inhalten von großem Vorteil. Neben der Suche unter Nutzung des DOI oder nach vorgegebenen Kenn- oder Schlagworten wird auch eine Suche nach Worten im gesamten Text (Volltextsuche) ermöglicht. Ein weiterer Vorteil ist die schnelle Veröffentlichung eines Artikels, da die vergleichsweise lange Zeit für den Weg von der Redaktion über die Druckerei und den Versand bis auf den Schreibtisch der Leser entfällt. Dennoch kann aufgrund der bisherigen Erfahrungen erwartet werden, dass die Nutzer wissenschaftlicher Literatur auch den gedruckten Text als Leseexemplar wünschen, so dass auch weiterhin gedruckte Zeitschriften und Bücher angeboten werden. Jedoch ist in den letzten Jahren die ge‐ druckte Auflage vieler Fachzeitschriften gesunken. Man kann daher damit rechnen, dass die Online-Portale und eBooks an Bedeutung zunehmen und zusätzlich zur Volltextsuche und Datensicherung im Sinne einer Ablage genutzt werden. Publishing-on-Demand Publishing-on-Demand beinhaltet die Nutzung von digitalen Druckverfah‐ ren, mit denen auch Kleinstauflagen von Büchern und anderen Druckschrif‐ ten wirtschaftlich hergestellt werden können. Im Fall von Büchern spricht man auch von Book-on-Demand, was oft mit „Buch auf Bestellung“ (kurz: BaB) übersetzt wird. Publishing-on-Demand mindert das wirtschaftliche Risiko bei der Buch‐ herstellung, wie es z. B. die Verlage eingehen, wenn sie Bücher mit dem 106 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="107"?> klassischen Offsetdruck produzieren. Hier ist die Kalkulation an Mindest‐ verkaufsmengen gebunden, die im Voraus abgeschätzt werden müssen. Um dieses Risiko zu mindern, wird eine Veröffentlichung oft auch mit einem Druckkostenzuschuss des Autors oder der Organisation, die an der Veröf‐ fentlichung interessiert ist, verbunden. Beim Publishing-on-Demand wird das Vertriebsrisiko wesentlich reduziert, da eine wirtschaftliche Herstellung auch bei einer Kleinstauflage (meist ab ca. 30 Exemplaren) gewährleistet ist. Die Bezeichnung bringt auch zum Ausdruck, dass eine Herstellung erst nach dem Vorliegen einer gesicherten Bestellung möglich ist. Möglich wurde dies durch die Entwicklung leistungsfähiger digitaler Drucktechniken in Verbindung mit Maschinen zum Sortieren, Schneiden und Binden der Blätter. Digitale Drucktechniken erfordern im Gegensatz zu den konventionellen Drucktechniken keine festen Druckvorlagen. Sie ermöglichen es, dass in wenigen Stunden aus fertigen Druckdateien ein Buch hergestellt werden kann. Nach einer Korrektur und Begutachtung des ersten Exemplars können in wenigen Tagen die Registrierung und die Voraussetzungen für einen Vertrieb des Werkes über den Buchhandel oder Online-Bookshop geschaffen werden. Größere Verlage nutzen mittlerweile die Technik für unveränderte Nach‐ drucke vergriffener Werke und für die Bereitstellung spezialisierter Fach- und Sachbücher. Bücher in einem Verlagsprogramm sind damit nicht mehr „vergriffen“ und können jederzeit nachbestellt werden. Außerdem wird die Lagerhaltung dadurch wesentlich reduziert. Neue Publikumsmedien Mit dem Internet haben sich neue Publikumsmedien etabliert. Die Formen der Verbreitung von Informationen und die Formen von Veröffentlichungen wurden beträchtlich erweitert. Jeder kann Nachrichten, Meinungen und schriftliche Beiträge auf seiner eigenen Homepage, in Internetforen und den Social Media verbreiten. Letztere sind Internetprogramme, welche die Kommunikation untereinander und den Austausch von geschriebenen und gesprochenen Texten, Bildern und Videos fördern. Das interaktive und gemeinsame Erstellen, Bearbeiten und Verteilen von Inhalten beinhaltet auch der Begriff Web 2.0. Er kennzeichnet die zweite Entwicklungsstufe des Internets, die insbesondere durch den Wechsel von statischen Webseiten zu dynamischen bzw. nutzergenerierten Inhalten und das Aufkommen der sozialen Medien gekennzeichnet ist. Der Nutzer dieser Medien ist 107 6.2 Neue Möglichkeiten des Publizierens <?page no="108"?> 47 Alvin Toffler, US-amerikanischer Schriftsteller und Futurologe, führte 1980 in dem Buch „Die dritte Welle“ („The Third Wave“) den Begriff „Prosument“ ein. 48 Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Mediamix, verfügbar unter http: / / wirtschaftslex ikon.gabler.de/ definition/ mediamix-39492, [Zugriff am 29.12.2021]. nicht nur Konsument, sondern nach der aus dem Englischen entstandenen zusammengesetzten Bezeichnung auch ein „Prosument“ 47 . Der Begriff be‐ zeichnet Personen, die gleichzeitig Produzent (englisch: „producer“) und Konsument bzw. Verbraucher (englisch: „consumer“) sind. Sie nutzen das „World Wide Web“ als Konsument und stellen über das Medium auch etwas zur Verfügung, z. B. das, was sie erarbeitet oder abgefasst haben. 6.3 Neue Produkte und Aufgaben der Verlage Die im Abschnitt 6.2 erläuterten neuen Möglichkeiten des Publizierens und die moderne Informationstechnik haben auch neue Produkte der Verlage zur Folge. Bei einigen Verlagen mit Angeboten im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich stehen heute bereits mehr Produkte im Sinne einer Software im Vordergrund, als die gedruckten Bücher und Zeitschriften im Sinne einer Hardware. Das hat dazu geführt, dass Publikationen oft gleich‐ zeitig in verschiedenen Formen angeboten werden. Eine erste Maßnahme vieler Verlage war, dass den Lesern neben der herkömmlichen Publikation die Inhalte auch in elektronischer Form zur Verfügung gestellt wurden, z. B. als eBook bzw. ePaper oder Newsletter. Daraus entwickelten einige Verlagen unter dem Titel einer Fachzeitschrift einen „Media-Mix“. In diesem Zusammenhang wird oft auch der Begriff „Crossmedia“ verwendet. „Mediamix“ unter dem Titel einer Fachzeitschrift Der Begriff „Mediamix“ stammt ursprünglich aus dem Marketing und beinhaltet die „optimale Kombination der Werbemedien (Werbeträger) im Hinblick auf ihren Beitrag zur Erreichung der Werbeziele“ 48 . Übertragen auf die Aufgaben einer Fachzeitschrift sorgt ein „Mediamix“ dafür, dass die Ziele, die mit der Fachzeitschrift verfolgt werden, besser als bisher erreicht werden. Viele Fachzeitschriften dienen auch als Werbeträger, so dass die Erfüllung der Aufgabe im Sinne der obigen Definition aus dem Marketing durch den „Mediamix“ des Verlages unterstützt wird. Dieser beinhaltet z. B. ein periodisch erscheinendes und ansprechend gedrucktes Fachmagazin und 108 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="109"?