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Einführung in das Dienstleistungsmarketing

1113
2023
978-3-8385-6179-0
978-3-8252-6179-5
UTB 
Michael Zerres
Irene E. Rath
10.36198/9783838561790

Täglich nehmen wir unzählige Dienstleistungen in Anspruch. Für die meisten davon müssen wir bezahlen. Wir gehen zum Haareschneiden, zur Arztpraxis oder zur Rechtsberatung. Wir lassen unsere Wohnung renovieren, lassen uns beim Möbelkauf beraten oder bestellen regelmäßig Pizza. Was ist nun das Besondere der Marketingaktivitäten solcher Dienstleistungen? Worin unterscheiden sie sich von den Anbietern von Konsum- oder auch Investitionsgütern? Darauf soll dieses Buch Ihnen eine Antwort geben. Dieses Buch zeigt die diesbezüglichen Unterschiede und Besonderheiten von Dienstleistungen und damit auch die des Dienstleistungsmarketings auf. Darauf aufbauend werden seine Instrumente und Erfolgsmessungen beschrieben. Auch digitale Dienstleistungen spielen hier eine große Rolle.

<?page no="0"?> Michael Zerres | Irene Rath Einführung in das Dienstleistungsmarketing Täglich nehmen wir unzählige Dienstleistungen in Anspruch. Für die meisten davon müssen wir bezahlen. Wir gehen zum Haareschneiden, zur Arztpraxis oder zur Rechtsberatung. Wir lassen unsere Wohnung renovieren, lassen uns beim Möbelkauf beraten oder bestellen regelmäßig Pizza. Was ist nun das Besondere der Marketingaktivitäten solcher Dienstleistungen? Worin unterscheiden sie sich von den Anbietern von Konsum- oder auch Investitionsgütern? Dieses Buch zeigt die Unterschiede und Besonderheiten von Dienstleistungen und damit auch die des Dienstleistungsmarketing auf. Darauf aufbauend werden seine Instrumente und Erfolgsmessungen beschrieben. Auch digitale Dienstleistungen spielen hier eine große Rolle. Zerres | Rath Betriebswirtschaftslehre Dienstleistungsmarketing Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel ISBN 978-3-8252-6179-5 2023-10-10_6179-5_Zerres_Rath_S_6179_PRINT.indd 1,3 2023-10-10_6179-5_Zerres_Rath_S_6179_PRINT.indd 1,3 10.10.23 11: 02 10.10.23 11: 02 <?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main utb 6179 UTB (S) Impressum_03_22.indd 1 UTB (S) Impressum_03_22.indd 1 23.03.2022 10: 24: 44 23.03.2022 10: 24: 44 <?page no="2"?> Dr. Michael Zerres ist Professor em. für Marketing an der Universität Hamburg. Dr. Irene Rath ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Internationales Management an der EURO-FH Hamburg. <?page no="3"?> Michael Zerres, Irene Rath Einführung in das Dienstleistungsmarketing UVK Verlag · München <?page no="4"?> Umschlagabbildung: © Dmytro Naumov · iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838561790 © UVK Verlag 2023 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption l gestaltung CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 6179 ISBN: 978-3-8252-6179-5 (Print) ISBN: 978-3-8385-6179-0 (ePDF) ISBN: 978-3-8463-6179-5 (ePub) <?page no="5"?> Vorwort Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft. Täglich nehmen wir unzählige Dienstleistungen in Anspruch. Für die meisten davon müssen wir bezahlen. Wir gehen zum Friseur, zum Arzt oder zum Rechtsanwalt. Wir lassen unsere Wohnung renovieren, lassen uns beim Möbelkauf beraten oder bestellen regelmäßig Pizza. Was ist nun das Besondere, was solche Anbieter von Dienstleistungen im Rahmen ihrer jeweiligen Marketingaktivitäten zu beachten haben? Worin unterscheiden sie sich von den Anbietern von Konsum- oder auch Investitionsgütern? Darauf soll dieses Buch Ihnen eine Antwort geben. Zunächst wird es darum gehen, die diesbezüglichen Unterschiede beziehungsweise Besonderheiten von Dienstleistungen ‒ und damit auch die entsprechenden Besonderheiten eines Dienstleistungsmarketing ‒ zu erkennen. Darauf aufbauend werden die Instrumente eines solchen Dienstleistungsmarketing behandelt, und es wird gezeigt, wie sich deren Erfolg messen und damit kontrollieren lässt. Daran anschließend werden speziell digitale Dienstleistungen genauer zu betrachten sein. Hinweis: Die Inhalte dieses Buches basieren auf zwei, von den Autoren erstellten Lehrbriefen der EURO-FH Hamburg. <?page no="7"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................ 5 1 Entwicklung, Besonderheiten, Voraussetzungen und Rechtsrahmen eines Dienstleistungsmarketing............................................................................ 9 1.1 Entwicklung ...................................................................... 9 1.2 Besonderheiten ............................................................... 11 1.3 Voraussetzungen............................................................. 16 1.4 Rechtsrahmen.................................................................. 25 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing .............. 33 2.1 Ziele................................................................................... 33 2.2 Strategien ......................................................................... 33 2.3 Planung............................................................................. 34 2.4 Methoden ......................................................................... 35 3 Operatives Dienstleistungsmarketing .................43 3.1 Leistungspolitik .............................................................. 44 3.1.1 Dienstleistungsprogramm ................................. 44 3.1.2 Markenpolitik....................................................... 55 3.1.3 E-Services .............................................................. 58 3.1.4 Qualitätsmanagement......................................... 59 3.2 Preispolitik....................................................................... 62 3.3 Distributionspolitik........................................................ 71 3.4 Kommunikationspolitik ................................................ 82 3.4.1 Persönliche Kommunikation............................. 83 <?page no="8"?> 8 Inhaltsverzeichnis 3.4.2 Verkaufsförderung .............................................. 84 3.4.3 Werbung ................................................................ 85 3.4.4 Öffentlichkeitsarbeit ........................................... 88 3.4.5 Onlinemarketing.................................................. 90 3.5 Personalpolitik ................................................................ 93 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling ................ 95 5 Digitale Dienstleistungen .........................................103 5.1 Grundlagen .................................................................... 103 5.1.1 Begriffsabgrenzungen....................................... 103 5.1.2 Elemente .............................................................. 105 5.1.3 Rahmenvoraussetzungen................................. 107 5.2 Management.................................................................. 123 5.2.1 Begriff .................................................................. 123 5.2.2 Analyse ................................................................ 123 5.2.3 Strategie............................................................... 139 5.2.4 Realisierung ........................................................ 141 5.2.5 Kontrolle.............................................................. 142 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis ............................. 145 5.3.1 Überblick ............................................................. 145 5.3.2 Beispiel Assekuranz .......................................... 147 5.3.3 Ausblick ............................................................... 161 6 Schlussbetrachtung .....................................................177 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 181 Literaturverzeichnis .............................................................. 183 Stichwortverzeichnis............................................................. 189 <?page no="9"?> 1 Entwicklung, Besonderheiten, Voraussetzungen und Rechtsrahmen eines Dienstleistungsmarketing 1.1 Entwicklung Im Zuge der enorm gewachsenen Bedeutung von Dienstleistungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand als Ergebnis eines sogenannten Marketing-Broadening in Wissenschaft und Praxis weltweit ein eigenes Dienstleistungsmarketing . Naturgemäß weist diese zahlreichen Gemeinsamkeiten mit einem Konsumgütermarketing auf, sodass es nicht das gesamte Marketing von Dienstleistungsanbietern umfasst, sondern nur diejenigen Aspekte, in denen sich deren Marketingaktivitäten von denen von Sachgüterherstellern unterscheiden. Der Absatz stellt die letzte Phase eines Betriebsprozesses dar und schließt damit den betrieblichen Wertekreislauf, indem er über die Verwertung der Betriebsleistung, also durch den Verkauf von Sachgütern oder Dienstleistungen, den Rückfluss der im Unternehmen eingesetzten Geldmittel einleitet und damit eine Fortsetzung der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen ermöglicht. Man kann den Wandel im Absatzbereich der Unternehmung, den Übergang vom Vertrieb der Produkte und Dienstleistungen zum Marketingmanagement in drei Entwicklungsphasen darstellen. Der ersten Phase der Produktionsorientierung , die ihre historischen Wurzeln im 19. Jahrhundert hat und die durch die Situation eines Verkäufermarktes gekennzeichnet war, bei der also die Marktmacht beim Verkäufer lag, folgte eine Phase der Verkaufsorientierung , in der sich Sättigungserscheinungen abzeichneten und die durch eine Erhöhung der Verkaufsanstren- <?page no="10"?> 10 1 Dienstleistungsmarketing gungen gekennzeichnet war. Ausgangspunkt aller unternehmerischen Planungsüberlegungen war jedoch nach wie vor die Leistungserstellung. Die heute in allen hochentwickelten marktwirtschaftlichen Volkswirtschaften vorherrschende Phase einer Marketingorientierung stellt schließlich die Reaktion der Unternehmer auf die wachsende Macht des Verbrauchers (Käufermarktkonstellation) und die veränderten Umweltbedingungen dar, also das Ergebnis eines aggressiv umworbenen Käufermarktes mit all seinen Begleiterscheinungen. In diesem Zusammenhang charakterisieren vier Elemente Marketing als eine unternehmerische Grundhaltung, die das Denken und Handeln in allen Unternehmensteilen bestimmt und die einheitlichen Ziele bedingt:  Kundenorientierung Prognose und Antizipation der Kundenbedürfnisse, Zielgruppenorientierung und Bemühen um Entwicklung von Problemlösungen für die Nachfrager  Konkurrenzdenken Zwang des Unternehmens zu ständiger Leistungsentwicklung und/ oder -verbesserung  Umweltorientierung Beobachtung der externen Rahmenbedingungen, z. B. Bevölkerungs- und Haushaltsstrukturen, Lebensgewohnheiten oder technischer Fortschritt, als Voraussetzung für die Entwicklung marktgerechter Leistungsangebote  Aktive Marktbearbeitung Innovationsstrategien, wie etwa im Hinblick auf die Entwicklung neuer Technologien, bieten Chancen zur Realisierung von Wettbewerbsvorsprüngen, wie sie durch ein passives, reaktives Verhalten (Imitationsstrategien, z. B. im Hinblick auf die Perfektionierung be- <?page no="11"?> 1.2 Besonderheiten 11 stehender Technologien) nur bedingt erreicht werden können. Marketing ist heute eine Universalwissenschaft , in die eine Vielzahl von Nachbardisziplinen hineinwirkt, wie etwa Psychologie, Recht oder auch Technik. Die Marketingwissenschaft hat die Aufgabe, neben der Beschreibung und Analyse bestehender Sachverhalte diesbezügliche Entscheidungsregeln bereitzustellen. Dabei unterscheidet man üblicherweise in ein Marketing von  Konsumgütern,  Investitionsgütern und  Dienstleistungen. Ein solches Marketing von Dienstleistungen ist nun näher zu betrachten. Es wird zunächst darum gehen, die Besonderheiten von Dienstleistungen zu erkennen, wodurch sich diese also von Konsum- und Investitionsgütern unterscheiden. Nach den Dienstleistungsträgern lassen sich grundsätzlich ein funktionelles und ein institutionelles Dienstleistungsmarketing unterscheiden. Während das funktionelle Dienstleistungsmarketing als eine Nebenfunktion in Sachgüterunternehmen verstanden wird, das heißt, dass Sachgüterunternehmen zusätzlich Dienstleistungen anbieten, beschäftigt sich das institutionelle Dienstleistungsmarketing dagegen mit dem Marketing von reinen Dienstleistungsunternehmen, wie beispielsweise Versicherungen oder Hotels. 1.2 Besonderheiten Als zentrales konstitutives Merkmal von Dienstleistungen gilt deren Intangibilität bzw. deren immaterielle Natur, ein Merkmal, das allein jedoch nicht ausreicht, um den Charakter einer Dienstleistung hinreichend zu erfassen (Zink <?page no="12"?> 12 1 Dienstleistungsmarketing & Eberhard, 2009, S. 1). Zusätzlich sollen Dienstleistungen daher im Folgenden noch anhand von drei Dimensionen systematisiert werden, wobei jeder Dimension mindestens ein konstitutives Merkmal zugeordnet wird, um so das Wesen der Dienstleistung möglichst umfassend charakterisieren zu können. Die erste potenzialorientierte Dimension besteht in den konstitutiven Merkmalen eines Dienstleistungsanbieters, aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner Bereitschaft über das Potenzial zur Leistungserbringung gegenüber einem Nachfrager zu verfügen. Dabei kommt oftmals eine Kombination aus internen Faktoren zum Einsatz, wie beispielsweise Mensch und Maschine. Das Dienstleistungspotenzial ist dabei ausschließlich immaterieller Natur. So kann etwa eine Beratung mittels Telefons oder Internet erfolgen, die Beratungsfähigkeiten sind naturgemäß physisch nicht greifbar. So ist es seit Kurzem in Deutschland für Ärzte möglich, unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen, Patienten auch online zu behandeln. Die zweite prozessorientierte Dimension beinhaltet, dass die Erstellung einer Dienstleistung erst dann begonnen werden kann, wenn ein externer Faktor in den Leistungsprozess eingebracht wird; hierbei kann es sich wiederum um ein Objekt, z. B. ein Werkzeug, oder auch um einen Menschen handeln. Ohne einen entsprechenden externen Faktor kann das Potenzial des Dienstleistungserstellers also nicht auf Menschen oder Sachen einwirken. Aufgrund der zwingenden Interaktion zwischen Leistungserbringer und dem externen Faktor während des Erstellungsprozesses ergeben sich so die konstitutiven Merkmale der Simultanität und der Unteilbarkeit der Leistungen (Hilke, 1989, S. 12). Beispielsweise kann so ein defektes Auto erst bei direktem Kontakt mit dem Dienstleister repariert werden. Die räumliche und zeitliche Simultanität der Leistungs- <?page no="13"?> 1.2 Besonderheiten 13 erbringung wird als Uno-actu-Prinzip bezeichnet (Maleri & Frietzsche 2007). Die dritte ergebnisorientierte Dimension zeichnet sich durch das konstitutive Merkmal der Immaterialität als Ergebnis einer jeden Dienstleistung aus. So ist zwischen dem prozessualen und dem immateriellen Ergebnis einer Dienstleistung zu unterscheiden. Dienstleistungen manifestieren sich häufig nur anhand des eingebrachten externen Faktors, da sie im Moment der Entstehung wieder vergehen können. Daher ist das immaterielle Ergebnis einer Dienstleistung, dass also beispielsweise ein Auto wieder einsatzbereit ist, oft nur als Wirkung oder Wahrnehmung beim Nachfrager sichtbar, während das Ergebnis des Prozesses, also etwa der Ersatzteiltausch, direkt sichtbar und greifbar ist. Kritiker dieser Ansicht fordern die Einhaltung einer strikten Abgrenzung zwischen dem prozessualen Ergebnis „Ersatzteil ausgetauscht“ und dem Ziel der Dienstleistung in Form einer Folge oder Wirkung „Auto ist funktionstüchtig“, da ansonsten die reine Immaterialität der Dienstleistung nicht mehr gelte. Dennoch konnte sich der vorgestellte Definitionsansatz in der wissenschaftlichen Literatur durchsetzen (Meffert, Bruhn & Hadwich, 2018, S. 34). Im Leistungsprozess werden interne und externe Faktoren miteinander kombiniert (prozessorientierte Phase). Die auf diese Weise neu geschaffene Faktorkombination verfolgt die Zielvorgabe einer nutzenstiftenden Wirkung an den externen Faktoren. Daraus ergeben sich folgende konstitutive Merkmale einer Dienstleistung (Fischer, 2013, S. 62):  keine Lagerfähigkeit,  keine Transportfähigkeit, also eine Standortgebundenheit, und  keine Vorführbarkeit der Leistung vor der tatsächlichen Leistungserbringung. <?page no="14"?> 14 1 Dienstleistungsmarketing Die drei abgeleiteten Merkmale haben weitreichende Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen der Dienstleistungserbringung und damit eines Dienstleistungsmarketing. So kommt etwa der Kapazitätsplanung durch die Nichtlagerfähigkeit der Dienstleistungen eine wesentlich höhere Bedeutung als im Sachgüterbereich zu. Die Leistungserstellung verlangt nach einer hohen Flexibilität und einer intensiven Koordination mit den Nachfragern (Meffert, Bruhn & Hadwich, 2018, S. 67 f.). Ein solch intensiver Austausch mit diesen über den individuellen Nutzen einer Dienstleistung ist weiter durch die Nichtvorführbarkeit der Dienstleistung unumgänglich. Aufgrund der Transportunfähigkeit einer Dienstleistung muss daher also entweder der externe Faktor zum Dienstleistungserbringer oder das Potenzial zum externen Faktor transportiert werden. Hieraus ergibt sich etwa, insbesondere für global agierende Unternehmen, die Fragestellung nach einer entsprechenden strategischen Standortplanung. Die beschriebenen konstitutiven Merkmale und die Definition von Dienstleistungen bieten eine hinreichende Abgrenzung von Dienstleistungen gegenüber Sachgütern im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand (Abb. 1). konstitutive Merkmale Sachgut Dienstleistung Materialität Gegenständlichkeit 3 5 Immaterialität Intangibilität 3 Lagerfähigkeit 3 5 Transportfähigkeit 3 5 Standortgebundenheit 3 (3) Vorführbarkeit 3 5 externer Faktor Individualität (3) 3 <?page no="15"?> 1.2 Besonderheiten 15 konstitutive Merkmale Sachgut Dienstleistung Interaktion (3) 3 Uno-actu- Prinzip Simultanität 5 3 Unteilbarkeit 5 3 Merkmalsausprägung: 3 (erfüllt), (3) (teilweise erfüllt), 5 (nicht erfüllt) Abb.1: Abgrenzung eines Sachgutes gegenüber einer Dienstleistung (Quelle: In Anlehnung an Klostermann, 2008, S. 11, und Fischer, 2013, S. 63) Die problematische Abgrenzung von Dienstleistungen und Sachgütern hat in der wissenschaftlichen Literatur zu der Diskussion geführt, ob eine getrennte Betrachtung überhaupt als gerechtfertigt erachtet werden kann (Engelhard, Kleinaltenkamp & Reckenfelderbäumer, 1993, S. 415 ff.). So lassen sich Dienstleistungen als Produktbündel unzertrennlich im Verbund mit Sachgütern interpretieren. Hierunter fallen insbesondere Dienstleistungen aus dem Systemgeschäft, z. B. aus dem Anlagenbau, bei dem der Nutzer anstelle einer Einzelleistung mehrere zusammengefügte Einzelkomponenten, also Sachgüter und Dienstleistungen, als eine umfassende Problemlösung erhält. Eine derartige Interpretation scheint durchaus gangbar (Homburg & Garbe, 1996, S. 259 f.). Im folgenden Kontext sollen die beiden Leistungskomponenten, unter Berücksichtigung der eingeführten Definition und der damit einhergehenden Argumentation, dagegen als getrennt voneinander betrachtet werden. Im Laufe der vergangenen fünfzig Jahre hat sich eine große Begriffsvielfalt um die Dienstleistung im industriellen Sektor herausgebildet. Die Begriffe sind inhaltlich weder einheitlich definiert noch eindeutig voneinander abzugrenzen <?page no="16"?> 16 1 Dienstleistungsmarketing (Homburg & Garbe, 1996, S. 257). In der wissenschaftlichen Forschung hat sich der übergeordnete Begriff der industriellen Dienstleistungen durchgesetzt, insbesondere im Falle einer Dienstleistungserbringung im Zusammenhang mit Sachgütern der Investitionsgüterindustrie (Kroll, 2010). Dabei werden die industriellen Dienstleistungen meist unter dem Motiv angeboten, den Absatz der jeweiligen Investitionsgüter zu steigern. Grundsätzlich ist hier bei einer Typologisierung von Dienstleistungen zwischen ein- und mehrdimensionalen Ansätzen zu unterscheiden. Die stärker vertretenen eindimensionalen Ansätze bestehen aus nur einem Merkmal, während den mehrdimensionalen Ansätzen mindestens zwei Merkmale zugrunde liegen. So ergeben sich derartige mehrdimensionale Ansätze teilweise aus der Kombination mehrerer eindimensionaler Ansätze. Eindimensionale Klassifizierungen wiederum gelten jedoch vielfach als unzureichend, da sie die Mannigfaltigkeit der Dienstleistungen oftmals nicht ausreichend erfassen. Das Angebot industrieller Dienstleistungen kann unterschiedlichen Zielsetzungen dienen. Es kann aus strategischen Zielsetzungen heraus erfolgen, um beispielsweise Neukunden zu gewinnen oder bestehende Kunden zu halten. Weiter können marktbezogene Ziele verfolgt werden, wie etwa die Erschließung neuer Teilmärkte. Unabhängig von der Zielsetzung lässt sich konstatieren, dass durch das Angebot von Dienstleistungen wohl stets ein Mehrwert zu erzielen ist. 1.3 Voraussetzungen Marketing bedeutet marktorientiertes Handeln. Voraussetzung dafür ist, dass das betreffende Unternehmen den Markt, also seine Kunden und seine Mitbewerber kennt. Eine solche Voraussetzung zu schaffen ist Aufgabe der Marktforschung. <?page no="17"?> 1.3 Voraussetzungen 17 Drei Aspekte modernen Dienstleistungsmarketing begründen dabei die Notwendigkeit einer fundierten Marktforschung:  Philosophieaspekt, d. h. die bewusste Markt- und Kundenorientierung aller Unternehmensbereiche: Nicht die Leistung an sich, sondern die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse aktueller und potenzieller Kunden stehen zu Beginn aller Überlegungen.  Verhaltensaspekt, d. h. die Erfassung und die Beobachtung aller für ein Unternehmen relevanten Umweltschichten, also etwa Käufer, Konkurrenten, Absatzmittler oder Staat, zur Analyse ihrer Verhaltensmuster. Eine derartige verhaltenswissenschaftliche Orientierung bedingt dabei zwingend eine interdisziplinäre Ausrichtung des Dienstleistungsmarketing.  Informationsaspekt, d. h. die schöpferisch-gestaltende Funktion einer systematischen Marktsuche und -erschließung. Hierzu gehört die planmäßige Erforschung des Marktes als Voraussetzung für ein kundengerechtes Verhalten. Aus einer solchen informationsorientierten Sicht dient Marktforschung also im Wesentlichen zwei Marketingzielen :  Leistungsfindung: Schaffung besserer Dienstleistungen und/ oder günstigerer Preise für die Konsumenten, also von Angeboten, die für bestimmte Marktsegmente allen Konkurrenzangeboten überlegen sind (Voraussetzung: Gute Kenntnisse über die Nachfrage, um die Marktsegmente möglichst genau abgrenzen zu können).  Leistungsbegründung:  Darstellung der Überlegenheit des eigenen Dienstleistungsangebotes, um Unsicherheiten bei den Nachfra- <?page no="18"?> 18 1 Dienstleistungsmarketing gern abzubauen und sie von dem Wettbewerbsvorteil der angebotenen Leistung zu überzeugen (Glaubwürdigkeit der Darstellung). In diesem Zusammenhang resultiert die Bedeutung von Informationsprozessen aus der  Existenz unvollkommener Märkte, also einem intransparenten Marktgeschehen, d. h. unvollständige Information der Marktteilnehmer und  Unsicherheit der Marktteilnehmer aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen. Für das hier deutlich gewordene Phänomen der Unsicherheit lassen sich im Wesentlichen folgende Gründe ausmachen:  Die Beeinflussung einer Variablen kann die Veränderung einer anderen zur Folge haben. Beeinflusst man eine Variable A, zum Beispiel den Preis, hat das zur Folge, dass eine andere Variable B, zum Beispiel die Rendite, sich ebenfalls ändert.  Der Zeitfaktor, d. h., dass die Entscheidung, die in einer Planperiode richtig ist, in einer späteren falsch sein kann.  Die Qualität einer Entscheidung ist abhängig von der Qualität der Konkurrenzentscheidung. Dies bedeutet, dass  Risiken aus Verhaltensunsicherheiten der Marktteilnehmer erwachsen, aber auch  Chancen aus Informationsvorsprüngen entstehen können. Während den Risiken durch Forschungsarbeiten, wie denen des Nobelpreisträgers William Vickrey, heute erfolgversprechend begegnet werden kann, hilft etwa ein computergestütztes Marketing, die möglichen Chancen besser auszuschöpfen. <?page no="19"?> 1.3 Voraussetzungen 19 Vickrey hat vornehmlich irrationales Kundenverhalten untersucht und so herausgefunden, dass etwa ein Auktionshaus höhere Gewinne erzielen kann, wenn es demjenigen, der das höchste Gebot abgibt und damit also den Zuschlag erhält, vorher zusagt, dass er nur den Betrag für das zweithöchste Angebot bezahlen muss. Es hat sich weltweit gezeigt, dass dieses Theorem zu höheren Angeboten verführt, weil die jeweiligen Bieter wissen, dass sie diese ja nicht tatsächlich bezahlen müssen. Ähnlich ist der Fall gelagert, wenn bei einer Ausschreibung das niedrigste Angebot den Zuschlag erhält, der betreffende Anbieter aber den Preis für das zweitniedrigste Angebot bekommt. Man unterscheidet Marktforschung  nach ihrem sachlichen Untersuchungsziel in - Tatsachenforschung und - Meinungs- und Motivforschung.  nach ihrem zeitlichen Untersuchungsziel in die - Marktanalyse, bei der es um die Struktur des Marktes oder das Verhalten der Marktpartner zu einem bestimmten Zeitpunkt geht, - Marktprognose, die die Veränderung eines Marktes im Zeitablauf zum Inhalt hat, - Marktkontrolle, die die Ermittlung des Wirkungsgrades der verschiedenen, am Markt eingesetzten marketingpolitischen Instrumente zum Inhalt hat. Im Rahmen einer Marktdiagnose lassen sich weiterhin unterscheiden:  die Marktdefinition , d. h. die Bestimmung des Marktes, in erster Linie des angestrebten Anteils am Gesamtmarkt,  die Nachfrageforschung , die die Erstellung von Prognosen für die Entwicklung der Nachfrage zum Ziel hat sowie die Lieferung von Informationen, diese Nachfrage entsprechend den eigenen Zielsetzungen zu beeinflus- <?page no="20"?> 20 1 Dienstleistungsmarketing sen. Dienstleistungsverwendungsmöglichkeiten, Bedürfnisträger, Änderungen in der Bedürfnisstruktur sowie die Preiselastizität der Nachfrage sind hierbei wichtige Untersuchungsgegenstände. Weitere Felder sind  die Infrastrukturforschung , die das Finden einer optimalen Distributionsstruktur zum Ziel hat,  die Werbeforschung , die Kenntnisse über die Anzahl und die Art der möglichen Werbemittel, die Kosten deren Einsatzes und deren Leistungsfähigkeit vermitteln soll, und schließlich  die Konkurrenzforschung , bei der es um Daten der direkt oder indirekt konkurrierenden Unternehmen geht (Anzahl, Namen, Mitarbeiter, Umsätze, eingesetzte absatzpolitische Instrumente), also um die Bestimmung der Konkurrenzintensität und eigener Wettbewerbsvorteile. In diesen Zusammenhang sind auch die Bemühungen einer Technikfolgenabschätzung anzusiedeln, einem Forschungsfeld, bei dem es darum geht, die Folgen neuer Technologien auf alle Bereiche der Gesellschaft umfassend zu analysieren, und dem in Zeiten der Digitalisierung aller Lebensbereiche wohl mehr Bedeutung zukommen sollte. Konkurrenzforschung verfolgt als Ziele  eine Charakterisierung der generellen Wettbewerbssituation im betrachteten Markt,  eine Feststellung der eigenen Erfolgsposition,  eine Identifikation und Einschätzung der wichtigsten Konkurrenten, und schließlich  die Durchführung einer vergleichenden Stärken-/ Schwächen-Analyse für das eigene Unternehmen und die Konkurrenz beziehungsweise den stärksten Konkurrenten. <?page no="21"?> 1.3 Voraussetzungen 21  Zur Gewinnung von Informationen zieht die Konkurrenzforschung etwa Besuchsberichte von Außendienstmitarbeitern im Hinblick auf Aktivitäten der Konkurrenz oder auch Geschäftsberichte der Konkurrenz, ihre Preislisten oder Ähnliches heran. Aktuelle, spezifische Daten liefert zum Beispiel eine Beobachtung der Konkurrenz beziehungsweise diesbezügliche Befragungen. Da es vor allem auf die Kundensicht ankommt, sind hier entsprechende Kundenbefragungen vorzuziehen. So kann zum Beispiel eine Bank ihre Kunden befragen, wie sie die auf dem jeweiligen Markt agierenden Konkurrenzinstitute einschätzt. Eine Form ist hier etwa die Fadenkreuztechnik (freundliche Bedienung - unfreundliche Bedienung, teuer - günstig). Wesentliche Bereiche der Marktforschung sind vor allem die Nachfrageforschung , die die Erstellung von Prognosen für die Entwicklung der Nachfrage zum Ziel hat sowie die Lieferung von Informationen, diese Nachfrage entsprechend den eigenen Zielsetzungen zu beeinflussen. Dienstleistungsverwendungsmöglichkeiten, Bedürfnisträger, Änderungen in der Bedürfnisstruktur sowie die Preiselastizität der Nachfrage sind hierbei wichtige Untersuchungsgegenstände. Die anfangs identifizierten Besonderheiten von Dienstleistungen führen zu spezifischen Schwerpunkten in der Marktforschung. Da im Dienstleistungsmarketing die Integration des externen Faktors als wesentlich für dessen Erfolg gilt, spielt hier in der Marktforschung vor allem auch eine Standortforschung regelmäßig eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang ist auf das Integrationsverhalten der Nachfrager besonders einzugehen, so etwa bei einem Fitnesscenter. Aus der Immaterialität von Dienstleistungen resultiert für die Marktforschung die Bedeutung von Kundenzufriedenheitsanalysen. Die Nichtlagerfähigkeit von Dienstleistun- <?page no="22"?> 22 1 Dienstleistungsmarketing gen verlangt schließlich von der Marktforschung Informationen über das zeitliche Nachfrageverhalten. Grundsätzlich werden in der Marktforschung zwei Forschungsverfahren unterschieden: Die Sekundärforschung und die Primärforschung. Bei der Sekundärforschung unterscheidet man wiederum in interne und externe Quellen. Quellen der internen Forschung sind: Berichte von Kundenberatern, Berichte von Mitarbeitern, Kundenbeschwerden, Kundendaten, Kostenrechnung und Statistiken zu Umsatz und Auslastung. Externe Quellen sind: Amtliche Statistiken, Branchenstatistiken, Datenbanken, Veröffentlichen der Konkurrenz und Fachpublikationen. Bei der Sekundärforschung geht es um die Heranziehung und die Auswertung desjenigen Materials, das bereits vorhanden ist (desk research). Man unterscheidet in die interne Sekundärforschung, bei der etwa Umsatz- und Vertriebskostenanalysen wichtige Unterlagen darstellen. Die den jeweiligen betrieblichen Bedürfnissen angepasste Aufgliederung der Umsätze ist für ihre Aussagefähigkeit ausschlaggebend. So ist etwa eine wert-/ mengenmäßige Erfassung der Umsätze in der Zeit aufgespalten nach Dienstleistung/ Dienstleistungsgruppen, Umsatz- und Gewinnanteilen eine wichtige Grundlage für Überlegungen, das Absatzprogramm zu rationalisieren. Weitere wichtige Aufspaltungen sind die nach Absatzbezirken und Abnehmern. Außerdem ist das Verhältnis zwischen Umsatz und Auftragseingang zu berücksichtigen. Die Absatzplanung erfordert nicht nur eine genaue Planung der Absatzmengen und -werte, sondern auch der Vertriebskosten, besonders der Kosten der einzelnen absatzpolitischen Maßnahmen. Hierzu ist ein gut ausgebautes Rechnungswesen erforderlich. Untersuchungen und Beobachtungen der Vertriebskosten bilden eine Grundlage für das Durchdenken und Abwägen zukünftig einzusetzender Marketinginstrumente. <?page no="23"?> 1.3 Voraussetzungen 23 Zu den Quellen externer Sekundärforschung gehören die Wirtschaftsteile der einschlägigen Zeitungen, deren Anzeigenteile (Tätigkeit der Konkurrenz), Veröffentlichungen von Markt- und Konjunkturforschungsinstituten, Messeberichte, Branchenadressbücher sowie amtliche Veröffentlichungen der Statistischen Landesämter und des Statistischen Bundesamtes. Das Material ist in der Regel relativ schnell und günstig erhältlich. Es weist allerdings oftmals den Nachteil auf, dass es unter Umständen schon veraltet ist, und vor allem, dass es nicht auf die speziellen Fragestellungen genau zugeschnitten ist, also eine fehlende Problemadäquanz aufweist. Im Gegensatz zur Sekundärforschung beinhaltet die Primärforschung einen direkten Kontakt zu den Marktteilnehmern (field research). Als Verfahren unterscheidet man hier vor allem die Beobachtung (einschließlich der Selbstbeobachtung), deren Ergebnisse etwa bei Geschäftsöffnungszeiten Bedeutung erlangen können, die Befragung (Interview) und als aufwendigste Form schließlich den Test (Experiment). Totalerhebungen werden dabei aus Kosten- und Zeitgründen nur sehr selten vorgenommen; in der Regel begnügt man sich mit Teilerhebungen, das heißt nur einen ausgewählten Teil der Personen möglichst nach dem Stichprobeverfahren, nachdem eine Probe als repräsentativ gilt, wenn sie von gleicher Beschaffenheit wie die Gesamtheit ist, zu erfassen und von den Äußerungen dieses Teils auf das Verhalten, die Meinungen und Motive der Gesamtheit zu schließen. Heute besitzt hier das Internet eine wesentliche Bedeutung als Informationsgewinnungs- und Kommunikationsinstrument. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über Markt, Marktteilnehmer und Umfeld, jeweils getrennt nach hier zum Einsatz gelangenden Methoden (vgl. Abb. 2). <?page no="24"?> 24 1 Dienstleistungsmarketing Abb. 2.: Primärforschung (Quelle: Meffert et al., 2018, S. 213) Eine wichtige Entscheidungsproblematik stellt in diesem Zusammenhang die Frage dar, ob man derartige primäre Marktforschungsmaßnahmen von eigenen, unter Umständen preiswerteren, aber auch eher betriebsblinden, oder aber von fremden, über die entsprechende Kompetenz verfügenden, allerdings oft sehr teuren Mitarbeitern durchführen lassen soll. Ziele einer solchen Marktsegmentierung sind in erster Linie ein optimal abgestimmter Einsatz der Marketinginstrumente sowie eine effiziente Aufteilung des Marketingbudgets. Grundsätzlich darf der Segmentierungsaufwand nicht größer sein als der zusätzlich dadurch zu erreichende Nutzen. Die zu bildenden Segmente (Teilmärkte) stellen in der <?page no="25"?> 1.4 Rechtsrahmen 25 Regel aktuelle oder auch potenzielle Käufergruppen dar. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Käufer oftmals nicht mit dem Verwender identisch ist; in derartigen Fällen müsste korrekterweise zunächst geprüft werden, ob der Käufer autonom handelt oder ob er vom Verwender beeinflusst worden ist. Im letzteren Fall müsste es also gelten, den Kaufbeeinflusser zu erfassen. 1.4 Rechtsrahmen Auf der Suche nach den Ursachen für gescheiterte Implementierungsbemühungen eines Dienstleistungsmarketing wird regelmäßig vernachlässigt zu untersuchen, in welchem Ausmaß und in welcher Form die rechtlichen Rahmenbedingungen in den betroffenen Unternehmen diesbezüglich beachtet worden sind. Dienstleistungen werden grundsätzlich auf der Grundlage von vertraglichen Vereinbarungen erbracht. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht für die typischen Dienstleistungen gesetzlich geregelte Vertragstypen vor. Aufgrund der Vertragsfreiheit können diese gesetzlichen Regelungen, soweit nicht schutzbedürftige Interessen, wie etwa die von Verbrauchern entgegenstehen, einzelvertraglich abgeändert oder ergänzt werden. Hierzu zählt insbesondere der Dienstvertrag (§§ 611 bis 630 BGB). Typische Dienstverträge sind solche mit freien Mitarbeitern oder das Arbeitsverhältnis mit Angestellten (§ 611a BGB). So finden etwa arbeitsrechtliche Bestimmungen oftmals nur eine wenig adäquate Berücksichtigung bei BPR- (Business Process Reengineering)-Implementierungsprozessen. Demgegenüber wird beim Werkvertrag ein „Erfolg“ gegen Entgelt geschuldet (§§ 631 ff. BGB). Im Gegensatz zum Dienstvertrag steht beim Werkvertrag nicht die Leistung von „Diensten“ im Vordergrund, sondern das Erreichen eines bestimmten „Erfolgs“, zum Beispiel die Entwicklung einer speziellen Soft- <?page no="26"?> 26 1 Dienstleistungsmarketing ware für einen Kunden, die Durchführung eines Transports, die Erstellung eines Bauplans beim Architektenvertrag, die Anfertigung einer Zahnprothese beim Zahnarztvertrag, ein Wartungsvertrag oder der Vertrag mit einem Handwerker zur Vornahme einer Reparatur. In der Praxis finden oftmals auch haftungsrechtlichen Regelungen bei einem TQM (Total Quality Management) keine adäquate Berücksichtigung. Auch das entscheidungsrelevante Konfliktpotenzial zwischen Datenschutz und CRM (Customer Relationship Management) ist offensichtlich, um nur einige derartige Problemkonstellationen beispielhaft zur Veranschaulichung hervorzuheben. In dieser Vernachlässigung der Bedeutung einer adäquaten Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen als eine Ursache für den Erfolg oder eben auch das Scheitern eines Dienstleistungsmarketing liegt mit Sicherheit ein großes Versäumnis diesbezüglicher aktueller Analysen; denn erst eine umfassende und gleichzeitig fundierte Aufdeckung der Ursachen eines derartigen Scheiterns erlaubt eine Entwicklung adäquater Lösungsalternativen. Im Kontext der hier deutlich gewordenen Problematik vermag nun ein adäquates Rechtsmanagement einen erfolgversprechenden Lösungsansatz darzustellen. Die Lösung der im Spannungsfeld zwischen Dienstleistungsmarketing und Recht stehenden Entscheidungstatbestände wird in diesem Zusammenhang schon lange von Experten aus Wissenschaft und Praxis als die größte Herausforderung für das Management in der Zukunft angesehen. Eine marktorientierte Unternehmensführung wird in der betrieblichen Praxis mehr und mehr mit juristischen Sachverhalten konfrontiert, sei es im Rahmen eines Innovationsmarketing bei der Erwerbung von Patenten oder der Wahl eines Markennamens, sei es bei der Wahl der Rechtsform einer neuen Vertriebsniederlassung, sei es bei der Entscheidung für einen bestimmten Absatzweg, dem Vertrieb von Dienstleis- <?page no="27"?