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Nonverbal kommunizieren

Körperausdruck in Studium und Beruf erfolgreich einsetzen

0902
2024
978-3-8385-6109-7
978-3-8252-6109-2
UTB 
Maria Luise Gebauer
Maxi Mercedes Grehl
Friderike Lange
10.36198/9783838561097

Körperausdruck in Studium und Beruf erfolgreich einsetzen Nonverbale Kommunikation und Körperausdruck machen einen Großteil der zwischenmenschlichen Kommunikation aus. Ein bewusster und authentischer Körperausdruck kann nicht nur das Verständnis und die Verbindung zu anderen verbessern, sondern auch die Selbstwahrnehmung fördern und das Selbstbewusstsein stärken. Ausgehend von diesem Leitgedanken vermittelt der Band Basiswissen zum Thema Körperausdruck. Er ist als Arbeitsbuch konzipiert und bietet zahlreiche Anregungen, Tipps und Übungen, um den eigenen Körperausdruck weiterzuentwickeln. Ein idealer Ratgeber für Studierende, Promovierende und Lehrende aller Fachrichtungen, die den eigenen Körperausdruck erfolgreich in Studium und Beruf einsetzen wollen.

<?page no="0"?> Maria Luise Gebauer Maxi Mercedes Grehl Friderike Lange Nonverbal kommunizieren <?page no="1"?> utb 6109 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Maria Luise Gebauer, M.A. (oben), Maxi Mercedes Grehl, M.A. (Mitte) und Dr. Friderike Lange (unten) sind als Lehrkräfte für besondere Aufgaben im Ar‐ beitsbereich Kommunikation und Stimme am Zen‐ trum für Lehrer: innenbildung der Martin-Luther-Uni‐ versität Halle-Wittenberg tätig. Gemeinsam betreuen sie Körper·Stimme·Haltung - eine Lernplattform für angehende und erfahrene Lehrkräfte zur Schulung von Stimme und Körperausdruck. <?page no="3"?> Maria Luise Gebauer / Maxi Mercedes Grehl / Friderike Lange Nonverbal kommunizieren Körperausdruck in Studium und Beruf erfolgreich einsetzen UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838561097 © UVK Verlag 2024 ‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 6109 ISBN 978-3-8252-6109-2 (Print) ISBN 978-3-8385-6109-7 (ePDF) ISBN 978-3-8463-6109-2 (ePub) Umschlagabbildung: © Prostock-Studio · iStock Illustrationen: © Lena Mühl Autorinnenbild Gebauer: © Maike Glöckner Autorinnenbild Grehl: © Jessica Grashoff Autorinnenbild Lange: © Maike Glöckner Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 7 1 9 1.1 9 1.2 11 1.3 16 1.4 22 1.5 24 2 37 2.1 37 2.2 39 ➲ 43 ➲ 44 2.3 45 ➲ 50 ➲ 52 ➲ 56 2.4 60 ➲ 61 ➲ 62 ➲ 65 2.5 68 ➲ 70 ➲ 71 ➲ 72 ➲ 73 2.6 75 ➲ 82 ➲ 83 Inhalt Vorab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Körper kommuniziert von Beginn an . . . . . . . . . . . . . . Körpersprache und Körperausdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nonverbale Kommunikation und Kommunikationsmodelle Embodied Communication . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kategorien und Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intention: Die innere Haltung bestimmt die äußere . . . . . . Übung 1 | Kaffee holen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 2 | Achtsamkeit in 5-4-3-2-1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufrichtung: Ich darf mich zeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 3 | 🎧 Body-Scan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 4 | 🎧 Roll down, roll up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 5 | Baum und Boje . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwurzelung: Halt finden, um Präsenz zu entfalten . . . . Übung 6 | Aktive Füße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 7 | 🎧 Stehendes Pendel mit Verwurzelung . . . . . . Übung 8 | Fuß-Dreipunkt-Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweglichkeit und Durchlässigkeit: Bleib geschmeidig! . . Übung 9 | Shake yourself loose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 10 | Marionette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 11 | Flatterfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 12 | Kleine Kreise - große Wirkung . . . . . . . . . . . . . Gestik: Was machen meine Arme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 13 | 🎧 Krakenarme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 14 | Mein Kommunikationsraum . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 2.7 86 ➲ 90 ➲ 91 ➲ 93 2.8 95 ➲ 97 2.9 101 ➲ 106 ➲ 107 2.10 110 ➲ 116 119 121 123 125 129 Mimik: Ciao Pokerface! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 15 | Gesichtsmassage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 16 | Verbissen war gestern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 17 | Ciao Pokerface . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blickkontakt: Begegnung und Verbindung . . . . . . . . . . . . . . Übung 18 | Schau genau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten im Raum: Wie wir uns positionieren . . . . . . . . . . Übung 19 | 🎧 Tuch aufspannen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung 20 | 🎧 Die Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nähe und Distanz: Wie wir zueinander stehen . . . . . . . . . . Übung 21 | Auf Distanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übungen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Vorab Nicht allein über Sprache, sondern auch über den Körper drückt man Gefühle, Stimmungen und Haltungen aus. Manchmal kann der Ausdruck des Körpers sogar intensiver sein als das, was durch Worte allein gesagt werden könnte. Der Körper ist immer dabei und spielt eine entscheidende Rolle in der zwischenmenschlichen Interaktion. Nonverbale Kommunikation be‐ stimmt mit, wie wir auf andere wirken. Ziel und Aufbau des Buches Dieses Buch soll dich auf dem Weg zu einem bewussten, variablen und authentischen Körperausdruck begleiten und dich in dessen Entwicklung unterstützen. Ziel ist es, deine körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch mehr Körperbewusstheit und Selbstbeobachtung zu erweitern. Nonverbale Signale des Körpers wie Mimik, Gestik und Körperhaltung werden oft unter dem Oberbegriff Körpersprache zusammengefasst. Für uns meint Körpersprache die körperlichen Ausdrucksbewegungen, die in einer Sprachgemeinschaft bestimmte festgelegte Bedeutungen haben, sprich konventionalisiert sind. Dabei gibt es eine 1: 1-Entsprechung von Zeichen zu Bedeutung, wie zum Beispiel Nicken oder Kopfschütteln. Das greift uns mit Blick auf Präsenz und Wirkung in der Kommunikation zu kurz. Wir beschäftigen uns in diesem Buch mit Körperausdruck und Körperbewusst‐ heit. Körperausdruck meint den körperlichen Ausdruck von Stimmungen. Dabei gibt es keine 1: 1-Entsprechungen von Zeichen zu Bedeutung. Die In‐ terpretation des Körperausdrucks unterliegt der subjektiven Einschätzung, die durch die jeweilige Kommunikationsbiographie, individuelle Erfahrun‐ gen und den kulturellen Kontext geprägt sind. Körperbewusstheit ist eine erlernbare Fähigkeit, die es uns ermöglicht, den eigenen Körper (z. B. Spannungszustände, Aufrichtung, Durchlässigkeit) spezifisch wahrzuneh‐ men und dadurch den Körperausdruck bewusst und situationsadäquat einzusetzen. Das Buch ist als Arbeits- und Übungsbuch konzipiert. Im ersten Teil haben wir Wissenswertes rund um die Themen nonverbale Kommunikation, Körpersprache und Körperausdruck für dich kompakt zusammengefasst. Du <?page no="8"?> erfährst in diesem Abschnitt etwas darüber, wie unser Körper von Beginn an kommuniziert, erhältst eine kurze Zusammenfassung gängiger Theorien und Modelle rund um nonverbale Kommunikation und lernst etwas über die Faktoren, die unseren Körperausdruck prägen und beeinflussen. Im darauffolgenden Trainingsteil wirst du zu den einzelnen Bereichen deines Körperausdrucks, wie zum Beispiel Aufrichtung, Gestik und Blick‐ kontakt, viele Übungen kennenlernen. Diese Übungen dienen einerseits dazu, deine Wahrnehmung für deinen Körper und dessen Ausdrucksmög‐ lichkeiten zu schulen und laden andererseits dazu ein, dein Ausdrucksre‐ pertoire spielerisch zu erweitern. Wir möchten dich darin unterstützen und bestärken, deinen individuellen, authentischen und präsenten Ausdruck für verschiedene Situationen weiter zu entwickeln. Wir wünschen dir viel Freude beim Ausprobieren, Üben und Entdecken! Maria Luise Gebauer, Maxi Mercedes Grehl, Friderike Lange 8 Vorab <?page no="9"?> 1 Wissenswertes 1.1 Der Körper kommuniziert von Beginn an Schon im Mutterleib sind wir aktiv, treten und bewegen uns. Wir zeigen damit an, dass wir wach sind und reagieren auf Stimmen und Geräusche. Wenn wir auf der Welt sind, geben uns Berührungen das Gefühl von Gebor‐ genheit und Sicherheit. Wir erleben die körperliche Zu- und Hinwendung der Menschen um uns herum als Möglichkeit unsere Bedürfnisse zu äußern, damit diese im besten Fall unmittelbar gestillt werden. Unser Körper zeigt den Menschen, die für uns sorgen, was wir brauchen, woran es uns fehlt oder wovon uns zu viel ist. Und durch ihre Reaktion auf unsere körperlichen Signale erkennen wir von Beginn an, dass Kommunikation durch und mit unserem Körper ein sehr direkter und unmittelbarer Weg zum Miteinander ist. Im Kindesalter lernen wir auch die Körpersignale und komplexeren Ausdrücke unserer Mitmenschen immer deutlicher und präziser zu lesen. Ein hinterfragender Blick der großen Schwester verrät, dass wir uns das Springen von der hohen Mauer lieber noch einmal überlegen sollten. Das Tätscheln unserer Hand durch den Vater signalisiert, dass wir noch etwas Geduld brauchen, denn er wird das Gespräch mit dem Nachbarn nicht sofort beenden. Das plötzliche Wegrennen der Mitspielenden beendet unser gemeinsames Tun. Im Laufe des Lebens werden wir immer versierter darin, unser eigenes nonverbales Verhalten zu nutzen, um auszudrücken, wie es uns gerade geht oder was wir gerade brauchen und gleichzeitig schulen wir immer mehr unsere Beobachtungsgabe für die körperlichen Ausdrücke anderer. Diese Prozesse laufen meistens erst einmal unbewusst und intuitiv ab, bis wir über unseren Körperausdruck mehr und mehr nachdenken. Bewusstwerden des eigenen Körperausdrucks Das Spiel mit dem Körperausdruck beginnt sehr früh. Kinder können ihre engsten Bezugspersonen teilweise verblüffend gut nachahmen und verlieren sich gern in Rollenspielen. Auch ein Klassiker: Durch das bewusste Kontrol‐ lieren des Körpers soll dem Gegenüber glaubhaft gemacht werden, dass man die Zähne geputzt oder gar nichts von den Süßigkeiten genascht hätte. Das funktioniert unterschiedlich gut. Wir lernen, dass unsere Körpersignale uns <?page no="10"?> verraten können und üben, diese in bestimmten Situationen zu beeinflussen. Zum Beispiel, wenn wir am Ende der Grundschulzeit vor Mitlernenden versuchen zu verstecken, dass wir traurig sind oder dass uns der Sturz doch mehr weh getan hat als wir zugeben möchten. Oder wenn wir uns nicht so richtig über ein Geschenk freuen, aber die schenkende Person nicht kränken wollen. Oder zum Beispiel, wenn wir vor Gruppen etwas vortragen, singen, erklären oder darstellen (sollen). Meistens fühlt sich das unangenehm an und wir versuchen, unsere innere Stimmung oder unsere Unsicherheit zu verstecken und zu überspielen. Manche entwickeln schon früh hilfreiche Strategien, manche leiden etwas länger bei solchen Präsentationssituationen. Diese Erfahrungen, in denen wir vor anderen Menschen sprechen, laden im Laufe der Schulzeit immer mehr dazu ein, sich mit dem eigenen Körper‐ ausdruck bewusst auseinanderzusetzen. Entweder, weil wir merken, dass unser Körper (ungewollt) Stress, Aufregung, Nervosität, Lampenfieber oder Scham zeigt, was wir natürlich zu vermeiden versuchen, oder weil unsere Zuhörenden uns zu unserem Körperausdruck (ungefragt) ein Feed‐ back geben. Vielleicht ist dir das Gefühl vertraut, nicht zu wissen, was du mit deinen Händen machen sollst. Oder dieses unangenehme Gefühl, den Zuhörenden direkt in die Augen zu sehen und dadurch irgendwie verunsichert zu werden. Vielleicht kannst du dich an Sätze erinnern wie: Du brauchst doch gar nicht so aufgeregt sein, das hast du doch gar nicht nötig, oder: Stell dich einfach gerade vor die Klasse, dann geht die Aufregung von allein weg. So richtig geholfen haben uns vermutlich die wenigsten Tipps und Tricks. Daher bleibt oft eine Kluft zwischen dem entspannten, natürlichen Körperausdruck und dem Körperausdruck, von dem es sich manchmal so anfühlt, als würden wir die Kontrolle verlieren, wenn wir vor anderen Menschen sprechen. Es gibt keine allgemeingültigen Regeln für die vermeintlich „richtige Körpersprache“ Im Kanon der Schlüsselqualifikations- oder Soft-Skill-Trainings gibt es zahl‐ reiche Ratgeberbücher und Weiterbildungsformate zum Thema Nonverbale Kommunikation. Meistens fußen diese Trainings auf der Grundannahme, es gäbe eine Art allgemeingültiges Set an Regeln und Prinzipien, nach denen immer die vermeintlich „richtigen“ Signale mit dem Körper gesendet bzw. das nonverbale Verhalten der Mitmenschen stets eindeutig entschlüsselt 10 1 Wissenswertes <?page no="11"?> und gedeutet werden könne. In diesem Zusammenhang wird oft der Begriff Körpersprache verwendet. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf diesen Begriff und erklären, warum eine Studie aus den 1960er-Jahren zum Körpersprache-Mythos wurde. 1.2 Körpersprache und Körperausdruck Mythos Körpersprache Es gibt viele reißerische Statistiken darüber, welches Gewicht das Nonver‐ bale in der Kommunikation hat. Die Angaben reichen von 55 Prozent bzw. 60 bis 75 Prozent bzw. ungefähr 80 Prozent bis hin zu 93 Prozent. Diese Zahlen gehen mehrheitlich auf Studien aus den 60er-Jahren (vgl. Mehrabian/ Wiener 1967, 109) zurück, in denen Teilnehmende darum gebeten wurden, den emotionalen Gehalt von Aussagen hinsichtlich verschiedener Merkmale zu bewerten. Am bekanntesten ist dabei die folgende Ergebnisinterpretation: Angeblich bewerten wir Botschaften zu 55 Prozent anhand der Körperspra‐ che unseres Gegenübers, zu 38 Prozent anhand des Tonfalls und gerade mal zu 7 Prozent anhand der Worte, die tatsächlich ausgesprochen werden. Diese so genannte Mehrabian-Regel, oder auch 7-38-55-Regel, hat sich stark verbreitet und ist zum Körpersprache-Mythos geworden: Kommunikation werde zu 93 Prozent durch das Nicht-Gesagte und nur zu 7 Prozent durch das tatsächlich Gesagte bestimmt. Dabei handelt sich aber um ein Missverständnis: Die besagten Studien des Psychologen und seines Kollegen untersuchten nämlich tatsächlich den inkongruenten Ausdruck von Worten und Stimme, also wenn der Tonfall oder die Mimik nicht zum Inhalt des Gesagten passten. Den Teilnehmen‐ den wurden unterschiedliche Wörter in positiver, neutraler und negativer Bedeutung gegeben, die in verschiedenen Kombinationen mit positiven, neutralen und negativen Stimmlagen oder mit Gesichtsausdrücken kombi‐ niert wurden. Die Aufgabe bestand darin, die Gefühle und Einstellungen der sprechenden Person zu bewerten. Die Ergebnisse legten nahe, dass die Körpersprache bei der Bewertung der Teilnehmenden eine größere Rolle spielte als die Stimme. Die Stimme spielte wiederum eine größere Rolle als der eigentliche Wortinhalt. So ergaben sich die prozentualen Anteile. Allerdings zielten die Experimente nicht auf die allgemeine Wirkung von Worten im Vergleich zu Stimme und Mimik ab, sondern konzentrierten sich 1.2 Körpersprache und Körperausdruck 11 <?page no="12"?> vielmehr auf Beobachtungen der Inkongruenzen, wenn also Mimik, Gestik und Stimmlage nicht mit der verbalen Äußerung übereinstimmten. Der Mythos muss demnach wie folgt korrigiert werden: Nur, wenn es im Widerspruch mit dem Gesagten steht, bestimmt das Nonverbale die Kom‐ munikation. Dies lässt sich auch mit einem kleinen Gedankenexperiment belegen: Stellen wir uns eine Situation vor, in der die Wörter einer Aussage gänzlich verschwinden. Unser Gegenüber im Gespräch gestikuliert und wir hören den Tonfall, die Sprachmelodie - aber keine tatsächlich ausgespro‐ chenen Wörter! Das genaue Verständnis dessen, was unser Gegenüber im Gespräch ausdrücken möchte, wäre wahrscheinlich äußerst schwierig. Je wichtiger in einer Situation das Gesagte wird - zum Beispiel in einer Konsultation, bei welcher der Prüfungsstoff besprochen wird - desto mehr legen wir den Fokus auf den Inhalt und die Worte, denn diese geben uns eine ganz konkrete Antwort. Der Körperausdruck spielt in solchen Situationen möglicherweise eine untergeordnete Rolle. Nur, wenn es im Widerspruch mit dem Gesagten steht, bestimmt das Nonverbale die Kommunikation. Dennoch ist unumstritten, dass Körper, Gesichtsausdruck und Stimmlage unsere Kommunikation und Interaktion - sei es beruflich, privat oder in den (sozialen) Medien - wesentlich prägen und mitbestimmen. Deswegen ist es sinnvoll und gewinnbringend, sich mit dem eigenen Körperausdruck zu be‐ schäftigen. Im folgenden Abschnitt erklären wir in Anlehnung an Heilmann (2011, 19 ff.) den Unterschied zwischen Körpersprache und Körperausdruck. Körpersprache Körpersprache ist der Begriff, der uns im alltäglichen Gespräch oder auch in Ratgeberbüchern häufig begegnet, wenn es um das nonverbale Kommu‐ nizieren geht. In diesem Buch arbeiten wir vor allem mit dem Begriff Körperausdruck, der für uns trennscharf von Körpersprache abgrenzbar ist. Körpersprache umfasst nach unserem Verständnis nonverbale Zeichen, welche von einer bestimmten Gruppe von Menschen kodifiziert und einer ganz bestimmten Bedeutung zugeordnet werden können. Dabei sind wir in der Bedeutungsbestimmung meistens recht treffsicher: Der mit einer Hand hochgestreckte Daumen wird als positive Bestätigung oder Lob verstanden. Das Zeichen kann die verbale Sprache ersetzen und steht für „Daumen 12 1 Wissenswertes <?page no="13"?> hoch“, „Gut gemacht“, „Prima“, „Ich stimme zu“ etc. Dieses Zeichen ist weltweit verständlich und hat deshalb auch als Icon in den Medien große Verbreitung. In konkreten Gesprächssituationen wissen wir durch den Kontext, welche Facette diese konventionalisierte Geste genau beschreibt. In unserem Alltag nutzen wir nonverbale Zeichen, die eindeutig verbale Sprache ersetzen können. Vom Kopfnicken oder -schütteln, über Zeigeges‐ ten bis hin zum Zeigen des Mittelfingers haben wir ein bestimmtes Reper‐ toire an Zeichen in unserem Leben gesammelt. Diese körpersprachlichen Zeichen sind also ganz klar mit der Inhaltsebene unserer Botschaften verbunden, d. h., es gibt ein (begrenztes) Set an nonverbalen Zeichen, denen tatsächlich 1: 1 eine Bedeutung zugeordnet werden kann - zumindest im Kontext einer bestimmten Situation bzw. eines bestimmten Kulturkreises. Mit Zeigefinger und Daumen einen Kreis formend, kann man hierzulande ausdrücken, dass man etwas gut findet oder dass das Essen ausgezeichnet schmeckt. Beim Tauchen bedeutet dieses Zeichen, dass alles OK ist. In eini‐ gen Teilen Südamerikas kann diese Geste jedoch als Beleidigung aufgefasst werden, anderswo wiederum wird damit „Geld haben“ ausgedrückt. Abb. 1: Körpersprache als begrenztes Set an konventionalisierten Festlegungen Körperausdruck Körperausdruck hingegen umfasst nach unserem Verständnis komplexere körperliche Einstellungen und Bewegungen. Dabei lässt sich keine eindeu‐ tige Bedeutung zuordnen. Abhängig von Kontext, Beziehung, aber auch vor dem Hintergrund unserer eigenen Kommunikationsbiografie lässt der Körperausdruck Raum für Interpretation. An folgendem Beispiel möchten wir dies verdeutlichen: 1.2 Körpersprache und Körperausdruck 13 <?page no="14"?> Abb. 2: Im Körperausdruck gibt es keine 1: 1 Entsprechungen Fragen wir fünf verschiedene Menschen, wie der Körperausdruck der oben abgebildeten Person auf sie wirkt, so werden wir möglicherweise fünf verschiedene Antworten erhalten: von „gelangweilt“ über „entspannt“ oder „interessiert zuhörend“, bis hin zu „konzentriert“ oder vielleicht sogar „ablehnend“. Der Körperausdruck wird also von Person zu Person unter‐ schiedlich interpretiert. In der zweiten Abbildung verändert sich der Körperausdruck der eben beschriebenen Person nicht, allerdings verändert sich nun der Kontext. Fragen wir die fünf Menschen noch einmal, wie sie nun den Körperausdruck wahrnehmen (es ist exakt dieselbe Körperhaltung wie auf dem ersten Bild), so werden sie möglicherweise ihren soeben formulierten Eindruck von „entspannt“ zu „abweisend“ oder von „interessiert zuhörend“ zu „resigniert“ korrigieren. Ein und derselbe Körperausdruck kann also, je nach dazugehö‐ rigem Kontext, komplett unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. 14 1 Wissenswertes <?page no="15"?> Abb. 3: Die Interpretation des Körperausdrucks ist von vielen Faktoren abhängig Ein und derselbe Körperausdruck kann, je nach Kontext, komplett unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Unser Körper macht über seine Aufrichtung und Bewegung für andere Menschen sichtbar, was gerade in uns vorgeht und wie es uns geht. Gleich‐ zeitig können wir ihn ganz bewusst einsetzen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Der Körperausdruck begleitet unser Sprechen bewusst und unbewusst, ersetzt die verbale Sprache dabei aber nicht. Er wirkt auf unser Gegenüber und gibt ihm einen Hinweis auf unsere Gestimmtheit, aber auch darauf, wie wir zueinanderstehen. Er bezieht sich also nicht nur auf die Inhaltsebene, sondern auch auf die Gefühls- und Beziehungsebene unserer Botschaften. Wissen | Körpersprache und Körperausdruck Körpersprache umfasst nonverbale Signale, die von einer Gruppe von Menschen eindeutig einer Bedeutung zugeordnet werden können. Kör‐ persprachliche Zeichen können verbale Sprache ersetzen und beziehen sich damit vor allem auf die Inhaltsebene von Botschaften. Es gibt eine 1: 1-Entsprechung von Zeichen zu Bedeutung. 1.2 Körpersprache und Körperausdruck 15 <?page no="16"?> Körperausdruck umfasst komplexere körperliche Einstellungen und Bewegungen. Es geht hierbei vor allem um den körperlichen Ausdruck von Stimmungen, welcher auf Gesprächsbeteiligte eine individuell in‐ terpretierbare Wirkung hat. Dabei gibt es keine 1: 1-Entsprechungen von Zeichen zu Bedeutung. Die Interpretation des Körperausdrucks unter‐ liegt unserer subjektiven Einschätzung, die durch unsere Kommunika‐ tionsbiographie (individuelle Erfahrungen und kultureller Hintergrund) geprägt sind. Körpersprache wird in diesem Buch nicht fokussiert: Es geht also weni‐ ger darum, das in einer Gemeinschaft kodifizierte Set an Körpersignalen zu erlernen oder zu verbessern. Auch werden keine Rezepte für ein ver‐ meintlich „richtiges“ Körperverhalten vermittelt. Viel mehr liegt uns die Beschäftigung mit dem Körperausdruck am Herzen: die Wahrnehmung und Selbstreflexion unseres eigenen Körperausdrucks sowie das Lernen von wirksamen Strategien, um unseren Körperausdruck gewinnbringend in Kommunikationssituationen einzusetzen und unser Körperausdrucks‐ repertoire zu erweitern. Im nächsten Abschnitt wollen wir überblicksartig beleuchten, wie sich der theoretische Blick auf nonverbale Kommunikation beginnend von den ersten Kommunikationsmodellen bis zu den derzeitigen Auffassungen der Embodied Communication verändert hat. Du erfährst, wie wir Kommunika‐ tion verstehen und welchen Einfluss dieses Verständnis für die Arbeit an deinem Körperausdruck im Praxisteil dieses Buches hat. 1.3 Nonverbale Kommunikation und Kommunikationsmodelle Anteile von Kommunikation Bevor wir in die Modelle eintauchen, werfen wir zunächst einen Blick auf die verschiedenen Anteile, aus denen sich Kommunikation zusammen‐ setzt. Alle sprachlich-verbalen Kommunikationsmittel, die Wortwahl, deren Verbindungen zu Satzkonstruktionen und semantische Zusammenhänge, ordnen wir den verbalen Anteilen der Kommunikation zu: das, WAS wir sagen. Hinzu kommt, WIE wir etwas sagen: die paraverbalen Anteile. Griechisch parabedeutet so viel wie „bei“ oder „neben“. Damit sind also 16 1 Wissenswertes <?page no="17"?> stimmlich-sprecherische Mittel gemeint. Sie dienen der Modifikation, Ver‐ tiefung und Ergänzung der sprachlichen Signale und beziehen sich damit auf die Gestaltung der Sprache. Es sind insgesamt mehrere paraverbale Mittel, die in ihrer Kombination auf Zuhörende wirken: Stimmklang, Sprechtempo, Lautheit (empfundene Lautstärke), Sprechmelodie, Artikulation, Sprech‐ spannung und Pausensetzung (vgl. u. a. Heilmann 2011, 9). In der Fachlite‐ ratur werden diese Anteile auch als nonverbale vokale Kommunikation bezeichnet und sind Gegenstand der Paralinguistik (vgl. Kalverkämper 2013, 328). Die nonverbalen Anteile beinhalten die Gestik, die Bewegung des Körpers im Raum, die Blickrichtung, die Kopfhaltung, die Bewegungen des Gesichts (Mimik) - aber auch Kleidung, Frisur oder weitere Artefakte wie Schmuck oder Tätowierungen können eine kommunikative Wirkung haben (vgl. Neuber 2013, 135). Wissen | Anteile von Kommunikation 1. Die verbalen Anteile umfassen alle sprachlichen Mittel, also Wort‐ wahl, Satzbau, Grammatik und Semantik. 2. Die paraverbalen (= nonverbalen vokalen) Anteile umfassen die stimmlich-sprecherische Gestaltung der sprachlichen Ebene durch z. B. Stimmklang, Lautheit, Sprechtempo, Melodie, Artikulation, Sprechspannung und Pausensetzung. Sie ist untrennbar mit der Sprache verbunden und enthüllt zumeist, wie die sprechende Person zum Inhalt steht. 3. Die nonverbalen (= nonverbalen nonvokalen) Anteile umfas‐ sen den Körper, also Mimik, Gestik, Kinesik sowie das Verhalten im Raum (Proxemik). In diesem Buch nehmen wir die nonverbalen, nonvokalen Anteile der Kommunikation in den Blick und lassen die paraverbale Ebene außen vor - auch wenn diese, genaugenommen, ebenfalls der nonverbalen (vokalen) Kommunikation hinzugerechnet werden kann (vgl. Košinár 2009, 24). 