> ein Online-Portal zum Recherchieren in früheren Ausgaben. Damit kann die Nutzung der Ausgaben einer Fachzeitschrift als Datenbank wesentlich verbessert werden, so dass sie ihrer Funktion als Wissensspeicher eines Fachgebietes noch besser gerecht wird. Zur Bereitstellung dieser Dienste bauten Verlage, die meist mehrere Fachzeitschriften anbieten, eine umfang‐ reiche IT-Infrastruktur auf. Diese umfasst ein Identitäts- und Berechtigungs‐ management und ermöglicht das Übertragen, Speichern, Verarbeiten, Teilen, Archivieren sowie Auffinden ihrer Publikationen über das Internet. Mit aktuellen Nachrichten zur Branche und zum Fachgebiet wird zeitnah über neueste Entwicklungen informiert. Für die Verlage als Wirtschaftsunternehmen stellt sich dabei die Frage, wie die angebotenen Dienstleistungen honoriert werden. Während früher mit dem Kauf einer Zeitschrift oder des Buches die Dienstleistung bezahlt wurde, werden heute die Leistungen in einem „Mix“ angeboten, bei dem einige Leistungen kostenpflichtig und andere gratis sind. Kostenpflichtige Anteile werden in Form von Abonnements, Lizenzen für den Zugriff auf Online-Portale oder als Kosten für heruntergeladene Dateien in Rechnung gestellt. „Crossmedia“ Der Begriff „Crossmedia“ beinhaltet die Kommunikation über mehrere inhaltlich, formal und redaktionell verknüpfte Kanäle (z. B. Zeitschrift, Internet, Hörfunk, Fernsehen). Der Kunde, Nutzer bzw. Leser wird dabei über verschiedene Medien angesprochen. Oft wird auf ein Zielmedium besonders hingewiesen. Bei Zeitschriftenverlagen sind die Zielmedien im‐ mer noch die Zeitschriften. Im Bereich des Fernsehens sind es im Fall der Nachrichten die zugehörigen Nachrichtensendungen, die im Internet stark mit den Tageszeitschriften konkurrieren. Insbesondere das Internet erlaubt auch die Interaktion mit dem Kunden bzw. Nutzer. Damit wird nach der Veröffentlichung eines Textes eine öffentliche Diskussion oder eine Diskussion mit dem Autor über den Inhalt ermöglicht. Interaktive Literaturauswertung Zahlreiche Fachbücher werden bereits als eBook angeboten. Andere bereits als Software, so dass das vermittelte Wissen direkt angewendet werden kann. Der Nutzen für den Leser wird dadurch wesentlich erweitert. In 109 6.3 Neue Produkte und Aufgaben der Verlage <?page no="110"?> 49 Beitz, W.; Grote, K-H. (Hrsg.): DUBBEL interaktiv 2.0, Springer Verlag, Berlin (2002), CD-ROM mit Begleitheft. anderen Fällen werden die Inhalte der Bücher durch zusätzliche Online- Dienste des Verlages ergänzt. Als ein Beispiel wird der vom Springer Verlag herausgegebene „Dubbel“ beschrieben, das traditionelle Taschenbuch für den Maschinenbau. 1999 wurde er in einer elektronischen Version, d. h. als Software, herausgegeben. Die Software liegt in der zweiten Auflage vor (Version 2.0). 49 Sie verbin‐ det den Text des Lehr- und Nachschlagewerkes mit multimedialen und interaktiven Elementen, wodurch der „elektronische Dubbel“ gegenüber der traditionellen, gedruckten Ausgabe an Mehrwert gewonnen hat. Die elektronische Version erleichtert den Zugriff auf interessante Textstellen durch Such- und Navigationsfunktionen. Die Version ermöglicht auch die Sicht auf den Text erläuternde Zeichnungen, Gleichungen und Tabellen. Mit dieser weitergehenden Funktionalität eröffnet die Software für den Nutzer neue Möglichkeiten. Neben dem digitalen Text enthält die Software dyna‐ mische Videosequenzen technischer Abläufe und interaktive Sequenzen. Dazu gehören ca. 3000 rechenbare mathematische Gleichungen, die in ein Arbeitsblatt übernommen und mit eigenen Werten durchgerechnet werden können. Die Ergebnisse funktionaler Zusammenhänge können auf dieser Basis auch in Form von zwei- oder dreidimensionalen Diagrammen darge‐ stellt werden. Außerdem können eigene Notizen an beliebigen Textstellen eingefügt werden. Diese Stellen werden markiert und können jederzeit per Mausklick aufgerufen werden. 6.4 Neue Wissensspeicher und Wissensvermittlung Die Rolle der wissenschaftlichen Zeitschriften und der darin veröffent‐ lichten Beiträge als Wissensspeicher und Informationssystem wurde im Abschnitt 5.1 erläutert. Früher waren Bibliotheken die einzigen großen und zentralen Wissens‐ speicher. Dem Bibliothekar oblag die Aufgabe die Bücher einzuordnen und zu katalogisieren. Kataloge und Stichwortverzeichnisse dienten dazu, das Wissen verfügbar zu machen. Die Entwicklung ging von den digitalen Katalogen einzelner Bibliotheken zu den vernetzten Katalogen von Biblio‐ theksverbünden. 1967 wurde mit OCLC (Online Computer Library Center) 110 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="111"?> 50 Siehe: www.oclc.org 51 Siehe: www.worldcat.org ein weltweiter Bibliotheksverbund gegründet mit dem Ziel, das Wissen der Welt innerhalb der Bibliotheken gemeinsam zu verwalten und zu nutzen. Heute gehören der gemeinützigen Institution Biliotheken in über 100 Län‐ dern an. 50 Die OCLC-Mitglieder erstellen und verwalten gemeinsam die WorldCat-Datenbank, welche die Bestände von mehr als 10 000 Bibliotheken weltweit umfasst. 51 In solchen großen Datenbanken können heute Dokumente und deren Inhalte schnell mit Suchmaschinen erschlossen werden. Es handelt sich dabei um Programme, die eine Recherche in einem Computer oder einem Computernetzwerk ermöglichen. Auch das Dokumentations- und Berichtswesen vieler Unternehmen ba‐ siert auf dem Einsatz von elektronischen Dateien und Computern. Es beinhaltet zahlreiche schriftliche Dokumente, die u. a. Produkte, Produkti‐ onsverfahren, Prozesse und das Qualitätsmanagement betreffen, und auf die Mitarbeiter zugreifen können. Im Zusammenhang mit Suchmaschinen kön‐ nen auch einzelne Werke von Verlagen oder ein ganzes Verlagsprogramm, in der Regel gegen eine Gebühr, erschlossen werden. Dazu gehören auch fachspezifische Lexika, Zeitschriftenbeiträge und Bücher. Damit verschwin‐ det im Hinblick auf die Bereitstellung und den Zugang der Unterschied zwischen Datenbanken und der klassischen Fachliteratur. Sie ergänzen sich heute vielfach und können in Form eines integrierten Informationssystems online genutzt werden. Die früher in mehreren Bänden angebotenen Lexika und Datensammlun‐ gen werden heute in der Regel auch oder nur noch als Online-Datenbank an‐ geboten. Beispiele hierfür sind die „Brockhaus Enzyklopädie“ des Wissens- und Bildungsanbieters NE GmbH Brockhaus, „Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie“ vom Wiley-VCH-Verlag, das „RÖMPP Lexikon Che‐ mie“ bzw. heute „RÖMPP Online“ von der Thieme Gruppe sowie „Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie“, das heute als Beilstein-Datenbank für organische Chemie vom Elsevier-Verlag angeboten wird. Die wissenschaftlichen Bibliotheken verstehen sich heute mehr und mehr als eine Forschungsstelle, die das webbasierte wissenschaftliche Arbeiten unterstützt. Hierzu wird der Zugang zu „digitalen Bibliotheken“ ermöglicht, welche zur Literaturrecherche, zum Dokumentenaustausch und zur Doku‐ mentenanalyse genutzt werden können. Hierzu werden sowohl von den 111 6.4 Neue Wissensspeicher und Wissensvermittlung <?page no="112"?> 52 Siehe: https./ / gesetze-im-internet.de/ urhg/ UrhG.pdf Verlagen als auch von öffentlichen Einrichtungen vermehrt bestehende Bestände erschlossen und in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt. In der Forschung geht man noch einen Schritt weiter. Neben der Literatur sollen auch die zugehörigen Forschungsdaten, welche z. B. Messdaten und Laborwerte, Proben oder Objekte aus Sammlungen mit den zugehörigen beschreibenden Texten betreffen, in digitaler Form erfasst und der Allge‐ meinheit zur Verfügung gestellt werden. 