> 1.4 Rechtsrahmen 27 tungen, stets gilt es, auch die rechtlichen Voraussetzungen entsprechend zu berücksichtigen (Zerres & Zerres, 2018). Für Dienstleistungsanbieter auf einem Markt ist es, speziell für ihr Innovationsmarketing, von größter Bedeutung, die aktuellen, vor allem aber auch die zukünftigen Bedürfnisse der Verbraucher zu kennen. Diesem Ziel dient die Marktforschung, die so zu einer größeren Markttransparenz beiträgt. Marktforschung kann aber nur funktionieren, wenn ihr entsprechendes Vertrauen von den Personen entgegengebracht wird, von denen sie sich Informationen erhofft. Dieses Vertrauen gilt es auch zu schützen. Dieser Schutz soll in erster Linie durch datenschutzrechtliche Normen gewährleistet werden. Für eine solche Verarbeitung von Daten, also die Erhebung. Speicherung oder auch Weitergabe der Daten, ist in Deutschland seit einigen Jahren die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) maßgebend. Sie wird ergänzt durch die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes. Die DSGVO vereinheitlicht die Regeln für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen in der Europäischen Union (EU). Ziel soll einerseits der Schutz von personenbezogenen Daten innerhalb der EU und andererseits die Gewährleistung eines freien Datenverkehrs innerhalb des europäischen Binnenmarktes sein. Die DSGVO behält zwar grundsätzliche Prinzipien des bisherigen Datenschutzrechts bei; jedoch finden sich in ihr zahlreiche Fortentwicklungen dieser Prinzipien und in ihren Konkretisierungen neue Anforderungen, Regelungsinstrumente, Aufsichtsstrukturen und Durchsetzungsmechanismen. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegen weiterhin dem sogenannten Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 6 Abs. 1 DSGVO). Das bedeutet, personenbezogene Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, ist grundsätzlich verboten, es sei denn, dass der <?page no="28"?> 28 1 Dienstleistungsmarketing Betroffene ausdrücklich eingewilligt hat oder dies gesetzlich erlaubt ist (Art. 6 Abs. 1 DSGVO). Neben der in Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO erwähnten Einwilligung enthalten die weiteren unter lit. b bis f genannten Punkte abstrakt formulierte Erlaubnistatbestände. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO ist eine Verarbeitung zulässig, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrages, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen auf Antrag der betreffenden Person erfolgt. Nach welchen Grundsätzen eine wirksame Einwilligung zu erfolgen hat, richtet sich nach Art. 4 Nr. 11, Art. 6 Abs. 1 lit. a, Art. 7, Art. 8 DSGVO. Die DSGVO verlangt dabei nicht ausdrücklich die Schriftform; nicht ausreichend ist aber ein stillschweigendes Einverständnis durch das Akzeptieren der Datenschutzerklärung. Das bedeutet, dass personenbezogene Daten nur erhoben werden dürfen, wenn der Betroffene aktiv die Zustimmung zu dem Vorgang erteilt. Die DSGVO enthält, ebenso wie das frühere deutsche Datenschutzrecht, die Grundsätze zur Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO) und Erforderlichkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO „Datenminimierung“). Daneben wurden auch wesentliche Definitionen der personenbezogenen Daten, also Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Art. 4 Abs. 1 DSGVO) und der Verarbeitung (Art. 4 Abs. 2 DSGVO), der Sache nach unverändert übernommen. Die verantwortlichen Stellen werden in Art. 25 Abs. 1 DSGVO verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Datenschutzgrundsätze wirksam umzusetzen und so die Rechtmäßigkeit der Verordnung sicherzustellen. Branchenverbände können gemäß Art. 40 und 41 DSGVO Verhaltensregeln ausarbeiten und den Aufsichtsbehörden zur Genehmigung vorlegen, mit denen die Anwendung der Verordnung präzisiert wird. <?page no="29"?> 1.4 Rechtsrahmen 29 Im Hinblick auf die Markt- und Meinungsforschung enthält die DSGVO keinen expliziten Erlaubnistatbestand für die Datenverarbeitung. Eine Sekundärforschung wird infolge des weiten Forschungsbegriffs des europäischen Gesetzgebers in den Grenzen Art. 5 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 89 DSGVO zulässig. Für die Primärforschung durch Markt- und Meinungsforschung ist Art. 6 Abs. 1 DSGVO maßgebend. Danach ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der in § 6 Abs. 1 lit. a bis f DSGVO aufgezählten Bedingungen erfüllt ist. Soweit keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt, kann eine Markt- und Meinungsforschung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden. Voraussetzung für eine Privilegierung bei der Interessenabwägung ist, dass sich die Branche an ihre Selbstverpflichtungen hält. Mit der DSGVO und den damit einhergehenden höheren Anforderungen an den Datenschutz sowie den erhöhten Bußgeldern sind zugleich auch die Anforderungen an die Unternehmen zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen gestiegen. Die Bußgeldbeträge können bis zu 20 Mio. Euro oder bis zu 4 Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes eines Unternehmens betragen. Art. 12 bis 14 DSGVO sehen umfassende Informations- und Transparenzpflichten für die verantwortlichen datenverarbeitenden Unternehmen vor. In Art. 12 Abs. 1 DSGVO ist bestimmt, dass Informationen in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in klarer und einfacher Sprache zu übermitteln sind. Art. 13 DSGVO enthält einen genauen Katalog von Informationspflichten, welcher Mindestanforderungen an die Aufklärung der Nutzer normiert. Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten den Namen und die Kontaktdaten des Verantwort- <?page no="30"?> 30 1 Dienstleistungsmarketing lichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters mit; ebenfalls ist in diesem Katalog unter anderem vorgeschrieben, dass der Nutzer über Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten informieren muss. Diese Pflichten gelten insbesondere auch für Betreiber von Websites. Maßgebende Regelungen für die Internetkommunikation ist neben der DSGVO das Telemediengesetz (TMG). Typische Telemediendienste sind etwa Onlineangebote von Waren oder Dienstleistungen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit, Teleshopping, Internetsuchmaschinen, Internetauktionen, Onlinespiele, Blogs, Internetcommunities, Meinungsforen oder auch Chatrooms. Danach besteht die für Betreiber einer Website die Pflicht, eine Datenschutzerklärung für den Nutzer bereitzuhalten, damit dieser sich über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung seiner Daten informieren kann. Ist ein Unternehmen zusätzlich in einem sozialen Netzwerk präsent, dann bedarf es ebenfalls einer entsprechenden Datenschutzerklärung auf dessen dortiger Profilseite. In der Praxis kann dabei im Einzelfall eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche spezieller Gesetze voneinander durchaus problematisch sein. Abgrenzungsprobleme bestehen zunächst zum Rundfunk, das heißt Radio und Fernsehen, für den der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) Anwendung findet. Abgrenzungsfragen können auch zu Telekommunikationsdienstleistungen auftreten, die im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt sind. Diese Rechtsunsicherheit wurde durch das neue Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz, TTDSG) beseitigt. Mit dem TTDSG erfolgten eine Vereinheitlichung der Datenschutzbestimmungen des TMG und des (neuen) TKG und eine Anpassung an die DSGVO; das (TMG besteht in einer gekürzten (ohne Datenschutzbestimmungen enthaltenen) <?page no="31"?> 1.4 Rechtsrahmen 31 Fassung fort. Das TTDSG regelt insbesondere den Schutz der Vertraulichkeit und Privatsphäre bei der digitalen Kommunikation, z. B. über Websites, Messenger-Dienste oder E-Mail sowie der Nutzung von internetfähigen Endgeräten, wie Smart-Home-Geräten. Dieses Gesetz tritt neben den Anwendungsbereich der DSGVO und soll nicht erwünschte Zugriffe auf Informationen verhindern, die auf Computern, Tablets oder Mobiltelefonen gespeichert sind. Damit ist nun geregelt, dass das Speichern von und der Zugriff auf Informationen in der Endeinrichtung des Endnutzers, z. B. mittels Cookies, unabhängig von der Frage, ob dabei personenbezogene Daten erhoben werden, grundsätzlich nur mit einer, den Anforderungen der DSGVO entsprechenden, Einwilligung erlaubt ist (§ 25 Abs. 1 TTDS). Zusätzlich kann eine weitere Einwilligung nach der DSGVO erforderlich sein, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten in diesem Zusammenhang auf Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO gestützt wird. Im Dienstleistungsmarketing ist das Datenschutzrecht vor allem für ein Key Account Management von Bedeutung, dessen wesentliche Voraussetzung eine fundierte Marktforschung ist. Aus Sicht eines Key Account Managements geht es darum, möglichst viele Informationen über die strategisch wichtigen Kunden zu erhalten (gläserner Kunde). Hierzu zählen, neben den üblichen Kontaktdaten, z. B. Anschrift, weitere Informationen aus dem privaten Bereich, wie Geburtstag, Hobbys oder kulturelle Interessen. In gleicher Weise, wie nun die einzelnen innovativen Konzepte eines Dienstleistungsmarketing aufgrund ihnen offensichtlich innewohnender Interdependenzen nicht einer singulären Betrachtungsweise unterzogen werden dürfen, so dürfen auch die einzelnen Entscheidungsfelder eines unterstützenden Rechtsmanagements nur als ein ganzheitliches System betrachtet werden, also als ein integratives Rechtsmanagement . Dabei sollte der Rechtsrahmen nicht <?page no="32"?> 32 1 Dienstleistungsmarketing als unbeeinflussbare Konstante angesehen werden; hier die sich bietenden Möglichkeiten, etwa durch entsprechende Lobbyarbeit, wahrzunehmen, kann darüber hinaus großes Marketinggestaltungspotenzial eröffnen, das es zu nutzen und auszuschöpfen gilt. <?page no="33"?> 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing 2.1 Ziele Die Marketingziele eines Dienstleistungsunternehmens unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen eines Unternehmens der Konsumgüterindustrie. Sie können wie diese unternehmens-, kunden- oder auch mitarbeitergerichtet sein. Wirtschaftliche Ziele sind etwa Absatz, Umsatz, Gewinn, Deckungsbeitrag, Marktanteil, Liquidität und Kreditwürdigkeit. Psychologische Ziele sind unter anderem Kundenbindung und Image sowie die Mitarbeiterzufriedenheit. Schließlich unterscheidet man noch gesellschaftliche Ziele, also die Erfüllung gesellschaftlicher und ökologischer Aufgaben. 2.2 Strategien Auf Basis der zuvor bestimmten Marketingziele gilt es anschließend, sich auf eine oder mehrere Marketingstrategien festzulegen. Die folgende Abbildung gibt hierzu einen gesamthaften Überblick der einem Dienstleistungsunternehmen zur Verfügung stehenden Strategieoptionen mit einer Abgrenzung der betreffenden strategischen Geschäftsfelder, entsprechend unterteilt nach Funktionen, Technologien, Kundengruppen und Regionen (vgl. Abb. 3). <?page no="34"?> 34 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing Abb. 3: Strategieoptionen (Quelle: Meffert et al.,2018, S. 158) 2.3 Planung Vor einem Einsatz von Marketinginstrumenten muss sich ein Dienstleistungsunternehmen zunächst grundsätzlich über seine diesbezüglichen strategischen Ausrichtungen im Klaren sein. Diese beinhalten im Wesentlichen eine Definition von Zielen sowie die Festlegung auf eine oder mehrere Marktbearbeitungsstrategien. Unumgängliche Voraussetzung für den im Mittelpunkt des Marketing stehenden marktorientierten Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums, dem „Handwerkszeug“ eines Marketingmanagers, ist eine fundierte, periodengerechte und systematische Marketingplanung ; diese lässt die folgenden wesentlichen Vorteile erkennen:  Systematische Marketingplanung zwingt die Entscheidungsträger der Unternehmen zu einer fortwährenden Auseinandersetzung mit Entwicklungen auf Beschaffungs- und Absatzmärkten, <?page no="35"?> 2.4 Methoden 35  systematische Marketingplanung macht eine auf allen hierarchischen Ebenen der Unternehmen an operationalen (quantitativen) Zielen orientierte marktbezogene Unternehmensführung erforderlich,  systematische Marketingplanung kann zu einem Führungssystem der Unternehmen ausgebaut werden, indem durch die Vorgabe von messbaren Sollwerten an die Mitarbeiter ein Höchstmaß an Zielerreichung angestrebt wird,  systematische Marketingplanung ermöglicht schließlich durch präzise Sollwerte aussagefähige Marketingkontrollen. 2.4 Methoden Eine Marketingplanung beinhaltet methodisch zunächst stets eine Ist-Analyse . Hierbei gilt es, die Situation, vor allem in Bezug auf die Nachfrageentwicklung, die Marktanteile, die Kundenstruktur, aber auch den Wettbewerb, zu erfassen, ebenso das eigene Leistungsangebot. Am Ende einer solchen fundierten Ist-Analyse steht vorteilhafterweise eine Stärken-Schwächen-Analyse. Aufbauend auf entsprechenden Marktprognosen, sind dann die konkreten Marketingziele und -strategien zu formulieren. Die zur Erreichung dieser Ziele einzusetzenden Marketingmaßnahmen stehen schließlich am Ende einer derartigen Marketingplanung. Gerade im Dienstleistungsmarketing stellen aktuell im Rahmen von Problemanalysen Stärken-Schwächen-Analysen eine in der betrieblichen Praxis weitverbreitete Methode dar, um ein klares Bild zu gewinnen von der Situation, in der sich ein Unternehmen befindet. Stärken- Schwächen-Analysen, die im betrieblichen Alltag oftmals auch unbewusst, d. h. nicht formuliert, vorgenommen werden, liegt dabei grundsätzlich eine auf die Gegenwart <?page no="36"?> 36 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing bezogene Betrachtung zugrunde. Sie können jedoch auch die zukünftigen Umweltentwicklungen und die daraus entstehenden Chancen und Risiken miteinbeziehen. Zur besseren Veranschaulichung werden in diesem Zusammenhang Stärken-Schwächen-Analysen, in der Regel im Vergleich zum stärksten Konkurrenten, oftmals auch grafisch dargestellt (vgl. Abb. 4). Abb. 4: Stärken-Schwächen-Profil Zwei wesentliche Probleme einer fundierten Stärken- Schwächen-Analyse werden hierbei offenkundig: die Auswahl der Kriterien und deren Gewichtung sowie die Beschaffung aussagekräftiger Informationen, speziell über potenzielle Konkurrenten. Die größte Schwierigkeit dieser Analysenmethode stellt wohl die Beurteilung der Merkmalsausprägungen als Stärken bzw. als Schwächen dar. Dabei ist zunächst grundsätzlich darauf zu achten, dass die Ursachen, z. B. ein personalintensiver Service, und nicht die Symptome, z. B. Kostenunterdeckung, erfasst werden. Stärken-Schwächen-Analysen weisen oftmals qualitativen Charakter auf, d. h., ihre Erstellung unterliegt mehr dem <?page no="37"?> 2.4 Methoden 37 subjektiven, meist intuitiven Beurteilungsvermögen des Planungs- und Entscheidungsträgers. Heute finden diese persönlichen Einschätzungen immer häufiger Ergänzung durch quantitative Elemente. Bei einer sich oftmals anschließenden SWOT-Analyse werden in der Regel in einer Marketingplanung aus den in einer Ist-Analyse ermittelten und prognostizierten Daten die Stärken und Schwächen des eigenen Dienstleistungsunternehmens den unternehmensexternen Chancen und Risiken gegenübergestellt. Eine SWOT-Analyse gibt so Auskunft darüber, inwieweit die unternehmensinternen Stärken für die Nutzung von Marktchancen bzw. der Abwendung von Risiken genutzt werden können. Für die unternehmensinternen Schwächen gilt die Situation vice versa. Für eine Analyse der globalen Umwelt stellt PEST(LE) weitergehend eine geeignete Methode einer Marketingplanung dar. Es werden hierbei die politischen (political), wirtschaftlichen (economical), soziokulturellen (socio-cultural), technologischen (technological), rechtlichen (legal) und ökologischen (ecological) Einflussfaktoren und Trends untersucht. Entsprechend des untersuchten Marktes variiert dabei jeweils die Relevanz der betrachteten Faktoren. Pro-Kopf-Einkommen, Bruttosozialprodukt, Marktvolumen, Kaufkraft, Lohnkosten, Konjunkturprognosen oder auch Wechselkursentwicklungen weisen oft weitreichende Wechselwirkungen mit der untersuchten Branche und den Geschäftsfeldern auf und stellen somit einen wichtigen Grundpfeiler der wirtschaftlichen Umweltanalyse dar. Die politisch-rechtliche und die wirtschaftliche Sphäre sind dabei auf so vielfältige Weise miteinander verflochten, dass keine strategische Analyse darauf verzichten kann, diese auf die Entwicklung der Märkte hin zu untersuchen. Dabei müssen, neben einer stetigen Aktualisierung nationalen Rechtes, internationales Recht, Handelsabkommen, Libera- <?page no="38"?> 38 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing lisierungs- und Privatisierungsprozesse oder auch das politische Risiko mit in eine derartige Analyse einfließen. Die Analyse der soziokulturellen Umwelt ist für strategische Entscheidungsvorbereitungen regelmäßig von entscheidender Bedeutung. Aufgrund des schwer fassbaren und meist nicht quantifizierbaren Charakters der hier Relevanz aufweisenden Faktoren wird dieser Analysebereich allerdings oft vernachlässigt. Für das Verstehen der soziokulturellen Umwelt sind demographische Merkmale und das frühzeitige Erkennen eines sich abzeichnenden Wandels vorhandener Werte- und Orientierungsmuster von herausragendem Einfluss; dies führt zu Segmentierungen und der (Re-)Adjustierung von Zielgruppen und Unternehmenspositionierung. Die technologische Umweltanalyse nimmt bei den gerade aktuell weitreichenden Veränderungen, vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnologie, einen hohen Stellenwert ein und ist somit zu einer einzigartigen Quelle für die Berücksichtigung von Chancen und Bedrohungen selbst für Unternehmen ohne engeren Technologiebezug geworden. Unternehmen sind überwiegend an ihre natürliche Umwelt gekoppelt und deren Analyse sowie der verantwortliche Umgang mit diesen Ressourcen erfahren im Kontext von strategischer Social Corporate Responsibility gerade im Dienstleistungssektor eine besondere Bedeutung. Eine Branchenanalyse kann, unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Marktes einer Dienstleistungsbranche für eine engere ökonomische Umwelt, nach Definition der strategischen Geschäftsfelder durchgeführt werden. Dabei hat sich weltweit das von dem amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Michael Porter entwickelte Fünf- Kräfte-Modell als ein Kernelement einer derartigen Branchenanalyse etabliert. Die Analyse der fünf auf die jeweilige Branche einwirkenden Wettbewerbskräfte sind die  Bedrohung durch neue Konkurrenten, <?page no="39"?> 2.4 Methoden 39  Bedrohung durch Ersatzdienste,  Verhandlungsmacht der Lieferanten,  Verhandlungsstärke der Abnehmer, und schließlich die  Rivalität unter bestehenden Wettbewerbern in der Branche. Eine solche Branchenanalyse soll zur Entscheidungsfindung hinsichtlich der Unternehmungspositionierung und strategie in Bezug auf diese Wettbewerbskräfte vorbereiten. Porters Konzept beruht auf der grundsätzlichen Erkenntnis, dass sich die Strategieformulierung eines Unternehmens an seinem Umfeld orientieren muss. Eine geeignete Wettbewerbsstrategie geht dabei von einem differenzierten Verständnis der Branchenstruktur und der Art hervor, wie diese sich ändert. Die von Porter identifizierten Wettbewerbskräfte besitzen jeweils grundsätzlich in jeder Branche und in jedem Markt Wirksamkeit. Die Ausprägung dieser Kräfte bestimmt dabei die Intensität des Wettbewerbes in einer Branche und damit Profitabilität und Attraktivität. Das Ziel der zu wählenden Unternehmensstrategie sollte demnach in der Suche nach Möglichkeiten zur Schwächung bzw. Nutzung dieser Wettbewerbskräfte in Bezug auf das eigene Unternehmen bestehen. Porters Modell dient somit der Analyse der in der jeweiligen Branche wirkenden Triebkräfte. Eine hohe Rivalität unter den bestehenden Unternehmen führt grundsätzlich zu einem hohen Wettbewerbsdruck und vermag die Gewinnmargen und die Profitabilität einzelner Unternehmen zu senken. In Situationen, in denen z. B. eine Vielzahl von Unternehmen ähnliche Marktsegmente mit vergleichbarer Strategie bedienen, eine Branche ein geringes Wachstum aufweist, der Preis wichtigstes Differenzierungsmerkmal ist und hohe Marktaustrittsbarrieren bestehen, kann eine Branchenkonsolidierung zu intensiven Wettbewerbsdynamiken führen. <?page no="40"?> 40 2 Strategisches Dienstleistungsmarketing Die aus der Industrieökonomik stammende Analyse Porters wird bereits seit langem stark kritisiert, u. a. aufgrund ihrer unternehmensexternen Perspektive und einer gewissen Vernachlässigung unternehmensinterner und interorganisationaler Faktoren. Neben einer adäquaten Berücksichtigung interner Fähigkeiten durch ressourcenbasierte Ansätze, sind vor allem Wertschöpfungs- und Prozessstrukturen, interorganisationale Netzwerkinterdependenzen und institutionelle Spezifika als Problembereiche stärker zu berücksichtigen. Die über die beschriebene Umweltanalyse systematisierten Daten stellen dennoch eine gute Grundlage für die Beurteilung der Umwelt eines Dienstleistungsunternehmens dar. Eine wichtige Herausforderung stellt die Aufbereitung der Inhalte einer Marketingplanung in einem entsprechenden formalen Rahmen dar. Dieser darf einerseits nicht zu grob sein, da diese sonst zwangsläufig zu oberflächlich verbleiben müssen, andererseits sollte er nicht zu detailliert sein, da sonst die Gefahr des Entstehens von „Zahlenfriedhöfen“ droht. Dabei gilt es stets, einen praxisorientierten Mittelweg zu finden. Man kann im Dienstleistungsmarketing eine sogenannte Erfolgskette zugrunde legen, bei der aus Kundenzufriedenheit Kundenbindung und damit ein ökonomischer Erfolg wird. Auf eine solche Erfolgskette wirken dabei stets unternehmensexterne wie -interne Faktoren ein. Um deren Einfluss zu erkennen, wird im strategischen Marketing eine Vielzahl an wissenschaftlich fundierten und praxisorientieren Methoden eingesetzt. Diese haben ihren Ursprung oftmals im Konsumgütermarketing und werden lediglich adaptiert. Im Rahmen einer Marketingplanung gilt es oftmals auch, eine fundierte Wahlentscheidung hinsichtlich der Rechtsform zu treffen. Dieser sollte eine entsprechende Analyse der diesbezüglichen Entscheidungsparameter vorausgehen. Sowohl allgemein wie auch marketingspezifisch kann <?page no="41"?> 2.4 Methoden 41 keine generelle Empfehlung im Hinblick auf eine ideale Rechtsform für ein Unternehmen abgegeben werden; zu vielgestaltig sind die Interdependenzen zwischen den verschiedenen Kriterien (Fremdkapital/ Mitsprache) und zu komplex die Situation der jeweiligen Unternehmensgründung. Fragen der Kapitalbeschaffung und der Leitung als Entscheidungskriterien für die Rechtsformwahl einer Unternehmung ist im Hinblick auf die Marketingrelevanz außerordentliche Bedeutung beizumessen. Unternehmen, die ein ausgeprägtes Innovationsmarketing betreiben, haben einen hohen Kapitalbedarf; als Rechtsform ist hier grundsätzlich die Aktiengesellschaft (AG) mit ihrer Zugangsmöglichkeit zum Kapitalmarkt zu bevorzugen. Für (konzernfreie) Vertriebsgesellschaften, die eine relativ geringe Kapitalausstattung benötigen, andererseits aber schnell und flexibel am Markt reagieren müssen, ist dagegen die Offene Handelsgesellschaft (OHG) mit ihren Leitungsstrukturen eine empfehlenswerte Option, für konzerngebundene eher die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). <?page no="43"?> 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Das klassische Konsumgütermarketing kennt von Anfang an die „4P“: product, price, place und promotion, also  Leistungspolitik,  Preispolitik,  Distributionspolitik und  Kommunikationspolitik. In den letzten Jahren werden diese ergänzt durch  Personalpolitik. Auch das Dienstleistungsmarketing kennt diese Einteilung der Instrumente. Früher wurde oftmals, vor allem in den USA, von einigen Autoren noch eine Aufteilung in „7P“ vorgeschlagen, also noch Tätigkeiten hinzugefügt, die mit einer Konzentration auf den Marketingprozess und den begleitenden Gütereinsatz verbunden sind. Dies hat im Rahmen einer umfassenden Konzeptionalisierung eines speziellen Marketing von Dienstleistungen, vor dem Hintergrund einer größeren Anpassungsfähigkeit, von mehr benötigten Qualitätskontrollen und allgemein von mehr Vertrauenswürdigkeit zu einer Ergänzung um folgende drei Instrumente geführt;  „personell“ (Schulung und Motivation der Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens),  „physical facilites“ (Beschaffung sachlicher Ressourcen), und  „process managment“ (Abflachen der Hierarchien und Flexibilisierung der Organisation). Wir bleiben in diesem Buch bei fünf Instrumenten und werden die Prozesse und die Güterorientierung in die <?page no="44"?> 44 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Darstellung des nun folgenden operativen Dienstleistungsmarketing, also dem Einsatz der konkreten Instrumente, entsprechend Berücksichtigung finden lassen. 3.1 Leistungspolitik Da im Dienstleistungsmarketing üblicherweise der Leistungspolitik das größte Gewicht beigemessen wird, soll diese auch am Anfang der Vorstellung des Instrumentariums stehen. Dabei wollen wir Sie vor allem über die Möglichkeiten einer erfolgversprechenden Gestaltung des betreffenden Leistungsprogrammes unterrichten. Aufgrund der anfangs identifizierten Besonderheiten von Dienstleistungen soll nachfolgend noch näher auf eine hier geeignete Markenpolitik eingegangen werden. Anschließend soll der Blick auf die heute immer wichtiger werdenden E-Services sowie ein unterstützendes Qualitätsmanagement gelenkt werden. 3.1.1 Dienstleistungsprogramm Die Ausgestaltung eines erfolgversprechenden Dienstleistungsprogrammes stellt die zentrale Aufgabe eines Dienstleistungsmarketing dar. Man unterscheidet hier gewöhnlich in Innovation und Variation. 3.1.1.1 Dienstleistungsinnovation Zur Bestimmung des jeweiligen Grades einer Dienstleistungsinnovation werden in der Literatur Subjekt-, Intensitäts-, Zeit- oder schließlich auch Raumdimension herangezogen. Voraussetzung stellt in jedem Fall ein entsprechendes Innovationsmanagement dar. Innovationen kommt einzelwirtschaftlich, aber auch gesamtwirtschaftlich große Bedeutung zu. Einzelwirtschaftlich, also für das einzelne Unternehmen, können sie einen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Diese lassen sich dabei grund- <?page no="45"?> 3.1 Leistungspolitik 45 sätzlich in zeitlicher, kostenmäßiger und qualitätsbetonter Ausrichtung erzielen. Die Absatzmärkte der traditionellen Wirtschaftszweige sind weitestgehend gesättigt, das Dienstleistungsangebot meist ausgereift und die Entwicklungspotenziale äußerst gering. Schwellenländer, zumeist Niedriglohnländer, konkurrieren um Dienstleistungsmärkte, z. B. in der Pflege oder der Gastronomie. Dienstleistungslebenszyklen verkürzen sich. Aus diesen Gründen müssen sich Unternehmen heute vor allem ihrer Stärken in Bezug auf ihre Forschungs- und Entwicklungspotenziale besinnen. Innovationen sind hier der Schlüssel zur Qualitätsführerschaft und ein unabdingbarer permanenter Überlebensfaktor im Wettbewerb. Innovationsmarketing als Teil eines umfassenden Innovationsmanagements befasst sich mit der marktlichen Verwertbarkeit von Innovationen und damit der Schaffung und Steigerung von differenziertem Kundennutzen. Marketing mit einer derartigen Zielrichtung muss nicht nur Verantwortung extern, also für den Markt, übernehmen. Soll es wirksam sein, muss dieser Aktionsrahmen durch ein internes Innovationsmarketing ergänzt werden (Bradtke- Hellthaler, 2008). Im Rahmen eines Beziehungsmarketing ist es dabei eine wesentliche Aufgabe einer Marketingplanung, den Kunden in die Vorbereitung der Markteinführung einzubeziehen, d. h. nicht nur die eigene Marketing- und Vertriebsorganisation, sondern auch den Markt mit dem Innovationsvorhaben vertraut zu machen. Dies sollte in drei Stufen ablaufen: Durch ein sogenanntes Vorfeld-Marketing wird dabei zunächst durch oftmals schwierige Marktforschungsmaßnahmen die Dienstleistungsidee konkretisiert und mit dem innovationsfreundlichen Kunden das Erreichen der optimalen Marktakzeptanz und des Nutzenpotenzials erörtert. So verfügen bereits heute etwa viele Versicherungen hier über Innovation Labs. Ein folgendes sogenanntes Pilot- <?page no="46"?> 46 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Marketing ist dann auf den innovationsorientierten und experimentierfreudigen Nutzer ausgerichtet. Auf der Basis gemeinsam getragener Interessen von Dienstleistungsanbietern und -vermarktern hinsichtlich der Erlangung eines Innovationsvorsprungs gilt es hier, erste Erfahrungen mit möglichen Vertriebs- und Vermarktungsformen zu machen, um so die zukünftige Art der Marktpenetration zu bestimmen. Das sogenannte Breitenmarketing bildet schließlich den letzten Schritt einer derartigen Markterprobung. Hierbei sollte im Sinne von „Social Awareness Public Relations“ die breite Öffentlichkeit bereits auf die unmittelbar bevorstehende Markteinführung vorbereitet werden. Dies kann durch Fachmessen mit hohem Aufmerksamkeitswert, z. B. der CEBIT, oder durch die üblichen Medien im Print- und Onlinebereich geschehen. Als Indiz für eine erfolgreiche Wirkung dieser Maßnahmen kann die Anzahl der vor Dienstleistungseinführung eingegangenen Bestellungen bzw. bereits abgeschlossener Vorverträge angesehen werden. Kritische Stimmen äußern, dass die Anwendung dieses Stufenmarketing die Konkurrenz zu schnell auf die geplanten Innovationen aufmerksam werden lässt. Dieses Problem ist allerdings wohl geringer einzuschätzen als die Gefahr, eine neue Dienstleistung „hinter verschlossenen Türen“ am Markt vorbei entwickelt zu haben. Eine wirksame Kommunikationspolitik führt über die Kommunikationsinhalte hinaus auch zur schnelleren Innovationsumsetzung. Gerade die Zeit wird als Wettbewerbsfaktor auf stagnierenden Märkten heute bedeutender. Eine kommunikative Konsumentenvorbereitung ist dabei nur ein Aspekt; eine kürzere Diffusionszeit neuer Dienstleistungen kann auch dadurch erreicht werden, dass eventuell bereits Konzepte oder Studien statt fertiger Dienstleistungen verkauft werden. Dabei besteht allerdings das Prob- <?page no="47"?> 3.1 Leistungspolitik 47 lem, dass bei sehr frühem Markteintritt durch unausgereifte Dienste ein ungünstiges Image von Beginn an transportiert werden muss. Deshalb sollte beispielsweise eine Serviceinnovation erst dann angeboten werden, wenn die entsprechenden Mitarbeiterschulungen abgeschlossen sind. Aber auch die Kundenstruktur als solche hat Einfluss auf die Länge der Diffusionszeit. Entsprechend ihrer Innovationsfreudigkeit lassen sich dabei üblicherweise verschiedene Typen von Verbrauchern unterscheiden, die sich durch ihre Offenheit und ihr Interesse gegenüber Neuerungen auszeichnen. Jede Innovation und ihre anschließende Vermarktung gilt es gegen Nachahmer zu schützen. Einem derartigen Schutz dienen in rechtlicher Hinsicht die gewerblichen Schutzrechte , neben dem Markenrecht das Gebrauchsmuster- und das Geschmacksmusterrecht, vor allem aber das Patentrecht. Der Innovationsprozess von Produkten und Dienstleistungen lässt sich idealtypisch in folgende Phasen unterteilen:  Ideengewinnung,  Ideenprüfung und  Ideenrealisierung. In der ersten Phase steht einem Unternehmen in der Regel eine Vielzahl interner Ideenquellen (Anregungen aus den verschiedenen Abteilungen, betriebliches Vorschlagswesen, Umsatz- und Kundendienstanalysen) sowie externer Ideenquellen (Kunden, Händler, Lieferanten, Konkurrenz, Forschungsinstitute, Verbände, Berater) zur Verfügung. Unterstützt durch die jeweils geeigneten Kreativitätstechniken (Brainstorming, Morphologischer Kasten) gelangt man so zu einer Reihe von Innovationsideen, die es anschließend zu prüfen gilt. <?page no="48"?> 48 3 Operatives Dienstleistungsmarketing 3.1.1.2 Dienstleistungsvariation Auch durch eine Variation kann das Programm eines Dienstleistungsanbieters erfolgversprechend gestaltet werden. Bezüglich der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung einer Variation bzw. einer Veränderung des Dienstleistungsprogramms eines Unternehmens stehen diesem grundsätzlich fünf Möglichkeiten zur Verfügung:  Zusatzleistung Hier sind die Erfolgsaussichten umso höher, je mehr dadurch die Erwartungshaltung eines Kunden übertroffen wird, z. B., wenn ein Hotel einen kostenlosen Abholdienst vom Bahnhof oder Flughafen anbietet. Eine Herausforderung stellt dabei die Schaffung von entsprechenden sogenannten Leistungsbündeln dar.  Einbeziehung des externen Faktors Hier handelt es sich um eine Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten auf den Kunden. Dies kann wohl nur dann erfolgreich sein, wenn der Kunde dies auch wünscht und dies auch tatsächlich kann. Ein Beispiel kann hierfür etwa eine Mitkochgelegenheit in einem Restaurant sein.  Automatisierung der Dienstleistung Diese Alternative ist stets dann erfolgversprechend, wenn sie auch konkret Vorteile für den Kunden generiert, etwa beim Onlinebanking, und gleichzeitig auch dem betreffenden Unternehmen dient, etwa Kosten senken zu können.  Veränderung des Dienstleistungszeitpunkts Hier hilft ein kundenorientiertes Zeitmanagement, dem betreffenden Dienstleister Vorteile zu generieren, etwa im Hinblick auf die Öffnungszeiten eines hoteleigenen Wellnessbereiches oder einer hoteleigenen Bar. <?page no="49"?> 3.1 Leistungspolitik 49  Veränderung symbolischer Elemente Hier kann zum Beispiel eine neue Markenbezeichnung zusätzliche Nachfragepotenziale erzeugen, etwa der Zusatz der Lizenzmarke „Best Western“ bei einem Hotel. 3.1.1.3 Dienstleistungseliminierung Die Herausnahme von Dienstleistungen aus einem Programm, also die Dienstleistungseliminierung , geschieht oftmals aufgrund bewährter Analysetechniken. Hier kommt der Portfoliotechnik herausragende Bedeutung zu (Zerres & Zerres, 2018, S. 133 ff.). Führt eine derartige Analyse zu dem Ergebnis einer Dienstleistungseliminierung, so muss dies jedoch stets hinterfragt werden. Dient die unrentable Dienstleistung etwa dazu, dass das Dienstleistungsunternehmen als Vollsortimenter am Markt auftritt, so ist die Eliminierung im neuen Licht zu prüfen. Die Portfoliotechnik basiert ursprünglich auf Überlegungen hinsichtlich der optimalen Zusammensetzung eines Wertpapierportefeuilles. Bei diesem finanztheoretischen Ansatz werden im Wesentlichen zwei Bewertungskriterien herangezogen: die zukünftig erwartete Kapitalrendite der Wertpapiere und die Standardabweichung als Maßstab für das Risiko der jeweils betrachteten Papiere. In ähnlichem Sinne kann man nun auch die Gesamtheit aller bestehenden oder künftig hinzukommenden Dienstleistungen als das Dienstleistungsportfolio einer Unternehmung bezeichnen. In Fortführung der Frage „Welche Dienstleistungen für welche Märkte? “ bildet man zu seiner Erstellung sogenannte strategische Geschäftsfelder, die vereinfacht dargestellt den verschiedenen Dienstleistungsgruppen entsprechen. Diese strategischen Geschäftsfelder gilt es dann, vorteilhafterweise häufig und regelmäßig, in eine als darstellerisches und analytisches Hilfsmittel dienende Portfoliomatrix einzuordnen. Auf deren Achsen werden die jeweili- <?page no="50"?> 50 3 Operatives Dienstleistungsmarketing gen Maßkriterien abgetragen, um anschließend aufgrund ihrer Positionierung einen Überblick über die Chancen und Risiken der strategischen Ausgangssituation des Unternehmens zu erhalten und um zu unterschiedlichen strategischen Verhaltensmustern, sogenannten Normstrategien, zu gelangen. Im Laufe der letzten Jahre sind verschiedene solcher Portfolioarten entwickelt worden. Ausgangsmodell ist das von dem amerikanischen Beratungsunternehmen Boston Consulting Group entwickelte Marktwachstums-/ Marktanteils-Portfolio (vgl. Abb. 5). Abb. 5: Marktwachstums-/ Marktanteils-Portfolio der Boston Consulting Group Bei diesem Portfolio geht man von dem Gedanken aus, dass das Marktrisiko umso geringer ist, je höher der relative Marktanteil ist. Begründet wird dies durch die Erfahrungskurventheorie, nach der mit jeder Verdopplung des kumu- <?page no="51"?> 3.1 Leistungspolitik 51 lierten Gesamtabsatzes einer Dienstleistung deren Kosten um etwa 30 Prozent sinken. Es ergeben sich so vier Quadrate:  Question Marks Dies sind in der Regel neueingeführte Dienstleistungen, bei denen noch unklar ist, ob sie Versager oder Aufsteiger werden. Kennzeichen sind ein niedriger relativer Marktanteil und hohes Marktwachstum. Die mit Fragezeichen versehenen Dienstleistungen weisen ambivalente Züge auf: Einerseits besteht für diese Dienstleistungen die Chance, wenn es gelingt, den Marktanteil stark zu erhöhen, Star-Dienstleistungen zu werden; gelingt dies nicht, so ist es im Allgemeinen zweckmäßiger, dieses strategische Geschäftsfeld wieder aufzugeben, da es einen hohen Finanzmittelbedarf benötigt, ohne entsprechende Finanzmittelüberschüsse zu erwirtschaften. Folglich bieten sich die beiden alternativen Normstrategien an: - Erhöhung des Marktanteils durch gezielte Marktbearbeitung, bevor das Marktwachstum sinkt (= Investitionsstrategie)! Question Marks werden mittelfristig zu Stars. - Aufgabe des strategischen Geschäftsfeldes, wenn zusätzliche Investitionen keinen Marktanteilszugewinn versprechen!  Stars Dies sind Dienstleistungen in der Steilzone der S-Kurve ihres Lebenszyklus. Kennzeichen sind ein hoher relativer Marktanteil und hohes Marktwachstum. Die für diese Dienstleistungen abgeleitete Normstrategie, die wie die anderen letztlich zu einer insgesamt größeren Ausgewogenheit des Unternehmens-Portfolios führen soll, lautet: - Vornahme weiterer Investitionen, um Umsätze und weitere Marktanteile gewinnen zu können! Da die Einnahmen sofort wieder reinvestiert werden, <?page no="52"?> 52 3 Operatives Dienstleistungsmarketing erzielt das Unternehmen kaum Finanzmittelüberschüsse; aber nur so können Marktanteile gehalten bzw. erweitert werden. Diese Strategie ist solange fortzuführen, bis der Markt stagniert.  Cash Cows Dies sind Dienstleistungen in der Sättigungsphase ihres Lebenszyklus. Das Unternehmen erzielt hohe Finanzüberschüsse, die zum Aufbau der Nachwuchsgeschäfte und zur Sicherstellung der Stars eingesetzt werden. Kennzeichen sind ein hoher relativer Marktanteil und niedriges Marktwachstum. Die Cows sichern kurzfristig den Erfolg des Unternehmens. Sie sind die Hauptquelle für Gewinn und Liquidität. Die Normstrategie lautet: - Finanzüberschüsse abschöpfen („melken“) und diese Mittel für Nachwuchs- und Stardienstleistungen einsetzen!  Dogs Dies sind Dienstleistungen in der Degenerationsphase. Kennzeichen sind ein niedriger relativer Marktanteil und niedriges Marktwachstum. Ein weiteres Beibehalten dieser Dienstleistungen scheidet aus ökonomischen Gründen aus, d. h. wegen eines unverhältnismäßig hohen Mitteleinsatzes. Die Normstrategie lautet: - Desinvestitionen vornehmen, mindestens in dem Maße, wie die Nachwuchs- und Stardienstleistungen zusätzliche Kapazitäten benötigen! Idealerweise sollte ein Unternehmen ein ausgeglichenes Portfolio besitzen, d. h., die Finanzmittel der Cash Cows sind in Nachwuchsdienstleistungen und in die weitere Entwicklung der Stars zu investieren und die Dogs lässt man auslaufen. Um diese Strategie realisieren zu können, sind folgende Gegebenheiten anzustreben:  Eine genügend große Anzahl von Dienstleistungen im Cash-Cow-Quadranten (Anteil von ca. 40-60 Prozent am Gesamtumsatz), <?page no="53"?> 3.1 Leistungspolitik 53  Dienstleistungen in Starpositionen, die den zukünftigen Cashflow sichern,  eine geringere Anzahl im Bereich der Question Marks, die langfristig die Marktchancen wahrnehmen können, und  möglichst wenige Dienstleistungen in der Dog-Position. Vielfach kann in der Praxis, gerade für kleinere und mittlere Unternehmen, die notwendige Informationsbeschaffung, speziell über Mitwettbewerber, Schwierigkeiten aufwerfen. Dieses Problem ist bei einem auf einer Marktwachstums- / Kostendeckungsgrad-Matrix aufbauenden Portfolio nicht gegeben. Eine mögliche Matrix für ein Dienstleistungsunternehmen könnte etwa wie folgt aussehen (vgl. Abb. 6): Abb. 6: Marktwachstum-/ Kostendeckungsgrad-Portfolio Die Größe der Kreise indiziert die unterschiedlichen Umsatzhöhen der einzelnen strategischen Geschäftsfelder und verdeutlicht so ihre relative Bedeutung für das betreffende Unternehmen. Im vorliegenden Beispiel verfügt das Unter- <?page no="54"?> 54 3 Operatives Dienstleistungsmarketing nehmen über zwei Cash Cows, nämlich Position 10 und Position 11. In Zukunft wird das Unternehmen seine Stellung für Dienstleistungen in den Zukunftsmärkten versuchen zu verbessern, damit diese Geschäftsfelder später auch einmal zu lukrativen Cash Cows reifen. Eine weitere, häufig in der betrieblichen Praxis anzutreffende Portfolioart ist die Marktattraktivitäts-/ Wettbewerbsvorteils-Matrix von McKinsey. Sie setzt die Erstellung eines Kriterienkatalogs und eines entsprechenden Beurteilungssystems voraus. Die Beurteilung der Markt- oder auch Branchenattraktivität basiert dabei auf einzelnen branchenspezifischen Faktoren, die von dem einzelnen Unternehmen in der Regel nicht beeinflusst werden können. Im Hinblick auf ihre Marketingrelevanz bleibt generell festzuhalten, dass die Portfolioanalysen anschaulich und praktisch leicht zu operationalisieren sind. Sie erlauben eine integrierte und komprimierte Darstellung der Geschäftsfelder eines Unternehmens. Gestützt auf weitere Analysen, wie z. B. Stärken-/ Schwächen-Analysen oder Deckungsbeitragsrechnungen, zeigen sie die strategischen Probleme auf und weisen durch den Vergleich von Sollzu Ist-Portfolio den zu erarbeitenden Marketingstrategien den Weg. Gleichzeitig dienen sie damit auch als Voraussetzung zur Entwicklung operativer Maßnahmenpläne des Gesamtunternehmens wie auch der strategischen Geschäftsfelder. Bei den diesbezüglich rechtzeitig zu erarbeitenden Wachstumsstrategien kann es sich um Intensivierungs- und um Extensivierungsstrategien handeln. Die nachstehende Dienstleistungs-/ Markt-Matrix von Ansoff zeigt in diesem Zusammenhang die einem Entscheidungsträger alleine oder in Kombination zur Verfügung stehenden (Global-)Alternativen auf (vgl. Abb. 7). <?page no="55"?> 3.1 Leistungspolitik 55 Dienstleistungen Märkte vorhanden neu vorhanden • Marktdurchdringung • = verstärkte Bearbeitung der bisherigen Märkte mit vorhandenen Dienstleistungen • Marktausweitung • = Suche nach neuen Märkten für bisherige Dienstleistungen neu • Differenzierung • = Suche nach neuen Dienstleistungen für bisherige Märkte • Diversifikation • = Suche nach neuen Dienstleistungen für neue Märkte Abb. 7: Dienstleistungs-/ Markt-Matrix nach Ansoff Die unterschiedlichen Portfoliomethoden haben, trotz Kritik im Einzelnen, ihre Bewährungsprobe in der betrieblichen Praxis heute weitestgehend bestanden. Ihr richtiger Einsatz macht sie zu einem erfolgversprechenden Instrument der operativen Marketingplanung. 3.1.2 Markenpolitik Einen immer wichtigeren Bereich im Rahmen der Leistungspolitik stellt das Markenmanagement dar (Esch, 2018). Es befasst sich mit der Formulierung einer Markenstrategie, der Markenkontrolle und -bewertung. Einer Marke, die in der Regel aus einem Namen und einem Zeichen besteht, kommen wichtige Funktionen sowohl aus Anbieterwie auch aus Nachfragersicht zu. Aus Sicht eines Unternehmens eröffnet eine Marke die Möglichkeit, sich von den Wettbewerbern zu differenzieren; zudem kann ein Unter- <?page no="56"?> 56 3 Operatives Dienstleistungsmarketing nehmen ein bestimmtes Qualitätssignal über eine Marke aussenden. Für den Kunden stellt eine Marke eine wichtige Orientierungshilfe dar. Bevor ein Unternehmen sich auf eine bestimmte Markenstrategie festlegt, müssen zuvor eine geeignete Marke und deren Positionierung bestimmt werden. Hierbei steht ein Unternehmen vor der grundsätzlichen Entscheidung einer Neupositionierung oder einer Umpositionierung. Nachdem die Entscheidungen bezüglich Marke und Positionierung getroffen worden sind, muss daraufhin eine adäquate Markenstrategie gewählt werden. Hierbei stehen einem Unternehmen grundsätzlich drei strategische Gestaltungsoptionen zur Verfügung:  Einzelmarke: Im Rahmen einer Einzelmarkenstrategie stellt jede Dienstleistung eines Unternehmens eine eigenständige Marke dar. Diese Strategie ermöglicht es dem betreffenden Unternehmen, seine Dienstleistungen klar zu profilieren und zielgruppengerecht zu positionieren.  Dachmarke (Umbrella Branding): Wählt ein Unternehmen eine Dachmarkenstrategie, werden alle Dienstleistungen unter einem Markennamen angeboten. Eine derartige Strategie eignet sich besonders dann, wenn der angebotene Dienstleistungsumfang zu groß ist, um eine Einzelmarkenstrategie zu verfolgen, oder die Dienstleistung eine gleiche Zielgruppe ansprechen soll, die Dienstleistungen also gleich oder ähnlich positioniert sind. Beispiel für eine derartige Strategie ist der Allianz-Konzern.  Familienmarke (Product Line Branding): Eine Familienmarkenstrategie stellt den Mittelweg zwischen Einzelmarkenstrategie und Dachmarkenstrategie dar. Hierbei werden mehrere Dienstleistungen unter einer einheitlichen Marke geführt. <?page no="57"?> 3.1 Leistungspolitik 57 Neben diesen grundsätzlichen strategischen Optionen soll hier zudem noch auf zwei weitere Gestaltungsoptionen eingegangen werden, die eine Weiterentwicklung der Marke darstellen. Eine erste Option, die sogenannte Line Extension , ist die Ausweitung einer bestehenden Marke auf eine neue Dienstleistung. Eine weitere Option stellt ein Markentransfer (Brand Extension) dar. Im Rahmen einer solchen Weiterentwicklung wird eine bestehende Marke auf Dienstleistungen einer anderen Dienstleistungsgruppe übertragen. Weitere Möglichkeiten stellen das Co-Branding (Markenallianzen) und die Markenlizenzierung dar. Abschließend soll hier noch auf den wichtigen Aspekt einer Bewertung und Kontrolle einer Marke hingewiesen werden. Wichtige Größen stellen in diesem Zusammenhang die erreichte Markenbekanntheit und das Markenimage dar, die sich etwa durch Recall Tests (Markenbekanntheit) und durch sogenannte Imageprofile (Markenimage) erfassen und messen lassen. Der Marke, diesem wichtigen Kapital des Unternehmens, muss entsprechender Schutz zuteilwerden. Einem derartigen Schutz dienen in Europa vor allem die weitgehend angeglichenen Markengesetze der einzelnen Länder. Dienstleistungen weisen die Besonderheit der Integrität auf. Daraus ergibt sich die wesentliche Problematik eines für den Kunden subjektiv höheren Kaufrisikos. Die Anbieter von Dienstleistungen versuchen daher durch eine entsprechende Marke, Verhaltens- und Qualitätssignale zu senden. Auch die Dienstleistungsvermittler, also etwa ein Reisebüro, nutzen eine solche Marke in ihrem Sinne. Die folgende Tabelle gibt noch einmal überblicksartig die angesprochenen Funktionen einer Dienstleistungsmarke wieder (vgl. Abb. 8). <?page no="58"?> 58 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Dienstleistungsanbieter Dienstleistungsvermittler Dienstleistungsnachfrager • Kommunikationsfunktion • Profilierungsfunktion • Imageträgerfunktion • Innovationsfunktion • Unterstützungsfunktion im Marketingmix • Stabilisierungsfunktion • Risikominderungsfunktion • Renditefunktion • Vorverkaufsfunktion • Entlastungsfunktion im eigenen Marketingmix • Profilierungsfunktion • Stabilisierungsfunktion • Orientierungsfunktion • Informationsfunktion • Vertrauensfunktion • Identifikationsfunktion • Qualitätssicherungsfunktion • Risikominderungsfunktion • Prestigefunktion Abb. 8: Funktionen von Dienstleistungsmarken für die Marktbeteiligten (Quelle: Bruhn, 2001, S. 216) 3.1.3 E-Services Heute stellen E-Services gerade im Dienstleistungsmarketing überaus erfolgversprechende Profilierungsinstrumente im internationalen Wettbewerb dar. Die folgende Tabelle gibt hierzu einen Überblick über die entsprechenden Kombinationsmöglichkeiten bestehender Dienstleistungsangebote mit E-Services (vgl. Abb. 9). <?page no="59"?> 3.1 Leistungspolitik 59 nicht-elektronische Dienstleistungen E-Services personell ← Leistungsfähigkeit des Anbieters → maschinell notwendig ← Präsenz des Anbieters → nicht notwendig gering ← Virtualisierung der Leistung → hoch begrenzt ← Verfügbarkeit des Angebots → unbegrenzt high touch ← Service Encounter → high touch push ← Kundenansprache → pull Abb. 9: Matrix der Kombination klassischer Services mit E-Services (Quelle: In Anlehnung an Meffert et al., 2018, S. 77) 3.1.4 Qualitätsmanagement Lange Jahre wurde Qualität eher technisch-orientiert und vornehmlich statisch interpretiert. Die traditionellen „Qualitätsoffensiven“ bezogen sich im Allgemeinen auf die technisch-funktionalen Eigenschaften einer Dienstleistung. Eine gute Qualität drückte sich in diesem Zusammenhang in einer einwandfreien Funktionsfähigkeit aus. Die Sicherung einer derartigen Qualität war Aufgabe der betreffenden Techniker und Ingenieure in der Dienstleistungserstellung, aber auch in der Dienstleistungsentwicklung und im Kundendienst. Erst die gravierenden Veränderungen in den globalen Marktbedingungen haben seit Beginn der 80er-Jahre in Wissenschaft und Praxis zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff und der Bedeutung der Qualität für den Unternehmenserfolg geführt. Die zunehmende Bedeutung der Qualität von Dienstleis- <?page no="60"?> 60 3 Operatives Dienstleistungsmarketing tungen als strategischer Erfolgsfaktor führte dazu, dass heute in vielen Unternehmen im In- und Ausland die Erbringung von Qualität nicht mehr nur als funktionale Teilverantwortung, sondern als zentrale Managementaufgabe verstanden wird. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten für ein Unternehmen, ein derartiges Qualitätsmanagement nachzuweisen:  Zertifizierung auf Basis der Normenreihe DIN ISO 9000 ff.: Die Normenreihe DIN ISO 9000 ff. enthält Qualitätsvorschriften und Anforderungen, deren Einhaltung im Rahmen eines Auditierungsverfahrens geprüft wird. Die Normen ISO 9001 bis 9003 werden als Darlegungsnormen bezeichnet; eine Zertifizierung erfolgt hier nach Art des betreffenden Unternehmens. Die ISO 9004 beinhaltet einen Leitfaden zur Erstellung, Gestaltung und Anwendung eines Qualitätsmanagementsystems. Ziel der ISO 9000 Normen ist eine die Kommunikation, Arbeitsteilung und Austauschbarkeit fördernde Vereinheitlichung von Begriffen und Vorgehensweisen, die sich auf Dienstleistungen, aber auch Produkte, Prozesse, Verfahren und Ressourcen beziehen kann: Gleiche Prozesse führen zu gleichem Ergebnis und zu gleicher Qualität. Eine diesbezügliche Zertifizierung vermag einem potenziellen Kunden die Sicherheit zu vermitteln, dass der potenzielle Anbieter die Voraussetzungen und Fähigkeiten besitzt, den Normen entsprechend qualitativ hochwertige Dienstleistungen herzustellen.  Bewerbung um einen Qualitäts-Award: Qualitätsnachweise auf Award-Basis werden an Unternehmen erteilt, die sich an einem Vergabeverfahren einer Qualitätspreis-Verleihung beteiligt haben. Es existieren sowohl öffentliche als auch privatwirtschaftliche <?page no="61"?> 3.1 Leistungspolitik 61 Awards. Als bekannteste Qualitätspreise sind der japanische Deming Award, der US-amerikanische Malcolm Baldrige National Quality Award und, auf europäischer Ebene, der European Quality Award zu nennen. Der European Quality Award basiert auf der Überlegung, dass Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit und gesellschaftliche Verantwortung beziehungsweise ein positives Image durch ein TQM-Konzept erreicht werden können, das bei der Mitarbeiterführung, der Strategieentwicklung, den Ressourcen und schließlich allen Unternehmensprozessen ansetzt. Dieses Bestreben soll in der Folge zu verbesserten Geschäftsergebnissen führen (vgl. Abb. 10). Abb. 10: EFQM-Modell Moderne Konzepte eines Dienstleistungsmarketing fordern heute in der Regel diesbezüglich eine Ausrichtung der Unternehmensorganisation auf den Kunden. Als einen hierbei erfolgversprechenden Ansatz hat weltweit in den letzten Jahren das von den amerikanischen Wissenschaftlern Hammer und Champy propagierte Konzept eines Business Reengineering Beachtung gefunden (Hammer & Champy, 1996). <?page no="62"?> 62 3 Operatives Dienstleistungsmarketing 3.2 Preispolitik In diesem Kapitel wird es vor allem um die Frage gehen, welche Kriterien Einfluss auf die Gestaltung des Preises einer Dienstleistung nehmen. Es gilt zu verstehen, dass die unterschiedlichen Kriterien sich dabei teilweise gegenläufig beeinflussen. Da es nicht nur um die Festlegung eines Preises zu einem bestimmten Zeitpunkt geht, sollen danach die wichtigsten einem betrieblichen Entscheidungsträger diesbezüglich zur Verfügung stehenden langfristigen Strategien vorgestellt werden. Abschließend gilt es, die Bedeutung konditionspolitischer Maßnahmen als flankierende Instrumente einer Preispolitik im Dienstleistungsmarketing zu erkennen. Die anfangs identifizierten Besonderheiten von Dienstleistungen führen zu zahlreichen Implikationen für die Preispolitik im Dienstleistungsmarketing. Ziele einer dienstleistungsspezifischen Preispolitik sind eine Auslastung der Erstellungskapazitäten, letztlich immer eine Ergebnisoptimierung. In diesem Zusammenhang werden heute in der Literatur vielfach Preisbzw. Kundenzufriedenheit als Unterziele definiert. Während sich der Kostenpreis aus den Dienstleistungskosten plus einem Gewinnzuschlag ergibt, beruht eine nachfrageorientierte Preisfestlegung auf den Wertvorstellungen, die die Kunden der Dienstleistung/ dem Unternehmen gegenüber besitzen. Die Reaktion der Nachfrage auf Änderungen des Preises wird dabei in diesem Zusammenhang durch die Preiselastizität der Nachfrage gemessen. Sie ist ein allgemeines Maß für die Bestimmung der Konsequenzen von Preisentscheidungen und stellt somit einen Zentralbegriff der Preispolitik dar. Sie ist definiert als das Verhältnis der relativen Änderung der Nachfrage nach einer Dienstleistung zu der sie bewirkenden relativen Änderung des Preises dieser Dienstleistung. In diesem Zusammen- <?page no="63"?> 3.2 Preispolitik 63 hang differenziert man in eine elastische und in eine unelastische Nachfrage. Man spricht von einer elastischen Nachfrage, wenn die prozentuale Mengenänderung größer ist als die sie auslösende prozentuale Preisänderung. Wird z. B. der Preis einer Dienstleistung um 10 Prozent gesenkt, nämlich von 10 € auf 9 €, so steigt danach etwa die Absatzmenge von 100 auf 150 Stück, also um 50 Prozent: - 150 - 100 9 - 10 1 1 10 e = : = : = - = -5 100 10 2 10 2       Eine unelastische Nachfrage liegt dagegen vor, wenn die prozentuale Mengenänderung kleiner ist als die sie bewirkende prozentuale Preisänderung. Wird z. B. der Preis einer Dienstleistung von 4 € auf 3 € gesenkt, also um 25 Prozent, so steigt danach etwa die Absatzmenge lediglich noch um 12,5 Prozent, also angenommen von 400 auf 450 Stück: 450 - 400 3 - 4 1 1 1 e = : = : - = - = -0,5 400 4 8 4 2       Wichtig ist nun vor allem jedoch eine Analyse der konkreten Auswirkungen auf den jeweiligen Umsatz: Maßnahme alter Umsatz neuer Umsatz Folge Beispiel 1 Preissenkung 100 · 10 = 1 000 150 · 9 = 1 350 Umsatzsteigerung Beispiel 2 Preissenkung 400 · 4 = 1 600 450 · 3 = 1 350 Umsatzsenkung Die Auswirkungen von Preisänderungen auf den Umsatz, auch von den hier nicht beispielhaft behandelten Preis- <?page no="64"?> 64 3 Operatives Dienstleistungsmarketing erhöhungen, mag nachstehende Übersicht noch einmal zusammenfassend zeigen: Nachfrage Preisänderung elastisch (< -1) unelastisch (> -1) Preissenkung Umsatzsteigerung Umsatzsenkung Preiserhöhung Umsatzsenkung Umsatzsteigerung Für ein Unternehmen ist es also von außerordentlicher Bedeutung zu wissen, welche Preiselastizität der Nachfrage auf dem Markt jeweils herrscht, d. h. also, welchen Bestimmungsfaktoren der Preiselastizität vor allem Beachtung zu schenken ist, um die Folgen seiner preispolitischen Maßnahmen richtig abschätzen zu können. Folgende vier Elastizitätsdeterminanten stehen dabei in der betrieblichen Praxis im Vordergrund:  Vorhandensein von Konkurrenzdienstleistungen Sind keine derartigen Dienstleistungen vorhanden, so lässt dies auf eine relativ unelastische Nachfrage schließen.  Leichtigkeit der Nachfragebefriedigung Kann die Nachfrage nach einer Dienstleistung, z. B. Haareschneiden, leicht befriedigt werden, so lässt dies ebenfalls auf eine unelastische Nachfrage schließen. Auch eine relativ große Preissenkung hätte hier wohl nur eine relativ geringere Nachfragesteigung zur Folge.  Dringlichkeit der Bedürfnisse Hohe Dringlichkeit, z. B. bei ärztlicher Versorgung, macht die Nachfrage weitgehend unelastisch.  Preis der Dienstleistung Während des Überschreitens bestimmter Preisschwellen, etwa bei Flugreisen, kann die vorher und nachher <?page no="65"?> 3.2 Preispolitik 65 weitgehend unelastische Nachfrage plötzlich (hoch) elastisch werden. Durch die bekannten Verfahren der Marktforschung versuchen die Unternehmen, diese Tendenzaussagen noch weitergehend zu konkretisieren/ quantifizieren. Neben diesen traditionellen Modellen spielen auch immer mehr verhaltenswissenschaftliche Modelle in der Preisgestaltung (Pricing) eine entscheidende Rolle. Hierbei geht es, sich am kognitiven Informationsverarbeitungsprozess orientierend, um die  Aufnahme von Preisinformationen (Preiserlebnisse, Preissuche, Preiskenntnis),  Wahrnehmung und Beurteilung von Preisinformationen (Referenzpreise, Preisschwellen, Preisbeurteilungen) und  Speicherung von Preisinformationen (Preiswissen, Preisintentionen). Nicht nur an den Kosten und der Nachfrage muss sich ein Unternehmen bei seiner Preisbildung orientieren, sondern in verstärktem Maße auch an der Konkurrenz; dies kann am Durchschnittspreis der Branche oder aber auch am Preis des jeweiligen Marktführers geschehen. Im Hinblick auf die Orientierung an den Kriterien Kosten und Nachfrage bei der Preisbildung im Dienstleistungsmarketing stellt sich nun allerdings kein Problem des Entweder-oder, sondern ein Problem des Sowohl-als-auch. Zunächst ist offensichtlich, dass Kosten alleine keine ausreichende Grundlage darzustellen vermögen, da die Kosten von der Menge der abgesetzten Dienstleistungen abhängen, die abgesetzte Dienstleistungsmenge aber wiederum vom festzulegenden Preis. Dies mag das folgende einfache Beispiel verdeutlichen: Ein privates Busunternehmen führt eine Wirtschaftlichkeitsanalyse der einzelnen Strecken durch. Dabei stellt sich heraus, dass auf einer bestimmten <?page no="66"?> 66 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Strecke ein jährlicher Verlust von 100 000 € bei 50 000 Fahrgästen in diesem Zeitraum zu verzeichnen ist. Das Unternehmen erhöht daraufhin die Fahrpreise um 2 €, um hier zumindest kostendeckend arbeiten zu können. Schon bald stellt sich jedoch heraus, dass sich die Verluste noch vergrößern, da viele Fahrgäste auf Privatwagen (Fahrgemeinschaften) oder die Bahn umgestiegen sind. Da die drei Kriterien Kosten, Nachfrage und Konkurrenz wohl niemals alle gleichzeitig optimal zu berücksichtigen sind, spricht man in diesem Zusammenhang auch oft, analog zur Volkswirtschaftslehre, vom „magischen Dreieck der Preispolitik“ (vgl. Abb. 11). Abb. 11: Orientierungskriterien der Preispolitik Ein Blick in die Marketingpraxis zeigt, dass viele Unternehmen in der Regel versuchen, um dieses Problem zu lösen, zunächst den Absatz abzuschätzen (Schwierigkeit: ohne Kenntnis des genauen Preises, denn der hängt ja dann wieder von den Kosten ab), darauf aufbauend die Stückkosten zu ermitteln (plus eines „angemessenen“ Gewinnzuschlages) und schließlich nach einem Preisvergleich mit der Konkurrenz zu einem in diesem Augenblick optimalen eigenen Preis für die betreffende eigene Dienstleistung zu gelangen. <?page no="67"?> 3.2 Preispolitik 67 Bei öffentlichen Unternehmen, wie etwa der Deutschen Bahn AG oder der Deutschen Post AG, spricht man in diesem Zusammenhang sogar von einem magischen Viereck, da diese oftmals in ihre preis-/ gebührenpolitischen Überlegungen noch das Gemeinwohl einfließen lassen müssen. In den vorstehenden Ausführungen ging es für ein Dienstleistungsunternehmen vor allem darum, in einer bestimmten Situation bzw. zu einem bestimmten Zeitpunkt einen optimalen Preis festzulegen; darüber hinaus ist es für ein Unternehmen aber von ebenso großer Bedeutung, sich zu entscheiden, wie seine langfristige Preispolitik aussehen sollte. In diesem Zusammenhang unterscheidet man die zur Verfügung stehenden preispolitischen Strategien in Strategien  ohne gravierende Änderung des Preises und  mit gravierender Änderung des Preises während des Dienstleistungslebenszyklus. Wird der Preis nicht gravierend geändert, differenziert man noch einmal in  Hochpreispolitik und  Niedrigpreispolitik. Eine wichtige preispolitische Strategie stellt in diesem Zusammenhang die Preisdifferenzierung dar. Hier bietet ein Unternehmen verschiedenen Segmenten gleiche oder relativ ähnliche Dienstleistungen zu unterschiedlichen Preisen an. In Bezug auf die Segmente kann somit z. B. eine räumliche, personenbezogene oder auch absatzmengenbezogene Preisdifferenzierung vorgenommen werden, etwa reduzierter Eintritt für Rentner. Eine spezielle Form der Preisdifferenzierung stellt die Preisbündelung dar, wobei hier mehrere Dienstleistungen zusammengefasst und zu einem „Bündelpreis“ angeboten werden. Folgende Kriterien liegen dabei einer Preisdifferenzierung im Dienstleistungsmarketing zugrunde: <?page no="68"?> 68 3 Operatives Dienstleistungsmarketing  räumliche Kriterien, z. B. bei Fluggesellschaften unterschiedliche Preise bei unterschiedlichen Abflughäfen,  zeitliche Kriterien, z. B. höhere Reisepreise an Feiertagen,  abnehmerorientierte Kriterien, z. B. Seniorenteller in Restaurants und  mengenorientierte Kriterien, z. B. Kundenkarten in Cafés. In diesem Zusammenhang ist auf die Tatsache hinzuweisen, dass für eine Dienstleistungsnachfrage in der Regel ein Anreiz darin liegt, weitere Dienstleistungen zu kaufen, wenn mit dem Erwerb eines Servicepakets ein Preisvorteil erreicht werden kann. Unter der Annahme einer Änderung des Preises während des Dienstleistungszyklus differenziert man folgende Strategien:  Penetrationspreispolitik Bei der Penetrationspreispolitik versucht man zunächst, mit niedrigen Preisen in den Markt einzudringen, Marktanteile zu gewinnen, Konkurrenten abzuschrecken und schließlich Massenmärkte zu erschließen, um dann später, wenn man sich am Markt etabliert hat, die anfänglich oft nicht einmal kostendeckenden Preise zu erhöhen und so schließlich Gewinne erzielen zu können. Diese Strategie erfordert vielfach einen langen „finanziellen Atem“, d. h. eine entsprechende Eigenkapitalausstattung.  Abschöpfungspreispolitik Bei der Abschöpfungspreispolitik wird dagegen mit hohen Preisen auf den Markt gegangen, um vor allem etwa einen Innovationsvorsprung auszunutzen, d. h. auch die hohen Entwicklungskosten schnell amortisieren zu können, um dann, wenn die Konkurrenz mitgezogen hat, die Preise entsprechend zu senken. Die Ge- <?page no="69"?> 3.2 Preispolitik 69 fahr bei dieser Strategie besteht darin, dass die hohen Anfangspreise abschreckend wirken und die Nachfrage zu gering bleibt. Das preispolitische Aktionsfeld eines Unternehmens findet in rechtlicher Hinsicht vor allem Beschränkung durch die Kartellgesetzgebung sowie durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies trifft auch und vor allem die die preispolitischen Maßnahmen flankierende Konditionenpolitik. Inhalt der Konditionenpolitik ist grundsätzlich die Gestaltung der Absatzbedingungen; ihr Ziel ist es, beim Abnehmer Präferenzen hervorzurufen. Instrumente sind hier in erster Linie  Rabatte,  Geschäftsbedingungen, sowie eine  Absatzkreditpolitik. Im Rahmen einer betrieblichen Preispolitik spielt die Rabattpolitik in der Regel eine wichtige Rolle. Rabatte stellen in diesem Zusammenhang Preisnachlässe für bestimmte Leistungen des Abnehmers dar. Man differenziert in:  Funktionsrabatt Bezugsgrundlage ist die Funktion, die der Abnehmer im Einzelnen wahrnimmt. Während in der Praxis hier oftmals lediglich Pauschalrabatte gewährt werden, wäre es sicherlich zweckmäßiger und erfolgversprechender, wenn diese Rabatte aufgrund der tatsächlich übernommenen Funktionen gewährt würden.  Mengenrabatt Bezugsgrundlage ist hier einmal der einzelne Auftrag (im Vorhinein) bzw. der Absatz/ Umsatz einer bestimmten Periode (im Nachhinein = Bonus). Bewährt haben sich hier progressiv strukturierte Rabattstaffeln. Ein Beispiel sind die Vielfliegerprogramme von Fluggesellschaften. <?page no="70"?> 70 3 Operatives Dienstleistungsmarketing  Zeitrabatt Bezugsgrundlage ist hier der Zeitpunkt der Abnahme; so werden etwa Sommerrabatte gewährt (z. B. in Wellness-Thermen), um die Angebotskapazitäten gleichmäßiger auslasten zu können.  Treuerabatt Bezugsgrundlage ist hier die Länge der Geschäftsbeziehungen; er dient in erster Linie dazu, Kunden an das Unternehmen zu binden bzw. Konkurrenten ein Eindringen in den Markt zu erschweren. Ein Beispiel sind hier etwa die Kundenkarten verschiedener Dienstleistungsbranchen. Die einzelnen Rabattarten werden in der betrieblichen Marketingpraxis in der Regel im Rahmen von äußerst komplexen Rabattsystemen kombiniert. Entscheidungsprobleme sind in diesem Zusammenhang zunächst die Wahl der dem jeweiligen Unternehmensziel entsprechenden Rabattart sowie die Bestimmung der Rabatthöhe. Dies ist besonders schwierig, da Rabatte auf der einen Seite die Gewinne schmälern, also gerade in Kombination nicht zu hoch gewährt werden dürfen, auf der anderen Seite dürfen sie jedoch auch ihren Anreizcharakter für die Kunden nicht einbüßen. Auch die Geschäftsbedingungen gehören zur Konditionenpolitik. Hier spielen vor allem die Zahlungsbedingungen eine wichtige Rolle. Diese umfassen Entscheidungstatbestände bezüglich  der Zahlungsweise,  der Zahlungssicherung,  der Gegengeschäfte. und  der Zahlungsfristen (Skonti sind in diesem Zusammenhang Nachlässe für kurzfristigere Zahlung). Vor allem Unternehmen, die in größerem Umfang am Wirtschaftsleben teilnehmen, verwenden aus Vereinfachungs- <?page no="71"?> 3.3 Distributionspolitik 71 gründen vorformulierte Vertragsbedingungen, die sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bezüglich der Zahlungsbedingungen wird ein Verbraucher dabei durch das Verbraucherkreditgesetz geschützt. Einen Beitrag zur diesbezüglichen Rechtsvereinheitlichung leisten im internationalen Handelsverkehr die hier seit langem üblichen Handelsklauseln, die Incoterms . Auch die Absatzkreditpolitik stellt ein weiteres Instrument der Konditionenpolitik dar. Sie beinhaltet häufig eine Stundung des Kaufpreises. 3.3 Distributionspolitik Ziel des folgenden Kapitels ist es, die wichtigsten Entscheidungstatbestände sowohl einer physischen Distribution (Marketinglogistik) als insbesondere auch einer strategischen Distribution für ein Dienstleistungsmarketing vorzustellen. Im Rahmen einer physischen Distribution, also Lagerung und Transport von materiellen Dienstleistungselementen, gilt es dabei vor allem auch, auf eine marketingorientierte Standortwahl näher einzugehen. Die strategische Distribution bezieht sich auf die Absatzwege und die Absatzorgane. Hier gilt es zu erkennen, welche Absatzwege grundsätzlich zur Verfügung stehen und welche für die unterschiedlichen Dienstleistungen und Märkte jeweils geeignet erscheinen. Zum Abschluss soll noch auf die Bedeutung von Maßnahmen eines Direktmarketing näher eingegangen werden. Im Dienstleitungsmarketing beinhaltet Distributionspolitik alle Entscheidungstatbestände, die im Zusammenhang stehen mit dem Weg einer Dienstleistung von deren Erbringung bis zum Endabnehmer. Auch hier wirken sich wieder die konstitutiven Eigenschaften von Dienstleistungen, also deren Besonderheiten gegenüber Produkten, auf die jeweils einsetzbaren Instrumente aus. <?page no="72"?> 72 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Man unterscheidet grundsätzlich in physische und strategische Distribution. Die physische Distribution oder auch Marketinglogistik ist durch Entscheidungen gekennzeichnet,  die richtige Dienstleistung,  in richtiger Menge,  am richtigen Ort,  zur richtigen Zeit und  mit möglichst geringen Kosten unter Berücksichtigung der übergeordneten Unternehmensziele Gewinn, Umsatz, Marktanteil und Kundenzufriedenheit bereitzustellen. Die wesentliche Aufgabe einer absatzbezogenen Logistik ist also grundsätzlich die Überwindung der vielschichtigen Trennung zwischen Käufern und Verkäufern. Logistische Aktivitäten sollten auch im Dienstleistungsmarketing ein einheitliches System darstellen, das auch aus einheitlicher Sicht zu steuern ist. Dies ist Aufgabe vor allem eines Operation Research . Hier ist allerdings seit Längerem in der Unternehmenspraxis zu beobachten, dass eine diesbezügliche Konstruktion umfassender Lösungsverfahren, die auf eine Optimierung des gesamten logistischen Systemablaufs ausgerichtet sein soll, zunehmend erschwert wird, da eine derartige Gesamtkonzeption zweifelslos eine komplexe Erfassung von Zusammenhängen zwischen den einzelnen Elementen bedingt. Um die Dienstleistungsergebnisse in den physischen Besitz ihrer Verwender übergeben zu können, müssen dabei zuerst die zwischen ihnen bestehenden Disparitäten in Bezug auf Zeit, Raum und Form des Tauschobjektes überwunden werden, d. h. die Menge oder Qualität der bereits erstellten Dienstleistungen ohne Substanzveränderung. Logistische Entscheidungen stehen mit den Absatzaktivitäten eines Unternehmens in engem Zusammenhang. So <?page no="73"?> 3.3 Distributionspolitik 73 beeinflusst etwa die Leistungsgestaltung die Art des Transports und der Lagerung; Sortimentserweiterungen ziehen in der Regel Änderungen des logistischen Systems nach sich. Preisnachlässe, etwa Mengenrabatte, können wiederum möglicherweise allein durch logistische Überlegungen ausgelöst sein. Besondere Werbeaktionen verlangen meist auch besondere logistische Folgemaßnahmen, um beispielsweise einer so hervorgerufenen schnell steigenden Nachfrage gerecht werden zu können. Diesen Interdependenzproblemen ist im Rahmen einer entsprechend fundierten Absatzplanung bzw. eines kooperativen Marketingcontrollings besonders Rechnung zu tragen. Ein modernes, effizientes Logistikkonzept kann nur dann erfolgreich sein, wenn es innerhalb der Organisationsstruktur einer Unternehmung entsprechend institutionalisiert werden kann. Die Organisationsform der Logistik als Hauptabteilung eines Unternehmens ist dabei ohne Zweifel naheliegend. Dies ist jedoch oftmals mit einigen Problemen verbunden. Den Ausgangspunkt sollte die Analyse der spezifischen Situation des Unternehmens bilden. Die Wahl der richtigen Eingliederung in die Struktur ist primär von den Möglichkeiten einer Kostenkontrolle (im engen Zusammenhang mit der Erreichung eines hohen Serviceniveaus als Instrument der Marktgestaltung) abhängig. Die Reorganisation sollte innerhalb einer bestimmten Zeitspanne stufenweise erfolgen. Der Leiter der Logistik sollte dabei vor allem die Fähigkeit eines Integrators besitzen, der die Organisation als ganzheitliches System im Sinne der Systemtheorie betrachtet, um durch ein Zusammenwirken der Elemente im Sinne eines Systems eine bessere Dienstleistung zu erzielen. Bezüglich der Absatzwege lässt sich vereinfacht eine Unterscheidung zwischen direktem und indirektem Absatz treffen, also unter Einschaltung des Handels. Es liegt in der Natur von Dienstleistungen, dass diese regelmäßig direkt erstellt werden. Hohe Erklärungsbedürftigkeit einer Dienst- <?page no="74"?> 74 3 Operatives Dienstleistungsmarketing leistung, also z. B. eine Schönheitsoperation, und extrem teure Dienstleistungen, also z. B. eine Vermietung von Luxusyachten, erhöhen dabei gleichzeitig noch die Notwendigkeit eines direkten Absatzes. Beim Franchising räumt ein Franchisegeber auf Basis der Vergabe einer Konzession gegen ein Entgelt (= Franchise), in der Regel einer Anfangsgebühr plus späterer Umsatz-/ Gewinnbeteiligungen, dem Franchisenehmer das Recht ein, sein eingeführtes Sortiment, z. B. im Fall von „Holiday-Inn“ oder „Engel & Völkers“ unter Verwendung seines Markenzeichens anzubieten. Für den Franchisegeber besteht der Vorteil, dass sich dadurch bei geringerem Kapitaleinsatz als für ein eigenes Filialsystem trotzdem die Möglichkeit ergibt, ein Absatzsystem mit einheitlichem Image zu entwickeln. Abb. 12: Bewertungsprofil eines Vertriebsweges im Dienstleistungsmarketing <?page no="75"?> 3.3 Distributionspolitik 75 Eine Vorteilhaftigkeitsanalyse zwischen den einzelnen Formen der Absatzwege (es ist unmittelbar einsichtig, dass selbstverständlich nicht immer der kostengünstigste der vorteilhafteste ist) kann wiederum mittels eines entsprechenden Scoring-Modells, in Ergänzung zu fundierten Wirtschaftlichkeitsanalysen, durchgeführt werden (vgl. Abb. 12). Stehen mehrere mögliche Vertriebswege einem Unternehmen zur Verfügung, so sollte es sich nach diesem Modell für den entscheiden, der die höchste Gesamtkennziffer erhält; ist nur ein Vertriebsweg in dieser Form zu analysieren, so sollte eine Mindestkennziffer festgelegt werden. Bei der direkten Distribution kann zwischen zwei grundsätzlichen Ausgestaltungsformen unterschieden werden, der unmittelbaren, z. B. dem einzelnen Friseurbesuch, oder der mittelbaren Direktdistribution, z. B. dem Filialsystem einer Bank oder dem Franchisesystem eines Immobilienmaklers. In den letzten Jahren gewann das Internet als (zusätzlicher) Absatzkanal verstärkt an Bedeutung. Die hier in Erscheinung tretende Problematik seiner adäquaten Integration bzw. darüber hinaus einer optimalen Abstimmung aller unterschiedlichen, zum Einsatz gelangenden Absatzkanäle ist heute Aufgabe eines Multichannel-Management . Innovative Informations- und Kommunikationstechnologien ebnen dabei aktuell vollkommen neue Wege einer kooperativen Kunden- und Sortimentsbearbeitung. Viele Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung zu internationalisieren. Im Vergleich zum Marketing innerhalb eines Landes lassen sich dabei einige Besonderheiten identifizieren. Hierzu gehören vor allem ein höheres Maß an Unsicherheit, z. B. instabile politische Verhältnisse oder stark schwankende Wechselkurse eine hohe Komplexität der Entscheidungen, <?page no="76"?> 76 3 Operatives Dienstleistungsmarketing ein höherer Informationsbedarf wie auch ein höherer Koordinationsbedarf. Spezielle Herausforderungen stellen sich hier auch für die Marktforschung, etwa durch ein unterschiedliches Kommunikationsverhalten oder bezüglich einer Segmentierung, etwa durch unterschiedliche Lebensstile. Maßnahmen eines direkten Dienstleistungsmarketing gelten heute als erfolgversprechendster Ansatz zu Erhöhung der Kundenzufriedenheit . Diese wird von sehr vielen Unternehmen als wichtigstes Marketingziel kommuniziert. Empirische Untersuchungen belegen allerdings, dass Kundenzufriedenheit nicht zwangsläufig auch zu einer stärkeren Kundenbindung führen muss. Andererseits kann von treuen Kunden bzw. Wiederholungskäufern nicht auf deren Zufriedenheit geschlossen werden. Im Rahmen einer Kundenanalyse ist der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu bestimmen; dabei ist zwischen der Stärke des Zusammenhangs und der funktionalen Beziehung zwischen beiden Größen zu differenzieren. Erst die Kenntnis dieser Zusammenhänge ermöglicht die Ableitung von Marketingmaßnahmen. Weisen Kundenzufriedenheit und -bindung einen starken Zusammenhang auf, dann kann die Zufriedenheit als Indikator und „Stellschraube“ zur Erhöhung der Kundenbindung verwendet werden. Bei einem schwachen Zusammenhang ist umgekehrt an der Kundenbindung anzusetzen; dabei vermögen spezielle Programme zur Kundenbindung ein Abwandern der Kunden zur Konkurrenz zu verhindern. Unternehmen sollten trotzdem weiterhin Situationen hoher Kundenbindung trotz geringer Zufriedenheit vermeiden und direkte Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit einleiten. In diesem Zusammenhang sollten sie zur Steuerung der Kundenzufriedenheit sowohl Hygieneals auch Begeisterungsfaktoren beachten. Erst durch sehr gute Leistungen bei den Begeisterungsfaktoren entsteht auch eine hohe Kundenzufriedenheit. <?page no="77"?> 3.3 Distributionspolitik 77 Viele Unternehmen gerade der Dienstleistungsmarketingbranche, beklagen heute, dass es juristische Vorschriften, speziell das Wettbewerbsrecht , in Deutschland schwer machen, dem Kunden den Service zu geben, den er erwartet. Der Erfolg von Direktmarketingmaßnahmen hängt daher in ganz entscheidendem Maße davon ab, wie es den Unternehmen gelingt, diesen rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend Rechnung zu tragen ( Zerres, T. & Zerres, C., 2018). Nach dem Vertrieb von Dienstleistungen über das klassische Internet eröffnen neuartige Informations- und Kommunikationstechnologien weitere innovative Distributionsmöglichkeiten für Dienstleistungen auf dem Gebiet des mobilen Internets. Die zunehmende Verarbeitung und stetige Leistungsverbesserung von internetfähigen Mobiltelefonen (Smartphones) ermöglichen es, ortsungebunden auf das Internet zuzugreifen. Dadurch sind weitere Möglichkeiten des internetbasierten Vertriebs von Dienstleistungen hinzugekommen. Beispiele sind hier etwa der Bezug von Bahn- oder Flugtickets über das Mobiltelefon, die direkt im Display des Geräts angezeigt werden und nicht mehr ausgedruckt werden müssen (Meffert et al., 2018, S. 396) Das Instrumentarium des Direktmarketing von Dienstleistungen lässt sich in drei Subinstrumente untergliedern:  Vertreterbesuch,  Telefonmarketing und  Onlinevertrieb. Der Vertreterbesuch , also der persönliche Verkauf am Ort des Abnehmers („Personal Selling“), ist ein Direktmarketinginstrument, das sowohl distributive als auch kommunikative Elemente in sich vereinigt. Direkter Vertrieb bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Absatz von <?page no="78"?> 78 3 Operatives Dienstleistungsmarketing Dienstleistungen und eine damit verbundene flankierende Beratung direkt erfolgen. Der Vertreterbesuch gilt als das effektivste, zugleich aber auch kostenaufwendigste Marketinginstrument (im Durchschnitt 150 € pro Kundenkontakt). Sei es das Ziel einer Neukundengewinnung, der Pflege bestehender Kunden oder auch das Ziel, eine neue Dienstleistung einzuführen, der Vertreter ist hier kaum durch ein anderes Instrument substituierbar. Gerade im Rahmen einer Akquisition vermag ein Vertreter differenziert und individuell auf die Bedürfnisse der potenziellen Kunden einzugehen. Durch die direkte Kommunikation ergibt sich ein sofortiges Feedback: Informationsdefizite können abgebaut, Missverständnisse ausgeräumt und Einzelheiten individuell vereinbart werden. Auch die Pflege des bestehenden Kundenstammes, vor allem aus Neukunden Stammkunden zu machen, erhält heute gerade unter dem Gesichtspunkt der weit höheren Kosten für das Gewinnen neuer Kunden zunehmende Bedeutung. ABC- und Kundenertragskraft- Analysen unterstützen hier eine bedarfsgerechte und gleichzeitig wirtschaftliche Kundenpflege. Bei der Einführung neuer Dienstleistungen ist der Einsatz von Vertretern grundsätzlich immer dann sinnvoll, wenn eine Dienstleistung besonders erklärungsbedürftig ist; neben einer Dienstleistungspräsentation, d. h. einer Visualisierung der Dienstleistung, kann darüber hinaus auch eine Dienstleistungsdemonstration, d. h. eine Vorführung der betreffenden neuen Dienstleistung, den Erfolg positiv beeinflussen. Aus Marketingsicht schränkt die Rechtsprechung das Instrument des Vertreterbesuches in seiner Wirkung und Bedeutung kaum ein. Sowohl der bestellte wie auch grundsätzlich der unbestellte Vertreterbesuch sind wettbewerbsrechtlich zulässig. <?page no="79"?> 3.3 Distributionspolitik 79 Im Rahmen von Direktmarketingmaßnahmen findet das Telefon sowohl im „Business“wie auch im „Consumer“- Bereich weitreichende Einsatzmöglichkeiten. Man unterscheidet dabei zwischen internem und externem Telefonmarketing. Internes Telefonmarketing bedeutet, dass alle diesbezüglichen Aktionen vom betreffenden Unternehmen selbst durchgeführt werden; dies bedingt die Schaffung von entsprechenden personellen und organisatorischen Voraussetzungen. Von externem Telefonmarketing wird immer dann gesprochen, wenn derartige Aktivitäten auf spezielle Agenturen übertragen werden; dabei handelt es sich in der Regel um aktionsbezogene Maßnahmen, z. B. zeitlich befristete Verkaufsaktionen. Des Weiteren kann man in aktives und passives Telefonmarketing differenzieren. Beim aktiven Telefonmarketing geht die Initiative zum Telefonanruf vom Dienstleistungsanbieter aus, d. h. der potenzielle aktive oder passive Kunde wird von diesem direkt kontaktiert. Beim passiven Telefonmarketing wird der potenzielle Kunde dagegen selbst aktiv und initiiert einen Anruf. Für das Telefon als erfolgversprechendes Direktmarketinginstrument gibt es eine Reihe von Gründen. Zunächst ist hier seine weite Verbreitung zu nennen. Darüber hinaus ist es relativ kostengünstig. Die sich aus fixen, vor allem dem Gehalt des die Telefongespräche durchführenden Mitarbeiters, und variablen, vor allem den Gebühren für die Tarifeinheiten, Bestandteilen zusammensetzenden Kosten betragen heute im Durchschnitt in Deutschland etwa 15 € pro Telefonkontakt. Zum wichtigsten Einsatzfeld des Telefonmarketing zählt zweifellos die Kundenbetreuung. Dies ist neben den erwähnten Kostengesichtspunkten vor allem auch darauf zurückzuführen, dass eine Vielzahl von Kunden, wie Umfragen zeigen, diese Form eines Kontaktes gegenüber einem Vertreterbesuch präferieren. Telefonmarketingaktivitäten <?page no="80"?> 80 3 Operatives Dienstleistungsmarketing erlauben darüber hinaus oftmals auch, solche Kunden zu berücksichtigen, die aus Kostengesichtspunkten von den Vertretern vernachlässigt werden müssen, die aber andererseits häufig ein nicht zu unterschätzendes Umsatzpotenzial darstellen können. Kundenpflege kann ebenfalls durch passives Telefonmarketing betrieben werden. So können telefonisch Aufträge angenommen, Kundenanfragen, z. B. nach Informationsbroschüren, und Reklamationen bearbeitet werden. Viele Firmen setzen heute diesbezüglich sogenannte Servicetelefone ein (zum Ortstarif für den Anrufenden). Vorrangiges Ziel ist die individuelle Beratung der anrufenden Kunden. Über dieses eigentliche Beratungsgespräch hinaus wird dann häufig versucht, zu einem Verkaufsgespräch zu gelangen. Ein weiteres wichtiges Feld des Telefonmarketing ist die Marktforschung. So können Kunden beispielsweise schnell und mit nur geringem Aufwand zu den Marktchancen einer geplanten Dienstleistungsinnovation befragt werden. Dem betreffenden Unternehmen kann sich dadurch die Chance eröffnen, entsprechende Kundenwünsche von Anfang an Berücksichtigung finden zu lassen. Zurzeit werden diesbezüglich in Wissenschaft und Praxis die Potenziale analysiert, die sich durch die Integration von Intranets und Internet in die traditionellen Callcenter-Konzepte ergeben können (Customer Care Center). Passives Telefonmarketing unterliegt, wie der bestellte Vertreterbesuch, keinen wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen. Aktives Telefonmarketing im Business-Bereich ist dann wettbewerbsrechtlich unproblematisch, wenn ein Unternehmen-Kunden-Verhältnis besteht. Im Consumer-Bereich ist ein aktives Telefonmarketing dagegen nur in äußerst eng gesteckten Grenzen möglich. Direktmarketing per Anschreiben („Mailing“) gewinnt noch immer an Bedeutung, vor allem da hier die Zielgruppen mit großer Präzision angesprochen werden können. <?page no="81"?> 3.3 Distributionspolitik 81 Dabei ist zu unterscheiden zwischen unadressierten Werbesendungen, die in erster Linie im Consumer-Bereich vorkommen, und adressierten Werbesendungen, z. B. eines Reiseveranstalters. Fast alle Unternehmen sind heute im Internet bereits mit einer eigenen Homepage präsent, um dem (Internet-)Benutzer bzw. dem potenziellen Kunden den Zugang zu ihrem Unternehmen zu vereinfachen. Durch das Internet finden umgekehrt auch immer mehr Unternehmen den Weg zum Kunden, in der Regel durch die E-Mail. Die Übersendung von Werbebotschaften per E-Mail weist gegenüber den traditionellen Medien, wie z. B. Wurfsendungen, den Vorteil auf, dass sie kostengünstiger und schneller ist, leichter eine größere Zahl an Personen erreicht und bessere Darstellungsmöglichkeiten bietet, z. B. durch bewegte Bilder, eventuell sogar in Verbindung mit Sprache. Dies hat allerdings dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen ihre Kunden mit unverlangter E-Mail-Werbung „überhäufen“. Zur Beurteilung verschiedener Alternativen von Absatzwegen für eine Dienstleistung lassen sich verschiedene Kriterien heranziehen (Meffert et al., 2018, S. 398).  Dienstleistungsbezogene Kriterien: Erklärungsbedürftigkeit (U-Bahnfahrt versus Reise ins Ausland). Bedarfshäufigkeit (Postdienste versus Unternehmensberatung), räumliche Flexibilität des Dienstleistungsherstellungsprozesses (Kinobesuch, Krankenhausbehandlung, Besuch eines Freizeitparks versus Partyservice, Steuerberatung usw.).  Konsumentenbezogene Kriterien: Anzahl der potenziellen Konsumenten (Bank versus Friseur), geografische Verteilung der Konsumenten (Fastfood-Ketten versus Touristeninformation), Kaufgewohnheiten.  Unternehmensbezogene Kriterien: Marktstellung des Anbieters (z. B. Lufthansa versus Gesellschaft für kurz- <?page no="82"?> 82 3 Operatives Dienstleistungsmarketing fristig zu buchende Geschäftsflüge), Vertriebskomponenten/ Erfahrungen mit Vertriebswegen, Marketingkonzeption und Anspruchsniveau der Vertriebsziele. Die Distribution über das Internet, E-Commerce, hat heute gerade auch im Dienstleistungssektor eine enorme Bedeutung erlangt. Diese kann sowohl direkt geschehen, also etwa bei einem Hotel oder einer Versicherung, wie auch indirekt, also bei einem Reisebüro oder einem Versicherungsmakler. Ziel ist stets eine Marktdurchdringung wie auch eine Erschließung ganz neuer, oftmals jüngerer Zielgruppen. In der Regel stehen die hier angesprochenen Möglichkeiten eines E-Commerce stets in einem engen Zusammenhang mit dem Einsatz von Self-Service-Technologien, wie etwa Check-out-Automaten in Hotels oder bei Autovermietungen. 3.4 Kommunikationspolitik Ziel der folgenden Ausführungen ist es, einen Überblick zu vermitteln über die im Rahmen einer Marktkommunikation zum Einsatz gelangenden Subinstrumente des persönlichen Verkaufs, der Verkaufsförderung, der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit. Es gilt, die Vielzahl der hier möglichen Gestaltungsvarianten und deren kombinierte und koordinierte Einflusspotenziale zu erkennen. Neben der zuvor behandelten Leistungspolitik als dem Hauptinstrument des Dienstleistungsmarketing muss der Marktkommunikation eine zentrale Bedeutung zugesprochen werden. Die Erscheinungsformen und damit verbunden die Entscheidungstatbestände einer Marktkommunikation von Dienstleistungen verdeutlicht folgende Abbildung (vgl. Abb. 13). <?page no="83"?> 3.4 Kommunikationspolitik 83 Abb. 13: Erscheinungsformen einer Marktkommunikation (Quelle: In Anlehnung an Bruhn, 1999, S. 21) In diesem Zusammenhang unterscheidet man als Subinstrumente  persönliche Kommunikation,  Verkaufsförderung,  Medienwerbung,  Öffentlichkeitsarbeit und  Onlinemarketing. 3.4.1 Persönliche Kommunikation Ziele einer persönlichen Kommunikation sind im Wesentlichen  Vertragsabschlüsse,  Dienstleistungspräsentationen, <?page no="84"?> 84 3 Operatives Dienstleistungsmarketing  Kundenberatung, etwa in Form von Beratungsgesprächen, Vorträgen und Seminaren oder auch durch Zusenden von entsprechendem Informationsmaterial,  Informationsgewinnung,  Imagebildung, und schließlich die  Übernahme logistischer Funktionen. Die persönliche Kommunikation kann dabei  gebietsbezogen,  kundenbezogen und  leistungsbezogen organisiert werden. 3.4.2 Verkaufsförderung Verkaufsförderung (sales promotion) gewinnt heute zu Lasten der klassischen Werbung, d. h. der Medienwerbung, immer mehr an Bedeutung. Durch Maßnahmen der Verkaufsförderung sollen (am Verkaufsort) zusätzliche außergewöhnliche Verkaufsanreize geschaffen werden. Im Vergleich zur Werbung, die mittelfristigen, und Öffentlichkeitsarbeit, die langfristigen Charakter aufweisen, zielt Verkaufsförderung mehr auf den kurzfristigeren Erfolg ab. Verkaufsförderung kann  mitarbeiterorientiert (Verkaufswettbewerbe, leistungssteigernde Entgeltsysteme, Prämien, entsprechende Informations- und Schulungsmaßnahmen),  kundenorientiert (Proben, Gutscheine, Rückerstattungsangebote, Preisausschreiben) und  partnerorientiert (Schulungen, Verkaufswettbewerbe, Bereitstellung von Displaymaterial, kooperative Werbung, Naturalrabatte) sein. Wie bei allen Instrumenten der Marktkommunikation unterliegen auch Entscheidungen der Verkaufsförderung insbesondere den Vorschriften des Wettbewerbsrechts. <?page no="85"?> 3.4 Kommunikationspolitik 85 3.4.3 Werbung Werbung kann als eine der Erreichung von Marketingzielen dienende, absichtliche und zwangsfreie Einwirkung auf Menschen mithilfe spezieller Kommunikationsmittel verstanden werden. Sie stellt die unpersönliche und in räumlicher Distanz vom Verkaufsort durchgeführte Form der Marktkommunikation dar und verfolgt über kommunikative Zielsetzungen (Steigerung des Bekanntheitsgrades, Beeinflussung des Images) ökonomische (Umsatzsteigerung) Zielsetzungen. Man differenziert in:  mediale Werbung Träger einer medialen Werbung (Medienwerbung) sind Fernsehen und Rundfunk sowie die Druckmedien. Ihr Ziel ist es zunächst, Dienstleistungen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollen Kundeneinstellungen beeinflusst werden, indem sie dazu beizutragen versucht, Vorurteile gegenüber einer Dienstleistung oder einem Unternehmen abzubauen und eine Wertschätzung gegenüber dem Angebot zu schaffen bzw. zu fördern. Grundsätzlich dient sie dazu, den Einsatz der anderen Marketinginstrumente zu unterstützen.  Direktwerbung Während sich die mediale Werbung also auf einen anonymen Markt konzentriert, in dem zwar die Segmente nach Art, Volumen, Kaufkraft und Präferenzstruktur, nicht jedoch die Personen innerhalb der Segmente bekannt sind, werden bei der Direktwerbung eine Vielzahl einzelner, adressenerfasster Personen gesondert angesprochen. Die zu dieser Einzelumwerbung erforderlichen Adressen werden mithilfe von Adressenkarteien und -banken, Couponanzeigen usw. gewonnen. Werbemittel sind im Rahmen der Direktwerbung vorrangig der Brief, die Infopost, Kata- <?page no="86"?> 86 3 Operatives Dienstleistungsmarketing loge und in zunehmendem Maße die E-Mail. Sie gewährleisten grundsätzlich  Möglichkeiten zur zielgruppenadäquaten und individuellen Ansprache,  geringe Streuverluste und eine  einfache Erfolgskontrolle. In rechtlicher Hinsicht taucht diesbezüglich das Problem auf, den sich verschärfenden Anforderungen an den Datenschutz stets gerecht zu werden. Direktwerbung ist Bestandteil eines umfassenden Direktmarketing, das sich in den letzten Jahren als eigenständiges Instrument profiliert hat. Der deutsche Direktmarketing-Verband definiert Direktmarketing als die gezielte Einzelansprache mit sämtlichen Kommunikationsmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, einen direkten Kontakt zum Adressaten herzustellen und einen unmittelbaren Dialog zu initiieren oder durch eine indirekte Ansprache die Grundlage eines Dialoges in einer zweiten Stufe zu legen, um Kommunikations- und Vertriebsziele eines Unternehmens zu erreichen (Meffert et al., 2018, S. 73) Die in der Literatur die Werbewirkung beschreibenden Stufenmodelle, deren bekanntestes das sogenannte AIDA- Schema (Attention, Interest, Desire und Action) ist, werden in der Regel der Komplexität nicht gerecht, vor allem auch der dabei ablaufenden psychischen Prozesse. Im Hinblick auf die Festlegung der Höhe des Werbeetats orientiert man sich in der Praxis an folgenden Bezugsgrößen:  Prozent vom Umsatz Dieses aufgrund seiner Einfachheit am häufigsten zu findende Verfahren weist den Nachteil einer prozyklischen Wirkung auf, d. h., dass etwa bei sinkenden Umsätzen in der nächsten Periode, in der man eigentlich <?page no="87"?> 3.4 Kommunikationspolitik 87 verstärkt werben müsste, weniger für Werbung ausgegeben werden kann.  Werbeziele Eine Ausrichtung an konkreten Werbezielen, wie etwa einer Erhöhung des Bekanntheitsgrades um 10 Prozent, entspricht am ehesten einem modernen Marketingverständnis; es werden also Werbeziele festgelegt und daraufhin der für deren Erreichung notwendige Etat ermittelt.  Verfügbare Finanzmittel Diese „Restbetragsmethode“ ist sicherlich nur in nicht werbeintensiven Branchen möglich. Im Rahmen einer Medienplanung unterscheidet man eine  Inter-Selektion, z. B. TV, Film, Radio, Zeitung, Zeitschrift oder Plakat, und eine  Intra-Selektion, z. B. innerhalb des Mediums Zeitung die Wahl zwischen „Bild“ oder „FAZ“. Diesbezügliche Entscheidungen beruhen in der Praxis, wenn auch selbstverständlich durch fundierte Analysen unterstützt, oftmals vor allem auch auf subjektiven Präferenzen. Besondere Schwierigkeiten bereitet in der Regel, auch wenn eine Vielzahl entsprechender Messmethoden zur Verfügung steht, eine verlässliche Werbeerfolgskontrolle , da es keinen eindeutig direkten Zusammenhang zwischen dem Werbeaufwand und dem Werbeertrag gibt. Eine Werbeerfolgskontrolle bezieht sich in diesem Zusammenhang auf zwei grundsätzliche Aspekte:  die Effektivität des Werbeeinsatzes und  die Effizienz des Werbeeinsatzes. Die Effektivitätsüberprüfung bezieht sich auf das Werbekonzept. Es wird dabei gefragt, ob das Werbebudget sinnvoll auf die Werbeträgergruppen und Werbeträger verteilt <?page no="88"?> 88 3 Operatives Dienstleistungsmarketing worden ist und ob auch die entsprechenden Zielgruppen angesprochen worden sind. Die Effizienzüberprüfung der Werbemaßnahmen erfolgt dagegen im Rahmen eines Soll- Ist-Vergleichs. Viele Unternehmen überlassen heute ihre Werbung entsprechenden Agenturen. Dem Vorteil einer besonderen fachlichen Qualifikation (Kreativität, Medieneinsatz) stehen dabei oftmals relativ hohe Kosten gegenüber. 3.4.4 Öffentlichkeitsarbeit Aufgrund der Immaterialität von Dienstleistungen zieht ein Kunde das Image auch verstärkt als Entscheidungskriterium im Sinne eines Vertrauensankers heran. Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet hierzu Presseinformationen über das betreffende Unternehmen, etwa bezüglich des Personalbereichs (Herausstellen von Führungspersönlichkeiten), des Forschungsbereichs oder auch bezüglich einer unternehmerischen Expansionsmaßnahme. Weitere Mittel sind Interviews, Aktionärsversammlungen, Zeitschriften für Zielgruppen, redaktionelle Beiträge, Bildmaterial, PR-Veranstaltungen, Vorträge, Referate, Fachtagungen, Seminare, Filme, Bücher, Broschüren, Betriebsbesichtigungen („Tag der offenen Tür“), Ausstellungen, Geschenke, Zuwendungen, Unterstützungen oder Preise. Gerade in Zeiten von häufigen Wirtschaftskrisen, wie gegenwärtig etwa im Energie- oder auch im Bankensektor, hat sich dabei eine sogenannte Krisen-PR vielfach bewährt. Zur Öffentlichkeitsarbeit eines Dienstleistungsunternehmens werden in der Regel auch ein  Eventmarketing und ein  Messemarketing gezählt. Zu den Mitteln einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit zählt man auch die sogenannten Community Relations, d. h. die <?page no="89"?> 3.4 Kommunikationspolitik 89 Beziehungen zu Behörden, Gemeinden usw., das Engagement in Parteien, Gruppen, Organisationen, den Dialog mit Verbrauchervertretern, Politikern und Bürgerinitiativen sowie die sogenannten Financial Public Relations, d. h. die Beziehungen zu Banken und anderen potenziellen Geldgebern, und schließlich die Veröffentlichung von Sozialreporten oder Sozialbilanzen; auch die Sponsoring-Maßnahmen, die vor allem im Kultur- und Sportbereich immer mehr, aber auch im Sozialbereich zu finden sind, gehören zur Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahren das Corporate-Citizenship-Konzept weltweit verbreiten können, bei dem das Unternehmen als „guter Bürger“ agiert, dieses Handeln entsprechend kommuniziert und damit eine Win-win-Situation zu erreichen versucht, wie gegenwärtig etwa der OTTO-Konzern. Öffentlichkeitsarbeit nach innen bezeichnet man auch als Human Relations . Sie gewinnt im Rahmen moderner Konzepte zur Entwicklung einer sogenannten Unternehmenskultur verstärkt Beachtung. Sie soll, etwa durch entsprechend gestaltete Mitarbeiterzeitungen, erreichen, dass die einzelnen Mitarbeiter Vertrauen zur Unternehmensleitung haben, sich am Arbeitsplatz wohl fühlen und ihre Aufgabenfelder akzeptieren. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann man in der Regel davon ausgehen, dass die Mitarbeiter positive Stellungnahmen im öffentlichen Meinungsbildungsprozess über ihr Unternehmen abgeben werden. Corporate-Identity-Strategien haben sich aus der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt und die Schaffung einer umfassenden eigenständigen und unverwechselbaren Unternehmenspersönlichkeit zum Ziel. Ihre Strukturelemente sind Unternehmensverhalten, -kommunikation und -erscheinungsbild. Gerade dem Unternehmenserscheinungsbild ist dabei in Bezug auf Markengestaltung, aber auch auf Architektur- und Sachmittelgestaltung in den letzten Jahren <?page no="90"?> 90 3 Operatives Dienstleistungsmarketing große Aufmerksamkeit zuteilgeworden. Öffentlichkeitsarbeit im weiteren Sinne beinhaltet schließlich auch eine gestaltende Einflussnahme auf die Gesetzgebung, etwa bezüglich der Steuern oder des Umweltschutzes, durch entsprechende Interessenvertretungen, die Lobbys . 3.4.5 Onlinemarketing Das Onlinemarketing stellt heute für viele Dienstleistungsunternehmen das zentrale Kommunikationsinstrument dar (Kreutzer, 2021). Zu den wichtigsten Instrumenten gehören (Zerres & Israel, 2016, S. 6 ff.):  Corporate Website,  Suchmaschinenmarketing,  Affiliate Marketing,  Onlinewerbung,  E-Mail-Marketing,  Online-Public-Relations und  Social-Media-Marketing. Zentrales Instrument stellt dabei die Corporate Website eines Unternehmens dar. In der Regel zielt der Einsatz aller anderen Onlinemarketing-Instrumente darauf ab, Besucher auf die Website des Unternehmens zu führen. Wie auch bei den anderen Kommunikationsinstrumenten erfordert ein erfolgreiches Onlinemarketing eine sorgfältige Planung. Hierzu gehören:  Durchführung einer Situationsanalyse,  Definition von Zielen,  Zielgruppenfestlegung,  Strategiedefinition,  Einsatz von Instrumenten, und  Controlling. <?page no="91"?> 3.4 Kommunikationspolitik 91 Suchmaschinenmarketing umfasst in diesem Kontext Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschinenwerbung. Aufgrund der hohen Bedeutung von Suchmaschinen für den Nutzer, wie etwa Google, nimmt das Suchmaschinenmarketing eine äußerst wichtige Rolle in der Kommunikation von Dienstleistern ein. Suchmaschinenoptimierung bezeichnet dabei alle Aktivitäten, die dazu dienen, das eigene Web-Angebot gut in den organischen Trefferlisten der Suchmaschine zu platzieren. Hingegen ist Suchmaschinenwerbung das Platzieren bezahlter Anzeigen in den Trefferlisten der Suchmaschinen. Im Rahmen des Affiliate Marketing werden u. a. Werbebanner auf der Website von Partner-Websites eingebunden. Dabei platziert der Werbetreibende (auch Advertiser oder Merchant genannt) Links und/ oder Werbebanner bei einem Partnerunternehmen (Publisher oder Affiliate). Wenn ein Nutzer über den Link des Affiliate auf die Website des Onlinehändlers kommt und dort eine Transaktion tätigt, bezahlt der Onlinehändler dem Affiliate eine Provision (etwa einen Anteil am Umsatz). Für die jeweiligen Kaufphasen des Nutzers bietet das E- Mail-Marketing verschiedene Arten. Hierzu gehören die Trigger-Mail (Kaufvorbereitungsphase), Transaktions- Mail (während der Transaktion), After-Sales-Mail (Nachkaufphase) und E-Newsletter. Online-Public-Relations umfasst die Öffentlichkeitsarbeit im Internet. Dies kann z. B. über eigene Pressebereiche auf der Website oder Presseportale geschehen. Social-Media-Kommunikation vollzieht sich auf online-basierten Plattformen und bezeichnet sowohl die Kommunikation als auch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Social-Media-Nutzern sowie deren Vernetzung untereinander. Die Social-Media-Kommunikation erfolgt sowohl aktiv als auch passiv mit dem Ziel des gegenseitigen Austausches von Informationen, Meinungen, Ein- <?page no="92"?> 92 3 Operatives Dienstleistungsmarketing drücken und Erfahrungen sowie des Mitwirkens an der Erstellung von unternehmensrelevanten Inhalten, Produkten oder Dienstleistungen (Meffert et al., 2018, S. 333). Die Ausführungen zeigen, dass den Unternehmen im Rahmen der Social-Media-Kommunikation zahlreiche Maßnahmen, Kanäle und Instrumente zur Verfügung stehen, um ihre Kommunikationsziele zu erreichen. Entsprechend gewinnt die Social-Media-Kommunikation zunehmend an Bedeutung (Kreutzer, 2021). Begründen lässt sich dies auch und vor allem durch die vielfältigen Chancen der Kommunikation über online-basierte Plattformen:  Immer größere Teile der Bevölkerung nutzen Social Media (insbesondere zur Kommunikation, aber auch zur Informationssuche).  Social-Media-Plattformen bieten Dienstleistungsunternehmen die Möglichkeit, einen direkten Dialog mit den Konsumenten zu führen und so unmittelbar Feedback zu Leistungen zu erhalten.  Die rasche Informationsverbreitung ermöglicht es in kürzester Zeit, auch wenig involvierte Konsumenten zu erreichen.  Durch Social-Media-Kommunikation wird es den Dienstleistern ermöglicht, sowohl dem gesamten Unternehmen als auch einzelnen Marken und Dienstleistungen ein „Gesicht“ zu geben.  Social-Media-Plattformen haben eine enorme Reichweite, die über klassische Medien nicht erreicht werden kann (z. B. Facebook mit über zwei Milliarden Nutzern). Neben zahlreichen Chancen werden jedoch auch Risiken thematisiert, die mit der Social-Media-Kommunikation einhergehen (Kreutzer, 2021):  Der Kunde selbst erschafft über Social Media sowohl positive wie auch negative Inhalte über die Dienstleistungen des Unternehmens (User Generated Content). <?page no="93"?> 3.5 Personalpolitik 93 Negative Stellungnahmen können sich rasch verbreiten (u. a. im Extremfall in Form eines Shitstorms). Darüber hinaus unterscheidet sich die Tonalität stark zu klassischen Medien. Problematisch ist zudem, dass die Kritik nicht immer konstruktiv ist und Informationen oft verzerrt weitergegeben werden.  Unternehmen müssen ständig neuen und zielgruppenrelevanten Content bereitstellen. Dies verursacht in der Regel hohen Aufwand und ist zudem meist auch mit Kosten verbunden. Insgesamt hat die Relevanz von Social Media für Dienstleistungsunternehmen in den letzten Jahren erheblich zugenommen und wird sicher auch weiter ansteigen. Insbesondere hat zudem die Bedeutung von sogenannten Influencern zugenommen, also digitaler Meinungsführer, die für das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung „Werbung“ machen. 3.5 Personalpolitik Die Ausführenden einer Dienstleistung, in der Regel also die Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens, besitzen eine zentrale Bedeutung für ein Dienstleistungsmarketing. Sie entsprechend zu berücksichtigen, ist Aufgabe einer Personalpolitik , einem fünften Instrument, das im Gegensatz zu den zuvor behandelten Instrumenten, interner Natur ist. Es handelt sich hier also nicht um das traditionelle Personalmanagement, sondern eher um ein internes Marketing (Bradtke, 2008). Instrumente der eigentlichen Personalpolitik sind die Personalbeschaffung, der Einsatz und die Entwicklung des Personals sowie dessen leistungsabhängige Vergütung. Ergänzend gelangen hier Instrumente der internen Kommunikation zum Einsatz, also der persönlichen und medialen Kommunikation mit den Mitarbeitern. <?page no="95"?> 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling Die Verwirklichung der Marketingziele erfordert nicht nur eine fundierte Marketingplanung, sondern ist zwingend zu ergänzen um eine Marketingkontrolle (Zerres, 2021). Dabei ist zu beachten, dass nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Daten überwacht werden müssen. In diesem Zusammenhang lässt sich differenzieren zwischen  ökonomischen Marketingkontrollen, die an den Auswirkungen von Marketingmaßnahmen auf die wirtschaftliche Situation von Unternehmen anknüpfen und die ökonomische Ziele wie Umsatz, Deckungsbeitrag oder Marktanteil zum Gegenstand haben, und  außerökonomische Marketingkontrollen, die sich auf psychische Merkmale der Abnehmer beziehen, wie z. B. Einstellungen und Zufriedenheit. Es geht also nicht nur um Umsätze, Kosten, Deckungsbeiträge und Gewinne, sondern z. B. auch um Kundennutzen-, Kundenzufriedenheits- und Imageanalysen. Es sind gleichermaßen Unternehmens- und Marktdaten in die Betrachtung mit einzubeziehen und zu verknüpfen. In diesem Sinne ist der Absatzbereich eines Unternehmens im Vergleich zu anderen Funktionsbereichen durch ein hohes Maß an Komplexität gekennzeichnet. Absatzpolitische Entscheidungen bedürfen einer sehr sorgfältigen Vorbereitung. Ebenso muss die Wirkung der beschlossenen Maßnahmen in der Durchführungsphase aufmerksam verfolgt werden. Gegebenenfalls sind kurzfristig Korrekturmaßnahmen aufgrund eines geänderten Kunden- oder Wettbewerbsverhaltens notwendig. Vor diesem Hintergrund lassen sich nun die Funktionen eines modernen Controllings im Dienstleistungsmarketing allgemein formulieren: <?page no="96"?> 96 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling  Feststellung von Abweichungen zwischen vorhergesagten (Soll) und tatsächlich eingetretenen (Ist) Ergebnissen (Soll-Ist-Vergleich = Kontrolle) und  Analyse der Abweichungsursachen. Der Marketingplan stellt also das Soll dar, das später im Rahmen der Überwachung mit dem Ist verglichen werden muss (Erfolgskontrolle). Aufgabe eines Marketingcontrollings ist darüber hinaus eine Analyse der Abweichungen zwischen den vorhergesagten und den tatsächlich eingetretenen Ergebnissen. Eine derartige Analyse kann ergeben, dass die Abweichungen einmal auf geänderte Planungsprämissen, zum anderen auf eine fehlerhafte Ausführung zurückzuführen sein können. Je nachdem muss die Gegensteuerung auf eine  Planänderung bzw. auf eine  Ausführungsänderung abzielen. Während in US-amerikanischen Firmen diese Gegensteuerung oftmals in der Kompetenz des jeweiligen Marketingcontrollers liegt, besitzen die europäischen, speziell die deutschen Kollegen, in der Regel nur (beratende) Stabsfunktion. Als Ansatzpunkte einer ergebnisorientierten Marketingkontrolle haben sich vor allem folgende Kriterien in der Praxis bewährt:  Umsatzkontrolle Ermittlung der erreichten Werte (Ist-Umsatz), Beurteilung dieser Werte auf der Basis der gesetzten Ziele (Soll-Umsatz) und Analyse der Abweichungsursachen. Bewertung: Der Hauptvorteil besteht in der einfachen Gewinnung der Umsatzzahlen aus internen Quellen; allerdings ist der Informationsgehalt grundsätzlich niedrig. Dieser <?page no="97"?> Dienstleistungsmarketing-Controlling 97 lässt sich durch die Verwendung differenzierter Umsatzzahlen erhöhen, aufgegliedert etwa nach Dienstleistungen, Kunden oder Gebieten. Das Hauptproblem liegt zweifellos in der Vernachlässigung der Kostenseite.  Deckungsbeitragskontrolle Ermittlung der tatsächlichen Deckungsbeiträge der jeweiligen Dienstleistungen des Unternehmens und Ableitung einer Priorisierung. Der Deckungsbeitrag stellt dabei den Beitrag dar, der die Erbringung einer Dienstleistung zur Deckung der fixen Kosten leistet. Er wird ermittelt, indem vom Verkaufspreis pro Einheit die variablen (zurechenbaren) Einzelkosten, also die Kosten, die direkt mit der Bereitstellung einer Dienstleistung verbunden sind, subtrahiert werden. Langfristiges Ziel von Unternehmungen wird stets sein, Deckungsbeiträge zu maximieren. Ein weiteres Instrument des Marketingcontrollers im Zusammenhang mit der Deckungsbeitragsrechnung ist die Break-Even-Analyse. Der Break-Even-Punkt gibt dabei an, bei welchem Umsatz oder welcher abgesetzten Menge Kostendeckung besteht, also weder Gewinn noch Verlust eintritt. Bewertung: Das Kriterium der Deckungsbeiträge erlaubt eine differenzierte Beurteilung einzelner Dienstleistungen oder Dienstleistungssortimente; es stellt eine wichtige Grundlage für Marketingentscheidungen dar, also z. B. für die Entscheidung darüber, ob eine Dienstleistung im Programm belassen werden soll oder nicht. Der Problematik immer größer werdender Gemeinkostenanteile wird heute vielfach schon mit dem Instrument der Prozesskostenrechnung erfolgreich begegnet.  Marktanteilskontrolle Ermittlung der relativen Marktposition eines Unternehmens im Vergleich zu anderen. Dabei differenziert man in den absoluten Marktanteil (Umsatz des Unter- <?page no="98"?> 98 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling nehmens im Verhältnis zum gesamten Marktvolumen) und den relativen Marktanteil (Marktanteil des Unternehmens im Verhältnis zum stärksten Konkurrenten). Bewertung: Dieses Kriterium liefert wichtige Informationen vor allem für die strategische Marketingplanung, z. B. im Rahmen von Portfolioanalysen. Offensichtliche Schwierigkeiten bestehen bei der (statistischen) Ermittlung der erforderlichen Daten. Aus der Informations- und Steuerungsfunktion des Marketingcontrollings ergibt sich die betriebliche Notwendigkeit zur Messung von Kundenzufriedenheit . Da die beschriebenen Kriterien (Umsatz, Deckungsbeitrag und Marktanteil) im Rahmen von Kennzahlenanalysen nur begrenzt Rückschlüsse auf die Kundenzufriedenheit zulassen, rücken für die Ermittlung der Zufriedenheit spezielle Messverfahren in den Mittelpunkt. Auf der Ebene der kundenorientierten Messansätze lassen sich die verschiedenen Verfahren grundsätzlich in  objektive und  subjektive unterteilen. Zu den objektiven Messverfahren gehören insbesondere Expertenbeobachtungen sowie eine teilnehmende, verdeckte Beobachtung durch Testkunden, welche unter anderem von der Stiftung Warentest eingesetzt wird. Die subjektiven Messansätze werden weiterhin in  ereignisorientierte und in  merkmalsorientierte Verfahren klassifiziert. Bei ereignisorientierten Messverfahren, z. B. Story-Telling, werden mit teilstrukturierten Fragen spezifische Merkmale von beobachteten Leistungen ergründet. Dabei geht es vor <?page no="99"?> Dienstleistungsmarketing-Controlling 99 allem um die Erkennung kritischer Kontaktereignisse im Sinne besonders negativer oder positiver Vorfälle im Rahmen von Leistungserstellungsprozessen. Zu den Vorteilen dieses Ansatzes gehört die Problemorientierung aus Kundensicht, da durch Auswertung von geschilderten Ereignissen konkrete Stärken und Schwächen des Leistungserstellungsprozesses aus Kundensicht erkannt werden. Die auf diese Weise geschilderten Merkmale beschreiben eine Leistung vollständig und sind relevant für die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit von Kunden. Die Nachteile dieses Verfahrens liegen im hohen Zeit- und Kostenaufwand für die Erhebung. Beim merkmalsorientierten Ansatz baut die Entwicklung von spezifischen, attributsorientierten Fragebögen grundsätzlich auf den Ergebnissen des qualitativen ereignisorientierten Ansatzes auf. Durch explizite oder implizite Gewichtungsverfahren können relevante Merkmale von Leistungen festgestellt und die Zufriedenheit mit diesen Merkmalen ermittelt werden. Das auch international wohl bekannteste, gleichzeitig auch umstrittenste merkmalsorientierte Verfahren ist das Messinstrument SERVQUAL (Service und Quality). Es arbeitet mit einer Doppelskala. Im Gegensatz zur Einfachskala werden dabei vor Inanspruchnahme einer Leistung die Erwartungen des Kunden erhoben (Soll-Situation); danach werden diese mit den Erfahrungen nach der Inanspruchnahme verglichen (Ist-Studie). Eine Bewertung der hier aufgeführten grundsätzlich unterschiedlichen Untersuchungsverfahren ergibt, dass sich ereignisorientierte Messansätze am besten für Messungen in Ausnahmesituationen und zur Ermittlung relevanter spezifischer Leistungskomponenten eignen, die mit merkmalsorientierten Ansätzen nicht zu ermitteln sind. Merkmalsorientierte Ansätze eignen sich daher eher zur Abfrage der Routinequalität und für den Aufbau von Ver- <?page no="100"?> 100 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling gleichen im Rahmen zeitorientierter Betrachtungen, wobei die Vorteile dieser Verfahren als standardisierte Messinstrumente in der Verwendungsfreundlichkeit sowie der Zeit- und Kostenersparnis gegenüber ereignisorientierten Messansätzen liegen. Für das Marketingcontrolling ist in diesem Zusammenhang die von Kaplan/ Norton entwickelte Balanced Scorecard zu einem wichtigen Instrument geworden. Diese wird heute von einer Vielzahl von Unternehmen aller Branchen und Größenklassen erfolgreich angewendet (Götte, 2018). Mit ihrer Hilfe werden die traditionellen finanziellen Kennzahlen um eine Kunden-, eine interne Prozesssowie eine Lern- und Entwicklungsperspektive ergänzt; an die Seite vergangenheitsorientierter Ergebniskennzahlen treten zukunftsorientierte Leistungskennzahlen. Die Ausgewogenheit dieses Scorecard-Ansatzes bezieht sich dabei auf die Berücksichtigung von kurz- und langfristigen Zielen, monetären und nicht monetären Kennzahlen, Spät- und Frühindikatoren sowie internen und externen Perspektiven. Die vorstehenden Ausführungen haben die beiden wesentlichen Anforderungen deutlich werden lassen, die an ein modernes Dienstleistungsmarketing-Controlling zu stellen sind:  Ein konsequent ertragsbzw. gewinnorientiertes Marketingmanagement darf im Rahmen des Controllings die Kostenseite nicht vernachlässigen, und  ein umfassendes Bild der Lage des Unternehmens kann nur durch eine gleichzeitige Betrachtung aller Erfolgsebenen, also Umsatz, Deckungsbeitrag, Marktanteil sowie Kundenzufriedenheit gewonnen werden. Hinsichtlich der organisatorischen Einbindung eines Dienstleistungsmarketing-Controllings wird latent Konfliktpotenzial deutlich. Je stärker Unternehmungen marktorientiert ausgerichtet sind, je komplexer die Dienstleistungs-Markt-Beziehungen sind, desto wichtiger ist die un- <?page no="101"?> Dienstleistungsmarketing-Controlling 101 mittelbare Zusammenarbeit des Marketingcontrollers mit dem Marketingmanagement. In der Praxis hat es sich als vorteilhaft erwiesen, den Marketingcontroller disziplinarisch dem Marketingmanagement zu unterstellen; dabei sollte das Dotted-Line-Prinzip beachtet werden, um gleichzeitig der Schnittstellenfunktion des Marketingcontrollers gerecht zu werden. Abschließend lässt sich feststellen, dass dem Marketingcontrolling heute in den meisten Unternehmen eine handlungsleitende Feedbackfunktion zukommt. Es stellt dabei die Grundlage dar für die Ausrichtung und eventuelle Korrektur von Marketingmaßnahmen; es liefert neue Anstöße für den Planungs- und Entscheidungsprozess und umfasst so im weiteren Sinne dann wieder die Marketingplanung (vgl. Abb. 14). Abb. 14: Marketing-Regelkreis Eine marktorientierte Unternehmensführung muss sich heute in einer durch Gegensätze gekennzeichneten Marketingumwelt behaupten. Diese lassen sich durch zentrale Spannungsfelder charakterisieren (vgl. Abb. 15). Abb. 15: Spannungsfelder einer marktorientierten Unternehmensführung <?page no="102"?> 102 4 Dienstleistungsmarketing-Controlling Aus diesen aktuellen Spannungsfeldern eines Dienstleistungsmarketing ergibt sich die  Notwendigkeit einer Erhöhung der Flexibilität gegenüber den neuen Anforderungen von Markt und Umwelt, und die  Notwendigkeit einer Erhöhung der Effizienz der eingesetzten Marketinginstrumente im Sinne eines Kosten- Nutzen-Vergleichs. <?page no="103"?> 5 Digitale Dienstleistungen Im folgenden Kapitel soll nun noch auf eine Besonderheit im Dienstleistungsmarketing eingegangen werden, das Marketing von digitalen Dienstleistungen. 5.1 Grundlagen 5.1.1 Begriffsabgrenzungen Digitale Dienstleistungen beziehungsweise Dienstleistungen 4.0 haben unseren Alltag schon mehr und mehr durchdrungen und ihre Bedeutung wird mit Gewissheit noch weiter steigen. Parallel zum Begriff Industrie 4.0, der den dortigen Einsatz digitaler Technologie bezeichnet, entstand auch der Begriff Dienstleistung 4.0, um den es in diesem Buch gehen wird. Es handelt sich hierbei also um Dienstleistungen, die in Verbindung mit und unter Verwendung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt und vertrieben werden. Diese Technologien üben dabei naturgemäß Einfluss aus auf die jeweiligen Geschäftsmodelle einschließlich der dazu nötigen Dienstleistungsprozesse, sowie letztlich auf die Vertriebsstrategien der betreffenden Unternehmen. Schon heute haben diese Entwicklungen ganze Branchen und bestehende Märkte grundlegend verändert. Viele Wertschöpfungsketten von Dienstleistungen haben und werden sich noch weiter in der Folge derartiger Digitalisierungsbestrebungen verändern, manche sogar ganz wegfallen. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass digitale Dienstleistungen unzweifelhaft das Potenzial in sich bergen, wesentliche Vorteile für die betroffenen Unternehmen in Anbetracht der Tatsache zu generieren, dass es zu einer <?page no="104"?> 104 5 Digitale Dienstleistungen Intensivierung der Dienstleistungsnachfrage durch bisherige Kunden kommen kann und dass neue Kunden, oftmals sogar ganz neue Märkte, erschlossen werden können. Hinzu kommt die Tatsache, dass bereits sehr viele Menschen ein Smartphone besitzen, die Markteintrittsbarrieren also relativ niedrig sind. Unser alltägliches Leben wird schon lange von einer Vielzahl technologiebasierter Dienstleistungen begleitet. Erst in den letzten Jahren erfährt diese Thematik eine bisher ungeahnte Relevanz durch die Digitalisierung . Diese führt zu einer enormen Beschleunigung der Entwicklung. Vor allem ist hierbei eine stark zunehmende Vernetzung von Geräten im Internet der Dinge festzustellen, die auch nach Prognosen von Marktforschern in den nächsten Jahren noch stark zunehmen wird. Die Digitalisierung wird ganze Branchen grundlegend verändern. Vor diesem Hintergrund ist es leicht nachvollziehbar, dass viele Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu verbleiben, auch verstärkt entsprechend adaptierte digitale Systemkomponenten im Hinblick auf ihr Dienstleistungsangebot zu integrieren bemüht sind. Die Unternehmen hoffen so, vor allem neue attraktive Vertriebskanäle zu eröffnen und so neue Kundengruppen beziehungsweise Marktsegmente für sich zu erschließen. Die betreffenden Dienstleistungen können schneller orts- und zeitungebunden in Anspruch genommen werden; allerdings kann oftmals auch das Gefühl eines Nicht-Bedient-Werdens beim Kunden eher negative Assoziationen hervorrufen. Die hier nur skizzierten Veränderungen werden mit dem Begriff Dienstleistung 4.0 umschrieben. Zurzeit gibt es in Praxis und Theorie noch keine einheitliche Begriffsauffassung. Man kann sich aber dem Begriff annähern, wenn man zunächst den schon seit Längerem kursierenden Begriff Industrie 4.0 heranzieht. Mit Industrie 4.0 wird die vierte industrielle Revolution, die Digitalisierung in der <?page no="105"?> 5.1 Grundlagen 105 Industrie bezeichnet. Diese ist in erster Linie gekennzeichnet durch eine Individualisierung der jeweiligen Produktangebote sowie durch eine möglichst weitgehende Einbeziehung des Kunden in die eigenen Geschäftsprozesse. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass im Zuge dieser Entwicklung eine scharfe Trennungslinie zwischen Produkten und Dienstleistungen in Zukunft immer schwerer zu ziehen sein wird (Zerres, 2006). Vor diesem Begriffsverständnis von Industrie 4.0 lassen sich nun Dienstleitungen 4.0 beziehungsweise digitale Dienstleistungen für dieses Buch folgendermaßen definieren: Während Industrie 4.0 also lediglich das industrielle Business-to-Business (B2B) betrifft, richten sich Dienstleistungen 4.0 darüber hinaus vor allem auch an das Business-to- Consumer (B2C). 5.1.2 Elemente In den folgenden Ausführungen soll ein Blick darauf geworfen werden, durch welche Elemente Dienstleistungen 4.0 nun konkret gekennzeichnet sind. Vorstehend wurde eine Abgrenzung des Begriffes Dienstleistungen 4.0 mit Blick auf das Begriffsverständnis von Industrie 4.0 vorgenommen. Was Dienstleistungen 4.0 konkret ausmacht, durch welche Elemente diese also gekennzeichnet werden, lässt sich ebenfalls zunächst aus einer Betrachtung der verschiedenen konstitutiven Merkmale von (klassischen) Dienstleistungen deutlich machen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 11):  Notwendigkeit der digitalen Leistungsfähigkeit: Bei Dienstleistungen 4.0 handelt es sich um eine ex ante erzeugte maschinelle Leistungsfähigkeit, die mithilfe von digitalen Technologien angeboten wird und an externen Faktoren Nutzen stiftet. <?page no="106"?> 106 5 Digitale Dienstleistungen  Integrativität von Dienstleistungen 4.0: Bei Dienstleistungen 4.0 werden der Kunde und/ oder seine Verfügungsobjekte, zum Beispiel intelligente Produkte, mittels digitaler Technologien in den Leistungserstellungsprozess integriert.  Immaterialität des Ergebnisses von Dienstleistungen 4.0: Das Leistungsversprechen von Dienstleistungen 4.0 hat einen überwiegend intangiblen Charakter. Auf dieser Basis lässt sich anschließend eine Reihe von weiteren Elementen von Dienstleistungen 4.0 ableiten (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 12):  Digitalisierungsfähigkeit: Dienstleistungen 4.0 basieren auf digital vernetzten Systemen, die analoge Informationen erfassen, aufbereiten und speichern. Sämtliche Daten, zum Beispiel Text, Bild oder Ton, werden digitalisiert und stehen für den Dienstleistungsprozess zur Verfügung.  Virtualisierungsfähigkeit: Dienstleistungen 4.0 machen (Teil-)Prozesse der Leistungserstellung in digitaler Form verfügbar, zum Beispiel über das Internet. Der Dienstleistungsprozess bedarf dafür nicht zwingend realer Gegebenheiten, zum Beispiel persönlicher Kontakte; er verläuft virtuell zwischen den technologischen Subsystemen.  Zeitunabhängigkeit: Dienstleistungen 4.0 sind grundsätzlich zeitunabhängig. Technisch ist eine 24-stündige Verfügbarkeit gegeben. Die Nachfrage der Dienstleistung kann also zu jeder Zeit abgerufen werden. Ob diese realisiert werden kann oder will, hängt dabei von den jeweiligen Anbietern und Nutzern ab.  Ubiquitätsfähigkeit: Dienstleistungen 4.0 sind weltweit verfügbar , sofern nicht technische oder politische Zugangsprobleme bestehen. Die Überall-Erhältlichkeit erleichtert den Nachfragern den Zugang an allen Orten. <?page no="107"?> 5.1 Grundlagen 107 Anbieter sind mit ihrem Dienstleistungsangebot also jederzeit und überall präsent.  Big Data: Im Rahmen der Digitalisierung werden große Datenmengen unterschiedlicher Datentypen mit hoher Geschwindigkeit generiert, verarbeitet und transferiert. Die gesammelten Daten können dabei aus verschiedenen Quellen stammen, wie zum Beispiel Aufzeichnungen von Überwachungssystemen, Kunden- oder Bezahlkarten, Smartphones, Social Media, vernetzte Autos oder auch vernetzte Technik in Häusern.  Multimedialität: Digitale Technologien bieten die Kombinationsmöglichkeit von Schrift, Ton, Bild (fest und bewegt) und zahlreichen Animationstechniken an. Nachdem nun das Begriffsverständnis, das Dienstleistungen 4.0 zugrunde liegt, geklärt worden ist und welche Elemente daraus abgeleitet werden, sollen anschließend die Rahmenvoraussetzungen benannt und betrachtet werden, die eine Entwicklung und einen marktkonformen Einsatz von Dienstleitungen 4.0 bedingen. 5.1.3 Rahmenvoraussetzungen 5.1.3.1 Überblick Die Rahmenfaktoren , die den Einsatz von digitalen Dienstleistungen und vor allem ihre weitere Entwicklung bestimmen, sind vorstehend teilweise schon angeklungen. Dies sind vor allem die wirtschaftliche Situation und die Kundenbedürfnisse, allen voran aber wohl die technologischen Voraussetzungen. Heute spielen digitale Plattformen eine zentrale Rolle bei der Digitalisierung ganzer Wertschöpfungsketten. Während die Entwicklung in Business-to-Consumer-Märkten (B2C) durch niedrige Eintrittsbarrieren für den Konsumenten (kostenfreie Registrierung und Nutzung) schneller durchlaufen wurde, etablieren sich seit einigen Jahren auch erste <?page no="108"?> 108 5 Digitale Dienstleistungen Plattformen im Business-to-Business-Bereich (B2B). Nach der Transformation in der Medien- und Unterhaltungsbranche (Apple, iTunes, YouTube oder Spotify) und im Einzelhandel (Amazon, eBay, Alibaba oder Zalando) verändern sich nun auch die Geschäftsprozesse in weiteren Branchen, wie der Industrie (Industrie 4.0), der Mobilität (Mobility as a Service), im Gesundheitswesen (Smart Health) oder im Baugewerbe (Gebäudeautomation/ Smart home). Dies hat erhebliche Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle etablierter Marktteilnehmer, auf Wertschöpfungsanteile und auf die Schnittstelle zum Kunden (Winter, 2017, S. 73). Während die USA und China den Eintritt in die Plattformökonomie relativ schnell angegangen sind, ist das Bild für Deutschland und Europa noch fragmentiert (Abb. 16). Abb. 16: Plattformunternehmen nach Typisierung und regionaler Verteilung (Quelle: In Anlehnung an Winter, 2017, S. 75) <?page no="109"?> 5.1 Grundlagen 109 Dank entsprechender Informations- und Kommunikationstechnologie entstehen mit dem Internet Softwareplattformen, die bei sinkenden Kosten für Rechenleistung und Datenspeicherung riesige Datenmengen (Big Data) erfassen, auswerten, aufbereiten und teilen und dadurch für Anbieter von Produkten und Dienstleistungen wie auch für Nutzer gleichermaßen wertvoll sind (Smart Data). Daraus resultieren Netzwerkeffekte. Aus klassischen angebotsgetriebenen Geschäftsmodellen werden plattformbasierte Geschäftsmodelle. Amazon und eBay etwa verfügen schon heute zusammen über mehr als 50 Prozent Marktanteil in Deutschland. Kein europäisches Unternehmen ist annähernd so wettbewerbsfähig und verfügt über eine solch hohe Marktkapitalisierung. Die durch die Digitalisierung hervorgerufenen Veränderungen der Märkte beeinflussen die Gestaltung der Organisation von Dienstleistungsunternehmen; in einigen Dimensionen ist trotzdem ein erheblicher strategischer Spielraum auszumachen, der von Führungskräften genutzt werden kann, um ihr Geschäftsmodell zu differenzieren. Zur Schaffung eines strategischen Orientierungsrahmens lassen sich die angesprochenen Auswirkungen der digitalen Transformation der Märkte auf das Dienstleistungsgeschäftsmodell als Thesen zusammenfassen (Bühler & Maas, 2017, S. 65).  Eine Vervielfältigung der Zugangswege erlaubt neue Wege in der Gestaltung der Customer Journey.  Eine Kombination von Offline- und Onlinezugangspunkten erlaubt auf den jeweiligen Zugangsweg zugeschnittene Dienstleistungen (Multi-Offering-Ansatz).  Digitale Zugangswege gestatten neue Arten der persönlichen Interaktion.  Durch die Integration des Kunden in den Wertschöpfungsprozess lässt sich der Service noch stärker individualisieren. <?page no="110"?> 110 5 Digitale Dienstleistungen  Eine Vielzahl an Konsummöglichkeiten erhöht die Komplexität der Entscheidung.  Zur Steigerung der Agilität in einer dynamischen Umwelt ist ein Trend hin zu flachen, basisdemokratischen und flexiblen Strukturen zu erkennen.  In einem multioptionalen Alltag verschaffen fixe Strukturen Orientierung. flexible Strukturen erfordern andererseits stärkere Verantwortungsübernahme.  Eine Veränderung der Wettbewerbslogik durch die Etablierung von Dienstleistungsökosystemen begünstigt die Entstehung von Wertschöpfungsnetzwerken.  Neue technologiegetriebene Unternehmen etablieren sich als digitale Plattform für den Zugang von Kunden zu Dienstleistungs-Ökosystemen.  Der Nutzen einer detaillierten strategischen Planung sinkt, wenn sich Geschäftsmodelle innerhalb kurzer Frist grundlegend ändern können.  Durch die besseren Mittel zur Integration von Kunden entsteht eine Vielzahl neuer Möglichkeiten bei der Gestaltung des eigenen Innovationsprozesses.  Führung muss sich zukünftig mit der Bereitstellung eines möglichst effektiven Unternehmensumfelds für kreative Wissensarbeiter auseinandersetzen.  Anreizsysteme für die kommende Generation an Arbeitnehmern und Führungskräften müssen sich wandeln, um attraktiv zu bleiben.  Eine kontrollorientierte Kultur behindert die Entfaltung von Kreativität, einer der Grundvoraussetzungen für eine Geschäftsmodellentwicklung.  Innovationen können nur durch ein Eingehen von Risiken erschaffen werden. Dazu muss eine Kultur etabliert werden, die das Experimentieren und Scheitern zulässt. <?page no="111"?> 5.1 Grundlagen 111 Wer den Zugang zum Kunden besitzt, der hat gute Chance auf eine dominante Stellung. Bei einer umfassenden Analyse von Dienstleistungen 4.0 lassen sich verschiedene Betrachtungsebenen unterscheiden, die sich in Form eines Bezugsrahmens für Transformationsprozesse von Dienstleistungen 4.0 darstellen lassen. Dabei stellen die Rahmenbedingungen die relevanten Einflussgrößen für die Entstehung von cyber-physischen Systemen als digitale Plattformen von Dienstleistungen 4.0 dar. Solche Plattformen bedingen Transformationsprozesse bei Anbietern und Kunden, deren Ausgestaltung die marktseitige Reaktion und damit den Nutzen für Anbieter und Kunden bestimmt. Die einzelnen Betrachtungsebenen des angesprochenen Bezugsrahmens sollen nun nachfolgend näher vorgestellt werden. Zunächst sind die Rahmenbedingungen als Einflussgrößen der Transformationsprozesse von Dienstleistungen 4.0 zu erfassen:  Technologische Entw icklungen, wie das Internet der Dinge (Internet of Things) oder das Cloud-Computing, die durch die Sammlung, Analyse, Bereitstellung und Nutzung von kundenbezogenen Daten zahlreiche Möglichkeiten für innovative dienstleistungsbasierte Geschäftsmodelle bieten.  Die Bedürfnisse von Kunden verändern sich entsprechend den technologischen Entwicklungen. So nimmt zum Beispiel das Bedürfnis nach personalisierten Dienstleistungen und Produkten zu und es ist ein Trend zum gemeinschaftlichen Konsum zu beobachten, der sich in einiger Zeit bereits in Form von Sharing-Konzepten niederschlägt.  Disruptive Branchenentwicklungen und die Veränderung von Ökosystemen sowie Geschäftsmodellen verändern zugleich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Dies hängt wiederum eng zusammen mit der zunehmenden Globalisierung, die eine hohe Komplexität und <?page no="112"?> 112 5 Digitale Dienstleistungen Volatilität von Märkten nach sich zieht und damit die Möglichkeit für die wirtschaftlichen Veränderungsprozesse eröffnet.  Ein gesellschaftlicher Wandel begleitet all das und spiegelt sich unter anderem in der Veränderung der Arbeitswelt, einer zunehmenden Mobilität der Menschen und einer starken sozialen Vernetzung wider.  Die gesetzlichen Regulierungen , etwa im Hinblick auf den Datenschutz, von IT-Sicherheit sind schließlich in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 14). Diese Rahmenbedingungen stellen die zentralen Treiber für die zukünftige Ausgestaltung von Dienstleistungen 4.0 dar. Die technische Dimension der Ausgestaltung von Dienstleistungen 4.0 betrifft dabei insbesondere den Einsatz der schon angesprochenen Plattformen, die die notwendige Leistungsfähigkeit für das Angebot und die Erstellung von Dienstleistungen 4.0 zu schaffen haben. Plattformen bilden so die Basis für die Entwicklung von digitalen Dienstleistungsangeboten, die für das Unternehmen und/ oder den Markt neu sind. In diesem Zusammenhang spielen die schon angesprochenen cyber-physischen Systeme (CPS) eine wesentliche Rolle. Diese werden als Technologie verstanden, um die Lücke zwischen der virtuellen (IT) und der realen (physischen) Welt zu schließen. Cyber-physische Systeme bestehen aus den Elementen Sensoren, Prozessoren, Kommunikatoren und Aktoren und haben dynamische Systemgrenzen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 16). Die Sensoren erfassen dabei physikalische Daten, zum Beispiel Temperatur, Geschwindigkeit und Dichte, die Prozessoren speichern und werten diese Daten aus und wirken mittels Aktoren auf physikalische Vorgänge ein, zum Beispiel auf eine Änderung von Temperatur oder Geschwindigkeit. Mittels Kommunikatoren sind die Geräte drahtlos miteinander verbun- <?page no="113"?> 5.1 Grundlagen 113 den. Hierdurch ist zum Beispiel eine Lokalisierung von Objekten weltweit einschließlich einer durchgängigen Positionserfassung und Zustandsabfrage in Echtzeit möglich. Ein übergreifendes Produktions-, Energie- und Logistikmanagement ermöglicht so schnellere Reaktionen auf Veränderungen im Markt und in der Lieferkette; Fertigungsanlagen können selbst auf kundenindividuelle Vorgaben reagieren. Je nach Anwendungszweck steht eine Vielzahl von CPS zeitlich begrenzt untereinander im Austausch. Ein solches System muss somit also in der Lage sein, aktiv Dienste mit anderen Systemen zu teilen. Entscheidungen werden dezentral, das heißt lokal vom cyber-physischen System getroffen und basieren dabei auf der Einschätzung der jeweiligen aktuell vorliegenden Situation und werden stetig durch einen kooperativen Lernprozess verbessert (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 16). Um die Schnittstellenfunktion zwischen der realen und der virtuellen Welt zu erfüllen, müssen cyber-physische Systeme in der Lage sein, mit Menschen und Dingen zu interagieren. Die Erkennung und die Interpretation menschlichen Verhaltens sowie die interaktive Abstimmung zwischen dem System und einzelnen Personen oder Gruppen erfordern das Vorhandensein solcher Schnittstellen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 16). Nach diesem Überblick über die wesentlichen Rahmenbedingungen, die Dienstleistungen 4.0 zugrunde liegen, und bei dem der eher technologische Aspekt der Plattformen im Fokus stand, soll nun auf eine genauso wichtige Bedingung eingegangen werden, die Ausgestaltung der Anbieter-Kunde-Transformation. 5.1.3.2 Ausgestaltung der Anbieter-Kunde-Transformation Aufbauend auf den genannten technischen Veränderungen in Form von digitalen Plattformen ist ein marktbezogener Wandel festzustellen, der sich in den Anwendungslösun- <?page no="114"?> 114 5 Digitale Dienstleistungen gen von Dienstleistungen 4.0 widerspiegelt, also in neuen (digitalen und servicebasierten) Geschäftsmodellen. Immer öfter wird dabei also nicht nur auf den Verkauf von (smarten) Produkten abgezielt, sondern auch darauf, diese als Bestandteil integrierter Dienstleistungslösungen anzubieten, eine Verlagerung der Wertschöpfung von einer Produktwertschöpfung hin zu einer Service-Wertschöpfung . Mögliche Geschäftsmodelle von Dienstleistungen 4.0 lassen sich in Anlehnung an die Modelle der Servicetransformation ableiten (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 17 f.):  Bei produktorientierten Geschäftsmodellen ist das (intelligente) Produkt des Anbieters die Kernleistung. Die Dienstleistung hängt inhaltlich mit der Kernleistung unmittelbar zusammen. Je nach Entwicklungsschritt bietet der Anbieter also zusätzlich zu seiner originären Leistung immaterielle Leistungen an, mit dem Ziel, den Absatz der Kernleistung zu fördern, die Produktivität des jeweiligen Produkts zu steigern und/ oder über den gesamten Produktlebenszyklus Umsatz zu erzielen. So werden zum Beispiel neue Angebote zur intelligenten, vernetzten Echtzeit-Zustandsüberwachung von Güterwagen entwickelt. Dies ermöglicht Funktionen wie eine exakte Lokalisierung der Waggons, Informationen über die Transportbedingungen der Ladung, das Erkennen von Erschütterungen beim Rangieren oder auch das Aufzeichnen der gefahrenen Kilometer eines Waggons für eine kilometerabhängige und zustandsbasierte Wartung.  Ein weiteres Geschäftsmodell stellen Systemlösungen dar. Ziel eines Systemlösungsanbieters ist das Angebot eines kompletten Leistungsbündels aus einer Hand, das heißt, der Systemlösungsanbieter erweitert sein Produktangebot um eine Leistungsgarantie, die zum Beispiel durch die Digitalisierung in Form von Predictive <?page no="115"?> 5.1 Grundlagen 115 Maintenance, also einer Wartungsvorhersage, sichergestellt werden kann.  Die nächste Stufe im Phasenmodell ist das dienstleistungsorientierte Geschäftsmodell. Die Dienstleistung selbst stellt jetzt die eigentliche Kernleistung dar. So können zum Beispiel, aufbauend auf den durch die CPS zur Verfügung gestellten Daten, Datenanalysen als Dienste angeboten werden, die eine Optimierung entlang der Wertschöpfungskette erlauben. Hier werden neue Kernkompetenzen aufgebaut und teilweise auch eigenständige organisatorische Bereiche im Unternehmen geschaffen.  Das wertschöpfungsorientierte Geschäftsmodell bietet den digitalen Betrieb (und die Vermarktung) von Prozessen als Dienstleistung an. So ist es zum Beispiel denkbar, dass zukünftig echtzeitkritische Anwendungen, wie etwa die produktherstellerübergreifende Maschinensteuerung eines Bearbeitungszentrums, als Dienst über eine Plattform ablaufen. Hierbei verändert sich die klassische Kunden-Anbieter-Beziehung und der Anbieter agiert als Partner für einen Teil der kundenseitigen organisationalen Wertschöpfung. Die Realisierung dieser Anwendungslösungen von Dienstleistungen 4.0 setzt sowohl beim Kunden als auch beim Anbieter Transformationsprozesse auf der Ebene der digitalen Technologien, der innovativen Geschäftsmodelle sowie der Organisation voraus. Auf Kundenseite sind darüber hinaus die Fähigkeiten, die Ressourcen und eine Akzeptanz für den Einsatz und die Nutzung von neuen digitalen Technologien zu schaffen. Innovative Geschäftsmodelle werden zahlreiche Änderungen des Kommunikations- und Nutzungsverhalten mit sich bringen, sodass eine Aufgabe für den Anbieter darin bestehen kann, den Kunden beziehungsweise die Mitarbeiter des Kundenunternehmens im Hinblick auf entsprechend notwendig werdende Techno- <?page no="116"?> 116 5 Digitale Dienstleistungen logiekompetenzen zu qualifizieren. Die Ressourcen betreffen insbesondere die technologischen Voraussetzungen für den Einsatz von Dienstleistungen 4.0, das heißt, es sind zum Beispiel smarte Objekte beim Kunden notwendig. Letztlich sind stets auch Akzeptanzbarrieren zu berücksichtigen, die sich zum einen aus der grundsätzlichen Technologieaversion beziehungsweise -affinität der Kunden ergeben und zum anderen auch durch deren Datenschutzbedenken bestimmt werden. Wertschöpfungspotenzial Abschließend gilt es, sich noch einmal die bereits angeklungenen Wertschöpfungspotenziale von Dienstleistungen 4.0 vor Augen zu führen. Die technologischen Treiber der Digitalisierung wirken sich auf die wesentlichen Kosten- und Differenzierungstreiber bei der Betrachtung der Wertschöpfung von digitalen Dienstleistungen aus. Um im Wettbewerb bestehen zu können, wird innerhalb der betreffenden Wertketten die Berücksichtigung von Kostentreibern als zentral angesehen. Im Mittelpunkt stehen dabei Skaleneffekte und Kapazitätsauslastungen, um Kostenvorteile zu erreichen. Je häufiger eine Dienstleistung nachgefragt wird und je höher die Kapazitätsauslastung bei der Nachfrage der betreffenden Dienstleistung ist, desto eher sind in aller Regel Kostenvorteile gegenüber der Konkurrenz möglich. Die allgemeine Vernetzung als ein technologischer Treiber der Digitalisierung und speziell die hierunter fallende Reichweite des Internets erhöhen im Wesentlichen die Möglichkeiten zur Realisierung von Skaleneffekten und hohen Kapazitätsauslastungen. Der leichtere Zugang zu potenziellen Kunden macht solche Kapazitätsauslastungen wahrscheinlicher. Gleichzeitig kann bei einer höheren Kundenanzahl auch eine höhere Anzahl an Dienstleistungen angeboten werden. Die gleiche Leistung kann so in der <?page no="117"?> 5.1 Grundlagen 117 Regel zu einem geringeren Preis erbracht werden. Dabei können sowohl Standardleistungen günstiger zur Verfügung gestellt werden als auch individuelle Druckformate möglichst kostengünstig und ressourcenschonend mit komplementären Aufträgen gebündelt werden. Unternehmen, die dem Veränderungsdruck durch die Digitalisierung innerhalb der Wertkette hin zu noch stärkerer Kosteneffizienz nicht standhalten können, sehen sich damit einem Veränderungsdruck zum Wechsel des Strukturmusters ausgesetzt. Durch einen solchen Wechsel kann eine Veränderung der Wertschöpfungslogik hin zur Lösung von individuellen Kundenproblemen und damit unter Umständen ein Bestehen in der Nische erreicht werden. Die Vernetzung von physischen Dingen, insbesondere Maschinen, kann ebenfalls zu einem Kostentreiber werden, wenn unter Echtzeitaustausch von Informationen und mittels künstlicher Intelligenz nicht nur die einzelnen Maschinen vollautomatisiert, sondern durch Analytik und künstliche Intelligenz auch eine Gesamtoptimierung der Wertkette erfolgt. Die aufeinanderfolgenden Aktivitäten innerhalb dieser mit ihrer sequenziellen Abhängigkeit werden kostenoptimiert aufeinander abgestimmt, wie beispielsweise durch optimale Kapazitätsauslastungen durch die intelligente Verteilung von Produktionsmitteln oder intelligente Wartungsintervalle. Diese Verfahren sind bereits heute Realität und erhöhen den Kostendruck für Unternehmen mit einer Wertschöpfung innerhalb der Logik ihrer bestehenden Wertkette. Die technologischen Treiber der Digitalisierung wirken sich jedoch nicht nur auf die Kostentreiber der Wertschöpfung aus, sondern ermöglichen vielfältige Chancen zur Differenzierung der Dienstleistungsangebote, insbesondere in Form der Individualisierung. Die Vernetzung von Akteuren als technologischer Treiber der Digitalisierung erhöht die Möglichkeiten der Koordination von einzelnen Unterneh- <?page no="118"?> 118 5 Digitale Dienstleistungen mensaktivitäten mit den Kunden bei gleichzeitiger Vernetzung der Produktionsmittel. Insbesondere die Reichweite des Internets zusammen mit einem erhöhten Informationsgehalt der Kundendaten für die Produktion macht es möglich, die Kunden in den sequenziellen Transformationsprozess so frühzeitig und so intensiv einzubinden, dass kundenindividuelle Leistungserstellungsprozesse im Rahmen der Wertkette möglich sind (Bach, Rimbach & Wolf, 2017, S. 281 f.). Vor allem auch Big Data, also die problemorientierte Auswertung der ungeheuren Datenmengen, die heute in den meisten Fällen zur Verfügung stehen, vermag den Kundennutzen durch digitale Dienstleistungen zu verbessern. Typische Dienstleistungen dieser Art sind sämtliche Beratungsleistungen, aber auch die von Architekten und Ärzten angebotenen Leistungen entsprechen dem Strukturmuster bei Dienstleistungen dieser Art, also das individuelle Kundenproblem aus Sicht des Dienstleisters zu erfassen beziehungsweise zu beschreiben. Im Anschluss hieran folgen nun die Findung sowie die Auswahl einer geeigneten Lösung, die Umsetzung und schließlich die Kontrolle und Bewertung (Bach et al., 2017, S. 283 f.). Handelt es sich dabei um persönliche Daten, etwa von Kunden, so unterliegen diese in Deutschland stets den datenschutzrechtlichen Regelungen. 5.1.3.3 Rechtsrahmen Bei sämtlichen digitalen Marketing-Maßnahmen ist eine Vielzahl an rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Dies gilt sowohl für die Einrichtung und Gestaltung einer Website als auch für den gesamten Bereich des Online- Marketing und den E-Commerce. Aus rechtlicher Sicht ist zu beachten, dass es in Deutschland kein einheitliches „Website-Gesetz“ oder „Online-Marketing-Gesetz“ gibt, sondern es sich um eine vielschichtige „Querschnitt- <?page no="119"?> 5.1 Grundlagen 119 materie“ handelt, die eine ganze Reihe von Rechtsgebieten mit den dort jeweils speziellen rechtlichen Regelungen umfasst. Jeder, der eine Website aufruft, zum Beispiel um sich über die Leistungen eines Unternehmens zu informieren, hinterlässt eine Vielzahl an Daten, die vielfältige Informationen über ihn enthalten. Es besteht hier, insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden technologischen Entwicklung, die Gefahr für das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es handelt sich dabei um das Recht jedes Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Fast alle Websites verwenden sogenannte Cookies. Es handelt sich hierbei um kleine Textdateien, die von einem Betreiber einer Website auf dem Rechner des Nutzers beziehungsweise Besuchers, zumeist ohne dessen Kenntnis, abgelegt werden, um Informationen über diesen zu sammeln. Mit ihrem Einsatz kann ein Nutzer beziehungsweise Besucher der Seite identifiziert und wieder erkannt werden. Es kann dadurch zum Beispiel festgelegt werden, dass ein Nutzer bei einem erneuten Website-Besuch angemeldet bleibt und nicht noch einmal seine Anmeldedaten eingeben muss. Da die Versendung des Cookies bei jedem Aufruf der Seiten des jeweiligen Anbieters zu einer Übertragung personenbezogener Daten führt, sind damit die Voraussetzungen für die Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen erfüllt. Viele Website-Betreiber nutzen darüber hinaus häufig Analyse- und Tracking-Tools, wie zum Beispiel Google Analytics. Mit deren Analyse kann das Verhalten der Besucher der Website durch statistisch aufbereitete Auswertungsergebnisse nachverfolgt werden. So wird zum Beispiel erfasst, wie die Besucher auf die betreffende Website <?page no="120"?> 120 5 Digitale Dienstleistungen gekommen sind, wie lange sie geblieben und auf welche Seiten sie danach gegangen sind. Ein solches Tracking dient der Erfolgskontrolle im Online-Marketing und ist insbesondere für Betreiber eines Onlineshops von großer Bedeutung. Personenbezogene Daten unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz, dem sogenannten Datenschutz. Aus rechtlicher Sicht sind hier vornehmlich die Datenschutz- Grundverordnung der EU (VO 2016/ 679; kurz: DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu) und seit 2021 das Gesetzes zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) zu beachten. Werden auf einer Website fremde Texte übernommen, dann sind diese als „Sprachwerke“ urheberechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), soweit sie eine gewisse schöpferische Eigentümlichkeit und Individualität aufweisen. Geht es um die Verwendung von Fotos, auf denen Personen zu erkennen sind, dann sind nicht nur die Urheberrechte des Fotografen betroffen, sondern auch die Rechte der auf dem Foto abgebildeten Personen. Dieses Recht am eigenen Bild ist gesetzlich in den §§ 22 bis 24 des „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotographie“ (Kunsturhebergesetz beziehungsweise KUG) geregelt. Charakteristisch für den Einsatz einer Website zum „Vertrieb“ von Produkten und Dienstleistungen (E-Commerce) ist zunächst, dass im Unterschied zu den traditionellen Fernkommunikationsinstrumenten, wie etwa Werbebrief, Katalog oder Telefon, der Kontakt und (häufig auch) der Vertragsabschluss über das Internet erfolgen. Im Wesentlichen geht es dabei um den Abschluss von Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen. Rechtlich gilt auch hier der Grundsatz, dass dasjenige, was offline gilt, prinzipiell auch online <?page no="121"?> 5.1 Grundlagen 121 gilt. Es können daher grundsätzlich die Regelungen des Vertrags-, Handels-, Wettbewerbs-, Steuer-, Gewerbe- und Verbraucherschutzrechts zur Anwendung kommen. Beim E-Commerce sind in vielen Fällen (nur) die Kontaktaufnahme und der Vertragsabschluss digital, nicht dagegen die Vertragserfüllung. Eine Vertragserfüllung in digitaler Form ist naturgemäß nur dann möglich, wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um einen digitalen Inhalt handelt, zum Beispiel Software, Filme, Musik, E-Books oder um eine digitale Dienstleistung, zum Beispiel ein Zurverfügungstellen von Speicherplatz oder eine Softwarepflege; eine Vertragserfüllung erfolgt dann durch eine Bereitstellung des Leistungsangebots. In bestimmten Fällen dient eine digitale Leistung nur der Vorbereitung einer physisch zu erbringenden Dienstleistung, zum Beispiel die Vereinbarung eines Arztbesuches über das Internet oder die digitale Speisekarte in einem Restaurant. Die tatsächliche Dienstleistung, also die Behandlung durch einen Arzt oder das Essen in einem Restaurant, wird physisch erbracht. Erfolgt der Vertragsabschluss auf digitalem Wege, dann sind in rechtlicher Hinsicht einige Besonderheiten zu beachten. Im Bezug auf die weiteren Fragen, wie etwa nach der Haftung für Fehler, ergeben sich für die Rechtsfolgen keine Besonderheiten. Es finden grundsätzlich, soweit es sich um Dienstleistungen handelt, die jeweils relevanten Normen zum Dienstvertrag (§ 611 BGB) oder Werkvertrag (§ 631 BGB) Anwendung, unabhängig davon, ob die Vertragsvorbereitung mit digitalen Leistungen kombiniert worden ist. Handelt es sich allerdings ausschließlich um digitale Inhalte und Dienstleistungen, sind umfassende, vom europäischen Gesetzgeber vorgegebene Regelungen, zu beachten, die vor kurzem in deutsches Recht umgesetzt worden sind. Es handelt sich dabei um spezielle Regelungen zu Verbraucherverträgen über digitale Produkte (§§ 327 bis 327u <?page no="122"?> 122 5 Digitale Dienstleistungen BGB), auf die später noch eingegangen werden soll. Gegenstand des folgenden Abschnitts sind zunächst die besonderen Regelungen zum Vertragsschluss. Zur Verwendung der im Geschäftsverkehr üblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gelten für die Betreiber von Onlineshops grundsätzlich dieselben rechtlichen Vorgaben wie im Geschäftsverkehr außerhalb des Internets (§§ 305 bis 310 BGB). Wird eine digitale Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht, dann enthalten die neuen §§ 327 ff. BGB bei Verbraucherverträgen ein eigenständiges Mängelrecht. Hat der Unternehmer die digitalen Produkte nach § 327b BGB nicht „unverzüglich“ bereitgestellt, dann kann ein Verbraucher unter den Voraussetzungen des § 327c Abs. 1 und 3 BGB den Vertrag beenden sowie nach § 327c Abs. 2 und 3 BGB Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280, 281 Abs. 1 BGB oder Ersatz der vergeblichen Aufwendungen (§ 284 BGB) verlangen. Der Verbraucher kann also grundsätzlich die allgemeinen Rechte geltend machen, die allerdings im Anwendungsbereich der genannten Regelungen entsprechend modifiziert werden Handelt es sich nicht um einen Verbrauchervertrag, sondern um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern (B2B) oder zwischen Verbrauchern (C2C), dann gelten nicht die §§ 327 ff. BGB, sondern das allgemeine Vertragsrecht. Die Vertragsparteien können dann im Rahmen der grundsätzlich bestehenden Vertragsfreiheit den Inhalt des Vertrages frei bestimmen. Auch sind die Bestimmungen des speziellen Vertragsrechts, zum Beispiel Kauf-, Miet-, Dienst- oder Werkvertragsrecht, anwendbar (Grundlegend zum Marketingrecht Zerres & Zerres , Marketingrecht - Rechtrahmen eines Marketingmanagement, 2018). <?page no="123"?> 5.2 Management 123 5.2 Management 5.2.1 Begriff Da Entscheidungen im Hinblick auf das Management von digitalen Dienstleistungen grundsätzlich genauso unter dem Primat der Effektivität und Effizienz stehen wie alle anderen marktorientierten Entscheidungen im Unternehmen, liegt es nahe, die hier zum Einsatz gelangende und in der Vergangenheit bewährte Systematik ebenfalls zugrunde zu legen (Zerres, 2013). Dies führt zur Formulierung der nachstehenden Definition. Die Besonderheiten von digitalen Dienstleistungen in Bezug auf ihr Management beziehungsweise ihr Marketing sind also  die höhere Komplexität der Entscheidungsgrundlagen und  die enorme Abhängigkeit der diesbezüglichen Entscheidungen vom Fortschritt bei den technischen Möglichkeiten. Diese Besonderheiten bedingen eine differenziertere Betrachtung der einzelnen Phasen des Managementprozesses . Dies soll nun in den nachfolgenden Ausführungen jeweils entsprechende Berücksichtigung finden. 5.2.2 Analyse Am Anfang eines jeden Managemententscheidungsprozesses sollte stets eine Ist-Analyse stehen, in deren Rahmen die augenblickliche Situation möglichst genau beschrieben wird. Vor allem sind hier die relevanten Einflussfaktoren, die für die Entwicklung und Implementierung von Dienstleistungen 4.0 verantwortlich zeichnen, genau zu identifizieren und anschließend zu analysieren. Dies ist vornehmlich die Aufgabe der betrieblichen Marktforschung, auf die hier mit Sicherheit diesbezüglich ganz neue Herausforde- <?page no="124"?> 124 5 Digitale Dienstleistungen rungen zukommen werden. Vor allem stellt sich die Frage nach geeigneten Methoden zur Analyse des Markts und damit zur Fundierung von strategischen und operativen Entscheidungen. Dabei sind neben den klassischen Methoden der Marketingforschung, zum Beispiel Expertenbefragungen, Testverfahren, Trendextrapolationen oder auch Bedarfsanalysen, auch entsprechende speziell geeignete Methoden einzusetzen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 23). Es ist einsichtig, dass Prognosen bei einem so dynamischen Thema wie Dienstleistungen 4.0 mit den üblichen, hier ansonsten zum Einsatz gelangenden Instrumenten nicht zu bewerkstelligen sind. Der durch die Digitalisierung zu beobachtende und sich weiter fortsetzende schleichende Verfall von traditionellen Geschäftsmodellen macht die seit Längerem bekannte Szenario-Technik wie auch die hier oftmals begleitend eingesetzte Delphi-Technik zu den wohl geeignetsten Prognose- und Analysetechniken. Auf diese beiden Techniken soll daher im Folgenden ausführlich eingegangen werden. 5.2.2.1 Szenario-Technik Der „Blick in die Zukunft“ mit Hilfe der Szenario-Technik, diesem Filmdrehbuch einer zukünftigen Entwicklung, vollzieht sich im Rahmen eines strukturierten Ansatzes. In der einschlägigen Literatur wird dazu eine Vielzahl von Vorgehensmodellen beschrieben, die alle auf eine gemeinsame Grundidee ausgerichtet sind, die nachfolgend umrissen werden soll. Daran anschließend wird im Rahmen eines Phasenansatzes die schrittweise Abarbeitung vom Ist-Zustand hin zum Szenario aufgezeigt. Im Prinzip erfolgt die Erarbeitung von Szenarien zunächst auf Basis einer Situationsanalyse. Hier werden der aktuelle Zustand, Beziehungen zur Umgebung, Vernetzungen der Systeme mit der Umwelt, Einflussfaktoren, Stärken, Schwächen und Regelkreise erfasst. Insgesamt gilt es hier also, die zentralen Einflussfaktoren einer Situation zu ermitteln. <?page no="125"?> 5.2 Management 125 Basierend auf den Erkenntnissen der Ausgangslage werden sodann mögliche, neu auftretende Entwicklungen sowie verschwindende Faktoren betrachtet und deren mögliche Auswirkungen auf die Ausgangslage, den Ist-Zustand, diskutiert. Hier gilt es insbesondere, Vernetzungen und gegenseitige Abhängigkeiten zu bestimmen und Modelle zu entwickeln, mit denen sich die Zusammenhänge auch beschreiben lassen. Daraus werden final plausible Szenarien entwickelt, die auf ihre Konsistenz hin untersucht werden. Es werden unterschiedliche Varianten an Schlüsselfaktoren diskutiert und in Szenarien voneinander abgegrenzt. Abb. 17: Wesentliche Einflussfaktoren und Umfeldsysteme eines Unternehmens mit Dienstleistungen 4.0 Im Ergebnis gilt es aus Sicht eines anwendenden Unternehmens, für die einzelnen Szenarien Leitstrategien zu entwickeln. Somit kann zukünftig möglichen Entwicklungen bereits heute durch eine gewisse Lenkung entsprochen beziehungsweise entgegengewirkt werden. Aus Unternehmenssicht können als Folge dieser Leitstrategien sodann konkrete Maßnahmen in Bezug etwa auf Investitionsverhalten, Leistungspolitik, Expansions- und Internationalisie- <?page no="126"?> 126 5 Digitale Dienstleistungen rungsansätze sowie Beschaffungspolitik über einen längeren Zeitverlauf hinweg bestimmt werden. Je nach Eintreten von Meilensteinen in der Zukunft kann die Richtung, nach Bedarf und tatsächlicher Entwicklung, dabei auch angepasst werden. Da dem Einflussfaktor Technik im Hinblick auf die hier zu prognostizierende Thematik Dienstleistungen 4.0 wohl das größte Gewicht beizumessen ist, empfiehlt sich diesbezüglich in jedem Fall eine weitere Aufgliederung, so etwa in  Plattformtechnologie,  Sensortechnologie, oder auch  künstliche Intelligenz. Abschließend soll noch das konkrete Vorgehen zur Erstellung von Szenarien im Rahmen eines strukturierten Phasenansatzes erläutert werden (Wolf, Zerres & Zerres, 2018, S. 106 ff.).  Szenario-Vorbereitung: In dieser vorgelagerten Phase der Szenario-Vorbereitung werden die grundlegenden Eckpfeiler der Untersuchung festgelegt. Hier werden das Untersuchungsfeld sowie die grundlegenden Einflussfaktoren bestimmt. Insbesondere erfolgen die Bestimmung einer Plattform für die Erstellung von Szenarien, die Bestimmung der Zielsetzungen des Vorhabens sowie die Auswahl von Gestaltungs- und Szenario-Feld. Im Allgemeinen werden aus Unternehmenssicht nicht nur unmittelbare und mittelbare Aspekte berücksichtigt, wie Marktentwicklung oder auch Branchentrend, sondern auch politische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte. Diese können einen maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft eines Unternehmens und dessen Rahmenbedingungen ausüben.  Szenario-Analyse: Im Rahmen dieser Phase werden unter anderem Indikatoren zur Beschreibung wesentlicher Einflussgrößen festgelegt. Ziel ist es dabei, durch <?page no="127"?> 5.2 Management 127 einen bewusst breiten Blickwinkel, unter Einnahme einer möglichst differenzierten Sichtweise, die wesentlichen Einflussgrößen, das heißt Schlüsselfaktoren, für eine Problemstellung herauszukristallisieren. Hier werden Faktoren gebündelt, gruppiert sowie in einen gegenseitigen Zusammenhang gestellt. Indikatoren sind im Allgemeinen Größen, die Einflussfaktoren messbar und bestimmbar zu machen helfen. Grundsätzlich bereitet die Bestimmung zentraler Einflussgrößen in der betrieblichen Praxis Schwierigkeiten. Hier können, sofern vorliegend, Vergangenheitsdaten hinzugezogen werden; statistische Methoden können helfen, Zusammenhänge zu ermitteln, etwa durch Korrelationsbetrachtungen. Insgesamt ist es für die Erstellung von Szenarien hilfreich, wenn grundlegende Zusammenhänge ermittelt und in Teilen quantifiziert werden können; zumindest müssen Aussagen über die Stärke der Abhängigkeiten von Einflussgrößen und Indikatoren vorliegen, damit der Aussagegehalt der Szenarien optimiert werden kann. Im Idealfall werden Faktoren so klassifiziert und in Rangreihen nach Einflusspotenzial priorisiert.  Szenario-Prognostik: Im Rahmen dieser Phase werden mögliche Ausprägungen und Entwicklungen zentraler Einflussgrößen geschätzt. Ziel ist es, einzelne Zukunftsprojektionen abzuliefern, die anschließend in Szenarien transponiert und konkretisiert werden können. So kann zur Vorhersage einzelner Trends etwa die klassische Form der Trend-Extrapolation Verwendung finden; für längerfristige Vorhersagen gelangen die klassischen Methoden allerdings, wie bereits eingangs beschrieben, an ihre Grenzen. Hier können ergänzend Delphi-Befragungen Anwendung finden, um Bandbreiten für die Entwicklungen zu ermitteln. Auf die Delphi- Technik wird anschließend eingegangen. Möglich ist in diesem Zusammenhang die Variante der Erhebung von <?page no="128"?> 128 5 Digitale Dienstleistungen Expertenmeinungen zur Konkretisierung von Entwicklungslinien der Einflussfaktoren. Die Einflussgrößen, ihre teilweisen Entwicklungen, das Zusammenwirken sowie die gegenseitigen Abhängigkeiten sind so komplex, dass die Veränderung der Größen nicht mit absoluter Sicherheit vorausgesagt werden können. Man behilft sich daher mit Spektren in der Entwicklung einzelner Faktoren, was in ihren Extremen zu den Eckpunkten von Extremszenarien innerhalb des Szenario-Filters führt, also besonders positive und besonders negative Szenarien.  Szenario-Bildung: Im Rahmen dieser Phase kommt es zur Entwicklung mehrerer Zukunftsbilder. Ziel ist es dabei, in sich schlüssige Zukunftsbilder zu formulieren und verbal darzustellen. Dabei sind bestimmte Zustände in der Zukunft zu bestimmten Zeitpunkten zu beschreiben. In diesem Zusammenhang bilden die bereits herausgearbeiteten Einflussfaktoren wesentliche Eckpunkte mit ihren jeweilig möglichen Ausprägungen. Die Kombination und die Veränderung einzelner Ausprägungen führen zu verschiedenen möglichen Szenarien, den eigentlichen Zukunftsbildern. Zur Absicherung der Szenarien-Korridore werden auch mögliche störende Ereignisse oder Einflüsse - so gut wie möglich - entsprechend antizipiert. Im Rahmen einer klaren und stringenten Ergebnissicherung werden die Szenarien im Detail formuliert und visualisiert. Damit wächst die Möglichkeit, konkret über Strategien nachzudenken und Maßnahmen abzuleiten, was dann schließlich in der letzten Phase zu geschehen hat.  Szenario-Transfer: Nach Abschluss der Bildung von Szenarien können diese einer strukturierten und auswertenden Diskussion unterzogen werden. Ziel ist es hier, die Übertragung von Szenarien auf die Prozesse der Entscheidung eines Unternehmens im Rahmen der strategischen Unternehmensführung zu vollziehen. Die <?page no="129"?> 5.2 Management 129 Diskussion von Szenarien bereitet in der betrieblichen Praxis stets große Schwierigkeiten, weil Szenarien komplex sind und immer auch ein gewisses Maß an Unschärfe beinhalten. Die Herausforderung besteht hier insbesondere in der Entwicklung von Leitstrategien für die einzelnen Szenarien, die erwünscht beziehungsweise unerwünscht sein können. Je nachdem ist ein strategisches Vorgehen zu bestimmen, das mit Maßnahmen und Meilensteinen hinterlegt wird. Je nach Entwicklungsrichtung und dem Erreichen von Meilensteinen kann ein Unternehmen korrektiv oder antizipativ eingreifen. Da die Zukunft nicht voraussagbar ist, werden Szenarien oftmals auch mithilfe eines Trichters dargestellt, wie Abb. 18 zeigt. Abb. 18: Szenario-Trichter (Quelle: Wolf et al., 2018, S. 109) Innerhalb eines solchen Trichters gibt es Extremszenarien sowie ein Trendszenario. Das Trendszenario wird theoretisch etwa dann erreicht, wenn sich alle Faktoren linear ohne jegliche Störereignisse weiterentwickeln würden. Dies ist in der betrieblichen Realität allerdings kaum möglich; man denke hier allein an unberechenbare Faktoren <?page no="130"?> 130 5 Digitale Dienstleistungen wie die Entwicklung der Plattform- und Sensortechnik. Ein Unternehmen kann nach erfolgreicher Durchführung einer Szenario-Technik zur Flankierung der Strategieentwicklung mitunter schneller und bewusster auf Veränderungen und störende Einflüsse reagieren als Wettbewerber ohne entsprechende Vorbereitung. Zur Lösung komplexer Problemstellungen und zur Verringerung von Unsicherheit werden heute im Rahmen der unternehmerischen Planung und in vielen anderen Bereichen eines Betriebs sowohl qualitative als auch quantitative Prognosetechniken eingesetzt. Zur Analyse von Problemstellungen sowie deren Lösung gibt es bereits seit Langem eine Vielfalt unterschiedlichster Methoden wie zum Beispiel Aufbereitungs-, Prognose-, Such-, Simulations-, Bewertungs- und Managementmethoden. Unter den Prognosetechniken rangieren, neben der hier vorgestellten Szenario-Technik, etwa die Cross-Impact-Methode, Trendanalysen, diverse Kreativitätstechniken, Netzplantechnik und die unterschiedlichsten Simulationsansätze. Viele dieser Verfahren setzen in unterschiedlicher Ausprägung auf Informationen aus der Vergangenheit, welche in der betrieblichen Praxis allerdings nicht immer vorliegen, auch wenn sich heute die Datensituation vieler Unternehmen - vor dem Hintergrund neuer Informationsquellen und Auswertungsmöglichkeiten - insgesamt enorm verbessert hat. Das Fehlen der „richtigen“ Informationen ist insbesondere in kreativen und innovativen Situationen, wie etwa der Strategiedefinition, von Nachteil, wenn es um die Entwicklung neuer (zukünftiger) Konzepte beziehungsweise um die Vorhersage zukünftiger Trends geht. Über die letzten Jahre hat sich nun gezeigt, dass das Fehlen geeigneter strukturierter, historischer Daten, das Auftreten unerwarteter Einflüsse, wie zum Beispiel von Struktureinbrüchen, sowie vor allem auch die wachsende Komplexität der wirtschaftlichen Problemstellungen und die Vielschichtigkeit globaler Zusammenhänge die Aussagekraft quantitativer Pro- <?page no="131"?> 5.2 Management 131 gnosetechniken negativ beeinflussen können. Die bisher oftmals erfolgte klassische Extrapolation bisheriger Entwicklungen erscheint damit nicht mehr als so aussagekräftig wie früher. Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang eine zunehmende Bedeutung qualitativer Prognosetechniken zu beobachten, die auf eher subjektiven Einschätzungen der zukünftigen Entwicklungen beruhen. Zu diesen Methoden wird auch die Delphi-Technik gezählt. 5.2.2.2 Delphi-Technik Die prominente, weltweit eingesetzte Delphi-Technik eignet sich als Prognosetechnik besonders für Anwendungsfälle mit den folgenden Merkmalen:  Die Problemstellung ist eine sehr komplexe, innovative Fragestellung und  die Vielzahl der Gestaltungsfragen ist nicht mittels eines einfachen deterministischen Ansatzes eindeutig zu erfassen und zu beantworten. Damit stellt die Delphi-Technik genau für das Thema der digitalen Dienstleistungen eine geeignete Technik dar. Sie erfreut sich gerade in den letzten Jahren wieder zunehmender Beliebtheit. Durch den Einsatz von modernen Informationstechniken ist sie handhabbarer geworden. Vom Ablauf her zeitlich verkürzt, können ihre Ergebnisse unmittelbar ausgewertet werden; damit ist sie besser für das Management eines Unternehmens verwendbar. Zentrale Aspekte für die konkrete Verwendung der Delphi-Technik sind vorab die Auswahl der Experten, die Erstellung der Fragen, die Bestimmung des Vorgehensmodells und die Dokumentation und Bewertung der Ergebnisse. Für die unternehmerische Perspektive - insbesondere auch für das Marketing oder die Unternehmensleitung - ist sie als eine Methode der strukturierten Gruppenbefragung vor allem hinsichtlich ihrer prognostischen Potenziale von Interesse. Obwohl es in Wissenschaft und Praxis unter- <?page no="132"?> 132 5 Digitale Dienstleistungen schiedliche Varianten der Delphi-Methode gibt, besitzen diese grundsätzliche Gemeinsamkeiten, die im Wesentlichen darin bestehen, dass  eine nach Kriterien ausgewählte anonym bleibende Expertengruppe  in bestimmter Form mehrstufig befragt wird, und  durch ein Feedback der Ergebnisse an die Befragten eine Annäherung zwischen den Aussagen erzielt werden kann. Der Begriff des Experten ist weit gefasst. Gemeint sind Personen, die im einschlägigen Sachgebiet wissenschaftlich oder beruflich tätig sind. Alle Experten zusammen sind als Gruppe aufzufassen, weil sie mit ihrem Wissensfundus und ihrer Autorität an der Problemlösung beziehungsweise der Klärung einer Frage beteiligt sind. Grundsätzlich sind im Vorfeld der Befragung Größe und Struktur der Gruppe und die verwendeten Auswahlkriterien zu bestimmen. Anonymität ist wesentlicher Bestandteil des Verfahrens und soll gruppenkonformes Verhalten von Gutachtern sowie einen möglichen „Ansehensverlust“ bei Änderungen der Einschätzungen verhindern. Anonymität wird durch die Verwendung von Fragebögen gewährleistet; die Gutachter bleiben, im Grundmodell, bei der Beantwortung der Fragen jeweils für sich und geben ihr Urteil isoliert voneinander ab. Alle Aussagen zu bestimmten Punkten werden im Rahmen der Auswertung in einer Gesamtaussage dokumentiert und aufbereitet, die Anonymität dabei sichergestellt. Die Delphi-Befragung vollzieht sich grundsätzlich mehrstufig. Eine Serie von Befragungen mündet in die Konsolidierung der zusammengefassten Ergebnisse. Annahme dieser Struktur ist die Hypothese eines zugrunde liegenden Lernprozesses, bei dem jede Runde konsequent den Erkenntnisstand der Experten zu steigern vermag. Die An- <?page no="133"?> 5.2 Management 133 zahl der Runden, in der Praxis etwa zwei bis vier Runden, hängt unter anderem vom Wissenstand über das fragliche Gebiet ab. Die Anzahl der Delphi-Runden variiert in der Literatur stark; eine optimale Rundenzahl scheint es nicht zu geben. Oft werden drei Runden vorgeschlagen. Beim ersten Durchlauf werden noch ziemlich pauschal Sichtweisen abgefragt; im weiteren Verlauf der Untersuchung wird dann gefordert, zu einzelnen Aussagen konkreter Position zu beziehen. Rückkopplung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die jeweiligen Ergebnisse der vorherigen Runde den Experten zu Beginn des neuen Durchlaufs vorgestellt werden, damit diese die geäußerten Sichtweisen überdenken; dabei werden im Standardmodell grundsätzlich nur solche Inhalte rückgekoppelt, die sich direkt aus der Vorstufe gewinnen ließen. Das Spektrum der individuellen Einschätzungen kann dann mithilfe von in der Praxis zur Ermittlung von Gruppenurteilen üblicherweise verwendeten statistischen Maßzahlen wie Median M und Quartile Q(25 %) und Q(75 %) beschrieben werden. Der Median leitet sich ab aus der Mitte des geordneten Datensatzes, die Streuung der Einschätzungen um den Median kann mittels Quartilen angegeben werden, wobei 50 Prozent der Antworten innerhalb der Q(25 %) und Q(75 %) Quartile um den Median liegen. Andere Maßzahlen, wie beispielsweise das arithmetische Mittel, würden durch extreme Aussagen oder Schätzungen stark beeinflusst; Zentralwerte wie der Median und die Quartilsspanne verhalten sich etwas stabiler gegenüber einer moderaten Anzahl von Ausreißern am jeweiligen Ende des Wertebereichs. Daneben kann auch die Anzahl von Nennungen und Platzierungen berücksichtigt werden. Diese Verfahrensweise ist praktikabel und gut nachzuvollziehen. Sie ist auch gut in onlinegestützten Delphi-Prozessen oder etwa im Rahmen einer an die Delphi-Technik angelehnten Konsenssitzung umsetzbar. <?page no="134"?> 134 5 Digitale Dienstleistungen Unterstützung kann das gesamte Vorhaben durch ein Monitoringsystem für quantifizierbare Faktoren finden; hier werden kontinuierlich zentrale quantifizierte Einflussgrößen in ihrer Entwicklung betrachtet. Vor diesem Hintergrund bestehen wesentliche Aufgaben in der Beobachtung technologischer Entwicklung sowie in der Bewertung von Technologiepotenzialen im Hinblick auf deren Einsatz für Dienstleistungen 4.0. Nicht alle Dienstleistungen sind gleichermaßen für die Digitalisierung geeignet. Insgesamt ist die Digitalisierung bei Dienstleistungen mit einem hohen beziehungsweise geringen Immaterialitäts-, Integrations-, Interaktions- und Individualisierungsgrad jeweils schwieriger beziehungsweise einfacher auszugestalten. Daher erfordern die Entwicklung und Implementierung von digitalen Dienstleistungen eine entsprechende vorangehende Analyse sowie eine entsprechende Prüfung der Eignung der jeweiligen Dienstleistung. Auch die Wettbewerbersituation ist zu berücksichtigen. Orientierungspunkt für viele Anbieter ist dabei im Wesentlichen der Technologieeinsatz der Wettbewerber. Durch eine Wettbewerbsanalyse lässt sich so erkennen, ob eine bestimmte Technologie Wettbewerbsvorteile verschaffen kann oder eingesetzt werden muss, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erleiden, oder nicht eingesetzt werden sollte, weil Wettbewerber mit der Technologie Misserfolg erlitten haben. Die umweltbezogene Analyse betrifft die Sichtweise anderer externer Stakeholder, die einer Technologieimplementierung im Wege stehen können. Hier ist in erster Linie an die Gesetzgebung zu denken, die in verschiedener Hinsicht den Einsatz bestimmter Technologien behindern kann, etwa im Hinblick auf einen strengeren Datenschutz. Welche Folgen haben aber nun solche technologischen Errungenschaften und, konkret, neue sich daraus ermöglichende Dienstleistungen 4.0 für die Gesellschaft als Gan- <?page no="135"?> 5.2 Management 135 zes? Die enorme Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Inanspruchnahme von digitalen Dienstleistungen und deren Folgen verpflichtet die Anbieter nicht nur in ethischer Hinsicht, entsprechende Konsequenzen zu erforschen. Dies ist Inhalt einer Technikfolgenabschätzung. Gerade weil diese mit Sicherheit gravierend für die Menschen sein werden, man denke beispielsweise nur an die schon heute zu beobachtende Internetsucht vor allem vieler Jugendlicher, dürfen die betreffenden Unternehmen, in erster Linie die Global Player mit entsprechender Finanzkraft, nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden, die Folgen ihres Handelns nicht nur zu analysieren, sondern entsprechend auch transparent zu machen. Hier sollte wirtschaftsethisches Verhalten im Vordergrund stehen. Ein Instrument auf diesem Wege ist eine Technikfolgenabschätzung, die nachstehend beschrieben werden soll. 5.2.2.3 Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung wird mit einer ungenügenden Berücksichtigung der Gesamtzusammenhänge zwischen Gesellschaft, Technik und Umwelt ursächlich begründet. Innovationen können die Umwelt nachhaltig verändern. Die hier betrachteten Dienstleistungen 4.0 haben dabei nicht nur Auswirkungen auf die direkte Aufgabenumwelt von Mitarbeitern, Kunden, Konkurrenten und Lieferanten, sondern finden zunehmend auch gesamtgesellschaftlich Beachtung. Technikfolgenabschätzung beinhaltet im Wesentlichen zwei Bereiche, und zwar die Technikfolgenforschung, die als wissenschaftlicher Prozess anzusehen ist, und die Technikbewertung, die zwar wissenschaftlich abgeleitet, aber entscheidungsorientiert ist. Dort, wo sich diese beiden Bereiche in praktischen Anwendungsfällen überschneiden, spricht man von Technikfolgenabschätzung. Auch in der Leistungsabschätzung findet sich eine vertiefende Anwendung des Technikfolgengedankens. So sollte <?page no="136"?> 136 5 Digitale Dienstleistungen im Rahmen der Leistungspolitik - hier also konkret bei digitalen Dienstleistungen -, bei deren konkreter Ausgestaltung und deren Bereitstellung, bereits möglichen außerbetrieblichen Folgen Rechnung getragen werden. Aus diesem Grunde ist es wichtig, im Rahmen eines Innovationsmarketings auch solche Folgen zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung beginnt bereits in den frühesten Entwicklungsphasen eines Innovationsprozesses und endet erst mit der Umsetzung eines entsprechenden Marketingplans. Betriebe, die dabei in erster Linie ökonomischer Rationalität folgen, haben es in der Regel schwer, gesellschaftlichen Ansprüchen zu genügen und diese gleichzeitig mit ihren ökonomischen Zielsetzungen zu vereinbaren. Gerade technologische Paradigmenwechsel können nicht losgelöst von ökologischen, sozialen, technologischen und psychologischen Aspekten betrachtet werden. Für einzelne Auswirkungsbereiche einer Technologie werden partielle Folgenanalysen durchgeführt, wobei zumeist Auswirkungen auf Ökologie und Gesundheit im Vordergrund stehen. So führt etwa die zunehmende Beachtung des Faktors Umweltschutz seitens der Verbraucher, der Umweltschutzverbände und letztlich des Gesetzgebers in den vergangenen Jahren zu einer erhöhten Reglungsdichte durch ökologische Auflagen wirtschaftlicher Tätigkeit. Unternehmen, die ihre Leistungsangebote umweltverträglich regeln konnten und zudem noch energiesparend wirtschaften, können diese Pionierarbeit erfolgreich im Marketing kommunizieren. Ihre Dienste werden in der Öffentlichkeit eher akzeptiert als die der weniger umweltsensiblen Mitbewerber. Kaufargumente, und darin dokumentiert sich gesellschaftlicher Wertewandel, werden nicht mehr allein von Qualität und Preis bestimmt. Auf diese Weise können sich auch freiwillige Investitionen in Geschäftsbereichen mit höherer öffentlicher Aufmerksamkeit durch langfristig wachsende Leistungsakzeptanz auszahlen und machen auch ein eventuell später nötiges <?page no="137"?> 5.2 Management 137 und wesentlich teureres Nachrüsten obsolet. Unternehmen haben somit etwa auch ein Eigeninteresse am Umweltschutz, da die Erforschung und Anwendung umweltfreundlicher Technologien auch neue Geschäftsfelder eröffnen können. Technikfolgenabschätzung kann aber auch negative Folgen aufweisen. So kann eine weitestgehende Berücksichtigung der verschiedensten gesellschaftlichen Einzelinteressen, aber auch einer generellen Technologiefeindlichkeit, wie man sie durchaus heute in breiten Kreisen der Bevölkerung in Deutschland beobachten kann, dazu führen, dass Forschungsvorhaben, die mit einem gewissen Risiko behaftet sind, nur zögerlich angegangen werden oder ganz unterbleiben. In diesen Fällen ist es Aufgabe des Marketings, unbegründete Ängste und massive Partikularinteressen durch Information abzubauen und breiten gesellschaftlichen Wertewandel zu antizipieren. In der hier zu behandelnden Analysephase werden heute in den meisten Unternehmen eine Unzahl an Daten erhoben, gespeichert und entsprechend als Informationsgrundlage für Managemententscheidungen herangezogen. In diesem Zusammenhang ist in den letzten Jahren die Notwendigkeit einer Komplexitätsreduzierung deutlich geworden. (Zerres, 2014, S. V). Wissenschaft und Praxis haben eine Vielzahl an Techniken dafür entwickelt (Schoeneberg, 2014,). Schließlich beeinflussen Kunden wesentlich den Erfolg der Entwicklung und Implementierung von digitalen Dienstleistungen. Die Analyse von Bedarf und Bedürfnissen sowie der kundenseitigen Barrieren ist eine zentrale Aufgabe einer Chancen-Risiken-Analyse. Gleichzeitig sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens hinsichtlich der Entwicklung und Implementierung von digitalen Dienstleistungen zu evaluieren. So macht die Einführung eines neuen digitalen Service- <?page no="138"?> 138 5 Digitale Dienstleistungen angebots den Einsatz personeller, finanzieller, organisatorischer und technologischer Ressourcen notwendig. Oft kann es dabei zum Beispiel zu Problemen bei der Technologieintegration kommen, wenn die verschiedenen Systeme nicht kompatibel sind. Ferner stellen die Mitarbeiter ein mögliches Problemfeld bei der Technologieimplementierung dar. Vergleichbar mit den Kunden können Akzeptanzprobleme auf Mitarbeiterseite in Bezug auf die Digitalisierung bestehen, die eine interne Implementierung der jeweiligen Technologie deutlich erschweren. Change-Management gilt hier als erfolgversprechender Ansatz (Häder, 2016). Die Analyse von internen Ressourcen sowie interner Barrieren ist demnach eine zentrale Aufgabe der Stärken- Schwächen-Analyse. Als integrierte Technik kommt hier die seit Langem eingesetzte SWOT-Analyse zum Einsatz, bei der die Stärken und Schwächen im Unternehmen (hier im Hinblick auf digitale Dienstleistungen) den Chancen und Risiken des Markts gegenübergestellt werden (Zerres, 2018, S. 120 ff.) Zur Messung der Servicequalität steht bereits eine Reihe unterschiedlicher Erhebungsmethoden zur Verfügung, allen voran die Servequal-Analyse , die heute weltweit zur Anwendung gelangt. Eine weitere wichtige Aufgabe in der Analysephase des Managements von Dienstleistungen 4.0 besteht in einer Kundensegmentierung, also der Aufteilung sämtlicher potenzieller und aktueller Kunden in bezüglich ihrer Marktreaktion intern homogene und extern heterogene Untergruppen. Ziel einer derartigen Kundensegmentierung ist es, Unterschiede zwischen den Nachfragern von Dienstleistungen 4.0 offenzulegen und daraus Schlussfolgerungen im Hinblick auf ein differenziertes Angebot von Dienstleistungen 4.0 zu ziehen. Als Segmentierungskriterien sind für die Entwicklung und Implementierung von digitalen Dienstleistungen insbesondere die Technologie- <?page no="139"?> 5.2 Management 139 erfahrung und die Technologiebereitschaft der potenziellen Servicenachfrager geeignet. Im Hinblick auf solche digitalen Nutzertypen sind im Weiteren die Strategien und operativen Maßnahmen zu den Dienstleistungen 4.0 zu betrachten. 5.2.3 Strategie Im Rahmen der strategischen Planung von Dienstleistungen 4.0 sind zunächst die damit verfolgten Ziele festzulegen. Die Definition von Zielen stellt einen wesentlichen Aufgabenbereich eines strategisch verankerten Managements von Dienstleistungen 4.0 dar. Dieser unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den üblichen Zielformulierungen. Dabei lassen sich unternehmens- und kundenbezogene Ziele unterscheiden. Unternehmensbezogene Ziele von technologiebasierten Serviceinnovationen sind, wie auch allgemein in ökonomischer Hinsicht, insbesondere Kosten- und Ertragsziele. Weitere potenzielle Ziele sind die Erschließung neuer Märkte sowie die Sicherung beziehungsweise Verbesserung der Wettbewerbsposition. Kundenbezogene Ziele lassen sich entlang der Erfolgskette von Dienstleistungen 4.0 definieren. Hierzu zählen zum Beispiel die Erst- und Wiedernutzung von digitalen Dienstleistungen als Ausdruck einer Kundenzufriedenheit sowie die damit verbundenen Qualitätsziele. Strategien dienen der Fokussierung von Maßnahmenpaketen für die Entwicklung und Implementierung von Dienstleistungen 4.0. Aus strategischer Sicht lassen sich dabei drei Entscheidungsbereiche unterscheiden, die Festlegung einer Geschäftsfeldstrategie, einer Marktteilnehmerstrategie und einer Serviceprogrammstrategie. Im Rahmen der Geschäftsfeldstrategie sind Festlegungen insbesondere im Hinblick auf die erreichbaren Wettbewerbsvorteile zu treffen. Jedes Unternehmen, das langfristig erfolgreich sein will, muss Leistungsangebote ent- <?page no="140"?> 140 5 Digitale Dienstleistungen wickeln und anbieten, die die Bedürfnisse ausreichend großer Marktsegmente besser befriedigt als die Konkurrenz. Zugleich muss dies den Kunden auch glaubhaft übermittelt werden. In einem ersten Schritt ist daher festzulegen, auf welche Weise der Einsatz von Dienstleistungen 4.0 zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen beitragen kann. Als Wettbewerbsvorteile bieten sich dabei insbesondere Qualitätsvorteile an, zum Beispiel hinsichtlich der Aktualität von Informationen, wie auch Innovationsvorteile, zum Beispiel gegenüber der „Offline“-Konkurrenz, Kostenvorteile oder Zeitvorteile, zum Beispiel hinsichtlich der Schnelligkeit der Leistungsbereitstellung. Die Erreichung eines der genannten Wettbewerbsvorteile setzt voraus, dass die relevanten Qualitätsdimensionen der Kunden systematisch analysiert und bei der technischen und inhaltlichen Umsetzung der Dienstleistungen 4.0 berücksichtigt worden sind. In diesem Zusammenhang sind entsprechende dienstleistungsbasierte Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle von Dienstleistungen 4.0 zu entwickeln. Eine wichtige Strategiedimension bildet die Entscheidung über das Einsatzfeld von Dienstleistungen 4.0, insbesondere über deren programmpolitische Einbindung. In Abhängigkeit davon, ob zu den neuen digitalen Dienstleistungen eine bereits bestehende Dienstleistung 1.0 bis 3.0 vorliegt oder ein vollkommen neuer Service geschaffen wird, ergeben sich drei programmpolitische Optionen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 29):  Service: Die erste Möglichkeit ist gekennzeichnet durch ein vorhandenes Angebot an klassischen Services, das durch ein neues digitales Serviceangebot unterstützt oder ersetzt wird. Ein Beispiel hierfür ist etwa die digitale Wartung von Maschinen, die die bislang manuellen Vorgänge zu ersetzen vermag.  Die zweite Möglichkeit ist gekennzeichnet durch das Angebot einer bestehenden Dienstleistung, zum Bei- <?page no="141"?> 5.2 Management 141 spiel eine Finanzberatung, mit einer neuen digitalen Dienstleistung (Fintech).  Die dritte Möglichkeit ist gekennzeichnet durch das Angebot einer vollkommen neuen digitalen Dienstleistung. In der Regel werden aufgrund der Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung der Rahmenbedingungen nicht einzelne Strategieoptionen ausschließlich verfolgt, sondern alternative Strategieoptionen gleichzeitig bearbeitet, um Risiken zu vermeiden. Insofern verläuft der Strategieprozess teilweise als Trial-and-Error-Prozess, in dem Unternehmen mit den verschiedenen Optionen experimentieren, um zu lernen und erfolgreiche Muster zu identifizieren. 5.2.4 Realisierung Im Rahmen der operativen Steuerung von Dienstleistungen 4.0 ist es erforderlich, ein Marketingkonzept zu entwerfen, basierend auf einer systematischen Situations- und Zielgruppenanalyse, bis hin zum Einsatz verschiedener Marketinginstrumente. Der Marketingmix erhält entsprechend eine zentrale Bedeutung, um den Diffusionsprozess der neu angebotenen digitalen Dienstleistung anzustoßen und voranzutreiben. Dabei ist es zweckmäßig, bei dem Management von Dienstleistungen 4.0 zwischen einer Einführungs- und einer Durchsetzungsphase zu unterscheiden. In der Einführungsphase befinden sich die Dienstleistungsangebote in der Startphase, indem ausgewählte Kunden als Erstnutzer gewonnen und zur Akzeptanz gebracht werden. In der Durchsetzungsphase wird durch eine Skalierung eine breite Akzeptanz bei den Kunden angestrebt, um Wachstum zu erzielen. Beispiele für verschiedene Marketinginstrumente in der Einführungs- und Durchsetzungsphase sind in Abb. 19 aufgezeigt. <?page no="142"?> 142 5 Digitale Dienstleistungen Abb. 19: Marketingmix für Dienstleistungen 4.0 im Überblick (Quelle: In Anlehnung an Bruhn & Hadwich, 2017, S. 30) Die Umsetzung des Managements von Dienstleistungen 4.0 erfordert die Anpassung des Anbieters an eine veränderte Marktsituation. Neben der Veränderung von Vision und Mission sind die Überarbeitung der Marketingstrategien und -maßnahmen sowie die Anpassung der Unternehmensorganisation notwendig. Die wesentliche Aufgabe einer Umsetzung ist hier in der Überwindung der strukturellen, systembezogenen und kulturellen Barrieren zu sehen (Bruhn & Hadwich, 2017, S. 32). 5.2.5 Kontrolle Um dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit eines Dienstleistungsunternehmens Rechnung zu tragen, sind die zuvor dargestellten Aktivitäten kontinuierlich einem Controlling zu unterziehen (Zerres, 2021). <?page no="143"?> 5.2 Management 143 Ausgehend von dieser Definition stellt also die Sicherstellung der Effektivität und der Effizienz des Managements von Dienstleistungen 4.0 das Oberziel eines diesbezüglichen Controllings dar. Während unter der Effektivität von Dienstleistungen 4.0 die Entwicklung und Realisierung von digitalen Dienstleistungen gemäß der Kundenanforderungen zu verstehen ist, betrifft die Effizienz von Dienstleistungen 4.0 eine wirtschaftliche Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Controlling hat also nicht nur eine Kontrollaufgabe, sondern die Funktionen der Koordination. Informationsversorgung und Planung sind vor allem abweichungsbegründet zu begleiten. In diesem Sinne kommt dem Controlling vor allem auch eine Monitoring- Funktion im Planungsprozess zu. Dies bedeutet konkret  eine Beobachtung der vielfältigen Rahmenbedingungen unter Beachtung der Stärken/ Schwächen des Unternehmens und Chancen/ Risiken des Markts,  die Prüfung von realistischen Möglichkeiten, allein und/ oder mit Partnern eine Plattform auf der Grundlage von cyber-physischen Systemen zu entwerfen,  die rechtzeitige Evaluierung der ersten Anbieter- Kunde-Transformationsprozesse, um Erfolgschancen für eine Skalierung abschätzen zu können,  eine umfassende Messung der Marktreaktionen auf Kunden- und Anbieterseite, nicht nur unter monetären Aspekten, sondern auch unter Beachtung nicht monetärer Aspekte, zum Beispiel Akzeptanz, Einstellungen oder auch Commitment, und schließlich  Abschätzungen über den Umfang und die Aufteilung der gemeinsamen Wertschöpfung in gewissen Zeitabständen. Dem Controlling kommt also bei der Beschäftigung mit dem Thema Dienstleistungen 4.0 eine wichtige Schnittstellenfunktion zu anderen betriebswirtschaftlichen Bereichen <?page no="144"?> 144 5 Digitale Dienstleistungen zu, insbesondere zu der IT, dem Marketing, dem Vertrieb und dem Personal. Dieses Unterkapitel zum Management von Dienstleistungen 4.0 soll abschließend in den nachstehenden fünf Punkten zusammengefasst werden (Bach et al., 2017, S. 292 f.): 1. Digitalisierung entkoppelt Teile der Leistungserstellung von der physischen Präsenz vor Ort. Digitalisierung vermag daher insbesondere auf regionale Zielmärkte abzustellen. Wenn die physische Präsenz vor Ort dem Kunden keinen Zusatznutzen bietet, sind die nun möglichen digitalen Dienstleistungsinnovationen dem bisherigen Angebot in der Regel überlegen. 2. Technologische Treiber der Digitalisierung sorgen für einen Veränderungsdruck innerhalb bisher genutzter Strukturmuster der Wertschöpfung. Sie zwingen Unternehmen zu einem Umdenken hinsichtlich der Nutzung substitutiver beziehungsweise komplementärer technologischer Strukturmuster. 3. Wenn der Kunde zum gleichen Preis eine individualisierte Dienstleistung erhalten kann, werden Standardangebote den Wettbewerb nicht überleben. Beispiele hierfür finden sich insbesondere im Bereich von Beratungs- und Empfehlungsdienstleistungen, die durch eine Kombination der Leistungselemente neuartigen und stärker auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenen Nutzen stiften. 4. Eine Differenzierung des Leistungsangebots digitaler Dienstleistungen gegenüber dem Wettbewerb ist in erster Linie durch Big-Data-Analysen und daraus abgeleitete kundenspezifische Leistungsangebote möglich. Aufgrund der hier entstehenden Netzeffekte wird dies mittelfristig zu Konzentrationsprozessen führen, wie es in der Vergangenheit bereits bei Marktplätzen und Auktionshäusern im Internet zu beobachten war. Kunden gehen dorthin, wo sie entweder möglichst viele <?page no="145"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 145 andere Kunden treffen, zum Beispiel Social Media, oder wo sie auf Basis der ausgewerteten Daten von möglichst vielen Akteuren Empfehlungen erhalten können, zum Beispiel bei Arztportalen. 5. Digitale Produkte und Dienstleistungen ermöglichen durch Vernetzungseffekte der Digitalisierung ein sog. Long Tail Business. Über die Reichweite des Internets lohnt sich hier also auch eine Fokussierung auf vermeintlich kleine und bisher wirtschaftlich uninteressante Nischen. So erzielen Unternehmen wie iTunes oder Amazon aufgrund ihrer Reichweite und Marktstärke einen Großteil ihres Umsatzes mit Nischenprodukten. 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 5.3.1 Überblick Fast alle Branchen werden heute schon von der Digitalisierung mehr oder weniger intensiv erfasst und durchdrungen. Im Folgenden steht daher zunächst ein kleiner Überblick, in dem für einige ausgewählte Branchen typische Anwendungsbeispiele von digitalen Dienstleistungen skizziert werden sollen.  Handel Zurzeit beobachten wir weltweit das langsame Verschwinden einer Unterscheidung zwischen Online- und Offlinehandel. Im Rahmen einer solchen New-Retail- Entwicklung finden wir vor allem auch ein verstärktes Bemühen des stationären Handels zur Digitalisierung. Deutsche Unternehmen haben dabei nach Ende der Corona-Pandemie mit teilweise extremen Lockdowns vor allem wieder China im Blick, wo eine breite Mittelschicht gerade „Made in Germany“, etwa bei Gesundheitsergänzungsprodukten oder Mutter-Kind-Artikeln, verstärkt nachfragt. <?page no="146"?> 146 5 Digitale Dienstleistungen  Bauwirtschaft Heute wird Kunden vielfach schon die Planung baulicher Maßnahmen durch die Digitalisierung erleichtert, wenn etwa mithilfe einer virtuellen Brille einzelne Baumaßnahmen, etwa unterschiedliche Bodenbeläge, visualisiert werden können. Ein anderes Beispiel, an das man hier nicht sofort denkt, ist auch die Stadtbauplanung, in der Mitarbeiter über sog. Touchtische digital und interaktiv auf Grundlage vorgegebener Zahlenmengen zu Entscheidungen zu gelangen versuchen.  Automobilindustrie Auch hier sind vielfältige Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Dienstleistungen heute schon zu beobachten, von entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten beim Handel bis hin zu digitalen Unterstützungsfunktionen „rund ums Auto“. Vor diesem Hintergrund ist auch das geplante Unternehmen von Mercedes und BMW in Berlin anzusiedeln, wo innovative digitale Dienstleistungen in Zukunft gemeinsam entwickelt werden sollen, etwa im Hinblick auf Carsharing- Angebote. Gerade die aktuell in China vorgestellten neuen Automobilmodelle verdeutlichen oftmals noch futuristisch anmutende Digitalisierungsoptionen.  Gesundheitssektor Ein weites Feld für digitale Dienstleistungen findet man heute auch im Gesundheitssektor. So liefern etwa smarte Uhren Daten über Herz- und Schrittfrequenzsignale, ausgeschmückt mit ansprechenden Grafiken und anspruchsvollen Auswertungen. Außerdem werden Fortschritte dokumentiert, Vergleiche mit anderen gezeigt und vor allem Zusammenhänge mit anderen medizinischen Daten hergestellt, die auf möglicherweise auftretende Erkrankungen aufmerksam machen. Auch die neue Gesundheitskarte ist in diesem Zusammenhang anzusiedeln. <?page no="147"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 147 Die Hälfte aller Ärzte in Deutschland nutzt heute die Software des Koblenzer Unternehmens Compugroups, einem europaweit tätigen Konkurrenten von T-Systems, das neben praxisinternen Vorteilen wie Organisation und Verwaltung vor allem für die Kunden beziehungsweise Patienten zahlreiche (digitale) Dienstleistungen wie Terminvereinbarungen, Beratung und vieles mehr zu bieten vermag.  Bildung Auch im Bildungswesen gilt Dienstleistung 4.0 als großes Thema. Viele Verlage vermitteln etwa schon heute Lerninhalte über digitale Medien, oder Universitäten bieten Programme an, bei denen sich vom Einschreiben bis zur Masterarbeit für Studierende nützliche Hinweise finden. Wie vollzieht sich aber eine solche Transformation hin zu einem Anbieter von Dienstleistungen 4.0? Dies soll im Folgenden am konkreten Beispiel der Versicherungswirtschaft einmal deutlich gemacht werden, einer Branche, die erst am Anfang einer solchen Entwicklung steht. 5.3.2 Beispiel Assekuranz Die Versicherungswirtschaft steht in nahezu allen großen Versicherungsmärkten erst am Anfang der digitalen Transformation. Dies liegt zum einen an den hier erhöhten rechtlichen Anforderungen, zum anderen auch an der Bestandfestigkeit der Versicherungskunden. Dabei lassen sich verschiedene Entwicklungen identifizieren, die sich im Wesentlichen auf die Ausgestaltung des Versicherungsschutzversprechens und die kundennahen Versicherungsprozesse beziehungsweise die Verbesserung der Customer Journey beziehen. Die Versicherungswirtschaft steht dabei vor den Herausforderungen, dass Kunden die Dienstleistungsangebote der Assekuranz mit denen aus anderen Branchen vergleichen und sich die gleichen einfachen, <?page no="148"?> 148 5 Digitale Dienstleistungen transparenten und abschließenden Prozesse im Kontext der Abwicklung des Versicherungsgeschäfts wünschen, die sie bereits aus anderen Branchen kennen. Die teilweise noch vorhandenen Unterschiede zwischen den Kundenerwartungen und den tatsächlichen Kundenerlebnissen erklären so auch die Gründe, wieso in den letzten Jahren eine Vielzahl von neuen Anbietern entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den Versicherungsmarkt eingetreten ist. Im Bereich der Ausgestaltung des Versicherungsschutzversprechens lässt sich in Bezug auf die Digitalisierung zunehmend das Aufkommen von digitalen Angeboten beobachten, die darauf ausgerichtet sind, lediglich für einen begrenzten Zeitraum spezifische Risiken abzudecken. In diesem Zusammenhang wird auch von situativen Deckungen gesprochen. Zu diesen zählen zum Beispiel die temporäre Ausweitung des Kreises der versicherten Personen in der Kfz-Versicherung oder die Reise- und Ausflugsversicherungen. Mittels einfach zu bedienender digitaler Anwendungen, zum Beispiel in Form einer App, können Kunden solche temporären Deckungen abschließen. Des Weiteren ermöglichen neue digitale Versicherungsmodelle, die versicherten Gegenstände individuell festzulegen und kontinuierlich anzupassen. Der klassische Ansatz, zum Beispiel in der Hausratversicherung den gesamten Hausrat zu versichern, wird dabei durch die Möglichkeit ergänzt, nur ausgewählte Gegenstände des Privatlebens gegen bestimmte Gefahren abzusichern. Hier erlangt der Versicherer Informationen über die dem Kunden wichtigen Dinge, die grundsätzlich auch andere Geschäftsansätze zulassen. Wieder andere digitale Ansätze in der Versicherungswirtschaft erlauben dem Kunden, Versicherungsbausteine individuell zusammenzustellen. Der Unterschied zu herkömmlichen Ansätzen, die zum Beispiel in einer Sparte zwischen Basis-, Komfort- und Premiumvarianten unterscheiden, liegt in der Tatsache begründet, dass der Kunde selber aus <?page no="149"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 149 vordefinierten Deckungsbausteinen aus verschiedenen Sparten, zum Beispiel Haftpflicht-, Wohn- und Hausrat- oder Kfz-Versicherung, ein individuelles spartenübergreifendes Versicherungsprogramm konfigurieren und direkt online abschließen kann. Neben dem Angebot der Individualisierung vermögen solche Ansätze darüber hinaus auch oftmals, die jeweilige Cross-Selling-Rate zu erhöhen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu beobachten, dass bei digitalen Versicherungsangeboten vermehrt Vertragslaufzeiten, auch bei klassischen Deckungen, wie zum Beispiel bei der Kfz-Versicherung oder der privaten Haftpflichtversicherung, abgeschafft werden. Dem Kunden wird damit die Möglichkeit geboten, jederzeit seinen Vertrag zu kündigen, wodurch die Hürde, überhaupt einen Vertrag abzuschließen, deutlich verringert werden kann. Des Weiteren werden erste verhaltensbasierte Versicherungstarife im Bereich Biometrieversicherung, zum Beispiel Berufsunfähigkeit, oder Kfz-Versicherung, beispielsweise in Abhängigkeit von Flensburg-Punkten, angeboten. Solche Angebote greifen durch den Einsatz von Sensoren, die also etwa mit einem physischen Produkt, zum Beispiel einem Auto, verbunden sind, auf Daten wie zum Beispiel den Produktzustand und die Produktnutzung zurück. Durch eine solche Vernetzung können diese produktbezogenen beziehungsweise verhaltensbezogenen Daten in Echtzeit ausgetauscht werden. Versicherungsnehmer, die etwa ihr Fahrverhalten oder ihre Bewegungsaktivitäten erfassen oder ihr Haus überwachen lassen, werden bei risikominderndem Verhalten mit Prämienrückerstattungen oder anderen Vergünstigungen belohnt. Diese Ansätze sind auch erste Schritte in die Bereiche Prävention und Schadenmanagement in Echtzeit beziehungsweise stellen zumindest die Basis für solche Angebote dar. Auch Peer-to-Peer-Ansätze gewinnen durch die neuen digitalen Möglichkeiten in der Versicherungswirtschaft an <?page no="150"?> 150 5 Digitale Dienstleistungen Bedeutung. Mittels digitaler Anwendungen wird durch solche Peer-to-Peer-Ansätze versucht, Kundengruppen zusammenzuführen, um den Kundenbedarf zu bündeln und hierdurch bessere Prämienund/ oder Vertragskonditionen für das Versicherungskollektiv zu erhalten. Zudem kann diese zusammengeführte Kundengruppe auch dazu dienen, den Risikoausgleich im Kollektiv nahezu selbstständig zu organisieren. Durch effizientere digitale Prozesse, Belohnungsmechanismen bei Schadenfreiheit oder geringere Vertriebskosten bezwecken diese Formen von Peer-to- Peer-Modellen, einen Kostenvorteil im Versicherungsgeschäft zu erzielen. Die Digitalisierungsbemühungen lassen auch eine klare Tendenz zur Vereinfachung der kundennahen Prozesse, zum Angebot von vermehrten Selbstservice-Möglichkeiten und zur Steigerung der Kundentransparenz erkennen. Die Bestrebungen zur Vereinfachung der Prozesse mittels digitaler Ansätze zeigen sich im Besonderen in den Kernprozessen Versicherungsantrag/ -abschluss und im Schadenmanagement. So versuchen zum Beispiel verschiedene digitale Vertriebsansätze, möglichst wenige Daten im Rahmen des Antragsprozesses zu erfassen. Dabei werden die erforderlichen Angaben zum Kunden beziehungsweise zum Risiko nicht durch Schätzungen ersetzt, sondern durch Daten aus Quellen von Dritten zugeliefert. Der Kunde stellt zum Beispiel nur so viele Daten zur Verfügung, dass er eindeutig identifiziert werden kann. Alle weiteren Informationen über den Kunden beziehungsweise dessen Schaden- und Betrugsrisiko oder seine Bonität werden aus verfügbaren Datenquellen Dritter gewonnen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Anstiegs der Nutzung von mobilen Endgeräten, bei denen sich das Abfragen einer Vielzahl an Kunden- und Risikomerkmalen oftmals negativ auf die Abschlussrate auswirkt, gewinnen solche Ansätze an Bedeutung. Diese Ansätze konzentrieren sich bei <?page no="151"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 151 Vollausprägung vollumfänglich auf Daten von Dritten und stellen damit einen Paradigmenwechsel im Antragsprozess dar. Der Kunde kann somit nahezu keine vorvertragliche Obliegenheitsverletzung begehen, da er außer seinen Personendaten keine Angaben zum Risiko mehr macht. Die Herausforderungen bei diesen Ansätzen liegen darin begründet, dass die Zeichnungsentscheidung und die Ermittlung des Schadenerwartungswerts beziehungsweise der Versicherungsprämie unter Umständen unter Rückgriff auf andere Risikomerkmale erfolgen müssen, da nicht alle klassischen Risikomerkmale, die für die Ermittlung des Schadenerwartungswerts erforderlich sind, in den Datenbanken der Drittanbieter verfügbar sind. Die Kernkompetenz der Versicherer liegt bei diesen Ansätzen - neben dem Zugriff auf die Datenbanken in Echtzeit im Rahmen des Antragsprozesses - auch in der Tarifierung mit neuen Daten beziehungsweise neuen Risikomerkmalen. Eine andere digitale Möglichkeit, mit möglichst wenigen Kundenangaben einen Versicherungsvertrag abzuschließen, besteht darin, die versicherte Sache, zum Beispiel ein Wohngebäude, zu fotografieren und auf Basis des Fotos beziehungsweise der mit dem Foto übermittelten Daten sowie unter Rückgriff von Daten von Dritten, wie zum Beispiel wohngebietsspezifische Risikoinformationen, einen Vorschlag für einen passenden Versicherungsschutz zu erhalten. Im Hinblick auf das Schadenmanagement können Schäden unmittelbar nach Eintritt des Schadenereignisses über digitale Anwendungen erfasst werden. Mittels Bilderkennung oder auch Machine-Learning-Methoden können Kleinstschäden, zum Beispiel im Kraftfahrt-Segment, in kürzester Zeit abschließend reguliert werden. In jenen Fällen, in denen eine sofortige Regulierung des Schadenfalls nicht möglich ist, können Kunden über Schadentracking- Anwendungen den Bearbeitungsstand des Schadenfalls <?page no="152"?> 152 5 Digitale Dienstleistungen online einsehen; dies erhöht die Transparenz für den Kunden und entlastet die Servicecenter von Rückfragen. In Versicherungszweigen, zum Beispiel in der privaten Krankenversicherung, in denen die Einreichung von Rechnungen für eine Kostenerstattung notwendig ist, werden zunehmend digitale Anwendungen angeboten, mit denen der Kunde die Rechnung fotografieren, hochladen und direkt über eine App dem Versicherer senden kann oder der Leistungserbringer, zum Beispiel ein Arzt, kann die Rechnung in ein entsprechendes Portal einstellen, auf das der Versicherer und der Kunde Zugriff haben. Neben der Möglichkeit des beschleunigten Versands erlaubt dies, die Dunkelverarbeitung sicherzustellen und damit einhergehende Kostensenkungen zu realisieren. Zudem kann die Notwendigkeit der Vorfinanzierung der Kosten durch den Versicherungsnehmer entfallen. Des Weiteren gewinnen erste Formen der Telemedizin im Gesundheitsbereich an Bedeutung. Über Videotelefonie kann der Versicherungsnehmer so jederzeit von jedem Ort einen Arzt für eine Erstmeinung konsultieren. Insbesondere die Anbieter von sog. digitalen Versicherungsordnern, die in der Regel in der Rechtsform eines Versicherungsmaklers agieren, verfolgen das Ziel, den Kunden über eine digitale Anwendung Transparenz über ihre Versicherungsverträge und ihre Deckungslücken zu geben. Die digitalen Makler fokussieren sich dabei in einem ersten Schritt nicht primär auf den Abschluss von Neugeschäften, sondern streben eine Umdeckung von Bestandsverträgen an. Mit den übertragenen Versicherungsverträgen wird dann einerseits der digitale Versicherungsordner bestückt; anderseits werden diese Daten genutzt, um Deckungslücken oder Optimierungspotenziale beim Kunden zu identifizieren. Die aktuellen Ansätze der digitalen Makler stehen vor allem vor den Herausforderungen, zum einen die Kunden zu vertretbaren Kosten zu gewinnen, und zum anderen, die oft durch die Versicherungsunternehmen nicht <?page no="153"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 153 digital zur Verfügung gestellten Vertragsdaten von den Versicherungsnehmen zeitnah in den digitalen Kundenordner einzupflegen. Die Attraktivität des Geschäftsmodells der digitalen Makler könnte einen Schub erhalten, wenn es ihnen gelingt, kostengünstiger und schneller an umfassende Kundeninformationen zur Absicherungssituation zu gelangen. Eine Möglichkeit hierzu könnte die Payment Service Directive 2 (PDS2) sein, die unter anderem erlaubt, dass Drittanbieter bei Zustimmung des Kontoinhabers Zugriff auf die gesamten Kontodaten haben können. Dieser Zugang ermöglicht, Kontodaten mehrerer Konten zu aggregieren und auszuwerten. So können die bestehenden Versicherungsverträge beziehungsweise -tarife durch intelligente Analysen aus den Kontoumsatzdaten ausgelesen, Einsparungsbeziehungsweise Optimierungspotenziale er-kannt und so Deckungslücken aufgezeigt werden, ohne dass das Mitwirken eines Dritten notwendig wird. Dies bietet die Chance, das bisherige Geschäftsmodell der digitalen Versicherungsmakler in einer ganz anderen Form zu skalieren (Elert, 2018, S. 228). Vor dem Hintergrund, dass es den meisten digitalen Versicherungsmaklern auch aufgrund der schleppenden Bestandübertragungen bisher nicht vollumfänglich gelungen ist, das Kundenerlebnis nachhaltig zu verbessern, fokussiert sich die aktuelle Welle von Neugründungen in der Versicherungswirtschaft (die sog. digitalen Versicherer) auf die Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette. Verschiedene, voll digitale Versicherungsanbieter treten gerade in den Markt ein oder haben den Geschäftsbetrieb als lizensierter Versicherer vor Kurzem bereits aufgenommen. Im Unterschied zu vielen anderen etablierten Anbietern zeichnen sich die echten digitalen Versicherer unter anderem dadurch aus, dass sie alle Prozesse digital durchführen können, multikanalfähig sind, über flexible Schnittstellen verfügen, die eine schnelle Integration in andere Systeme und Anwendungen erlauben, und im Unterneh- <?page no="154"?> 154 5 Digitale Dienstleistungen men mit nur einer Datenbank arbeiten, in der alle Kundendaten zusammengeführt werden. Teilweise bieten diese neuen digitalen Anbieter ihre Dienstleistungen nicht nur Endkunden, sondern auch als spezielle Software traditionellen Versicherern, Maklerhäusern oder E-Commerce- Plattformen an. Des Weiteren gibt es erste Versicherungsansätze, die mittels Blockchain beziehungsweise Smart Contracts zum Beispiel den Schadenprozess automatisiert abwickeln. Bei diesen werden in einer Blockchain die Versicherungsbedingungen, etwa das versicherte Ereignis, hinterlegt. Zusätzlich greift die Blockchain auf Datenbanken zu, die zum Beispiel Informationen (Parameter) über Flugverspätungen oder Windstärken beinhalten. Überschreitet der Umfang der Flugverspätung oder eine bestimmte Windstärke die im betreffenden Vertrag als versichertes Ereignis definierte Grenze, wird automatisch die im Versicherungsvertrag definierte Entschädigung angewiesen. Der Einsatz von Blockchain- Lösungen ist im Versicherungskontext insbesondere dort geeignet, wo beispielsweise Versicherungsbedingungen nicht interpretiert werden müssen, sondern der Schadenfall an den Eintritt eines klar definierten, oft über einen Parameter messbaren Ereignisses anknüpft. Des Weiteren ist der Einsatz von Blockchain-Lösungen für die Abwicklung des konzerninternen oder -externen Rückversicherungsgeschäfts sowie für die Führung von internationalen Industrieversicherungsprogrammen möglich (Elert, 2018, S. 229). Bislang zeigen die Ausführungen auf, dass sich die bisherigen Digitalisierungsbestrebungen der Versicherungswirtschaft im Wesentlichen darauf fokussieren, das Geschäftsmodell Versicherung zu optimieren. Dies konkretisiert sich im Wesentlichen in Kundenprozessen und in der Möglichkeit einer kundenindividuelleren Ausgestaltung des Versicherungsschutzes. Die neuen technologischen Möglichkeiten werden damit also genutzt, um das bestehende Leistungsangebot kontinuierlich zu verbessern. Das Angebot <?page no="155"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 155 eines bedingten Versicherungsschutzversprechens bleibt dabei stets die eigentliche Kernleistung. Die Versicherungswirtschaft nutzt damit aber noch lange nicht alle Möglichkeiten für die Geschäftsmodellweiterentwicklung, die die Digitalisierung bietet (Elert, 2018, S. 229). Sogenannte digitale Assistenzdienstleitungen, also solche, die 24 Stunden am Tag 365 Tage im Jahr für den Kunden zur Verfügung stehen, spielen in der Versicherungsbranche eine wachsende Rolle. Diese fokussieren sich auf unterschiedliche Themengebiete und können in folgende Bereiche mit jeweils unterschiedlichen Dienstleistungsangeboten unterteilt werden (Elert, 2018, S. 230 f.).  Mobile Assistenzdienstleistungen Mobile Assistenzdienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die zur Erhaltung und Wiederherstellung der Mobilität angeboten werden. Zu den Leistungen der mobilen Assistance gehören beispielsweise die Instandsetzung des Fahrzeugs, das Bergen und Abschleppen des Fahrzeugs, Schlüsselservice bei Schlüsselverlust, Stellung eines Ersatzfahrers oder Ersatzteilversand.  Digitale medizinische Assistenzdienstleistungen Medizinische Assistenzdienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die zur Erhaltung (Prävention) und Wiederherstellung (z. B. Rehabilitationsprogramme) der Gesundheit angeboten werden. Zu den Leistungen der medizinischen Assistenz gehören beispielsweise Arzneimittelberatung, Ernährungsberatung, medizinische Hotlines und Gesundheitsportale, Vermittlung von Ärzten und Kliniken, Krankenrücktransporte, komplette administrative Abwicklung medizinischer Notfälle sowie Disease- und Case-Management. In Kürze sollen mithilfe künstlicher Intelligenz <?page no="156"?> 156 5 Digitale Dienstleistungen etwa auch schon sich selbst analysierende Röntgenbilder zur Verfügung stehen.  Digitale Pflege-Assistenzdienstleistungen Pflege-Assistenzdienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die mit der Betreuung von Pflegebedürftigen in Zusammenhang stehen sowie alle sonstigen Dienstleistungen, die zum Beispiel mit der Beantragung oder Durchführung der Pflege in Verbindung stehen. Zu den Leistungen der Pflegeassistenz gehören beispielsweise Beratung bei der Beantragung der Pflege, Vermittlung von Haushaltshilfen und Rehabilitationskliniken, Bereitstellung eines Wohnungs-/ Hausnotrufs, Pflegeschulung für Angehörige oder auch eine neutrale Ermittlung des Pflegebedürftigkeitsgrads.  Digitale Reise-Assistenzdienstleistungen Reise-Assistenz-Dienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die in Zusammenhang mit der Vorbereitung und der Durchführung einer Reise stehen sowie Maßnahmen, die zur Handhabung bestimmter Ereignisse, zum Beispiel Diebstahl, Verlust der Dokumente oder Ausfall von Flügen, während der Reise angeboten werden. Zu den Leistungen der Reiseassistenz gehören so etwa Informationen zu Reisemöglichkeiten, Zoll- und Visainformationen, Information über die nächstgelegene Botschaft/ Konsulat, Organisation vorzeitiger Rückreise, Reiserückrufservice, Hilfe bei Verlust des Gepäcks oder der Zahlungsmittel wie auch ein Krisenmanagement.  Digitale Haus- und Wohnungs-Assistenzdienstleistungen Haus- und Wohnungs-Assistenzdienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die im Rahmen von <?page no="157"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 157 Schadenbegrenzung- und Schadenbehebungsmaßnahmen angeboten werden sowie weitere schadenfallunabhängige haus- und wohnungsbezogene Leistungen. Zu den Leistungen der Haus- und Wohnungsassistenz gehören zum Beispiel Beratung zum Verhalten bei Schadenfällen im Haus, Beratung zur Schadenprävention, Bereitstellung von Alarm-, Notruf- oder Handwerkerservice sowie auch Durchführung von Sanierungs-, Instandsetzungs- und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen.  Digitale juristische Assistenzdienstleistungen Juristische Assistenzdienstleistungen umfassen Leistungen in Form von Beratung und Organisation sowie gegebenenfalls tätiger Hilfe, die im Zusammenhang mit rechtlichen Fragestellungen und rechtlichen Auseinandersetzungen angeboten werden. Zu den Leistungen der juristischen Assistenz gehören zum Beispiel Informationen zu Anwälten und Notaren, Organisation von Dolmetschern, Rechtsberatung oder auch die Bereitstellung von geprüften Vertragsdokumenten. In der Praxis werden Leistungen aus den beschriebenen verschiedenen Assistenzbereichen oft in einem Produkt zusammengefasst. Als Beispiel sind Assistenzangebote anzuführen, die Leistungen aus der medizinischen Assistenz, der mobilen Assistenz und der Reiseassistenz umfassen. Assistenzdienstleistungen werden dabei in einem Bündel mit anderen Produkten, zum Beispiel mit Kreditkarten, angeboten oder als einzelne Produkte (Kfz- oder Wohnungsschutzbrief) verkauft. Das Angebot von Assistenzdienstleistungen im Kontext des Versicherungsgeschäfts zielt zum einen darauf ab, dem Kunden zusätzliche Dienstleistungen anzubieten und damit die Kundenbindung zu erhöhen; zum anderen soll im Schadenfall durch das Angebot von derartigen Assistenzdienstleistungen das Versicherungsschutzversprechen erlebbarer werden und es besteht <?page no="158"?> 158 5 Digitale Dienstleistungen schließlich auch die Möglichkeit, durch Maßnahmen der Schadensteuerung den Schadenaufwand zu reduzieren. Digitale Assistenzdienstleistungen bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, die teilweise das Versicherungsgeschäft unmittelbar betreffen. Sie reduzieren die Risikoexponierung und erweitern die anzuwendenden Risikomanagementlösungen. Zudem können sie unter Umständen noch stärker als das immaterielle Versicherungsschutzversprechen das konkrete Sicherheitsgefühl der Endkunden erhöhen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass Anbieter, die zum Beispiel Schadenprävention mittels digitaler Assistenzdienstleistungen anbieten, keiner Versicherungslizenz bedürfen. Anbieter von zum Beispiel Smarthome-Lösungen sind somit bereits in den Markt der Versicherer eingetreten, ohne Versicherungsschutz hierfür anbieten zu müssen. Des Weiteren stehen die digitalen Assistenzdienstleistungen teilweise in Konkurrenz zum klassischen Risikotransfer beziehungsweise dem Umsatz, der mit diesem generiert wird. In einem kompetitiven Wettbewerbsumfeld, wie es zurzeit in der Versicherungswirtschaft vorherrscht, wird eine Verringerung des Risikos unter Berücksichtigung des versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips auch mit einer Reduktion der Versicherungsprämie einhergehen. Die Digitalisierung führt somit dazu, dass in bestimmten Versicherungssparten der Umsatz sinken kann. Die Frage, die nun für Versicherungsunternehmen ins Zentrum rückt, lautet: In welche Richtung kann das bisherige Geschäftsmodell weiterentwickelt werden, um die Kundenschnittstelle behaupten zu können, beziehungsweise welche Rolle können Versicherer in den neu entstehenden Geschäftsmodellen einnehmen? Eine mögliche Neuausrichtung des Geschäftsmodells könnte im Angebot von digitalen Risikomanagementlösungen liegen. Nachfolgend werden beispielhaft mögliche Ausprägungen des <?page no="159"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 159 Geschäftsmodells eines digitalen Risikomanagers angeführt (Elert, 2018, S. 237).  Mögliches Nutzenversprechen Das Nutzenversprechen fokussiert sich hier lediglich auf die Formulierung eines bedingten Versicherungsschutzversprechens. Das Leistungsangebot umfasst auch automatisierte Präventionsdienstleistungen vor Schadeneintritt und das Schadenmanagement in Echtzeit bei Schadeneintritt. Damit werden zusätzliche Risikohandhabungsmaßnahmen dem Kunden angeboten, die darauf abzielen, im Idealfall den Schadeneintritt zu verhindern oder zumindest das Schadenausmaß einzugrenzen. Zudem wird die Schadenbehebung durch die sofortige Identifikation des Schadeneintritts beschleunigt und damit auch die Wahrscheinlichkeit für Folgeschäden verringert. Durch das beschriebene Leistungsangebot wird weiterhin vorrangig das Ziel verfolgt, den Kunden vor finanziellen Schäden zu schützen, jedoch liegt der Fokus nun auch auf der Vermeidung oder der Begrenzung des Schadenfalls. Die Finanzierung eines eingetretenen Schadens durch eine Versicherungslösung bleibt selbstverständlich weiterhin auch Teil des Leistungsangebots in diesem Geschäftsmodell.  Mögliches Kundensegment eines digitalen Risikomanagers Zielkunden dieses Leistungsangebots können ebenfalls Privat-, Gewerbe-, und Industriekunden sein. Eine Differenzierungsmöglichkeit gegenüber den klassischen Versicherungsanbietern liegt insbesondere darin, dass das Leistungsangebot auch die Schadenverhinderung und die Hilfe in Echtzeit umfasst. Es ist zu erwarten, dass sich durch dieses Angebot Wettbewerbsvorteile bei jenen Kunden erzielen lassen, die ein starkes Sicherheitsbewusstsein aufweisen, eine entsprechende Zahlungsbereitschaft für diese neuen digitalen Assistenzdienst- <?page no="160"?> 160 5 Digitale Dienstleistungen leistungen besitzen und zusätzlich damit einverstanden sind, dass kontinuierlich Daten aus ihrem Umfeld erfasst und ausgewertet werden und bei Auftreten von Gefahren entsprechende Maßnahmen veranlasst werden.  Wertschöpfungskette Die Positionierung als digitaler Risikomanager erfordert vor allem auch eine Ausweitung der Wertschöpfungskette eines klassischen Versicherungsunternehmens. Für das zusätzliche Angebot von Präventions- und Schadenmanagementmaßnahmen in Echtzeit bedarf es zum einen der Einrichtung der entsprechenden Technik beim Kunden sowie deren Vernetzung. Zum anderen benötigt es den Aufbau von umfassendem Auswertungs-Know-how und entsprechenden Netzwerken, die im Schadenfall die Schadensteuerung und die Schadenbehebung übernehmen. Ein entsprechender Aufbau von Kooperationspartnern kann hierfür notwendig werden. Auf der anderen Seite kann eine erfolgreiche Verringerung der Schadenfrequenz auch Auswirkungen auf die Größe der Schadenabteilung im Versicherungsunternehmen aufweisen. Zudem muss sich der Absatzprozess an das neue Leistungsangebot anpassen. Unter Umständen verändert sich auch das zentrale Leistungsversprechen, das im Absatzprozess im Vordergrund steht. Der Kunde bezahlt in bestimmten Themengebieten (beispielsweise Wohnung) zukünftig primär eine Prämie für die Verhinderung des Schadeneintritts. Die klassische Versicherungsleistung rückt erst in den Vordergrund, wenn die Schadenvermeidung nicht erfolgreich zu realisieren gewesen war.  Mögliche Ertragsmechanik Die Ertragsmechanik des Geschäftsmodells digitaler Risikomanager verändert sich ebenfalls. Der Kunde zahlt nun nicht mehr nur eine Prämie, um so im Schadenfall eine Entschädigung zu erhalten, er bezahlt auch eine <?page no="161"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 161 Prämie, um das Risiko unter Kosten-Nutzen-Abwägungen zu verringern. Durch die Reduktion des Risikos verringert sich dabei auch der Umfang des erforderlichen Risikotransfers und es ist zu erwarten, dass dadurch der Umsatz aus dem Risikogeschäft sinken kann. Eine Verringerung der Schäden nimmt aber auch über die Reduktion der Prämie und den Umfang der Schadenrückstellungen Einfluss auf das Kapitalanlagevolumen beziehungsweise die Kapitalanlageerträge. Zudem entstehen neue Aufwendungen für das Angebot und die Abwicklung der neuen digitalen Leistungsangebote. Ein profitabler Betrieb des Geschäftsmodells erfordert somit, dass der Kunde eine entsprechende Zahlungsbereitschaft für die Reduktion des Schadenrisikos beziehungsweise das Sicherheitsversprechen mitbringt. 5.3.3 Ausblick Wie sich digitale Dienstleistungen in Zukunft weiterentwickeln werden, wird vor allem wohl auch von den hier zu erwartenden neuen technischen Rahmenbedingungen abhängig zu machen sein. Zum Abschluss sollen daher nun noch die wichtigsten dieser Trendperspektiven vorgestellt werden: - ubiquitäres Computing, - Blockchain, - künstliche Intelligenz, - virtuelle Realität, - Silent Tracking und - 5G. Ubiquitäres Computing Mark Weiser, Amerikas wohl renommiertester Informatiker, bezeichnete mit ubiquitärem Computing die Erscheinung, dass die einschneidendsten Technologien stets die <?page no="162"?> 162 5 Digitale Dienstleistungen sind, die nicht mehr zu erkennen sind. Diese verquicken sich mit unserem Alltag so lange, bis sie von diesem nicht mehr zu unterscheiden sind. Zur Erläuterung schilderte Weiser einen neuen Ansatz, der es Computern ermöglicht, im Hintergrund zu verschwinden, Maschinen, die sich lautlos in die Umgebung des Menschen einzufügen verstehen. Dabei kann die virtuelle Wirklichkeit die tatsächliche Welt oftmals sogar besser simulieren, ohne sie jedoch tatsächlich zu verbessern. Im Unterschied dazu wird das ubiquitäre Computing die tatsächliche Welt mit einem Netz rundherum vernetzter Apparaturen und in Folge mit einem Netz an digitalen Dienstleistungen überziehen. Es geht also bei diesem Ansatz nicht um das Ende des Internets an sich, sondern um dessen Entkoppelung von bestimmten Gerätschaften, wie heute etwa dem PC oder dem Smartphone (Zuboff, 2018, S. 12). Blockchain In den aktuellen Debatten um die Digitalisierung taucht immer wieder der Begriff Blockchain im Sinne einer Schlüsseltechnologie der nächsten Jahrzehnte auf. Es scheint, als ob die Digitalisierung nach jahrzehntelanger Zügellosigkeit damit plötzlich einen verlässlichen Ordnungsmechanismus erhält. Blockchain ist zunächst allerdings nur ein Programmiercode, ein Programm in einem Netzwerk von Millionen von Computern, das aus den unzähligen Daten im Netz beglaubigte Dokumente zu machen vermag. Ein solches Blockchain-Netzwerk funktioniert, vereinfacht ausgedrückt, wie ein in vielfacher Ausfertigung geführtes Kassenbuch. In diesem können Informationen so gespeichert werden, dass sie nicht mehr verändert werden können. Die Blockchain- Mechanik, ursprünglich erdacht, um die Kryptowährung Bitcoin davor zu schützen, dass hier jemand sein virtuelles <?page no="163"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 163 Geld mehrmals ausgibt, macht so direkte und sichere Geschäfte möglich. Vor diesem Hintergrund werden viele Branchen in den nächsten Jahren im Hinblick vor allem auch auf eine Bereitstellung von digitalen Dienstleistungen deutliche Veränderungen erfahren, allen voran wohl die Banken. Hierzu gehören:  Verteilte Datenspeicherung: Das Aufbewahren von Daten geschieht nicht zentral, sondern dezentral, verteilt auf allen Knoten des Netzwerks.  Unveränderlichkeit: Die Blockchain-Architektur unterbindet eine nachträgliche Änderung von Informationen in der Kette.  Konsensfindung: Sowohl das Finden wie auch die Verbreitung valider Transaktionsinformationen im gesamten Netzwerk erfordern hohe Computerrechenleistungen. Geeignete Anreizsysteme sollen dabei dafür sorgen, dass beitragende Teilnehmer für den investierten Aufwand belohnt werden, wie das im Fall des Bitcoin- Systems die Währung Bitcoin darstellt.  Anonymität: Die Nutzer auf einer Blockchain sind nur mit ihrer öffentlichen Adresse sichtbar. Ein Rückschluss von einer Transaktion auf ein Individuum ist nicht vorgesehen.  Nutzung von Kryptografie: Die verschiedensten kryptografischen Verfahren sollen zu einer Sicherheit des Systems führen.  Transparenz: Der Blockchain-Ansatz sorgt dafür, dass Transaktionen für alle Teilnehmer sichtbar und damit transparent werden und so einen inhärenten Manipulationsschutz bieten.  Kryptowährungseinheit: Kryptowährungen basieren grundsätzlich auf einem Transfer von Währungseinheiten. <?page no="164"?> 164 5 Digitale Dienstleistungen Noch aber ist das Blockchain-Instrument nicht gefunden, das die zugrunde liegende Datenbank entsprechend nutzbar macht, wie etwa der Browser das Internet für die Massen zu erschließen vermochte. Vor allem auch rechtlich werden noch viele Probleme zu lösen sein, damit blockchaingetriebene Dienstleistungen auch erfolgversprechend eingesetzt werden können (Schmaler, 2018, S. 2 f.). Künstliche Intelligenz Künstliche Intelligenz (KI) stellt ein Teilgebiet der Informatik dar. Im Wesentlichen geht es darum, dass versucht werden soll, rationales menschliches Verhalten im Hinblick auf Problemlösungskonstellationen auf dazu geeigneten Computern nachzubilden. Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hat der legendäre englische Mathematiker Alan - Turing in seinem Artikel „Computing Machinery and Intelligence“ die Bedingungen zur Diskussion gestellt, nach denen eine Maschine als intelligent zu bezeichnen ist. Vor diesem Hintergrund hat Elaine Rich eine noch heute weltweit gültige alltagssprachliche Definition von künstlicher Intelligenz formuliert. Daten, das „Öl der Neuzeit“, stellen dabei den benötigten Rohstoff dar, den elementaren Erfolgsfaktor für künstliche Intelligenz. Aktuell ist man bereits in der Lage, die entsprechenden Datenmengen, bestehend aus Ton-, Bild-, Bewegungs- und Verhaltensdaten, bereitzustellen, um mithilfe von neuronalen Netzwerken verwendbare Ergebnisse zu generieren. Es ist fest davon auszugehen, dass in den einzelnen Anwendungsgebieten der künstlichen Intelligenz weitere Fortschritte erzielt werden können, die zugleich eine immer höhere Praxistauglichkeit aufweisen. Künstliche Intelligenz wird so zu einem wichtigen Bestandteil nahezu fast jeder Anwendung digitaler Dienstleistungen bei uns. Experten gehen davon aus, dass das Phänomen der künst- <?page no="165"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 165 lichen Intelligenz unsere Gesellschaft in gleichem Ausmaß verändern wird, wie es das Internet getan hat. Dabei wird wohl der größte Entwicklungsschritt der künstlichen Intelligenz durch deren Möglichkeiten selbst zu erwarten sein. Es werden Maschinen entstehen, die imstande sein werden, sich selbst entsprechend weiterzuentwickeln; diese werden Dinge verstehen, ohne dass sie von außen mit den dafür benötigten Informationen versorgt worden sind. Als der entscheidende Unterschied ist also auszumachen, dass den Maschinen nicht mehr erklärt werden muss, was sie überhaupt lernen sollen, sondern dass sie in die Lage versetzt werden, dies selbst zu entscheiden (Lohse & Will, 2018, S. 5). Anschließend soll nun noch an konkreten Beispielen für den Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Entwicklung von innovativen digitalen Dienstleitungen aufgezeigt werden, wo und wie diese heute schon unsere Lebensbereiche durchdringt beziehungsweise in Zukunft noch weit mehr durchdringen wird (Class, 2018, S. 21 ff.).  So hat etwa das Münchner Start-up ProGlove einen intelligenten Handschuh entwickelt, mit dem Versandmitarbeiter die verpackten Waren scannen und per Funk mit der Liste im Computer abgleichen können, eine mühsame Arbeit, für die bislang eine Scanner-Pistole in die Hand genommen und aus der Hand gelegt werden musste. Maschinenbauer wie Kuka, aber auch Autobauer wie Audi und Händler wie Rewe oder Ikea arbeiten schon mit dieser neuartigen Lösung.  Künstliche Intelligenz spielt im Handel schon heute eine große Rolle. Dabei geht es vor allem um die Analyse und die anschließende Vorhersage des Kundenverhaltens, etwa in Bezug auf den Abverkauf bestimmter Warentypen. Der Onlinehändler Amazon zum Beispiel untersucht darüber hinaus auch das Kundenverhalten in den Regionen und stimmt seine Transportlogistik darauf ab. <?page no="166"?> 166 5 Digitale Dienstleistungen  Das Karlsruher Unternehmen Blue Yonder wertet die Kassenzettel von Kaufhäusern aus, kombiniert die Daten mit weiteren Angaben, etwa zum Wetter, und sucht dann nach Mustern. Im Ergebnis steht eine ziemlich gute Prognose dazu, was morgen, übermorgen oder am Wochenende gekauft werden könnte, also lange bevor die Kunden es selbst wissen. Der Händler kann mithilfe dieser Anwendung automatisiert Nachschub bestellen, effizienter planen und muss letztlich weniger wegwerfen.  Die Siemens Corporate Technology arbeitet an einer Verkehrsmanagementlösung, die auch auf künstlicher Intelligenz beruht. Das Ziel der Forscher ist ein System, das nicht nur Fahrzeuge in Echtzeit erkennt, sondern auch die Verkehrsdichte abschätzt und die Steuerung von Signalen automatisiert. Die ersten Feldtests hat die Entwicklung bereits bestanden.  Das Saarbrücker Unternehmen SemVox hat sich auf sprachgesteuerte virtuelle Assistenzsysteme spezialisiert. Der einfache Befehl „Erwärme das Haus auf 23 Grad Celsius, bevor ich nach Hause komme“ ersetzt die komplexe Programmierung einer Heizungssteuerung. Sagt ein Geschäftsreisender seinem digitalen Assistenten, er würde am Abend gern in Berlin französisch essen gehen, schlägt dieser ihm ein entsprechendes Restaurant vor, reserviert einen Tisch und lädt vielleicht, wenn gewünscht, auch Freunde dazu ein. Die Software ist in der Lage, einem Unternehmen etwa alle seine Kunden mit einem bestimmten Umsatz auszuwählen. Servicetechniker können vor einem Einsatz fragen, wie ein bestimmtes Gerät zu reparieren ist und welche Ersatzteile man dafür im Gepäck haben sollte. Die Sem- Vox-Technologie steckt inzwischen auch in Autos; so wollen die Automobilbauer ihre Fahrzeuge weiter digitalisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. <?page no="167"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 167  Mit der Plattform Open Roberta des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme lernen Schüler ab der dritten Klasse die Grundlagen des Programmierens und den Aufbau intelligenter Algorithmen. Mithilfe der Programmierbausteine steuern sie schon nach kurzer Zeit Miniroboter oder einen Staubsauger.  Exoskelette helfen Patienten mit Lähmungen zumindest kurzzeitig dabei, selbst zu laufen. Der betreffende Patient verlagert dabei sein Gewicht und löst so die Schritte des mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Roboters aus.  In ähnlichem Zusammenhang ist eine aktuelle amerikanische Studie zu erwähnen, die zeigt, wie eine KI assistieren kann, die Herzfunktion zu prüfen.  Smartphone und PC machen Wörterbücher überflüssig, Übersetzungsdienste gibt es inzwischen von Google und Microsoft, aber auch vom Start-up DeepL. Die Kölner Gründer haben ihr Übersetzungsprogramm von Beginn an unter Zuhilfenahme von KI-Techniken entwickelt  Ob bei Vertragsprüfungen oder bei Beschwerden über Flugverspätungen, immer häufiger helfen Algorithmen als intelligente Werkzeuge, Teile der Arbeit von Juristen schneller zu bewältigen. Die Berliner Firma Leverton hat so zum Beispiel einen selbstlernenden Algorithmus entwickelt, der in Minuten Hunderte seitenlange Immobilienverträge scannen kann, schneller als jeder Mensch. Auch bei der Durchsetzung von Fluggastrechten kommen Rechner zum Einsatz. Viele Fälle werden nie ausgefochten, selbst wenn die Verbraucher offensichtlich im Recht sind. Wer gibt für 50 Euro Erstattung schon mehrere Hundert Euro für einen Anwalt aus? Diesen Umstand machen sich nun Start-ups wie Flightright, EUclaim oder auch FairPlane zunutze. Auf den <?page no="168"?> 168 5 Digitale Dienstleistungen lnternet-Seiten der Unternehmen können Verbraucher nach verspäteten oder ausgefallenen Flügen ihre Beschwerde einreichen. Ein Algorithmus schätzt binnen Sekunden die jeweiligen Erfolgsaussichten. Sind die Chancen hoch genug, werden die Start-ups für ihre Nutzer tätig.  Soziale Netzwerke wie Facebook und Videoplattformen wie YouTube setzen bereits in erheblichem Umfang auf künstliche Intelligenz. Bei Facebook bestimmen Algorithmen darüber, welche Texte, Fotos, Videos oder Anzeigen in welcher Reihenfolge zu sehen sind. YouTube nutzt solche Anwendungen beim passgenauen Ausspielen von Onlinewerbung oder beim Auffinden und Eliminieren von sog. Hate Speech, also Hassrede. Die meisten großen Social-Media-Plattformen wollen eine solche maschinelle Überprüfung von Inhalten mittels künstlicher Intelligenz künftig noch intensivieren.  Das bereits 2008 in Berlin gegründete Unternehmen Retresco spezialisiert sich auf die automatische Verwertung von Inhalten und Daten. Die Technologie der Gründer ist so in der Lage, aus vorhandenen Daten Wetterberichte für jede Stadt der Welt zu produzieren, und zwar vollautomatisch. Retresco bietet außerdem personalisierte Finanz- und Börsenberichte und Marktanalysen an.  Das Münchner Start-up ReportExpress entwickelte die weltweit erste auf künstlicher Intelligenz beruhende Fußball-Spielberichts-App. Vor allem Amateurmannschaften können nun mit verhältnismäßig wenig Aufwand professionelle Spielberichte nach sportjournalistischem Standard erstellen. Ein großer Schritt für den Fußball in den unteren Ligen, weil Interessierte auf diese Weise mehr als das Spielergebnis erfahren.  Moderne Technologien erleichtern Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. <?page no="169"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 169 Das amerikanische Unternehmen Liftware zum Beispiel entwickelte auf der Basis künstlicher Intelligenz einen Löffel, der dem Zittern der Hand entgegenwirkt, wie es häufig bei einer Parkinson-Erkrankung auftritt.  Der Kosmetikkonzern Beiersdorf in Hamburg setzt seit kurzem als einziges Unternehmen seiner Art weltweit KI zur Entwicklung von neuen Hautpflegeprodukten ein,  Zuletzt soll noch die 2022 vorgestellte, in der Zwischenzeit weltweite Bekanntheit erlangt habende KI-Software ChatGPT und ihre Nachfolgermodelle Erwähnung finden. Diese basieren auf exerzierenden Mustern, Wahrscheinlichkeiten kalkulierenden Sprachsimulatoren und haben zu einer Welle von Diskussionen geführt. Mit ihrem weiteren Einsatz werden Auswirkungen auf Arbeitsprozesse und allgemein auf den Arbeitsmarkt erwartet. Zu diskutieren sind vorallem die gesellschaftlichen Folgen, die sich aus einer Vermarktung des Algorithmus ergeben und den Zugang zu ihm regulieren, wobei gegenwärtig ein gänzliches Verbot in Wissenschaft und Praxis wohl nicht mehrheitsfähig ist. Die mit und in den Antworten transportierten Ideologien sind problematisch ebenso wie datenschutz- und urheberrechtliche Fragen.  Weitere diesbezügliche Beispiele von KI bietet der zweibändige Sammelband von Bruhn & Hadwich, „Künstliche Intelligenz im Dienstleistungsmanagement“ von 2021 sowie der 2022 erschienene „Praxisleitfaden in Marketing und Vertrieb“ von Wuttke. Deutschland liegt bei der Entwicklung, selbst in Europa, auf einer mittleren Position. Es ist heute mit größter Wahrscheinlichkeit auszumachen, dass vor allem die USA, aber auch China hier die Spitzenpositionen einnehmen werden; die USA wegen ihres gegenwärtigen Innovationsvorsprungs, China eher aufgrund eines vernachlässigten Da- <?page no="170"?> 170 5 Digitale Dienstleistungen tenschutzes. Hier zeichnen sich etwa schon jetzt erste Entwicklungen zu voll digitalisierten, von künstlicher Intelligenz profitierenden Smart Cities deutlich ab. Wissenschaftler führen den Rückstand Deutschlands vor allem auch auf die große Skepsis deutscher Verbraucher allem Neuen gegenüber zurück. Um hier etwa im Hinblick auf Datenschutzbedenken den Verbraucher offener zu stimmen, bietet zurzeit Google über https: / / safety.google/ privacy/ privacy-controls/ (20.11.2018) einen entsprechenden Schutzmechanismus an. Künstliche Intelligenz schafft allerdings immer nur Denkmodelle, denn ihren Produkten fehlt das Bewusstsein und damit die Emotionen und das qualitative Erleben. Kritiker sehen trotzdem die Gefahr, dass anscheinend objektive Algorithmen Werturteile transportieren, die in der Regel nicht offengelegt werden (Gabriel, 2018, S. 104 ff). Virtuelle Realität Virtual Reality (VR) kommt heute in immer mehr Bereichen zur Anwendung und wird von einer wachsenden Zahl an Nutzern verwendet. So hat etwa Facebook massiv in die Virtual-Reality-Technologie investiert und sich zum Ziel gesetzt, dass in Zukunft eine Milliarde Menschen diese neuartige Technologie nutzen werden. VR ist aus Sicht des Nutzers so besonders, da er in diesen medial konstruierten, fiktiven Welten direkt mit den dargestellten Objekten in Interaktion treten kann, sodass die Trennlinie zwischen der realen und der virtuellen Welt verschwimmt. Da die virtuelle Realität das Sichtfeld des Nutzers systembedingt komplett umschließt, befindet sich der Nutzer aus visueller Perspektive tatsächlich in einer anderen Welt. Infolgedessen wird die virtuelle Realität zur primären Erfahrungsquelle des Anwenders, in der er aktiv unbekannte Welten entdecken kann. Dementsprechend ist es mit der VR-Technologie möglich, reale Erfahrungen virtuell zu simulieren, die aus physikalischer Perspektive nicht möglich sind. Bereits jetzt <?page no="171"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 171 nutzt vor allem die Unterhaltungsindustrie das Potenzial der VR-Technologie, zum Beispiel PlayStation VR. Insbesondere für Organisationen bietet diese Technologie neue Möglichkeiten, die eigenen Leistungen zu präsentieren. Da die Technologie allerdings noch relativ neu ist und es noch keine etablierten Prozesse und Techniken gibt, tun sich viele vor allem kleine und mittlere Unternehmen schwer, das Potenzial dieser Technologie auszuschöpfen. Vielfach fällt es Organisationen nicht leicht, die Vielzahl unterschiedlicher Systeme und Techniken zu überblicken und deren Möglichkeiten einzuschätzen sowie sich das Know-how für die Umsetzung anzueignen beziehungsweise zumindest einzukaufen. Technisch gesehen ist der gesamte VR-Prozess aktuell in folgende Schritte aufgeteilt: Zu Beginn wandeln sensible Sensoren Bewegung, Druck, Geräusche und weitere analoge Daten in digitale Signale um; diese werden gebündelt und an ein Rechenzentrum übertragen. Dort werden die Daten mit den hinterlegten Bildinformationen beziehungsweise 3D-Daten zusammengeführt. Im Liverendering werden die Daten in Echtzeit berechnet und die Bildschirminformationen an die Ausgabegeräte weitergegeben. In einem gesamten Prozess sind je nach Gerät unterschiedliche Sensoren und Ausgabetechniken verbaut. Dies ist von der technischen Ausstattung der einzelnen Systeme abhängig. So verfügt etwa eine VR-Brille auf Smartphone-Basis als Rechen- und Wiedergabeeinheit nur über die dem Smartphone eigenen Sensortechniken. Daraus ergibt sich, dass diese Brillen ohne weiteres Steuerungsinstrument nur über die Bewegung des Kopfes zu bedienen sind. Zusätzlich bieten verschiedene Hersteller praktische Handcontroller an. Zukünftig sollen diese mobilen Geräte durch höhere Bildwiederholungsfrequenzen und höhere Bildschirmauflösungen der häufigen Begleiterscheinung „Motion Sickness“ entgegenwirken. Dieses Phänomen tritt auch mit der <?page no="172"?> 172 5 Digitale Dienstleistungen aktuell gut entwickelten Technik erfahrungsgemäß häufig bei unerfahrenen VR-Anwendern auf und äußert sich in Form von Übelkeit mit Schwindelgefühlen. Diese unangenehme Begleiterscheinung wird immer wieder thematisiert und bei der Content-Produktion berücksichtigt. Auf die vorgestellten mobilen Systeme folgen nun die fest installierten VR-Lösungen. Bei VR-Systemen ohne eigene interne Prozessorbeziehungsweise eigene Smartphone-Technik wird das für die Bildwiedergabe nötige Rendering mit einem angeschlossenen Computer berechnet. An diese PC-Station müssen zusätzliche Raumsensoren angeschlossen werden, um wichtige Bewegungsdaten zu erfassen und zu berechnen. Über zum Teil hochsensible Handcontroller werden bei den meisten der fest installierten Systeme zusätzlich wichtige Bewegungsdaten generiert. Außerdem werden diese Handcontroller durch die Raumsensoren in ihrer aktuellen Position getrackt. Der Tragekomfort dieser leistungsstarken Brillen und die Bewegungsfreiheit bieten noch Raum für Weiterentwicklungen. Der Wegfall von großen und teuren Computern als Recheneinheit und die mobilere Anwendung der leistungsstarken Brillen werden VR-Systeme zukünftig mit Sicherheit noch flexibler und interessanter machen. Virtual Reality hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Insbesondere die Verfügbarkeit günstiger (End-)Geräte, zum Beispiel Samsung Gear oder Google Cardboard, haben diesen Trend weiter verstärkt. Dabei bietet Virtual Reality für Unternehmen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. So lassen sich etwa erklärungsbedürftige Produkte oder Dienstleistungen wesentlich besser präsentieren als mit klassischen Formen der Produktpräsentation. Virtual Reality und die hiermit verbundenen Eigenschaften wie etwa die Immersion, also das Gefühl eines Nutzers, sich an einem anderen Ort zu be- <?page no="173"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 173 finden, bieten nicht nur für Unternehmen aus der Gaming- oder Entertainment-Branche zahlreiche Möglichkeiten, sondern werden in Zukunft auch im (Online-) Handel wohl immer wichtiger werden. Allerdings zeigt sich auch, dass die Konzeption von Virtual-Reality-Produktionen durchaus komplex ist. Neben den technischen Herausforderungen bei der Aufnahme von geeignetem Bildmaterial und dessen digitaler Weiterverarbeitung müssen auch die Herausforderungen des VRspezifischen Storytelling berücksichtigt werden (Zerres et al., 2018). Silent Tracking Die Digitalisierung des stationären Einzelhandels wird zweifellos in Zukunft weiter voranschreiten und dabei ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Vor diesem Hintergrund stellt Silent Tracking einen erfolgversprechenden Ansatz dar. Hier ist etwa in Asien der stationäre Einzelhandel den diesbezüglichen Entscheidungsträgern in Deutschland schon einige Jahre voraus. Hierzulande schrecken vor allem wohl noch die Bestimmungen zum Datenschutz viele ab. Während im Onlinehandel exakt festgestellt wird, welche Artikel von wem angeschaut beziehungsweise letztlich auch gekauft werden, hat der stationäre Einzelhandel oft sogar Schwierigkeiten, überhaupt seine Stammkunden zu benennen. Erst langsam beginnt dieser, neue digitale Wege einzuschlagen. So soll etwa die Möglichkeit eröffnet werden, dass Kunden ihre zuvor erstellte Einkaufsliste beim Betreten des Ladengeschäfts diese produktspezifisch auf einer Karte angewiesen bekommen und damit also genau wissen, wo sie etwas finden. Ergänzend kann ihnen gezielt Werbung auf ihr Smartphone gespielt werden, wenn sie etwa unschlüssig vor einem Regal stehen. So gelten Orts- und Zeitbezug in diesem Zusammenhang als erfolgsentscheidend. <?page no="174"?> 174 5 Digitale Dienstleistungen Nicht nur im Geschäft selbst, sondern auch außerhalb können digitale Unterstützer eingesetzt werden, zum Beispiel bei einem Kunden, der gerne französischen Rotwein trinkt, und den man, wenn er sich in der Nähe des betreffenden Geschäfts befindet, durch Werbung auf seinem Smartphone auf ein entsprechendes (Sonder-)Angebot aufmerksam machen kann. Grundlage und Voraussetzung für all diese Überlegungen eines Silent Tracking sind Sensoren, die an allen möglichen Stellen Auskunft darüber geben, wo welche Produkte sich im Laden befinden, wie hoch dort im Hinblick auf deren adäquate Lagerung Temperatur oder auch Luftfeuchtigkeit sind, wo der Kunde sich gerade aufhält, was dieser aus einem Regal holt und unter Umständen auch wieder zurückstellt. Von Silent Tracking bekommt der Kunde zunächst also praktisch gar nichts mit, was hier von Fachleuten gerade auch als große Chance angesehen wird. Marktkenner sind der Überzeugung, dass sich der deutsche Einzelhandel weiter digitalisieren wird. Indem man durch Silent Tracking seine Kunden besser zu verstehen beginnt, können Prozesse effizienter gestaltet werden und man wird dadurch für den Kunden wieder attraktiver. Wichtige Voraussetzungen werden in dieser Hinsicht in Zukunft wohl vor allem digitale Einkaufswagen und digitale Regale, sog. Smart Shelves, darstellen. Diese erlauben mit digitalen Preisschildern etwa Dynamic Pricing, vor allem aber erkennt die Technik mittels Sensoren, was der Kunde entnommen hat, sodass ohne eine Kasse der entsprechende Betrag direkt vom Konto des Kunden abgebucht werden kann. Auch der stationäre Einzelhandel wird sich weiter verändern und seine Dienstleistungsangebote immer mehr digitalisieren. Vor diesem Hintergrund wird sich - wie zuvor schon ausgeführt - der Wettbewerb zwischen stationärem Handel und Onlinehandel immer mehr auflösen. <?page no="175"?> 5.3 Wandel der Unternehmenspraxis 175 5G Eine in ihrer Bedeutung für die Bereitstellung von digitalen Dienstleistungen nicht hoch genug einzuschätzende Entwicklung ist die bezüglich des neuen Mobilfunkstandards 5G . In allen Industrienationen der Welt wird fieberhaft an diesem Standard gearbeitet, Technologiestandards werden festgelegt, Frequenzen und neue Funkmaste aufgebaut. Vorreiter sind die USA und Kanada, aber auch Deutschland sieht hier eine Chance, bei der Digitalisierung ganz weit vorne mitzumischen. 2020 soll der Startschuss fallen und bis 2025 verspricht die Telekom eine 90-prozentige Abdeckung. Zunächst versteigert die Bundesnetzagentur die für das Netz notwendigen Frequenzen. Die brisante Frage dabei ist, dass diese zwar riesige Datenmengen bewältigen können, aber, anders als gegenwärtig, nur recht kurze Reichweiten aufweisen. Eine flächendeckende Versorgung würde etwa 60 Milliarden Euro kosten (Class, 2018, S. 21 ff.). Viele Unternehmen wollen dabei 5G in die eigene Hand nehmen, neben dem Internetanbieter 1&1 allen voran die Automobilindustrie im Hinblick auf die digitale Dienstleistung des autonomen Fahrens; aber auch die Gesundheitsbranche und die Touristikwirtschaft zeigen vor dem Hintergrund eines wachsenden Interesses an den Potenzialen auf dem Gebiet der virtuellen Realität Interesse. Im Augenblick haben Daten- und Verbraucherschützer aber noch grundlegende Bedenken, die es auszuräumen gilt. Digitale Dienstleistungen vermögen die Rentabilität von Unternehmen zu steigern. Ob dies allerdings die negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes aufzuwiegen vermag, wird nicht nur von vielen Gesellschaftswissenschaftlern hinterfragt. Schon spricht man auch von einer Überdigitalisierung der Gesellschaft, von einer Entwicklung hin zum Menschen 4.0 . Ohne Zweifel führen viele digitalen Dienstleistungen schon heute zu einem Verküm- <?page no="176"?> 176 5 Digitale Dienstleistungen mern bestimmter menschlicher Sinnesorgane, man denke nur an den Orientierungssinnverlust durch den ständigen Einsatz von Navigationsgeräten als Fußgänger, Fahrradfahrer oder Autofahrer. Letztlich ist Denken auch ein Sinn, der verloren gehen kann. Die Konflikte verschärfen sich augenblicklich mit zunehmender Digitalisierung. Am Ende wird es wie stets um einen Kompromiss gehen, um ein Abwägen der Vor- und Nachteile von digitalen Dienstleistungen im Hinblick auf eine nachhaltige Gesellschaft. <?page no="177"?> 6 Schlussbetrachtung In der Vergangenheit war es vor allem die Dienstleistungsqualität, die in vielen Branchen die Hauptherausforderung darstellte. Deutschland galt lange im internationalen Vergleich als sogenannte Dienstleistungswüste. Unzuverlässige Handwerker, desinteressiertes Verkaufspersonal oder eine arrogante Bedienung im Restaurant waren keine Seltenheit. Heute hat sich dieses Bild etwas gewandelt. Dem Dienstleistungsmarketing in Deutschland gelang hier der Spagat zwischen einem oftmals als zu aufdringlich und übertrieben und damit nicht echt wirkenden Service, vor allem amerikanischer Prägung, und einem extrem devoten Stil, vor allem chinesischer oder auch arabischer Prägung. Heute steht nun eine ganz neue Herausforderung an, die Digitalisierung. Überall und jederzeit findet man hierzu Warnungen, dass gerade kleine und mittelständische Dienstleistungsunternehmen dabei wohl vor fast unüberwindbar geltenden Problemen stehen. Digitalisierte Daten sind nicht mehr zwingend mit ursprünglichen Medien verbunden; sie können über eine Vielzahl anderer Medien transportiert und auf den unterschiedlichsten Endgeräten abgerufen und genutzt werden. Allgemein wird heute unter Digitalisierung der diesbezügliche Wandel in der Arbeitswelt und vor allem in den Wertschöpfungsketten von Dienstleistungsunternehmen verstanden. Treiber einer solchen Digitalisierung sind vor allem die  zunehmende Verbreitung des Internets,  gestiegene Bedeutung von Social Media,  wachsende Anwendungsformen von mobilen Endgeräten, und die <?page no="178"?> 178 6 Schlussbetrachtung  verbesserten Datenauswertungsmöglichkeiten in Form von Data Analytics (Big Data). Neue Technologien erlauben schon heute im Dienstleistungsmarketing, eine Vielzahl an Kunden zu erfassen und augenblicklich auszuwerten und so die Interessen der betreffenden Kunden oder deren Bedürfnisse besser kennenzulernen, um diesen dann anlassbezogen spezifische Angebote unterbreiten zu können. So eröffnet sich die Möglichkeit für neue Geschäftsmodelle, bei denen oftmals auch Branchengrenzen verschwinden können. Dies hat zur Folge, dass Dienstleistungsunternehmen, etwa eine Versicherung, in Zukunft nicht mehr das gesamte bisherige Dienstleistungsspektrum anbieten muss, sondern an Tochterunternehmen auslagert, die anschließend auf diesem Feld sogar für verschiedene Unternehmen tätig werden können. In diesem Zusammenhang wird heute auch vielfach von künstlicher Intelligenz (KI) gesprochen. Diese kann helfen, einfache und wiederkehrende Prozesse, etwa bei einem Rechtsanwalt, einem Steuerberater oder einer Versicherung, zu automatisieren. Hier existiert heute auch schon eine Vielzahl von Softwareanbietern auf dem Markt. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Ende 2022 vorgestellte und mittlerweile aufgrund ihrer enormen Nutzungsbreite wie auch ihrer leichten Bedienbarkeit weltweit großes Aufsehen erregt habende Software ChatGpt. Worin besteht nun die Herausforderung? Selbst wenn heute viele Dienstleistungsunternehmen über die technischen Mittel verfügen, selbst wenn sie standardisierte Schnittstellen aufweisen, selbst wenn ihr Datenschutz der neuen europäischen Datenschutzrichtlinie vollumfänglich genügt, sind viele Unternehmen, gerade auch der Dienstleistungsbranche, und das belegen fast alle aktuellen Studien hierzu, nicht auf eine derartige Digitalisie- <?page no="179"?> Schlussbetrachtung 179 rung ausreichend verbreitet. Vor allem Organisation und Geschäftsprozesse weisen hier erhebliche Mängel auf. Es wird wohl viel sogenannte Projektarbeit nötig werden, oftmals in Form von Digital Labs oder auch Start-ups. Zusammenfassend ist aus diesen Schlussbemerkungen deutlich geworden, dass der in unserer Gesellschaft gerade stattfindende Paradigmenwechsel in seinen Auswirkungen, gerade auch auf ein Dienstleistungsmarketing, nicht mehr wegzudenken sein wird. Ein Dienstleistungsmarketing hat sich hier optimal aufzustellen, je früher, desto besser. Aufgaben zur Selbstkontrolle 1. Welches sind die fünf Hauptinstrumente eines Dienstleistungsmarketing? 2. Welche Methoden umfasst im Wesentlichen die Marktforschungsform der Primärforschung? 3. Welche wichtigen Marktfeldstrategien weist ein Dienstleistungsmarketing auf? 4. Was beinhalten ökonomische und was außerökonomische Marketingkontrollen? 5. Welche wichtigen Elemente kennzeichnen Dienstleistungen 4.0 über die allgemeinen Elemente von Dienstleistungen hinaus? 6. Welche wesentlichen Rahmenbedingungen begründen die Entwicklung von digitalen Dienstleistungen? <?page no="181"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abgrenzung eines Sachgutes gegenüber einer Dienstleistung .......................................................15 Abb. 2 Primärforschung ....................................................24 Abb. 3 Strategieoptionen...................................................34 Abb. 4 Stärken-Schwächen-Profil ...................................36 Abb. 5 Marktwachstums-/ Marktanteils-Portfolio der Boston Consulting Group ....................................50 Abb. 6 Marktwachstum-/ Kostendeckungsgrad- Portfolio ...................................................................53 Abb. 7 Dienstleistungs-/ Markt-Matrix nach Ansoff....55 Abb. 8 Funktionen von Dienstleistungsmarken für die Marktbeteiligten ..............................................58 Abb. 9 Matrix der Kombination klassischer Services mit E-Services .......................................................59 Abb. 10 EFQM-Modell..........................................................61 Abb. 11 Orientierungskriterien der Preispolitik.............66 Abb. 12 Bewertungsprofil eines Vertriebsweges im Dienstleistungsmarketing ....................................74 Abb. 13 Erscheinungsformen einer Marktkommunikation........................................................................83 Abb. 14 Marketing-Regelkreis..........................................101 Abb. 15 Spannungsfelder einer marktorientierten Unternehmensführung .......................................101 Abb. 16 Plattformunternehmen nach Typisierung und regionaler Verteilung ..................................108 <?page no="182"?> 182 Abbildungsverzeichnis Abb. 17 Wesentliche Einflussfaktoren und Umfeldsysteme eines Unternehmens mit Dienstleistungen 4.0........................................................ 125 Abb. 18 Szenario-Trichter................................................. 129 Abb. 19 Marketingmix für Dienstleistungen 4.0 im Überblick ............................................................... 142 <?page no="183"?> Literaturverzeichnis Bach, N., Rimbach, M., Wolf, S. 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Handbuch Marketing-Controlling. 5. Aufl., Heidelberg: Springer Gabler. Zerres, C., Burg de Soussa Ferreira, S., Heitz, B., Körner, S., Lohmann, M., Israel, K., Schell, M. (2018). Virtual- Reality: Ein einführender Überblick. Schriften der Hochschule Offenburg, Nr. 5, Offenburg: Hochschule Offenburg. <?page no="187"?> Literaturverzeichnis 187 Zerres, C., Israel, K. (2016). Online-Marketing. Nutzung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Offenburg: Hochschulverlag der Hochschule Offenburg. Zerres, C., Zerres, M. (2018). Portfolio-Analyse. In C. Zerres (Hrsg.), Handbuch Marketing-Methodik (2. Aufl.) (S. 133-140). London: Bookboon. Zerres, M. (2014). Geleitwort. In K.-P. Schoeneberg (Hrsg.). Komplexitätsmanagement in Unternehmen - Herausforderungen im Umgang mit Dynamik, Unsicherheit und Komplexität. (S. V f.), Wiesbaden: Springer Gabler. Zerres, M., Zerres, C. (2006). Marketing. 2. Aufl., Stuttgart: Kohlhammer. Zerres, T., Zerres, C. (2018). Marketingrecht. Wiesbaden: Springer Gabler. Zink, K. J., Eberhard, D. B. (2009). Typologisierung von Dienstleistungen. In K. J. Zink (Hrsg.), Personal- und Organisationsentwicklung bei der Internationalisierung von industriellen Dienstleistungen. Heidelberg: Springer. Zuboff, S. (2018). Überwachen und verkaufen. Verfügbar am 20.12.2018 unter https: / / www.faz.net/ aktuell/ feuilleton/ medien/ die-strategie-von-google-und-facebookueberwachen-und-verkaufen-15802775.html <?page no="189"?> Stichwortverzeichnis 5G 161, 175 Absatz 9 Abschöpfungspreispolitik 68 Allgemeine Geschäftsbedingungen 71 Assistenzdienstleistung 155 digitale 160 juristische 157 medizinische 155 mobile 155 Big Data 107, 109, 118, 144 Blockchain 154, 161, 162, 163, 164 Bundesdatenschutzgesetz 120 Business-to-Business 105, 108 Business-to-Consumer 105, 107 Cash Cows 52 Change-Management 138 Corporate-Identity- Strategien 89 Datenschutz 28, 120 Datenschutz-Grundverordnung 120 Delphi-Technik 124, 127, 131 Dienstvertrag 25 Direktmarketing 86 Direktwerbung 85 Distributionspolitik 71 Dogs 52 E-Mail 81 Geschäftsbedingungen 70 Geschäftsfeldstrategie 139 Hochpreispolitik 67 Human Relations 89 Industrie 4.0 103, 104, 105, 108 Instrumentarium, absatzpolitisches 34 Intelligenz, künstliche 161, 164, 170 Komplexitätsreduzierung 137 Konditionenpolitik 69 Kunst-Urhebergesetz 120 Lobby 90 <?page no="190"?> 190 Stichwortverzeichnis Marketingcontrolling 96 Markt- und Meinungsforschung 29 Marktkommunikation 82 Medienplanung 87 Medienwerbung 85 Monitoringfunktion 143 Nachfrageforschung 21 Niedrigpreispolitik 67 Penetrationspreispolitik 68 persönliche Kommunikation 83 Pflege-Assistenzdienstleistung 156 Plattform 112, 113, 154 digitale 107, 111 Preiselastizität 62 Primärforschung 23 Question Marks 51 Realität, virtuelle 161, 170 Reise-Assistenzdienstleistung 156 Rundfunkstaatsvertrag 30 Sekundärforschung 22 Servequal-Analyse 138 Silent Tracking 161, 173, 174 Smart Contracts 154 Social-Media-Plattform 168 Stars 51 SWOT-Analyse 138 System, cyber-physisches 111 Szenariotechnik 124, 130 Technikfolgenabschätzung 135, 137 Telemediengesetz 30 ubiquitäres Computing 161 Urheberrecht 120 Verkaufsförderung 84 Versicherungswirtschaft 147, 148, 149, 153, 154, 158 Vertrag 26 Werbeetat 86 Werbewirkung 86 Werbung 85 Wertkette 117 Wohnungs-Assistenzdienstleistung 156 <?page no="191"?> BUCHTIPP Alexander Hennig Marketing Schritt für Schritt Arbeitsbuch mit eLearning-Kurs 8., überarbeitete und erweiterte Au age 2023, 161 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-8252-8823-5 eISBN 978-3-8385-8823-0 Produktpolitik, Corporate Identity und Sponsoring das sind nur einige Begriffe, die in einer Marketingvorlesung zu nden sind. Das Arbeitsbuch bietet einen verständlichen Überblick über dieses spannende Thema und führt Schritt für Schritt in die wichtigsten Grundlagen ein: Marktforschung, Konsumentenverhalten, strategisches Marketing, Produkt- und Programmpolitik, Markenpolitik, Preis- und Konditionenpolitik, Distributionspolitik, Kommunikationspolitik sowie Controlling. Zahlreiche Übersichten, Merksätze und Zusammenfassungen erleichtern das Verständnis. Darüber hinaus bietet das Buch zahlreiche Fragen und Lösungen zur Wissensstandüberprüfung in digitaler Form: Über 150 Fragen sind in einem eLearning-Kurs zusammengefasst. Die aktuelle Au age wurde überarbeitet und um aktuelle Aspekte der In ation und der Nachhaltigkeit erweitert. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="192"?> BUCHTIPP Gerald Pilz Online-Marketing Schritt für Schritt Arbeitsbuch 2., überarbeitete Auflage 2022, 278 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-8252-5823-8 eISBN 978-3-8385-5823-3 Das Online-Marketing hat sich in den vergangenen Jahren in beschleunigender Weise professionalisiert und ausdifferenziert. Die Dynamik von Geschäftsmodellen und die stetige Erweiterung technischer Möglichkeiten lassen immer weitere Marketinginstrumente entstehen. Gleichzeitig wirken soziale Medien und Big Data auf dieses Fachgebiet ein, so dass durch passgenaue Bedarfsermittlungen das Internetmarketing inzwischen von vielen Profis als weitaus wirksamer angesehen wird als der herkömmliche Marketing-Mix. Das Buch behandelt die Themen Banner-Werbung, E-Mail-Werbung, Affiliate-Marketing, SEO bzw. Suchmaschinenoptimierung, SEA bzw. Suchmaschinenwerbung, Blog-Marketing, Influencer-Marketing, Social-Media-Marketing, Mobile Marketing sowie Online-Marktforschung. In dieser Neuauflage wurden die Abschnitte YouTube-Marketing und YouTube Analytics ergänzt. Zahlreiche Übersichten, Merksätze, Zusammenfassungen und vielfältige Aufgaben mit Lösungen erleichtern das Verständnis. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="193"?> Michael Zerres | Irene Rath Einführung in das Dienstleistungsmarketing Täglich nehmen wir unzählige Dienstleistungen in Anspruch. Für die meisten davon müssen wir bezahlen. Wir gehen zum Haareschneiden, zur Arztpraxis oder zur Rechtsberatung. Wir lassen unsere Wohnung renovieren, lassen uns beim Möbelkauf beraten oder bestellen regelmäßig Pizza. Was ist nun das Besondere der Marketingaktivitäten solcher Dienstleistungen? Worin unterscheiden sie sich von den Anbietern von Konsum- oder auch Investitionsgütern? Dieses Buch zeigt die Unterschiede und Besonderheiten von Dienstleistungen und damit auch die des Dienstleistungsmarketing auf. Darauf aufbauend werden seine Instrumente und Erfolgsmessungen beschrieben. Auch digitale Dienstleistungen spielen hier eine große Rolle. Zerres | Rath Betriebswirtschaftslehre Dienstleistungsmarketing Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel ISBN 978-3-8252-6179-5 2023-10-10_6179-5_Zerres_Rath_S_6179_PRINT.indd 1,3 2023-10-10_6179-5_Zerres_Rath_S_6179_PRINT.indd 1,3 10.10.23 11: 02 10.10.23 11: 02