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Innovationsmanagement? Frag doch einfach!

Klare Antworten aus erster Hand

0115
2024
978-3-8385-6097-7
978-3-8252-6097-2
UTB 
Jenny Amelingmeyer
Thomas B. Berger
Sven Seidenstricker
10.36198/9783838560977

In diesem Band werden unter anderem Antworten auf folgende Fragen zu lesen sein: Warum ist ein zielorientiertes Innovationsmanagement ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen? Was sind die besonderen Herausforderungen des Innovationsmanagements mit Blick auf unterschiedliche Innovationsarten in Unternehmen? Welche Tools und Methoden sollte ein erfolgreicher Innovationsmanager beherrschen? Und was sind aktuelle Trends im Innovationsmanagement? Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have füe alle, die mehr wissen und verstehen wollen.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-8252-6097-2 Jenny Amelingmeyer Thomas B. Berger Sven Seidenstricker Innovationsmanagement? Klare Antworten aus erster Hand In diesem Band sind unter anderem Antworten auf folgende Fragen zu lesen: Warum ist ein zielorientiertes Innovationsmanagement ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen? Was sind die besonderen Herausforderungen des Innovationsmanagements mit Blick auf unterschiedliche Innovationsarten in Unternehmen? Welche Tools und Methoden sollte ein erfolgreicher Innovationsmanager beherrschen? Und was sind aktuelle Trends im Innovationsmanagement? Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have für alle, die mehr wissen und verstehen wollen. Betriebswirtschaftslehre Management Innovationsmanagement? Amelingmeyer | Berger Seidenstricker Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel Frag doch einfach! 6097-2_Amelingmeyer_Berger_Seidenstricker_M_6097_PRINT.indd Alle Seiten 6097-2_Amelingmeyer_Berger_Seidenstricker_M_6097_PRINT.indd Alle Seiten 30.11.23 12: 31 30.11.23 12: 31 <?page no="1"?> utb 6097 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Prof. Dr. Jenny Amelingmeyer ist Professorin für Wirtschaftsingenieur‐ wesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim. Sie forscht vor allem zu interdisziplinären und übergreifenden Aspekten des Innovationsmanagements. Prof. Dr. Thomas B. Berger ist Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Er fokussiert sich vor allem auf die Herausforderungen des Umgangs mit Risiken im Innovationsmanagement. Prof. Dr. Sven Seidenstricker ist Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach/ Bad Mergent‐ heim. Er lehrt dort Innovations- und Produktmanagement und forscht u.a. im Bereich Geschäftsmodellinnovationen. #fragdocheinfach Alle Bände der Reihe finden Sie am Ende des Buches. <?page no="3"?> Jenny Amelingmeyer / Thomas B. Berger / Sven Seidenstricker Innovationsmanagement? Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838560977 © UVK Verlag 2023 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 6097 ISBN 978-3-8252-6097-2 (Print) ISBN 978-3-8385-6097-7 (ePDF) ISBN 978-3-8463-6097-2 (ePub) Umschlagabbildung und Kapiteleinstiegsseiten: © bgblue - iStockphoto Abbildungen im Innenteil: Figur, Lupe, Glühbirne: © Die Illustrationsagentur Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbib‐ liografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 9 11 13 15 16 21 25 31 38 45 49 52 57 59 Alle Fragen im Überblick Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was die verwendeten Symbole bedeuten . . . . . . . . . . . . . . . . Infografik ((Doppelseite)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements . Warum ist das Innovationsmanagement in Unternehmen besonders spannend? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Woher erhält das Innovationsmanagement relevante Innovationsimpulse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Arten von Innovationen können Gegenstand des Innovationsmanagements sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können Innovationsaktivitäten organisatorisch in Unternehmen verankert werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann in Unternehmen eine Innovationskultur geschaffen werden? Welche Kernfelder spielen auf dem Weg bis zur Markteinführung einer Innovation eine Rolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inwieweit unterstützen verschiedene Unternehmensbereiche und -funktionen das Innovationsmanagement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist bei innovationsorientierten Kooperationen und Akquisitionen zu beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 66 70 73 74 77 82 84 87 91 93 95 99 105 106 108 111 114 115 Wann kann ein Unternehmen eine Innovation als Erfolg bezeichnen? . Wer sind die Akteure im Innovationsmanagement und wofür interessieren sie sich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachleistungsinnovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wodurch sind Sachleistungsinnovationen gekennzeichnet? . . . . . . . . . . Wie läuft der Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovationen grundsätzlich ab? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Bedeutung hat der Produktlebensphasen-Ansatz bei Sachleistungsinnovationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können neue Technologien zur Schaffung von Sachleistungsinnovationen erkannt und genutzt werden? . . . . . . . . . . . Welche gewerblichen Schutzrechte sind besonders relevant zum Schutz von Sachleistungsinnovationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie hilft das Kano-Modell Kundenbedürfnisse bei Sachleistungsinnovationen zu analysieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann Extended Reality zum Vermarkten von Sachleistungsinnovationen derzeit eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . Wie unterstützt die Methode QFD bei der Sachleistungsentwicklung? . Wie kann die Methode FMEA bei Sachleistungsinnovationen eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstleistungsinnovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Charakteristika haben Dienstleistungsinnovationen? . . . . . . . . Wie werden durch das Service Engineering neue Dienstleistungen entwickelt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann Service Blueprinting bei Dienstleistungsinnovationen eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann eine hinreichende Servicequalität sichergestellt werden? . . . Welche Rolle spielt das Customer Success Management bei Dienstleistungsinnovationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Alle Fragen im Überblick <?page no="7"?> 119 120 121 124 129 134 137 139 142 144 147 148 148 149 150 150 153 154 155 157 161 162 Geschäftsmodellinnovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weshalb gibt es das Konzept des Geschäftsmodells und was ist es? . . . Wie entwickelt man Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann man den Ideengenerierungsprozess bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen befördern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können Wertangebote formuliert werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Erlösformen gibt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind Plattformgeschäftsmodelle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können digitalisierte und informationsbasierte Geschäftsmodelle entwickelt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann man Geschäftsmodelle testen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie sollten neue Geschäftsmodelle auf dem Markt umgesetzt werden? Prozessinnovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist eine Prozessinnovation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Bedeutung haben interne Prozessinnovationen? . . . . . . . . . . . . . Welche Besonderheiten sind bei Prozessinnovationen zu beachten? . . . Wie können Prozessinnovationen entwickelt werden? . . . . . . . . . . . . . . Wie kann Lean Management Prozessinnovationen befördern? . . . . . . . Risikomanagement bei Innovationsprojekten . . . . . . . . . . . . Welche Risiken gibt es in Innovationsprojekten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche psychologischen Fallstricke gibt es für das Risikomanagement? Welche Rolle spielt die Kultur im Umgang mit Innovationsrisiken? . . . Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur im Umgang mit Innovationsrisiken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann man eine Risikokultur in einem Innovationsprojekt etablieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alle Fragen im Überblick 7 <?page no="8"?> 163 165 168 172 175 175 176 179 195 200 205 207 Wie sieht ein Risikomanagementprozess bei Innovationsrisiken aus? . Schritt 1: Wie analysiert man Risiken in Innovationsprojekten? . . . . . . Schritt 2a: Wie werden Risiken bewertet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schritt 2b: Wie werden Wechselwirkungen der Risiken einbezogen? . . Schritt 3: Wie können Risiken in Innovationsprojekten bewältigt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schritt 4: Wie werden Risiken überwacht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schritt 5: Wie werden Risiken kommuniziert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwendete Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wo sich welches Stichwort befindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Alle Fragen im Überblick <?page no="9"?> Vorwort Innovationen prägen unser Leben. Unsere Welt, die in großen Teilen durch Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt ist, fordert permanent zu neuen Blickweisen, Ideen, Anpassungsreaktionen und Problemlösungen heraus. Dies gilt insbesondere auch für Unternehmen. Eine kontinuierliche Inno‐ vationstätigkeit mit dem Ziel der erfolgreichen Entwicklung von neuen Sachleistungen, neuen Dienstleistungen, neuen Geschäftsmodellen und neuen Prozessen mit Ausrichtung auf die jeweils aktuellen Herausforde‐ rungen ist für sie überlebenswichtig. Daher kommt einem zielorientierten Innovationsmanagement in Unternehmen eine ganz besondere Bedeutung zu. Ein erfolgreiches Innovationsmanagement muss dabei eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Felder berücksichtigen. So wirken - unter anderem abhängig von den Unternehmens- und Branchenmerkmalen - vielfältige Innovationsimpulse auf die Unternehmen ein. Die Antwort darauf kann jeweils in sehr unterschiedlichen Innovationsarten liegen und dabei ver‐ schiedenartige Risiken mit sich bringen. Mit Blick auf die Innovationsstra‐ tegie, Innovationsorganisation und Innovationskultur gibt es im Detail sehr unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Der Weg von der ersten Innovationsidee bis zur Markteinführung umfasst zahlreiche Einzelschritte, in die in der Regel verschiedene Unternehmensbereiche und Unterneh‐ mensfunktionen eingebunden sind. Und insgesamt gibt es eine Vielzahl von Theorien, Konzepten, Modellen und Methoden, die zum Erfolg des Innovationsmanagements in Unternehmen beitragen können. Die sich daraus ergebende ausgeprägte Komplexität und Interdisziplina‐ rität des Innovationsmanagements spiegelt sich unter anderem darin wider, dass es sehr unterschiedliche Betrachtungsschwerpunkte gibt und relevante Beiträge und Lösungsansätze mit jeweils spezifischen Ausprägungen aus sehr unterschiedlichen fachlichen Richtungen kommen. Und gerade das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Herangehensweisen macht das In‐ novationsmanagement zu einem besonders interessanten und spannenden Betätigungsfeld sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft. Das skizzierte Spannungsfeld bildete auch den Ausgangspunkt für das vorliegende Buch. Denn wir drei haben festgestellt, dass wir trotz eines <?page no="10"?> inzwischen sehr ähnlichen Tätigkeitsfelds (nämlich dem Studiengang Wirt‐ schaftsingenieurwesen an drei unterschiedlichen Studienakademien der Dualen Hochschule Baden-Württemberg) im Laufe unserer Forschungs- und Lehrtätigkeiten im Innovationsmanagement unterschiedliche Perspektiven und Schwerpunkte gewählt und vertieft haben. Der Austausch und die Zusammenführung der unterschiedlichen Ansätze war bereichernd und hat zu einem vielseitigeren und integrierteren Blick auf das Innovations‐ management beigetragen. Und so finden sich in diesem Buch nun unsere zusammengeführten Antworten auf wichtige Fragen zum Thema Innovati‐ onsmanagement. Und weil so ein Buch nicht einfach so nebenbei entsteht, möchten wir uns herzlich bei unseren Familien, Freund: innen und Kolleg: innen bedanken, die unser Vorhaben wohlwollend begleitet haben. Zudem gilt unser Dank Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK Verlag München, der die Entstehung dieses Buches stets professionell, freundlich und geduldig unterstützt hat. Mannheim, Stuttgart und Bad Mergentheim im Oktober 2023 Jenny Amelingmeyer Thomas B. Berger Sven Seidenstricker 10 Vorwort <?page no="11"?> Was die verwendeten Symbole bedeuten Toni verrät spannende Literaturtipps, Videos und Blogs im World Wide Web. Die Glühbirne zeigt eine Schlüsselfrage an, deren Antwort unbedingt lesenswert ist. Die Lupe weist auf eine Expert: innenfrage hin. Hier geht die Antwort ziemlich in die Tiefe. Sie richtet sich an alle, die es ganz genau wissen wollen. → -Wichtige Begriffe sind mit einem Pfeil gekennzeichnet und werden im Glossar erklärt. - <?page no="12"?> 85,5% 76,3% 66,6% 54,6% Produkt- und Dienstleistungsverbesserungen Neuartige Produkte oder Dienstleistungen Prozess- oder Fertigungsinnovationen Nicht-technische Neuerungen in der Organisation In welchen Bereichen Familienunternehmen in den letzten zwei Jahren Innovationen durchgeführt haben In meinem Freundeskreis bin ich meist der Erste, der eine neue Technologie ausprobiert. Ich bleibe gerne auf dem neuesten Stand der Neue Technologien kaufe ich erst, wenn sie Die innovativsten Länder der Welt: Global Innovation Index 2022 Land Platzierung Schweiz 1 USA 2 Schweden 3 Vereinigtes Königreich 4 Niederlande 5 Südkorea 6 Singapur 7 Deutschland 8 Finnland 9 Dänemark 10 Quelle: Global Innovation Index der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) 2022 Quelle: Statista 2023 basierend auf Daten des BDI, IfM Bonn, Deutsche Bank (2013) Bildquelle: Canva.com 46097_Infografik_sf.indd 1 46097_Infografik_sf.indd 1 29.11.2023 11: 56: 25 29.11.2023 11: 56: 25 <?page no="13"?> Informationen zum Thema Innovationen 85,5% 15% 33% 33% 45% In meinem Freundeskreis bin ich meist der Erste, der eine neue Technologie ausprobiert. Ich bleibe gerne auf dem neuesten Stand der Technologie. Ich probiere immer gerne innovative Produkte aus. Neue Technologien kaufe ich erst, wenn sie sich bewährt haben. Einstellungen zu Innovationen in Deutschland Ausgewählte Innovative Milieus in Deutschland Beschreibung Anteil in % der Unternehmen Kooperative Innovatoren: Neuland erschließen, Innovation eher durch Kooperation 25% Disruptive Innovatoren: Neuland erschließen, Grenzen überwinden 19% Technologieführer: technische Grenzen austesten, erneuern 6% Passiver Umsetzer: unstrukturiert, tlw. weiter entwickeln, eher bewahrend 19% Zufällige Innovatoren: unstrukturiert, bewahrend 16% Quelle: Bertelsmann Stiftung basierend auf IW Consult 2019 bzw. IW Zukunftspanel Welle 32 Quelle: Statista Consumer Insights 2023 46097_Infografik_sf.indd 2 46097_Infografik_sf.indd 2 29.11.2023 11: 56: 25 29.11.2023 11: 56: 25 <?page no="15"?> Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements Das Innovationsmanagement ist ein besonders vielseiti‐ ges, interdisziplinäres und spannendes Tätigkeitsfeld in Unternehmen. In diesem Kapitel werden interessante Fra‐ gen zu den Grundlagen, zum Rahmen und zu den Heraus‐ forderungen des Innovationsmanagements beantwortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 29: 15 27.09.2023 09: 29: 15 <?page no="16"?> Warum ist das Innovationsmanagement in Unternehmen besonders spannend? Das →Innovationsmanagement in Unternehmen befasst sich mit der zielorientierten Gestaltung von Innovationsprozessen. Damit handelt es sich beim Innovationsmanagement um ein besonders vielseitiges, interessantes und spannendes Tätigkeitsfeld. Dynamisches Zusammenspiel verschiedener Einfluss- und Tätigkeitsfelder So ist es für die gezielte Planung von Innovationsprozessen zunächst not‐ wendig, eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Innovationsimpulse wahr‐ zunehmen und in ihrer Bedeutung zu erfassen. Damit dann Innovationen erfolgreich umgesetzt werden können, ist es wichtig, dass im Unternehmen ein innovationsfördernder Rahmen gegeben ist, der sich vor allem in der Innovationsstrategie, der Innovationsorganisation und der Innovationskul‐ tur widerspiegelt. Darauf aufbauend können vielfältige Maßnahmen in den relevanten Kern-, Unterstützungs- und Aktionsfeldern im Unternehmen zielorientiert geplant und umgesetzt werden. Abbildung 1 Innovation Innovationsmanagement im Unternehmen Kernfelder - Technologieentwicklung - Vorentwicklung - Produktentwicklung - Einführung in Produktion bzw. Leistungserstellung - Markteinführung Unterstützungsfelder - IP-Management - Personalmanagement - IT-Management - Innovationsfinanzierung - Innovationscontrolling - … Aktionsfelder - Innovationsorientierte Kooperationen - Innovationsorientierte Akquisitionen - … Umfeld Unternehmen Rahmenfelder Innovationsstrategie Innovationsorganisation Innovationskultur Innovationsimpulse - Aktuelle Trends und Entwicklungen - Erfahrungen aus der Praxis - Wissenschaftliche Erkenntnisse Aktuelle Herausforderungen - Unternehmensexterne Herausforderungen - Unternehmensinterne Herausforderungen Innovationserfolg Akteure und Blickfelder Praxis Wissenschaft Abbildung 1: Überblick über die vielfältigen Einfluss- und Tätigkeitsfelder im Innovations‐ management. 16 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="17"?> Dabei sieht sich das Innovationsmanagement kontinuierlich neuen Her‐ ausforderungen gegenüber, deren Ursprung zum Teil außerhalb und zum Teil innerhalb des Unternehmens liegt. Für ein erfolgreiches Innovations‐ management ist daher insgesamt ein interdisziplinärer Ansatz mit einer Integration unterschiedlicher Blickfelder eine wesentliche Voraussetzung, weshalb im Innovationsmanagement auch sehr viele unterschiedliche Ak‐ teure aktiv sind. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die aufgezeigten Zusammenhänge, die im Folgenden näher betrachtet werden. Vielfalt an Innovationsimpulsen Auf Unternehmen wirken permanent →Innovationsimpulse ein, die An‐ regungen oder auch Notwendigkeiten für Veränderungen und Innovationen mit sich bringen. Diese Impulse basieren sehr häufig auf aktuellen Entwicklungen und Trends, die ihre Wurzeln wiederum in sehr unterschiedlichen Bereichen (z. B. politisch, ökonomisch, sozial, technologisch, ökologisch oder rechtlich) haben können. Die Entwicklungen und Trends werden dann oft parallel von verschie‐ denen Akteuren in der Praxis aufgegriffen, wodurch die Impulse in der Regel verstärkt werden. Und auch Erkenntnisse aus dem wissenschaftlichen Bereich können die Basis für verstärkte Innovationstätigkeiten im Unter‐ nehmen bilden. Großes Spektrum an Innovationsarten Wenn in diesem Zusammenhang von →Innovationen gesprochen wird, denken viele zuerst an neue Sachleistungen, die auf dem Markt angeboten werden. Aber auch marktorientierte Dienstleistungen und →Geschäfts‐ modelle zählen zu den Tätigkeitsfeldern des Innovationsmanagements - genauso wie Innovationen im Bereich der unternehmensinternen Prozesse, die außerhalb des Unternehmens oft gar nicht unmittelbar wahrgenommen werden. Im Detail lassen sich diese Innovationen wiederum mit Blick auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte näher beschreiben und dadurch in ver‐ schiedene →Innovationsarten gliedern. Beispielsweise ist es interessant, ob eine Innovation markt-, technologie- oder kompetenzgetrieben entstan‐ Warum ist das Innovationsmanagement in Unternehmen besonders spannend? 17 <?page no="18"?> den ist oder ob es sich vielleicht sogar um eine ungeplante Innovation handelt. Der Neuheitsgrad von Innovationen kann durchaus unterschiedlich sein, genauso wie der Veränderungsgrad gegenüber dem bisherigen Status quo. Je nach den Ausprägungen dieser und weiterer Merkmale ist das Innova‐ tionsmanagement mit unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert, was wiederum zu unterschiedlichen Schwerpunkten und Maßnahmenbündeln im Detail führt. Die innovationsorientierte Gestaltung von Strategie, Organisation und Kultur als Rahmenfelder des Innovationsmanagements in Unternehmen Der Handlungsrahmen für das Innovationsmanagement wird ganz wesent‐ lich durch die Innovationsstrategie, die Innovationsorganisation und die Innovationskultur im Unternehmen geprägt. So gibt die →Innovationsstrategie eine Orientierung für die grund‐ legende Richtung und die Schwerpunkte der Innovationsaktivitäten vor. Sie enthält typischerweise markt-, technologie- und kompetenzorientierte Elemente in jeweils unternehmensspezifischer Ausprägung. Die →Innovationsorganisation legt wiederum fest, wer für Innovati‐ onsaktivitäten im Unternehmen verantwortlich ist. Dabei gibt es jeweils verschiedene Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung des Inno‐ vationsmanagements auf Top-Management-Ebene, auf Bereichsebene und auf Projektebene. In der →Innovationskultur spiegelt sich schließlich die Gesamtheit der gemeinsamen Wert- und Normvorstellungen sowie Denk- und Verhaltens‐ muster der mit Innovationen befassten Unternehmensmitglieder wider. Die Schritte von den grundlegenden Ideen bis zur Markteinführung als Kernfelder des Innovationsmanagements Die Kernfelder des Innovationsmanagements führen von den ersten Inno‐ vationsansätzen bis zur Einführung der →Innovation auf dem Markt bzw. in ihrem Bestimmungsfeld. Gerade bei technologiebasierten Innovationen lassen sich in diesem Zusammenhang vor der eigentlichen →Produktentwicklung häufig Ak‐ tivitäten der →Technologieentwicklung und der →Vorentwicklung 18 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="19"?> beobachten. Die entwickelten Innovationen werden dann in die Produktion bzw. Leistungserstellung überführt, wobei für die →Produktionseinfüh‐ rung in vielen Fällen eine begleitende Entwicklung der hierfür jeweils notwendigen Prozesse notwendig ist. Das abschließende Kernfeld bildet dann die Einführung der Innovation auf dem Markt mit dem entsprechenden →Innovationsmarketing. Die Einbindung einer Vielzahl von Unternehmensbereichen und -funktionen als Unterstützungsfelder des Innovationsmanagements Um in den Kernfeldern zielorientiert an Innovationen arbeiten zu können, ist eine vielfältige Unterstützung durch weitere Unternehmensbereiche und Unternehmensfunktionen notwendig. Zu diesen Unterstützungsfeldern im Unternehmen zählen beispielsweise das →Intellectual-Property-Management, das →IT-Management, das →Personalmanagement, die →Innovationsfinanzierung und das →Innovationscontrolling. Kooperationen und Akquisitionen als Beispiele für Aktionsfelder des Innovationsmanagements Schließlich spielen im Rahmen des Innovationsmanagements auch spezifi‐ sche Aktionsfelder eine besondere Rolle. Dazu zählt vor allem die Vielfalt an →Kooperationen, die in diesem Bereich zu beobachten ist. Aber auch →Akquisitionen werden in vielen Fällen durch das Innovationsmanagement der beteiligten Unternehmen begründet und getrieben. Aktualität der Herausforderungen im Innovationsmanagement Im Rahmen seiner Tätigkeiten wird das Innovationsmanagement typischer‐ weise immer wieder mit aktuellen Herausforderungen konfrontiert, die sich durch Veränderungen in den vielfältigen unternehmensinternen und unternehmensexternen Bezugsfeldern ergeben. Beispiele für eher extern getriebene Herausforderungen sind dabei die →Internationalisierung, die →Digitalisierung, die Forderung nach →Nachhaltigkeit und die zunehmende Notwendigkeit, in Form einer Warum ist das Innovationsmanagement in Unternehmen besonders spannend? 19 <?page no="20"?> →Open Innovation externe Partner wie Kunden und Lieferanten in die eigenen Prozesse zu integrieren. Daraus ergeben sich wiederum interne Herausforderungen wie zum Bei‐ spiel ein →Agiles Management, ein systematisches →Changemanage‐ ment, ein umfassendes →Wissensmanagement und in zunehmendem Maße ein zielorientiertes →Risikomanagement. Facettenvielfalt des Innovationserfolgs Eine nicht gerade einfache Aufgabe des Innovationsmanagements ist die Beurteilung, ob eine Innovation tatsächlich erfolgreich war. Für den →Innovationserfolg können dabei aus interner Sicht eines Unternehmens eine Vielzahl von Kriterien relevant sein, beispielsweise hinsichtlich ökonomischer, technischer und sonstiger Ergebnisse und Wech‐ selwirkungen sowie mit Blick auf die Gestaltung der Innovationsprozesse. Die unternehmensexterne Sicht schlägt sich demgegenüber beispiels‐ weise in Innovationspreisen, Innovationsrankings und dem Innovations‐ image eines Unternehmens nieder. Vielfalt an Akteuren und Blickfeldern im Innovationsmanagement Die dargestellte Vielfalt der mit dem Innovationsmanagement verbundenen Aufgaben, Themenfelder und Herausforderungen zeigt, dass ein wesent‐ licher Erfolgsfaktor in diesem Managementfeld das zielorientierte Zusam‐ menspiel zahlreicher Akteure mit unterschiedlichen fachlichen, methodi‐ schen und persönlichen Kompetenzen ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass jede und jeder einen wertvollen Beitrag zum Gelingen des Inno‐ vationsmanagements leisten kann und dass erst das Zusammenfügen sehr unterschiedlicher und individueller Blickfelder und Schwerpunkte zu einem umfassenden Gesamtbild führt. Nicht zuletzt darum ist die Beschäftigung mit dem Thema Innovationsmanagement besonders vielseitig, interessant und spannend! 20 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="21"?> Woher erhält das Innovationsmanagement relevante Innovationsimpulse? Eine interessante Frage lautet, welche Impulse eigentlich dazu führen, dass das →Innovationsmanagement in einem Unternehmen aktiviert wird. Überblick über die Vielfalt von Innovationsimpulsen Innovationen entstehen in Unternehmen in der Regel als Antwort auf verschiedene Trigger, die sich insbesondere in aktuellen Trends und Ent‐ wicklungen äußern. Verstärkt werden diese Trigger oft durch Erfahrungen in der allgemeinen Unternehmenspraxis und/ oder durch das Aufgreifen von Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Abbildung politisch ökonomisch sozial technologisch ökologisch rechtlich - Theorien - Konzepte und Modelle - Methoden - Unternehmen - Kunden - Konkurrenz und Branche allgemeine Praxiserfahrungen Aktuelle Trends und Entwicklungen Erfahrungen aus der Praxis Wissenschaftliche Erkenntnisse Innovationsimpulse Abbildung 2: Überblick über die Vielfalt von Innovationsimpulsen. Soweit sich die verschiedenen Innovationsimpulse dabei nicht nur auf Innovationsergebnisse, sondern auch auf Innovationsprozesse erstrecken, können diese auch zu einer Weiterentwicklung und Professionalisierung des unternehmerischen Innovationsmanagements beitragen. Die in Abbildung 2 im Überblick dargestellten Innovationsimpulse wer‐ den im Folgenden näher erläutert. Woher erhält das Innovationsmanagement relevante Innovationsimpulse? 21 <?page no="22"?> Aktuelle Trends und Entwicklungen Die aktuellen Trends und Entwicklungen lassen sich ihrem Ursprung nach beispielsweise entsprechend dem PESTEL-Ansatz insgesamt folgenden sechs Bereichen zuordnen. Politische Impulse Politische Impulse ergeben sich vor allem durch gezielte politische Einfluss‐ nahmen auf unternehmerische Entscheidungen, die sich beispielsweise in Form von Einfuhrverboten, Subventionen, regulatorischen Vorgaben etc. zeigen können. Ökonomische Impulse Ökonomische Impulse entstehen im Wesentlichen durch Veränderungen der zentralen Gewinntreiber, also den Erlösmöglichkeiten auf der einen Seite und den Kostenstrukturen auf der anderen Seite. Aktuelle Beispiele hierfür sind Preissteigerungen bei einer Vielzahl von Produktionsfaktoren sowie veränderte Kostenstrukturen bei der Gestaltung von Lieferketten. Soziale Impulse Soziale Impulse ergeben sich z. B. aus sich verändernden Rahmenbedingun‐ gen in der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise bei den „Generationenkonzepten“ häufig über die verschiedenen Verhaltens‐ weisen, Wertevorstellungen und Ansprüche der altersgruppenbezogenen „Generationen“ und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Leistungen und die Ausrichtung von Unternehmen diskutiert. Technologische Impulse Technologische Impulse resultieren in der Regel aus der Weiterentwicklung bestehender oder dem Entstehen neuer Technologien, auf deren Basis neuartige Produktlösungen entwickelt werden können. Aktuell ist eine solche Entwicklung mit sehr vielfältigen Auswirkungen beispielsweise im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zu beobachten. Ökologische Impulse Ökologische Impulse basieren beispielsweise auf den aktuellen klimatischen Entwicklungen und den daraus resultierenden Anforderungen an unterneh‐ merisches Handeln. Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren 22 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="23"?> zunehmend an Bedeutung gewonnen und stellt einen wesentlichen Innova‐ tionstreiber in ganz unterschiedlichen Leistungs- und Produktbereichen dar. Rechtliche Impulse Rechtliche Impulse kommen zum Tragen, wenn rechtliche Regelungen die Grundlagen der bisherigen Geschäftstätigkeit verändern. Beispiele hierfür sind die rechtliche Einschränkung nutzbarer Verfahren (z. B. Gentechnik), veränderte rechtliche Vorgaben für die Produktsicherheit (z. B. Produzen‐ tenhaftung), Regelungen zur Produktentsorgung am Ende des Produktle‐ bens etc. Kombination der Impulse Sehr oft führt eine Kombination verschiedener gleichzeitig auftretender Im‐ pulse zu konkreten Innovationsaktivitäten in Unternehmen, insbesondere dann, wenn sie durch Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis und/ oder durch wissenschaftliche Erkenntnisse verstärkt werden. Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis Eine Vertiefung der Innovationsimpulse erhält das Innovationsmanagement häufig aus Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen der Unternehmenspraxis. Unternehmensinterne Erfahrungen Eine wichtige Rolle spielen dabei die unternehmensinternen Erfahrungen, die das Unternehmen bis zum aktuellen Zeitpunkt mit verschiedenen inno‐ vationsrelevanten Themengebieten gemacht hat, wobei sowohl Erfolge als auch Misserfolge von Bedeutung sind. Kundenerfahrungen Ebenfalls sehr wichtig ist das innovationsrelevante Feedback seitens der Kunden. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Einbringung der Kundenerfahrungen in die Innovationsprozesse dar. Denn in vielen Unternehmen stellt der Vertrieb die wesentliche Schnittstelle zum Kunden dar, und häufig fehlen in diesen Fällen geregelte Prozesse in Richtung der Innovationsaktivitäten. Woher erhält das Innovationsmanagement relevante Innovationsimpulse? 23 <?page no="24"?> Konkurrenz- und Branchenerfahrungen In der Regel beobachten Unternehmen auch die innovationsbezogenen Ak‐ tivitäten der Konkurrenz sowie allgemein innerhalb der Branche sehr genau. Dabei ist vor allem im vorwettbewerblichen Bereich häufig ein durchaus offener Austausch zu beobachten, beispielsweise im Rahmen von Messen, Verbandstreffen, fachlichen Tagungen oder bilateralen Austauschprozessen sowie in Form von verschiedenartigen Publikationen. Branchenübergreifende und allgemeine Praxiserfahrungen Schließlich bilden zunehmend auch branchenübergreifende Erfahrungen erfolgversprechende Innovationsimpulse. Dies kann beispielsweise den Um‐ gang mit neuen technologischen Entwicklungen und Trends (wie etwa die Digitalisierung oder Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit und Energie) betreffen. Teilweise wird der Austausch dieser Erfahrungen auch öffentlich gefördert. Wissenschaftliche Erkenntnisse Schließlich bilden auch Erkenntnisse aus der Wissenschaft wichtige Impulse für Innovationen im Unternehmen. Diese Erkenntnisse können sich auf alle genannten aktuellen Entwicklungen und Trends (s. o.) beziehen. Kenn‐ zeichnend für die wissenschaftliche Vorgehensweise ist dabei insbesondere die Entwicklung und Ausarbeitung von Theorien, Modellen und Konzepten sowie von Methoden. Entsprechend der Vielfalt der relevanten Blick- und Themenfelder können die Innovationsimpulse dabei aus sehr verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen stammen. Theorien Wissenschaftliche Theorien können sich beispielsweise auf technologische oder auf gesellschaftliche Entwicklungen beziehen. Sie stellen ein System wissenschaftlich begründeter Aussagen dar, auf deren Basis Gesetzmäßig‐ keiten erklärt und Prognosen über zukünftige Entwicklungen abgeleitet werden können. Damit bilden sie eine fundierte Grundlage für die Innova‐ tionsaktivitäten im Unternehmen. Konzepte und Modelle Wissenschaftlich fundierte Konzepte umfassen strategisch und/ oder opera‐ tiv ausgerichtete Anleitungen für die Gestaltung zielorientierter Unterneh‐ 24 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="25"?> mensaktivitäten in bestimmten Bereichen. Sie können sich beispielsweise auf die Identifikation und Ausnutzung von innovationsrelevanten Entwick‐ lungen und Trends beziehen. Modelle stellen wiederum meist eine Visuali‐ sierung von (wissenschaftlichen) Theorien und Konzepten dar. Beispiele für Konzepte und Modelle, die relevante Impulse für das Inno‐ vationsmanagement in Unternehmen geben, sind: ● →Hype-Cycle-Modell ● →Kano-Modell ● →S-Kurven-Konzept ● →Technologielebenszyklusmodell Methoden Schließlich werden auf wissenschaftlicher Basis konkrete Methoden (wei‐ ter-)entwickelt, die auch für das Innovationsmanagement von Relevanz sind. Beispiele hierfür sind: ● → Failure Mode and Effects Analysis (FMEA) ● → Lean Management ● → Quality Function Deployment (QFD) Welche Arten von Innovationen können Gegenstand des Innovationsmanagements sein? Je nachdem, mit welchen Arten von Innovationen sich das →Innovati‐ onsmanagement beschäftigt, unterscheiden sich die besonderen Heraus‐ forderungen, was jeweils zu unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten führt. Ein vertieftes Verständnis der verschiedenen →Innovationsarten mit ihren jeweils spezifischen Ausprägungen und Anforderungen ist darum ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Innovationsmanagement in Unter‐ nehmen. Überblick über verschiedene Innovationsarten Als erstes ist zu klären, wann man eigentlich von einer →Innovation spricht. Aufgrund der vielfältigen Ausrichtungen und Perspektiven des Innovationsmanagements hat sich insgesamt keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition dieses Begriffs etabliert. Es lässt sich allerdings fest‐ Welche Arten von Innovationen können Gegenstand des Innovationsmanagements sein? 25 <?page no="26"?> halten, dass die beiden Merkmale „Neuheit“ und „Veränderung“ grundlegend für nahezu alle Abgrenzungsversuche sind. Von einer Innovation wird also dann gesprochen, wenn zum einen zumindest aus Sicht des betrachteten Systems ein neues oder erneuertes Objekt oder eine neue oder erneuerte soziale Handlungsweise gegeben ist und wenn zum anderen durch diese Neuerung eine Veränderung bzw. ein Wechsel initiiert wird. Dies setzt neben der Erfindung bzw. Entdeckung der Neuerung voraus, dass die Neuerung auch eingeführt und genutzt wird (Möhrle/ Specht 2018). Von der Innovation abzugrenzen ist dementsprechend die →Invention. Hierbei handelt es sich um eine grundlegende Erfindung, für die beispiels‐ weise aufgrund der nachgewiesenen Funktionsweise und der Neuheit ein →Patent erteilt werden kann. Für die Einordnung als Innovation fehlt aber noch die Umsetzung in konkrete Anwendungen, ggf. die Serienproduktion sowie die Markteinführung. Ausgehend von der obigen Basisdefinition können weitere Kriterien herangezogen werden, die jeweils zu einer detaillierteren Unterscheidung von Innovationsarten führen. Für die so gebildeten Innovationsklassen lassen sich dann wiederum die jeweiligen besonderen Anforderungen an das Innovationsmanagement identifizieren. Dies erleichtert die Auswahl geeigneter Herangehensweisen und Lösungsansätze. 26 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="27"?> Abbildung 3 Innovation Innovationsarten Prozessinnovationen Geschäftsmodellinnovationen Dienstleistungsinnovationen Sachleistungsinnovationen Gegenstand Sozial- Innovationen Stetige Innovationen Disruptive Innovationen Plattforminnovationen Ausprägung/ Ausmaß Objektive Innovationen Subjektive Innovationen Unternehmensperspektive Geplante Innovationen Ungeplante Innovationen … … Produkt Markt Unternehmen Modulbezogene Innovationen Aufbaubezogene Innovationen Technologiebasierte Innovationen Radikale Innovationen Weiterentwicklungsinnovationen Kombinationen Technology-Push- Innovationen Market-Pull Innovationen Competence-Driven- Innovationen Abbildung 3: Überblick über wichtige Innovationsarten. Abbildung 3 gibt einen Überblick über besonders relevante Unterscheidun‐ gen von Innovationsarten. Diese werden im Folgenden näher erläutert. Innovationsarten nach dem Gegenstand der Innovation Nach dem Gegenstand der →Innovation lassen sich Sachleistungs-, Dienstleistungs-, Geschäftsmodell- und Prozessinnovationen unterschei‐ den. Sowohl bei den Sachleistungsinnovationen als auch bei den Dienstleis‐ tungsinnovationen handelt es sich dabei meist um Produktinnovationen. In der Praxis werden häufig auch Leistungsbündel mit Sach- und Dienst‐ leistungskomponenten angeboten, bei denen die Innovationsanteile im Detail unterschiedlich ausgeprägt sein können. Auch Geschäftsmodellinno‐ vationen sind auf den Markt gerichtet, während Prozessinnovationen eher unternehmensintern verortet sind. Welche Arten von Innovationen können Gegenstand des Innovationsmanagements sein? 27 <?page no="28"?> Die Unterscheidung dieser vier gegenstandsbezogenen Innovationsarten ist dabei so zentral, dass sie auch als Gliederung für die weiteren Kapitel dieses Buches dient. Sachleistungsinnovationen →Sachleistungsinnovationen sind neue Sachleistungen, die in der Regel für den Markt entwickelt werden. Sachleistungen sind materiell, die Inno‐ vation kann sich hierbei auf alle Elemente der Sachleistung beziehen, wie z.-B. Funktion, Material oder Design. Dienstleistungsinnovationen Auch →Dienstleistungsinnovationen sind in den meisten Fällen auf den Markt ausgerichtet. Dienstleistungen sind allerdings immateriell, weswegen sich Innovationen in der Regel in der Art der Dienstleistungserbringung widerspiegeln und vom Kunden daher nicht im Vorhinein begutachtet werden können. Geschäftsmodellinnovationen →Geschäftsmodellinnovationen unterscheiden sich von den Produktin‐ novationen durch die Anwendungsebene. So verändern Geschäftsmodellin‐ novationen die übergeordnete Wertschöpfungslogik eines Unternehmens, in die wiederum einzelne Sach- und Dienstleistungsinnovationen eingebun‐ den werden können. Prozessinnovationen →Prozessinnovationen sind überwiegend nach innen gerichtet. Hierzu zählen zum einen Prozessinnovationen, die erst eine Erstellung der entwi‐ ckelten Produktinnovationen ermöglichen, wie dies beispielsweise bei einer Entwicklung angepasster Produktionsprozesse für neue Sachleistungen der Fall ist. Zum anderen zählen dazu beispielsweise auch allgemeine Prozessinnovationen, die das Ziel einer Qualitätsverbesserung und/ oder Kostensenkung verfolgen, ohne dass die Prozessinnovation als solche vom Kunden zwingend wahrgenommen werden muss. 28 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="29"?> Innovationsarten nach der technologischen Ausprägung und nach dem Veränderungsausmaß Weitere wesentliche Innovationsarten ergeben sich aus der technologischen Ausprägung sowie aus dem jeweils bewirkten Veränderungsausmaß. Sozialinnovationen und technologiebasierte Innovationen Sozialinnovationen verändern beispielsweise die Interaktionsmöglichkeiten der betroffenen Menschen, ohne dass dies auf veränderte technologische Lösungsansätze zurückzuführen sein muss. Technologiebasierte Innovationen entstehen demgegenüber durch tech‐ nologische Veränderungen. Dies kann beispielsweise die Nutzung neu ent‐ wickelter Technologien sein oder auch die Nutzung bekannter Technologien in neuen Wirkungszusammenhängen. Modulbezogene und aufbaubezogene Innovationen Innovationsgegenstände bestehen häufig aus einer Vielzahl von Modulen. Wird die Gestaltung einzelner Module innerhalb des Gesamtzusammen‐ hangs verändert, dann spricht man von einer modulbezogenen Innovation. Wird dagegen das Zusammenwirken der einzelnen Module verändert, dann handelt es sich um eine aufbaubezogene Innovation. Hierfür wird häufig auch die Bezeichnung „architektonische Innovation“ verwendet, allerdings wird dieser Begriff auch zur Kennzeichnung anderer Phänomene verwendet, weshalb er nicht eindeutig ist. Weiterentwicklungsinnovationen, Plattforminnovationen und radikale Innovationen Weiterentwicklungsinnovationen bewegen sich auf der Ebene eines einzel‐ nen Produkts, Geschäftsmodells oder Prozesses. Diese Innovationen werden beispielsweise durch Hinzufügen, Optimieren oder Weglassen von Merk‐ malen der Ausgangssituation erzielt. Oftmals handelt es dabei um eher inkrementelle Veränderungen, wie es etwa bei sogenannten „Facelifts“ im Rahmen der Modellpflege in der Automobilindustrie zu beobachten ist. Plattforminnovationen legen in Weiterschreibung der bisherigen Platt‐ formlogik die wesentlichen Eigenschaften der nächsten Produktund/ oder Prozessgeneration fest. Sie weisen daher in der Regel einen spürbar höheren Innovationsgrad auf als Weiterentwicklungsinnovationen. Welche Arten von Innovationen können Gegenstand des Innovationsmanagements sein? 29 <?page no="30"?> Radikale Innovationen liegen schließlich vor, wenn grundlegend neue Kernprodukte, Geschäftsmodelle oder Prozesse entwickelt werden. Sie stel‐ len für das Innovationsmanagement eine besondere Herausforderung dar. Stetige und disruptive Innovationen Von besonderer Bedeutung für das Innovationsmanagement ist die Unter‐ scheidung zwischen stetigen Innovationen und disruptiven Innovationen. Stetige Innovationen folgen der bisherigen Innovationslogik, indem vor allem bekannte und vom Kunden explizit verglichene Leistungsparameter weiter verbessert werden. Demgegenüber brechen disruptive Innovationen das bekannte Muster auf und bieten vollkommen neuartige Lösungsansätze für die zugrunde‐ liegenden Bedürfnisse. Dabei entstehen disruptive Innovationen häufig in Marktnischen und sind den bestehenden Lösungen mit Blick auf das Leistungspotential zu Beginn meist unterlegen, so dass sie von den markt‐ beherrschenden Unternehmen in ihrer Bedeutung sehr oft unterschätzt werden. Im Zeitverlauf sind disruptive Innovationen in der Lage, Branchen vollständig zu verändern, weshalb ein frühzeitiger zielorientierter Umgang mit ihnen für Unternehmen überlebenswichtig ist (Christensen 1997). In den letzten Jahren hat insbesondere die Digitalisierung zu einer Vielzahl solcher disruptiven Innovationen geführt. Innovationsarten aus Sicht einzelner Unternehmen Für das Innovationsmanagement im Unternehmen ist es schließlich wichtig, die besonderen Herausforderungen von Innovationen auch aus der spezifi‐ schen Unternehmensperspektive zu erfassen. Objektive und subjektive Innovationen Ein zielorientiertes Innovationsmanagement ist aus Sicht eines Unterneh‐ mens nicht nur bei objektiven Innovationen, die einen absoluten Neuheits‐ grad aufweisen, notwendig. Auch wenn Innovationen von anderen Unter‐ nehmen bereits umgesetzt wurden und es sich damit nur um subjektive Innovationen aus Unternehmenssicht handelt, erfordert dies ein unterneh‐ mensbezogenes Innovationsmanagement, um die jeweilige Innovation er‐ folgreich umzusetzen und einzuführen. 30 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="31"?> Geplante und ungeplante Innovationen In der Regel handelt es sich bei den von Unternehmen entwickelten Inno‐ vationen um in dieser Form geplante Innovationen. Gelegentlich treten aber auch ungeplante Innovationen, sogenannte Serendipitäten, auf, weil beispielsweise die Entwicklungsprozesse zu einem anderen als dem ange‐ strebten, aber trotzdem zu einem vermarktbaren Ergebnis führen oder weil aus der Mitarbeiterschaft eigenständig und ohne Unternehmensauftrag Innovationen entwickelt werden. In der Innovationsliteratur werden in diesem Zusammenhang vor allem folgende Innovationen als Serendipitäten erörtert: Coca Cola, Post it und Viagra. Market-Pull-Innovationen, Technology-Push-Innovationen und Competence-Driven-Innovationen Schließlich lassen sich Innovationen noch mit Blick auf die aus Unterneh‐ mensperspektive zentralen Innovationstreiber untergliedern. Market-Pull-Innovationen werden gezielt mit Blick auf konkret ar‐ tikulierte und/ oder erkennbare Kundenbedürfnisse entwickelt. Techno‐ logy-Push-Innovationen basieren demgegenüber auf neuen technologi‐ schen Möglichkeiten, ohne dass zu Beginn ein konkretes Bedürfnis und/ oder ein Anwendungsfall im Markt existiert. Grundlage der Competence-Dri‐ ven-Innovationen sind schließlich die im Unternehmen vorhandenen Kom‐ petenzen. Diese bilden eine mögliche Basis für die Erschließung neuer Tätigkeitsfelder im Sinne einer Diversifikation oder Geschäftsfeldverlage‐ rung. Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? Die Entwicklung von geeigneten →Innovationsstrategien bildet eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches →Innovationsmanage‐ ment. Überblick über relevante Innovationsstrategien Strategien bilden einen Orientierungsrahmen für die operativen Aktivitäten im Unternehmen, indem sie diesen eine Richtung vorgeben und die Koordi‐ nation der Aktivitäten erleichtern. Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? 31 <?page no="32"?