6.5 Text- und Data-Mining Einen Schritt weiter gehen interaktive Datenbanksysteme, bei denen der Text mit einer aktiven Software verbunden wird, die es ermöglicht, indi‐ viduelle Fragestellungen zu bearbeiten und Antworten zu generieren. In einem solchen Zusammenhang spricht man auch von einem Text- und Data- Mining (TDM). Die dazu verwendete Software analysiert Texte auf Basis statistischer und linguistischer Daten und Zusammenhänge, mit dem Ziel Muster, Trends oder Korrelationen zu gewinnen. Dadurch können Fragen beantwortet, Kernaussagen ermittelt und ggf. auch neues Wissen generiert werden. In der biowissenschaftlichen und pharmazeutischen Forschung wird TDM bereits ansatzweise genutzt. Nach § 44b UrhG von 2021 ist die Vervielfältigung von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text- und Data-Mining erlaubt, wenn der Rechtsinhaber sich diese nicht vorbehalten hat und das zugängliche Werk in maschinenlesbarer Form vorliegt. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text- und Data-Mining nicht mehr erforderlich sind. 52 Das Fehlen von Text-Standardformaten, welche die Erschließung der Inhalte ermöglichen, schränken das Interesse an einer Nutzung zurzeit noch ein. Es wird jedoch erwartet, dass ihre Bedeutung im Zusammenhang mit der digitalen Verfügbarkeit großer Textsammlungen, sich weithin vergrößern‐ der Computerkapazitäten und verbesserten Softwaresystemen zunehmen wird. 112 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="113"?> 53 Siehe hierzu: L. Becker, W. Gora, M. Uhrig (Hrsg.): Informationsmanagement 2.0, Symposion Publishing GmbH, Düsseldorf (2012). 6.6 Informationsmanagement Immer mehr Unternehmen erkennen das Potenzial der modernen Informa‐ tionstechnik und ihre Möglichkeit damit eigene Geschäftsziele zu unterstüt‐ zen. Für viele haben Informationen im „World Wide Web“ bereits eine wettbewerbsentscheidende Bedeutung. Dabei geht es nicht nur darum, mög‐ liche Kunden mit Informationen über die Produkte und das Unternehmen zu versorgen, sondern das Informationsmanagement soll auch Innovatio‐ nen fördern und messbar die Wertschöpfung verbessern. Innovationen beziehen sich in diesem Fall auf die Informationstechnik (IT) und ihre Umsetzung. Dabei kann es sich z. B. um Dienstleistungen handeln, die auf der Informationstechnik beruhen und von den Kunden genutzt werden. Eine solche Form ist z. B. die der Online-Bestellung von Produkten. Andere Unternehmen bieten auf ihrer Homepage neben den üblichen Produktinfor‐ mationen z. B. auch Auslegungsprogramme für technische Anlagen unter Berücksichtigung ihrer Produkte an. Über neuste Produktentwicklungen kann z. B. in Newslettern informiert werden. Durch Abfragen beim Kunden und deren Rückmeldungen kann ein Dialog in Gang kommen, der es wiederum ermöglicht, das Angebot optimal an den Kundenanforderungen auszurichten. Produkte des Informationsmanagements können das beste‐ hende Produktportfolio ergänzen und geben darüber hinaus die Möglichkeit neuartige und effiziente Kundenbeziehungen zu knüpfen. Probleme bereiten die sich darbietende Vielfalt an zu nutzenden Mög‐ lichkeiten und der schnelle Wandel. Generell ist zu erwarten, dass die Komplexität zunehmen wird. Außerdem müssen im Zusammenhang mit einer Nutzung der Informationstechnik die Datensicherheit und die Sicher‐ heitsrisiken bedacht werden. All dies stellt hohe Anforderungen an das Management und die Mitarbeiter. 53 6.7 Das Whitepaper Im Zusammenhang mit dem Informationsmanagement hat sich die Her‐ ausgabe von Whitepapers etabliert. Ein Whitepaper ist ein Instrument der Öffentlichkeitsarbeit. Unternehmen stellen in einem Whitepaper ihre 113 6.6 Informationsmanagement <?page no="114"?> Kompetenz in einem größeren Zusammenhang dar. So werden z. B. ausge‐ hend vom Stand der Technik angebotene Produkte und Dienstleistungen präsentiert. Durch Anwendungsbeispiele und ggf. auch Kostenrechnungen werden die sich damit ergebenden Möglichkeiten und Vorteile erläutert. Die Anforderungen an ein Whitepaper sind hoch, insbesondere wenn es gilt, technische Details im Zusammenhang mit dem Standard innerhalb einer Branche zu beschreiben. Entwicklung der Whitepapers Der Ursprung der Whitepapers liegt im Bereich der Politik. In diesem Be‐ reich wird ein Weißbuch bzw. ein Whitepaper zur Beschreibung politischer Zusammenhänge abgefasst. Darin werden das politische Handeln erklärt sowie Gesetzesänderungen und politische Entscheidungen gerechtfertigt. In Deutschland beschreibt z. B. das vom Bundesminister für Verteidigung verfasste Weißbuch der Bundeswehr die sicherheitspolitische Lage Deutsch‐ lands aus Sicht der Regierung. Es dient auch als Leitfaden für zukünftige Handlungen und Entscheidungen. Weißbücher werden auch von der Eu‐ ropäischen Kommission verfasst, so z. B. zur Weiterentwicklung der EU sowie zur Finanz-, Sozial- und Gesundheitspolitik. Die Veröffentlichung politischer Ausarbeitungen erfolgt nach einer langen Tradition in Büchern mit farbigen Umschlägen, deren Farbe typisch für das jeweilige Land war. Die Farbe für Deutschland ist weiß. Als Instrument der Öffentlichkeitsarbeit werden Whitepapers heute auch in vielen Branchen der Technik und Industrie abgefasst. Sie behandeln ein eingegrenztes Themengebiet und berichten z. B. über Standards und über Entwicklungen zu Produkten, Prozessen, Systemen und Märkten. Kennzeichen eines technischen Whitepapers Bei der Abfassung eines Whitepapers im technischen Bereich wird ein sachlicher Schreibstil und eine fachlich gehaltene Sprache angewendet. Es werden bekannte Begriffe verwendet und auf „verkäuferische Floskeln“ verzichtet. Neue oder weniger bekannte Begriffe werden erklärt. Die Be‐ schreibungen sind knapp, jedoch eindeutig und klar. Man ist bestrebt mit nachprüfbaren Daten und Fakten beim Leser eine Wirkung zu erzielen. Im Fall von technischen Anlagen kann diese Wirkung durch Anwendungs‐ beschreibungen, Betriebsergebnisse und Fallstudien verstärkt werden. Die 114 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="115"?> 54 Content Preferences Study. B2B Buyers Increasingly Looking For Credible “Show-And- Tell” Experiences To Drive Buying Decisions, verfügbar unter https: / / demandgenreport. com/ resources/ reports/ 2020-content-preferences-study-b2b-buyers-increasingly-looking-f or-credible-show-and-tell-experiences-to-drive-buying-decisions/ , [Zugriff am 28.12.2021]. ausführliche, sachliche und faktenbasierte Information des Lesers zum behandelten Thema steht im Vordergrund. Der Nutzen eines Whitepapers Wie bei einem Fachbeitrag sind die Vorteile eines Whitepapers für ein Unternehmen nicht zu unterschätzen. Auch ein Whitepaper kann das Image eines Unternehmens verbessern und es durch den vermittelten Inhalt als führend auf dem Fachgebiet positionieren. Damit kann die öffentliche Wahrnehmung verbessert und Vertrauen aufgebaut werden. In einer Zeit, in der persönliche Kontakte reduziert werden und vermehrt digitale Alternativen zur Information genutzt werden, ist die Vermittlung von schriftlich aufbereiteten technischen Inhalten für viele Kunden noch wichtiger geworden. Das belegen auch die Ergebnisse der Content Prefe‐ rences Study 2020 von Demand Gen Report. 54 Demnach erwarten Käufer ausführliche Informationen zu Produkten und Marken. 