1.3 Nonverbale Kommunikation und Kommunikationsmodelle 17 <?page no="18"?> Abb. 4: Anteile von Kommunikation Erinnern wir uns an unsere ersten Vorträge, die wir in Schule, Ausbildung oder Universität halten durften, meistens mussten: Es gab ein, meist zu‐ gewiesenes, Thema und es gab inhaltliche Anforderungen. Im Vorfeld wurden (wenn überhaupt) einige Hinweise zur Vorbereitung gegeben. Diese Hinweise fußen in den allermeisten Fällen auf den klassischen Pro‐ duktionsstadien aus der Redekunst von Cicero (2007) - mit Blick auf die inhaltlich-strukturelle Vorbereitung eine nahezu allgemeingültige und zeitlose Empfehlung. Die klassischen Stadien sind: • Inventio (Themenfindung, Stoffsammlung), • Dispositio (Gliederung, Struktur), • Elocutio (sprachliche Gestaltung), • Memoria (Einprägen, Auswendiglernen) und • Actio (Vortragen). Unsere Ratio erhält im Vorfeld also ausreichend Aufmerksamkeit, die körperlich-emotionale Vorbereitung kommt jedoch meistens viel zu kurz oder findet gar nicht statt. In modernen Rhetoriktrainings wird der Blick auf Präsentationen eindeutig geweitet und die Themen Sprech- und Stimmgestaltung werden berücksichtigt. Und selbstverständlich wird auch die Bedeutung des Körperausdrucks einbezogen, jedoch fühlen sich in kon‐ kreten Sprechsituationen vor Publikum die meisten Vortragenden dennoch nicht ausreichend sicher und selbstbewusst. 18 1 Wissenswertes <?page no="19"?> Bei der Vorbereitung von Vorträgen liegt der Fokus meist auf inhalt‐ lich-strukturellen Aspekten, während körperlich-emotionale Aspekte vernachlässigt werden. Kommunikationsmodelle Wenn wir die Diskurse rund um die Entwicklung von Kommunikationsmo‐ dellen betrachten, scheint die Konzentration auf die inhaltlich-strukturelle Ebene logisch. Die ersten Modellbeschreibungen von Kommunikation um‐ fassen genau drei Parameter: Es gibt Sender und Empfänger und diese tauschen Nachrichten aus, die gesendet und verstanden werden (vgl. u. a. Shannon/ Weaver 1949). Schauen wir uns aber Vortrags- oder Gesprächssi‐ tuationen an, gibt es noch viel mehr Einflussfaktoren auf die Kommuni‐ kation. Mit der Zeit wurden in der Kommunikationspsychologie die Modelle um zahlreiche Aspekte erweitert, die sowohl auf Senderals auch auf Empfängerseite die Interpretation von Nachrichten konkretisieren sollten. Wir haben in diesem Kontext zwei populäre Kommunikationsmodelle aus‐ gewählt, welche die Komplexität von Kommunikation auch im Hinblick auf die nonverbale Kommunikation aufgreifen: die Axiome von Paul Watzlawick sowie das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Die Axiome von Paul Watzlawick Watzlawick, Beavin und Jackson (vgl. 2007, 50 ff.) haben in den 1960er-Jah‐ ren fünf pragmatische Axiome entworfen, welche die Grundlagen ihrer Kommunikationstheorie bildeten. Sie beschreiben die fünf grundsätzlichen Eigenschaften der zwischenmenschlichen Kommunikation: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. Denn es ist unmöglich, sich nicht zu anderen zu verhalten, auch wenn wir uns noch so viel Mühe geben. Selbst, wenn wir uns abwenden, sogar die Augen schließen und damit unser Verhalten vermeintlich auf unsere bloße Anwesenheit reduzieren, wird dieses Verhalten eine Wirkung auf unser Gegenüber haben. In diesem Beispiel sind besonders die nonverbalen Anteile der Kommuni‐ kation relevant, weil eben nicht nur Sprache, Stimme und Sprechen dem Gegenüber einen Hinweis geben: Auch Körperhaltung und andere kör‐ perliche Ausdrucksbewegungen sind im Zwischenmenschlichen immer Kommunikation. 1.3 Nonverbale Kommunikation und Kommunikationsmodelle 19 <?page no="20"?> 2. Jede Mitteilung enthält Inhalts- und Beziehungsaspekte. Sie enthält also sachliche Informationen, wobei unerheblich ist, ob diese Infor‐ mationen wahr oder falsch, gültig oder ungültig sind. Gleichzeitig geben Sendende immer auch einen Hinweis, wie sie die Beziehung zum Gegenüber definieren und offenbaren damit immer auch eine per‐ sönliche Stellungnahme zum Gegenüber. Vereinfacht lässt sich sagen: Der Inhaltsaspekt vermittelt die Daten, der Beziehungsaspekt macht deutlich, wie diese Daten aufzufassen sind. Je gesünder und spontaner die Beziehung zwischen den Interagierenden ist, desto mehr rückt die Definition der Beziehung über die Mitteilungen in den Hintergrund. Bei konfliktreichen Beziehungen jedoch überwiegt laut Watzlawick et al. der Beziehungsaspekt in der Kommunikation, sodass der Inhaltsaspekt mitunter sogar völlig nebensächlich werden kann. 3. Kommunikation ist Ursache und Wirkung zugleich. Watzlawik et al. sprechen hier von Interpunktion von Ereignisfolgen, welche das Ver‐ halten im Miteinander organisiert. Wir denken in Abläufen von Ursa‐ che und Wirkung. Mein Gegenüber handelt so, darum reagiere ich so. Spannend und herausfordernd wird es, wenn die Beteiligten einer kom‐ munikativen Interaktion ihre Interpunktionen unterschiedlich setzen und es dadurch keinen gemeinsamen Anfang einer Interaktion gibt. Als Beispiel: Person A sucht den Kontakt zu Person B, weil sie erlebt, dass Person B sich immer mehr zurückzieht. Person B zieht sich immer mehr zurück, weil sie erlebt, dass Person A immer aufdringlicher wird. Die meisten erleben ihr Verhalten als Reaktion auf das Verhalten ihres Gegenübers. Diese Einstellung ist nicht selten Quelle für potenzielle Be‐ ziehungskonflikte und kann mitunter sogar einen kommunikativen Teufelskreis bilden. Man kann sich vielleicht vorstellen, wie sich die Situation von Person A und B immer weiter zuspitzt. Es lohnt sich also immer die Frage: Was ist mein Anteil an der Situation? Dabei kann es hilfreich sein, nicht nur das eigene verbale, sondern auch das eigene nonverbale Verhalten zu reflektieren. Denn mein (unbewusster) Körperausdruck kann für mein Gegenüber als Ursache für dessen Verhalten gelten. Auslöser für mein Verhalten ist der Körperausdruck meines Gegen‐ übers. Dabei ist dessen Körperausdruck wiederum von meinem Kör‐ perausdruck beeinflusst. So kann ein kommunikativer Teufelskreislauf entstehen. 20 1 Wissenswertes <?page no="21"?> 4. Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. Di‐ gital meint hier, dass eine Information verbal, also über mündliche Sprache oder Schrift übermittelt wird. Diese Modalität eignet sich vor allem für die Mitteilung auf der Inhaltsebene. Analog hingegen meint, dass die Informationen hauptsächlich über den Tonfall sowie über Mimik, Gestik und Körperhaltung vermittelt werden. Diese Modalität ist eher für das Ausdrücken des Beziehungsaspektes geeignet. 5. Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplemen‐ tär. In symmetrischen Kommunikationsabläufen wird auf Augenhöhe miteinander gesprochen und alle Beteiligten streben Gleichheit an. In komplementären Kommunikationsabläufen beruht die Beziehung der Gesprächsbeteiligten auf Unterschiedlichkeit, sodass eine Person der anderen untergeordnet bzw. übergeordnet ist (z. B. Vorgesetzte und Angestellte, Eltern und Kinder, Lehrende und Lernende etc.). Zusammengefasst nehmen Watzlawik, Beavin und Jackson über ihre Axiome eine Vielzahl von Einflussfaktoren für die Kommunikation in den Blick und heben dabei vor allem auch die Wichtigkeit der nonverbalen Kommu‐ nikation hervor. Diese ist immer präsent und steht in der Wirkung der verbalen Kommunikation auf keinen Fall nach, sondern ergänzt, verstärkt, unterstützt und ersetzt sie mitunter. Wissen | Pragmatische Axiome Die pragmatischen Axiome von Watzlawik, Beavin und Jackson sind: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. 2. Jede Mitteilung enthält Inhalts- und Beziehungsaspekte. 3. Kommunikation ist Ursache und Wirkung zugleich. 4. Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. 5. Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komple‐ mentär. Das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun Ein anderes populäres Beispiel ist das Kommunikationsmodell der Vier Seiten einer Nachricht bzw. das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun (vgl. 2001, 25 ff.). Dieses Modell bildet die verschiedenen Facetten 1.3 Nonverbale Kommunikation und Kommunikationsmodelle 21 <?page no="22"?> einer Nachricht ab und zeigt, wie diese wiederum von Hörenden verstan‐ den werden können. Nachrichten enthalten dabei immer eine sachliche Information (Sachinhalt), einen Beziehungshinweis über das Verhältnis der Kommunizierenden zueinander, legen etwas über die sendende Person offen (Selbstoffenbarung) und enthalten meistens einen Appell, der die Hörenden zu einer Handlung veranlassen möchte. Als Hörende sind wir laut Schulz von Thun mit vier Ohren ausgestattet, die aufgrund unserer Kommunikations‐ biographie unterschiedlich stark in die Entschlüsselung von Mitteilungen unseres Gegenübers einbezogen werden. Bei den meisten Hörenden spielen insbesondere die Beziehungs- und Appellohren eine wichtige Rolle. Im Miteinander sind wir bestrebt zu erfahren, wie unser Gegenüber zu uns steht und welches Handeln von uns gewünscht wird. Wenn Konflikte in der Kommunikation auftauchen oder wir uns missverstanden fühlen, kann dieses Modell uns helfen, die Ebenen zu analysieren oder in die Metakommunikation zu kommen, um gemeinsam herauszufinden, wo der Grund für das Missverständnis liegt. Dabei ist die Berücksichtigung der nonverbalen Signale unverzichtbar. Passen Inhalt, Stimme, Sprechen und Körperausdruck nicht zueinander, stellen wir die Aussage infrage oder interpretieren sie anders als von unserem Gegenüber beabsichtigt. Wie wir etwas verstehen, wird maßgeblich davon beeinflusst, was wir im Körperausdruck unseres Gegenübers wahrnehmen. 1.4 Embodied Communication In der Theorie der Embodied Communication wird die Idee, dass Kommuni‐ kation das Vermitteln von Nachrichten zwischen Sendenden und Empfan‐ genden sei, durch eine neue Sichtweise abgelöst. Storch und Tschacher (vgl. ebd. 2016, 23 f.) beschreiben Kommunikation als „verkörpert“ (embodied), weil ihrer Auffassung nach der ganze Körper in einem umfassenden Prozess in Kommunikation beteiligt ist. Dieser Prozess vollzieht sich sowohl sprach‐ lich-sprecherisch als auch nonverbal und spricht bewusste und unbewusste Ebenen an. Die an der Kommunikation beteiligten Personen sind eben nicht einzuteilen in Sendende und Empfangende, vielmehr passieren diese Vorgänge immer gleichzeitig. Als hörende Person kann ich mich nicht ausschließlich auf das Empfangen von Botschaften einstellen, mein ganzer 22 1 Wissenswertes <?page no="23"?> Körper ist schlichtweg aufgrund seiner Anwesenheit ebenso kommunizie‐ rend wie in Situationen, in denen ich selbst spreche. Wissen | Embodied Communication Embodied Communication meint, dass Kommunikation immer durch zweiseitige Prozesse abläuft: Zuhörende sind immer auch zugleich Sen‐ dende. Sendende wiederum nehmen gleichzeitig Botschaften von den Zuhörenden wahr. Nach diesem Verständnis ist Kommunikation immer ganzheitlich und findet sowohl durch Sprache, Sprechen und Körper‐ ausdruck statt. Eine Person, die ausschließlich zuhört, wird dennoch über die bloße Anwesenheit durch ihren Körperausdruck kommunikativ wirken und damit einen Einfluss auf das Kommunikationsgeschehen haben. Das Axiom „Man kann nicht nicht kommunizieren“ von Watz‐ lawick trifft also voll und ganz zu und kann im Sinne der Embodied Communication als Argument verstanden werden, sich von schlichten Sender-Empfänger-Modellen zu verabschieden. Auch wir verstehen Kommunikation als ganzheitlichen Prozess, in dem unbewusste und bewusste Prozesse auf sprachlich-sprecherischer, aber vor allem auch auf körperlicher Ebene sichtbar werden und im Miteinander von Personen eine Wirkung erzielen. In diesem Buch geht es vor allem um die Entwicklung der Bewusstheit des eigenen Körperausdrucks als Ausgangspunkt dafür, das eigene nonverbale Verhalten vor und mit anderen Menschen möglichst so zu gestalten, dass es sich für alle Beteiligten in der Kommunikation stimmig anfühlt. Dazu gehört, den eigenen Körperausdruck kennenzulernen und ihn vielleicht in einzelnen Bereichen für Veränderung zu öffnen. Darauf aufbauend kann sich ein authentischer Ausdruck entfal‐ ten, der gelingende Kommunikation im Sinne des Embodiments ermöglicht. In einem weiteren Schritt möchten wir mehr Präsenz in Kommunikations‐ situationen erreichen. Präsenz meint in dem Zusammenhang, dass ich mit meiner Aufmerksamkeit ganz bei mir und meiner Intention, aber eben auch gleichzeitig ganz bei meinen Zuhörenden sein kann (vgl. Eberhart/ Hin‐ derer 2016, 24). Damit wird laut Eberhardt und Hinderer (vgl. ebd.) der Zustand einer starken Verbindung zwischen den Menschen geschaffen, die in Kommunikation miteinander gehen. In der Embodied Communication passt hierfür der Begriff der Synchronie (vgl. Storch/ Tschacher 2016, 61 ff.). 1.4 Embodied Communication 23 <?page no="24"?> Präsenz bedeutet, dass du mit deiner Aufmerksamkeit sowohl ganz bei dir, aber gleichzeitig auch ganz bei deinem Gegenüber sein kannst. Im folgenden Abschnitt setzen wir uns mit dem Körperausdruck weiter aus‐ einander, indem wir seine verschiedenen Kategorien (Mimik, Gestik, Kinesik und Proxemik) in den Blick nehmen. Außerdem beleuchten wir, welche Faktoren den Körperausdruck beeinflussen können, wie zum Beispiel die Situation oder charakterliche Veranlagungen. 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren Je mehr du weißt, was genau du beobachten und gegebenenfalls auch verändern kannst, desto differenzierter wirst du deinen eigenen Körperaus‐ druck und den der anderen wahrnehmen und analysieren können. Zur Orientierung teilen wir den Körperausdruck in verschiedene Bereiche und Bewegungsqualitäten ein. Beginnen wir bei der Mimik. Unter Mimik verstehen wir alle Bewegun‐ gen und Ausdrücke im Gesicht und mit dem Kopf, vor allem die Augen spie‐ len in diesem Bereich eine wesentliche Rolle: Die Verbindung zu unserem Gegenüber stellen wir vorwiegend über den Blickkontakt her. Der nächste Bereich ist die Gestik. Darunter zählen alle Bewegungen und Positionen der Arme und Hände. Unter Kinesik verstehen wir die Bewegungen und Positionen unserer Aufrichtung und Körperhaltung. Proxemik beschäftigt sich mit der Nähe und Distanz zwischen Menschen und Objekten während einer Interaktion und somit gegebenenfalls auch mit Körperkontakt. Ein Bereich sollte immer im Zusammenhang mit anderen Bereichen gesehen werden. Nur, weil du verschränkte Arme beobachtest, ist das noch kein Indiz für eine ablehnende Haltung. Erst, wenn auch der Blickkontakt weniger wird, die Körperhaltung schlaff oder starr ist und eine größere Distanz aufgebaut wird, ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass dahinter auch eine Haltung des Sich-Zurückziehens steht. Aber selbst das ist nur eine Wahrscheinlichkeit. Es gibt unendlich viele weitere Möglichkeiten, warum sich eine Person so verhält. Vielleicht ist ihr einfach nur kalt, oder sie ist müde. Oftmals sind wir vorschnell dabei, ein bestimmtes Verhalten zu interpretieren. Dabei hätten durch etwas längere Beobachtung oder auch einfach durch Nachfragen Missverständnisse vermieden werden können. Wie weiter unten beschrieben, ist der Körperausdruck von so vielfältigen 24 1 Wissenswertes <?page no="25"?> Faktoren abhängig, dass eine eindeutige Entschlüsselung schlicht nicht möglich ist. Doch bleiben wir noch etwas bei den möglichen Beschreibungs‐ kriterien und werfen einen genaueren Blick auf die Bewegungsqualitäten. Alle Bewegungen aus allen Bereichen können in ihrem Tempo variieren. Beim Gehen und Gestikulieren wird es wohl am deutlichsten, wie sehr die Bewegungsdynamik den Ausdruck verändert. Doch auch beim Blickkontakt kann das Tempo eine Rolle spielen. Bei einer gleichbleibenden Intensität des Blickkontakts, aber unterschiedlicher Lidschlagfrequenz verändert sich die Wirkung sofort: Ein Extrem wäre ein hochfrequentes Augenflattern, das dich vielleicht vermuten lässt, deinem Gegenüber sei etwas ins Auge geflogen. Beim gegenteiligen Extrem läge vielleicht die Vermutung nahe, dass dein Gegenüber sehr müde ist, den Vorschlag arrogant mit nur einem Augenaufschlag abschmettert oder gerade einen irritierenden Flirtversuch unternimmt. Eine andere Bewegungsqualität ist die Art der Spannung. Bewege bzw. interagiere ich eher unterspannt oder habe ich in Anbetracht der Situation etwas zu viel Spannung? Ziehen wir den Klassiker heran, die Begrüßung mit der Hand: Es hat eine Wirkung, ob du eine eher schlaffe oder eine eher angespannte Hand schüttelst. In der untenstehenden Tabelle haben wir weitere Bewegungsparameter aufgelistet. Abb. 5: Bewegungsparameter In einigen Ratgeberpublikationen findet man die Unterteilung in kontakt‐ förderndes und kontakthemmendes nonverbales Verhalten. Warum wir 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 25 <?page no="26"?> diese Einteilung als Orientierung brauchbar finden und warum sie für uns nicht kritiklos übernommen werden kann, erklärt sich jetzt: Zur Kategorie groß und offen: Große und offene Gestik kann durchaus einladend und kontaktfördernd wirken. Aber wenn du deine Gestik im Blick auf die Situation zu groß und zu offen wählst, wirkst du in einem Gespräch vielleicht sogar aggressiv oder zumindest unangemessen aktiv, eventuell sogar übergriffig. Beobachten wir den Blickkontakt, dann sind ohne Frage offene Augen einladender als zusammengekniffene Augen. Wenn diese Augen aber zu offen und zu lange starren (Stichwort Spannung), könnte das als aggressives und/ oder übergriffiges Verhalten aufgefasst werden. Interessantes findet man zur Kategorie oben und unten. Wenn wir uns freuen, bewegen wir uns tendenziell mit unseren Armen, unserer Aufrichtung und unseren Mundwinkeln nach oben, vielleicht bewegen sich auch die Augen‐ brauen nach oben. Mit einem Menschen, der Freude ausstrahlt, wollen wir eher in Kontakt treten als mit einer Person, die Mundwinkel und Schultern nach unten sinken lässt. Manche Ratgeberbücher gehen sogar so weit, dass, wenn du deine Hände in der Hosentasche hast, es einen Unterschied macht, ob die Daumen mit in der Hosentasche stecken (Daumen zeigen in diesem Fall nach unten) oder ob die Daumen sich außerhalb der Hosentasche befinden und nach oben zeigen. Die unterschiedliche Handhaltung wirkt sich auf jeden Fall auch auf die Ausrichtung der Schultern aus. Es bleibt an dir, herauszufinden, inwieweit solch eine kleine Veränderung einen Unterschied für dich macht! So differenziert die einzelnen Bereiche des Körperausdrucks und ihr Zusammenspiel sein können, so vielgestaltig sind auch die Einflussfaktoren auf ihn. Situation An erster Stelle wirkt sich vor allem die Kommunikationssituation auf den Körperausdruck aus: Wie du dich deinem Gegenüber zuwendest, wie nah du ihm oder ihr kommst, wie sich der Blickkontakt gestaltet und wie raumgreifend du deine Gestik gestaltest, hängt maßgeblich davon ab, mit wem, zu welchem Zweck, aus welchem Anlass heraus, zu welcher (Tages-)Zeit und in welchem Modus die Kommunikation stattfindet. Sicher wirst du dich im öffentlichen Miteinander anders verhalten als in privaten Situationen. Darüber hinaus gibt es weitere situative Faktoren, die einen Einfluss ausüben können. Hellmut Geißner (vgl. 1988, 73) benennt äußere 26 1 Wissenswertes <?page no="27"?> und innere Faktoren, die eine Kommunikationssituation (und damit auch den Körperausdruck) prägen und beeinflussen können: Abb. 6: Situationsmodell nach Hellmut Geißner (1988, 73) Mithilfe des Situationsmodells lassen sich Kommunikationssituatio‐ nen sowohl im Vorfeld planen als auch in der Retrospektive analysie‐ ren. Leitende Fragen können uns auch dahingehend unterstützen, den Körperausdruck in seiner Wirkung als Teil der Situation zu begreifen. Wir schauen auf die situativen Faktoren hier ähnlich wie bei einer Zwiebel von außen nach innen. Das ist wichtig, da wir in der Betrachtung von Ge‐ sprächs- oder Vortragssituationen - und vor allem, wenn etwas schiefgeht - meistens dazu neigen, die Ursachen bei uns oder den anderen beteiligten Personen zu suchen. Kommunikation wird aber nicht nur durch die inneren Faktoren, also die interagierenden Personen (WER und MIT WEM) und das Thema (WORÜBER) bestimmt. Ebenso wirken sich die äußeren Faktoren maßgeblich auf die Kommunikation und damit auch auf das nonverbale Verhalten aus. Es macht einen Unterschied, ob die Kommunikation im Freien oder in einem geschlossenen Raum stattfindet, ob du deine Position im Raum frei wählen kannst oder du durch die Organisation der Möbel in deiner Bewegung eingeschränkt bist (WO), ob es sehr heiß und stickig ist oder die Kälte dich zittern lässt, ob du dich in einem dir bekannten Raum (auch Stadt oder Land) aufhältst oder dir alles gänzlich fremd ist. Ebenso spielt die der Zeitpunkt des Miteinanders eine Rolle (WANN): Findet das Gespräch sehr zeitig am Morgen oder in den späten Abendstun‐ 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 27 <?page no="28"?> den statt? Auch das, was dem Gespräch direkt vorausging, sowie das, was nachfolgt, wirkt sich auf den Körperausdruck aus: Ob du Zeit hast und dich daher entspannen kannst oder ob es eine enge Taktung gibt, du vielleicht sogar unter Zeitdruck stehst und somit auch körperliche Anspannung fühlst und dieser (bewusst oder unbewusst) Ausdruck verleihst. Zuletzt spielen die Faktoren des WOZU und WARUM mit in die Situation hinein: Mit welchen Zielen sind die Personen zusammengekommen? Sind diese gleich oder stehen sich verschiedene Interessen gegenüber? Mit welcher Erwartung gehen die Beteiligten ins Gespräch? Und was ist der konkrete Anlass für die Kommunikation? Wer initiierte das Gespräch und mit welcher Dringlichkeit? Gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen? Zusätzlich zu den äußeren Rahmenbedingungen ist es natürlich ebenso wichtig, die inneren Faktoren des Situationsmodells zu beleuchten, nämlich die kommunizierenden Personen selbst, die miteinander etwas zum Thema machen. Interessante Fragen zu den Personen und deren Miteinander können sein: Wer kommt da zusammen - Welche Eigenschaften, kulturellen Prägungen, Sozialis‐ ierungen, Charaktere, Temperamente, private und berufliche Entwicklungen haben sie zu den Menschen werden lassen, die sie sind? Und wie stehen die kommunizierenden Personen zueinander, wie ist ihre Beziehung? Sind sie sich eher fremd oder vertraut, welche gemeinsamen (Kommunikations-)Erfahrungen teilen sie? Auf welche Art und Weise wird das gemeinsame Thema bearbeitet und welche Sprache finden sie miteinander? Wie verhalten sie sich körperlich zubzw. miteinander? Welche körperliche Nähe oder Distanz wählen sie intuitiv? Schauen sie sich in die Augen oder vermeiden sie den direkten Blickkontakt? Berühren sie sich? Etc. Individuelle Faktoren Neben der Verbindung der Personen zueinander gilt es auch die Faktoren zu beleuchten, die hochindividuell sind und die wie eine Art Grundvor‐ aussetzung für den persönlichen Körperausdruck gelten können. Einige Einflüsse sind wechselseitig: Ebenso wie z. B. ein Gefühl den Körperaus‐ druck beeinflusst, beeinflusst der Körperausdruck das emotionale Befinden. Im Folgenden haben wir für dich einen Überblick über einige individuelle Wirkungsfaktoren zusammengestellt. Natürlich nehmen Aspekte wie körperliche Konstitution, Gesundheit und Alter direkt Einfluss auf den individuellen Körperausdruck. Zur Konstitution gehören Körperbau (Größe und Gewicht), Belastbarkeit und Elastizität der 28 1 Wissenswertes <?page no="29"?> Muskulatur sowie familiäre Veranlagungen, die sich auf die Körperhaltung beziehen. Ebenso einen Einfluss haben Krankheitsbilder wie Entzündungen im Körper, Haltungsschäden, Verletzungen, Brüche oder andere degenerative Veränderungen. Mit diesen Krankheiten gehen unter Umständen beispielsweise der Verlust von Beweglichkeit oder Gleichgewichtsstörungen einher, welche den freien Körperausdruck hemmen können. Chronische Schmerzen können den Körper zu Schonhaltungen oder Abweichbewegungen zwingen. Diese ver‐ mindern unter Umständen das körperliche Ausdrucksrepertoire. Auch operative Eingriffe und infolgedessen innere und/ oder äußere Narbenbildung können sich einschränkend auswirken (vgl. Albrecht 2013, 4-ff.). In Bezug auf das Alter sind sowohl körperliche Prozesse, wie die Tendenz zur Steifheit, Langsamkeit oder Schwäche, als auch habituelle Veränderungen für den individuellen Körperausdruck relevant. Je aktiver und beweglicher ich meinen Körper im Alltag einsetze, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich mir diese Eigenschaften auch im Alter zu einem gewissen Grad erhalten kann. Des Weiteren wirken sich Faktoren wie Charakter und Psyche darauf aus, wie wir unseren Körperausdruck gestalten. Als persönlichkeitspsycho‐ logische Dimensionen, welche auch als Wirkfaktoren für den Körperaus‐ druck gelten können, lässt sich das Modell der Big Five heranziehen (vgl. u.-a. McCrae/ Terracciano 2005, zit. nach Herzberg/ Roth 2014, 42-f.): 1. Offenheit für Erfahrungen (Openness to Experience), 2. Gewissenhaftigkeit (Concientiousness), 3. Extraversion (Extraversion), 4. Verträglichkeit (Agreeableness) und 5. Neurotizismus (Neuroticism). 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 29 <?page no="30"?