> Im Rahmen des Innovationsmanagements gibt es eine Reihe von grund‐ legenden Strategien, die Leitlinien für die innovationsbezogene Unterneh‐ mensentwicklung aufzeigen. Dazu zählen vor allem die innovationsbezo‐ genen Make-or-Buy-Strategien, die Innovationstreiberstrategien und die innovationsbezogenen Timingstrategien. Aufbauend auf den gewählten grundlegenden Strategien kann jedes Unternehmen für seine individuelle Geschäftstätigkeit weitere spezifische Innovationsstrategien entwickeln. Dazu zählen beispielsweise konkrete Technologiestrategien oder Produktentwicklungsstrategien. Abbildung Innovationsstrategien Akquisition Kooperation Eigenentwicklung Innovationsbezogene Make-or-Buy-Strategien Innovationstreiberstrategien Innovationsbezogene Timing-Strategien … Kompetenzorientierung Technologieorientierung Marktorientierung Innovationsfolgerschaft Innovationsführerschaft … Integrationsansatz Abbildung 4: Überblick über wichtige grundlegende Innovationsstrategien. Abbildung 4 gibt einen Überblick über die im Folgenden weiter vertieften grundlegenden Innovationsstrategien. Innovationsbezogene Make-or-Buy-Strategien Innovationsbezogene Make-or-Buy-Strategien legen fest, auf welcher Basis ein Unternehmen die für seinen Erfolg relevanten →Innovationen er‐ wirbt. Die Spannweite der Optionen reicht dabei von der Eigenentwicklung 32 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="33"?> über die kooperative Entwicklung bis hin zum externen Erwerb einer Innovation. Eigenentwicklung von Innovationen Bei der Strategie der Eigenentwicklung von Innovationen muss das Unter‐ nehmen die vollständige Verfügbarkeit der dafür notwendigen Infrastruktur, Einheiten und Wissensthemen innerhalb des Unternehmens sicherstellen. Die Vorteile dieser Strategie liegen darin, dass das Unternehmen auf diese Weise die alleinige Verfügungsmöglichkeit und -berechtigung über die Innovationen innehat und diese dementsprechend für den exklusiven Aufbau von strategischen Wettbewerbsvorteilen nutzen kann. Dem stehen allerdings erhebliche →Risiken mit Blick auf die technische Realisierbar‐ keit, die entstehenden Kosten, die notwendige Zeit und die Vermarktungs‐ fähigkeit der Innovationen gegenüber. Die Eigenentwicklungsstrategie ist daher auf der einen Seite für große, technologiestarke Unternehmen geeignet, die die damit einhergehenden Ri‐ siken abfedern können. Auf der anderen Seite bietet sich diese Strategie aber auch für innovative Startups an, die bei der Innovationsentwicklung ihre Kreativität und Flexibilität effektiv nutzen können und das Geschäftsfeld dann gegebenenfalls später in Kooperationen weiterentwickeln oder aber auf die spätere Übernahme durch Großunternehmen mit einer Innovations‐ erwerbsstrategie hoffen. Innovationsentwicklung im Rahmen von Kooperationen Die Innovationsentwicklung im Rahmen von →Kooperationen bietet sich dann an, wenn Partner mit komplementären Kompetenzen, die sich gegebe‐ nenfalls auch in entsprechenden Schutzrechten widerspiegeln, gemeinsame Interessen an den Innovationen haben und Synergien realisieren können. Die Chancen solcher Innovationskooperationen liegen dementsprechend unter anderem in Kostensenkungspotenzialen, qualitativen Wettbewerbs‐ vorteilen und dem Abbau von Markt- und Mobilitätsbarrieren. Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass auch höhere Kosten durch den zusätzlichen Koordinations- und Kommunikationsaufwand, Abhängigkeiten von den Kooperationspartnern und damit einhergehend der Verlust der Entschei‐ dungshoheit sowie Adaptionsprobleme resultieren können (Specht et al. 2002: 394). Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? 33 <?page no="34"?> Innovationserwerb durch Akquisitionen Ein Unternehmen kann auch auf eine Eigenentwicklung von Innovationen verzichten und stattdessen darauf setzen, Innovationen für die eigenen Unternehmensaktivitäten durch →Akquisitionen von außen zu erwerben. Ausgehend von den Schutzrechten derjenigen Unternehmen, die die relevanten Innovationen entwickelt haben, ist es in diesem Zusammenhang zum einen möglich, Lizenzen zu erwerben, die mit unterschiedlichen Nut‐ zungsrechten an der Innovation ausgestattet sein können. Zum anderen können beispielsweise auch die grundlegenden →Patente selbst erworben werden, wodurch das Unternehmen die vollständigen Verfügungsrechte über die Innovation erhält. Eine darüber hinausgehende Möglichkeit des externen Innovationser‐ werbs besteht in der Akquisition ganzer Unternehmen, die über die ge‐ wünschte Innovation verfügen. Dieses Szenario ergibt sich häufiger, wenn innovative Startups durch Großunternehmen aufgekauft werden. Die Her‐ ausforderung besteht in diesem Fall darin, die Innovationskraft und die Kompetenz der Innovationsnutzung und -weiterentwicklung auch nach der Integration der innovativen Einheit in das eigene Unternehmen zu erhalten. Kriterien für die Wahl von Make-or-Buy-Strategien Unternehmen werden sich in der Regel nicht ausschließlich auf eine der drei dargestellten Make-or-Buy-Strategien festlegen, sondern ausgehend von ei‐ ner Grundtendenz jeweils eine Einzelfallprüfung der besten Vorgehensweise vornehmen. Dabei spielen beispielsweise folgende Kriterien eine Rolle: ● Relevanz der Innovation für die Geschäftstätigkeit ● Verfügbarkeit der Kernkompetenzen ● Aktivitäten der Wettbewerber ● Bestehende Schutzrechte ● Bestehender Zeitdruck ● Vorhandener Cashflow ● Zukunftsperspektive Die Wahl der richtigen Make-or-Buy-Strategie ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. 34 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="35"?> Innovationstreiberstrategien Die Innovationstreiberstrategien legen die dominante Orientierungsrich‐ tung der Innovationsaktivitäten eines Unternehmens fest. Hierbei lässt sich vor allem zwischen technologieorientierten, marktorientierten und kompetenzorientierten Strategien differenzieren. Marktorientierte Innovationsstrategie Bei der Wahl einer marktorientierten Innovationsstrategie konzentriert sich ein Unternehmen vor allem auf das Erkennen von Kundenbedürfnissen und die daraus abgeleitete Entwicklung und Einführung von Market-Pull-Inno‐ vationen . Voraussetzung hierfür ist zunächst eine sehr gute Kenntnis des gesamten Marktes. Hierfür kann beispielsweise das Modell der fünf Triebkräfte (5 Forces) des Wettbewerbs von Porter (Porter 1985) hilfreich sein. Die Kun‐ denanforderungen können wiederum mit Hilfe des →Kano-Modells sehr gut erfasst werden. Market-Pull-Innovationen haben den Vorteil, dass die Markteinführung aufgrund der bestehenden Kundenwünsche eher wenige Probleme aufwirft. Dafür ist allerdings bei einem entsprechenden Marktpotenzial damit zu rechnen, dass die Konkurrenz parallel an ähnlichen Innovationslösungen arbeitet, was in der Regel dazu führt, dass der Faktor Zeit zum besonders kritischen Erfolgsfaktor wird. Technologieorientierte Innovationsstrategie Beim Vorliegen einer technologieorientierten Innovationsstrategie konzen‐ triert sich ein Unternehmen vor allem auf die Entwicklung und Einführung von Technology-Push-Innovationen. Voraussetzung für diese Strategie ist eine sehr gute Kenntnis der aktuellen Technologieentwicklungen. Diese lassen sich beispielsweise mit einer Tech‐ nologielebenszyklusanalyse oder mit dem S-Kurven-Konzept graphisch erfassen und darstellen. →Technologielebenszyklusmodelle gehen dabei von der Annahme aus, dass Technologien eine Entstehungs-, Wachstums-, Reife- und Verfalls‐ phase mit typischen Entwicklungen relevanter Leistungsparameter aufwei‐ sen (Specht et al. 2002: 63 ff.). Das →S-Kurven-Konzept gibt Hinweise auf zweckmäßige Zeitpunkte für einen Technologiewechsel. Hierzu beschreibt es den Entwicklungsverlauf von Leistungsparametern konkurrierender Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? 35 <?page no="36"?> Technologien in Abhängigkeit vom kumulierten Technologieentwicklungs‐ aufwand (Specht et al. 2002: 70 ff.). Um möglichst alle relevanten Technologieentwicklungen frühzeitig zu erkennen, werden in vielen Unternehmen beispielsweise Instrumente wie ein Technologie-Radar entwickelt und gepflegt. Eine besondere Herausforderung bei einer primär technologieorientier‐ ten Innovationsstrategie liegt in der erfolgreichen Markteinführung der Technology-Push-Innovationen. Kompetenzorientierte Innovationsstrategie Eine kompetenzorientierte Innovationsstrategie liegt vor, wenn Unterneh‐ men ausgehend von ihren Kompetenzen nach Innovationsfeldern suchen. Die relevanten Kompetenzfelder bilden sich dabei als Folge der im Laufe der Zeit aufgebauten Wissensbasis im Unternehmen heraus, die wiederum ganz verschiedene Schwerpunkte aufweisen kann. Eine wesentliche Vor‐ aussetzung für die Umsetzung kompetenzorientierter Innovationsstrategien ist daher ein effektives und effizientes →Wissensmanagement im Unter‐ nehmen (Amelingmeyer 2004). Kompetenzorientierte Innovationsstrategien führen häufiger als andere Strategien dazu, dass Unternehmen ihre angestammten Geschäftsfelder verlassen und neue Geschäftsfelder aufbauen. Sie sind darum gerade dann relevant, wenn die bisherigen Geschäftsfelder etwa im Zuge von disruptiven Innovationen bedroht sind. Kriterien für die Wahl von Innovationstreiberstrategien Viele Unternehmen weisen eine dominante Innovationstreiberstrategie auf. Eine marktorientierte Innovationsstrategie ist vor allem bei einer sehr guten Kenntnis der Kundenbedürfnisse sowie der Fähigkeit zur zeitnahen Entwicklung angepasster Innovationslösungen erfolgversprechend. Für die technologieorientierte Strategie sprechen beispielsweise eine dynamische Technologieentwicklung in den Geschäftsfeldern des Unter‐ nehmens sowie eine ausgeprägte Technologiekompetenz bei gleichzeitigem Marktverständnis mit Blick auf die Markteinführung. Die kompetenzorientierte Strategie ermöglicht eine zielorientierte Nut‐ zung individuell einzigartiger Unternehmenskompetenzen und kann damit das →Risiko bei disruptiven Marktveränderungen reduzieren. Allerdings unterliegen die Markt- und Technologieentwicklungen oft un‐ vorhersehbaren Schwankungen. Die größte Flexibilität haben Unternehmen 36 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="37"?> daher dann, wenn sie eine integrierte Innovationsstrategie mit einer Öff‐ nung für Markt-, Technologie- und Kompetenzorientierung etablieren, die eine schnelle Anpassung an die aktuellen Herausforderungen ermöglicht. Innovationsbezogene Timing-Strategien Grundlage der innovationsbezogenen Timing-Strategien ist die Frage, ob ein Unternehmen als Innovationsführer oder als Innovationsfolger in einen Markt eintreten möchte. Innovationsführerschaft Innovationsführer treten als erste oder sehr früh mit einer Innovation in den Markt ein. Sie tragen daher hohe Risiken eines Fehlschlags bei der Innova‐ tionsentwicklung und der Markteinführung bei in der Regel gleichzeitig hohen Kosten. Die Chancen dieser Strategie liegen demgegenüber darin, dass kurzfristig eine Art Monopolsituation entstehen kann, die potenziell mit einer entsprechend stärkeren Wahrnehmung durch die Kunden und mit größeren Gestaltungsspielräumen einhergeht. Innovationsführer haben dadurch auch eher die Chance, (Industrie-)Standards zu setzen. Längerfristig kommen zudem oft Kostenvorteile und Erfahrungseffekte zum Tragen (Specht et al. 2002: 106). Innovationsfolgerschaft Innovationsfolger treten erst in den Markt ein, nachdem die Innovations‐ führer dessen Tragkraft nachgewiesen haben. Sie können daher von den Er‐ fahrungen der Innovationsführer profitieren und gegebenenfalls ihr eigenes Angebot auf die analysierten Gegebenheiten hin optimieren. Dies ist beson‐ ders dann erfolgversprechend, wenn der Markteintritt der Innovationsfüh‐ rer nicht optimal verlaufen ist. Allerdings nehmen die Innovationsfolger dafür eine verkürzte Vermarktungszeit, geringere Kundenpräferenzen und gegebenenfalls höhere Markteintrittsbarrieren in Kauf (Specht et al. 2002: 106). Kriterien für die Wahl von innovationsbezogenen Timing-Strategien Es gibt keine allgemeingültigen Aussagen, welche der beiden Timing-Strate‐ gien erfolgversprechender ist. Eine empirische Untersuchung von Perillieux (1987) im Maschinenbau hat beispielsweise keine generellen Vorteile einer der beiden Strategien nachweisen können. Welche grundlegenden Innovationsstrategien lassen sich unterscheiden? 37 <?page no="38"?> Ein Unternehmen sollte daher unter anderem folgende Kriterien bei der Entscheidung über die innovationsbezogene Timing-Strategie berücksich‐ tigen: ● Dynamik der Technologieentwicklung ● Individualität der Innovationslösungen ● Dauer der Produktlebenszyklen ● Offenheit der Kunden für neue Lösungen Auf der Ebene der innovationsbezogenen Timingstrategien ist eine sorgfäl‐ tige Situationsanalyse insgesamt besonders wichtig. Wie können Innovationsaktivitäten organisatorisch in Unternehmen verankert werden? Die organisatorische Einordnung von Innovationsaktivitäten stellt für das →Innovationsmanagement in Unternehmen eine besondere Herausfor‐ derung dar. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen auf den verschiedenen Organisationsebenen. Überblick über Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung von Innovationsaktivitäten im Unternehmen Mit Blick auf die Frage, wie Innovationsaktivitäten organisatorisch im Un‐ ternehmen verankert werden können, sind zunächst drei unterschiedliche hierarchische Ebenen zu unterscheiden, die jeweils durch unterschiedliche Schwerpunkte gekennzeichnet sind. 38 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="39"?> Abbildung 5 Innovationsorganisation Top- Management- Ebene Bereichsebene Projektebene Verankerung als unabhängige Innovationseinheit Verankerung im Rahmen einer Objektorganisation Verankerung im Rahmen einer Funktionalorganisation Verankerung im Rahmen einer Matrixorganisation Verankerung als unabhängiger Innovationsbereich Verankerung als Top- Management- Aufgabe Verankerung als Top- Management- Stabsbereich Verankerung als Einfluss- Projektorganisation Verankerung als Projektmanagement in der Linie Verankerung als Matrix- Projektorganisation Verankerung als reine Projektorganisation Abbildung 5: Überblick über Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung des Inno‐ vationsmanagements So stehen auf der Ebene des Top-Managements die grundlegenden Innova‐ tionsstrategien und -maßnahmen im Fokus, die die zukünftige Entwicklung des Unternehmens maßgeblich prägen. Hier kann das Innovationsmanage‐ ment beispielweise einer Leitungspersönlichkeit oder einem auf dieser Ebene eingerichteten Stabsbereich zugeordnet werden. Auf der Ebene der Unternehmensbereiche geht es vor allem um die be‐ reichsbezogenen Innovationsstrategien und -maßnahmen. In Abhängigkeit von der vorliegenden Grundstruktur des Unternehmens gibt es auf dieser Ebene verschiedene Zuordnungsoptionen für die Innovationsaktivitäten. Schließlich ist auf Ebene der einzelnen Innovationsprojekte zu entschei‐ den, wie diese am besten in die gegebene Primärorganisation des Unterneh‐ mens integriert werden können. Auch hier werden verschiedene Lösungs‐ möglichkeiten diskutiert. Wie können Innovationsaktivitäten organisatorisch in Unternehmen verankert werden? 39 <?page no="40"?> Abbildung 5 gibt einen Überblick über die im Folgenden detaillierter betrachteten Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung von Inno‐ vationsaktivitäten. Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung des Innovationsmanagements auf Top-Management-Ebene Das Innovationsmanagement zählt zu den strategisch wichtigen Aufgaben, mit denen sich das Top-Management eines Unternehmens beschäftigen muss. Je nach Größe und Diversität des Unternehmens kann dies beispielsweise geschehen, indem ein Mitglied des Top-Managements die Verantwortung für die Innovationsaufgabe übernimmt oder indem zusätzlich ein Stabsbe‐ reich mit Verantwortung für das Innovationsmanagement geschaffen wird. Verankerung als Top-Management-Aufgabe Bei kleineren Unternehmen oder bei Unternehmen mit nur gering aus‐ geprägten Innovationsaktivitäten übernimmt häufig ein Mitglied der Un‐ ternehmensleitung die Verantwortung für das Themenfeld Innovationsma‐ nagement. In diesem Fall kommt beispielsweise der Begeisterung und dem Charisma dieser Führungsperson eine besondere Bedeutung für die Wahrnehmung der Innovationsaktivitäten zu. Aufgrund des begrenzten Zeitbudgets der Führungsperson kann diese dabei meist nur Anstöße in die Bereichs- oder Projektebene geben, wo dann die eigentliche Innovationsarbeit stattfindet. Verankerung als Top-Management-Stabsbereich Wird der verantwortlichen Führungsperson zusätzlich ein Stabsbereich für das Innovationsmanagement zugeordnet, dann übernimmt dieser Stabsbe‐ reich in der Regel übergeordnete Aufgaben des Innovationsmanagements mit Relevanz für das Unternehmen als Ganzes. Dazu zählen beispielsweise die Betreuung kostenintensiver, bereichs‐ übergreifender Innovationsinvestitionen, die Identifikation von Synergien bei den verschiedenen Innovationsaktivitäten, Maßnahmen zur Verbesse‐ rung der →Innovationskultur und die Auslobung innerbetrieblicher Innovationspreise. 40 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="41"?> Zudem kann eine solche Stabsstelle die Innovationsaktivitäten auf Be‐ reichs- und Projektebene umfänglicher koordinieren und gegebenenfalls auch monitoren. Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung von Innovationsaktivitäten auf Bereichsebene Relevant für die Unternehmensbereiche sind die bereichsspezifischen Inno‐ vationsstrategien und -maßnahmen. Je nachdem, ob im Unternehmen eine Funktional-, eine Objekt- oder eine Matrixorganisation vorliegt, bieten sich auf dieser Ebene unterschiedliche Lösungen für die Verankerung von Inno‐ vationseinheiten an. Darüber hinaus gibt es die Option, eine unabhängige Innovationseinheit zu schaffen oder sogar einen vollständig unabhängigen Innovationsbereich auszugliedern. Verankerung im Rahmen einer Funktionalorganisation Wenn ein Unternehmen eine Funktionalorganisation aufweist, werden Innovationseinheiten bevorzugt als eigenständige Funktionsbereiche orga‐ nisatorisch eingegliedert. Dabei handelt es sich sehr oft um den Funktions‐ bereich „Forschung und Entwicklung“ (FuE). Aber auch Funktionsbereiche wie „New Product Development“ oder „New Business Development“ be‐ schäftigen sich ganz überwiegend mit innovationsrelevanten Themen. Gleichzeitig finden sich aber öfter auch Innovationseinheiten innerhalb der anderen Funktionsbereiche. Diese konzentrieren sich dann auf funkti‐ onsspezifische Innovationsaufgaben. Dabei kann es sich zum Beispiel um die Entwicklung neuer Produktionsprozesse in der Produktion oder um die Entwicklung funktionsspezifischer IT-Lösungen in der Beschaffung handeln. Verankerung im Rahmen einer Objektorganisation Eine Objektorganisation liegt vor, wenn ein Unternehmen in eigenständige Divisionen oder Sparten gegliedert ist, die meist wie ein „Unternehmen im Unternehmen“ agieren und auch eine eigenständige Gewinn- und Ver‐ lustrechnung durchführen können (Profit-and-Loss-Verantwortung). Die verschiedenen Divisionen bzw. Sparten können dabei an Produkten oder Produktgruppen, an Kunden oder Kundengruppen oder an Regionen ausge‐ richtet sein. Wie können Innovationsaktivitäten organisatorisch in Unternehmen verankert werden? 41 <?page no="42"?> In einer solchen Objektorganisation kann eine Innovationseinheit parallel zu den verschiedenen Divisionen bzw. Sparten eingerichtet werden. Dies ermöglicht es unter anderem, Synergien zwischen den einzelnen Bereichen zu realisieren und Doppelarbeiten an Innovationsthemen zu vermeiden. In der Praxis dominiert allerdings die Einordnung von Innovationseinhei‐ ten innerhalb der einzelnen Bereiche. Dadurch können diese Innovations‐ einheiten stärker auf die Themen des jeweiligen Bereichs ausgerichtet wer‐ den. Zudem haben sie auf diese Weise in der Regel eine größere Nähe zum Markt und damit zum Kunden, was meist einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Innovationsergebnisse und folglich auch für das Bereichsergebnis darstellt. Verankerung im Rahmen einer Matrixorganisation Die Etablierung einer Matrixorganisation führt in der Regel dazu, dass die Innovationsaktivitäten im Unternehmen im Rahmen einer Innovations‐ funktion (z. B. FuE-Bereich) auf einer der beiden Achsen verankert werden. Dadurch kann ein einheitliches Innovationsmanagement in Richtung der auf der zweiten Achse etablierten Objekte (z. B. Produktgruppen, Kundengruppen, Regionen) realisiert werden. Verankerung als unabhängige Innovationseinheit Gerade in größeren Unternehmen ist zunehmend zu beobachten, dass ausgewählte Innovationsaktivitäten in eigenständigen, unabhängigen Inno‐ vationseinheiten durchgeführt werden. Diese Einheiten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kreative Kräfte im jeweiligen Innovationsthema zusammenführen, die dann zumindest teilweise losgelöst von den Standardstrukturen und Standardaufgaben des Unternehmens bereichs- und disziplinenübergreifend mit innovativen An‐ sätzen arbeiten können. Teilweise werden diese Innovationseinheiten bewusst geplant und im‐ plementiert, um neue Innovationsfelder zu erschließen. Zum anderen Teil entstehen sie manchmal aber auch als „U-Boot-Projekte“, wenn kreative Mitarbeitende sich sonst an einer Umsetzung ihrer Ideen und Ansätze gehindert sehen. Verankerung als unabhängiger Innovationsbereich Schließlich besteht für Unternehmen auch die Möglichkeit, Innovationsak‐ tivitäten in vollständig unabhängige Innovationsbereiche auszugliedern. 42 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="43"?> Das Ziel dieser Maßnahme ist in der Regel, die innovationsfördernden Rah‐ menbedingungen und Strukturen von Startups auch in Großunternehmen wirken zu lassen. Die unabhängigen Innovationsbereiche sind dabei meist räumlich vom Rest des Unternehmens getrennt. Außerdem setzt sich die Mitarbeiterschaft dieser Bereiche meist zu einem überproportional großen Anteil aus Neuzu‐ gängen zusammen, die beispielsweise neues Wissen aus der universitären oder institutionellen Forschung mitbringen. Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung von Innovationsaktivitäten auf Projektebene Der überwiegende Teil der Innovationsaktiväten in Unternehmen findet im Rahmen von Projekten statt. Für die Einbindung dieser Innovationspro‐ jekte in die Primärorganisation stehen mit dem Projektmanagement in der Linie, der Einfluss-Projektorganisation, der Matrix-Projektorganisation und der reinen Projektorganisation unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten zur Auswahl (Specht et al. 2002: 361 ff.). Verankerung im Rahmen eines Projektmanagements in der Linie Beim Projektmanagement in der Linie werden die Innovationsprojekte innerhalb einzelner organisatorischer Einheiten durchgeführt. Diese Lösung bietet sich dann an, wenn alle benötigten Projektmitglieder dieser Einheit zugeordnet sind. Beispiele für diese Situation sind bereichs‐ spezifische Projekte wie z. B. die Verbesserung interner Prozesse oder die Entwicklung von Sachleistungen mit den Bereichsressourcen. Verankerung im Rahmen einer Einfluss-Projektorganisation Werden für die Durchführung eines Innovationsprojektes Kräfte aus sehr unterschiedlichen Unternehmensbereichen benötigt und handelt es sich gleichzeitig um ein eigenständiges Projekt, das nicht häufiger in ähnlicher Form durchgeführt wird, dann ist meist eine Einfluss-Projektorganisation zweckmäßig. Hierbei wird für die Projektleitung eine Stabsstelle eingerichtet, die die Projektmitglieder mit den benötigten Kompetenzen aus den verschiedenen Unternehmensbereichen akquiriert und koordiniert, ihnen gegenüber aller‐ dings nicht über eine explizite Weisungsbefugnis verfügt. Wie können Innovationsaktivitäten organisatorisch in Unternehmen verankert werden? 43 <?page no="44"?> Die Einfluss-Projektorganisation kann zu guten Ergebnissen führen, wenn das Projekt von wahrgenommener Wichtigkeit für das Unternehmen ist und im besten Fall die explizite Unterstützung durch die Unterneh‐ mensleitung genießt. Fehlen diese Faktoren jedoch, ist es oft schwierig, die benötigten Kräfte zielführend zu bündeln und den Innovationserfolg sicherzustellen. Verankerung im Rahmen einer Matrix-Projektorganisation Die Matrix-Projektorganisation bietet eine Möglichkeit, Innovationspro‐ jekte unmittelbar in der Primärorganisation zu verankern. In diesem Fall finden sich auf der einen Matrixachse meist die Unternehmensfunktionen, während die Projekte auf der zweiten Matrixachse angeordnet werden. Auf diese Weise sind die Mitarbeitenden dauerhaft einer Unternehmens‐ funktion und gleichzeitig für die Projektdauer einem Innovationsprojekt zugeordnet. Diese Lösung bietet sich vor allem dann an, wenn in einem Unternehmen durchgehend Innovationsprojekte ähnlicher Art durchgeführt werden, so dass die Mitarbeitenden nach Abschluss eines Projektes unmittelbar in ein neues Projekt wechseln können. Eine solche Situation ist beispielsweise in der Automobilindustrie häufiger zu beobachten. Verankerung im Rahmen einer reinen Projektorganisation Wenn die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz überwiegend aus der Durchführung von Innovationsprojekten besteht, dann kann auch eine reine Projektorganisation eine zweckmäßige Lösung darstellen. Bei dieser Organisationsform sind die Innovationsprojekte unmittelbar als Einheiten unter der Unternehmensleitung angeordnet, gegebenenfalls unterstützt durch Backoffice-Bereiche. Die Mitarbeitenden sind jeweils einem Innovationsprojekt zugeordnet. Nach Abschluss dieses Projektes müssen sie in ein neues Projekt wechseln. Diese Organisationsform ist beispielsweise für Innovationsagenturen, Marketingagenturen oder Eventagenturen interessant. 44 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="45"?> Wie kann in Unternehmen eine Innovationskultur geschaffen werden? Eine innovationsfördernde Unternehmenskultur ist eine wesentliche Vor‐ aussetzung für ein erfolgreiches →Innovationsmanagement. Sie kann durch Maßnahmen in verschiedenen Gestaltungsfeldern positiv beeinflusst werden. Überblick über Möglichkeiten der Gestaltung einer Innovationskultur Das Verhältnis zwischen Unternehmensorganisation und Unternehmens‐ kultur lässt sich über das Eisbergmodell visualisieren: Die sichtbaren und erfassbaren Regeln und Gestaltungsausprägungen der Unternehmensorga‐ nisation bilden die verhältnismäßig kleine sichtbare Spitze des Eisbergs. Die im Unternehmen gelebten Beziehungen, Werte und Verhaltensweisen wir‐ ken dagegen implizit unter der Oberfläche, beeinflussen aber in erheblichem Maße die Unternehmens-Performance. Eine innovationsfördernde Unternehmenskultur, kurz Innovationskultur, liegt vor, wenn die Ausprägungen der Unternehmenskultur die Innovations‐ findung, -entwicklung und -umsetzung unterstützen. Dies spiegelt sich zum einen im sogenannten „Mindset“ der Mitarbeitenden und zum anderen in der entsprechenden Ausprägung der innovationsbezogenen Handlungen im Unternehmen wider. Eine Innovationskultur lässt sich dabei nicht durch Vorgaben erzwingen. Es gibt aber verschiedene Felder, in denen geeignete Entscheidungen getrof‐ fen und Maßnahmen umgesetzt werden können, um die Ausbildung einer Innovationskultur zu fördern. Dazu zählen vor allem eine innovationsbezo‐ gene Mitarbeiterqualifikation, die innovationsbezogene Mitarbeitermotiva‐ tion, die Schaffung innovationsfördernder Organisationstrukturen und die Bereitstellung einer innovationsfördernden Infrastruktur sowie die Etablie‐ rung innovationsfördernder Prozesse. Wie kann in Unternehmen eine Innovationskultur geschaffen werden? 45 <?page no="46"?> Abbildung 6 Innovationskultur - Führung - Anreize - Anerkennung - Freiräume - … Innovationsbezogene Motivation - Fachliche Kenntnisse - Methodenkenntnisse - Social Skills - Persönliche Kompetenzen Innovationsbezogene Qualifikation - Flache Hierarchien - Organisatorische Durchlässigkeit - Raumgestaltung - Ausstattung - … Organisation und Infrastruktur - Führung - Innovationsorientierte Ansätze - Ergebnisorientierung - … Innovationsfördernde Prozesse Mindset - Offenheit - Neugier - Kooperationsbereitschaft - Individuelle Verantwortung - Fehlertoleranz - Hands-on-Mentalität - … Handlungen - Einbindung vielfältiger Partner - Experimentelle Ansätze - Vielfältige Zusammenarbeit - Entscheidungsspielräume - Risikomanagement - Arbeit mit Prototypen - … Kennzeichen Gestaltungsfelder Abbildung 6: Überblick über Möglichkeiten der Gestaltung einer Innovationskultur. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die im Folgenden detaillierter behan‐ delten Aspekte der Gestaltung einer Innovationskultur im Unternehmen. Kennzeichen einer Innovationskultur Unternehmen mit einer ausgeprägten Innovationskultur weisen in der Regel ein typisches „Innovations-Mindset“ auf. Außerdem lassen sich in diesen Unternehmen Handlungsweisen identifizieren, die eine erfolgreiche Innovationstätigkeit unterstützen. Innovations-Mindset Innovationen sind definitionsgemäß kaum im Detail planbar. Sie entstehen in Wechselwirkung mit aktuellen Entwicklungen und in der Neukombina‐ tion bestehender Wissens- und Handlungselemente. Ein innovationsorientiertes Mindset in der Belegschaft ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit. Es ist 46 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="47"?> vor allem gekennzeichnet durch eine Offenheit nach außen, gepaart mit Neugier und der Bereitschaft, sich auf Neues auch tatsächlich einzulassen. Hinzu kommt die Bereitschaft, mit anderen zu kooperieren bei gleichzei‐ tiger Übernahme individueller Verantwortung für die eigenen Aufgaben und Handlungen. Dabei bedarf es auch einer gewissen Fehlertoleranz, da Innovationstätigkeiten selten auf Anhieb zum gewünschten Ergebnis führen und Fehler eine bedeutende Lernmöglichkeit bilden. Aus diesem Grund ist schließlich auch eine Hands-on-Mentalität, bei der Dinge einfach ausprobiert werden, hilfreich für die Entwicklung von Innovationen. Ein so gekennzeichnetes Innovations-Mindset prägt die Arbeit der ein‐ zelnen Mitarbeitenden im Unternehmen. Es ist aber auch kennzeichnend für Teams und größere Unternehmensbereiche, wo es sich in der Zusammen‐ arbeit verstärkt auswirkt. Innovationsfördernde Handlungsweisen Das Vorhandensein eines Innovations-Mindsets führt in der Regel zu typi‐ schen innovationsfördernden Handlungsweisen, die ebenfalls die Innovati‐ onskultur eines Unternehmens prägen. So lässt sich in Unternehmen mit einer ausgeprägten Innovationskultur in der Regel eine überdurchschnittliche Einbindung vielfältiger interner und externer Partner in die Innovationsprozesse beobachten. Bei der Inno‐ vationsentwicklung kommen häufig experimentelle Ansätze zum Tragen, und es gibt eine vielfältige Zusammenarbeit in den Innovationsteams. Die Mitarbeitenden verfügen über Entscheidungsspielräume, die im Optimal‐ fall durch eine →Risikokultur eingerahmt werden. Kennzeichnend ist schließlich auch eine ausgeprägte Arbeit mit Prototypen, die auf Basis der Hands-on-Mentalität ein schnelles Feedback zu den erzielten Zwischener‐ gebnissen ermöglichen. Gestaltungsfelder zur Förderung einer Innovationskultur Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Ausbildung einer innovations‐ fördernden Unternehmenskultur positiv zu beeinflussen. Im Folgenden werden vier Felder näher betrachtet. Wie kann in Unternehmen eine Innovationskultur geschaffen werden? 47 <?page no="48"?> Innovationsbezogene Qualifikation des Personals Die Innovationskultur im Unternehmen wird zu einem wesentlichen Teil vom Personal getragen. Daher ist dessen innovationsbezogene Qualifikation ein wesentlicher Hebel zur Stärkung der Innovationskultur. Die Qualifikation umfasst dabei das gesamte Kompetenzspektrum. So benötigen die Mitarbeitenden fachliche Kenntnisse, um neue Entwicklungen zu erkennen und sachgerecht in neue Lösungen umsetzen zu können. Methodische Kenntnisse gerade im Innovationsbereich unterstützen diesen Prozess in vielfältiger Weise. Das Innovations-Mindset erfordert zudem Social Skills, um die Zusammenarbeit zielführend gestalten und die eigenen Beiträge konstruktiv einbringen zu können. Und die Qualifikation mit Blick auf persönliche Kompetenzen kann beispielsweise das Verantwortungsbe‐ wusstsein, die Fehlertoleranz und die Resilienz stärken. Innovationsbezogene Motivation des Personals Neben der Qualifikation entscheidet vor allem die Motivation des Personals darüber, inwieweit Innovationsaktivitäten im Unternehmen erfolgreich durchgeführt werden können. Ansätze zur Motivationsförderung sind dabei eine innovationsorientierte Führung auf allen Hierarchieebenen, die gezielte Nutzung vor allem des monetären Anreizinstrumentariums, die explizite Anerkennung von Inno‐ vationsleistungen sowie letztlich auch Vertrauen und die Gewährung von Freiräumen für innovative Tätigkeiten. Schaffung innovationsfördernder Rahmenbedingungen in Organisation und Infrastruktur Qualifikation und Motivation des Personals können nur dann vollumfäng‐ lich zum Tragen kommen, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. Wesentliche Rahmenbedingungen werden dabei durch die Unterneh‐ mensorganisation gesetzt. So erleichtern beispielsweise flache Hierarchien, die innovationssensible Zuschneidung von Teilbereichen und eine organi‐ satorische Durchlässigkeit die Zusammenarbeit in übergreifenden Innova‐ tionsthemen. Begleitet werden die organisatorischen Regelungen durch die gegebene Infrastruktur. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei zum Beispiel die räumliche Gestaltung im Unternehmen. Offene Bürowelten und vielfältige Räume zur gemeinsamen Nutzung mit einer entsprechenden Ausstattung erleichtern den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit. Gerade in Zeiten zuneh‐ 48 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="49"?> mend verteilter Arbeitstätigkeit und erweiterter Home-Office-Regelungen ist aber auch die Zurverfügungstellung von geeigneten IT-Lösungen von großer Bedeutung für die Ausbildung einer Innovationskultur. Schaffung innovationsfördernder Prozesse Schließlich bildet auch die Etablierung innovationsfördernder Prozesse einen wichtigen Hebel zur Schaffung einer innovationsfördernden Unter‐ nehmenskultur. In diesem Zusammenhang spielen die vorherrschenden Führungsprozesse eine besondere Rolle. Im Detail zeigt sich hier aber auch, wie das Unternehmen relevante Inno‐ vationsaspekte aufgreift und weiterverfolgt. Das betrifft beispielsweise den Umgang mit Risiken, den Umgang mit Eigeninitiativen aus der Belegschaft oder den Umgang mit ungeplanten Innovationen (Serendipitäten). Welche Kernfelder spielen auf dem Weg bis zur Markteinführung einer Innovation eine Rolle? Die Kernfelder des →Innovationsmanagements umfassen die konkreten innovationsbezogenen Tätigkeiten im Unternehmen bis zur Markteinfüh‐ rung einer →Innovation. Überblick über die Kernfelder des Innovationsmanagements Je nachdem, welche Innovationsart konkret im Fokus steht, lassen sich verschiedene Kernfelder des Innovationsmanagements unterscheiden. Die an dieser Stelle vorgenommene Untergliederung in Technologieentwick‐ lung, Vorentwicklung, Produktentwicklung, Produktionseinführung und Markteinführung bietet sich vor allem für technologiebasierte Innovationen und hier insbesondere für Sachleistungsinnovationen an. Technologieentwicklung und Vorentwicklung gemeinsam sind der Schwerpunkt des Technologiemanagements, das damit insgesamt deutlich potentialorientiert ausgerichtet ist. Das FuE-Management umfasst die Tä‐ tigkeiten bis zur →Invention, also der Entwicklung eines funktionsfähigen und patentierbaren Produkts, und das Innovationsmanagement insgesamt endet erst mit der Produktionseinführung und der erfolgreichen Einführung der Innovation auf dem Markt. Abbildung 7 gibt einen Überblick über die im Folgenden näher erläuterten Kernfelder. Welche Kernfelder spielen auf dem Weg bis zur Markteinführung einer Innovation eine Rolle? 49 <?page no="50"?> Abbildung 7 Kernfelder Technologieentwicklung Vorentwicklung Produkt-/ Innovationsentwicklung Produktionseinführung Markteinführung Grundlagenforschung Theorie Technologie Konzept Prototyp Technik Invention Innovation Technologiemanagement FuE-Management Innovationsmanagement Abbildung 7: Überblick über die Kernfelder des Innovationsmanagements. Quelle: Specht et al. 2002: 16. Technologieentwicklung Ausgangspunkt der →Technologieentwicklung ist meist eine an Uni‐ versitäten, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen im Rahmen ihrer Grundlagenforschung entwickelte Theorie. Im Rahmen der Technologieent‐ wicklung machen sich Unternehmen darauf aufbauend eine Technologie verfügbar, indem sie die Theorie in konkrete Anwendungsmöglichkeiten überführen und deren Funktionsweisen und Einsatzoptionen besser verste‐ hen (Specht et al. 2002: 52). Vorentwicklung Die →Vorentwicklung bildet ein Bindeglied zwischen der primär poten‐ tialorientierten Technologieentwicklung und der ergebnisorientierten Pro‐ duktentwicklung, indem sie Leistungspotentiale von Technologien mit mög‐ lichen Produktanforderungen abgleicht und diesbezüglich unter anderem konkrete Konzepte sowie funktionsfähige Prototypen entwickelt. Damit werden in der Vorentwicklung auch Komponenten, Module und Teilsysteme für kommende Produktgenerationen näher zur Serienreife gebracht (Specht et al. 2002: 115 ff.). 50 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="51"?> Produkt-/ Innovationsentwicklung Im Rahmen der →Produktentwicklung bzw. Innovationsentwicklung entsteht - gegebenenfalls auf Basis der Vorarbeiten aus der Technologie- und Vorentwicklung - die eigentliche Innovation. Bei einer Sachleistung erfolgt dies in der Regel im Rahmen eines schritt‐ weisen Prozesses mit Meilensteinen und entsprechenden Zwischenergeb‐ nissen wie Lastenheft und Pflichtenheft. Zudem erfordert die Entwicklung von Sachleistungen häufig eine parallele Entwicklung von (neuen) Produk‐ tionsprozessen. Die Entwicklung von neuen Dienstleistungen, →Geschäftsmodellen und Prozessen ist demgegenüber häufig weniger durchstrukturiert. Produktionseinführung Mit Blick auf →Sachleistungsinnovationen stellt die Einführung in die Serienproduktion einen entscheidenden Schritt dar. Im Rahmen der Produktentwicklung wird noch im Wesentlichen mit Prototypen und Ein‐ zelherstellungen gearbeitet. Die Herausforderung in der →Produktions‐ einführung liegt darum in einer Skalierung der Prozesse bei Sicherstellung der gewünschten Produktqualität und der geplanten Produktionskosten. Demgegenüber gibt es bei Dienstleistungs-, Geschäftsmodell- und Pro‐ zessinnovationen keine Produktion im engeren Sinne. Hier kommt es aber analog darauf an, die entwickelten Prozesse in gleichbleibender Qualität und zu den geplanten Kosten erbringen zu können, was in der Regel die konsequente Identifikation und Umsetzung von Optimierungspotentialen voraussetzt. Aufgrund des Zusammenfalls von Leistungserbringung und Leistungsnutzung verschmilzt dieser Schritt hier allerdings weitgehend mit der Markteinführung. Markteinführung Voraussetzung für eine Innovation ist schließlich eine erfolgreiche →Markteinführung. In diesem Rahmen ist ein gezieltes →Innovations‐ marketing hilfreich, das den Diffusionsprozess der Innovation phasenge‐ recht unterstützt. Wichtige Elemente in diesem Feld sind zum Beispiel ein Vorfeldmarke‐ ting, um die Marktakzeptanz der Innovation vorzubereiten, sowie ein Pilot‐ Welche Kernfelder spielen auf dem Weg bis zur Markteinführung einer Innovation eine Rolle? 51 <?page no="52"?> kundenmarketing, das insbesondere die Gruppe der Innovatoren anspricht (Specht et al. 2002: 162). Inwieweit unterstützen verschiedene Unternehmensbereiche und -funktionen das Innovationsmanagement? Das Innovationsmanagement stellt eine Querschnittsaufgabe im Unterneh‐ men dar. Darum tragen neben den Kerninnovationseinheiten eine Vielzahl von Unternehmensbereichen und -funktionen zum Erfolg des →Innova‐ tionsmanagements bei. Überblick über ausgewählte Unterstützungsfelder im Unternehmen Da Innovationen sich auf nahezu alle Felder im Unternehmen beziehen können und bei ihrer Entwicklung, Erstellung und Vermarktung vielfältige Aspekte zusammenspielen, gibt es letztlich so gut wie keinen Bereich im Unternehmen ohne Berührungspunkte zum Innovationsmanagement. Nichtsdestotrotz wird in Wissenschaft und Praxis ausgewählten Feldern besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dazu zählen beispielsweise das Intel‐ lectual-Property-Management, das Personalmanagement, das IT-Manage‐ ment, der Finanzbereich und das Controlling. Diese Felder sind in Abbildung 8 im Überblick dargestellt und werden im Folgenden näher erläutert. 52 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="53"?> Abbildung - Personalgewinnung - Personaleinsatz - Personalentwicklung - Unternehmensinterne Infrastruktur - Unternehmensvernetzung - IT-Innovationen - Freedom-to-Operate- Analysen - Innovationsschutz - Innovationsverwertung Personalmanagement Intellectual-Property- Management IT- Management - Strategisches Innovationscontrolling - Operatives Innovationscontrolling - Zentralbudgets - Verrechnungsansätze - Venture Capital - Innovationsförderung Innovationscontrolling Innovationsfinanzierung … Unterstützungsfelder Abbildung 8: Überblick über ausgewählte Unterstützungsfelder des Innovationsmanage‐ ments. Unterstützung durch das Intellectual-Property-Management Das Intellectual-Property-Management (→IP-Management) im Unter‐ nehmen ist diejenige Einheit, die sich vor allem aus juristischer Sicht mit der schutzrechtlichen und sonstigen Absicherung der unternehmerischen Innovationsaktivitäten beschäftigt. Sie ist daher in der Regel eher dem juristischen Bereich als den Innovationseinheiten zugeordnet und wird von diesen meist als eine Art Dienstleistungs- oder Beratungsfunktion verstanden (Amelingmeyer et al. 2005). Das IP-Management erbringt in mehrfacher Hinsicht wichtige Unterstüt‐ zungsleistungen für das Innovationsmanagement. Während des Innovati‐ onsprozesses ist es dafür zuständig sicherzustellen, dass keine Rechte Dritter verletzt werden. Dabei handelt es sich um sogenannte Freedom-to-Ope‐ rate-Analysen. Hierfür sind vor allem sorgfältige Recherchen zu Art und Umfang bereits bestehender Schutzrechte notwendig. Die zweite Aufgabe des IP-Managements ist eine möglichst gute Absiche‐ rung der unternehmenseigenen Innovationen. In diesem Zusammenhang Unternehmensbereiche und -funktionen 53 <?page no="54"?> sind insbesondere die Auswahl und die Erlangung geeigneter Schutzrechte von Bedeutung. Es ist aber festzuhalten, dass der Erwerb von Schutzrechten beispielsweise aufgrund der damit verbundenen Veröffentlichungspflichten und möglicher Schwierigkeiten bei der tatsächlichen Rechtsdurchsetzung im Vergleich zur Geheimhaltung nicht immer die optimale Lösung darstellt. Schließlich kann das IP-Management das Innovationsmanagement auch bei der Innovationsverwertung unterstützen. Dabei geht es darum, dass beispielsweise erlangte Schutzrechte Lizenzierungen oder auch einen Rech‐ teverkauf und damit die Generierung zusätzlicher Einnahmen ermöglichen. Unterstützung durch das Personalmanagement Für das Innovationsmanagement stellen die Mitarbeitenden den wesentli‐ chen Produktions- und damit auch Erfolgsfaktor dar. Je qualifizierter und motivierter die Mitarbeitenden sind, desto besser sind in der Regel auch die Innovationsergebnisse. Damit kommt dem →Personalmanagement eine wichtige Unterstützungsfunktion für das Innovationsmanagement zu. Die erste Herausforderung für das Personalmanagement besteht dabei in der Personalgewinnung. Hier kommt zum Tragen, dass Innovationsbereiche im Unternehmen einen überdurchschnittlich hohen Anteil an akademisch gebildetem Personal aufweisen. Gerade in Zeiten des zunehmenden Fach‐ kräftemangels ist das Personalmanagement daher gefordert, neue Wege zu gehen und potentielle Kandidatinnen und Kandidaten aktiv anzusprechen und an das Unternehmen zu binden. Die dann folgende und fortlaufende Aufgabe besteht - in Abstimmung und Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachvorgesetzten aus dem Inno‐ vationsmanagement - darin, das Personal so einzusetzen, dass es seine Leistung bestmöglich in die Innovationsprozesse einbringen kann. Dafür stehen dem Personalmanagement mehrere Hebel zur Verfügung: ● Als erstes kann das Personalmanagement gute Rahmenbedingungen für die Erbringung der Arbeitsleistung herstellen. Das bezieht sich zum Beispiel auf die Gestaltung der Arbeitszeiten ebenso wie auf die Ausstattung der genutzten Räumlichkeiten. ● Zweitens ist es wichtig sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden für Aufgaben eingesetzt werden, die ihrer jeweils aktuellen Qualifikation bestmöglich entsprechen. 54 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="55"?> ● Und drittens bildet die Mitarbeitermotivation einen besonders wichti‐ gen Hebel. Hier kann das Personalmanagement Einfluss sowohl auf monetäre Anreize (Gehalt, Sozialleistungen, Boni etc.) als auch auf nicht-monetäre Anreize (Image, Arbeitsklima, Führungsstruktur, Wei‐ terentwicklungsmöglichkeiten etc.) nehmen. Die dritte wichtige Aufgabe für das Personalmanagement besteht in der Planung und Umsetzung einer kontinuierlichen Personalentwicklung. Auf diese Weise kann beispielsweise sichergestellt werden, dass neue techno‐ logische und soziale Entwicklungen rechtzeitig erkannt werden und im Rahmen der Innovationstätigkeiten berücksichtigt werden können. Unterstützung durch das IT-Management Das →IT-Management hat schon immer eine besondere Rolle für das Innovationsmanagement gespielt, und im Zuge der →Digitalisierung gilt das in zunehmendem Maße. Dabei findet die Unterstützung durch die IT-Bereiche auf verschiedenen Ebenen statt: Als erstes benötigt das Innovationsmanagement in der Regel eine eigene leistungsstarke IT-Infrastruktur, um im Zuge der Innovationsaktivitäten mit aktuellen IT-Tools arbeiten zu können. Der IT-Bereich kann hier mit seiner allgemeinen Expertise bei der Auswahl und der Installation unterstützen. Zweitens arbeitet gerade der Innovationsbereich zunehmend in (interna‐ tionalen) Netzwerken beispielsweise mit Kooperationspartnern, Lieferanten und Kunden zusammen. Diese Zusammenarbeit ist ohne eine entsprechende IT-Infrastruktur ebenfalls nicht denkbar. Und drittens sind auch die Innovationsergebnisse selbst immer stärker durch Digitalisierungselemente geprägt, was eine Unterstützung durch den IT-Bereich zweckmäßig erscheinen lässt. Unterstützung durch den Finanzbereich Auch die Finanzierung von Innovationsaktivitäten stellt eine wichtige Auf‐ gabe dar. Dabei stehen für die →Innovationsfinanzierung grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Gerade für übergeordnete Aufgaben mit einer größeren Forschungsnähe und einer breiten, aber noch nicht konkretisierten Anwendbarkeit werden in den jeweiligen Unternehmen häufiger Zentralbudgets zur Verfügung Unternehmensbereiche und -funktionen 55 <?page no="56"?