67 % der Befragten gaben an, dass sie sich bei Kaufentscheidungen noch stärker auf Inhalte ver‐ lassen als im Jahr vor der Recherche. Aufgrund der sachlichen Information sind Whitepaper für 60 % eine wesentliche Informationsbasis, insbesondere im Zusammenhang mit komplexen und kostenintensiven Investitionsgü‐ tern. Forschungsberichte und Whitepapers zählten zu den Formaten mit den wertvollsten Inhalten. Üblicherweise wird ein Whitepaper kostenlos an den interessierten Leser elektronisch übermittelt, meist jedoch erst nach seiner Registrierung, d. h. nach der Angabe seiner Daten. Hinweise zur Abfassung eines Whitepapers Ein technisches Whitepaper ist mit einem Fachaufsatz vergleichbar, wobei es jedoch den Umfang deutlich überschreiten kann. Ihm liegt eine ausführliche Recherche zu einem Thema zugrunde. In der Regel wird der Stand der Technik zum Thema beschrieben, ggf. unter Bezug auf relevante Richtlinien und Normen. Die gesammelten Informationen werden passgenau für die 115 6.7 Das Whitepaper <?page no="116"?> jeweilige Zielgruppe aufbereitet und dargestellt. Eine übersichtliche und logisch ausgearbeitete Struktur muss gewährleistet werden. Die Informationen sollen dem Leser einen Wert bieten. Daher sind die Bedürfnisse und Anforderungen des Lesers zu berücksichtigen. Das behan‐ delte Thema soll im Vordergrund stehen, und nicht die dazu angebotenen Produkte oder Prozesse. Wie bei einem Fachaufsatz sollen möglichst keine Fragen aufgeworfen werden. Mögliche Fragen sollen dagegen beantwortet werden. Im Fall einer technischen Anlage können solche Fragen z. B. den Energiebedarf, den Gesundheit- und Umweltschutz, die Implementierung oder die Wartung und Unterhaltung betreffen. Anhand von Praxisbeispielen kann die Leistungsfähigkeit einer technischen Anlage überzeugend darge‐ stellt werden. Bei Neuentwicklungen ist der Nutzen beim Kunden oft noch nicht nachgewiesen. In einem solchen Fall kann anhand des Stands der Technik und aus den sich durch die Entwicklung ergebenden Vorteilen (z. B. Kosten‐ ersparnisse) der Nutzen abgeleitet werden. 6.8 Bibliometrie und bibliometrische Analysen Die Bibliometrie beinhaltet die Auswertung bibliometrischer Daten mit statistischen Methoden. Bibliometrische Daten sind z. B. die Gesamtzahl der Publikationen eines Autors, die Zahl der Publikationen eines Autors in einem bestimmten Zeitraum oder in einer bestimmten Fachzeitschrift und die Zahl der Zitate seiner Beiträge in anderen Publikationen. Im Rahmen bibliometrischer Analysen werden solche Daten ausgewertet und in Form von weiteren Kennzahlen oder Trendanalysen zusammengefasst. Eine solche Kennzahl ist z. B. der „Impact“-Faktor einer Fachzeitschrift, der aus der Zahl der Zitate in anderen Fachzeitschriften und der Gesamtzahl der veröffentlichten Artikel in den Zeitschriften gebildet wird. Die Aussagekraft dieser Kennzahlen und Analysen sind umstritten, dennoch werden sie zunehmend ermittelt bzw. durchgeführt. Bei der Nutzung der Daten, z. B. im Rahmen einer Forschungsevaluation, muss man die Methode, die bei ihrer Ermittlung zugrunde gelegt wird, beachten. So werden z. B. oft alle Publikationen, an denen ein Autor beteiligt ist, gezählt. Dadurch wird der Leiter einer Arbeitsgruppe, der an allen Publikationen der Arbeitsgruppe beteiligt ist und in der Regel als letzter 116 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="117"?> 55 Siehe: Bibliometrie - Praxis und Forschung: www.bibliometrie-pf.de 56 W. Marx, L. Bornmann: Bibliometrische Verfahren zur Bewertung von Forschungsleistung. SozW Soziale Welt 66 (2015), Nr. 2, S. 161-176; doi.org/ 10.5771/ 0038-6073-2015-2-161; ver‐ fügbar unter https: / / www.nomos-elibrary.de/ 10.5771/ 0038-6073-2015-2-161/ bibliometris che-verfahren-zur-bewertung-von-forschungsleistung-jahrgang-66-2015-heft-2, [Zugriff am 16.02.2022]. Autor aufgeführt wird, bevorzugt. Wird nur der erstgenannte Autor bei der Analyse berücksichtigt, wird er dagegen benachteiligt. Es muss auch berücksichtigt werden, dass Übersichtsbeiträge öfter zitiert werden als Artikel mit spezifischen Arbeitsergebnissen, die auf der Basis von experimentellen oder theoretischen Untersuchungen ermittelt wurden. Häufig werden bei den Analysen nur Veröffentlichungen in englischer Spra‐ che oder Veröffentlichungen in bestimmten Fachzeitschriften berücksich‐ tigt. Bei der Ermittlung von Kennzahlen können die berücksichtigten Ver‐ öffentlichungen noch mit dem jeweiligen „Impact“-Faktor der Zeitschrift, in der sie erschienen sind, gewichtet werden. Wie bereits erwähnt, wird der „Impact“-Faktor einer Zeitschrift auf der Basis der Zitate von Artikeln dieser Zeitschrift und der insgesamt erschienenen Anzahl von Artikeln der Zeitschrift bestimmt. Der Ermittlung wird ein bestimmter Zeitraum zugrunde gelegt. Bei Kenntnis der Methode kann z. B. ein „Impact“-Faktor durch gezielte Zitate von interessierten Personen beeinflusst werden. 2012 wurde für das Gebiet der Bibliometrie eine eigene deutschsprachige Online-Zeitschrift gegründet. 55 W. Marx und L. Bornmann 56 haben die Aus‐ sagekraft gebräuchlicher bibliometrischer Indikatoren analysiert und ihre Stärken und Schwächen aufgezeigt. Demnach sind quantitative Aussagen aufgrund bibliometrischer Kennzahlen möglich, jedoch kann man daraus nur beschränkt auf die Qualität der Forschungsarbeiten zurückschließen. Außerdem müssen bei der Bewertung der Kennzahlen die in Abschnitt 5.1 erwähnten unterschiedlichen Kulturen des wissenschaftlichen Kommu‐ nizierens in den verschiedenen Disziplinen beachtet werden. Im Zusammenhang mit der Begutachtung von Förderanträgen und der Bewertung von Forschungsleistungen stellte die DFG fest, dass in den letzten Jahren bei der Bewertung wissenschaftlicher Publikationen eines Autors statt der Qualität die Quantität die Oberhand gewann. Die Zahl der Publikationen zählte bei einigen Bewertungen mehr als ihre Inhalte. Entsprechend wurden von einigen Autoren die publizierbaren Ergebnisse in immer kleinere publizierfähige Einheiten zerhackt, da sie angehalten wurden möglichst viel zu publizieren. Um dem entgegenzuwirken, hat 117 6.8 Bibliometrie und bibliometrische Analysen <?page no="118"?> die DFG die Zahl der zu nennenden Publikationen bei der Antragstellung 2010 drastisch reduziert. So darf ein Antragsteller in seinem Antrag an die DFG maximal zwei projektspezifische eigene Publikationen pro Förderjahr aufführen. Man will damit erreichen, dass sich die Antragsteller zukünftig in anderer Weise mit den eigenen Publikationen auseinandersetzen. Außerdem wird erwartet, dass die Gutachter die wenigen angeführten Publikationen stärker beachten als bisher und die Inhalte wieder mehr bewerten. Diese Entwicklung ist auch im Interesse der Redaktion einer Fachzeitschrift, da sie deren Arbeit unterstützt und sich an den gleichen Zielen orientiert. 