> Abb. 7: Big Five Modell, Dimensionen der Persönlichkeitspsychologie (vgl. u.-a. Herzberg/ Roth 2014, 43) In diesen fünf Dimensionen sind unterschiedliche Facetten möglich, mit de‐ nen persönlichkeitspsychologische Beschreibungen einhergehen. Leitende Fragen können sein: Bist du in Kommunikationssituationen eher offen und neugierig oder scheust du vor diesen eher zurück? Bist du eher detail- und dabei dennoch zielorientiert oder magst du eher große Überblicke und Zusammenhänge und lässt dich in der Kommunikation eher von anderen Dingen ablenken? Nimmst du dich selbst eher als introvertiert oder extro‐ vertiert wahr bzw. inwieweit unterscheidet sich das auch je nach Situation? Für wie harmoniebedürftig schätzt du dich selbst ein? Wie stark nimmst du die Empfindungen und emotionalen Zustände deines Gegenübers wahr? Inwieweit behältst du dennoch deine eigenen Bedürfnisse im Blick? Wie schätzt du dich in Bezug auf deine emotionale Stabilität ein und wie wirkt sich erhöhter Stress auf diese aus? All diese Faktoren können sich im Körperausdruck widerspiegeln. Ent‐ sprechend der Dimensionen wird dein Körperausdruck mehr oder weniger verhalten oder raumgreifend sein, deine Bewegungsintensität und -größe sich deiner Persönlichkeit anpassen. Einer der wichtigsten Faktoren für deinen Körperausdruck sind sicher deine Emotionen und Gefühle. Während die Gefühlszustände rund um die Emotionen Angst und Traurigkeit eher dazu beitragen, dass deine Haltung sich beugt, du eher zurückhaltend und klein im Ausdruck bist und weniger nach außen gerichtet nonverbal agierst, unterstützen die Gefühlszustände 30 1 Wissenswertes <?page no="31"?> rund um Freude (Glück, Gelassenheit, Zufriedenheit, Sicherheit, Selbstliebe) eher deine körperliche Aufrichtung und Öffnung, tragen zur Vergrößerung deiner Bewegungen bei und verstärken die körperliche Dynamik. Die Ge‐ fühlszustände rund um Wut und Ärger nehmen unterschiedlich Einfluss auf den Körperausdruck. Das ist sehr individuell und auch situativ verschieden. Schlussendlich ist dein individueller Lifestyle ein weiterer Wirkfaktor auf deinen Körperausdruck: Welche Rolle spielen Sport und Bewegung in deinem Alltag? Hast du Erfahrungen gesammelt mit Körperarbeitskonzep‐ ten oder Bewegungsschulen, die auf ein feinfühliges Wahrnehmen deines Körpers abzielen (Yoga, Tai-Chi, Qigong, Feldenkrais, Pilates, Rolfing, Ale‐ xandertechnik etc.)? Nutzt du deinen Körper künstlerisch in Tanz oder Performance? Was wählst du tendenziell eher, um dich zu erholen: körper‐ liche Ruhe und Entspannung oder Aktivität und Bewegung? Zuletzt möchten wir auf den Aspekt Kleidung eingehen. Dabei soll es hier keinesfalls darum gehen, Dos & Don’ts zur Kleidung zu definieren. Viel‐ mehr können dich folgende Impulse vor Präsentationssituationen anregen, darüber zu reflektieren, welche Kleidung dich für einen freien, gelösten und authentischen Auftritt bestmöglich in deinem Wohlbefinden und in deiner Wirkung unterstützt: In welcher Kleidung fühlst du dich in dieser Situation komplett wohl, sodass du bestenfalls während der Präsentation überhaupt nicht über sie nachdenken musst? Welche deiner Kleidungsstücke sind bequem, erlauben dir sprichwörtlich genügend Bewegungsfreiheit und stehen in keinem Widerspruch zu dem, was du bist, wie du dich in der Situation fühlst und wie du wahrgenommen werden möchtest? Wie gehst du mit Dresscodes in bestimmten Situationen um? Kultur Für den Einsatz des Körperausdrucks gelten auch die Aspekte Kultur und Sozialisation als Einflussfaktoren (vgl. Heilmann 2011, 50 ff.). Wenn wir in diesem Buch von Kultur sprechen, liegt dem ein erweitertes, offenes und lebensweltlich orientiertes Begriffsverständnis zugrunde, welches da‐ von ausgeht, dass Kulturen in keiner Weise klar abgrenzbare, homogene Gruppen beschreiben und jederzeit historisch-dynamisch im Wandel sind (vgl. Bolten 2007, 23 ff.). Um dennoch die Differenzen kultureller Prägungen beschreiben zu können, hat Heringer (vgl. 2017, 141) folgende Dimensionen herausgearbeitet: 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 31 <?page no="32"?> Wissen | Dimensionen kultureller Prägungen Die Dimensionen der kulturellen Prägung sind: 1. Tradition und Gedächtnis (Normen, Ideologien) 2. Sozialisation (Enkulturation, Identität, persönliche Erfahrungen) 3. Kommunikation (Diskursverhalten, Kommunikationsziele) 4. Soziale Organisation (Verwandtschaft, Selbstwahrnehmung, Selbst‐ bild) All diese Aspekte können Hinweise auf kulturelle Anteile im Körperaus‐ druck geben. Für kulturelle Besonderheiten im nonverbalen Ausdruck sind sowohl in Wissenschaftsals auch in Ratgeberpublikationen unterschiedli‐ che Aussagen gesammelt, welche aus unserer Sicht jederzeit auf ihre Repro‐ duktion von (National-)Stereotypen kritisch hinterfragt werden sollten. Häufig beziehen sich die Beispiele zum Illustrieren kultureller Unterschiede auf konventionalisierte Gesten, die somit körpersprachlichen Charakter haben und die teilweise die Sprache gänzlich ersetzen (siehe dazu den Abschnitt 1.2 Körpersprache und Körperausdruck weiter oben). In diesem Buch gilt unser Interesse weniger den kulturellen Unterschie‐ den in körpersprachlichen Signalen. Vielmehr nehmen wir kulturelle As‐ pekte rund um den Körperausdruck in den Blick. Hierzu ist z. B. die Unterscheidung von Hall (1989) in kontextarme (Low Context) und kon‐ textreiche (High Context) Kulturen interessant. Kontextarm meint, dass die wesentlichen Informationen in Sprache und Prosodie enthalten sind. Wir benötigen daher nur wenig Kontextinformation, um eine Aussage verstehen zu können. In kontextreichen Kulturen hingegen werden sehr viele Informationen über die Art und Weise der Sprechenden selbst und die Kommunikationssituation vermittelt. Wir benötigen in diesem Fall ein hohes Maß an Kontextinformationen, um eine Aussage verstehen zu kön‐ nen. Informationen werden nicht nur durch Worte, sondern auch zu einem maßgeblichen Teil durch Stimmlage, Körpersprache (bestimmte Gesten), Gesichtsausdruck, Augenkontakt etc. übermittelt. Damit rückt die Wirkung des Körperausdrucks in den Fokus. Wenn Personen aus kontextarmen mit Personen aus kontextreichen Kulturen kommunizieren, kann es aufgrund der unterschiedlichen Prägung zu Irri‐ tationen oder sogar Missverständnissen kommen. Personen mit kontextrei‐ cher Kommunikation nutzen unter Umständen Gesten und Melodieverläufe, 32 1 Wissenswertes <?page no="33"?> die der Person mit kontextarmer Kommunikation gar nicht auffallen, da sie diese bisher nicht zur Interpretation von Aussagen benötigt hat. Laut Heringer (vgl. 2017, 83 ff.) können diese Missverständnisse in der Deutung des Körperausdrucks in all seinen Bereichen ihre Ursache finden: Beispiele für kulturelle Unterschiede können sowohl im Gesichtsausdruck, in der Dauer des Blickkontakts, in der Größe und Bewegungsintensität der Gesten, in der Körperhaltung als auch im Nähe-Distanz-Verhalten ausge‐ macht werden. Um interkulturellen Missverständnissen vorzubeugen oder diese auszuräumen, sind laut Kumbier und Schulz von Thun (vgl. 2013, 24) je nach Kommunikationssituation unter anderem die Fähigkeit zur expliziten Metakommunikation, also dem Sprechen über das Empfinden des nonverbalen Ausdrucks, oder die implizite Meta-Sensibilität, also das reflektierte Beobachten der Situation und davon ausgehend das behutsame Anpassen des eigenen Körperausdrucks, gewinnbringende Werkzeuge. Sozialisation Mit Sozialisation meinen wir hier, dass wir unseren Körperausdruck nicht nur aufgrund unserer kulturellen Prägung entwickeln, sondern dass dieser auch subkulturellen Einflüssen unterliegt: Die Art, wie nonverbal in deiner Familie und deinen Peergroups kommuniziert wurde und wird, hat einen Einfluss auf deinen eigenen Körperausdruck. Für deine Reflexion rund um diese Themen können folgende Fragen als Anregungen dienen: Wie würdest du das nonverbale Miteinander in deiner Familie oder Peergroup beschreiben? Was hat dich geprägt? Wie wurde und wird mit Nähe und Distanz umgegangen? Gab und gibt es sehr häufig und viele Berührungen oder eher selten und wenige? Welche nonverbalen Rituale pflegt ihr? In wel‐ cher Art habt ihr euch über das nonverbale Miteinander ausgetauscht oder gab es solche Situationen nicht? Welche Gewohnheiten deines derzeitigen Körperausdrucks kannst du auf Nachahmung von deinen Bezugspersonen zurückführen? Zu welchen Gruppen hast du dich in deiner Jugend zugehörig gefühlt und wie ist es heute? Mit wem verbringst du viel Zeit? Welche Wertehaltungen und Konventionen teilst du mit bzw. in dieser Gruppe und wie spiegeln sich diese in eurem körperlichen Umgang miteinander? 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 33 <?page no="34"?> Gender An den Aspekt unserer eigenen (Kommunikations-)Sozialisation schließt sich die Frage nach den genderspezifischen Einflüssen auf unser nonver‐ bales Verhalten an. Das Aufwachsen, Interagieren und Kommunizieren in einer Gesellschaft geht mit sozialen Werte- und Normvorstellungen einher, welche wiederum Erwartungen prägen (vgl. Heilmann 2011, 117 ff.). Diese Erwartungen können sich auch auf Genderrollen in kommunikativen Pro‐ zessen beziehen. Schauen wir auf die Forschungsarbeiten zum nonverbalen Kommunikationsverhalten von Männern und Frauen, wird schnell deutlich, dass die Ergebnisse, je nach Veröffentlichungsdatum, im derzeitigen Diskurs rund um Genderrollen häufig überholt wirken. Eine binäre Aufteilung von vermeintlichen Fähigkeiten und Defiziten im nonverbalen Kommunikati‐ onsverhalten wird dem heutigen Verständnis von Gender nicht gerecht. Uns ist es wichtig, nicht mit stereotypen Mustern zu agieren, sondern vielmehr das individuelle Körperausdrucksrepertoire in den Blick zu nehmen. Ziel ist es, über die reflektierte Bewusstheit zu einem authentischen und kon‐ gruenten Körperausdruck zu finden, der eine störungsfreie und gelingende Kommunikation ermöglicht. Zusammenfassung Wie du vielleicht gemerkt hast, sind einige Kategorien und Einflussfaktoren eher für die Analyse geeignet, um den Körperausdruck der Kommunizieren‐ den besser zu verstehen, und gegebenenfalls können daraus Schlüsse für kommende Kommunikationssituationen gezogen werden. Einige Aspekte liegen nämlich in deiner Hand: Wie du den Raum gestaltest, dass es sich für dich und hoffentlich auch für dein Gegenüber stimmig anfühlt. Oder welchen konkreten Zeitpunkt du für das Gespräch oder den Vortrag wählst. Wenn du dies nicht bestimmen kannst, hast du dennoch Handlungsspiel‐ raum: Mithilfe der Situationsanalyse kannst du dich nicht nur inhaltlich auf die Kommunikation vorbereiten, sondern auch bereits in Bezug auf deinen Körperausdruck antizipieren. Das meint, du kannst zu allen situati‐ ven Faktoren, die du bereits kennst, reflektieren, wie du damit umgehen möchtest: Wo fühlst du dich meistens wohl? Was kannst du spontan und unvorbereitet zur Situation beitragen, wenn sich etwas nicht stimmig anfühlt? Wie sprichst du es an, wenn du an den situativen Gegebenheiten etwas ändern möchtest? 34 1 Wissenswertes <?page no="35"?> Im nun folgenden Trainingsteil werden wir dir weitere Reflexionsans‐ töße sowie zahlreiche Übungs- und Beobachtungsaufgaben anbieten, um deine körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch mehr Körperbewusst‐ heit, Selbstbeobachtung und gezieltes Üben zu erweitern. Ziel ist es, über die reflektierte Bewusstheit zu einem authentischen und kongruenten Körperausdruck zu finden, der eine wirkungsvolle und gelingende Kommunikation ermöglicht. 1.5 Kategorien und Einflussfaktoren 35 <?page no="37"?> 2 Training 2.1 Praktische Hinweise Die Sprache dieses Buches Aus unserer Sicht nimmt die Sprache eines Übungsbuches großen Einfluss auf den Lernprozess selbst. Die Sprache, die dir hier im Buch begegnet, ist geprägt durch die mündliche Praxis. Sie wirkt dadurch im Idealfall so, als würde dir eine Person den Ablauf und die Anweisungen direkt und persönlich vermitteln. Dabei wird vermieden, dass du allzu viel Aufwand in die Dechiffrierung schriftsprachlicher Konstruktionen stecken musst. Statt‐ dessen erhoffen wir uns, dass diese Sprache dich direkt und unkompliziert zum Ausprobieren und Entdecken einlädt. Zur Unterstützung verwenden wir verständliche Begriffe aus Anatomie, Physiologie und Psychologie und arbeiten im Übungsteil mit Metaphern und (inneren) Bildern. Sie dienen, wie auch z. B. im Autogenen Training oder anderen Entspannungs‐ techniken, dazu, vor allem die nicht bewusst ansteuerbare Muskulatur anzusprechen und zu entspannen und damit frei für neue Bewegungsabläufe werden zu lassen. Insgesamt soll dich dieses Buch auf dem Weg zu deinem individuellen und authentischen Körperausdruck begleiten. Daher haben wir uns entschlossen, dich direkt und persönlich anzusprechen. So kann ein Arbeitsklima entstehen, welches nicht nur das Üben fördert, sondern auch die Qualität des Übens an sich. Zudem sollst du immer wieder eingeladen werden, deine Wahrnehmungen, (Neu-)Entdeckungen sowie Erfahrungen zu reflektieren, um die Möglichkeit zu schaffen, das Gelernte nachhaltig zu verankern und direkt nutzbar zu machen. Hierfür findest du an einigen Stellen Platz für deine Notizen oder Skalenabfragen mit Kästchen zum Ankreuzen. Ort Du kannst die Übungskapitel an jedem Ort bearbeiten, der für dich eine entspannte und vertraute Grundstimmung erzeugt. Du brauchst eine freie Fläche im Raum, die genügend Platz für Bewegung zu den Seiten und in die Höhe lässt. Teilweise sind die Beobachtungsaufträge oder Alltagstipps <?page no="38"?> explizit für andere (z. B. öffentliche) Orte vorgesehen. Dazu erhältst du entsprechende Impulse. Körperliche Einschränkungen, Blockaden und Widerstände Wenn du aufgrund deiner körperlichen Voraussetzungen Einschränkungen hast oder bei manchen Übungen Unwohlsein oder sogar Schmerzen emp‐ findest, passe die Übung selbstständig kreativ für dich an. Wähle statt der vorgegebenen Position eine andere aus und schau, dass du einen für dich passenden Weg mit der Übung findest. Es geht nicht darum, Schmerzgrenzen zu überschreiten, sondern achtsam deine Körperbewusstheit zu schulen und schließlich auch dein Repertoire zu erweitern. Wenn du bei manchen Übungen das Gefühl hast, an Blockaden zu stoßen oder auch (innere) Widerstände zu entwickeln, nimm diese ganz bewusst wahr und verstehe sie als Einladung, da genauer hinzuschauen. Es könnte sein, dass du Übungen zunächst für dich verwirfst und auslässt. Behalte dir die Offenheit, vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt diese Übungen noch einmal auszuprobieren. Oft sind gerade die auf den ersten Blick unliebsamen Übungen besonders gewinnbringend, weil sie uns stärker auffordern, gewohnte Muster zu verlassen. Wiederholung Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit. Dies gilt auch für die Arbeit mit unserem Buch. Veränderungen in körperlichen Bewegungen und gewohnten Mustern brauchen Zeit und Geduld. Ähnlich wie beim Erlernen einer neuen Sportart, einer neuen Choreographie oder eines Instruments entwickelt der Körper nach und nach ein Gedächtnis für neue Abläufe und kann sie auch in unterschiedlichen Situationen sicher abrufen und nutzbar machen. Zudem findet z.-B. körperliche Entspannung durch Wiederholung immer tiefer statt und kann mit der Zeit an Qualität gewinnen. Daher ermutigen wir dich zur Wiederholung der Übungen, um diese Effekte für dich zu erzielen. Hilfsmittel In der Kurzbeschreibung jeder Übung findest du die Angaben zum benötig‐ ten Material. Meistens wird nichts benötigt. In einigen Übungen wirst du 38 2 Training <?page no="39"?> z. B. einen Stuhl oder Hocker, einen Igel- oder Tennisball, einen Spiegel oder eine (Smartphone-)Kamera benötigen. Audios Zur Unterstützung stellen wir manche Übungsanleitungen als Hör-Datei für dich zur Verfügung. Dies erkennst du an dem Symbol 🎧 und dem QR-Code daneben. Die Arbeit mit der Audiodatei ermöglicht dir, deine Augen während der Übung zu schließen und somit ganz bei dir zu sein. 2.2 Intention: Die innere Haltung bestimmt die äußere In diesem Kapitel erfährst du, was Präsenz mit dem Fakt zu tun hat, ob du ein Ziel hast oder nicht. Du wirst eine neue Begegnung mit einem Getränk haben, deine Umgebung gezielter wahrnehmen und vielleicht gehst du von nun an auch anders durch den Supermarkt. Einführung Willkommen zur ersten Trainingseinheit! Vielleicht hast du erwartet, dass wir direkt mit zehn Planking-Serien einsteigen, Schuhe aus und ab auf die Matte. Da müssen wir dich leider enttäuschen. Der erste Schritt hin zu einer präsenten, authentischen und wirkungsvollen Haltung beginnt im Kopf. Wie wir nach außen wirken, was unser Körper kommuniziert, hängt ganz wesentlich davon ab, wie unsere innere Einstellung in dem Moment ist - sind wir ehrlich begeistert von dem Thema, über das wir zu anderen sprechen? Oder haben wir insgeheim Angst vor scharfer Kritik aus der Gruppe? Fühlen wir uns unwohl, weil alle Augen auf uns gerichtet sind? Diese Gefühle werden auf unseren Körper ausstrahlen und damit auch unserem Publikum nicht verborgen bleiben. Es ist in erster Linie unsere innere Haltung, die dafür sorgt, wie wir gehen, stehen und uns beim Sprechen bewegen. Die innere Haltung bestimmt die äußere Haltung. 2.2 Intention: Die innere Haltung bestimmt die äußere 39 <?page no="40"?> Wir alle kennen Sätze wie: Steh gerade, wenn du zu anderen sprichst. Mach nicht zu viel mit deinen Händen. Aber auch nicht zu wenig! Unsere Haltung soll beweglich, aufgerichtet, durchlässig und authentisch sein. Als Zuhörende haben wir sehr feine Antennen dafür, ob eine solche Haltung echt oder nur gespielt ist. Wir spüren, ob eine Person, die den Raum betritt, dies mit Vorfreude auf ein schönes Erlebnis tut oder mit Skepsis, weil sie nicht weiß, was sie hier erwarten wird. Bestimmt hast du schon einmal erlebt, dass eine Person so etwas gesagt hat wie: Schön, ich freue mich, hier zu sein! Aber ihre Körperhaltung hat genau das Gegenteil ausgedrückt: Ich fühle mich unwohl und will so schnell wie möglich wieder weg hier. Und bestimmt hast du auch schon mal die Beobachtung gemacht, dass eine einzelne Geste oder Körperhaltung bei einer Person wie einstudiert wirkte. Das Ziel ist also nicht, sich ein bestimmtes, vermeintlich souverän wir‐ kendes Haltungsmuster anzutrainieren. Sondern vielmehr, eine innere Haltung zu entwickeln, die positiv auf den Körper ausstrahlt, sodass wir nicht nur präsent und authentisch wirken, sondern uns in erster Linie auch präsent und authentisch fühlen. Dazu helfen uns zwei Dinge: 1. Inhaltliche Sicherheit: Die Grundvoraussetzung für einen wirkungs‐ vollen und präsenten Auftritt ist inhaltliche Souveränität und Klarheit. 2. Reflektierte Intention: Um volle Präsenz entfalten zu können, brauchst du ein klares Ziel und die volle Aufmerksamkeit für die Situation: Wen willst du mit deiner Rede erreichen? Was soll deine Rede beim Gegenüber bewirken? Punkt 1 liegt außerhalb dessen, was wir in diesem Buch bearbeiten können. Es gibt hierzu aber zahlreiche Ratgeberliteratur, die dir helfen kann, deine Vorträge inhaltlich und rhetorisch zu perfektionieren, z. B. Lepschy und Grießbach 2023, Langer et al. 2019 oder Wachtel 2023. Konzentrieren wir uns auf Punkt 2, der reflektierten Intention. Und jetzt wird es auch wirklich praktisch: Wir beginnen mit einem kleinen Beobachtungsauftrag. Beobachtungsauftrag | Schlendern und zielgerichtet gehen Stell dir vor, du bist gerade im Urlaub. Du stehst irgendwo in deiner Lieblingslandschaft. Barfuß am Strand, auf einer Wiese oder mitten in einer hübschen Altstadt. Du hast kein konkretes Ziel und auch keinen Zeitdruck. Mit dieser Vorstellung sollst du jetzt etwa eine Minute 40 2 Training <?page no="41"?> lang in deinem Zimmer oder in der Umgebung, in der du gerade bist, umherschlendern. Beobachte dabei, was dein Körper macht: Wie bewegst du deine Arme beim Schlendern? Wohin geht dein Blick? Was macht dein Kopf ? Wie setzt du deine Füße auf ? Wie ist deine Gehgeschwindigkeit? Wie fühlt sich dein Rücken an? Wie deine Schultern? Wenn du diesen Geh-Modus ausprobiert hast, verlass die gedankliche Urlaubsszenerie wieder. Du bist wieder ganz konkret im Hier und Jetzt, in deiner tatsächlichen Umgebung. Schluss mit dem Schlender-Modus: Jetzt sollst du zielgerichtet gehen. Such dir ein Ziel in deiner Umge‐ bung, das sich ein paar Schritte entfernt von dir befindet. Zum Beispiel ein Bild an der gegenüberliegenden Wand. Oder die Türklinke. Du gehst zielgerichtet darauf zu. Wenn du dort angekommen bist, such dir ein neues Ziel. Du gehst von Ziel zu Ziel. Lass dir Zeit damit, ein neues Ziel zu suchen. Erst, wenn du eins gefunden und anvisiert hast, gehst du geradewegs darauf zu. Beobachte dabei, was dein Körper macht: Wie bewegst du deine Arme beim zielgerichteten Gehen? Wohin geht dein Blick? Was macht dein Kopf ? Wie setzt du deine Füße auf ? Wie ist deine Gehgeschwindigkeit? Wie fühlt sich dein Rücken an? Wie deine Schultern? Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: 2.2 Intention: Die innere Haltung bestimmt die äußere 41 <?page no="42"?> Bestimmt hast du einige Unterschiede wahrgenommen. Beim Schlendern hängen die Arme locker herunter, vielleicht schwingen sie sogar hin und her. Der Blick schweift, der Körper ist entspannt, vielleicht hast du beobachtet, dass du deine Füße nicht ganz optimal abgerollt hast, sondern eher nachläs‐ sig aufgesetzt und vielleicht sogar etwas spannungslos geschlurft bist? Beim zielgerichteten, intentionalen Gehen hast du mehr Körperspan‐ nung. Du gehst aufrechter, wahrscheinlich etwas zügiger, dein Blick ist fokussiert, du nimmst deine Umgebung genau wahr, deine Schritte sind kraftvoll und haben eine klare Richtung - kurzum: Du bist präsent. Abb. 8: Schlenderndes und zielgerichtetes Gehen Du kannst dieses Phänomen auch an deinen Mitmenschen feststellen: Beobachtungsauftrag | Menschen im Umfeld Beobachte, wie sich die Personen in deinem Umfeld bewegen. Kannst du erkennen, ob sie ein klares Ziel verfolgen oder eher im Schlender-Modus sind? Präsenz manifestiert sich also unter anderem dadurch, dass man ein klares Ziel, eine klare innere Haltung hat. Das gilt auch für das Sprechen vor 42 2 Training <?page no="43"?> Gruppen. Du kannst im „Schlender-Modus“ zu einer Gruppe sprechen, deine Körperhaltung vermittelt dabei die Aussage: Eigentlich ist es mir egal, ob ihr mich versteht oder nicht, und außerdem wäre ich jetzt auch lieber schon zu Hause beim Kaffeetrinken. Dementsprechend werden deine Schultern hängen, dein Blick wird irgendwo im Raum umherirren, dein Körper wird spannungslos sein und auch deiner Stimme und Aussprache wird man diesen Schlender-Modus anmerken. Präsenz entsteht durch Intentionalität. Die reflektierte Intention hilft dir dabei, in einem zielgerichteten Modus vor einer Gruppe zu sprechen. Mach dir bewusst, was dein Ziel, was deine Intention ist. Was willst du mit deinem Gesagten erreichen? Wen willst du mit deinem Gesagten erreichen? Wenn du diese Ziele klar vor Augen hast, wird dein Körperausdruck die Botschaft vermitteln: Es ist mir wichtig, dass ihr mich versteht, es ist mir ein echtes Anliegen, dass mein Gesagtes euch erreicht und etwas bei euch bewirkt. Dein Körper wird Präsenz ausstrahlen, denn Präsenz entsteht durch Intentionalität. ➲ Übung 1 | Kaffee holen Dauer: max. 5 Minuten, Material: Getränk deiner Wahl Ziel der Übung: Intentionalität bewusst herstellen und reflektieren • Bereite dir ein Getränk deiner Wahl zu und stell es am Ende des Raumes auf einem Stuhl, Tisch oder Regal ab. Geh ans andere Ende des Raumes und setz dich. Deine Aufgabe ist es jetzt, dir mit 100-prozentiger Intentionalität dein Getränk zu holen. Also: Bevor du losgehst, fokussiere dein Ziel. Bereite dich innerlich auf den Weg vor. Welche Schritte unternimmt dein Körper, bevor er aufsteht und losgeht? Spüre bewusst, wie sich deine körperliche Bereitschaft aufbaut, jetzt gleich loszugehen und dir dein Getränk zu holen. Erst, wenn du dich zu 100-Prozent bereit und fokussiert fühlst, gehst du los. • Wenn du Lust hast, platziere dein Smartphone so, dass du dich selber auf deinem Weg zum Getränk filmst, oder bitte eine andere Person, das für dich zu tun. Schau dir das Video an. Bist du zufrieden mit dir und deiner Präsenz? Wenn nicht, wiederhole die Übung und achte darauf, noch klarer zu sein. Variiere vielleicht das Tempo. Intentionalität hat nicht unbedingt etwas mit einer höheren Geschwindigkeit zu tun. ➲ Übung 1 | Kaffee holen 43 <?page no="44"?> Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: ➲ Übung 2 | Achtsamkeit in 5-4-3-2-1 Dauer: max. 20 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Fokus auf das Hier und Jetzt herstellen In Abschnitt 1.4 haben wir Präsenz definiert als Zustand, in dem ich mit meiner Aufmerksamkeit zu 100 Prozent im Hier und Jetzt, bei mir und bei meinem Gegenüber bin (vgl. Eberhart/ Hinderer 2016, 24). Bewusste Intentionalität hat demnach viel mit dem Achtsamkeitsansatz gemeinsam. Achtsamkeit bezieht sich auf die Fähigkeit, urteilsfrei den aktuellen Moment wahrzunehmen und dabei die Aufmerksamkeit auf körperliche Vorgänge oder innere Zustände zu richten. Durchgeführt vor einem Vortrag oder einer schwierigen Situation, können Achtsamkeitsübungen helfen, fokussiert zu bleiben und negative Gedankenspiralen zu vermeiden. Diese innere Klarheit und Aufgeräumtheit werden ebenso wie die bewusst gemachte Intentiona‐ lität einen Einfluss auf deine äußere Haltung haben und damit maßgeblich zu deiner Präsenz beitragen. Es gibt zahlreiche Achtsamkeitsübungen und Meditationen, die hier vorgeschlagen ist einer der bekanntesten. • Beginne die Übung, indem du zunächst fünf Dinge in deiner Umgebung aufzählst, die du sehen kannst. Nimm diese fünf Dinge wahr und lass 44 2 Training <?page no="45"?