> gestellt. Diese werden meist über übergreifende Finanzierungsinstrumente generiert. Innovationsergebnisse, die vor allem von einzelnen Unternehmensberei‐ chen bzw. -einheiten genutzt werden, lassen sich beispielsweise durch Verrechnungsansätze aus den Umsätzen dieser Unternehmenseinheiten finanzieren. Vor allem für sehr innovative, kostenintensive und mit hohem →Risiko behaftete Innovationsaktivitäten werden Venture-Capital-Ansätze disku‐ tiert. Und schließlich können Unternehmen für ihre Innovationsaktivitäten auch Mittel aus diversen Innovationsförderungstöpfen auf Branchen-, Län‐ der-, Bundes- oder EU-Ebene beantragen. Unterstützung durch das Controlling Innovationseinheiten im Unternehmen können im besonderen Maße von einem zielorientierten Controlling profitieren. Allerdings stellt die Beschäf‐ tigung mit dem dynamischen Feld der Innovationen auch ganz besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des →Innovationscontrollings. Dies gilt im besonderen Maße für das strategische Innovationscontrolling. Denn dieses hat die Aufgabe sicherzustellen, dass effektiv gearbeitet wird, d. h. an den richtigen Innovationsthemen mit den richtigen Innovationszie‐ len. Hierfür gibt es keine Standardtools, vielmehr muss jedes Unternehmen sich individuell mit seinen Innovationszielen und Innovationsstrategien auseinandersetzen, um auf dieser Basis Erfolgskriterien, passende Kennzah‐ len und geeignete Steuerungsansätze zu erarbeiten. Für das operative Innovationsmanagement gibt es dagegen eine größere Anzahl an etablierten Controllinginstrumenten. Da die Einhaltung von Innovationszeiten und Innovationskosten einen zentralen Faktor für die Innovationseffizienz darstellt, kommen in der Regel darauf abgestimmte Controllinginstrumente aus dem Projektmanagement wie z. B. Meilenstein- und Kostentrendanalysen zum Einsatz. 56 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="57"?> Was ist bei innovationsorientierten Kooperationen und Akquisitionen zu beachten? Kooperationen und Akquisitionen spielen im →Innovationsmanage‐ ment oft eine wichtige Rolle, beispielsweise, um die Entwicklung von Innovationen zu erleichtern oder um unmittelbar Zugriff auf bestimmte Technologien oder Innovationen zu erlangen. Die Durchführung von Kooperationen und Akquisitionen weist dabei jeweils typische Phasen auf, die in Abbildung 9 dargestellt sind und im Folgenden näher erläutert werden. Abbildung Aktionsfelder Initialentscheidung für eine Kooperation Auswahl und Gewinnung von Kooperationspartnern Konfiguration der Kooperation Durchführung der Kooperation Beendigung der Kooperation Innovationsorientierte Kooperationen Initialentscheidung für eine Akquisition Auswahl von Akquisitionskandidaten Konfiguration der Akquisition Durchführung der Akquisition Post-Merger Integration Innovationsorientierte Akquisitionen Abbildung 9: Überblick über Kooperationen und Akquisitionen als Aktionsfelder des Inno‐ vationsmanagements. Quelle: Vgl. für die Kooperationen Specht et al. 2002: 392. Durchführung von innovationsorientierten Kooperationen] Die Durchführung von innovationsorientierten →Kooperationen durch‐ läuft in der Regel fünf typische Phasen (Specht et al. 2002: 391 ff.). Die erste Phase besteht in der Initialentscheidung eines Unternehmens für eine innovationsorientierte Kooperation. Grundlagen hierfür sind in der Was ist bei innovationsorientierten Kooperationen und Akquisitionen zu beachten? 57 <?page no="58"?> Regel eine genaue Analyse der Ausgangssituation des Unternehmens, eine sorgfältige Bewertung der Kooperationsattraktivität sowie die Festlegung der mit der Kooperation konkret verfolgten Innovationsziele. Die zweite Phase besteht in der Identifikation und Auswahl geeigneter Kooperationspartner sowie in deren Überzeugung und Gewinnung für die gemeinsame Kooperationstätigkeit. Gegenstand der dritten Phase ist die Konfiguration der Kooperation, bei der vor allem die rechtliche und die organisatorische Ausgestaltung erarbeitet und vereinbart werden. Die vierte Phase bildet dann die Durchführung der Innovationskoopera‐ tion im engeren Sinne, also zum Beispiel die gemeinsame Innovationsent‐ wicklung. Typische Herausforderungen in dieser Phase sind die Koordina‐ tion der Tätigkeiten, die Einbindung interner und externer Ressourcen sowie die Aufrechterhaltung der Kooperationsfähigkeit. Da Kooperationen in den meisten Fällen auf Zeit angelegt sind, bildet die geordnete Beendigung der Kooperation die abschließende fünfte Phase. Hier kommt es vor allem auf das Erkennen des richtigen Beendigungszeitpunkts sowie die Wahl einer geeigneten Beendigungsform an. Durchführung von innovationsorientierten Akquisitionen Die Durchführung von innovationsorientierten →Akquisitionen weist ähnliche fünf Phasen auf, wie sie für die Kooperationen beschrieben wur‐ den. Während bei Kooperationen aber die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Kooperationspartner erhalten bleibt und Kooperationen in den meisten Fällen eine begrenzte Dauer haben, sind Akquisitionen in der Regel auf Dauer angelegt und mit einer Aufgabe der Selbständigkeit verbunden. Dementsprechend kommt einer sorgfältigen und fundierten Entschei‐ dungsfindung in der ersten Phase eine noch größere Relevanz zu. Grundlage für die Auswahl von Akquisitionskandidaten ist darauf auf‐ bauend häufig eine Due Diligence, bei der die wirtschaftlichen und innova‐ tionsbezogenen Kennzahlen der Übernahmekandidaten im Detail überprüft werden. Auch werden hier in stärkerem Ausmaß als bei Kooperationen externe Berater hinzugezogen. Bei der Konfiguration der Akquisition in der dritten Phase sowie der konkreten Durchführung der eigentlichen Akquisition in der vierten Phase ist darauf zu achten, dass die Erreichung der Innovationsziele nicht gefähr‐ 58 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="59"?> det wird. Dies setzt beispielsweise die Erhaltung der innovationsrelevanten personellen und sachlichen Strukturen bei dem zu akquirierenden Unter‐ nehmen voraus. Nach der erfolgten Akquisition setzt mit der sogenannten Post-Mer‐ ger-Integration ein kontinuierlicher Prozess ein, im Laufe dessen die Inno‐ vationsaktivitäten der beteiligten Unternehmen zweckmäßig miteinander verknüpft werden, um beispielsweise die zuvor identifizierten Synergiepo‐ tentiale bestmöglich heben zu können (Amelingmeyer 2003). Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? Das →Innovationsmanagement in Unternehmen ist mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, die eine permanente Anpassung der Strategien und Vorgehensweisen erfordern. Beispiele für aktuelle Herausforderungen im Innovationsmanagement Wie Abbildung 10 veranschaulicht, können die →Innovationsherausfor‐ derungen sowohl im unternehmensexternen Umfeld als auch im Unterneh‐ men selbst verortet werden. Abbildung 10 Unternehmen Umfeld Agiles Management Changemanagement … Risikomanagement Nachhaltigkeit … Open Innovation Aktuelle Herausforderungen Internationalisierung Digitalisierung Wissensmanagement Abbildung 10: Beispiele für aktuelle Herausforderungen im Innovationsmanagement. Eher extern getriebene Herausforderungen sind dabei beispielsweise die Internationalisierung, die fortschreitende Digitalisierung, die Forderung Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? 59 <?page no="60"?> nach Nachhaltigkeit sowie die steigende Notwendigkeit, externe Partner im Rahmen eines Open-Innovation-Ansatzes in die Innovationsprozesse zu integrieren. Diese vielfältigen externen Herausforderungen bedingen wiederum, dass Unternehmen ihr Innovationsmanagement durch moderne Managementan‐ sätze und -methoden offener, flexibler und resilienter gestalten müssen. Aktuelle unternehmensinterne Herausforderungen liegen daher zum Bei‐ spiel in einer situationsangemessenen Etablierung von Ansätzen des Agilen Managements, des Changemanagements, des Wissensmanagements und des Risikomanagements. Internationalisierung Als Folge des internationalen Wettbewerbs muss auch das Innovationsma‐ nagement im Unternehmen bei allen Aktivitäten internationale Aspekte be‐ rücksichtigen (Specht et al. 2002: 418 f.). Zentrale Treiber der →Internatio‐ nalisierung des Innovationsmanagements sind dabei der allgemeine Trend zur Globalisierung, die anhaltende Verkürzung von Produktlebenszyklen, eine zunehmende Arbeitsteilung in der Forschung und der weiterhin zu beobachtende Trend zum Protektionismus. Eine internationale Ausrichtung der Innovationsaktivitäten bildet darüber hinaus die Grundlage für eine dif‐ ferenzierte Berücksichtigung spezifischer Kundenanforderungen, die immer auch kulturell und mentalitätsabhängig geprägt werden. Und schließlich erleichtert eine internationale Ausrichtung des Innovationsmanagements auch die Zusammenarbeit mit international agierenden Lieferanten. Digitalisierung Die →Digitalisierung als Megatrend stellt eine besondere Herausforde‐ rung für das Innovationsmanagement dar. Die in diesem Zusammenhang auch verwendeten Schlagworte der „Digitalen Revolution“ und „Digitalen Transformation“ verweisen deutlich auf die mit der stetigen Weiterent‐ wicklung und Leistungssteigerung digitaler Technologien einhergehenden grundlegenden Veränderungen in der Unternehmensumwelt und der ge‐ samten Gesellschaft. Im Innovationsmanagement wirkt sich die Digitalisierung in vielfacher Hinsicht aus, wobei häufig disruptive Wirkungen zu beobachten sind: 60 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="61"?> ● Es entstehen neuartige Sach- und Dienstleistungen. ● Die digitale Transformation ermöglicht völlig neue → Geschäftsmo‐ delle . ● Die Unternehmensprozesse verändern sich zum Teil grundlegend. ● Die Beziehungen zu den verschiedenen Stakeholdern verändern sich. ● Die Erwartungen der Stakeholder, insbesondere der Kunden, verändern sich ebenfalls. Damit beschleunigt die Digitalisierung in jeglicher Hinsicht den Wandel im Unternehmen. Nachhaltigkeit Seitens der Gesellschaft werden zunehmend Anforderungen im Sinne der →Nachhaltigkeit gestellt. Für das Innovationsmanagement bedeutet dies zum einen, dass die zu entwickelnden Innovationen prinzipiell unter dem Aspekt der Nachhaltig‐ keit geprüft werden müssen. Die explizite (Über-)Erfüllung von entspre‐ chenden Kriterien erweist sich dabei immer häufiger als entscheidender Wettbewerbsfaktor. Zum anderen kann auch bei den Innovationsprozessen auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Hier besteht häufig noch ein deutliches Optimierungspo‐ tential. Open Innovation Eine weitere Herausforderung für das Innovationsmanagement liegt in der zunehmenden Öffnung der Innovationsprozesse durch die frühzeitige Einbeziehung zuvor externer Partner (Kunden, Lieferanten, Hochschulen etc.) im Sinne einer →Open Innovation. Dabei geht es zum einen um die Integration externen Wissens in die Innovationsprozesse, um deren Geschwindigkeit zu erhöhen sowie die Qua‐ lität und Zielgruppenorientierung der Innovationsergebnisse zu verbessern. Zum anderen kann so das intern entwickelte Wissen frühzeitig externalisiert werden, indem beispielsweise Lizenzen auch von den Partnern genutzt werden. Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? 61 <?page no="62"?> Darüber hinaus werden durch die Erweiterung der nutzbaren Wissensba‐ sis und die gemeinsame Nutzung von relevanten Ressourcen der beteiligten Partner auch die mit Innovationen einhergehenden Risiken minimiert. Agiles Management Das Ziel des →Agilen Managements ist eine Erhöhung der Flexibilität und Zielorientierung im Unternehmen. Entscheidungen sollen schneller und ohne langwierige Abstimmungsprozesse getroffen werden. Die Basis dafür sind Geschwindigkeit, Anpassungsfähigkeit und Kundenzentriertheit, was vor allem durch kurze Planungszyklen, iteratives Vorgehen und organisierte Selbstverantwortung ermöglicht wird. Ausgangspunkt des agilen Managements ist das bereits 2001 von Softwa‐ reentwicklern verfasste „Agile Manifesto“, das unter anderem folgende agile Werte bzw. Prinzipien enthält: ● Menschen vor Prozessen und Werkzeugen ● Anpassung an den Wandel statt Plan ● Fokus auf funktionierende Prototypen statt auf die Dokumentation ● Zusammenarbeit mit dem Kunden statt reine Vertragsorientierung Das Agile Manifest bildet auf diese Weise die Grundlage für die inzwischen weit verbreitete Scrum-Methode. Auch das Design Thinking, das Perspek‐ tivenvielfalt, integratives Denken, experimentelle Herangehensweisen und interdisziplinärer Zusammenarbeit gezielt fördert, zählt zu den agilen Me‐ thoden. Da die sehr flexible Arbeitsweise und das stetige Erarbeiten funktionie‐ render (Teil-)Prototypen (sogenannter Inkremente) eher softwaretypisch ist und sich in anderen Unternehmens- und Funktionsbereichen nur bedingt umsetzen lässt, wurden die Ansätze und Methoden des Agilen Managements stetig weiterentwickelt und an die jeweiligen Besonderheiten angepasst. Dadurch werden auch die vielfältigen Innovationsprozesse in Unternehmen positiv beeinflusst. Changemanagement Innovationsprozesse im Unternehmen führen zu Veränderungen innerhalb des Unternehmens sowie in seinem Umfeld. Veränderungen wiederum 62 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="63"?> führen häufig zu Widerstand bei den Betroffenen, wodurch der Erfolg entsprechender Maßnahmen beeinträchtigt werden kann. Ziel des →Changemanagements ist es, den Prozess der Umsetzung von Veränderungen im Unternehmen bewusst und systematisch zu begleiten und dadurch zum Erfolg zu führen. Hierfür wurde im Laufe der Zeit eine Reihe von Modellen entwickelt, die den Zielen und Aktivitäten im Change-Prozess jeweils einen strukturierenden Rahmen geben. Dazu wird der Veränderungsprozess in der Regel jeweils in spezifische Phasen unter‐ gliedert, für die dann gezielte Interventionsstrategien aufgezeigt werden. Dadurch sollen vorhandene Potentiale aktiviert und erweitert werden. Beispiele für bekannte Konzepte des Changemanagements sind Lewins 3-Phasen-Modell und Kotters 8-Stufen-Modell. Das 3-Phasen-Modell von Lewin unterteilt den Veränderungsprozess in drei Phasen (Lewin 1947): 1. Unfreeze (Irritationsphase: Bewusstsein für die Notwendigkeit der Ver‐ änderung schaffen), 2. Change (Umsetzungsphase: Veränderung einführen), 3. Refreeze (Stabilisierungsphase: Etablierung der Veränderung durch Trainings oder Coaching unterstützen). Demgegenüber gliedert Kotter den Veränderungsprozess etwas detaillierter in acht sogenannte Erfolgsschritte auf, wobei die Schritte 1 bis 3 der Schaffung eines Klimas für Veränderung dienen, die Schritte 4 bis 6 die Organisation aktiv einbinden und die Schritte 7 und 8 den Wandel nachhaltig umsetzen sollen (Kotter 1998): 1. Ein Gefühl für die Brisanz und Dringlichkeit der Lage erzeugen, 2. eine Koalition der Reformwilligen aufbauen, 3. eine Vision des Wandels entwickeln, 4. die Vision des Wandels verbreiten, 5. Hindernisse beseitigen, 6. kurzfristige Erfolge planen, 7. Erfolge ausbauen und weitere Veränderungen initiieren, 8. die Veränderungen und neuen Ansätze im Unternehmen verankern. Die Herausforderung des Changemanagements für das Innovationsmanage‐ ment besteht darin, die Notwendigkeit einer Veränderungsbegleitung recht‐ zeitig zu erkennen und ein für das Unternehmen und die konkrete Situation geeignetes Vorgehen auszuwählen. Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? 63 <?page no="64"?> Wissensmanagement Die in Unternehmen erstellten Produkte sowie die für ihre Entwicklung, Produktion und Vermarktung notwendigen Prozesse sind zunehmend durch das in ihnen eingesetzte Wissen geprägt. Die Verfügbarkeit und der Einsatz des relevanten Wissens sind damit eine wesentliche Voraussetzung für den Unternehmenserfolg. Damit stellt das →Wissensmanagement eine besondere Herausforderung für das Innovationsmanagement dar, da es die primäre Schnittstelle für die Integration neuen Wissens in die Unterneh‐ mensprozesse und Unternehmensleistungen bildet. Die zentralen Aufgaben des Wissensmanagements bestehen dabei in der zielorientierten Erweiterung, Nutzung und Sicherung der unternehme‐ rischen Wissensbasis (Amelingmeyer 2004). Bei der zielorientierten Erweiterung der Wissensbasis geht es zum einen darum, die unternehmensinterne Entwicklung von Wissen voranzutreiben, etwa durch die Förderung individueller und kollektiver Lernprozesse sowie durch die Förderung der Wissensentstehung in nichtpersonellen Wissens‐ trägern, was aktuell durch die Entwicklung der →Künstlichen Intelligenz eine neue Dimension erreicht. Basis der unternehmensinternen Wissensent‐ wicklung ist dabei eine lernorientierte Unternehmenskultur. Zum anderen geht es darum, bislang unternehmensexterne Wissensträger dauerhaft oder für zeitlich befristete Aufgaben in die Unternehmensprozesse einzubinden. Dies gelingt umso besser, je aufnahmefähiger sich das Unternehmen grund‐ sätzlich für neue Wissensträger darstellt. Für die zielorientierte Nutzung der Wissensbasis gibt es ebenfalls unter‐ schiedliche Ansatzpunkte. So kann die Wissensnutzung durch die Gestal‐ tung der Wissensstandorte positiv beeinflusst werden. Die Auffindbarkeit benötigten Wissens kann durch eine Erhöhung der Wissenstransparenz deutlich verbessert werden. Ferner können die Wissensnutzungsfähigkeit und die Wissensnutzungsbereitschaft der Wissensträger explizit gefördert werden. Und schließlich sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Wissensnutzung sicherzustellen. Bei der zielorientierten Sicherung der Wissensbasis geht es schließlich zum einen darum, relevantes Wissen vor Verlust zu bewahren, indem kriti‐ sche Wissensträger an das Unternehmen gebunden werden, Wissen im Un‐ ternehmen verteilt und dem Vergessen von Wissen aktiv entgegengewirkt wird. Zum anderen ist es oft zweckmäßig, unternehmenseigenes Wissen gegen unerwünschte Nutzung zu sichern, was sowohl durch Geheimhaltung 64 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="65"?> als auch durch Schutzrechte bewirkt werden kann. Und schließlich ist es in diesem Zusammenhang auch wichtig, irrelevantes Wissen aus den Unternehmensprozessen herauszunehmen, was beispielsweise durch die Veräußerung von Wissensrechten, durch die Förderung des Ausscheidens der jeweiligen Wissensträger oder durch eine aktive Förderung des Verler‐ nens von Wissensinhalten bewerkstelligt werden kann. Um die zentralen Aufgaben des Wissensmanagements im Rahmen des Innovationsmanagements erfolgreich sicherstellen zu können, sind entspre‐ chende planungs- und steuerungsorientierte Prozesse notwendig: Es ist wichtig, für das Unternehmen auf Basis einer umfassenden Analyse der Wissenssituation zukunftsorientierte Wissensziele und Wissensstrategien zu erarbeiten und zu kommunizieren. Auf dieser Basis können geeignete gestaltungsorientierte Maßnahmen ausgewählt und koordiniert werden. Der Erfolg dieser Maßnahmen sollte anschließend erfasst und dokumentiert werden, um entsprechende Lernprozesse zu initiieren und ein nachhaltiges Wissensmanagement zu etablieren. Risikomanagement Innovationen sind mit einer Vielfalt von →Risiken verbunden. Hierzu zählen - in unterschiedlichem Ausmaß - beispielsweise das technische Risiko, das Kosten- und das Zeitrisiko sowie das Verwertungsrisiko. ● Das technische Risiko ergibt sich vor allem aus der Unsicherheit, ob ein Innovationsvorhaben in technischer Hinsicht überhaupt umsetzbar ist, d. h., ob für die Innovationsaufgabe eine technisch tragfähige Lösung gefunden werden kann. Einen Sonderfall stellt in diesem Zusammen‐ hang das Serendipitätsrisiko dar, also das Finden einer Lösung, die nicht der gestellten Aufgabe entspricht, aber unter Umständen trotzdem marktfähig ist. ● Das Kostenrisiko und das Zeitrisiko spiegeln die Unsicherheit hinsicht‐ lich der Einhaltung der Kosten- und der Zeitvorgaben für das Innovati‐ onsvorhaben wider. ● Das Verwertungsrisiko erfasst schließlich die Unsicherheit hinsichtlich der Akzeptanz einer Innovation am Markt. In diesem Zusammenhang spielen auch Änderungen relevanter Marktparameter im Laufe des Innovationsentwicklungsprozesses eine nicht zu unterschätzende Rolle. Was sind aktuell besondere Herausforderungen im Innovationsmanagement? 65 <?page no="66"?> Das Gesamtrisiko bei Innovationen ergibt sich durch Kumulierung der relevanten Einzelrisiken und kann damit insgesamt durchaus hoch ausfal‐ len. Dem gezielten →Risikomanagement kommt daher im Rahmen des Innovationsmanagements eine zentrale Rolle zu. Wann kann ein Unternehmen eine Innovation als Erfolg bezeichnen? Gegenstand des →Innovationsmanagements ist die zielorientierte Ge‐ staltung von Innovationsprozessen. Eine besonders interessante Frage ist in diesem Zusammenhang, wann ein Unternehmen eine →Innovation als Erfolg bezeichnen kann. Überblick über relevante Dimensionen des Innovationserfolgs Mit Blick auf den →Innovationserfolg lassen sich je nach Blickwinkel und Interesse vielfältige Kriterien heranziehen. Dabei ist es zweckmäßig, zwischen der unternehmensinternen Beurteilung des Innovationserfolgs und der unternehmensexternen Sicht auf das innovierende Unternehmen zu unterscheiden. Abbildung 11 gibt einen Überblick über die im Folgenden detaillierter betrachteten Kriterien für den Innovationserfolg. 66 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="67"?> Abbildung Innovationserfolg von Unternehmen Unternehmensinterne Sicht Unternehmensexterne Sicht Ökonomische Erfolgsdimensionen - Steigerung von Umsatz, Gewinn etc. - Senkung von Kosten - Gewinnung von Fördermitteln - Situationsverschlechterung für die Konkurrenz Technische Erfolgsdimensionen - Erreichung technischer Zielsetzungen - Lerneffekte, Know-how-Transfer - Sicherungseffekte Sonstige Erfolgsdimensionen - Nachhaltigkeitswirkungen - Autonomiesicherung - Wissenschaftliche Anerkennung - Selbstverwirklichung Prozessbezogene Erfolgsdimensionen - Effektivität des Innovationsprozesses - Effizienz des Innovationsprozesses Innovationspreise Innovationsrankings Innovationsimage Abbildung 11: Überblick über ausgewählte Dimensionen des Innovationserfolgs. Innovationserfolg aus unternehmensinterner Sicht Aus unternehmensinterner Sicht kann sich ein Innovationserfolg sowohl hinsichtlich des Innovationsprozesses, des ökonomischen Nutzens, des technischen Nutzens oder eines sonstigen Nutzens ergeben. Prozessbezogene Dimensionen des Innovationserfolgs Betrachtet ein Unternehmen den Innovationsprozess, so sind dessen Effek‐ tivität und dessen Effizienz zwei wesentliche Erfolgskriterien. Die Effektivität bildet dabei einen Maßstab dafür, ob das Unternehmen die richtigen Innovationen realisiert hat. Gerade angesichts der aktuell besonders hohen Dynamik von Technologieentwicklungen und Markter‐ wartungen ist dies ein sehr wesentlicher Aspekt, der aber in der Regel erst mit geraumer zeitlicher Distanz wirklich zu erfassen und zu beurteilen ist. Die Effizienz stellt demgegenüber einen Maßstab für die Ressourcen‐ wirtschaftlichkeit dar. Sie gibt also eine Antwort auf die Frage, ob die Wann kann ein Unternehmen eine Innovation als Erfolg bezeichnen? 67 <?page no="68"?> Innovationen in wirtschaftlicher Weise realisiert worden sind. Wesentliche Kriterien sind dabei die entstandenen Kosten sowie die benötigte Zeit. Ökonomische Dimensionen des Innovationserfolgs Ökonomische Erfolgsdimensionen können in unterschiedliche Richtungen wirken: Bei Produktinnovationen sowie bei →Geschäftsmodellinnovati‐ onen steht oft die Steigerung von ökonomischen Erfolgsgrößen wie Umsatz oder Gewinn im Zuge der Markterschließung im Vordergrund. Aber auch das Erreichen von Kostensenkungen, die beispielsweise häufig das Ziel von →Prozessinnovationen sind, wirkt sich positiv auf den ökonomischen Erfolg aus. Können auf der Basis von Innovationen Fördermittel akquiriert werden, ist dies aus ökonomischer Sicht ebenfalls positiv zu verbuchen. Schließlich kann es auch als ökonomischer Innovationserfolg gewertet werden, wenn die Innovationen zu einer relativen Verbesserung der eigenen Position gegenüber der Konkurrenz führen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Innovation zu einer Einschränkung des Aktionsspielraums der Konkurrenz führt, was beispielsweise auf die Existenz von entsprechenden Schutzrechten zurückzuführen sein kann. Technische Dimensionen des Innovationserfolgs Aus Sicht des innovierenden Unternehmens kann auch unabhängig von ökonomischen Effekten ein Innovationserfolg vorliegen, wenn überwiegend technische Erfolgskriterien erfüllt sind. In erster Linie ist hier das Erreichen technischer Zielsetzungen zu nennen. Dazu gehören zum Beispiel der Nach‐ weis der technischen Machbarkeit oder die Erlangung von Schutzrechten. Zu den technischen Erfolgsdimensionen zählen zudem Lerneffekte und Möglichkeiten des Know-how-Transfers in bestehende Unternehmenspro‐ zesse sowie in zukünftige Innovationsprozesse. Dieser Erfolgsaspekt kommt insbesondere bei einem gut ausgebauten Wissensmanagement im Unter‐ nehmen zum Tragen. Und schließlich werden zu den technischen Erfolgsdimensionen auch Sicherungseffekte gezählt, die beispielsweise bewirken, dass technische Erfolgspositionen im Unternehmen längerfristig Bestand haben. Sonstige Dimensionen des Innovationserfolgs Neben ökonomischen und technischen Dimensionen können weitere Di‐ mensionen zur Beurteilung des Innovationserfolgs herangezogen werden. 68 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="69"?> So spielt das Thema →Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Haben Innovationen dementsprechend positive ökologische, soziale und/ oder ökonomische Wirkungen, kann dies bei entsprechender Ausrichtung des Unternehmens als relevanter Innovationserfolg verzeichnet werden. Für ein Unternehmen kann es auch bedeutsam sein, durch Innovationen seine Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit von anderen Unternehmen im Sinne einer Autonomiesicherung zu bewahren. Gerade aus Sicht des an der Innovationsentwicklung in der Regel betei‐ ligten wissenschaftlich orientierten Personals ist auch die Anerkennung der Innovationsleistung seitens der wissenschaftlichen Community ein relevanter Motivationsfaktor. Und individuell kann schließlich auch die Selbstverwirklichung ein äußerst positives Innovationsergebnis darstellen. Innovationserfolg aus unternehmensexterner Sicht Die meisten Dimensionen des Innovationserfolgs lassen sich vor allem aus der Innensicht des jeweiligen Unternehmens beurteilen. Einige zusätzliche Aspekte spiegeln sich aber vor allem in der Außensicht wider. Innovationspreise Von verschiedenen Institutionen gibt es Innovationspreise. Diese beziehen sich meist auf konkrete Innovationsergebnisse und in diesem Zusammen‐ hang überwiegend auf →Sachleistungsinnovationen. Die in der Regel öffentlichkeitswirksame Verleihung erhöht die einschlägige Bekanntheit des Unternehmens und zahlt beispielsweise auf dessen Innovationsimage ein. Innovationsrankings Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Rankings, in denen die Innovations‐ leistung von Unternehmen im Vergleich bewertet und in eine Rangfolge gebracht wird. Oft sind das Design der zugrundeliegenden Erhebung sowie der gewählte Bewertungsalgorithmus nicht ohne Weiteres recherchierbar, trotzdem erfreuen sich die Rankings einer besonderen Beliebtheit. Wann kann ein Unternehmen eine Innovation als Erfolg bezeichnen? 69 <?page no="70"?> Linktipps: Jährlich aktualisierte Innovationsrankings werden beispielsweise von BCG oder von Fast Company durchgeführt. Die Rankings von 2023 fin‐ den sich unter: https: / / www.bcg.com/ publications/ 2023/ advantages-through-innovati on-in-uncertain-times https: / / www.fastcompany.com/ most-innovative-companies/ list Innovationsimage Eine wichtige Erfolgsdimension aus unternehmensexterner Sicht ist schließ‐ lich das Innovationsimage, das allgemein mit dem jeweiligen Unternehmen verbunden wird. Auf der Basis eines positiven Innovationsimages ist es für ein Unternehmen beispielsweise leichter, Fördergelder einzusammeln, Kooperationspartner zu gewinnen und Kunden zu überzeugen. Innovationserfolg aus übergreifender Sicht Zusammenfassend kann ein Innovationserfolg auf sehr unterschiedlichen Dimensionen beruhen, wobei sich der Gesamtwert quasi als Kumulation der Werte in den Einzeldimensionen ergibt. Letztlich liegt die Beurteilung des Erfolgs einer Innovation im Auge des jeweiligen Betrachters, weshalb manchmal parallel recht unterschiedliche Einschätzungen vorliegen. Wer sind die Akteure im Innovationsmanagement und wofür interessieren sie sich? Mit Themen des →Innovationsmanagements beschäftigt sich eine Viel‐ zahl von Akteuren. Dabei handelt es sich sowohl um Mitarbeitende in der Praxis als auch um Forschende aus ganz verschiedenen Wissenschaftsdiszi‐ plinen. Abbildung 12 vermittelt einen Eindruck von der Vielfalt der Akteure und Blickfelder in diesem Bereich. 70 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="71"?> Abbildung 12 Akteure und Blickfelder Praxis Wissenschaft Mitarbeitende in … Forschende aus … … Unternehmen in - Führungspositionen ausführenden Stellen … Unternehmen in - Kernfeldern - Rahmenfeldern - Unterstützungsfeldern - Aktionsfeldern …- Wirtschaftswissenschaften - Ingenieur- Wissenschaften - Naturwissenschaften - Rechtswissenschaften - Psychologie - Soziologie - Mathematik/ Statistik - … …- Branchenverbänden - Innovationsagenturen - Wirtschaftsförderung - … Abbildung 12: Überblick über Akteure im Innovationsmanagement Akteure in der Wissenschaft Das Innovationsmanagement zeichnet sich durch eine ausgesprochene Interdisziplinarität aus. Dementsprechend finden sich in der Wissenschaft eine Vielzahl von relevanten Beiträgen aus sehr unterschiedlichen Diszipli‐ nen. So steht der Managementaspekt im Fokus der Wirtschaftswissenschaften, und hier insbesondere der Betriebswirtschaftslehre, während die techno‐ logieorientierte Seite der Innovationen vor allem von den verschiedenen Ingenieurwissenschaften aufgegriffen wird. Da Innovationen mit Wandel einhergehen, spielen psychologische Aspekte ebenfalls eine wichtige Rolle, ebenso wie gesamtgesellschaftliche Themen. Auch in anderen Wissen‐ schaftsdisziplinen werden relevante (Teil-)Aspekte des Innovationsmanage‐ ments aufgegriffen und ausgearbeitet. Ergebnisse dieser vielfältigen wissenschaftlichen Beschäftigung sind vor allem Theorien, Konzepte und Modelle sowie Methoden, die dann wiederum auch als Impulse für das Innovationsmanagement dienen können. Wer sind die Akteure im Innovationsmanagement und wofür interessieren sie sich? 71 <?page no="72"?> Akteure in der Praxis In der Praxis gibt es zum einen übergreifende Institutionen, die sich mit Innovationsthemen beschäftigen, wie zum Beispiel Branchenverbände, In‐ novationsagenturen oder Akteure in der Wirtschaftsförderung. Zum anderen sind nahezu alle Mitarbeitenden in Unternehmen in der einen oder anderen Form am Innovationsgeschehen beteiligt. Dies gilt natürlich in besonderem Maße für die Mitarbeitenden in den Kernfeldern wie zum Beispiel der Forschung und Entwicklung. In diesen Feldern finden sich zunehmend auch Ausschreibungen für „Innovationsmanager: innen“, was zu Überlegungen führt, inwiefern es sich hierbei um ein eigenständiges Berufsbild handelt (siehe dazu auch Hauschildt 2005). Aber da auch alle anderen Unternehmensbereiche das Innovationsge‐ schehen unterstützen können und teilweise explizit in dieses eingebunden sind, kommen auch die Mitarbeitenden in diesen Bereichen regelmäßig mit Innovationsthemen in Berührung. Und schließlich können von allen Mitarbeitenden relevante Innovationsimpulse ausgehen, die beispielsweise im Rahmen eines zielorientierten Ideenmanagements aufgegriffen werden können. 72 Grundlagen und Rahmen des Innovationsmanagements <?page no="73"?> Sachleistungsinnovationen Sachleistungsinnovationen sind ein wesentliches Feld des Innovationsmanagements in Unternehmen. In diesem Ka‐ pitel werden darum interessante Fragen zu den Merkmalen von Sachleistungsinnovationen sowie zu wichtigen sach‐ leistungsbezogenen Rahmenbedingungen, Gestaltungsan‐ sätzen und Methoden im Innovationsmanagement beant‐ wortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 29: 58 27.09.2023 09: 29: 58 <?page no="74"?> Wodurch sind Sachleistungsinnovationen gekennzeichnet? Sachleistungsinnovationen bilden den Schwerpunkt der Innovationstätig‐ keiten und damit des →Innovationsmanagements in vielen Unterneh‐ men. Überblick über Ansatzpunkte bei Sachleistungsinnovationen Von →Sachleistungsinnovationen spricht man, wenn neuartige Sach‐ leistungen auf dem Markt eingeführt werden. Mögliche Ansatzpunkte für Sachleistungsinnovationen sind dabei die Nutzerperspektive, die Gestaltung des Lösungsprinzips, die materielle Ausgestaltung der Sachleistung sowie ihre Ergänzung um immaterielle Komponenten. Schließlich sind Sachleistungen häufig Bestandteil von Leistungsbündeln, weshalb auch hier ein möglicher Ansatzpunkt für Sach‐ leistungsinnovationen liegt. Abbildung 13 gibt einen Überblick über die Ansatzpunkte, die im Folgenden genauer dargestellt werden. Abbildung 13 Lösungsfindung Lösungsausgestaltung Lösungsprinzip - Gestaltung der Lösungsarchitektur - Gestaltung der Komponenten Nutzerperspektive - Funktion - Nutzen Sachleistungsinnovationen Materielle Ausgestaltung (Design / auch für Verpackung) - Form - Material - Farbe - Sound - Duft - … Ergänzung um immaterielle Komponenten - Marke - Services - … Bildung von Leistungsbündeln Abbildung 13: Überblick über Ansatzpunkte bei Sachleistungsinnovationen. 74 Sachleistungsinnovationen <?page no="75"?> Die Nutzerperspektive als Ansatzpunkt für Sachleistungsinnovationen Sachleistungen decken auf der Kundenseite individuelle Bedürfnisse ab. In diesem Zusammenhang ist es für Unternehmen notwendig, bei Sach‐ leistungsinnovationen über Funktion und Nutzen aus Kundenperspektive nachzudenken. Mit Blick auf die Funktion ist zu fragen, welche Grundbedürfnisse durch die Sachleistung abgedeckt werden und welche alternativen Lösungsmög‐ lichkeiten es hierfür gegebenenfalls gibt. Gerade disruptive Innovationen zeichnen sich oft durch neuartige Lösungsansätze aus, die dann im Laufe der Zeit die bisherigen Lösungsangebote vom Markt verdrängen können (Christensen 1997). Der Nutzen der Sachleistung für den Kunden setzt sich wiederum aus mehreren Komponenten zusammen. Neben dem Grundnutzen (Erfüllung des primären Bedürfnisses) ist hier vor allem auch auf den Zusatznutzen zu achten (Meffert et al. 2008: 399). Dies kann beispielsweise ein Erbau‐ ungsnutzen sein, der auf die ästhetischen Wirkungen der Sachleistung zurückzuführen ist. Oft geht es aber auch um einen Geltungsnutzen, wenn der Erwerb bzw. Besitz einer Sachleistung als positiv empfundene soziale Wirkungen (z.-B. Statuswirkungen, höheres Ansehen etc.) hat. Für den Erfolg von Sachleistungsinnovationen ist eine konsequente und kreative Ausrichtung an der Nutzerperspektive in der Regel ein entschei‐ dender Faktor. Das Lösungsprinzip als Ansatzpunkt für Sachleistungsinnovationen Mit Blick auf das gewählte Lösungsprinzip sind bei Sachleistungsinnovati‐ onen zwei Ebenen von Bedeutung. So kann die Innovation zum einen auf der Ebene der Lösungsarchitektur ansetzen, indem relevante Komponenten in einer neuartigen Weise kombi‐ niert werden und dadurch eine neue Lösung entsteht. Man spricht dann von aufbaubezogenen oder auch architektonischen Innovationen. Zum anderen können modulbezogene Sachleistungsinnovationen entste‐ hen, indem einzelne Komponenten neugestaltet werden. Wodurch sind Sachleistungsinnovationen gekennzeichnet? 75 <?page no="76"?> Die materielle Ausgestaltung als Ansatzpunkt für Sachleistungsinnovationen Bei Sachleistungsinnovationen bilden die materielle Ausgestaltung und das dadurch gekennzeichnete Design im weiteren Sinne den wesentlichen Innovationshebel. Gegenstand der bewussten Ausgestaltung können dabei vor allem die Form, das eingesetzte Material, die Farbgebung, der gegebenenfalls wahr‐ nehmbare Sound sowie der gegebenenfalls wahrnehmbare Duft sein. Diese Gestaltungsoptionen gelten dabei nicht nur für die eigentliche Sachleistung, sondern gegebenenfalls auch für die damit einhergehende Verpackungsgestaltung. Die Ergänzung um immaterielle Komponenten als Ansatzpunkt für Sachleistungsinnovationen Sachleistungsinnovationen können auch durch begleitende immaterielle Komponenten geprägt werden. Dazu zählen beispielsweise die Markengestaltung sowie das Angebot von begleitenden Services. Bei Letzteren handelt es sich oft um Kunden‐ dienstleistungen wie beispielsweise Beratungsleistungen, Lieferleistungen, Montageleistungen, Wartungs- und Reparaturleistungen und Entsorgungs‐ leistungen. Die Bildung von Leistungsbündeln als Ansatzpunkt für Sachleistungsinnovationen Schließlich ist bei der Gestaltung von Sachleistungsinnovationen darauf zu achten, dass diese oft Bestandteil von Leistungsbündeln sind. Dabei kann es sich um Leistungsbündel mit anderen Sachleistungen oder aber um ein Kombinationsangebot mit Sach- und Dienstleistungsanteilen handeln. Die explizite Berücksichtigung dieser Leistungsbündel bei der Sachleis‐ tungsentwicklung kann die Nutzung von Synergiepotentialen fördern und damit den Kundennutzen weiter erhöhen. 76 Sachleistungsinnovationen <?page no="77"?> Wie läuft der Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovationen grundsätzlich ab? Auch wenn der Entwicklungsprozess von Sachleistungen im Detail in jedem Unternehmen unterschiedlich abläuft, gibt es im entsprechenden →Innovationsmanagement doch typische Aufgaben und Schritte, bei denen jeweils das Erreichen bestimmter Meilensteine im Fokus steht. Stufenmodell zur Entwicklung von Sachleistungsinnovationen Die Hauptaufgaben im Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovatio‐ nen sind die Ideenentwicklung, die Planung der Sachleistung und die Realisierung der Sachleistung. Jede dieser Aufgaben umfasst wiederum verschiedene typische Schritte (Specht et al. 2002: 146 ff.). Abbildung 14 Ideengenerierung Setzung visionärer Ziele Strategieplanung Profilplanung Konzeptplanung Setzung operationaler Ziele Systementwurf Komponentenentwicklung und -test Systemintegration und -test Systemeinführung Ideenauswahl Ideenentwicklung Realisierung der Sachleistungsinnovation Planung der Sachleistungsinnovation Entwicklungsprozess von Sachleistungen Sachleistungsinnovation Abbildung 14: Stufenmodell zur Entwicklung von Sachleistungsinnovationen. Quelle: Weiterentwicklung von Specht et al. 2002: 148. Abbildung 14 zeigt ein entsprechendes Stufenmodell der Entwicklung von Sachleistungsinnovationen im Überblick. Dabei verweist der Begriff „Stufenmodell“ zum einen darauf, dass in‐ haltliche Abhängigkeiten bestehen, die zumindest einen gewissen Entwick‐ lungsstand auf vorgelagerten Stufen bedingen, bevor Tätigkeiten auf der folgenden Stufe in Angriff genommen werden können. Aus diesem Grund ist Wie läuft der Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovationen grundsätzlich ab? 77 <?page no="78"?> beispielsweise eine Parallelisierung der Aktivitäten nur sehr eingeschränkt möglich. Zum anderen ist es jederzeit möglich und auch zweckmäßig, zu einer vorangegangenen Stufe zurückzukehren, wenn sich im weiteren Verlauf des Entwicklungsprozesses herausstellen sollte, dass die zuvor erreichten Ergebnisse nicht zielführend waren. Ideenentwicklung Die erste Aufgabe bei der Sachleistungsentwicklung ist die Entwicklung geeigneter Innovationsideen. Diese Aufgabe lässt sich wiederum in die drei Schritte Ideengenerierung, Ideenbewertung und -auswahl und Setzung visionärer Ziele untergliedern. Ideengenerierung Am Beginn des Entwicklungsprozesses für eine Sachleistungsinnovation steht die Generierung von Initialideen. Dabei ist es zweckmäßig, das Ideen‐ feld im ersten Schritt weit zu öffnen und möglichst viele und vielfältige Ideen zu sammeln. Eine gute Basis für die Ideenfindung bildet beispielsweise die intensive Auseinandersetzung mit aktuellen Chancen und Risiken auf dem Markt und mit den aktuellen Kundenbedürfnissen auf der einen Seite (Market Pull) und mit den technologischen Entwicklungen und Potenzialen auf der anderen Seite (Technology Push). Zudem ist das frühzeitige Identifizieren von Trends durch systematische Suche nach schwachen Signalen oft ein guter Impulsgeber. Die produktive Ideengenerierung kann durch eine große Vielfalt von Kreativitätstechniken unterstützt werden. Dazu zählen z. B. Brainstorming, Brainwriting, Methode 635, Synektik etc. Die gewonnenen Ideen lassen sich dann durch Zusammenfassen, weiteres Detaillieren und Ausarbeiten zu ersten Projektkonzepten und -entwürfen verdichten, die Gegenstand des folgenden Auswahlprozesses sind. Ideenbewertung und -auswahl Ziel der Ideenauswahl ist die Konzentration auf die erfolgversprechendsten Konzepte und Entwürfe. Dabei spielt vor allem auch die Passung mit den übergeordneten Unternehmensleitbildern und Unternehmenszielen eine Rolle. 78 Sachleistungsinnovationen <?page no="79"?> Als Indikatoren für den potenziellen Erfolg können beispielsweise Fakto‐ ren wie die Größe des relevanten Marktes, die Güte der Abdeckung der Kundenbedürfnisse und die erwartbaren Auswirkungen auf die ökonomi‐ schen Zielgrößen wie Umsatz und Gewinn herangezogen werden. Durchführbarkeitsstudien (Feasibility Studies) zeigen, ob die personellen, technischen und finanziellen Unternehmensressourcen eine Umsetzung der jeweiligen Ideen realistisch erscheinen lassen. Auf dieser Basis lässt sich auch das Realisierungsrisiko abschätzen. Als Ergebnis steht eine fundierte und nachvollziehbare Auswahl der weiter zu verfolgenden Produktidee. Setzung visionärer Ziele Die Aufgabe der Ideenentwicklung wird idealerweise mit der Formulierung eines visionären Zielbilds für die Sachleistungsinnovation abgeschlossen, das einen Rahmen und eine Zielrichtung für die folgenden Aufgaben der Innovationsplanung und der Innovationsrealisierung vorgibt. Dieses Zielbild steigert potenziell auch die Identifikation des Entwick‐ lungsteams mit der Innovationsaufgabe und hilft, auch schwierige Entwick‐ lungsphasen zu meistern. Planung der Sachleistungsinnovation Die Planung der Sachleistungsinnovation startet mit der zuvor entwickelten Zielvision und hat zum Ziel, diese in ein konkretes Pflichtenheft zu über‐ führen. Die Planung umfasst dabei die Strategieplanung, die Profilplanung und die Konzeptplanung. Strategieplanung Bei der Strategieplanung geht es darum, sicherzustellen, dass die zu entwi‐ ckelnde neue Sachleistung mit den übergreifenden Produkt- und Prozess‐ strategien sowie mit den Strategien der verschiedenen Funktionsbereiche im Unternehmen kompatibel ist. Dies betrifft beispielsweise die Abstimmung der eingesetzten Technolo‐ gien mit der Technologiestrategie, die Auswahl der benötigten Materialien im Einklang mit den entsprechenden Beschaffungsstrategien, die Planung der Produktarchitektur gemäß den Produktionsstrategien und die Anpas‐ sung der Vermarktungsideen an die Marketingstrategien im Unternehmen. Am Ende der Strategieplanung steht im Idealfall ein konsistenter Strate‐ gie-Mix für die Sachleistungsinnovation. Wie läuft der Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovationen grundsätzlich ab? 79 <?page no="80"?> Profilplanung und Erstellung des Lastenhefts Im Mittelpunkt der Profilplanung stehen als nächstes die Kundenanforde‐ rungen. Diese können sich auf alle Phasen des Produktlebens beziehen, also zum Beispiel auf Kauf, Nutzung, Wartung und Reparatur sowie Recycling und Entsorgung. Die Kundenanforderungen lassen sich durch verschiedene Marktfor‐ schungsmethoden im Rahmen von Befragungen und Beobachtungen erfas‐ sen. Das Ergebnis kann dann sowohl die Formulierung grundsätzlicher Erwartungen seitens der Kunden umfassen als auch eine anforderungs‐ basierte vergleichende Beurteilung eines geplanten Produkts mit einem Konkurrenzprodukt. Die Profilplanung basiert auf den Aussagen der Kunden, repräsentiert also die Nutzersicht, die in sich wiederum nicht zwingend widerspruchsfrei ist. Dementsprechend finden sich im Lastenheft, das die Ergebnisse der Profilplanung zusammenfasst, durchaus konkurrierende und inkonsistente Anforderungen, die zudem weitgehend noch rein qualitativ formuliert sind. Konzeptplanung Die Aufgabe der Konzeptplanung ist es, aufbauend auf der Strategieplanung und dem sich aus der Profilplanung ergebenden Lastenheft ein Lösungs‐ konzept zu erarbeiten, das die verschiedenen Rahmenbedingungen und Anforderungen möglichst gut vereint. Dazu wird die angestrebte Gesamtfunktion in Teilfunktionen aufgeglie‐ dert und deren Zusammenwirken durch Funktionsstrukturen abgebildet. Für die Teilfunktionen werden dann Lösungsprinzipien gesucht und in verschiedene Konzeptvarianten für die Gesamtlösung zusammengeführt. Die Analyse und vergleichende Bewertung dieser Konzeptvarianten führt schließlich zu einer Entscheidung über den im Weiteren zu verfolgenden Lösungsansatz. Erstellung des Pflichtenhefts Die Aufgabe der Innovationsplanung endet mit der Setzung operationaler Ziele in Form des Pflichtenhefts. Hierbei handelt es sich um ein in sich widerspruchsfreies, quantitativ formuliertes und damit überprüfbares Ziel‐ system für die Innovationsrealisierung. Das Pflichtenheft bildet im Folgenden die Grundlage für den gesamten Entwicklungsprozess und dient unter anderem auch als Vertragsgrundlage für nach außen vergebene Entwicklungsleistungen. 80 Sachleistungsinnovationen <?page no="81"?> Realisierung der Sachleistungsinnovation Aufbauend auf dem Pflichtenheft wird die Sachleistungsinnovation reali‐ siert, indem zunächst ein Systementwurf erstellt wird und dann die Kompo‐ nenten entworfen und getestet werden. Es folgt die Systemintegration samt Test, bevor die Sachleistungsinnovation in den Markt eingeführt werden kann. Systementwurf Der Systementwurf beinhaltet die prinzipielle Gestaltung der Sachleistungs‐ innovation und ist besonders wichtig, wenn diese modular aufgebaut ist und entsprechende Modulschnittstellen aufweist. Dabei sind insbesondere auch Aspekte der Produktion, der Beschaffung und der Vermarktung zu integrieren. Komponentenentwicklung und -test Die im Systementwurf unterschiedenen und voneinander abgegrenzten Komponenten können anschließend im Rahmen von Teilprojekten ausent‐ wickelt werden. Ziel ist es, die einzelnen Komponenten bzw. Bauteile mit Blick auf alle Anforderungen sachgerecht zu gestalten. Bei knappen Ressourcen ist es zweckmäßig, sich in diesem Zuge beson‐ ders auf die erfolgskritischen Komponenten zu konzentrieren. Am Ende jeder Komponentenentwicklung steht üblicherweise ein Test, der die Funktionsfähigkeit der Komponente und die Erfüllung der definier‐ ten Schnittstellenvorgaben nachweist. Systemintegration und -test Sind alle Komponenten entwickelt, können diese zu einem Prototyp des Gesamtsystems zusammengefügt werden. Dies ermöglicht Tests des Ge‐ samtsystems, denn auch bei erfolgreich getesteten Komponenten können im Gesamtsystem nicht vorhergesehene Fehler auftreten, die auf das Zusam‐ menwirken der Einzelkomponenten zurückzuführen sind. Systemeinführung Ist der Systemtest nach der Integration aller Komponenten erfolgreich verlaufen, ist die grundlegende Innovationsentwicklung abgeschlossen, und die Sachleistungsinnovation kann in die Serienproduktion überführt und in den Markt eingeführt werden. Wie läuft der Entwicklungsprozess von Sachleistungsinnovationen grundsätzlich ab? 81 <?page no="82"?> Dabei dürfen die Herausforderungen in beiden Fällen nicht unterschätzt werden. Die Überleitung in die Serienproduktion ist in der Regel mit erheblichen Anlaufkosten verbunden. Und bei der Markteinführung sind oft ausgeprägte Marktwiderstände zu überwinden. Hier kann beispielsweise ein Vorfeldmarketing und/ oder ein Pilotkundenmarketing helfen, einen günstigen Start in den Markt zu finden. Welche Bedeutung hat der Produktlebensphasen-Ansatz bei Sachleistungsinnovationen? Die explizite Berücksichtigung des Produktlebensphasen-Ansatzes im →Innovationsmanagement kann die zielgerichtete Entwicklung von Sachleistungsinnovationen erleichtern. Der Produktlebensphasen-Ansatz als Impulsgeber bei Sachleistungsinnovationen Der Produktlebensphasen-Ansatz betrachtet sämtliche Phasen, die ein Pro‐ dukt von der Entwicklung bis zur Entsorgung durchläuft. Dazu gehören bei Sachleistungen vor allem die Produkt- und die Prozessentwicklung, die Beschaffung, die Produktion, die Vermarktung mit Verkauf und Distribution, die Nutzung inklusive gegebenenfalls notwendiger Wartungen und Repara‐ turen, die Kollektion sowie die Reduktion und/ oder Entsorgung. Für die Sachleistungsinnovation können sich aus dem „Mitdenken“ aller dieser Phasen sowohl Pushals auch Pull-Effekte ergeben, die im Folgenden näher erläutert werden. Abbildung 15 stellt diese Effekte im Überblick dar. 82 Sachleistungsinnovationen <?page no="83"?> Abbildung 15 Integrierter Produktlebensphasen-Ansatz Umwelt Produktleben Sachleistungsentwicklung Beschaffung Produktion Lager, Verkauf, Distribution Nutzung Wartung Reparatur Kollektion Reduktion Entsorgung Demand Pull - Zweckorientierung - Anforderungen an die Entwicklung aus den Lebensphasen der Innovation Technology Push - Mittelorientierung - Technische Lösungen für Nutzungsprozesse des Kunden und Wertschöpfungsprozesse des Unternehmens Abbildung 15: Integrierter Produktlebensphasen-Ansatz bei Sachleistungsinnovationen. Quelle: Specht et al. 2002: 51. Demand-Pull-Effekte bei Sachleistungsinnovationen Demand-Pull-Effekte ergeben sich, wenn bei der Sachleistungsentwicklung die Anforderungen aller Stakeholder aus den folgenden Produktlebenspha‐ sen erfasst werden und diese beispielsweise in die Ideengenerierung und Lösungsfindung mit einfließen. In der Regel werden die Anforderungen und Wünsche der Kunden mit Blick auf die Sachleistungsnutzung, aber auch hinsichtlich Wartungs- und Reparaturerfordernissen systematisch erfasst und berücksichtigt. Aber auch die Stakeholder aus den anderen Phasen des Produktlebens haben meist spezifische Anforderungen. So können etwa in der Beschaffung Wünsche nach der Nutzung be‐ stimmter Materialien bestehen. In der Produktion können bestimmte Fügetechniken bevorzugt werden. Die Logistik bevorzugt oft bestimmte Transportmodalitäten. Vertrieb und Marketing haben oft spezifische kom‐ munikationsgetriebene Anforderungen. Und für die Kollektion und die Reduktion/ Entsorgung als abschließende Phasen des Produktlebens gibt es in vielen Fällen sogar gesetzliche Vorgaben. Welche Bedeutung hat der Produktlebensphasen-Ansatz bei Sachleistungsinnovationen? 83 <?page no="84"?> Die aktive Berücksichtigung dieser Vielfalt von Anforderungen unter‐ stützt das Finden neuartiger Lösungsansätze, deren Vorteil der integrative Ansatz ist. Technology-Push-Effekte bei Sachleistungsinnovationen Technology-Push-Effekte treten mit Blick auf den Produktlebenspha‐ sen-Ansatz auf, wenn bei der Sachleistungsentwicklung auf der Basis tech‐ nologischer oder sonstiger neuer Möglichkeiten neuartige Lösungsansätze mit Wirkung in den verschiedenen Produktlebensphasen geschaffen wer‐ den, ohne dass diese seitens der jeweiligen Stakeholder explizit gewünscht oder auch nur als Möglichkeit gesehen wurden. Dazu gehören beispielsweise die Einführung neuartiger Materialien oder neuartiger Verbundmechanismen mit Auswirkungen auf Beschaffung und/ oder Produktion, die Entwicklung neuartiger Lösungen für Wartung oder Reparatur, die Veränderung von Recyclingmöglichkeiten etc. Diese Technology-Push-Effekte können zu nachhaltigen Wettbewerbs‐ vorteilen führen. Sie bringen aber auch besondere Herausforderungen hinsichtlich der Akzeptanz der Lösungen bei den Stakeholdern in den jeweiligen Produktlebensphasen mit sich. Wie können neue Technologien zur Schaffung von Sachleistungsinnovationen erkannt und genutzt werden? Neue Technologien können die Basis für →Sachleistungsinnovationen bilden. Zum einen kann eine neue Technologie als Produkttechnologie in der Sachleistung eingesetzt werden. Zum anderen können neue Technologien zu neuen Fertigungsverfahren führen, so dass eine Sachleistung deutlich besser den Kundenanforderungen entsprechend hergestellt werden kann. Neue Technologien und das „Hype-Cycle-Modell“ Die Beobachtung der technologischen Entwicklungen ist daher eine zentrale Aufgabe im →Innovationsmanagement. Werden Technologiewechsel verpasst oder technologische Entwicklung verschlafen, hat dies einen er‐ heblichen Einfluss auf die Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit des Un‐ 84 Sachleistungsinnovationen <?page no="85"?> ternehmens. Die Geschichte zeigt, dass durch Technologiesprünge etablierte Unternehmen vom Markt verschwunden sind. Um neue Technologien zu erkennen, empfiehlt sich die Nutzung des Hype-Cycle-Modells. Das →Hype-Cycle-Modell, auch unter dem Begriff „Gartner Hype-Cycle-Mo‐ dell“ bekannt, wurde vom Beratungsunternehmen Gartner entwickelt und wird jährlich aktualisiert herausgegeben (Gartner 2023). Es geht davon aus, dass man Technologien zu einem frühen Zeitpunkt in ihrer Entwicklung kurzfristig ein Übermaß an Aufmerksamkeit schenkt und häufig deren technologische Leistungsfähigkeit „überschätzt“. Nach diesem Hype an Aufmerksamkeit sinkt dann das öffentliche Interesse meist abrupt und nähert sich im Laufe der Zeit einem „Normalmaß“ an. Phasen des Hype-Cycle-Modells Das in Abbildung 16 dargestellte →Hype-Cycle-Modell nennt fünf Pha‐ sen, die aber nicht zwangsläufig alle durchlaufen werden (Spath et al. 2011). Die erste Phase findet ihren Anfang in einem auslösenden Moment in Form von Veröffentlichungen zur Technologie, in Präsentationen, in Vorführungen, auf Ausstellungen, bei Messen etc. Erstmals nimmt die Öffentlichkeit außerhalb der auf dem Gebiet tätigen Forscher die Existenz der Technologie wahr. Im weiteren Verlauf rückt die Technologie immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Anzahl der Personen, die vom Potenzial der Technologie gehört haben, nimmt stetig zu. Auch viele Unter‐ nehmen möchten nicht den Zug verpassen und springen auf die Welle der Begeisterung für die Technologie auf. Ein „Hochjubeln“ der Technologien findet maßgeblich auch in der Publikumspresse statt und versucht der breiten Masse die scheinbaren Möglichkeiten der neuen Technologie näher zu bringen. Die daraus geweckten Erwartungen sind aber, gemessen an den technologischen Leistungen, nicht erfüllbar. Zwar kann es erste erfolgreiche Anwendungen und Prototypen geben, diese liegen jedoch weit hinter den in der Öffentlichkeit bestehenden Erwartungen. So ist nach den ersten Ernüchterungen oft ein starker Rückgang des Interesses für die Technologie zu verzeichnen. Rückschläge und das Fernbleiben von Erfolgsgeschichten machen die Technologie für weite Teile der Presse unattraktiv, so dass oft keine weiteren Beiträge über die Technologie erfolgen. Die Realisierung, dass die Leistungspotenziale der Technologie nicht so schnell erschlossen werden können wie zuvor angenommen, tritt auch bei Unternehmen ein. Trotzdem arbeiten neben den Forschern auch einige Unternehmen weiter Wie können neue Technologien erkannt und genutzt werden? 85 <?page no="86"?> an dieser Technologie, so dass nahezu unbemerkt von der öffentlichen Wahrnehmung technologische Fortschritte erreicht werden können. Gart‐ ner hat dies als „Hang der Erleuchtung“ bezeichnet. Erste erfolgreiche Anwendungen haben sich zu dieser Zeit bereits etabliert. Weitere Anwen‐ dungen folgen, was die praktische Verwertbarkeit der Technologie belegt und die Wahrnehmung der Technologie in der Öffentlichkeit wieder erhöht. Das „Plateau der Produktivität“ ist erreicht. Die verminderte technologische Unsicherheit wird Anlass für weitere Organisationen sein, über den Einsatz dieser Technologie in ihrem Unternehmen nachzudenken. Abbildung 16 Zeitverlauf Innovations-/ Technologieauslöser Gipfel der überzogenen Erwartungen Tal der Ernüchterung Hang der Erleuchtung Plateau der Produktivität Technologie 1 Technologie 2 Technologie 12 Technologie 13 Erwartungen Das Plateau wird erreicht sein in: weniger als 2 Jahren 2 bis 5 Jahren 5 bis 10 Jahren mehr als 10 Jahren obsolet vor Erreichen des Plateaus Technologie 3 Technologie 5 Technologie 6 Technologie 9 Technologie 10 Technologie 8 Technologie 7 Technologie 4 Technologie 11 Abbildung 16: Hype-Cycle-Modell. Das Hype-Cycle-Modell zeigt viele neue Technologien, die gerade in Ent‐ wicklung sind und zukünftig zum Einsatz kommen werden. Durch die jähr‐ liche Aktualisierung schafft das Modell einen Überblick und eine schnelle Zusammenfassung emergenter Technologien. Die Auflistung ist jedoch nicht abschließend und ist durch weitere Beobachtungen und Technologie‐ recherchen zu ergänzen. 86 Sachleistungsinnovationen <?page no="87"?> Videotipp: Was ist das Hype-Cycle-Modell? (englisch) https: / / www.youtube.com/ watch? v=jB1RDz9jaj0 Welche gewerblichen Schutzrechte sind besonders relevant zum Schutz von Sachleistungsinnovationen? Innovationsmanagerinnen und Innovationsmanager haben in der berufli‐ chen Praxis oftmals mit gewerblichen Schutzrechten Berührungspunkte. Sie sind meist erste Ansprechpartner: innen für Fragen des gewerblichen Rechtschutzes und Arbeitnehmererfindungen. Gleichzeitig fungieren sie als Vermittler zu externen Stellen wie Patentanwält: innen oder Behörden wie dem deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Überblick über gewerbliche Schutzrechte Die gewerblichen Schutzrechte haben eine lange Tradition und dienen grundsätzlich dazu, die Erfinderin oder den Erfinder dazu zu motivieren, die Idee und das Konzept seiner Neuerung offen zu legen. Dafür erhält die Erfinderin oder der Erfinder im Gegenzug das Recht, seine Erfindung beispielsweise allein zu nutzen oder eine Vergütung für die Nutzung seiner Erfindung zu erhalten. Für → Sachleistungsinnovationen sollen vier gewerbliche Schutz‐ rechte im Folgenden kurz vorgestellt werden: ● → Patent, ● → Gebrauchsmuster, ● eingetragenes Design und ● Marke. Schutz von Sachleistungsinnovationen 87 <?page no="88"?> Abbildung 17 Schutzrecht Schutzgegenstand Schutzvoraussetzungen Maximale Laufzeit Patent technische Erfindungen neu erfinderische Tätigkeit gewerblich anwendbar 20 Jahre Gebrauchsmuster technische Erfindungen (ausgenommen Verfahren) neu erfinderischer Schritt gewerblich anwendbar 10 Jahre Eingetragenes Design Farb- und Formgebung von fast allen industriell oder handwerklich herstellbaren Erzeugnissen neu - Eigenart 25 Jahre Marke die Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen - Unterscheidungskraft keine reine Beschreibung der Ware oder Dienstleistung nicht begrenzt (verlängerbar alle 10 Jahre) Abbildung 17: Übersicht über Schutzrechte. Quelle: DPMA 2023. In Abbildung 17 sind die im Folgenden vorgestellten Schutzrechte in einem Überblick zusammengestellt. Je nach Sachleistungsinnovation und Überle‐ gungen der strategischen Vermarktung ist die Anmeldung oder Eintragung möglich bzw. sinnvoll. Videotipp: Vier Schutzrechte, die jeder kennen sollte! https: / / www.youtube.com/ watch? v=-ymTxv4nVVY Patente und Gebrauchsmuster für technische Erfindungen →Patente und →Gebrauchsmuster werden für Erfindungen erteilt. Viele Rechtsfragen in diesem Bereich drehen sich um die Fragestellung: Was ist eine Erfindung? Eine gesetzliche Definition, was eine Erfindung ist, gibt es nicht. Ganz allgemein schützt das Patentrecht technische Erfindungen. Ausgenommen davon sind Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien, ma‐ thematische Methoden, ästhetische Formschöpfungen, Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tä‐ tigkeiten, Programme für Datenverarbeitungsanlagen und die Wiedergabe von Informationen. Somit sind beispielsweise →Geschäftsmodelle nicht patentfähig. 88 Sachleistungsinnovationen <?page no="89"?> Wann wird ein Patent erteilt? Nun kann nicht für jede technische Erfindung ein → Patent erteilt werden. Der Gesetzgeber hat Schutzvoraussetzungen aufgestellt, die erfüllt sein müssen, damit eine technische Erfindung patentfähig ist. Die Erfindung muss: ● neu sein, ● auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und ● gewerblich anwendbar sein. Neu ist eine Erfindung dann, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Nicht zum Stand der Technik gehört eine Erfindung nur dann, wenn die Er‐ findung zu keiner Zeit irgendwo öffentlich gemacht wurde. Man spricht hier auch vom absoluten Neuheitsbegriff. Das heißt, die Erfindung darf niemals weltweit irgendwo der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein. Dies meint in keiner Beschreibung, auf keiner Messe oder in keinem Vortrag. Besteht seitens der Erfinderin oder dem Erfinder die Idee, die Erfindung zum Patent anmelden zu wollen, ist darum darauf zu achten, die Erfindung vor der Anmeldung geheim zu halten. Wurde versehentlich eine eigene Veröffentlichung gemacht, bleibt gegebenenfalls noch die Möglichkeit der Anmeldung eines →Gebrauchsmusters. Eine weitere Voraussetzung für die Anmeldung eines Patents ist, dass die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen muss. Eine erfin‐ derische Tätigkeit wird dann unterstellt, wenn die Erfindung sich für einen Fachmann nicht aus dem Stand der Technik ergibt. Bei dem Fachmann handelt sich aber nicht um ein Individuum mit technischem Sachverstand. Es wird hier auf dem Begriff des „Durchschnittsfachmanns“ verwiesen. Hierbei handelt es sich um eine fiktive Person, die über durchschnittliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen im betreffenden technischen Bereich verfügt. Es wird also auf das Wissen eines Fachmanns abgestellt, der sich im Bereich der anzumeldenden Erfindung durchschnittlich auskennt. Die Erfindung muss für den Fachmann nicht naheliegend sein. Ist dies gegeben, so wird angenommen, dass sie nicht zum Stand der Technik gehört. Die gewerbliche Anwendbarkeit als dritte Schutzvoraussetzung wird oftmals weit gefasst. Die Erfindung sollte in irgendeinem gewerblichen Gebiet genutzt werden können. Schutz von Sachleistungsinnovationen 89 <?page no="90"?> Gebrauchsmuster - was ist das? Ein weiteres gewerbliches Schutzrecht ist das →Gebrauchsmuster. Es ist dem Patent ähnlich. Unterschiede liegen in der Laufzeit, im Verfahren der Eintragung, im Schutzgegenstand und im Aspekt der Neuheit. Gebrauchs‐ muster können nicht für technische, chemische oder biologische Verfahren eingetragen werden. Dafür besteht beim Gebrauchsmuster die Möglichkeit, trotz Vorveröffentlichung eine Eintragung anzustreben. Beim Gebrauchs‐ muster gilt eine Neuheitsschonfrist von sechs Monaten. Hat die Erfinderin oder der Erfinder die Erfindung in irgendeiner Weise veröffentlicht, so ist dies unbedenklich, wenn die Veröffentlichung nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Die Schutzvoraussetzungen der gewerblichen Anwendbarkeit und der erfinderischen Tätigkeit bestehen ebenfalls im Gebrauchsmuster‐ recht. Kann auch Design geschützt werden? →Patente und →Gebrauchsmuster sollen technische Erfindungen schützen. Nun hat der Gesetzgeber aber auch Möglichkeiten eingeräumt, um Designs und Formgebungen zu schützen. Um Designs eintragen zu können, müssen zwei Schutzvoraussetzungen erfüllt sein: Neuheit und Eigenart. Das Design muss in seiner Identität neu sein und darf in Fachkreisen so nicht bekannt sein. Es besteht hier eine Neuheitsschonfrist von zwölf Monaten. Die zweite Schutzvoraussetzung ist die Eigenart. Marke als strategische Möglichkeit im Innovationsmanagement Das vierte hier vorgestellte Schutzrecht ist die Marke. Gerade für Kompo‐ nentenhersteller ist die Anwendung einer Komponentenmarkenstrategie eine Möglichkeit, die Innovationsleistung für die Endkunden sichtbar zu machen. Der Vorteil für den Komponentenhersteller besteht darin, dass er möglicherweise einen Sog-Effekt erzeugt, der den Endprodukthersteller dazu zwingt, die Komponente zu beziehen. Marken können allerdings nicht eingetragen werden, wenn beispielsweise die Unterscheidungskraft fehlt, das Zeichen für die allgemeine Benutzung freizuhalten ist oder ein Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung vorliegt. 90 Sachleistungsinnovationen <?page no="91"?> Wie hilft das Kano-Modell Kundenbedürfnisse bei Sachleistungsinnovationen zu analysieren? Das →Kano-Modell ist ein in den 1980er Jahren von Noriaki Kano und Kollegen entwickeltes Verfahren zur strukturierten Analyse von Kunden‐ anforderungen (Kano et al. 1984). Ziel dieser Methode ist es, Anforderungen zu identifizieren, deren Erfüllung besonders wahrgenommen und honoriert wird. Mit Hilfe dieses Instruments lässt sich ein Anforderungsprofil entwer‐ fen und dessen Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden bestimmen. Was sind Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen? Das Kano-Modell differenziert zwischen Basis-, Leistungs- und Begeiste‐ rungsanforderungen (Abbildung 18). Basisanforderungen werden vom Kunden als unverzichtbar und selbst‐ verständlich angesehen. Oft wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass die Nicht-Erfüllung solcher Kriterien zu Unzufriedenheit führt. Die Basisanforderungen sind also Standard und werden erwartet. Sie führen nicht zu einer großen Begeisterung, müssen aber unbedingt erfüllt wer‐ den. Leistungsanforderungen sind Anforderungen, die über den Standard hinausgehen, aber ebenfalls erfüllt werden sollten. Je besser die Leistungs‐ anforderungen erfüllt sind, desto eher tragen diese zur Kundenzufriedenheit bei. Die Leistungsanforderungen sollten deshalb eher übertroffen werden, um sich beispielsweise von Wettbewerbern zu differenzieren. Die Begeisterungsanforderungen sind Anforderungen, die der Kunde so nicht erwartet hätte und die ihn begeistern. Sie lösen oftmals eine starke emotionale Reaktion beim Kunden aus. Begeisterungsanforderungen haben das Potenzial, Kunden von Konkurrenten abzuwerben. Sie sind oft nicht artikulierte Kundenbedürfnisse und lindern „echte“ Schmerzen beim Kunden. Wie hilft das Kano-Modell Kundenbedürfnisse bei Sachleistungsinnovationen zu analysieren? 91 <?page no="92"?> Abbildung 18 Kundenzufriedenheit Erfüllungsgrad Leistungsanforderung Basisanforderung Begeisterungsanforderung hoch hoch niedrig niedrig Abbildung 18: Kano-Modell zur Analyse von Kundenbedürfnissen Anwendung der Kano-Methode Ziele der Kano-Methode sind die genauere Abschätzung des Einflusses der Kundenanforderungen auf die Kundenzufriedenheit sowie die Entwicklung maßgeschneiderter Leistungspakete für verschiedene Kundensegmente. Darüber hinaus kann mit der Kano-Methode die Schaffung von Wettbe‐ werbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz erreicht werden, indem Prioritä‐ ten für die Produktentwicklung identifiziert werden. Sie kommt deshalb im Rahmen der Produktprofilplanung zur Strukturierung von Kundenan‐ forderungen zum Einsatz. Die Kano-Methode eignet sich insbesondere bei komplexen Produkten mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Kunden‐ anforderungen In der praktischen Anwendung kommt es darauf an, dass sich repräsen‐ tative Kundengruppen identifizieren lassen, die mit ihren Wünschen und Bedürfnissen den gesamten angestrebten Markt abdecken. Darüber hinaus sollte ein gutes Kunden-Hersteller-Verhältnis existieren, da die Anwendung der Kano-Methode das Sich-Einbringen des Kunden in den Entwicklungs‐ prozess erfordert. 92 Sachleistungsinnovationen <?page no="93"?> Wie kann Extended Reality zum Vermarkten von Sachleistungsinnovationen derzeit eingesetzt werden? Neue Technologien haben das Potenzial, die Kunden-Anbieter-Beziehung zu verändern. Eine Technologie, die es ermöglicht, die Kluft zwischen der physischen Welt und der digitalen Welt zu überbrücken, ist die erwei‐ terte Realität, die im Englischen auch als →Extended Reality bzw. XR bezeichnet wird. Die folgenden Erkenntnisse wurden im Rahmen einer umfangreichen Studie von Fischer et al. (2021) gewonnen. Was bedeutet Extended Reality (XR)? Der Begriff →Extended Reality fasst zwei Technologieansätze zusammen. Dies ist zum einen die Augmented Reality (AR) und zum anderen die Virtual Reality (VR). AR fügt digitale Objekte in die reale Umgebung ein. Sie können zum Beispiel zwischen realen physischen Objekten platziert werden und ermöglichen eine Veränderung der realen Umgebung. VR bietet dem Benutzer eine vollständig virtuelle Umgebung. Die virtuelle Umgebung wird in Echtzeit mit Hilfe von Computern entwickelt und ermöglicht dem Benutzer eine immersive Erfahrung. Um beide Phänomene abzudecken, wird der Begriff XR verwendet, der das Spektrum von einer vollständig realen Welt bis zu einer vollständig virtuellen Welt abdecken soll und somit sowohl VR als auch AR umfasst. Einsatzmöglichkeiten von Extended Reality (XR) Mittlerweile wird XR von der Industrie in einer Vielzahl von Anwen‐ dungsbereichen eingesetzt. So kann XR beispielsweise neue →Geschäfts‐ modelle ermöglichen, digitale Unterstützung bieten oder bestehende Ge‐ schäftsprozesse verändern. Darüber hinaus kann XR auch die Vermarktung von →Sachleistungs‐ innovationen unterstützen, weil es die Verkaufsumgebung erweitern und zu einem besseren Einkaufserlebnis führen kann. XR-Anwendungen er‐ möglichen es, die Kundenansprache in allen Schritten des Verkaufszyklus zu individualisieren, dem Kunden neue Erfahrungen zu bieten und seine Bedürfnisse zielgerichtet zu berücksichtigen. Die Innovation in der Sachleis‐ Extended Reality 93 <?page no="94"?> tung kann potenziellen Kunden noch besser transparent gemacht werden, was wiederum eine schnelle Marktdurchdringung maßgeblich fördern kann. So kann XR in der Anbahnungsphase eingesetzt werden. Auf Messen ist die XR-Technologie meist ein Anzugsmagnet. Messeteilnehmer: innen, die die Technologie noch nicht kennen, sind teils erst skeptisch und zögerlich. Sobald sie jedoch die Anwendung persönlich kennengelernt haben, stehen sie der XR-Technologie meist positiv gegenüber. Unternehmen, die XR einsetzen, werden tendenziell auch als innovativer wahrgenommen. Durch XR verändert sich im Vermarktungsprozess die Interaktion mit den Kunden. Während früher ein Angebot in der Realität präsentiert wurde, wird es nun über eine neue Technologie erlebt. Diese Verschiebung weg von der Realität führt zu Veränderungen von eingefahrenen Routinen. Der Kunde erhält und erlebt den Mehrwert der Innovation schneller als früher. Dementsprechend kann XR dem Kunden wertvolle Einblicke geben, erfordert aber auch zusätzliche Fähigkeiten auf Seiten des Verkäufers. Vertriebsmitarbeitende müssen für die neuen Technologien aufgeschlossen sein und mehr Flexibilität zeigen, denn XR bietet dem Kunden zusätzliche Erfahrungen. Dies führt gegebenenfalls zu weiteren Rückfragen beim Kun‐ den, und die Verkäufer: innen müssen in der Lage sein, dieses Interesse in Potenziale zu transferieren und den Kunden den Mehrwert der Innovation zu vermitteln. Was sollte beachtet werden bei der Nutzung von Extended Reality (XR)? Die Vertriebsmitarbeiter: innen sollten daher ein gutes Verständnis für das neue Medium haben. XR verändert nicht den gesamten Verkaufsprozess, sondern überträgt viele bisher konventionell präsentierte Informationen in die digitale Welt. Diese Verschiebung muss von den Verkäufern bewältigt werden, um dem Kunden ein wertvolles XR-Erlebnis zu bieten. Beim Einsatz von XR sollte der Mehrwert natürlich im Vordergrund stehen. Die XR-Anwendung sollte ein bestehendes Vermarktungsproblem besser lösen als auf dem konventionellen Weg. Bei der Vermarktung der Sachleistungsinnovation sollten konkrete Anwendungsszenarien demons‐ triert werden, die den Mehrwert der Innovation für den Kunden verdeutli‐ chen. Technische Restriktionen sind im Vorfeld zu beseitigen. Die Nutzung der Technologie sollte für den Kunden leicht und komfortabel gestaltet wer‐ 94 Sachleistungsinnovationen <?page no="95"?> den. Manchmal berichten Erstnutzer: innen von Wahrnehmungsstörungen, Schwindel oder Übelkeit. Diese Phänomene verschwinden in der Regel nach einiger Zeit und betreffen vor allem VR-Anwendungen. Außerdem können Träger von „normalen" Brillen Probleme mit der Schärfe des Bildes haben. Es ist hilfreich, wenn die Vertriebsmitarbeiter: innen den Kunden Tipps geben, um sich sicher in der XR-Welt zu bewegen und ein positives Erlebnis zu haben. Die potenziellen Vorteile von XR können sich in fast allen Schritten des Verkaufsprozesses entfalten. Mit zunehmender Reife der Technologie, wei‐ teren Anwendungsszenarien und sicherem Umgang auf Nutzerseite wird XR bei der Vermarktung von Sachleistungsinnovationen einen entscheidenden Beitrag liefern können. Durch die weitere Integration von Technologien und Anwendungen kann XR Produktvorteile besser erlebbar machen und Unterstützung im Verkaufs- und Entscheidungsprozess für Anbieter und Kunden liefern. Der Kunde kann besser einschätzen, ob er mit dem Produkt zu der erhofften Lösung seines Problems kommt und er durch die Innovation einen echten Mehrwert hat. Wie unterstützt die Methode QFD bei der Sachleistungsentwicklung? Ein verbreitetes Instrument der Produktgestaltung ist das →Quality Func‐ tion Deployment (QFD). Es stellt eine durchgängige Planungsmethodik für →Sachleistungsinnovationen dar. Ziel ist hierbei, eine konsequente Ausrichtung der Entwicklung an den Kundenwünschen zu jeder Zeit zu gewährleisten. Der QFD-Prozess beginnt bei der Ermittlung der Kundenbe‐ dürfnisse und endet bei der Umsetzung der für die Produktion notwendigen Prozesse. Das QFD-Konzept geht auf Akao (1990; 1992) zurück. Ziele und Vorteile Das Ziel der QFD-Methodik ist ganz klar auf die Reduzierung von Kosten bei gleichzeitiger Erreichung von kundenorientierten Lösungen unter kürzest möglicher Zeit gerichtet. Diese Effizienzsteigerungen sollen durch bessere Zusammenarbeit aller am Entwicklungs- und Produktentstehungsprozess beteiligten Fachabteilungen gewährleistet werden. Die Kosteneinsparungen resultieren aus einer vorausschauenden, präventiven Vermeidung von Fehl‐ Wie unterstützt die Methode QFD bei der Sachleistungsentwicklung? 95 <?page no="96"?> entwicklungen. Die Kundenorientierung ist im QFD-Prozess das Ergebnis einer frühzeitigen Beachtung der Markt- und Kundeninformationen und Übersetzung der „Stimme des Kunden“ in die „technische Sprache der Entwickler“. Letztlich ergeben sich kürzere Entwicklungszeiten durch eine fundierte Produktdefinition und folglich minimale Produktänderungen im Rahmen des Produktentwicklungsprozesses. Da die Produktentwicklung nie die alleinige Aufgabe einer einzigen Abteilung ist, sondern immer einen Gemeinschaftsprozess aus Vertrieb, Konstruktion, Produktion etc. darstellt, erfordert eine Planungsmethode die Integration aller relevanten Gruppen und Abteilungen im Unternehmen. Solche interdisziplinären Teams können nun gewährleisten, dass unter‐ schiedliche Ansichten, Positionen und teils gegenläufige Zielsetzungen klar formuliert werden und so einer Lösung zugeführt werden können. Darüber hinaus müssen zu allen Stufen des Produktentwicklungsprozesses die Zu‐ sammenhänge und Interdependenzen zwischen den Konkretisierungsstufen transparent und nachvollziehbar kommuniziert werden. Diese Integrations‐ leistung ist ebenfalls ein Vorteil, der mit Hilfe der QFD-Methode erreicht werden kann. Einsatzgebiete Das Einsatzgebiet der QFD-Methode ist aufgrund der Flexibilität breit und vielfältig. Demnach kommt sie in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz. Von der Stahlindustrie und der Automobilindustrie über die Straßenverkehrsplanung und die Bekleidungsindustrie bis zur Bildung kann die QFD-Methode die Produktentwicklung verbessern. Sie kommt hierbei in vier Phasen der Prozesskette zum Einsatz: der Qualitätsplanung der Sach‐ leistung, der Konstruktion, der Herstellungsprozesse sowie der Produktion. Der Ansatz des QFDs ist eine Verbindung unterschiedlicher Instrumente, mit deren Hilfe verschiedene Begriffswelten zusammengeführt werden. Mittel hierzu sind Modellierungsstufen der Produkteigenschaften, die über Matrizen zusammengefasst werden. Diese dienen dann als Kommunikati‐ onsmittel für die Transformation der Kundenbedürfnisse von einer auf die andere Ebene. 96 Sachleistungsinnovationen <?page no="97"?> Vorgehensweise Das zentrale Instrument ist das House of Quality als System von Matrizen (vgl. Abbildung 19). Es unterstützt das Qualitätsplanungsteam durch eine klare Gliederung in Form von „Zimmern“. Dazu dienen die vier Leitfragen: „Was erwarten die Kunden“, „Wie können diese erfüllt werden“, die zentralen „WAS“ und „WIEs“, ergänzt um die beiden Fragen „wie viel der WIEs sollen erreicht werden“ und „Warum verbessert das Team ein Produkt“. Abbildung 19 WIE ? WAS? Korrelation Gewichtete Listeneinträge Weiterführende Tabellen Weiterführende Tabellen Abbildung 19: Simples Korrelationsprinzip der Methodik QFD nach Yoji Akao. Quelle: Nach Sprenger (2023). Ausgangspunkt der Analyse ist die Frage nach den Kundenwünschen („WAS“). Hier können Auswertungen der Hotline, Beschwerdedatenbanken, Befragungen oder Fokusgruppen-Analysen herangezogen werden. Wichtig ist nur, in mehreren Durchläufen eine valide Basis abzuleiten. Dann wird das House of Quality erzeugt. Die Kundenanforderungen werden links eingetragen, unterteilt in Unterkategorien. Im Weiteren wer‐ den die Kundenanforderungen gewichtet. Üblich ist, dass dem Kunden Wie unterstützt die Methode QFD bei der Sachleistungsentwicklung? 97 <?page no="98"?> einzelne Kriterien wichtiger, andere weniger wichtig sind. Zu diesem Zweck können Methoden wie die Multidimensionale Skalierung oder das Conjoint Measurement angewendet werden. Bei der Produktgestaltung (dieser Schritt beantwortet die Frage: „WIE“ soll das Produkt gestaltet werden) werden die ermittelten Kundenwünsche in technische Merkmale umgesetzt. Als Faustregel gilt, dass diese möglichst anforderungsgerecht und möglichst quantifizierbar sein sollen. Zu den be‐ schriebenen Produktmerkmalen sind nun messbare Zielgrößen anzugeben. Mit der Angabe dieser Zielwerte ist es möglich, klare technische Ziele zu definieren und diese später zu kontrollieren. Das WAS und WIE wird im Weiteren in Beziehung gebracht. In die‐ sem Arbeitsschritt wird jeder Kundenwunsch (linke Seite) mit jedem Pro‐ duktmerkmal (obere Seite) auf wechselseitige Beziehungen hin überprüft. Konkret heißt dies die Beantwortung der Frage: „Wie stark beeinflusst die WIE-Antwort, also das gefundene technische Kriterium, die einzelnen Anforderungen des Kunden? “ Nachdem alle Felder des „House of Quality“ ausgefüllt wurden, sind sowohl das Wissen als auch die Ideen des beteiligten Teams nachvollziehbar dokumentiert. Das Team befasst sich nun mit der Auswahl der wichtigsten Produktmerkmale, die auf die Neuentwicklung bzw. Verbesserung einen entscheidenden Einfluss haben. Der Aufbau des „House of Quality“ stellt eine fundierte Entscheidungsbasis für diese Auswahl dar. Durch die un‐ terschiedlichen Bewertungskriterien wird der Einsatz von interdisziplinär besetzten Teams notwendig. Die gemeinsame Erarbeitung des „House of Quality“ sorgt für einen immensen Wissenstransfer zwischen allen Betei‐ ligten. Zusammenfassend zeigt sich, dass die QFD-Methode eine Reihe von Vorteilen für die Sachleistungsentwicklung bietet. Konkret handelt es sich hierbei um die Verkürzung von Entwicklungszeiten. Diese können durch die Verbesserung des Informationsflusses und der Kommunikation erreicht werden, die wiederum aus der Förderung der Teamorientierung resultiert. Als Ergebnis dieser Vorteile lässt sich in der realen Anwendung eine Reduktion der nachträglichen Änderungen beobachten, da nun frühzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Produkts erkannt werden kann. Letztlich wird die kundenanforderungsgerechte Produktentwicklung erhöht. QFD ist somit eine durchgängige, präventive Methode zur Abschätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. 98 Sachleistungsinnovationen <?page no="99"?> Wie kann die Methode FMEA bei Sachleistungsinnovationen eingesetzt werden? Die →FMEA („Failure Mode and Effects Analysis“) ist eine weit verbreite Methode zur Analyse von potenziellen Risiken. Sie ist eine systematische, halbquantitative Risikoanalysemethode und wurde in den 1960er Jahren für die Untersuchung von Schwachstellen oder Risiken bei Flugzeugen entwi‐ ckelt. Heute empfehlen diverse Qualitätsstandards die FMEA (z. B. innerhalb des VDA). Die Kernidee der FMEA basiert auf dem frühzeitigen Erkennen und Verhindern von potenziellen Fehlern sowie ihren Auswirkungen auf die Produktionsfunktionen. Damit können nicht nur Risikoanalysen von beste‐ henden Produkten durchgeführt werden, sondern eben auch von geplanten Neuprodukten vor ihrem Einsatz beim Kunden. Die FMEA analysiert somit präventiv Fehler und ihre Ursachen. Es bietet sich deshalb an, eine solche Analyse auch dann durchzuführen, wenn sich im Einsatzbereich, in der Produktverwendung oder an anderer Stelle eine wesentliche Änderung ergibt. Seit 2019 liegt eine neue Version zur Nutzung der FMEA vor (siehe AIAG & VDA 2019). Laut Werdich (2020) hat eine FMEA folgende Ziele: ● „potenzielle technische Risiken eines Fehlers im Produkt oder Prozess zu bewerten, ● die Ursachen und Folgen solcher Fehler zu untersuchen, ● Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen zu dokumentieren, ● Maßnahmen zur Risikoreduzierung zu empfehlen". Die Durchführung erfolgt laut AIAG & VDA (2019) in sieben Schritten: 1. Planung und Vorbereitung 2. Strukturanalyse 3. Funktionsanalyse 4. Fehleranalyse 5. Risikoanalyse 6. Optimierung 7. Ergebnisdokumentation Wir konzentrieren uns hier auf die Design-FMEA (DFMEA). Um das Risiko von Produktfehlern zu verringern, konzentriert sich diese Art der FMEA auf das Design des Produkts. Gerade bei Innovationsprojekten kann sie zum Einsatz kommen. Die DFMEA ist eine analytische Methode zur Ver‐ Wie kann die Methode FMEA bei Sachleistungsinnovationen eingesetzt werden? 99 <?page no="100"?> besserung der Produktqualität in der Phase des Produktdesigns und der Produktentwicklung, um potenzielle Risiken zu finden, die bei der Konstruk‐ tion eines Produkts oder einer Dienstleistung möglicherweise übersehen oder hinzugefügt wurden. Die DFMEA wird typischer Weise angewendet, wenn: ● es einen neuen Entwurf mit neuem Inhalt gibt, ● es sich um einen aktuellen Entwurf mit Änderungen handelt, die auch Änderungen aufgrund von Fehlern in der Vergangenheit beinhalten können, ● ein aktueller Entwurf in einer neuen Umgebung oder in einem geän‐ derten Arbeitszyklus verwendet wird (keine physische Änderung des Entwurfs). Zu Beginn identifiziert die Design-FMEA Designfunktionen, Fehlermodi und deren Folgen für den Kunden mit entsprechenden Schweregraden/ Ge‐ fahren der Auswirkungen. Dann werden die Ursachen und ihre Mecha‐ nismen für den Fehlermodus ermittelt. Ursachen mit hoher Eintrittswahr‐ scheinlichkeit sollten zu Maßnahmen führen, um die Auswirkungen der Ursache auf den Fehlermodus zu verhindern oder zu reduzieren. Das Ent‐ deckungsranking hebt die Fähigkeit spezifischer Tests hervor, zu bestätigen, dass der Fehlermodus / die Ursachen beseitigt sind. Die DFMEA verfolgte lange Verbesserungen durch Verringerung der Risikoprioritätszahl (RPZ). Durch den Vergleich von Vorher- und Nachher-RPZ sollte eine Historie der Verbesserung und Risikominderung aufgezeichnet werden. Seit 2019 wird die Ableitung einer Aufgabenpriorität vorgeschlagen. Wir gehen im Folgenden etwas detaillierter die Schritte einer DFMEA durch. Schritt 1 Im ersten Schritt wird die FMEA selbst geplant, damit der Umfang und die Ausgangsbasis der Analyse klar sind. Dabei wird u. a. geregelt, welche Grenzen die Analyse hat oder wie das Team zusammengesetzt ist. Schritt 2 Schritt zwei umfasst die Gliederung eines Produktes in Teilsysteme, Kom‐ ponenten und Bauteile, damit systematisch analysiert werden kann. Die Detaillierung ist dabei abhängig vom Projekt. 100 Sachleistungsinnovationen <?page no="101"?> Schritt 3 Schritt drei umfasst eine Funktionsanalyse, damit Anforderungen oder Merkmale Funktionen zugeordnet werden können. Die Anforderungen werden bspw. durch eine separate Auswertung in einem Dokument bereit‐ gestellt. Hier wird teilweise die Methode →Quality Function Deploy‐ ment (QFD) empfohlen. Die Anforderungen müssen messbar sein und sollten über definierte Testmethoden verfügen. Wenn die Anforderungen schlecht geschrieben oder nicht vorhanden sind, kann die Entwicklungsar‐ beit umsonst gewesen sein. Eine erste Handlungsempfehlung kann daher darin bestehen, die Anforderungen zu untersuchen und zu klären, um eine Verschwendung von Entwicklungsarbeit zu vermeiden. Die Anforde‐ rungen oder Messungen der Funktion werden danach beschrieben. Laut Werdich (2020) gilt: „Funktionen beschreiben den vorgesehenen Zweck eines Systemelementes, sollten einem Systemelement zugewiesen sein, sollten eindeutig sein, werden aus einem Substantiv und Tätigkeitsverb gebildet und beschreiben die Beziehung zwischen Input und Output eines Systemelementes“. Anschließend werden die Fehlermodi im Schritt vier erfasst. Schritt 4 Schritt vier untersucht, welche Folgen Fehler haben können und welche Ursachen diesen zugrunde liegen können. Dazu wurde in Schritt zwei jedes Element bzw. die Funktion beschrieben. Das Element kann ein komplettes System, ein Teilsystem oder eine Komponente sein. Fehlermodi sind die Antifunktionen oder nicht erfüllten Anforderungen. Wenn jeder Produkt‐ funktion eine Fehlerfolge, Fehlerart und Fehlerursache zugeordnet wurde, ist die Fehleranalyse vollständig. Es gibt dabei verschiedene Arten von Feh‐ lermodi, z. B. vollständiger Ausfall, teilweiser Ausfall oder unbeabsichtigtes Versagen. Es kann hier z. B. die 5W-Methode angewandt werden. Dabei wird mehrfach gefragt „Warum? “, bis die Ursache eindeutig identifiziert ist und nicht mehr weiter unterteilt werden muss. Wichtig ist, die Auswirkungen eines Ausfalls zu erfassen. Für jeden Fehlermodus können viele Auswirkun‐ gen möglich sein. Alle Auswirkungen sollten in der gleichen Zelle oder gruppiert neben dem entsprechenden Ausfallmodus erscheinen. Wichtig ist auch, die Ursachen zu erfassen. Die Ursachen werden für alle Fehlermodi definiert und sollten auf der physikalischen Ebene bestimmt Wie kann die Methode FMEA bei Sachleistungsinnovationen eingesetzt werden? 101 <?page no="102"?> werden. Die Ursachen auf Komponentenebene können mit den Material‐ eigenschaften, der Geometrie, den Abmessungen und den Schnittstellen zu anderen Komponenten, die die Funktion beeinträchtigen könnten, in Verbindung gebracht werden. Ursachen auf der Systemebene werden in einer detaillierteren Analyse als Fehlerarten kaskadiert. Geometrie und Dimensionen werden kaskadiert (Wasserfall) zu speziellen Merkmalen, die in die Prozess-FMEA übertragen werden können. Die Verwendung von Begriffen wie schlecht, mangelhaft, defekt und gescheitert sollte vermieden werden, da sie die Ursache nicht detailliert genug definieren, um Risikokal‐ kulationen für die Risikominderung durchzuführen. Schritt 5 Schritt fünf umfasst eine Risikoanalyse mit Blick auf den Schweregrad (Bedeutung), die Wahrscheinlichkeit des Auftretens (Auftreten) sowie die Wahrscheinlichkeit des Entdeckens (Entdecken) eines Fehlers. Die Bedeutung wird mit Zahlen von 1 (keine Auswirkung) bis 10 (sicher‐ heitsrelevant) skaliert. Für jeden Fehlermodus, dessen Auswirkung mit 9 oder 10 eingestuft ist, können Maßnahmen zur Änderung der Entwurfsrich‐ tung festgelegt werden. Wenn eine empfohlene Maßnahme identifiziert wird, wird sie anschließend separat eingetragen. Die Einstufung des Auftretens ist ebenso eine Schätzung auf der Grund‐ lage bekannter oder fehlender Daten. Die Häufigkeitseinstufung folgt der Logik von 1 (tritt wahrscheinlich nicht auf) bis 10 (tritt wahrscheinlich auf), weil das Design nicht bekannt ist. Ebenso wird die Wahrscheinlichkeit des Entdeckens ermittelt von 1 (Ausfall durch Konstruktion verhindert) bis 10 (kann nicht bewertet werden, da z.-B. kein Test verfügbar ist), eingestuft. Gegenmaßnahmen bzw. Maßnahmen zur Prävention werden hier bereits abgeleitet, basierend auf der Aufgabenpriorität (AP). Dazu werden drei Prioritätsstufen unterschieden: ● Niedrig (N): zusätzliche Maßnahmen können getroffen werden, ● Mittel (M): zusätzliche Maßnahmen sollten getroffen werden und ● Hoch (H): zusätzliche Maßnahmen müssen getroffen werden Hierfür wird eine Zuordnungstabelle erstellt, wie in Abbildung 20 darge‐ stellt. 102 Sachleistungsinnovationen <?page no="103"?> Abbildung 20: AP-Tabelle nach Werdich (2020) Maßnahmen werden anschließend gemäß der AP-Tabelle geplant und später durchgeführt. Maßnahmen, die ein Ingenieurteam bei der Planung bzw. Fertigstellung eines Entwurfs anwendet, haben den Vorteil, dass sie das Auftreten verringern. Je stärker die Vorbeugung ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die potenzielle Ursache durch die Konstruktion beseitigt werden kann. Die Verwendung geprüfter Konstruktionsstandards, bewährter Tech‐ nologie (mit ähnlichen Belastungen) und computergestützter Konstruktion (CAE) sind typische Präventionsmaßnahmen. Wie kann die Methode FMEA bei Sachleistungsinnovationen eingesetzt werden? 103 <?page no="104"?> Die Risiken, welche die höchste Stufe der Priorität zugewiesen bekommen haben, können später bei einer Risikoquantifizierung herangezogen werden. So kann aus den qualitativen Einschätzungen (Stufen 1 bis 10, bzw. bei der AP-Tabelle „hoch“) eine monetäre Bewertung abgeleitet werden. Schritt 6 Im Schritt sechs gilt es, zu prüfen, ob die Maßnahmen aus der Risikoanalyse zu optimieren sind oder nicht. Eine solche Optimierung ist so lange durch‐ zuführen, bis ein akzeptables Niveau an Risiken erreicht wurde. Dies kann auch heißen, festzustellen, dass die aktuellen Maßnahmen ausreichend sind. Schritt 7 Diese Ergebnisse werden schließlich im Schritt sieben dokumentiert. Damit ist klar, dass eine FMEA auch oft als Teil des →Risikomanage‐ ments genutzt wird. Hier ist oft jedoch dann das Problem vorhanden, die qualitativen Informationen aus der AP-Tabelle in monetäre Größen im Rahmen einer Risikobewertung zu überführen. Dies wird unter dem Thema „Wie bewertet man Risiken“ bei den Ausführungen zum Risikomanagement im Innovationsmanagement näher erläutert. 104 Sachleistungsinnovationen <?page no="105"?> Dienstleistungsinnovationen Dienstleistungsinnovationen gewinnen für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. In diesem Kapitel werden darum interessante Fragen zu den Merkmalen von Dienstleistungsinnovationen sowie zu wichtigen dienst‐ leistungsbezogenen Rahmenbedingungen, Gestaltungsan‐ sätzen und Methoden im Innovationsmanagement beant‐ wortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 30: 15 27.09.2023 09: 30: 15 <?page no="106"?> Welche Charakteristika haben Dienstleistungsinnovationen? Merkmale von Dienstleistungen Dienstleistungen sind immaterielle Produkte, die physisch nicht angefasst werden können. Sie können nicht gelagert oder vorproduziert werden. Bei einer Dienstleistung fallen Leistungserstellung und Leistungsnutzung zusammen. Das bedeutet, zum Zeitpunkt, zu dem die Dienstleistung „her‐ gestellt“ wird, erfolgt gleichzeitig auch die Konsumtion. Dies stellt sowohl Anbieter als auch Kunden vor Herausforderungen. Der Kunde kann die Dienstleistung im Vorfeld nicht testen. Gerade für eine Dienstleistungsin‐ novation stellt dies ein Problem dar. Der Kunde muss den Mehrwert der Innovation erkennen, ohne dass er diesen vor der Konsumtion erleben kann. Die Herausforderung auf Anbieterseite ist es, den möglichen Mehrwert für den Kunden und/ oder den relativen Vorteil der Dienstleistung gegenüber Vergleichsangeboten sichtbar zu machen. Dienstleistungen sind nur schwer standardisierbar. Damit kann das Leis‐ tungsergebnis bei der Inanspruchnahme der Dienstleistung unterschiedlich aussehen. Dies ist eine Unsicherheit für den Kunden. Die Sicherstellung einer entsprechenden Qualität ist Aufgabe des Anbieters. Gerade bei der Neuentwicklung von Dienstleistungen sollte hierauf besonderes Augen‐ merk gelegt werden. Um eine möglichst gleichbleibende, definierte Qualität zu erreichen, sollte bei der Konzeption der Dienstleistung ein möglichst kon‐ kreter Dienstleistungserstellungsprozess definiert werden. Dieser Prozess sollte aber so viel Flexibilität zulassen, dass die Vorteile einer Dienstleis‐ tung immer noch bestehen. Teils können aber Rahmenbedingungen und Anforderungen von Kunden so unterschiedlich sein, dass ein formalisierter Dienstleistungserstellungsprozess nicht möglich ist. Die Kundenorientierung ist ein typisches Merkmal einer Dienstleistung und Dienstleistungsinnovation. Das Leistungsergebnis hängt direkt von den Wünschen des Kunden ab. Dieses ist hiermit höchst individuell und schafft einen echten Mehrwert für den Kunden. Kundenfeedback kann direkt bei der Leistungserstellung abgeholt werden. Dies ermöglicht kurze Reaktionszeiten und Anpassungsmöglichkeiten teils noch während der Leis‐ tungserstellung. Der Anbieter steht im direkten Austausch mit dem Kunden. Oftmals kennen deshalb Dienstleistungsanbieter ihre Kunden viel besser und können ihr Leistungsangebot zielgruppengerechter ausrichten. Das 106 Dienstleistungsinnovationen <?page no="107"?> Wissen um die Kundenbedürfnisse und -probleme eröffnet den Anbietenden das Potenzial, den Kunden weitere Leistungen anzupreisen. Die enge Interaktion mit dem Kunden ermöglicht es, diesen bei der Dienstleistungserbringung mit einzubeziehen. Dieser Aspekt ist unter dem Fachbegriff „Co-Creation“ bekannt. Der Kunde beziehungsweise Nutzer wird in den Herstellungsprozess aktiv einbezogen. Dies kann vorteilhaft sein, weil der Kunde direkt Feedback geben kann und somit eine für ihn passende Dienstleistung erbracht wird. Teils kann er damit auch Zeit oder Geld sparen bzw. der Anbieter kann seine Dienstleistung günstiger anbieten. Persönliche und automatisierte Dienstleistungen Zwischen persönlich zu erbringenden und automatisierten Dienstleistungen kann ebenfalls differenziert werden. Automatisierte Dienstleistungen kön‐ nen helfen, die Kosten zu senken und Prozesse zu rationalisieren. Beispiele für automatisierte Dienstleistungen sind automatisierte Rechnungs- und Buchhaltungssysteme, Prozessautomatisierung im Bereich der Logistik oder der Kundenansprache. Durch Automatisierung von manuellen Arbeitsab‐ läufen soll die Effizienz verbessert und sichergestellt werden, dass die Dienstleistung mit möglichst gleichbleibender Qualität angeboten werden kann. Gerade bei einfachen Tätigkeiten und häufig wechselndem Personal bietet sich eine Automatisierung an. Dafür sollte die Dienstleistung klar definiert und standardisierbar sein. Ebenfalls müssen die Technologien verfügbar sein und deren Kosten-Nutzen-Verhältnis muss stimmen, damit es sinnvoll ist, die Dienstleistung zu automatisieren. Grundsätzlich kann eine Teilautomatisierung eine Alternative sein, um standardisierte Arbeits‐ abläufe kostengünstig und effizient zu gestalten und den anderen Teil der Dienstleistung persönlich in menschlicher Interaktion zu erbringen. Dienstleistungsinnovationen →Dienstleistungsinnovationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich schnell auf sich ändernde Kundenbedürfnisse und Marktveränderungen anpassen. Idealerweise antizipieren sie Trends und setzen Marktneuheiten. Dies setzt eine gewisse Risikobereitschaft voraus. Gerade bei Dienstleis‐ tungsinnovationen sollten Unternehmen eine offene Unternehmenskultur fördern, die Fehler zulässt und diese als Chance begreift, aus diesen zu ler‐ Welche Charakteristika haben Dienstleistungsinnovationen? 107 <?page no="108"?> nen. Mitarbeiter: innen sollten ermutigt werden, neue Ideen vorzuschlagen oder diese in einem sicheren Umfeld auszuprobieren. Nahezu alle Dienstleistungsinnovationen werden den Aspekt der →Nachhaltigkeit unbedingt berücksichtigen müssen. Sowohl die gesetz‐ lichen Auflagen als auch das Bewusstsein auf Kundenseite wird nach nachhaltigen Dienstleistungen verlangen. Die Unternehmen sollten sicher‐ stellen, dass ihre Dienstleistungen ökologisch sind und bei deren Erbringung sozialverträglich und ethisch gehandelt wird. Dienstleistungsinnovationen sind das Resultat einer klar definierten Servicestrategie. Das heißt, im Unternehmen herrscht ein Selbstverständnis als serviceorientierter Anbieter. Der Geschäftsführung, dem Management und allen operativen Einheiten ist das Servicepotenzial bekannt, und es existieren klare Zielvorgaben, Maßnahmenpläne und Meilensteine für die Entwicklung von Dienstleistungen. Damit verbunden existiert ein struktu‐ rierter Entwicklungsprozess, und geeignete Dienstleistungsentwicklungs‐ methoden (wie bspw. Service Blueprint) werden eingesetzt. Insgesamt herrscht eine serviceorientierte →Innovationskultur, die Kund: innen und Wertschöpfungspartner: innen nachhaltige, wertstiftende Dienstleistungen anbietet. Wie werden durch das Service Engineering neue Dienstleistungen entwickelt? Statistiken zum deutschen Technologiemarkt zeigen, dass mit Sachleistun‐ gen kaum noch nennenswerte Umsatzsteigerungen möglich sind. Die we‐ sentlichen Wachstumstreiber im deutschen Technologiesektor liegen im Bereich Dienstleistungen und Software. Viele Unternehmen auch aus dem produzierenden Bereich haben heute schon erkannt, dass die systematische Dienstleistungsentwicklung ein elementarer Teil im Unternehmen ist. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff des →Service Engineerings genannt. Service Engineering als interdisziplinärer Ansatz →Service Engineering bezeichnet im Kontrast zu den Marketing-domi‐ nierten Ansätzen des Dienstleistungsmanagements eine Fachdisziplin, die sich mit der systematischen Entwicklung und Gestaltung von Dienstleis‐ 108 Dienstleistungsinnovationen <?page no="109"?> tungen unter Verwendung geeigneter Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge befasst (Breckle et al. 2020). Damit ist dieser Ansatz interdiszi‐ plinär ausgerichtet und integriert ingenieurwissenschaftliche Aspekte und Know-how aus dem Entwicklungs- und Konstruktionsbereich genauso wie betriebswirtschaftliches Wissen und Kenntnisse aus weiteren Fachdiszipli‐ nen. Die zentrale Zielsetzung des Service Engineerings ist, hochwertige Dienstleistungsprodukte, die den Anforderungen der Kunden entsprechen, zielgerichtet möglichst effizient zu entwickeln. Damit wird ausdrücklich auch die Qualität in den Mittelpunkt gerückt. Service Engineering inter‐ essiert sich somit auch für die Qualitätsmessung und Kontrolle. Eine so verstandene Entwicklung von Dienstleistungen erfordert ein weitaus höhe‐ res Maß an Abstraktionsvermögen als die Entwicklung von Sachleistungen, da Merkmale, Aspekte oder Ausprägungen der Leistung im Gegensatz zu Prototypen in der Produktentwicklung beim Service Engineering meist nur kognitiv vorliegen. Vorteile durch die Anwendung des Service Engineering Systematisches Entwickeln im Sinne des →Service Engineerings hat gleich eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber dem herkömmlichen Management von Dienstleistungen. Neben Zeitersparnis und Qualitätsver‐ besserung spielt die Tatsache, dass damit Wiederholungsfehler reduziert werden können, indem bereits erworbenes oder anderweitig vorhandenes Wissen weiterentwickelt werden kann, eine wichtige Rolle. Darüber hinaus wird das Schaffen von neuen Dienstleistungen vom Erfahrungswissen lang‐ jähriger Mitarbeiter gelöst. Damit wird es für neue Mitarbeiter einfacher, in den Entwicklungsprozess einzusteigen, ohne die Lernkurve der alten und erfahreneren Mitarbeiter auf die gleiche Art und Weise durchleben zu müs‐ sen. Service Engineering erreicht diese Vorteile durch die Standardisierung einzelner Teilbereiche und Abläufe innerhalb des Entwicklungsprozesses. Dabei wird allerdings nur ein gewisser Standardisierungsgrad realisiert. Es wird immer Entwicklungsschritte geben, die sich nicht in die Struktur eines vorgefertigten Idealablaufs pressen lassen. Die Formalisierung, die allerdings möglich ist, reicht von einem fest vorgegebenen Entwicklungs‐ prozess auf der einen Seite bis hin zu flexiblen situationsspezifischen Vorgehensweisen auf der anderen Seite. Wie werden durch das Service Engineering neue Dienstleistungen entwickelt? 109 <?page no="110"?> Vorgehensweise beim Entwickeln von Dienstleistungen Die neueren Vorgehensweisen zeichnen sich durch ein agiles Vorgehen und iterative Entwicklungsschleifen aus. Trotz der Unterschiede sind immer wieder ähnliche Arbeitspakete bei der Entwicklung von Dienstleistungen abzuarbeiten (Myritz 2017). Startpunkt kann die Feststellung des Status Quo innerhalb der Dienstleis‐ tungsentwicklung eines Unternehmens oder einer Organisation sein. Das bedeutet zu untersuchen, wie formalisiert die Dienstleistungsstrategie ist und inwieweit diese noch aktuell ist und zu den aktuellen Trends und Marktgegebenheiten passt. Weiter kann untersucht werden, welche Dienst‐ leistungen heute schon angeboten werden, wie die Reaktion der Kunden ist und was Wettbewerber anbieten. Für die Analyse der Ausgangssituation empfiehlt sich ebenfalls zu ermitteln, inwieweit die Dienstleistungskom‐ petenz im Unternehmen ausgeprägt ist und wie kontinuierlich und syste‐ matisch neue Dienstleistungen entwickelt werden. Damit geht die Frage einher, welche Ziele formuliert sind, um →Dienstleistungsinnovationen voranzutreiben. Ist eine klare Dienstleistungsstrategie definiert und sind Ziele beschrie‐ ben, stellt sich die Frage: Wie können neue Dienstleistungen entwickelt wer‐ den? Analog zur Sachleistungs- und Geschäftsmodellentwicklung braucht es Ideen und neue Lösungsansätze als Basis für eine mögliche Dienstleis‐ tungsinnovation. In der Phase der Ideenfindung und -bewertung gilt es, systematisch mögliche neue Dienstleistungskonzepte aufzufinden. Diese können aus Anforderungen des Marktes und der Kunden oder aus stra‐ tegischen Anforderungen des Unternehmens hervorgehen. Im Fall der nicht-automatisierten Dienstleistung spielt der Mitarbeiter eine besondere Rolle. Da die Leistung nicht ohne ihn erbracht werden kann, stehen seine Fähigkeiten und Kompetenzen in besonderem Maße im Mittelpunkt der Anforderungsphase. Die als am wichtigsten identifizierten Anforderungen bilden die klare Vorgabe für die nachfolgenden Entwicklungsschritte. Sind Anforderungen formuliert und grobe Ideen skizziert, wird die Dienstleistungsidee weiter ausgearbeitet. Hierbei werden die Eigenschaften der zu entwickelnden Dienstleistung beschrieben, die Prozesse für die spä‐ tere Erbringung definiert und der Einsatz von Ressourcen geplant. Handelt es sich um eine Dienstleistung, die mit einer Sachleistung verbunden ist, ist zu überlegen, wie bei der Einführung und Vermarktung des Leistungsbün‐ dels von Sach- und Dienstleistung zu harmonisieren ist. 110 Dienstleistungsinnovationen <?page no="111"?> Ein kritischer Erfolgsfaktor ist die Einbindung von Vertrieb, Produktma‐ nagement und Marketing. Gerade in produzierenden Unternehmen sind die Mitarbeitenden im Vertrieb oft nicht gewohnt, weitere Dienstleistungen anzubieten. Deshalb sind diese Bereiche frühzeitig in die Entwicklung von neuen Dienstleistungen zu integrieren, um die Informationen aus den Abteilungen Vertrieb und Marketing in die Dienstleistungskonzeption aufzunehmen. Bevor eine Dienstleistung auf den Markt gebracht wird, kann sie wie eine Sachleistung getestet werden. Bei einem Dienstleistungstest wird das erarbeitete Konzept simuliert, indem die Handlung visualisiert wird. Insbe‐ sondere die Dienstleistungsprozesse, die Dienstleistungsumgebung sowie die Interaktionskonzepte innerhalb der Kundenkontakte sollten überprüft und bewertet werden. Der abschließende Schritt und Ziel eines systematischen Dienstleistungs‐ entwicklungsprozesses ist die erfolgreiche und schnelle Markteinführung. Dafür werden die zuvor beschriebenen konzeptionellen Arbeiten nun im Unternehmen umgesetzt. Dies betrifft bspw. die Festlegung organisa‐ torischer Regelungen, die Vorbereitung von Schulungen für Mitarbeiter, die Realisierung informationstechnischer Strukturen sowie die operative Umsetzung des erarbeiteten Marketingkonzeptes. Der Vorteil von neuen Dienstleistungen ist, dass Erstellung und Konsum der Dienstleistung zusam‐ menfallen. Somit können schnell Rückmeldungen über das Dienstleistungs‐ angebot gesammelt und notwendige Anpassungen vorgenommen werden. Videotipp: Was sind Smart Services? https: / / www.youtube.com/ watch? v=Hrs7VJyDACQ Wie kann Service Blueprinting bei Dienstleistungsinnovationen eingesetzt werden? Das →Service Blueprinting, auch Service-„Blaupause“, ist eine Methode, die zur Entwicklung und Verbesserung von Dienstleistungen genutzt wer‐ den kann. Der Begriff der Blaupause entstammt der Zeit, als mittels Durch‐ schreibepapier Kopien erstellt wurden. Das Service Blueprinting ist eine Wie kann Service Blueprinting bei Dienstleistungsinnovationen eingesetzt werden? 111 <?page no="112"?> visuelle Darstellung, die den Ablauf einer Dienstleistung in ihren verschie‐ denen Schritten zeigt. Durch das Service Blueprinting werden der Ablauf der Dienstleistung und deren einzelne Prozesse konkret beschrieben. Durch die Analyse des Ablaufes werden oftmals Optimierungspotenziale sichtbar. Dabei kann überlegt werden, ob es Prozessschritte gibt, die standardisierbar sind oder mittels Technologien automatisch ablaufen können. Bei der Analyse kann sich auch ergeben, dass manche Prozesse weggelassen, neu kombiniert oder an andere Stelle verschoben werden können. Sichtbarkeitslinie als trennendes Element Beim Service Blueprinting werden alle Aktivitäten, die zur Erbringung der Dienstleistung notwendig sind, visuell dargestellt. Jedoch wird unter‐ schieden, ob die einzelne Aktivität für den Kunden sichtbar ist oder nicht. Diese beiden Typen von Aktivitäten werden durch eine Sichtbarkeitslinie voneinander getrennt. Diese Sichtbarkeitslinie ist ein zentrales Merkmal dieser Methodik. Gerade für die Schaffung von Dienstleistungsinnovationen ist dies ein sehr hilfreiches Instrument, um Dienstleistungen wirklich anders zu gestalten. Im Service Blueprinting wird zwischen folgende Aktivitäten differenziert: ● Kundenaktivitäten, ● sichtbare Aktivitäten für den Kunden, ● nicht-sichtbare Aktivitäten für den Kunden und ● unterstützende Prozesse. Bedeutung der Aktivitäten Die Kundenaktivitäten umfassen alle Prozesse, die ein Kunde durchläuft, wenn er die Dienstleistung in Anspruch nimmt. Zu den sichtbaren Akti‐ vitäten gehören alle Prozesse, die für den Kunden wahrnehmbar sind. Der Kunde ist im direkten Austausch mit dem Unternehmen. Bei dieser Interaktion kann der Kunde die Dienstleistung und deren Qualität direkt wahrnehmen. Diese Aktivitäten haben einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Die Kundenbeziehung sollte bei diesen Prozessen aktiv gestaltet werden, so dass der Kunde ein positives Erlebnis hat. Die Kundenaktivitäten und sichtbaren Aktivitäten für den Kunden liegen aus 112 Dienstleistungsinnovationen <?page no="113"?> Kundensicht vor der Sichtbarkeitslinie. Meist braucht es für die Erstellung einer Dienstleistung weitere Prozesse, die für den Kunden nicht sichtbar sind oder nicht sichtbar sein sollen. Des Weiteren gibt es noch begleitende „un‐ terstützende Prozesse“, die indirekt ebenfalls als Aktivität zur Dienstleistung gehören. Die Prozesse, die für den Kunden nicht wahrnehmbar sind, sollten effizient und effektiv gestaltet sein. Bei der Dienstleistungsgestaltung ist auch die Frage zu stellen, ob die nicht wahrnehmbaren Prozesse für den Kunden stärker sichtbar gemacht werden sollten. Beispielsweise könnten den Kunden durch Zwischeninformationen Rückmeldungen gegeben wer‐ den, so dass mit dem Kunden in Zeitspannen ohne direkten Kundenkontakt interagiert wird und keine Wartezeiten beim Kunden entstehen. Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen Das Service Blueprinting ist ein Werkzeug, mit dem →Dienstleistungsin‐ novationen geschaffen werden können (Abbildung 21). Durch die Visua‐ lisierung von Dienstleistungsprozessen werden die Touchpoints mit dem Kunden und die zentralen Aktivitäten in der Wahrnehmung des Kunden transparent gemacht. Ziel ist es, die einzelnen Schritte und die Kundeninter‐ aktion systematisch zu entwickeln und auszugestalten. Alternative Prozesse können gegeneinander abgewogen und ausgetestet werden. Mit dem Service Blueprinting ist ein Service Prototyping möglich, so dass Dienstleistungen geschaffen werden, die den Kunden begeistern. Abbildung 21 Kundenaktivitäten sichtbare Aktivitäten für den Kunden nicht-sichtbare Aktivitäten für den Kunden unterstützende Prozesse Sichtbarkeitslinie Abbildung 21: Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen durch Service Blueprinting Wie kann Service Blueprinting bei Dienstleistungsinnovationen eingesetzt werden? 113 <?page no="114"?> Wie kann eine hinreichende Servicequalität sichergestellt werden? Servicequalität Dienstleistungen werden erst erbracht, wenn sie gleichzeitig auch genutzt werden. Des Weiteren sind Dienstleistungen oftmals individuell. Dies macht es im Vergleich zu Sachleistungen schwieriger, eine entsprechende Qualität sicherzustellen. Wenn die Dienstleistung von Menschen erbracht wird und unterschiedliche Individuen eingebunden sind, so kann die Dienstleistung in ihrer qualitativen Ausprägung unterschiedlich sein. Bei einer Sachleistung können in der Regel definierte Produktmerkmale beschrieben werden, an‐ hand derer die Qualität des Produktes definiert wird. Ziel bei der Dienstleis‐ tungsgestaltung ist es, ebenfalls definierte Eigenschaften und Merkmale der Dienstleistung zu haben, an denen die Servicequalität festgemacht werden kann. Diese Merkmale und Eigenschaften sollten sich an den Bedürfnissen und Erwartungen des Kunden orientieren. Eine hohe Servicequalität wird vermutlich dann erreicht, wenn die Kundenbedürfnisse übertroffen werden können. Messkriterien Die Servicequalität sollte an verschiedenen definierten Kriterien gemessen werden. Dies können Kriterien sein wie Reaktionsschnelligkeit, Zuverläs‐ sigkeit, wahrgenommene Kompetenz, Empathie etc. Es gibt verschiedene Modelle, um die Servicequalität zu messen wie bspw. das Servqual-Modell. Empfehlenswert ist es bei der Dienstleistungsentwicklung, ein entsprechen‐ des Messmodell aufzustellen, das die Realität möglichst gut abbildet, so dass geeignete Handlungsempfehlungen als Feedback-Instrument abgeleitet werden können. Gerade viele digitale Dienstleistungen ermöglichen es auf Basis datenbasierte Analysen, Kundenreaktionen und -erfahrungen festzuhalten und in die Optimierung der Dienstleistung einfließen zu lassen. Ausrichtung des gesamten Unternehmens Um eine möglichst hohe Servicequalität sicherzustellen, sollte der Kunde beim Unternehmen im Mittelpunkt stehen. Die Geschäftsprozesse des Un‐ ternehmens sind darauf auszurichten, dass die für den Kunden bestmögliche 114 Dienstleistungsinnovationen <?page no="115"?> Dienstleistung entsteht. Neue Managementansätze wie das →Customer Success Management konzentrieren sich darauf, die Bedürfnisse und Probleme des Kunden wahrzunehmen und ihn dabei zu unterstützen, noch erfolgreicher in seinem Tun zu werden. Welche Rolle spielt das Customer Success Management bei Dienstleistungsinnovationen? Was ist Customer Success Management (CSM)? →Customer Success Management (CSM) ist ein Managementansatz, der sich in den letzten Jahren in der Praxis etabliert hat (Melzig et al. 2021). Zuerst eingesetzt wurde CSM in Software-as-a-Service-Unternehmen (SaaS). Führende Unternehmen der Softwarebranche sind vom Lizenzver‐ kauf ihrer Produkte weggegangen und haben Abonnementmodelle für Softwareprodukte eingeführt. Durch die Einführung von Abonnementmo‐ dellen hatten die Kunden mehr Flexibilität und konnten beispielsweise monatlich wechseln. Damit war es für die SaaS-Unternehmen erforderlich, die Kunden eng zu begleiten. Das bedeutet, CSM hat zu einer Veränderung des Kundenbeziehungsmanagements geführt. Deshalb wird CSM als ein er‐ weitertes Konstrukt des Beziehungsmarketings gesehen. Andere Konstrukte sind: Customer Relationship Management (CRM), Customer Experience Management (CXM) und Customer Engagement Management (CEM). Mit Kunden durch Customer Success Management (CSM) erfolgreich sein Die Unternehmen, die CSM eingeführt haben, waren nachhaltig erfolgreich und konnten ihre Umsätze enorm steigern. Durch die enge Begleitung des Kunden während der Einführungs- und Nutzungsphase konnten Kunden optimal unterstützt werden, aus den genutzten Leistungen das Beste für sich herauszuholen. CSM hat zum Ziel, den Kunden noch erfolgreicher zu machen. Um den Kunden begleiten zu können, wurde die Rolle des Customer Success Managers etabliert. Dieser ist für das Onboarding und die Sicherstellung der Kundenziele verantwortlich. Welche Rolle spielt das Customer Success Management bei Dienstleistungsinnovationen? 115 <?page no="116"?> CSM ist kundenorientiert und datenbasiert CSM ist ein datengetriebener Ansatz. Es werden gezielt Daten analysiert und dem Kunden bereitgestellt, damit er seine Anwendung optimal nutzt. Um die Qualität der Kundenbeziehung zu erfassen, nutzt CSM den Customer Health Score (CHS). Der Gesundheitszustand des Kunden aus Anbietersicht wird gemessen. Der CHS aggregiert eine Vielzahl von Faktoren, die je nach Branche und Unternehmen variieren können. Typische Faktoren sind: ● Wann und wie oft nutzt der Kunde die Leistung? ● Wie zufrieden ist der Kunde mit der Dienstleistung? ● Welche Aktivitäten führt der Kunde durch oder fragt nach? ● Wie erfolgreich ist der Kunde bei der Inanspruchnahme der Dienstleis‐ tung? Der CHS zeigt an, wie erfolgreich und zufrieden der Kunde bei der Nutzung der Dienstleistung ist, ob er andere Leistungen braucht und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kunde abwandert. Mit CSM ist es vielen Unternehmen gelungen, den Kunden besser zu verstehen und Cross- und Upselling-Potentiale zu heben. CSM hilft Unternehmen, die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden besser zu verstehen. Durch die intensive Datenanalyse, regelmäßige Feed‐ backs und Gespräche mit dem Kunden können wertvolle Einblicke auf Kundenseite gewonnen werden. Dies hilft, die Dienstleistung noch indivi‐ dueller für den Kunden zu gestalten mit dem Ziel der Maximierung des Kundennutzens. Der CHS hilft dabei, den Kundenerfolg bei der Dienstleis‐ tungsinnovation zu messen und als überwachende Instanz zu nutzen. Proaktivität Durch die proaktive Kundenbetreuung werden durch CSM Probleme und Schwierigkeiten des Kunden frühzeitig erkannt. Dies führt in der Regel zu einer erhöhten Kundenbindung und Kundenloyalität. Bei der Markteinfüh‐ rung von neuen Dienstleistungen besteht dann aufgrund der besonderen Kundenbeziehung nicht unbedingt eine erhöhte Skepsis. Somit fördert CSM die Adoption der eigenen Dienstleistungsinnovation. CSM ist ein nachhaltiger und strategischer Managementansatz, um Kunden erfolgreich Dienstleistungsinnovationen anzubieten und die Verbreitung im Markt zu 116 Dienstleistungsinnovationen <?page no="117"?> unterstützen. Welche Erfolgsfaktoren bei der Einführung von CSM beachtet werden sollten, ist in Abbildung 22 dargestellt. Abbildung 22 CSM als unternehmensweite Vision und Managementphilosophie • konsistente Werte und Ziele • strategische Priorität • konsistente Rekrutierung und Incentivierung Etablierung der Rolle CS Manager: in • definierte Schnittstelle zum und Unterstützung für den Vertrieb • verantwortlich für das Onboarding, erhöhte Produktnutzung und Kundentreue • Identifikation von Cross- & Upselling-Potentiale Organisatorische Veränderungen • Einbettung in die Unternehmensorganisation und -strategien • effiziente Kommunikationskanäle und Feedback-Mechanismen • klare Abstimmung der kundenbezogenen Abteilungen • Customer Success Management-Bereich als Profit Center Nutzung geeigneter Metriken • CS als Grundlage für die Incentivierung von CS-Manager: innen • zentrale Kennzahl: Customer Health Score • datenbasierte Auswertung Abbildung 22: Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Customer Success Management Quelle: Seidenstricker et al. (2021). Welche Rolle spielt das Customer Success Management bei Dienstleistungsinnovationen? 117 <?page no="119"?> Geschäftsmodellinnovationen Wenn Unternehmen ihre Wertschöpfungslogik insgesamt verändern, spricht man von Geschäftsmodellinnovatio‐ nen. In diesem Kapitel werden interessante Fragen zu den Besonderheiten von Geschäftsmodellinnovationen sowie zu den entsprechenden Herausforderungen des Innovati‐ onsmanagements beantwortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 30: 31 27.09.2023 09: 30: 31 <?page no="120"?> Weshalb gibt es das Konzept des Geschäftsmodells und was ist es? Was ist ein Geschäftsmodell? Das Konzept des →Geschäftsmodells beschreibt die Wertschöpfungslogik eines Unternehmens. Es veranschaulicht, wie ein Unternehmen Werte schafft, austauscht und erfasst. Das heißt, es zeigt, welche Sach- und Dienstleistungen bestimmten Kundengruppen angeboten werden. Es wird darstellt, welche Prozesse, Ressourcen und Aktivitäten dafür notwendig sind und wie das Unternehmen Erlöse erzielt. Entwicklung des Konzepts „Geschäftsmodell“ Das Konzept des →Geschäftsmodells hat sich in der Breite um 2010 in der Forschung und Praxis durchgesetzt. Der Ursprung des Konzepts kann nicht eindeutig ausgemacht werden. So sehen manche die Quelle in der Wirtschaftsinformatik mit dem Aufkommen von E-Business. Andere Auto‐ ren betonen die Entwicklungen im strategischen Management oder verorten es in den organisationstheoretischen Ansätzen. Erstmalig verwendet wurde der Begriff 1960 (Seidenstricker et al. 2013). Es hat dann noch etwa 40 Jahre gedauert, bis vermehrt Artikel zum Thema Geschäftsmodelle aufgetaucht sind. Heute ist man sich einig, dass der Geschäftsmodellbegriff eindeutig vom Strategiebegriff zu trennen ist. Ein Geschäftsmodell beschreibt die Architektur der Werterzeugung und -abschöpfung. Beschreibungskonzepte Die Beschreibung eines →Geschäftsmodells ist in der Regel komplex. Um die Komplexität zu reduzieren, besteht ein Beschreibungskonzept aus mehreren Geschäftsmodellelementen. Das heißt, ein Geschäftsmodell wird in verschiedene Einzelteile zerlegt, in seine Geschäftsmodellelemente. Auf der Ebene der Geschäftsmodellelemente erfolgt die Beschreibung. Sind alle Geschäftsmodellelemente beschrieben, ist das Geschäftsmodells komplett erfasst. Es existieren unzählige →Geschäftsmodellbeschreibungskonzepte. Je nach Teildisziplin werden einzelne Aspekte (wie bspw. die Ertragsmecha‐ 120 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="121"?> nik oder Prozesse) hervorgehoben, weggelassen oder anders dargestellt. Somit variiert die Anzahl der zu beschreibenden Geschäftsmodellelemente. Zwischen vier und neun Geschäftsmodellelemente findet man in den meis‐ ten Beschreibungskonzepten. Beschreibungskonzepte mit einer größeren Anzahl von Geschäftsmodellelementen fächern einzelnen Themen weiter auf. Dies ist meist hilfreich bei komplexen Geschäftsmodellen oder in der Analysephase, um die Einzigartigkeit des Geschäftsmodells herauszuarbei‐ ten. Manchmal geht jedoch der Blick bei einer Vielzahl von Geschäftsmo‐ dellelementen für das große Ganze oder die Beziehungen zwischen den Geschäftsmodellelementen verloren, so dass eine überschaubare Anzahl von Geschäftsmodellelementen ebenfalls wünschenswert ist. Das Geschäftsmodellbeschreibungskonzept ermöglicht es, ein klares Ver‐ ständnis der Wertschöpfungsmechanik eines Unternehmens zu bekommen. Es ist eine präzise Darstellung, wie ein bestimmtes Unternehmen funk‐ tioniert. Dies hilft in der Analyse, bei der Planung und bei der Entschei‐ dungsfindung. Durch die Nutzung eines Beschreibungskonzeptes können Unternehmen analysiert und miteinander verglichen werden. Ebenfalls wird das Konzept gerne genutzt, um Weiterentwicklungspotentiale und -richtungen aufzuzeigen. Ein Beschreibungskonzept hilft nicht nur den Entscheidungsträgern, die Wertschöpfungslogik eines Unternehmens darzustellen und zu reflektieren. Auch Mitarbeitenden, Kunden, Partnern, Investoren und anderen Interes‐ sensgruppen kann auf diesem Weg die Art und Weise der Werterzielung und -abschöpfung transparent gemacht werden. Videotipp: Wie kann man das Business Model Canvas nutzen? (englisch) https: / / www.youtube.com/ watch? v=QoAOzMTLP5s Wie entwickelt man Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen? Die Entwicklung von →Geschäftsmodellen ist in der Regel komplex und nicht trivial. Oftmals entwickeln sich Geschäftsmodelle in der Praxis und verändern sich über die Zeit. Die Forschung hat Vorgehensmodelle Wie entwickelt man Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen? 121 <?page no="122"?> erarbeitet, die sich für Entwicklung oder Weiterentwicklung von Geschäfts‐ modellen anbieten. Die Frage, wie man Geschäftsmodelle entwickelt, ist gleichzeitig die Frage nach dem Startpunkt. Existiert bereits ein Geschäftsmodell, gilt es dies zunächst zu beschreiben und zu analysieren. Ist noch kein Geschäftsmodell oder Unternehmen vorhanden, kann die Aufgabe bestehen, zunächst die Ausgangslage zu sortieren und die Zielstellung zu klären. Ist-Analyse Eine Analyse des Umfeldes ist in jedem Fall hilfreich. Die Phase kann sehr aufwendig sein. Der Aufwand ist im weiteren Verlauf meist gewinnbrin‐ gend. Zu untersuchen sind bspw. die Marktakteure, Branchenkräfte, Trends etc. Wie möchte ich das Geschäftsmodell weiterentwickeln? Ist der Status Quo festgehalten, stellt sich meist die Frage der Veränderung bzw. Weiterentwicklungsmöglichkeit. Oftmals sind die Möglichkeiten der Weiterentwicklung nicht offensichtlich. Die Ideen, wie mein zukünftiges Geschäftsmodell aussehen könnte, sind deshalb entscheidend. Sind die Ideen für die Veränderung oder Weiterentwicklung gefunden, ist das zukünftige Geschäftsmodell zu entwerfen. Dabei braucht es nicht eine Veränderung in allen Geschäftsmodellelementen. Manche Aspekte bleiben womöglich unverändert. So können die Zielgruppen identisch sein oder die gleichen Schlüsselressourcen eingesetzt werden. Es gibt manchmal kor‐ respondierende Geschäftsmodellelemente oder Veränderungen. Das heißt, die Änderung in einem Geschäftsmodellelement macht die Umgestaltung eines anderen Geschäftsmodellelements notwendig. Die Wechselwirkungen und Beziehungen zwischen den Geschäftsmodellelementen sind unbedingt zu beachten. Meist liegt es an der Unstimmigkeit der einzelnen nicht mit einander abgestimmten Geschäftsmodellelemente, dass Geschäftsmodelle in der Praxis nicht funktionieren. Deswegen sind bei der Ausgestaltung nicht nur die Inhalte der Geschäftsmodellelemente relevant, sondern in gleicher Weise die Beziehungen zwischen den Geschäftsmodellelementen. Das heißt, die interne Passung ist sicherzustellen. Im Weiteren muss sich das Geschäftsmodell noch bestmöglich in sein Umfeld einfügen, damit es auch erfolgreich ist. 122 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="123"?> Neues Geschäftsmodell auf Papier entworfen - was nun? Frühzeitiges Testen ist ein bewährtes Mittel, um sich Marktreaktionen abzuholen. Die Einführung von Geschäftsmodellen ist ein ständiger Lern- und Anpassungsprozess. Oftmals sehen Geschäftsmodelle nach einer Zeit komplett anders aus, als dies ursprünglich vorgesehen war. Gerade bei neu‐ artigen Geschäftsmodellen brauchen die Märkte und die Akteure auch Zeit, um sich mit den veränderten Geschäftsmodellen vertraut zu machen und die Vorteile zu sehen (Allegretti et al. 2021). Die etablierten Marktteilnehmer wehren sich womöglich gegen diese Veränderungen. Hierbei braucht es ausreichend zeitliche und meist finanzielle Ressourcen, um die erfolgreiche Marktetablierung durchzusetzen. Geschäftsmodellinnovationen Durch →Geschäftsmodellinnovationen werden meist Branchen oder Märkte revolutioniert und Marktstrukturen fundamental verändert (Alleg‐ retti et al. 2018). Ob eine Geschäftsmodellinnovation vorliegt, ist ex ante schwer zu bestimmen und eher eine definitorische Festlegung, die in der Praxis weniger relevant ist. Der Erfolg des Geschäftsmodells zeigt sich am Markt, genauso wie seine disruptive Dimension. Kennzeichen für Ge‐ schäftsmodellinnovationen ist sicherlich die Neuheit der Art und Weise der Wertabschöpfung und -erzielung. Damit einher geht meist eine gewisse Unsicherheit der Durchsetzung in der Branche, da etablierte Branchenkräfte an bestehenden Geschäftsmodellen festhalten wollen. Geschäftsmodellin‐ novationen können in gleicher Weise in neuen Märkten entstehen. Die Un‐ sicherheit liegt hier in der Marktentwicklung. Der disruptive Charakter ist ein Kernelement von Geschäftsmodellinnovationen. Sie haben das Potential, existierende Geschäftsmodelle zu ersetzen, und beinhalten diese radikale Neuerung. Geschäftsmodellinnovationen müssen nicht von Startups ge‐ schaffen werden, wobei es etablierten Unternehmen häufig schwerfällt, dies zu tun. Geschäftsmodellinnovationen prägen eine Branche oder einen Markt meist nachhaltig. Teilweise wird das Verhalten der Kunden beeinflusst und verändert, was die Möglichkeit für ein exponentielles Wachstum schafft. Wie entwickelt man Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen? 123 <?page no="124"?> Wie kann man den Ideengenerierungsprozess bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen befördern? →Geschäftsmodelle entwickeln ist ein systematischer und gleichzeitig auch kreativer Prozess. Ein neues Geschäftsmodell zu entwerfen, das ein‐ zigartig ist, sich vom Wettbewerb abhebt und am Markt erfolgreich ist, ist oft nicht leicht und nicht offensichtlich. Es braucht in vielen Fällen die Ideen, um bestehende Geschäftsmodelle zu verändern oder sich von den etablierten Geschäftsmodellen abzusetzen. Für die Sachleistungsentwicklung haben sich Kreativitätsmethoden bewährt. Deswegen wurden auch für den Bereich Geschäftsmodelle Methoden entwickelt, wie der Ideengenerierungsprozess angestoßen werden kann. Welche Kreativitätsmethoden kann ich einsetzen? Die Aufgabe der Geschäftsmodellentwicklung ist i. d. R. komplex (Seiden‐ stricker et al., 2017). Bei den Kreativitätsmethoden können zwei Arten von Methoden unterschieden werden. Einerseits gibt es intuitiv-kreative Methoden wie beispielsweise Brain‐ storming, Methode 6-3-5, Walt-Disney-Methode. Diese Methoden sind im kreativen Prozess dadurch geleitet, dass durch die verschiedenen Ideen der einzelnen Personen Verknüpfungen und Impulse für neue Ideen entstehen. Diese Methoden eignen sich hervorragend für den Einstieg, um erste Ideen zu sammeln, den Untersuchungsbereich zu konkretisieren oder um Ideen von Stakeholdern, Kunden etc. einzufangen. Die zweite Kategorie von Kreativitätstechniken sind Methoden, die eher systematisch-analytisch vorgehen. Gerade bei komplexen Aufgabenstellun‐ gen sind diese Methoden zielführender. Grundsätzlich gilt es, sowohl die Anzahl der Ideen wie auch die Qualität der einzelnen Ideen möglichst hochzuhalten. Mit den systematisch-analytischen Methoden kann oftmals die Qualität der Ideen nochmal gesteigert werden. So wurden diese Me‐ thoden auf den Bereich der Geschäftsmodelle übertragen. Zwei bewährte Instrumente werden im Folgenden kurz vorgestellt. Anwendung der Geschäftsmodellmuster Eine Möglichkeit, den Ideengenerierungsprozess beim Entwickeln von Ge‐ schäftsmodellen zu unterstützen, ist die Anwendung der → Geschäfts‐ 124 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="125"?> modellmuster. Die Autoren Gassmann et al. (2018) haben bedeutende Geschäftsmodelle der letzten 50 Jahre erfolgreicher Unternehmen analysiert und festgestellt, dass 90 Prozent aller →Geschäftsmodellinnovationen ausschließlich Rekombinationen von Elementen oder Konzepten bestehen‐ der Geschäftsmodelle sind. Sie haben 55 Geschäftsmodellmuster extrahiert. In einer späteren Analyse kamen weitere fünf hinzu, so dass man heute von 55+ Geschäftsmodellmustern spricht. Diese Geschäftsmodellmuster können im Rahmen der Weiter- und Neuentwicklung von Geschäftsmodellen ein‐ gesetzt werden. Exemplarisch sind in Abbildung 23 fünf Geschäftsmodell‐ muster genannt. Ideengenerierungsprozess bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen 125 <?page no="126"?> Abbildung 23: Auswahl von fünf Geschäftsmodellmustern Quelle: Gassmann et al. (2018). 126 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="127"?> Die Autoren schlagen zwei Vorgehensweisen beim Einsatz der Geschäfts‐ modellmuster vor. Dies ist zum einen das Abstraktionsprinzip und zum zweiten das Konfrontationsprinzip. Das Abstraktionsprinzip besagt, dass zunächst die Geschäftsmodellmus‐ ter herangezogen werden, die dem gegenwärtigen Geschäftsmodell ähnlich sind. Das Konfrontationsprinzip möchte das Geschäftsmodell herausfor‐ dern. Hier werden Geschäftsmodellmuster gewählt, die mit dem gegen‐ wärtigen Geschäftsmodell nichts zu tun haben, diesem also konträr gegen‐ überliegen. Beide Prinzipien sollten angewendet werden. Es ist jede Idee willkommen und sollte nicht voreilig verworfen oder nicht mitgedacht werden. Morphologische Analyse als Kreativitätsmethode Neben der Nutzung der →Geschäftsmodellmuster kann die Morpholo‐ gische Analyse für Geschäftsmodelle eingesetzt werden (Müller-Roterberg 2020; Seidenstricker et al. 2014). Die morphologische Analyse versucht durch Zergliederung des Problems in seine Dimensionen sowie die Gegenüberstellung von Optionen Lösungs‐ varianten zu generieren. In Abbildung 24 sind für die verschiedenen Ge‐ schäftsmodellelemente Dimensionen und Gestaltungsoptionen aufgezeigt. Neue Lösungsvarianten werden durch das gedankliche Durchspielen der verschiedenen Optionen gefunden. Gerade Kombinationen von verschie‐ dene Lösungsvarianten, die bis dato noch nicht zusammen vorkommen oder kombiniert werden, könnten potenzielle Geschäftsmodellinnovationen sein. Das Aufzeigen der verschiedenen Möglichkeiten bietet in jedem Fall eine exzellente Grundlage, um das gegenwärtige Geschäftsmodell weiter und anders zu denken. Ideengenerierungsprozess bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen 127 <?page no="128"?> Abbildung 24: Morphologische Analyse von Geschäftsmodellen Quelle: Müller-Roterberg (2020). Videotipp: Geschäftsmodell-Innovationen und Geschäftsmodellmuster https: / / www.youtube.com/ watch? v=Jb0YzYW05nk 128 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="129"?> Wie können Wertangebote formuliert werden? Was ist ein Wertangebot? Wertangebote sind das Kernstück eines →Geschäftsmodells. Sie beschrei‐ ben, welche Sachleistungen, Dienstleistungen oder hybride Leistungsbün‐ del den Kunden angeboten werden. Der Begriff Wertangebot geht über die klassische Definition von Sach- und Dienstleistungen hinaus. Beim Wertangebot soll klar formuliert werden, welches Leistungsversprechen das Unternehmen gegenüber seinen Kunden oder Kundengruppen abgibt. Diese sollen erkennen, welchen konkreten Nutzen sie aus dem Wertangebot ziehen können. Passend zur Zielgruppe Das Wertangebot soll passend zu den Bedürfnissen der Zielgruppe formu‐ liert werden. Um zu Zielgruppen zu gelangen, sind Kunden gleichartiger Bedürfnisse zusammenzufassen. Dies wird auch als Segmentierung bezeich‐ net. Das Wertangebot soll korrespondierend zur Zielgruppe sein. Deshalb stehen sich in vielen Beschreibungskonzepten die Geschäftsmodellelemente „Zielgruppe“ und „Wertangebot“ direkt gegenüber. Verschiedene Kundenbedürfnisse Das Wertangebot sollte idealerweise nicht nur funktionale Kundenbedürf‐ nisse ansprechen. Oftmals sind emotionale, soziale oder persönliche Aspekte für die jeweilige Zielgruppe in gleicher Weise wichtig oder noch bedeuten‐ der. Persönliche Aspekte könnten sein: es bereitet Spaß, ermöglicht die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, verbindet, nimmt Sorgen, hat Imagewirkung etc. Im B2B-Bereich wird es häufig versäumt, persönliche oder emotionale Werte anzusprechen. Dies ist eine unterschätzte Potentialquelle. Um diese anzuzapfen, sollten die verschiedenen Zielgruppen im Verkaufsprozess analysieren werden. Wurden die jeweiligen emotionalen, sozialen oder persönlichen Bedürfnisse identifiziert, können die Wertangebote spezifisch ausgerichtet und adressatengerecht kommuniziert werden. Wie können Wertangebote formuliert werden? 129 <?page no="130"?> Häufiger Fehler Bei der Abbildung von Geschäftsmodellen und der Anwendung von Be‐ schreibungskonzepten fällt im praktischen Tun auf, dass oftmals nur die Charakteristika des Wertangebots formuliert werden. Die eigentlich ange‐ botene Sach- oder Dienstleistung wird vergessen. So wird beispielsweise genannt: hohe Qualität, Flexibilität, 24 Stunden-Service, kundenindividuell. Die eigentlich angebotene Leistung geht daraus jedoch nicht hervor. Dies sollte bei der Abbildung von Geschäftsmodellen in der praktischen Umset‐ zung nicht passieren. Instrumente Um Unterstützung bei der Formulierung von Wertangeboten zu erhalten, können weitere Instrumente genutzt werden. Exemplarisch sollen hier drei elementare Methoden und Instrumente vorgestellt werden: ● (1) Value Proposition Canvas, ● (2) Buyer Personas und ● (3) Customer Journey. (1) Value Proposition Canvas Das Value Proposition Canvas wurde von Osterwalder et al. (2014) entwi‐ ckelt. Es ermöglicht, vertieft eine Zielgruppe zu analysieren. Das Value Proposition Canvas besteht aus zwei Elementen: Customer Map und Value Map (vgl. Abbildung 25). 130 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="131"?> Abbildung 25 Gewinne Probleme Kundenaufgaben Sach- und Dienstleistungen Gewinnerzeuger Problemlöser Value Map Customer Map Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 ? Abbildung 25: Value Proposition Canvas Quelle: Osterwalder et al. (2014). Die Customer Map stellt den ersten Schritt für das Anfertigen des Value Proposition Canvas dar. Die Erstellung der Value Map ist der zweite Schritt. Im dritten und abschließenden Schritt erfolgt der Abgleich zwischen Value Map und Customer Map. Ausgangspunkt ist grundsätzlich eine definierte Zielgruppe. Für diese Zielgruppe wird in der Customer Map ihre Kundenaufgabe konkretisiert. Beispielhafte Fragen, die hier zu beantworten wären, sind: ● Welche Aufgaben versucht Ihr Kunde während seiner Arbeit oder im Privatleben zu erledigen? ● Was braucht der Kunde, um seine Aufgabe zu erledigen? ● Wie fühlt sich der Kunde? Was braucht er, um sich so zu fühlen? Die weiteren zwei Felder in der Customer Map sind die Kundenprobleme und Kundengewinne. Es ist darin jeweils festzuhalten, was Kunden von ihrem Erfolg abhält oder was ihnen helfen würde. Die Customer Map ist stets aus Kundensicht zu erstellen. Die Value Map beinhaltet die Auflistung aller Sach- und Dienstleistungen, die der Zielgruppe angeboten werden, sowie die Felder Problemlöser und Gewinnerzeuger. Im Feld Problemlöser wird beschrieben, welche Probleme Wie können Wertangebote formuliert werden? 131 <?page no="132"?> das Wertangebot beim Kunden löst bzw. beim Gewinnerzeuger, welche Werte beim Kunden geschaffen werden. Um den Kunden bei seinem Erfolg zu unterstützen, bedarf es einer mög‐ lichst guten Passung des eigenen Wertangebots zu den Erfolgsdimensionen im Kundenprofil. Das heißt, wie konkret unterstützen die Sach- und Dienst‐ leistungen diesen Kunden bei der Erledigung seiner Aufgabe. Das gleiche gilt für die Problemlöser für die Kundenprobleme und Gewinnerzeuger für die Gewinne. Videotipp: Wie kann man das Value Proposition Canvas nutzen? (englisch) https: / / www.youtube.com/ watch? v=ReM1uqmVfP0 (2) Buyer Personas Um den Kunden und seine Bedürfnisse zu verstehen, braucht es ein kon‐ kretes Verständnis über ihn. Bei bestehenden Kunden und Kundenbezie‐ hungen scheint dies zunächst eindeutig zu sein. Einzelne Kunden oder Kundengruppen können exakt charakterisiert werden. Diese Informationen zu einem Profil müssen die Realität jedoch nicht widerspiegeln. Gerade bei der Zusammenfassung von Kunden zu Kundengruppen schlummern meist unerfüllte Bedürfnisse oder nicht adressierte Kundenerfolge, wenngleich aus Effizienzgründen meist eine Segmentierung unausweichlich ist. Es lohnt sich trotzdem, bei den bestehenden Kundenbeziehungen nochmal genau hinzuschauen und deren Einordnung zu überprüfen. Für neu zu gewinnende Kunden oder für ein neues Wertangebot, für das Kunden zu akquirieren sind, empfiehlt sich eine konkrete Vorstellung zu haben, wie diese Kunden aussehen sollen. Die Visualisierung eines Kundentypen in Form einer Buyer Persona ist dabei besonders hilfreich. Dieser Kundentyp steht exemplarisch für eine Kundengruppe, die alle Kunden gleichartiger Bedürfnisse, Wünsche, Probleme und Eigenschaften zusammenfasst. Die präzise Beschreibung einer Person ist meist greifbarer und bleibt im menschlichen Gehirn besser verankert. Alle Mitarbeiter sollten mit der Person ein möglichst eindeutiges Bild vor Augen haben. Die Zielgruppe ist somit keine abstrakte Formulierung von Eigenschaften, sondern fühlbar. Mit zunehmender Kontakthäufigkeit dieser Buyer Personas erfolgt ein immer weiter konkretisierendes Profil über diese. Dabei kann es sein, dass 132 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="133"?> die anfänglich definierte Buyer Persona für eine Menge an Kunden weiter ausdifferenziert werden sollte. Zur Erstellung eines Profils eignet sich u. a. die Nutzung der drei Felder der Customer Map des Value Proposition Canvas. (3) Customer Journey Die Touchpoints mit der Buyer Persona können mithilfe einer Customer Journey dargestellt werden (vgl. Abbildung 26). Abbildung Produktinformation Report Artikel/ Publikation Fallstudie Whitepaper (technisches) Video Produktkonfigurator Webseite Blog Konferenz Webseite Webseite Forum Youtube E-Mail Webinar Soziale Medien Messe Fallstudie Produktinformation Whitepaper (technisches) Video Produktinformation eBooks Blog Posts Info-Grafiken Produktvideo Technisches Video Explainity Fallstudie Produktinformation Präsentation Peer-Information Internetrecherche Live- Demo Präsentation Fallstudie Produktschulung Produktinformation Kurzvideos Produktinformation Posts Info-Grafiken Abbildung 26: Kommunikation des Wertversprechens über die gesamte Customer Journey hinweg. Quelle: Huttelmaier et al., (2019). Jeder Kundenkontakt sollte genutzt werden, um dem Kundenerfolg näher zu kommen. Oftmals sind die Kontaktpunkte mit den Kunden über verschie‐ dene Kanäle verteilt. Bei komplexen oder erklärungsbedürftigen Phasen wird es zahlreiche Touchpoints geben. Dabei sind im B2B meist mehrere Personen von beiden Organisationen involviert. Um die Komplexität zu be‐ grenzen, können ein idealtypischer Durchlauf und mögliche entscheidende Touchpoints in einer Customer Journey beschrieben werden. Für die Neukundenakquise sind die Phasen, in denen der Interessent auf das Wertangebot aufmerksam wird und sich darüber informiert, zu‐ Wie können Wertangebote formuliert werden? 