6.9 Publizierte Inhalte als wertvolle Ware Wissenschaftliche Verlage und Fachverlage vermitteln Wissen und Bran‐ cheninformationen. Einige große Verlage sind aufgrund ihrer beherrschen‐ den Stellung in den letzten Jahren wirtschaftlich besonders erfolgreich, da sie die Preise für die Jahresabonnements vieler traditioneller Fachzeit‐ schriften dramatisch erhöhten. Mit dem Abonnement ist meist auch eine Lizenz zur Nutzung der bisher erschienenen Jahrgänge und ein Online- Zugang verbunden. Große Verlage bieten Beiträge ihrer Fachzeitschriften mittlerweile auch im Internet zum Kauf an, oft zu einem Preis pro Artikel, der über den eines Taschenbuches weit hinausgeht. Dabei muss man be‐ rücksichtigen, dass im Wissenschaftsbetrieb die Autoren ihre Manuskripte den Verlagen überwiegend kostenlos zur Verfügung stellen. Wenn der Sachverstand zur Begutachtung der Manuskripte nicht in der Redaktion eines Verlags vorhanden ist, gibt der Verlag eine Begutachtung in Auftrag, Peer-Review genannt, die ebenfalls von Wissenschaftlern ohne Honorar durchgeführt wird. Bei einer positiven Begutachtung erscheinen die Artikel in der Zeitschrift und werden online bereitgestellt. Dieselbe Fachgemeinde, die für die Inhalte dieser Zeitschriften gesorgt hat, zahlt bei diesem System am Ende hohe Preise, um „ihre“ Texte lesen zu können. Diese Geschäftspolitik einiger Großverlage, die ihre Preise fast beliebig diktieren, hat zur Folge, dass das Budget vieler Universitäten nicht mehr ausreicht, um die für die Fachgebiete wichtigen Fachzeitschriften in den Bibliotheken zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang spricht man im Bibliothekswesen seit Mitte der 1990er Jahre von einer Zeitschriftenkrise, da die Preise einiger Zeitschriften in den Bereichen Naturwissenschaft, Technik und Medizin (engl.: Science, Technology, Me‐ 118 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="119"?> 57 M. Ware, M. Mabe: STM Global Brief 2021 - Economics and Market Size. Verfügbar unter www.stm-assoc.org, [Zugriff am 16.02.2022]. dicine; daher kurz STM) stark angestiegen sind, während die Etats der Bibliotheken stagnierten oder sogar rückläufig sind. Deshalb wurden viele Zeitschriftenabonnements gekündigt und bestehende Abonnements im Verbund genutzt. Diese Entwicklung führte wiederum zu Preiserhöhun‐ gen, wodurch die Verlage die dadurch verursachten Einnahmeverluste auszugleichen versuchten. Es entstand ein Teufelskreis, in dessen Verlauf der Zugriff auf aktuelle Forschungsinformationen für Wissenschaftler und andere interessierte Personen teilweise stark eingeschränkt wurde. Die Rede von einer „Krise der wissenschaftlichen Informationsversorgung“ wird vor diesem Hintergrund verständlich. Mit dem zu beobachtenden Übergang von der gedruckten Zeitschrift zur elektronischen Zeitschrift wird den Verlagen eine stärkere Kontrolle der Nutzung der Zeitschrifteninhalte möglich. Bibliotheken erwerben oftmals keine Zeitschriften mehr, sondern die Lizenz für den Zugriff auf die Inhalte. Wenn eine Lizenz nicht verlängert wird, wird auch der Zugriff auf die digital vorliegenden Inhalte älterer Ausgaben verweigert. Die Lizenzverträge mit den Universitätsbibliotheken gestatten nur noch Universitätsangehörigen den Zugriff auf die Zeitschriften. Andere Personen, die vorher z. B. im Lesesaal Zugriff auf die Zeitschrift hatten, werden damit ausgeschlossen. Für sie haben einige Wissenschaftsverlage das Modell Pay- Per-View vorgesehen, bei dem der interessierte Leser für jeden Artikel gesondert zahlen muss. In den 1990er Jahren kam es in dem Markt des „Scientific, Technical and Medical (STM) Publishing“ und den zugehörigen STM-Zeitschriften zu einem starken Konzentrationsprozess. Die Bündelung vieler Zeitschriften‐ titel in wenigen Verlagen hat zur Folge, dass vielen verstreuten Käufern (u. a. Bibliotheken) nur noch wenige Anbieter gegenüberstehen. Nach einer Studie 57 wurde der globale Umsatz im STM-Markt für das Jahr 2019 auf 28 Mrd. US-Dollar geschätzt. Dabei geht man davon aus, dass mehr als die Hälfte dieses Umsatzes von acht STM-Zeitschriftenkonzernen erwirtschaftet wird. Der Marktführer RELX Group (ehemals Reed Elsevier) erwirtschaftete im Jahr 2019 einen Umsatz von ca. 9 Mrd. US-Dollar, so dass sein Anteil am Weltmarkt in diesem Zeitraum ca. 32 % betrug. Mit Abstand folgten dann die Verlage Thomson Reuters (GB), Wolters Kluwer (NL), Springer Nature (L) und John Wiley & Sons (USA). Diese Verlage 119 6.9 Publizierte Inhalte als wertvolle Ware <?page no="120"?> sind im Besitz vieler traditionsreicher und angesehener Zeitschriften, die aufgrund der Reputation ihrer früheren und heutigen Autoren ein hohes Ansehen genießen. Wissenschaftler öffentlicher Institutionen sind gezwungen, ihre For‐ schungsergebnisse in Fachzeitschriften zu publizieren. Bei der Entschei‐ dung, in welcher Zeitschrift sie publizieren, richten sie sich nach dem Ansehen und Einfluss der Zeitschrift, nicht jedoch nach Marktkriterien. Andererseits ist der Zugriff auf einige wichtige Zeitschriften die Vorausset‐ zung, um sich über aktuelle Entwicklungen in einem Fach zu informieren und um wissenschaftliche Forschung betreiben zu können. Diese Faktoren stärken die Positionen weniger Wissenschaftsverlage, die deshalb jährliche Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich für Zeitschriftenabonne‐ ments durchsetzen und hohe Kapitalrenditen erreichen. Diese Entwicklung ist bedenklich, da viele der veröffentlichten For‐ schungsergebnisse durch eine öffentliche Förderung erzielt wurden, die dann von der öffentlichen Hand in der veröffentlichten (gedruckten oder digitalen) Form wieder für hohe Beträge zurückgekauft werden. Daher diskutieren Vertreter aus Wissenschaft, Verlagen und Bibliotheken mögliche Veränderungen. Ein Ergebnis dieser Diskussionen ist die „Open-Access- Bewegung“ für wissenschaftliche Literatur (s. Abschnitt 6.10). Der Einfluss des Urheberrechts Die bedeutende Rolle der STM-Zeitschriften wird auch durch das Urhe‐ berrecht begründet und gefestigt, da die Autoren in der Regel mit dem Einreichen ihres Manuskriptes erklären, dass sie im Besitz der Urheber‐ rechte sind und diese an den Verlag abtreten. Im Abschnitt 5.2 wurde die Entwicklung des Urheberrechtes, d. h. das eigentumsähnliche Recht des Autors an seinem Werk, beschrieben. Dieses Recht hat sich bis heute weiterentwickelt und wird oft kontrovers diskutiert. Von einigen Gruppen werden die bestehenden Regelungen kritisiert, da nach ihrer Meinung bei den üblichen Verträgen der Autoren mit den Verlagen das Urheberrecht sich zu einem Recht auf Verwertung der Werke durch die Verlage entwickelt. Als Gegenbewegung entwickelte sich z. B. im Bereich der Software seit einigen Jahren „Open Source“ zu einer wirtschaftlichen Alternative zu traditionell kommerziellen Produkten. Ähnliche Alternativen wurden auch für Texte, Fotos etc. entwickelt. Diese Möglichkeit wird in den letzten Jahren immer häufiger genutzt, nicht zuletzt in Projekten wie Wikipedia. 120 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="121"?> 58 Siehe: http: / / www.gesetze-im-internet.de/ urhg/ 59 Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. Verfügbar unter https: / / openaccess.mpg.de/ 68053/ Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf, [Zugriff am 21.02.2022]. 