> dir dabei so viel Zeit wie du möchtest. Zähle die fünf Dinge in deinen Gedanken auf. • Konzentriere dich jetzt auf fünf Dinge, die du hören kannst und zähle diese ebenso auf. Danach nimmst du nacheinander fünf Dinge wahr, die du spüren kannst (z. B. den Boden unter deinen Füßen, die Seiten dieses Buchs in deiner Hand, einen Luftzug auf der Haut). • Wiederhole diesen Ablauf dann noch einmal mit jeweils, vier, dann drei dann zwei und zuletzt nur noch mit einer einzigen Wahrnehmung pro Sinnesmodalität. • Einzelne Wahrnehmungen kannst du im Verlauf der Übung wiederho‐ len, du musst nicht immer etwas Neues finden. Je mehr Zeit du dir nimmst, um jede der Sinneswahrnehmungen bewusst zu erleben, umso klarer und fokussierter wirst du dich fühlen. Wenn du magst, kannst du auch noch die Sinne riechen und schmecken hinzunehmen. Tipp für den Alltag | Fokus Wie kannst du deine Intentionalität im Alltag trainieren? Hier bieten sich zahlreiche Möglichkeiten an. Probiere doch bei deinem nächsten Einkauf im Supermarkt mal aus, wie es sich anfühlt, ganz gezielt von Produkt zu Produkt zu gehen, statt einfach nur die Regale abzugehen und dabei mal hierhin, mal dorthin zu driften. Hilfreich kann die Intentionalität im Alltag auch sein, wenn du im Café versuchst, die Bedienung auf dich aufmerksam zu machen. Anstelle durch Winken oder Rufen versuchst du, den Blickkontakt zu der Person herzustellen, indem du deinen 100-prozentigen Fokus und deinen gan‐ zen Körper auf dein Ziel und die Person ausrichtest: „Ich möchte jetzt bei Ihnen bestellen.“, bzw. „Ich möchte jetzt bei Ihnen bezahlen.“ Mögli‐ cherweise wirst du überrascht davon sein, wie schnell die Bedienung auf dich reagiert. Nimm bewusst wahr, wie sich dein Körper dabei verhält, wenn du versuchst, nonverbal Kontakt herzustellen. 2.3 Aufrichtung: Ich darf mich zeigen In diesem Kapitel erfährst du, warum Aufrichtung in erster Linie etwas mit Wahrnehmung zu tun hat und du wirst lernen, jedes einzelne Segment deiner Wirbelsäule gezielt anzusteuern. Vielleicht erkennst du dich im Bild 2.3 Aufrichtung: Ich darf mich zeigen 45 <?page no="46"?> des Baums wieder oder gleichst nach den Übungen eher einer Boje im Wasser. Du wirst mehr und mehr mit deinem Körper in Verbindung kommen und neue Facetten rund um deine Aufrichtung entdecken. Einführung „Halte dich gerade! “, „Steh doch nicht so gebeugt.“, oder gar „Steh‘ doch nicht da, wie ein Schluck Wasser in der Kurve.“ - Sätze, die einigen von uns in unserem Leben vielleicht schon einmal gesagt wurden. Offenbar ist den meisten Menschen bewusst, dass eine aufrechte Haltung von Vorteil ist, wenn wir vor Zuhörenden sprechen. Studien belegen, dass eine aufrechte Körperhaltung dabei helfen kann, sich selbstsicherer zu fühlen und zu verhalten (vgl. Körner et al. 2022). Allerdings unterstützen diese Appelle selten nachhaltig, denn es scheint nicht so einfach zu sein, wie auf Knopfdruck die aufrechte Körperhaltung einzuneh‐ men. Oft resultiert aus solchen Hinweisen eher eine verkrampfte Streckung im Rücken, die uns suggeriert aufrecht zu stehen. Und sobald unsere Aufmerksam‐ keit sich wieder auf andere Aspekte in unserer Präsentation konzentriert, kehren wir zurück zu unserer gewohnten Körperhaltung bzw. der Haltung, die sich aufgrund unserer Gestimmtheit in der konkreten Situation von selbst einstellt. Dabei wäre es viel hilfreicher, wenn unsere Körperhaltung zu unserer inneren Haltung passt und präsent bliebe (siehe Abschnitt 2.2). Mit Blick auf deine Wirkung in der Kommunikation (und natürlich auch für deinen Alltag), möchten wir dir in diesem Kapitel gute Impulse zur Verbesserung deiner Haltung geben. Unsere Übungen sollen nachhaltig auf deine Aufrichtung wirken, sodass du nicht immer wieder eine aktive Erinnerung dazu brauchst. Bestenfalls gelingt es dir sogar, die optimale Aufrichtung als so gewinnbringend zu empfinden, dass dein Körper von allein immer wieder dorthin zurückfindet. Unsere Körperhaltung verändert sich ständig. Sie reagiert auf unterschiedliche Situationen, darauf, wie es uns geht, passt sich an, bringt etwas zum Ausdruck. Außerdem wird sie von vielen Faktoren beeinflusst (siehe Abschnitt 1.5). Ausgehend von den körperlichen Voraussetzungen und den alltäglichen Be‐ wegungsroutinen bahnen sich Haltungsgewohnheiten an, sodass wir unseren Körper immer wieder in ähnlichen Mustern nutzen. Das häufige und lange Sitzen im Alltag verstärkt zudem unsere ungesunden Haltungstendenzen. 46 2 Training <?page no="47"?> Abb. 9: Fehlhaltungen der Wirbelsäule 2.3 Aufrichtung: Ich darf mich zeigen 47 <?page no="48"?> Die Liste an möglichen Fehlhaltungen ist lang. Beginnen wir einmal, den Körper von unten nach oben anzuschauen: Fußfehlstellungen (Platt-, Senk-, Spreizfüße) wirken sich auf die Position der Kniegelenke aus und darüber auch auf den Beckenknochen. Ein Beckenschiefstand wirkt sich natürlich durch die Verbindung über das Kreuzbein zur Lendenwirbelsäule auch auf die Brust- und Halswirbelsäule aus. Und schlussendlich haben Veränderungen im Wirbelsäulenbereich auch Einfluss auf den Brustkorb sowie die Schultern. Schließlich ist es nur logisch, dass sich auch unsere Kopfhaltung entsprechend unserer Halswirbelsäulenposition einstellt. Es gibt ausgehend von der Idee, dass es Wechselwirkungen in der Körperhal‐ tung gibt, selbstverständlich noch wesentlich filigranere Zusammenhänge, zu deren individueller Erforschung wir gern anregen möchten (z. B. Zusam‐ menhang von Schulter-/ Nackenverspannungen, Unterkieferverspannungen und Stimmproblemen). In Bezug auf die Aufrichtung der Wirbelsäule sind vor allem Rundrücken oder Kyphose (übermäßige Krümmung der oberen Wirbelsäule) sowie Hohlkreuz oder Lordose (übermäßige Krümmung der unteren Wirbelsäule) die häufigsten Ursachen für Beschwerden. Darüber hinaus wirkt sich eine Skoliose (seitliche Krümmung der Wirbelsäule) unter Umständen ungünstig auf die Aufrichtung aus. Auch Schmerzen und Verspannungen als Folgen des Lendenund/ oder Halswirbelsyndroms sind weit verbreitet. Mit dem Halswirbelsyndrom wiederum geht zumeist die Forward Head Posture (auch Nerd Neck, sprich eine nach vorn geneigte Haltung des Kopfes) einher, die vor allem durch die hochfrequente Arbeit mit Bildschirmmedien (Smart‐ phone, Laptop) begünstigt wird. Was ist eigentlich die optimale, wirkungsvolle und gesunde Körperhal‐ tung? Zur Beantwortung dieser Fragen nehmen wir drei Dinge in den Blick: die Knochen, die Gelenke und die Muskulatur. Wir schlagen dir folgende Grundvoraussetzungen für die gesunde und ökonomische Körperhaltung und Aufrichtung vor: Deine Knochen bauen in ihrer natürlichen Form entgegen der Schwerkraft aufeinander auf. Deine Gelenke werden in ihrer anatomischen und physiologischen Form belastet und deine innere und äußere Muskulatur unterstützt deine Aufrichtung, verspannt sich darüber hinaus aber nicht. Es ist gut möglich, dass dir einige Aspekte unserer Übungsauswahl für die ökonomische und wirkungsvolle Körperhaltung aus anderen Sport- oder Körperarbeitskontexten bekannt vorkommen. Grundsätzlich sind alle Übungen von Vorteil, welche die Aktivierung der inneren Muskulatur 48 2 Training <?page no="49"?> befördern. Je mehr die skelettnahe Muskultur die Aufrichtung und Beweg‐ lichkeit deines Körpers unterstützt, desto weniger muss die große äußere Muskulatur arbeiten, um Fehlhaltungen zu kompensieren. Dadurch entsteht für deinen Körper Aktivität im inneren und gleichzeitig Entspannung im äußeren Muskelapparat. Diese gewonnene Freiheit wird sich sowohl auf dein Wohlbefinden als auch auf deine Präsenz positiv auswirken. Aktivierung der inneren bei gleichzeitiger Entspannung der äußeren Muskulatur steigern Wohlbefinden und Präsenz. Beobachtungsauftrag | Körperhaltungen analysieren und spiegeln Achte heute verstärkt auf die Körperhaltung und Aufrichtung der Menschen in deiner Umgebung. Schau auf die Standbreite und die Beinhaltung, beobachte die Positionierung des Beckens, analysiere die Haltung in den einzelnen Wirbelsäulenpartien, nimm die Kopfhaltung und Blickrichtung wahr und versuche die Spannungsverhältnisse im Körper bei deinem Gegenüber nachzuempfinden. Dabei geht es nicht um das Bewerten von vermeintlich guten oder schlechten Haltungen, sondern um die Schärfung der Wahrnehmung und die Schulung deiner Beobachtungsfähigkeiten für die Körperhaltung. Lass dich von den Fragen leiten: Wie genau steht oder sitzt dein Gegenüber da? Welche körperlichen Einstellungen nimmt mein Gegenüber vor? Versuche im zweiten Schritt die Haltung verschiedener Menschen im Sitzen oder Stehen (ein wenig, von außen kaum wahrnehmbar) zu imitieren. Nimm bewusst wahr, welche Einstellungen du an deinem eigenen Körper vornimmst, um in die entsprechende Haltung zu kommen. Ausgehend von dem Körperabbild anderer, finde zurück zu deiner eigenen gelösten Aufrichtung. Beobachte, welche Teile des Körpers sich dafür entspannen dürfen und welche Bereiche deines Körpers hingegen aktiviert werden. 2.3 Aufrichtung: Ich darf mich zeigen 49 <?page no="50"?> ➲ Übung 3 | 🎧 Body-Scan 🎧 Beobachtungsauftrag | Body-Scan Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ texrt Die Grundvoraussetzung für die Verbesserung deiner Körperhaltung und Aufrichtung ist, dass du eine erhöhte Aufmerksamkeit und Wahrnehmung für deinen Körper entwickelst. Dein Gespür für deinen eigenen Körper, für Anspannung und Entspannung, wird sich über das stetige Wiederholen der Wahrnehmungsübung Schritt für Schritt verfeinern. Die Selbstbeobachtung über den Body-Scan ist dafür eine sehr geeignete Methode. Nutze diese so oft es geht, damit du dich darin schulst und deine Körperhaltung mehr und mehr kennenlernst. Du kannst den Body-Scan in jeder Position durchführen - stehend, sitzend oder liegend. • Geh mit deiner Aufmerksamkeit zu deinen Füßen. Nimm wahr, wie sie gerade positioniert sind. Haben sie Kontakt mit einem Untergrund? In welche Richtungen zeigen sie? • Fühlst du Anspannung? Schau, ob du diese im zweiten Schritt loslassen kannst. • Folge nun dem Weg in deinem Körper nach oben über deine Fußgelenke zu deinen unteren Beinen. Gibt es Kontakt zu einer Auflagefläche oder kannst du keine Begrenzung von außen ausmachen? Konzentriere dich in diesem Bereich auf die Muskulatur deiner Unterschenkel. Spürst du dort Anspannung, lass diese mit dem nächsten Ausatem gehen. • Geh mit deinem Fokus zu deinen Kniegelenken. Sind diese eher gebeugt oder durchgestreckt? Erlaube deinen Kniegelenken ein Stück weit los‐ zulassen, sodass die Kniescheiben gelöst sein können. • Nimm nun deine Oberschenkel in deine Aufmerksamkeit. Stehen sie gerade eng zueinander oder sind sie weit geöffnet? Kannst du Auflage‐ flächen zu einem Untergrund wahrnehmen? Lass überflüssige Anspan‐ nung gehen. • Spüre jetzt dein Becken. Wie ist es gerade in deinem Körper positioniert? Ist es gerade oder schief ? Kippt es eher nach vorn oder hinten? Hat dein Becken Kontakt zu einer Auflagefläche? Wie groß empfindest du diese? • Kannst du Anspannung an deiner Gesäßmuskulatur oder im inneren Be‐ reich des Beckenbodens ausmachen? Erlaube auch hier der Muskulatur mit dem nächsten Ausatem sich im Inneren und Äußeren zu entspannen. 50 2 Training <?page no="51"?> • Wandere nun mit deiner Wahrnehmung Stück für Stück deine Wirbel‐ säule hinauf. Stell dir die fünf Lendenwirbel und die zwölf Brustwirbel vor. Vielleicht kannst du sinnbildlich sehen, wie sie nach oben hin immer schmaler und feiner werden. Folge der Wirbelsäule schließlich über die sieben Halswirbel. Nimm die natürliche Schwingung deiner Wirbelsäule wahr. • Kannst du deine Wirbelsäule genauso wahrnehmen oder ist die Schwin‐ gung für dich an bestimmten Stellen stärker oder flacher? Spüre jetzt eher den gesamten Rücken und seine Muskulatur. Hat dein Rücken Kontakt zu einem Gegenstand oder zum Boden? Wo genau sind die Berührungspunkte und wie groß spürst du diese Flächen? Gibt es Stellen, die du als angespannt wahrnimmst? Versuche an diesen Stellen in die Entspannung zu gehen. • Geh jetzt mit deiner Aufmerksamkeit zu deinem Brust- und Bauchbe‐ reich. Kannst du dort Bewegung ausmachen? Bemerke, wie dein Atem sich in diesem Bereich deines Körpers ausbreitet. Wie fühlen sich deine Muskeln an? Spürst du Anspannung? Lass sie mit jedem Ausatem immer mehr gehen. • Fokussiere jetzt den Bereich deiner Schultern. Wie sind sie positioniert: beide Seiten gleich oder unterschiedlich? Nimm jetzt deine Arme und Hände wahr. Liegen sie am Körper an oder gibt es einen Abstand zwischen deinen Armen und deinem Oberkörper? Wo befinden sich deine Hände? Liegen sie auf deinem Schoß, Bauch oder am Boden? Oder hängen sie an der Seite deines Körpers? Haben Arme und Hände Kontakt zu einer Auflagefläche? Kannst du in einzelnen Bereichen Anspannung spüren? Gib diese immer mehr auf und erlaube den Muskeln, sich zu entspannen. • Geh zuletzt mit deiner Aufmerksamkeit zu deinem Kopf. Nimm wahr, wie du ihn gerade positioniert hast. Wohin geht dein Blick? Ist dein Kopf in eine Richtung geneigt? Hat dein Kopf Kontakt zu einem Gegenstand oder einer Unterlage? • Wie nimmst du jetzt dein Gesicht wahr? Spüre einmal in die einzelnen Bereiche hinein: Kinn, Wangen, Lippen, Nase, Augen, Augenbrauen und Stirn. Fühlst du irgendwo Anspannung? Gib diese auch hier wieder mit dem Ausatem auf und lass die Muskeln sich entspannen. ➲ Übung 3 | 🎧 Body-Scan 51 <?page no="52"?> Zum Abschluss dehne und strecke dich. Atme tief durch und gib allen Bewegungswünschen deines Körpers nach. Damit kannst du dich wieder für deine Umgebung öffnen. Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: ➲ Übung 4 | 🎧 Roll down, roll up Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ 7835g (im Stehen) 🔗 http: / / s.narr.digital/ g6i6i (im Sitzen) Dauer: max. 7 Minuten, Material: Stuhl oder Hocker Ziel der Übung: die Wirbelsäule bewusst aufrichten Mithilfe dieser Übung kannst du die Aufrichtung deiner Wirbelsäule opti‐ mieren. Dafür rollst du sie einmal nach vorn in die Schwerkraft ab, bis du vom Becken entspannt herabhängst. Im Anschluss wirst du die Wirbelsäule gleitend wieder aufrollen und dadurch reorganisieren, sodass du mehr und mehr Präsenz für dich erreichst. 52 2 Training <?page no="53"?> Abb. 10: Ab- und Aufrollen der Wirbelsäule Stehend • Stell dich hüftgelenksbreit hin. Das bedeutet, dass der Abstand zwischen deinen Füßen ungefähr so schmal ist, dass noch etwas mehr als eine Faust hineinpasst. Verteile dein Gewicht gut über dem Mittelfuß. Geh einmal kurz und knapp mit deiner Aufmerksamkeit zu allen Gelenken und erlaube ihnen, weich und gelöst zu sein: deine Fußgelenke, deine Kniegelenke, deine Beckengelenke, deine Schultern, deine Ellenbogen- und Handgelenke. Geh mit deiner Aufmerksamkeit auf deine Wirbel‐ säule und bleib dort die ganze Zeit während der Übung fokussiert. Alle anderen Bereiche deines Körpers reagieren passiv und folgen den Bewegungen, deine Schultern und Arme sind entspannt und dürfen einfach herabhängen. • Lass nun deinen Kopf nach vorn in die Schwerkraft gleiten. Bemerke, wie das Gewicht deines Kopfes die Halswirbelsäule einlädt, sich schritt‐ weise nach vorn abzurollen. Versuche dieses Abrollen Wirbel für Wirbel zu visualisieren, auch wenn es ein gleitender Entspannungsprozess ist. Nimm wahr, wenn deine Brustwirbelsäule beginnt, sich ebenso nach vorn zu entspannen und abzurollen. Lass die Bewegung so gut es geht in einem Flow geschehen, ohne Stocken und Anhalten. Schließlich rollt auch deine Lendenwirbelsäule nach vorn in die Schwerkraft ab, sodass dein gesamter Oberkörper über Kopf in die Schwerkraft hängt. Der Kopf, ➲ Übung 4 | 🎧 Roll down, roll up 53 <?page no="54"?> die Schultern und die Arme hängen schwer herab, du spannst in diesen Bereichen keine Muskeln an. Deine Kniegelenke sind weich und gelöst. Es besteht keine übermäßige Dehnung an den Rückseiten deiner Beine. Dein Atem fließt ganz entspannt. • Atme in dieser Haltung tief durch, um den Effekt der Entspannung zu erhöhen, verweile allerdings nicht zu lang über Kopf, sodass dir nicht schwindlig wird. • Beginne nun mit deiner Aufmerksamkeit vom Becken her die Wirbel‐ säule wieder aufzurollen. Dabei hilft dir vielleicht wieder das Bild, dass die Wirbelkörper sich mühelos wie Perlen einer Kette übereinander aufrichten und somit deine Körperhaltung aktiv reorganisieren. Sei mit deiner Wahrnehmung genau dort, wo die Aufrichtungsbewegung in der Wirbelsäule stattfindet. • Wenn die Brustwirbelsäule sich wieder aufrollt, lass die Arme und Schultern von allein wieder an ihren Platz zurückkehren und erlaube dem Kopf erst ganz zum Schluss, sich aufzurichten. Bleib einen Moment so stehen, wie du angekommen bist und schau, wie deine Aufrichtung sich jetzt anfühlt. Wiederhole diese Übung mehrere Male und gib dir für die Wiederholungen konkrete Aufträge. Hier sind dafür ein paar Anregungen zusammengestellt: 1. Meine Knie bleiben entspannt und weich. 2. Ich achte besonders darauf, dass mein Brustbein sich gut aufrichtet. 3. Ich lasse meine Schultern, Arme und Hände die gesamte Zeit über entspannt. 4. Sobald ich wieder vollständig aufgerichtet bin, achte ich auf meine Blickrichtung. 5. Ich atme die ganze Zeit gleichmäßig weiter. 6. Ich lasse mein Körpergewicht die gesamte Zeit über dem Mittelfuß und bin dadurch gut ausbalanciert. 7. Ich genieße die Entspannung beim Abrollen und die Aktivität beim Aufrollen. 8. Sobald ich Anspannung im Nacken wahrnehme, versuche ich bewusst sie loszulassen. 54 2 Training <?page no="55"?> Sitzend Die meisten von uns sitzen am Tag oft und lange. Daher ist es angenehm und gesund, auch hier zwischendurch immer mal wieder die Wirbelsäule in eine gelöste Aufrichtung zu bewegen, sodass sich haltungsbedingte Verspannungen lösen, wir aber auch einen Gewinn an Präsenz im Sitzen z.-B. in Gesprächssituationen haben. • Setz dich auf deinem Stuhl auf den vorderen Teil der Sitzfläche so hin, dass du deine Sitzbeinhöcker deutlich spüren kannst. Abb. 11: Die Sitzbeinhöcker bezeichnen den Anteil des Beckenknochens, auf dem idealer‐ weise das gesamte Gewicht des Oberkörpers beim Sitzen lastet. • Leg deine Hände entspannt auf deinen Oberschenkeln ab. Lass jetzt dein Becken nach hinten kippen. Deine Lendenwirbelsäule beugt sich nach hinten, Brustwirbelsäule und Halswirbelsäule runden sich ebenso und schlussendlich darf der Kopf in Richtung Brust in die Schwerkraft sinken. Bemerke die Entspannung und gib dich ihr für einen Moment gänzlich hin. • Geh mit deiner Aufmerksamkeit zurück zu deinem Becken und richte es wieder so auf, dass deine Sitzbeinhöcker wieder ganz deutlich für dich auf der Stuhlfläche zu spüren sind. • Du wirst wahrnehmen, wie ganz natürlich die Lendenwirbelsäule sich wieder in ihre physiologische Biegung zurückbewegt, deine Brustwir‐ belsäule sich von unten her wiederaufbaut, das Brustbein sich hebt, die Schultern an ihren Platz gleiten und zuletzt die Halswirbelsäule ➲ Übung 4 | 🎧 Roll down, roll up 55 <?page no="56"?> sich aufrichtet, sodass auch dein Kopf wieder aufschwebt. Genieße die Rückkehr in die Präsenz mit dem Blick in den Raum. Entspanne dein Gesicht und deine Kiefermuskulatur. • Kannst du die Aktivierung in deinem Oberkörper wahrnehmen? Und spürst du, wie dein Atem vielleicht ein wenig müheloser einströmen kann, weil die Aufrichtung die Öffnung der Atemräume begünstigt? • Wiederhole ein paar Mal die Wirbelsäulenrundung und -aufrichtung und gib dich mehr und mehr sowohl der Entspannung als auch der Aktivierung hin. ➲ Übung 5 | Baum und Boje Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: offene, gelöste Grundhaltung entwickeln Für viele Menschen ist es nützlich, mit Bildern und Vorstellungen zu arbeiten und damit die Körperhaltung positiv zu beeinflussen. Wir haben zwei Impulse für dich ausgesucht, die du gleich in deinen nächsten Prä‐ sentationssituationen ausprobieren kannst, um dich in die offene, gelöste Grundhaltung zu bringen. Behalte im Blick, dass dein Körper immer ganz leicht in Bewegung ist und du nicht in einer Haltung einrastest oder erstarrst (dazu wird dich auch das Kapitel zur Beweglichkeit unterstützen). Der Baum Das Bild eines Baumes löst in vielen Menschen sofort das Gefühl von Ruhe, Entspannung und Lebendigkeit aus. Für deine körperliche Aufrichtung kannst du dir dieses Bild zunutze machen. • Stell dir vor, deine Wirbelsäule steht wie ein Baum in der Mitte deines Oberkörpers. Dabei ist dein Becken der Wurzelballen, dessen Wurzeln noch viel tiefer reichen, um Kraft aus der Erde aufzunehmen. • Darüber schwingt sich der kräftige Baumstamm nach oben auf, ist sanft gebogen und wird in der Höhe immer schmaler, wie die Wirbelkörper von der Lendenwirbelsäule aufsteigend bis hin zur Halswirbelsäule ebenso immer schmaler und filigraner werden. • Du kannst dir vorstellen, wie sich die Äste auf der Höhe deines Brust‐ korbes raumgreifend nach außen hin verzweigen. Dort kann der Wind 56 2 Training <?page no="57"?> hindurchwehen, so wie dein Atem deinen gesamten Brustkorb belüftet. Von ganz oben aus der Baumkrone heraus hast du eine weite Sicht und kannst alles gut überblicken. Durch das Bild des Baums gelingt es dir vielleicht, für die Wahrnehmung dei‐ ner Wirbelsäule vor allem die Eigenschaften Stärke, Widerstandsfähigkeit und Biegsamkeit zu übernehmen. Dein innerer Baum lädt zum Anlehnen ein und strebt stets nach oben. Abb. 12: Inneres Bild des Baums Die Boje im Wasser • Spiel mit der Vorstellung, dass dein Kopf eine Boje ist, die auf dem Wasserspiegel eines Sees schwimmt. Nimm den Auftrieb wahr, den leichten Zug nach oben. Es ist mühelos, den Kopf zu balancieren, du wirst sanft in die Länge gezogen. Deine Füße sind mit dem Grund des Sees gut verbunden. ➲ Übung 5 | Baum und Boje 57 <?page no="58"?> • Während der gesamte Oberkörper vom Beginn der Wirbelsäule nach oben strebt, geben sich die Beine und Füße dem Gegenzug in die Schwerkraft hin. Dadurch fühlt sich dein Körper gut aufgespannt, aufgerichtet und geerdet an. Tipp für den Alltag | Friendly Reminder In den Übungen konntest du bereits erfahren, dass die Aufrichtung des Brustbeins maßgeblich zu einer offenen und wirkungsvollen Haltung gehört. Als kleinen Tipp haben wir dir einen sehr einfachen und schnell durchführbaren Friendly Reminder mitgebracht. Wenn du mit deiner Hand von hinten zwischen deinen Schulterblättern einen sanften Druck ausübst, richtet sich dein Brustbein von ganz allein auf. Dieser kleine Impuls kann dir helfen, dich selbst immer wieder in die Präsenz und Öffnung zu holen. Nutze dafür auch gern die Vorstellung, dass du auf Höhe deines Brustbeins eine kostbare Brosche trägst, die du deinen Mitmenschen gern zeigen möchtest. Abb. 13: Mit dem Handrücken zwischen die Schulterblätter als Friendly Reminder für die Aufrichtung des Brustbeins 58 2 Training <?page no="59"?> Tipp für den Alltag | Positive Affirmation Die Überschrift des Kapitels hat den Zusatz: Ich darf mich zeigen. Das mag für manche im ersten Moment seltsam klingen. Wenn ich vor einem Publikum stehe und spreche, dann sehen mich die anderen doch sowieso. Was hat es also damit auf sich? Die meisten Menschen sind beim Sprechen vor Publikum aufgeregt. Unser Körper reagiert mit Anspannung und nicht selten machen wir uns eher klein und gehen in eine gebeugte Haltung. Es wirkt vielleicht sogar so, als würden wir uns eigentlich am liebsten unsichtbar machen oder verstecken wollen. Damit unser Publikum aber so viel wie möglich aus unserem Vortrag mitnimmt, ist es nicht nur wichtig, dass dieser sinnvoll gegliedert ist und die Präsentationsfolien ansprechend gestaltet sind. Auch die gelungene Beziehungsgestaltung motiviert die Zuhörenden, uns ihre Aufmerksamkeit zu schenken. In Kontakt gehen hat wiederum sehr viel mit der Körperhaltung zu tun. Stell dir vor, du hörst einer Person zu, deren Haltung dir das Gefühl gibt, dass sie am liebsten aus dem Raum fliehen möchte. Wie würde das die Wirkung der Person auf dich beeinflussen? Die meisten Menschen würden wohl sagen, dass sie sich Vortragende offen, gelassen, kompetent und selbstsicher wünschen. Und das hat unmittelbar mit der Körperhaltung zu tun. Sobald wir es als Sprechende schaffen, in eine aktive und gelöste Aufrichtung zu kommen, desto präsenter wirken wir auf unsere Zuhörenden. Ich darf mich zeigen kann hier wie eine (Selbst-)Ermutigung verstanden werden. Ähnlich wie andere positive Affirmationen kannst du den Satz nutzen, indem du ihn z. B. vor Präsentationssituationen innerlich oder auch laut zu dir selbst sagst. Vielleicht gelingt es dir damit, dich selbst durch die Kraft deiner Gedanken in die Offenheit und Aufrichtung zu bringen, die du dir wünschst. ➲ Übung 5 | Baum und Boje 59 <?page no="60"?> Hier ist Platz für deine eigenen Affirmationssätze: 2.4 Verwurzelung: Halt finden, um Präsenz zu entfalten In diesem Kapitel erfährst du, wie du über ein einfaches gedankliches Bild eine feste Verbindung zum Boden entwickeln kannst, um deine Präsenz zu steigern und Nervosität zu regulieren. Vielleicht entdeckst du den Igelball als neues Lieblings-Massagegerät. Einführung Hast du schon mal gehört, dass eine Person als geerdet beschrieben wurde? Meist gehen positive Assoziationen mit dieser Zuschreibung einher. Jemand, der geerdet ist, wirkt gefestigt, unkompliziert, steht mit beiden Beinen im Leben. Es ist angenehmer, einer geerdeten Person zuzuhören, als einer, die abgehoben und schwer zu greifen wirkt. Tatsächlich hat das Prinzip des Verwurzelns viel mit Präsenz zu tun. Einen festen Stand zu haben ist die Voraussetzung dafür, aufgerichtet stehen zu können und sich gleichzeitig flexibel und beweglich entfalten zu können. Das Bild des Verwurzelns bietet zusätzlich die Idee an, den Boden, auf dem man steht, als freundlich, wohlmeinend und kraftspendend wahrzunehmen. Das bedeutet nicht, dass du während deiner Rede wie angewurzelt dastehen sollst. Aber um deine 60 2 Training <?page no="61"?> Präsenz zu steigern und Nervosität regulieren zu können, kann es hilfreich sein, sich einzelne Momente eines bewussten, festen Stands zu verschaffen. Ein fester Stand ist Voraussetzung für Aufrichtung und freie körperli‐ che Entfaltung. Das Ziel ist, durch das Verwurzeln eine Basis zu finden, die dich erdet und zu der du immer wieder zurückkehren kannst. Präsenz manifestiert sich also unter anderem dadurch, dass du in Kontakt mit dir selbst, aber auch in Kontakt mit allem um dich herum bist. Mit dem Bild des Verwurzelns etablierst du den Kontakt zum Boden, auf dem du stehst und den Kontakt zu dir selbst, indem du dich über den Boden mit dem Raum verbindest. ➲ Übung 6 | Aktive Füße Dauer: max. 5 Minuten, Material: Igel- oder Tennisball Ziel der Übung: die Füße aktivieren Zieh deine Schuhe aus und führe die Übungen barfuß oder in Socken durch. Füße aktivieren • Auf die Zehenspitzen gehen und dann wieder Gewicht auf den gesamten Fuß geben. • Das Längsgewölbe und die Innenkante sinken lassen, Gewicht nach innen verlagern. Zurück in die Mittelposition und dann auf die Außen‐ kanten stellen. • Heb die Zehen und Ballen deines rechten Fußes vom Boden ab. Tipp jetzt mehrmals den Boden mit deinem Ballen an. Die Bewegung kommt aus dem Fuß, das Kniegelenk bleibt ruhig. Wechsle den Fuß. • Abwechselnd alle Zehen vom Boden lösen und nach unten anziehen. Übungen mit Igel- oder Tennisball • Achte während der gesamten Übung darauf, dass du in der gelösten Aufrichtung bleibst, du keine Muskulatur (unbewusst) anspannst und lade deinen Atem ein, entspannt zu fließen. ➲ Übung 6 | Aktive Füße 61 <?page no="62"?> • Massiere deine Ferse mit dem Ball kräftig durch und bring anschließend den Ball langsam nach vorn. • Massiere dein Längsgewölbe und die Außenkanten, dann die Zehen‐ grundgelenke (Fußballen) und auch die Zehen angenehm kraftvoll. • Bevor du den Fuß wechselst, nimm die Unterschiede zwischen dem soeben massierten und dem noch nicht massierten Fuß wahr. Wechsle dann den Fuß. • Geh zum Abschluss ein paar Schritte und nimm die Leichtigkeit in der Bewegung wahr, das Abrollen von der Ferse zum Ballen. Abb. 14: Aktivierung der Füße durch Massage mit einem Igelball ➲ Übung 7 | 🎧 Stehendes Pendel mit Verwurzelung Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ 4sepr Dauer: max. 10 Minuten, kein Material Ziele der Übung: eigene Mittelachse finden und Verwurzeln Die beiden Übungsteile sind in der hier beschriebenen Kombination sinnvoll, lassen sich prinzipiell aber auch unabhängig voneinander üben. Stehendes Pendel • Zieh deine Schuhe aus. Suche dir einen guten Ort, an dem du etwas Platz um dich herum hast. Stell dich hüftbreit und aufrecht hin. Die Füße stehen parallel. (Idealerweise machst du dafür die Übung Auf- und 62 2 Training <?page no="63"?> Abrollen der Wirbelsäule aus dem vorherigen Kapitel.) Nun geht der Fokus aber in deine Füße. • Nimm wahr, wie deine Fußflächen Kontakt mit dem Boden haben. Die Fußfläche liegt nicht an allen Stellen gleichmäßig auf. Möglicherweise spürst du an den Fersen einen stärkeren Druck als an den Ballen oder umgekehrt. Geh in Gedanken die Auflageflächen deines Fußes von Zehen über Ballen, Außen- und Innenkanten, Quer- und Längsgewölbe bis hin zur Ferse durch. An welchen Stellen spürst du den Kontakt zum Boden? • Nun lehnst du dich ganz leicht nach vorne - die Ferse soll sich nicht vom Boden abheben. Spür nach, wie sich die Gewichtsverteilung ändert, wie deine Fußmuskulatur arbeitet, um die Gewichtsverlagerung auszu‐ gleichen. • Nun lehnst du dich ganz leicht nach hinten, sodass auf der Ferse mehr Druck lastet. Die Zehen bleiben dabei am Boden liegen, es geht nur um die Wahrnehmung dieser minimalen Gewichtsverlagerung. • Als nächstes testest du diese Gewichtsverlagerung weiter aus, indem du dich langsam nach links und dann langsam nach rechts lehnst. Dein Körper bleibt dabei ganz gerade und aufrecht. Es ist wichtig, dass du dabei nicht den Rumpf neigst oder mit der Hüfte ausweichst. Nimm wahr, wie sich dabei die Druckverhältnisse deiner Fuß-Auflagefläche ändern. • Versuch nun, diese vier Auslenkungspunkte miteinander zu verbinden: Du lehnst dich leicht nach vorne, von da aus nach rechts, von da aus nach hinten, von da aus nach links und wieder nach vorne. Du bist wie ein aufrechtstehendes Pendel, das um die eigene Mittelachse herum pendelt. • Wenn das Pendel oben eine Bleistiftmine hätte, würde es einen Kreis an die Decke zeichnen. Zeichne mehrere Kreise, indem du locker um deine eigene Mittelachse herum pendelst. • Nun soll aus den Kreisen eine Spirale werden, die nach innen führt. Also wird die Auslenkung des Pendels bei jeder Runde etwas geringer. Du pendelst weiterhin um deine eigene Achse, aber mit jeder Runde wird die Auslenkung etwas geringer. Dabei achtest du nach wie vor die ganze Zeit auf die Auflagefläche deiner Füße. • Irgendwann ist die Auslenkung deiner Pendelachse fast nicht mehr wahrnehmbar und irgendwann bist du genau in deiner eigenen Mittel‐ achse angekommen. Spür noch einmal in die Auflageflächen deiner ➲ Übung 7 | 🎧 Stehendes Pendel mit Verwurzelung 63 <?page no="64"?> Füße hinein. Wie fühlen sich Zehen, Ballen, Außen- und Innenkanten, Quer- und Längsgewölbe bis hin zur Ferse nun an? Fokussiere die Stellen, an denen der Druck deines Körpergewichts an den Boden abgegeben wird. Abb. 15: Pendelbewegung zum Finden der eigenen Mittelachse Verwurzelung • Stell dir vor, dass genau an diesen Stellen, an denen dein Fuß auf dem Boden aufliegt, Wurzeln in den Boden sprießen. Stell dir vor, wie dieses Wurzelgeflecht immer weiterwächst und sich fest im Boden verankert. Stell dir vor, dass du ein großer, stabiler, fest im Boden verwurzelter Baum bist, den kein Sturm, nicht mal ein Tornado, aus dieser Verankerung reißen kann. • Du bist fest mit dem Boden verbunden, der Boden bietet dir Halt, über deine Wurzeln nimmst du Kraft, Nahrung, Energie aus dem Boden auf. Speichere dir dieses innere Kraftbild. Dann kannst du die Verwurzelung lösen und dich wieder ganz frei und locker bewegen. 64 2 Training <?page no="65"?> Abb. 16: Inneres Bild des Verwurzelns ➲ Übung 8 | Fuß-Dreipunkt-Stand Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Fußmuskulatur aktivieren, feste Verbindung zum Boden aufbauen • Auch bei dieser Übung geht es darum, das gedankliche Bild vom Verwurzeln aufzurufen. Aber anstelle der Pendelbewegung, die uns hilft, den Kontakt mit dem Boden zu intensivieren, versuchst du direkt von Beginn an, drei Punkte an deiner Fußfläche zu visualisieren, an denen die Verwurzelung gedanklich stattfinden soll. • Zieh wieder deine Schuhe aus und setz dich zunächst auf einen Stuhl oder Hocker. Überschlage ein Bein, sodass du mit deinen Fingern drei Punkte an der Fußfläche deines freien Fußes massieren kannst: Groß‐ ➲ Übung 8 | Fuß-Dreipunkt-Stand 65 <?page no="66"?> zehen-Grundgelenk, Kleinzehen-Grundgelenk und Ferse. Widme dich dann dem anderen Fuß. Abb. 17: Fuß-Dreipunkt-Stand • Nun suche dir einen guten Ort, an dem du mit etwas Platz um dich herum stehen kannst. Steh aufrecht. Wieder geht der Fokus in deine Fuß-Auflageflächen. • Aber diesmal versuchst du, eine Spannung im Fuß aufzubauen, indem du dein Körpergewicht genau gleichmäßig auf die drei Punkte pro Fuß, nämlich Großzehen-Grundgelenk, Kleinzehen-Grundgelenk und Ferse, verteilst. Jeder Fuß wird über diese drei Punkte fest im Boden verankert. Die Zehen bleiben dabei lang und entspannt liegen. Ausgehend von diesem Spannungsaufbau im Fuß kannst du dich gedanklich fest mit dem Boden verbinden und gleichzeitig deinen Körper in die Länge wachsend denken. So erreichst du optimale Aufrichtung und dadurch die Möglichkeit, deine Präsenz voll zu entfalten. • Achte dabei darauf, dass es wichtig ist, dennoch in den Knie- und Schultergelenken durchlässig und flexibel zu bleiben. Das Ziel der Verwurzelungs-Übungen ist nicht, im wahrsten Sinne des Wortes wie angewurzelt zu stehen, sondern einzelne Momente besonderer Ruhe und Präsenz zu entwickeln, die immer wieder von Phasen der Bewegung abgelöst werden. 66 2 Training <?page no="67"?> Beobachtungsauftrag | Bewusste Momente des Verwurzelns Nimm dir für deine nächste Vortragssituation oder deinen nächsten Auftritt vor, den Verwurzelungsgedanken an drei Stellen einzubauen: 1. Während deiner Begrüßung, 2. während du eine deiner zentralen Thesen nennst, 3. während deines Schluss-Satzes. Mach dir eine Notiz oder zeichne ein Symbol in dein Stichwortkon‐ zept, das dich an diesen kurzen Kraftmoment erinnern soll. Sei mutig, die kurze Pause, die dadurch in deiner Rede entsteht, auszuhalten! Reflektiere danach, wie du dich in diesen drei Momenten gefühlt hast. Möglicherweise hat es dir ganz gutgetan, kurz den Fokus auf dich selbst zu richten - und auch deinem Publikum kommen solche kleinen Verschnaufpausen zugute! Was hat das kurze Innehalten und Verwurzeln in Bezug auf deinen Denk-Sprech-Vorgang bewirkt? Hier ist Platz für deine Erkenntnisse und Ideen: ➲ Übung 8 | Fuß-Dreipunkt-Stand 67 <?page no="68"?> Tipp für den Alltag | Achtsamkeitsmoment Verwurzeln geht überall. Straßenbahnhaltestelle, Warteschlange, Pau‐ senhof - überall da, wo du für einen Moment lang stehst, kannst du dir das Bild von der festen Verankerung und der Kraft, die vom Boden über deine Wurzeln in deinen Körper fließt, aufrufen. Entdecke und genieße diesen kleinen Achtsamkeitsmoment der Verbundenheit mit dir selbst und deiner Umgebung. Du wirst feststellen, dass du dich danach zentrierter und fokussierter fühlst. Hier ist Platz für deine Ideen, in welchen Situationen du das nächste Mal bewusst einen Moment der Verwurzelung haben möchtest: 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit: Bleib geschmeidig! In diesem Kapitel erfährst du, wie du deinen Körper lockern kannst, um über den festen Stand und die Aufrichtung hinaus auch flexibel und beweglich zu sein. Du kannst dich in eine Flatterfigur oder auch in eine Marionette verwandeln. 68 2 Training <?page no="69"?> Einführung Du hast nun bereits an deiner (inneren) Haltung gearbeitet, deinen Stand und deine Aufrichtung in den Fokus genommen. Nun stell dir einmal vor, du hältst eine Präsentation und stehst vor einer Gruppe, hast eine wunderbare Aufrichtung und damit vermeintlich auch eine hohe Präsenz, jedoch keine Flexibilität und Beweglichkeit? Vermutlich würdest du dich starr und steif fühlen und die Wirkung wäre unter Umständen auch recht hölzern. Dieses kleine Gedankenexperiment verdeutlicht es ganz klar: Eine gute Körperhaltung muss mit Flexibilität und Beweglichkeit Hand in Hand gehen, sodass es für dich, aber auch für deine Zuhörenden entspannt wirkt. Menschen, die sich in ihrem Körper wohlfühlen und über eine gute Beweglichkeit verfügen, strahlen oft Selbstbewusstsein aus. Dies kann sich positiv auf die Wahrnehmung durch andere auswirken und das eigene mentale Wohlbefinden stärken. Eine gute Beweglichkeit steigert auch das mentale Wohlbefinden. Im Folgenden findest du Übungen, die deine körperliche Flexibilität erhöhen, damit du im wahrsten Sinne des Wortes geschmeidig bleibst. Du kannst die Übungen auch als körperliche Vorbereitung direkt vor Präsentationssitua‐ tionen nutzen. Beobachtungsauftrag | Eisskulptur im Sonnenschein Stell dich in eine gelöste Grundposition hin und stell dir vor, du erstarrst durch Eiseskälte zu einer Eisskulptur. Was genau geschieht, wenn du deinen Körper einfrieren lässt? Die Muskeln in Füßen, Beinen, Becken, Rücken, Bauch, Schultern, Armen, Nacken und Kopf werden immer fester und jede kleine Bewegung in den Gelenken wird gestoppt. Dein Atem flacht ab und sicher merkst du, dass es mit der Zeit immer anstrengender wird, so zu stehen. Wie kannst du deine Umgebung wahrnehmen? Wie geht es dir, wenn du dir vorstellst, andere Menschen würden zu dir in den Raum kommen? Sobald es sich unangenehm anfühlt und du deutlich das Bedürfnis nach Bewegung und Balance spürst, lass in deiner Fantasie die Sonne aufgehen, die warm auf deine Haut scheint. Sie beginnt langsam das Eis um dich zu schmelzen, sodass deine Muskeln allmählich 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit: Bleib geschmeidig! 69 <?page no="70"?> wieder weich und geschmeidig werden. Die Gelenke werden wieder beweglich und weich, dein Körper kann sich wieder sanft im Stehen bewegen und du kannst wieder mühelos ein- und ausatmen. Schärfe deine Wahrnehmung für den langsamen Veränderungsprozess von Starre hin zu Gelöstheit und Geschmeidigkeit. Wie kannst du jetzt deine Umgebung wahrnehmen und wie geht es dir, wenn du dir jetzt vorstellst, andere Menschen würden in den Raum kommen? Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: ➲ Übung 9 | Shake yourself loose Dauer: max. 3 Minuten, kein Material Ziel der Übung: den ganzen Körper lockern durch gezieltes Schütteln einzelner Körperbereiche In der Einführung zur Körperhaltung haben wir es schon angesprochen und vielleicht hast du es auch schon an dir selbst bemerkt: Deine Körperhaltung und muskuläre An- oder sogar Verspannungen hängen eng miteinander zusammen. Daher ist es sehr hilfreich, die Muskeln in den Blick zu nehmen und immer wieder zu lockern. Abgesehen von dem positiven Effekt auf deine Körperhaltung ist die folgende Übung auch ein absolut etablierter Ga‐ 70 2 Training <?page no="71"?> mechanger in Stress- oder Überforderungssituationen. Es geht darum, deinen Körper im Stehen einmal ganz gezielt durch Schütteln von den Füßen bis zum Kopf zu lockern. • Schüttle deinen Fuß aus. • Lass das Schütteln sich ausweiten vom Kniegelenk hinab, sodass du das untere Bein ausschüttelst. • Beginne das ganze Bein aus dem Bereich des Beckens zu schütteln. Bevor du die Seite wechselst, vergleiche beide Beine im Stehen. Wiederhole das Schütteln nun mit dem anderen Bein. • Schüttle jetzt dein Becken aus und lass das Schütteln sich ausweiten von unten über den mittleren und oberen Rücken, als würdest du Was‐ sertropfen von deinem Rücken schütteln, bis du wieder ganz trocken bist. • Schüttle deine Hand mit lockerem Handgelenk. • Lass das Schütteln sich ausweiten, sodass du den gesamten unteren Arm aus dem Ellenbogengelenk lockerst. • Schüttle nun den gesamten Arm vom Schultergelenk aus. Bevor du die Seite wechselst, vergleiche beide hängenden Arme. Wiederhole das Schütteln nun mit dem anderen Arm. • Beuge dich leicht nach vorn, lass die Knie sanft gebeugt und schüttele sanft deinen Kopf aus. Stell dich wieder aufrecht hin und nimm wahr, wie du dich gerade fühlst. Schau, an welchen Stellen deines Körpers du die Aktivierung und Entspan‐ nung besonders deutlich spürst. ➲ Übung 10 | Marionette Dauer: max. 3 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Durchlässigkeit und Beweglichkeit herstellen • Finde im Stehen deine gelöste, aufrechte Grundhaltung. • Stell dir vor, an dem höchsten Punkt deines Kopfes ist ein goldener Faden angebracht, an dem du nach oben gezogen wirst. Unterstütze den Zug nach oben mit deinen Fingern, indem du tatsächlich ein wenig an deinem Haaransatz ziehst. ➲ Übung 10 | Marionette 71 <?page no="72"?> • Wenn du das Gefühl hast, komplett in die Länge gezogen zu sein und fast vom Boden abzuheben, lass ganz bewusst mit der Hand den Kopf los und du kannst dich locker in die Knie fallen lassen. • Der goldene Faden ist immer noch da - du bleibst in der Aufrichtung, kannst aber locker in den Gelenken sein und dich im Stehen gelöst bewegen. Stell dir vor, du wirst durch den goldenen Faden am Kopf sanft bewegt, gib den Impulsen nach und lass die Bewegungen mithilfe deiner Gelenke nachfedern. Abb. 18: Inneres Bild der Marionette ➲ Übung 11 | Flatterfigur Dauer: max. 3 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Durchlässigkeit und Beweglichkeit herstellen Kennst du Flatterfiguren? Sie werden zum Beispiel bei großen Events als Eyecatcher aufgestellt, mit Windmaschinen zum Tanzen gebracht und 72 2 Training <?page no="73"?> bewegen sich ganz weich und leicht auf und ab und hin und her. In dieser Übung wirst du selbst zur Flatterfigur. • Nimm eine gelöste Grundhaltung ein und stell dir vor, du stehst auf einer Windmaschine. Durch deine Füße wird Luft in deinen gesamten Körper gepustet. • Lass deine Gelenke ganz weich und luftig werden und gib dich den Windstößen von unten hin. Deine Fußgelenke werden durchgepustet, deine Knie, dein Becken wiegt hin und her, dein Oberkörper schwingt mit Leichtigkeit im Luftzug, deine Arme heben ab und flattern mit weichen Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken durch die Luft. • Dein Kopf folgt den Luftstößen sanft, sodass du leicht und locker auf und ab und hin und her gepustet wirst. Bleib für 1-2 Minuten richtig in Bewegung. Lass dich auch von deinem Atem, der sicher schneller wird, richtig durchpusten - genieße die Aktivierung! • Lass jetzt das Bild der Windmaschine unter dir wieder gehen - lass aber deinen Körper in der Beweglichkeit, Lebendigkeit und Leichtigkeit und nimm diese mit, wenn du jetzt die Übung beendest. ➲ Übung 12 | Kleine Kreise - große Wirkung Dauer: max. 7 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Gelenke mobilisieren Du wirst jetzt deinen Fokus auf deine Gelenke legen. In deiner Vorstellung kannst du sie dir als Scharniere in deinem Körper verbildlichen, die nur dann geschmeidig sind, wenn du sie immer wieder einmal durchbewegst, vielleicht sogar mit der Vorstellung, sie zu ölen. Dafür ist das Kreisen der Gelenke im Stehen super geeignet. Für jedes Gelenk kannst du dir etwa eine Minute Zeit nehmen. Du wirst bemerken, dass dein Atem sich je nach Bereich, Bewegungsintensität und -tempo verändert, mal schneller wird und sich wieder beruhigt. Lass den Atem auf deine Bewegungsimpulse frei reagieren. Halte ihn zu keiner Zeit an, lass ihn fließen. • Verlagere das Gewicht auf ein Bein. Das andere Bein hebt locker vom Boden ab. Beginne das Fußgelenk zu kreisen. Lass die Bewegung erst langsam beginnen, je lockerer das Gelenk wird, desto flüssiger wird das Kreisen, vielleicht wird es auch ein wenig schneller. Ändere die Richtung. Stell dein Bein wieder auf und wechsele die Seite. Du ➲ Übung 12 | Kleine Kreise - große Wirkung 73 <?page no="74"?> verlagerst das Gewicht auf das andere Bein und wiederholst das Kreisen auf der anderen Seite. • Stell die Beine wieder hüftgelenksbreit nebeneinander und schau, wie die Flexibilität in den Fußgelenken erhalten bleiben darf. • Geh jetzt mit deiner Aufmerksamkeit zu deinen Kniegelenken. Wenn du magst, kannst du die Hände auf die Knie legen. Beginne jetzt die Kniegelenke beide in die gleiche Richtung zu kreisen. Auch hier darf die Bewegungsgröße und -schnelligkeit sich langsam steigern, je lockerer die Gelenke werden. Ändere die Richtung. Lass die Bewegung wieder kleiner werden, bis sie endet und spüre nach, wie die Geschmeidigkeit in den Knien bleiben darf. • Wenn es dir guttut, verbreitere ein wenig deinen Stand für das Becken‐ kreisen. Flexible Fußgelenke und Kniegelenke sind für das geschmeidige Beckenkreisen die Voraussetzung. Spiele mit Bewegungsintensität und -tempo. Ändere die Richtung. Wenn dein Becken wieder zur Ruhe gekommen ist, kehre in den hüftgelenksbreiten Stand zurück. Spüre nach, wie dieser Bereich sich anfühlt und behalte die Lockerheit im Becken bei. • Beginne jetzt deine beiden Schultern gleichzeitig zu kreisen. Stell sicher, dass keins der bereits durchbewegten Gelenke wieder fest wird. Lass deine Schultern sowohl nach vorn als auch nach hinten kreisen. Variiere Bewegungsgröße und -tempo. Lass abschließend die Schultern wieder an ihren Platz gleiten und bemerke, wie die Beweglichkeit erhalten bleiben darf. • Lass jetzt deine Ellenbogengelenke kreisen, sodass deine Unterarme in Bewegung kommen. Steigere nach und nach Bewegungsgröße und -tempo und ändere die Richtung. Geh direkt weiter zu deinen Handge‐ lenken und lass diese kreisen. Denke an Bewegungssteigerung sowie Richtungswechsel. Lass deine Arme wieder an den Seiten deines Körpers herabhängen und spüre nach, wie sich die Gelenke jetzt anfühlen. • Zuletzt geht es in den obersten Bereich zum Kopfgelenk. Dieses besteht aus der Verbindung deines Kopfs zu den obersten Halswirbeln Atlas und Axis (Atlanto-okzipital-Gelenk und Atlanto-axial-Gelenke). Diese Gelenke ermöglichen die Dreh- und Nick-Bewegung deines Kopfes. Hier ändern wir ein wenig den Zugang zum Gelenkkreisen. Stell dir vor, du stündest vor einer Leinwand. Mit deiner Nasenspitze zeichnest du langsam kleine Kreise auf die Leinwand. Lass die Kreise sanft größer werden, sodass dein Kopf sich entspannt in größere Kreisbewegungen begibt. Spüre genau nach, welche 74 2 Training <?page no="75"?> Bewegungsgröße sich für dich an dieser Stelle (noch) angenehm anfühlt. Bleib eher in einem gemäßigten Tempo. Ändere die Richtung und wiederhole den Ablauf. Lass zuletzt die Kreise immer kleiner werden, bis der Kopf wieder ruhig auf der Wirbelsäule schwebt. Spüre nach, ob du die Leichtigkeit in diesem Bereich beibehalten kannst. Abb. 19: Die Nasenspitze zeichnet Kreise, dabei wird das Kopfgelenk mobilisiert Nachdem alle Gelenke in deinem Körper bewegt wurden, nimm dir eine Minute im Stehen Zeit, um wahrzunehmen, was sich in deinem Körper gerade besonders belebt, flexibel und geschmeidig anfühlt. Tipp für den Alltag | Sitzen mit flexiblem Untergrund Wenn du am Computer sitzt und arbeitest, ist es für die Unterstützung deiner Beweglichkeit hilfreich, auf einem flexiblen Untergrund zu sit‐ zen. Dafür bietet sich ein Gymnastikball oder ein luftgefülltes Kissen auf der Sitzfläche an. Durch die kleinen Ausgleichsbewegungen im Becken ist auch die Flexibilität deiner Wirbelsäule immer wieder angeregt. Grandioser Nebeneffekt: Dieses bewegte Sitzen ist auch gut für die Ak‐ tivierung deiner inneren Muskulatur und beugt damit Verspannungen in der großen äußeren Muskulatur vor. 2.6 Gestik: Was machen meine Arme? In diesem Kapitel erfährst du, was man unter einem Kommunikationsraum versteht und warum man Gestik nicht machen kann. Du bekommst Tipps, 2.6 Gestik: Was machen meine Arme? 75 <?page no="76"?> mit welchen zentrierenden Handpositionen du deine Nervosität regulieren kannst. Einführung Bestimmt hast du das schon mal erlebt: Du siehst ein Video von dir beim Sprechen und erschrickst. Nicht nur über deinen Stimmklang (wir hören unsere eigene Stimme beim Sprechen zusätzlich durch die Resonanz des Schädelknochens, daher kommt sie uns auf Aufnahmen immer etwas fremd vor), sondern auch über dein vermeintlich wildes Herumgefuchtel. Fragst du aber Andere, bekommst du zurückgemeldet: Nö, ist mir gar nicht aufgefal‐ len. Meist ist uns im Moment des Sprechens gar nicht bewusst, was wir dazu begleitend mit dem Körper machen. Es passiert einfach automatisch. Und das ist meistens genau richtig so! Was wir an dem Video erschreckend finden, ist oftmals einfach der Fakt, dass da etwas mit den Armen und Händen passiert, das wir selbst gar nicht bemerkt, geschweige denn geplant haben. Denn Gestik macht man nicht, man hat sie einfach. Gestik macht man nicht, man hat sie. Diese sprechbegleitende Gestik (vgl. Heilmann 2011, 57) ist sowohl kulturell geprägt, aber auch stark abhängig von Situations- und Persönlichkeitseigen‐ schaften der sprechenden Person. Gestenreichtum und die damit einhergehende Größe des Kommunikationsraums kann von Person zu Person verschieden ausgeprägt sein und variiert zusätzlich von Situation zu Situation. 76 2 Training <?page no="77"?> Abb. 20: Kleiner und großer Kommunikationsraum D. h., ein und dieselbe Person spricht je nach Kontext entweder gesten‐ reicher oder -ärmer. Unsere Hände sind dabei Kommunikationswerkzeug Nummer eins. Mit ihnen akzentuieren wir die Bedeutung in unserer Sprache oder machen auf Dinge aufmerksam. Heilmann (vgl. ebd.) spricht von der „Hebammenfunktion“ der sprechbegleitenden Gestik, d. h. die Gestik dient der Hervorbringung und Vervollkommnung der Gedanken. Es ist daher wichtig, den natürlichen Bewegungsimpuls nicht zu unterdrücken. Wissen | Sprechbegleitende Gestik Die sprechbegleitende Gestik • unterstützt und strukturiert den Inhalt, • hilft bei der Selbstregulation und • erleichtert den Sprechfluss. Den natürlichen Bewegungsimpuls von Händen und Armen zu unter‐ drücken, kann dazu führen, dass der Gedankengang stockt und der 2.6 Gestik: Was machen meine Arme? 77 <?page no="78"?> Körperausdruck unnatürlich wirkt. Oft passiert es auch, dass sich ein unterdrückter Bewegungsimpuls der Hände und Arme einen anderen Weg bahnt und beispielsweise zu einem unkontrolliert wippenden Fuß oder zu Hin- und Herschwanken führt. Genauso wichtig ist es auch, keine vermeintlich günstigen oder überzeugen‐ den Bewegungsmuster einzustudieren und mechanisch zu reproduzieren. Manche Ratgeber suggerieren, es gäbe ein Set bestimmter Hand- und Armbewegungen, mit denen immer eine positive Wirkung erzielt werden könne. Zuhörende merken aber schnell, ob das, was sie sehen, authentisch ist oder nicht. „Gemachte“ Gestik ist oft nicht passend zum Inhalt, oder kann sogar vom Inhalt ablenken. Manchmal, besonders in emotional belastenden Situationen, wird auch ein manifestiertes Haltungsmuster aktiviert, z. B. das Hochziehen der Schultern oder Verschränken der Arme. Das hast du vielleicht schon mal erlebt: In einer Situation, in der du dich unwohl oder unsicher gefühlt hast, hast du die Oberarme und Ellbogen fest an den Oberkörper gepresst und vielleicht auch die Arme verschränkt - fast wie eine Art Selbstumklammerung. Unser Körper macht das intuitiv, als eine Art Schutzfunktion. Aus einer solchen Haltung heraus ist wahrscheinlich keine entspannte Gestik möglich: Mit angeklammerten Oberarmen reduziert sich der Bewegungsradius der Hände und Unterarme. Dieser Zusammenhang zwischen Emotionen und Körperausdruck wirkt sich sowohl in die eine als auch in die andere Richtung aus: So wie du dich fühlst, verhält sich dein Körper. Aber eben auch: So wie sich dein Körper verhält, so fühlst du dich. Das kannst du dir in so einer belastenden Situation auch zunutze machen, indem du beispielsweise deine Hände benutzt, um dem Körper ein Beruhigungssignal zu senden. Ein solches Signal kann zum Beispiel das Aneinanderlegen der Fingerspitzen sein - so ähnlich, wie die Merkel-Raute. Eine solche Beruhigungsgeste kann helfen, sich zu zentrieren und zu konzentrieren. Bleibt eine Person jedoch die ganze Zeit über in dieser Geste verharren, kann es für Zuhörende auch wieder ablenkend wirken, weil es zu statisch ist. Beispiele für mögliche beruhigende, zentrierende Startpositionen findest du weiter unten bei Tipps für den Alltag. So wie du dich fühlst, verhält sich dein Körper. So wie sich dein Körper verhält, so fühlst du dich. 78 2 Training <?page no="79"?> Wie also können wir unsere Hände und Arme beim Sprechen so benutzen, dass es weder übertrieben noch verkrampft, sondern ganz natürlich wirkt? Die folgenden Impulse helfen dir dabei, im ersten Schritt deine Selbst‐ wahrnehmung hinsichtlich deiner Gestik zu schulen, in einem zweiten Schritt durch mehrere Übungsangebote neue Bewegungsmuster auszupro‐ bieren, damit du dein eigenes, natürliches Repertoire erweitern kannst. Abschließend gibt es noch ein paar Tipps und Inspirationen für den Alltag. Beobachtungsauftrag | Gestik und Kontakt Es gibt keine Formel: Gestik X = Wirkung Y. Denn die Wirkung geht nie von nur einer isolierten Bewegung aus. Es ist wichtig, immer alle Bewegungen wahrzunehmen und in den Kontext zu setzen. Die folgende Tabelle kennst du schon aus Abschnitt 1.5: Abb. 21: Bewegungsparameter Du brauchst sie jetzt für diesen Beobachtungsauftrag: Beobachte die Menschen in deinem Umfeld. Wie würdest du ihre Gestik mithilfe der Bewegungsparameter beschreiben? Welche Wirkung entsteht bei der Kombination verschiedener Einstellungen? Wovon fühlst du dich angesprochen? Wovon nicht? Ab wann ist es zu viel des Guten? Alternativ kannst du auch mit den TED-Talk Videos arbeiten, die wir weiter unten für dich verlinkt haben (siehe Übung 14). 2.6 Gestik: Was machen meine Arme? 79 <?page no="80"?> Beobachtungsauftrag | Videoanalyse Die eigene Selbstwahrnehmung kann in einer Situation sehr stark davon abweichen, was tatsächlich nach außen hin passiert. Das Ziel dieser Einheit ist es daher, dich für eine differenzierte Selbstwahrneh‐ mung zu sensibilisieren. Zeit für eine kleine Selbsteinschätzung! Los geht’s. Überlege dir eine Situation, in der du zu anderen Personen sprichst. Das kann eine reale, bevorstehende Situation im beruflichen oder privaten Kontext sein, oder auch ein fiktives Ereignis (z. B. Begrüßung der Gäste einer Jubiläumsfeier, Anlassrede). Anhand dieser speziellen Situation: Wie würdest du deine Gestik einschätzen? Abb. 22: Selbsteinschätzung Jetzt lass uns diese Situation ausagieren. Bereite dich inhaltlich vor, gern mit einem kleinen Stichwortkonzept. Nimm dich mit deinem Smartphone (am besten ein paar Meter entfernt in einem Bücherregal, auf einem Fensterbrett o. ä. aufstellen) auf Video auf, während du deinen Vortrag hältst. Schau dir die Aufnahme im Anschluss an. Füll die Selbsteinschätzung ein zweites Mal aus und vergleiche. 80 2 Training <?page no="81"?> Abb. 23: Analyse anhand des Videos Was fällt dir beim Abgleich zwischen Selbstbild (Selbsteinschätzung vorab) und Fremdbild (Analyse anhand der Videoaufnahme) auf ? Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: 2.6 Gestik: Was machen meine Arme? 81 <?page no="82"?> ➲ Übung 13 | 🎧 Krakenarme Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ 3zmiy Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Hand- und Armmuskulatur aktivieren Stell dich gerade hin, denk an deine Aufrichtung (siehe Kapitel 2.3) und Verwurzelung (siehe Kapitel 2.4). Beide Arme hängen an der Seite deines Körpers locker herunter. Wir werden nun, Schritt für Schritt, Gelenk für Gelenk, von klein nach groß, alle an der Gestik beteiligten Körperteile mobilisieren, damit du zunächst ein Bewusstsein dafür bekommst, welche Bewegungsdimensionen theoretisch möglich sind. • Fang an, die Finger zu bewegen, Arme und Handgelenke bleiben vorerst unbewegt, Bewegung findet nur mit den Fingern statt. Halte es 30 Sekunden lang aus, nur die Finger zu bewegen, nimm wahr, wie das Zusammenspiel zwischen linker und rechter Hand funktioniert, pro‐ biere vielleicht aus, Finger einzeln anzusteuern, geh in den maximalen Bewegungsradius. Deine Schultern bleiben die ganze Zeit über gesenkt, die Arme hängen locker nach unten, die Handgelenke sind unbewegt. • Nun kommt zur Bewegung der Finger die Bewegung des Handgelenks hinzu. Weiterhin mit nach unten hängenden Armen probierst du aus, welch maximaler Bewegungsradius möglich ist, wenn du nur Finger und Handgelenke bewegst. • Nach 30 Sekunden nimmst du das Ellbogengelenk hinzu. Welcher Bewegungsradius kommt nun zustande? Welche Kombinationen sind möglich, wenn du Finger, Handgelenke und Ellbogengelenk in alle Richtungen maximal bewegst? • Nach weiteren 30 Sekunden kommt jetzt das Schultergelenk hinzu. Teste die maximale Bewegung unter Mobilisation aller an der Gestik beteilig‐ ten Gelenke, indem du Finger-, Hand-, Ellbogen- und Schultergelenke gleichzeitig und in alle nur denkbaren Richtungen bewegst. Ganz schön anstrengend, oder? Schaffst du es, das für 30 Sekunden lang auszuhalten und alle Richtungen auszutesten? Variation: Wenn du die Muskulatur deiner oberen Extremitäten noch ein bisschen mehr herausfordern willst, probiere das Ganze noch einmal, aber aus einer anderen Startposition heraus: Die Arme werden senkrecht nach oben gestreckt, der Körper ist aufrecht, die Schultern tief. Jeder einzelne Mobilisationsschritt erfolgt wieder für die Dauer von ca. 30 Sekunden, 82 2 Training <?page no="83"?> die Arme bzw. Oberarme bleiben bis zum Schluss senkrecht nach oben gerichtet. Erst wenn zum Schluss die Schultergelenke mobilisiert werden, darf sich der gesamte Arm auch wieder nach unten bewegen. Das ist ziemlich anstrengend, aber auch mobilisierend und kräftigend für deine Armmuskulatur. Vielleicht hilft es dir, dabei im Raum herumzugehen, und/ oder eine motivierende Musik im Hintergrund zu haben. Also: • Körper aufrecht, Arme senkrecht nach oben gestreckt, Schultern tief, Spannung bis in die Fingerspitzen. • Nun 30 Sekunden lang nur die Fingergelenke mobilisieren - ganzer Arm bleibt nach oben gestreckt. • Dann 30 Sekunden die Handgelenke hinzunehmen - ganzer Arm bleibt weiterhin nach oben gestreckt. • Dann darf sich für weitere 30 Sekunden auch der Unterarm mitbewegen - Oberarme bleiben weiterhin nach oben gestreckt. • Erst jetzt können auch die Schultergelenke mitbewegt werden und du kannst komplett für abschließende 30 Sekunden alle Gelenke in alle nur denkbaren Richtungen bewegen. Abschließend schüttelst du deine Arme, Hände und Finger gründlich aus. Spür nach und genieße die Aktivierung. ➲ Übung 14 | Mein Kommunikationsraum Dauer: max. 15 Minuten, Material: ggf. Tablet, Smartphone oder Laptop Ziel der Übung: neue Bewegungsqualitäten erfahren Überleg dir ein Thema, über das du frei und ohne Vorbereitung lange sprechen kannst. Das kann das Rezept für ein bestimmtes Gericht sein, das du gerne kochst, eine Wegbeschreibung, wie du von deinem Zuhause zum Arbeitsplatz oder zum Supermarkt kommst oder auch ein bestimmter Vorgang wie die Reparatur eines Fahrradplattens. • Such dir ein Gegenüber, vielleicht deine Zimmerpflanzen oder auch dein eigenes Spiegelbild. • Fang nun mit der Beschreibung an und verwende für deine sprechbeglei‐ tende Gestik zunächst nur einen ganz kleinen Kommunikationsraum, indem du nur deine Hände bewegst. ➲ Übung 14 | Mein Kommunikationsraum 83 <?page no="84"?> • Vergrößere den Kommunikationsraum nach und nach, indem du zuneh‐ mend auch Bewegungen aus dem Ellbogengelenk und auch aus dem Schultergelenk heraus zulässt und dabei auch bewusst übertreibst. Bis zu welchem Punkt fühlt sich eine solche vergrößerte Bewegung für dich noch komfortabel an? Was fordert dich besonders heraus? Gelingt es dir, deinen Kommunikationsraum auch nach oben und nach hinten zu erweitern? • Nimm dich dann beim Gestikulieren wieder zurück, indem du deinen Kommunikationsraum beim Sprechen schrittweise verkleinerst. Reflek‐ tiere dabei, was sich für dich stimmig anfühlt. Wenn du magst, nimm dich dabei auf Video auf und schau dir die Aufnahme im Anschluss an. Manchmal hilft die bewusste Übertreibung, gewohnte Bewegungsmuster umzuprogrammieren und das eigene Repertoire zu er‐ weitern. Wenn du dich selber während des Sprechens beobachtest, wirst du feststellen, dass sich manche Bewegungen vielleicht sehr groß und übertrieben anfühlen - aber eigentlich ganz OK aussehen. Trau dich, deinen Kommunikationsraum zu erweitern und teste vielleicht beim nächsten Mal in einer sicheren Umgebung aus, welche Wirkung dein neuer, erweiterter Kommunikationsraum auf dein Gegenüber hat. So wird dein Gestenreper‐ toire nach und nach immer differenzierter und reichhaltiger. Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: 84 2 Training <?page no="85"?> Variation: Eine andere Inspiration für dein Bewegungsrepertoire kann das bewusste Spiegeln sein. Hinter den unten aufgeführten QR-Codes haben wir vier kurze Videos von verschiedenen TED-Talk Rednerinnen und Rednern verlinkt. Schau sie dir an (gern mehrmals) und versuche, die sprechbegleitende Gestik der Personen exakt und simultan zu kopieren. Wichtig ist, dass du dich traust, es auszuprobieren, damit dein Bewegungs‐ speicher mit neuem Input gefüttert wird. Manches davon wirst du für dich verwerfen, anderes kann dein Repertoire vielleicht bereichern! Abb. 24: TEDx-Rednerinnen und Redner auf YouTube Tipp für den Alltag | Startposition Wie oben bereits erwähnt, gibt es bestimmte Gesten, die eine zentrierende, beruhigende Wirkung auf den Körper haben. Bei Lampenfieber und Aufre‐ gung vor einem Vortrag kann es helfen, sich bewusst eine Startposition für die Hände vorzunehmen. Zu dieser Startposition kannst du auch während des Vortrags immer wieder zurückkehren, um deinem Körper dieses Signal der Verbundenheit mit dir selber zu senden. Das beruhigt. Wichtig ist dabei, die Finger locker zu lassen und nicht zu verkrampfen, damit es dir leicht fällt diese Startposition auch immer wieder für die natürlich entstehende sprechbegleitende Gestik zu verlassen. Abb. 25: Vier mögliche zentrierte Startpositionen ➲ Übung 14 | Mein Kommunikationsraum 85 <?page no="86"?> Hilfsmittel: Manchmal kann es für die Entwicklung einer natürlichen, ausdrucksstarken Gestik auch helfen, beim Sprechen einen Gegenstand in der Hand zu halten. Hierfür bieten sich beispielsweise Dinge wie ein Presenter, ein Stift oder Karteikarten an. Wichtig ist dabei, dass der Gegenstand gut in der Hand liegt und nicht dazu verleitet, daran herumzunesteln. Bei Verwendung eines Stichwortkonzepts sind klein‐ formatige Karteikarten (max. A5-Format) aus etwas dickerem Papier günstig, da sie gut in der Hand liegen und die natürliche sprechbegleitende Gestik nicht einschränken. Stichwortkonzepte auf A4-Papier verleiten dazu, sich mit beiden Händen daran festzuhalten. Außerdem kann es ablenkend wirken, wenn das Papier bei kleineren oder größeren Bewegungen flattert oder raschelt. 2.7 Mimik: Ciao Pokerface! In diesem Kapitel erfährst du, warum Mimik für Zuhörende enorm wichtig ist. Wir unternehmen einen Abstecher in den Orchestergraben und du wirst eine intensive Gesichtsmassage haben - und zwar, ohne dabei die Hände zu benutzen! Einführung Wenn du anderen Menschen im Gespräch, aber auch in Vortragssituationen zuhörst, schaust du ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit häufig ins Gesicht. Anhand ihrer Mimik interpretierst du meist unbewusst, wie die sprechende Person gerade gestimmt ist, ob sie nervös, heiter oder gelangweilt ist, wie sie zu ihren Inhalten steht und ob sie ein konkretes Ziel mit ihrer Präsentation verfolgt. Mimik und Blickkontakt helfen uns, die Inhalte einzuordnen und vor allem zu verstehen, wie unser Gegenüber dazu steht. Sie sind in manchen Fällen im wahrsten Sinne des Wortes enthüllend, selbst dann, wenn wir ei‐ gentlich versuchen, unsere Gedanken und Gefühle zu verstecken. Vielleicht kennst du das auch, du bist vor einem Vortrag, einem Pitch oder einem wichtigen Gespräch richtig aufgeregt und du möchtest das mit deiner Mimik auf keinen Fall zeigen. Gar nicht so leicht! Das ist unter anderem der Grund, warum viele Menschen die unterschiedlichsten Mechanismen entwickelt haben, damit die eigene Mimik eben nicht sprichwörtlich gelesen werden 86 2 Training <?page no="87"?> kann wie ein offenes Buch. Beispielsweise in akademischen Vorträgen oder politischen Talkrunden, wo man einen hohen Grad an Seriosität erwartet, spiegelt bei den Präsentierenden häufig die Mimik wenig bis gar keine emotionalen Regungen wider. Der Ausdruck könnte vom Publikum als sachlich, konzentriert, neutral und kontrolliert interpretiert werden, unter Umständen aber auch gleichgültig, arrogant oder verkniffen wirken. Gleichzeitig gibt es das Phänomen, dass manche Menschen genau mit diesen Wirkungsbeschreibungen konfrontiert werden, obwohl sie selbst von sich sagen würden, ihr Gesicht sei einfach nur entspannt gewesen. Wieder andere Präsentierende lassen ihre Mimik in eine ganz andere Richtung als Maske erstarren. Wir beobachten als Zuhörende in Seminaren oder Talkrunden, dass Sprechende förmlich im Dauerlächeln verharren, auch wenn dies manchmal sogar gänzlich widersprüchlich zum Inhalt steht. Die Kiefermuskeln, Wangenmuskeln und Lippenmuskeln sind im Lächeln angespannt und fest. Auch hier könnte dieser Ausdruck von Zuschauenden als verbindend, fröhlich, beziehungsorientiert und freundlich interpretiert werden, unter Umständen aber auch genau gegenteilig als aufgesetztes Kampfgrinsen und damit als unangenehm empfunden werden. Nicht selten wird die eigene Gewohnheit den Sprechenden nach Ende der Präsentation oder am Ende des Gesprächs selbst sehr bewusst, weil die Gesichtszüge sich erst langsam aus der Verkrampfung lösen und die beanspruchte Muskulatur sogar schmerzt. Abb. 26: Kampfgrinsen und Pokerface Unternehmen wir an dieser Stelle noch einen kleinen Abstecher in den Orchestergraben. In einer Untersuchung zu den Ausdrucksmitteln des Dirigierens stellte sich heraus, dass Musizierende nicht etwa vorrangig auf 2.7 Mimik: Ciao Pokerface! 87 <?page no="88"?> Taktstock-, Hand- oder Armbewegungen achten, sondern hauptsächlich ins Gesicht ihres Dirigenten bzw. ihrer Dirigentin blicken (vgl. Wöllner, 2007). Dies ist verständlich, denn schließlich ist die expressive Gestaltung der Musik die Hauptaufgabe beim Dirigieren - und welcher Bereich des Körpers könnte sich dafür besser eignen als das Gesicht? Um das Gehörte besser einordnen zu können, ist das Lesen des Ge‐ sichtsausdrucks essenziell. Es steht also fest: Für Zuhörende ist es in den meisten Situationen ungemein wichtig, anhand des Gesichtsausdrucks Hinweise darüber zu bekommen, wie wir die besprochenen Inhalte einordnen können. Es lenkt uns ab, wenn wir im Gesicht der Präsentierenden überhaupt keine persönliche Stellung‐ nahme ausmachen können. Daher empfehlen wir dir, deine Mimik in all ihrer Variabilität zu nutzen, damit zumindest in Bezug auf diesen Aspekt keine Fragen offenbleiben. Es geht darum, dass dein Gesichtsausdruck situationsangemessen und verbindend sowohl zum Inhalt passt als auch kongruent zu deiner Gestimmtheit eingesetzt werden kann. Wissen | Mimik Als Mimik werden die Bewegungen der Gesichtsmuskulatur bezeichnet. Diese Bewegungen geschehen meistens unwillkürlich in der Kommu‐ nikation. Wenn wir uns darauf konzentrieren, können wir die Mimik auch ganz bewusst einsetzen und damit spielen. Für die Orientierung unterscheiden wir die Areale des Stirnbereichs, des Mittelgesichts (Au‐ gen und Augenbrauen, Nase und Wangen) sowie des unteren Gesichts (Mund und Kinn) (vgl. u. a. Birkenbihl 2015, 92 und Heilmann 2011, 54). Für den Ausdruck der Basisemotionen Trauer, Wut, Angst und Freude sind unterschiedliche Bereiche des Gesichts in verschiedener Intensität aktiv. Die Basisemotionen sind universell recht zuverlässig zu erkennen. Wie stark die Ausdrucksbewegungen ausgeprägt sind, hängt von kulturspezifischen und charakterlichen Aspekten ab (vgl. Ekman 1988). 88 2 Training <?page no="89"?> Beobachtungsauftrag | Reflektiere deine Mimik Finde heraus, welche mimischen Gewohnheiten du bei dir ausma‐ chen kannst. Dafür bietet es sich an, während Gesprächssituationen einmal ganz aktiv die Mimik zu reflektieren. Hierzu können folgende Fragen deine Aufmerksamkeit leiten: 1. Verändert sich deine Mimik beim Zuhören? 2. Hast du das Gefühl, dass du den mimischen Ausdruck deines Gegenübers in deinen Bewegungen nachempfindest? 3. Verändert sich deine Mimik, während du eine längere Zeit sprichst? In welchen Situationen hast du das Gefühl, dass beson‐ ders viel und intensive Gesichtsbewegung stattfindet? In welchen Situationen nimmst du deine Mimik als eher reduziert wahr? 4. Wenn du sprichst, hast du das Gefühl, dass deine Mimik zum Inhalt des Gesagten passt? Hier ist Platz für deine Gedanken: 2.7 Mimik: Ciao Pokerface! 89 <?page no="90"?> ➲ Übung 15 | Gesichtsmassage Dauer: max. 5 Minuten, Material: Spiegel Ziel der Übung: Gesicht aktivieren Auf dem Weg zu einem lebendigen Gesichtsausdruck, der sich entsprechend deiner Gestimmtheit und angepasst an deine Inhalte flexibel verändern kann, ist der erste Schritt die Förderung der Beweglichkeit deiner Gesichts‐ muskulatur. Durch deinen Selbstbeobachtungsauftrag hast du herausgefun‐ den, welche Gewohnheiten du in deiner Mimik über lange Zeit etabliert hast. Egal ob Kampfgrinsen oder Pokerface, vermutlich sind sowohl An‐ spannung als auch Inaktivität an bestimmten Stellen deines Gesichts für dich ganz normal. Diese habituellen Bewegungsmuster kannst du durch regelmäßige Gesichtsgymnastik verändern und damit zu mehr Freiheit in deinem mimischen Ausdruck gelangen. Lass uns dafür deine Muskeln aus ihrer gewohnten Position locken. Es ist wie eine Gesichtsmassage - aber ohne die Hände zu benutzen! Ausgangsposition ist dein entspanntes Gesicht mit entspanntem Kiefer, deine Lippen sind leicht geöffnet. Achte bei allen Isolationsbewegungen darauf, dass dein Unterkiefer der Gesichtsmuskulatur nicht hilft, er bleibt mittig entspannt geöffnet und weicht nicht nach links, rechts, oben oder unten aus. Hierfür kannst du gern einen Spiegel nutzen, um ganz sicherzu‐ gehen. Lippen und Mundwinkel • Zieh im Wechsel deine Unterlippe nach unten und deine Oberlippe nach oben. • Bewege deine Mundwinkel im Wechsel nach links und rechts. • Wechsle zwischen einem Kussmund und einem breiten Lächeln. Wangen und Nasenmuskulatur • Rümpfe deine Nase mehrmals hintereinander. • Bewege die Muskulatur neben deiner Nase so, als ob du deine Sonnen‐ brille hochschieben möchtest. • Heb deine Wangenmuskeln links und rechts im Wechsel hoch. 90 2 Training <?page no="91"?> Augen und Augenbrauen • Schließe im Wechsel dein rechtes und linkes Auge. • Heb deine Augenbrauen hoch. Erst gemeinsam, dann deine Brauen im Wechsel. Stirn • Zieh deine Stirn kraus. Entspanne sie wieder. Zieh deine Stirn nach oben. Entspanne sie wieder. • Kombiniere jetzt verschiedene Bewegungen miteinander: a. Kneif dein rechtes Auge zu und zieh deinen linken Mundwinkel gleichzeitig nach außen. b. Zieh eine Augenbraue hoch und gleichzeitig deine Unterlippe nach unten. Abschluss • Zum Abschluss: Knautsche dein gesamtes Gesicht stark zusammen und lass es dann ganz groß und weit werden. Wiederhole diese gegensätzli‐ chen Bewegungen im Wechsel. • Nun darfst du alle Bereiche deines Gesichts wieder entspannen. Spür nach, welche der vielen Muskeln du gerade durchbewegt hast. Nicht ohne Grund heißt diese Übung Gesichtsmassage. Du hast soeben eine intensive Massage deiner kompletten Gesichtsmuskulatur erhalten - und zwar ganz ohne die Hände dabei zu benutzen! ➲ Übung 16 | Verbissen war gestern Dauer: max. 3 Minuten, kein Material Ziel der Übung: die Kiefermuskulatur zur Entspannung einladen Wie du vermutlich schon einmal gehört hast, sind deine Kiefermuskeln die stärksten Muskeln in deinem Körper. Und nicht nur das: Sie sind auch Stressabsorber (wie übrigens auch z. B. deine Bauchmuskulatur sowie deine Schulter- und Nackenmuskulatur). Das bedeutet, dass sich diese ➲ Übung 16 | Verbissen war gestern 91 <?page no="92"?> Muskeln bei psycho-emotionaler Anspannung ebenso anspannen oder sogar verkrampfen. Vielleicht hast du dich schon öfter dabei ertappt, wie du die Zähne fest aufeinanderbeißt. Vielleicht weißt du auch von dir selbst, dass du nachts mit den Zähnen knirschst oder dein Kiefergelenk beim Öffnen knackt. Insgesamt ist es für eine gelöste Mimik wichtig, dass die Kiefermuskulatur nicht verspannt ist. Daher möchten wir dir eine einfache Möglichkeit an die Hand geben, die Muskulatur zu entspannen. Wenn du deiner Kiefermuskulatur diese freundlichen Entspannungseinladungen häufig mit deinen Händen aussprichst, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich deine Muskeln davon überzeugen lassen. Sie lernen dann entspannt zu bleiben oder immer wieder zur Entspannung zurückzukehren, selbst wenn du gerade eine stressige Phase erlebst. • Leg deine Hände so auf deine Wangen, dass deine Daumen an deinen Ohren sind. • Streiche nun vom Kiefergelenk mit den Muskelkissen unterhalb deiner Daumen der natürlichen Öffnung zwischen Ober- und Unterkiefer entlang nach unten deinen Kiefer aus. Dabei öffnet sich dein Unterkiefer sanft nach unten hinten in die natürliche Öffnung. • Du kannst dieses Ausstreichen in mehreren kreisenden oder in einer großen, fließenden Bewegung vom Kiefergelenk bis zum Kinn ausfüh‐ ren. Bemerke, wie dein Unterkiefer sich mehr und mehr der Entspan‐ nung hingibt, ohne ihn dabei unnatürlich aufzusperren. • Als Richtwert kannst du probieren, ob die Fingerkuppe deines kleinen Fingers bequem zwischen deine Eckzähne rutschen kann. Abb. 27: Entspannter Kiefer: Die Fingerkuppe des kleinen Fingers findet locker Platz zwischen den Eckzähnen 92 2 Training <?page no="93"?> Diese Übung kannst du so oft wiederholen, bis du eine deutliche Entspan‐ nung in deinen Kiefermuskeln spürst. Übrigens: Eine lockere Kieferöffnung ist auch mit geschlossenen Lippen möglich! Somit kannst du immer wieder auch in Situationen, in denen du von Menschen umgeben bist, deiner Kiefermuskulatur die Erlaubnis geben loszulassen. ➲ Übung 17 | Ciao Pokerface Dauer: max. 5 Minuten, Material: Kamera, Smartphone oder ein anderes Gerät mit Videofunktion Ziel der Übung: neue Bewegungsdimensionen für die Mimik ausprobieren Deine Mimik soll sichtbar machen, was in dir beim Präsentieren vorgeht: Wie stehst du zu deinem Thema? Was begeistert dich besonders? Wovon möchtest du überzeugen? Wie bist du gegenüber deinen Zuhörenden ein‐ gestellt? Wenn es dir in Sprechsituationen schwerfällt, deine Intentionen und Emotionen in deiner Mimik transparent werden zu lassen, kannst du dies mithilfe der folgenden Übung verändern. 1. Lass dein Gesicht auf die Emotionen oder Gefühlszustände reagieren, die wir dir unten zusammengestellt haben. Dabei lässt du dein Gesicht immer erst spontan auf die Emotionen reagieren und im zweiten Schritt übertreibst du den Ausdruck im Gesicht massiv. Mach jeweils ein Selfie von der spontanen Reaktion deines Gesichts und von deinem extrem übertriebenen Gesichtsausdruck. Vergleiche die beiden Selfies. Was stellst du fest? Probiere die folgenden Emotionen aus: wütend, verliebt, erschrocken, ängstlich, glücklich, verschmitzt, traurig, angeekelt, lachend, skeptisch, arrogant, panisch, müde, herzlich etc. ➲ Übung 17 | Ciao Pokerface 93 <?page no="94"?> Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: 2. Nimm diese Übung jetzt mit ins Sprechen. Sprich etwa 3 Minuten frei über ein Thema, das dir leichtfällt (z. B. dein Wochenplan, deine Tagesstruktur, Beschreibung deiner Wohnung), oder lies einen Text (z. B. ein Märchen). ○ Im ersten Schritt sprichst du mit extrem reduzierter Mimik. Nimm jede Bewegung so sehr zurück, dass du selbst das Gefühl hast, in deinem Gesicht ist keine Regung sichtbar. ○ Im zweiten Durchgang sprichst du deinen Kurzvortrag / deinen Text mit grotesk übertriebener Mimik. Alle noch so kleinen Ge‐ fühlsregungen lässt du im Gesicht sich übergroß ausdrücken. Nimm dich beim Sprechen in beiden Durchgängen auf Video auf und schau danach, ob du deine Mimik ebenso wahrnimmst, wie du sie beim Sprechen empfunden hast. Dein Gesicht hat jetzt die unterschiedlich intensiven Gesichtsausdrücke als Bewegungsressourcen kennengelernt und kann je nach Situation darauf zugreifen. Wenn du nun in deine nächste Präsentations- oder Ge‐ sprächssituation gehst, nimm diese Erfahrungen mit. Erlaube dir, passend zur Situation und zu deiner Intention, entweder deine Mimik transparent für das werden zu lassen, was in dir vorgeht oder sie ganz bewusst zurück‐ zunehmen. 94 2 Training <?page no="95"?> Tipp für den Alltag | Sag mal, was verrät dir meine Mimik? Wenn du vor anderen Menschen sprichst, hol dir spezifisch zu deiner Mimik ein Feedback ein. Hat sich deine Mimik aus Sicht der Zuhören‐ den während des Sprechens verändert? Was haben deine Zuhörenden anhand deiner Mimik erfahren - darüber, wie du gestimmt bist und wie du zum Inhalt deines Gesprochenen stehst? Unter Umständen bemerkst du, dass deine eigene Wahrnehmung sich nicht unbedingt mit der Fremdwahrnehmung deckt und erhältst darüber eine Idee, was du an deiner Mimik verändern möchtest, wenn du vor anderen sprichst. 2.8 Blickkontakt: Begegnung und Verbindung In diesem Kapitel erfährst du, was die goldene Mitte zwischen Anstarren und Wegschauen ist und wie du einen Sicherheitsanker in deinem Publikum etablierst. Einführung Mit dem Blick die Zuhörenden erreichen - das wünschen sich die meisten Vortragenden. Zeigen, dass wir unserem Gegenüber Wertschätzung signa‐ lisieren, es adressieren, unsere Intentionen klarmachen und in Beziehung gehen: ein wesentlicher Aspekt der nonverbalen Kontaktaufnahme. Aus der Perspektive der zuhörenden Person spielt der Blickkontakt ebenso eine zentrale Rolle: Mit unserem Blick versichern wir der sprechenden Person, dass wir zuhören und signalisieren darüber hinaus mit mimischen Reaktio‐ nen, wie wir zum Gehörten stehen. Ein kurzes Nicken als Bestätigung, ein freundliches Lächeln als Zeichen der Wertschätzung, hochgezogene Augenbrauen und eine kleine Bewegung in den Mundwinkeln offenbaren unser Erstaunen. Wenn wir Menschen in Bezug auf Vortragssituationen befragen, was ihnen eher schwerfällt, hören wir oft: Blickkontakt herstellen ist für mich herausfordernd, das lenkt mich häufig ab und ich komme durcheinander. Wenn du dich in die Position der Hörenden hineinversetzt, wirst du schnell bemerken, dass du dir wünschst, dich wirklich angesprochen zu fühlen. Das unterstützt dich, mit deiner gesamten Aufmerksamkeit bei der Sache zu 2.8 Blickkontakt: Begegnung und Verbindung 95 <?page no="96"?> sein, die Gedanken und Argumentationen nachzuvollziehen, Empathie zu empfinden, dich überzeugen zu lassen oder dich zum Handeln anregen zu lassen. Der Blick, über den sich die sprechende Person mit dir verbindet, stellt Nähe her und es ist eher unwahrscheinlich, sich von anderen Dingen ablenken zu lassen. Allerdings kann es sich auch seltsam anfühlen, wenn Vortragende über sehr lange Passagen immer wieder nur eine einzelne Person anschauen, obwohl ein größeres Publikum zuhört. Wissen | Blickkontakt Anstarren oder Wegschauen - beides keine geeigneten Modi, um ge‐ lingende Kommunikation zu gestalten. In der Regel ist es so, dass Zuhörende sehr viel konstanter ihrem Gegenüber ihren Blick schenken und direkten Augenkontakt herstellen als die sprechende Person. Das heißt, es ist absolut normal, wenn wir als Vortragende nicht dauerhaft den Augenkontakt halten. Wichtig für die Verbindung mit unserem Gegenüber ist vor allem, dass wir immer wieder den Kontakt herstellen und diesen auch eine Weile halten (vgl. Birkenbihl 2015, 101). Übrigens: Zuhörende empfinden es meistens als maximal irritierend, wenn wir, statt ihnen in die Augen zu schauen, zwischen die Brauen blicken oder knapp über ihren Kopf hinweg schauen. Für einen natür‐ lichen Blickkontakt ist es nötig, unserem Gegenüber tatsächlich in die Augen zu sehen. Beobachtungsauftrag | Blickkontakt-Selbsteinschätzung Beobachte in unterschiedlichen Situationen, wie es dir mit deinem Blickkontakt geht: 1. In Gesprächen mit Einzelpersonen: Wie gelingt es dir beim Spre‐ chen, den Blickkontakt aufzubauen und zu halten? Ab wann wird es für dich im Gespräch unangenehm, dein Gegenüber anzuschauen? Und als zuhörende Person im Gespräch zu zweit: Wenn du angeschaut wirst, ab wann wird es für dich unangenehm oder ablenkend? 96 2 Training <?page no="97"?> 2. In Präsentationen oder Vortragssituationen: Wenn du im Publi‐ kum sitzt, wie nimmst du den Blickkontakt wahr? Wie sollte er sein, damit du dich angesprochen fühlst? Und wenn du vor ande‐ ren sprichst: Wie geht es dir damit, den Blickkontakt aufzunehmen und zu halten? Gelingt es dir, alle Zuhörenden während des Sprechens anzuschauen? Und ist das für dich sehr herausfordernd oder gelingt dir das mit Leichtigkeit? Fühlst du dich dadurch gehetzt oder eher verbunden mit deinen Zuhörenden? Gibt es im Publikum „blinde Flecken“, von denen du in der Reflexion bemerkt hast, dass du dort gar keinen Blickkontakt hergestellt hast? Könntest du die Ursache dafür benennen? Hier ist Platz für deine Beobachtungen und Erkenntnisse: ➲ Übung 18 | Schau genau Dauer: max. 3 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Sicherheit im Blickkontakt lernen Die folgende Übung bereitet dich vor allem auf Situationen vor, in denen du vor mehreren Zuhörenden sprichst. Ziel ist es, alle Zuhörenden durch ➲ Übung 18 | Schau genau 97 <?page no="98"?> deinen Blickkontakt für dich und deine Präsentation zu interessieren. Daher wird hier der ruhige und schweifende Blick etabliert. • Wenn du in deinem Raum stehst, lass deinen Blick bewusst von ganz links nach ganz rechts und anschließend komplett wieder zurück nach links schweifen. • Dabei sind deine Knie gelöst und dein Oberkörper flexibel. Du atmest ruhig ein und aus. • Schau erst auf die Gegenstände, die du in deiner Nähe ausmachen kannst. • Danach gehst du mit deinem Blick etwas weiter entfernt durch den Raum. Halte die Langsamkeit aus und stell dir vor, dass all diese Gegenstände dein Publikum sind. Dieses langsame, ruhige und vor allem bewusste Schauen ist der erste Schritt zu einem kontaktfördernden Blickkontakt. Du kannst deine Wahrnehmung schärfen, indem du dir Beobachtungsaufgaben stellst: Siehst du etwas Rotes? Welcher Gegenstand ist der größte? Welche Dinge um dich herum nimmst du selten bis nie in die Hand? Gibt es um dich herum irgendwo Kreise oder Kugeln? Ausgehend von dieser Übung, geh in die nächste Präsentationssituation und probiere den schweifenden Blick auch bei deinen Zuhörenden aus. Wolfgang Bilinski (vgl. 2014, 240) hat eine hilfreiche Unterstützung für den Einsatz deines Blickkontakts benannt, mit der es dir gut gelingen kann, auch bei einem großen Publikum alle Zuhörenden anzusehen: dabei gleitet dein Blick in einer WMU-Form durch die Zuhörenden (Merkhilfe für WMU: wake me up). Bleib in der Langsamkeit und Ruhe - viel Freude beim Kontaktaufneh‐ men! 98 2 Training <?page no="99"?> Abb. 28: Nutze die WMU-Form für Blickkontakt mit großem Publikum ➲ Übung 18 | Schau genau 99 <?page no="100"?> Tipp für den Alltag | Sicherheitsanker Wenn du das nächste Mal vor Menschen sprichst, finde für dich vier Sicherheitsanker. Wähle bewusst vier Menschen im Publikum aus, die du während des Vortrags immer wieder direkt anschaust. Am besten suchst du dir dafür Zuhörende in allen Bereichen des Raumes aus: 1. eine Person in der ersten oder zweiten Reihe mittig sitzend, 2. eine Person im vorderen Drittel außen sitzend, 3. eine weitere Person im hinteren Drittel auf der entgegengesetzten Seite sitzend sowie 4. Eine Person hinten mittig sitzend. Schau diese Personen immer wieder direkt an. So kannst du dich selbst disziplinieren, den Blick durch den gesamten Raum schweifen zu lassen und dennoch persönlich zu adressieren. Im weiteren Verlauf kannst du deinen Blick immer mehr öffnen, bis du schließlich ganz mühelos alle Zuhörenden mit deinem Blickkontakt erreichst. Tipp für den Alltag | Augenfarbenscreening Um im Alltag zu üben, deinen Mitmenschen wirklich in die Augen zu schauen, finde heraus, welche Augenfarben sie haben. Schau genau, welche Grundfarbe, welche Verläufe, Sprenkel, Tüpfel und Flecken du ausmachen kannst. Wenn du diese Aufgabe ins Zuhören, Mitdenken und Sprechen integrieren kannst, hast du das Masterlevel in Sachen Blickkontakt erreicht. Wissen | Blickkontakt im Digitalen Raum In Videokonferenzen ist es für das Gefühl von konkretem Blickkontakt sehr wichtig, konsequent in die Kamera zu sprechen. Das ist für die meisten Menschen sehr herausfordernd, da zumeist unter der Kamera der Bildschirm mit all den ablenkenden Kacheln der Zuhörenden, aber auch die eigene Videoübertragung zu sehen sind. Dennoch: Es lohnt sich für die Steigerung der eigenen Präsenz und Wirkung, das Sprechen in die Kamera zu üben. Deinen Zuhörenden wird es dadurch wesentlich leichter fallen, dir zu folgen, wenn du sie über die Kamera mit deinem Blick direkt adressierst, als wenn du mit dem Blick auf deinem Bildschirm bist! 100 2 Training <?page no="101"?> 2.9 Verhalten im Raum: Wie wir uns positionieren In diesem Kapitel erfährst du, was du beachten kannst, um deine Wirkung im Raum zu vergrößern und um deine Präsenz zu erhöhen. Außerdem lernst du, wie du dir einen fremden Raum zu eigen machen kannst und warum schwarze Folien nützlich sein können. Einführung Der architektonische Raum mit seiner gegebenen Größe und den Einrich‐ tungsgegenständen darin beeinflusst unser Körperverhalten. In einem klei‐ nen, engen Raum verhalten und fühlen wir uns anders als in einem großen Saal mit hohen Decken. Unsere Außenwirkung und auch unsere Gefühlslage kann dadurch beeinflusst werden, wo wir uns im Raum befinden, wie wir uns im Raum bewegen und wie viel Platz wir uns nehmen bzw. uns gegeben wird. Durch die Position im Raum kannst du deinen Vortrag unterstützen oder dich selber ungewollt sabotieren. Deine Fähigkeit präsent zu agieren, hängt auch von der passenden Wahl der Position im Raum ab. Präsent sein heißt auch, im Hier und Jetzt bei sich zu sein, gleichzeitig Kontakt zur Umgebung aufzubauen und dadurch flexibel und situationsangemessen reagieren zu können. Welches Verhältnis hast du zum Raum? Bist du zu Gast, dann gehört dir der Raum nicht. Du agierst eher zurückhaltend oder abwartend. Als Gastgeber oder Gastgeberin gehört dir der Raum. Du agierst eher empfangend und bestimmend. Wichtig für dich ist zu wissen, welche Rolle du innehast, um dementsprechend zu handeln. In einem uns bekannten Raum können wir uns sicherer bewegen als in einer fremden Umgebung. Wir kennen die Abstände, wissen, wo sich was befindet. Dadurch sind unser Gang und unser Blick zielgerichteter und meist dadurch entspannter. Wir berühren ganz selbstverständlich Gegenstände und räumen sie, wenn nötig, um. Wir haben vielleicht einen Lieblingsplatz, den wir uns mit der Zeit ein‐ gerichtet haben. In einem fremden Raum haben wir das nicht. Wir agieren gehemmter, haben wahrscheinlich einen kleineren Aktionsradius. Um den eigenen Aktionsradius oder auch Handlungsspielraum zu erweitern, ist es wichtig, dass du dir Zeit nimmst, dich zu orientieren. Je bekannter dir ein Raum ist, umso sicherer kannst du agieren. Als eingeladene Person steht es dir natürlich nicht zu, den ganzen Raum für dich einzunehmen. Aber du kannst einen bestimmten Abschnitt des Raumes - deinen Aktionsraum - für dich abstecken und einrichten. 2.9 Verhalten im Raum: Wie wir uns positionieren 101 <?page no="102"?> Das Ziel ist es, sich den (Aktions-)Raum zu eigen machen. In manchen Situationen hast du genug Zeit und Möglichkeiten, dir den Raum einzurichten. Nutze diesen Vorteil. Es ist gewinnbringend, sich den Raum nach den eigenen Bedürfnissen einrichten zu können. Ordne, wenn möglich, die Tische und Stühle so im Raum an, dass du und dein Gegenüber (Publikum) passend in Kontakt kommen können. Baue die Technik dort auf, wo sie dich wirklich unterstützt und du für dich den passenden Bewegungsraum nutzen kannst. Den Raum zu eigen machen In erster Linie geht es darum, einen oder mehrere passende Spots zu finden. Unter Spots verstehen wir Orte der Aktion, von denen aus du referieren, etwas zeigen, notieren, moderieren wirst. Weitere Orte, die klar sein sollten, sind: der Ort für deine Materialien, dein Stichwortkonzept und deine priva‐ ten Dinge. Achte bei den Spots darauf, wie viel Bewegungsfreiheit (und ggf. Sitzmöglichkeit) sie dir ermöglichen und welche Entfernung bzw. Nähe zum Publikum sie definieren. Weiter unten haben wir dir eine Raum-Checkliste zusammengestellt, die dir helfen kann, an alles zu denken und Schritt für Schritt durchzugehen. Wenn alles durch dich oder durch andere Vorgaben fertig eingerichtet ist, startet die nächste Phase. Nachdem du dich bestmöglich eingerichtet hast, ist es hilfreich, deine Aktionen im Einzelnen durchzugehen. Im Theater nennt man das einen technischen Durchlauf. Hier wird das Stück schnell und ohne große Emotionen, dafür mit allen wichtigen Effekten, Absprachen und Übergän‐ gen durchgespielt. Teilweise springt man auch von Szene zu Szene, wenn man weiß, hier passiert (bewegungstechnisch) nichts Wichtiges. Auch wenn dir dein eigener Kontext sehr weit vom Theater entfernt scheint, kann es hilfreich sein, Gänge und Bewegungen, die du im Raum ausführen wirst, durchzugehen. Dabei geht es nicht um eine feste Choreographie. Es geht darum, herauszufinden, wie du am besten agieren kannst. Du erlangst mehr Handlungssicherheit und musst nicht befürchten, über Kabel zu stolpern, unnötige Wege zurückzulegen, die Präsentation zu verdecken oder gar vom Beamer angestrahlt zu werden. Nur sehr wenige schaffen es, geblendet vom Beamer, die Fassung zu bewahren und den Verlauf der Diagramme unbeirrt weiter auf der eigenen Bekleidung zu erklären. 102 2 Training <?page no="103"?> Den Raum vorher zu erkunden kann auch emotional hilfreich sein. Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Manche laufen den Raum ab, manche erkunden ihn akustisch und sprechen aus jedem Winkel ein paar Sätze. Manchen reicht es, sich mitten in den Raum zu stellen und sich einen Moment Zeit zu nehmen, ihn zu begrüßen etc. Die Vorgehensweisen sind unterschiedlich, das Ziel ist das gleiche: ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Probiere dich aus und finde heraus, was dir hilft. Im ungünstigsten Fall gibt es kaum Gestaltungsmöglichkeiten und keine Zeit, den Raum zu erkunden. Dann kannst du dir den Raum durch innere Bil‐ der zu eigen machen. Wie das funktioniert, beschreiben wir in den Übungen 19 und 20. Jetzt gehen wir kurz auf den Umgang mit Präsentationsflächen und dem Rednerpult ein. Beides kann deine Präsenz unnötig einschränken und erschweren. Umgang mit Pult und Präsentation Nicht selten ist in Veranstaltungsräumen (z. B. Hörsälen) die Präsentations‐ fläche größer als die Person selbst. Das Mikrophon und weitere Technik stehen an der Seite bereit. Das Rednerpult ist ein etablierter Ort, der eindeutig markiert, von wo aus wahrscheinlich die beste Sicht- und Hör‐ barkeit im Raum gegeben ist. Die meisten Personen sind erleichtert, ein Pult vor sich stehen zu haben - nicht nur, weil man dort das mehrseitige Stichwortkonzept ablegen kann. Oft ist zu beobachten, dass Menschen sich am Pult festhalten - um nicht zu sagen: festklammern. Die Hände lösen sich selten vom Pult. Es wird so gut wie keine Gestik genutzt. Für das Publikum besteht die redende Person nur noch aus einem Oberkörper mit sich bewegendem oder zum Mikrophon hin abgeknicktem Kopf. Das ganze Potenzial unserer Wirkung, die in uns steckt, kann sich nicht entfalten. Nebenbei bemerkt, ist ein fester Oberkörper, wie er oft durch das Festhalten am Pult eintritt, zusätzlich hinderlich für eine wohlklingende und bewegte Stimme: Nur mit einem lockeren Körper und der damit einhergehenden Weite der Resonanzräume kann sich die Stimme klangvoll und modulations‐ fähig entfalten (vgl. Aderhold/ Wolf 2005, 13). An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir uns auch bei Präsentationen und/ oder Meetings, die wir im Sitzen abhalten, ganz ähnlich hinter unserem Laptop verstecken können. Die halbversteckte Person hinterm Pult oder hinterm Laptop konkurriert meistens mit ihrer eigenen Präsentation. Sie steht im Schatten ihrer eigenen Präsentation und das ganze Setting wirkt eher wie eine Vertonung. 2.9 Verhalten im Raum: Wie wir uns positionieren 103 <?page no="104"?> Einige sind froh darüber und hoffen gar inständig, dass die Präsentation von ihnen als Rednerin oder Redner ablenkt. Auch wenn es eine mögliche Strategie ist, sich so durch eine unangenehme Situation zu manövrieren, bevorzugen wir in diesem Buch eine andere Idee. Es ist gewinnbringender, wenn du den Raum für dich passend nutzt, so dass du dich wohlfühlst und du mit deinem Körperausdruck deine Inhalte angemessen unterstützen kannst. Wenn du gesehen und gehört werden möchtest, solltest du dich nicht verstecken. Eine Möglichkeit wäre, dich vom Pult zu lösen und die ganze Bühne zu nutzen. Zu gewagt? Dann probiere, dich direkt neben das Pult zu stellen. Deine Notizen kannst du immer noch ablegen und du bist für dein Publikum sichtbar. Immer noch zu gewagt? Dann bleib hinter dem Pult, achte aber dabei besonders auf deine Hände und halte sie in Bewegung (siehe auch Kapitel Gestik). In Bezug auf den Laptop würde das bedeuten, dass du ihn seitlich von dir hinstellst, durch ein Tablet ersetzt oder ihn eventuell ganz zuklappst. Hast du dir schon einmal die Frage gestellt, wer die Hauptfigur in deinem Vortrag ist, du oder deine Präsentationfläche? Unserer Meinung nach ist eine Präsentationsfläche eine unterstützende Begleiterin. Sie sollte dir die Möglichkeit geben, frei im Raum zu agieren, deine Informationen unter‐ streichen und nicht ablenken. Ein paar Gedankenanstöße: Wann könntest du eine schwarze Folie zwischendurch einbauen, die die Aufmerksamkeit des Publikums wieder auf dich lenkt? Sind alle Folien und Inhalte wirklich unterstützend und notwendig? Ist ein Flipchart oder Plakat in bestimmten Situationen nicht hilfreicher? Beobachtungsauftrag | Pult und Präsentationsfläche Wie gehen andere Personen mit Pult und Präsentationsfläche um? Was kannst du für dich daraus lernen? Sieh dir Science-Slams und TED-Talks, Reden im Bundestag und öffentliche Auftritte an. Werde sensibel für die Raumnutzung anderer bei Reden. 104 2 Training <?page no="105"?> Hier ist Platz für deine Gedanken und Ideen: Checkliste vor der Präsentation • Kann ich den Raum vorher betreten? • Wo kann ich mich vorher aufwärmen? / Von wo komme ich in den Raum? • Welche Spots möchte ich nutzen bzw. stehen mir zur Verfügung? • Welche Körperhaltung(en) werde ich / möchte ich einnehmen (ste‐ hend, sitzend)? • Wo platziere ich meine Unterlagen? • Wo sitzen, stehen die anderen Gesprächsteilnehmenden bzw. das Publikum? Wie viel Platz brauchen sie und haben sie? • Wo befindet sich die Technik (Beamer, Laptop, Mikrophon, Pult etc.)? • Kann ich die Temperatur im Raum bestimmen oder mich ihr anpas‐ sen? Im ungünstigsten Fall gibt es kaum Gestaltungsmöglichkeiten und keine Zeit, den Raum zu erkunden. Dann kannst du dir den Raum durch innere Bilder zu eigen machen. Wie das funktioniert, beschreiben wir hier. Wir haben zwei Übungen für dich ausgewählt, die dir helfen können, dich mit dem Raum zu verbinden und dadurch selbstsicherer und präsenter zu 2.9 Verhalten im Raum: Wie wir uns positionieren 105 <?page no="106"?> agieren. Du kannst sie natürlich auch dann anwenden, wenn du in einer vertrauten Umgebung bist. In jedem Fall können sie dir dabei helfen, dir ein sicheres Gefühl zu geben und deine Präsenz zu steigern. Oft wird in diesem Zusammenhang der Begriff Ausstrahlung verwendet. Ausstrahlung hat etwas nach außen Gerichtetes. Beide Übungen arbeiten mit inneren Bildern, die dich dabei unterstützen können, dich nach außen zu richten. Wir empfehlen dir, diese Übungen zuerst in einem geschützten Raum auszuprobieren. Wenn du die passenden Bilder für dich gefunden hast und diese schnell herstellen kannst, kannst du sie auch in öffentlichen Situationen verwenden. Mit etwas Übung wirst du nach und nach immer weniger Zeit benötigen, um dein inneres Bild herzustellen. Nicht alle Bilder funktionieren bei allen gleich. Finde für dich heraus, welches Bild dir das beste Gefühl gibt. ➲ Übung 19 | 🎧 Tuch aufspannen Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ b5xll Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: einen eigenen Raum schaffen und dadurch Sicherheit gewinnen • Stell dich hüftgelenksbreit hin. Das bedeutet, dass zwischen deine Füße ein bisschen mehr passt als deine Faust. Die Füße stehen parallel zueinander. Deine Arme hängen locker an der Seite. • Du bist aufgerichtet. Deine Schultern befinden sich über deinem Becken. Atme ruhig und entspannt. • Stelle dir vor, dass du ein Seidentuch über deinem Kopf liegen hast, welches dich komplett von oben bis unten zu deinen Füßen einhüllt und den Boden berührt. Beginne, langsam ein wenig deine Hände und Arme zu heben. Spüre dabei, wie das imaginäre Seidentuch über deine Haut streicht. • Führe deine Arme zurück, lass sie wieder hängen und spüre, wie das Seidentuch dich wieder ganz einhüllt. • Wiederhole diesen Vorgang und vergrößere dabei immer mehr die Be‐ wegung deiner Arme. Vielleicht stellt sich ein Gefühl der Geborgenheit bei dir ein. Denke daran, dein Seidentuch ist groß genug und reicht immer bis zum Boden. Wenn es für dich passt, stimme deine Atmung mit deinen Bewegungen ab. 106 2 Training <?page no="107"?> Du schaffst dir mit deinem Tuch deinen eigenen Raum. Der ist anfänglich eher klein. Du kannst dieses Bild erweitern. • Stell dir vor, wie sich das Seidentuch größer aufspannt und das schüt‐ zende Zelt nach und nach größer wird. Spüre die Grenzen und schiebe sie nach außen, bis es letztlich die Größe des Raumes angenommen hat. • Behalte dieses Gefühl des aufgespannten Tuches. Wenn das Bild für dich passt, kannst du es jederzeit an jedem Ort erschaffen. Abb. 29: Inneres Bild des Seidentuchs ➲ Übung 20 | 🎧 Die Flamme Service: 🔗 http: / / s.narr.digital/ uow33 Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: Präsenz ausstrahlen • Stell dich hüftgelenksbreit hin. Das bedeutet, dass zwischen deine Füße ein bisschen mehr passt als deine Faust. Die Füße stehen parallel zueinander. Deine Arme hängen locker an der Seite. Du bist aufgerichtet. Deine Schultern befinden sich über deinem Becken. Atme ruhig und entspannt. (Wahlweise kannst du bei dieser Übung auch sitzen, aber wir empfehlen dir, dich wenn möglich hinzustellen.) ➲ Übung 20 | 🎧 Die Flamme 107 <?page no="108"?> • Stell dir jetzt vor, dass du unter dem Bauchnabel in deinem Bauch Wärme spürst. Versuch, dir eine kleine Flamme vorzustellen, die dich mit einer angenehmen Wärme versorgt. Nimm dir etwas Zeit, das Bild herzustellen. Unterstützend kannst du auch eine Hand unterhalb des Bauchnabels auflegen. Welches Bild kannst du entstehen lassen? Ist es eine schwebende Flamme, oder eine kleine Flamme auf einer Kerze? Vielleicht hat die Flamme ganz überraschende Farben? Vielleicht ist die Flamme auch eine andere Wärmequelle, wie etwa glühende Kohlen oder ein Energieball. Abb. 30: Inneres Bild der Flamme • Mit jedem Atemzug wird diese Flamme immer etwas größer und größer. Mit jedem Atemzug spürst du die Wärme deutlicher. Vielleicht hilft dir die Erinnerung an ein Lagerfeuer, das du wieder entfachen möchtest. Achte darauf, dass deine Atmung dennoch gleichmäßig bleibt. • Im nächsten Schritt stellst du dir vor, dass du auf Brusthöhe eine Art Öffnung bzw. Fenster hast. Mit jedem Ausatmen strahlen die Wärme und die Kraft der Flamme in den Raum. Begleite diese Vorstellung ruhig mit deinen Händen. Schick die Wärme in den Raum. Je größer die Flamme, desto weiter strahlt auch die Wärme in den Raum. 108 2 Training <?page no="109"?> Achte darauf, dass du die Kraft der Flamme nicht in deinen Blick legst. Dein Gesicht bleibt entspannt. Die Kraft und die Wärme strahlen aus deinem Körper. Ist die Flamme das passende Bild für dich, dann versuche sie in anderen, ruhigen Situationen zu aktivieren, vielleicht schon ohne deine Arme zu benutzen. Hierfür können sich Haltestellen eignen oder große Räume und Plätze, durch die du dich bewegst. Tipp für den Alltag | Türöffner Eine klare innere Haltung schafft einen klaren Körperausdruck, siehe Abschnitt 2.2. Kläre für dich, mit welcher (inneren) Haltung und mit welchem Ziel du einen Raum betreten möchtest. Nimm dir Zeit, ein kla‐ res Bild zu entwickeln und beobachte, wie sich diese Haltung auf deine Körperhaltung, Bewegung und Raumnutzung auswirkt. Wie betrittst du den Raum? Wo stellst oder setzt du dich hin? Spielen wir gedanklich verschiedene Möglichkeiten durch. Was glaubst du, wie du den Raum jeweils betreten würdest, abhängig von Ziel und innerer Haltung? Bewerbungsgespräch • Haltung: Ich bin kompetent und freue mich auf das Gespräch. • Ziel: Ich möchte überzeugen und aktiv sein. oder • Haltung: Ich habe Angst vor diesem Gespräch und werde versagen. • Ziel: Ich hoffe, dass es schnell vorbei ist und ich mich nicht blamiere. Seminarleitung • Haltung: Ich freue mich auf die Teilnehmenden und die Inhalte, die ich vorbereitet habe. • Ziel: Ich möchte, dass sich alle wohlfühlen und es inhaltlich gewinn‐ bringend ist. oder • Haltung: Ich bin skeptisch, ob sich die Teilnehmenden auf meine Themen einlassen können. • Ziel: Ich hoffe, dass zeitlich alles gut klappt und die Technik nicht versagt. ➲ Übung 20 | 🎧 Die Flamme 109 <?page no="110"?> Und jetzt du. Welche Räume betrittst du mit welcher Haltung? Was möchtest du dir zukünftig vornehmen? Hier kannst du deine Gedanken und Ideen notieren: 2.10 Nähe und Distanz: Wie wir zueinander stehen Hier erfährst du, wie du auf Abstandssignale achten kannst und welche geeigneten Sitzordnungen es gibt. Einführung Die Frage nach der Gestaltung des persönlichen Raums ist nicht nur in Bezug zur Präsentation wichtig. Auch in Gesprächssituationen kann ein be‐ wusster Umgang mit dem eigenen räumlichen Verhalten sehr wirksam sein. Das räumliche Verhalten drückt sich durch Nähe aus, die wir zueinander einnehmen, durch das Maß unserer Zugewandtheit (Körperorientierung) und durch Berührungen (taktile Kommunikation). Veränderungen im räumlichen Verhalten dienen auch als Interaktionssignale (vgl. Allhoff/ All‐ hoff 2014, 36). Körperorientierung, Berührung und Distanz geben über die Intimität und die Haltung der Personen zueinander Aufschluss. Sie kenn‐ zeichnen damit die soziale Situation und Beziehungsaspekte der Interaktion wie zum Beispiel Zuneigung und Status (vgl. Ellgring 2004, 49 f.). Eine Berührung während des Sprechens kann beispielsweise auf eine Hierarchie 110 2 Training <?page no="111"?> im Miteinander hinweisen. Eine ranghöhere Person berührt eher eine rangniedere Person als umgekehrt (vgl. Allhoff/ Allhoff 2014, 39). Wie nah wir beieinanderstehen, gibt Aufschluss über Beziehungsa‐ spekte, soziale Dynamiken und Hierarchien. Wie das räumliche Verhalten uns und unsere Interaktionen beeinflusst, wird uns meistens dann bewusst, wenn es zu Störungen kommt. Ein Student aus einem unserer Seminare erzählte uns einmal, dass er niemals alleine ins Kino gehen könne. Er hielte es nicht aus, wenn direkt neben ihm eine fremde Person säße. Das bereite ihm so großes Unbehagen, dass er sich nicht auf den Film konzentrieren könne. Seine Lösung war, immer mit zwei Freunden ins Kino zu gehen, die sich rechts und links neben ihn setzten. Die kannte er und die durften ihm nahekommen und in seinen persönlichen Raum eintreten. Der hier erwähnte persönliche Raum reicht bis zu 1,20 m um uns herum und ist eine Art Schutzraum (vgl. Hall 1966, zit. nach Heilmann 2011, 73 f.). Die Ausprägung ist jedoch individuell unterschiedlich. Je nachdem wie nah wir uns kommen, wird unser persönlicher Raum auch mal zusammengedrückt. Er ist für unser Gegenüber nicht sichtbar und nur für uns selbst spürbar. Er ist etwas nach außen Gerichtetes, vorstellbar als eine Art Ausstrahlung. Besonders spüren wir unseren persönlichen Raum, wenn er von unserem Gegenüber verletzt wird. Sobald uns jemand nahekommt, den wir nicht dazu eingeladen haben, empfinden wir das als unangenehm. Wir fühlen uns eventuell eingeengt und bedroht. Die Kommunikation kann dadurch teilweise massiv gestört werden. Der Student kann sich nicht mehr auf den Film konzentrieren. Die Wahrung des persönlichen Raums und ein sensibler Umgang damit ist im beruflichen Kontext von hoher Bedeutung. Oft handeln Personen übergriffig, ohne dass sie es beabsichtigen. Stell dir vor, du sitzt im Büro am Schreibtisch vor deinem Rechner und eine Kollegin nähert sich von hinten und schaut dir direkt über die Schulter, um auf deinen Bildschirm zu blicken - vielleicht kommt es zu einer leichten Berührung an der Schulter. Durch diese Handlung des über-die-Schulter-Schauens dringt die Kollegin in deinen persönlichen Raum ein. Welches Gefühl würde sich bei dir einstellen? Wie würdest du reagieren? Unter Umständen kann dieses unreflektierte Verhalten der Kollegin dazu führen, dass sie dir unsympathisch wird, obwohl es dazu keine weiteren Gründe gibt. Vielleicht denkst du jetzt: Ja, das kommt 2.10 Nähe und Distanz: Wie wir zueinander stehen 111 <?page no="112"?> ganz darauf an, wer es ist. Und das ist nachvollziehbar, denn Personen, für die wir Sympathie empfinden, lassen wir näher an uns ran als andere. Wie bereits erwähnt, ist der persönliche Raum nicht sichtbar. Er wird von uns konstruiert. Dazu benutzen wir Interaktionssignale, in diesem Fall nennen wir sie Distanzsignale, mit denen wir unseren Raum mit dem Gegenüber aushandeln. Distanzsignale sind nonverbale Signale, die wir nutzen, um unseren Raumbedarf auszudrücken. Sie können sowohl bewusst als auch unbewusst eingesetzt werden (vgl. Heilmann 2011, 90 f.). Wenn wir die Distanzsignale unseres Gegenübers verstehen und darauf achten, wie wir unsere eigenen Distanzsignale ausdrücken, können wir dazu beitragen, dass unsere Kommunikation reibungsloser verläuft. In Gesprächen passiert das laut Heilmann ko-orientiert (vgl. 2011, 74). D. h., wir stimmen unser Verhalten auf das Verhalten unseres Gegenübers ab. Da der persönliche Raum variieren kann und zusätzlich von der kommunikativen Situation abhängt, ist es hilfreich, sensibel für die Distanzsignale unseres Gegenübers zu sein. Wissen | Distanzsignale Mögliche Distanzsignale können sein: • Gestik eng, abschirmend (z.-B. Arme vor dem Körper halten) • Blickkontakt wird vermieden (z.-B. in die Ferne schauen) • wenn möglich, abwenden und die kleinere Körperfläche zeigen • Veränderung der mimischen Ausdrücke: Mund schließt sich, Augen zucken zusammen, Augenkontakt wird unterbrochen • Barrieren bauen (z.-B. Laptop im Meeting, Tisch als Absperrung) • zurücklehnen, zurücktreten • hohe Muskelspannung - ganz steif machen Auch unser räumliches Verhalten und das Gestalten von interpersoneller Nähe sind beeinflusst von den tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten. Stell dir zwei Personen im Seminarkontext vor. Sie sitzen nebeneinander. Der persönliche Raum von 1,20 m ist nicht gewahrt. Die Distanzerwartung wird durch die Sitzordnung unterschritten. Wenn es uns nicht möglich ist, unsere bevorzugte Distanz zu erreichen, versuchen wir mit anderen Mitteln diese herzustellen. Was uns meist in dieser Situation rettet, ist die unausgesprochene Einigung auf eine gedachte Mittellinie. Diese markiert 112 2 Training <?page no="113"?> die Grenze zwischen den persönlichen Räumen. Wie würdest du reagieren, wenn die andere Person diese Linie überschreitet? Abb. 31: Gedachte Mittellinie Es ist sinnvoll, sich vor wichtigen Gesprächen und Meetings nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich vorzubereiten. Unsere Umgebung beein‐ flusst das Gespräch: Ein großer, penibel aufgeräumter Tisch mit zwei weit auseinanderstehenden Stühlen unterstützt automatisch eine distanzierte Haltung. Vielleicht nicht das passendste Setting, um als Vorgesetzte ein offenes Ohr für die Angestellten zu signalisieren. Zwei eng zusammenste‐ hende Stühle ohne Tisch passen mehr zu einem intimen Gespräch unter vier Augen als zu einem Bewerbungsgespräch. Ein überfüllter Schreibtisch, an dem unser Gegenüber keinen Platz hat, die Unterlagen abzulegen, lädt nicht zu einem längeren Gespräch auf Augenhöhe ein. Oft sind in Büroräumen Bildschirme so platziert, dass sie eine Sichtbarriere bilden. Natürlich hemmt das ein Gespräch. Es lohnt sich, Zeit in das Gestalten einer Gesprächsecke zu investieren, denn die Art und Weise unserer Zugewandtheit kann mehr als nur die Atmosphäre unseres Gesprächs beeinflussen (vgl. Allhoff/ Allhoff 2014, 37). Auch die Wahl der Sitzordnung will gut durchdacht sein. Prinzipiell gibt es drei verschiedene Positionen, die wir beim Sitzen zueinander einnehmen 2.10 Nähe und Distanz: Wie wir zueinander stehen 113 <?page no="114"?> können: Wir können uns gegenüber, nebeneinander oder übereck positio‐ nieren. In spannungsfreien Situationen empfinden wir es meist als koope‐ rativ, wenn wir nebeneinander sitzen. Wenn auf der Beziehungsebene oder durch die gegebene Hierarchie Spannung besteht, kann diese Sitzordnung bei uns wiederum Stress erzeugen. Direktes Gegenübersitzen kann leicht konkurrierend wirken. Die Einsicht in die gemeinsamen Unterlagen ist nicht möglich. Sachdiskussionen und Einigungsprozesse werden eher gehemmt. Eine 90-Grad-Stellung, d. h. ein Übereck-Sitzen, ist günstig für entspannte Konversation und Problemlösungssituationen (vgl. ebd.). Checkliste vor Gesprächsrunden • In welchem Setting findet das Gespräch statt? • Wie ist die Tischbzw. Sitzordnung und kann ich diese ggf. verän‐ dern? • Wie groß ist der Tisch zwischen uns? • Welche Sitzmöbel gibt es? Gibt es einen Tisch? • Habe ich passende Kleidung zum Sitzen an? • Kann der persönliche Raum gewahrt werden? • Ist Blickkontakt möglich? • Können wir gemeinsam auf Unterlagen bzw. auf einen Bildschirm schauen? Beobachtungsauftrag | Nähe-Distanz-Tagebuch Schätze dein Bedürfnis und Verhalten nach Nähe und Berührung zu dir bekannten und unbekannten Personen ein (beruflich und privat) und überprüfe, inwieweit dein Alltag dieses Bedürfnis unterstützt oder erschwert. Gehe gedanklich deinen Alltag durch. Überprüfe deine Umgebung auf vorgegebene und freiwillig eingenommene Abstände zu anderen Personen. (z.-B. auf dem Weg durch die Stadt: Ich fahre in einer überfüllten Straßenbahn. vs. Ich fahre Fahrrad.) 114 2 Training <?page no="115"?> Hier ist Platz für deine Gedanken und Erkenntnisse: Beobachtungsauftrag | Sensibilisieren durch Nachfragen - Passt der Abstand so für dich bzw. für Sie? Frage direkt nach, ob dein vorgeschlagener Abstand auch für dein Gegenüber passt. Die Frage „Passt der Abstand so für dich/ Sie? “, lässt sich ganz beiläufig stellen, so, als gehöre sie zum normalen Start eines Gesprächs dazu. Das passt in manchen Kontexten vielleicht mehr und in anderen weniger gut. Finde für dich heraus, ob es eine passende Methode für dich ist. Dadurch sensibilisierst du dich und andere, mehr auf gegenseitige Bedürfnisse zu achten. 2.10 Nähe und Distanz: Wie wir zueinander stehen 115 <?page no="116"?> Hier ist Platz für deine Gedanken und Ideen: ➲ Übung 21 | Auf Distanz Dauer: max. 5 Minuten, kein Material Ziel der Übung: eigene und fremde Abstandssignale bewusstmachen Ein Gespür für die eigenen und fremden Abstandssignale ist das Wichtigste beim Thema Nähe und Distanz. Dazu schlagen wir dir folgendes Experiment vor, das du je nach deinen Bedürfnissen abwandeln kannst: • Finde eine Situation, in der du dich sicher fühlst. Vielleicht teilst du dir mit einer anderen Person einen Tisch mit der besprochenen gedachten Mittellinie. Vielleicht stehst du gerade an der Kasse, an einer Haltestelle oder befindest dich in einem Gespräch mit einer dir bekannten Person. • Versuche nun in dieser Situation den Abstand in kleinen Schritten zu verringern. Bitte gehe dabei sehr behutsam vor. Es geht darum, schon die kleinsten Signale zu beobachten. Vielleicht nimmst du sogar zuerst deine eigenen Signale war, die dir sagen wollen, „Das will ich nicht! “. Woran genau merkst du das? Vielleicht hast du aber auch große Lust auf das Experiment, dann sei verständnisvoll und feinfühlig mit deinem Gegenüber. Das Experiment endet, sobald du bei dir oder bei deinem Gegenüber ein Abstandssignal feststellst. 116 2 Training <?page no="117"?> Hier ist Platz für deine Gedanken und Ideen: ➲ Übung 21 | Auf Distanz 117 <?page no="119"?> Weiterführendes Dieses Buch bietet dir die Möglichkeit, dich mit deiner Wirkung, deiner Präsenz und deinem Körperausdruck auseinanderzusetzen. Wenn du dich durch alle Übungen durchgearbeitet hast, bist du bereits auf einem guten Weg, dich für die komplexen Themenfelder Körper, Präsenz und Wirkung zu sensibilisieren und praktische Wirkungsstrategien für deinen (Berufs-)All‐ tag zu kennen und anwenden zu können. Doch gerade weil diese Themen so komplex und vor allem individuell sind, kann es absolut sinnvoll sein, darüber hinaus ein Körperausdruck-Training in einem Präsenzformat zu absolvieren. In der Live-Situation mit einer Trainerin oder einem Trainer bekommst du ein direktes Feedback - diese wichtige und individuelle Rückmeldung können wir dir mit unserem Buch nicht bieten. Deswegen empfehlen wir dir an dieser Stelle die Internetseite der DGSS, dem Berufsverband Deutsche Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung. Im Serviceverzeichnis findest du Trainerinnen und Trainer aus deiner Region und Links zu den einzelnen Landesverbänden: Tipp | 🔗 https: / / www.dgss.de/ service/ ihr-e-trainer-in/ Darüber hinaus empfehlen wir dir die kostenlose Selbstlernplattform Kör‐ per·Stimme·Haltung. Hier findest du ein umfangreiches, multimediales Übungsangebot und weitere Ressourcen. Tipp | 🔗 https: / / koerperstimmehaltung.zlb.uni-halle.de/ Weiterhin können Sportarten wie Yoga und Pilates oder auch Theaterspielen die Wahrnehmung und Schulung deines Körperausdrucks und deiner Prä‐ senz fördern: Yoga und Pilates legen einen starken Fokus auf die bewusste Wahrnehmung und Kontrolle des eigenen Körpers. Durch gezielte Übungen werden Muskeln gestärkt, Flexibilität verbessert und das Körperbewusstsein geschult. Darüber hinaus kann Sport dazu beitragen, Stress abzubauen <?page no="120"?> und Entspannung zu fördern, was sich generell positiv auf deine Präsenz auswirken wird. Beim Theaterspiel steht die kreative Darstellung von Charakteren und Emotionen im Vordergrund. Durch das Spielen verschiedener Rollen lernst du, deinen Körperausdruck zu variieren und damit auch dein Repertoire zu erweitern. Die Arbeit in einer Theatergruppe fördert die soziale Interak‐ tion und die Fähigkeit, sich vor anderen zu präsentieren. Dies kann das Selbstbewusstsein stärken und die Angst vor öffentlichem Sprechen oder Auftreten reduzieren. Bestimmt findest du dafür auch in deiner Region passende Angebote! Tipp | 🔗 https: / / www.theaterboerse.de/ theaterverzeichnis/ tag/ Laient heater Wir wünschen dir viel Freude und Erkenntnisgewinn bei der Entwicklung und Schulung deines Körperausdrucks. 120 Weiterführendes <?page no="121"?> Literatur Aderhold, Egon und Wolf, Edith (2005): Sprecherzieherisches Übungsbuch. Berlin. Albrecht, Karin (2018): Körperhaltung. Modernes Rückentraining. Stuttgart. Allhoff, Dieter-W. und Allhoff, Waltraud (2014): Rhetorik & Kommunikation. Ein Lehr- und Übungsbuch. Birkenbihl, Vera F. (2015): Signale des Körpers. Körpersprache verstehen. München. Bolten, Hans-Jürgen (2007): Interkulturelle Kompetenz. Erfurt. Cicero, Marcus Tullius (2007): De oratore. Über den Redner. Herausgegeben und übersetzt von Harald Merklin. Düsseldorf. 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Münster. 122 Literatur <?page no="123"?> Übungen im Überblick Übung Titel Abschnitt Ziel der Übung 1 - Kaffee holen 2.2 Intention Intentionalität bewusst herstellen 2 - Achtsamkeit in 5-4-3-2-1 2.2 Intention Fokus auf das Hier und Jetzt herstellen 3 🎧 Body-Scan 2.3 Aufrichtung Gespür für den eigenen Körper entwickeln 4 🎧 Roll down, roll up 2.3 Aufrichtung die Wirbelsäule bewusst aufrichten 5 - Baum und Boje 2.3 Aufrichtung offene, gelöste Grundhaltung entwickeln 6 - Aktive Füße 2.4 Verwurzelung die Füße aktivieren 7 🎧 Stehendes Pendel mit Verwurzelung 2.4 Verwurzelung eigene Mittelachse finden und Verwurzeln 8 - Fuß-Drei‐ punkt-Stand 2.4 Verwurzelung Fußmuskulatur akti‐ vieren, feste Verbin‐ dung zum Boden aufbauen 9 - Shake yourself loose 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit den ganzen Körper lockern durch geziel‐ tes Schütteln einzel‐ ner Körperbereiche 10 - Marionette 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit Durchlässigkeit und Beweglichkeit herstellen 11 - Flatterfigur 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit Durchlässigkeit und Beweglichkeit herstellen 12 - Kleine Kreise - große Wirkung 2.5 Beweglichkeit und Durchlässigkeit Gelenke mobilisieren <?page no="124"?> 13 🎧 Krakenarme 2.6 Gestik Hand- und Armmus‐ kulatur aktivieren 14 - Mein Kommunikati‐ onsraum 2.6 Gestik neue Bewegungs‐ qualitäten erfahren 15 - Gesichtsmassage 2.7 Mimik Gesicht aktivieren 16 - Verbissen war gestern 2.7 Mimik Kiefermuskulatur entspannen 17 - Ciao Pokerface! 2.7 Mimik neue Bewegungsdi‐ mensionen für die Mimik ausprobieren 18 - Schau genau 2.8 Blickkontakt Sicherheit im Blick‐ kontakt lernen 19 🎧 Tuch aufspannen 2.9 Verhalten im Raum einen eigenen Raum schaffen und dadurch Sicherheit gewinnen 20 🎧 Die Flamme 2.9 Verhalten im Raum Präsenz ausstrahlen 21 Auf Distanz 2.10 Nähe und Dis‐ tanz eigene und fremde Abstandssignale bewusstmachen 124 Übungen im Überblick <?page no="125"?> Register Abstand-110, 115 Achtsamkeit-68 Achtsamkeit in 5-4-3-2-1 (Übung)-44 Aktionsradius-101 Aktive Füße (Übung)-61 Alter-28 analoge Modalität-21 Anteile, nonverbale-17 Anteile, paraverbale-16 Anteile, verbale-16 Arme-75ff. Atlanto-okzipital-Gelenk-74 Atlas und Axis-74 Auf Distanz (Übung)-116 Aufrichtung-52ff. Augenfarbenscreening-100 Augenkontakt-96 äußere Rahmenbedingungen-28 Ausstrahlung-106 Axiome-19, 21 Baum und Boje (Übung)-56 Becken-48, 55, 75 Beruhigungsgeste-78 Beweglichkeit-68f. Bewegungsintensität-30 Bewegungsmuster-78 Bewegungsparameter-25, 79 Bewegungsressourcen-94 Bewegungsspeicher-85 Beziehung-28 Beziehungsaspekte-20 Big Five-29f. Blickkontakt-95f., 100 Body-Scan-50 Charakter-29 Checkliste Gesprächsrunde-114 Checkliste Präsentation-105 Cicero-18 digitale Modalität-21 Distanz-110 Distanzsignale-112 Durchlässigkeit-68 Eisskulptur-69 Embodied Communication-16, 22f. Emotionen-30 Erwartung-28 extrovertiert-30 Fehlhaltung-48 Flamme (Übung)-107 Flatterfigur (Übung)-72 Flexibilität-69 Fokus-45 Fremdbild-81 Friendly Reminder-58 Fuß-Dreipunkt-Stand (Übung)-65 Füße-61ff. Fußflächen-63, 65 gedachte Mittellinie-113 Gefühle-30 Geißner, Hellmut-27 Gelenke-48 Gender-34 <?page no="126"?> Genderrollen-34 genderspezifische Einflüsse-34 Gesicht-86ff. Gesichtsmassage (Übung)-90 Geste, Beruhigung-78 Gestenrepertoire-84 Gestik-24, 75 Gestik, sprechbegleitende-77 Gesundheit-28 goldener Faden-71 Haltung, aufrechte-46 Haltung, Gewohnheiten-46 Haltung, innere und äußere-39 Hände-76, 82, 85 Heilmann, Christa-12, 17, 76f. Igelball-62 individuelle Wirkungsfaktoren-28 Inhaltsaspekte-20 Inhaltsebene-13 Inkongruenzen-12 innere Bilder-37 innere Haltung-39f. innere Muskulatur-48 Intention-39f. Intentionalität-43 interagierende Personen-27 Interaktionen-111 introvertiert-30 Kaffee holen (Übung)-43 Kamera-100 Kampfgrinsen-87 Kieferöffnung-92f. Kinesik-24 Kleidung-31 Kleine Kreise - große Wirkung (Übung)-73 Kommunikation, Anteile-17 Kommunikation, taktile-110 Kommunikationsabläufe, komplementäre-21 Kommunikationsabläufe, symmetrische-21 Kommunikationsbiografie-13 Kommunikationsmodelle-19 Kommunikationsraum-75f. Kommunikationssituation-26f. komplementäre Kommunikationsabläufe-21 Konstitution-28 Kontext-14 kontextarme Kulturen-32 kontextreiche Kulturen-32 konventionalisierte Gesten-32 Körperausdruck-7, 13-16 Körperausdruck, Repertoire-16 Körperbewusstheit-7 Körperorientierung-110 Körpersignale-9 Körperspannung-42 Körpersprache-7, 11f., 15f. Körpersprache-Mythos-11 Krakenarme (Übung)-82 Kultur-31 kulturelle Prägung-32 Kulturen, kontextarme und -reiche-32 Lampenfieber-10, 85 Lifestyle-31 Marionette (Übung)-71 Mehrabian-Regel-11 Mein Kommunikationsraum (Übung)-83 126 Register <?page no="127"?> Metakommunikation-22, 33 Meta-Sensibilität-33 Mimik-24, 86, 88 Mittelachse-63 Mittellinie-112 Muskulatur, innere und äußere-48 Nähe-96, 110 Nähe-Distanz-Tagebuch-114 Nerd Neck-48 Nicht-Gesagtes-11 nonverbale Anteile-17 nonverbale Zeichen-12 nonvokal-17 ökonomische Körperhaltung-48 paraverbale Anteile-16 persönlicher Raum-110f., 113 Persönlichkeit-30 Pokerface-86f. Pokerface (Übung)-93 Position im Raum-27, 101 positive Affirmation-59 pragmatisches Axiom-19, 21 Präsentation-103 Präsenz-23f. Proxemik-17, 24 Psyche-29 Pult-103 Raum-101 Raum, digitaler-100 Raum, persönlicher-111 reflektierte Intention-40 Roll down, roll up (Übung)-52 Schau genau (Übung)-97 Schulz von Thun, Friedemann-19ff. Schütteln-70 schwarze Folie-101 Seidentuch-106 Selbstbild-81 Selbstwahrnehmung-80 Seriosität-87 Shake yourself loose (Übung)-70 Sicherheitsanker-100 Situationsanalyse-34 Situationsmodell-27 situative Faktoren-26 Sitzbeinhöcker-55 Sitzordnung-112 Sozialisation-33 Spannung-25 Spiegeln-85 Spots-102 sprechbegleitende Gestik-76ff. Status-110 Stehendes Pendel mit Verwurzelung (Übung)-62 Stichwortkonzept-86 Stressabsorber-91 symmetrische Kommunikationsabläufe-21 Synchronie-23 taktile Kommunikation-110 technischer Durchlauf-102 Tempo-25 Teufelskreis kommunikativer-20 Tuch aufspannen (Übung)-106 Türöffner-109 Unsicherheit-10 Variabilität-88 Register 127 <?page no="128"?> verbale Anteile-16 Verbissen war gestern (Übung)-91 Verwurzelung-60f. Videoanalyse-80 Vier-Ohren-Modell-21 Watzlawick, Paul-19 Widerstände-38 Wiederholung-38 Wirbelsäule-48ff. Wirbelsäule, Fehlhaltungen-47 Wirkung-15 WMU-Form-98 Zeitpunkt-27 128 Register <?page no="129"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Körpersprache als begrenztes Set an konventionalisierten Festlegungen . . . . . . . . . . . . . . . 13 Abb. 2: Im Körperausdruck gibt es keine 1: 1 Entsprechungen 14 Abb. 3: Die Interpretation des Körperausdrucks ist von vielen Faktoren abhängig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Abb. 4: Anteile von Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Abb. 5: Bewegungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Abb. 6: Situationsmodell nach Hellmut Geißner (1988, 73) . . 27 Abb. 7: Big Five Modell, Dimensionen der Persönlichkeitspsychologie (vgl. u.-a. Herzberg/ Roth 2014, 43) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Abb. 8: Schlenderndes und zielgerichtetes Gehen . . . . . . . . . 42 Abb. 9: Fehlhaltungen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Abb. 10: Ab- und Aufrollen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . 53 Abb. 11: Die Sitzbeinhöcker bezeichnen den Anteil des Beckenknochens, auf dem idealerweise das gesamte Gewicht des Oberkörpers beim Sitzen lastet. . . . . . . 55 Abb. 12: Inneres Bild des Baums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abb. 13: Mit dem Handrücken zwischen die Schulterblätter als Friendly Reminder für die Aufrichtung des Brustbeins 58 Abb. 14: Aktivierung der Füße durch Massage mit einem Igelball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Abb. 15: Pendelbewegung zum Finden der eigenen Mittelachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Abb. 16: Inneres Bild des Verwurzelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Abb. 17: Fuß-Dreipunkt-Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Abb. 18: Inneres Bild der Marionette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Abb. 19: Die Nasenspitze zeichnet Kreise, dabei wird das Kopfgelenk mobilisiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Abb. 20: Kleiner und großer Kommunikationsraum . . . . . . . . 77 Abb. 21: Bewegungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Abb. 22: Selbsteinschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abb. 23: Analyse anhand des Videos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Abb. 24: TEDx-Rednerinnen und Redner auf YouTube . . . . . . 85 <?page no="130"?> Abb. 25: Vier mögliche zentrierte Startpositionen . . . . . . . . . . 85 Abb. 26: Kampfgrinsen und Pokerface . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abb. 27: Entspannter Kiefer: Die Fingerkuppe des kleinen Fingers findet locker Platz zwischen den Eckzähnen 92 Abb. 28: Nutze die WMU-Form für Blickkontakt mit großem Publikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Abb. 29: Inneres Bild des Seidentuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 30: Inneres Bild der Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abb. 31: Gedachte Mittellinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 130 Abbildungsverzeichnis <?page no="131"?> ISBN 978-3-8252-6109-2 Körperausdruck in Studium und Beruf erfolgreich einsetzen Nonverbale Kommunikation und Körperausdruck machen einen Großteil der zwischenmenschlichen Kommunikation aus. Ein bewusster und authentischer Körperausdruck kann nicht nur das Verständnis und die Verbindung zu anderen verbessern, sondern auch die Selbstwahrnehmung fördern und das Selbstbewusstsein stärken. Ausgehend von diesem Leitgedanken vermittelt der Band Basiswissen zum Thema Körperausdruck. Er ist als Arbeitsbuch konzipiert und bietet zahlreiche Anregungen, Tipps und Übungen, um den eigenen Körperausdruck gezielt weiterzuentwickeln. Ein idealer Ratgeber für Studierende, Promovierende und Lehrende aller Fachrichtungen, die den eigenen Körperausdruck erfolgreich in Studium und Beruf einsetzen wollen. Schlüsselkompetenzen Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel mit Audio- Übungen