133 <?page no="134"?> nächst von besonderer Bedeutung. Grundsätzlich sind ausgehend für eine bestimmte Zielgruppe oder Buyer Personas alle Phasen möglicher Kunden‐ kontakte zu durchdenken und erfassen. Für jeden Touchpoint kann überlegt werden, wie der Kunde auf seinem Weg unterstützt werden kann. Jeder Kundenkontakt bietet die Möglichkeit, Wissen über den Kunden und seine Bedürfnisse zu erhalten. Diese Infor‐ mationen sollten dazu genutzt werden, das Wertangebot zu spezifizieren, verschiedene Touchpoints entlang der Customer Journey abzustimmen und für beide Seiten effizient zu gestalten. Customer Journeys eignen sich für Sach- und Dienstleistungen. Ergän‐ zend zur Customer-Journey-Analyse kann die Methode des Service-Blue‐ printing für hybride Produkte und Dienstleistungen eingesetzt werden. Diese ermöglichen Prozesslücken zu identifizieren und Dienstleistungsan‐ gebote zu verbessern. Welche Erlösformen gibt es? Was ist ein Erlösmodell? Das Erlösmodell ist ein zentrales Element eines →Geschäftsmodells, das sich in jedem Beschreibungskonzept wiederfindet. Dies meist als eigenes Geschäftsmodellelement oder zusammen gefasst beispielsweise mit Kosten zur Realisierung des Geschäftsmodells. Das Erlösmodell beschreibt, wie, wann, in welcher Höhe etc. das Unternehmen eine Vergütung für seine Sach- und Dienstleistungen erhält. Die „klassische“ Erlösform und viele weitere Beim klassischen Sachleistungsverkauf erhält der Verkäufer einen verein‐ barten Kaufpreis vom Käufer, so ist es in Deutschland in Paragraph 433 BGB geregelt. Neben dieser klassischen Form der Erlöserzielung gibt es eine Menge anderer Erlösformen. Der Verkauf von Dienstleistungen, die Herausgabe von Lizenzen, der Erhalt von Provisionen, das Verlangen eine Grundgebühr, Sponsoring sind hierbei nur eine kleine Auswahl von mögli‐ chen Erlösformen. Durch die Ausweitung des Servicegeschäfts und die Verbreitung von hybriden Leistungsbündeln haben sich zunehmend weitere Erlösformen eta‐ 134 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="135"?> bliert. Beispielhaft sei hier das Betreibermodell oder Mietmodelle genannt. Hier bekommt der Anbieter Erlöse in Abhängigkeit von der produzierten Menge oder der Zeit. Eine Branche, die diese Modelle auch stark vorangetrie‐ ben hat, ist die IT-Branche. Dort stellen Software-as-a-Service-Unternehmen ihre Softwareprogramme mittels Cloud-Technologie über das Internet be‐ reit. Der Nutzer hat weniger Installations- und Wartungsaufwand. Innovative Erlösformen Kennzeichnend für innovative Erlösformen ist die Tatsache, dass sie sich viel stärker an den für den Kunden wichtigen Leistungsparametern und Bedürfnissen orientieren. Der Kunde kann wählen. Dies schafft für ihn mehr Flexibilität. Er kann die Dienstleistungen so einkaufen, dass es zu dem Wachstumstempo seines eigenen Geschäftsmodells passt. Die Erlösformen unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Bezugsbasis. Dies kann sein: ● Leistungsdauer, ● Leistungsniveau, ● Leistungsnutzung. Bei der Bezugsbasis Leistungsdauer bildet die Zeit die Dimension zur Erlös‐ berechnung. Die Erlöse berechnen sich in Abhängigkeit vom Zeitraum, in dem die Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist es unerheblich, ob und in welchem Umfang Leistungen vom Kunden bezogen werden. Je nach Werteangebot kann es jedoch technische Restriktionen geben, die die vom Kunden abgerufene Leistung auf diese Weise beschränken. Bei der Bezugsbasis Leistungsniveau erfolgt die Erlöserzielung auf Basis eines vereinbarten Leistungsparameters. Geeignet hierfür sind messbare Größen wie die Verfügbarkeit, Ausschussquote, Prozessstabilität etc. Diese Art der Erlösgestaltung kann insbesondere bei komplexeren Leistungen oder Leistungsbündeln eine geeignete Variante darstellen. Auch das vom Kunden wahrgenommene Risiko könnte bei dieser Variante minimiert werden und somit die Wahrscheinlichkeit der Adoption erhöhen. Bildet die Leistungsnutzung die Bezugsbasis, so bemisst sich die Vergü‐ tung an der tatsächlich vom Kunden in Anspruch genommenen Leistung. Im Unterschied zur Erlöserzielung nach dem Leistungsniveau orientiert sich diese Variable direkt an dem Nutzungsverhalten des Kunden (Input-Größe), wohingegen es sich bei der Variable Leistungsniveau um eine Output-Größe Welche Erlösformen gibt es? 135 <?page no="136"?> des Leistungsanbieters handelt. Diese Art der Erlösgestaltung setzt umfas‐ sendes Wissen der Kunden- und Marktanforderungen voraus. Welche Möglichkeiten der Preisgestaltung gibt es? Im Erlösmodell ist auch die Preisgestaltung mitzudenken. Es gibt drei grundsätzliche Ansätze zur Preisbildung: ● nachfrageorientiert, ● wettbewerbsorientiert, ● kostenorientiert. Eine nachfrageorientierte Preisbildung orientiert sich an der Zahlungsbe‐ reitschaft der Kunden. Entsprechend der Charakteristik des Geschäftsmo‐ dellkonzepts scheint dieser Ansatz der Preisbildung der maßgebliche zu sein. Trotzdem kann bspw. im Hinblick auf die Branchenstruktur oder das Leistungsangebot eine andere Form der Preisbildung zielführender sein. Der wettbewerbsorientierte Ansatz geht explizit auf die Marktbedingun‐ gen ein und orientiert sich bei der Preissetzung an der Konkurrenz und ihrem Preisbildungsverhalten. Er bietet sich insbesondere dann an, wenn die Reaktion der Nachfrager vom Verhalten der Wettbewerber maßgeblich abhängt. Beim kostenorientierten Ansatz findet die Preisbildung auf Basis der für die Leistung anfallenden Kosten statt. Besonders auf wettbewerbsintensiven Märkten, bei denen die Kosten die entscheidende Determinante darstellen und Leistungen leicht austauschbar sind, kann eine kostenorientierte Preis‐ politik geeignet sein. Erlösmodell meist entscheidend für das Geschäftsmodell Das Erlösmodell hat einen erheblichen Einfluss auf das Gelingen des Ge‐ schäftsmodells und die Einführung auf dem Markt. Deshalb sollten verschie‐ dene Optionen angedacht und ggf. ausprobiert werden. Es ist auch denkbar, unterschiedliche Erlösformen für verschiedene Zielgruppen vorzusehen. Je nach Erlösform verteilt sich das Risiko entweder auf das anbietende Unternehmen oder die Kundenseite. Die Abonnementgeschäftsmodelle in der IT-Branche haben gezeigt, dass mit der Einführung neuer Erlösformen langfristig weitaus höhere Umsätze zu erzielen sind als mit den klassischen Erlösformen, die vorher gängiger Standard waren. 136 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="137"?> Was sind Plattformgeschäftsmodelle? Was sind Plattformgeschäftsmodelle? Durch das Internet haben sich zunehmend Plattformgeschäftsmodelle eta‐ bliert. Plattformgeschäftsmodelle zeichnen sich dadurch aus, dass sie meh‐ rere Akteure zusammenbringen. Oft schaffen Plattformgeschäftsmodelle einen ganz neuen Markt. Durch die Plattform kommen die einzelnen Akteure zusammen, für die es sonst keinen Platz des Austausches gegeben hätte. Dadurch liefert die Plattform einen „echten“ Mehrwert für alle Seiten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von mehrseitigen Märkten. Plattformgeschäftsmodelle zeichnen sich dadurch aus, dass mit zuneh‐ mender Nutzerzahl der Plattform i. d. R. auch der Nutzen für alle Beteiligten steigt. Die Plattform wird attraktiver, wenn die Benutzerzahlen ansteigen. Damit ist es gleichzeitig besonders zu Beginn die Herausforderung für viele Plattformen, möglichst viele Anbieter und Nachfrager zu gewinnen. Anbietende Unternehmen werden zu Beginn nur dann ihre Leistungen auch über die Plattform anbieten, wenn sie Neukunden erwarten, es aus Marke‐ tinggründen sinnvoll ist, es kosteneffizienter ist oder sie einen Zugang zu ganz neuen Kundengruppen bekommen. Formen von Plattformgeschäftsmodellen Die Plattformbetreiber stellen entweder einen Marktplatz für Anbieter und Nachfrager bereit oder fungieren als Vermittler zwischen diesen beiden. Durch die Transaktionen auf dem Marktplatz, die Kunden- und Partnerpro‐ file und -daten haben die Plattformbetreiber Wissen über den Markt der Anbieter und die Bedürfnisse auf Kundenseite. Durch die systematische Analyse der Daten können weitere Informationen über die jeweilige Nutzer‐ gruppe gesammelt werden. Diese Daten können für weitere individualisierte Sach- und Dienstleistungen genutzt oder an anbietende Unternehmen zur Optimierung ihres Produktportfolios verkauft werden. Skalierbarkeit Der große Vorteil von Plattformgeschäftsmodellen ist ihre Skalierbarkeit. Bei entsprechender Nutzerzahl und erfolgreichen Erlösmodellen sind die Was sind Plattformgeschäftsmodelle? 137 <?page no="138"?> wirtschaftlichen Erfolgsmöglichkeiten groß. Die niedrigen Grenzkosten sind ebenfalls vorteilhaft und werden geringer mit steigender Nutzerzahl. Erfolgreiche Plattformen in B2C und B2B Sowohl im B2Cals auch im B2B-Bereich existieren Plattformgeschäftsmo‐ delle. Erfolgreich sind Plattformgeschäftsmodelle dort, wo sie einen „echten“ Mehrwert für beide oder mehrere Akteure, die auf der Plattform zusammen‐ kommen, schaffen. Erfolgreiche Plattformgeschäftsmodelle lösen entweder Probleme, heben Marktbarrieren auf, oder schaffen Erlösmöglichkeiten für Andere. Beschreibungskonzept zur Abbildung und Entwicklung von Plattformgeschäftsmodellen Zur Abbildung von Plattformgeschäftsmodellen können die Beschreibungs‐ konzepte genutzt werden, die auch auf andere Geschäftsmodelle angewen‐ det werden. Sie haben jedoch einen Nachteil. Bei Plattformgeschäftsmodel‐ len gibt es aus Betreibersicht zwei Kundengruppen. Die eine Kundengruppe sind die Anbieter, die die Leistungen auf der oder über die Plattform bereitstellen. Die andere Kundengruppe sind die Konsumenten, die die Leis‐ tungen in Anspruch nehmen. Um diese Austauschbeziehungen zwischen den beiden besser kenntlich zu machen, bietet sich die Anwendung speziell für Plattformgeschäftsmodelle konzipierter Beschreibungskonzepte an. Ein solches ist beispielhaft in Abbildung 27 dargestellt. 138 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="139"?> Abbildung 27 Nutzer: innen Anbietende Werteaustausch Werteaustausch Werteaustausch Werteaustausch Werteaustausch Werteaustausch Plattformanbieter Partner Abbildung 27: Beschreibungskonzept für Plattformgeschäftsmodelle. Wie können digitalisierte und informationsbasierte Geschäftsmodelle entwickelt werden? Digitalisierte und informationsbasierte →Geschäftsmodelle finden zu‐ nehmend Einzug in die Geschäfts- und Alltagswelt (Fischer et al. 2022). Dank der Digitalisierung sind effizientere Prozesse möglich, und ganz neue Wertangebote können geschaffen werden. Im Folgenden soll eine Kreativi‐ tätsmethode vorgestellt werden, um aus analogen Geschäftsmodellen und Nutzenversprechen digitale und informationsbasierte Geschäftsmodelle ab‐ zuleiten (Seidenstricker et al. 2017). Für komplexe Problemlösungsaufgaben sowie bei der Suche nach radikal neuen Ideen sind die allgemeinen und ver‐ einfachten Kreativitätstechniken, wie z. B. Brainstorming und Mind Map‐ ping, eher weniger geeignet. Systematische-analytische Methoden haben hier i. d. R. mehr Vorteile. Die „Theorie der erfinderischen Problemlösung“ (TRIZ) umfasst mehrere solche systematischen Techniken, von denen eine die Neun-Felder-Analyse ist. Wie können digitalisierte und informationsbasierte Geschäftsmodelle entwickelt werden? 139 <?page no="140"?> Neun-Felder-Analyse Die Neun-Felder-Analyse (oder auch Nine-Field-Thinking) unterscheidet zwischen dem Systemniveau (vertikale Achse) und Zeitpunkten (horizontale Achse). Auf der Systemebene wird das Objekt auf Systemebene, Subsys‐ temebene und Attributebene sowie in die beschriebenen Zeiträume von Vergangenheit, Gegenwart bis hin zur Zukunft zerlegt und analysiert. Vertikale Achse Für die Entwicklung von digitalen und informationsbasierten Geschäftsmo‐ dellen wird diese traditionelle TRIZ-Technik entsprechend adaptiert und wie folgt angewandt: Die vertikale Achse wird in folgende Ebenen eingeteilt: ● Geschäftsmodell, ● Nutzenversprechen und ● Kernbefähigungsattribut. Die Ebene Geschäftsmodell erklärt, wie ein Unternehmen Werte erschafft und abschöpft. Die Ebene Nutzenversprechen erklärt das Werteversprechen für Kunden und andere Stakeholder und die Ebene Kernbefähigungsattri‐ but realisiert die angebotene Wertschöpfung. Diese drei Ebenen sind eng miteinander verbunden und von grundlegender Bedeutung, um die Markt‐ perspektive sowie das erforderliche Technologieprofil zu verlinken. Horizontale Achse Die horizontale Achse unterscheidet: ● analog, ● digital und ● informationsbasiert. Die Kategorie „analog“ umfasst das aktuell angebotene Nutzenversprechen in einer analogen „offline“-Welt. Digitale Inhalte sind nicht verfügbar und weitere Funktionen können nicht mehr hinzugefügt werden, nachdem das Produkt produziert wird. Die Kategorie „digital“ bedeutet, dass das ana‐ loge Nutzenversprechen auch digital realisiert werden kann. Die primären Funktionen ähneln der analogen Anwendung, mit der Ausnahme, dass die Verwendung, Verarbeitung und Ausgabe der Informationen digital erfolgt. 140 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="141"?> In der Kategorie „informationsbasiert“ kann ein zusätzlicher Nutzen erreicht werden, indem Information einen wichtigen Vermögenswert darstellt und durch die Verbindung verschiedener Informationsquellen weitere Funktio‐ nen hinzugefügt werden können. Vorgehensweise Wie Abbildung 28 zeigt, ergeben die vertikale und die horizontale Achse eine Matrix mit neun Feldern. Abbildung Geschäftsmodell Nutzenversprechen = Sach-/ Dienstleistung Kernbefähigungsattribut analog digital informationsbasiert Abbildung 28: Neun-Felder-Denken zur Anwendung der Entwicklung von digitalen und informationsbasierten Geschäftsmodellen. Jedes dieser neun Felder kann der Ausgangspunkt für die Anwendung der Kreativitätstechnik im Sinne des „Nine-Field-Thinkings“ sein. In vielen Fällen empfiehlt es sich, im ersten Schritt das „Analoge Nutzenversprechen“ (Ebene „Nutzenversprechen“ auf der vertikalen Achse und Kategorie „ana‐ log“ auf der horizontalen Achse) zu definieren. Der aktuell angebotene Nutzen kann direkt aus dem aktuellen Markt- und Produktportfolio abge‐ leitet werden. Auch das Feld „Analoges Kernbefähigungsattribut“ kann ein geeigneter Ausgangspunkt sein, indem das aktuelle Unternehmensprofil analysiert wird und die wichtigsten Technologien und Funktionen identifi‐ ziert werden. Unabhängig davon, wie die Neun-Felder-Analyse begonnen Wie können digitalisierte und informationsbasierte Geschäftsmodelle entwickelt werden? 141 <?page no="142"?> wird, sollten alle Felder auf der gleichen Abstraktionsebene liegen. Durch die Analogiebildung innerhalb der Matrix lassen sich mögliche strategische „Lücken“ im Technologieprofil, auf der Marktseite oder im Geschäftsmodell leicht identifizieren, und es bietet sich die Möglichkeit für das frühzeitige Einleiten von Gegenmaßnahmen. Die Füllung von verschiedenen Ideen‐ speichern sowohl im Kompetenz- und Technologieprofil als auch in den einzelnen Elementen eines Geschäftsmodells ist mit der Neun-Felder-Matrix auf systematische Weise möglich und kann den Grundstein zur Entwicklung ganz neuartiger digitaler und informationsbasierter Geschäftsmodelle bil‐ den mit dem Ziel einer schnellen Profitabilität, Marktdurchdringung und hohen Skalierung. Wie kann man Geschäftsmodelle testen? Die Entwicklung von →Geschäftsmodellen ist komplex. Viele einzelne Elemente hängen zusammen und voneinander ab. Bevor ein Geschäftsmo‐ dell auf dem Markt eingeführt wird, sollte es deshalb getestet werden (Osterwalder et al. 2019). Prototypen anfertigen Typischerweise werden bei der Produktentwicklung Prototypen angefertigt. Damit werden bestimmte Funktionen, Merkmale oder Eigenschaften eva‐ luiert. Dies kann man auch im Geschäftsmodell-Kontext tun. Prototypen könnten sein: Business Modell Canvas, Landing Page, Papierprototyp etc. Es muss auch nicht zwangsweise das komplette Geschäftsmodell getestet werden. Es können auch nur Teile des Geschäftsmodells getestet werden. Unabhängig vom Testumfang sollte versucht werden, möglichst realitätsnah zu testen, um die Markt- und Umweltbedingungen authentisch abzubilden. Des Weiteren empfiehlt es sich, mit den Aspekten zu beginnen, bei denen die größte Unsicherheit herrscht oder die Umsetzung mit sehr viel Risiko und Investitionsaufwand verbunden ist. Hypothesen prüfen Beim Testen von Geschäftsmodellen sollte auch überprüft werden, welche Hypothesen dem neuen Geschäftsmodell unterliegen. So eine Hypothese 142 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="143"?> könnte sein: „Meine Kunden kaufen ausschließlich online das Produkt XY“. Eine andere Hypothese könnte lauten: „In den kommenden 24 Mo‐ naten ist auf dem Fahrradmarkt eine Steigerungsrate der Nachfrage von 25 % zu erwarten“. Diese Annahmen sind bewusst oder unbewusst bei der Entwicklung des Geschäftsmodells gemacht worden. Im ersten Schritt ist es die Aufgabe, diese zu identifizieren. Oftmals stecken in jedem Ge‐ schäftsmodellelement verschiedene Hypothesen. Wurden die Hypothesen herausgefiltert, sind diese nun zu bewerten. Die Bewertung könnte erfolgen anhand der Wichtigkeit der Hypothese für das Geschäftsmodell und ob genügend Feldnachweise für die Hypothese vorliegen. Es sollten in jedem Fall die Hypothesen überprüft werden, die einen fundamentalen Einfluss auf das Gelingen des Geschäftsmodells haben oder Voraussetzung für das Geschäftsmodell sind. Wurden diese gefunden, sind geeignete Experimente und Analysen durchzuführen. Die Experimente sollen dazu dienen, die Hypothesen zu bestätigen oder zu entkräften. Nicht immer gelingt es mit einem Experiment oder einer Studie, zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Hier sollten dann weitere Experimente oder Marktforschungen angeschlossen werden. Im Laufe des Testens kann es auch vorkommen, dass weitere Hypothesen hinzukommen oder manche Hypothesen sich als nicht richtig herausstellen. Hier sind diese hinzufügen oder zu verwerfen. Das stetige Weiterlernen und Anpassen des Geschäftsmodells steht hierbei im Vordergrund. Realität entscheidet Alle Erkenntnisse sind zu nutzen, um bestmöglich die Einführung des Ge‐ schäftsmodells auf dem Markt vorzubereiten. In dieser Phase können erheb‐ liche Fehler in der Wertschöpfungslogik des Geschäftsmodells idealerweise aufgedeckt werden. Somit wird vermieden, dass hohe Investitionsausgaben getätigt werden, ohne dass das Geschäftsmodell jemals Aussicht auf Erfolg hat. Trotz der Bedeutung der Phase ist ein nicht so langes Prototypisieren empfehlenswert. Prototypen sollten die Realität möglichst nah abbilden, aber in der Regel zeigt sich erst in der Praxis die Standhaftigkeit des Geschäftsmodells. Wie kann man Geschäftsmodelle testen? 143 <?page no="144"?> Wie sollten neue Geschäftsmodelle auf dem Markt umgesetzt werden? Welcher Markt? Die Einführung und Umsetzung neuer →Geschäftsmodelle auf dem Markt ist wie deren Entwicklung nicht trivial. Das Adjektiv „neu“ in der Frage wirft weitere Fragen auf. So ist zu fragen: neu für wen? So kann das Geschäftsmodell für den Markt und für die Kunden komplett neu sein. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass das Geschäftsmodell neu für das anbietende Unternehmen ist. Anhand dieser zwei Möglichkeiten zeigt sich, dass das Geschäftsmodell unterschiedlich auf dem Markt umzusetzen ist. Ist ein Geschäftsmodell komplett neu für den Markt oder Kunden, dann wird mehr Marktvorbereitungszeit benötigt werden, als wenn das Geschäftsmodell am Markt schon akzeptiert ist. Weiter stellt sich die Frage, ob der Markt bereits existiert oder ein ganz neuer Markt geschaffen wird. Weniger Marktvorbereitungszeit wird benötigt, wenn beispielsweise durch Regulierungen Märkte neu geschaffen oder Monopole aufgehoben werden. Als Beispiel kann die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes ge‐ nannt werden, die Fernbusverbindungen im Linienverkehr ab dem 01. Januar 2013 in Deutschland zugelassen hat. Grüne Wiese oder vorhandenes Geschäftsmodell? Die Einführung eines neuen Geschäftsmodells kann die Ablösung eines vorangegangenen Geschäftsmodells bedeuten. Für Startups und Gründer besteht diese Fragestellung nicht. Für viele Unternehmen, die ihr Geschäfts‐ modell weiterentwickeln, besteht die Herausforderung, dass gegebenenfalls mehrere Geschäftsmodelle nebeneinander existieren. Selten wird ein Ge‐ schäftsmodell von dem anderen quasi über Nacht abgelöst. Meist wird ein Geschäftsmodell eingeführt und löst das andere über die Zeit ab. Ebenfalls ist es möglich, dass planmäßig weiterhin das alte Geschäftsmodell bestehen bleibt und das neue noch zusätzlich hinzukommt. Dies kann sinnvoll sein, wenn sich die Geschäftsmodelle jeweils auf Märkte konzentrieren, die komplett verschieden sind. Ineffizienzen und Kannibalisierungseffekte sind jedoch auf jeden Fall zu vermeiden. 144 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="145"?> Markteinführung Wie bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen sollte die Umsetzung auf dem Markt ebenfalls geplant werden. Zur Planung gehört die Klärung folgender Fragen: Was sind wichtige Termine, welche Kunden möchte ich als erstes ansprechen, welche Partner benötige ich zu welchem Zeitpunkt, wann fallen welche Kosten an, welche Schlüsselressourcen benötige ich, wann ist mit den ersten Erlösen zu rechnen etc.? In Abhängigkeit von den Antworten auf die genannten Fragen kann ein Plan zur Einführung des Geschäftsmo‐ dells auf dem Markt aufgestellt werden. Dieser Plan zeigt konkret, welche Aktivitäten durchgeführt werden müssen. Oftmals sind verschiedene Auf‐ gaben gleichzeitig zu tun. Deshalb stellt sich die Frage, welche Aufgaben ich bereits im Vorfeld erledigen kann, so dass ich bei Markteinführung auf diese vorbereiteten Sachen zugreifen kann. Selbstverständlich ist es auch relevant, wie viele Ressourcen mir bei der Markteinführung zur Verfügung stehen. Dies wird bei einem Startup ganz anders aussehen als bei großen Unternehmen, die für die Geschäftsmodellumsetzung am Markt womöglich deutlich mehr Kapazitäten zur Verfügung stellen können. Was ist zu beachten? Egal ob großes Unternehmen oder Startup: bei der Einführung des Ge‐ schäftsmodells sind schnelle Reaktionszeiten auf die Anforderungen des Marktes notwendig. Hier haben in der Regel kleinere Unternehmen einen Vorteil, da sie flexibel und schnell reagieren können. Deshalb führen manch‐ mal etablierte Unternehmen neue Geschäftsmodelle unter neuen Namen auf dem Markt ein. Ein stetiges Lernen am Markt und mit den Kunden ist bei der Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen auf den Markt in jedem Fall erforderlich. Rückschläge kurz nach der Markteinführung müssen aber nicht zwangsweise heißen, dass das Geschäftsmodell langfristig nicht erfolgreich sein kann. Manchmal brauchen Markt und Kunden eine gewisse Zeit, um sich mit dem neuen Geschäftsmodell anzufreunden und dessen Vorteile zu erkennen. Deshalb ist es auch umso wichtiger, den Mehrwert des Geschäftsmodells für die Zielgruppen eindeutig sichtbar zu machen. D.h. sie müssen den Mehrwert erkennen können. Dieser muss für sie relevant sein, und sie sollten einen einfachen Zugang zum Geschäftsmodell haben können. Wie sollten neue Geschäftsmodelle auf dem Markt umgesetzt werden? 145 <?page no="146"?> Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit und Bedienung der laufenden Kosten ist eine elementare Aufgabe, die mit der Einführung von neuen Geschäftsmodellen verbunden ist. Gerade an dieser Stelle sind eine ausge‐ zeichnete Vorbereitung und systematische Planung immens wichtig. Im Vorfeld analysierte Risiken, angedachte Gegenmaßnahmen und Eventual‐ fallpläne können bei der Umsetzung des Geschäftsmodells dann hilfreich sein. Ist ein erfolgreicher Start gelungen, sind Überlegungen anzustellen, wie das Geschäftsmodell skaliert werden kann. Gerade Plattformgeschäftsmo‐ delle bieten oft gute Skalierungsmöglichkeiten und Wachstumschancen. Ebenfalls kann überlegt werden, wie das Geschäftsmodell noch effizienter durchgeführt werden kann. Effizienzpotentiale können in der Leistungsan‐ gebotserstellung, in der besseren Marktdurchdringung oder in der Auslas‐ tung von Ressourcen liegen. Ein stetiger Prozess Geschäftsmodelle sind einem stetigen Wandel unterworfen. Die Dynamik des Marktes und der Kundenanforderungen sind dabei die Taktgeber. Manche Branchen haben eine höhere Dynamik als andere. Trotz alledem durchlaufen alle Branchen im Laufe der Zeit einen Veränderungsprozess. Deswegen wird unmittelbar mit der Einführung des neuen Geschäftsmodells die Frage mitberücksichtigt werden müssen, was die Trends, Kundenanfor‐ derungen und Kundenprobleme von morgen sein werden. Die Analyse und Reflexion des Geschäftsmodells ist somit eine stetige Aufgabe und kein einmalig abgeschlossener Prozess. 146 Geschäftsmodellinnovationen <?page no="147"?> Prozessinnovationen Prozessinnovationen zielen überwiegend darauf ab, Ar‐ beitsweisen eines Unternehmens zu optimieren und da‐ durch beispielsweise Wettbewerbsvorteile zu generieren. In diesem Kapitel werden interessante Fragen zu den Ausprägungen von Prozessinnovationen sowie zu pro‐ zessorientierten Gestaltungsansätzen und Methoden des Innovationsmanagements beantwortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 30: 46 27.09.2023 09: 30: 46 <?page no="148"?> Was ist eine Prozessinnovation? →Prozessinnovation bedeutet, dass man neue oder verbesserte Verfahren oder Methoden einführt, um Waren oder Dienstleistungen zu produzieren (Borchert et al. 2003). Sie beinhaltet Veränderungen in der Art und Weise, wie ein Unternehmen arbeitet, um bessere Ergebnisse zu erzielen, indem man bspw. höhere Qualitätsstandard einhalten oder niedrigere Kosten verursachen kann. Oft wird auch angeführt, dass Prozessinnovationen au‐ ßerhalb der Wahrnehmung der Kundschaft stattfinden (Borchert et al. 2003). Wenngleich dies nicht immer der Fall sein wird, können doch Prozessinno‐ vationen viele Formen annehmen, z. B. die Einführung neuer Technologien, die Umgestaltung von Arbeitsabläufen, die Einführung neuer Management‐ praktiken oder auch die Veränderung der Unternehmensstruktur. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel eine neue Bestellplattform imple‐ mentiert, die den Bestellvorgang für die Kundschaft deutlich vereinfacht (z. B., weil aus 7 Schritten 3 kreiert wurden und diese nun vollständig in einer App gebündelt sind), kann dies als wahrnehmbare Prozessinnovation bezeichnet werden. Auch die Abgrenzung zum operativen Prozessmanagement ist nicht eindeutig. So schreiben Mieke und Wikarski (2011: 38) „Prozessmanagement umfasst alle Maßnahmen zur Erfassung, Gestaltung und permanenten Ver‐ besserung von Arbeitsabläufen in Organisationen.“ Damit ist eine Abgren‐ zung zur Prozessinnovation nicht ganz überschneidungsfrei. Beides zielt auf eine Veränderung ab, jedoch stehen bei Prozessinnovationen eher radikale oder bedeutende Veränderungen im Fokus, während Prozessmanagement eher auf kleinere Verbesserungen abzielt (Mieke/ Wikarski 2011). Kreativi‐ tätstechniken werden bei den beiden Autoren eher der Prozessinnovation zugeordnet, während Prozessanalysen oder ein Benchmarking eher dem Prozessmanagement entspricht. Ob diese Einteilungen so streng zu sehen sind, ist jedoch nicht ausgemacht. Welche Bedeutung haben interne Prozessinnovationen? Interne →Prozessinnovationen sind Innovationen, die auf die Verbesse‐ rung der internen Prozesse und Verfahren eines Unternehmens abzielen und nicht auf die Entwicklung neuer Sach- oder Dienstleistungen ausgerichtet sind, jedoch auch wie Produktinnnovationen neue Ideen generieren sollen. 148 Prozessinnovationen <?page no="149"?> Laut einer Studie von Licht und Janz (1997) machen Prozessinnovationen bei Dienstleistungsunternehmen mehr als die Hälfte aller Innovationen aus. Ein weiteres Merkmal interner Prozessinnovationen besteht darin, dass sie oft eher schnell operativ umgesetzt werden können (was jedoch auch stark von der Art der Innovation abhängig sein wird). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn kaum externe Auswirkungen zu finden sind. Es wäre jedoch falsch, davon auszugehen, dass interne Prozessinnovati‐ onen nicht auch größere externe Auswirkungen haben können. Aus Sicht der Kundschaft können Prozessinnovationen auch eine Auswirkung haben, indem diese z. B. den Zugang zu Sach- oder Dienstleistungen erleichtern. Selbstbedienungstheken, Bestelldisplays oder Online-Plattformen können hier als Beispiele genannt werden, da dadurch die Bestellzeiten reduziert werden oder Sonderwünsche rascher hinterlegt werden können. Oft wird hier auch eine Produktinnovation mit einhergehen. Genauso können rein interne Prozessinnovationen über niedrigere Kos‐ ten oder schnellere Durchlaufzeiten auch für die Kundschaft sichtbar wer‐ den. Welche Besonderheiten sind bei Prozessinnovationen zu beachten? →Prozessinnovationen sind insofern etwas Besonderes, weil sie - im Gegensatz zu Produktinnovationen, die sich auf die Entwicklung neuer oder verbesserter Produkte konzentrieren - darauf abzielen, Arbeitsweisen eines Unternehmens zu verbessern. Da Prozesse jedoch immateriell sind, muss zunächst ein Prozess aufge‐ nommen und dargestellt werden (sog. „Mapping“), während Produkte un‐ mittelbar angefasst werden können. Durch diesen immateriellen Charakter ist es evtl. auch schwieriger, eine Bewertung aus Kundensicht - interne oder externe - nachvollziehen zu können. Hierzu können Instrumente des →Lean Management herangezogen werden. Ziele sind dabei nicht konkrete Produkte, sondern Verbesserungen der Effizienz, Qualität und Rentabilität eines Unternehmens durch schlankere Prozesse oder Prozesse, die den Kundenwert steigern. Konkret können z. B. die Senkung der Betriebskosten oder die Steigerung der Qualität von Sach- oder Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen, indem Mängel, Fehler oder Verzögerungen im Produktionsprozess verringert werden. Welche Besonderheiten sind bei Prozessinnovationen zu beachten? 149 <?page no="150"?> Wie können Prozessinnovationen entwickelt werden? Erfolgreiche →Prozessinnovationen erfordern zunächst ein vertieftes Verständnis der Prozesse des Unternehmens sowie eine effektive Kommu‐ nikation und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens. Häufig handelt es sich um einen fortlaufenden Prozess, der ständige Verbesserungen und Anpassungen an sich ändernde Marktbedin‐ gungen und Kundenbedürfnisse erfordert (im Sinne des Kaizens), z. B. als Teil des Prozessmanagements. Mieke und Wikarski (2011) sehen die drei Phasen Ideengenerierung, Ideenakzeptierung sowie Ideenrealisierung als prägend an. „Im Rahmen der Ideenakzeptierung wird bei Prozessinnovationen primär in die Orga‐ nisation hinein für die neue Vorgehensweise zu werben sein. Die Phase der Ideenrealisierung lässt die Neuerung erst zu einer Innovation werden, da sie ihre Aktivitäten auf die Installation des neuen Vorgehens richtet“ (Mieke/ Wikarski 2011: 39). Als Methoden zur Ideengenerierung schlagen sie vor allem die typischen Kreativitätstechniken wie Methode 6-3-5, TRIZ, Synektik oder Brainwriting vor. Dazu können bei technologischen Prozessinnovationen spezielle Tech‐ niken wie Szenariotechnik, Roadmapping oder Patentanalysen kommen. Bei der Umsetzung wird dann typischer Weise auf bekannte Projektmanage‐ ment-Werkzeuge zurückgegriffen. Wie kann Lean Management Prozessinnovationen befördern? Wie der Name →Lean Management schon andeutet, hat diese Philosophie und Methodik das Ziel, eine schlanke Organisation durch die Beseitigung von Verschwendung und die Optimierung von Prozessen zu schaffen. Interessant ist dabei vor allem die Möglichkeit, einen strukturierten Ansatz zur Identifizierung und Behandlung von Ineffizienzen wie die Wertstrom‐ analyse in den internen Prozessen eines Unternehmens für →Prozessin‐ novationen nutzen zu können. Ursprünglich einmal auf eine schlanke Produktion fokussiert, ist Lean Management heute eine allgemeine Mana‐ gementphilosophie. Laut dem REFA-Lexikon wird „[a]uch das Personal .. in die Lean-Management-Unternehmensphilosophie einbezogen, damit die Mitarbeitermotivation zielorientiert gestärkt wird.“ 150 Prozessinnovationen <?page no="151"?> Damit ist klar, dass hier eher ein Prozessmanagement als eine Prozessin‐ novation vorliegt, jedoch wie bereits geschildert mit einem schleichenden Übergang. Die Möglichkeiten, mit denen Lean Management zur Förderung von Prozessinnovationen beitragen kann, umfassen dann u.a.: ● Die Identifikation (und daran anschließend die Beseitigung) von Ver‐ schwendung: Kernmethode ist hier die Wertstromanalyse, bei der die beteiligten Prozesse mit festgelegten Symbolen schematisch dargestellt werden. Das so entstehende Bild des Ist-Zustandes macht die einzelnen Prozesse transparent und zeigt anschaulich den Gesamtzusammenhang. Oftmals verborgene Ineffizienzen wie Bestände, Nacharbeit aufgrund mangelnder Qualität, unnötige Wege durch falsche Layoutplanung oder Verschwendung durch Tätigkeiten, die nicht zur Wertschöpfung beitra‐ gen, werden sichtbar. Dieser Prozess der Identifizierung von Verschwen‐ dung kann auch Möglichkeiten für Prozessinnovationen aufzeigen, wie z. B. die Einführung neuer Technologien oder die Neugestaltung von Arbeitsabläufen. ● Die Förderung kontinuierlicher Verbesserung: Hier ist vor allem die Kultur des Lean Managements interessant („Lean Thinking“), das diese eine kontinuierliche Verbesserung zum Ziel hat, in der die Mitarbei‐ tenden ermutigt werden, Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und mit neuen Ideen zu experimentieren, was unmittelbar oder mittelbar Prozessinnovationen zum Ergebnis haben kann. Im Lean Management wird als Teil der Kultur jedoch auch betont, wie wichtig es ist, Mitarbeitende zu befähigen, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihre Arbeit zu übernehmen. Durch die Befähigung der Belegschaft können Unternehmen das Wissen und die Erfahrung nutzen, um Möglichkeiten für Prozessinnovationen zu erkennen und neue Ideen umzu‐ setzen. Dies wird zuweilen auch als Lean Leadership zusammengefasst, mit dem Mentoring-Konzept als zentrales Instrument. Da Lean Management umfangreiche Datenerhebungen für die Steuerung nutzt, können auch diese genutzt werden, um die Prozesseffizienz zu messen und verbesserungsbedürftige Bereiche zu identifizieren. Dies folgt meist einem PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act), mit Kennzahlen wie der Anla‐ geneffizienz, Durchlaufzeiten oder Termintreue. Diese Kennzahlen können dabei gezielt genutzt werden, um z. B. durch eine Prozessinnovation die Durchlaufzeiten zu reduzieren und den Erfolg messbar zu machen. Hier ist der Übergang zu einem Prozessmanagement wiederum fließend. Wie kann Lean Management Prozessinnovationen befördern? 151 <?page no="153"?> Risikomanagement bei Innovationsprojekten Die Innovationstätigkeit in Unternehmen ist mit zahlrei‐ chen Risiken verbunden. Daher kommt dem Risikoma‐ nagement bei Innovationsprojekten eine wichtige Rolle zu. In diesem Kapitel werden interessante Fragen zu den Besonderheiten von Innovationsrisiken sowie zur zielori‐ entierten Gestaltung eines Risikomanagementprozesses beantwortet. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 17.11.2023 09: 45: 25 17.11.2023 09: 45: 25 <?page no="154"?> Welche Risiken gibt es in Innovationsprojekten? Einer der ersten wichtigen Begriffe, die im Rahmen eines Risikomanage‐ ments klar definiert werden müssen, ist der Begriff des →Risikos. Risiko ist typischerweise als Abweichung von einem Ziel definiert (Berger/ Gleißner 2018). Der Begriff Risiko ist überwiegend negativ besetzt und wird oft mit Schaden oder Gefahr gleichgesetzt, gepaart mit einer Unsicherheit über den tatsächlichen Eintritt des „Risikos“. Wird hingegen von positiver Unsi‐ cherheit gesprochen, so wird meist der Begriff „Chance“ verwendet. Seit der Verabschiedung des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) 2004 müssen Unternehmen auch Chancen in ihre Prognosen einbeziehen und diese veröffentlichen. Damit ist gesetzlich eindeutig geregelt, dass nicht nur den negativen, sondern auch positiven Abweichungen Beachtung geschenkt werden muss. Dies findet sich auch in der ISO 31.000 wieder. Risiko ist dort definiert als „effect of uncertainty on objectives. […] It can be positive, negative or both.” Meist werden potenzielle Risiken aus Innovationen in technische und wirtschaftliche Risiken unterschieden (Granig 2005). Das technische Risiko beschreibt den Umstand, dass ein Unternehmen nicht oder nur unzureichend in der Lage ist, ein Produktkonzept technisch umzusetzen, z. B. auch zur Serienreife zu bringen. Stockbauer (1989: 75) unterteilt dies weiter in ● Forschungsrisiko (funktionierende Technologie ist nicht vorhanden, bzw. eine Technologie ist nicht geeignet, das Problem zu lösen), ● Entwicklungsrisiko (die Ausstattung ist personell und/ oder technisch nicht adäquat) und ● Produktionsrisiko (es wird keine funktionierende Produktionsüberlei‐ tung zur Serienreife erzielt). Laut Granig (2005) ist die Höhe des technischen Risikos vor allem vom Grad der Neuheit der jeweiligen Innovation abhängig, da Basisinnovationen aufgrund der neuen Lösung einen höheren Innovationsgrad aufweisen, während Verbesserungsinnovationen auf bereits bestehenden Ansätzen aufbauen und damit laut Granig auch ein geringeres Risiko aufweisen. Das wirtschaftliche Risiko besteht laut Stockbauer (1989) darin, in einer angemessenen Zeit keine angemessene Verzinsung aus der Innovation erzielen zu können (z. B. wird die Gewinnschwelle nicht erreicht oder die Mindestrendite nicht erzielt). Wesentlich ist hier, dass der Markt die 154 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="155"?> Innovation ablehnen könnte, weil z. B. für den geforderten Preis kein entsprechender Nutzen gesehen wird. Es muss dabei auch einbezogen werden, wie der Wettbewerb auf eine solche Innovation reagiert und wie schnell er sich anpasst (z. B. durch „Me-too“ Produkte). Dabei ist zu beachten, dass auch auf Seiten der Kundschaft ein hohes Risiko bestehen kann, neue Sach- und Dienstleistungen auszuprobieren. Schließlich kann neben den beiden oben genannten Risikoarten auch das Projekt selbst bzw. der Innovationsprozess als Risiko gesehen werden. So wäre es denkbar, dass ein Projekt scheitert, obwohl die technischen und wirtschaftlichen Risiken nicht ausschlaggeben sind. Beispiele wären eine Fehlsteuerung des Teams, Teamkonflikte oder ähnliches. Diese können als separate Risikokategorien gesehen werden oder auch als Teil der beiden Überkategorien. Wichtig ist nur, dass für die Risikoanalyse der Rahmen der Betrachtung wie z.-B. die Kategorien klar definiert wird. Welche psychologischen Fallstricke gibt es für das Risikomanagement? Die im Rahmen einer Risikoanalyse gewonnenen Informationen dienen als Grundlage für eine fundierte Entscheidungsfindung, z.-B. für die Ableitung von Maßnahmen oder für die Abwägung der Risiken gegen Erträge. Da das Management seine Entscheidungen auf die vom →Risikoma‐ nagement bereitgestellten Informationen stützt, müssen wir sicherstellen, dass die Kompetenzen zur Analyse und Bewertung von Risiken angemessen sind und die Informationsprozesse mit angemessener Sorgfalt gehandhabt werden. Die für diese Aufgabe erforderlichen Grundkompetenzen werden auch als Risikokompetenz (bei Fokussierung auf Risikoinformationen) oder statistisches Zahlenverständnis (für einen breiteren Bereich von Informatio‐ nen) beschrieben. Risikokompetenz bedeutet "die Fähigkeit, Informationen über Risiken richtig zu interpretieren und entsprechend zu handeln" (Cokely et al. 2012: 26). Dieses Konzept steht in engem Zusammenhang mit dem weiter gefassten Konzept der statistischen Rechenkompetenz, d. h. "einem Verständnis der Operationen probabilistischer und statistischer Berechnun‐ gen, wie dem Vergleich und der Umwandlung von Wahrscheinlichkeiten und Proportionen" (Cokely et al. 2012: 25). Es liegt auf der Hand, dass diese Art von Rechenfertigkeit für den Risiko‐ bewertungsprozess in Unternehmen wichtig ist. Die Prüfung der Fähigkeit, Welche psychologischen Fallstricke gibt es für das Risikomanagement? 155 <?page no="156"?> solche Rechenfertigkeiten in realen Problemen anzuwenden, bietet daher wichtige Erkenntnisse für die Risikomanagementpraxis. Das Problem dabei ist, dass selbst jemand, der über ein hohes Zahlenverständnis verfügt, bei der Risikobewertung für bestimmte Effekte anfällig sein kann. Dies geht auf mehrere Aspekte der Risikobewertung zurück. Insbesondere die folgenden Punkte sind von Bedeutung: ● Komplexität ● Unternehmenspolitik und -kultur ● Verwendung von subjektiven Informationen ● kognitive Verzerrungen („biases“) Wenn wir mit der Analyse von Problemen wie Unfällen, Gerichtsverfah‐ ren, Abweichungen, Maschinenausfällen oder Finanzmarktdaten beginnen, müssen wir uns zunächst mit dem Problem der Komplexität auseinander‐ setzen. Das liegt daran, dass es viele Wechselwirkungen und Verbindungen innerhalb einer Organisation und mit der Umwelt gibt. Wie Peters (2008: 1) es ausdrückt: "Entscheidungen über Gefahren und andere Risiken erfordern die Verwendung komplexer Daten über physische, soziale und wirtschaftli‐ che Systeme". Wir müssen auch die verschiedenen vorhandenen Politiken und die Unternehmenskultur und ihren Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeiter berücksichtigen. Es kann Fälle geben, in denen die Politik einen angemesse‐ nen Umgang mit Risiken nicht belohnt, sondern nur Gewinne aus riskantem Verhalten belohnt. Es könnte auch zu einer Art Gruppendenken führen, das die Menschen in Gruppen dazu bringt, bei ihren Entscheidungen Kon‐ formität über Qualität zu stellen. Wir müssen auch bedenken, dass wir es bei der Analyse von Risiken meist mit subjektiven Informationen zu tun haben. Selbst wenn objektive historische Daten zur Verfügung stehen, beeinflussen die Art und Weise ihrer Darstellung, die Anwendung bestimmter Techniken oder die verwen‐ dete Zeitspanne die Analyse. Dies gilt umso mehr, wenn wir versuchen, Daten zu prognostizieren und mögliche zukünftige Bandbreiten bestimmter Zielvariablen darzustellen. Die Vorstellung, dass die Subjektivität eine so wichtige Rolle spielt, scheint den Menschen oft unangenehm zu sein, aber das ist eine Tatsache, die wir im Auge behalten müssen. Vielleicht hat das Unbehagen damit zu tun, dass man die eigenen Wege und Grenzen kennt. Dies führt zu einem der problematischsten Punkte: kognitive Verzerrun‐ gen. Unter diesem Begriff versteht man eine Denkweise, die sich von der 156 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="157"?> Rationalität unter einem normativen Gesichtspunkt unterscheidet. Einige dieser Verzerrungen umfassen laut Berger (2015): ● Einsichtsverzerrung (Hindsight bias): eine rückblickende Bewertung einer Wahrscheinlichkeit, als ob sie vorhersehbar gewesen wäre ("ich wusste es die ganze Zeit"), obwohl sie es zu diesem Zeitpunkt nicht sein konnte. ● Ankereffekt: Die erste Information dient als Anker, auf den man sich bei der Entscheidungsfindung bezieht. ● Übermäßiger Optimismus: Übertriebener Optimismus führt dazu, dass Menschen die Welt durch eine rosarote Brille betrachten. Dies ist oft zu beobachten, wenn sie schon eine Weile erfolgreich sind. ● Übermäßiges Selbstvertrauen: Übermäßiges Selbstvertrauen führt dazu, dass man sich seiner Sache zu sicher ist, was häufig dazu führt, dass man die Risiken unterschätzt. ● Vernachlässigung der Basisrate: Die Nichtberücksichtigung allgemeiner Wahrscheinlichkeiten, die für die eigene Entscheidung relevant sind, und stattdessen die Konzentration auf spezifische Informationen (eng verwandt mit der Repräsentativität). ● Konfirmationsverzerrung: Bestätigungsfehler führen dazu, dass Men‐ schen Informationen, die ihre vorherigen Ansichten bestätigen, über‐ gewichten und Informationen, die diese Ansichten nicht bestätigen, untergewichten. ● Framing-Effekte: Dies bezieht sich auf die Tatsache, dass der Kontext - d. h. der Rahmen - der präsentierten Informationen eine wichtige Rolle spielt und Entscheidungen beeinflusst. Welche Rolle spielt die Kultur im Umgang mit Innovationsrisiken? Hier muss zunächst die Landeskultur von der Unternehmenskultur un‐ terschieden werden, die ebenso einen Einfluss haben wird, wie die Un‐ ternehmenskultur selbst. Zum Bereich der kulturellen Unterschiede auf Länderebene gibt es eine Reihe von verschiedenen Ansätzen, wie diese zum einen unterschieden werden können (also auf Basis welcher Kriterien), so genannte kulturvergleichende Studien, und zum anderen Hinweise geben, wie mit diesen Unterschieden umgegangen werden kann. Diese Unter‐ schiede machen sich im beruflichen Alltag vor allem in der Kommunikation Welche Rolle spielt die Kultur im Umgang mit Innovationsrisiken? 157 <?page no="158"?> bemerkbar. Durch die Nutzung verschiedener Dimensionen („Kriterien“) können die Unterschiede zwischen Kulturen herausgearbeitet/ beschreibbar gemacht und empirisch belegt werden. Diese Kulturdimensionen helfen dann dabei, grundlegende Werte und Ausdrucksweisen einer Kultur ein‐ zuordnen. Gleichzeitig sollte klar sein, dass dies eine Vereinfachung des komplexen Konstrukts Kultur darstellt und diese Ergebnisse und Hinweise immer kritisch hinterfragt werden sollten. Nicht alle Vertreterinnen eines Kulturraumes verhalten sich immer so „wie es die Empirie, sprich der Mittelwert, vorsieht“. Wir wollen hier auf das Modell von Hofstede kurz eingehen, das recht häufig in der Literatur zu finden ist Der Fokus liegt dann jedoch auf der Unternehmenskultur bzw. der Projektkultur selbst. Hofstede untersuchte von 1968-1972 Kultur im Rahmen einer Studie bei IBM über die Mitarbeitenden des Konzerns in 72 nationalen Tochtergesell‐ schaften. Er analysierte über 116.000 standardisierte Fragebögen, die jeweils über 100 Fragen zu Überzeugungen und Werten enthielten, von denen schließlich etwa 60 detaillierter ausgewertet wurden. Das Ergebnis seiner Arbeit ist ein Fünf-Dimensionen-Modell, das ein Orientierungssystem für das komplexe Phänomen Kultur bietet. Die ersten vier Dimensionen sind: 1. Machtdistanz Machtdistanz (von gering bis groß) erklärt sich bei Hofstede über das Ausmaß, in dem Untergebene Macht akzeptieren oder ablehnen. Ein hoher Machtdistanzindex bedeutet, dass in den entsprechenden Kulturen große hierarchische Unterschiede nicht nur akzeptiert, sondern sogar gewünscht werden (z. B. in Indien, Guatemala). Mitarbeiter bevorzugen einen autokra‐ tischen bzw. patriarchalischen Führungsstil und widersprechen nur ungern ihren Vorgesetzten. Statussymbole wie ein großes Auto des Chefs werden wohlwollend betrachtet. 2. Individualismus vs. Kollektivismus In der zweiten Dimension untersuchte Hofstede, inwiefern „das Interesse der Gruppe dem Interesse des Individuums übergeordnet ist.“ Gesellschaf‐ ten, in denen das Verhältnis umgekehrt ist, werden demnach als indivi‐ dualistisch bezeichnet. Sie zeichnet aus, dass die Bindungen zwischen Individuen locker sind und sich jeder nur um sich und seine (Kern-) Familie kümmert (z. B. USA, Deutschland). In individualistischen Gesellschaften 158 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="159"?> wird universalistisch - das heißt gleich - behandelt, eine Bevorzugung gilt als unmoralisch und korrupt. In kollektivistischen Gesellschaften gilt es als eher „gesundes Geschäftsgebaren“ partikularistisch - also Freunde und Bekannte bevorzugt - zu behandeln (z. B. in Südkorea, Westafrika). In einer kollektivistischen Gesellschaft ist der Arbeitsplatz häufig verbunden mit einem Wir-Gruppen-Gefühl, das individuelle Interessen stark zurückstellt und so z. B. Leistungsbeurteilungen oder ein Management by Objectives erschwert (Vgl. Hofstede 2001: 90). 3. Maskulinität vs. Femininität Maskulinität vs. Femininität misst die Ausprägung der vorherrschenden Werte, die bei beiden Geschlechtern etabliert sind. „Männer haben bestimmt, hart und materiell orientiert zu sein; Frauen müssen bescheidener, sensibler sein und Wert auf Lebensqualität legen.“ (Hofstede 2001: 115). In einer feminin orientierten Kultur ist die Rollenflexibilität stärker ausgeprägt; auch Männer leben feminine Werte, wie familiäre Orientierung und Feinfühlig‐ keit (z. B. Schweden, Norwegen). In stark maskulin geprägten Kulturen ist die „Kluft“ zwischen den Werten von Männern und den Werten von Frauen am größten und es wird eher ein Verhalten gemäß den tradierten Rollenverständnissen erwartet (z. B. Japan, Österreich). Während in mas‐ kulin geprägten Gesellschaften Entscheidungen von Führungskräften eher im Alleingang getroffen werden, sind Manager in femininen Kulturen konsensorientiert und eher intuitiv handelnd. 4. Unsicherheitsvermeidung Unsicherheitsvermeidung (von schwach bis stark) ist der Grad „in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen“ (Hofstede 2001: 158). Unsicherheit produziert ein uneindeu‐ tiges, nicht auf konkrete Objekte bezogenes Gefühl der Angst. Kulturen, die stark unsicherheitsvermeidend sind (wie Griechenland oder Belgien), sind durch starre Glaubens- und Verhaltensregeln gekennzeichnet. Menschen in diesen Kulturen verhalten sich intolerant gegenüber abweichendem Verhalten, neuen Ideen und fremden Personen. Unsicherheitsvermeidung führt zu Reduzierung von Uneindeutigkeit, d. h. nicht das konkrete mit einer Sache behaftete Risiko gilt es zu minimieren, sondern die diffuse, zukünftige Situation. In schwach unsicherheitsvermeidenden Kulturen (wie Schweden Welche Rolle spielt die Kultur im Umgang mit Innovationsrisiken? 159 <?page no="160"?> oder Großbritannien) spielen Prinzipien im Alltag eine untergeordnete Rolle und auf Veränderungen wird eher mit Neugier als mit Furcht reagiert. Hofstede fand bei seiner Studie einige Auffälligkeiten in asiatischen Ländern, weshalb er den Fragebogen veränderte und mehr auf die asiatische Kultur abzielte. Das Ergebnis dieser Befragung war eine weitestgehende Bestätigung von drei Dimensionen; lediglich die Dimension Unsicherheits‐ vermeidung konnte nicht im gleichen Maß bestätigt werden. Man fand zu‐ dem eine fünfte Dimension, die als „Konfuzianische Dynamik“ oder auch als „kurzfristige vs. langfristige Orientierung“ bezeichnet wird. Eine langfristige Orientierung zeigt sich in einer erhöhten Ausdauer bzw. Beharrlichkeit im Verfolgen von Zielen, dem Ordnen der Beziehungen nach dem Status oder der erhöhten Bereitschaft, sich unterzuordnen, während in kurzfristig orientierten Kulturen eher die Wahrung des Gesichtes um jeden Preis, die persönliche Aufrichtigkeit und Stabilität oder etwa die Erwartung schneller Gewinne vorherrscht. Für Innovationsprojekte wird vor allem die Unsicherheitsvermeidung eine größere Rolle spielen. Innovationsprojekte sind durch eine hohe Unsi‐ cherheit gekennzeichnet, die durch die Aufgabenstellung selbst gegeben und nicht aus der Welt zu schaffen ist. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Länderkulturen, aus denen die verschiedenen Teammitglieder stammen, bei solchen Projekten zu analysieren. Jedoch muss immer einbezogen werden, dass Länderkultur ein Konstrukt ist und Menschen eigene Persönlichkeiten entwickeln, die auch völlig konträr zur Landeskultur stehen können. Das hat Hofstede (2001) auch in seinem Modell dargestellt. Die Persönlichkeit spie‐ gelt die individuelle Prägung eines Menschen wider. Diese ist sowohl erlebt als auch erlernt. Kultur ist dagegen immer einer Gruppe oder Kategorie von Personen immanent, die die spezifischen Merkmale dieser Kultur erlernt ha‐ ben. Gruppe meint dabei z. B. eine Familie, während „Kategorie“ Menschen zusammenfasst, die durch ein besonderes Merkmal miteinander verbunden sind, wie z. B. alle nach 2000 geborenen oder alle weiblichen Führungskräfte mit Ingenieurausbildung. Die menschliche Natur auf der anderen Seite, zu der z. B. Schlaf- und Essbedürfnisse zählen, ist bei Hofstede als universell und ererbt einbezogen. Für Innovationsprojekte heißt dies, eine eigene Kultur im Umgang mit den Risiken zu entwickeln, indem z. B. Standards definiert werden (idealerweise im Einklang mit der Unternehmenskultur). 160 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="161"?> Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur im Umgang mit Innovationsrisiken? Das Konzept der Unternehmenskultur überträgt den Kulturgedanken aus der Kulturanthropologie auf Organisationen. Demnach bildet jede Organi‐ sation eine spezifische Kultur heraus, die das organisatorische Verhalten maßgeblich prägt (und natürlich auch Sub-Kulturen, bspw. in Abteilun‐ gen oder Teams). Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Normen, Denkhaltungen und Paradigmen, welche die Mitarbeiter teilen und damit das Zusammenleben im Unternehmen sowie das Auftreten nach außen hin prägen (Dillerup/ Stoi 2006: 89). Auch wenn der Begriff Kultur bzw. Unternehmenskultur recht häufig benutzt wird, ist er weit davon entfernt, auf eine einheitliche Definition zurückzugehen. Einer der bekanntesten Ansätze zur Definition des Begriffs Unterneh‐ menskultur stammt von dem Organisationspsychologen Edward Schein. Er unterscheidet die folgenden drei Ebenen der Kultur (Schein 2003: 31): ● Artefakte - dazu zählen zum Beispiel der visuelle Firmenauftritt ebenso wie unternehmensspezifische Sprachregelungen und Redestile, Rituale und Zeremonien. ● Öffentlich propagierte Werte - Strategien, Ziele, Philosophien wie Führungsgrundsätze oder Arbeitsstil ● Grundlegende unausgesprochene Annahmen - unbewusste, für selbst‐ verständlich gehaltene Überzeugungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle Wichtig ist, alle drei Ebenen der Unternehmenskultur bzw. der → Risiko‐ kultur (als Teilkultur) einzubeziehen, um herauszufinden, welche Kultur „wirklich“ im Unternehmen verankert ist. Dies kann jedoch laut Schein nicht durch Fragebögen erreicht werden, sondern nur durch mehrere Sitzungen bzw. Workshops (Schein 2003: 69 ff.). Risikokultur ist damit ein Teilbereich der gesamten Unternehmenskultur bzw. die Konkretisierung der Unternehmenskultur für das Risikomanage‐ ment. Nach Lück (2000: 337) umfasst die Risikokultur das bestehende, gemeinsame Normen- und Wertegerüst der Organisationsmitglieder eines Unternehmens, auf deren Basis die Risiken im Unternehmen gehandhabt werden. Sie steuert dabei die Bereitschaft, Risiken bewusst wahrzunehmen; sie prägt das Risikobewusstsein aller Unternehmensmitglieder und beein‐ flusst ihre Sensibilität gegenüber Risiken. Die Risikokultur prägt darüber Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur im Umgang mit Innovationsrisiken? 161 <?page no="162"?> hinaus die Art und Weise, wie Risiken kommuniziert werden (Lück 2000: 337). Dabei muss nicht nur die interne Kommunikation, sondern auch die externe Kommunikation einbezogen werden (Hoitsch et al. 2005: 127). Neben diesem grundsätzlichen und definitorischen Aspekt spielt vor allem die Frage nach dem Umgang mit Risiken und die damit verbundenen Unterschiede zwischen den Teilkulturen in Unternehmen eine große Rolle. Ausdruck findet dies in der sog. Risikoneigung, auch „Risikoappetit“ ge‐ nannt. Sie drückt aus, inwieweit ein Individuum oder auch eine Organisation bereit ist, Risiken einzugehen. Diese Risikoneigung ist jedoch beim Men‐ schen auch stark von der Situation abhängig, wie einschlägige Experimente und die →Prospect-Theorie belegt haben (Kahneman/ Tversky 1979). So verhalten sich Menschen in einer Gewinnsituation eher risikoavers, wäh‐ rend in einer Verlustsituation die Bereitschaft steigt, Risiken einzugehen, um „den Verlust wieder wettzumachen“. Zudem ist die Risikowahrnehmung in Organisationen stark unterschiedlich ausgeprägt. Diese unterschiedliche Risikowahrnehmung sowohl von Fachexperten als auch von Laien ist eine wesentliche Herausforderung, die im Rahmen des Risikomanagements als Teil eines →Innovationsmanagements ge‐ löst werden muss, um ein adäquates Verhalten im Umgang mit Risiken sicherzustellen. Entsprechend bedeutsam ist für Unternehmen die Risiko‐ kommunikation und die Entwicklung einer adäquaten Risikokultur. Eine unterschiedliche Wahrnehmung und Kultur ist nicht im Sinne eines Unternehmens, wenn eine bestimmte Risikopolitik verfolgt werden soll. Werden Risiken an der Basis anders wahrgenommen als von der Unternehmensleitung gewünscht, werden evtl. bestimmte Informationen nicht weitergegeben und Risikosituationen anders gehandhabt als durch die Risikopolitik vorgesehen. Damit wird deutlich, welchen Stellenwert es für ein Unternehmen einnimmt, eine unternehmensweit einheitliche Kultur zum Umgang mit Risiken anzustreben. Gerade bei international operieren‐ den Unternehmen mit einer Vielzahl von verschiedenen Landeskulturen wird dies deutlich. Wie kann man eine Risikokultur in einem Innovationsprojekt etablieren? Im Rahmen von Innovationsprojekten ist es besonders wichtig, zu Beginn eine klar geregelte →Risikokultur zu schaffen, in der Vorgaben eindeutig 162 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="163"?> formuliert und auch Prozesse festgelegt werden. So können z. B. Maxi‐ malrisikohöhen definiert werden, die nicht überschritten werden dürfen oder Schwellenwerte, die eine Berichtspflicht auslösen. Dies schafft einen verlässlichen Rahmen für alle Beteiligten und reduziert die Unsicherheit aus dem Kontext des →Innovationsmanagements, so dass im Idealfall die Unsicherheiten „nur“ noch aus den Innovationsprojekten selbst entstehen. Um eine konsistente Risikokultur zu definieren, können folgende Fragen als Richtschnur dienen, die sich am Ansatz von Schein (2003) orientieren: ● Welche gelebten Grundwerte kennzeichnen unsere bisherige Kultur? ● Welche Werte sind uns im Umgang untereinander wichtig? ● Welche Werte gelten im Umgang mit unseren Kunden, welche Werte vermitteln wir den Kunden? ● Welche Vorgehensweisen beim Umgang mit Risiken gibt es und was bedeuten sie? Was verbirgt sich hinter den Vorgehensweisen? ● Welche Ereignisse werden besonders beachtet? ● Welche existierenden Regelungen gibt es bereits in anderen Bereichen des Unternehmens in Bezug auf eine Risikopolitik oder Risikokultur, z.-B. in Projektmanagementhandbüchern? ● Wie sieht die Risikotragfähigkeit des Unternehmens aus, wie viel Risi‐ kokapital kann und darf für ein Projekt eingesetzt werden? ● Wie sind die Anreizsysteme des Unternehmens ausgestaltet, welche Anreize existieren und welche Auswirkungen auf das eigene Verhalten im Umgang mit Risiken können diese haben? Diese Fragen können im Vorfeld vom Leitungsgremium oder von der Pro‐ jektleitung analysiert werden und anschließend z. B. bei einem Projektstart oder Kulturworkshop im Team bearbeitet werden. Wichtig ist, dass Kultur auch als etwas „Definierbares“ gesehen wird und nicht negiert wird. Was auch (nicht) getan wird, eine Kultur wird sich immer ergeben. Wie sieht ein Risikomanagementprozess bei Innovationsrisiken aus? Das →Risikomanagement ist immer ein wichtiger Bestandteil des Pro‐ jektmanagements und für den Erfolg eines jeden Innovationsprojekts un‐ erlässlich. Beim Risikomanagement geht es darum, Risiken zu ermitteln, zu bewerten und zu steuern, um sicherzustellen, dass sie sich innerhalb Wie sieht ein Risikomanagementprozess bei Innovationsrisiken aus? 163 <?page no="164"?> der Toleranzen des Projekts bewegen. Einige Risiken sind dem Projekt selbst inhärent, z. B. das Risiko, dass das Projekt seine Ziele nicht erreicht. Andere Risiken liegen außerhalb des Projekts, wie z. B. das Risiko von Veränderungen im politischen oder wirtschaftlichen Umfeld. Die Projektleitung muss alle mit dem Projekt verbundenen Risiken ermitteln und einen Plan zu deren Bewältigung entwickeln. Es ist wichtig, daran zu denken, dass das Risikomanagement ein fortlaufender Prozess ist und während der gesamten Projektlaufzeit überprüft werden sollte. Der Risikomanagementprozess umfasst die im Folgenden kurz umrisse‐ nen fünf Schritte. Wenn Sie die entsprechenden Tipps befolgen, können Sie sicherstellen, dass die mit Ihrem Projekt verbundenen Risiken wirksam gemanagt werden. 1. Risiken analysieren Der erste Schritt eines wirksamen Risikomanagements besteht darin, die mit dem Innovationsprojekt verbundenen Risiken zu ermitteln. Dies kann durch die Durchführung einer Risikoanalyse geschehen (oft auch Risikoidentifika‐ tion genannt). Bei der Risikoanalyse sollen alle potenziellen Risiken ermittelt werden, die sich aus dem Projekt ergeben. Sobald die Risiken identifiziert sind, sollten sie nach dem Grad ihrer Auswirkungen klassifiziert werden (evtl. unter Einbeziehung der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens). Wichtig ist dabei, sich auf die wesentlichen Risiken zu fokussieren, um sich nicht zu verzetteln. Dabei sollten auch die Risiken ermittelt werden, die sich aus der Innovation selbst ergeben, z. B. aus einem geänderten →Geschäftsmodell. 2. Risiken bewerten Der nächste Schritt eines wirksamen Risikomanagements ist die Bewertung der Risiken. Dazu werden die Auswirkungen der einzelnen Risiken (und evtl. auch die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens) ermittelt. Die Auswirkung des Risikos sollte im Hinblick auf sein Potenzial, die Projektziele zu beeinträch‐ tigen, bestimmt werden. Typische Kategorien sind hier monetäre Größen wie Budgetauswirkungen oder zeitbezogene Größen wie ein möglicher Projektverzug. 164 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="165"?> 3. Risiken bewältigen Der dritte Schritt eines wirksamen Risikomanagements ist die Bewältigung der Risiken. Dies kann durch die Umsetzung von Risikominderungsstra‐ tegien geschehen. Risikominderungsstrategien zielen darauf ab, die Aus‐ wirkungen des Risikos zu verringern oder die Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Risikos zu reduzieren. Diese Maßnahmen können z. B. in Form eines Risikomanagementplans festgehalten werden. 4. Risiken überwachen Der vierte Schritt eines wirksamen Risikomanagements ist die Überwa‐ chung der Risiken. Dies kann durch eine regelmäßige Bewertung der Risiken geschehen, um sicherzustellen, dass sie innerhalb der Toleranzen des Projekts liegen. Es ist auch wichtig, die Umsetzung der Risikominderungsst‐ rategien zu überwachen, um sicherzustellen, dass sie wirksam sind. Dazu müssen auch Verantwortlichkeiten benannt werden. 5. Risiken kommunizieren Der fünfte Schritt eines wirksamen Risikomanagements besteht darin, die Risiken, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten zu kommunizieren. Dies kann durch die Weitergabe der Ergebnisse der Risikoanalyse, -bewertung und der Gegenmaßnahmen an interne und externe Beteiligten geschehen und wird typischerweise grafische und nicht-grafische Elemente umfassen. Außerdem ist es wichtig, die Beteiligten über alle Änderungen an der Risikobewertung oder dem Risikomanagementplan auf dem Laufenden zu halten. In den folgenden fünf Fragen wird auf die hier dargestellten Prozessin‐ halte detaillierter eingegangen. Schritt 1: Wie analysiert man Risiken in Innovationsprojekten? Es gibt viele Möglichkeiten, Risiken in einem Projekt zu ermitteln, wobei es prinzipiell immer effizienter ist, auf bestehende Analysen und Unterlagen zurückzugreifen, bevor eigene Auswertungen angestrengt werden. Auf Schritt 1: Wie analysiert man Risiken in Innovationsprojekten? 165 <?page no="166"?> spezielle Methoden für formale risk assessments wird anschließend noch detaillierter eingegangen. Einige gängige Methoden sind: 1. Durchsicht bestehender Projektdokumentation auf Hinweise auf mög‐ liche Risiken. Dies kann Projektpläne, Lessons learned, Anforderungs‐ dokumente, Änderungsanträge und vieles mehr umfassen. 2. Interviews mit den Projektbeteiligten und Teammitgliedern, um zu erfahren, was schiefgehen könnte (oder welche Chancen verbunden sein könnten). Expertenmeinungen können bei der Identifizierung un‐ ternehmensexterner und -interner Risiken helfen und oftmals auch im Rahmen von Risikoworkshops herangezogen werden. Bei der Del‐ phi-Technik wird beispielsweise ein mehrstufiges Verfahren der Ex‐ pertenschätzung mit einer Vielzahl von Experten durchgeführt. Die Ergebnisse einer ersten Befragungsrunde fließen in weitere Befragungs‐ runden ein und führen so zu einer verbesserten Abschätzung der zu erwartenden Risiken. Der Einsatz derartiger Verfahren erfordert um‐ fangreiche methodische Planungen, ausreichende finanzielle Ressour‐ cen sowie eine adäquate und offene Risikobzw. Unternehmenskultur. 3. Analyse von vergangenen Projekten (oder auch während der Projektumsetzung), um nach Trends oder Mustern zu suchen, die auf potenzi‐ elle Risiken hinweisen könnten. Dies kann Dinge wie Projektkosten (mitlaufende Kalkulation), die Analyse von Termindaten und Leistungs‐ kennzahlen umfassen. Daten hierzu kann das Projektcontrolling, die Controllingabteilung oder auch das Qualitätsmanagement liefern. 4. Analysen anderer Abteilungen zur Überwachung externer Faktoren, die sich auf das Projekt oder die Innovation auswirken könnten, wie z. B. Veränderungen im politischen oder wirtschaftlichen Umfeld, Trends am Markt oder ähnliches. Marketingabteilungen oder andere Abteilungen, die solche Überwachungsfunktionen ausüben, können hier wertvolle Hinweise geben. 5. Durchführung einer formalen Projektrisikobewertung (risk assess‐ ments), d. h. eines formalen Prozesses zur Identifizierung und Bewer‐ tung von Risiken. Dies kann mit einer Vielzahl von Instrumenten und Methoden geschehen, wie sie in der Risikomanagement-Norm ISO 31000 beschrieben sind. Auf diese wird nachfolgend etwas detaillierter eingegangen. Praktisch alle Arten von Risiken lassen sich im Rahmen eines Workshops durch kritische Diskussionen erfassen. Hierzu gehören insbesondere die 166 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="167"?> Risiken aus den Leistungserstellungsprozessen (operative Risiken des Pro‐ jektes oder für die Produktionsrisiken), rechtliche und politische Risiken sowie Risiken aus Unterstützungsprozessen (z. B. IT). Bei operativen Ri‐ siken der Wertschöpfungsketten bietet es sich beispielsweise an, diese Arbeitsprozesse zunächst (einschließlich der wesentlichen Schnittstellen) zu beschreiben und anschließend Schritt für Schritt zu überprüfen, durch welche Risiken eine Abweichung des tatsächlichen vom geplanten Prozess‐ ablaufes eintreten kann, der Auswirkungen auf die Unternehmensziele (das Ergebnis) hat. Gerade hier können viele Arbeiten und Instrumente (z. B. →FMEA) des Qualitätsmanagements genutzt werden, weil erhebliche Teile des Qualitätsmanagements auch als Management technischer Risiken interpretiert werden kann, so dass hier erhebliche Synergien genutzt werden können. Basis für die dann folgende Identifikation der operativen Risiken ist meist eine Risikofeldermatrix, die in Vorbereitung auf das Projekt zwischen der Unternehmens- und Projektleitung festgelegt wurde. Sie dient als eine abgespeckte „Checkliste“ für die Beantwortung der Frage, aus welchen dieser Beobachtungsbereichen Risiken resultieren können. Meist wird eine solche Risikofeldermatrix aus abgeschlossenen Projekten erstellt und konti‐ nuierlich weiterentwickelt. Basis bilden hierbei lessons learned oder andere Dokumentationen. Die eigentlichen Risiken sind in dieser Art „Checkliste“ nicht aufgeführt. Es soll nicht darum gehen, schnell Risiken abhaken zu können, sondern Themenfelder mit Beispielen als Diskussionsgrundlage zu nutzen, damit Diskussionen nicht ausufern. Die Relevanz und Struktur dieser Felder sollten regelmäßig überprüft werden. Es kann jedoch zu einzelnen Punkten wie Materialeigenschaften (z. B. eine unzureichende Festigkeit oder Viskosität), neuen Monetarisierungsstrategien (z. B. Finanzierung durch Werbung anstelle von direkter Bezah‐ lung als →Geschäftsmodell) oder der Materialgeometrie (bspw. einer unzureichenden Lage oder Ebenheit) eventuell spezielle Anhaltspunkte geben. Dies muss dann im Einzelfall immer wieder analysiert werden. In vielen Fällen kommt auch hier eine →FMEA zum Einsatz, die an anderer Stelle beschrieben ist. Schritt 1: Wie analysiert man Risiken in Innovationsprojekten? 167 <?page no="168"?> Schritt 2a: Wie werden Risiken bewertet? Eine der einfachsten Methoden zur Bewertung von Risiken stellt die Nut‐ zung einer Relevanzskala dar. Eine solche Relevanzskala stellt die AP-Tabelle dar, mit den drei Stufen niedrig, mittel und hoch. Meist werden Risiken jedoch mit mehr als drei Stufen bewertet. Zum Beispiel werden die Risiken einer Relevanz von 1 (niedrig) bis 5 (hoch), basierend auf den (monetären) Auswirkungen, zugeordnet. Ein Risiko könnte gemäß der folgenden Rele‐ vanzskala zugeordnet werden: ● bis < 10.000 € der Relevanz 1, ● von 10.000 € bis <20.000 € der Relevanz 2, ● von 20.000 € bis < 100.000 € der Relevanz 3, ● von 100.000 € bis < 250.000 € der Relevanz 4 und ● ab 250.000 € der Relevanz 5. Genauso könnten die Relevanzen auch qualitativ definiert werden. Dies wird oft als Ergänzung zu den quantitativen Angaben oder bei rein qualitativ be‐ schriebenen Risiken auch als alleinige Angabe zur Bewertung eines Risikos genutzt. Solche Begriffe zur Kategorisierung werden entweder in Bezug zur Eintrittswahrscheinlichkeit (beispielsweise „hoch“) bei ereignisorientierten Risiken wie Bränden oder zur Einschätzung der Auswirkungen eines Risikos (beispielsweise „existenzbedrohend“), beispielsweise zur Abschätzung der Relevanz eines Risikos benutzt (siehe hierzu den Prüfungsstandard 981 des Instituts der Wirtschaftsprüfer, A25). Solche Begriffe sollen die Kommuni‐ kation erleichtern, da damit transparent wird, welche Bedeutung ein Risiko haben kann. Dabei liegt bei der Verwendung dieser Begriffe die Annahme zugrunde, dass für alle Beteiligten klar ist, was diese Begriffe konkret bedeuten, einmal im Vergleich der anderen Begriffe (Rangfolgen) als auch absolut („hoch heißt x €“ oder „x %“). Damit ist aber auch die Annahme verbunden, dass alle Beteiligten die Begriffe gleich oder zumindest ähnlich interpretieren. Dies ist nicht immer der Fall, weshalb solche Definitionen wo immer möglich, möglichst quantitativ erfolgen sollten, z. B. monetär (Euro) oder in Zeitverzögerungen („Wochen“). Dabei kann die Risikohöhe in einem so genannten →Risikomaß ausgedrückt werden. Nachdem die Risiken identifiziert und grob bewertet wurden, sind nun die Ursachen zu beschreiben, die zu diesem Risiko führen können. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ursachen ausführlich dargestellt werden. Je ausführlicher die Ursachenforschung durchgeführt wird, desto gezielter ist 168 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="169"?> es später möglich, geeignete Handlungsalternativen für deren Bewältigung zu finden. Sollte eine →FMEA durchgeführt worden sein, liegen diese Er‐ gebnisse bereits vor. Die Informationen aus der Beschreibung der Ursachen und Folgen sind notwendig, um begründetet monetäre Größen ableiten zu können. Zur Beschreibung der Risiken werden - insbesondere, wenn dies Teil einer monetären Modellierung der Projektrisiken ist - Verteilungsfunktio‐ nen herangezogen. Dies muss nicht immer der Fall sein, oft wird aber ein bestehendes Risikomanagement bereits Risiken monetär bewerten, so dass dies auch für Innovationsrisiken angestrebt wird. Wenn dies nicht der Fall ist, kann es auch ausreichend sein, Risiken nur mit Relevanzen zu erfassen und sich auf die Bewältigungsmöglichkeiten zu fokussieren. Wichtig ist es, die Vorgehensweise und den Grad der Bewertung der Risiken auf den Einzelfall abzustimmen, um effizient und effektiv Risikomanagement betreiben zu können. Wir wollen nachfolgend einige oft verwendete Funktionen kurz darstel‐ len (basierend auf Berger/ Gleißner 2018 bzw. Gleißner 2022). Binomialverteilung Die Binomialverteilung (auch binomische oder Bernoulli-Verteilung ge‐ nannt) beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass bei n-maliger Wiederholung eines so genannten Bernoulli-Experiments das Ereignis A genau k-mal eintritt. Ein Bernoulli-Experiment ist dadurch gekennzeichnet, dass genau 2 Ereignisse mit Wahrscheinlichkeit p bzw. 1-p auftreten, diese Wahrschein‐ lichkeiten sich bei den Versuchswiederholungen nicht verändern und die einzelnen Versuche sich nicht gegenseitig beeinflussen, also unabhängig voneinander sind. Man kann sich dies vorstellen als das Ziehen von ver‐ schiedenfarbigen Kugeln aus einer Urne mit Zurücklegen. Ein Beispiel für das Auftreten dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung ist das mehrmalige Werfen einer Münze. Ein Spezialfall der Binomialverteilung ist die digitale Verteilung. Hier bestehen die zwei möglichen Ereignisse aus den Werten Null und Eins. Dies kann genutzt werden, wenn einem Ereignis genau eine Schadens‐ höhe zugeordnet werden kann. Praktische Beispiele sind der Eintritt einer Naturkatastrophe, eines Produktfehlers oder ein Brand. Dazu gibt man dann die Schadenshöhe an sowie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts. Meist wird die Binomialverteilung jedoch für eine mehrstufige Modellierung Schritt 2a: Wie werden Risiken bewertet? 169 <?page no="170"?> genutzt: Dabei wird wie oben beschrieben nur der Eintritt des Ereignisses modelliert: „1“ für den Eintritt bzw. „0“ für das Ausbleiben, auch als Ja/ Nein-Verteilung bei der Software Crystal Ball bezeichnet. Im zweiten Schritt wird anschließend die Schadenshöhe separat modelliert, z. B. mit einer Dreiecksverteilung. Dies kann z. B. bei einem technischen Risiko genutzt werden. Das Ereignis tritt ein oder nicht und wenn dies eintritt, könnten die Schäden in einer gewissen Bandbreite liegen, z. B. von 100 € bis 10.000 € mit dem Schwerpunkt bei 1.000 € (wir nehmen somit eine Dreiecksverteilung der Schäden an). Normalverteilung Die Normalverteilung ist die wichtigste Wahrscheinlichkeitsverteilung und kommt in der Praxis häufig vor bei der Modellierung von Schwankungen (Personalkostenschwankungen, Absatzmengenschwankungen etc.). Dies ergibt sich aus dem so genannten zentralen Grenzwertsatz. Dieser besagt, dass eine Zufallsvariable annähernd normalverteilt ist, wenn diese Zufalls‐ variable als Summe einer großen Anzahl voneinander unabhängiger Sum‐ manden aufgefasst werden kann, von denen jeder zur Summe nur einen unbedeutenden Beitrag liefert. Nehmen wir das Innovationsrisiko der Men‐ genschwankung bei Markteinführung: Hat ein Unternehmen beispielsweise eine Vielzahl von etwa gleich bedeutsamen Kunden, deren Kaufverhalten nicht voneinander abhängig sind, kann man annehmen, dass (Mengen-)Ab‐ weichungen vom geplanten Umsatz annähernd normalverteilt sein werden. Es ist in einem solchen Fall also unnötig, jeden Kunden einzeln zu betrach‐ ten, sondern es kann der Gesamtumsatz analysiert werden. Allerdings ist dies eine recht starke Annahme, da die Schwankung, sprich die Chancen und Gefahren, symmetrisch um den Planwert schwanken. Geeigneter wäre dann oftmals die Log-Normalverteilung, die durch Null begrenzt ist (oder einen anderen Wert) und gleichzeitig (theoretisch) unbegrenzt hohe Schäden modelliert. Wir nehmen damit an, dass meist ein kleiner bis mittlerer Schaden eintreten könnte und seltener ein großer und noch seltener ein sehr großer Schaden. Für beide Verteilungsfunktionen gilt, dass bei der Modellierung das Problem der Ziehung unendlicher großer Zahlen (bei der Normalverteilung auch unendlich kleiner Zahlen) dadurch umgangen werden kann, das die Funktion bei der Modellierung begrenzt wird. Dadurch werden Zahlen unter 170 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="171"?> oder über einer gewissen Grenze (z. B. negative Zahlen) nicht im Modell berücksichtigt. Dreiecksverteilung Die Dreiecksverteilung erlaubt - auch für Anwender ohne tiefgehende mathematische (statistische) Vorkenntnisse - eine quantitative Abschät‐ zung des Risikos einer Variablen. Es müssen lediglich drei Werte für die risikobehaftete Variable angegeben werden, der Minimalwert a, der wahrscheinlichste Wert b und der Maximalwert c. Dies bedeutet, dass keine Abschätzung einer Wahrscheinlichkeit gefordert wird! Dies geschieht implizit durch die angegebenen Werte und die Art der Verteilung. Die Beschreibung eines Risikos mit diesen drei Werten entspricht der in der Praxis gebräuchlichen Art der Szenariotechnik, wobei jedoch hier die Wahr‐ scheinlichkeitsdichte für alle möglichen Werte zwischen dem Minimum und dem Maximum berechnet werden. Zu beachten ist, dass die Dreiecksverteilung begrenzt ist, d. h. es wer‐ den keine Schäden außerhalb des Definitionsbereichs einbezogen. Diese Begrenzung der Schadenshöhen muss begründet werden können. Zudem ist die Verteilung nicht gewölbt (die Wahrscheinlichkeiten zwischen den Punkten a, b und c fallen linear/ „gleichmäßig“ ab), was in manchen Fällen eine nicht zutreffende Annahme ist. Ansonsten ist diese Verteilung sehr flexibel einsetzbar und findet eine hohe Verbreitung in der Praxis. Dies liegt daran, dass häufig in „best case“, „worst case“ und „base case“ gedacht wird, sprich mit drei Szenarien, die leicht in eine Dreiecksverteilung überführt werden können. Damit ist sie für eine Vielzahl von Risiken gedacht, seien diese technischer oder finanzieller Natur. Gleichverteilung Auch bei der Gleichverteilung wird lediglich die Angabe der Bandbreite [a; b] benötigt, innerhalb derer die Werte der Zufallsvariable liegen. Alle Werte innerhalb dieses Bereichs werden dann als gleich wahrscheinlich angenom‐ men. Bei der Quantifizierung ist also wie bei der Dreiecksverteilung keine Angabe einer Wahrscheinlichkeit notwendig. Die Gleichverteilung wird überall dort angewandt, wo keine weiter gehenden Informationen vorhanden sind und man nur grob eine Bandbreite abschätzen kann. Dies ist oftmals eine Vorstufe für eine weitergehende Schritt 2a: Wie werden Risiken bewertet? 171 <?page no="172"?> Schätzung, z. B. in Richtung einer Dreiecksverteilung, bei der zusätzlich ein wahrscheinlichster Wert angegeben werden kann. Damit kann sie für auch für viele denkbare Risiken als Modellierung verwendet werden. Schritt 2b: Wie werden Wechselwirkungen der Risiken einbezogen? Aus dem →Risikoinventar kann nur abgeleitet werden, welche Risiken für sich alleine den Erfolg des Innovationsprojektes gefährden. Um zu be‐ urteilen, wie groß der Projektrisikoumfang ist (und damit beispielsweise die Möglichkeit einer Budgetabweichung), wird eine sogenannte →Risikoag‐ gregation erforderlich. Bei dieser Risikoaggregation werden die bewerteten Risiken in den Kontext der Projektplanung gestellt, d. h. es wird jeweils aufgezeigt, welches Risiko an welcher Position der Planung (in der Regel die Budgetplanung des Projektes) zu Abweichungen führt. Es wäre hier auch denkbar, die Wirkung der Innovation auf Gesamtunternehmensebene zu simulieren, um z. B. verschiedene Innovationen und deren Wirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung abzuschätzen. Dies kann dann z. B. im Rahmen der Abschätzung der Folgen aus der Innovation geschehen, nicht als Teil des Projektrisikomanagements (nachfolgende Ausführungen basieren auf Berger/ Sautter 2005). Mit Hilfe von Risikosimulationsverfahren wie der →Monte-Carlo-Si‐ mulation kann dann eine große repräsentative Anzahl möglicher risikobe‐ dingter Zukunftsszenarien berechnet und analysiert werden. Damit sind Rückschlüsse auf den Gesamtrisikoumfang, die Planungssicherung und eine realistische Bandbreite z. B. des Unternehmensergebnisses möglich. Aus der ermittelten risikobedingten Bandbreite des Ergebnisses kann unmittelbar auf den Mittelbedarf geschlossen werden. Notwendig für die Bestimmung des „Gesamtrisikoumfangs“ mittels Risi‐ koaggregation ist die Verbindung von Risiken und Projektplanung. Jedes Risiko wirkt somit auf (mindestens) eine Position der Plan-Erfolgsrechnung (GuV) und kann dort Planabweichungen verursachen. Dabei können Risi‐ ken beispielsweise als Schwankungsbreite um einen Planwert modelliert werden (z.-B. +/ - 10-% normalverteilte Absatzmengenschwankung). Zudem können jedoch auch „ereignisorientierte Risiken“ (wie z. B. eine Betriebsun‐ terbrechung durch Feuer) einbezogen werden, die in das außerordentliche Ergebnis einfließen und durch Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlich‐ 172 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="173"?> keit berechnet werden. Seit der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Computern ist es möglich, solche „zufälligen“ Ereignisse mit dem Computer zahlreich und billig zu erzeugen (sprich: zu simulieren). Da der Kern einer solchen Simulation das Erzeugen von „Zufall“ ist, hat sich der Name Monte-Carlo-Simulation eingebürgert. Abbildung 29 zeigt die Wirkung der Risiken auf die Größen einer Plan-GuV. Die Szenarien S1, S2 usw. stellen dabei Stichproben dar, die im Rahmen der Monte-Carlo-Simulation bei der Aggregation von Risiken viele Tausend mal „gezogen“ werden. Abbildung 29 Plan G&V Umsatz 1000 - Materialkosten 400 = Deckungsbeitrag 600 - Personalaufwand 300 - Sonstige Kosten 140 (davon Risikokosten) (5) - AfA 60 = Betriebsergebnis 100 - Zinsaufwand 45 a.o. Ergebnis 0 = Gewinn vor Steuern 55 +/ - 5% - 100 +/ - 10% +/ - 2% +/ - 2% -200 S 1 S 2 S 3 S 4 S n 950 1000 1050 1000 … -380 -400 -400 -400 … 570 600 650 600 … -300 -300 -300 -306 … -140 -140 -140 -140 … (5) (5) (5) (5) … -60 -60 -60 -60 … 70 100 150 94 … -45 -50 -50 -50 … 0 200 0 0 … 25 -150 100 44 … Abbildung 29: Schema einer Risikoaggregation in die Unternehmensplanung. Quelle: Nach Berger/ Sautter 2005. Die Verteilung dieser Szenarien wird anschließend in einer separaten Aus‐ wertung dargestellt (in Abbildung 30 als Wirkung auf den Liquiditätsbe‐ darf). Zur Ableitung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung kann entweder vor‐ handene Software benutzt werden (z. B. Excel plus Crystal Ball, Risk Kit oder @Risk) oder spezielle Software (wie der Strategie-Navigator) herangezogen werden. Vor allem ist dabei darauf zu achten, dass die Risiken mit den jeweils passenden Verteilungsfunktionen abgebildet werden können, die Software also an die jeweiligen Verteilungsfunktionen angepasst werden kann. So sollte aus einer Reihe unterschiedlicher Verteilungsfunktionen die jeweils passende gewählt werden können (z. B. Normalverteilung, Schritt 2b: Wie werden Wechselwirkungen der Risiken einbezogen? 173 <?page no="174"?> Dreiecksverteilung). Zudem sollte die Software in der Lage sein, mehrere Hunderttausend Simulationsläufe in einer angemessenen Zeit durchlaufen zu können. Durch das Simulationsverfahren wird somit das komplexe Problem der analytischen Aggregation einer Vielzahl unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsverteilungen durch eine numerische Näherungslösung ersetzt. Abbildung 30 zeigt das Ergebnis einer solchen Simulation für den Liqui‐ ditätsbedarf eines Projektes in Euro. Weitere Beispiele der Nutzung von Simulationen für Innovationsprojekte finden sich bei Granig (2005). Abbildung 30 Abbildung 30: Beispielhaftes Aggregationsergebnis. Quelle: Eigene Darstellung mittels Software Crystal Ball. Es wird hier sichtbar, dass im Mittel Liquidität in Höhe von 86.594 € bereitgestellt werden müsste. Damit mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % ausreichend Mittel vorhanden sind, müssten mindestens 164.891 € bereitge‐ stellt werden. Für diesen Fall (im Sinne eines „worst cases“) könnte folglich durch die Bereitstellung von ausreichend finanziellen Mitteln vorgesorgt werden. Es wäre natürlich auch denkbar, dass man keine Mittel in dieser Höhe bereitstellt, sondern den Projektumfang (bzw. den Risikoumfang) re‐ duziert, um den Liquiditätsbedarf zu reduzieren. Diese Informationen bereit zu halten, wäre eine wichtige Aufgabe der Risikosteuerung. Ergänzend zur Liquditätsbetrachtung wird oft auch eine Betrachtung in Bezug auf das 174 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="175"?> Projektbudget vorgenommen, um z. B. den so genannter Value at Risk (VaR) abzuleiten. Dieser drückt aus, bei welchem Betrag (z. B. 8,0 Mio. €) eine Wahrscheinlichkeit von 99 % besteht, dass das Budget nicht weiter überschritten wird. Schritt 3: Wie können Risiken in Innovationsprojekten bewältigt werden? Die Risiken, die das Projektteam betreffen, sind meist durch eine geeignete Führung des Teams, einschließlich der Bewältigung von Teamkonflikten und der Steuerung der Leistung einzelner Teammitglieder bewältigbar. Hier können alle Maßnahmen genannt werden, die zu einem fundierten Projektmanagement gehören, da diese auch automatisch der Bewältigung von Risiken dienen (wie z. B. Stellvertreterregelungen oder Kompetenzver‐ teilungspläne). Ebenso verhält es sich mit Risiken aus dem Projekt selbst, wie dem Management des Projektzeitplans, einschließlich der Entwicklung von Plänen zur Bewältigung von Zeitplanverzögerungen. Auch dies ist eine ureigene Aufgabe des Projektmanagements und sollte Standard sein. Schwieriger ist der Umgang mit sehr speziellen Risiken in den Innova‐ tionsprojekten bzw. der Wirkung der Innovationen auf das Gesamtrisiko des Unternehmens, da klassische Lösungen wie Versicherungen ausfallen werden. Dies zum einen, weil die Risiken sehr speziell und Einzelfall bezogen sein werden und dazu durch die Natur des Projektes - Innovationen zu fördern - bewusst neue Sachleistungen, Dienstleistungen, Geschäftsmodelle oder Prozesse entwickelt werden sollen, zu denen keine Erfahrungen vor‐ liegen (können). Hier wird meist eine Selbsttragung des Risikos in Form einer ausreichenden Risikovorsorge zum Zuge kommen. Es wird dann darauf hinauslaufen, diesen Innovationsprojekten eine gewisse Budgetsumme bereit zu stellen und abzuleiten, in welcher Höhe das Budget benötigt wird oder wie viel des Budgets zu einem Zeitpunkt ver‐ braucht sein wird. Operativ werden dann immer wieder Gegenmaßnahmen - die z. B. aus der →FMEA abgeleitet wurden - zur Anwendung kommen. Schritt 4: Wie werden Risiken überwacht? Es gibt zunächst recht einfache und bewährte Methoden aus dem (Pro‐ jekt-)Controlling wie das Verfolgen der Projektkosten insgesamt durch Schritt 3: Wie können Risiken in Innovationsprojekten bewältigt werden? 175 <?page no="176"?> mitlaufende Kalkulation, Kennzahlendefinitionen oder den Earned Value. Dazu werden strikte Kostenvorgaben definiert und das Budget permanent überwacht. Dies stellt keine Risikoüberwachung im eigentlichen Sinne dar, hilft jedoch, die Kosten im Blick zu behalten und damit dem Risiko der Kostenüberschreitung zu begegnen. Ursachen werden hier jedoch nur zweitrangig betrachtet. Für relevante Einzelrisiken wie Unfälle oder Schlüsselpersonenrisiken werden Gegenmaßnahmen definiert und ein Überwachungsturnus festge‐ legt sein. Zentral ist dabei, dass den wesentlichen Risiken Verantwortlich‐ keiten zugeordnet sind und eine dritte Stelle prüft, ob diese Maßnahmen von den Verantwortlichen durchgeführt werden. Dabei wird z. B. geprüft, ob auch eine vollständige Erfassung aller vorgegebenen Risikofelder gegeben ist, ob die Angemessenheit der Maßnahmen gegeben ist, ob die Maßnahmen kontinuierlich angewendet und auch die integrierten Kontrollen eingehal‐ ten werden. Dies kann z.-B. durch die interne Revision geschehen. Dazu kommt die Einhaltung der eingerichteten Maßnahmen zur Steue‐ rung der Risiken. Deren Veränderung ist durch ein geeignetes Überwa‐ chungssystem - eben bspw. ein Projektcontrolling - sicherzustellen. Maß‐ nahmen sind oft definierte Kontrollen, die in die Abläufe fest eingebaut sind, wie z. B. die Überwachung der Einhaltung von Meldegrenzen oder die Freigabeanforderung bei bestimmten Sachverhalten oder ähnliches. Diese Kontrollen sollten von Personen durchgeführt werden, die selbst nicht diese Maßnahmen verantworten, z.-B. dem zentralen Risikomanagement. Schritt 5: Wie werden Risiken kommuniziert? Jede Risikokommunikation setzt zunächst die Bereitschaft zur Kommunika‐ tion der verantwortlichen Stellen voraus, was z. B. durch Schulungsmaßnah‐ men oder Leitlinien gefördert werden kann. Dieser Teil der Risikokultur ist umso wichtiger, weil die Risikokommunikation für die Funktionsfähigkeit des Früherkennungssystems eine zentrale Bedeutung hat. Dies geschieht in der Regel durch formale Berichte als Teil des regulären Berichtswesens oder als ein spezielles Risikoberichtswesen. Hierbei sollten Standardinhalte und -formen (Zahlen, Hintergründe des Risikos, Visualisierungen etc.), Abläufe und Adressaten unterschieden werden, damit abgestuft nach Schweregrad und Managementebene berichtet werden kann. Folgende Punkte sollten ebenso in einem Handbuch geregelt werden: 176 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="177"?> ● Definition von Schwellenwerten: Um sicherzustellen, dass sich Einzelri‐ siken nicht zu einem bestandsgefährdenden Risiko kumulieren können, sind auf jeder Stufe der Risikokommunikation Schwellenwerte zu defi‐ nieren, deren Überschreitung eine Berichtspflicht auslöst. Dies kann absolut in Euro oder anderer quantifizierter Form erfolgen (z. B. „1. Mio. € höheres Risiko“ oder eine Veränderung der Relevanz von „3“ auf „4“), oder auch relativ z. B. in Bezug zum Budget (z. B. „50% der Risikovor‐ sorge im Budget verbraucht“). Des Weiteren helfen Schwellenwerte, die Informationen auf verschiedene Gruppen von Berichtsempfängerinnen abzustufen. So werden operativ tätige Mitarbeitende alle Informationen benötigen, während die Unternehmensführung nur ab bestimmten Schadenshöhen informiert werden muss. ● Zeitabstände der Berichterstattung: In welchen Zeitabständen an wen über Veränderungen der Risiken berichtet werden muss, hängt von der Art des Risikos und seiner Bedeutung für das Unternehmen ab. Risiken aus Innovationsprojekten werden eher nicht täglich an eine Unterneh‐ mensführung berichtet werden müssen und auch eher in aggregierter Form an einen kleineren Kreis. Jedoch kann bei sehr bedeutsamen Innovationsprojekten dies anders aussehen. Auch für nicht bewältigte Risiken muss sichergestellt werden, dass diese in nachweisbarer Form an die zuständigen Entscheidungsträger weitergeleitet werden. ● Regelungen zur Eilbedürftigkeit: Bei Eilbedürftigkeit müssen die förm‐ lichen Berichtsstrukturen überwunden werden können. Beispiele sind Unfälle oder Naturkatastrophen. Es hat sich auch bewährt, die Informationen in verschiedene Arten von Visualisierungen zu überführen. Diese reichen von einfache Listen oder Tabellen über spezielle Risk Maps oder Simulationscharts. Je nach Art der Information und dem Empfängerkreis sollten diese gewählt werden, damit sichergestellt ist, dass diese angemessen verstanden werden und in Entscheidungen einfließen können. Lipkus/ Hollands (1999) haben dazu sechs Faktoren unterschieden, die einen Einfluss auf das Verständnis grafischer Darstellungen von Risikoinformationen haben können: 1) die grafischen Designelemente wie Farben, Linien etc., 2) den Kontext, in dem eine Entscheidung getroffen werden soll, 3) die Komplexität der Daten, 4) die Aufgabe, die durch die Grafik unterstützt werden soll, 5) persönliche Gegebenheiten der Entscheidenden sowie 6) Gründe, warum die Grafik gewählt wurde (Berger 2023). Schritt 5: Wie werden Risiken kommuniziert? 177 <?page no="178"?> Linktipp: Eine Vielzahl von Informationen rund um das Thema Risikomanage‐ ment inklusive Fachartikel und aktueller Nachrichten zum Thema findet sich unter: https: / / www.risknet.de/ 178 Risikomanagement bei Innovationsprojekten <?page no="179"?> Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt Im Text waren zentrale Fachbegriffe mit einem → gekenn‐ zeichnet. Hier werden sie genau erklärt. Kapiteleinstieg_blau.indd 1 Kapiteleinstieg_blau.indd 1 27.09.2023 09: 31: 27 27.09.2023 09: 31: 27 <?page no="180"?> →Agiles Management Das Ziel des Agilen Managements ist eine Erhöhung der Flexibilität und Zielorientierung im Unternehmen. Entscheidungen sollen schneller und ohne langwierige Abstimmungsprozesse getroffen werden. Die Basis dafür sind Geschwindigkeit, Anpassungsfähigkeit und Kundenzentriertheit, was vor allem durch kurze Planungszyklen, iteratives Vorgehen und organisierte Selbstverantwortung ermöglicht wird. Grundlegende Werte und Prinzipien des Agilen Managements sind im „Agile Manifesto“ festgehalten. Eine bekannte und inzwischen recht weit verbreitete Methode des Agilen Ma‐ nagements ist Scrum. →Akquisition Bei einer Akquisition handelt es sich um die Übernahme eines Unter‐ nehmens durch ein anderes Unternehmen, wodurch ersteres seine wirt‐ schaftliche und/ oder rechtliche Selbständigkeit verliert. Im Rahmen des Innovationsmanagements dienen Akquisitionen häufig dazu, Verfügungs‐ möglichkeiten über die Innovationsleistungen des übernommenen Unter‐ nehmens zu erlangen und/ oder innovationsbezogene Synergiepotentiale zu heben. →Changemanagement Ziel des Changemanagements ist es, den Prozess der Umsetzung von Veränderungen im Unternehmen bewusst und systematisch zu begleiten und dadurch zum Erfolg zu führen. Hierfür wurde im Laufe der Zeit eine Reihe von Modellen entwickelt, die den Zielen und Aktivitäten im Change-Prozess jeweils einen strukturierenden Rahmen geben. Dazu wird der Veränderungsprozess in der Regel jeweils in spezifische Phasen unter‐ gliedert, für die dann gezielte Interventionsstrategien aufgezeigt werden. Dadurch sollen vorhandene Potentiale aktiviert und erweitert werden. →Customer Success Management Customer Success Management (CSM) ist bei den global führenden Un‐ ternehmen ein etablierter Managementansatz. CSM möchte die Kunden befähigen, erfolgreich bei ihrer Geschäftstätigkeit zu sein. CSM verändert das Kundenbeziehungsmanagement. Des Weiteren wurde die Rolle des Customer Success Managers eingeführt. CSM ist ein datengetriebener An‐ satz. Es werden gezielt Daten analysiert und den Kunden bereitgestellt, damit diese ihre Anwendungen optimal nutzen können. Um die Qualität 180 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="181"?> der Kundenbeziehung zu erfassen, nutzt CSM den Customer Health Score (CHS). →Dienstleistungsinnovation Eine Dienstleistungsinnovation liegt vor, wenn auf dem Markt eine neue Dienstleistung angeboten wird. Dabei kann es sich sowohl um eine objektiv neuartige Dienstleistung handeln als auch um eine Dienstleistung, bei der beispielsweise der Prozess der Erbringung innoviert wurde. →Digitalisierung Der Begriff der Digitalisierung beschreibt die zunehmende „Computerisie‐ rung“ nahezu aller Lebensbereiche. Aufgrund der damit einhergehenden grundlegenden Veränderungen spricht man auch vom „digitalen Zeitalter“, von der „digitalen Revolution“ oder von der „digitalen Transformation“. Beispiele für Manifestationen der Digitalisierung sind im sozialen Bereich die aktuellen Ausprägungen der sozialen Netzwerke und eine zunehmende Personalisierung in einer Vielzahl von Bereichen. In den eher technologie‐ orientierten Bereich fallen wiederum so verschiedenartige Anwendungen wie das „Internet der Dinge“ (IoT), Cloud-Computing, Big Data, Smart Services, der 3D-Druck, das autonome Fahren und die Künstliche Intelligenz (KI). →Extended Reality Extended Reality (XR) fasst zwei Technologieansätze zusammen. Dies ist zum einen die Augmented Reality (AR) und zum anderen die Virtual Reality (VR). AR fügt digitale Objekte in die reale Umgebung ein. Sie können zum Beispiel zwischen realen physischen Objekten platziert werden und ermöglichen eine Veränderung der realen Umgebung. VR bietet den Nutzern eine vollständig virtuelle Umgebung. Die virtuelle Umgebung wird in Echtzeit mit Hilfe von Computern entwickelt und ermöglicht eine immersive Erfahrung. Um beide Phänomene abzudecken, wird der Begriff XR verwendet, der das Spektrum von einer vollständig realen Welt bis zu einer vollständig virtuellen Welt abdecken soll und somit sowohl AR als auch VR umfasst. Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 181 <?page no="182"?> →FMEA / Fehler-Möglichkeits-Einfluss-Analyse / Failure Mode and Effects Analysis Die FMEA ist eine systematische, halbquantitative Analysemethode, die in den 1960er Jahren für die Untersuchung von Schwachstellen/ Fehlern (oder Risiken) bei Flugzeugen entwickelt wurde. Ziel ist es, mögliche Fehler sowie deren Ursachen und Auswirkungen frühzeitig zu erkennen, um diese anschließend priorisiert vermeiden (oder abmildern) zu können. Zur Priorisierung der möglichen Fehlerrelevanz wird eine Ordinalskala von 1 („geringe Relevanz“) bis 10 („höchste Relevanz“) herangezogen, die in einer Aufgabenprioritäts-Tabelle mündet, mit der anschließend priorisiert Maßnahmen abgeleitet werden können. →Gebrauchsmuster Ein Gebrauchsmuster ist ein gewerbliches Schutzrecht. Die Schutzvoraus‐ setzungen sind ähnlich wie bei einem Patent: Neuheit, erfinderische Tätig‐ keit als Basis und gewerbliche Anwendbarkeit. Es gilt bei einem Gebrauchs‐ muster eine Neuheitsschonfrist von 6 Monaten. So kann eine technische Erfindung durch ein Gebrauchsmuster geschützt werden, auch wenn die Erfindung bereits der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Die Schutz‐ dauer beträgt 10 Jahre. →Geschäftsmodell Das Konzept des Geschäftsmodells beschreibt die Wertschöpfungslogik eines Unternehmens. Es veranschaulicht, wie ein Unternehmen Werte schafft, austauscht und erfasst. Das heißt, es zeigt, welche Sach- und Dienstleistungen bestimmten Kundengruppen angeboten werden. Es wird darstellt, welche Prozesse, Ressourcen und Aktivitäten dafür notwendig sind und wie das Unternehmen Erlöse erzielt. Der Begriff und das Konzept des Geschäftsmodells haben sich in der Breite in den letzten zwei Jahrzehnten in Forschung und Praxis durchgesetzt. →Geschäftsmodellbeschreibungskonzept Ein Geschäftsmodellbeschreibungskonzept ermöglicht es, ein klares Ver‐ ständnis der Wertschöpfungsmechanik eines Unternehmens zu entwickeln. Das Beschreibungskonzept ist das methodische Konstrukt, mit dessen Hilfe konkret beschrieben wird, welche Sach- und Dienstleistungen ein Unterneh‐ men anbietet, wie Erlöse erzielt werden und welche Partner und Ressourcen 182 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="183"?> benötigt werden, um die Leistung anzubieten. Durch die Nutzung eines Beschreibungskonzeptes können Unternehmen analysiert und miteinander verglichen werden. Zudem wird das Konzept gerne genutzt, um Weiterent‐ wicklungspotentiale und -richtungen aufzuzeigen. Es gibt eine Vielzahl von Beschreibungskonzepten. →Geschäftsmodellinnovation Eine Geschäftsmodellinnovation ist eine inkrementelle oder radikale Neue‐ rung eines Geschäftsmodells. Die Geschäftsmodellinnovation kann im Wert‐ angebot, in der Art der Erlöserzielung oder in der besonderen Art der Kundenansprache liegen. In den meisten Fällen wird es eine Neukombina‐ tion und Veränderung von mehreren Facetten des Geschäftsmodells sein und sich von den bestehenden Geschäftsmodellen abgrenzen und sich positiv hervorheben. →Geschäftsmodellmuster Die Autoren Gassmann et al. haben bedeutende Geschäftsmodelle der letzten 50 Jahre von erfolgreichen Unternehmen analysiert und festgestellt, dass 90 Prozent aller Geschäftsmodellinnovationen ausschließlich Rekombinati‐ onen von Elementen oder Konzepten bestehender Geschäftsmodelle sind. Sie haben 55 Geschäftsmodellmuster extrahiert. In einer späteren Analyse kamen weitere fünf hinzu, so dass man heute von 55+ Geschäftsmodellmus‐ tern spricht. Diese Geschäftsmodellmuster können im Rahmen der Weiter- und Neuentwicklung von Geschäftsmodellen eingesetzt werden. Sie sind hervorragend geeignet, um die Kreativität im Ideengenerierungsprozess anzuregen und mögliche „Denkbarrieren“ zu durchbrechen. →Hype-Cycle-Modell Das Hype-Cycle-Modell geht davon aus, dass emergenten Technologien zu einem frühen Zeitpunkt in ihrer Entwicklung kurzfristig ein Übermaß an Aufmerksamkeit geschenkt und häufig die technologische Leistungsfä‐ higkeit „überschätzt“ wird. Nach diesem Hype an Aufmerksamkeit sinkt dann das öffentliche Interesse meist abrupt und nähert sich im Laufe der Zeit einem „Normalmaß“ an. Das Modell beschreibt grafisch, wie sich das Interesse für und die Erwartungen an eine Technologie im Laufe der Zeit entwickeln. Durch die jährliche Aktualisierung durch die Beratungsfirma Gartner gibt das Modell einen komprimierten Überblick über einige rele‐ vante neue Technologien, die es ggf. zu beobachten gilt. Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 183 <?page no="184"?> →Innovation Eine Innovation liegt vor, wenn neue Objekte oder Handlungsweisen ent‐ wickelt und in die tatsächliche Nutzung überführt werden. Durch Inno‐ vationen werden dementsprechend Veränderungen in den betreffenden Systemen initiiert. →Innovationsarten Innovationen lassen sich mit Blick auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte näher beschreiben und dadurch in verschiedene Innovationsarten gliedern. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Differenzierung von Sachleistungsinnovationen, Dienstleistungsinnovationen, Geschäftsmodel‐ linnovationen und Prozessinnovationen. Weitere Typisierungsansätze erge‐ ben sich beispielsweise durch die Berücksichtigung des Innovationsausma‐ ßes, der Innovationsebene, des Grads der Disruptivität, der Geplantheit und der dominierenden Innovationsimpulse. →Innovationserfolg Für die Beurteilung des Erfolgs einer Innovation lassen sich sehr unter‐ schiedliche Kriterien heranziehen. Dazu zählen aus Unternehmenssicht vor allem prozessbezogene, ökonomische, technische und sonstige Erfolgskri‐ terien. Aus unternehmensexterner Sicht spiegelt sich der Innovationserfolg beispielsweise in Innovationspreisen, in Innovationsrankings und im Inno‐ vationsimage wider. →Innovationsfinanzierung Bei der Innovationsfinanzierung geht es darum, den Kapitalbedarf für die Innovationsaktivitäten in einem Unternehmen zu decken. Zu den sehr verschiedenen Finanzierungsansätzen zählen dabei die Bereitstellung von Zentralbudgets, die Einführung von Verrechnungsansätzen, die Nutzung von Venture-Capital-Ansätzen sowie die Beantragung von öffentlichen Innovationsförderungsmitteln. →Innovationsimpulse Ein Innovationsimpuls stellt für ein Unternehmen eine Anregung oder auch eine Notwendigkeit für Veränderungen und Innovationen dar. Innovations‐ impulse können ihren Ursprung sowohl außerhalb als auch innerhalb des 184 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="185"?> Unternehmens haben und dabei wiederum aus jeweils sehr unterschiedli‐ chen Bereichen stammen. →Innovationskultur In der Innovationskultur spiegelt sich die Gesamtheit der gemeinsamen Wert- und Normvorstellungen sowie Denk- und Verhaltensmuster der mit Innovationen befassten Unternehmensmitglieder wider. Eine innovations‐ fördernde Unternehmenskultur liegt dabei dann vor, wenn die Ausprägun‐ gen der Unternehmenskultur die Innovationsfindung, -entwicklung und -umsetzung unterstützen. →Innovationsmanagement Das Innovationsmanagement in Unternehmen befasst sich mit der zielori‐ entierten Gestaltung von Innovationsprozessen. Diese können sich sowohl auf interne Prozesse als auch auf die am Markt angebotenen Sachleistungen, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle beziehen. →Innovationsmarketing Insbesondere bei technologiegetriebenen Innovationen ist im Zuge der Markteinführung ein gezieltes Innovationsmarketing hilfreich, das den Diffusionsprozess der Innovation phasengerecht unterstützt. Wichtige Ele‐ mente sind in diesem Zusammenhang ein Vorfeldmarketing, um die Markt‐ akzeptanz der Innovation vorzubereiten, sowie ein Pilotkundenmarketing, das insbesondere die Gruppe der frühen Innovatoren anspricht. →Innovationsorganisation Die Innovationsorganisation eines Unternehmens legt fest, wer für welche Innovationsaktivitäten im Unternehmen verantwortlich ist. Die organisato‐ rische Verankerung muss dabei sowohl auf Ebene des Top-Managements und auf Bereichsebene als auch auf Projektebene geregelt werden. →Innovationsstrategie Die Innovationsstrategie legt die grundlegende Ausrichtung und die Schwerpunkte der Innovationstätigkeit eines Unternehmens fest. Zu wich‐ tigen strategischen Rahmenentscheidungen im Innovationsmanagement zählen dabei die innovationsbezogenen Make-or-Buy-Strategien, die Inno‐ vationstreiberstrategien und die innovationsbezogenen Timingstrategien. Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 185 <?page no="186"?> →Internationalisierung Die Internationalisierung beschreibt das Phänomen, dass Unternehmensak‐ tivitäten immer weniger auf das Stammland beschränkt bleiben, sondern vielmehr in zunehmendem Maße international wirksam werden. Zentrale Treiber der Internationalisierung sind dabei beispielsweise der allgemeine Trend zur Globalisierung, die anhaltende Verkürzung von Produktlebens‐ zyklen, eine zunehmende Arbeitsteilung in der Forschung und der weiterhin zu beobachtende Trend zum Protektionismus. →Invention Bei einer Invention handelt es sich um eine Erfindung, bei der der prinzi‐ pielle Funktionsnachweis erbracht wurde und für die beispielsweise ein Patent erteilt werden kann. Auf dem Weg zur Innovation fehlt aber noch die Überführung in die Regelumsetzung (z. B. Serienproduktion) sowie die erfolgreiche Einführung auf dem Markt. →IP-Management / Intellectual-Property-Management Das Intellectual-Property-Management im Unternehmen ist diejenige Ein‐ heit, die sich vor allem aus juristischer Sicht mit der schutzrechtlichen und sonstigen Absicherung von Innovationsaktivitäten im Unternehmen beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem sogenannte Free‐ dom-to-Operate-Analysen zur Vermeidung der Verletzung von Rechten Dritter, die Absicherung der unternehmenseigenen Innovationen durch geeignete Schutzrechte sowie die Unterstützung bei der Verwertung beste‐ hender Schutzrechte. →IT-Management Die Unterstützung durch das IT-Management ist für das Innovationsma‐ nagement von besonderer Bedeutung. Wichtige Aufgabenfelder umfassen das Angebot einer leistungsfähigen unternehmensinternen IT-Infrastruktur, den Ausbau einer leistungsfähigen IT-Vernetzung aller relevanten Akteure im Innovationsmanagement sowie die fachspezifische Unterstützung bei der Realisierung IT-basierter Innovationen. →Kano-Modell Das Kano-Modell wurde in den 1980er Jahren entwickelt, um Kundenan‐ forderungen zu analysieren und zu strukturieren. Ziel dieser Methode ist 186 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="187"?> es, Anforderungen zu identifizieren, deren Erfüllung vom Kunden beson‐ ders wahrgenommen und honoriert wird. Basisanforderungen werden vom Kunden als unverzichtbar und selbstverständlich angesehen und führen bei Nichtvorhandensein zu Unzufriedenheit. Leistungsanforderungen sind Anforderungen, die über den Standard hinausgehen, aber ebenfalls erfüllt werden sollten. Je besser die Leistungsanforderungen erfüllt sind, desto eher tragen diese zur Kundenzufriedenheit bei. Die Begeisterungsanforderungen sind oftmals Anforderungen, die der Kunde so nicht erwartet hätte, „echte“ Probleme lösen und ihn begeistern. →Kooperation Bei Kooperationen im Innovationsumfeld schließen sich Unternehmens‐ partner zusammen, um gemeinsam innovationsbezogene Ziele zu erreichen. Dabei bleibt die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Koopera‐ tionspartner erhalten. Kooperationen durchlaufen in der Regel fünf Phasen: Initialentscheidung für die Kooperation, Auswahl und Gewinnung von Kooperationspartnern, Konfiguration der Kooperation, Durchführung der Kooperation und Beendigung der Kooperation. →Lean Management Lean Management ist eine Unternehmensphilosophie, die - im Wortsinne - zum Ziel hat, in allen Bereichen, Prozessen und Produkten „schlank“ zu werden oder zu bleiben, sprich Ressourcen möglichst effizient einzusetzen und dabei die Kundensicht nicht aus den Augen zu verlieren. Vorbild hierfür ist das Toyota-Produktionssystem, das diese Philosophie beinhaltet und als Urheber des Ansatzes gilt. Zentral ist die Vermeidung von Verschwendung, kombiniert mit der Vermeidung einer Überlastung und das Vermeiden von Schwankungen, die so genannten „drei Mu“ (Mudra, Muri, Mura) aus dem Japanischen. So genannte Wertstromanalysen betrachten den gesamten Prozess vom Lieferanten bis zum Kunden und sollen helfen, Verbesserungs‐ potenziale zu erkennen. Eine weitere Methode ist die 5-S-Methodik, die durch eine dauerhafte Ordnung und Sauberkeit Verschwendung (z. B. durch Suchen) vermeiden helfen will. →Markteinführung Die erfolgreiche Einführung einer Neuerung auf dem Markt bildet den abschließenden Schritt des Innovationsprozesses. Da die Akzeptanz der Neuerung durch die Kunden in der Regel nicht garantiert ist, kommt einem Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 187 <?page no="188"?> gezielten Innovationsmarketing bei der Markteinführung eine wichtige Rolle zu. →Monte-Carlo-Simulation Die Monte-Carlo-Simulation hat im Kern die Ziehung von Zufallszahlen zum Gegenstand. Dabei werden mittels der Zufallszahlen stochastische Stichproben erzeugt und in Relation zu einer Zielgröße wie Umsatz oder Ge‐ winn vor Steuern dargestellt. Üblicherweise werden mehrere zehntausend Stichproben gezogen, die Ausprägungen der Variablen (z. B. Personalkosten oder zusätzliche Kosten durch Schäden) beinhalten. Damit erhält man jeweils unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen (Korrelationen) zwischen den Risiken einen zufällig erzeugten Wert für die betrachtete Zielgröße (z. B. Gewinn oder Cashflow). Bei jedem Simulationslauf werden dann andere Kombinationen gezogen, bis die Mindestzahl der Stichproben erreicht ist. Die Zahlen werden jedoch nicht ganz zufällig simuliert, sondern innerhalb der gesetzten Grenzen im Rahmen der Risikomodellierung. Wird z. B. ein Risiko in eine Bandbreite von 100 bis 200 modelliert, kann kein Wert unter 100 oder über 200 gezogen werden. →Nachhaltigkeit Das Prinzip der Nachhaltigkeit gibt vor, dass Ressourcen in einer Weise zu nutzen sind, dass nicht mehr verbraucht wird, als wieder neu generiert werden kann. Üblicherweise wird die Nachhaltigkeit dabei gleichermaßen auf ökologische, soziale und ökonomische Ziele bezogen. 2015 wurde durch die Vereinten Nationen (UN) die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ mit insgesamt 17 „Zielen für nachhaltige Ent‐ wicklung“ (SDGs) verabschiedet. Aktuell werden Unternehmen mit Blick auf die Nachhaltigkeit ihres Handelns mit zunehmend anspruchsvollen Forderungen und Erwartungen seitens der verschiedenen Stakeholder (Gesetzgeber, Kunden, Kooperations‐ partner, Lieferanten, Öffentlichkeit etc.) konfrontiert. →Open Innovation Von einer offenen Innovation bzw. Open Innovation spricht man, wenn die Innovationsprozesse im Unternehmen gegenüber der Außenwelt (vor allem Kunden, Lieferanten, Kooperationspartnern, Gesellschaft) geöffnet werden. Durch diesen Ansatz soll die Innovationsbasis vergrößert und damit 188 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="189"?> eine effektivere und effizientere Realisierung der Innovationspotentiale ermöglicht werden. →Patent Ein Patent ist ein gewerbliches Schutzrecht. Es gewährt dem Patentinhaber das Recht, andere Personen daran zu hindern, die patentierte Erfindung ohne seine Erlaubnis herzustellen, zu verwenden, zu verkaufen oder zu importieren. Idee des Patentschutzes ist es, den Erfinder für seine Innovation zu belohnen, indem er eine zeitlich begrenzte Monopolstellung erhält, in der er von anderen Konkurrenten profitieren kann. Die Schutzvorausset‐ zungen sind Neuheit, eine erfinderische Tätigkeit als Basis und gewerbliche Anwendbarkeit. Die maximale Schutzdauer beträgt 20 Jahre. →Personalmanagement Da das Personal einen wesentlichen Erfolgsfaktor bei Innovationsprozessen darstellt, kommt dem Personalmanagement im Rahmen des Innovationsma‐ nagements eine bedeutende Unterstützungsfunktion zu. Die Aufgabenfelder des Personalmanagements erstrecken sich dabei vor allem auf die Personal‐ gewinnung, den zielorientierten Personaleinsatz sowie eine zukunftsorien‐ tierte Personalentwicklung. →Produktentwicklung Im Rahmen der eigentlichen Produktentwicklung entstehen - gegebenen‐ falls auf Basis der Vorarbeiten aus der Technologie- und Vorentwicklung - vor allem Sachleistungsinnovationen. Den Rahmen bildet in der Regel ein schrittweiser Prozess mit Meilensteinen und entsprechenden Zwischener‐ gebnissen wie Lastenheft und Pflichtenheft. →Produktionseinführung Bei Sachleistungsinnovationen stellt die Einführung in die Serienproduktion einen entscheidenden Schritt dar. Die besondere Herausforderung liegt dabei darin, die Produktionsprozesse von der vorangegangenen Prototypen- und Einzelherstellung in die geplanten Stückzahlen zu skalieren und dabei die notwendige Produktqualität sowie die Erreichung der geplanten Pro‐ duktionskosten sicherzustellen. Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 189 <?page no="190"?> → Prospect-Theorie Die Prospect-Theorie wurde von Kahnemann und Tversky 1979 veröffent‐ licht und beschreibt eine Entscheidungstheorie für Entscheidungen unter Risiko. Es wird dabei nicht der absolute Nutzen betrachtet, sondern die sich durch die Alternativen ergebenden Veränderungen zu einem vorher festgelegten Referenzwert. Die Wertfunktion der Prospect-Theorie ist für Verluste steiler als für Gewinne, weil Menschen Verluste stärker gewichten als Gewinne. Wenn ein Mensch bspw. 10 Euro findet, wird die Differenz an subjektivem Wert (hier als Zuwachs) niedriger bewertet, als wenn 10 Euro verloren werden. Im letzteren Fall wird der Verlust subjektiv stärker ins Gewicht fallen (hier als Rückgang), obwohl in beiden Fällen die Differenz 10-Euro beträgt. →Prozessinnovation Durch Prozessinnovationen werden Arbeitsweisen in Unternehmen opti‐ miert. Mögliche Ziele sind einerseits Qualitätsverbesserungen und anderer‐ seits Kostensenkungen. Dadurch tragen Prozessinnovationen zur Wettbe‐ werbsfähigkeit von Unternehmen bei, auch wenn diese Innovationen selbst oft nicht direkt von den Kunden wahrgenommen werden. →QFD / Quality Function Deployment QFD ist ein Verfahren aus dem Qualitätsmanagement. Das QFD-Konzept geht auf Akao (1992) zurück und wurde auch in eine eigene ISO-Norm kodifiziert (ISO 16355). Es wird vor allem darauf abgezielt, die Kundenbe‐ dürfnisse einzubeziehen und diese dann in die Prozesse der Leistungser‐ stellung in einem Unternehmen umzusetzen: „QFD is a method to assure customer or stakeholder satisfaction and value with new and existing products by designing in, from different levels and different perspectives, the requirements that are most important to the customer or stakeholder.“ (ISO 16355, Vorwort). Dabei geht es nicht nur um konkrete Werkzeuge für die Arbeit, sondern vor allem um eine Geisteshaltung, alles aus Sicht der Interessengruppen - typischerweise der Kundschaftzu sehen und dadurch Kosten und Zeit im Unternehmen einzusparen. Die Methodik kommt hierbei in vier Phasen der Prozesskette zum Einsatz: der Qualitätsplanung der Sach‐ leistung, der Konstruktion, der Herstellungsprozesse sowie der Produktion. 190 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="191"?> →Risiko In einer engen Definition beschreibt der Risikobegriff die Möglichkeit einer negativen Abweichung eines tatsächlichen von einem erwarteten Ergebnis (Verlust- oder Schadensgefahr). Ökonomisch kann Risiko als die Nichterreichung eines Ziels definiert werden (Soll-Ist-Abweichung), was sowohl Gefahren (negative Abweichungen) als auch Chancen (positive Abweichungen) beinhaltet. →Risikoaggregation Eine Risikoaggregation ist die Ableitung der gemeinsamen Wirkung von Risiken auf eine Zielgröße, z. B. den Gewinn vor Steuern. Zielsetzung der Risikoaggregation ist die Bestimmung der Gesamtrisikoposition eines Unternehmens sowie die Ermittlung der relativen Bedeutung von Einzelri‐ siken auf die Unternehmensentwicklung. Dabei sind Korrelationen (Wech‐ selwirkungen) der Risiken durch Risikosimulationsverfahren explizit zu berücksichtigen. Das wichtigste Verfahren hierzu stellt die Monte-Carlo-Si‐ mulation dar. →Risikoinventar Die Erkenntnisse, die während der Risikoanalyse gewonnen werden, wer‐ den in einer Liste, dem so genannten Risikoinventar aufgenommen. Ein Risikoinventar enthält insbesondere Informationen über die einzelnen Ri‐ siken wie die Bezeichnung, Relevanz, Erwartungswert, der maximalen Risikohöhe zu einem gewissen Niveau (z. B. 99 %, sprich für 99 % der Fälle), Ansprechpersonen und ähnliches. Zweck eines Risikoinventars ist es insbesondere, den Entscheidungsträgern einen komprimierten Überblick über die Risikosituation des Unternehmens zu geben. Sie sind ein zentrales Instrument für das Risikomanagement. →Risikokultur Die Risikokultur ist der Teilbereich der Unternehmenskultur, der sich auf den Umgang mit Risiken bezieht. Sie umfasst das bestehende, gemeinsame Normen- und Wertegerüst der Organisationsmitglieder eines Unterneh‐ mens, auf deren Basis die Risiken im Unternehmen gehandhabt und kom‐ muniziert werden (Lück 2000). Sie ist die Basis für das Risikobewusstsein, sprich die Bereitschaft und die Art, sich mit Risiken auseinanderzusetzen. Ausdruck der Risikokultur ist ein risikoangepasstes Verhalten, jedoch kann Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 191 <?page no="192"?> sie auch in den Kennzahlen, die genutzt werden, der Art der Information, die kommuniziert wird oder auch in Bezeichnungen (für Abteilungen bspw.) Ausdruck finden. →Risikomanagement Das Risikomanagement ist ein Managementansatz, bei dem auf potentielle Risiken, die auf ein Unternehmen einwirken können, im Rahmen eines de‐ finierten Prozesses reagiert wird. Dieser Prozess beinhaltet typischerweise die Identifikation, Bewertung, Aggregation, Überwachung und gezielte Steuerung aller Risiken, die als relevant angesehen werden. Hierzu gibt es auch Normen wie der COSO ERM oder die ISO 31.000. →Risikomaß Das Risikomaß ist ein statistisches Maß zum Ausdruck eines Risikos. Als Risikomaße gelten z. B. die Standardabweichung, die Varianz, der Value at Risk (VaR) und der Conditional Value-at-Risk (CVaR). Risikomaße lassen sich grundsätzlich unterscheiden in Maße für ein einzelnes Risiko (also ein Risikomaß im engeren Sinn wie beispielsweise die Standardabweichung) oder Maße, die das Risiko zweier Zufallsgrößen zueinander in Beziehung setzt (also ein Risikomaß im weiteren Sinn wie beispielsweise die Kova‐ rianz). Durch die Nutzung von Risikomaßen können Risiken unterschied‐ lichster Art miteinander verglichen werden. Dazu muss in einigen Fällen wie dem Value at Risk auch ein Konfidenzniveau angegeben werden, z. B. 99 %. Dieses Niveau steht für eine bestimmte Wahrscheinlichkeit innerhalb eines festgelegten Zeitraumes, dass ein Wert nicht überschritten wird. Ein einjähriger VaR 99 % von 100 € würde bedeuten, dass auf Sicht eines Jahres mit 99-% Wahrscheinlichkeit kein Wert über 100 € eintreten würde. →S-Kurven-Konzept Das S-Kurven-Konzept gibt Hinweise auf zweckmäßige Zeitpunkte für einen Technologiewechsel in einem Unternehmen. Hierzu beschreibt es den Entwicklungsverlauf von Leistungsparametern konkurrierender Technolo‐ gien in Abhängigkeit vom kumulierten Technologieentwicklungsaufwand. →Sachleistungsinnovation Eine Sachleistungsinnovation liegt vor, wenn ein Unternehmen eine neue Sachleistung auf dem Markt anbietet. Die Neuheit dieser Sachleistung kann aus Sicht des Nutzers sowohl die Funktion als auch den Nutzen betreffen. 192 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="193"?> Aus Unternehmenssicht kann die Neuheit wiederum im Lösungsprinzip auf System- oder auf Komponentenebene liegen. Sachleistungsinnovationen beruhen zu einem hohen Anteil auf der materiellen Ausgestaltung etwa mit Blick auf Form, Material, Farbe, Sound oder Duft. Zudem spielt auch die Ergänzung um immaterielle Komponenten sowie die Bildung von Leis‐ tungsbündeln eine Rolle. →Service Blueprinting Mithilfe des Service Blueprinting können Dienstleistungen entwickelt und optimiert werden. Es ist eine visuelle Darstellung, die den Ablauf einer Dienstleistung auf verschiedenen Ebenen zeigt. Es wird dabei zwischen für den Kunden sichtbaren und nicht sichtbaren Aktivitäten unterschieden. Durch die Analyse des Ablaufes werden oftmals Optimierungspotenziale sichtbar. Dabei kann überlegt werden, ob es Prozessschritte gibt, die stan‐ dardisierbar sind oder mittels Technologien automatisch ablaufen können. Bei der Analyse kann sich auch ergeben, dass manche Prozesse weggelassen, neu kombiniert oder an andere Stelle verschoben werden können. →Service Engineering Service Engineering beschäftigt sich mit der systematischen Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Vor‐ gehensweisen, Methoden und Werkzeuge. Der Ansatz ist interdisziplinär ausgerichtet und integriert ingenieurwissenschaftliche Aspekte, Know-how aus dem Entwicklungs- und Konstruktionsbereich genauso wie betriebs‐ wirtschaftliches Wissen und Kenntnisse aus weiteren Fachdisziplinen. Die zentrale Zielsetzung des Service Engineerings ist es, hochwertige Dienst‐ leistungsprodukte, die den Anforderungen der Kunden entsprechen, zielge‐ richtet möglichst effizient zu entwickeln. →Technologieentwicklung Ausgangspunkt der Technologieentwicklung ist meist eine an Universitäten, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen im Rahmen ihrer Grundlagen‐ forschung entwickelte Theorie. Im Rahmen der Technologieentwicklung machen sich Unternehmen darauf aufbauend eine Technologie verfügbar, indem sie die Theorie in konkrete Anwendungsmöglichkeiten überführen und deren Funktionsweisen und Einsatzoptionen besser verstehen. Das Technologiemanagement ist damit vor allem potentialorientiert ausgerich‐ tet. Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt 193 <?page no="194"?> →Technologielebenszyklusmodell Technologielebenszyklusmodelle gehen von der Annahme aus, dass Tech‐ nologien eine Entstehungs-, Wachstums-, Reife- und Verfallsphase mit typischen Entwicklungen relevanter Leistungsparameter aufweisen →Vorentwicklung Die Vorentwicklung bildet ein Bindeglied zwischen der primär potentialo‐ rientierten Technologieentwicklung und der ergebnisorientierten Produkt‐ entwicklung, indem sie Leistungspotentiale von Technologien mit mögli‐ chen Produktanforderungen abgleicht und diesbezüglich unter anderem konkrete Konzepte sowie funktionsfähige Prototypen entwickelt. Damit werden in der Vorentwicklung auch Komponenten, Module und Teilsysteme für kommende Produktgenerationen näher zur Serienreife gebracht. →Wissensmanagement Ziel des Wissensmanagements in einem Unternehmen ist es, die unterneh‐ menseigene Wissensbasis mit Blick auf den aktuellen Unternehmenserfolg und die zukünftige Entwicklungsfähigkeit zielorientiert zu gestalten. Die Gestaltungsaufgaben umfassen dabei sowohl die Wissenserweiterung und die Wissensnutzung als auch die Wissenssicherung. 194 Glossar---Wichtige Begriffe kurz erklärt <?page no="195"?> Verwendete Literatur AIAG & VDA (Hg.) (2019): FMEA-Handbuch: Design-FMEA, Prozess-FMEA, FMEA-Ergänzung---Monitoring & Systemreaktion, VDA-Verlag Berlin 2019. Akao, Y. (1990): Quality function deployment. Integrating customer requirements into product design. Cambridge, Mass.: Productivity Press Akao, Y. (1992): QFD. Quality Function Deployment. Wie die Japaner Kundenwün‐ sche in Qualität umsetzen. Landsberg: Moderne Industrie. 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Verwendete Literatur 199 <?page no="200"?> Wo sich welches Stichwort befindet - Abonnementmodelle-115 Agiles Management-20, 61 Agilität-110, 180 Akquisition-19, 33, 57, 180 Akteure-20, 69 Aktionsfelder-19 Anbahnungsphase-94 Augmented Reality-93, 181 Automatisierung-107 Autonomie-68 B2B-133, 138 B2C-138 Basisanforderungen-91 Begeisterungsanforderungen-91 Benchmarking-148 Beschaffung-83 Beschaffungsstrategie-79 Betreibermodell-135 Binomialverteilung-169 Blickfelder-20, 69 Brainstorming-124 Brainwriting-150 Business Model Canvas-142 Buyer Personas-132 Chance-154 Changemanagement-20, 61 Co-Creation-107 Competence-Driven-Innovation-30 Conjoint Measurement-97 Controllinginstrumente-55, 176 Customer Journey-133 Customer Success Management-115, 180 Delphi-Technik-166 Demand-Pull-Effekte-83 Design-76 eingetragenes D.-87, 90 Design-FMEA-99 Dienstleistung-106 automatisierte D.-107 Merkmale von D.-106 persönliche D.-107 Standardisierung von D.-106 Dienstleistungsentwicklung-110 Dienstleistungsinnovation-27, 107, 181 Dienstleistungsstrategie-110 Dienstleistungstest-111 Digitalisierung-19, 29, 54, 59, 181 Diversifikation-30 Dreiecksverteilung-171 Due Diligence-57 Effektivität-66, 113 Effizienz-66, 95, 107, 113 Eigenentwicklung-32 Einfluss-Projektorganisation-43 Eisbergmodell-44 Entsorgung-84 Erfindung-89 <?page no="201"?> Erlösmodell-134 Extended Reality-93, 181 Facelift-29 Fachkräftemangel-53 Feasability Studies-79 Fehlermodi-101 Feminität-159 FMEA-25, 99, 167, 169, 175, 182 Freedom-to-Operate-Analyse-52 Funktionalorganisation-40 Gebrauchsmuster-87, 90, 182 Generationenkonzepte-22 Geschäftsmodell-60, 93, 120, 182 Geschäftsmodellbeschreibungskonzept 120, 182 Geschäftsmodellinnovation 27, 123, 183 Geschäftsmodellmuster-124, 183 Gleichverteilung-171 Grundgebühr-134 Grundnutzen-75 Hands-on-Mentalität-46 House of Quality-96 Hype-Cycle-Modell-24, 84, 183 Ideenauswahl-78 Ideengenerierung-78, 124 Ideenmanagement-71 Individualismus-158 Innovation-25, 184 architektonische I.-28, 75 aufbaubezogene I.-28, 75 disruptive I.-29, 36, 75 geplante I.-30 modulbezogene I.-28, 75 objektive I.-30 radikale I.-28 stetige I.-29 subjektive I.-30 technologiebasierte I.-28 ungeplante I.-30 Innovationsarten-17, 25, 184 Innovationscontrolling-19, 55 Innovationserfolg-20, 65, 184 Innovationsfinanzierung-19, 54, 184 Innovationsfolgerschaft.-37 Innovationsförderung-55, 67, 69 Innovationsführerschaft.-36 Innovationsherausforderungen-19, 58 Innovationsimage-69 Innovationsimpulse-17, 20, 184 Innovationskultur-18, 44, 108, 185 Innovationsmanagement-16, 185 Innovationsmarketing-185 Innovations-Mindset-45 Innovationsorganisation-18, 38, 185 Innovationspreise-68 Innovationsprojekte-42 Innovationsprozess-66 Innovationsrankings-68 Innovationsstrategie-18, 31, 185 Integrierte I.-36 Kompetenzorientierte I.-35 Marktorientierte I.-34 Technologieorientierte I.-35 Innovationstreiber-34 Interdisziplinärer Ansatz-17, 108 Interdisziplinäre Teams-96 Interdisziplinarität-70 Internationalisierung-19, 59, 186 Invention-26, 186 IP-Management-19, 52, 186 IT-Management-19, 54, 186 Wo sich welches Stichwort befindet 201 <?page no="202"?> Kano-Modell-25, 91, 186 Kennzahlen-151 Kernfelder-18, 48 Kognitive Verzerrungen-156 Kollektion-83 Kollektivismus-158 Komponente-81, 100 Komponentenentwicklung-81 Komponentenmarkenstrategie-90 Komponententest-81 Konzepte-24, 70 Konzeptplanung-80 Kooperation-19, 33, 56, 187 Kostenorientierung-136 Kostenrisiko-64 Kostensenkung-28 Kreativitätsmethoden-124 Kreativitätstechniken-78, 148, 150 Kundenanforderungen-91, 97 Kundenbedürfnisse-129 Kundendienstleistungen-76 Kundeninteraktion-94 Kundenorientierung-95, 106 Kundenzufriedenheit-92, 112 Künstliche Intelligenz-22 Landeskultur-157 Landing Page-142 Lastenheft-80 Lean Leadership-151 Lean Management-25, 149f., 187 Lean Thinking-151 Leistungsanforderungen-91 Leistungsbündel-27, 74, 76, 110, 135 Lernprozesse-63 Lizenzen-33, 134 Logistik-83 Machtdistanz-158 Make-or-Buy-Strategie-32 Marke-76, 87, 90 Marketing-83, 111 Marketingstrategie-79 Market Pull-78 Market-Pull-Innovation-30, 34 Markteinführung-50, 81, 111, 145, 170, 187 Marktforschung-80 Maskulinität-159 Matrixorganisation-41 Matrix-Projektorganisation-43 Megatrend-59 Messen-94 Methode 6-3-5-124, 150 Methoden-25, 70 Mietmodell-135 Mitarbeitermotivation-54, 150 Mitarbeiterqualifikation-54 Modelle-24, 70 Monte-Carlo-Simulation-172, 188 Morphologische Analyse-127 Multidimensionale Skalierung-97 Nachfrageorientierung-136 Nachhaltigkeit-19, 22, 60, 68, 108, 188 Neuheit-89 Neun-Felder-Analyse-140 Normalverteilung-170 Objektorganisation-41 Open Innovation-19, 60, 188 Patent-26, 33, 87f., 189 Patentanalyse-150 PDCA-Zyklus-151 Personalentwicklung-54 202 Wo sich welches Stichwort befindet <?page no="203"?> Personalgewinnung-53 Personalmanagement-19, 53, 189 PESTEL-Ansatz-21 Pflichentenheft-80 Pilotkundenmarketing-51, 82 Plattformgeschäftsmodell-137 Plattforminnovation-28 Post-Merger-Integration-58 Preisgestaltung-136 Produktentwicklung-18, 50, 96, 189 Produktion-83 Produktionseinführung-19, 50, 189 Produktionsstrategie-79 Produktleben-80 Produktlebensphasen-82 Produktlebensphasen-Ansatz-82 Produktlebenszyklus-59 Produzentenhaftung-23 Profilplanung-80, 92 Profit-and-Loss-Verantwortung-41 Prospect-Theorie-162, 190 Prototyp-49, 142 Provisionen-134 Prozessinnovation-28, 148 Prozessmanagement-148, 150f. QFD-25, 95, 101, 190 Qualität-109, 116 Qualitätsmanagement-167 Qualitätsverbesserung-28 Rahmenfelder-18 Recycling-84 Reparatur-84 Risiko-33, 55, 64, 99, 154, 191 technisches R.-154 wirtschaftliches R.-154 Risikoaggregation-172, 191 Risikoanalyse-164f. Risikobewältigung-165, 175 Risikobewertung-164, 168 Risikofeldermatrix-167 Risikoinventar-172, 191 Risikokommunikation-162, 165, 176 Risikokompetenz-155 Risikokultur-161f., 191 Risikomanagement-20, 64, 104, 192 Risikomanagementprozess-163 Risikomaß-168, 192 Risikoprioritätszahl-100 Risikoüberwachung-165, 176 SaaS-115, 135 Sachleistungsinnovation-27, 74 Schutzrechte-33, 67, 87 Schutzrechtsmanagement-52 Segmentierung-129 Selbstverwirklichung-68 Serendipität-30, 48, 64 Serienproduktion-82 Service Blueprinting-111, 134, 193 Service Engineering-108, 193 Service Prototyping-113 Servicequalität-114 Servqual-Modell-114 Sichtbarkeitslinie-112 Skalierbarkeit-138 Skalierung-142, 146 S-Kurven-Konzept-25, 35, 192 Sozialinnovation-28 Spartenorganisation-41 Sponsoring-134 Stakeholder-60, 83 Standardisierung-109 Strategieplanung-79 Stufenmodell-77 Wo sich welches Stichwort befindet 203 <?page no="204"?> Synektik-150 Synergiepotentiale-58 Systemeinführung-81 Systementwurf-81 Systemintegration-81 Systemtest-81 Szenariotechnik-150, 171 Technologieentwicklung-18, 49, 193 Technologielebenszyklus-194 Technologielebenszyklusmodell-25, 35 Technologien-28, 84 Technologie-Radar-35 Technologiestrategie-79 Technology Push-78 Technology-Push-Effekte-84 Technology-Push-Innovation-30, 35 Theorien-24, 70 Timing-Strategien-36 Top-Management-39 Touchpoints-113, 133 Trends-21, 107, 110, 146, 166 TRIZ-139, 150 U-Boot-Projekte-42 Unsicherheitsvermeidung-159 Unternehmenskultur-44, 107, 156, 161 Unterstützungsfelder-19, 51 Value Proposition Canvas-130 Venture Capital-55 Vermarktungsprozess-93 Verpackungsgestaltung-76 Verrechnungsansätze-55 Vertrieb-83, 111 Verwertungsrisiko-64 Virtual Reality-93, 181 Vorentwicklung-18, 49, 194 Vorfeldmarketing-50, 82 Walt-Disney-Methode-124 Wartung-84 Weiterentwicklungsinnovation-28 Wertangebot-129 Wertstromanalyse-151 Wettbewerbsorientierung-136 Wissen-63 Wissensbasis-63 Wissenschaft-24 Wissensmanagement-20, 36, 63, 67, 194 Wissenstransfer-98 Wissenstransparenz-63 Wissensverlust-63 Zeitrisiko-64 Zentralbudget-55 Zusatznutzen-75 204 Wo sich welches Stichwort befindet <?page no="205"?> Abkürzungsverzeichnis AIAG Automotive Industry Action Group AP Aufgabenpriorität AR Augmented Reality B2B Business-to-Business B2C Business-to-Consumer BilReG Bilanzrechtsreformgesetz CAE Computer Aided Engineering CEM Customer Engagement Management CHS Customer Health Score CRM Customer Relationship Management CSM Customer Success Management CVaR Conditional Value at Risk CXM Customer Experience Management DFMEA Design Failure Mode and Effects Analysis DPMA Deutsches Patent- und Markenamt FMEA Failure Mode and Effects Analysis FuE Forschung und Entwicklung GuV Gewinn- und Verlustrechnung IP Intellectual Property IT Informationstechnologie IoT Internet of Things ISO Internationale Organisation für Normung KI Künstliche Intelligenz PDCA Plan-Do-Check-Act <?page no="206"?> PESTEL Political / Economical / Social / Technologi‐ cal / Ecological / Legal QFD Quality Function Deployment RPZ Risikoprioritätszahl SaaS Software as a Service SDGs Sustainable Development Goals s.o. siehe oben TRIZ Theorie des erfinderischen Problemlösens UN United Nations VDA Verband der Automobilindustrie VaR Value at Risk VR Virtual Reality XR Extended Reality 206 Abkürzungsverzeichnis <?page no="207"?> Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Überblick über die vielfältigen Einfluss- und Tätigkeitsfelder im Innovationsmanagement. . . . . . . 16 Abbildung 2: Überblick über die Vielfalt von Innovationsimpulsen. 21 Abbildung 3: Überblick über wichtige Innovationsarten. . . . . . . . . 27 Abbildung 4: Überblick über wichtige grundlegende Innovationsstrategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Abbildung 5: Überblick über Möglichkeiten der organisatorischen Verankerung des Innovationsmanagements . . . . . . . . 39 Abbildung 6: Überblick über Möglichkeiten der Gestaltung einer Innovationskultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Abbildung 7: Überblick über die Kernfelder des Innovationsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abbildung 8: Überblick über ausgewählte Unterstützungsfelder des Innovationsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Abbildung 9: Überblick über Kooperationen und Akquisitionen als Aktionsfelder des Innovationsmanagements. . . . . . . . 57 Abbildung 10: Beispiele für aktuelle Herausforderungen im Innovationsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Abbildung 11: Überblick über ausgewählte Dimensionen des Innovationserfolgs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Abbildung 12: Überblick über Akteure im Innovationsmanagement 71 Abbildung 13: Überblick über Ansatzpunkte bei Sachleistungsinnovationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Abbildung 14: Stufenmodell zur Entwicklung von Sachleistungsinnovationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Abbildung 15: Integrierter Produktlebensphasen-Ansatz bei Sachleistungsinnovationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abbildung 16: Hype-Cycle-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abbildung 17: Übersicht über Schutzrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Abbildung 18: Kano-Modell zur Analyse von Kundenbedürfnissen . 92 Abbildung 19: Simples Korrelationsprinzip der Methodik QFD nach Yoji Akao. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Abbildung 20: AP-Tabelle nach Werdich (2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 <?page no="208"?> Abbildung 21: Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen durch Service Blueprinting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Abbildung 22: Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Customer Success Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Abbildung 23: Auswahl von fünf Geschäftsmodellmustern . . . . . . . . 126 Abbildung 24: Morphologische Analyse von Geschäftsmodellen . . . 128 Abbildung 25: Value Proposition Canvas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Abbildung 26: Kommunikation des Wertversprechens über die gesamte Customer Journey hinweg. . . . . . . . . . . . . . . 133 Abbildung 27: Beschreibungskonzept für Plattformgeschäftsmodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abbildung 28: Neun-Felder-Denken zur Anwendung der Entwicklung von digitalen und informationsbasierten Geschäftsmodellen. . . . . . . . . . 141 Abbildung 29: Schema einer Risikoaggregation in die Unternehmensplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Abbildung 30: Beispielhaftes Aggregationsergebnis. . . . . . . . . . . . . . 174 208 Abbildungsverzeichnis <?page no="209"?> Bisher sind erschienen: Michael von Hauff Nachhaltigkeit für Deutschland? Frag doch einfach! 2020, 190 Seiten ISBN 978-3-8252-5435-3 Claudia Ossola-Haring Ein Start-up gründen? Frag doch einfach! 2020, 238 Seiten ISBN 978-3-8252-5436-0 Roman Simschek, Arie van Bennekum Agilität? Frag doch einfach! 3. Auflage, 2023, 197 Seiten ISBN 978-3-8252-6055-2 Martin Oppelt Demokratie? Frag doch einfach! 2021, 202 Seiten ISBN 978-3-8252-5446-9 Florian Kunze, Kilian Hampel, Sophia Zimmermann Homeoffice und mobiles Arbeiten? Frag doch einfach! 2021, 190 Seiten ISBN 978-3-8252-5664-7 Gerald Pilz Mobilität im 21. Jahrhundert? Frag doch einfach! 2021, 230 Seiten ISBN 978-3-8252-5662-3 Anke Brinkmann, Gabriele Dreilich, Christian Stadler Virtuelle Teams führen? Frag doch einfach! 2022, 148 Seiten ISBN 978-3-8252-5780-4 Andreas Koch Armut? Frag doch einfach! 2022, 179 Seiten ISBN 978-3-8252-5554-1 Barbara Schmidt Angst? Frag doch einfach! 2022, 143 Seiten ISBN 978-3-8252-5687-6 Fabian Kaiser, Arie van Bennekum Scrum? Frag doch einfach! 2022, 134 Seiten ISBN 978-3-8252-5974-7 Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand Die utb-Reihe „Frag doch einfach! “ beantwortet Fragen, die sich nicht nur Studierende stellen. Im Frage-Antwort-Stil geben Expert: innen kundig Auskunft und verraten alles Wissenswerte rund um das Thema. Die wichtigsten Fachbegriffe stellen sie zudem prägnant vor und verraten, welche Websites, YouTube-Videos und Bücher das Wissen vertiefen. So lässt sich leicht in ein Thema einsteigen und über den Tellerrand schauen. <?page no="210"?> Florian Spohr Lobbyismus? Frag doch einfach! 2023, 199 Seiten ISBN 978-3-8252-5688-3 Henrik Bispinck Friedliche Revolution und Wiedervereinigung? Frag doch einfach! 2023, 185 Seiten ISBN 978-3-8252-5445-2 Nassim Madjidian, Sara Wissmann Seenotrettung? Frag doch einfach! 2023, 192 Seiten ISBN 978-3-8252-6014-9 Arndt Sinn Organisierte Kriminalität? Frag doch einfach! 2023, 204 Seiten ISBN 978-3-8252-6100-9 Detlev Frick Big Data? Frag doch einfach! 2023, 123 Seiten ISBN 978-3-8252-5442-1 Annegret Braun Glück? Frag doch einfach! 2023, 172 Seiten ISBN 978-3-8252-6092-7 Jenny Amelingmeyer / Thomas B. Berger / Sven Seidenstricker Innovationsmanagement? Frag doch einfach! 2024, 208 Seiten ISBN 978-3-8252-6097-2 Matthias Kaufmann Ethik und Moral? Frag doch einfach! 2024, 199 Seiten ISBN 978-3-8252-5444-5 <?page no="211"?> ISBN 978-3-8252-6097-2 Jenny Amelingmeyer Thomas B. Berger Sven Seidenstricker Innovationsmanagement? Klare Antworten aus erster Hand In diesem Band sind unter anderem Antworten auf folgende Fragen zu lesen: Warum ist ein zielorientiertes Innovationsmanagement ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen? Was sind die besonderen Herausforderungen des Innovationsmanagements mit Blick auf unterschiedliche Innovationsarten in Unternehmen? Welche Tools und Methoden sollte ein erfolgreicher Innovationsmanager beherrschen? Und was sind aktuelle Trends im Innovationsmanagement? Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have für alle, die mehr wissen und verstehen wollen. Betriebswirtschaftslehre Management Innovationsmanagement? Amelingmeyer | Berger Seidenstricker Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel Frag doch einfach! 6097-2_Amelingmeyer_Berger_Seidenstricker_M_6097_PRINT.indd Alle Seiten 6097-2_Amelingmeyer_Berger_Seidenstricker_M_6097_PRINT.indd Alle Seiten 30.11.23 12: 31 30.11.23 12: 31