60 Siehe: open-access.net 61 Siehe: www.scienceeurope.org Außerdem sind in den §§ 60a bis 60h Urhebergesetz (UrhG) 58 Regelungen enthalten, die in Forschung und Lehre eine Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Zustimmung des Urhebers oder anderer Rechte‐ inhaber unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen. 6.10 Open Access Seit einigen Jahren gibt es die internationale Bewegung „Open Access“ (englische Bezeichnung für „offener Zugang“) für wissenschaftliche Litera‐ tur und andere Medien. Das Ziel dieser Bewegung ist, dass Daten und Ergebnisse der akademischen Forschung online publiziert werden und, dass sie für andere ohne Lizenzbeschränkungen zur weiteren Nutzung zu Verfügung stehen. Dadurch soll der Austausch der Erkenntnisse intensiviert und ihre kritische Prüfung gefördert werden (s. hierzu Abschnitt 1.2). Die Bewegung setzte 2003 mit der „Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ einen wichtigen Meilenstein. 59 Ihre Unterzeichner verpflichten sich, ihre Arbeiten als Volltext in einer Datenbank abzulegen, so dass sie für alle Interessierten frei zugänglich und nutzbar sind. Die deutschen staatlichen Wissenschaftsorganisationen, wie z. B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Institute und Max-Planck-Institute, unterstützen die Open-Access-Bewegung, da sie im Auftrag des Steuerzahlers öffentliche Forschungsmittel verwalten und erwarten, dass der Steuerzahler die Ergebnisse dieser Forschung später auch zu angemessenen Kosten nachlesen kann. 60 Mit einem „Open Access“ wird der Kommunikationsprozess erleichtert und gefördert, auf der anderen Seite berührt die Verwendung der Inhalte auch die materiellen und ideellen Interessen der Urheber. Auch die EU-Kommission startete ein Programm zur Förderung wissen‐ schaftlicher Publikationen im Internet. Federführend dabei ist die im Okto‐ ber 2011 gegründete Vereinigung „Science Europe“, der bisher 38 Mitglieder aus 29 europäischen Ländern angehören. 61 121 6.10 Open Access <?page no="122"?> 62 Siehe: https: / / oaspa.org 63 Siehe: en.wikipedia.org/ wiki/ creative_commons Open-Access-Zeitschriften Bei einer qualitätsgesicherten Open-Access-Zeitschrift wird die Qualität der Beiträge in der Regel durch ein Peer-Review-Verfahren sichergestellt. Bei der Einreichung des Beitrags schließt der Autor mit dem Verlag eine exklusive Lizenzvereinbarung ab, die es dem Verlag erlaubt, das Werk unter der vom Autor gewählten Lizenz zu veröffentlichen. Von der in den USA ansässigen gemeinnützigen Organisation Creative Commons wurden international anerkannte Lizenzen ausgearbeitet, die sogenannten Creative-Commons-Lizenzen oder kurz CC-Lizenzen, die auf dem Urheberrecht beruhen. Auf ihrer Basis können Autoren kostenlose urheberrechtliche Genehmigungen zur Nutzung ihrer Werke unter Beach‐ tung bestimmter Bedingungen erteilen. Der Autor kann aus verschiedenen Varianten von CC-Lizenzen wählen. Der Artikel wird unter der gewählten Lizenz veröffentlicht, die den Nutzern den entgeltfreien Zugang und die Nutzung des Inhalts, der Vervielfältigung und Verbreitung unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Eine CC-Lizenz gilt so lange, wie der Schutz des Urheberrechts andauert. Häufig wird die Lizenz mit der Bezeichnung CC-BY gewählt. Sie räumt den Nutzern große Freiheiten bei der Wiederverwendung von Inhalten ein, unter der Bedingung, dass der ursprüngliche Autor bzw. die ursprünglichen Autoren genannt werden. Die Veröffentlichung unter Nutzung dieser Lizenz wird auch der „Goldene Weg“ des Open Access genannt. Die Lizenz erlaubt auch die Nutzung der Texte für kommerzielle Zwecke. Sie wird auch von der Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA) 62 , in der sich viele öffentliche geförderte Institutionen und Verlage zusammengeschlossen haben, bevorzugt. Bei anderen gewählten Lizenz-Varianten ist z. B. die kommerzielle Nutzung der Datei des Urhebers untersagt (Lizenz mit der Bezeichnung CC-BY-NC) oder eine Umwandlung bzw. Bearbeitung des Werkes nicht gestattet (Lizenz mit der Bezeichnung CC-BY-ND). Eine Übersicht zu den verschiedenen CC-Lizenzen ist unter https: / / creativecommons.org aufgeführt. 63 Beim „Grünen Weg“ des Open Access nimmt der Autor sein gesetzlich verankertes Zweitveröffentlichungsrecht (§ 38 Abs. 4 UrhG) wahr. Er kann nach einer Sperrfrist von zwölf Monaten nach Erscheinen der Verlagsver‐ 122 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="123"?> 64 R. Johnson, A. Watkinson, M. Mabe: The stm report - An overview of scientific and scholarly publishing. Oktober 2018. Erstellt im Auftrag der „International Association of Scientific, Technical and Medical Publishers”; verfügbar unter www.stm-assoc.org, [Zugriff am 16.02.2022]. sion (Erstveröffentlichung) eine Kopie auf privaten Webseiten, Institutsweb‐ seiten oder auf Publikationsservern frei zugänglich machen. Die Entwicklung von Open-Access-Veröffentlichungen ist noch im Fluss. Eine ausführliche Beschreibung der Entwicklung ist im STM-Report von 2018 enthalten. 64 Es kann angenommen werden, dass aufgrund des freien Zugangs Open-Access-Veröffentlichungen mehr gelesen werden. Entspre‐ chend wurde auch festgestellt, dass sie häufiger als herkömmliche Veröf‐ fentlichungen abgerufen und zitiert werden. Open-Access-Funding Für eine Open-Access-Veröffentlichung müssen die Autoren eine Bearbei‐ tungsbzw. Publikationsgebühr (engl. Article processing charge, APC) entrichten. Im Zusammenhang mit der Forschungsförderung werden diese Kosten meist von den fördernden Organisationen übernommen. Häufig ist im Budget des genehmigten Antrags auf Forschungsförderung ein entspre‐ chender Betrag für Publikationskosten enthalten. Dafür fallen später keine Kosten zur Verfügbarmachung der Beiträge in Form von Lizenzgebühren für Zeitschriften an. Oft wurden diese Kosten von den gleichen Institutionen der Forschungsförderung übernommen. Stipendiaten können bei ihrer Förderorganisation oft die Übernahme der Publikationsgebühr beantragen. Bei Forschungsinstitutionen und Universi‐ täten werden die von einem Geldgeber bereitgestellten Open-Access-Mittel oft über einen pauschalen Zuschuss oder über zugewiesene Gemeinkosten zur Verfügung gestellt. Vorsicht bei „Predatory Journals“ Mit personalisierten E-Mails und einem professionellen Auftreten fordern einige Betreiber von Journals Forschende zur Einreichung von Veröffent‐ lichungen in einem bestimmten Journal auf. Vorsicht ist geboten, wenn ein Journal die Gebühr vorab verlangt (Predatory Journal). Obwohl die Veröffentlichung gegen Zahlung einer Gebühr erfolgt, hat ein solcher Verlag oft keine oder unzureichende Maßnahmen zur Qualitätssicherung vorge‐ 123 6.10 Open Access <?page no="124"?> 65 Siehe: www.w3.org 66 Siehe: www.w3.org/ wai/ 67 Richtline (EU) 2016/ 2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. sehen. Oft werden solche Maßnahmen nur vorgetäuscht. Einem solchen Journal liegt das auf Publikationsgebühren basierende Geschäftsmodell von Open-Access-Zeitschriften zu Grunde, jedoch wird die Qualität einer Veröffentlichung nicht durch ein Peer-Review-Verfahren sichergestellt und erst nach der Annahme der Veröffentlichung auf die meist hohen Gebühren hingewiesen. 6.11 Barrierefreier Zugang zu Texten Hintergrund Das 1994 gegründete World Wide Web Consortium (W3C) 65 , die wichtigste Organisation die Standards für das World Wide Web erarbeitet, hat auch die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 66 ausgearbeitet, die ins‐ besondere den Netz-Zugang von Menschen mit Behinderungen erleichtern sollen. Die Guidelines gelten für Webinhalte, Apps, Tools, Publishing und neue Technologien im Web. Sie werden ständig ergänzt und der Entwicklung angepasst. Auf Basis dieser Vorarbeit wurde die EU-Richtlinie EU 2016/ 2102 67 er‐ arbeitet, welche den barrierefreien Zugang zu Informationen und Dienst‐ leistungen öffentlicher Stellen ermöglichen soll. Das Konzept des „barriere‐ freien Zugangs“ beinhaltet wie die Guidelines Grundsätze und Techniken, die bei der Gestaltung, Erstellung von Websites und daran gekoppelten Diensten und Texten zu beachten sind. In diesem Zusammenhang wur‐ den Techniken und Softwaresysteme zur Erstellung und Verwaltung bar‐ rierefreier Inhalte entwickelt, welche die oben genannte Richtlinie erfül‐ len. Die EU-Richtlinie wurde in Deutschland 2002 durch das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz, BGG) in nationales Recht überführt. Die zugehörige Barrierefreie-Informa‐ tionstechnik-Verordnung (BITV) soll eine umfassend und grundsätzlich uneingeschränkt barrierefreie Gestaltung moderner Informations- und Kommunikationstechnik gewährleisten. Das Gesetz und die zugehörige 124 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="125"?> 68 Siehe: www.idpf.org Verordnung gelten jedoch nur für öffentliche Einrichtungen und Behörden. Unternehmen sollen selbst Zielvereinbarungen erstellen, um auch in ihrem Bereich entsprechende Anforderungen zu erfüllen. Entsprechend werden die Techniken und Maßnahmen zunehmend auch von Verlagen beachtet und angewendet. Sie sollen u. a. einen barrierefreien Zugang zu ePapers und eBooks im Internet gewährleisten. Es ist daher sinnvoll, bereits bei der Abfassung eines Manuskriptes die diesbezüglichen Hinweise der Verlage zu beachten. Merkmale barrierefreier Dokumente Barrierefreie Dokumente werden wie auch einige eBooks in einer Program‐ miersprache verfasst, die den Auszeichnungssprachen (engl. markup lang‐ uage, abgekürzt ML) zugeordnet werden. Der Begriff Auszeichnung wurde aus dem Druckereiwesen übernommen, wo er verwendet wurde, um Teile eines Textes, die von der Grundschrift abweichen sollten, zu markieren. Dazu gehören z. B. Textteile, die in einer anderen Schriftgröße oder Schriftart gedruckt oder durch Unterstreichen, Sperren oder andere Druck‐ farben markiert werden sollten. Diese wurden durch Auszeichnen für den Schriftsetzer im Manuskript kenntlich gemacht. Bei der Entwicklung von maschinenlesbaren Schriften wurde dieses Konzept übernommen und z. B. auch auf Überschriften, Absätze und Fußnoten angewendet. Entsprechend werden bei Auszeichnungssprachen im Quelltext, d. h. in dem für Menschen und Maschinen lesbaren Text einer Programmiersprache, Hinweise zur Formatierung von Textteilen durch bestimmte Kennzeichen, sogenannte Tags, kenntlich gemacht. Auf diese Weise werden Teile des Textes (Ab‐ schnitte, Wörter, Zeichen usw.) markiert und bestimmte Eigenschaften, Zugehörigkeiten und Darstellungsformen zugeordnet. Bekannte Vertreter von Auszeichnungssprachen sind die Hypertext Markup Language (HTML), die Kernsprache des World Wide Webs, und die vom World Wide Web Consortium entwickelte Extensible Markup Lan‐ guage XML. Auf HTML und XML basiert auch das weit verbreitete eBook- Dateiformat ePub, das vom International Digital Publishing Forum (IDPF) 68 entwickelt wurde. Es handelt sich um ein offenes Format, das von vielen Verlagen angewendet und von den meisten Ausgabegeräten (z. B. Screen‐ reader) unterstützt wird. Bei der Anwendung dieses Formates müssen 125 6.11 Barrierefreier Zugang zu Texten <?page no="126"?> 69 Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Hrsg.): Checkliste zur Barrierefreiheit von EPUB3-eBooks - Eine gemeinsame Handreichung der Peergroup Produktion in der IG Digital und der Deutschen Zentralbücherei für Blinde (DZB); verfügbar unter www.ig digital.de, [Zugriff am 21.12.2022]. 70 ISO 32000-1: 2008: Document management - Portable document format - Part 1 von den Autoren Regeln beachtet werden. Die Regeln beziehen sich auf inhaltliche und technische Vorgaben der zu erstellenden Datei. Eine zentrale Vorgabe ist die Auszeichnung der relevanten Inhalte mit Tags. Da die Ausgabegeräte eine Veröffentlichung streng linear wiedergeben, muss eine sinnvolle Lesereihenfolge über die gesamte Veröffentlichung eingehalten werden. Bei einer formal richtigen Abfassung der Veröffentlichung in einer Aus‐ zeichnungssprache gehen die Semantik und Hierarchie bestimmter Texte aus der Datenstruktur hervor. Hierarchiestufen der Überschriften werden beispielweise explizit benannt. Hervorhebungen im Fließtext erfolgen durch Gestaltunganweisungen, sogenannte Cascading Style Sheets bzw. CSS-An‐ weisungen, und semantische Strukturelemente. Eine Anleitung in Form einer Checkliste zur Abfassung einer barrierefreien Veröffentlichung im Dateiformat ePub3 wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels herausgegeben. 69 Bei einer sachgerechten Formatierung der Ausgangsdatei wird das Inhaltsverzeichnis automatisch generiert und zu den einzelnen Kapiteln verlinkt. In einem eBook kann dadurch auf einzelne Kapitel zuge‐ griffen werden. Herstellung barrierefreier PDF/ UA-Dokumente Zur einfachen Herstellung barrierefreier PDF-Dokumente wurde eine PDF/ UA-Version entwickelt (UA steht für „Universal Accessibility“). Es handelt sich dabei um einen Substandard des PDF-Standards nach ISO 32000-1 70 . Der Substandard wurde als ISO-Norm ISO 14289-1 veröffentlicht. 126 6 Entwicklung der wissenschaftlichen Publikationspraxis <?page no="127"?> Anhang: A: Checkliste zur Überprüfung einer schriftlichen Ausarbeitung Äußere Form ■ Überschrift und ggf. Untertitel ■ Name der Autoren, ggf. mit Hinweis auf Unternehmen bzw. Institution ■ Kontaktperson mit Anschrift und E-Mail-Adresse ■ Inhaltsverzeichnis (alle Überschriften bis zur 3. Ebene identisch mit denen im Text) ■ Einheitliches Format (Schriftart, Schriftgröße) in Text und Überschrif‐ ten ■ Text im Blocksatz ■ Angepasste Größe der Diagramme und Abbildungen ■ Literaturverzeichnis am Ende aufgeführt ■ Alle Literaturangaben im Verzeichnis sind im Text aufgeführt ■ Übereinstimmung zwischen den Literaturangaben im Text und denen im Verzeichnis ■ Literaturangaben im Literaturverzeichnis sind formal einheitlich aus‐ geführt ■ Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen oder Erklärung im Text Formulierungen ■ Überprüfung von Satzbau und Rechtschreibung ■ Verwendung von einheitlichen Begriffen (für dieselbe Sache denselben Begriff) ■ Zitate in Ausführungszeichen und mit Quellenangabe Gleichungen ■ Gleichungen einheitlich mit Gleichungseditor ausgeführt ■ Gleichungen mit fortlaufender Nummer versehen ■ Verweis auf Gleichungen mit Nummer im Text <?page no="128"?> Abbildungen ■ Abbildungen mit Unterschrift (Legende) und fortlaufender Nummer versehen ■ Verweis auf Abbildungen mit Nummer im Text ■ Diagramme mit richtigen Achsenbeschriftungen und Einheiten verse‐ hen Tabellen ■ Tabellen mit Überschrift und fortlaufender Nummer versehen ■ Verweis auf Tabelle mit Nummer im Text 128 Anhang <?page no="129"?> B: Griechisches Alphabet Zeichen Name Α, α Alpha Β, β Beta Γ, γ Gamma Δ, δ Delta Ε, ε Epsilon Ζ, ζ Zeta Η, η Eta Θ, θ Theta Ι, ι Iota Κ, κ Kappa Λ, λ Lambda Μ, μ My Ν, ν Ny Ξ, ξ Xi Ο, ο Omikron Π, π Pi Ρ, ρ Rho Σ, σ Sigma Τ, τ Tau Υ, υ Ypsilon Φ, φ Phi Χ, χ Chi Ψ, ψ Psi Ω, ω Omega 129 B: Griechisches Alphabet <?page no="130"?> C: Normen und Richtlinien zur Textgestaltung DIN 461: 1973-03 Graphische Darstellung in Koordinatensystemen DIN 1301-1: 2002-10 Einheiten; Teil 1: Einheitennamen, Einheitenzeichen DIN 1301-2: 1978-02 Einheiten; Teil 2: Allgemein angewendete Teile und Vielfache DIN 1301-3: 1979-10 Einheiten; Teil 3: Umrechnungen für nicht mehr anzuwen‐ dende Einheiten DIN 1302: 1999-12 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe DIN 1304 Formelzeichen DIN 1313: 1998-12 Größen DIN 1315: 1982-08 Winkel, Begriffe, Einheiten DIN 1338 Formelschreibweise und Formelsatz DIN 1422-1 Veröffentlichungen aus Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Verwaltung - Gestaltung von Manuskripten und Ty‐ poskripten DIN 1505-1: Teil 1: Titelaufnahmen von Schrifttum DIN 1505-2: Teil 2: Titelangabe von Dokumenten - Zitierregeln DIN 1505-3: Teil 3: Titelangabe von Dokumenten - Verzeichnis zitierter Dokumente DIN 2330: 1993-12 Begriffe und Benennungen; Allgemeine Grundsätze DIN 5008: 2011-04 Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung DIN 16518: 1964-08 Klassifizierungssystem für Schriftarten Die aktuellen Normen werden unter www.beuth.de aufgeführt. 130 Anhang <?page no="131"?> D: Bücher zum Thema H. F. Ebel, C. Bliefert, W. Russey: The Art of Scientific Writing 2. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim (2004). Das Buch, das erstmalig 1987 erschien, berücksichtigt alle Aspekte des Publizierens in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Es ist eine wertvolle Hilfe für alle, die einen wissenschaftlichen Text ausarbeiten. Mit über 500 Seiten ist es sehr umfangreich. Es vermittelt anerkannte Regeln, die beim Abfassen von Berichten, Abschlussarbeiten und Dissertationen zu beachten sind. Die beiden folgenden Werke wurden überwiegend daraus abgeleitet. W. Russey, H. F. Ebel, C. Bliefert: How to Write a Successful Science Thesis. 1. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim (2006). H. F. Ebel, C. Bliefert, W. Greulich: Schreiben und Publizieren in den Naturwissenschaften. 5. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim (2006). P. Rechenberg: Technisches Schreiben - (nicht nur) für Informatiker. 3. Auflage, Carl Hanser Verlag, München (2006). Der Autor erläutert elementare Regeln für einen guten Stil in technischen Texten. Anhand von Beispielen werden verbreitete Stilmängel und gramma‐ tikalische Probleme aufgezeigt und Lösungen zu ihrer Beseitigung angebo‐ ten. Auch Fragen zur Gliederung und zur Textgestaltung werden behandelt. U. Andermann, M. Drees, F. Grätz: Wie verfasst man wissenschaftliche Arbeiten? - Ein Leitfaden für das Studium und die Promotion. 3. Auflage, Ratgeber 21, Duden, Mannheim u. a. (2006). Das Buch zeigt Schritt für Schritt, wie man einen wissenschaftlichen Text schreibt. Es schildert somit einen Entstehungsprozess und versteht die dargestellten Arbeitsschritte als Empfehlung. 131 D: Bücher zum Thema <?page no="132"?> Umberto Eco: Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt: Doktor-, Diplom- und Ma‐ gisterarbeiten in den Geistes- und Sozialwissenschaften. 14. Auflage, facultas (utb 1512), Wien (Februar 2020). Das Buch enthält viele allgemeingültige und praktische Anregungen für das wissenschaftliche Arbeiten. In Bezug auf die Anfertigung von Abschluss‐ arbeiten berücksichtigt es die Belange in den Geistes- und Sozialwissen‐ schaften an italienischen Universitäten. Außerdem gibt es Einblick in die Arbeitsweise eines namhaften italienischen Schriftstellers, Philosophen und Medienwissenschaftlers, der lange Zeit an der Universität Bologna lehrte. Agnes Liebknecht, Yomb May: Wissenschaftlich formulieren: ein Arbeitsbuch. 1. Auflage, Narr Francke Attempo Verlag, Tübingen (2019). Der Band vermittelt systematisch Grundlagen des wissenschaftlichen Schreibens. Anhand von Regeln, Beispielen und vielen Übungen macht er mit der Wissenschaftssprache vertraut und leitet dazu an, einen wissen‐ schaftlichen Schreibstil zu entwickeln. Andreas Hirsch-Weber, Stefan Scherer (Hrsg.): Wissenschaftliches Schreiben in Natur- und Technikwissenschaften. 1. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden (2016). Der Band erschließt schreibtechnische Anforderungen an Qualifikations‐ schriften in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächergruppen. Er enthält 16 Beiträge einer Tagung mit dem Titel „Wissenschaft Schreiben“, die 2013 am KIT in Karlsruhe stattfand. 132 Anhang <?page no="133"?> Register Abbildungen 67 Abhandlung 28 Abkürzungen 66 Abstract 60 Anhang 80 Auszeichungssprache 57 Autoren 59 Bachelorarbeit 48 Barrierefreier Zugang 124 Belegarbeit 48 Bericht 26 Beschreibung 27 Bibliometrie 116 Bühler 21 Crossmedia 109 Digitaler Objektbezeichner (DOI) 99 Diplomarbeit 48 Dissertation 52 double-blind review 98 Fachbeitrag 28f. Fachzeitschrift 81 Formelzeichen 69 Fußnote 78 Gendergerechte Formulierungen 64 Gleichungen 67 Gliederung 37, 61 Glossar 79 Grafiken 67 Gute wissenschaftliche Praxis 49 Hausarbeit 48 Informationsmanagement 113 Inhaltsverzeichnis 60 Interview 25 Kommunikation 13 Kreativität 29 Kurzfassung 60 Laborbericht 45 Laborbuch 43 Literaturverweis 74 Masterarbeit 48 Mediamix 108 Mitteilung 26 Open Access 121 Paraphrasieren 73 Peer-Review 98 Persönlicher Stil 23 Physikalische Größen 69 Pressegesetz 95 Protokoll 27 Prüfungsleistung 47 Quellenangabe 54, 72 Rechtschreibung 64 Redaktion 94 Register 79 Reportage 25 <?page no="134"?> Sachstil 22 Schreibstil 62 Schriftart 71 single-blind review 98 Sonderzeichen 65 Stilarten 21 Studienarbeit 48 Tabellen 69 Textformatierung 71 Textgestaltung 57 Text- und Data-Mining 112 Titel 59 Urhebergesetz 54 Urheberrecht 54 Whitepaper 113 Wirkstil 23 Wissensmanagement 15 Zitat 72 134 Register <?page no="135"?> ,! 7ID8C5-cfiicf! ISBN 978-3-8252-5882-5 Dieses Buch gibt Studierenden, Wissenschaftler: innen sowie Ingenieur: innen und Naturwissenschaftler: innen in der Praxis nicht nur einen Überblick über die wichtigsten Formen schriftlicher Ausarbeitungen und die Grundlagen der Textgestaltung, sondern auch einen Einblick in die natur- und ingenieurwissenschaftliche Publikationspraxis. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf den wissenschaftlichen Fachzeitschriften und dem Veröffentlichungsprozess in diesem Medium. Außerdem werden Informationen zu neuen Möglichkeiten des Publizierens, wie Open-Access-Veröffentlichungen, gegeben und auf die zunehmende Bedeutung barrierefreier Dokumente eingegangen. Schlüsselkompetenzen Dies ist ein utb-Band aus dem expert verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel