Sport Governance
Theorie, Praxis, Herausforderungen
0812
2024
978-3-8385-6192-9
978-3-8252-6192-4
UTB
Frank Daumann
Lev Esipovich
Florian Follerthttps://orcid.org/0000-0002-6253-9322
Malte Schurade
10.36198/9783838561929
Effektiv und strategisch!
Die Presse berichtet regelmäßig von Verfehlungen in großen Sportorganisationen. Ursache hierfür kann eine fehlende Sport Governance sein. Das Buch stellt die Theorie der Sport Governance vor und beschreibt konkret Strukturen sowie rechtliche, regulatorische und ethische Aspekte. Zudem geht es u. a. auf Stakeholding und Compliance ein. Herausforderungen lässt es nicht außer Acht.
Das Buch richtet sich an Studenten der Sportwissenschaften, des Sportmanagements und der Sportökonomie. Es kann zudem für angehende Sportrechtler und -politiker einen spannenden Überblick geben.
<?page no="0"?> Daumann | Esipovich Follert | Schurade Sport Governance <?page no="1"?> utb 6192 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main <?page no="2"?> Dr. Frank Daumann ist Professor für Sportökonomie und Gesundheits‐ ökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Uni‐ versität Jena. Dr. Florian Follert ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, an der Privatuniversität Schloss Seeburg. Malte Schurade ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sport‐ ökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. <?page no="3"?> Frank Daumann / Lev Esipovich / Florian Follert / Malte Schurade Sport Governance Theorie, Praxis, Herausforderungen UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838561929 © UVK Verlag 2024 ‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 6192 ISBN 978-3-8252-6192-4 (Print) ISBN 978-3-8385-6192-9 (ePDF) ISBN 978-3-8463-6192-4 (ePub) Umschlagabbildung: © demachi · iStock Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> Fini, Arno und Heiner Abdul sowie S. & the Little Monsters gewidmet <?page no="7"?> 13 15 1 17 1.1 17 1.2 19 1.3 21 1.4 27 1.5 28 28 29 2 31 2.1 31 2.2 33 2.2.1 33 2.2.2 44 2.3 51 51 52 3 53 3.1 53 3.2 59 3.3 68 3.4 71 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung und begriffliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rahmenbedingungen von Sportorganisationen . . . . . . . . . . Einschlägige Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten . . . . . . Sport Governance in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theorien der Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die einschlägigen Theorien . . . . . . . . . . . . . Darstellung der wichtigsten Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . Systembezogene Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationsbezogene Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Governance-Strukturen in Sportorganisationen . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Governance-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationseinheiten in Sportorganisationen und deren Einbindung in die Governance-Strukturen . . . . . . . . . . . . . Governance-Struktur des internationalen Leichtathletikverbandes (World Athletics) . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="8"?> 72 72 4 75 4.1 76 4.2 79 4.3 82 4.4 91 4.5 94 4.6 95 96 97 5 99 5.1 100 5.2 101 5.3 105 5.4 115 116 116 6 119 6.1 121 6.2 123 6.2.1 124 6.2.2 133 6.2.3 139 6.3 140 6.4 143 6.5 149 150 151 7 153 7.1 154 ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport . . . . . . . Stakeholder: Begriff und Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie . . . . . . . . Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie . . . . . Der ethisch-normative Aspekt der Stakeholder-Theorie . . Stakeholder-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Aspekte der Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff und Funktionen des Sportrechts . . . . . . . . . . . . . . . . Vereins- und Verbandsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das staatliche Sportrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Politische Aspekte der Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu den Begriffen Politik und Sportpolitik . . . . . . . . . . . . . . Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . Sport Polity: Ebene der Politik/ des Staates . . . . . . . . . . . . . . Sport Polity: Ebene des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sport Polity: Weitere Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sport Politics: Prozesse in der Sportpolitik . . . . . . . . . . . . . . Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Performance und Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 7.2 155 7.3 155 7.4 157 7.4.1 157 7.4.2 159 7.4.3 163 7.4.4 165 7.4.5 165 7.5 166 7.5.1 167 7.5.2 168 7.6 171 172 172 8 173 8.1 174 8.2 175 8.2.1 178 8.2.2 179 8.3 181 8.3.1 181 8.3.2 183 8.3.3 184 8.3.4 185 8.3.5 191 8.4 195 8.4.1 195 8.4.2 196 8.5 200 201 202 Die Forschung zum Zusammenhang von Governance und Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Performance im Kontext des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationale Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Board Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Performance des CEO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Performance der Ehrenamtlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss von Good Governance auf die Performance . . . . . Performance-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzielle Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strategische Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Good Governance im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Good Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung von Good Governance im Sport . . . . . . . . . . . Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Good Governance im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Good Governance im Sport . . . . . . . . . . . . . . Basisindikatoren für Good Governance . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien des Council of Europe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien des IOC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die Prinzipien nach King (2017) . . . . . . . . . Sports Governance Observer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrale Herausforderungen und Probleme der Einführung Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 9 <?page no="10"?> 9 203 9.1 203 9.2 205 9.3 208 9.4 213 9.5 218 9.6 221 221 222 10 223 10.1 224 10.2 226 10.2.1 226 10.2.2 228 10.2.3 230 10.2.4 232 10.3 234 10.3.1 235 10.3.2 236 10.3.3 240 10.4 246 10.5 248 249 250 11 251 11.1 251 11.2 252 11.3 254 11.4 254 Compliance in der Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen der Non-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erreichen von Compliance: Compliance-Prozess und Compliance-Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance und Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance im internationalen Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport . . Grundlegende Aspekte und Aufgaben einer Liga . . . . . . . . Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Profisportligen in Nordamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturen auf Ligaebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturen auf Klubebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Determinanten der Governance-Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisation des Fußballs in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturen auf Ligaebene in Europa (speziell in Deutschland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturen auf Klubebene (in Deutschland) . . . . . . . . . . . . . Investoren und ihre Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausforderungen der Sport Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen und Auswirkungen der Veränderung im Bereich Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Potenzielle zukünftige Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . Sportorganisationen im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Inhalt <?page no="11"?> 255 255 257 281 ➲ Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ➲ -Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 11 <?page no="13"?> Vorwort Sport als soziales Phänomen umfasst sowohl die körperliche Betätigung von Amateuren im engen Umfeld als auch den Genuss einer professionellen Unterhaltungsdienstleistung im Stadion. Hinter beiden Ausprägungen des Sports befinden sich ausdifferenzierte institutionelle Strukturen. Dabei zeigt sich, dass die Kommerzialisierung des Sports mit einem teilweise noch recht amateurhaften institutionellen Gefüge abgewickelt wird, das nicht nur für Ineffizienzen, sondern auch für Unregelmäßigkeiten anfällig ist, was an manchen Korruptionsphänomenen in der Verbands- und in der Vereinswelt deutlich wird. Das Themenfeld Sport Governance adressiert diese Problembereiche: Es setzt sich aus einem positiven und einem normativen Bereich zusammen. Ersterer umfasst die Beschreibung und die Analyse der Strukturen und Prozesse, die eine Sportorganisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu ge‐ währleisten, dass die Leitung im besten Interesse der eigenen Mitglieder erfolgt. Der normative Bereich der Sport Governance besteht aus der tech‐ nologischen Nutzung der Erkenntnisse, die im positiven Bereich gewonnen werden, zur Sicherstellung einer effektiven Funktionsweise und zweckmä‐ ßigen strategischen Ausrichtung von Organisationen des Sports. Mit diesem Lehrbuch soll Studenten, Praktikern und Interessierten das The‐ menfeld der Sport Governance erschlossen werden. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen und Möglichkeiten in der Sport Governance zu entwickeln und auf diese Weise einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung dieses Bereichs zu leisten. Anstoß für die Entstehung dieses Lehrbuchs war die Einführung des Master‐ studiengangs Sport Governance an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und die im Rahmen der Vorlesungen dieses Studiengangs geführten frucht‐ baren Diskussionen mit den Studenten, denen an dieser Stelle besonders für ihr Interesse gedankt werden soll. Besonderer Dank gilt zudem Rick Hölzel, der die Formatierungsaufgaben übernommen hat. <?page no="14"?> Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen. Jena und Seekirchen am Wallersee, im Sommer 2024 Frank Daumann Lev Esipovich Florian Follert Malte Schurade 14 Vorwort <?page no="15"?> Abkürzungsverzeichnis AEUV | Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AO | Abgabenordnung ANOC | Association of National Olympic Committees AntiDopG | Gesetz gegen Doping im Sport AVMD | Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste BGB | Bürgerliches Gesetzbuch BGW | Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege BJKS | Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport der Europäischen Union BSI | Bundesverband der Sportartikelindustrie CEO | Chief Executive Officer CMS | Compliance-Management-System COB | Chairman of the Board DFB | Deutscher Fußball-Bund DFL | Deutsche Fußball-Liga DIS | Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DOSB | Deutscher Olympischer Sportbund DLV | Deutscher Leichtathletik-Verband EK | Europäische Kommission ENGSO | Europäischer Dachverband der Nichtregierungsorganisationen im Sport EOC | Europäische Olympische Komitees EP | Europäisches Parlament EPO | Erythropoetin EU | Europäische Union EuG | Gericht der Europäischen Union EuGH | Europäischer Gerichtshof e. V. | eingetragener Verein FGRC | Football Governance Research Centre FIA | Fédération Internationale de l’Automobile FIFA | Fédération Internationale de Football Association FINA | Fédération Internationale de Natation GG | Grundgesetz GWB | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen HGB | Handelsgesetzbuch <?page no="16"?> IBA | International Boxing Association IOC | International Olympic Committee ISCA | International Sport and Culture Association KPI | Key Performance Indicator LSK | Landessportkonferenz MLB | Major League Baseball MLS | Major League Soccer MLL | Major League Lacrosse MStV | Medienstaatsvertrag NADA | Nationale Anti-Doping Agentur NIE | New Institutional Economics NFL | National Football League NGO | Non-Governmental Organisation NPO | Non-Profit-Organisation NS | Nationalsozialismus NWSL | National Women's Soccer League OECD | Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OLG | Oberlandesgericht SMK | Sportministerkonferenz SRI | Stanford Research Institute TAFISA | Trim and Fitness International Sport for All Association UCI | Union Cycliste Internationale UEFA | Union of European Football Associations UN | United Nations UNO | United Nations Organisation UWG | Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb VSA | Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter WADA | Welt-Anti-Doping-Agentur WHO | Weltgesundheitsorganisation WNBA | Women’s National Basketball Association WTA | Women’s Tennis Association 16 Abkürzungsverzeichnis <?page no="17"?> 1 Zum Begriff Stakeholder siehe Abschnitt 2.2 und 4.1. 1 Einführung und begriffliche Grundlagen Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die Rahmenbedingungen und Entwicklungen, mit denen Sportorga‐ nisationen gegenwärtig konfrontiert sind, zu erläutern, • die Begriffe Sport, Governance und Sport Governance zu definieren, • den Unterschied zwischen Governance und Management zu erklären, • die der Governance zugrundeliegenden Perspektiven und • die Themen, die durch die einschlägige Forschung besetzt werden, zu beschreiben. Wie bereits angeklungen soll in diesem Kapitel zum einen kurz auf die Rahmenbedingungen eingegangen werden, denen sich Sportorganisationen aktuell ausgesetzt sehen. Zum anderen sollen die für die Thematik maßgeb‐ lichen Begriffe erläutert werden. 1.1 Rahmenbedingungen von Sportorganisationen Der Handlungsspielraum und das Verhalten von Sportorganisationen wer‐ den durch verschiedene Faktoren beeinflusst (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 19): • Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen, • die staatliche Sportpolitik und das Ausmaß der Verflechtung von Staat und Sportorganisationen (Neokorporatismus), • die Regulierungen übergeordneter Sportorganisationen, • die Zielsetzungen und die Marktmacht verschiedener Stakeholdergrup‐ pen 1 sowie • das Ausmaß des Wettbewerbs auf den verschiedenen für die Sportorga‐ nisationen relevanten Märkten. Gegenwärtig sehen sich Sportorganisationen einer Vielzahl äußerer Einflüsse ausgesetzt, aus denen besondere Herausforderungen für ihre Leitung resultieren. Diese Einflüsse können in Anlehnung an Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) <?page no="18"?> nach dem Aggregationsgrad in Makro- und Mikro-Einflüsse differenziert wer‐ den. So können auf der Makro-Ebene insbesondere die folgenden Entwicklungen benannt werden: • Die zunehmende Komplexität des einschlägigen Rechtsgefüges, • die sich verändernden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, • politische Instabilitäten, die vor allem durch die COVID-19-Pandemie (insbesondere 2020-2022) und militärische Auseinandersetzungen in den Randbereichen Europas (insbesondere ab 2022) befördert werden, sowie • eine zunehmende öffentliche und mediale Wahrnehmung in allen Hand‐ lungsfeldern sowie die damit einhergehende Verbreitung von Informa‐ tionen und Meinungen. Auf der Mikro-Ebene lassen sich die folgenden Sachverhalte identifizieren: • Eine rückläufige Bereitschaft, ein ehrenamtliches Engagement zu über‐ nehmen, • Variety-Seeking - also die Wechselbereitschaft trotz Zufriedenheit - als zentrales Konsummotiv und damit eine abnehmende Bindungsbe‐ reitschaft breiter Bevölkerungsschichten, • höhere Erwartungen an die Qualität seitens der Nachfrager, Mitglieder und Partner von Sportorganisationen sowie • zunehmend ausdifferenzierte Anforderungen der Stakeholder, die oft‐ mals unvereinbar sind. Als besondere Herausforderungen des Managements von Sportorganisatio‐ nen sind daher die folgenden Sachverhalte zu nennen: • Probleme bei der Beschaffung notwendiger finanzieller und personeller Ressourcen auf allen Ebenen (Haupt- und Ehrenamt), • eine fehlende strategische Ausrichtung, • ein pyramidenförmiger Aufbau, der eine demokratische Entscheidungs‐ findung nur begrenzt zulässt, • Defizite bei der Besetzung des Vorstandes (unzureichende Bewerber‐ lage, mangelnde fachliche Eignung), • fehlende Transparenz bei der Entscheidungsfindung in Verbindung mit dem Auftreten politischer Machtkämpfe sowie • mangelhafter Umgang mit den Dysfunktionen des Sports (Doping, Match Fixing etc.). 18 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="19"?> 1.2 Einschlägige Begriffe Den Inhalt des Begriffs Sport zu verorten, stellt sich notgedrungen als schwierig heraus. In der Alltagsprache werden dem Phänomen Sport häufig Eigenschaften wie körperliche Bewegung, Leistungsvergleich resp. Wettbe‐ werb, ein sportartspezifisches Regelwerk und die Unproduktivität zugeord‐ net (Daumann, 2023, S. 20-23). Nun zeigt sich aber, dass manche Sportarten wie etwa Darts oder Schach lediglich ein geringes Maß an körperlicher Bewegung erfordern. Ebenso lässt sich ein Leistungsvergleich nicht bei allen sportlichen Betätigungen feststellen: So tritt dieser im Rahmen des Gesundheits- oder Fitnesssports kaum auf. Auch explizite oder implizite Regelungen fehlen manchen sportlichen Betätigungen, wenn man etwa an den ungebundenen Freizeitsport wie das frühmorgendliche Joggen denkt. Und insbesondere im Leistungssport wird oftmals ein Produkt - eine Unter‐ haltungsdienstleistung - hergestellt, die sich mitunter gut vermarkten lässt. Mit anderen Worten: Es fällt schwer, eine befriedigende essentialistische Definition des Phänomens Sport zu geben. Exkurs | Essentialistischer vs. nominalistischer Definitionsansatz Aus essentialistischer Sicht hat eine Definition folgendes zu leisten: Sie muss das Definiendum, also das zu erläuternde Phänomen, erschöpfend durch das Definiens beschreiben. Hiergegen wird insbesondere von K. R. Popper (2003, S. 62) eingewendet, dass jede Beschreibung notgedrungen selektiv sei: „Es ist uns nicht möglich, ein ganzes Stück der Welt oder ein ganzes Stück der Natur zu beschreiben, ja nicht einmal das kleinste ganze Stück läßt sich beschreiben, denn jede Beschreibung ist notwendig selektiv“. Dem essentialistischen Ansatz, der nach dem Wesen der Entität fragt, steht der nominalistische Ansatz gegenüber, der sich rein auf die Semantik beschränkt (Popper, 1980). Demnach werden realiter vorgefundene Phänomene mit Begriffen versehen, um in erster Linie Aussagesysteme im Sinne von Ursache-Wirkungsbeziehungen bzw. von Ziel-Mittel-Beziehungen zu ermöglichen. ▶ Siehe hierzu Popper (1980; 1994; 2003). Der Begriff Governance hat einen französischen Ursprung (gouverner, auf Deutsch: verwalten, leiten, erziehen). Fukuyama (2013, S. 350) definiert den 1.2 Einschlägige Begriffe 19 <?page no="20"?> Begriff aus politikwissenschaftlicher Perspektive als „[…] a government’s ability to make and enforce rules, and to deliver services […]“. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob die Regierung demokratisch legitimiert ist, oder nicht. In der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur wird Governance unterschiedlich definiert. Die Commission on Global Governance (1995, S. 2) versteht Governance als ein System aus Regelungen, nach dem Einzelper‐ sonen und öffentliche bzw. private Organisationen ihre gemeinsamen An‐ gelegenheiten regeln. Dieses System umfasst sowohl formelle Regelungen als auch informelle Vereinbarungen, mit denen das Handeln der beteiligten Akteure kanalisiert werden soll. Mel Gill (2002) leuchtet den Begriff wie folgt aus: Governance umfasst Prozesse, Strukturen und organisatorische Traditionen, die kanalisieren, wie Macht ausgeübt wird, in welchem Umfang die Interessen der Stakeholder berücksichtigt werden und auf welche Weise die Entscheidungsträger zur Rechenschaft gezogen werden können. Eine ähnliche Definition unterbreiten Hoye und Cuskelly (2007, S. 9): Demnach stellt Governance die Strukturen und Prozesse dar, die eine Organisation einsetzt, um ihre strategischen Ziele festzulegen, ihre Leistung anhand dieser Ziele zu überprüfen und zu gewährleisten, dass der Vorstand im besten Interesse der Mitglieder der Organisation handelt. Das Business Dictionary (2016) füllt den Inhalt des Begriffs Governance wie folgt: Governance ist „establishment of policies, and continuous moni‐ toring of their proper implementation, by the members of the governing body of an organization. It includes the mechanisms required to balance the powers of the members (with the associated accountability), and their primary duty of enhancing the prosperity and viability of the organization”. Die dargelegten Definitionen des Begriffs verbinden damit hauptsächlich vier Bereiche: • Strategie im Sinne der Strategieentwicklung der Entscheider, • Macht, hier verstanden im Sinne des Einflusses von Stakeholdern, • Regulierung im Sinne der Einengung der Handlungsspielräume der Entscheider sowie • Kontrolle des Handelns der Entscheider. Insgesamt kann man den Begriff Governance etwa wie folgt mit Inhalt füllen: Governance umfasst sämtliche institutionellen Arrangements einer Organisation, mit denen der Spielraum der Entscheidungsträger in einer Organisation insbesondere vor dem Hintergrund der Interessen der Stake‐ 20 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="21"?> holder ausgestaltet wird und wie diese Entscheidungsträger für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden können. Sport Governance stellt somit die Governance von Sportorganisationen - und hier in erster Linie von (privaten) Sportklubs und Sportverbänden auf allen Ebenen - dar. Ferkins, Shilbury and McDonald (2009, S. 245) definieren den Begriff wie folgt: Sport Governance ist „the responsibility for the functioning and overall direction of the organization and is a necessary and institutionalized component of all sport codes from club level to national bodies, government agencies, sport service organizations and professional teams around the world”. Mit anderen Worten ist Sport Governance der Komplex der Sicherstellung der effektiven Funktionsweise und strategischen Ausrichtung, der als Kodi‐ fizierung handlungsleitend für Sportorganisationen auf allen Ebenen ist. 1.3 Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten Der Unterschied zwischen Governance und Management - letzteres ver‐ standen als Organisationsführung oder -leitung - lässt sich wie folgt fassen: Während bei der Management-Theorie das „handelnde Steuerungssubjekt“ als zentral betrachtet wird, ist dies bei der Governance-Theorie die „Rege‐ lungsstruktur“ (Mayntz, 2006, S. 16). Diesen Grundgedanken greifen auch Pechardscheck und Flis (2022) auf, die dem Management die Aufgaben Planen, Aufbauen, Ausführen und Überwachen zuordnen. Governance hin‐ gegen besteht aus den Aufgaben Überwachen, Evaluieren und Lenken. Trotz der wichtigen Trennung bestehen Wechselwirkungen zwischen den Berei‐ chen. Zudem muss sich die Effektivität von Governance und Management an den Zielvorgaben messen lassen. Dieser Sachverhalt wird in → Abbildung 1 deutlich. 1.3 Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten 21 <?page no="22"?> Abbildung 1 Evaluieren Lenken Überwachen Ausführen Aufbauen Planen Überwachen Management Rückmeldung an Governance Governance Planen Management Governance (Geschäfts-)Anforderungen, Zielvorgaben zur Wertschöpfung (Geschäfts Abbildung 1: Unterscheidung zwischen Management und Governance. | Quelle: Pechard‐ scheck & Flis, 2022. Governance lässt sich wiederum aus verschiedenen Perspektiven betrach‐ ten. Henry und Lee (2004) unterscheiden die folgenden Perspektiven: • Systemic: Hierbei geht es um den Wettbewerb, die Kooperation und die gegen‐ seitige Anpassung zwischen Organisationen und Unternehmen oder politischen Systemen. • Political: Diese Perspektive erfasst die Steuerung der Organisationen durch poli‐ tische Institutionen. • Organizational: Dieser Bereich bezeichnet die Fülle an normativen, ethisch begründeten Standards für das Verhalten von Führungskräften zwecks Erfüllung der auferlegten Organisationsziele. Eine komprimierte Differenzierung in lediglich zwei Perspektiven liefern Shilbury und Ferkins (2020a): • Organizational Governance: Hierbei steht die Tätigkeit der Leitung einer einzelnen Organisation im Fokus. • Systemic bzw. Network Governance: 22 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="23"?> Dieser Begriff beschreibt das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Organisationen, die wiederum auf der gleichen oder auf unterschied‐ lichen Ebenen angesiedelt sein können (im Bereich des Sports wäre dies etwa das Zusammenspiel zwischen den Sportklubs, regionalen Sportverbänden, dem nationalen Sportverband, dem internationalen Fachsportverband und dem IOC). King (2017) hingegen differenziert nach anderen Blickwinkeln: • Governance als Steuerungssystem: Dieser Bereich umfasst die Strategieformulierung und -umsetzung durch das Management, den Einbezug der Erwartungen, die an das Management von Seiten der Stakeholder herangetragen werden, die Definition, Überwachung und Bewertung der organisatorischen Erfolge sowie die Rechenschaftslegung des Managements gegenüber den wich‐ tigsten Stakeholdern. • Governance als Netzwerk: Governance wird hier als Zusammenarbeit in Netzwerken verstanden. Transaktionen und Verhandlungen sowie deren Ergebnisse in Form formeller und informeller Vereinbarungen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Besondere Bedeutung erlangt die Verteilung der Macht über das Netzwerk. • Governance als Good Governance: Bei dieser Perspektive treten ethische Maßstäbe (Rechenschaftspflicht, Transparenz, Korruptionsbekämpfung, Beteiligung der Interessengrup‐ pen) und die Einhaltung des rechtlichen Rahmens in den Vordergrund. Hinsichtlich der Arten einer Organisation kann Corporate Governance von Non-Profit-Governance unterschieden werden. Corporate Governance kann mit Welge und Eulerich (2021, S. 5) als „[…] der faktische und rechtliche Ordnungsrahmen von Unternehmen verstanden [werden], der eine gute und ordnungsgemäße Unternehmensführung, -kontrolle und -überwachung im Sinne aller Shareholder und Stakeholder gewährleistet und unterstützt“. Während sich dieser Bereich der Governance auf Organisa‐ tionen bezieht, bei denen der Fokus regelmäßig auf der Gewinnmaximierung (Wöhe et al., 2020) liegt, hat letzteres gemeinnützige Organisationen (NPO) zum Gegenstand, die primär nach der Realisierung von Sachzielen trachten. Nach King (2017, S. 47 f.) lassen sich zwischen dem Corporate Governance 1.3 Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten 23 <?page no="24"?> und dem Non-Profit-Governance die folgenden Gemeinsamkeiten identifi‐ zieren: • Es findet eine Verlagerung von vertikalen zu horizontalen Führungsmo‐ dellen resp. von Hierarchien zu Netzwerken statt. • Bei beiden lässt sich ein Druck zur Umsetzung von Good Governance (z. B. soziale Verantwortung, Rechenschaftspflicht, Transparenz) fest‐ stellen. • Compliance hat eine hohe Bedeutung. • Der Messung von Leistung (finanziell, sportlich und sozial) kommt ein besonderer Stellenwert zu. • Die Rechenschaftspflicht wird durch einschlägige Rechnungslegungs‐ vorschriften etabliert und kanalisiert. Freilich gibt es auch erhebliche Unterschiede: • So unterscheidet sich der rechtliche Status der Organisationen. • Die Organisationen verfolgen in Abhängigkeit von ihren priorisierten Adressaten unterschiedliche Ziele. • Für die Leistungsmessung müssen unterschiedliche Indikatoren ver‐ wendet werden. In NPOs können nichtfinanzielle Ziele oftmals nur heuristisch operationalisiert werden. • In For-Profit-Organisationen erhalten die Mitglieder der Leitungsgre‐ mien ein Entgelt für ihre Tätigkeit. Bei Non-Profit-Organisationen üben viele Mitglieder der Leitungsorgane ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Dadurch entsteht die Herausforderung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen bezahlten und ehrenamtlichen Mitarbeitern zu realisieren. Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) liefern ein hilfreiches Instrumenta‐ rium, um die unterschiedlichen Themenbereiche der Sport Governance zu strukturieren. Sie unterscheiden drei Themenkreise, die sie weiter differen‐ zieren: • Entwicklung der Rahmenbedingungen von Sportorganisationen: Die Rahmenbedingungen können wiederum nach Faktoren auf der Makro-Ebene (z. B. rechtliche Anforderungen, Forderungen der Stake‐ holder, Berichterstattung der Medien) und der Mikro-Ebene (z. B. Finan‐ zierungsquellen, Anzahl der Mitglieder, Mitarbeit der Ehrenamtlichen) unterschieden werden. • Themenbereiche der eigentlichen Sport Governance: 24 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="25"?> Hierzu gehören etwa die Bereiche der kollaborativen Führung, die Motivationen des Boards, die Rollen des Boards sowie die Struktur desselben. • Governance-Fähigkeiten: Dieses Feld umfasst neben den strategischen Dimensionen Leistung, Konformität (etwa bei der Umsetzung der Politik, der Rechenschaft usw.) und Politik (hier insbesondere deren Entwicklung sowie die Verteilung der Ressourcen) die operative Dimension, etwa die Häufigkeit der Zusammenkünfte des Leitungsorgans, die Beziehungen im Board, die Form der Durchführung seiner Zusammenkünfte sowie Beziehungen innerhalb des Gremiums. Exkurs | Das Board of Directors (Board) In der Governance-Literatur nimmt der Begriff Board eine zentrale Rolle ein. In der anglo-amerikanischen Literatur bezieht sich dieser Begriff regelmäßig auf das sogenannte Board of Directors, das mit den Begriffen Verwaltungsrat oder Direktorium in die deutsche Sprache übertragen werden kann. Beim Board of Directors handelt es sich um das oberste Leitungs- und Kontrollgremium von amerikanischen Kapitalgesellschaften, das von den Anteilseignern der betreffenden Gesellschaft gewählt wird. Zu den Aufgaben des Board of Directors gehören im Wesentlichen • die Festlegung und Überprüfung der Unternehmensstrategie, • die Überwachung der Unternehmensleitung, • die Bewertung der Risiken, die sich auf das Unternehmen auswirken können, • die Entscheidung über die Dividendenpolitik, • die Auswahl und Beurteilung des Führungspersonals einschließlich des CEO (Chief Executive Officer), der die operativen Geschäfte leitet, sowie • die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und ethischer Standards. Bei den Mitgliedern des Board of Directors kann zwischen geschäfts‐ führenden (executive) und nicht geschäftsführenden (non-executive) Mitgliedern unterschieden werden. Während die geschäftsführenden 1.3 Abgrenzung, Perspektiven und Governance-Arten 25 <?page no="26"?> Mitglieder, die oft als Chief Officers bezeichnet werden, die operative Geschäftsführung des Unternehmens ausüben, sind die nicht geschäfts‐ führenden Mitglieder des Boards vor allem beratend und kontrollierend tätig. Letztere üben ihr Amt nicht hauptberuflich aus und sind keine Beschäftigten des Unternehmens. Der Vorsitzende dieses Boards trägt regelmäßig den Titel Chairman of the Board (COB). Allerdings ist es auch denkbar, dass der CEO zugleich Vorsitzender des Boards ist, was jedoch einer effektiven Überwachung im Wege steht. Freilich können die spezifischen Befugnisse und Pflichten des Boards je nach Rechtsform und rechtlichem Umfeld variieren. Bei der ameri‐ kanischen Organstruktur handelt es sich um ein monistisches System der Unternehmensführung. Diesem steht das dualistische System gegen‐ über, das beispielsweise bei deutschen Kapitalgesellschaften gebräuch‐ lich ist. Hier werden die Aufgaben zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat getrennt. So stellt der Vorstand bzw. die Geschäftsführung das exekutive Führungsgremium dar und ist für die Führung der Geschäfte und die Umsetzung der Unternehmensstrategie zuständig. Der Aufsichtsrat, der lediglich bei Aktiengesellschaften verpflichtend vorhanden sein muss, fungiert als Kontrollorgan, das den Vorstand bzw. die Geschäftsführung überwacht und berät. Zudem wählt und entlässt der Aufsichtsrat die Mitglieder des Vorstands und entscheidet über grundlegende Unternehmensfragen. Fehlt ein Aufsichtsrat, so wird des‐ sen Funktion durch die Gesellschafterversammlung wahrgenommen. Bei eingetragenen Vereinen (z. B. Sportvereine, Sportverbände) findet sich eine vergleichbare Organisationsstruktur: Der Vorstand ist das Leitungsorgan des Vereins und seine Mitglieder werden üblicherweise durch die Mitgliederversammlung gewählt. Der Vorstand umfasst re‐ gelmäßig einen Präsidenten, einen oder mehrere Vizepräsidenten und einen Schatzmeister; allerdings können die Bezeichnung der Positionen und die Struktur des Vorstands erheblich variieren. Die Mitgliederver‐ sammlung stellt das oberste Entscheidungs- und Kontrollgremium eines Vereins dar; sie wählt und überwacht den Vorstand, zudem entschei‐ det sie über grundlegende Vereinsangelegenheiten. Größere Vereine können über einen Aufsichtsrat verfügen, der ähnlich wie bei Kapital‐ gesellschaften die Tätigkeiten des Vorstands überwacht. 26 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="27"?> ▶ Siehe hierzu: Fechner, F., Arnhold, J. & Brodführer, M. (2014). Sportrecht. Stuttgart: UTB, Magers, J., Eschenfelder, C. & Krause-Wichmann, L. (2022). Sustainable Corpo‐ rate Governance. Aktienrechtliche Grundlagen einer nachhaltigen Unterneh‐ mensführung, Wiesbaden: Springer Gabler, Mallin, C. (2019). Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press, und Tricker, B. (2023). The Practice of Corporate Governance. Boca Raton: CRC Press. 1.4 Sport Governance in der Forschung Erste Beiträge zum Thema Governance, ohne dass dabei der Begriff explizit Erwähnung findet, lassen sich bereits Mitte der 1980er-Jahre identifizieren. Folgt man den Untersuchungen von Ferkins, Shilbury und McDonald (2005) sowie Shilbury und Ferkins (2020a) beschäftigt sich die Forschung in diesem Bereich vor allem mit den folgenden Thematiken: • Bestimmung der Rollen im Governance-Bereich sowie Analyse der einschlägigen Motivationen: In diesem Forschungsfeld werden etwa die Rolle und die Struktur der Leitungsgremien, die Motivation einzelner Mitglieder dieser Gremien sowie das Verhältnis zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern thematisiert. • Verbesserung der Managementprozesse des Leitungsorgans: Neben der Analyse von Sitzungen und Sitzungsagenden sind Dynami‐ ken innerhalb des Gremiums Gegenstand dieses Forschungszweigs. • Hauptfunktionen des Leitungsorgans: Hierbei stehen die Entwicklung einer Strategie, die Integration der verschiedenen Stakeholder sowie Fragen des Risikomanagements, der Compliance, der Steuerung sowie der Evaluierung der Leitung im Mittelpunkt der Forschungsbemühungen. • Kontinuierliche Verbesserung: In diesem Feld werden Problemkreise wie der Schutz des Leitungsor‐ gans, die Auswahl seiner Mitglieder und deren Entwicklung sowie die Leistung und die Evaluation adressiert. 1.4 Sport Governance in der Forschung 27 <?page no="28"?> 1.5 Fazit Governance ist die Antwort auf Mängel im institutionellen Gefüge von Sportorganisationen, die sich in Fehlverhalten und Unregelmäßigkeiten niederschlagen können. Die Forschung hat sich in vielen Bereichen der Thematik bislang eher zögerlich entwickelt, was sicherlich auch an der Nähe zum weit entwickelten Theoriekomplex Management und des aus‐ geprägten Querschnittscharakters liegen mag. Insbesondere könnte die Durchführung empirischer Studien zur Auswirkung von unterschiedlichen Governance-Vorgaben auf die Zielsetzungen der Organisationen zusätzliche Impulse für die Forschung auch in den anderen Bereichen der Thematik bringen. Für die Praxis gewinnt die Thematik Governance aufgrund der Rahmen‐ bedingungen vor allem in Form gestiegener moralischer Ansprüche, die von außen an das Verhalten von Organisationen herangetragen werden, und der überbordenden Kommunikationsmöglichkeiten, die selbst den fragwür‐ digsten Meinungen eine Plattform bieten, eine zunehmende Bedeutung. Dabei darf jedoch nicht verdrängt werden, dass zum einen Governance Ausdruck bestimmter Moralvorstellungen ist, die nicht unbedingt von allen Protagonisten geteilt werden. Zum anderen bergen ausgedehnte Gover‐ nance-Regelungen auch erhebliche Gefahren für Organisationen, die sich in einer zunehmenden Bürokratie und damit verbunden steigenden Kosten niederschlagen können. Governance-Regeln können somit die Flexibilität von Organisationen etwa durch eine schwerfällige Entscheidungsfindung erheblich einschränken und dazu führen, dass die Umsetzung innovativer Prozesse und Maßnahmen behindert wird. ➲ Kontrollfragen • Mit welchen Rahmenbedingungen sehen sich Sportorganisationen ak‐ tuell konfrontiert? • Wie lässt sich der Begriff Sport definieren? Grenzen Sie den essentialis‐ tischen vom nominalistischen Definitionsansatz ab! • Was versteht man unter Governance? • Wie lässt sich der Begriff Sport Governance definieren? • Wie kann Governance von Management abgegrenzt werden? • Welche Perspektiven der Governance lassen sich unterscheiden? 28 1 Einführung und begriffliche Grundlagen <?page no="29"?> • Welche Fragestellungen werden in der Forschung im Bereich Sport Governance untersucht? ➲-Literaturempfehlungen Chappelet, J.-L. (2017). Beyond governance: the need to improve the regulation of international sport. In Sport in Society, 21(5), 1-11. Fishel, D. (2003). The Book of the Board: Effective Governance for Non-profit Organi‐ sations. Sydney: Federation Press. Fukuyama, F. (2013). What Is Governance? In Governance: An International Journal of Policy, Administration, and Institution, 26(3), 347-368. King, N. (2017). Sport Governance: An introduction. New York & London: Routledge. Mallin, C. (2019), Corporate Governance (6th ed.). Oxford: Oxford University Press. Shilbury, D. & Ferkins, L. (2020a). An overview of sport governance scholarship. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S.-3-17). London & New York: Routledge. ➲-Literaturempfehlungen 29 <?page no="31"?> 2 Theorien der Sport Governance Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die verwendeten theoretischen Ansätze, um die Phänomene der Sport Governance zu erklären, einzuordnen und • das Ausmaß der Erklärungskraft dieser theoretischen Ansätze zu beurteilen. In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Theorien dargestellt werden, die zu Erklärungszwecken im Bereich der Sport Governance herangezogen werden. 2.1 Überblick über die einschlägigen Theorien Eine Systematisierung der hier einschlägigen Theorien liefern Ferkins und Shilbury (2020b), die die verschiedenen Theoriegebäude zum einen nach deren Einflussgrad auf die Forschung im Bereich Sport Governance (hoch, gering) und zum anderen nach deren Ansatzpunkt (organisationsbezogen, systembezogen) klassifizieren. →-Tabelle 1 bildet diese Einordnung ab. Einfluss‐ grad Ansatzpunkt organisationsbezogen systembezogen hoch • Agency Theory • Stewardship Theory • Leader Member Exchange Theory • Managerial Hegemony Theory • Stakeholder Theory • Network Theory • Resource Dependency Theory • Institutional Theory gering • Board Strategic Balance Emerging Theory • Democratic Governance • … • Collaborative Government Theory • Property Rights Theory • … Tabelle 1: Überblick über relevante Theorien im Bereich der Sport Governance-Forschung.-| Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ferkins & Shilbury (2020b). <?page no="32"?> Abbildung 2 Governing Board Board Involvement in Decision-making Process (Judge & Zeithaml, 1992) Extrinsic Influence Perspective Contigency Perspective The Role to be Shaped by Contigent Factores (Mintzberg, 1983) Intrinsic Influence Perspective Institutional Perspective The Role of Conforming to Institutional Expectation (Eisenhardt, 1988) External Environment (Pfeffer & Salancik, 1978) Internal Environment (Tricker, 1994) Networking/ Interlocking Directorates Linking Role Conformance Function Coordinating Role Ressource Dependency Theory Stakeholder Theory (Pfeffer, 1972) (Freeman, 1984) Pluralistic Organization Performance Function Strategic Role Control Role Stewardship Theory Agency Theory (Fama & Jensen, 1983) (Donaldson, 1990) Institutionalized Through Extrernal Pressure Institutionalized Through Internal Pressure Identifying with the Societal Expectation of Organization Instrumental View of Directors Maintenance Role Support Role Institutional Theory Managerial Theory (Selznick, 1957) (Mace, 1971) Abbildung 2: Überblick über die relevanten theoretischen Ansätze zur Analyse des Leitungsgremiums. | Quelle: Hung, 1998. 32 2 Theorien der Sport Governance <?page no="33"?> Eine andere Systematik liefert Hung (1998), der, wie in → Abbildung 2 ersichtlich wird, theoretische Ansätze nach der Rolle, die das Leitungsgre‐ mium einnimmt, unterteilt. Dabei wird eine eher passive Rolle von einer aktiven unterschieden. 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien Die für die Sport-Governance-Thematik wesentlichen Theorien sollen nach‐ folgend anhand der Merkmale „system“- und „organisationsbezogen“ klas‐ sifiziert werden. 2.2.1 Systembezogene Theorien Zu den systembezogenen Theorien zählen die Stakeholder Theory, die Network Theory, die Resource Dependency Theory und die Institutional Theory. Stakeholder Theory Der Begriff Stakeholder bezeichnet je nach Lesart Teilhaber, Interessenten oder Anspruchsberechtigte. In der einschlägigen Literatur wird der Begriff unterschiedlich ausgelegt. So verwendet das Stanford Research Institute (SRI) eine sehr enge Definition und bezeichnet Stakeholder als für eine Organisation überlebenswichtige Gruppen (SRI zitiert nach Freeman, 1984, S. 31). Diese enge Interpretation würde jedoch bedeuten, dass eine Organisa‐ tion ohne die Unterstützung ihrer Stakeholder aufhören würde zu existieren (Freeman, 1984, S. 31). Demgegenüber verwendet R. Edward Freeman, der maßgebliche Protagonist dieses theoretischen Ansatzes, einen weiteren Stakeholder-Begriff: Der Stakeholder einer Organisation ist eine Gruppe oder ein Individuum, „who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objectives“ (Freeman, 1984, S. 46). Dabei besteht regelmäßig eine wechselseitige Einflussbeziehung zwischen der Organisation und den Stakeholdern, sodass eine weite Definition des Begriffs in Stakeholdern Entitäten sieht, die die Realisierung der Organisationsziele beeinflussen können oder aber auch durch diesen Vorgang selbst beeinflusst werden. Gegenstand der Stakeholder-Theorie, auf die in → Kapitel 4 noch genauer eingegangen wird, ist die Analyse der Beziehungen zwischen der Organisa‐ 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 33 <?page no="34"?> tion und ihren Stakeholdern. Mitchell et al. (1997) verwenden drei Kriterien, um Stakeholder nach dem Ausmaß ihres Einflusses auf die Organisation zu klassifizieren, nämlich Macht, Legitimität und Dringlichkeit. Macht liegt vor, wenn ein Akteur in einer Austauschbeziehung durch Zwang, Anreize oder normative Instrumente dem anderen beteiligten Akteur seinen Willen aufzwingen kann. Legitimität setzt ein allgemein akzeptiertes und geteiltes System von Normen, Werten und Überzeugungen voraus. Ein Handeln entsprechend diesem System genießt Legitimität. Dringlichkeit äußert sich in Zeitsensitivität und der großen Bedeutung des Sachverhalts für den Stakeholder. In Abhängigkeit von der Ausprägung dieser drei Kriterien lassen sich sieben Stakeholder-Arten unterscheiden, die in → Tabelle 2 abgebildet werden: Typ Ausprägung Macht Legitimität Dringlichkeit Dormant Stakeholders gegeben nicht gegeben nicht gegeben Discretionary Stakeholders nicht gegeben gegeben nicht gegeben Demanding Stakeholders nicht gegeben nicht gegeben gegeben Dominant Stakeholders gegeben gegeben nicht gegeben Dangerous Stakeholders gegeben nicht gegeben gegeben Dependent Stakeholders nicht gegeben gegeben gegeben Definitive Stakeholders gegeben gegeben gegeben Tabelle 2: Klassifikation von Stakeholdern. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mitchell et al. (1997). Aus der Art der Stakeholder können wiederum Rückschlüsse hinsichtlich ihres Einflusses auf die Organisation gezogen werden. So müssen gemein‐ nützige Sportorganisationen beispielsweise die Interessen von Sponsoren, 34 2 Theorien der Sport Governance <?page no="35"?> Fördermittelgeber, Mitgliedern, der breiten Öffentlichkeit, Mitarbeitern, Kommunen und Athleten berücksichtigen. Network Theory Netzwerke sind eine Ansammlung von Beziehungen zwischen verschiede‐ nen Akteuren. Dabei kann es sich um Individuen oder Organisationen handeln. Untersuchungsgegenstand der Network Theory bzw. des hier in‐ teressierenden sozialen Ablegers „ist die Wirkung von sozialen Netzwerken auf individuelles Handeln und die Entstehung sowie Veränderungen von sozialen Netzwerken durch individuelles Handeln“ (Ahrens, 2009, S. 299). Im Mittelpunkt der Network Theory steht also die Untersuchung der Frage, wie die Beziehungen des Netzwerks das Verhalten und die Eigenschaften der Akteure beeinflussen und wie Informationsflüsse, Macht und Ressourcen innerhalb eines Netzwerks verteilt werden. Hinsichtlich des Forschungsziels können bei der Network Theory zwei wesentliche Stränge unterschieden werden: Während die methodische Netzwerkforschung darauf ausgerichtet ist, mit Hilfe der Mathematik die sozialen Netzwerke zu beschreiben, werden im theorieorientierten Teil so‐ ziale Netzwerke mit Hilfe soziologischer und originär netzwerkorientierter Theorien analysiert. Nach Mitchell (1969) und Barnes (1969) lässt sich der Untersuchungsge‐ genstand soziales Netzwerk wie folgt beschreiben: • Konstituierende Elemente eines Netzwerks sind Akteure (Nodes) und Beziehungen (Ties) zwischen diesen Akteuren. • Netzwerke können anhand des Typs der Beziehungen zwischen Ak‐ teuren unterschieden werden. Dabei lassen sich Merkmale wie Wei‐ sungsbefugnis, räumliche Nähe, Stärke usw. zur Klassifikation von Netzwerken heranziehen. • Die Ausprägungen des Netzwerks hinsichtlich der Akteure und der Beziehungen, also die spezifische Netzwerkstruktur, resultieren in spe‐ zifische Regelmäßigkeiten. Die Network Theory basiert auf der ontologischen Annahme, dass Netz‐ werke emergente Eigenschaften aufweisen. Das heißt, die Eigenschaften des Netzwerkes können nicht alleine auf das Handeln der sie konstituierenden Akteure zurückgeführt werden. 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 35 <?page no="36"?> Die in sozialen Netzwerken auftretenden Beziehungen, an denen eine Klassifikation derselben anknüpfen kann, lassen sich wiederum wie folgt differenzieren (Owen-Smith et al., 2015): • Ressourcen- und Informationskanäle (Network Pipes): Kanäle erlauben es, Ressourcen innerhalb eines Netzwerkes zu ver‐ schieben. Bei diesen Ressourcen kann es sich um tangible (Sachgüter, finanzielle Mittel etc.) oder intangible Ressourcen (Informationen, Kom‐ petenzen etc.) handeln. • Statussignalisierung und Zertifizierung (Network Prisms): Unter diesem Blickwinkel senden Netzwerke wertvolle Signale über den Status einzelner Netzwerk-Akteure an außenstehende Akteure, die zentrale Ressourcen kontrollieren, und reduzieren deren Informations‐ mängel. • Sozialer Einfluss (Network Peeps): Grundlagen des sozialen Einflusses sind Normen, Erwartungen oder Denkmuster, die von den Mitgliedern des Netzwerks geteilt werden. Durch diese Institutionen wird konformes Handeln der einzelnen Netz‐ werk-Akteure erzwungen und deren Entscheidungsfindung kanalisiert. Die Netzwerktheorie bedient sich zur Analyse und Darstellung der Be‐ ziehungen regelmäßig der Graphentheorie. Ausgangspunkt der Analyse kann dabei einerseits ein bestimmter Knoten des Netzwerkes (Node) oder andererseits das gesamte Netzwerk sein. Während erstere als egozentrische Netzwerkanalyse bezeichnet wird, spricht die Literatur bei letzterer von soziozentrisch. Weiterhin werden Netzwerke mit Hilfe der Dichte beschrie‐ ben, womit das Ausmaß an Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren erfasst wird. Beispielsweise stellen Harris und Phillips (2017) das Netzwerk im briti‐ schen Kommunalsport wie in →-Abbildung 3 ersichtlich dar. 36 2 Theorien der Sport Governance <?page no="37"?> Abbildung 3 Government and Sport England Active Partnerships NGBs of Sport Clubs and Trust Local Government Abbildung 3: Netzwerk der wichtigsten Stakeholder im britischen Kommunalsport. | Quelle: Harris und Phillips, 2017, S.-113. Die soziale Netzwerkforschung bedient sich wiederum verschiedener sozio‐ logischer und originärer Netzwerktheorien (Ahrens, 2009), von denen die wichtigsten hier kurz genannt werden sollen. • Austauschtheorie: Gegenstand dieses Ansatzes ist die Analyse der Interaktionen zwischen Individuen oder Gruppen und deren Austausch von Werten, Ressourcen oder Gütern. • Handlungstheorie: Ziel der Handlungstheorie ist die Untersuchung individuellen oder kollektiven Entscheidens und Handelns sowie des Einflusses der Rah‐ menbedingungen wie Ziele, Normen usw. • Rollentheorie: Hierbei wird untersucht, welche Rollen Individuen in einer Gesellschaft einnehmen, und wie diese Rollen das Verhalten und die Interaktionen der Individuen kanalisieren. In diesem Kontext wird eine Rolle durch ein Set an Verhaltensnormen determiniert, das für eine bestimmte soziale Stellung oder Funktion gilt. Die Rollentheorie analysiert insbesondere, 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 37 <?page no="38"?> wie Rollen erlernt und vermittelt werden, wie sie von Individuen angenommen werden. • Systemtheorie: Die Systemtheorie betrachtet Systeme als eine Ansammlung von Kom‐ ponenten, die miteinander in Beziehung stehen und als Ganzes wirken. Ihr Gegenstand ist die Untersuchung von Systemen und ihrer Eigen‐ schaften, d. h., sie analysiert, wie Systeme auf äußere Einflüsse reagieren und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern. • Strukturalismus: Kennzeichen des Strukturalismus ist die Omnipräsenz von Strukturen, die eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten. Das Erkenntnisziel des Strukturalismus ist es daher, diese Strukturen zu identifizieren und herauszufinden, wie diese aufeinander abgestimmt sind und wie sie das Verhalten von Individuen oder anderen Akteuren beeinflussen. • Theory of Strength of Weak Ties: Kern dieses soziologischen Ansatzes ist die Bedeutung schwacher Bezie‐ hungen in sozialen Netzwerken für die Verbreitung von Informationen und die Förderung von Chancen. Schwache Beziehungen sind nach Mark S. Granovetter (1973), dem Protagonisten dieses Ansatzes, Bezie‐ hungen, die lose und selten interagieren. Demgegenüber zeichnen sich starke Beziehungen durch eine enge und häufige Interaktion aus. Nach Granovetter spielen schwache Beziehungen jedoch eine wichtige Rolle bei der Überbrückung sozialer Trennungen und der Verbindung von Individuen, die in verschiedenen sozialen Kreisen verwurzelt sind. • Structural Holes: Mit Structural Holes bezeichnet Ronald S. Burt (1992) Lücken oder Löcher in sozialen Netzwerken, die für Akteure zu einem einzigartigen Zugang zu Informationen und Ressourcen führen, die ihnen ansonsten verschlossen blieben. Diese Löcher entstehen, wenn Individuen in einem Netzwerk keine direkten Beziehungen zu bestimmten anderen Individuen oder Gruppen haben. Sie ermöglichen es Individuen, als Vermittler von Informationen und Ressourcen zu fungieren und so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. • Actor Network Theory: Dieser Ansatz, der auf Arbeiten von Bruno Latour (Latour & Woolgar, 1979) und Michel Callon (Callon, 1990) zurückgeht, analysiert die Be‐ ziehungen zwischen Akteuren und Technologien und fragt danach, wie diese Beziehungen die Entstehung und Entwicklung von sozialen 38 2 Theorien der Sport Governance <?page no="39"?> Systemen beeinflussen. Dabei werden Technologien nicht als passive Instrumente betrachtet, sondern als aktive - gleichberechtigte - Akteure in sozialen Interaktionen. Die Actor Network Theory stellt ein wertvolles Instrumentarium zur Ana‐ lyse des Verhältnisses zwischen verschiedenen Akteuren in der Sportbran‐ che dar. Damit lassen sich die Machtverhältnisse und Abhängigkeiten zwischen diesen Akteuren erfassen und untersuchen, was wiederum Kern der Sport Governance ist. So kann beispielweise mittels der Actor Network Theory die Stärke und die Art der Beziehungen zwischen den Akteuren in der Sportbranche und der Einfluss von Key-Akteuren (z. B. Sponsoren oder Fans) auf Entscheidungen von Sportorganisationen analysiert werden. Ein weiteres Anwendungsfeld stellt die Analyse der Muster von Kooperation und Konkurrenz im intra- oder interorganisationalen Bereich dar. Resource Dependency Theory Die Resource Dependency Theory geht im Wesentlichen auf Arbeiten von Jeffrey Pfeffer und Gerald R. Salancik (1978) zurück und beschreibt die Abhängigkeit einer Organisation von externen Ressourcen sowie deren Einfluss auf das Verhalten dieser Organisation. Dabei wird herausgearbeitet, dass die Fähigkeit, diese Ressourcen zu kontrollieren, zu nutzen und den Konkurrenten den Zugriff darauf zu verwehren, ein wichtiger Faktor für die Überlebensfähigkeit und den Erfolg einer Organisation ist. Im Wesentlichen basiert damit die Resource Dependency Theory auf den folgenden Annah‐ men: • Eine Organisation hängt von Ressourcen ab. • Diese entstammen dem Umfeld der Organisation, das wiederum von anderen Organisationen beeinflusst und kontrolliert wird. • Ressourcen sind Grundlagen von Macht; Macht und Ressourcenabhän‐ gigkeit sind direkt miteinander verknüpft. • Macht ist daher relational und situationsabhängig. Die Art der Ressourcen und die Ausgestaltung des Zugangs haben wiederum maßgebliche Auswirkungen auf folgende Aspekte: • Die Handlungsalternativen der Organisation auf strategischer und auf taktischer Ebene, • die optimale Aufbaustruktur der Organisation, 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 39 <?page no="40"?> • die Rekrutierung von Mitgliedern des Leitungsgremiums und von Mit‐ arbeitern, • die Produktionsstrategie, • die Vertragsstrukturen sowie • die Beziehungen zu anderen Organisationen. Nach Pfeffer und Salancik (1978) haben Organisationen die Möglichkeit, auf die Abhängigkeit von Ressourcen mit den folgenden Maßnahmen zu reagieren: • Fusionen und vertikale Integration: Organisationen können sich mit anderen Organisationen verschmelzen oder andere Organisationen erwerben, die wesentliche Ressourcen kontrollieren. • Joint Ventures und andere interorganisationale Beziehungen (wie etwa Strategische Allianzen und Vereinbarungen im Bereich Forschung und Entwicklung): So bieten sich diese Kooperationsformen zwischen Organisationen an, um Zugriff auf die für eine Organisation notwendigen Ressourcen zu erlangen. • Die Ausgestaltung und der Umfang des Leitungsgremiums: Die Mitglieder des Leitungsgremiums bereichern die Organisation um a) Informationen in Form von Ratschlägen und Beratung, b) Zugang zu den Informationskanälen zwischen der Organisation und der Außenwelt, c) bevorzugten Zugang zu Ressourcen und d) Legitimität. • Politische Intervention: Organisationen können etwa durch politische Intervention versuchen, ihre rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen zu ihrem Vorteil zu beeinflussen. • Führungswechsel: Organisationen können auf Veränderungen der Rahmenbedingungen mit dem Austausch des Führungspersonals reagieren. Mit der Resource Dependency Theory lässt sich analysieren, von welchen Ressourcen Sportorganisationen abhängen und wie diese Faktoren die strategischen, taktischen und operativen Entscheidungen der Organisation beeinflussen. Zu den wichtigen Ressourcen, auf die Sportorganisationen angewiesen sein können, zählen (Wicker, 2017, S.-71 ff.): 40 2 Theorien der Sport Governance <?page no="41"?> • Finanzielle Ressourcen: Einnahmen aus Sponsoring, Ticketverkäufen, Medienrechten, Mit‐ gliedsbeiträgen usw. • Personal: Spieler, Trainer, Mitarbeiter und Funktionäre, • Infrastruktur: Stadien, Trainingsanlagen, Büros usw., sowie • die Reputation und die Marke also die öffentliche Wahrnehmung und das Ansehen der Organisation. Nach der Resource Dependency Theory können Sportorganisationen auf‐ grund ihrer Abhängigkeit von diesen und anderen Ressourcen gezwungen sein, bestimmte Entscheidungen zu treffen und bestimmte Handlungen zu unternehmen, um den Zugang zu diesen Ressourcen abzusichern. Daher kann die Anwendung der Theorie dazu beitragen, das Verständnis für die strategischen Herausforderungen und Entscheidungen zu verbessern, mit denen Sportorganisationen konfrontiert sind. Institutional Theory Gegenstand der Institutional Theory ist die Analyse der Entwicklung und Funktionsweise von Institutionen und Organisationen in sozialen Kontex‐ ten. Dabei liegt ein Schwergewicht darauf, wie Institutionen entstehen und wie sie das Verhalten und die Entscheidungsfindung von Individuen und innerhalb von Organisationen beeinflussen. Der Begriff Institution wird dabei teilweise sehr unterschiedlich definiert (North, 1991; Ostrom, 1986). Zum einen werden damit Formen von Regeln verstanden, die das Handeln der Individuen kanalisieren und damit die transaktionale Komplexität reduzieren, wodurch die Erwartungen der Ak‐ teure in Austauschbeziehungen jeder Art stabilisiert werden. Picot et al. (2020, S. 40) sprechen in diesem Zusammenhang von „sanktionierbare[n] Erwartungen, die sich auf die Verhaltensweisen eines oder mehrerer In‐ dividuen beziehen“. Zum anderen steht der Institutionsbegriff in engem Zusammenhang mit der Organisation. Institutionen im Sinne verhaltenssteuernder Regeln können unterschied‐ lich klassifiziert werden: Zum einen kann zwischen expliziten und impliziten Institutionen unter‐ schieden werden. Bei ersteren handelt es sich um formelle Regeln und 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 41 <?page no="42"?> Vereinbarungen, die kodifiziert und damit weitgehend bekannt sind. Im Wesentlichen werden unter dem Begriff explizite Institutionen Gesetze, Verträge und kodifizierte Verfahren verstanden. Implizite Institutionen sind dagegen ungeschriebene Regeln bzw. Verhaltensnormen, die von den Mitgliedern einer Gruppe geteilt und befolgt werden, z. B. eine gemeinsame Sprache oder Weltanschauung (hierzu Erlei et al., 2016). Weiterhin können Institutionen hierarchisch gegliedert werden: Picot et al. (2020) zählen etwa zu den fundamentalen Institutionen die Menschen‐ rechte, allgemeine Grundregeln und -normen wie Handelsbräuche oder Berufstraditionen, die Sprache sowie das Geld. Zu den abgeleiteten Institu‐ tionen gehören Gesetze, Verträge und organisatorische Regelungen, die selbst wieder den Rahmen für weiter abgeleitete Institutionen bilden. Die Institutional Theory ist wiederum in verschiedene Spielarten, die unterschiedliche Perspektiven bemühen, ausdifferenziert: • Der amerikanische Institutionalismus geht auf Arbeiten von Thorstein Veblen, John Roger Commons und Clarence Edwin Ayres zurück und entwickelt Erkenntnisse der Deutschen Historischen Schule weiter (siehe hierzu Erlei, Leschke & Sauerland, 2016). Dieser Ansatz themati‐ siert, wie politische, rechtliche und soziale Institutionen wirtschaftliche Entscheidungen und Verhaltensweisen von Individuen und Unterneh‐ men beeinflussen. Der amerikanische Institutionalismus betont, dass die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch soziale und politische Institutionen geschaffen werden, eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des Marktes spielen. Dabei wird der Markt nicht als ein selbsterhaltendes Koordinationssystem betrachtet, sondern es wird davon ausgegangen, dass politische und rechtliche Regulierungen zu dessen Konstitution erforderlich sind. Der amerikanische Institutiona‐ lismus betont daher die Bedeutung sozialer und politischer Institutionen für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Individuen und Gruppen und verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, der die Wirtschaft in ihrer Beziehung zur Gesellschaft und Politik untersucht. • Die New Institutional Economics stellt eine Weiterentwicklung der neo‐ klassischen, auf dem Paradigma des homo oeconomicus fußenden Öko‐ nomie dar, indem sie von einer begrenzten Informationsausstattung der handelnden Akteure ausgeht (als Überblick siehe Richter & Furubotn, 2010). Transaktionen implizieren damit Transaktionskosten, die der von vollständiger Information ausgehenden Neoklassik unbekannt sind. Die 42 2 Theorien der Sport Governance <?page no="43"?> New Institutional Economics bemüht Grundlagen des amerikanischen Institutionalismus, geht aber weit über diesen hinaus, indem sie die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen, wie Gesetze, Regulierungen und nicht-kodifizierte Verhaltensnormen, bei der Schaffung von Anreizen für wirtschaftliches Verhalten in den Mittelpunkt stellt. Die New Insti‐ tutional Economics geht davon aus, dass die Effizienz und Stabilität von Märkten durch institutionelle Faktoren wie Rechtssicherheit, den Schutz privater Verfügungsrechte und Transparenz verbessert werden kann. • Der New Sociological Institutionalism analysiert die Bedeutung von Institutionen für das soziale Handeln. Dabei wird postuliert, dass Insti‐ tutionen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung und Durchsetzung sozialer Normen und Werte spielen und dass soziales Handeln durch institutionelle Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Institutionen wer‐ den dabei als kollektive Übereinkünfte interpretiert, die individuelles und kollektives Verhalten regulieren und eine gemeinsame Basis für das soziale Handeln bieten. Besonderes Augenmerk legt der New Soci‐ ological Institutionalism auf die Rolle von symbolischen und kulturellen Faktoren für das institutionelle Verständnis. • Der New Institutionalism in Political Science analysiert die Bedeutung von Institutionen für das politische Handeln bzw. für die politische Entscheidungsfindung (Hall, 1986). Dabei wird postuliert, dass politi‐ sche Entscheidungen und Verhaltensweisen von den institutionellen Rahmenbedingungen beeinflusst werden, in denen sie stattfinden. Gegenstand dieses theoretischen Ansatzes ist somit vornehmlich die Analyse der Rolle von Regeln, Normen und Verfahren in politischen Ent‐ scheidungsprozessen und deren Auswirkungen auf politisches Handeln. Dabei wird thematisiert, dass politische Institutionen als Constraints (Einschränkungen) und Enabler (Ermöglicher) für politisches Handeln wirken können und dass politische Akteure aufgrund institutioneller Regeln und Normen bestimmte Verhaltensmuster entwickeln. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle Ausprägungen der Insti‐ tutional Theory die Wechselbeziehungen zwischen Institutionen und dem Handeln der Akteure, also von Individuen, Gruppen und Organisationen, allerdings mit unterschiedlichem Fokus und mit unterschiedlichem Instru‐ mentarium zum Gegenstand haben. Die Institutional Theory stellt ein mächtiges Analyseinstrumentarium für verschiedenste Fragestellungen der ökonomischen Analyse des Sports im Allge‐ 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 43 <?page no="44"?> meinen (Franck, 1995) und der Sport Governance im Besonderen dar. Mit ihr lassen sich die Bedeutung von institutionellen Rahmenbedingungen für die Ent‐ scheidungsfindung und damit letztlich für die Ausformung unterschiedlichster Phänomene im Sport untersuchen. Diese institutionellen Rahmenbedingungen umfassen nicht nur Wettbewerbsregeln und die Überwachung von Regelver‐ stößen, sondern ebenfalls Organisationsregeln, die die Ausgestaltung der Ent‐ scheidungsfindung in Sportorganisationen betreffen. So lässt sich etwa damit untersuchen, wie verschiedene Rechtskleider der Lizenzspielerabteilung oder die Verteilung der Verfügungsrechte die Entscheidungen bei der Verpflichtung neuer Spieler beeinflussen (Franck, 2010; Richau et al., 2021). 2.2.2 Organisationsbezogene Theorien Hierzu gehören die Agency Theory, die Stewardship Theory, die Leader Member Exchange Theory und die Managerial Hegemony Theory. Agency Theory Die Agency Theory oder auch Principal-Agent-Theorie ist ein Teilbereich der New Institutional Economics (NIE) und geht u. a. auf Arbeiten von Armen A. Alchian und Harold Demsetz (1972), Stephen A. Ross (1973), Michael C. Jensen und William H. Meckling (1976), Eugene F. Fama und Michael C. Jensen (1983a; 1983b) sowie Kenneth J. Arrow (1985a; 1985b) zurück. Aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für die ökonomische Organisationsanalyse sowie für die Sport Governance soll sie hier gesondert behandelt werden. Diese Theorie hat die Analyse der Beziehung zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent) zum Gegenstand. Dabei kann es sich um die Delegation von Entscheidungen oder aber von Aufgaben handeln. Die Agency Theory geht von folgenden Annahmen aus: • Informationsasymmetrie: Der Prinzipal verfügt nicht über sämtliche Informationen, die für die Ausführung einer Aufgabe oder das Treffen einer Entscheidung erfor‐ derlich sind. Der Agent hat dabei einen höheren Kenntnisstand. • Divergierende Zielsetzungen: Der Prinzipal hat regelmäßig eine andere Zielsetzung als der Agent. • Externe unkontrollierbare Einflussfaktoren auf das Handlungsergebnis des Agenten: 44 2 Theorien der Sport Governance <?page no="45"?> Auf das Handlungsergebnis des Agenten wirken von diesem nicht kon‐ trollierbare externe Faktoren ein. Damit lässt sich nur unzureichend aus dem Handlungsergebnis auf die Anstrengung des Agenten schließen. Aus diesen Rahmenbedingungen resultieren diskretionäre Verhaltensspiel‐ räume, die der Agent zu seinen Gunsten nutzen kann. Die im Zusammen‐ hang mit einer Principal-Agent-Beziehung typischerweise auftretenden Probleme sind im Wesentlichen Adverse Selection, Moral Hazard und das Hold-up-Problem. Die Agency Theory steht in enger Verbindung mit der Informationsökonomik (insb. Stigler, 1961; Akerlof, 1970; Spence, 1973; Holmström, 1979), was sich auch in den Problembeschreibungen und den entsprechenden Lösungsansätzen widerspiegelt. • Adverse Selection resultiert daraus, dass Mängel, die bereits vor Ver‐ tragsschluss bei einem Vertragspartner vorliegen, dem anderen Ver‐ tragspartner verborgen bleiben (Hidden Characteristics) und letzterer daher eine für ihn ungünstige Auswahlentscheidung trifft. • Moral Hazard entsteht nach Vertragsabschluss und ergibt sich daraus, dass der eine Vertragspartner entweder das Verhalten des anderen nicht gänzlich überprüfen kann (Hidden Action) oder über unzureichende In‐ formationen verfügt (Hidden Information). Der Agent wird demzufolge mit Leistungszurückhaltung (Shirking) oder mit Handlungen reagieren, die nicht unbedingt im Sinne des Prinzipals sind. • Das Hold-up-Problem entsteht, wenn ein Vertragspartner im Zusam‐ menhang mit der Vertragsbeziehung spezifische Investitionen tätigt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Wert der zweitbesten Verwen‐ dung sehr gering ausfällt. Die Informationsasymmetrie hinsichtlich der Absichten des einen Vertragspartners (Hidden Intention) und die man‐ gelnde Ex-post-Sanktionierbarkeit des Verhaltens durch den anderen Vertragspartner können darin münden, dass der eine Vertragspartner die bezeichnete spezifische Investition tätigt und anschließend durch den anderen Vertragspartner ausgenutzt wird, sodass die Informations‐ symmetrie schließlich zu einer Machtasymmetrie führt. Am Markt bilden sich regelmäßig Lösungen heraus, die diese Probleme zumindest entschärfen: 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 45 <?page no="46"?> • Das Problem der Adverse Selection kann dadurch gelöst werden, dass der eine Vertragspartner mehrere Vertragstypen vorlegt, die zu einer Selbstauslese (Self Selection) führen. Daneben kann der eine Vertrags‐ partner durch Signaling zeigen, dass bei ihm keine Adverse Selection vorliegen wird. Schließlich besteht für den anderen Partner die Mög‐ lichkeit, Screening-Maßnahmen durchzuführen, um die Informations‐ asymmetrie hinsichtlich der Eigenschaften des anderen Partners zu beseitigen. • Moral Hazard kann durch Kontroll- oder Anreizsysteme unterbunden werden. Bei Kontrollsystemen soll durch geeignete Maßnahmen die In‐ formationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent abgebaut werden. Bei Anreizsystemen geht es darum, die Zielsetzung des Agenten mit der des Prinzipals zu synchronisieren. • Zur Vermeidung von Hold-up-Problemen existieren ebenfalls verschie‐ dene Lösungsmöglichkeiten, die vom Eigentumserwerb über Integra‐ tion, Signaling bis zur Einforderung entsprechender Reputation reichen. Während die erste Lösung darin besteht, den Kontraktpartner aufzukau‐ fen, ist Gegenstand der zweiten Lösung, Kapazitäten aufzubauen, um die Leistungen, die der Kontraktpartner erbringt, selbst zu produzieren. Bei Signaling wird erwartet, dass der eine Kontraktpartner Signale abgibt, die wirksam sein zukünftiges Verhalten einschätzen lassen. Reputation bedeutet, dass sich der eine Kontraktpartner nur mit dem Gegenüber einlässt, wenn letzterer über einen entsprechenden Leumund verfügt, der als Resultat vergangener Handlungen entstanden ist. Freilich resultieren aus den der Principal-Agent-Beziehung inhärenten Problembereichen und deren Lösungen dem Prinzipal sogenannte Agen‐ turkosten. Diese Kosten treten entweder durch die Maßnahmen, die zur Beseitigung dieser Probleme eingesetzt werden, auf oder sie schlagen sich in Form eines Wohlfahrtsverlustes nieder, wenn keine geeigneten Lösungen vorhanden sind bzw. implementiert werden können. Im Bereich der Sport Governance bietet sich ein umfassendes Anwen‐ dungsfeld für die Agency Theory. So treten häufig Principal-Agent-Bezie‐ hungen im Sportbereich auf, die sich mit diesem theoretischen Ansatz analysieren und einer zieladäquaten Lösung zuführen lassen. Besonders re‐ levant im Bereich der Sport Governance ist etwa die Beziehung zwischen den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern (Principal) und den hauptamtlichen Mitarbeitern in der Geschäftsstelle (Agents). Eine ähnliche Struktur besteht 46 2 Theorien der Sport Governance <?page no="47"?> zwischen den Mitgliedern, die als Prinzipal wirken, und dem Vorstand, der die Rolle des Agenten einnimmt. Mit der Agency Theory können nun diese Vertragsbeziehungen untersucht und auf dieser Grundlage entsprechende Lösungsvorschläge erarbeitet werden. → Abbildung 4 zeigt typische Prin‐ cipal-Agent-Beziehungen in einer NPO auf. Abbildung 4 External Stakeholders (Type 2: Beneficiaries) Consumer, Clients and Members Non-Profit Organization BOARD MANAGERS External Stakeholders (Type 1: Funders) Private Donors, Corporate Donors and Governments External Stakeholders (Type 3: Suppliers) For-Profit, Non-Profit and Public Organizations Employes Operational Volunteers Abbildung 4: Principal-Agent-Beziehungen in einer NPO. | Quelle: Puyvelde et al., 2016, S.-435. Stewardship Theory Die Stewardship Theory ist ein Erklärungsansatz, mit dem ähnlich der Agency Theory Stellvertreterbeziehungen analysiert werden können. Dabei wird die Stewardship Theory regelmäßig zur Analyse des Verhaltens des Managements in unterschiedlichen Organisationen herangezogen. Ihr theo‐ retischer Nukleus ist jedoch der Psychologie und der Soziologie entlehnt. Mit Caers et al. (2006) lassen sich zwei Stränge der Stewardship Theory identifizieren: 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 47 <?page no="48"?> • Der erste Strang postuliert einen Gegensatz zwischen den Interessen des Prinzipals und des Agenten, geht aber davon aus, dass der Agent im Interesse des Prinzipals handelt. Mit anderen Worten: Der Agent scheint einen höheren Nutzen daraus zu ziehen, die Interessen des Prinzipals umzusetzen, da damit offenbar Ziele wie Leistung, Verantwortung und Anerkennung realisiert werden (Davis et al., 1997; Tosi et al., 2003). • Der zweite Strang basiert auf der Annahme, dass sich die Ziele des Agenten vollständig an denen des Prinzipals angleichen (Sundaramur‐ thy & Lewis, 2003). Der maßgebliche Unterschied zur Agency Theory besteht also darin, dass der Agent, der in diesem Kontext als Steward bezeichnet wird, sofern er autonom agiert, nicht sein Eigeninteresse in den Vordergrund stellt, sondern sein Handeln an den Zielen der Organisation ausrichtet. Er tritt somit als verantwortungsbewusster Treuhänder der Interessen der Organisation auf. Aus diesem theoretischen Ansatz ergeben sich für die Governance freilich ganz andere Implikationen, als dies bei der Agency Theory der Fall ist. So begrüßt die Stewardship Theory eher große Verhaltensspielräume der Agenten und ordnet die Rechenschaftspflicht eher als sekundär ein. Auf die Sport Governance bezogen bedeutet dies, dass die unterschied‐ lichsten Principal-Agent-Beziehungen, die in Sportorganisationen auftre‐ ten, gänzlich anders zu interpretieren sind. Demnach würde etwa in den zuvor beschriebenen Beziehungen, beispielsweise zwischen den ehrenamt‐ lichen Vorstandsmitgliedern und den hauptamtlichen Mitarbeitern in der Geschäftsstelle sowie zwischen den einfachen Mitgliedern und dem Vor‐ stand, die Rolle von Anreiz- und Kontrollsystemen zurückzuführen sein. Vielmehr wären die Handlungsspielräume der hauptamtlichen Mitarbeiter im ersten Fall und des Vorstandes im zweiten Fall sogar zu erweitern. Leader Member Exchange Theory Die Leader Member Exchange Theory geht auf George B. Graen und Mary Uhl-Bien (1995) zurück und betont die Bedeutung individueller Beziehungen und Interaktionen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Sie positio‐ niert sich damit anders als jene Theorien, die Führung eher als allgemeinen Prozess thematisieren. Fokus der Leader Member Exchange Theory ist die Auswirkung dieser besonderen Beziehungen zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern auf die Motivation und das Verhalten der Mitarbeiter. 48 2 Theorien der Sport Governance <?page no="49"?> Die Leader Member Exchange Theory basiert auf der Annahme, dass Führungskräfte heterogene Beziehungen zu verschiedenen Mitarbeitern aufbauen, die sich in Bezug auf Vertrauen, Loyalität und Einfluss unterschei‐ den. Je nach Ausgestaltung dieser Beziehung kann zwischen Mitarbeitern, die eine enge Bindung zu den Führungskräften haben (In-Group), und denen, die nur eine geringe Bindung an ihre Führungskräfte haben (Out-Group), unterschieden werden. Dabei erlaubt die Qualität der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter Vorhersagen über die Arbeitseinstellung und das Verhalten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, also über ihre Zufriedenheit und Arbeitsleistung. Die wesentlichen Merkmale, die die Beziehung zwischen den Mitarbei‐ tern und den Führungskräften konstituieren, sind die folgenden: • Vertrauensbildung • Loyalität • Einfluss • Zuweisung von Ressourcen • Karriereentwicklung Es wird davon ausgegangen, dass Führungskräfte ein hohes Maß an Ver‐ trauen zu ihren In-Group-Mitarbeitern aufbauen und diesen mehr Freiheit und Verantwortung gewähren. Die In-Group-Mitarbeiter zeichnen sich wiederum durch ein hohes Maß an Loyalität gegenüber ihren Führungs‐ kräften aus und haben einen höheren Einfluss auf die Entscheidungen und Aktivitäten ihrer Führungskräfte, als dies bei Out-Group-Mitarbeitern der Fall ist. Weiterhin stellen Führungskräfte den In-Group-Mitarbeitern mehr Ressourcen zur Verfügung und lassen ihnen stärkere Unterstützung zu Teil werden. Schließlich haben In-Group-Mitarbeiter bessere Chancen im Hin‐ blick auf Karriereentwicklung und Förderung innerhalb der Organisation. Die Beziehung zwischen In-Group-Mitarbeitern und ihren Führungskräf‐ ten wird als dyadisch bezeichnet. Eine derartige Beziehung zwischen zwei Akteuren zeichnet sich dadurch aus, dass das Verhalten und die Einstellun‐ gen jedes einzelnen Akteurs einen direkten Einfluss auf das Verhalten und die Einstellungen des anderen haben. Dyadische Beziehungen sind durch gegenseitige Abhängigkeit und gegenseitige Beeinflussung gekennzeichnet. Die Grundannahme dieser Theorie ist, dass eine effektive Führung sich vor allem über dyadische Beziehungen zwischen der Führungskraft und einzelnen Mitarbeitern erzielen lässt. 2.2 Darstellung der wichtigsten Theorien 49 <?page no="50"?> Für die Sport Governance stellt diese Theorie ein sehr mächtiges In‐ strumentarium dar, um Führungsbeziehungen in Sportorganisationen zu analysieren. Dabei dürften insbesondere die Beziehungen der Sportler zu Trainern oder sportlichen Leitern oder die der ehrenamtlichen Vorstände zu den hauptamtlichen Mitarbeitern der Sportorganisation interessant für eine Analyse sein. Managerial Hegemony Theory Die Managerial Hegemony Theory gehört den Management- und Organi‐ sationstheorien an; sie erklärt, wie Manager Macht und Kontrolle über Organisationen und ihre Mitarbeiter ausüben (Mace, 1971). Sie fokussiert auf die Machtdynamik, die innerhalb von Organisationen existiert, und auf die Instrumente, wie Manager ihre Dominanz aufrechterhalten. Im Wesentlichen basiert sie auf der Grundannahme, dass Eigentümer und Manager zwar unterschiedliche Interessen aufweisen, die wirkliche Macht jedoch in den Händen der Manager liegt. Letztere üben offenbar einen dominanten Einfluss auf die Entscheidungsfindung und das Verhalten der Organisation aus. Hierzu nutzen Manager ihre Kontrolle über Ressourcen, Informationen sowie Entscheidungsprozesse und bedienen sich darüber hinaus einer Vielzahl kultureller und symbolischer Taktiken, wie z. B. das Einrahmen von Problemen auf eine bestimmte Weise, um ein Gefühl der Legitimität für ihre Handlungen und Entscheidungen zu schaffen. Die Theorie beruht zudem auf der Annahme, dass sich die Mitarbeiter dieser hegemonialen Kontrolle oft bewusst sind, dieser jedoch machtlos gegenüberstehen. Im Bereich der Sport Governance kann die Managerial Hegemony Theory eingesetzt werden, um beispielsweise den aus der Professionalisierung im organisierten Sport resultierenden Rückgang der ehrenamtlichen Kontrolle in gemeinnützigen Sportorganisationen zu untersuchen. Weiterhin bietet sich dieser theoretische Ansatz an, um die Machtdynamik zwischen Vor‐ stand und Geschäftsführung auszuleuchten (z.-B. Ferkins et al., 2009). 50 2 Theorien der Sport Governance <?page no="51"?> 2.3 Fazit Die aufgezeigten Theorien sind geeignet, unterschiedliche Aspekte der Governance-Strukturen zu beschreiben und zu erklären. In technologischer Hinsicht bieten sie die Grundlage, um Empfehlungen für die Ausgestaltung der Governance-Strukturen einer Organisation zu entwickeln. Durch em‐ pirische Studien lassen sich die Gültigkeit und die Erklärungskraft dieser Theorien in unterschiedlichen Organisationsformen untersuchen. Dabei scheint die Frage, ob für Non-Profit-Organisationen die gleichen theoreti‐ schen Ansätze als überlegene Analyseinstrumente gelten dürfen wie für For-Profit-Organisationen, von vornehmlicher Bedeutung zu sein. Aus den Theoriegebäuden ergeben sich mannigfaltige Implikationen für die Praxis. So legt die Stewardship Theory eine gänzlich andere Gover‐ nance-Struktur einer Organisation nahe, als dies die Agency Theory tun würde. Hilfreich erweisen sich alle genannten Theorien für die Praxis, weil sie das Set an Ausgestaltungsmöglichkeiten für die Governance einer diskre‐ ten Organisation umreißen, damit die Implementierung einer den Belangen der betreffenden Organisation angepassten Governance vereinfachen und dabei helfen, etwaige Schwachstellen im Vorfeld zu identifizieren. ➲ Kontrollfragen • Wie lassen sich die Theorien, die im Bereich der Sport Governance Anwendung finden, systematisieren? • Was ist die Grundaussage der Stakeholder Theory und welche Erkennt‐ nisse kann sie für die Sport Governance beitragen? • Was sind die Kennzeichen der Agency Theory? • Wie unterscheiden sich Stewardship Theory und Agency Theory? • Welche Wirkungsmechanismen liegen der Resource Dependency The‐ ory zugrunde? • Welche Erkenntnisse liefert die Network Theory? • Was versteht man unter Institutionen? • Was sind die für die Sport Governance relevanten Forschungsrichtun‐ gen der Institutional Theory? • Welche Grundaussagen trifft die Leader Member Exchange Theory? • Skizzieren Sie die Einsichten der Managerial Hegemony Theory! 2.3 Fazit 51 <?page no="52"?> ➲-Literaturempfehlungen Abdullah, H. & Valentine, B. (2009). Fundamental and Ethics Theories of Corporate Governance. In Middle Eastern Finance and Economics, 4, 2009, 88-96. Hoye, R. & Cuskelly, G. (2007). Sport Governance. Amsterdam et al.: Elsevier. Hung, H. (1998). A typology of the theories of the roles of governing boards. In Corporate governance, 6(2), 101-111. Shilbury, D. & Ferkins, L. (2020b). Theoretical underpinnings of sport governance. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S.-18-32). London & New York: Routledge. Welge, M. K. & Eulerich, M. (2014). Theoretische Grundlagen zur Corporate Gover‐ nance. In M. K. Welge & M. Eulerich, Corporate-Governance-Management: Theorie und Praxis der guten Unternehmensführung (2. Aufl.; S. 9-38). Wiesebaden: Gabler. 52 2 Theorien der Sport Governance <?page no="53"?> 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die grundlegenden Governance-Modelle darzustellen, • die Machtverteilung in Sportorganisationen zu erläutern, • die Delegation von Aufgaben innerhalb einer Sportorganisation zu beurteilen und • die Entscheidungsfindung innerhalb einer Sportorganisation einzu‐ schätzen. Wie bereits aus den Lernzielen erkennbar, sollen in diesem Kapitel zum einen grundlegende Governance-Modelle vermittelt werden. Zum anderen werden stereotype Organisationseinheiten in Sportorganisationen behan‐ delt. 3.1 Grundlegende Governance-Modelle Die Beurteilung der Güte eines Governance-Modells erfolgt im Hinblick auf den Zweck der Organisation. Eine rudimentäre Unterscheidung hinsichtlich des Governance-Rahmens kann zwischen Organisationen mit Gewinnerzie‐ lungsabsicht (For-Profit-Organisationen) und Non-Profit-Organisationen (NPO) vorgenommen werden. Zwar ist die Governance im Bereich der For-Profit-Organisationen weit entwickelt, jedoch lassen sich die etablierten Strukturen nicht ohne weiteres auf den NPO-Sektor übertragen (Alexander & Weiner, 1998). Als Begründung können im Wesentlichen die folgenden grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Organisationstypen an‐ geführt werden (siehe auch Hoye & Inglis, 2003): • Organisationszweck und Formulierung der Zielfunktion: For-Profi-Organisationen zielen regelmäßig darauf ab, Gewinn zu er‐ zielen. NPOs hingegen sind darauf ausgerichtet, soziale, kulturelle, religiöse oder gemeinnützige Zwecke zu fördern. Ihr Hauptziel ist nicht die Gewinnerzielung, sondern die Erfüllung einer Zielsetzung in der Form der Realisierung ausgewählter Aspekte des Gemeinwohls. <?page no="54"?> • Vergütung der Leitungsorgane: Bei For-Profit-Organisationen erfolgt regelmäßig eine Vergütung der Mitglieder der Leitungsorgane wie etwa des Vorstandes, was bei NPOs oftmals nicht der Fall ist. Bei Letzteren arbeiten die Mitglieder des Vorstandes meist unentgeltlich; sie sind also ehrenamtlich tätig. • Rechtsform: Während For-Profit-Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland als Rechtskleid neben dem Einzelunternehmen die verschiedenen Per‐ sonengesellschafts- (oHG, KG), Kapitalgesellschafts- (UG, GmbH, AG) und Mischformen (z. B. GmbH & Co. KG) wählen können, treten NPOs hier oftmals als gemeinnützige eingetragene Vereine, als gGmbH, gUG oder als rechtsfähige oder treuhänderische Stiftungen auf. • Rechenschaftslegung einschließlich (finanzieller) Erfolgsmessung: In Abhängigkeit von der Rechtsform unterscheiden sich die Formen der Erfolgsmessung. Während For-Profit-Unternehmen in der Bundes‐ republik Deutschland den Erfolg in Form eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses - manchmal auch mit einer Einnahmen-Überschuss‐ rechnung - ermitteln, kommt bei eingetragenen Vereinen üblicherweise die Einnahmen-Überschussrechnung zur Anwendung. • Gewinnverwendung: Bei For-Profit-Organisationen entscheiden die Eigentümer, Gesellschaf‐ ter oder Aktionäre über die Verwendung der Gewinne; diese können entweder ausgeschüttet, vorgetragen oder thesauriert werden. Bei NPOs fließen Überschüsse, sofern diese auftreten, zurück in die Organisation. • Einbindung des Personals: Bei For-Profit-Organisationen erfolgt der Einsatz von Personal, das regelmäßig nach den Marktpreisen entlohnt wird, wohingegen bei NPOs hauptamtlich tätige Kräfte oftmals im Vergleich zu den Marktpreisen ge‐ ringer entlohnt werden; zudem setzen NPOs sehr häufig nicht bezahlte Kräfte ein. Die maßgeblichen Unterschiede zwischen For-Profit-Organisationen und NPOs werden in →-Tabelle 3 synoptisch dargestellt. 54 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="55"?> Non-Profit-Organisationen For-Profit-Organisation Organisati‐ onszweck und Formu‐ lierung der Zielfunk‐ tion - • Förderung sozialer, kultu‐ reller, religiöser oder ge‐ meinnütziger Zwecke • Gewinnerzielung und Stei‐ gerung des Shareholder Values Vergütung der Lei‐ tungsorgane - • Oftmals ehrenamtliche Tätigkeit; Gehalt unter‐ halb des marktüblichen Niveaus • Marktübliches Gehalt ver‐ bunden mit leistungs‐ abhängigen Vergütungs‐ bestandteilen (Bonus, Aktienoptionen) Rechtsform - • Gemeinnütziger eingetra‐ gener Verein • gGmbH, gUG • Rechtsfähige oder treu‐ händerische Stiftung • Einzelunternehmen, Per‐ sonengesellschaften (oHG, KG) • Kapitalgesellen (UG, GmbH, AG) • Mischformen (z.-B. GmbH & Co. KG) Rechen‐ schaftsle‐ gung ein‐ schließlich Erfolgsmes‐ sung - • In Abhängigkeit der Rechtsform; bei ein‐ getragenen Vereinen meist Einnahmen-Über‐ schussrechnung; bei Auf‐ treten eines wirtschaft‐ lichen Geschäftsbetriebs evtl. Jahresabschluss • Meist handelsrechtlicher Jahresabschluss; manch‐ mal Einnahmen-Über‐ schussrechnung Gewinnver‐ wendung - • Überschüsse, sofern diese auftreten, fließen zurück in die Organisation • Entscheidung der Eigentü‐ mer, Gesellschafter oder Aktionäre über die Ver‐ wendung des Gewinns • Möglichkeiten: Ausschüt‐ tung, Vortrag, Thesaurie‐ rung Einbindung des Perso‐ nals - • Entlohnung des haupt‐ amtlichen Personals oft‐ mals unter Marktpreisen • Einsatz ehrenamtlicher Kräfte • Entlohnung des Personals regelmäßig nach Markt‐ preisen Tabelle 3: Vergleich des Governance-Rahmens zwischen Non-Profit- und For-Profit-Organi‐ sationen | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hoye & Inglis (2003, S.-372). 3.1 Grundlegende Governance-Modelle 55 <?page no="56"?> Ein Governance-Modell stellt einen Ansatz zur Führung und Organisation von For-Profit- und Non-Profit-Organisationen dar. Es beschreibt die Rollen, die den verschiedenen Gremien - allen voran dem Board of Directors und der Geschäfts‐ führung - zugeordnet werden. Die einzelnen Modelle setzen unterschiedliche Schwerpunkte. Als grundlegende Governance-Modelle sollen zunächst das Traditional Model nach Cyril O. Houle (1960), das Policy Governance Model nach John Carver (1997) sowie das Executive Led Model, das insbesondere von Stephen R. Block (1998), Peter Drucker (1990) sowie Robert D. Herman und Richard D. Hiemovics (1994) geprägt wurde, beschrieben werden. Bei diesen Modellen ist zu berücksichtigen, dass diese vor dem Hintergrund des amerikanischen monistischen Organisationsaufbaus entwickelt wurden. Das Board of Directors in diesem Kontext (! ) ist dem deutschen Aufsichtsrat vergleichbar. Der Fokus des traditionellen Governance-Modells liegt auf einer strikten Zu‐ ordnung hierarchischer Rollen-Leitungs-Beziehungen. Auf der obersten Ebene wird die Organisationsstrategie durch das Board of Directors unter Einbeziehung des Managements vorgegeben. Hier arbeitet das Board folglich partnerschaftlich mit der Organisationsleitung zusammen. Das Management übt die organisatio‐ nale Administration aus und delegiert die Verrichtung taktischer und operativer Tätigkeiten an die Mitarbeiter. Das Policy Governance Model geht demgegenüber von einem anderen Rol‐ len-Leitungsverhältnis aus. Nach dieser Vorstellung entwickelt das Board die strategische Ausrichtung und die damit einhergehenden Ziele. Diese werden dem Management schließlich vorgegeben. Die Verantwortung für die Auswahl der geeigneten Mittel zur Zielerreichung obliegt dem Management. Eines der wichtigsten Merkmale dieses Models ist somit eine klare Trennung zwischen Governance und Betriebsführung: Das Board konzentriert sich auf die Festlegung von Richtlinien und die Überwachung, während die operative Umsetzung in die Hände der Geschäftsführung bzw. des Managements gelegt wird. Während das Management in den dargelegten Ansätzen primär als ausführen‐ des Organ interpretiert wird, lässt sich das Executive Led Model als von der Ge‐ schäftsführung geleitetes Governance-Modell charakterisieren. Die hauptamtli‐ che Geschäftsführung nimmt bei diesem Modell demnach eine dominierende Rolle bei der strategischen Ausrichtung, Führung und Entscheidungsfindung ein. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Boards beschränken sich dagegen auf die Überwachung und Genehmigung der von der Geschäftsführung erarbei‐ teten Strategien und Maßnahmen. In →-Tabelle 4 werden die Eigenschaften der drei wesentlichen Governance-Modelle gegenübergestellt. 56 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="57"?> Rolle der Geschäftsführung Rolle des Boards Beziehung zwischen Board und Geschäftsführung Leistung des Boards Traditional Model Partnerschaftliche Zu‐ sammenarbeit mit dem Board • Entwicklung der Politik der Organi‐ sation • Maßgebliche Rolle bei der Pflege der externen Bezie‐ hungen der Orga‐ nisation • Enge Kontrolle der Ge‐ schäftsführung durch das Board • Beziehung zwischen Board und Geschäftsführung wird als maßgeblich für die Leis‐ tungsfähigkeit des Boards betrachtet. Bewertung der Leis‐ tung des Boards wird vom Board selbst durchgeführt. Policy Governance Model Umsetzung der Politik der Organisation un‐ ter Maßgabe der vom Board festgelegten Vor‐ gaben - • Entwicklung der Politik der Organi‐ sation in Bezug auf Ziele und Maßnahmen • Untergeordnete Rolle bei der Pflege der exter‐ nen Beziehungen der Organisation • Board legt Beschränkungen für die Befugnisse und Ver‐ antwortlichkeiten der Ge‐ schäftsführung fest. • Board definiert Beziehung zwischen dem Board und der Geschäftsführung. • Geschäftsführung ist nicht für die Leistungsfähigkeit des Boards verantwortlich. Bewertung der Leis‐ tung des Boards wird vom Board selbst durchgeführt. Executive Led Model Zentral für die Effekti‐ vität des Boards und der Organisation • Board entwickelt zusammen mit der Geschäftsführung die Politik der Or‐ ganisation. • Geschäftsführung maßgeb‐ lich verantwortlich für die einwandfreie Funkti‐ onsweise des Boards Bewertung der Leis‐ tung des Boards wird durch ausgewählte Stakeholder-Gruppen durchgeführt. Tabelle 4: Vergleich der Charakteristika der wesentlichen Governance-Modelle. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hoye & Inglis (2003, S.-379). 3.1 Grundlegende Governance-Modelle 57 <?page no="58"?> Neben diesen drei Governance-Modellen existieren weitere Modelle, die eine geringere Bedeutung aufweisen und die vor allem bei NPOs Anwen‐ dung finden. Einige dieser Modelle sollen nachfolgend kurz erläutert werden (Bradshaw et al., 2007; Garber et al., n.d.): • Advisory Board Model: Das Advisory Board Model ordnet dem Board eine beratende Funktion zu. Hierbei wird im Board einschlägige Expertise akkumuliert, die der Geschäftsführung im Zusammenhang mit strategischen und operativen Fragen zur Verfügung gestellt wird. Das Board selbst verfügt damit über keine formellen Entscheidungsbefugnisse. • Patron Model: Beim Patron Model zeichnen sich die Mitglieder des Boards weniger durch ihre fachliche Expertise, sondern vor allem durch ihre finanzielle Potenz aus. Die Aufgabe des Boards besteht in diesem Modell vornehmlich darin, dass seine Mitglieder selbst finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen und ihren Einfluss dazu nutzen, die Organisation bei der Beschaffung weiterer externer finanzieller Mittel zu unterstützen. Dem Board kommt damit die Rolle einer Gallionsfigur bei Fundraising-Aktivitäten zu. Auch hier verfügt das Board über keine formellen Entscheidungsbefugnisse, kann aber freilich aufgrund der finanziellen Potenz seiner Mitglieder maßgeblich auf informellem Wege auf die Entscheidungsprozesse einwirken. • Co-operative Model: Das Co-operative Model zeichnet sich durch basisdemokratische Struk‐ turen aus. In diesem Governance-Modell werden die Verantwortlich‐ keiten zwischen den Mitgliedern des Boards, den Mitarbeitern, ehren‐ amtlichen Helfern und ggfs. weiteren Stakeholder-Gruppen wie den Kunden geteilt. Entscheidungen werden bei diesem Modell in der Regel konsensual getroffen. Eine reibungslose Funktionsweise dieses Modells erfordert, dass die Beteiligten die Mission der Organisation vorbehaltlos teilen und gemeinsam daran arbeiten, diese umzusetzen. • Management Team Model: Maßgebliches Kennzeichen des Management Team Models ist die Auftei‐ lung der Aufgaben des Boards nach Ressorts (z. B. Personal, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit), wobei diese Aufgaben individuell oder in Gruppen (Management Teams) wahrgenommen werden können. Die Mitglieder des Boards übernehmen im Hinblick auf die Tiefe nicht nur die Überwachung, sondern auch die Management- und operativen Aufgaben. 58 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="59"?> 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen und deren Einbindung in die Governance- Strukturen Governance in Sportorganisationen besteht darin, die Beziehungen zwi‐ schen den verschiedenen Organisationseinheiten, über die eine Sportorga‐ nisation verfügt, zu definieren. Dies kann implizit oder explizit, also forma‐ lisiert, erfolgen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die folgenden Relationen (Schwarz, 2005), die in →-Abbildung 5 verdeutlicht werden: • Die Kompetenzverteilung zwischen dem Vorstand und dem Vorsitzen‐ den (a). • Die Beziehung zwischen dem Vorsitzenden des Vorstands und der Geschäftsführung (b). • Das Unterstellungsverhältnis zwischen der Geschäftsführung und den (freiwilligen) Mitarbeitern (c). • Das Verhältnis zwischen der Geschäftsführung und den Ausschüssen (d). • Das Zusammenwirken zwischen dem Vorstand und den Ausschüssen (e). • Die Kompetenzen des Vorstandes und der Geschäftsführung im Hinblick auf die Vertretung und Kommunikation zur Organisationsumwelt (f). Abbildung 5 Geschäftsführung Vorstand Vorsitzender Mitarbeiter Ausschüsse Umwelt a b c f f d b e Abbildung 5: Formalisierungsbedürftige Beziehungen. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schwarz (2005, S.-98). 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen 59 <?page no="60"?> Die jeweilige Ausgestaltung der Governance einer Sportorganisation kann höchst unterschiedlich sein. Grundsätzlich können hierarchisch sowie par‐ tizipativ verfasste Organisationstypen unterschieden werden, wobei sämt‐ liche Zwischenstufen denkbar sind. Während etwa die Union of European Football Associations (UEFA) als hierarchische Autoritäts- und Machtorganisation verfasst ist, existieren ebenso Organisationen mit partizipativ angelegter Governance, die eine umfassende Beteiligung der Mitglieder ermöglicht. Als Beispiel für letztere kann Parkour UK angeführt werden, dessen Organisation als „umgekehrte Pyramide“ festgelegt ist (King, 2017). Als Nachteile einer hierarchisch verfassten Organisation können eine oftmals geringe Agilität mit langen Anpassungszeiten und ihre Anfälligkeit für interne Machtkämpfe angeführt werden. Bei eher partizipativen Organisationstypen fallen hingegen oftmals hohe Koordinationskosten an. Die deutschen Olympiastützpunkte hingegen können nach Emrich (1996, S. 107) hinsichtlich ihrer Organisation als Mischtyp „zwischen hierarchisch und partizipatorisch-genossenschaftlich“ betrachtet werden. Die tatsächliche Governance-Struktur einer Sportorganisation manifes‐ tiert sich darin, wie die Kompetenzbereiche, Weisungsbefugnisse und Ver‐ tretungen zwischen den aufgezeigten Organisationseinheiten geregelt sind. Zu analytischen Zwecken lassen sich bei Sportorganisationen drei Sub‐ systeme differenzieren (Schwarz, 2005): • Mitgliedersubsystem • Leitungssubsystem • Realisationssubsystem Während die Gesamtheit der einzelnen Mitglieder der Organisation als Basisgruppe verstanden wird, fällt die Leitung den Trägerschafts- (z. B. der Mitgliederversammlung) und Leitungsorganen (z. B. dem Präsidium) zu. Auf der Ebene des Realisationssubsystems operieren hauptamtliche Mitarbeiter, Ausschüsse und andere Arbeitsgruppen. Diese verschiedenen Organisationseinheiten erfordern eine gesamtver‐ bindliche Koordination über alle Stufen hinweg, was in → Abbildung 6 verdeutlicht wird. 60 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="61"?> Mitglieder-Subsystem (Basisgruppen) Mitglieder oder Mitgliederorganisationen (z. B. Vereine, Verbände) Trägerschaftsorgan(e) (z. B. Mitgliederversammlung, Delegiertenversammlung) Leitungsorgan(e) (z. B. Vorstand, Präsidium) Leitungssubsystem Realisationssubsystem z. B. hauptamtlich besetzte Geschäftsstelle, freiwillige Ausschüsse/ Kommissionen/ Gruppen, angegliederte GmbH etc. Gesamtverbindliche Koordination über alle Stufen (Corporate Identity) Abbildung 6 Abbildung 6: Grundmodell der Organisationseinheiten. | Quelle: Schwarz, 2005, S.-132. Mitgliedersubsystem Eine Analyse der Basisgruppe innerhalb der Sportorganisation bietet sich anhand folgender Merkmale an: • Ansprüche und Interessen • Mitgliederstatus • Rechte • Pflichten Die Organisationsmitglieder erwarten bestmögliche Leistungen der Organi‐ sation, sind aber oftmals nur bereit, niedrige Beiträge zur Produktion dieser Leistungen aufzubringen. Entsprechend haben sie ein hohes Interesse an einer ausgeprägten Organisationseffizienz bzw. einer geringen Verschwen‐ dung von Ressourcen. Die mit Leitungsaufgaben betrauten Mitglieder sollen nach dem Willen der Basis agieren und deren Interessen vertreten. In Abhän‐ gigkeit von der spezifischen Organisationsverfassung lassen sich die direkte Demokratie mit unmittelbarer Beteilung der Mitglieder im Rahmen der Mitgliedervollversammlung sowie die indirekte Demokratie mit mittelbarer 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen 61 <?page no="62"?> Mitgliederbeteiligung durch eine Vertreter- oder Delegiertenversammlung unterscheiden (Schwarz, 2005). In Bezug auf den Mitgliederstatus kann zwischen aktiven bzw. ordent‐ lichen Mitgliedern sowie inaktiven Mitgliedern und solchen mit einem Sonderstatus differenziert werden. Mitglieder mit eingeschränktem Status verfügen nicht über eine volle Mitgliedschaft (keine vollen Mitglieder‐ rechte). Eine Sondermitgliedschaft bedeutet, dass Mitglieder spezifische Privilegien, Rechte oder Pflichten innerhalb des Vereins haben, die sich von den Vollmitgliedern abheben können (z. B. Ehrenmitglieder, Jugendmitglie‐ der, fördernde Mitglieder). Die Mitgliedschaft in der Sportorganisation gewährt grundsätzlich Mit‐ wirkungs- und Organschaftsrechte - etwa Stimmrechte, ein aktives und passives Wahlrecht oder das Recht zur Teilnahme an den Mitgliederver‐ sammlungen. Diese ergeben sich aus dem Gesetz, der Satzung und Beschlüs‐ sen der Mitgliederversammlung. Zudem haben die Mitglieder je nach Status das Recht auf Nutzung der entsprechenden Organisationsinfrastruktur. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht keine gesetzmäßigen Pflichten für Mitglieder eines eingetragenen Vereins vor, jedoch kann die Satzung den Mitgliedern organschafts- und vermögensmäßige Pflichten zuordnen (z. B. Beitragspflicht). Die Mitglieder einer Sportorganisation verfügen regelmäßig über ein hohes Sanktionspotenzial (Schwarz, 2005, S. 132). Dies resultiert daraus, dass sie zum einen finanzielle Beiträge entrichten, die bei vielen Sportorga‐ nisationen die maßgebliche Einnahmequelle darstellen, dass sie Leistungen durch die Organisation beziehen, dass sie Mitwirkungsrechte bei Entschei‐ dungen der Organisation haben und dass sie insbesondere als ehrenamtlich Tätige in verschiedenen Funktionen die Handlungen der Organisation umsetzen. Leitungssubsystem Das Leitungssubsystem einer Sportorganisation umfasst die Gremien, die für die Führung und Verwaltung verantwortlich sind. Diese Gremien über‐ nehmen verschiedene Funktionen und Rollen, die insgesamt dazu dienen, die Sportorganisation effektiv zu verwalten. Zudem soll dadurch sicherge‐ stellt werden, dass die Sportorganisation ihre Ziele und Aufgaben erfüllt. Beim Leitungssubsystem wird zwischen Trägerschafts- und Leitungsorga‐ nen unterschieden. 62 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="63"?> Die Trägerschaftsorgane einer Sportorganisation (z. B. Mitgliederver‐ sammlung, Delegiertenversammlung) treffen einerseits Sachentscheidun‐ gen, die den Inhalt der Organisationstätigkeit betreffen, und andererseits Formalentscheidungen hinsichtlich der organisationsinternen Regularien (→-Abbildung 7). Arten der Entscheide Sachentscheide Formalentscheide Inhalt der Organisationstätigkeit Ziele, Pläne, Politiken als Vorgaben und Steuerungskontrollgrößen für das Organisationsmanagement (Vorstand, Geschäftsführung) Regularien z. B. Wahlen, Beaufsichtigung und Entlastung des Vorstandes, Genehmigungen des Budgets und der Mitgliederbeiträge, Satzungsänderungen, Fusion, Auflösung etc. Abbildung 7 Abbildung 7: Entscheidungen der Trägerschaftsorgane. | Quelle: Eigene Darstellung. Die Mitglieder der Leitungsorgane vieler Sportorganisationen sind ehren‐ amtlich tätig, delegieren jedoch oftmals Aufgaben an hauptamtliche Ge‐ schäftsführungen. Die Mitglieder der Leitungsorgane finden sich oftmals in einem Spannungsfeld zwischen den Zielen der Basisgruppe und dem Ein‐ fluss der hauptamtlichen Mitarbeiter wieder, sodass vielen Entscheidungen ein Kompromiss im Sinne eines Interessenausgleichs zugrunde liegt. Das Leitungssubsystem kann in zweifacher Hinsicht ausgestaltet sein: • Einstufige Leitung (nur Vorstand) • Zweistufige Leitung (Vorstand und Präsidium; das Präsidium umfasst neben den Vorstandsmitgliedern im Wesentlichen deren Stellvertreter.) Hinsichtlich der Zusammensetzung des Vorstands existiert keine gesetzliche Vorschrift, etwa im Hinblick auf die Anzahl der Mitglieder. Eine derartige Regelung kann jedoch in Form der Satzung erlassen werden. Aus betriebs‐ wirtschaftlicher Perspektive ist die Größe des Organs jedoch mit Blick auf 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen 63 <?page no="64"?> die Effektivität des Handelns und die Effizienz der Entscheidungsprozesse von Belang. Die Forschung liefert Hinweise darauf, dass unter ökonomi‐ schen Gesichtspunkten kleinere Leitungsorgane vorzuziehen sind (etwa Linck, Netter & Yang, 2009), allerdings geht dies auch mit einer Machtakku‐ mulation und entsprechenden Gefahren einher. Das IOC (2008, S. 3) gibt folgende allgemeine Empfehlung ab: „The size of the governing bodies should be adequate and consistent with the size of the sports organisations“. Bei der Festlegung der Anzahl der Vorstandsmitglieder ist zu bedenken, dass kollektive Entscheidungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Abstim‐ mungsregel mit Kosten einhergehen (Buchanan & Tullock, 1962; Follert et al., 2020). In Sportverbänden sind spezifische Vorgaben hinsichtlich der Zusammensetzung möglich, beispielsweise geografische Vorschriften bei Bundes- und Landessportverbänden, sachliche Vorschriften, die Vertreter aus verschiedenen Disziplinen vorsehen, oder auch persönliche Vorschriften hinsichtlich Diversität. Um eine zu starke Konzentration der Macht zu verhindern, können zeit‐ liche Beschränkungen der Amtsführung eingeführt werden. So sieht das IOC beispielsweise eine feste Amtszeitbeschränkung von zwei Jahren für seine Vorstandsmitglieder vor und orientiert sich dabei an den Empfehlungen von Transparency International, die diese der FIFA nahelegt (Transparency International, 2011, S. 5). Vorteile einer Amtszeitbeschränkung bestehen neben der Verhinderung der Akkumulation von Macht darin, dass neue In‐ haber des Amtes neue Impulse setzen können und zusätzliche Kompetenzen hinzugewinnen. Diesen Vorteilen stehen gleichwohl Nachteile gegenüber. So erfordert ein regelmäßiger Austausch des Führungspersonals stets die Einarbeitung der neuen Inhaber der betreffenden Position und kann zudem kurzfristiges Agieren fördern, sodass notwendige weitreichende Reformen nur zögerlich oder überhaupt nicht angegangen werden. Überdies können Amtszeitbeschränkungen mit einem Verlust an Fachwissen im betreffenden Entscheidungsorgan einhergehen. Die Aufgaben des Vorstands in einer Nonprofit-Sportorganisation sind mannigfaltig und können sich im Zeitablauf wandeln. Eine rudimentäre Differenzierung grundlegender Aufgaben kann nach Inglis, Alexander und Weaver (1999) jedoch wie folgt vorgenommen werden (siehe auch Brauer & Schmidt, 2008; Nicholson & Newton, 2010): 64 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="65"?> • Strategische Aktivitäten: Dieser Bereich umfasst im Wesentlichen die Entwicklung einer Mission und einer Vision, die Analyse der strategisch-relevanten Rahmenbedin‐ gungen und die Formulierung der Politik der Organisation. • Operative Aktivitäten: Diese Aktivitäten umfassen die Entwicklung und Bereitstellung des Ange‐ bots an Dienstleistungen der Organisation, die Vertretung der Interessen einzelner Gruppierungen und die Beschaffung finanzieller Ressourcen. • Ressourcenplanung: Die Ressourcenplanung beinhaltet das Finanzmanagement und damit u. a. die Aufstellung von Budgets bzw. die Entscheidung über die Finanzmittelverteilung sowie die Verpflichtung des leitenden Personals. Aus dem Blickwinkel der im zweiten Kapitel genannten Theorien lassen sich Im‐ plikationen für die Rolle des Vorstands in einer Sportorganisation ableiten. Nach der Agency Theory hat der Vorstand primär die Aufgabe, das Handeln der haupt‐ amtlichen Geschäftsführung zu überwachen und zu kontrollieren. Gleichzeitig ist er selbst jedoch Agent der Basisgruppe, woraus sich ein Spannungsfeld ergeben kann. Im Sinne der Stewardship Theory agieren Vorstand und Hauptamt part‐ nerschaftlich und verfolgen das gemeinsame Ziel, die Interessen der Organisation zu verwirklichen. Die Resource Dependency Theory verortet die Aufgabe des Vorstandes in der Bereitstellung der für die Organisation notwenigen Ressourcen (finanzielle Mittel, Personal etc.). Die Institutional Theory fordert vom Vorstand, dass er sich an externe Erwartungen anpasst. Die Stakeholder Theory legt es dem Vorstand nahe, vermehrt die Belange organisationsexterner Anspruchsgruppen einzubeziehen, zumal sich die gesellschaftliche Erwartungshaltung gegenüber Sportorganisationen im Nachgang vieler Skandale verändert hat. Die Managerial Hegemony Theory legt dem Vorstand nahe, die Aufgaben der Geschäftsführung zu unterstützen. Daraus lassen sich nun die Rollen, die der Vorstand in einer Sportorgani‐ sation einnehmen kann, ableiten (in Anlehnung an McLeod, 2020, S.-244): • Control Role: Der Vorstand überprüft die hauptamtliche Geschäftsführung und dabei insbesondere die operative Umsetzung der Vorgaben (Hillman & Dalziel, 2003, S.-384). 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen 65 <?page no="66"?> • Strategic Role: Die maßgebliche Aufgabe des Vorstandes wird hierbei in der Formulie‐ rung und Vorgabe der Strategie der Sportorganisation und der Überwa‐ chung der Umsetzung derselben verortet (Brauer & Schmidt, 2008). • Resource Provision Role: Die vornehmliche Aufgabe des Vorstandes besteht hierbei in der Be‐ schaffung der für die Sportorganisation notwendigen Ressourcen und in der Eröffnung einschlägiger Zugangswege (Nicholson & Newton, 2010). • Advice & Counsel Role: Die maßgebliche Aufgabe des Vorstandes hat die Unterstützung der Entscheidungsfindung der (hauptamtlichen) Geschäftsführung zum Ge‐ genstand (Zahra & Pearce, 1989). Die einzelnen Mitglieder des Vorstandes einer Sportorganisation können selbst unterschiedlich die ihnen zugeordneten Positionen ausfüllen (in Anlehnung an Widmer, 1993). Sie können als bloße Verwalter, fachliche Ex‐ perten oder Vertreter der Organisation respektive ihrer Mitglieder agieren. Oftmals erfüllen Vorstandsmitglieder insbesondere repräsentative Aufga‐ ben und finden sich in der Rolle des „Aushängeschilds“ wieder. Zudem ist häufig eine Diskrepanz zwischen den vorgeschriebenen und den tatsächli‐ chen Rollen festzustellen (Harris, 1989). Mangelnde Klarheit über die genaue Rolle, Rollenkonflikte und Rollenüberlastung können bei Vorstandsmitglie‐ dern zu Überforderung und schließlich Ineffektivität im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Aufgaben führen (Widmer, 1993; Sakires et al., 2009). Die konkreten Aufgaben der Vorstandsmitglieder in Sportorganisationen sind in hohem Maße von zwei kontextuellen Faktoren determiniert: • Ausmaß der Professionalisierung: Eine stärkere Professionalisierung der Sportorganisation erfordert einen zunehmend unternehmerisch geprägten Governance-Stil, bei dem die exekutiven Aufgaben vermehrt in den Hintergrund treten (Shilbury, 2001; Tacon & Walters, 2016). • Strategische Ausrichtung: Die strategische Ausrichtung der Sportorganisation hat einen Einfluss auf die Ausgestaltung und die Bedeutung der Vorstandsfunktionen (Yeh et al., 2011). 66 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="67"?> Im Amateursportbereich sind die strategischen Funktionen des Vorstandes eher schwach ausgeprägt (Ferkins et al., 2005); hier erfüllt der Vorstand primär operative Aufgaben. Realisationssubsystem Das Realisationssubsystem umfasst die Positionen, die zum einen mit der Umsetzung der Vorgaben und Entscheidungen des Leitungssystems befasst sind. Daneben gehören zu diesem Subsystem weitere Aufgabenstellungen wie etwa die Vorbereitung von Entscheidungen in Ausschüssen oder Kom‐ missionen sowie die Erstellung weiterer Dienstleistungen etwa in einem ausgegliederten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die Art der Realisation kann einerseits selbständig und somit innerhalb der Organisation und ande‐ rerseits durch Kooperation mit anderen Organisationen erfolgen (Schwarz, 2005). Weitere Organe Als weitere Einheiten innerhalb einer Sportorganisation sind je nach Aus‐ gestaltung folgende Organe denkbar: • Konferenzen: Konferenzen können in Sportorganisationen eine wichtige Rolle spielen. Dabei können ihnen die unterschiedlichsten Aufgaben zukommen. Zum einen können sie dem Informationsaustausch und der Bildung von informellen Netzwerken zwischen den verschiedenen Stakeholdern einer Sportorganisation, insbesondere den Athleten, Trainern, Funktio‐ nären, Sponsoren und Medienvertretern, dienen. Weiterhin können auf Konferenzen aktuelle Themen des Sports diskutiert und Strategien entwickelt werden. Ebenso kann es die Aufgabe einer Konferenz sein, Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen. In Konferenzen können zudem Schulungen, Workshops und Seminare eingebunden sein, die die Fortbildung der Teilnehmer zum Gegenstand haben. Schließlich kann die Aufgabe einer Konferenz auch in einer Selbsthuldigung bestehen. • Ausschüsse, Kommissionen und Arbeitsgruppen: Sie können zur Vorbereitung von Entscheidungen eingerichtet werden und erlauben es, unterschiedliche Stakeholder einzubinden. 3.2 Organisationseinheiten in Sportorganisationen 67 <?page no="68"?> • Geschäfts- und Finanzprüfungskommission: Die Aufgabe einer derartigen Kommission ist die Überprüfung der Geschäfte des Vorstandes. • Vereins-/ Verbandsgerichte: Diese dienen dazu, Entscheide über vereins-/ verbandsinterne Streitig‐ keiten zwischen den Mitgliedern, zwischen den Organen oder Mitglie‐ dern und Organen zu fällen und damit derartige Konflikte zu befrieden. Welche Organisationseinheiten eine Sportorganisation unterhält, hängt häufig von deren Größe, also im Wesentlichen von der Anzahl der Mitglie‐ der, und ihrer Aufgabenstellung ab. 3.3 Governance-Struktur des internationalen Leichtathletikverbandes (World Athletics) Als Beispiel für eine Governance-Struktur soll der internationale Leichtath‐ letik Verband „World Athletics“ herangezogen werden, der bis zum Jahre 2019 den Namen International Association of Athletics Federations (IAAF) trug und der Dachverband der nationalen Sportverbände für Leichtathletik ist (World Athletics, 2023). Abbildung 8 Abbildung 8: Organisationsstruktur der World Athletics (Anmerkung: AIU bedeutet „Athle‐ tics Integrity Unit“). | Quelle: World Athletic, 2023. 68 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="69"?> Die Governance-Struktur der World Athletics zielt darauf ab, eine effektive, transparente und verantwortungsbewusste Organisation zu etablieren. Ins‐ besondere soll durch diese Struktur und die Zuordnung von Kompetenzen das Folgende erreicht werden: • Bestimmte Stakeholder-Interessen, insbesondere die der Mitgliedsver‐ bände und die der Athleten sollen verstärkt Einfluss bekommen. • Die Balance zwischen den Geschlechtern soll ausgewogen sein. • Die mit den Aufgabenbereichen Dopingbekämpfung, Erhaltung der Integrität sowie Verhängung und Durchsetzung von Disziplinarmaß‐ nahmen befassten Einheiten sollen unabhängig sein. Dazu wurden die folgenden Organisationseinheiten mit den beschriebenen Aufgaben geschaffen (World Athletics, 2023): • Kongress (Congress): Der Kongress versteht sich als höchste Autorität der Sportart Leicht‐ athletik. Seine Mitglieder rekrutieren sich aus den 214 Mitgliedsver‐ bänden; diese entsenden jeweils bis zu drei Delegierte. Der Kongress tagt alle zwei Jahre anlässlich der Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Der Kongress wählt den Präsidenten (President), die Vizepräsidenten (Vice-Presidents) und die einzelnen Ratsmitglieder (Individual Council Members). Bei diesen Wahlen, die bei jedem Kongress mit gerader Num‐ merierung stattfinden, hat jeder Mitgliedsverband eine Stimme. Der Rat (Council), der Vorstand (Executive Board) und andere Gremien der World Athletics sind dem Kongress gegenüber rechenschaftspflichtig und müssen ihm jährlich Bericht erstatten. Zudem hat der Kongress u. a. die Befugnis, neue Mitgliedsverbände in die World Athletics aufzunehmen, Mitgliedsverbände zu suspendieren oder auszuschließen, die Verfassung der World Athletics zu ändern sowie die Mitglieder der Überprüfungskommission (Vetting Panel) und des Disziplinargerichts (Disciplinary Tribunal) auf Empfehlung des Rates zu bestätigen. • Rat (Council): Der Rat ist für alle Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Leicht‐ athletiksport sowie für die Durchführung und Verwaltung des Sports und seiner Disziplinen verantwortlich. Er besteht aus 26 gewählten Mitgliedern. Neben dem Präsidenten, den vier Vizepräsidenten und sechs Gebietspräsidenten (von jedem Gebietsverband gewählt) gehören dem Rat der Vorsitzende der Athletenkommission (Atheltes‘ Commis‐ 3.3 Governance-Struktur des internationalen Leichtathletikverbandes (World Athletics) 69 <?page no="70"?> sion) sowie ein weiteres Mitglied der Athletenkommission und dreizehn einzelne Ratsmitglieder an. Der Rat hat die Befugnisse, den sogenann‐ ten Weltplan für Leichtathletik zu entwickeln und dessen Umsetzung zu überprüfen. Zudem kann der Rat Regeln und Vorschriften erlas‐ sen, ändern und aufheben. Er entscheidet über alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Wettkampfkalender und den Leichtathle‐ tik-Weltmeisterschaften, Weltrekorden, Ausschreibungsverfahren und der Auswahl der Austragungsstädte. • Geschäftsführung (Executive Board): Die Aufgabe des Executive Boards besteht in der Führung der Geschäfte von World Athletics. Das Executive Board besteht aus neun Mitgliedern, dem Präsidenten, den vier Vizepräsidenten, drei ernannten Mitgliedern sowie dem Chief Executive Officer, deren Amtszeit allesamt vier Jahre beträgt. Das Executive Board verantwortet sämtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit von World Athletics. Hierzu gehören u. a. die Entwicklung und Überprüfung des sogenannten World Athletics-Strategieplans, die Verabschiedung und Überwachung des Budgets, die Ernennung und Überwachung des Chief Executive Of‐ ficers, die Finanzplanung und -kontrolle sowie das Risikomanagement. Weiterhin fallen in den Aufgabenbereich des Executive Boards der Erlass von Organisationsrichtlinien, die unterschiedlichste Funktionsbereiche (z.-B. IT und Personalwesen) betreffen können. • Präsident (President): Der Präsident hat vornehmlich Repräsentationsaufgaben. Er repräsen‐ tiert die World Athletics bei Wettbewerben und Konferenzen sowie vor staatlichen und internationalen Organisationen. Er hat den Vorsitz im Kongress, im Rat und im Exekutivrat inne und stellt unter anderem sicher, dass die Beschlüsse des Kongresses, des Rates und des Executive Boards umgesetzt werden. Dem Präsidenten sind vier Vizepräsidenten zur Seite gestellt. • Geschäftsführer (Chief Operating Officer): Der CEO zeichnet für die operative Leitung der World Athletics gemäß den einschlägigen Plänen und Budgets verantwortlich. Zudem ist er den Mitarbeitern von World Athletics direkt disziplinarisch vorgesetzt. • Kommissionen (Commissions): Die World Athletics verfügt über vier Kommissionen (Atheltes‘ Com‐ mission, Competition Commission, Development Commission, Gover‐ 70 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="71"?> nance Commission), deren Aufgabe darin besteht, fachliche Kompetenz zu bündeln und diese dem Rat zur Verfügung zu stellen. • Weitere Organisationseinheiten: Die World Athletics verfügt über eine größere Anzahl weiterer Orga‐ nisationseinheiten. Hierzu zählen u. a. die Überprüfungskommission (Vetting Panel), die analysiert, ob Personen, die World Athletics-Offizi‐ elle werden wollen oder sind, zum Amtsantritt berechtigt sind, und das Disziplinargericht (Disciplinary Tribunal), vor dem Verstöße gegen den World Athletics Integrity Code of Conduct verhandelt werden. Zusätzlich zu diesen Entitäten gibt es eine Reihe von Arbeitsgruppen, die im Bedarfsfall vom Rat eingerichtet werden. Die Governance-Struktur der World Athletics weist vor allem Elemente des Policy Governance Model auf. Das Council entwickelt entsprechende strategische Vorgaben, die vom Executive Board, das der Geschäftsführung entspricht, operativ umgesetzt werden. Das Council ist in der Lage, die Geschäftsführung eng zu kontrollieren. Ein Monitoring der Leistungen des Council findet durch das Council selbst und eingeschränkt durch den Kon‐ gress statt. Abweichend vom Policy Governance Model ist die Verknüpfung von Ämtern im Council und im Executive Board. So sind der Präsident und Vizepräsidenten sowohl Mitglieder des Council als auch des Executive Boards. Der Präsident verantwortet maßgebliche die Pflege der externen Beziehungen der World Athletics. Dies stellt eine Abweichung vom Policy Governance Model dar. 3.4 Fazit Die Governance-Struktur einer Organisation hat einen erheblichen Einfluss auf deren Leistungsfähigkeit im Sinne der Zielerreichung. Die Forschung im Bereich der Governance-Strukturen sollte bestrebt sein, theoretische Modelle zu entwickeln und empirische Erkenntnisse zu gewinnen, um be‐ währte Praktiken zu identifizieren und neue Ansätze zu erforschen. Für die Forschung bedeutet dies insbesondere, unterschiedlichste Governance-Mo‐ delle zu evaluieren und den Beitrag einzelner Konstruktionselemente für die Leistungsfähigkeit einer Organisation zu ermitteln. Auf dieser Grundlage lassen sich in Abhängigkeit der situativen Bedingungen, die im Bereich des Sports gänzlich anders aussehen als etwa in der Industrie, Empfehlungen 3.4 Fazit 71 <?page no="72"?> für die Ausgestaltung der Governance-Strukturen diskreter Organisationen ableiten. Die Praxis kann die Erkenntnisse der Theorie aufgreifen und versuchen, ausgehend von den vorgefundenen Rahmenbedingungen einer Sportor‐ ganisation eine Governance-Struktur zu wählen, die die Effektivität der Sportorganisation gewährleistet. Eine derartige Governance-Struktur wird freilich in einem Weltverband gänzlich anders auszusehen haben als in einem kleinen Einsparten-Sportverein. ➲ Kontrollfragen • Welche Unterschiede gibt es zwischen einer Non-Profit-Organisationen und einer For-Profit-Organisation nach Hoye und Inglis (2003)? • Wodurch zeichnet sich das Traditional Model aus? • Welche maßgeblichen Charakteristika weist das Policy Governance Model und welche das Executive Led Model auf ? • Vergleichen Sie das Advisory Board Model mit dem Patron Model! • Was ist der Unterschied zwischen dem Co-operative Model und dem Management Team Model? • Welche typischen Subsysteme kennt eine Sportorganisation? • Aus welchen Organen besteht das Leitungssubsystem? • Welche Arten von Entscheidungen trifft das Trägerschaftsorgan? • Welche Implikationen ergeben sich für die Rolle des Vorstands nach der Agency Theory, nach der Stewardship Theory und nach der Stakeholder Theory? • Welche wesentlichen Organisationseinheiten weist die World Athletics auf und welche grundlegenden Aufgaben erfüllen diese? • Welches Governance Model liegt der Governance-Struktur der World Athletics zugrunde? Begründen Sie Ihre Antwort! ➲-Literaturempfehlungen Alexander, J. A. & Weiner, B. J. (1998). The adoption of the corporate governance model by nonprofit organizations. In Nonprofit Management and Leadership, 8, 223-242. 72 3 Governance-Strukturen in Sportorganisationen <?page no="73"?> Bradshaw, P., Hayday, B., Armstrong, R., Levesque, J. & Rykert, L. (2007). Non-profit governance models: Problems and prospects. In The Innovation Journal: The Public Sector Innovation Journal, 12(3), Art. 5. Inglis, S. (1997). Roles of the board in amateur sport organizations. In Journal of Sport Management, 11, 160-176. McLeod, J. (2020). Role of the board and directors: Board structure and composition. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S.-243-253). London & New York: Routledge. Schwarz, P. (2005). Organisation in Nonprofit Organisationen: Grundlagen, Struktu‐ ren. Bern [u.-a.]: Haupt. Shilbury, D. (2001). Examining board member roles, functions and influence: A study of Victorian sporting organisations. In International Journal of Sport Management, 2, 253-281. ➲-Literaturempfehlungen 73 <?page no="75"?> 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • den Stakeholder-Begriff zu definieren, • Arten der Stakeholder-Interessen zu benennen, • die deskriptiven, instrumentellen und ethisch-normativen Aspekte der Stakeholder-Theorie zu erläutern, • die Übertragung der Stakeholder-Theorie in den sportbezogenen Kontext zu diskutieren und entsprechende Forschungsfragen zu entwickeln, • Modelle zur Priorisierung der Stakeholder-Interessen zu erläutern und an konkreten Beispielen anzuwenden sowie • den Prozess des Stakeholder-Managements im Sport aufzuzeigen. Die Beobachtungen zeigen, dass Sportorganisationen, ob freiwillig oder wi‐ derwillig, mit vielen Interessengruppen (z. B. andere Organisationen, Mitar‐ beiter, Mitglieder, Öffentlichkeit) verbunden sind. Die Art der Verbindung ist nicht immer gleich, sodass finanzielle, rechtliche, materielle oder moralische Aspekte eine Rolle spielen können. Die breite Palette verschiedenartiger Interessengruppen im Sport wird in der Literatur mit der gleichzeitigen Innen- und Außenorientierung, einer Vielzahl an Einnahmequellen, einer besonderen Mitarbeiterstruktur sowie mit der Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben erklärt. Zudem ist festzustellen, dass immer neue Interessengrup‐ pen wie Nutzer sozialer Medien oder die „Sportlergefolgschaft“ (Eltern, Familie, enge Freunde, persönliche Trainer, Anwälte/ Agenten, Sportpsycho‐ logen, Personal Trainer etc.) im Sportumfeld entstehen (dazu mehr bei Naraine & Parent, 2020). Durch ihre Wirkungserwartungen und Bedürfnisse haben alle Interessengruppen bestimmte Vorstellungen in Bezug auf die Organisationsziele, -handlungen und -werte, womit sie auch die faktische Autonomie des Vereins oder Verbands reduzieren. In diesem Zusammenhang erlangt ein systematisches Stakeholder-Ma‐ nagement eine hohe Bedeutung. Für dessen Anwendung im Sport sprechen insbesondere folgende Argumente: <?page no="76"?> 2 In der Literatur kommt der Begriff Stakeholder zum ersten Mal in den 1960er-Jahren vor (in einem internationalen Memorandum des Stanford Research Institute. Ergänzend zum Shareholder-Ansatz siehe Follert et al. (2023). • Aufgrund vielfältiger Interessen im internen und externen Umfeld der Sportorganisationen, die mitunter kollidieren können, ist die detail‐ lierte Analyse der Stakeholder sowie die Wahl der optimalen Stakehol‐ der-Strategie für den heutigen Sport von existenzieller Bedeutung. • Sportvereine und Sportverbände sind auf der Input-, Produktions- und Output-Ebene von ihrem Umfeld stark abhängig. Nur über die Etablierung vertrauensbasierter Beziehungen mit den strategischen Sta‐ keholdern werden sie in der Lage sein, die für ihre Leistungserbringung notwendigen Ressourcen auf lange Sicht zu sichern. • Zu verzeichnen sind auch gestiegene Anforderungen an die Effizienz der Produktion und an die Leistungsqualität seitens der Mitglieder, der öffentlichen Hand, der Sponsoren, der Spender und der anderen Anspruchsgruppen. Ungeachtet der Tatsache, dass oft kein Konsens über die Definition eines Stakeholders besteht, ist festzuhalten, dass die Stakeholder-Forschung und die fachspezifische Aufmerksamkeit für entsprechende Managementkon‐ zepte auch im Sportkontext zugenommen haben. In diesem Kapitel wird der Fokus auf die Stakeholder-Theorie gelegt, indem sie zunächst erläutert und anschließend sportbezogen betrachtet wird. 4.1 Stakeholder: Begriff und Theorie Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen einer Organisation und ihrem Umfeld ist in der Wissenschaft nicht neu. So hat der Ökonom Milton Friedman mit seiner Shareholder-Theorie („A Friedman Doctrine“) in einem Aufsatz für die New York Times im Jahr 1970 argumentiert, dass ein Unternehmen keine soziale Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit oder der Gesellschaft habe und dessen einzige Verantwortung gegenüber seinen Aktionären liege (Friedman, 1970). Als Erweiterung dieser Theorie hin zu einer multiplen Perspektive wurde, wie bereits in → Kapitel 2.2.1 be‐ schrieben, die sogenannte Stakeholder-Theorie von Robert Edward Freeman aufgestellt 2 , nach der die Aktionäre nur eine von vielen Interessengruppen eines Unternehmens sind. Als Stakeholder (dt. Teilhaber, Anspruchsberech‐ 76 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="77"?> tigter) bezeichnet Freeman (1984, S. 46) alle Personen und Gruppen, die die Erreichung der Organisationsziele beeinflussen können bzw. von diesen betroffen sind (z. B. Mitarbeiter, Investoren, Lieferanten, Regierungsbehör‐ den, NGOs, Medien). Die Stakeholder-Theorie nach Freeman legt nahe, dass der Erfolg eines Unternehmens nicht ausschließlich am finanziellen Interesse der Aktionäre bzw. Anteilseigner gemessen wird, sondern an der Fähigkeit, alle Stakehol‐ der zufrieden zu stellen (Freeman et al., 2004, S. 365). Die Zufriedenheit der Stakeholder hängt dabei direkt davon ab, ob sie ihre eigenen Ansprüche und Ziele durchsetzen können. Die Zielsetzungen der Stakeholder leiten sich aus ihren Interessen ab, die sich im Allgemeinen in fünf Arten einteilen lassen (Parent, 2008, S.-139; Reichart, 2003, S.-64): • materiell: Gewinn oder Verlust von materiellen Vorteilen • affiliativ: Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Beziehungen innerhalb und zwischen Stakeholder-Gruppen • informativ: informations-/ wissensbasierte Vorteile • politisch: die interne und externe Verteilung von Macht und Einfluss • symbolisch: Vorteile, die mit einem symbolischen Wert verbunden sind (z. B. Image, Identität, Ruf) Im Rahmen der Stakeholder-Theorie werden nach Donaldson und Preston (1995, S.-70-71) drei Aspekte unterschieden: • Der deskriptive Aspekt beschreibt und erklärt (anhand empirischer Erhebungen bzw. Beobachtungen) spezifische Charakteristika und das Verhalten der Organisation hinsichtlich der Stakeholder-Beziehungen. • Im Rahmen des instrumentellen Aspekts werden im Zusammenhang mit dem deskriptiven Aspekt vorhandene und auch fehlende Wechsel‐ wirkungen zwischen den Stakeholdern und Organisationszielen unter‐ sucht. • Der ethisch-normative Aspekt betont die gesellschaftlichen (Norm-)Vorstellungen hinsichtlich der Beziehung zwischen der Orga‐ nisation und ihren Stakeholdern. Es wird argumentiert, dass Organisa‐ 4.1 Stakeholder: Begriff und Theorie 77 <?page no="78"?> tionen eine moralische Verpflichtung haben, die Interessen und Bedürf‐ nisse ihrer Stakeholder zu berücksichtigen. Donaldson und Preston (1995, S. 74) betonen, dass das ganzheitliche Sta‐ keholder-Management auf allen drei theoretischen Aspekten basiert. Sie visualisieren den Aufbau der Stakeholder-Theorie, indem alle drei Aspekte ineinander verschachtelt dargestellt werden (→ Abbildung 9). Die äußere Hülle der Theorie repräsentiert ihren deskriptiven Aspekt, der die Stake‐ holder-Beziehungen beschreibt und erklärt. Auf der zweiten Ebene wird der deskriptive Aspekt durch einen instrumentellen und prädiktiven Wert ergänzt. Der Kern der Theorie ist ethisch-normativ. Somit gründet die Stakeholder-Theorie nach Donaldson und Preston auf der Anerkennung der moralischen Werte und Verpflichtungen gegenüber den Stakeholdern. DESCRIPTIVE INSTRUMENTAL NORMATIVE Abbildung 9 Abbildung 9: Drei Aspekte der Stakeholder-Theorie. | Quelle: Donaldson & Preston (1995, S.-74). In den folgenden Abschnitten werden die drei Aspekte der Stakehol‐ der-Theorie allgemein erläutert und an sportbezogenen Beispielen konkre‐ tisiert. 78 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="79"?> 4.2 Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie zielt in erster Linie auf die Beschreibung und Erklärung des Verhaltens der Organisation und ihrer Stakeholder ab (Donaldson & Preston, 1995, S. 70). Ausgehend von der Fest‐ stellung, dass eine Organisation verschiedene Stakeholder hat, betrachtet dieser Theorieaspekt das Zusammenspiel zwischen der Organisation, ihrer Führung und den Stakeholdern. Im Fokus steht die Vorgehensweise, „[…] die das Management wählt, um einen Kompromiss zwischen diesen unter‐ schiedlichen Interessen zu erreichen“ (Poeschl, 2013, S. 130). Somit zeigt sich der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie in der Charakterisierung der Organisation als Interessenbündel sowie in der Beschreibung des Denkens der Vorstandsmitglieder oder anderer leitender Gremien in Bezug auf die Berücksichtigung der Stakeholder-Interessen. Nach dem deskriptiven Aspekt der Stakeholder-Theorie gilt eine Organi‐ sation als Konstellation von kooperativen und konkurrierenden Interessen ihrer Stakeholder. Die Stakeholder-Interessen wirken sich mehr oder weni‐ ger stark auf die Organisation aus. Daher besteht das Hauptanliegen des deskriptiven Ansatzes darin, ein möglichst genaues Stakeholder-Modell zu entwickeln und so zu handeln, dass die vielfältigen Interessen abgewogen und ausgeglichen werden. Basierend auf dem deskriptiven Stakeholder-Ansatz wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, deren hauptsächliches Ziel darin bestand, das Vorhandensein von stakeholder-orientiertem Verhalten bei Führungs‐ kräften empirisch nachzuweisen. Die entsprechenden Forschungsergeb‐ nisse zeigen (z. B. Ackermann & Eden, 2011), dass die meisten Führungs‐ kräfte versuchen, Stakeholder-Interessen zu berücksichtigen, obwohl sie sich nicht ausdrücklich auf das Stakeholder-Konzept beziehen. Auch Wis‐ senschaftler im Bereich des Sportmanagements wenden zunehmend diesen Theorieaspekt in ihren Forschungen an, indem die Interessen der Stake‐ holder (z. B. Parent, 2008), der Stakeholder-Einfluss auf die strategischen Entscheidungen (z. B. Hautbois et al., 2022; Parent & Seguin, 2008; Walters, 2011) oder die allgemeine Stärke des Stakeholder-Einflusses auf die Gover‐ nance (FGRC, 2005, S.-73) untersucht werden. 4.2 Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie 79 <?page no="80"?> 3 Ein Stadium Liaison Committee ist in der Regel ein Ausschuss, der eingerichtet wird, um die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber eines Stadiums bzw. dem Ausrichter und den verschiedenen Interessengruppen, die vom Betrieb des Stadions betroffen sind, zu fördern. Das Stadium Liaison Committee dient dazu, die Bedenken und Anliegen dieser Interessengruppen zu berücksichtigen und Konflikte zu vermeiden bzw. zu lösen. Fallbeispiel | Stakeholder-Management bei der Stadionentwicklung Die Umsiedlung eines Profisportklubs in ein neues Stadium ist seit den 1990er-Jahren ein wichtiger Trend in der Fußballbranche. Damit der Bau eines Stadions einen positiven Beitrag für die Region, in der es errichtet wird, leistet und die Vorteile für eine Vielzahl von Interes‐ sengruppen maximiert werden, ist es wichtig, dass die entsprechende Planung unter Einbeziehung und Beteiligung der Stakeholder-Grup‐ pen erfolgt. Walters (2011) untersucht in einer Fallstudie die Stakeholder-Manage‐ ment-Strategie, die der englische Fußballklub Arsenal London wäh‐ rend der Errichtung des Emirates Stadium einsetzte. Basierend auf dokumentarischen Sekundärdaten, ergänzt durch halbstrukturierte Interviews, bewertet der Autor, inwieweit der Fußballklub die Bedürf‐ nisse und Interessen der verschiedenen Stakeholder-Gruppen wäh‐ rend der Stadionentwicklung berücksichtigt hat. Seine Analyse zeigt, dass das Stakeholder-Management Konsultationen mit den Anwoh‐ nern, eine spezifische Kommunikationsstrategie, ein Stadium Liaison Committee 3 , einen Stadion-Managementplan und Konsultationen mit den Fans einschloss. Es wird festgestellt, dass die vom FC Arsenal umgesetzte Stakeholder-Management-Strategie zwar deutlich auf das vorhandene Engagement der Stakeholder hinweist, jedoch unzurei‐ chend war. Es gab nur wenige Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung der Stakeholder und sie wurden nicht angemessen in die wesentlichen Entscheidungsprozesse einbezogen. Im Kontext freiwilliger Sportorganisationen kann der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie ebenfalls Anwendung finden. Hier besteht die institutionelle Besonderheit, dass Sportvereine und -verbände satzungsmä‐ ßig als Interessenorganisationen gelten, deren Ziele an den gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder rückgebunden sein sollen. Demnach werden sie 80 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="81"?> 4 Es kann beispielsweise zwischen mittelbaren und unmittelbaren Mitgliedern, zwischen Privatpersonen und Organisationen als Mitglieder, zwischen aktiven und passiven Mitgliedern, zwischen Mitgliedern der Leistungs- und Breitensportabteilungen sowie zwischen Amtsinhabern und Nichtamtsinhabern unterschieden werden. als primär nach innen gerichtete Organisationen charakterisiert (Schimank, 2005, S. 24). Die Beobachtungen zeigen jedoch, dass viele Sportvereine in der Realität eine Zielsetzung verfolgen, die nicht den Zielen ihrer Mitglieder entspricht bzw. sogar im Widerspruch zu ihnen steht (Baur & Burrmann, 2003; Nagel & Klenk, 2012). Ein Grund dafür ist die im Vergleich zu erwerbswirtschaftlich ausge‐ richteten Organisationen komplexere Stakeholder-Struktur von Sportver‐ bänden und -vereinen. Diese resultiert aus der hohen Heterogenität der produzierten Leistungen, der mitunter komplizierten Ressourcen-/ Finanzie‐ rungsstruktur, der besonderen Mitarbeiterstruktur und der ausgeprägten gesellschaftlichen Bedeutung des Sports. Das Spektrum der möglichen Stakeholder einer Sportorganisation reicht demnach von Mitgliedern, die insbesondere in größeren Sportorganisationen eine heterogene Gruppe dar‐ stellen 4 , über die öffentlichen Institutionen auf unterschiedlichen Staatsebe‐ nen, die an bestimmten gesellschaftlichen Wirkungen des Sports interessiert sind, bis hin zu den Anwohnern von Vereins-/ Verbandsanlagen, die unter anderem ein Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung haben (in Anlehnung an Langnickel & Gabler, 1997, S. 18). Ein Beispiel für eine exemplarische Stakeholder-Struktur eines Sportvereins ist in →-Abbildung 10 dargestellt. Aufgrund der Vielfalt der Stakeholder entsteht die Problematik, dass in freiwilligen Sportorganisationen sehr unterschiedliche Interessen gebündelt sind, die mitunter sogar gegensätzlich sein können. Dadurch können Inter‐ essenkonflikte entstehen, die potenziell zu zahlreichen Spannungsfeldern zwischen den Stakeholdern führen, wie zum Beispiel zwischen unbezahlten und bezahlten Mitarbeitern, zwischen Mitgliedern und externen Abneh‐ mern, zwischen Vertretern des Breitensports und denen des Leistungssports, zwischen Fans und Sponsoren, zwischen Sportvereinen und ihren Dachor‐ ganisationen etc. Je größer dabei eine Organisation ist, desto zahlreicher und intensiver fallen in der Regel solche Spannungen aus. Eine große Herausforderung des Verbands- und Vereinsmanagements besteht in diesem Zusammenhang darin, die Stakeholder-Interessen untereinander zu harmo‐ nisieren und mit den langbzw. kurzfristigen Vereinsbzw. Verbandszielen zu verbinden (in Anlehnung an Horak & Speckbacher, 2013, S.-171). 4.2 Der deskriptive Aspekt der Stakeholder-Theorie 81 <?page no="82"?> Mitglieder Sponsoren/ Förderer Medien/ Öffentlichkeit Politik / Regierung Sportverein ehrenamtliche/ freiwillige Mitarbeiter Angehörige Dienstleister Stadtteilbewohner externe Abnehmer hauptamtliche Mitarbeiter Dachorganisationen andere Sportvereine/ Sportanbieter Abbildung 10 Abbildung 10: Potenzielle Anspruchsgruppen eines Sportvereins. | Quelle: Eigene Darstel‐ lung. 4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie Für den instrumentellen Aspekt der Stakeholder-Theorie ist die Verbindung zwischen den Stakeholdern bzw. dem Stakeholder-Management und der Erreichung der Organisationsziele zentral (Donaldson & Preston, 1995, S. 66). Dies resultiert aus der dem Stanford-Memorandum entlehnten Bedeutung der Stakeholder im Sinne einer Gruppe von Akteuren, ohne deren Unterstützung die Organisation aufhören würde zu existieren (nach Freeman, 1984, S.-31). Regelmäßig sind die Organisationsziele an einer zentralen Zielgruppe ausgerichtet. So liegt der Hauptfokus bei For-Profit-Unternehmen auf der Maximierung des Shareholder Value, also auf der Steigerung des Wertes für die Aktionäre. Non-Profit-Organisationen zielen auf die Verwirklichung eines gemeinnützigen Zwecks etwa in Form der Bedarfsdeckung bestimmter bedürftiger Anspruchsgruppen (z. B. Unterstützung bedürftiger Leistungs‐ sportler nach dem Karriereende) bzw. der Verwirklichung nichtwirtschaftli‐ cher Interessen der Mitglieder (z. B. in Sportvereinen) ab. Andere Stakehol‐ 82 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="83"?> der werden nach dem instrumentellen Ansatz nur insofern berücksichtigt, als sie zur Erreichung der Organisationsziele beitragen. Generell können im Rahmen des instrumentellen Theorieaspekts zwei Hypothesen bzw. Forschungsmodelle aufgestellt werden (Berman et al., 1999, S.-492): 1. Die Organisationsstrategie und die Stakeholder-Beziehungen haben einen direkten und voneinander unabhängigen Einfluss auf die Perfor‐ mance der Organisation (Direct Effects Model). 2. Nur die Organisationsstrategie hat einen direkten Einfluss auf die Performance, wobei die Stakeholder-Beziehungen auf diesen Zusam‐ menhang moderierend einwirken (Moderation Model). In den beiden Forschungsmodellen wird zwar davon ausgegangen, dass Stakeholder-Beziehungen einen wichtigen direkten oder indirekten Einfluss auf die Performance der Organisation haben können. Es wird jedoch angenommen, dass sie keinen Einfluss auf die Organisationsstrategie ha‐ ben, sondern höchstens als Moderatoren zwischen der Strategie und der Erfolgsvariable (Moderation Model) fungieren. Demzufolge soll nach dem instrumentellen Ansatz nicht die Strategie an den Stakeholder-Interessen ausgerichtet werden, sondern das Stakeholder-Management soll der Stra‐ tegie angepasst werden. Daraus folgt auch, dass nicht alle Stakeholder-An‐ sprüche zu akzeptieren und somit auch nicht alle Stakeholder-Beziehungen zu pflegen sind: Relevant sind nur solche Stakeholder, die maßgeblich zur Performance beitragen können und deshalb einen strategischen Wert für die Erreichung der Organisationsziele haben. Anders ausgedrückt: Nicht alle Stakeholder haben die gleiche Bedeutung. Die größte Herausforderung des Stakeholder-Managements stellt dem‐ nach die Beantwortung der Frage nach der strategischen Relevanz der Stakeholder hinsichtlich der Zielerreichung der Sportorganisation dar. Zur Priorisierung der Stakeholder-Interessen nach ihrer Bedeutung können zwei Modellarten angewendet werden (siehe auch Habicht, 2009, S. 50): Modelle, die an Rollen der Stakeholder im Wertschöpfungsprozess ausgerichtet sind, sowie Modelle, die auf Interaktionseigenschaften der Stakeholder fokussie‐ ren. Im Folgenden werden diese beiden Modellarten samt Umsetzungsvari‐ anten näher beleuchtet. 4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie 83 <?page no="84"?> Priorisierung der Stakeholder anhand ihrer Rollen im Wertschöpfungsprozess Bei dieser Art der Modelle werden in erster Linie Stakeholder-Netzwerke betrachtet, in denen die Wertschöpfung stattfindet. Die einfachste Unter‐ scheidung kann abhängig von der Stellung der Stakeholder gegenüber der Organisation in interne und externe Akteure vorgenommen werden. Interne Stakeholder befinden sich innerhalb einer Organisation und nehmen direkten Einfluss auf ihre Wertschöpfung. In einem Sportverein zählen dazu beispielsweise freiwillige Mitarbeiter, die Mitglieder des Vorstands und die hauptamtliche Geschäftsführung. Externe Stakeholder sind dagegen Einzel‐ personen oder Gruppen, die keine Organisationszugehörigkeit aufweisen und sich damit außerhalb der Organisation befinden. Stakeholder wie beispielsweise Kommunen, Sponsoren, Medien, Lieferanten, Dachverbände, Wettbewerber oder Beratungsagenturen beeinflussen die Wertschöpfung i. d. R. indirekt, können aber dennoch erheblichen Einfluss auf den Erfolg bzw. die Performance einer Organisation haben. Zwar kann dieses einfache Modell aufzeigen, welche Stakeholder die Wertschöpfung direkt oder welche sie indirekt beeinflussen, es ist jedoch nicht in der Lage, konkrete Aussagen zur Priorisierung der Stakeholder zu treffen. Die Frage nach der Wichtigkeit von internen bzw. externen Stakeholdern lässt sich nicht pauschal beantworten, da dies stark von der spezifischen Situation, den Zielen und dem Kontext einer Organisation abhängt. Davon ausgehend kann ergänzend dazu der Wertschöpfungspro‐ zess mit einer Stakeholder-Map verbunden werden. Im Rahmen einer umfassenden Analyse werden die Beziehungen, die Rollen und somit die Bedeutung aller für die Wertschöpfung relevanten Akteure (intern und extern) transparent dargestellt. So können je nach Kontext auch externe Stakeholder (z. B. Kunden, Lieferanten, Finanziers etc.) auf verschiedene Weise eine bedeutende Rolle bei der Wertschöpfung spielen. Fans kaufen beispielsweise Eintrittskarten für Spiele sowie Merchandising-Produkte. Diese Einnahmen tragen direkt zur finanziellen Stabilität und Wertschöp‐ fung des Klubs bei. Zudem schaffen die Begeisterung und Unterstützung der Fans eine einzigartige Stimmung und Atmosphäre im Stadion, was nicht nur mehr Zuschauer anzieht, sondern auch die Bekanntheit und das Image des Klubs erhöht. 84 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="85"?> Priorisierung der Stakeholder anhand ihrer Interaktionseigenschaften Die zweite Art der Modelle zur Identifizierung der Stakeholder-Bedeutung fokussiert die Interaktionseigenschaften der Stakeholder (z. B. Einfluss, Interesse, Macht, Abhängigkeit, Legitimität). Eine einfache Unterscheidung kann hierbei auf Grundlage der Stärke des gegenseitigen Einflusses in primäre und sekundäre Stakeholder vorgenommen werden (Clarkson, 1995, S. 106-107). Die primären Stakeholder werden als strategisch bezeichnet, weil sie einen direkten Einfluss auf die Existenz der Organisation nehmen können, wobei sie unmittelbar von den Aktivitäten der Organisation betrof‐ fen sind. Somit bestehen zwischen den primären Stakeholdern und der Sportorganisation direkte Beziehungen und hohe Interdependenzen. Nach dieser Definition sind beispielsweise Vereins-/ Verbandsmitglieder, Mitarbei‐ ter oder Zuschauer/ Fans als primäre Stakeholder in Sportorganisationen zu sehen. Die sekundären Stakeholder können ebenso die Erreichung der Organisationsziele beeinflussen oder davon betroffen sein. Ihr Einfluss ist jedoch geringer und sie sind nur indirekt von den Aktivitäten der Organisation betroffen. Diese Personen oder Gruppen sind demnach für die Existenz der Organisation weniger relevant. Zu sekundären Stakeholdern können im Sportkontext beispielsweise Anwohner von Sportanlagen, Ver‐ sicherungen, Beratungsagenturen, Krankenkassen oder Lieferanten gezählt werden. Eine ähnliche Klassifikation nehmen Freeman und Reed (1983, S. 91) vor, indem sie die Stakeholder in einem engen (primär) und einem weiten Sinn (sekundär) betrachten. Eine zentrale Rolle für die Priorisierung der Stakeholder anhand ihrer Interaktionseigenschaften spielt das Kriterium der Macht (Harrison et al., 2010, S. 10): „Power is the primary criterion with regard to influence over both firm decisions and value distribution. Consequently, stakeholders are given voice only if it is obviously in the best interests of the firm to do so, and value is distributed according to negotiations in which each stakeholder must fight for their own interests.” Pfeffer und Salancik (1974, S. 3) definieren Macht als „[…] the ability of those who possess power to bring about the outcomes they desire”. Basierend auf der Machtbasentheorie kann ein Stakeholder (der Machtüberlegene) deshalb über eine Sportorganisation (der Machtunterlegene) Macht ausüben, weil ihm bestimmte Machtbasen oder Grundlagen der Macht zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang unterscheidet Scholz (1987, S. 28) vier mögliche Machtbasen der Stakeholder: 4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie 85 <?page no="86"?> • Bindungsmacht bedeutet, dass Aktionen der Organisation durch ge‐ setzliche oder vertragliche Bestimmungen an die Entscheidungen der Stakeholder-Gruppe gebunden sind. • Retaliationsmacht liegt vor, wenn die Stakeholder-Gruppe die Fähigkeit besitzt, die Organisation zu bestrafen, wenn diese deren Ansprüche und Bedürfnisse nicht erfüllt. • Substitutionsmacht bezieht sich auf die Fähigkeit der Stakehol‐ der-Gruppe durch Entzug der Ressourcen der Organisation zu schaden. • Koalitionsmacht liegt vor, wenn es für die Stakeholder-Gruppe möglich ist, sich die Unterstützung einer mächtigen Gruppe zu sichern (z. B. der Medien oder der Gewerkschaften). Weitere Machtbasenmodelle, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll, wurden beispielsweise von Bradshaw (1998), Etzioni (1964) sowie French & Raven (1960) entwickelt. gering gering groß strategische Anspruchsgruppen Bezugsgruppen Interessengruppen Wille zur Machtausübung Machtbasis der Gruppe hoch Abbildung 11 Abbildung 11: Allgemeine Anspruchsgruppen-Typologie. | Quelle: Janisch (1993, S.-126). Neben der Machtbasis erweist sich nach Janisch (1993, S. 125) der Wille der Stakeholder zur Machtausübung als relevant. Dabei handelt es sich um die generelle Motivation, von Macht Gebrauch zu machen. Ausgehend von der Machtposition und der tatsächlichen Bereitschaft zur Machtaus‐ 86 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="87"?> übung kann in Anlehnung an Janisch (1993, S. 126-128) eine Unterteilung der Stakeholder in Bezugsgruppen, Interessengruppen und strategische Anspruchsgruppen vorgenommen werden (→-Abbildung 11). Im Weiteren werden diese drei Arten der Interessengruppen im Kontext einer freiwilligen Sportorganisation (Sportverein, Sportverband) charakterisiert: • Bezugsgruppen: Zu den Bezugsgruppen zählen alle sozialen Gruppen, die einen tatsäch‐ lichen oder potenziellen, direkten oder indirekten Bezug zur Sportorga‐ nisation aufweisen. Die Machtposition dieser Gruppen ist schwach und der Wille zur Machtausübung fällt deutlich geringer aus als bei den anderen Anspruchsgruppen. Zu den Bezugsgruppen einer freiwilligen Sportorganisation zählen beispielsweise Versicherungen, Anwohner von Sportanlagen und Beratungsstellen. • Interessengruppen: Als Interessengruppen werden solche sozialen Gruppen bezeichnet, die eine tatsächliche direkte oder indirekte Beziehung zur Sportorganisa‐ tion aufweisen und deshalb unmittelbare Interessen an ihrer Existenz und ihren Handlungen bekunden. Die Macht der Interessengruppen ist gering, aber aufgrund ihres unmittelbaren Interesses am Handeln der Sportorganisation ist ihr Wille zur Machtausübung höher als bei den Bezugsgruppen. Zu den Interessengruppen einer freiwilligen Sportorga‐ nisation zählen beispielsweise Krankenkassen, Bildungseinrichtungen, Vermarktungsagenturen und Kooperationspartner. • Strategische Anspruchsgruppen: Die wichtigsten Stakeholder einer Sportorganisation sind ihre strategi‐ schen Anspruchsgruppen. Sie verfügen über tatsächliche Macht und sind motiviert, diese zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auszuüben. Daher sind sie in der Regel für das Überleben einer Organisation essen‐ ziell. Bei freiwilligen Sportorganisationen können neben der zentralen Anspruchsgruppe der Mitglieder folgende Stakeholder-Gruppen als strategisch wichtig eingestuft werden: Mitarbeiter (auf ehrenamtlicher, freiwilliger oder vertraglicher Basis), öffentliche Institutionen, private Förderer (wie Großspender) und Dachverbände. Insbesondere bei leis‐ tungssportorientierten Vereinen und (nationalen) Sportfachverbänden stellen die Zuschauer (u. a. Fans) und die Massenmedien weitere mög‐ liche strategische Anspruchsgruppen dar. 4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie 87 <?page no="88"?> Die meisten Konzepte zur Priorisierung der Stakeholder kombinieren das Kriterium Macht mit anderen Merkmalen. So schlägt Scholz (1987) vor, zur Priorisierung der Stakeholder neben der Berücksichtigung von Macht auch Ziele und Risiken (bei der Verfolgung dieser Ziele) heranzuziehen. Im Rahmen der entsprechenden Analyse wird hinsichtlich dieser drei Merkmale sowohl die Perspektive der jeweiligen Stakeholder als auch der Organisation selbst betrachtet. Aus der Gesamtbetrachtung der Merkmale lässt sich schließlich die Relevanz der einzelnen Akteure ableiten. Mitchell et al. (1997) klassifizieren Stakeholder nach den Merkmalen Macht, Legitimität und Dringlichkeit (→ Kapitel 2.2.1). Als legitim wird eine Handlung dann bezeichnet, wenn diese innerhalb eines sozial konstruier‐ ten Systems von Normen, Werten, Überzeugungen und Definitionen wün‐ schenswert oder angemessen erscheint. Ansprüche der Stakeholder gelten als dringlich, wenn diese sofortige Aufmerksamkeit erfordern. Das Modell von Mitchell et al. (1997) ordnet die Bedeutung eines Stakeholders für eine Organisation danach ein, wie diese drei Merkmale erfüllt sind. Stakeholder, die hohe Werte in allen drei Merkmalen aufweisen (Macht, Legitimität und Dringlichkeit), werden als Definitive Stakeholder bezeichnet und haben die höchste Bedeutung für die Organisation. Stakeholder, die nur hohe Werte bei einem oder zwei Merkmalen aufweisen, haben je nach Kombination eine gerigere Bedeutung. Anhand des sogenannten Venn-Mengendiagramms definieren Mitchell et al. (1997, S. 854) drei Arten bzw. sieben Unterarten an Stakeholdern, die sich nach ihrer Bedeutung unterscheiden (→ Abbildung 12): • Latent Stakeholder: (hohe Werte bei einem Kriterium) Latent (auch Dormant) (Feld 1), Discretionary (Feld 2) und Demanding (Feld 3) • Expectant Stakeholder: (hohe Werte bei zwei Kriterien) Dominant (Feld 4), Dangerous (Feld 5) und Dependent (Feld 6) • Definitive Stakeholder: (hohe Werte bei allen drei Kriterien (Feld 7) 88 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="89"?> 5 Dangerous Stakeholders 4 Dominant Stakeholders 2 Discretionary Stakeholders 1 Latent Stakeholders 7 Definitive Stakeholders 3 Demanding Stakeholders 6 Dependent Stakeholders Power Legitimacy Urgency Abbildung 12 Abbildung 12: Stakeholder-Typologie. | Quelle: Mitchell et al. (1997, S.-874). Der Ansatz der Stakeholder-Priorisierung nach Mitchell et al. (1997) wurde bereits vielfach in theoretisch-konzeptionellen Auseinandersetzungen und empirischen Forschungen, darunter auch in unterschiedlichen sportbezo‐ genen Kontexten, angewendet (z. B. Anagnostopoulos, 2011; Friedman & Mason, 2004; Miragaia et al., 2014; Parent & Deephouse, 2007; Senaux, 2008; Xue & Mason, 2011). Exemplarisch wird hier auf die Untersuchung von Se‐ naux (2008) hingewiesen, der auf der Grundlage der Typologie von Mitchell et al. (1997) eine Identifizierung der Eigenschaften und der Bedeutung der Stakeholder von professionellen Fußballklubs vorschlägt (→ Tabelle 5). Die Ergebnisse dieser theoretisch-konzeptionellen Auseinandersetzung zeigen, welche Stakeholder sehr wichtig sind und welchen deshalb die Manager primär ihre Aufmerksamkeit widmen sollten. 4.3 Der instrumentelle Aspekt der Stakeholder-Theorie 89 <?page no="90"?> stakehol‐ ders/ attributes power legiti‐ macy urgency type objectives sharehol‐ ders yes? yes yes? definitive financial, sporting, ego, political, etc. players yes yes yes definitive sporting, salary leagues and fede‐ rations yes yes latent latent dormant/ definitive overall de‐ velopment of football local authori‐ ties weak yes - discretio‐ nary image, political support associa‐ tion dimini‐ shing yes latent dormant/ definitive sporting, values suppor‐ ters yes usually yes definitive sporting, show, iden‐ tity television yes - - dormant audience, show Tabelle 5: Stakeholder im Fußball und ihre Attribute. | Quelle: Senaux (2008, S.-15). Der instrumentale Aspekt der Stakeholder-Theorie legt die folgenden Im‐ plikationen nahe: • Rationale Nutzung der Stakeholder: Stakeholder sind als Mittel zum Zweck zu verstehen. • Priorisierung der Stakeholder: Im Zuge des Stakeholder-Managements sind nur Interessen solcher Sta‐ keholder zu berücksichtigen, die für die Zielerreichung von Bedeutung sind. Das Ausmaß der Berücksichtigung wird anhand der Bedeutung der Stakeholder für die Zielerreichung bestimmt. 90 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="91"?> • Management der Stakeholder-Beziehungen: Die Interessen der wichtigen Stakeholder sind in Einklang mit den organisationalen Zielen zu bringen. Ihr Verhalten ist zur besseren Zielerreichung der Organisation zu beeinflussen. Bislang existieren wenige empirische Studien, in denen ein möglicher Zusammenhang zwischen der Zielerreichung der Sportorganisationen und dem Einfluss der Stakeholder bzw. des Stakeholder-Managements im nicht‐ professionellen Sport untersucht wird. Exemplarisch wird hier auf zwei Studien hingewiesen, die sich des instrumentellen Stakeholder-Ansatzes bedienen. So stellen Esteve et al. (2011) in ihrer Untersuchung fest, dass die Qualität der Beziehungen zwischen Sportvereinen und ihren externen Stakeholdern positiv mit den finanziellen und nicht-finanziellen Beiträgen der Stakeholder zusammenhängt. Die Studie von Miragaia et al. (2017) zeigt hingegen, dass die Wahrnehmung der Stakeholder-Wichtigkeit keinen Einfluss auf die Erreichung der Vereinseffizienz hatte. 4.4 Der ethisch-normative Aspekt der Stakeholder-Theorie Eine zentrale Begründung für das Stakeholder-Management bildet nach Donaldson und Preston (1995, S. 74) nicht die rationale Nutzung der Stakeholder, sondern die ethisch-normative Wertbasis. Im Fokus des von ihnen entwickelten ethisch-normativen Stakeholder-Ansatzes steht das Fairness-Prinzip. Demnach kann eine Sportorganisation die Stakeholder nicht einfach übergehen, nur weil diese für die strategischen Zielsetzungen irrelevant sind. Berman et al. (1999, S. 494) sprechen in diesem Zusammen‐ hang vom Intrinsic Stakeholder Commitment Model. Dieses beschreibt die intrinsischen Interessen der Stakeholder als eine moralische Grundlage für die Organisationsstrategie. Die Stakeholder-Beziehungen sind damit der Organisationsstrategie vorgelagert. Als Folge hat die Organisation die Ziele ihrer Stakeholder zu verfolgen. Unter diesem theoretischen Blickwinkel wird der Begriff Stakeholder folgendermaßen definiert (Phillips, 2003, S. 30): „Stakeholders are those groups from whom the organization has voluntarily accepted benefits and to whom there arises a moral obligation, […]”. Damit ein Akteur als Stakeholder bezeichnet werden kann, ist demnach eine Legitimation in Form seiner freiwilligen Beiträge zu den Wertschöpfungskapazitäten und als 4.4 Der ethisch-normative Aspekt der Stakeholder-Theorie 91 <?page no="92"?> Folge eine moralische Verpflichtung ihm gegenüber notwendig. Moralische Verpflichtungen sind als Verhaltenserwartungen seitens der Stakeholder aufzufassen, die u. a. ethische Normen bzw. Grundsätze wie beispielsweise die soziale Verantwortung und Gerechtigkeit gegenüber den Mitarbeitern, Sportlern oder den lokalen Gemeinschaften betreffen. Somit basiert eine moralische Verpflichtung nicht auf einem rechtlichen Vertrag oder einem Gesetz, sondern auf wechselseitigen, mitunter implizierten Erwartungen. Die Legitimität der Stakeholder-Ansprüche wird folglich weiter als gesetzli‐ che oder verträgliche Verpflichtungen gefasst, indem auf moralische Rechte fokussiert wird. Geleitet vom ethisch-normativen Aspekt stellt sich in Bezug auf das Stakeholder-Management in erster Linie die Frage, ob für eine Sportorgani‐ sation eine moralische Verpflichtung besteht, eine enge Beziehung zu einer bestimmten Person bzw. einer Gruppe aufzubauen sowie Interessen und Ziele dieser Akteure zu berücksichtigen. Im Kontext des Sports könnten sich exemplarisch folgende moralische Verpflichtungen gegenüber unterschied‐ lichen Stakeholdergruppen ergeben: • Eine öffentliche Wertschätzung gegenüber den unbezahlten Mitarbei‐ tern, • Unterstützung schulischer Projekte und Gewährleistung inklusiver bzw. integrativer Sportangebote in der Gemeinde, • Eröffnung einer beruflichen Perspektive für die Leistungssportler nach der sportlichen Karriere, sowie • Identifikation und Bekämpfung der Lohnunterschiede (z. B. zwischen Athletinnen und Athleten in derselben Sportart). Basierend auf dem Fairness-Prinzip unterscheidet Phillips (2003, S. 30- 33) zwischen normativ-legitimen Stakeholdern und derivativ-legitimen Stakeholdern. Gegenüber den normativ-legitimen Stakeholdern bestehen moralische Verpflichtungen. Derivative Stakeholder sind dagegen Organisa‐ tionen, Gruppen oder Einzelpersonen, gegenüber denen keine moralischen Verpflichtungen bestehen, die aber einen Einfluss auf die Organisation und ihre normativen Stakeholder nehmen können (z. B. Medien, Wettbewerber). Ein Akteur kann als derivativer Stakeholder nicht nur in einem für die Organisation nützlichen, sondern auch nichtförderlichen bzw. schädlichen Sinne betrachtet werden (Phillips, 2003, S. 31). Alle anderen potenziellen Akteure werden von Philipps als Gruppe der Non-Stakeholder verstanden. Ihnen gegenüber bestehen keine besonderen moralischen Verpflichtungen 92 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="93"?> und ihr Einfluss auf die Organisation oder andere normativen Stakeholder ist minimal (Phillips, 2003, S.-33). Fallbeispiel | Öffentliche Kritik am FC Paris St. Germain (PSG) Die Anreise der Mannschaft des FC Paris St. Germain zum Auswärts‐ spiel beim FC Nantes (3: 0) im Jahr 2022 mit dem Flugzeug (Strecke von 380 km) löste erhebliche Kritik aus. Der Coach Christophe Galtier antwortete im Rahmen einer Pressekonferenz auf eine kritische Frage mit einer erfundenen Anfrage nach Reisemöglichkeiten für die an Stränden häufig zu sehenden Segelwagen und der anwesende PSG-Su‐ perstar, Kylian Mbappé, lachte darüber. Dieser Vorfall hat dem Klub, seinem Trainer und den Spielern negative Berichterstattung und öffentliche Kritik eingebracht. Die französische Sportministerin Amélie Oudea-Castera bezeichnete Galtiers Aussage auf Twitter als nicht verantwortungsvoll. Auch Nichtregierungsorga‐ nisationen kritisierten den Klub und seine Stars wegen der Nutzung der Privatjets. Beispielsweise warf die Organisation Attac dem ande‐ ren damaligen Star von PSG, Lionel Messi, vor, durch 52 Privatflüge von Juni bis August 2022 einen Kohlendioxid-Ausstoß von über 1.500 Tonnen und damit mehr als ein Durchschnittsfranzose in 150 Jahren verursacht zu haben. Nach scharfer Kritik in der Öffentlichkeit entschuldigte sich der Cheftrainer von Paris St. Germain mit den Worten: „Glauben Sie mir, wenn ich sage, dass mir der Klimawandel und unser Planet Sorgen bereiten. Ich bin mir unserer Verantwortung bewusst. Es war ein schlechter Witz zu einer schlechten Zeit, und ich bereue es“. Es wurde zudem betont, dass der Klub sein Bewusstsein für Klimafragen deutlich verstärken werde. Dieses Beispiel zeigt, wie die abgeleitete Legitimität entstehen kann. PSG als Organisation hat keine direkten moralischen Verpflichtungen gegenüber der Presse, dem Sportministerium oder den Umweltorga‐ nisationen. Diese können jedoch als derivative Stakeholder einen starken Einfluss auf seine normativen Stakeholder (z. B. Trainer, Spie‐ ler, Fans) nehmen und diese zu bestimmten Handlungen veranlassen (z. B. Entschuldigung des Trainers, Verzicht auf Flugzeugreisen bei Kurzstrecken, Verstärkung des Umweltbewusstseins etc.). 4.4 Der ethisch-normative Aspekt der Stakeholder-Theorie 93 <?page no="94"?> Beim Stakeholder-Management nach dem normativen Theorieaspekt und bei der Identifikation der jeweiligen Stakeholder-Gruppen sind folgende Aspekte zu berücksichtigen (Phillips, 2003, S.-33-34): 1. Die Grenzen zwischen den drei Stakeholder-Gruppen sind nicht immer eindeutig. Zudem kann sich der Stakeholder-Status sowohl zeitlich als auch thematisch ändern. 2. Innerhalb der Stakeholder-Kategorien kann der Grad der Aufmerksam‐ keit und der Verpflichtungen der Organisation unterschiedlich sein. Nicht alle normativen Stakeholder werden zwangsläufig in gleicher Weise berücksichtigt. Auf Basis einer „gerechten“ Beziehung würde je‐ der eine Gegenleistung erhalten, die auf seinem Beitrag zur Organisation basiert. Ein Großspender würde zum Beispiel mehr Mitspracherecht bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer neuen Sporthalle bzw. einen größeren Anteil an den Vorteilen (z. B. freier Zutritt zu mehreren Turnieren, Kontakt zu den Stars) als ein „einfaches“ Mitglied erhalten. Seit den frühen 1990er-Jahren steht der ethisch-normative Aspekt der Stake‐ holder-Theorie im Zentrum kontroverser wissenschaftlicher Diskussionen. Es herrscht zwar Einvernehmen darüber, dass der normative Kern eine zentrale Bedeutung für das Stakeholder-Management hat. Wie Schank (2021, S. 7) jedoch feststellt, wurde dieser Kern in den letzten dreißig Jahren unterschiedlich in ethischer Hinsicht interpretiert. Die Fülle an Deutungen weist auf die konzeptionelle Unschärfe dieses Theoriekonzepts hin, da sich die moralischen Maßstäbe naturgemäß unterscheiden können. 4.5 Stakeholder-Management Das Stakeholder-Management hat zum Ziel, die strategischen Stakeholder sowie ihre Interessen zu identifizieren und die Beziehungen zu ihnen so zu gestalten, dass ein positiver Beitrag zur langfristigen Überlebensfähig‐ keit einer Sportorganisation geleistet wird. Dabei bestehen zwischen dem instrumentellen und dem normativen Ansatz zwar Unterschiede in Bezug auf die Frage, wessen Interessen priorisiert werden sollen. Der Prozess des Stakeholder-Managements lässt sich jedoch unabhängig davon in die folgenden Schritte unterteilen (Friedman et al., 2004; Naraine & Parent, 2020): 94 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="95"?> 1. Identifikation der Stakeholder: Wer umgibt die Sportorganisation? 2. Analyse der Stakeholder: Was wollen sie? 3. Analyse der Bedeutung/ Priorisierung der Stakeholder: Wer ist wichtiger? 4. Stakeholder-Maßnahmen: Was muss die Organisation tun, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Stakeholder-Gruppen zufrieden sind? Hinsichtlich des letzten Schritts des Managementprozesses sind in erster Linie folgende Maßnahmen umzusetzen: • Entwicklung der Methoden, um eine strategische, nachhaltige Bezie‐ hung zu den relevanten Stakeholdern aufzubauen und zu pflegen, • Aufbau einer klaren Stakeholder-Governance in Form eines Netzwerks und Einrichtung von Mechanismen, die den Stakeholdern helfen, sich auszudrücken, sowie • die Harmonisierung der Stakeholder-Erwartungen untereinander und ihre Verknüpfung mit den langbzw. kurzfristigen Organisationszielen. 4.6 Fazit Die in diesem Kapitel vorgestellten Aspekte der Stakeholder-Theorie sind in den Handlungskontext der Sportorganisationen übertragbar, wobei der ethisch-normative Ansatz aufgrund der Deutungsunschärfe nur eine be‐ grenzte Entscheidungshilfe bietet. Der deskriptive Stakeholder-Ansatz kon‐ zentriert sich darauf, Stakeholder zu identifizieren, ihre Beziehungen zu ana‐ lysieren und die Interessen sowie Einflüsse zu verstehen. Die Anwendung des instrumentellen und ethisch-normativen Ansatzes zur Priorisierung der Stakeholder bildet eine wichtige Grundlage sowohl für die Gestaltung konkreter Maßnahmen als auch für den Aufbau einer Governance in Sport‐ organisationen. So können moralisch und instrumentell geprägte Kriterien für die Auswahl der Vertretung in den Beratungs-, Entscheidungs- und Kontrollgremien eingesetzt werden. Durch eine höhere Beteiligung und Verantwortungsübernahme seitens der Stakeholder wird zwar die faktische Autonomie der Sportorganisationen eingeschränkt, aber nur so können 4.6 Fazit 95 <?page no="96"?> sie eine höhere Akzeptanz und Unterstützung seitens der Stakeholder und damit ihre Ziele erreichen. Trotz des zunehmenden Interesses zur Stakeholder-Forschung auch im Sportkontext zeigt sich, dass die meisten Untersuchungen dem deskriptiven Theorieaspekt zuzuordnen sind. Im Kontext des instrumentalen Theorieaspektes fehlen Studien, die den direkten oder indirekten (=moderierenden) Einfluss der Stakeholder auf die Performance der Sportorganisationen er‐ forschen. Der ethisch-normative Stakeholder-Ansatz erweist sich aufgrund seiner Unschärfe als problematisch. Dabei könnte die Integration normativer Aspekte in die entsprechende Forschung durchaus zu einem umfassenderen Verständnis der Stakeholder-Dynamik in Sportorganisationen führen. ➲ Kontrollfragen • Definieren Sie den Begriff Stakeholder und zeigen Sie den Unterschied zum Begriff Shareholder auf! • Erläutern Sie an einigen konkreten, selbst entwickelten oder selbst re‐ cherchierten Beispielen, wieso das Stakeholder-Management für Sport‐ organisationen von Bedeutung sein kann? • Legen Sie dar, nach welchen fünf Arten sich die Stakeholder-Interessen klassifizieren lassen! Geben Sie mindestens ein selbst entwickeltes oder selbst recherchiertes Beispiel zu jeder Art der Stakeholder-Interessen! • Erläutern Sie den deskriptiven Aspekt der Stakeholder-Theorie und erarbeiten Sie im Anschluss eine dazu passende Forschungsfrage im Sportkontext! • Erläutern Sie den instrumentellen Aspekt der Stakeholder-Theorie und erarbeiten Sie im Anschluss eine dazu passende Forschungsfrage im Sportkontext! • Erläutern Sie das Modell zur Priorisierung der Stakeholder-Interessen nach Mitchell et al. (1997)! • Erläutern Sie vier Machtbasen nach Scholz (1987)! Diskutieren Sie in diesem Kontext die Frage nach der wichtigsten strategischen Stakehol‐ der-Gruppe im Profisport und im vereinsorganisierten Freizeitsport! • Erläutern Sie den ethisch-normativen Aspekt der Stakeholder-Theorie und erarbeiten Sie im Anschluss eine dazu passende Forschungsfrage im Sportkontext! 96 4 Die Stakeholder-Theorie und ihre Anwendung im Sport <?page no="97"?> • Aus welchem Grund wird der ethisch-normative Aspekt der Stakehol‐ der-Theorie kritisiert? • Erläutern Sie den Unterschied zwischen normativ-legitimen Stakehol‐ dern und derivativ-legitimen Stakeholdern nach Phillips (2003)! • Skizzieren Sie den Prozess des Stakeholder-Managements! • Welche Maßnahmen sind für die Erhöhung der Stakeholder-Zufrieden‐ heit im Sport relevant? ➲-Literaturempfehlungen Donaldson, T. & Preston, L. E. (1995). The stakeholder theory of the corporation: Concepts, evidence, and implications. In The Academy of Management Review, 20, 65-91. Esteve, M., Di Lorenzo, F., Inglés, E. & Puig, N. (2011). Empirical Evidence of Stakeholder Management in Sports Clubs: The Impact of the Board of Directors. In European Sport Management Quarterly, 11(4), 423-440. Friedman, M. T., Parent, M. M. & Mason, D. S. (2004). Building a framework for issues management in sport through stakeholder theory. In European Sport Management Quarterly, 4(3), 170-190. Mitchell, R. K., Agle, B. R. & Wood, D. J. (1997). Toward a theory of stakeholder identification and salience: Defining the principle of who and what really counts. In Academy of Management Review, 22, 853-886. Naraine M. L. & Parent, M. M. (2020). Managing stakeholders. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S.-305-317). London & New York: Routledge Phillips, R. (2003). Stakeholder Legitimacy. In Business Ethics Quarterly, 13 (1), 25-41. ➲-Literaturempfehlungen 97 <?page no="99"?> 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • den rechtlichen Kontext zu skizzieren, in dem regionale, nationale und internationale Sportorganisationen agieren, • die für den Sport relevanten gesetzlichen Normen auf der nationalen und internationalen Ebene zu erläutern, • anhand von konkreten Beispielen zu erklären, wie sich die gesetzli‐ chen Normen auf die Sport-Governance auswirken, • das Verhältnis zwischen dem autonomen Recht der Sportorganisa‐ tionen und dem staatlichen Recht zu erläutern, • die Arten der Sportgerichtbarkeit zu erklären und • die Vorzüge und Gefahren der rechtlichen Autonomie im Sport zu diskutieren. Wie in anderen Bereichen existiert im Sport eine Vielzahl rechtlicher Vorschriften, die beispielsweise die Sicherung der Finanzierung, die Ausrich‐ tung von Sportevents, die Transfers von Spielern oder die Durchsetzung der Verbandsregeln betreffen können. Die Bedeutung der rechtlichen Aspekte im Governance-Kontext des Sports hat aufgrund der folgenden Entwicklun‐ gen erheblich zugenommen (in Anlehnung an King, 2017, S. 79; Nolte, 2004, S.-18-19): • Die Heterogenität im Sport sowie die damit verbundene Rechtsunsi‐ cherheiten und Erwartungen zahlreicher Stakeholder sind gewachsen. Daraus resultiert eine steigende Bedeutung des sporteigenen bzw. auto‐ nomen Rechts. • Die Forderungen nach Gleichheit in der Gesellschaft, die auch an den Sport herangetragen werden, die gestiegene Aufmerksamkeit der Medien und auch der Öffentlichkeit lassen die Dysfunktionen des Spitzensports zunehmend in den Fokus geraten. Neben generellen untergesetzlichen Governance-Standards („Soft Law“), die mehr oder weniger freiwillig sind, werden auch bindende Rechtsvorschriften wie das Anti-Dopinggesetz oder das Gesetz zur Korruptionsbekämpfung <?page no="100"?> verabschiedet, um mögliche Missstände im Sport per Gesetz strafrecht‐ lich zu sanktionieren. • Die fortschreitende Kommerzialisierung und Professionalisierung vieler Sportarten führen u. a. zur zunehmenden Vielfalt an wirtschaftlichen, vertraglich geschützten Aktivitäten und Rechten. Dies hat eine zuneh‐ mende Bedeutung der Haftungsfragen zur Folge. Daher benötigen Sportorganisationen ein Risikomanagementsystem, das u. a. die fortlau‐ fende Überwachung von Gesetzesänderungen in relevanten Bereichen einschließt. Dieses Kapitel soll einen Überblick über die Komplexität und Wechselhaf‐ tigkeit des rechtlichen Umfelds der Sportorganisationen vermitteln und besondere Herausforderungen in diesem Kontext aufzeigen. 5.1 Begriff und Funktionen des Sportrechts Das Sportrecht ist ein spezialisiertes Rechtsgebiet, das sich auf rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Sport konzentriert. Die Besonderheit des Sportrechts besteht hauptsächlich darin, dass es zwei Bereiche umfasst, die zusammenwirken und mitunter aber auch kollidieren können (Cherkeh, 2019, S.-485; Scherrer, 2001, S.-153): • Das gesamte staatliche, den Sport betreffende Recht (lex extra sportiva): Es handelt sich um für den Sport relevante gesetzliche Vorschriften eines Staates, die durch staatliche Organe kontrolliert und durchgesetzt werden. • Das von Sportorganisationen autonom gesetzte Recht (lex sportiva): Die sogenannte private lex sportiva umfasst sportverbandliche Sat‐ zungsbestimmungen, Wettkampf-/ Spielregeln, Jugend-/ Rechtsordnun‐ gen etc. Die Aufgabe des Sportrechts als Gesamtheit dieser beiden Regelungsberei‐ che besteht darin, „[…] die vielfältigen und zunehmenden Konfliktsitua‐ tionen im ökonomischen, soziologischen, ökologischen und politischen Beziehungsgeflecht Sport zu ordnen“ (Nolte, 2004, S.-18). Das vereinsbzw. verbandsautonome Recht ist in die jeweilige nationale Ordnung des Staates am Sitz des Vereins bzw. Verbands eingebunden, weshalb die beiden Bereiche des Sportrechts nicht separat voneinander, sondern ergänzend zueinander zu betrachten sind. Im Fall von Sachver‐ 100 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="101"?> halten, die die gesetzlichen Regelungen betreffen (z. B. Verletzung der Persönlichkeitsrechte), wird das autonome Recht der Sportorganisationen zurückgedrängt. Mit anderen Worten werden Lösungsansätze des staat‐ lichen Rechts korrigierend herangezogen, indem eine staatsgerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Sportorganisationen angesetzt wird. Demnach wird das staatliche Recht als Rahmen für das autonome Recht der Sportorganisationen verstanden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass kein einheitliches Verbandsrecht existiert. Aufgrund der Vielzahl von Sportverbänden sind auch zahlreiche organisationseigene Normsysteme im Sport entstanden (Fechner et al., 2014, S. 13-14). Daher stellen Fechner et al. (2014, S. 15) das Verhältnis des staatlichen Rechts zum Vereins-/ Verbands‐ recht als „Inselmodel“ dar (→-Abbildung 13). Abbildung 13 verbandsspezifisches Recht (Spiel- und Sportregeln, Satzungen, Jugend-/ Rechtsordnungen usw.) etc. DFB staatliches Recht - Grundrechte - Strafrecht - Vertragsrecht - Medienrecht etc. DTB DLV Abbildung 13: Inselmodell des Sportrechts. | Quelle: Fechner et al. (2014, S.-15). 5.2 Vereins- und Verbandsrecht Wie bereits erwähnt, verfügen die Sportverbände, aber auch Sportvereine, über einen privatautonomen Rechtsstatus, der sowohl auf der nationalen als auch internationalen Ebene weitgehend respektiert bzw. geschützt wird. 5.2 Vereins- und Verbandsrecht 101 <?page no="102"?> 5 Auch für Nichtmitglieder kann eine Bindungswirkung hinsichtlich des autonomen Sportrechts etwa durch einen Einzelvertrag, einen Nominierungsvertrag, einen Lizenz‐ vertrag oder einen Regelanerkennungsvertrag erzeugt werden. Siehe hierzu insbeson‐ dere Korff (2014, S.-19-20). So erkennen die Vereinten Nationen (bei der 69. Generalversammlung in New York, 2014) und die EU (im Weißbuch Sport) die grundsätzliche Unabhängigkeit bzw. Autonomie des Sports an. In Deutschland steht die Verbands- und Vereinsautonomie unter dem Schutz des Grundgesetzes (Art. 9, Abs. 1 GG). Auf der Autonomie des Sports basiert das Subsidiaritätsprinzip, nach dem die staatliche Förderpolitik in Deutschland ausgestaltet ist. Durch die Autonomie wird jedem Sportfachverband exklusiv das private Recht zur Durchführung von Sportwettkämpfen in den Disziplinen gewährt, für die er verbandsrechtlich zuständig ist (Heermann, 2022, S. 62). Das schließt das grundsätzliche Recht zur selbständigen Regelung der inneren Angelegenheiten mit ein, was zwei Ebenen betrifft: die Normsetzung und die Normanwendung. Damit verfügt der Sport über zwei wesentliche In‐ strumente, um seine Autonomie gegen Beschränkungen und Eingriffe von außen abzusichern (detailliert bei Heermann, 2022, S.-95-254). Um einen sportlich fairen Wettkampf zu gewährleisten, sind einheitliche und verbindliche Regeln erforderlich, die von privaten Sportverbänden und -vereinen im Rahmen ihrer Autonomie festgelegt werden (Korff, 2014, S. 18; Nolte, 2004, S. 206). Im Unterschied zum staatlichen Recht gilt das Vereins- und Verbandsrecht nicht gegenüber jedem Bürger. Eine Bindung an das au‐ tonome Sportrecht entsteht nur dann, wenn ein Sportler oder eine Sportor‐ ganisation sich mit der Geltung einverstanden erklärt. Die Bindung entsteht zunächst für die unmittelbaren Mitglieder der Organisation durch ihren Beitritt. Für die mittelbaren Mitglieder (z. B. keine direkte Mitgliedschaft der Sportler in Sportverbänden) wird die Bindung durch die sogenannte Doppelverankerung erzeugt. Mit diesem regulatorischen Instrument kann der übergeordnete Verband in seiner Satzung festschreiben, dass deren Normierungen auch für die Mitglieder seiner Mitglieder(-organisationen) gelten sollen (Korff, 2014, S. 19). 5 Aufgrund des „Ein-Verbands-Prinzips“ im Sport entstehen auf diese Weise einheitliche Regelwerke, die disziplinbzw. sportartspezifisch sowohl national als auch international Anwendung finden. 102 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="103"?> Exkurs | Internationales „Sportgesetz“ im Motorsport Das Internationale „Sportgesetz“ (ISG - International Sporting Code) der FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) ist ein Regelwerk, das in 17 Kapiteln und diversen Anhängen den regulativen Rahmen des Automobilsports abbildet. Es legt die Regeln und Vorschriften für internationale Motorsportveranstaltungen fest, sofern diese nicht unabhängig von der FIA veranstaltet werden, wie dies etwa bei NAS‐ CAR (National Association for Stock Car Auto Racing) der Fall ist. Dieses Regelwerk beinhaltet technische Vorschriften, sportliche Vor‐ schriften, Sicherheitsvorschriften, Umweltaspekte und administrative Bestimmungen. Freilich ist die deutsche Bezeichnung dieses Regelwerks als „Gesetz“ irreführend, da es sich dabei nach deutschem Rechtsver‐ ständnis nicht um ein staatliches Gesetz, das von einem Hoheitsträger erlassen hätte werden müssen, handelt. Neben dem Recht zur eigenen Normsetzung verfügt der organisierte Sport, wie bereits erwähnt, über die sogenannte Normanwendungsbefugnis (Vie‐ weg, 1990, S. 149), was auch als die vereinsbzw. verbandsrechtliche Disziplinargewalt oder Gerichtsbarkeit bezeichnet wird (Korff, 2014, S.-18). Die eigene Gerichtsbarkeit als wesentliches Element des autonomen Rechts umfasst zwei grundlegende Verfahrenswege: die Verbandsgerichtsbarkeit und die Schiedsgerichtsbarkeit Entsprechend dem pyramidalen Aufbau des Sports und dem „Ein-Ver‐ bands-Prinzip“ sind auf jeder Verbandsebene Disziplinarinstitutionen an‐ gesiedelt, die in Streitfällen eine (interne) Überprüfung der von anderen Organen des Verbands bzw. Vereins getroffenen Beschlüssen vornehmen (Korff, 2014, S. 22). Als Grundlage dafür dienen Verbandsregelwerke und ggf. Verfahrensordnungen. Die Rechtsorgane der Sportorganisationen tragen mitunter unterschiedliche Bezeichnungen wie z. B. Disziplinarausschuss, Disziplinarkommission, Rechtsausschuss, Schiedsgericht, Ehrenrat oder Verbandsgericht. Nach der Ausschöpfung der verbandsinternen Rechtsbe‐ helfe (z. B. durch Revision) können die Verbandsentscheidungen auch vor staatlichen Gerichten eingeklagt werden (Korff, 2014, S. 23). Zusammenfas‐ send lässt sich also folgendes festhalten: 5.2 Vereins- und Verbandsrecht 103 <?page no="104"?> 6 Nur in bestimmten Fällen ist die Anfechtung der Entscheidungen der Schiedsgerichte vor einem nationalen Gericht möglich (z. B. bei Verfahrensfehlern). Beispielsweise un‐ terliegt der Internationale Sportgerichtshof CAS dem Schweizer Recht, weswegen seine Entscheidungen vor dem Schweizer Bundesgericht angefochten und auch aufgehoben werden können. • Die Sportgerichte dürfen Entscheidungen fällen, • die Entscheidungen der Sportgerichte sind für die Mitglieder verbind‐ lich, und • die Entscheidungen der Sportgerichte können vor den staatlichen Ge‐ richten überprüft werden, weshalb sie nicht endgültig sind. Über die eigene Verbandsgerichtsbarkeit hinaus verfügt der Sport über eine eigene Schiedsgerichtsbarkeit. Diese zeichnet sich durch das Merkmal der richterlichen Unabhängigkeit und Neutralität aus, wodurch sie einem staatlichen Gericht ähnelt (Scherrer, 2001, S. 130-131). Im Gegensatz zu den Entscheidungen der Verbandsgerichte sind die Schiedssprüche in Schieds‐ verfahren, genauso wie Urteile in staatlichen Gerichtsverfahren, endgültig. 6 Somit ist die Schiedsgerichtsbarkeit als gleichwertiger Ersatz der staatlichen Gerichtsbarkeit anzusehen ( Jankovic, 2021; NADA, n.d.). Seit 2008 fungiert das Deutsche Sportschiedsgericht (DIS-Sportschiedsgericht) mit Sitz in Köln als höchste gerichtliche Instanz für sportliche Rechtsfälle auf nationaler Ebene. Auf der internationalen Ebene gilt als solche der Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Hauptsitz in Lausanne (Schweiz). Für den organisierten Sport ergeben sich aus der gesetzlichen Autonomie bzw. aus dem autonomen Sportrecht zahlreiche Vorzüge (in Anlehnung an Heermann, 2022, S.-61-62; King, 2017, S.-87): • Die sachkundige Eigenbeurteilung der benötigten Normen, wodurch der Abstand zwischen Normgeber und Normadressat verringert wird, • die Schaffung effektiver Normregelungen, um sportinterne Interessen‐ konflikte zu lösen, • eine hohe Akzeptanz bei den Regelungsunterworfenen, sowie • die Möglichkeit einer schnelleren Anpassung der Normregelungen (z. B. rasche Anpassung der Verbandsstatuten aufgrund der Corona-Pande‐ mie). Bei allen Vorteilen sind auch einige Nachteile zu berücksichtigen (in Anleh‐ nung an Heermann, 2022, S.-62-66; King, 2017, S.-87): 104 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="105"?> • So fehlen den Kontrollorganisationen (z. B. WADA, NADA, Diszipli‐ narkommissionen, Anti-Korruptions- und Betrugsbekämpfungsstellen) einer Staatsanwaltschaft oder einer Bundesbehörde vergleichbare Er‐ mittlungsbefugnisse. • Eine Unabhängigkeit und Neutralität der Verbandsgerichtsbarkeit scheint nur in Grenzen gegeben zu sein. Mitunter treten Interessenkon‐ flikte in den Rechtsorganen auf oder es wird politischer Druck auf sie von außen ausgeübt. In den letzten Jahren geriet sogar der CAS aufgrund verschiedener strittiger Entscheidungen oder Verdachtsfälle in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte bei Richtern mehrfach in die Kritik. • In Streitfällen besteht häufig ein starker Einfluss struktureller Ungleich‐ gewichtslagen (z.-B. zwischen Athleten und Sportverbänden). • Zudem erweist sich die mangelnde Transparenz der sportgerichtlichen Verfahren als Problem. 5.3 Das staatliche Sportrecht Sportvereine und -verbände unterliegen zahlreichen gesetzlichen Bestim‐ mungen des staatlichen Rechts, die ihre Pflichten sowie Rechte festlegen und somit ihren rechtlich-normativen Governance-Rahmen bilden. Neben den speziellen Sportfördergesetzen der Bundesländer sind zahlreiche allgemeine Gesetze in verschiedenen Feldern für den Sport relevant (z. B. Kinder-/ Ju‐ gendschutz, Steuern, Umwelt, Werbung, finanzielle Haftung, Beschaffung von Finanzmitteln, Entscheidungsfindungsprozesse, Bau von Sporthallen) (Deutscher Bundestag, 2008a). Pachmann (2007, S. 235-249) spricht in diesem Zusammenhang von „(gesetzlichen) Schranken“ der Vereins- und Verbandsautonomie, wozu er im Wesentlichen zivilrechtliche Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die Drittwirkung der Grundrechte, die Persönlichkeitsrechte der Stakeholder sowie die Wettbewerbsrechte zählt. Aufgrund der Vielzahl der für den Sport relevanten Bereiche des Rechts‐ wesens wird das staatliche Sportrecht als Querschnitt der Gesetze aus unterschiedlichen Rechtsgebieten des Zivilrechts, des öffentlichen Rechts und des Strafrechts bezeichnet. In diesem Abschnitt werden die für den Sport besonders relevanten zivilrechtlichen Normen, Teilgebiete des Öffentliches Rechts sowie des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland aufgegriffen. Ergänzend hierzu wird die rechtsspezifische Situation auf der internationa‐ len Ebene dargestellt. 5.3 Das staatliche Sportrecht 105 <?page no="106"?> Zivilrechtliche Normen Die absolute Mehrheit der deutschen Sportvereine und -verbände trägt die Rechtsform des eingetragenen Vereins (e. V.). Damit gelten sie als körper‐ schaftlich organisierte juristische Personen des Privatrechts und unterliegen zahlreichen zivilrechtlichen Normen. Die wesentlichen Normen sehen wie folgt aus: • Die zivilrechtlichen Grundlagen des eingetragenen Vereins finden sich im BGB (§§ 21-79 BGB). Durch diese werden zentrale Gover‐ nance-Merkmale der Sportorganisationen definiert. So darf der Ver‐ einszweck im Sinne des § 21 BGB nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sein. Demgemäß sind die Oberziele der Sportvereine und -verbände bedarfswirtschaftlicher Natur (Erbringung sportspezifischer Leistungen für Mitglieder), wodurch der Organisa‐ tionsführung ein konkreter gesetzlichen Handlungsrahmen vorgege‐ ben wird. Weiterhin schreibt das Vereinsrecht eine demokratische Mitgliedschaft vor. Dies kommt durch die Möglichkeit zustande, in den Willensbildungsprozess des Vereins durch Abstimmung bei der Mitgliederversammlung bzw. durch die Wahl des Vorstands einzugrei‐ fen (§ 27 BGB). Im Sinne des § 39 BGB muss ein freiwilliger Austritt aus dem eingetragenen Verein gewährleistet sein. Da keine Verpflichtung zum Organisationseintritt besteht, kann generell von einer freiwilligen Mitgliedschaft ausgegangen werden. Darüber hinaus geht das Gesetz davon aus, dass eingetragene Vereine unentgeltlich bzw. ehrenamtlich geführt werden (§ 27, Abs. 3 BGB). Somit überträgt der Gesetzgeber die zentrale Verantwortung für das Vereins- und Verbandsmanagement auf Mitarbeiter, die ohne (monetären) Entgeltanspruch tätig sind. • Außerdem werden im BGB die grundlegenden Haftungsfragen geklärt. So wird die Haftung der Vorstände auf den Fall einer fahrlässigen oder vorsätzlichen, im Rahmen ihres Amtes ausgeübten Tätigkeit (gemäß §§ 280 Abs. 1, 3; 281 bis 283 BGB) begrenzt, wobei in übrigen Fällen der gesamte Verein bzw. Verband als Körperschaft haftet (§ 31 BGB). Bei Sportangeboten und Sportveranstaltungsunfällen kommen außer‐ dem neben deliktischen Ansprüchen auch vertragliche Ansprüche als Grundlage der Haftung in Betracht (Korff, 2014, S.-49). • Im Bereich der Vermarktung und des Sponsorings ist eine Reihe von Ge‐ setzen relevant (z. B. Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen, Gesetz über Urheberrecht sowie verwandte Schutzrechte). 106 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="107"?> Außerdem sind gesetzliche Einschränkungen in Form von Werbeverbo‐ ten (z. B. Tabak) und weitere normative Grenzen (z. B. Bestimmungen des Jugendschutzes) zu berücksichtigen. Weiterhin wurde im Jahr 2004 das Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (OlympSchG) in Deutschland verabschiedet. • Viele Sportorganisationen haben in den letzten Jahren ihren wirtschaft‐ lichen Betrieb ausgebaut und sind unternehmerisch tätig, wenn sie etwa Veranstaltungen oder Übertragungsrechte vermarkten. Damit nehmen sie am wirtschaftlichen Wettbewerb teil, der gemeinsames Schutzgut des Kartellrechts (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB) und des Lauterkeitsrechts (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG) darstellt. Das GWB schützt die Freiheit des Wettbewerbs und das UWG dient der Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen. Normen des Öffentlichen Rechts Während das Zivilrecht die Rechtsbeziehungen von Privatrechtsträgern im Fokus hat, regelt das Öffentliche Recht die rechtlichen Verhältnisse zwischen dem Staat und privaten Subjekten. Durch ein enges Verhältnis zwischen Sport und Staat sind für Sportorganisationen zahlreiche Teilgebiete des Öffentlichen Rechts von Relevanz: • Die Sportfördergesetze der Bundesländer definieren die Schaffung ge‐ eigneter Rahmenbedingungen zur Förderung des leistungsorientierten Nachwuchs- und Spitzensports als Ziel. • Bei Sportgroßveranstaltungen wird die Polizei zur Gefahrenabwehr eingesetzt. Es handelt sich um eine präventiv ausgerichtete Maßnahme, die verhindern soll, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Sportgroßveranstaltungen geschädigt werden. Somit sind die Normen des Polizeirechts, das per Gesetz oder Verordnung die Aufgaben und Befugnisse der Polizei regelt, auch für den Sport von Relevanz. Freilich existiert in Deutschland kein bundeseinheitliches Polizeigesetz, sondern die Bundesländer erlassen eigene Polizeigesetze. • Die Umweltrechtsnormen gewinnen sowohl im Leistungsals auch im Freizeitsport zunehmend an Bedeutung. Das betrifft gemeinschafts‐ rechtliche Vorgaben sowie Bundes- und Landesvorgaben im Bereich des Naturschutzrechts, des Forst- und Waldrechts, des Immissionsschutz‐ rechts, des Wasserrechts, des Umwelthaftungsrechts etc. Für Sportarten, 5.3 Das staatliche Sportrecht 107 <?page no="108"?> die in natürlichen Umgebungen betrieben werden oder einen erhebli‐ chen ökologischen Einfluss haben (wie Wintersport, Wassersport und Motorsport), sind die Umweltrechtsnormen von besonderer Relevanz. • Beim Bau von Sportstätten ist neben dem Umweltrecht insbesondere das öffentliche Baurecht von Bedeutung. Dieses regelt die bauliche Nutzung des Bodens, womit der Gesetzgeber u.-a. das Bauen der Sportobjekte in einem gesetzlich festgelegten Rahmen reglementiert. • Die meisten Sportverbände und -vereine in Deutschland verfügen über den steuerrechtlichen Status der Gemeinnützigkeit. Die Regelungen zur Gemeinnützigkeit finden sich in den Paragrafen 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO). Die AO enthält die grundlegenden und für alle Steuerarten geltenden Regelungen über das Besteuerungsverfahren und gilt daher als das elementare Gesetz des deutschen Steuerrechts. Durch den gemeinnützigen Status profitieren die Sportorganisationen in erster Linie von Steuererleichterungen in den meisten Steuergesetzen. • Im Profisport ist die Rechtsbeziehung zwischen den Klubs als Arbeitge‐ ber und Athleten als Arbeitnehmer durch das Arbeitsrecht geregelt. Auch wenn dieses Rechtsgebiet in den Bereich des Privatrechts fällt (z. B. Arbeitsvertragsrecht gemäß BGB, HGB), gibt es spezifische Aspekte des Arbeitsrechts, die Elemente des Öffentlichen Rechts berühren. Dazu gehören Normen des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes sowie die Rechtsbeziehungen zwischen den Koalitionen und Vertretungsorganen der Arbeitnehmer (z. B. Spielergewerkschaften) und der Arbeitgeber (z.-B. Ligaverbände). Normen des Strafrechts Die Manipulation sportlicher Wettbewerbe in Form des Dopings, des Wett‐ betrugs oder von Absprachen stellen für Sportverbände große Herausforde‐ rungen dar, da sie nur über sehr eingeschränkte Ermittlungskompetenzen verfügen. Vor diesem Hintergrund ist die diesbezügliche Erweiterung des deutschen Strafrechts zu interpretieren (Nolte, 2004, S. 217; Scherrer, 2001, S. 165). So werden Sportmanipulation und sportbezogene Wirtschaftsdelikte (Betrug, Untreue, Korruption etc.) in Deutschland strafrechtlich behandelt (Szesny, 2019, S. 239). Seit dem 18. Dezember 2015 gilt beispielsweise neben den sportrechtlichen Anti-Doping-Regelwerken der WADA und der NADA das nationale Gesetz gegen Doping im Sport (AntiDopG), das der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im 108 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="109"?> Sport dient (Bundesministerium für Gesundheit, 2020): „Mit dem Anti-Do‐ ping-Gesetz wird erstmalig eine Strafbarkeit für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler geschaffen, die Dopingmittel oder Dopingmethoden anwenden, um sich Vorteile in einem Wettbewerb des organisierten Sports zu verschaffen“. Neben Sportwettbetrug, Manipulation der Sportergebnisse und Doping findet das Strafrecht auch in anderen, rein sportbezogenen Fällen wie bei einer Körperverletzung Anwendung. So zeigt das folgenden → Fallbeispiel exemplarisch, dass ein grobes Foul im Fußball strafrechtliche Folgen haben kann. Fallbeispiel | Grobes Fußball-Foul als strafbare gefährliche Körper‐ verletzung Bei einem Fußballspiel der Kreisklasse verfolgte ein durch die dro‐ hende Niederlage frustrierter Spieler seinen Gegenspieler, der sich auf Höhe der Mittellinie den Ball weit vorgelegt hatte, und traf ihn mit ausgestrecktem Bein und offener Sohle am Unterschenkel des Stand‐ beins. Den Ball spielte der frustrierte Spieler nicht. Der Gegenspieler erlitt einen Durchbruch des linken Waden- und Schienbeins, musste vier Tage lang im Krankenhaus stationär versorgt werden und war acht Wochen arbeitsunfähig Der Täter wurde vom Landgericht Hannover im Jahr 2019 wegen eines grob regelwidrigen Foulspiels zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte das Ur‐ teil in einem Revisionsverfahren (OLG Celle verwirft Revision, 2020). Damit haben die beiden gerichtlichen Instanzen bestätigt, dass auch ein besonders hartes Foul im Sport eine strafbare Körperverletzung sein kann. Internationale Normen/ EU-Normen Da die Vereinten Nationen keine gesetzgebenden Befugnisse besitzen, wer‐ den im Rahmen des Völkerrechts Abkommen oder Erklärungen verabschie‐ det, die erst dann rechtsverbindlich werden, wenn sie ratifiziert und in nationales Recht überführt wurden. Daher erfolgt die externe Regulierung der Governance im Sport auf internationaler Ebene letztlich durch die 5.3 Das staatliche Sportrecht 109 <?page no="110"?> Gesetzgebung auf der nationalen Ebene (in Anlehnung an Jonson & Thorpe, 2019, S.-37). Ähnlich sieht die rechtliche Situation auf der europäischen Ebene aus. Die EU ist zwar gemäß Artikel 6(e) „[…] für die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten“ u. a. im Sportbereich zuständig. Es handelt sich jedoch um eine unterstützende Kompetenz, sodass die EU die Maßnahmen der Mitgliedstaaten „nur“ koordinieren oder ergänzen kann, was eine symbo‐ lische und keine gesetzgebende Bedeutung hat ( Jonson & Thorpe, 2019, S. 39). Außerdem übt die EU ihre Befugnisse im Zusammenhang mit nicht zwingendem Recht in sportverwandten Bereichen wie Bildung, Gesundheit und soziale Inklusion über Förderprogramme aus. In einigen Fällen können diese Programme auch sportbezogene Aspekte abdecken, insbesondere im Kontext von Bildung und Gesundheit. Zwar ist die EU nicht darauf ausgerichtet, eine starke gesetzgebende Position im Sportrecht einzunehmen, es existieren dennoch etliche EU-Nor‐ men im Bereich des sogenannten zwingenden Rechts, die vor allem für wirtschaftlich und grenzüberschreitend tätige Sportorganisationen wie das IOC, die FIFA und UEFA relevant sind. Insbesondere die Zuständigkeiten der EU im Binnenmarkt haben erhebliche Auswirkungen auf den Sport (Renard & Iskra, 2023). So sind die Wettbewerbsvorschriften des AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von Sportverbänden zu befolgen. In diesem Zusammenhang sind vor allem folgende sportrelevante EU-Grundfreiheiten zu beachten (Nolte, 2004, S.-39): • Freizügigkeit der Arbeitnehmer (u. a. Berufssportler) gemäß Art. 45 AEUV (z. B. Rechtswidrigkeit von Forderungen einer Transferentschä‐ digung nach dem Ende der Vertragslaufzeit). • Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28-36 AEUV (z. B. Erleichterung des Handels sowie der grenzüberschreitenden Beförderung von Sportgerä‐ ten, von Sportbooten, Sportpferden etc.). • Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV (v. a. für weisungsfreie Sportler relevant (i. d. R. Individualsportler), die danach ihre erwerbs‐ wirtschaftliche Tätigkeit (z. B. Teilnahme an europäischen Wettbewer‐ ben) auch ohne Wohnsitzverlagerung erbringen dürfen). • Dienstleistungsverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV (z. B. Schutz der Sporteventveranstalter: Recht der Dienstleister (z. B. Sportveranstalter) 110 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="111"?> innerhalb der EU zur Niederlassung und zur Ausübung ihrer Tätigkeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat). Einen direkten Einfluss auf den Sport hat darüber hinaus das europäische Kartellrecht, das darauf abzielt, den fairen Wettbewerb auf dem Binnen‐ markt der EU zu gewährleisten und unzulässige wettbewerbsbeschränkende Praktiken zu verhindern. Demgemäß werden im Vertrag über die Arbeits‐ weise der EU die Verbote wettbewerbsbehindernder Vereinbarungen und Beschlüsse (gemäß Art. 101 des AEUV) bzw. des Missbrauchs einer markt‐ beherrschenden Stellung (Art. 102 des AEUV) formuliert. Diese greifen schon bei reinen sportbezogenen Aktivitäten, bei denen die wirtschaftliche Betätigung eine Randerscheinung darstellt (Korff, 2014, S. 97-100). Diese EU-Normen betreffen beispielsweise die Regulierung von Sponsoring- und Marketinggeschäften sowie die Veräußerung der Übertragungsrechte. Ansatzpunkte des europäischen Kartellrechts von besonderer Bedeutung im Rahmen des Sports sind die Bereiche Freizügigkeit und Verbandsautono‐ mie (Horn, 2018, S. 17; Stopper, 2020, S. 216). Dies wird an den folgenden Rechtsfällen deutlich: • Rechtssache Laurent Piau: Zum 1. Januar 1996 hatte die FIFA ein neues Reglement eingeführt, nach dem Spielervermittler eine FIFA-Lizenz benötigten. Der französi‐ sche Spielerberater Laurent Piau bewarb sich in der Folge um eine entsprechende Spielervermittlerlizenz der FIFA. Diese wurde ihm jedoch nicht erteilt, da er bestimmte Voraussetzungen gemäß Reglement nicht erfüllte. Daraufhin ging Piau gegen das neue Reglement juristisch vor und klagte auf Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht und die EU-Grundfreiheiten beim Europäischen Gericht (EuG). Laurent Piau verlor dieses Verfahren, womit der EuG bestätigte, dass die FIFA und somit Sportverbände (in diesem Fall auf dem Markt der Spielervermitt‐ ler) über eine sogenannte kollektive Marktbeherrschung verfügen. Das bedeutet, dass Fußballklubs eine Einheit unter dem Dach der FIFA bilden und unter diesen Voraussetzungen eine marktbeherrschende Stellung aufweisen dürfen. In der Urteilsbegründung stellte das EuG zudem fest, dass es nicht von Bedeutung sei, dass der Dachverband nicht selbst auf dem Markt agierte. Er stelle eine Handlungsstruktur zur Verfügung und handele durch seine Mitglieder. 5.3 Das staatliche Sportrecht 111 <?page no="112"?> • Rechtsachen Bosman und Karpin: Im Jahr 1990 wurde der belgische Profifußballer Jean-Marc Bosman von seinem Klub RFC Lüttich auf die Transferliste gesetzt, nachdem er sich geweigert hatte, einen neuen Vertrag zu unterzeichnen. Die hohe Ablösesumme, die sein Arbeitgeber RFC Lüttich forderte, schränke ihn in seiner europarechtlich verbürgten Arbeitnehmerfreizügigkeit ein. Daraufhin klagte Bosman gegen die Transferregeln sowie gegen weitere bestehende Restriktionen für EU-Ausländer im Fußball (z. B. Begren‐ zung der Zahl von Ausländern in einer Mannschaft). Der Fall wurde dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Stellungnahme vorgelegt. Der EuGH stellte fest, dass die Transferbeschränkungen ein Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellen und daher rechtswidrig sind. Durch das „Bosman-Urteil“ fühlten sich jedoch Nicht-EU-Ausländer diskriminiert, was schließlich zum „Fall Karpin“ führte. Der russische Nationalspieler Valeri Karpin vom spanischen Erstligisten Celta de Vigo klagte Anfang 2001 vor einem Madrider Arbeitsgericht auf Gleichstel‐ lung mit EU-Fußballspielern und bekam Recht. Daraufhin entschieden die EU-Kommission, der Fußball-Weltverband FIFA und der Europäische Fußball-Verband UEFA, neue Transferregelungen zu vereinbaren. Da‐ durch erlangte das „Bosman-Urteil“ weltweit seine Gültigkeit. • Rechtssache Meca-Medina: Zwei Leistungsschwimmer, David Meca-Medina und Igor Majcen, hat‐ ten 2004 bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen die Dopingkontrollregeln des IOC und des Internationalen Schwimmver‐ bandes (bis 2022 FINA, danach World Aquatics) eingelegt. Sie argumen‐ tierten, dass diese Regeln nicht mit den Grundfreiheiten der EU in Bezug auf Wettbewerb und Dienstleistungsfreiheit vereinbar seien. Die EU-Kommission wies die Beschwerde zurück, weil die FINA-Regelun‐ gen nur sportliche Belange betrafen. Auch das EuG bestätigte diese Entscheidung. In einem Revisionsverfahren hob zwar der EuGH das Urteil des EuG auf, wies die Klage der beiden Sportler aber trotzdem ab. In der Urteilsbegründung stellt der EuGH fest, dass die Wettbewerbsre‐ geln der EU generell auf Regelungen von Sportverbänden anwendbar seien. Nur in Einzelfällen könne davon eine Ausnahme gemacht werden, und zwar, wenn es sich um ausschließlich sportliche Fragen handele, die den wirtschaftlichen Wettbewerb nicht betreffen. Nach diesem Urteil stellen die Dopingkontrollregeln keine verbotene Wettbewerbs‐ 112 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="113"?> beschränkung dar, weil sie einem legitimen Zweck dienen. In der Rechtssache Meca-Medina hat der EuGH erstmalig ein Urteil zur An‐ wendung der Kartellvorschriften auf organisatorische Sportvorschriften gefällt und damit die rechtfertigende Berücksichtigung sportbezogener Faktoren beim europäischen Kartellrecht eingeführt. So können sich Sportverbände auf sportspezifische Ausnahmen beim Kartellrecht in dem (engen) Rahmen des sogenannten Meca-Medina-Tests berufen. • Rechtssache Super League: Im April 2021 wurde das Projekt der Super League von mehreren renom‐ mierten europäischen Fußballklubs angestoßen. Als hauptsächlicher Grund wurde eine bessere Vermarktung (im Vergleich zur bisherigen im Rahmen der UEFA Champions League) von der Fachöffentlichkeit diskutiert. Als konkrete Pläne für die Realisation der Super League bekannt gegeben wurden, drohte die UEFA, die Klubs der Super League aus allen Wettbewerben, die unter ihrem Dach stehen, auszuschließen. Die spanische Justiz hat daraufhin der FIFA und der UEFA untersagt, die Entwicklung der Super League zu behindern. Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Athanasios Rantos, hat die Regeln der UEFA und FIFA, die jeden neuen Wettbewerb genehmigen müssen, als mit dem EU-Recht vereinbar bezeichnet. Es wurde argumentiert, dass ein unabhängiger Fußballwettbewerb wie eine Super League zwar gegründet werden darf, die Teilnehmer-Klubs dürften jedoch nicht „[…] parallel zur Gründung eines solchen Wettbewerbs ohne die vorherige Genehmigung der UEFA und der FIFA weiter an den von diesen Verbän‐ den organisierten Fußballwettbewerben teilnehmen“ (Gerichtshof der Europäischen Union, 2022). Das im Dezember 2023 verkündete Grundsatzurteil des EuGH (Urteil v. 21.12.2023, Rs. C-333/ 21) hat die Monopolstellung der internationalen Fußballverbände FIFA und UEFA gebrochen und damit die Gründung von Wettbewerben außerhalb der UEFA-Regularien ermöglicht. Es be‐ sagt, dass die Fußballverbände andere Wettbewerbe nicht grundsätzlich von ihrer Genehmigung abhängig machen und Vereinen und Spielern nicht verbieten dürfen, an diesen Wettbewerben teilzunehmen. Die EuGH-Richter sehen die Regeln dieser Verbände, die die Schaffung eines neuen und mit ihnen konkurrierenden Turniers blockiert haben, im Widerspruch zur Wettbewerbsgesetzgebung und der Freiheit der Dienstleistungserbringung der EU. Darüber hinaus hat das Gericht verkündet, dass die Regeln der FIFA und der UEFA zur Nutzung von 5.3 Das staatliche Sportrecht 113 <?page no="114"?> Medienrechten europäischen Klubs sowie Verbrauchern und Zuschau‐ ern Schaden zufügen, indem sie ihnen nicht ermöglichen, neue und potenziell innovative oder interessante Wettbewerbe zu genießen. Der Einfluss der gesetzlichen Normen auf die Governance im Sport ist ein Versuch der europäischen Rechtsprechung, einen Ausgleich zwischen dem Wunsch des Sports nach Autonomie und der Notwendigkeit der behördlichen Kontrolle zu schaffen (v. a. hinsichtlich der wirtschaftlichen, marktbezogenen Freizügigkeit und Konkurrenz, aber auch hinsichtlich der Dysfunktionen im Sport). Einerseits akzeptiert der europäische Gesetzgeber nach wie vor bestimmte verbandsrechtliche Beschränkungen, wenn der Sport seine legitimen Interessen schützen will und die Beschränkung diesen Interessen angemessen ist. Andererseits haben internationale Abkommen zu nationalen Sportgesetzen (z. B. Anti-Doping-Gesetz) und die europäische Rechtsprechung zur Anpassung der Verbandsregelungen geführt, was die Grenzen der Sportautonomie einschränkt und ihre bisherige Monopolstel‐ lung deutlich schwächt (ähnlich bei Jonson & Thorpe, 2019, S.-36) Exkurs | Anwendbarkeit des nationalen Rechts auf die FIFA, UEFA und das IOC Sportverbände wie das IOC, die FIFA oder UEFA sind international agierende Organisationen, die sich insbesondere aufgrund ihrer wirt‐ schaftlichen Tätigkeit weit von dem idealtypischen Charakter der Sport‐ organisationen entfernt haben. Mit Blick auf die Internationalität dieser Verbände stellt sich die Frage, welches Recht auf sie anwendbar ist. Allen internationalen Sportorganisationen ist gemein, dass sie eine bestimmte Rechtsform in ihrem „Heimatland“ aufweisen ( Jonson & Thorpe, 2019, S. 36). Somit unterliegen solche Weltverbände auf der nationalen Ebene formal den Gesetzen ihres „Heimatlandes“. Da die FIFA, die UEFA und das IOC ihren Sitz in der Schweiz haben, sind diese Weltverbände dem Schweizer Recht unterworfen. Steuerprivilegien stellen nur einen Grund dar, warum internationale Sportverbände die Schweiz als Hauptsitz wählen. Sie profitieren auch von einer vergleichsweise lockeren Gesetz‐ gebung (z. B. durch lockere Anti-Korruptionsregeln) (Bütikofer, 2015). In diesem Zusammenhang ist auch nicht nachvollzierbar, warum die US-Strafverfolgungsbehörden gegen die FIFA aufgrund eines Korrupti‐ onsverdachts ermittelten, obwohl die US-Gesetze außerhalb des eigenen 114 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="115"?> Staatsgebietes nicht anwendbar sind, was durch das Oberste US-Gericht bestätigt wurde (Wergin, 2015). Daher muss der Schwerpunkt der juristischen Forschung darauf liegen, aktuelle Entwicklungen wie den E-Sport, Online-Übertragungen von Sportveranstaltungen, die Nutzung von KI und Menschenrechtsver‐ stöße im Zusammenhang mit Sportgroßveranstaltungen im Blick zu behalten. Auf der anderen Seite können hoheitliche Maßnahmen auf der nationalen Ebene eines Landes auch die internationalen Verbände dazu zwingen, ihre Regelungen für dieses Land zu ändern. Beispielsweise hat das Bundeskartellamt im Jahr 2017 ein Verwaltungsverfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegen den DOSB und das IOC aufgrund strikter Werbeverbote wäh‐ rend der Olympischen Spiele eingeleitet. Nach einigen Ermittlungen und Verhandlungen mit den Verbänden konnte letztendlich das Bun‐ deskartellamt erzwingen, dass der DOSB und das IOC sich nunmehr verpflichtet haben, die Werbemöglichkeiten für deutsche Athleten und ihre Sponsoren erheblich zu erweitern. Dieses Ergebnis unterstrich, dass die entsprechenden Werberegeln von internationalen Sportverbänden kein Sonderrecht darstellen, sondern dem geltenden Marken- und Wett‐ bewerbsrecht unterliegen. 5.4 Fazit Autonomes Verbandsrecht gewährleistet zwar die Berücksichtigung sportspezifischer Sachverhalte und eine zügige Anpassung an veränderte Rah‐ menbedingungen. Es ist jedoch aktuell nur begrenzt in der Lage, bestimmte Missstände, etwa in Form der Korruption bei den internationalen Sport‐ verbänden, zu unterbinden (Heermann, 2022, S. 62-66). Der zunehmende Einfluss des staatlichen Rechts ist eine Konsequenz dieses Sachverhalts. Die Autonomie des Sports könnte jedoch in dieser Situation durch ein eigenes, gut funktionierendes Governance-System gestärkt werden Die Wissenschaft hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, eine kri‐ tische Analyse bereits vorhandener Verbandsregularien sowie staatlicher Normen in diversen Rechtsbereichen durchzuführen und weiterführende Verbesserungsempfehlungen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Verstö‐ ßen im Sport zu erarbeiten. Eine besondere Herausforderung ergibt sich 5.4 Fazit 115 <?page no="116"?> durch die dynamischen Veränderungen, denen die Sportwelt unterliegt. In diesem Zusammenhang besteht die Aufgabe der juristischen Forschung darin, die aktuellen Entwicklungen (z. B. rund um E-Sport, Online-Über‐ tragungen der Sportveranstaltungen, die Verwendung von KI, Menschen‐ rechtsverstöße im Kontext von Sportveranstaltungen) zu verfolgen, um die gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen zu analysieren und ggf. Anpassungsvorschläge zu erarbeiten sowie auf diese Weise die nachhaltige Entwicklung und Integrität des Sports zu fördern. ➲ Kontrollfragen • Welche zwei grundlegenden Rechtsbereiche umfasst das Sportrecht und wie hängen sie zusammen? • Was wird unter Sportautonomie verstanden und welche grundsätzli‐ chen Rechte gewährt diese den Sportorganisationen? • Wie ist die Gerichtbarkeit im Sport aufgebaut? • Welche Vor- und Nachteile ergeben sich in Bezug auf ein autonomes Rechtssystem der Sportorganisationen? • Aus welchen Gründen gilt das staatliche Sportrecht als Querschnitts‐ recht? • Nennen Sie Beispiele für zivilrechtliche, strafrechtliche und öffent‐ lich-rechtliche Normen, die für den Sport von hoher Relevanz sind! • Welche Rechtsbefugnisse weist die UN gegenüber den Sportorganisa‐ tionen auf ? • Welche bindenden EU-Normen sind für den Sport relevant? Wie ist der rechtliche Rahmen der EU hinsichtlich der Sportorganisationen zu bewerten? • Welches Recht greift bei solchen internationalen Sportverbänden wie der FIFA, der UEFA und dem IOC? ➲-Literaturempfehlungen Fechner, F., Arnhold, J. & Brodführer, M. (2014). Sportrecht. Tübingen: Mohr Siebeck. Heermann (2022). Verbandsautonomie im Sport. Baden-Baden: Nomos. Horn, S. (2016). Die Anwendung des europäischen Kartellrechts auf den Sport. Berlin: Duncker & Humblot. 116 5 Rechtliche Aspekte der Sport Governance <?page no="117"?> Jonson, P. T. & Thorpe, D. (2020). Legal and regulatory aspects of sport governance. In D. Shilbury & L. Ferkins (Hrsg.), Routledge Handbook of Sport Governance (S.-35-52). London & New York: Routledge. Korff, N. (2014). Sportrecht. Stuttgart: Kohlhammer. Szesny, A.-M. (2018). Strafrecht und Sport. In S. Walzel &. V. Römisch (Hrsg.), Team‐ sport Management: Eine umfassende und interdisziplinäre Betrachtung (S. 231-247). Wiesbaden: Gabler. ➲-Literaturempfehlungen 117 <?page no="119"?> 6 Politische Aspekte der Sport Governance Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die drei Dimensionen der Governance in der Sportpolitik (Polity, Policy, Politics) zu erläutern, • sportpolitische Institutionen auf der staatlichen Ebene und auf der Ebene des organisierten Sports zu benennen, • den gesetzlichen Rahmen der Sportförderung in Deutschland zu skizzieren, • die Besonderheiten der Prozesse im Bereich der Sportpolitik zu erklären, • das Lobbying und andere Formen der Interaktion zwischen Sport und Staat/ Politik zu beschreiben und • thematisch-inhaltliche Schwerpunktsetzungen in der Beziehung zwischen Sport und Staat in Deutschland zu erläutern. Sport und Politik sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Diese wechselseitige Beziehung spiegelt sich deutlich in der heutigen Wahrnehmung des Sports wider. Nicht mehr ausschließlich als bloße Unterhaltung betrachtet, wird Sport zunehmend als eine bedeutende soziale und politische Kraft erkannt. Dies zeigt sich in seiner Fähigkeit, neben der Gestaltung von Freizeitaktivitäten auch Impulse für tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen und politische Diskussionen zu geben. Die Verbindung zwischen Sport und Politik kann jedoch nicht nur positive, sondern auch negative Facetten haben. So führen politische Spannungen oft zu Sportboykotten und -sanktionen. Beispiele hierfür sind der Boykott mehrerer Olympischer Spiele während des Kalten Krieges und sportbezogene Sanktionen gegen bestimmte Länder aufgrund ihrer innenpolitischen Situation oder militärischen Intervention (z. B. Russland, Belarus). Korruption und Skandale innerhalb von Sportorganisationen kön‐ nen zudem zu politischen Implikationen bzw. zu gesetzlichen Anpassungen führen. Auch in Deutschland sind Sport und Politik stark miteinander verwoben, wobei ihre Beziehung vor einigen Jahrzehnten noch ganz anderes ausge‐ <?page no="120"?> prägt war. Bei der Gründung der Bundesrepublik war der Sport weitgehend staatsunabhängig und damit politisch fern. Dementsprechend handelte der bundesdeutsche Staat nach der allgemein akzeptierten politischen Doktrin und respektierte weitgehend den autonomen Status des Sports. Die Politik zeigte, mit Ausnahme des Spitzensportsektors, kaum Interesse an der Ge‐ staltung des Sportsystems, und der Staat hat sein Handeln v. a. auf eine reine Finanzierungsrolle bzw. subsidiäre Funktion begrenzt. In dieser Zeit war der Sport für den Staat als politisches Symbol und dabei in erster Linie im Sinne der Repräsentation relevant. Seit den 1970/ 80er-Jahren ist jedoch eine ansteigende politische Einflussnahme auf den Sport auch in solchen innenpolitischen Bereichen wie Jugendpolitik, Stadtentwicklung, Integration sozialer Randgruppen und Gesundheitspolitik zu verzeichnen. Die politischen Entscheidungsträger erkannten die gesellschaftliche Bedeu‐ tung des Sports und setzen ihn seither systematisch als Mittel zur Gestaltung der Gesellschaft ein. Der Sport ist somit zunehmend in den Mittelpunkt des staatlichen Interesses in Deutschland gerückt und wurde zum Gegenstand des politischen Handelns in vielfältigen Feldern (Buss, 2022, S. 16-25; Güldenpfennig, 2002, S.-69). Als eigenständige wissenschaftliche Disziplin und als ein interdiszipli‐ näres Forschungsfeld blieb die Sportpolitik lange Zeit unbeachtet. Dieser Sachverhalt schlug sich in einem Mangel an einschlägigen wissenschaftli‐ chen Untersuchungen nieder (Güldenpfennig, 2002, S. 65). Obwohl heute in einigen thematischen Bereichen eine intensivere wissenschaftliche Aus‐ einandersetzung zu beobachten ist, bleibt die Sportpolitik nach wie vor ein wissenschaftliches Entwicklungsgebiet. Entsprechend selten sind sport‐ politische Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen vorzufinden. Wojciechowski und Thieme (2021, S. 8) stellen in diesem Zusammenhang fest, dass die politikwissenschaftliche Forschung den Sportverbänden „keine oder nur sehr untergeordnete Bedeutung“ beimisst. In diesem Kapitel findet zunächst eine definitorische Auseinandersetzung mit den Begriffen Politik und Sportpolitik statt. Darauf basierend werden die wesentlichen Komponenten der Sportpolitik (überwiegend auf die Bun‐ desrepublik Deutschland bezogen) beleuchtet. 120 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="121"?> 6.1 Zu den Begriffen Politik und Sportpolitik In der politikwissenschaftlichen Grundlagenliteratur fehlt eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs Politik, was die Beschäftigung mit dem Begriff der Sportpolitik erschwert. In Bereichen des Staatsrechts, der So‐ ziologie, der Philosophie und der Politikwissenschaft wurden zahlreiche Definitionsversuche unternommen, die die Aufmerksamkeit auf bestimmte politische Elemente lenken. Einige Beispiele davon gibt Patzelt (2013, S. 20- 21) in seiner Abhandlung wieder: • Politik ist die Sicherung und Ordnung des Zusammenlebens von Men‐ schen. • Politik ist das Bemühen um die gute Ordnung einer Gesellschaft. • Politik ist das Streben nach der Verwirklichung der Staatszwecke (etwa Sicherheit, Wohlfahrt, Freiheit, Frieden, Demokratie). • Politik ist Kampf um und Benutzung von Macht. • Politik ist die Unterscheidung von Freund und Feind sowie die Ausein‐ andersetzung mit dem Feind. • Politik ist das Streben nach Herrschaft im Staat. • Politik ist die Kunst der Führung von Menschen und Gruppen. • Politik ist Führung von Gemeinwesen. • Politik ist Entscheidungsbildung auf öffentlichem Weg. • Politik ist Handeln, das gesellschaftliche Konflikte über Werte und materielle Güter sowie über deren Verteilung verbindlich zu regeln versucht. • Politik ist der Kampf der Klassen und ihrer Parteien, von Staaten und Staatensystemen zum Zweck der Durchsetzung ihrer Interessen und Ziele. • Politik ist Kampf um die Veränderung oder Bewahrung bestehender Verhältnisse. • Politik ist die Gesamtheit jener Prozesse, die zur Herstellung von Akzeptanz für staatliche Entscheidungen dienen. Aufgrund der Vielzahl von möglichen definitorischen Perspektiven wird der Gegenstand der Politik anlehnend an die angelsächsische Tradition der Politikwissenschaft in drei Teilbereiche gegliedert, nämlich in die formalen Institutionen und Bedingungen für Politik (Polity), die Politikinhalte (Policy) sowie den Prozess der Politikentstehung (Politics) (z. B. wie bei Böhret et al., 1988, S. 7; Patzelt, 2013, S. 28-30). Diese systematische Dimensionierung 6.1 Zu den Begriffen Politik und Sportpolitik 121 <?page no="122"?> des Politikverständnisses bietet in Anlehnung an Lange et al. (2013) den Rahmen für die Auseinandersetzung mit den Governance-Aspekten in der Sportpolitik (→-Abbildung 14). Abbildung 14 Forms of realising collective goals via collective action Interdependent dimensions constituting collective action Key features within the dimensions Mode of governance Policy Politics Polity (Key features) Such as actors & resources (Key features) Such as institutions & norms (Key features) Such as policy objectives & instruments Austausch SL1 Abbildung 14: Dimensionen der sportpolitischen Governance. | Quelle: Lange et al. (2013, S.-412). Einführend soll zunächst eine kurze Definition dieser drei Politikperspekti‐ ven erfolgen (Lösche, 2010, S.-13-14; Meier, 2022, S.-367): • Die institutionelle Dimension (Polity) wird durch Verfassung, Rechts‐ ordnung und Tradition festgelegt. Nach Alemann et al. (1989, S. 33) stellen Regierungen, Parlamente, Gerichte, Ämter, Schulen und Kör‐ perschaften „[…] die deutlich sichtbaren Institutionen der verfaßten Rechtsordnung“ dar. Bezogen auf den Sport wird diese Dimension durch den politisch-administrativen Rahmen des Sports (z.-B. Verankerung in nationalen Gesetzen, Sportförderungsgesetze, Satzungen der Sportorga‐ nisationen, Geschäftsordnungen, Tradition) sowie durch sportpolitische Institutionen sichtbar. • Die zweite politische Dimension (Politics) umfasst ständige Prozesse der politischen Handlungen, Willensbildung und Interessensvermittlung, die sowohl formell als auch informell ablaufen können. 122 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="123"?> • Die politischen Inhalte, Gegenstände, Programme und Ziele bilden die dritte politische Dimension, die Policy. Angelehnt an diese drei Perspektiven des Politikbegriffs kann auch der Begriff der Sportpolitik in eine institutionelle (Sport Polity), eine prozessuale (Sport Politics) und eine inhaltliche Komponente (Sport Policy) gegliedert werden. In der Praxis hängen diese drei Dimensionen zwar miteinander zu‐ sammen, aber um besondere sportpolitische Aspekte besser nachvollziehen zu können, wird in diesem Kapitel auf die einzelnen Dimensionen separat eingegangen. Freilich treten zwischen den drei Dimensionen Überschnei‐ dungen auf. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik Die Polity-Dimension des Sports umfasst Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik. Wie in → Kapitel 2.2.1 erläutert, bezieht sich der Begriff Institution auf ein System von Ordnungen und Regeln, das das soziale Verhalten und die Handlungen von Einzelpersonen, Gruppen und Gemeinschaften formt, stabilisiert und lenkt. Das Ziel von Institutionen besteht allgemein darin, das Verhalten für Interaktionsteilneh‐ mer vorhersehbar zu machen, was zur individuellen Orientierung und kollektiven Ordnung beiträgt (hierzu mehr bei Esser, 2000, S. 1-37). Im Kontext dieses Kapitels werden unter Institutionen formale Strukturen, Regeln und Organisationen verstanden, die in einem politischen System existieren und das Verhalten von sportpolitischen Akteuren leiten. Dabei müssen bei der Betrachtung der Sportinstitutionen und somit auch der Polity-Dimension zwei generelle Betrachtungsperspektiven unterschieden werden: • Perspektive der Politik/ des Staates: Hier sind politische Ämter, staatliche Organe sowie gesetzliche Rahmen‐ bedingungen, die die Sportentwicklung beeinflussen, zu betrachten. • Perspektive des Sports: Im Mittelpunkt dieser Perspektive stehen die politische Organisation des Sports und seine institutionelle Repräsentation gegenüber Staat und Gesellschaft. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 123 <?page no="124"?> Im Folgenden wird auf die Polity-Dimension im deutschen Sport auf der staatlich-öffentlichen Ebene (governmental) sowie auf der verbandlich-pri‐ vaten Ebene (non-governmental) separat eingegangen, wobei im Abschluss daran auch weitere Akteure und intermediäre Strukturen aufgezeigt wer‐ den. 6.2.1 Sport Polity: Ebene der Politik/ des Staates Das öffentlich-politische Sportsystem ist in Deutschland - wie jedes andere Politikfeld in demokratischen Staaten - durch eine vertikale und horizontale Gewaltenteilung charakterisiert. Bei der vertikalen Gewaltenteilung werden die Staatsaufgaben entsprechend dem föderalen Prinzip auf alle staatlichen Ebenen aufgeteilt (Bund, Länder, Kommunen). Das föderale System gewähr‐ leistet eine Dezentralisierung der Macht bzw. ihre Übertragung auf die regionale und kommunale Ebene. Bei der horizontalen Gewaltenteilung sind Legislative (gesetzgebende Gewalt), Exekutive (vollziehende Gewalt) und Judikative (rechtssprechende Gewalt) auf der Bundes- und Länderebene voneinander getrennt. Auf kommunaler Ebene gibt es grundsätzlich keine Gewaltenteilung wie auf der Bundes- und Landesebene (Lösche, 2010, S. 14). Im rechtlichen Bereich bilden Kommunen keine eigenständige Ebene, son‐ dern sind als eine sogenannte Verwaltungsebene der Länder zu betrachten. Somit befassen sich die lokalen Organe nur mit der (Selbst-)Verwaltung der Städte, Landkreise und Gemeinde. In diesem Unterkapitel wird zunächst die gesetzliche Verankerung des Sports auf der Bundes- und Landesebene thematisiert. Anschließend werden die legislativen und exekutiven Zuständigkeiten im Sportbereich beleuchtet. Darüber hinaus erfolgt eine Betrachtung auf kommunaler Ebene sowie auf der Ebene der EU. Gesetzliche Verankerung des Sports Formalrechtlich betrachtet hat der Bund in Deutschland nur eingeschränkte Zuständigkeiten für sportliche Angelegenheiten. Nach Artikel 30 des Grundgesetzes (GG) ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse (u. a. der Gesetzgebung) und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben im Sportbereich Ländersache. Einige Zuständigkeiten des Bundes für Teilgebiete des Sports ergeben sich zwar unmittelbar aus mehreren Grundgesetzartikeln (z. B. Art. 32, Art. 91a, 104 GG), aber die Sportkompetenz des Bundes ist verfassungs‐ 124 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="125"?> rechtlich nicht ausdrücklich festgelegt. Faktisch beansprucht jedoch der Bund umfangreiche Kompetenzen im Spitzensportbereich, da seine finanzi‐ elle Potenz die Möglichkeiten der einzelnen Länder in der Regel übersteigt (Meier, 2022, S. 368). Zudem gibt es auch weitere Angelegenheiten, die die Zuständigkeiten der einzelnen Bundesländer überschreiten und daher durch den Bund übernommen werden müssen (Deutscher Bundestag, 2008b, S. 6). Dazu gehören folgende Aufgaben: • Die gesamtstaatliche Repräsentation (z. B. bei den Olympischen Spielen, Paralympics, Welt- und Europameisterschaften), • die Gestaltung internationaler Beziehungen, • die Förderung nicht-staatlicher zentraler Organisationen (DOSB, Bun‐ desfachverbände), • die Förderung des Hochleistungssports (z.-B. Leistungszentren), • die Erfüllung ressortzugehöriger Funktionen (z. B. Forschungsvorha‐ ben) und • die Förderung im eigenen Dienstbereich des Bundes (z. B. Bundeswehr). Im Unterschied zu einigen europäischen Nachbarländern (z. B. Österreich, Frankreich) hat Deutschland auf der Bundesebene kein Sportförderungsge‐ setz, wobei die entsprechende Initiative seit einigen Jahren in den höchsten politischen Kreisen diskutiert wird. Auf der Landesebene dagegen hat jedes Bundesland mit Ausnahme der Freien und Hansestadt Hamburg die Sportförderung auf der Ebene der Landesverfassungen verankert. Somit besteht die wesentliche öffentliche Aufgabe der Bundesländer kraft ihrer Verfassung darin, Finanzmittel zur Förderung des Sports (Breitensport, Nachwuchsleistungssport, Infrastruktur etc.) zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus existieren in mehreren Bundesländern (z. B. in Mecklen‐ burg-Vorpommern, Thüringen) Gesetze zur Förderung des Sports. Diese gesetzliche Verankerung schafft eine kontinuierliche Rechtsgrundlage für die Sportförderung sowie Planungssicherheit und Klarheit bezüglich grund‐ sätzlicher Fragen. Sportfördergesetze können eine breite Palette von The‐ men abdecken, darunter die Bereitstellung von Finanzmitteln für Sportor‐ ganisationen, die Förderung von Sportveranstaltungen, die Schaffung von Sportstätten und die Regelung von Steuervergünstigungen für Spenden an Sportvereine und -projekte. In den anderen Bundesländern (z. B. Bayern) existieren „nur“ Sportför‐ derrichtlinien und Richtlinien für die Förderung konkreter Aufgaben (z. B. Neubau von Sportstätten). Solche Richtlinien stellen zwar Handlungsvor‐ 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 125 <?page no="126"?> schriften mit bindendem Charakter dar, sind aber keine Rechtsnormen. Das bedeutet, sie werden von übergeordneten Instanzen der (Sport-)Verwal‐ tung, also auf der Ebene der Exekutive, und nicht vom parlamentarischen Gesetzgeber beschlossen. Aus diesem Grund können in der Regel Verwal‐ tungsrichtlinien einfacher und schneller abgeschafft bzw. geändert werden als Gesetze. Legislative Zuständigkeiten Auf Bundesebene obliegt die gesetzgebende Gewalt in Deutschland haupt‐ sächlich dem Bundestag, wobei auch der Bundesrat an der Gesetzgebung mitwirkt. Für die Gesetzgebung auf Landesebene sind die Landesparlamente (Landtage) zuständig. In allen Parlamenten arbeiten Ausschüsse bestehend aus Abgeordneten verschiedener Parteien, die sich mit Sportbelangen auseinandersetzen. Solche parlamentarischen Arbeitsgruppen übernehmen Aufgaben, die aus Effizienz- und Kompetenzgründen nicht vom gesamten Parlament erledigt werden können. So werden auch im Sportausschuss Gesetze vorbereitet, indem versucht wird, noch vor der parlamentarischen Lesung Kompromisse zwischen unterschiedlichen Positionen zu finden. Da der Sport eine Querschnittsaufgabe darstellt, können die für den Sport rele‐ vanten Gesetzesentwürfe auch in den anderen thematischen Ausschüssen eines Parlaments vorbereitet werden (z. B. auf den Gebieten des Steuer- und Sozialwesens, des Jugendarbeitsschutzrechts, des Naturschutz- und Umweltrechts). Auf der Bundesebene hat der Sportausschuss folgende inhaltliche Arbeits‐ schwerpunkte (in Anlehnung an: Deutscher Bundestag, n. d.; Fechner et al., 2014, S.-26): • Förderung des Spitzensports • Bekämpfung von Doping und Manipulation im Sport • Auseinandersetzung mit den Belangen von Sportvereinen und Sportver‐ bänden • Beschäftigung mit der gesellschaftlichen Bedeutung des Sports für andere Lebensbereiche wie Bildung, Gesundheit, Integration und Wirt‐ schaft Auf der Landesebene bestehen nur in den wenigsten Bundesländern Aus‐ schüsse, die sich ausschließlich mit sportbezogenen Aufgaben auseinander‐ 126 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="127"?> setzen. In der Regel gehört Sport neben anderen Bereichen wie Jugend und Kultur zum Zuständigkeitsspektrum eines parlamentarischen Ausschusses. • Die legislativen Zuständigkeiten sowie die (gesetzliche oder richtlinien‐ spezifische) Verankerung des Sports auf der Landesebene werden in →-Tabelle 6 zusammenfassend dargestellt. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 127 <?page no="128"?> Bundesland Ausschuss Verankerung der Sportför‐ derung Verankerung in der Landesverfassung Nordrhein- Westfalen Sportaus‐ schuss Richtlinien für die Zuwen‐ dung für konkrete Aufgaben, Fördervereinbarungen Art. 18(3): Der Sport ist durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern. Thüringen Ausschuss für Bildung, Ju‐ gend und Sport Thüringer Sportfördergesetz (ThürSportFG) vom 8. Juli 1994 Art. 30(3): Der Sport genießt Schutz und Förderung durch das Land und seine Gebietskörperschaften. Niedersach‐ sen Ausschuss für Inneres und Sport Niedersächsisches Sportför‐ dergesetz (NSportFG) vom 7. Dezember 2012. Art. 6: Das Land, die Gemeinden und die Landkreise schützen und fördern Kunst, Kultur und Sport. Sachsen Ausschuss für Inneres und Sport Sportförderrichtlinie vom 13. Februar 2019 Art. 11: (1) Das Land fördert das kulturelle, das künstlerische und wissenschaftliche Schaffen, die sportliche Betätigung so‐ wie den Austausch auf diesen Gebieten. (2) Die Teilnahme an der Kultur in ihrer Vielfalt und am Sport ist dem gesamten Volk zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden öffentlich zugäng‐ liche Museen, Bibliotheken, Archive, Gedenkstätten, Theater, Sportstätten, musikalische und weitere kulturelle Einrichtun‐ gen sowie allgemein zugängliche Universitäten, Hochschulen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen unterhalten. Baden- Württem‐ berg Ausschuss für Kultur, Jugend und Sport Richtlinien für die Zuwen‐ dung für konkrete Aufga‐ ben/ Fördervereinbarungen Art. 3c (1): Der Staat, die Gemeinden und die Gemeindever‐ bände fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemein‐ wohl, das kulturelle Leben und den Sport unter Wahrung der Autonomie der Träger. 128 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="129"?> Branden‐ burg Ausschuss für Bildung, Ju‐ gend und Sport Gesetz über die Sportför‐ derung im Land Branden‐ burg (Sportförderungsgesetz - SportFGBbg) vom 10. De‐ zember 1992 Art. 35: Sport ist ein förderungswürdiger Teil des Lebens. Die Sportförderung des Landes, der Gemeinden und Gemein‐ deverbände ist auf ein ausgewogenes und bedarfsgerechtes Verhältnis von Breitensport und Spitzensport gerichtet. Sie soll die besonderen Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern, Studentinnen und Studenten, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Mecklen‐ burg-Vor‐ pommern Sozialaus‐ schuss (be‐ schäftigt sich u. a. mit Sport) Gesetz zur Sportförderung in Mecklenburg-Vorpommern. (Sportfördergesetz - SportFG M-V) vom 9. September 2002. Art. 16 (1): Land, Gemeinden und Kreise schützen und fördern Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft. Dabei werden die besonderen Belange der beiden Landesteile Mecklenburg und Vorpommern berücksichtigt. Schles‐ wig-Hol‐ stein Innen- und Rechtsaus‐ schuss (be‐ schäftigt sich u. a. mit Sport) Richtlinie über die Förderung des Sports in Schleswig-Hol‐ stein (Sportförderrichtlinie) Art 13 (3): Die Förderung der Kultur einschließlich des Sports, der Erwachsenenbildung, des Büchereiwesens und der Volks‐ hochschulen ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Bayern Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport Richtlinien über die Gewäh‐ rung von Zuwendungen des Freistaates Bayern zur För‐ derung des organisierten Sports (Sportförderrichtlinien - SportFöR) Art. 140 (3): Das kulturelle Leben und der Sport sind von Staat und Gemeinden zu fördern. Rhein‐ land-Pfalz Ausschuss für Inneres, Sport und Landes‐ planung (In‐ nenausschuss) Landesgesetz über die öffent‐ liche Förderung von Sport und Spiel in Rheinland-Pfalz (Sportförderungsgesetz) vom 9. Dezember 1974 Art. 40 (4): Der Sport ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und fördern. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 129 <?page no="130"?> Sach‐ sen-Anhalt Ausschuss für Inneres und Sport Gesetz über die Förderung des Sports im Land Sach‐ sen-Anhalt (Sportfördergesetz - SportFG) vom 18. Dezember 2012 Art. 36 (1): Kunst, Kultur und Sport sind durch das Land und die Kommunen zu schützen und zu fördern. Saarland Ausschuss für Inneres, Bauen und Sport Richtlinien für die Zuwen‐ dung für konkrete Aufgaben Art. 34a: Wegen seiner gesundheitlichen und sozialen Bedeu‐ tung genießt der Sport die Förderung des Landes und der Gemeinden. Hessen Innenaus‐ schuss (be‐ schäftigt sich u. a. mit Sport) Sportförderrichtlinie Art. 26g: Der Sport genießt den Schutz und die Förderung des Staates, der Gemeinden und Gemeindeverbände Hamburg Sportaus‐ schuss Richtlinien für die Zuwen‐ dung für konkrete Aufgaben keine Verankerung in der Landesverfassung Berlin Ausschuss für Sport Gesetz über die Förderung des Sports im Lande Berlin (Sport‐ förderungsgesetz - SportFG) vom 6. Januar 1989 Art. 36a: Der Staat pflegt und fördert den Sport. Bremen Landesbeirat für Sport Gesetz zur Förderung des Sports im Lande Bremen (Sportförderungsgesetz) vom 5. Juli 1976 Art. 36a: Der Staat pflegt und fördert den Sport. Tabelle 6: Legislative Zuständigkeiten und gesetzliche Verankerung des Sports auf der Landesebene. | Quelle: Eigene Darstellung. 130 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="131"?> Exekutive Zuständigkeiten Die vollziehende bzw. ausübende Gewalt im Sport ist im für den Sport zuständigen ministeriellen Fachressort verankert. Auf der Bundesebene ist eine Abteilung des Ministeriums des Innern und für Heimat für die Belange des Sports zuständig. Daneben befassen sich auch andere Ministerien mit den entsprechenden Teilbereichen des Sports (z. B. Bundesministerium der Verteidigung zur Förderung des Spitzensports in der Bundeswehr, Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Förderung des Hoch‐ schulsports). Der Zuschnitt der ministeriellen Zuständigkeiten ist in den einzelnen Bundesländern verschieden und wird teilweise durch die jeweiligen Sport‐ fördergesetze geregelt. In den meisten Fällen sind die Zuständigkeiten beim Kultus-, Sozial- oder Innenministerium angesiedelt (Fechner et al., 2014, S. 26). Ähnlich wie auf der Bundesebene übernehmen auch andere Landesministerien bestimmte Randaufgaben im Sportbereich. Die zustän‐ digen Landesministerien werden durch intermediäre Institutionen, die so‐ genannten Landessportkonferenzen (LSK), beraten, deren Funktionen in der Regel in dem jeweiligen Sportfördergesetz verankert sind. Die LSK bestehen regelmäßig aus Vertretern des jeweiligen Landessportbundes, der Landtagsfraktionen, des für den Sport zuständigen Ministeriums sowie der weiteren Ministerien, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Sportwissenschaft und der Sportmedizin. Durch diese Zusammensetzung soll ein Austausch unter den einzelnen Landesministerien sowie zwischen Politik und Sport, zwischen Legislative und Exekutive sowie zwischen Land und kommunaler Ebene gewährleistet werden. Um die Sportförderung auf nationaler Ebene zu koordinieren und die Interessen aller Bundesländer im Bereich des Sports sowohl auf nationa‐ ler als auch internationaler Ebene zu wahren, sind die Länder in der sogenannten Konferenz der Sportministerinnen und -minister sowie der Sportsenatorinnen und -senatoren der Länder, kurz Sportministerkonferenz (SMK), zusammengeschlossen. Die Ziele der Konferenz sind der Austausch unter den für Sport zuständigen Landesministerien, die Erarbeitung der Leitlinien für die Sportpolitik auf der Landesebene sowie die Besprechung aktueller Probleme. Die SMK setzt für unterschiedliche Themenbereiche Ausschüsse bzw. Arbeitsgruppen ein. Die Vertreter der SMK finden sich ihrerseits im EU-Sportministerrat, in der EU-Ratsarbeitsgruppe "Sport", in der EU-Sportdirektorenkonferenz sowie im EU-Sportforum. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 131 <?page no="132"?> Sportverwaltung auf kommunaler Ebene Die Sportverwaltung auf kommunaler Ebene hat die grundlegende Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Sportausübung zu schaffen (Fechner et al., 2014, S. 26). Auf dieser Ebene wird der (Breiten-)Sport in Deutschland am intensivsten unterstützt. Die finanzielle Förderung sieht in erster Linie die Bezuschussung unterschiedlicher Aufgaben der Sportvereine vor (z. B. Zuschüsse für lizenzierte Übungsleiter, zur Beschaffung von Sportgeräten) (Lösche, 2010, S. 16). Außerdem sind die Kommunen für die Einrichtung, Un‐ terhaltung und den Erhalt der kommunalen Sporteinrichtungen zuständig. Indem fast alle Landesverfassungen Sport zum Staatsziel normieren, sollen die Gemeinden und Städte „[…] zumindest in der Fläche ein Mindestmaß an sportlichen Einrichtungen im Wege der Daseinsvorsorge [vorhalten]“ (Fechner et al., 2014, S.-27). Die Träger kommunaler Sportpolitik sind gemeindliche Verwaltungen (zuständig für die Vorbereitung der Entscheidungen über Art und Ausmaß der Förderung) und die Gemeinderäte (zuständig für die Entschlüsse u. a. zu Richtlinien oder Ordnungen). Sportpolitische Verwaltungen können von unterschiedlicher Größe sein: In größeren Städten sind Sportämter oder -dezernate für die Verwaltung und Förderung des Sports zuständig. In mit‐ telgroßen Gemeinden/ Kommunen werden diese sportbezogenen Aufgaben in der Regel mit einigen anderen Bereichen in einem Amt gebündelt (z B. in Schul- und Sportämtern). In kleineren Gemeinden (mit bis 20.000 Einwoh‐ nern) ist das Hauptamt der Gemeindeverwaltung u. a. für die Sportförderung und -verwaltung zuständig (Hockenjos, 1995, S.-19-20). Exkurs | Sportpolitische Zuständigkeiten auf der Ebene der EU Im Vertrag von Lissabon wurde der Sport erstmals als ein Ziel der EU festgeschrieben und in den Kompetenzkatalog in Art. 6 AEU-Vertrag aufgenommen. In Artikel 165 sind die Einzelheiten der europäischen Sportpolitik aufgeführt. Demnach beschränken sich die Kompetenzen der EU im Sportbereich auf die Koordinierungs-, Förderungs- und Unterstützungsfunktionen. Die Hauptzuständigkeit bleibt somit bei den Mitgliedstaaten. Dennoch haben die Zuständigkeiten der EU im Binnenmarkt bzw. im Wettbewerbsrecht erhebliche Auswirkungen auf den Sport (Renard & Iskra, 2023). 132 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="133"?> Durch diese gesetzliche Verankerung erhielten verschiedene Institutio‐ nen der EU spezifische Kompetenzen im sportpolitischen Bereich: • Europäische Kommission (Exekutive): Für die Entwicklung und Umsetzung der europäischen Sportpolitik ist die Generaldirektion Jugend, Sport, Bildung und Kultur zuständig (Directorate General for Youth, Sport, Education and Culture, GD EAC), die eine Abteilung der Europäischen Kommission (EK) bildet. • Europäischer Rat (Legislative, Oberhaus): Auf der Ebene des Ministerrats ist Sport fest institutionalisiert. So wurde 2010 der Rat für Bildung, Jugend und Kultur zum Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport (BJKS) umgewandelt. Dem BJKS-Rat gehören die jeweiligen für den Sport zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten an. Neben dem Europäischen Parlament ist er Gesetzgeber der EU. • Europäisches Parlament (EP) (Legislative, Unterhaus): Zusammen mit dem Ministerrat obliegen dem EP Entscheidungen über die Gesetzentwürfe der EK (z. B. über die finanzielle Ausstat‐ tung von Fördermaßnahmen). Sowohl der Ministerrat als auch das EP müssen dem Vorschlag zustimmen, damit ein Gesetz auf der EU-Ebene verabschiedet werden kann. Im EP fällt die Ausarbeitung einer europäischen Sportpolitik in die Zuständigkeit des Ausschus‐ ses für Kultur und Bildung (CULT). 6.2.2 Sport Polity: Ebene des Sports Als politisches Gegengewicht zu staatlichen bzw. öffentlichen Instanzen des Sports fungiert der organisierte Sport. Sportverbände, die Zusammen‐ schlüsse von Sportvereinen bzw. anderen Sportverbänden darstellen, vertre‐ ten die Interessen ihrer Mitglieder nicht nur gegenüber der Politik, sondern auch gegenüber Wirtschaft, Medien und Gesellschaft. Eine spezifische Aufgabe der Fachsportverbände besteht darin, den Sport- und Wettkampfbe‐ trieb zu regeln. Als Interessenvertreter und Regelinstanzen des Sports treten Sportverbände auf allen hierarchischen Ebenen des föderalen Staatssystems auf (Fahner, 2012, S.-51-53; Lösche, 2010, S.-17). Die Bildung von Sportverbänden als Interessenorganisationen kann aus verschiedenen theoretischen Perspektiven erklärt werden. Olson (1985) 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 133 <?page no="134"?> geht in seiner Theorie des kollektiven Handelns davon aus, dass rational agierende, am Maximieren des eigenen Nutzens interessierte Individuen Interessenbzw. Dachorganisationen bilden, damit sie Kollektivgüter für die Mitglieder herstellen. Folglich führt das Bestreben der einzelnen Sport‐ vereine, ihre kollektiven Handlungen zu koordinieren und zu erleichtern, um gemeinsame Ziele zu erreichen, zur Gründung von Sportverbänden. Die Korporatismustheorien können den Beitrag von Verbänden zur Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit des Staates erklären (Reuter, 2002, S. 501). In Anlehnung an die Definition des Korporatismus von Schmitter (1979, S. 94- 97) erkennt der Staat einen Sportverband als Repräsentanten des Sports an und geht eine partnerschaftliche Beziehung mit ihm ein. Der Sportverband wird häufig um seine Einschätzung zu aktuellen und zukünftigen politischen Maßnahmen gebeten, und gleichzeitig wird er um Unterstützung bei der Umsetzung und Durchführung dieser Maßnahmen ersucht. Nach den Kor‐ poratismustheorien kann also von der engen Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen und Interessengruppen des Sports ausgegangen werden, weshalb ein distanziertes Verhältnis zwischen den beiden Seiten nicht zu erwarten ist (Sebaldt, 2021, S.-46). Der mitgliederstärkste Sportverband in Deutschland ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der an der Spitze der Verbandspyramide steht und daher auch als „Dach der Dächer“ bezeichnet wird. Auf der Bun‐ desebene übernimmt der DOSB die sportpolitische Interessenvertretung und koordiniert viele weitere überfachliche Aufgabenbereiche wie die Olympiamannschaften, die Spitzensportförderung, die Breitensportentwicklung und die Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem gibt der DOSB zukunftsweisende sport‐ politische Impulse für den gesamten vereinsorganisierten Sport (z. B. Pro‐ jekte im Bereich Umweltschutz, Integration von Migranten). Den Kern der DOSB-Grundstruktur bilden die Landessportbünde und Bundesfach‐ verbände, die nach dem sogenannten „Ein-Verbands-Prinzip“ organisiert sind. Dieses Prinzip regelt die Zuständigkeit der Verbände in geografischer und fachlicher Hinsicht. Es besagt, dass es nur je einen Fachverband pro Sportart sowie nur einen überfachlichen Sportbund auf einer bestimmten geografischen Ebene geben darf. Die DOSB-Mitgliederorganisationen sind auf allen hierarchischen Ebenen organisatorisch, finanziell und fachlich selbständig, wobei die Aufgaben im Sinne des solidarischen Zusammenwir‐ kens aufgeteilt sind. So sind die Bundesfachverbände für die grundlegen‐ den Angelegenheiten in ihren Sportdisziplinen verantwortlich, wobei die Schwerpunkte überwiegend im Bereich des Leistungs- und Spitzensports 134 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="135"?> liegen. Die Landessportbünde nehmen dagegen überfachliche Aufgaben auf der Landesebene wahr. Dazu gehören die Vertretung der Interessen gegenüber den politischen Landesinstitutionen, die Zuteilung finanzieller Zuschüsse an die Mitglieder, die Förderung von Übungs- und Jugendleitern sowie von Führungskräften und die Förderung des Sportstättenbaus. Im Ge‐ gensatz zu Bundesfachverbänden sind die Landessportbünde überwiegend breitensportorientiert. Auf den untergeordneten hierarchischen Ebenen (Bezirks-, Kreis-, Stadtebene) existieren in der Regel weitere fachliche und überfachliche Verbandsuntergliederungen. Wie oben aufgezeigt wurde, besteht in Deutschland ein föderaler Aufbau des Sportsystems, was im Zusammenhang zum gesamten föderalen Staatsaufbau steht (wie auch in Kanada, USA, Australien und vielen europäischen Ländern). In föderalen Sportsystemen besteht i. d. R. eine gewisse Dezentra‐ lisierung in der Organisation. Dies führt dazu, dass die einzelnen föderalen Einheiten eigene Sportorganisationen, Regelungen und Programme haben, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten zugeschnitten sind. Auch die Vertretung gegenüber der Politik wird durch die Sportor‐ ganisationen auf der jeweiligen föderalen Ebene übernommen. In einem föderalen Modell kommt es oft zu einer Überschneidung von Macht und Verantwortung. Außerdem schafft es oft eine Situation, in der es zu einer Verdoppelung der Ressourcen im gesamten Netzwerk kommt, da mehrere Organisationen versuchen, ähnliche Ziele zu erreichen, ohne dass es zu einer Zusammenarbeit oder Koordination kommt (dazu mehr bei O’Boyle & Shilbury, 2017). Exkurs | Das internationale Sportverbandssystem Auf der internationalen Ebene ist das Sportverbandssystem hierarchisch aufgebaut. Sowohl auf der kontinentalen als auch auf der interkonti‐ nentalen Ebene existieren überfachliche sowie fachliche Sportverbände. Beispielsweise ist der DOSB Mitglied in den internationalen Zusam‐ menschlüssen der Europäischen Olympischen Komitees (EOC), des Eu‐ ropäischen Dachverbands der Nichtregierungsorganisationen im Sport (ENGSO), der Dachorganisation der Nationalen Olympischen Komitees weltweit (ANOC) und der Dachorganisation des internationalen Brei‐ tensports (TAFISA). Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist Mitglied der FIFA und der UEFA. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 135 <?page no="136"?> An der Spitze des internationalen Sports steht das Internationale Olympische Komitee (IOC), das im Kern aus Internationalen Olympischen Sportfach‐ verbänden und Nationalen Olympischen Komitees besteht. Zudem zählen die Organisationskomitees für die kommenden Olympischen Spiele sowie weitere vom IOC anerkannte Organisationen (z. B. das Internationale Paraolympische Komitee) dazu (Preuß, 2021, S. 318-319). Das IOC vertritt die Interessen des Weltsports gegenüber den mächtigsten politischen inter‐ nationalen Institutionen wie der UNO und der EU. Die internationalen Sportverbände stellen ein äußerst fragmentiertes Poli‐ tikfeld dar, in dem zahlreiche Organisationen um politische Macht und Kontrolle konkurrieren. So verfügt das IOC nur über die Legitimation, die Olympischen Spiele zu organisieren und zu betreuen. Auf das Reglement der einzelnen Sportfachverbände hat das IOC kaum Einfluss. Der außerol‐ ympische Weltsport wird demnach überwiegend von den internationalen Sportfachverbänden kontrolliert (Meier, 2022, S.-367-368). Exkurs | Sportverbände als Lobbyisten Einer der wichtigsten Interessenvertreter des Sports gegenüber der Bundespolitik ist der DOSB, dessen Berliner Büro („Hauptstadtbüro des Deutschen Sports“) in unmittelbarer Nähe des Bundestags liegt. Allge‐ mein sieht das Aufgabenspektrum der Interessenvertretung des DOSB wie folgt aus (Lösche, 2010, S. 20): Kontaktpflege mit der Regierung, der Ministerialbürokratie und der Opposition sowie Beschaffung und Weitergabe von Informationen an die politischen Entscheidungsträger. Seit Anfang 2022 wird in Deutschland ein Lobbyregister auf der Internetseite des Bundestags geführt, um die entsprechende Interessenvertretung zu formalisieren und eine mögliche Einwirkung auf die Bundespolitik für die breite Öffentlichkeit offen zu legen. Alle Organisationen und Privatpersonen, die Kontakt zu Abgeordneten, deren Mitarbeitern, Fraktionen und der Bundesregierung aufnehmen, sollen sich in die Datenbank eintragen. Der DOSB ist seit dem 16.03.2022 im Lobbyregister aufgeführt. Auch einige Landessportverbände (z.-B. Landessportbund Berlin e.-V., Landessportbund Sachsen-Anhalt e. V.) und die Spitzensportverbände (z. B. Fußball, Kanu, Aikido, Segeln) sind dort dokumentiert (→ Tabelle 7). Weiterhin enthält das Register weitere Einträge von Organisationen mit Sportbezug (Berufs-/ 136 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="137"?> Athletenverbände, Sportstiftungen, Sportunternehmen, Lottogesellschaften, Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, Hochschulsportverband etc.). Insgesamt sind es zurzeit 379 Organisationen (6,3 Prozent der Gesamtzahl der registrierten Lobbyisten), die in Deutschland laut dem Register Interessen der unterschiedlichen Sportperspektiven als Hauptzweck oder als Nebenzweck auf der politischen Bundesebene vertreten (Stand: September 2023). Bei der genauen Betrachtung der Registereinträge fällt auf, dass die größten Sportlobbyisten im deutschen Sport nicht der DOSB oder der DFB bzw. die Deutsche Fußball-Liga (DFL) sind. Diese Organisationen geben jährliche finanzielle Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung in Höhe von ca. 350.000-360.000 Euro an. Die größten Lobbyisten des deutschen Sports gemessen an den entsprechenden Aufwendungen sind aktuell der Snow‐ board Verband Deutschland e. V./ Snowboard Germany (2.990.001-3.000.000 Euro) sowie der Deutsche Skiverband e. V. (2.720.001-2.730.000 Euro), die jeweils mehr als Intersport, die Mercedes-Benz Group AG und Adidas zusammen für die Interessenvertretung aufwenden. Die 10 Sportverbände mit den höchsten Ausgaben für Lobbyarbeit sind in Tabelle 7 aufgeführt. Auf die Lobbyarbeit im Sport wird auch in Kapitel 6.3 eingegangen. Sportverband Jährliche Aufwen‐ dungen für die Interessenver‐ tretung in Euro Anzahl der Mitarbeiter in der Inter‐ essenvertre‐ tung Snowboard Verband Deutschland 2.990.001 bis 3.000.000 21-30 Deutscher Skiverband 2.720.001 bis 2.730.000 11-20 Deutscher Olympischer Sportbund 520.001 bis 530.000 51-60 DFL Deutsche Fußball Liga GmbH 350.001 bis 360.000 1-10 Deutscher Fußball-Bund 330.001 bis 340.000 1-10 Landessportbund Berlin 150.001 bis 160.000 1-10 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 137 <?page no="138"?> Allgemeiner Deutscher Hochschul‐ sportverband 120.001 bis 130.000 1-10 Deutsche Reiterliche Vereinigung 120.001 bis 130.000 1-10 Teamsport Deutschland 110.001 bis 120.000 1-10 Deutsche Sportjugend (dsj) 80.001 bis 90.000 1-10 Tabelle 7: Angaben ausgewählter Sportverbände im deutschen Lobbyregister. | Quelle: Eigene Darstellung. Governmental Structures Intermediary Structures Non-Governmental Structures National Level Regional Level Local Level Federal Ministry of the Interior SMK Ministeries at Regional Level Local Administration DOSB National Sport Federations Regional Sport Federations Municipal Sports Federations Municipal Sports Associations Sport Clubs Regional Sports Associations Direct Sports Associations Membership/ Partnership Hierarchical Relation Financing Abbildung 15 Abbildung 15: Die Organisation des Sports in Deutschland. | Quelle: Petry & Hallmann (2013, S.-76). 138 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="139"?> 6.2.3 Sport Polity: Weitere Akteure Die Institutionen des Sports auf der staatlich-öffentlichen Ebene sowie auf der verbandlich-privaten Ebene (→ Abbildung 15) bestimmen zum größten Teil durch ihr Zusammenwirken das sportpolitische Geschehen, was in den nächsten Abschnitten dieses Kapitels erläutert wird. Zudem treten die folgenden weiteren Akteure, die nichtstaatliche Interessen vertreten, in diesem Zusammenhang auf: • Athleten: Sportler und ihre Interessenorganisationen (z. B. World Players Asso‐ ciation) spielen eine wichtige Rolle in der Sportpolitik, indem sie auf Themen wie Doping, Sponsoring und Athletenrechte Einfluss nehmen können. • Sponsoren: Sponsoring ist eine wichtige Finanzierungsquelle für Verbände, Vereine, Veranstaltungen und Athleten. Insbesondere Unternehmen, die Sport‐ großveranstaltungen sponsern, haben einen erheblichen Einfluss auf die Sportpolitik, da sie finanzielle Ressourcen bereitstellen und oft bestimmte Interessen und Erwartungen haben. Die Interessen der in Deutschland tätigen Sportsponsoren werden durch die Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter e.-V. (VSA) vertreten. • Medien: Medienunternehmen beeinflussen die Sportpolitik durch die Bericht‐ erstattung über Sportveranstaltungen und -themen. Sie haben auch Einfluss auf die Vermarktung von Sport und die Verbreitung von Sportinhalten. • Zuschauer und Fans: Die Meinungen und Präferenzen von Sportfans können die Sportpolitik beeinflussen, indem sie die Popularität von Sportarten und Veranstal‐ tungen bestimmen. • Internationale Organisationen: Organisationen wie die Vereinten Nationen (UN) und die Weltgesund‐ heitsorganisation (WHO) haben Interesse am Sport im Zusammenhang mit Entwicklungs- und Gesundheitszielen. • Ethik- und Menschenrechtsorganisationen: Organisationen wie Transparency International und Human Rights Watch überwachen die Integrität und die Menschenrechtspraktiken im Sport. 6.2 Sport Polity: Institutionen und gesetzliche Rahmenbedingungen der Sportpolitik 139 <?page no="140"?> Generell ist festzustellen, dass gemäß der Pluralismus-Theorie verschiedene Akteure und Interessengruppen im Sportsektor aktiv sind. Sie versuchen, ihre spezifischen Interessen in den politischen Entscheidungsprozessen durchzusetzen. 6.3 Sport Politics: Prozesse in der Sportpolitik Bei der nächsten sportpolitischen Dimension (Sport Politics) geht es um die Frage, wie die sportpolitisch wichtigen Entscheidungen zustande kom‐ men. Diese Dimension umfasst drei Prozessarten (Willensbildungsprozess, Entscheidungsprozess und Implementierungsprozess), auf die im Folgenden näher eingegangen wird (Patzelt, 2013, S.-28-29): • Willensbildungsprozess: Darunter ist nach Schubert und Klein (2018, S. 267) ein Prozess zu verstehen, „[…] bei dem (mit unterschiedlichem Gewicht) bestimmte Gegebenheiten (Zustände, Fakten) und bestimmte Absichten (Interes‐ sen, Ideen) zu politischen Überzeugungen, zu politischen Zielen und ggf. politischen Handlungen führen“. Im Rahmen des Willensbildungs‐ prozesses werden die Meinungen, Interessen und Wünsche durch poli‐ tische Organe (Parteien, Parlament) zum Ausdruck gebracht. Darauf wirken Interessenorganisationen (z. B. Sportverbände, Spielergewerk‐ schaften) ein, wofür sie über ein umfangreiches Instrumentarium wie beispielsweise Lobbyismus, öffentliche Äußerungen bzw. Debatten, Verhandlungen und Forderungen verfügen. Weitere typische Beispiele für Willensbildungsprozesse im Sportbereich sind Volksabstimmungen über die Durchführung von Großsportevents, Öffentlichkeits-/ Presse‐ kampagnen für mehr Förderleistungen (z. B. ,Sport ist Mehrwert‘ vom DOSB), Teilnahme an ministeriellen Sportkonferenzen etc. Der Willensbildungsprozess in der Sportpolitik umfasst somit die Sammlung von Informationen, die Bewertung von Interessen und Be‐ dürfnissen verschiedener Akteure wie Athleten, Sportorganisationen, Sponsoren und der Öffentlichkeit. Dieser Prozess zielt darauf ab, die Prioritäten und Ziele in der Sportpolitik zu definieren. So halten die für den Sport zuständigen parlamentarischen Ausschüsse Kontakt zu Sportorganisationen und lassen sich von anderen Organisationen und Experten informieren bzw. beraten, um politischen Handlungsbedarf zu erkennen bzw. Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. 140 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="141"?> • Entscheidungsprozess: Im Rahmen der Entscheidungsprozesse werden die unterschiedlichen Interessen „[…] ganz oder teilweise aufgenommen und mit anderen Interessen und Zielen zusammengefasst (Aggregationsfunktion), um schließlich zur politischen Entscheidung zu kommen“ (Schubert & Klein, 2018, S. 267). Dies erfordert die Abwägung unterschiedlicher Interessen und das Finden von Kompromissen, um die optimalen Lösungen für den Sportsektor zu erzielen. Das Ziel besteht darin, eine gemeinsame Richtung festzulegen und politische Lösungen zu finden. Das Ergebnis der Entscheidungsprozesse stellen Beschlüsse bzw. Gesetze dar (Patzelt, 2013, S.-29). Der politische Entscheidungsprozess beginnt in der Regel in parlamen‐ tarischen Gremien mit der Einreichung eines Gesetzesvorschlags von Mitgliedern des Parlaments, der Regierung oder von anderen berechtig‐ ten Stellen. Im Rahmen der Ausschussarbeit wird der Vorschlag geprüft, ggf. geändert und schließlich zu einem Gesetzesentwurf entwickelt. Der fertige Gesetzesentwurf soll in der Regel den Sportorganisationen vorgelegt werden, wenn ihre Belange davon berührt sind, damit sie sich dazu äußern können. Wird zu einer Gesetzesvorlage eine mündliche Anhörung durchgeführt, sind hierzu die dafür relevanten Sportverbände einzuladen. Damit wird die Beteiligung der nichtstaatlichen Interessen‐ vertretungen sowohl im Stadium des Gesetzesentwurfs als auch im Stadium der Anhörung im Rahmen des politischen Willensbildungs‐ prozesses gewährt. Wenn der Gesetzesvorschlag eine Mehrheit der Stimmen im Parlament erhält, wird er angenommen. Danach muss er jedoch noch weitere Stationen durchlaufen, um als Gesetz in Kraft zu treten (Unterzeichnung, Verkündung etc.). • Implementierungsprozess: Nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes folgt die Phase der Implementie‐ rung, wofür in der Regel Exekutive, Verwaltung und andere relevante Akteure verantwortlich sind. Der Implementierungsprozess zielt darauf ab, die politischen Ziele in die Praxis umzusetzen und die angestrebten Veränderungen zu erreichen. In dieser Phase werden Entscheidungen in konkrete Maßnahmen (z. B. Erlass von Verwaltungsbestimmungen, Bereitstellung von Ressourcen zur Durchführung beschlossener Maß‐ nahmen) transformiert (Patzelt, 2013, S. 29). Die Überwachung und die Bewertung der Ergebnisse sind weitere wichtige Zielsetzungen der Implementierungsarbeit. 6.3 Sport Politics: Prozesse in der Sportpolitik 141 <?page no="142"?> Die Phasen der Willensbildung, Entscheidungsfindung und Implementie‐ rung in politischen Prozessen sind in erheblichem Maße von politischen Konflikten und Machtkämpfen geprägt. Insbesondere in der Phase der Willensbildung treten Meinungsverschiedenheiten und Machtkämpfe auf, da verschiedene Akteure ihre Interessen und Perspektiven einbringen. Die Dynamik dieser Auseinandersetzungen beeinflusst maßgeblich auch die Entscheidungsphase, in der die formelle Struktur politischer Institutionen mit informellen Verhandlungen und Allianzen verschmilzt. Dieses komplexe Zusammenspiel setzt sich auch während der Implementierung fort, wo die tatsächliche Umsetzung von politischen Beschlüssen durch politische Akteure auf verschiedenen Ebenen erfolgt. Es wird dabei deutlich, dass in politischen Prozessen formelle und informelle Komponenten vorhanden sind. Diese Komponenten sind jedoch nicht als gegensätzlich zu betrachten, sondern vielmehr als sich ergänzende Elemente innerhalb eines komplexen politischen Gefüges (dazu ausführlich bei Mayntz, 1998, S.-55-65): • Formelle Komponente: Formelle Komponente der Prozesspolitik sind öffentlich nachvollzieh‐ bar. Es sind Pflichten, Befugnisse, Beschränkungen sowie Verfahren, im Rahmen derer die politischen Prozesse ablaufen. Diese sind durch Ge‐ setze, Organisationsstatuten, Verträge oder auch durch Gewohnheits‐ recht fixiert. • Informelle Komponente: Es handelt sich um nicht rechtlich fixierte, intersubjektiv geteilte und in der Regel nur Eingeweihten bekannte Strukturen und Verfahrensweisen im politischen Prozess (Lauth, 2014, S. 21; Mayntz 1998, S. 56). Es sind Mechanismen, die sich der öffentlichen Kontrolle entziehen und daher unter Umständen sogar illegal sein könnten. Beispiele hierfür sind politische Korruption, illegale Protestaktionen oder auch Gewalt und Drohungen. Die sportbezogenen Aushandlungsprozesse finden häufig in informellen Netzwerken statt. Die informelle Komponente ist im Sport besonders groß, sodass Vorabsprachen in der Sportpolitik weit verbreitetet sind. Diese Vorentscheidungen werden dann auf die for‐ mell-politische Ebene übertragen, indem sie im Rahmen der Ausschuss- und Gremiensitzungen oder Anhörungen diskutiert werden (Lösche, 2010, S. 20). Auch im Sport werden politische Entscheidungen und Meinungen mitunter mit illegalen Instrumenten beeinflusst (z. B. Fall „Eva Kaili“ im Kontext der FIFA WM in Katar). 142 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="143"?> Ein wichtiges Einflussinstrument des Sports im Stadium des politischen Willensbildungsprozesses ist Lobbying. Als Lobbyisten werden Interessen‐ gruppen bzw. Verbandsvertreter bezeichnet, „[…] die in modernen Demo‐ kratien versuchen, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen, und dabei v. a. auf Parteien, Abgeordnete, Regierungen (einschließlich Verwaltung), aber auch auf Öffentlichkeit und Medien Druck ausüben“ (Schubert & Klein, 2018, S. 211). In Deutschland stellen die Aktivitäten der Interessenverbände/ -gruppen einen bedeutenden Teil politischer Ent‐ scheidungsprozesse dar. Sie agieren sowohl in institutionalisierten als auch in informellen, mitunter persönlichen und daher für die Öffentlichkeit unsichtbaren Netzwerken. 6.4 Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik Die dritte sportpolitische Dimension (Sport Policy) bezieht sich auf die strategischen Maßnahmen, Programme und Entscheidungen, die von Regie‐ rungen, Sportorganisationen, Verbänden und anderen Interessengruppen entwickelt und umgesetzt werden. Es handelt sich um inhaltliche Teile der Sportpolitik (z. B. konkrete Maßnahmen, Programme, Ziele, Entschei‐ dungen, Gesetze), die sehr vielfältig sein können. Üblicherweise arbeiten Sportorganisationen und Politik in verschiedenen Politikfeldern eng zusam‐ men, um gemeinsame Ziele zu erreichen und den positiven Einfluss des Sports auf die Erreichung gesellschaftlicher Ziele zu stärken: • Sozialpolitisches Feld: Dieses Feld bezieht sich auf die Politik und Maßnahmen, die darauf abzielen, soziale Ziele im Zusammenhang mit dem Sport zu erreichen (z. B. soziale Integration und Teilhabe, soziale Gerechtigkeit, soziales Engagement). • Wirtschaftspolitisches Feld: Dieses Feld betrifft eine Vielzahl von Themen und Maßnahmen, die darauf abzielen, wirtschaftliche Chancen im Zusammenhang mit dem Sport zu nutzen und die wirtschaftliche Entwicklung im Sport zu fördern und zu überwachen. • Gesundheitspolitisches Feld: Dieses politische Feld zielt auf die Bedeutung von Sport und körperlicher Aktivität für die Gesundheit ab. Es umfasst Maßnahmen zur Prävention 6.4 Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik 143 <?page no="144"?> von Gesundheitsproblemen und zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens. • Bildungspolitisches Feld: Sport kann als Werkzeug zur Bildung dienen. In diesem Feld werden Bildungsprogramme und -projekte gefördert, die auf die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen wie Teamarbeit, Fair Play und Respekt abzielen. • Außenpolitisches, entwicklungspolitisches und humanitäres Feld: Dieses Feld bezieht sich auf die Anwendung sportlicher Aktivitäten und Initiativen, um außenpolitische Ziele zu erreichen, zur internationalen Entwicklung beizutragen und humanitäre Ziele zu verfolgen. Im Folgenden werden zentrale inhaltliche Schwerpunkte und Positionen der (deutschen) Sportpolitik beleuchtet, wobei zwei Perspektiven unterschieden werden: die staatliche Perspektive und die Perspektive des organisierten bzw. nichtstaatlichen Sports. Im Mittelpunkt der jeweiligen Perspektive ist zunächst noch einmal auf die inhaltliche Kompetenzteilung hinzuweisen: Dem Bund obliegt vor allem die Förderung des Spitzensports und in die Hoheit der Länder und Kommunen fällt die Förderung des Breitensowie des Schulsports (→ Kapitel 6.2.1). Auch unter den Sportverbänden sind die inhaltlichen Kompetenzen je nach föderaler Ebene bzw. Verbandsart (sportartspezifisch vs. sportartübergreifend) aufgeteilt, wie in → Kapitel 6.2.2 bereits beschrieben wurde. Beim inhaltlichen Zusammenwirken mit dem Sport ist der Staat an den folgenden Orientierungsrahmen gebunden (Bundesregierung, 2002, S.-4): • Autonomie des Sports: Das Recht der Vereine und Verbände zur selbständigen Regelung ihrer inneren Angelegenheiten. • Subsidiarität: Die staatliche Förderung des Sports erfolgt nur dann, wenn die Zuwen‐ dungsempfänger ihre eigenen Finanzierungsmöglichkeiten voll ausge‐ schöpft haben. • Partnerschaftliche Zusammenarbeit: Staat und Sport stimmen sich konzeptionell ab und erarbeiten gemein‐ same Vorstellungen und Maßnahmen für die Sportförderung. Im Mittelpunkt der inhaltlichen Politikdimension der Sportorganisationen stehen folgende Bemühungen bzw. Forderungen: 144 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="145"?> • Forderung nach der (grund-)gesetzlichen Verankerung des Sports/ der Sportförderung: Sport soll als Staatsziel ins GG der Bundesrepublik aufgenommen werden. Damit soll Sport als Pflichtaufgabe des Staates und nicht als „freiwillige“ Leistung gelten. • Forderung nach einer gesetzlichen Absicherung der Verbandsautono‐ mie: So sollen mehr Sondergesetze zugunsten der Sportverbände z. B. zur Stärkung der Verwertungsrechte der Sportveranstalter verabschiedet werden (mehr dazu bei Herrmann, 2022, S.-135-155); • Forderung nach einer umfassenden finanziellen Förderung des organi‐ sierten Sports. Abbildung 16 formelle Steuerungsinstrumente informelle Steuerungsinstrumente Governance als Regelung Governance als faktisch verbindliche bürokratische Mechanismen Governance als „Accountablity“ Governance als unverbindliche Vernetzung von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren Governance als totale Deregulierung Abbildung 16: Steuerungsinstrumente in der Politik. | Quelle: Kornbeck (2006, S.-36). Neben politischen Inhalten, Forderungen und Wirkungsfeldern stellt die Art der staatlichen Regulierung ein wesentliches Policy-Merkmal dar (Lange et al., 2013, S. 9). Der Begriff der Regulierung umfasst sowohl ein Regelwerk als auch entsprechende Kontrollinstrumente: „[…] the promulgation of an au‐ thoritative set of rules, accompanied by some mechanism […] for monitoring and promoting compliance with these rules“ (Baldwin et al., 1998, S. 3-4). Im Umkehrschluss bedeutet Deregulierung, dass der Einfluss des Staates geringer wird. Demnach kann auch im Sport zwischen den Instrumenten der Regulierung und Deregulierung bzw. zwischen formellen und informellen Steuerungskonzepten unterschieden werden. Dabei zeigt Kornbeck (2006, S. 36) auf, dass es zwischen diesen beiden Polen Abstufungen geben kann, wie in →-Abbildung 16 veranschaulicht wird. 6.4 Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik 145 <?page no="146"?> Eine unmittelbare staatliche Intervention in die Selbstverwaltung des Sports ist in Deutschland aufgrund der gesetzlich verankerten Sportauto‐ nomie untersagt (Fahner, 2012, S. 144). Trotzdem sind staatliche Eingriffe in den Sport in vielen Ländern keine Seltenheit (Lin et al., 2008, S. 23), und auch in der Bundesrepublik ist vom steigenden Regulierungsanspruch des Staates auszugehen. So spricht Meier (2010, S. 182) vom „Aufstieg des Regulierungsstaates“ im europäischen und deutschen Spitzensport. In erster Linie verbindet er die Zunahme des staatlichen Einflusses im Spitzensport mit der wettbewerbspolitischen Kontrolle (z. B. im Bereich der Übertragungsrechte, Spielertransferrechte), wobei folgende Gegebenheiten ausschlaggebend erscheinen: • Die Existenz latenter Interessenkonflikte im Sport, • die Dynamik der europäischen Binnenmarktintegration (z. B. Regulie‐ rung des Spielermarktes) sowie • die Umfeld- und Selbstkommerzialisierung des Sports (z. B. Werberestriktionen, Sportrechtevermarktung). Ergänzend dazu ist darauf hinzuweisen, dass auch Dysfunktionen des Spit‐ zensports (z. B. Doping, Korruption) zum stärkeren Regulierungswunsch seitens des Staates führen können. So ist in Deutschland seit 2015 das Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) in Kraft, das darauf abzielt, den Einsatz von Doping-Substanzen im Sport zu bekämpfen und zu regulieren. Neben der Hard-Law-Regulierung - also rechtlichen Verpflichtungen, die für die beteiligten Parteien verbindlich sind und vor einem Gericht durchgesetzt werden können (z. B. Gesetze, Satzungen, Verordnungen) - besteht auch das sogenannte Soft Law als mögliches Instrument der politischen Einwirkung. Das Soft Law bezeichnet Übereinkünfte, Resolutionen, Leitlinien oder Absichts‐ erklärungen, die nicht rechtlich bindend sind. Soft Law findet vor allem auf internationaler Ebene Anwendung, etwa im Europarecht oder im Völkerrecht. Häufig verzichten zwischenstaatliche und supranationale Organisationen auf klassische staatliche Interventionsinstrumente und versuchen stattdessen, ihre Ziele durch Sensibilisierung, Verhandlung, Netzwerkbildung und freiwillige Ab‐ kommen zu erreichen (Kornbeck, 2006, S.-31). Beispielsweise sind Resolutionen der UN-Generalversammlung ein Beispiel für die „weichen Vorschriften“. Die EU übt ihre Soft-Law-Befugnisse durch Förderprogramme in eng mit dem Sport verbundenen Bereichen wie Bildung, Gesundheit und soziale Eingliederung aus. Auch einzelne Staaten setzen Soft-Law-Instrumente ein, indem sie Ethik- oder Verhaltenskodexe für Sportorganisationen entwickeln. Diese enthalten oft 146 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="147"?> Richtlinien für ethisches Verhalten, Fair Play und die Einhaltung von Werten im Sport. Diese Kodexe sind nicht per se rechtlich bindend, sondern dienen zunächst als Leitlinien. Die Anerkennung und Befolgung der Kodexe bringt jedoch den Sportorganisationen in der Regel weitreichende Vorteile, was am Beispiel von National Sports Code of India von 2011 aufgezeigt wird: • Erhalt staatlicher Finanzmittel, • Nutzung verschiedener Erleichterungen und Vergünstigungen (z. B. in Form von Zollbefreiungen, Steuervergünstigungen und Sondergeneh‐ migungen) und • Verwendung des Wortes Indien im Namen der nationalen Sportver‐ bände. Auch in Deutschland wird die Sportförderung als zentrales Instrument der Einflussnahme und Regulierung seitens des Staates eingesetzt, die sowohl direkt - mit monetären Zuschüssen durch zweckgebundene Förderpro‐ gramme - als auch indirekt - mit Steuervorteilen und der kostengünstigen Nutzung der öffentlichen Sportinfrastruktur erfolgt (Wadsack & Wach, 2019, S. 215). Die öffentliche Förderung führt zur Ressourcenabhängigkeit des Sports vom Staat. Aufgrund dessen erwartet der Staat Gegenleistungen und setzt bestimmte, seinen Interessen entsprechende Auflagen voraus (Lösche, 2010, S. 25). Dadurch, dass staatliche Fördermittel teilweise zweck- und aufgabengebunden gewährt werden, wird das Prinzip der Autonomie (zumindest über die inhaltliche Komponente) de facto außer Kraft gesetzt (Heinemann, 1996, S.-195). In diesem Zusammenhang können für einen Staat viele Instrumentalisie‐ rungsmöglichkeiten hinsichtlich des Sports von Interesse sein (mehr dazu bei Lin et al., 2008). Wie am Anfang dieses Unterkapitels skizziert wurde, kann Sport als außenpolitisches Instrument, als Instrument nationaler Iden‐ tifikation, als standortpolitisches Instrument, als Instrument der sozialen Integration, als Entwicklungsinstrument, als diplomatisches Instrument, als Bildungsinstrument, als Instrument zur Förderung der Menschenrechte etc. politisch eingesetzt werden. In dieser Hinsicht richtet auch der deutsche Staat eine Reihe von Erwartungen an den Sport (z. B. Vermittlung der Werte, Integration von Randgruppen), womit auch der Steuerungsanspruch sowohl im Spitzenals auch im Breitensport steigt (Meier, 2022, S. 365, S. 373-376). 6.4 Sport Policy: Inhalte in der Sportpolitik 147 <?page no="148"?> Exkurs | Spitzensport als Instrument der Außenpolitik Insbesondere in totalitären, nicht demokratischen Regimen wird Spit‐ zensport nach innen zu politischen Propaganda-Zwecken und nach außen als Instrument zum internationalen Image-Wandel im Sinne der Identitätspolitik (Nation Branding) systematisch eingesetzt. Das NS-Regime nutzte die Olympischen Spiele von 1936 in Berlin nicht nur, um den Nationalstolz der Bevölkerung zu steigern, sondern versuchte gleichzeitig, ein weltoffenes Image zu erzeugen. Mit der Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2022 hat Katar Sport als diplomatisches Instrument eingesetzt. Es war ein Versuch, positive Assoziationen bei der internationalen Öffentlichkeit zu erzeugen und sich als einen ver‐ lässlichen politischen Partner zu zeigen. Auch Saudi-Arabien, Aserbai‐ dschan und die Vereinigten Arabischen Emiraten - Länder, die mit massiven Menschenrechtsverletzungen und der Einschränkung der Pressefreiheit in Verbindung gebracht werden - betreiben seit Jahren nach dem Katar-Beispiel eine strategische Imagepflege mit Spitzensport. Solche Strategien werden unter dem Begriff Sportswashing subsumiert. Boykoff (2022, S. 342) gibt dafür folgende Definition: „[…] a phenomenon whereby political leaders use sports to appear important or legitimate on the world stage while stoking nationalism and deflecting attention from chronic social problems and human-rights woes on the home front.” Zudem wird der deutsche Sport zunehmend angehalten, einen Legitimati‐ onsbeleg seiner Leistungen im Sinne der öffentlichen Ressourcengeber zu erbringen. Die Möglichkeiten der Legitimation im Spitzensport beschränk‐ ten sich traditionell auf den Nachweis von Medaillen und hohen Rangplätzen bei Wettkämpfen bzw. Meisterschaften. Das bedeutet, dass die Finanzhilfe des Bundes bis 2016 schlicht nach vergangener Medaillenausbeute verteilt wurde. Danach wurde in Deutschland eine Reform der Spitzensportförde‐ rung durchgeführt. Auf Wunsch des Innenministeriums wurde die soge‐ nannte „potenzialorientierte Förderstruktur“ („PotAS“) eingeführt, die den Spitzensport transparenter und gezielter fördern soll. In der PotAS-Analyse werden nicht nur bisherige Erfolge, sondern das Potenzial in unterschied‐ lichen olympischen Sportdisziplinen nach zahlreichen Kriterien bewertet. In einem komplexen Verfahren werden sportliche Erfolge, Kaderpotenzial und Verbandstrukturen ausgewertet. Die Ergebnisse der PotAS-Kommission 148 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="149"?> dienen als Grundlage für die Vergabe der Fördermittel des Bundesinnen‐ ministeriums. Jedoch scheint zumindest im Fall von Leichtathletik das seitens einiger Sportverbände viel kritisierte „PotAS“-Fördersystem noch keine zufriedenstellenden Wirkungen erzielt zu haben. So hat der Deutsche Leichtathletik-Verband nach dem PotAS-Verfahren im Jahr 2021 zwar sehr gut abgeschnitten, die deutschen Athleten konnten jedoch bei der Weltmeis‐ terschaft 2023 keine einzige Medaille gewinnen. Basketball belegte den letzten Platz im PotAS-Ranking, was auf ein niedriges Potenzial hinweisen sollte. Dennoch gewann das nationale Team den WM-Titel 2023. Trotz der Kritik will der DOSB an PotAS festhalten, wobei das System in naher Zukunft reformiert werden soll. Im Bereich des Breitensports ist die Legitimation gegenüber der öffent‐ lichen Hand sehr herausfordernd. Zum einen liegt es an den vielfältigen Zielen bzw. erwarteten Wirkungen, die die Politik an den Sport richtet. Zwar existieren auch in Deutschland zahlreiche Studien zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Sports, was als generelle Legitimation aufgefasst werden kann. Wie aber Wadsack und Wach (2019, S. 216-217) festhalten, handelt es sich um eine vergangenheitsorientierte Form, weshalb es für zukunftsorientierte, konkrete Förderungsentscheidungen weiterer Ansätze bedarf. 6.5 Fazit Bei Politik und Sport handelt es sich um dynamische Teilsysteme der Gesell‐ schaft, deren gegenseitige Beziehung komplex ist. Gegenwärtig wird zwar die Unabhängigkeit des Sports sowohl von Seiten des Staates als auch von den maßgeblichen Sportsorganisationen betont und das Prinzip vom „unpo‐ litischen Sport“ („Sport and politics don't mix“) auf der höchsten staatlichen Ebene verkündet. Dennoch scheint dieses Ideal nicht mehr vollständig umgesetzt zu sein. Die in diesem Kapitel vorgenommene Betrachtung der Beziehung in allen politischen Dimensionen (Polity, Policy, Politics) zeigt, dass Sport kein „politikfreier“ Bereich ist. So agieren heute Sportorgani‐ sationen und politische Institutionen bzw. staatliche Organe zusammen in sektorübergreifenden Netzwerken und kooperativen Organisationen, die die charakteristischen Anwendungsfelder für Governance bilden. Das Verhältnis zwischen Sport und Politik ist durch eine starke wechselseitige Abhängigkeit geprägt. Auf der einen Seite steht die Abhängigkeit des Sports 6.5 Fazit 149 <?page no="150"?> von politisch bereitgestellten Ressourcen. Auf der anderen Seite sind zahl‐ reiche Anzeichen der Politisierung des Sports und des stets zunehmenden staatlichen Interesses sowohl am Spitzenals auch am Breitensport zu verzeichnen. Demnach ist ihre inhaltliche Beziehung durch gegenseitige Erwartungen und nicht notwendigerweise durch die gleichen Zielsetzungen gekennzeichnet (Lösche, 2010, S.-12-13; Ronge, 2010, S.-162). In diesem politischen Gefüge ist Macht ein wichtiger Faktor. Trotz der Sportautonomie kann die Politik einen starken Einfluss auf den Sport neh‐ men, wobei hier v. a. die Sportförderung sowie Gesetze und Vorschriften als Instrumente eingesetzt werden. Aber auch der Sport verfügt über mächtige Verbände und Mittel wie Lobbying und öffentliche Aufmerksamkeit, um auf die Entscheidungen zuständiger Kommunen oder auch der Landes- oder Bundesregierung einzuwirken. Allein die Tatsache, dass im deutschen Sport viele Millionen Menschen organisiert sind, macht solche Organisationen wie den DOSB und den DFB zu politischen Schwergewichten. Gerade in Hinblick auf dieses Machtverhältnis und vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erwartungen der beteiligten Akteure ist die Stärkung der vorhandenen bzw. die Schaffung neuer gemeinsamer Governance-Institutionen und -Re‐ glemente für die Zusammenarbeit auf allen hierarchischen Ebenen sowie zwischen den Ebenen von großer Bedeutung. Gegenwärtig ist eine wachsende Anerkennung für diese Komplexität der sportpolitischen Themen auch in der Wissenschaft festzustellen. Die theo‐ retische Fundierung sowie die Schaffung der wissenschaftlichen Evidenz ist dabei entscheidend, um sportpolitische Entscheidungen und die Zusam‐ menarbeit zwischen den beiden Sektoren zu unterstützen. Insbesondere die Rolle der Sportverbände in politischen Prozessen, in der Entscheidungs‐ findung und Interessenvertretung ist weiter zu untersuchen. Zudem kann die wissenschaftliche Forschung dazu beitragen, die Auswirkungen von bestehenden Sportpolitikmaßnahmen und öffentlichen Förderprogrammen zu bewerten. Durch Evaluationen können Politikinstrumente verbessert, angepasst oder erweitert werden, um ihre Wirksamkeit zu steigern. ➲ Kontrollfragen • Welches Verhältnis besteht zwischen Sport und Politik heute? • Welche drei Dimensionen definieren politische Governance im Sport? 150 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="151"?> • Wie sind die sportpolitischen Aufgaben zwischen unterschiedlichen staatlichen Ebenen in Deutschland aufgeteilt? • Beschreiben Sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Sports in Deutschland! Welche Organe haben die legislativen Zuständigkeiten im Sport? • Welche politischen Ämter und staatlichen Organe beeinflussen als Exekutive die Sportgestaltung in Deutschland? • Welche Funktion erfüllt die Sportministerkonferenz (SMK)? • Wie ist die Sportverwaltung auf der kommunalen Ebene organisiert? Welche Aufgaben hat sie? • Wie sind die sportpolitischen Zuständigkeiten auf der Ebene der Euro‐ päischen Union geregelt? • Welche Organisationen vertreten den organisierten Sport auf der poli‐ tischen Ebene? • Welche Aufgaben hat der DOSB? • Was bedeutet das sogenannte „Ein-Verbands-Prinzip“? • Wie ist die Interessenvertretung des Sports auf der internationalen Ebene institutionell organisiert? • Welche Prozessarten sind im politischen Geschehen zu unterscheiden? Beschreiben Sie diese kurz! • Was ist der Unterschied zwischen formalen und nichtformalen Kompo‐ nenten der Prozesspolitik? • Was ist unter Lobbyismus im Sportkontext zu verstehen? • Was ist unter dem Begriff Sportswashing zu verstehen? • Welche Grundsätze gelten beim inhaltlichen Zusammenwirken zwi‐ schen Sport und Politik in Deutschland? • Was ist der Unterschied zwischen Soft Law und Hard Law? • Welche Forderungen stellt der organisierte Sport an die Politik? • Wie versucht die Politik, den Sport zu instrumentalisieren? ➲-Literaturempfehlungen Lin, C.-Y., Lee, P.-C. & Nai, H. F. (2009). Theorizing the Role of Sport in State Politics. In International Journal of Sport and Exercise Science, 1(1), 23-32. Lösche, P. (2010). Sportpolity, Sportpolitics und Sportpolicy als theoretische Annä‐ herung an eine Sportpolitikwissenschaft. In W. Tokarski & K. Petry (Hrsg.), Handbuch Sportpolitik (S.-12-29). Schorndorf: Hofmann. ➲-Literaturempfehlungen 151 <?page no="152"?> Meier, H. E. (2022). Sportpolitik und Sportpolitikwissenschaft. In A. Güllich & M. Krüger (Hrsg.), Grundlagen von Sport und Sportwissenschaft: Handbuch Sport und Sportwissenschaft (S.-431-448). Berlin: Springer. Meier, H. E. (2010). Regulierung und De-Regulierung als staatlicher Steuerungsme‐ chanismus im Sport. In W. Tokarski & K. Petry (Hrsg.), Handbuch Sportpolitik (S.-142-157). Schorndorf: Hofmann. 152 6 Politische Aspekte der Sport Governance <?page no="153"?> 7 Performance und Sport Governance Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • den Begriff Performance zu definieren, • die Besonderheiten der Performance von Sportorganisationen zu erläutern, • Ansätze zur Messung der Performance von Sportorganisationen zu beschreiben, • die Auswirkung der Governance auf die Performance der Sportor‐ ganisation oder deren Subsysteme zu identifizieren und zu messen, • den Einfluss der Organisation sowie der einzelnen Organe und der Mitglieder auf die Performance zu beurteilen, • die Rolle des Konzepts der Good Governance in Bezug auf Perfor‐ mance in Sportorganisationen einzuschätzen, • das Performance-Management einzuordnen und • die Rollen der finanziellen und der strategischen Performance im Kontext von Sportorganisationen zu beurteilen. Dieses Kapitel setzt sich mit der Performance in der Governance ausein‐ ander. Dabei soll insbesondere herausgearbeitet werden, welche Besonder‐ heiten die Performance-Messung und -kontrolle in Sportorganisationen aufweisen. Dazu wird zunächst der Begriff der Performance definiert und auf den Sport übertragen. Weiterhin werden die Ansatzpunkte der Performance im Sport erörtert. Im weiteren Verlauf des Kapitels wird erarbeitet, welche Einflussfaktoren auf die Performance wirken und wie die Governance selbst die Performance verbessern kann. Dazu wird der Einfluss der einzelnen Organe auf die Performance betrachtet. Zudem werden Grundlagen des Performance-Managements vorgestellt. <?page no="154"?> 7.1 Begriffliche Grundlagen In diesem Abschnitt sollen die wesentlichen Begriffe definiert werden. • Performance: Performance ist in der Literatur nicht einheitlich definiert. Einen Über‐ blick über verschiedene Definitionen leisten Taouab und Issor (2019). In diesem Werk soll der Definition von Lebas und Euske (2006, S. 71-72) gefolgt werden, nach denen die Performance das Ausmaß der Erfüllung verschiedener finanzieller und nichtfinanzieller Indikatoren darstellt. Diese Zielerreichung kann nach Mouzas (2006, S. 1124) durch zwei Konzepte bewertet werden: Effektivität und Effizienz. Diese werden wie folgt definiert: • Effektivität: Die Effektivität bezieht sich auf den Output und bemisst sich an Indikatoren wie Leistung, Qualität, Wertschöpfung und Innovation (Bartuševičienė & Šakalytė, 2013, S. 48). Für die Bemessung der Effek‐ tivität muss dementsprechend ein Vergleichswert für die erreichten Outputs festgelegt werden. Somit kann die Effektivität als Grad der Zielerreichung verstanden werden (Dicke, 1994, S.-40). • Effizienz: Die Effizienz bezieht sich hingegen auf das Verhältnis zwischen Input und Output und bemisst, wie erfolgreich der Prozess der Umwandlung von Inputfaktoren in Outputfaktoren war (Bartuševičienė & Šakalytė, 2013, S. 49). Hinsichtlich der Effizienz kann zwischen der organisationa‐ len und der wirtschaftlichen Effizienz unterschieden werden (Pinpray‐ ong & Siengthai, 2012, S. 31). Die wirtschaftliche Effizienz bemisst dabei die Performance der Input-Output-Rate, während die organisationale Effizienz die Entwicklung und Verbesserung der internen Abläufe in Form von Strukturen, der Organisationskultur oder der Gemeinschaft abbildet (Bartuševičienė & Šakalytė, 2013, S.-49). Zusammenfassend kann eine gute Performance als das Zusammenspiel von Effektivität und Effizienz betrachtet werden. Eine Sportorganisation, die ihre Ziele erreicht (also effektiv ist) und dabei die zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzt (also effizient ist), zeigt insgesamt eine gute Performance. 154 7 Performance und Sport Governance <?page no="155"?> 7.2 Die Forschung zum Zusammenhang von Governance und Performance Die Forschung zum Zusammenhang des Einflusses der Corporate Gover‐ nance auf den Unternehmenserfolg ist breit gefächert. So stellen Bocean und Barcu (2007) einen Zusammenhang zwischen der Corporate Governance einer Unternehmung und deren Erfolg fest und analysieren, auf welche Art und Weise die Governance den Erfolg beeinflusst. Aljifari und Moustafa (2007) zeigen am Beispiel von Firmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie die Governance Einfluss auf die wirtschaftliche Performance nimmt. Mewhirter et al. (2018) legen den Fokus hingegen auf den Einfluss von Externalitäten auf die Performance des Governance-Systems, während Kumari und Pattanayak (2017) den Zusammenhang zwischen Governance, Managementpraktiken und dem wirtschaftlichen Erfolg untersuchen. Einen Vergleich von verschiedenen Governance-Systemen in Bezug auf die Per‐ formance nimmt Mueller (2006) vor. Firth et al. (2006) rücken die Effizienz von Governance-Systemen in den Vordergrund ihrer Analyse. Dies belegt, dass die Forschung im Bereich der Profit-Organisationen außerhalb des Sportsektors bereits weit vorangeschritten ist. Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen Performance und dem Governance-System im Sportsektor finden sich jedoch deutlich weniger. So untersuchen beispielsweise O’Boyle und Hassan (2014) die Perfor‐ mance-Messung in Sportorganisationen und stellen dabei auch einen Bezug zur Governance her. Eine Überblicksarbeit zum Thema Governance-Prin‐ zipien und Performance in Sportorganisationen liefern Parent und Hoye (2018), während Hoye und Doherty (2011) die Performance von einzelnen Organen in Non-Profit-Sportorganisationen analysieren und damit implizit das Governance-System berücksichtigen. Bayle und Robinson (2007) setzen sich am Beispiel französischer Sportverbände mit dem Einfluss der Mana‐ gementpraktiken auf die Performance auseinander. 7.3 Performance im Kontext des Sports Am Beispiel der oben aufgeführten Studien zeigt sich bereits ein zentrales Problem der Performance im Sport und deren Zusammenhang mit der Go‐ vernance. Während die Studien zum Zusammenhang zwischen Performance und Governance in erwerbswirtschaftlichen Unternehmen in der Regel auf finanzielle Erfolge abstellen, ist die Untersuchung dieses Zusammen‐ 7.2 Die Forschung zum Zusammenhang von Governance und Performance 155 <?page no="156"?> hangs bei Sportorganisationen weitaus komplexer, da deren Ziele stärker ausdifferenziert und kaum hierarchisch strukturiert sind. So unterschei‐ den sich die Ziele eines Breitensportvereins erheblich von denen eines Profisportklubs. Sportverbände haben hingegen wiederum andere Ziele als Sportvereine. Prinzipiell sind bei Sportorganisationen Zielsetzungen im Sinne des sportlichen und wirtschaftlichen Erfolgs (z. B. Gewinn der Meisterschaft oder Erreichen eines ausgeglichenen Budgets) ebenso denkbar wie Zielsetzungen im Bereich der gesellschaftlichen oder politischen Sphäre (z. B. gesellschaftliche Reputation oder Durchsetzung einer ausgeprägten staatlichen Förderkultur). Die Ziele und die verfügbaren Ressourcen einer Sportorganisation deter‐ minieren, wie deren Performance gemessen und bewertet wird (King, 2017, S. 116). Ausgehend von den Zielen der jeweiligen Sportorganisation und dem Verständnis der Performance als Ausmaß der Zielerreichung setzt die Analyse des Verhältnisses zwischen Performance und Sport Governance zudem die Existenz von geeigneten Kriterien zur Performance-Messung voraus. Je nach Zielsetzung der Sportorganisation bieten sich dafür u. a. die folgenden Kriterien an: • sportlicher Erfolg • ökonomischer Erfolg bzw. finanzielle Kennzahlen • Anzahl der Mitglieder • Anzahl der Teilnehmer an Veranstaltungen oder Turnieren • Handeln für die die lokale Gemeinschaft • Einfluss auf die soziale Umgebung • Zuschauerzahlen und deren Entwicklung Da die Zielsetzungen der Sportorganisationen sehr unterschiedlich ausfal‐ len, müssen die zur Messung der Performance genutzten Indikatoren jeweils individuell an die Sportorganisation angepasst werden. Sie müssen somit für das Ziel der Performance-Messung unter Berücksichtigung der Charak‐ teristika der Organisation geeignet sein. Insgesamt zeigt sich, dass aufgrund der ausdifferenzierten und kaum hierarchisch strukturierten Zielsetzungen der Sportorganisationen die Messung ihrer Performance äußerst komplex ist. Außerdem variieren zwischen verschiedenen Stakeholdern die Kriterien für die Bewertung der Performance mitunter stark, da die Ziele und Er‐ gebnisse der Sportorganisation unterschiedlich gewichtet werden können. Sogar innerhalb einer Stakeholdergruppe kann eine unterschiedliche Auf‐ 156 7 Performance und Sport Governance <?page no="157"?> fassung der Bedeutung von organisationaler Effektivität bzw. der Wichtig‐ keit einzelner Indikatoren vorliegen (King, 2017, S. 118). Hoye und Cuskelly (2007, S. 158) stellen in diesem Zusammenhang fest, dass eine einheitliche Definition von Performance, die unabhängig von den unterschiedlichen Vorstellungen der Stakeholder erfolgt, nicht haltbar bzw. nicht nützlich ist. King (2017, S. 116-117) nennt die folgenden spezifischen Bereiche von Sportorganisationen, die einer Performance-Messung unterzogen werden können: • Governance-Strukturen, -Prozesse und -Praktiken, • effiziente Verwaltungsstellen, • die Arbeit der Organisation innerhalb eines rechtlichen und ordnungs‐ politischen Rahmens, • das Engagement und die Ausweitung der Interessenvertretung sowie • die Einführung und Einhaltung von Good-Governance-Richtlinien und die Einhaltung von Werten und Normen. In diesen Bereichen lässt sich die Zielerreichung kaum quantifizierbar messen; daher kommen hier vor allem qualitative Ansätze zum Einsatz. 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen Der Einfluss der Governance auf die Performance von Sportorganisationen kann auf unterschiedlichen Ebenen bzw. in Bezug auf unterschiedliche orga‐ nisationale Einheiten analysiert werden (Hoye & Cuskelly, 2007; Nicholson & King, 2004). Eine Messung der Performance lässt sich auf Ebene • der Gesamtorganisation, • des Vorstandes bzw. des Präsidiums und seiner Mitglieder, • der Geschäftsführung, • der freiwilligen Mitarbeiter und • bei der Einführung von Good-Governance-Praktiken durchführen. 7.4.1 Organisationale Performance Da die Forschung zur Performance-Messung und -Bewertung bei Sportor‐ ganisationen eher rudimentär ist, erscheint es als sinnvoll, hier auch auf entsprechende Studien bei Non-Profit-Organisationen im Allgemeinen zu‐ 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen 157 <?page no="158"?> rückzugreifen. Diese Studien thematisieren im Wesentlichen die folgenden Aspekte (King, 2017, S.-117): • Bewertung der organisationalen Performance • Kriterien für die Bewertung der Performance • Evaluation der Bewertungsprozesse Die Studien berichten übereinstimmend, dass dem Board (Vorstand bzw. Präsidium) eine entscheidende Rolle bei der Performance der Organisation zukommt. Abbildung 17 humanes Kapital strukturelles Kapital soziales Kapital Zufallsfaktoren Aufgaben im Vorstand Board- Effektivität organisationale Performance Abbildung 17: Zusammenhang zwischen Board-Effektivität und organisationaler Perfor‐ mance. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Nicholson & Kiel (2004, S.-12). → Abbildung 17 zeigt den Wirkungszusammenhang zwischen der Arbeit des Boards und der Performance der Organisation. Das Board, das spezifi‐ sche Eigenschaften im Hinblick auf das Sozial- und Humankapital sowie das strukturelle Kapital aufweist, nimmt definierte Aufgaben wahr, deren Erfüllung von nicht beeinflussbaren Zufallsfaktoren abhängt. Die Ausge‐ staltung des Boards und dessen Effektivität bei der Aufgabenerfüllung determinieren die organisationale Performance (Nicholson & Kiel, 2004, 158 7 Performance und Sport Governance <?page no="159"?> S. 12). Organisationale Performance erfordert damit eine Ausgestaltung der Governance in einer Weise, dass das Board die Möglichkeit zur effektiven Erfüllung seiner Aufgaben hat. 7.4.2 Board Performance Die Performance des Boards lässt sich auf unterschiedliche Weise messen (Ong & Wan, 2001). Für diese Zwecke scheint die Definition von Lorsch (1997, S. 42) sinnvoll zu sein, der die Board Performance als Fähigkeit der Mitglieder des Boards (also der Führungskräfte), ihre Rollen auszufüh‐ ren, definiert. Zwar liefert diese Definition einen Ansatzpunkt für das Verständnis der Performance des Boards, lässt aber konkrete Kriterien für die Bewertung vermissen. Nach Dulewicz et al. (1995) können Kriterien zur Bewertung allerdings aus der Verantwortung des Boards hinsichtlich der Aufgaben abgeleitet werden, die wie folgt präzisiert werden können: • Festlegen und Verfolgen von Visionen, Missionen und Werten • Ableitung und Umsetzung von Strategie und Struktur • Delegation der Aufgaben • Verantwortung für die Interessen der Stakeholder Durch den Rückgriff auf die Aufgaben wird zwar keine direkte Perfor‐ mance-Messung des Boards möglich, die Ableitung von Kriterien zur Mes‐ sung der Performance wird aber erleichtert (Dulewicz et al., 1995). So könnte dieser Argumentation folgend die Performance des Boards beispielsweise durch Kriterien der Zielerreichung in der Umsetzung von Strategien und Strukturen gemessen werden. Der →-Abbildung 18 sind Faktoren zu entnehmen, die die Board Perfor‐ mance nach Hoye und Doherty (2011) beeinflussen. Nach Hoye und Doherty (2011, S. 276) wird die Arbeit des Boards vor allem durch dessen Struktur, die im Board ablaufenden Entscheidungsfindungsprozesse und die Dyna‐ miken zwischen den Mitgliedern determiniert. Auf die internen Abläufe des Boards wirken zudem die individuellen Faktoren und Kompetenzen der einzelnen Board-Mitglieder sowie umweltbezogene und organisationale Faktoren. Diese internen und externen Einflussfaktoren determinieren in ihrer Gesamtheit die Board Performance. Die Performance des Boards wirkt wiederum maßgeblich auf die Performance der Gesamtorganisation. 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen 159 <?page no="160"?> Abbildung 18 Board Factors Structure e.g., Sub-Committees Composition Introgroup Dynamics e.g., Group Dynamics Board Personality Cohision, Trust Process e.g., Meetings Decision Making Environmental Factors e.g., Institutional Pressures, Interorganisational Relationships Individual Factors e.g., Age, Education, Motivation, Competencies Organisational Factors e.g., Size, Professionalisation, Organisation Age/ Lifecycle Director Selection Factors e.g., Structure, Methode, Processes, Criteria Board Performance Of its responsibilities e.g.: Setting & Monitoring the Mission; Planning & Policy Development; Appointing & Monitoring the CEO Managing External Relationships Organisational Performance Abbildung 18: Board Performance Model. | Quelle: Hoye & Doherty (2011, S.-277). Eine hohe Effektivität des Boards setzt nicht nur entsprechende organisati‐ onalen Strukturen, sondern auch einschlägige Kompetenzen der Mitglieder voraus. Holland und Jackson (1998, S. 122-123) identifizieren die folgenden Kompetenzdimensionen als Voraussetzung für eine hohe Effektivität eines Boards: • Kontextbezogen: Die Board-Mitglieder sollten Kultur, Werte, Missionen und Normen der Organisation kennen und in die Handlungen bzw. in die Arbeit (und das Führen) einbeziehen. • Wissen über die Organisation: Die Board-Mitglieder sollten Informationen über die Organisation ha‐ ben, sollten die eigene Rolle genau kennen und ein Bewusstsein bzgl. der Verantwortung und der eigenen Performance vorweisen. 160 7 Performance und Sport Governance <?page no="161"?> • Interpersonal: Die Board-Mitglieder sollten eine positive Stimmung anstreben. Dabei geht es sowohl um die Mitglieder des Boards als auch der Organisation an sich. Es sollte insgesamt eine Atmosphäre der Zusammenarbeit und der Zugehörigkeit vorgelebt und geschaffen werden. • Analytisch: Die Board-Mitglieder sollten über die Fähigkeit verfügen, komplexe Zu‐ sammenhänge zu erkennen und verschiedene Perspektiven und Ansätze zur analytischen Lösung von Problemen zu nutzen. • Politisch: Die Board-Mitglieder sollten die Bedeutung der Interdependenzen in der Kommunikation und der Beziehung zu den Stakeholdern kennen, analysieren und einschätzen können. • Strategisch: Die Board-Mitglieder sollten die Fähigkeit besitzen, die strategische Ausrichtung und Ansatzpunkte für die Zielerreichung zu formulieren. Diese Kompetenzen sollten in ihrer Gesamtheit im Board vorliegen. Dem‐ entsprechend sollten bei der Ergänzung des Boards Mitglieder rekrutiert werden, die Kompetenzen aufweisen, die bei den bisherigen Mitgliedern nur in ungenügender Weise vorhanden sind. Holland und Jackson (1998, S. 122) berichten, dass mit zunehmender Ausprägung dieser Kompetenzen in ihrer gesamten Breite die Effektivität des Boards ansteigt. Auf die Arbeit und somit auch die Performance des Boards wirken zudem Faktoren ein, die in der Struktur des Boards selbst liegen. Diese können im Wesentlichen wie folgt klassifiziert werden (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 154): Persönliche Motivation der Mitglieder Taylor et al. (1991, S.-217) zeigen, dass die Boards effektiver arbeiten, wenn ihre Mitglieder eine individuelle Beziehung oder eine Empathie für das Ziel der Organisation aufweisen. Die Identifikation mit der Organisation kann durch eine tiefgehende Einarbeitung der Board-Mitglieder in die Organisation erreicht werden. Zyklische Muster Die Arbeit in Boards durchläuft einen Lebenszyklus, der aus vier Phasen besteht (Wood, 1992). In der Gründungsphase sind die Mitglieder motiviert 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen 161 <?page no="162"?> und liefern einen hohen Input. Es herrscht eine kollegiale Atmosphäre und die Mitglieder arbeiten strukturiert an der Zielerreichung. Die sich anschließende Super-Managing-Phase ist durch den Wunsch nach besseren Abläufen und Ergebnissen geprägt (Wood, 1992). In dieser Phase wird mehr Zeit für die Arbeit im Board aufgewendet und neue Mitglieder bringen neue Ideen und Ansätze ein, die ausgiebig diskutiert werden. Die Arbeitsabläufe verbessern sich und das Involvement aller Mitglieder ist hoch (Wood, 1992, S. 146). In dieser Phase werden durch den hohen Arbeitseinsatz häufig aber auch Probleme aufgedeckt, die zu Unstimmigkeiten im Board führen können, wodurch die Arbeit potenziell belastet wird. Anschließend folgt die Corporate-Phase, in der die Höhen und Tiefen aus der Super-Mana‐ ging-Phase überwunden werden. In der Corporate-Phase wird der Fokus auf die Etablierung von Prozessen gelegt, die eine routiniertere Arbeit ermöglichen. Oftmals führt diese Phase dazu, dass die Etablierung von standardisierten Prozessen wichtiger wird als die eigentlichen Ziele der Organisation (Wood, 1992, S. 148). In der letzten Phase - der Ratifizierungs‐ phase - streben die Mitglieder des Boards primär nach der Sicherung der eigenen Position. Deshalb werden die Ziele der Organisation mitunter vernachlässigt (Wood, 1992, S.-149). Aufgrund dieser zyklischen Muster fehlt dem Board in Krisensituationen oftmals Handlungsfähigkeit. Im Krisenfall muss das Board daher häufig angepasst oder sogar gänzlich neu ausgerichtet werden, da durch die festgefahrenen Muster und Positionen den bisherigen Mitgliedern des Bo‐ ards häufig die nötige Flexibilität zur Lösung der Krise fehlt (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 155). Auch Dart et al. (1996) zeigen in ihrer Studie, dass Boards typische Muster durchlaufen: So steigt der Formalisierungsgrad, die Ausdifferenzierung der Struktur des Boards sowie die Größe des Boards mit zunehmender Dauer. Strukturen, Prozesse und Planung Wie in → Abbildung 18 ersichtlich wurde, sind Strukturen, Prozesse und Planung entscheidende Faktoren für die Performance des Boards. Demnach weisen Boards eine höhere Performance auf, wenn die Mitglieder ihr Wissen, ihre Zeit und die Erfahrung nutzen bzw. die Möglichkeit haben, ihre Kompetenzen einzubringen. Dafür sind gezielt solche Prozesse und Strukturen zu schaffen, in denen klare Rollen und Verantwortlichkeiten festlegt werden, eine gemeinsame Vision zur Zielerreichung existiert sowie 162 7 Performance und Sport Governance <?page no="163"?> die Arbeit des Boards regelmäßig evaluiert wird (Hoye & Cuskelly, 2007, S.-156). Weiterentwicklung Nach Holland und Jackson (1998, S. 133) sind Boards effektiver, wenn sie ge‐ zielt weiterentwickelt werden. Die zentrale Rolle liegt dabei beim CEO (bzw. bei Non-Profit-Organisationen im angelsächsischen Raum beim Executive Director) (Fletcher, 1992). Um die Mitglieder sowie das Board zu entwickeln, sollte der CEO aktiv neue Mitglieder einbinden und rekrutieren. Zudem sollten für bestehende Mitglieder Trainings- und Schulungsmaßnahmen entwickelt werden und eine Unterstützung im Rahmen der strategischen Planung des Boards durch den CEO erfolgen. Durch eine Vielzahl von Weiterentwicklungsmaßnahmen kann die Arbeit des Boards effektiver gestaltet werden, was letztendlich auch die Effektivität der Organisation erhöht (Hoye & Cuskelly, 2007, S.-156). Zusammensetzung Die Board Performance wird wesentlich durch die Performance der einzel‐ nen Mitglieder determiniert. Der Beitrag des einzelnen Mitglieds zur Ge‐ samtperformance ist jedoch schwierig zu evaluieren. Die Bewertung könnte anhand der Kompetenzen der Mitglieder vorgenommen werden. Mögliche Anknüpfpunkte hierfür könnten beispielsweise Risikomanagement, Stra‐ tegieentwicklung und -verständnis, Selbstreflexion und -bewertung oder die Planung und Formulierung von Zielen sein. Nach dem aktuellen For‐ schungsstand spielt auch die Diversität des Boards eine Rolle. So weisen Boards eine überdurchschnittliche Performance auf, wenn sie in Bezug auf die Geschlechter diversifiziert aufgestellt sind, während die Einführung von Genderquoten hingegen einen negativen Effekt auf die Performance hat (Pechersky, 2016). 7.4.3 Performance des CEO Besondere Bedeutung bei der Performance des Boards kommt dem Chief Executive Officer (CEO) zu, dessen Wirken maßgeblich die organisationale Performance beeinflusst. Eine aussagekräftige Messung des individuellen Beitrags des CEO zur organisationalen Gesamtperformance oder zur Per‐ formance des Boards stößt an enge Grenzen. Eine hohe organisationale 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen 163 <?page no="164"?> 7 Compliance bezeichnet ‚Regeltreue‘ bzw. die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien sowie von freiwilligen Kodexen. Im Kontext der Compliance zu den Vorgaben des Boards geht es hingegen um die Einhaltung der Richtlinien und Kodexe, die durch das Board vorgegeben werden. Mehr zu diesem Thema ist dem → Kapitel 9 zu entnehmen. Performance erfordert daher Governance-Strukturen, in denen der Vor‐ standsvorsitzende effektiv arbeiten kann und sein Performance-Beitrag evaluiert wird (Hoye & Cuskelly, 2007, S.-163; King, 2017, S.-120). Eine Bewertung der Performance des CEO setzt die Verwendung objek‐ tiver Kriterien voraus. Diese sollten Dimensionen der Leistung abbilden, die tatsächlich auch durch den CEO beeinflussbar sind. Eine Bewertung anhand von Kriterien oder Aspekten, die nicht beeinflussbare Leistungselemente abbilden, würde zu falschen Rückschlüssen führen (Hoye & Cuskelly, 2007, S. 163). Die Kriterien zur Evaluation sollten außerdem aus den Zielen der Organisation abgeleitet werden. In die Evaluation sollte ebenfalls die Com‐ pliance 7 mit den Richtlinien und Vorgaben des Boards sowie der Umgang mit der anvertrauten Autorität einbezogen werden. Konkret könnte die Evaluation der Arbeit des CEO u. a. auf Basis folgender beispielhafter Kriterien erfolgen: • Finanzkennzahlen • Human Ressources • Fachwissen • Partnerschaften, Sponsorings oder ähnliches, die für die Organisation ausgehandelt worden sind • Mitgliederzahlen • Mitarbeiter- und Organisationsentwicklung • Unterstützung der Mitarbeiter und des Boards • Bedeutung für die lokale Community • sozialer Outcome Die Evaluation muss den Zielen der jeweiligen Organisation Rechnung tra‐ gen. Da sich die Zielsetzungen zwischen den Sportorganisationen erheblich unterscheiden können, wird dies zwangsläufig auch bei den Kriterien zur Bewertung des CEO der Fall sein. 164 7 Performance und Sport Governance <?page no="165"?> 8 An dieser Stelle muss jedoch angemerkt werden, dass die Überprüfung der Ehrenamt‐ lichen in der Praxis umstritten ist. 7.4.4 Performance der Ehrenamtlichen Für Non-Profit-Organisationen - und speziell für Sportorganisationen - nehmen die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine wichtige Rolle ein. Daher stellen die Rekrutierung, Bindung, Verwaltung sowie Weiterbildung der ehrenamtlichen Mitarbeiter elementare Aufgaben von Sportorganisationen dar. Da eine explizite Bewertung der Performance von einzelnen ehren‐ amtlichen Mitarbeitern nur erschwert möglich ist, ist es für die Organisa‐ tion wichtig, im Rahmen ihrer Governance gewisse Qualitätsstandards bei Ehrenamtlichen einzufordern. Nach King (2017, S. 121) können folgende Maßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung von Qualitätsstandards zu gewährleisten: • Überprüfung potenzieller Ehrenamtlicher, speziell in vertrauens- und verantwortungsvollen Positionen, • klare und angemessene Aufgabenbeschreibung, • Durchführung regelmäßiger Überprüfungen der Leistung 8 , • Schulungsmaßnahmen und Trainings, • Feedback an die Ehrenamtlichen und • Mentorenprogramme. Die Loyalität sowie das Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter dürften die Kosten der Organisation senken. Durch die intrinsische Motivation der Mitarbeiter ist außerdem zu erwarten, dass die Schwankung in der Performance der Ehrenamtlichen eher gering ist (King, 2017, S. 121). Insge‐ samt kann damit ein positiver Beitrag der ehrenamtlichen Mitarbeit zur Performance der Organisation erwartet werden. 7.4.5 Einfluss von Good Governance auf die Performance Nach King (2017, S. 127) ist durch das Verfolgen von Good-Governance-Prin‐ zipien (siehe hierzu → Kapitel 8) eine indirekte, positive Auswirkung auf die Performance zu erwarten. Dieser Zusammenhang lässt sich u. a. durch folgende Sachverhalte erklären: • Durch die Implementierung von Good Governance wird eine eindeutige und verbindliche Grenze für angemessenes Verhalten gesetzt. Diese 7.4 Zusammenhang zwischen Performance und Governance in Sportorganisationen 165 <?page no="166"?> hilft den Mitgliedern des Boards sowie den freiwilligen Mitarbeitern bei der Arbeit, da eindeutig festgelegt wird, in welchem Rahmen die Handlungen zu erfolgen haben. Die Verankerung der Good Governance erleichtert zudem das allgemeine Verständnis der Abläufe und Stan‐ dards. • Die Implementierung von Good Governance kann zudem helfen, ehren‐ amtliche und freiwillige Mitarbeiter zu gewinnen. Die entsprechenden Prinzipien haben somit eine Signalwirkung hinsichtlich der ethisch und moralisch einwandfreien Arbeitsbedingungen. • Zudem erhalten externe Ressourcengeber ein Signal, dass sie in der Organisation keine organisationalen Missstände zu erwarten haben. Durch diese Sicherheit sind die Beziehungen zu den Ressourcengebern tendenziell stabil. • Schließlich wirken Good-Governance-Prinzipien betrügerischen Tätig‐ keiten und Korruption entgegen, wodurch die Kosten für die Organisa‐ tion abgesenkt werden dürften. 7.5 Performance-Management Aus Abschnitt 7.4 wird deutlich, dass verschiedene Bereiche (Board als Geamteinheit, CEO, einzelne ehrenamtliche Mitarbeiter) mit ihren Arbeits‐ ergebnissen einen individuellen Beitrag zur Gesamt-Performance der be‐ treffenden Organisation leisten. Die einzelnen Bereiche unterliegen dabei verschiedenen Einflussfaktoren, die sich auf ihre Performance positiv oder negativ auswirken können. Für die Governance einer Organisation ergeben sich die folgenden beiden Herausforderungen: 1. Die Evaluation der Performance der einzelnen Organe, Gremien oder Einzelpersonen. 2. Die Schaffung struktureller Voraussetzungen, um die Performance von Organen, Gremien oder Einzelpersonen zu verbessern. Hier setzt das Performance-Management an, das als kontinuierlicher Pro‐ zess der Identifizierung, Messung und Entwicklung der Leistung von Einzel‐ personen, Gruppen oder der Gesamtorganisation dient (Aguinis, 2013, S. 2). Die Aufgabe des Performance-Managements besteht somit darin, zum einen die Beiträge der Einzelpersonen oder Gruppen auf die Ziele der Organisation auszurichten, wobei der Fokus des Prozesses mehr auf der Verbesserung 166 7 Performance und Sport Governance <?page no="167"?> der Leistung als auf deren reinen Messung liegt (DeNisi & Murphy 2017, S. 421). Zum anderen soll im Gesamtorganisationskontext die finanzielle und strategische Performance überwacht, gesteuert und verbessert werden (Brudan, 2010, S.-110). 7.5.1 Finanzielle Performance Finanzielle Performance kann als Fähigkeit einer Organisation, Kapitalquel‐ len zu erschließen und aus möglichen Finanzierungsquellen tatsächliche finanzielle Mittel zu generieren, interpretiert werden (Bourdieu, 1986; Hall et al., 2003, S. 21). Insofern stellt die finanzielle Performance die Entwicklung dieser Fähigkeit im Zeitverlauf dar (Winand et al., 2012, S.-226). Für Sportorganisationen ergeben sich jedoch andere Anforderungen an die Performance-Bewertung als bei For-Profit-Organisationen. Während die finanzielle Performance für For-Profit-Organisationen unter anderem durch Kennzahlen wie Gewinnspanne, Kapitalrendite, Rentabilität oder Investiti‐ onsquote ausgedrückt werden kann, liegt der Fokus bei Non-Profit-Organi‐ sationen stärker auf solchen Aspekten wie Finanzstabilität, Diversifizierung der Einnahmequellen oder Erzielen eines Einnahmen-Überschusses. Auch wenn gemeinwohlorientierte Sportorganisationen i. d. R. nicht gewinnori‐ entiert agieren, sind diese definitiv daran interessiert, keine Verluste zu erwirtschaften. Nach Gerrard (2004, S. 164) sollte der Analyseschwerpunkt bei der finanziellen Performance auf den folgenden drei Aspekten liegen: • Die Ermittlung der wichtigsten Finanzinformationen inklusive der wichtigsten Finanzierungsquellen, • die Messung und Bewertung der finanziellen Werte, und • die Nutzung der Erkenntnisse für die Kommunikation mit den Stake‐ holdern. Da die einzelnen Sportorganisationen unterschiedliche Visionen bzw. Ziele aufweisen, unterscheiden sich die Schwerpunkte der Analyse zwischen ihnen notgedrungen. Eine Gemeinsamkeit besteht jedoch darin, dass sie ihre Ressourcen direkt für die Entwicklung von Aktivitäten, die im Interesse der Mitglieder sind, einsetzen. Mag bei kleinen Sportorganisationen die Einnahmequelle der Mitgliedsbeiträge ausreichen, um den Finanzbedarf zu decken, streben die meisten Sportorganisationen danach, zusätzliche externe Finanzierungsquellen zu erschließen. Die Analyse der finanziellen Performance ist für Non-Profit-Organisationen ein strategisch bedeutendes 7.5 Performance-Management 167 <?page no="168"?> Instrument, um langfristig wettbewerbs- und handlungsfähig zu bleiben (Harrison & Sexton, 2004, S. 202). Mit King (2017, S. 127) lassen sich die folgenden Kriterien identifizieren, die für eine Evaluation der finanziellen Performance von Non-Profit-Organisationen geeignet sind: • Finanzierungsquellen und Finanzierungshöhe • Mittelverwendung • Methoden, um externe Mittel zu generieren • Mitgliedsbeiträge • Spendenbeiträge und Spendenmethoden • Jahresbudgets • Merchandising • Gebühren Auch wenn Sportorganisationen nicht nach Gewinnerzielung streben, kön‐ nen diese ohne eine finanzielle Ausgeglichenheit zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht fortbestehen. Dies erfordert es, die finanzielle Perfor‐ mance zu überwachen und bei sich abzeichnenden finanziellen Kalamitäten gegenzusteuern. Kurzum: Es erfordert die Überwachung der finanziellen Performance. 7.5.2 Strategische Performance Strategische Performance bezieht sich in erster Linie auf das Verfolgen organisationaler Ziele (Brudan, 2010, S. 114). Das Management der strate‐ gischen Performance kann damit als Prozess verstanden werden, in dem die Mission, die Strategie und die Ziele der Organisation systematisch definiert werden und deren Zielerreichung gemessen und überprüft wird (De Waal, 2017, S. 5). Für Non-Profit-Organisationen ergibt sich in vielen Fällen das Fundamentalziel der Existenzsicherung. Existenzsicherung liegt dann vor, wenn der Zufluss der für die Erfüllung der Ziele notwendigen Ressourcen sichergestellt ist. Im Falle kleinerer Sportorganisationen handelt es sich im Wesentlichen um die Bereitstellung der Sportanlagen durch die Kommune und um die Mitgliedsbeiträge. Bei größeren Organisationen treten hierzu oftmals weitere Ressourcen hinzu, die über weitere Quellen generiert werden (etwa Sponsoringeinnahmen). Ziel des Managements der strategischen Performance sollte es demnach sein, die Erwartungen der Ressourcengeber in einer Weise zu erfüllen, dass der Zufluss der notwendigen Ressourcen abgesichert und damit die Existenz 168 7 Performance und Sport Governance <?page no="169"?> 9 Die SWOT-Analyse bezeichnet ein Managementinstrument, das die interne und die ex‐ terne Analyse zusammenführt. In der internen Analyse wird der ressourcenorientierte Ansatz verfolgt. Hierzu werden die Stärken (S=Strength) und Schwächen (W=Weaknesses) analysiert. Im Rahmen der externen Analyse wird der marktorientierte Ansatz herangezogen und auf dessen Basis werden die Chancen (O=Opportunities) und die Risiken (T=Threats) aus der Umwelt analysiert. Siehe hierzu etwa Sammut-Bonnici und Galea (2014). der Organisation gewährleistet ist (Molan et al., 2019, S. 99). King (2017, S. 129) schlägt hierzu einen strategischen Planungsprozess vor, der folgende neun Punkte umfasst: 1. Durchführung einer SWOT-Analyse 9 , in der die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Organisation erhoben und bewertet werden, 2. Formulierung grundlegender Planungsannahmen, 3. Formulierung strategischer Alternativen und Erarbeitung von Argu‐ menten für die Annahme oder das Verwerfen von Handlungsoptionen, 4. Benennung von Gründen für eine (Änderung der) Strategie, 5. Entwicklung eines Plans zur Umsetzung und Abstimmung der Aktivi‐ täten sowie die Festlegung von Verantwortlichkeiten, 6. Entwicklung von Kriterien zur Performance-Messung, um den strategi‐ schen Fortschritt evaluieren zu können, 7. Einrichtung eines Kontroll- und Überwachsungssystems, 8. Verschriftlichung aller Planungen (auch der verworfenen), um einen Schwerpunkt auf organisationales Lernen und stetige Verbesserung legen zu können, und 9. Weitergabe des Strategieplans an die Stakeholder, wobei ein Fokus auf die wichtigsten Finanzierungsquellen gelegt werden sollte. Der Fokus liegt auch bei King (2017) in erster Linie auf einer Befriedigung der Stakeholder-Interessen, um damit den Zufluss der Ressourcen durch diese abzusichern. Das Performance-Management spielt auch für Sportorganisationen eine wichtige Rolle. So sichert das Management der finanziellen Performance das finanzielle Gleichgewicht der Organisation und damit deren Überleben. Das Management der strategischen Performance besteht hingegen u. a. in der Überwachung und Umsetzung der organisationalen Ziele, die in erster Linie durch den Zufluss von Ressourcen durch die Stakeholder erreicht werden können. 7.5 Performance-Management 169 <?page no="170"?> Exkurs | Der Football Management (FoMA) Q-Score 2023 Für die Bewertung der Performance im deutschen Profifußball kann der FoMa Q-Score herangezogen werden. Der FoMa Q-Score ist ein Projekt der HHL Graduate School of Management in Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Zülch mit dem Ziel, die Qualität des Managements in deutschen Profifußballklubs zu messen und zu bewerten. Hierzu entwickeln Zülch et al. (2023) ein Framework mit vier Dimen‐ sionen, die nach Cruz et al. (2022) als objektiv relevante Erfolgsfaktoren für Profifußballklubs einzustufen sind. Die Dimensionen werden in der Gesamtbewertung unterschiedlich stark gewichtet. Die zugrunde‐ liegenden Dimensionen mit der jeweiligen Gewichtung sind: • sportlicher Erfolg (40-Prozent) • finanzielle Performance (25-Prozent) • Maximierung der Fan-Wohlfahrt bzw. Betreuung und Befriedigung der Fans (17,5 Prozent) • Führung und Governance (17,5 Prozent) Jede Dimension wird dabei über drei Indikatoren gemessen, die wie‐ derum durch sogenannte Key Performance Indicators (KPI) operationa‐ lisiert werden. Für die Entwicklung der KPI gilt hierbei nach Zülch et al. (2023, S.-30), dass • diese u. a. eine enge Verbindung zur Dimension vorweisen müssen, • ein Vergleich zwischen Klubs möglich sein muss, • eine eindeutige Definition und Erhebung der Daten möglich ist, und • diese durch die Entscheidungen des Managements beeinflusst wer‐ den können. Durch dieses Vorgehen kann für jede Dimension ein Punktewert berech‐ net werden. Die Punktewerte der Dimensionen können im Anschluss unter Berücksichtigung der Gewichtung der Dimensionen zu einem finalen Punktewert von 0 bis 1, dem FoMa Q-Score, zusammengefasst werden. Aus der aktuellen Analyse für die Saison 2022/ 23 ergibt sich folgende (verkürzte) Rangliste in der 1. Fußball-Bundesliga: 1. FC Bayern München (0,776) 2. Borussia Dortmund (0,769) 3. Eintracht Frankfurt (0,682) 170 7 Performance und Sport Governance <?page no="171"?> … … 16. TSG 1899 Hoffenheim (0,407 17. FC Augsburg (0,362) 18. Hertha BSC (0,329) Bemerkenswert ist hierbei, dass die Klubs auf den vorderen drei Rang‐ plätzen vor allem in der Dimension der Führung und Governance deutlich vor den anderen Klubs liegen. 7.6 Fazit Performance lässt sich als Zusammenspiel von Effektivität und Effizienz betrachten. Die Gesamt-Performance der Organisation hängt von den Bei‐ trägen der einzelnen Organe und Mitarbeiter ab. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Board zu, das durch seine Schlüsselfunktion einen wesent‐ lichen Einfluss auf die Performance der Gesamtorganisation ausübt. Da die Gesamt-Performance einer Organisation maßgeblich durch ihre Strukturen determiniert wird, muss die Governance der Organisation derartig ausge‐ staltet sein, dass ihre Organe und Mitarbeiter effektiv arbeiten können. Dies zu leisten, ist Aufgabe des Performance-Managements, das insbesondere die Perspektive der finanziellen und der strategischen Performance einnimmt. In der Praxis resultiert aus den meist breit aufgefächerten und kaum hierarchisch angeordneten Zielkanon der Sportorganisationen das Pro‐ blem, eine zweckmäßige Messung der Performance durchzuführen. Ein Performance-Management stößt in einer derartigen Umgebung schnell an Grenzen. Dieses Dilemma lässt sich nur lösen, indem bestimmten Zielen prioritäre Geltung zugeordnet wird. Die Forschung zur Performance von Sportorganisationen sowie deren Boards und einzelnen Mitarbeitern bezieht sich derzeit in erster Linie auf den englischsprachigen Raum und auf die dort vorzufindenden Governance-Mo‐ delle. Insofern kann eine erhebliche Forschungslücke im Hinblick auf die Thematik der Performance von Sportorganisationen im deutschsprachigen Raum identifiziert werden. Zudem wird Performance mitunter nur im Sinne der Effektivität interpretiert. Vor diesem Hintergrund wäre es erwä‐ genswert, verstärkt Effizienzgesichtspunkte zu berücksichtigen, da auch 7.6 Fazit 171 <?page no="172"?> bei Sportorganisationen die Ressourcen knapp sind und daher bei jeder Entscheidung Opportunitätskosten auftreten. ➲ Kontrollfragen • Definieren Sie den Begriff der Performance! • Welche Kennzahlen oder Konstrukte für die Messung der Performance in Sportorganisationen können genutzt werden? • Welcher Fokus wird in Studien zur Performance in Non-Profit Organi‐ sationen gelegt? • Erläutern Sie, warum die Governance der Organisation einen Einfluss auf ihre Performance hat! • Erklären Sie, warum insbesondere das Board einen entscheidenden Einfluss auf die Performance hat! • Stellen Sie die verschiedenen Einflussfaktoren der organisationalen Performance dar! • Welche Möglichkeiten hat die Organisation, ihre Performance zu ver‐ bessern? • Erläutern Sie, warum die Performance der Ehrenamtlichen tendenziell stabil ist! • Erklären Sie, was unter dem Performance-Management zu verstehen ist! • Wo liegt der zentrale Unterschied zwischen finanzieller und strategi‐ scher Performance? • Welche Aufgaben kommen dem Management der finanziellen Perfor‐ mance sowie dem Management der strategischen Performance zu? ➲-Literaturempfehlungen Aguinis, H. (2013). Performance Management (3rd ed.). Upper Saddle River, NJ: Pearson/ Prentice Hall. Brudan, A. (2010). Rediscovering performance management: Systems, learning and integration. Measuring Business Excellence, 14(1), 109-123. Hoye, R. & Doherty, A. (2011). Nonprofit sport board performance: A review and directions for future research. Journal of Sport Management, 25(3), 272-285. Hoye, R. & Cuskelly, G. (2007). Sport governance. Routledge. (hier: S.-150-165) King, N. (2017). Sport governance: An introduction. London & New York: Routledge. 172 7 Performance und Sport Governance <?page no="173"?> 8 Good Governance im Sport Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • das Konzept der Good Governance zu definieren, • die Möglichkeiten der Anwendungen von Good Governance zu erkennen, • die Notwendigkeit für die Implementierung von Good Governance in Sportorganisationen einzuschätzen, • die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Good Gover‐ nance einzuordnen, • die grundlegenden Prinzipien und die verschiedenen Ansätze der Good Governance zu erläutern, • das Vorgehen bei der Implementierung von Good Governance zu erläutern und • die Herausforderungen, die sich bei der Implementierung von Good Governance in Sportorganisationen ergeben, darzustellen. Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Übertragbarkeit sowie auf der Anwendung von Good-Governance-Konzepten und -Prinzipien auf den Sport. Zudem werden einige Besonderheiten und Herausforderungen für die Anwendung und Implementierung von Good Governance im Sport aufgezeigt. Dazu werden zunächst Grundlagen zu Good Governance erar‐ beitet, in denen eine geeignete Definition des Konzepts vorgestellt wird. Im weiteren Verlauf wird das Konzept der Good Governance auf den Sport übertragen. Weiterhin wird auf Probleme von Sportorganisationen und den Bedarf nach Good-Governance-Prinzipien in diesem Zusammenhang eingegangen. Anschließend werden verschiedene Ansätze und Konzepte von Good Governance in Sportorganisationen vorgestellt. Bevor das Kapitel mit einem Fazit abschließt, werden Ansätze zur Implementierung und die zentralen Herausforderungen der Good Governance im Sport thematisiert. <?page no="174"?> 8.1 Grundlagen der Good Governance Das Konzept der Good Governance hat seinen Ursprung in internationalen Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit, wie z. B. der World Bank. Es wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren verstärkt diskutiert und geför‐ dert (Andrews, 2018; Price, 2018). Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Definitionen und Ansätze für Good Governance entwickelt, von denen nachfolgend einige vorgestellt werden sollen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat Good Gover‐ nance als ‚gute Staatsführung‘ oder ‚gute Regierungsführung‘ übersetzt und klargestellt, dass sich Good Governance nicht nur auf Regierungen, sondern auch andere Personenkreise und Organisationen beziehen kann. Das BMZ schreibt der Good Governance vor allem folgende Prinzipien zu: Transpa‐ renz, Effektivität, Rechenschaftspflicht, Partizipation und Inklusion. Jørgensen und Sørensen (2012, S. 3) bezeichnen die Good Governance als einen Oberbegriff dafür, wie Organisationen regiert, geführt bzw. struk‐ turiert sein sollten. Harvey (1989) stellt fest, dass die Good Governance auf einem unternehmerischen Verständnis basiert, das in erster Linie mit Aspekten wie Effizienz, Budgetrestriktionen, Rechenschaftspflicht, Audits, Kundenorientierung, strategischer Planung sowie Management und Wett‐ bewerb konnotiert wird (Gruening, 2001). Nach der Definition der United Nations (2015) zeichnet sich die Good Governance durch folgende Prinzipien aus: • Partizipation • Rechtsstaatlichkeit • Transparenz • Verantwortungsbewusstsein • Konsensorientierung • Gleichheit und Inklusion • Effektivität und Effizienz • Rechenschaftspflicht Die Definitionsansätze beziehen sich damit in erster Linie auf Konzepte, die entweder auf die Arbeit der nationalen Regierungen ausgerichtet sind oder einen starken unternehmerischen Bezug innehaben. Für den Sport sind diese Kriterien jedoch nicht immer passend. In diesem Zusammenhang besteht die Herausforderung darin, solche Good-Governance-Prinzipien zu definieren, 174 8 Good Governance im Sport <?page no="175"?> die sich zwar an der ursprünglichen Idee orientieren, aber auf den Sport übertragbar sind. An dieser Stelle erscheint daher besonders die Definition von Zintz und Gérard (2019) geeignet zu sein, nach der Sportorganisationen durch das Verfolgen von Good Governance gewisse normative und ethische Standards in die Organisationsstruktur einbetten sollten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch Aguilera und Cuervo-Cazurra (2009, S. 376), die Good Governance als eine Ansammlung von Best-Practice-Empfehlungen für das Verhalten von Mitgliedern sowie für die Gestaltung der Organisationsstruk‐ turen definieren. Da eine einheitliche und eindeutige Definition von Good Governance in der Literatur bisher nicht vorliegt, soll in diesem Buch der Definition von Aguilera und Cuervo-Cazurra (2009) gefolgt werden. 8.2 Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung Die Governance an sich sowie die daran ausgerichteten Führungspraktiken nehmen mittlerweile auch für den Sport eine zentrale Rolle ein. Die Not‐ wendigkeit von Good Governance im Sport wird vor allem durch die zahl‐ reichen öffentlich bekannten Missstände in internationalen Sportverbänden gesehen, wie beispielsweise bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen durch die FIFA oder das IOC (King, 2017, S. 140). Im Zentrum der Kritik an Sportorganisationen stehen dabei folgende Aspekte: • Korruption • problematische Strukturen, die Skandale fördern • mangelhafte Compliance-Mechanismen • mangelhafte Ausrichtung auf die Interessen und Bedürfnisse der Stake‐ holder Aufgrund dieser Problemkreise werden auch für Sportorganisationen die Rufe nach einer Veränderung und Modernisierung der Strukturen - in Form einer angepassten Governance - durch zahlreiche Stakeholder laut, wodurch das Konzept der Good Governance im Sport immer wichtiger wird. 8.2 Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung 175 <?page no="176"?> Fallbeispiel | International Boxing Association (IBA) als Beispiel für eine schlechte Governance Im Juni 2023 stimmten 69 von 70 Mitglieder bei einer außerordentli‐ chen Sitzung des IOC für den endgültigen Ausschluss der IBA aus dem Weltverband. Bereits seit 2019 ist die IBA vom IOC suspendiert, mit der Entscheidung vom Juni 2023 entzieht das IOC dem Verband gänzlich die Anerkennung. Der IBA werden insbesondere Korrup‐ tion, Führungsprobleme sowie Wettbewerbsverzerrung vorgeworfen (Sportschau, 2023). In Bezug auf die Governance der IBA lassen sich insbesondere folgende Probleme erkennen: • Es besteht eine enge Verbindung des aktuellen Präsidenten der IBA, Umar Kremlev, zum russischen Präsidenten Vladimir Putin, wodurch eine Einflussnahme vermutet wird. Dieser Verdacht der Einflussnahme begründet sich in erster Linie damit, dass russische und belarussische Boxer seitens der IBA unter ihrer Flagge und mit der Nationalhymne für die Teilnahme an den internationalen Boxwettbewerben zugelassen werden, während der ukrainische Boxverband hingegen suspendiert wurde. • Der Verband pflegt einen engen Kontakt zum russischen Ener‐ giekonzern Gazprom, wurde von diesem als Sponsor finanziell gerettet und ist hinsichtlich seiner Finanzierung seitdem stark von Gazprom abhängig. • Der Verband weist kaum demokratische Strukturen auf. So finden beispielsweise keine offenen und freien Wahlen für die Posten in der IBA statt. • Der Verband zeichnet sich durch finanzielles Missmanagement aus, mit der Folge, dass er erheblich verschuldet ist. • Den Führungspersonen der IBA werden zwielichtige Geschäfte nachgesagt. Der ehemalige Verbandspräsident Gafur Rachimow wird mit Drogengeschäften in Verbindung gebracht. Der derzei‐ tige Präsident Umar Kremlew ist hingegen Mitglied des russischen nationalistischen Motorrad- und Rockerklubs Nachtwölfe. • Der Verband orientiert sich kaum an der olympischen Charta. • In der Vergangenheit wurden immer wieder fragwürdige Ent‐ scheidungen hinsichtlich der Punkte-Urteile bei Boxkämpfen bemängelt, sodass Manipulation vermutet werden kann. Eine 176 8 Good Governance im Sport <?page no="177"?> Untersuchung der olympischen Boxkämpfe in Rio de Janeiro bestätigte diesen Verdacht mittlerweile. Der Box-Weltverband argumentiert hingegen, unter Aufsicht und Leitung einer Governance Reform Group seit der Suspendierung 2019 erhebliche Fortschritte in der Verbandsarbeit und in der Verbesserung der Governance gemacht zu haben. Die Governance Reform Group ist eine vom IOC sowie der IBA unabhängige fünfköpfige Gruppe unter der Führung des Züricher Universitätsprofessors Ulrich Haas mit dem Ziel, die Governance der IBA zu bewerten und Reformvorschläge zu erarbeiten (Haas et al., 2021). Die erarbeiteten Vorschläge basieren auf vier Säulen und sollten bis 2022 umgesetzt werden: • Integrität: Hierzu soll eine unabhängigen Integritätsstelle eingerichtet wer‐ den, die eine Kontrollfunktion übernimmt und Integritätspro‐ bleme z. B. bei Kampfrichtern untersucht und verfolgt. Außerdem soll die Stelle unethisches Verhalten von Führungskräften aufde‐ cken und die Eignung der für den Verband tätigen Personen überprüfen (Haas et al., 2021, S.-12). • Demokratie: In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, das Board von 22 auf maximal 15-17 Mitglieder zu reduzieren. Zudem sollen neben anderen Maßnahmen der IBA-Rat aufgelöst und Maßnahmen zur Förderung von Diversität eingeführt werden (Haas et al., 2021, S.-17-27). • Gewaltenteilung: Im Rahmen dieses Aspekts soll insbesondere das Amt des Gene‐ ralsekretärs zum Geschäftsführer entwickelt werden. Weiterhin soll ein System zur Rechenschaftspflicht implementiert werden (Haas et al., 2021, S.-24-27). • Krisenmanagement: Im Rahmen des Krisenmanagements soll u. a. ein Mitglied des Boards kontinuierlich den Kontakt zum IOC halten. Zudem soll ein externer Berater verpflichtet werden (Haas et al., 2021, S.-27-28). Auch wenn die IBA einige Empfehlungen umgesetzt hat, wie bei‐ spielsweise den Aufbau einer Integritätsstelle oder die Reduktion der Anzahl der Vorstandsmitglieder, sind einige Governance-Probleme 8.2 Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung 177 <?page no="178"?> nach wie vor ungelöst. Dies äußert sich insbesondere in dem 2022 abgehaltenen außerordentlichen Kongress der IBA, bei dem ca. 75 Pro‐ zent der Mitglieder gegen Neuwahlen stimmten. Dies führte dazu, dass der Präsident sein Amt behielt und damit ein Neustart verhindert wurde. Dies veranlasste das IOC, entsprechend mit Sanktionen zu reagieren. 8.2.1 Anwendung von Good Governance im Sport Für die Governance von großen Organisationen oder Verbänden, wie der FIFA oder dem IOC, ergibt sich mitunter daraus ein Problem, dass diese Organisationen semi-autonom agieren und daher die Möglichkeit haben, die internen Angelegenheiten zur Zielerreichung eigenständig zu gestalten. Jedoch übernehmen diese großen Sportorganisationen auch Aufgaben, die das öffentliche Interesse betreffen (Geeraert & Drieskens, 2021, S. 158). Da der Sport in der Gesellschaft eine besondere Stellung innehat, haben seine Akteure und Institutionen demzufolge eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass Skandale in diesen Organisationen und Institutionen mit negativen Konsequenzen für die Gesellschaft verbunden sein können. Es zeigt sich, dass die großen Sportorganisationen in der Vergangenheit vor allem wegen ihrer schwachen Governance der gesellschaftlichen Aufgaben bzw. ihrer Verantwortung nicht immer gerecht werden konnten (King, 2017, S.-140). Daher fordern unter anderem die UNESCO, das Council of Europe, die EU und zunehmend auch nationale Regierungen von Sportorganisationen die Implementierung gewisser Führungs- und Handlungsstandards. Zwar soll die Autonomie des Sports bestehen bleiben, diese befreit die internationalen Sportorganisationen jedoch nicht von Gesetzestreue und von der Einhaltung der demokratischen Grundsätze sowie der Transparenzgrundsätzen und der Rechenschaftspflicht (Geeraerts et al., 2014, S. 299). Diese Forderungen führ‐ ten mittlerweile dazu, dass Sportorganisationen in vielen Ländern der EU die Implementierung und Umsetzung von Good-Governance-Prinzipien nach‐ weisen müssen, um eine Förderung aus der öffentlichen Hand erhalten zu können (De Dycker, 2019, S. 120). Durch den öffentlichen Anpassungsdruck und die Forderung nach Umsetzung haben die Good-Governance-Prinzipien im Sportsektor mittlerweile einen konstitutiven Charakter erlangt (Girgi‐ nov, 2022, S.-1889). 178 8 Good Governance im Sport <?page no="179"?> Die Governance-Prinzipien sind jedoch nicht komplett übertragbar auf Sportorganisationen: Sportorganisationen weisen eine besondere Organisa‐ tionsstruktur auf und sind daher nicht einfach zu klassifizieren, was die Anwendung von klassischen Governance-Konzepten erschwert (King, 2017, S. 141). Das Council of Europe (2005) definiert Good Governance im Kontext des Sports als ein komplexes Netz aus politischen Maßnahmen und privaten Regelungen zur Förderung der Integrität. Dies betrifft insbesondere die Ein‐ haltung demokratischer und ethischer Grundsätze sowie die Forderung nach Effizienz und Rechenschaft für die Handlungen, die für alle Organisationen im Sport gelten. Die Mechanismen und Praktiken von Good Governance müssen demnach tief in den Fundamenten der Organisationen verankert werden, sodass diese nicht nur im Handeln einzelner Personen, sondern vor allem in den Gesamtstrukturen widergespiegelt werden. Dieses Verständnis von Good Governance drückt sich auch in der oben genannten Definition von Zintz und Gérard (2019) sowie in der Definition von Aguilera und Cuervo-Cazurra (2009) aus. Doch auch wenn das Verständnis von Good Governance entsprechend vorhanden ist, führt dies noch nicht zwingend zu einer Umsetzung. So gibt es zwar zahlreiche verschiedene Frameworks, Tools oder Kodexe für Good Governance im Sportkontext, diese sind aber nicht einheitlich und oftmals fehlen konkrete Pläne zur Implementierung. Auch wenn es Länder gibt, in denen Good-Governance-Kodexe von Regierungen aufgestellt worden sind, ist die Einhaltung und Implementierung von Good Governance oftmals noch nicht verpflichtend. Sportorganisationen können daher mitunter selbst auswählen, welchen Prinzipien oder Indikatoren sie folgen (Chappelet & Mrkonjic, 2019, S. 10). Die konkrete Benennung, Vereinheitlichung und Quantifizierung sind daher zentrale Herausforderungen für das Konzept der Good Governance im Sportkontext. 8.2.2 Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Good Governance im Sport Die Thematik der Good Governance im Sport kann sicherlich als ein ver‐ gleichsweise neueres Forschungsgebiet charakterisiert werden. So stellen insbesondere Parent und Hoye (2018) in ihrer Übersichtsarbeit zur Thema‐ tik fest, dass nur sehr wenige Studien einen möglichen Zusammenhang zwischen der Implementierung von Good-Governance-Kodexen und der Performance bzw. dem Outcome analysieren. Girginov (2022) liefert einen 8.2 Good Governance im Sport: Auftreten und Erkenntnisse der Forschung 179 <?page no="180"?> Ansatz zur Quantifizierung von Good-Governance-Konzepten, damit diese von Sportorganisationen leichter implementiert, umgesetzt und kontrolliert werden können. Chappelet und Mrkonjic (2013) stellen Basisindikatoren für Good Governance auf und untersuchen anhand dieser den Stand der Governance in internationalen Sportorganisationen. Handschin (2014) ar‐ gumentiert hingegen, dass Good-Governance-Prinzipien aus der Wirtschaft nicht einfach auf Sportorganisationen übertragen werden können. In diesem Zusammenhang untersucht er, welche Lehren der Sport dennoch aus der Anwendung von Good-Governance-Prinzipien ziehen kann bzw. wie diese Erkenntnisse für Sportorganisationen umgedeutet werden können. Pielke et al. (2019) untersuchen die Umsetzung von Good Governance in Sportverbänden der USA und stellen dabei deutliche Unterschiede zwi‐ schen den einzelnen Verbänden heraus. Geeraerts et al. (2014) untersuchen im Kontext einer ähnlichen Fragestellung die Governance-Prinzipien in 35 internationalen olympischen Verbänden. Den Fokus auf den Einfluss verschiedener Leadership-Typen auf die Implementierung und Umsetzung sowie den Erfolg von Good-Governance-Mechanismen legen Hartaro et al. (2019). Mrkonjic (2016) stellt mehrere Kodexe für Good Governance im Sport gegenüber. Durch eine entsprechende Analyse leitet er Aussagen über die Anwendbarkeit der Kodexe für verschiedene Zwecke ab. Auch Chappelet und Mrkonjic (2019) stellen einige Good Governance Frameworks über‐ blicksartig dar. Mrkonjic (2022) untersucht hingegen, wie Good Governance in Organisationsstrukturen implementiert werden kann und welche Erfolgs‐ faktoren sowie Herausforderungen sich daraus auch für das Management ergeben. Ein anderer Fokus der wissenschaftlichen Analyse liegt auf der regulati‐ ven Ebene. So analysiert Geeraert (2022a) auf Basis des Rational Choice-An‐ satzes, warum in Sportorganisationen verpflichtende Regeln wie Good Governance notwendig sind. De Dycker (2019) untersucht hingegen die Umsetzung verpflichteter Good-Governance-Kodexe in Organisationen, um Förderungen aus der öffentlichen Hand zu erhalten. Es zeigt sich also, dass die Thematik der Good Governance im Sport bereits breites Interesse in der Wissenschaft geweckt hat und unter unter‐ schiedlichen Perspektiven sowie auf verschiedenen Ebenen wissenschaft‐ lich betrachtet wird. Wie aber auch deutlich wird, fehlt beispielsweise eine Analyse zum Zusammenhang von Good Governance und Performance oder der Auswirkungen auf die Mitglieder, auf Fans oder andere Stakeholder. 180 8 Good Governance im Sport <?page no="181"?> Weiterhin besteht in der Forschung Konsens darüber, dass es schwierig ist, die eine richtige Good-Governance-Richtlinie für den Sport aufzustellen, da Good Governance in der Regel an den Kontext der Organisation angepasst werden muss (Chappelet & Mrkonjic, 2019). Schließlich ist festzustellen, dass viele Studien auf dem Konzept der Corporate Governance basieren, wodurch ein starker Forschungsfokus auf der Einhaltung bzw. Umsetzung von Kontrollmechanismen liegt (Handschin, 2014). 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport Es existieren zahlreiche Frameworks, Kodexe und Ansätze, um Good Gover‐ nace im Sport umzusetzen und zu messen. Im Folgenden sollen einige aus‐ gewählte Ansätze im Detail vorgestellt und beleuchtet werden. Selbstredend können im Umfang dieses Kapitels nicht alle existierenden Frameworks beleuchtet werden, weshalb sich auf fünf Konzepte beschränkt wird, die aus verschiedenen Perspektiven entstanden sind und damit einen hinreichenden exemplarischen Überblick über Ansätze für die Good Governance im Sport ermöglichen. Es werden zunächst die Basisindikatoren nach Chappelett und Mrkonjic (2013) vorgestellt, bevor auf die Prinzipien des Council of Europe eingegan‐ gen wird. Weiterhin werden die Prinzipien für Good Governance des IOC vorgestellt. Den größten Teil dieses Kapitels wird eine Zusammenfassung der Prinzipien nach King (2017) ausmachen, der verschiedenen Kodexe der nationalen Sportverbände zu einem Framework zusammenfasst. An‐ schließend wird der Sports Governance Oberserver zur Messung von Good Governance vorgestellt. 8.3.1 Basisindikatoren für Good Governance Chappelet und Mrkonjic (2013, S. 7) argumentieren, dass aus den zahlreichen Konzepten und Prinzipien für Good Governance im Sport oft Konfusion für das Management entsteht. Sie erklären dies damit, dass die Kodexe und Prinzipien oftmals frei gewählt werden können und dass sich viele Frameworks und Kodexe in ihren Dimensionen überschneiden. Weiterhin fehle bei vielen Frameworks von Good Governance eine Trennschärfe zwischen den Prinzipien bzw. Dimensionen, wodurch ein Verfolgen von 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 181 <?page no="182"?> Good Governance für Sportorganisationen oftmals schwierig umzusetzen ist. Chappelet und Mrkonjic (2013) bauen ihre Arbeit auf einer Analyse bestehender Ansätze und Prinzipien für Good Governance auf. Dabei ziehen sie schlussendlich sieben weitgefasste Prinzipien heran, die sich in (fast) allen analysierten Konzepten wiederfanden. Diese fassen sie in einem eigenen Ansatz zusammen, den sie als Basisindikatoren für die Governance in internationalen Sportorganisationen bezeichnen. Diese Indikatoren um‐ fassen folgende Dimensionen: • Transparenz einer Organisation in Form der Veröffentlichung von Statuten, Jahresberichten, Visionen und Werten, Organigrammen sowie Newslettern und Pressemitteilungen auf der Webseite der Organisation • Berichtstransparenz in Form der Veröffentlichung von Finanzberichten, der Berichte der Gremien und der Berichte über die wichtigsten Veran‐ staltungen sowie durch Offenlegung der Vergütungen der Angestellten und durch den offenen Zugang zu den Archiven der Organisation • Vertretung der Stakeholder(-interessen) durch die Einbeziehung der Athleten, Schiedsrichter, Freiwilligen und Fans in die Gremien bzw. Entscheidungssituationen der Organisation • Demokratische Prozesse ausgedrückt durch das Vorliegen von jährli‐ chen Versammlungen, von demokratischen Wahlen und von klaren Regeln für die Kandidatur des Präsidenten • Kontrollmechanismen durch Formulierung von Governance-Prinzipien, durch die Existenz von Kontrollgremien sowie durch die Etablierung und Verwendung von Risikomanagementsystemen • Sportintegrität durch das Vorliegen eines Ethikbzw. Integritätskodex in Form von Regelungen zu Interessenskonflikten sowie durch einen vertraulichen Meldemechanismus für Missbrauch und ähnliches • Solidarität beispielsweise ausgedrückt durch Unterstützung der gemein‐ nützigen Ziele, durch Programme in Bezug auf Umwelt- und Sozialpo‐ litik oder durch Programme bzw. Hilfen für Athleten beim Übergang nach der Karriere in den Beruf Jede der Dimensionen wird anhand von neun Indikatoren gemessen, wobei jedem Indikator ein Wert von 0 (Indikator gar nicht erfüllt) bis 4 (Indikator voll erfüllt) zugeordnet wird. Hierdurch kann für jede Dimension letztlich ein Zahlenwert ermittelt werden, der den Grad der Erfüllung dieser Dimen‐ sion widerspiegelt. Schlussendlich können die Ergebnisse für die Erfüllung 182 8 Good Governance im Sport <?page no="183"?> aller Dimensionen in einer Scorecard zusammengefasst werden. Wie eine solche Scorecard aussehen kann, zeigt →-Abbildung 19 exemplarisch. Abbildung 19 Austausch SL1 Abbildung 19: Scorecard der Basisindikatoren. | Quelle: Chappelet & Mrkonjic (2013, S.-10). | Anmerkung: ISGB = International Sport Governing Body. Mithilfe der Scorecard kann somit übersichtlich dargestellt werden, wo die Governance einer Organisation Stärken oder Schwächen besitzt. Ziel dieser Basisindikatoren ist es daher vorwiegend, die Governance der Orga‐ nisationen nachvollziehbar messbar zu machen und den Status quo aufzu‐ zeigen. Durch die Verwendung von neun Indikatoren zur Messung jeder Dimension wird eine detaillierte Analyse möglich, die nicht zu oberflächlich ist und verschiedene relevante Aspekte einbezieht. Die Zuordnung von numerischen Werten ermöglicht nicht nur einen Vergleich im Rahmen von Benchmarking, sondern gestattet auch die Beobachtung und Analyse einer Entwicklung innerhalb einer Organisation, wie in → Abbildung 19 dargestellt wird. 8.3.2 Prinzipien des Council of Europe Auch das Council of Europe (2005) hat Good-Governance-Prinzipien ent‐ wickelt, die darauf abzielen, transparente, demokratische und ethische Praktiken in Sportorganisationen zu fördern. Demnach sollen Sportorgani‐ sationen insbesondere die folgenden vier Prinzipien verfolgen, einhalten und fördern: 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 183 <?page no="184"?> • Demokratische Strukturen, die auf freien Wahlen basieren und offen für jedes Mitglied sind, • Organisation und Management auf einer professionellen Ebene, das entsprechende Praktiken von Ethik und Moral berücksichtigt und au‐ ßerdem Praktiken für den Umgang mit Interessenskonflikten aufweist, • Rechenschaft und Transparenz in der Entscheidungsfindung und Ver‐ wendung der finanziellen Mittel, mit der Offenlegung eines jährlichen Finanzberichts, sowie • Fairness, Inklusion, Chancengleichheit und Solidarität für alle Mitglie‐ der. Anders als bei den Basisindikatoren von Chappelet und Mrkonjic (2013) bleiben die Prinzipien des Council of Europe jedoch relativ vage und abs‐ trakt, sodass jede Organisation die konkreten Dimensionen selbst mit Inhalt füllen muss. Weiterhin bleibt eine klare Quantifizierung der Dimensionen offen, wodurch auch die Möglichkeit zur Kontrolle eingeschränkt wird bzw. eine Evaluation schwieriger vorzunehmen ist. 8.3.3 Prinzipien des IOC In Folge der Korruptionsskandale rund um das IOC entwickelte dieses im Jahr 2008 ebenfalls einen Kodex mit Basis-Prinzipien für Good Governance in der olympischen Bewegung. Das aktuelle Framework des IOC (2022) umfasst folgende Prinzipien: 1. Vision, Mission und Strategie der Organisationen: Die Vision soll klar definiert sein und in allen Zielen der Organisation verankert sein. Es soll unter anderem sichergestellt werden, dass die Organisation die olympische Charta einhält, den Sport fördert, die körperliche und psychische Gesundheit der Mitglieder unterstützt, so‐ ziale Verantwortung übernimmt und Inklusion, Gleichheit und Fairness fördert. Aus der Vision und Mission sollen die Strategien abgeleitet, evaluiert und überprüft sowie öffentlich kommuniziert werden. 2. Institutionelle Governance: Basierend auf Strukturen, einem Framework, Rechenschaftspflicht und Transparenz, demokratischen Prozessen, freien Wahlen, klaren Ver‐ antwortlichkeiten und Rollen sowie der Möglichkeit zum Einlegen von Rechtsmitteln soll sichergestellt werden, dass der institutionelle 184 8 Good Governance im Sport <?page no="185"?> Rahmen der Sportorganisationen die Anforderungen einer Good Gover‐ nance erfüllt. 3. Ethik und Integrität: Ethische Standards, die anhand von zwölf Indikatoren operationalisiert werden, sollen erfüllt werden. Diese reichen von Anti-Doping-Maßnah‐ men über Korruptionsprävention bis hin zu ethischen Prinzipien und Ausschüssen. 4. Finanzielle Governance: Im Rahmen der Finanzen hat die Governance sicherzustellen, dass die Mittelverwendung transparent und unter Berücksichtigung eines Risikomanagements erfolgt. Berichte müssen offengelegt und sowohl intern als auch extern kontrolliert werden. 5. Athletenunterstützung: Athleten sollen durch Versicherungen, Rechte und Verantwortung, Gesundheitsprävention sowie Bildung und Karrieremanagement geför‐ dert, unterstützt und geschützt werden. 6. Soziale und nachhaltige Entwicklung des Sports: Die Verteilung der Ressourcen soll auf der Grundlage ihrer Herkunft und des beabsichtigten Verwendungszwecks erfolgen. Finanzielle Ressour‐ cen sollen auch für die nachhaltige Entwicklung des Sports eingesetzt werden. Außerdem muss die Governance darauf abzielen, der sozialen Verantwortung insbesondere durch Maßnahmen zum Umweltschutz nachzukommen. 7. Autonomie der olympischen Bewegung: Sportorganisationen sollen zwar autonom bleiben und der politischen Unabhängigkeit folgen, dennoch soll eine Zusammenarbeit mit Regie‐ rungen und externen Partnern angestrebt werden. Im Rahmen dieses Werkes war es an dieser Stelle lediglich möglich, einen groben Überblick über die Good-Governance-Prinzipien des IOC zu geben. Dieses Konzept ist aber ebenfalls recht vage gehalten und lässt einen konkre‐ ten Ansatz zur Umsetzung - und vor allem zur Messung und Überprüfung - vermissen. 8.3.4 Überblick über die Prinzipien nach King (2017) Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Governance-Konzepte und Prinzipien verschiedener Organisationen und nationaler Sportver‐ 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 185 <?page no="186"?> 10 Koppell (2005) unterscheidet an dieser Stelle sogar zwischen fünf Dimensionen der Accountability: Transparenz, Haftung, Kontrollierbarkeit, Verantwortlichkeit, Reakti‐ onsfähigkeit bzw. -bereitschaft. bände, die von King (2017) zusammengetragen worden sind. Das Argument dahinter ist, dass zahlreiche Prinzipien und Indikatoren sich überschneiden, wodurch die Vorstellung einzelner Frameworks (mit den gleichen oder ähnlichen Indikatoren) nur begrenzten Mehrwert bietet. Daher werden in diesem Abschnitt die wichtigsten Kernprinzipien für Non-Profit-Orga‐ nisationen und insbesondere für Sportorganisationen nach King (2017) vorgestellt. Diese Prinzipien sehen wie folgt aus: • Accountability (Rechenschaftspflicht): Das Konzept der Rechenschaftspflicht ist grundsätzlich schwierig im Detail zu definieren. Wird einem Ansatz von Bovens (2007, S. 450) gefolgt, dann bedeutet Rechenschaftspflicht zunächst festzulegen, wer für was, wie und wem gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Für die Good Governance ergibt sich damit eine Beziehung zwischen den Personen, die nach Änderungen der bisherigen Praktiken verlangen und denen, die die derzeitigen Praktiken verantworten. In diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen Accountability (Rechenschaft) und Liabi‐ lity (Verantwortlichkeit bzw. Haftung) hilfreich. 10 Accountability drückt in diesem Kontext aus, dass jemand für etwas eine Antwort zu geben hat (also Rechenschaft ablegen muss), während im Rahmen der Liability jemand die Verantwortung (und damit potenziell auch die Haftung) für die Handlungen trägt. Houlihan und Policy (2013, S. 13) weisen zudem darauf hin, dass Accountability alleinstehend kaum umsetzbar ist, da diese eng mit anderen Prinzipien verbunden ist, wie beispiels‐ weise der Transparenz, der Effizienz, der Professionalisierung oder der organisationalen Belastbarkeit. Zwischen den Prinzipien besteht eine Wechselwirkung, die bei der Implementierung von Accountability zu berücksichtigen ist (King 2017, S. 143). So könnte eine isolierte Betrachtung von Professionalisierung und Accountability etwa dazu führen, dass die Professionalisierung einen negativen Effekt auf die Etablierung von Accountability ausübt. Um Accountability als Good-Governance-Dimension langfristig in die Organisation einzubauen, schlägt King (2017, S. 143) vor, die Interessen von Stakeholdern und der Organisation mittels folgender Maßnahmen zusammenzuführen: 186 8 Good Governance im Sport <?page no="187"?> ○ Einführung von Berichtsmechanismen, um die Transparenz zu erhöhen, ○ periodisches Evaluieren und Hinterfragen der Handlungen, ○ Einbezug der Stakeholder, u.-a. durch Beratung und Aufnahme in den strategischen Planungsprozess, ○ Bereitstellen von Finanzberichten sowie von Informationen über strategische Planung, von Jahresberichten und Evaluationen, ○ Offenlegen von Informationen, um Verständnis für Rechenschaft zu erreichen und zu verbessern, ○ Nutzung von Social Media sowie ○ Evaluationen und Feedback sowohl von internen als auch externen Mitgliedern. Für Sportorganisationen ergeben sich durch die Implementierung dieses Prinzips eine Reihe von Vorteilen. So sorgt Accountability auch für Ver‐ trauen bei den Stakeholdern, wenn diese die Handlungen nachvollziehen können. Weiterhin fordern öffentliche Geldgeber Rechenschaft über die Verwendung finanzieller Unterstützung von Sportorganisationen ein. Durch die Zusammenarbeit und die Offenlegung der Informationen werden Inter‐ essen der Stakeholder berücksichtigt und in die Ziele der Organisation aufgenommen, was zu ihrer nachhaltigen Befriedigung führt. • Transparenz: Wie oben bereits beschrieben, ist das Konzept der Transparenz eng mit der Accountability verknüpft (Hood & Heald, 2006). Wenn Accoun‐ tability ausdrückt, dass Organisationen ihre Stakeholder über Entschei‐ dungen und Handlungen informieren müssen, dann meint Transparenz an dieser Stelle das Vorliegen von Mechanismen, die den Weg zu den Entscheidungen für die Stakeholder offenlegen. Ein zentrales Problem liegt dabei darin, zu entscheiden, welche Informationen für wen und auf welche Art und Weise bereitgestellt werden. Transparenz kann in diesem Kontext daher auch als intrinsische Motivation von Organisa‐ tionen verstanden werden, demokratische Prozesse durchzuführen und offenzulegen, um damit beispielsweise eine Hürde für Korruption zu etablieren (King, 2017, S. 145). Für eine Implementierung von Mecha‐ nismen zur Erhöhung der Transparenz spricht auch die Veränderung der Kommunikationsformen durch neue Technologien. So führen das Internet und vor allem Social Media zu einem permanenten Informati‐ onsfluss, der insbesondere die Verfügbarkeit von Informationen und 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 187 <?page no="188"?> die Geschwindigkeit, mit der sich Informationen verbreiten, erheblich beeinflusst. Dieser Umstand wirkt damit ohnehin auf die Transparenz, da Organisationen durch den zunehmenden Informationsfluss und die permanente Präsenz im Zeitalter der Digitalisierung per se transparen‐ ter werden. Zur Implementierung der Transparenz schlägt King (2017, S. 145) fol‐ gende Maßnahmen vor: ○ Einhaltung der Offenlegungspflichten, ○ Darstellung und Präsentation der ( Jahres-)Berichte in nachvoll‐ ziehbarer Art und Weise, ○ Aufbau eines Forums für einen regelmäßigen Austausch mit den Stakeholdern, ○ Einrichtung von Strukturen, die einen konstruktiven Dialog mit Menschen, die Entscheidungen anzweifeln oder kritisieren, er‐ möglichen (u. a. über die Ziele und Werte der Organisation) sowie ○ Transparenz in der Kommunikation, vor allem in Dokumenten, die öffentlich zugängliche Informationen enthalten (wie beispiels‐ weise Finanzinformationen). • Demokratie: Nach ISCA (2013) äußert sich dieses Prinzip in einer offenen und dauerhaften Möglichkeit der Mitglieder, die Maßnahmen sowie die strategische Ausrichtung und Führung zu beeinflussen. Damit geht das Recht auf Wahl, das Recht zur Wahl sowie die Möglichkeit, Entschei‐ dungen zu diskutieren, einher. Zentrale Probleme in Sportorganisatio‐ nen liegen oftmals in der fehlenden Partizipation der Stakeholder an den Entscheidungen und in der mangelnden Kontrolle, die aus den Prinzipal-Agenten-Beziehungen resultiert. Die hierarchische Struktur im Sport ist damit eine Quelle für potenziellen und stetigen Konflikt (García, 2007, S. 2), wodurch auch die Gefahr der Abwendung von Stakeholdern erhöht wird (Henry & Lee, 2004). Um die Anforderungen hinsichtlich der demokratischen Prozesse in Sportorganisationen zu erfüllen, müssen die folgenden Sachverhalte gewährleistet sein (King, 2017, S.-146-147): ○ Der Präsident, die Gremien und die Ausschüsse werden durch Wahlen bestimmt. ○ Die Wahlen werden auf Grundlage der Geheimhaltung und von festgelegten Prozeduren durchgeführt. 188 8 Good Governance im Sport <?page no="189"?> ○ Die Kandidaten haben die Möglichkeit, ihre Wahlprogramme zu präsentieren. ○ Die Vergabe von Events erfolgt auf Basis eines demokratischen, offenen und transparenten Prozesses. ○ Wichtige Entscheidungen werden durch Abstimmung auf der Hauptversammlung getroffen. ○ In den Statuen sind für die Wahlen entsprechende Quoren festge‐ legt. ○ Die Hauptversammlung kommt mindestens einmal im Jahr zu‐ sammen. ○ Die Amtsausübung ist zeitlich beschränkt. ○ Die Gremien treten regelmäßig zusammen. ○ Es existieren Richtlinien für Geschlechtergleichheit. ○ Es bestehen Möglichkeiten für Stakeholder, in der Organisation und insbesondere in den Entscheidungs- und Kontrollgremien vertreten zu sein. ○ Es existiert eine Athletenvertretung. Die Erfüllung der Demokratievorgaben scheint auf den ersten Blick ohne größere Probleme umsetzbar zu sein. So sind viele der obigen For‐ derungen Grundsätze von Sportorganisationen, die auch in der Satzung verankert sein sollten. Dass dies jedoch nicht immer selbstverständlich ist, haben die Skandale und Erfahrungen aus großen Sportorganisatio‐ nen in der Vergangenheit gezeigt. • Fairness: Fairness ist ein geteiltes, nicht speziell verschriftlichtes, gemeinsames Verständnis über richtiges oder angemessenes Verhalten. Fairness ist ein wesentliches Element, um das Vertrauen der Athleten, der Interes‐ sengruppen und der Öffentlichkeit in den Sport zu wahren. Aspekte der Fairness im Sportkontext sind: ○ Gleiche Verteilung von Ressourcen, ○ Förderung der Gleichheit und Inklusion im Sport, ○ gleiche Chancen, Großevents ausrichten zu dürfen, ○ Treffen von Entscheidungen auf Basis transparenter und objekti‐ ver Kriterien, ○ Recht auf Teilnahme aller Athleten an Wettkämpfen sowie ○ Nichtzulässigkeit von Stimmengewichtungen bei Wahlen (one man - one vote). 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 189 <?page no="190"?> • Gewaltenteilung: Auch wenn große Sportorganisationen in der Regel nach dem Prinzip der Gewaltenteilung operieren, hat sich in der Vergangenheit mitunter gezeigt, dass eine zu hohe Konzentration von Macht in einzelnen Organen zu Problemen führen kann. Folgerichtig ist daher, dass eine strikte Gewaltenteilung als Prinzip der Good Governance gefordert und aufgenommen worden ist. Die Teilung kann grundsätzlich in exekutive, judikative und legislative Gewalt erfolgen. Für Sportorganisationen kann eine Teilung der Gewalten mitunter aber zu Problemen oder Performance-Einbußen führen, da so z. B. das Treffen einer weniger bedeutenden Entscheidung enorme zeitliche Ressourcen beanspruchen könnte. Die Organisationen müssen daher abschätzen und bewerten, wie eine mögliche Gewaltenteilung das organisationale Handeln beein‐ flusst. Für das Prinzip der Good Governance ist es zum einen unerläss‐ lich zu erklären, warum eine Gewaltenteilung umgesetzt worden ist. Zum anderen ist es wichtig im Fall einer weniger strikten Gewalten‐ teilung zu erklären, weshalb eine Gewaltenteilung nur eingeschränkt vorgenommen wird. • Ethik: Aufgrund des unethischen Verhaltens von großen Sportorganisationen hat die Forschung zum Thema der Ethik in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. In Bezug auf das Konstrukt der Ethik ergibt sich das zentrale Problem des Auseinanderklaffens von Ethik und Recht. So können Handlungen gültigem Recht entsprechen, aber unethisch sein (OECD, 2004). Um das Prinzip der Ethik in den Sportorganisationen zu implementieren, schlägt King (2017, S. 150) folgende Maßnahmen vor: ○ Implementierung von Regeln für den Umgang mit Interessenkon‐ flikten, ○ Implementierung von Richtlinien für den Umgang mit Geschen‐ ken, ○ Einhaltung der Regeln übergeordneter Instanzen und Kontrollin‐ stanzen, wie beispielsweise der Anti-Doping-Agentur, ○ Bildungsprogramme für Integrität, ○ Zusammenarbeit mit Institutionen und ○ Einrichtung eines Ethik-Komitees. 190 8 Good Governance im Sport <?page no="191"?> 11 Für die deutsche Formulierung der Prinzipien wurde auf die Übersetzung der Deutschen Sporthochschule Köln zurückgegriffen. King (2017) gelingt es mit seinen Ausführungen, einen guten Überblick über die wichtigsten Prinzipien, die von vielen Organisationen im Sport gefordert werden, zu verschaffen. Wie die obigen Ausführungen aber auch zeigen, bietet dieses Konzept nicht auf allen Ebenen einen konkreten Ansatz bzw. ein Framework, das im Detail erklärt, wie die Prinzipien der Good Governance in Sportorganisationen konkret implementiert und umgesetzt werden können. So sind auch die Empfehlungen zur Umsetzung oder Einhaltung der Prinzipien wenig konkret und bieten den Organisationen damit einen erheblichen Interpretations- und Gestaltungsspielraum. 8.3.5 Sports Governance Observer Ähnlich wie die Basisindikatoren von Chappelet und Mrkonjic (2013) (→ Kapitel 8.3.1), dient auch der Sports Governance Observer in erster Linie der Messung und Überprüfung der Einhaltung von Governance-Prinzipien. Der National Sports Governance Observer ist ein Projekt zur Bewertung der Good Governance im Sport, das von Play the Game bzw. dem Dänischem Institut für Sportstudien in Zusammenarbeit mit Partnern aus neun euro‐ päischen Ländern sowie Brasilien unter Koordination von Arnout Geeraert durchgeführt wurde. Ziel des Sports Governnace Observer ist eine systema‐ tische Erfassung der Governance anhand eines theoretischen Konstrukts, das auf Basis von Best Practices erstellt wurde. Ähnlich wie Chappelet und Mrkonjic (2013) zieht damit auch Geeraert (2018) in seinem Konstrukt verschiedene Dimensionen zur Untersuchung heran und operationalisiert diese durch entsprechende Indikatoren. Geeraert (2018) verwendet 46 Prinzipien, die über insgesamt 274 Indikato‐ ren gemessen werden. Um die Unterschiede in den Organisationen beispiels‐ weise aufgrund ihrer Größe und der Risiken hinsichtlich der Governance abdecken zu können, werden die Indikatoren in unterschiedliche Kategorien von Basic über Intermedidate zu Advanced eingeordnet. Jedem Indikator wird in einem mehrstufigen Analyseprozess ein Punktewert von 0 oder 1 zugeordnet, sodass letztlich auch für jedes Prinzip und jede Dimension ein Punktwert ermittelt werden kann. Die vier zugrunde liegenden Dimensionen des Sports Governance Ober‐ servers sind: 11 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 191 <?page no="192"?> • Transparenz: Diese bezieht sich auf die Berichterstattung einer Sportorganisation über ihre internen Abläufe, wodurch es für andere möglich wird, die Abläufe zu verstehen und zu überwachen. Die Messung basiert auf den folgenden Prinzipien: ○ Die Organisation veröffentlicht ihre Statuten, internen Regelun‐ gen, Organigramme, sportlichen Regelwerke und ihren Mehrjah‐ res-Arbeitsplan auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht die Tagesordnungen und Proto‐ kolle ihrer Generalversammlungen (Hauptversammlung: z. B. Mitgliederversammlung, Verbandstag) auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht die Entscheidungen des Vorstands auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht Informationen über ihre Vor‐ standsmitglieder auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht Informationen über ihre Mitglie‐ der (Athleten und Vereine) auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht einen Jahresbericht (inklusive Finanzbericht) auf ihrer Homepage. ○ Die Organisation veröffentlicht Regelungen und Berichte über die Entlohnung einschließlich Aufwandsentschädigungen und Boni der Vorstandsmitglieder und der Geschäftsführung auf ihrer Homepage. • Demokratische Prozesse: Demokratie wird durch das Vorliegen von freien, fairen und kompeti‐ tiven Wahlen sowie der Beteiligung der relevanten Akteure an den Entscheidungsprozessen sowie der Möglichkeit zu fairen und offenen internen Debatten konstituiert. Der Grad der Einhaltung der demokra‐ tischen Prozesse wird anhand folgender Prinzipien gemessen: ○ Die Vorstandsmitglieder werden demokratisch nach klaren Abläu‐ fen (wieder-)berufen. ○ Die Organisation unternimmt Anstrengungen, eine ausgewogene und vielfältige Zusammensetzung des Vorstands zu erreichen. ○ Die Organisation hat ein Nominierungskomitee. ○ Die Organisation schreibt in ihren Statuten oder internen Re‐ gelungen ein Quorum (eine Mindestanzahl an Teilnehmern ist notwendig, um Geschäfte zu führen und um Stimmen abzugeben) für den Vorstand und die Generalversammlung fest. 192 8 Good Governance im Sport <?page no="193"?> ○ Die Organisation hat Amtszeitbegrenzungen sowie einen Zeitplan für ein Ausscheiden festgeschrieben. ○ Die Generalversammlung repräsentiert alle zugehörigen Mitglie‐ der und trifft sich mindestens einmal im Jahr. ○ Der Vorstand trifft sich regelmäßig. ○ Die Organisation stellt die Beteiligung der Athleten am Politikpro‐ zess sicher. ○ Die Organisation stellt die Beteiligung der Schiedsrichter am Politikprozess sicher. ○ Die Organisation stellt die Beteiligung der Trainer am Politikpro‐ zess sicher. ○ Die Organisation stellt die Beteiligung der Ehrenamtlichen und/ oder Freiwilligen am Politikprozess sicher. ○ Die Organisation stellt die Beteiligung der Mitarbeiter am Politik‐ prozess sicher. ○ Die Organisation implementiert eine Gleichstellungspolitik. • Rechenschaftspflicht und Kontrolle: Diese Dimension bezieht sich sowohl auf die Umsetzung von Gewalten‐ teilung als auch auf Systeme, die sicherstellen, dass Organisationmit‐ glieder interne Regeln, Werte und Normen einhalten. Die zur Messung genutzten Prinzipien sind: ○ Die Generalversammlung überwacht den Vorstand angemessen. ○ Der Vorstand schreibt den Ablauf bei vorzeitigem Rücktritt der Vorstandsmitglieder fest. ○ Die Organisation definiert in ihren Statuten jene Umstände, in denen aufgrund von ernsthaften Interessenkonflikten eine Person nicht als Vorstandsmitglied wählbar ist. ○ Die Organisation folgt einer klaren Führungsstruktur, die dem Prinzip der Gewaltenteilung entspricht. ○ Der Vorstand überwacht das Management angemessen. ○ Die Organisation implementiert ein Finanzkontrollsystem. ○ Der Vorstand evaluiert seine Zusammensetzung und Leistung jährlich. ○ Die Finanzen der Organisation werden extern durch einen unab‐ hängigen Auditor durchgeführt. ○ Die Organisation verfügt über einen Verhaltenskodex oder er‐ kennt einen solchen an, der für die Vorstandsmitglieder, das Management und das Personal gilt. 8.3 Prinzipien der Good Governance im Sport 193 <?page no="194"?> ○ Der Vorstand schreibt klare Abläufe bei Interessenkonflikten von Vorstandsmitgliedern fest. ○ Der Vorstand schreibt Abläufe für den Umgang mit Beschwerden in internen Regelungen vor. ○ Die Entscheidungen der Organisation können durch interne oder externe Verfahren angefochten werden. ○ Der Vorstand verabschiedet einen jährlichen Sitzungskalender. • Gesellschaftliche Verantwortung: Organisationen sollen ihre Macht, Bedeutung und Stellung bewusst einsetzen, um positive Wirkungen auf interne und externe Stakeholder zu erzielen und dadurch insgesamt einen positiven Beitrag zur Gesell‐ schaft zu leisten. Anhand folgender Prinzipien wird die gesellschaftliche Verantwortung gemessen: ○ Die Organisation bietet ihren Mitgliedsorganisationen Beratung in den Bereichen Management und Steuerung an. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm mit dem Ziel, Gesundheitsrisiken im Sport zu reduzieren. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm mit dem Ziel, sexuelle Belästigung im Sport zu bekämpfen. ○ Die Organisation implementiert ein Anti-Doping-Politikpro‐ gramm. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm zur sozialen Inklusion durch Sport. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm mit dem Ziel, Diskriminierung im Sport zu bekämpfen. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm mit dem Ziel, Spielmanipulation zu bekämpfen. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm mit dem Ziel, die Umweltverträglichkeit zu fördern. ○ Die Organisation implementiert ein Politikprogramm zur Förde‐ rung dualer Karrieren von Athleten. ○ Die Organisation stellt eine faire Behandlung professioneller Ath‐ leten sicher. Die Analyse durch den Sports Governance Observer auf Basis von vier Dimensionen mit 46 Prinzipien, die durch 274 Indikatoren gemessen werden, ist sehr umfangreich, wodurch eine umfassende Darstellung und Bewertung des Status quo hinsichtlich der (Good) Governance in Sportorganisationen 194 8 Good Governance im Sport <?page no="195"?> nachvollziehbar ermöglicht wird. Obwohl der Sports Governance Observer nicht als klassisches Framework für Good Governance wie die Kodexe des IOC oder des Council of Europe konzipiert wurde, kann dieser Ansatz dennoch für den Aufbau und die Implementierung konkreter Good-Gover‐ nance-Praktiken genutzt werden. Die operationalisierten Prinzipien und Indikatoren ermöglichen eine ausreichende Bewertung. Der Sports Gover‐ nance Observer kann demnach von Sportorganisationen genutzt werden, um die eigene Governance zu evaluieren und einen möglichen Handlungs‐ bedarf zu eruieren. 8.4 Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, wie Good-Governance-Richtlinien in einer Sportorganisation sinnvoll eingeführt werden und welche Heraus‐ forderungen sowie Probleme sich dabei ergeben können. 8.4.1 Implementierung Bislang existiert ein Defizit an Vorgaben, wie die Good-Governance-Kodexe erfolgreich implementiert werden können (Chappelet & Mrkonjic 2019, S. 11; Handschin, 2014, S. 121). Damit Good Governance in Sportorganisa‐ tionen nachhaltig umgesetzt werden kann, müssen die Praktiken in den Grundfesten der Organisation verankert sein, damit sich die entsprechenden Prinzipien auch in den Handlungen und Entscheidungen widerspiegeln können. Daher ist es unerlässlich, dass im Rahmen der Implementierung Strukturen, Prozesse und Entscheidungsmechanismen entsprechend ange‐ passt werden. King (2017, S. 152) empfiehlt folgende Vorgehensweise zur Implementie‐ rung von Good Governance: • Vorstellung der Good Governance im Rahmen von Vorstandsitzungen inkl. einer umfassenden Erklärung, wie die Sportorganisation davon profitieren kann, • Entwicklung von Tools für Evaluation der Umsetzung und Schaffen von Anreizmechanismen für die Einhaltung der Good-Governance-Kodexe, • Durchführung von Good-Governance-Workshops für den Vorstand, 8.4 Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport 195 <?page no="196"?> • Erörtern von Problemen, Herausforderungen, Lösungen und Abwei‐ chungen während der Implementierung, • Erarbeitung eines Good Governance Frameworks, dem der Vorstand zustimmen und dieses entsprechend umsetzen kann und • Zuweisen von Rollen und Verantwortlichkeiten für die Implementie‐ rung von Good Governance. Auch wenn die Vorschläge von King (2017) recht konkret klingen, sind die Ausführungen im Detail doch recht vage und liefern für Entscheider in Sportorganisationen nur einen Anhaltspunkt, wie eine erfolgreiche Imple‐ mentierung von Good Governance erfolgen kann. Neben den Aspekten, die bei der Implementierung berücksichtigt werden sollten, leiten Studien aber auch andere Faktoren ab, die für erfolgreiche Good-Governance-Strategien entscheidend sein können. So untersuchen Geeraert et al. (2015) den Grad der Autonomie einer Organisation als Er‐ folgsfaktor. Ghadami und Henry (2015, S. 986) sehen einen Zusammenhang zwischen erfolgreicher Good Governance und der Organisationskultur. Weiterhin spielen die Organisationsgröße (Parent & Hoye, 2018) sowie die Kapazität und die Expertise der beteiligten Personen (Král & Cuskelly, 2018; O’Brien et al., 2018) eine bedeutende Rolle bei der Implementierung und Umsetzung von Good Governance Insgesamt ist die Forschung zum Thema der Implementierung von Good Governance noch nicht besonders weit fortgeschritten, da die meisten Konzepte oder Praktiken recht vage und sehr oberflächlich formuliert sind. Weiterhin ist die Implementierung mit komplexen Veränderungen in der Struktur der Organisation verbunden. Für eine erfolgreiche Implementie‐ rung muss die Veränderung stetig evaluiert und kontrolliert werden. Die Implementierung von Good Governance ist damit mit einem erheblichen Aufwand verbunden (Chappelet & Mrkonjic, 2019, S.-10; Handschin, 2014). 8.4.2 Zentrale Herausforderungen und Probleme der Einführung Bei der Implementierung und Umsetzung von Good Governance im Sport können sich Probleme in gar mannigfaltiger Art und Weise ergeben. Geeraert (2022b, S. 3-6) identifiziert drei zentrale Probleme, die er als Wissenslücken bezeichnet: 196 8 Good Governance im Sport <?page no="197"?> ➀ Konzeptionelle Unklarheit Zunächst ergibt sich eine Unsicherheit aus den Begriffen Governance und Good Governance an sich. Governance umfasst ein geordnetes Muster von Führung, was in diesem Sinne als Strukturen der Organisation verstanden werden kann. Konkret erfasst die Governance Machtverhältnisse und das Zusammenspiel von Akteuren, den institutionellen Rahmen sowie die Steue‐ rung der Organisation (Treib et al., 2007, S. 3). Governance bezeichnet somit die Politik, Prozesse und Strukturen innerhalb der Organisationen. Good Governance bezieht sich hingegen einerseits auf bestimmte Prinzipien, an denen das Handeln auszurichten ist, sowie andererseits auf einen Rahmen, der diese Politiken, Strukturen und Prozesse misst und beurteilt. Der Wort‐ laut Good gibt dabei schon vor, dass sich die Praktiken als Benchmark oder Best Practices qualifizieren lassen sollen (Geeraert, 2022b, S. 3). Die ursprüngliche Entwicklung von Governance-Mechanismen zielte hingegen auf den Schutz von Aktionärsinvestitionen und -interessen ab (Cobbaut & Lenoble, 2003), wovon sich das Prinzip der Good Governance mittlerweile weit entfernt hat. Die Konzepte der Good Governance beziehen sich zudem oftmals auf abstrakte Prinzipien wie Rechenschaftspflicht, Transparenz, Effektivität, Effizienz und ethisches Verhalten (Geeraerts, 2022b, S. 3). Im Kontext von Sport werden diese zudem noch um Grundsätze wie Partizipation und Demokratie oder Gleichheit sowie Inklusion erweitert. Da zahlreiche Institutionen, Wissenschaftler und Behörden verschiedene Schlüsselprinzipien vorschlagen, die anhand divergierender Kriterien ge‐ wertet werden, stiftet das breite Spektrum der Good-Governance-Prinzipien für Sportorganisationen im Endeffekt mehr Unsicherheit, als dass es Klarheit schafft (Chappelet & Mrkonjic, 2019, S.-10). ➁ Unklare Umsetzungsgründe Der zweite Problemkreis ergibt sich dadurch, dass in Sportorganisationen, bei ihren Vertretern oder ihren Mitgliedern oftmals nicht nur Unklarheit über die explizite Charakteristik von Good Governance herrscht, sondern auch kein Verständnis darüber vorliegt, was mit Good Governance erreicht werden kann oder wie diese Prinzipien zu einer Verbesserung beitragen kön‐ nen (Geeraert, 2022b, S. 4). Nach Chappelet und Mrkonjic (2019, S. 11) geben viele Good Governance Frameworks keine Auskunft darüber, warum diese implementiert werden sollen. Mit anderen Worten beschreiben Good-Go‐ 8.4 Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport 197 <?page no="198"?> vernance-Prinzipien nicht, warum sie ‚gut‘ sind und umgesetzt werden sollten. Der vorherrschende Ansatz zur Umsetzung (und Notwendigkeit) der Good Governance in großen Sportverbänden, wie der FIFA oder dem IOC, liegt wohl vorwiegend in der Vermeidung von Korruption und Missmanage‐ ment. Für viele Sportorganisationen ist der Nutzen von Good Governance aber unklar. So argumentieren auch Parent und Hoye (2018, S. 21), dass ein gesicherter Beweis für einen Zusammenhang zwischen der Umsetzung von Good Governance und den (positiven) Auswirkungen auf die Organisation fehlt. Good Governance wird damit weniger zum Instrument für konkrete Probleme, sondern wird als Lösung bzw. als Muster präsentiert, mit den vielfältigen Herausforderungen umzugehen (Henry & Lee, 2004, S.-38). ➂ Unklare Auswirkungen von Good-Governance-Strategien Aufgrund der Besonderheiten des Sportsektors, der Neuheit der Konzepte sowie der Unklarheit über die konkreten Ausprägungen sind die Folgen und potenziell unerwünschten Nebeneffekte der Einführung von Good-Go‐ vernance-Prinzipien noch weitgehend unbekannt, was eine zusätzliche Unsicherheit für Sportorganisationen bedeutet (Parent & Hoye, 2018, S. 21). Thompson et al. (2022, S. 1863) stellen überdies fest, dass die meisten Arbeiten und Ansätze zu Good Governance im Sport nicht auf empirischen Methoden beruhen, sondern aus anderen Quellen abgeleitet werden und damit meist nur einen begrenzten Aussagewert bieten. Neben diesen Wissenslücken über die Good Governance lassen sich aber auch noch weitere Problemkreise zeichnen. So wurde oben bereits erwähnt, dass die Good-Governance-Konzepte in der Verbandspraxis oft als Lösung für Fehler und Probleme angesehen werden. Die Einführung von Good-Go‐ vernance-Praktiken kann jedoch alleine kaum die vorliegenden Probleme in Sportorganisationen beseitigen, sondern muss in Abstimmung mit anderen Veränderungsprozessen erfolgen (Crawford & Carter, 2011). Zudem ist die Einführung der Good-Governance-Kodexe nicht ohne weiteres möglich, sondern ist komplex und geht mit einer weitreichenden Veränderung von Prozessen, Strukturen und Handlungen einher (Mrkonjic, 2022, S.-246). Darüber hinaus wird die Entwicklung und Implementierung von Good Governance in vielen Fällen aufgrund der Skandale und Krisen initiiert (Mrkonjic, 2022, S. 236). So untersuchten beispielsweise Zattoni und Cuomo (2008, S. 13) verschiedene nationale Good-Governance-Kodexe und stellten fest, dass die Umsetzung dieser Kodexe bei zahlreichen Sportorganisationen 198 8 Good Governance im Sport <?page no="199"?> mehr aus Legitimations- oder Anpassungsdruck erfolgte und weniger aus dem Ziel heraus, die Governance tatsächlich zu verbessern. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Parent und Hoye (2018), die damit hinterfragen, ob Good Governance an dieser Stelle nicht sogar die Effekti‐ vität gefährdet, anstatt diese zu fördern. Auch Pielke et al. (2019, S. 482) argumentieren, dass große Sportorganisationen die Implementierung von Good-Governance-Praktiken nutzen, um von anderen Problemen abzulen‐ ken. So stellen sie fest, dass das IOC beispielsweise nach den Korruptions‐ skandalen eigene Good-Governance-Prinzipien veröffentlichte und durch das Commitment zu diesen von den Missständen ablenken wollte. Eine aufrichtige Motivation zur Implementierung von Good Governance kann damit zumindest angezweifelt werden. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus dem Begriff der Good Gover‐ nance an sich. So entstehen zum einen sprachliche Probleme, da sich der Begriff kaum sinnvoll in andere Sprachen übersetzen lässt. Weiterhin beste‐ hen auch erkenntnistheoretische Probleme (Girginov, 2022, S. 3). So haben die ohnehin schon relativ abstrakten Dimensionen der Good Governance überdies in unterschiedlichen Kulturen andere Bedeutungen (Karsten & Illa, 2005). Die Konzepte von Good Governance müssen dementsprechend an lo‐ kale Anforderungen angepasst werden (Chappelet & Mrkonjic, 2019, S. 10). Burger und Goslin (2005, S. 3) argumentieren dahingehend auch, dass eine Implementierung von Good-Governance-Praktiken in Sportorganisationen an das lokale gesellschaftliche Wertesystem angepasst werden muss. Bei der Implementierung von Good-Governance-Praktiken in Sportorga‐ nisationen können zudem die folgenden Problembereiche auftreten. • Die Einführung von Good Governance erfordert einen tiefgreifenden kulturellen Wandel innerhalb der Organisation. Dies kann Widerstand und Skepsis gegenüber neuen Verfahren und Standards auslösen und eine erfolgreiche Implementierung dadurch erheblich beeinträchtigen. • Die Einführung von Good Governance erfordert außerdem häufig eine Veränderung des Führungsstils von autoritär oder oligarchisch zu par‐ tizipativ und demokratisch. Auch dieser Umstand kann Widerstand innerhalb der Organisation hervorrufen. • Insbesondere für kleinere Sportorganisationen und Verbände ist es schwierig, die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen für die Umsetzung von Governance-Prinzipien bereitzustellen. 8.4 Implementierung und zentrale Herausforderungen von Good Governance im Sport 199 <?page no="200"?> Das Konzept der Good Governance im Sport steht insgesamt noch relativ weit am Anfang und jede Organisation muss für sich auf Basis (möglichst objektiver) Kriterien entscheiden, ob die Umsetzung der entsprechenden Kodexe möglich ist und auf Basis welcher Motivation diese erfolgen soll. Die obigen Probleme und Herausforderungen zeigen, dass die Umsetzung aufgrund falscher Annahmen oder Motive die Performance von Organisa‐ tionen potenziell auch negativ beeinflussen kann. 8.5 Fazit Good Governance basiert im Wesentlichen auf den Prinzipien Transparenz, Rechenschaftspflicht, Demokratie, Effizienz und Ethik. Diese Prinzipien werden jedoch in den einzelnen Ansätzen zur Good Governance in unter‐ schiedlicher Weise operationalisiert. Daher bleibt für das Management von Sportorganisationen häufig unklar, was konkret sich unter den einzelnen Vorgaben verbirgt. Diese Unsicherheit wird durch die Komplexität der Regelwerke weiter verstärkt. Zudem mangelt es oft an einem Verständnis für den konkreten Mehrwert von Good Governance sowie für die damit verbundenen Auswirkungen. Zudem fehlen den entsprechenden Ansätzen Anweisungen für die Um‐ setzung oder konkrete Vorschläge für die Messung und Bewertung der Dimensionen. Letztere Lücke füllen der Sports Governance Observer und der Ansatz der Basisindikatoren für Good Governance im Sport von Chap‐ pelet und Mrkonjic (2013). Auf Basis dieser Konzepte kann die Governance in Sportorganisationen mit Hilfe eines Punktwertes beziffert werden, woraus auch Ableitungen für Verbesserungen getroffen werden können. Für die Einführung von Good-Governance-Praktiken in großen Sport‐ organisationen waren insbesondere Skandale verantwortlich, deren Ent‐ stehen mitunter auf eine schwache Governance zurückgeführt werden konnte. Große Sportorganisationen, wie das IOC oder die FIFA, reagier‐ ten demnach auf eine öffentliche Forderung nach der Einführung von Good-Governance-Prinzipien. Die Umsetzung von Good Governance erfolgt damit potenziell unter der falschen Motivation, sodass Sportorganisationen Good-Governance-Kodexe möglicherweise vorwiegend wegen des Legiti‐ mationsdrucks und weniger aufgrund des Willens zur Verbesserung der Governance einführen, wodurch wiederum Effizienzziele in Gefahr geraten. 200 8 Good Governance im Sport <?page no="201"?> Bislang ist die Forschung über die Auswirkungen von Good Governance auf die Organisationen im Sport und deren Performance kaum entwickelt. Empfehlenswerte Forschungsansätze könnten daher in der empirischen Untersuchung der Vorteile und Herausforderungen für Organisationen bestehen, die sich aus der Implementierung von Good-Governance-Prinzi‐ pien ergeben. Weiterhin wäre die Analyse der Umsetzbarkeit der zahlrei‐ chen unterschiedlichen Good-Governance-Ansätze hilfreich. Ein weiteres Forschungsfeld ergibt sich in der Analyse der Motivation von Sportor‐ ganisationen bzw. ihren Entscheidungsträgern zur Implementierung von Good-Governance-Ansätzen. Die Praxis sieht sich vor allem mit der Herausforderung konfrontiert, die Umsetzung von Good Governance möglich und kontrollierbar zu machen. Dazu bedarf es zum einen praxistauglicher Konzepte für Good Governance, die bei Nichteinhaltung entsprechende Sanktionen auslösen. Außerdem müssen die Sportorganisationen die notwendigen finanziellen und personel‐ len Ressourcen für die Implementierung eines Good-Governance-Systems bereithalten. ➲ Kontrollfragen • Was ist unter dem Konzept der Good Governance zu verstehen? • Vergleichen Sie verschiedene Definitionsansätze von Good Governance! • Nennen Sie die Besonderheiten, die sich für Sportorganisationen in Bezug auf das Verständnis von Good Governance ergeben! • Erklären Sie, warum Good Governance im Sport notwendig ist! • Welche verschiedenen Prinzipien oder Frameworks von Good Gover‐ nance im Sport gibt es und worin unterscheiden diese sich? • Was ist der Sports Governance Observer? • Welche Probleme ergeben sich für die Bewertung der Good Governance? • Diskutieren Sie die zentralen Unterschiede zwischen den verschiedenen Frameworks von Good Governance! • Welche Besonderheiten oder Schwierigkeiten ergeben sich bei der Implementierung von Good Governance? • Welche drei hauptsächlichen Wissenslücken liegen in Bezug auf Good Governance im Sport aktuell vor? • Diskutieren Sie verschiedene Herausforderungen des Konzepts der Good Governance im Sport! ➲ Kontrollfragen 201 <?page no="202"?> ➲-Literaturempfehlungen Chappelet, J. L. & Mrkonjic, M. (2019). Assessing sport governance principles and indicators. In Research handbook on sport governance (S. 10-28). Cheltenham, UK & Northampton, MA, USA. Edward Elgar Publishing. Geeraert, A. (2018). Sports Governance Observer 2018. Zugriff am 14.09.2023 unter: https: / / lirias.kuleuven.be/ retrieve/ 521916 Geeraert, A. & van Eekeren, F. (2022). Good governance in sport: Critical reflections. London: Taylor & Francis. Geeraert, A. (2022b). Introduction - The need for critical reflection on good governance in sport. In Good governance in sport: Critical reflections (S.-15-29). London: Routledge. Girginov, V. (2022). The numbers game: quantifying good governance in sport. In European Sport Management Quarterly, 23(6), 1-17. Mrkonjic, M. (2016). A review of good governance principles and indicators in sport. Enlarged Partial Agreement on Sport (EPAS). Cheltenham: Edward Elgar Publishing. 202 8 Good Governance im Sport <?page no="203"?> 9 Compliance in der Sport Governance Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die Merkmale des Compliance-Begriffs zu bestimmen, • den Zusammenhang zwischen Compliance und Governance zu erläutern, • die Abweichung von Compliance-Regeln zu erklären, • die Faktoren, die Compliance begünstigen, darzustellen, • den Aufbau eines Compliance-Management-Systems zu erläutern und • die Wichtigkeit des Risikomanagements für Sportorganisationen aufzuzeigen. Wie bereits aus den Lernzielen erkennbar, sollen in diesem Kapitel zum einen Merkmale des Compliance-Begriffs im Kontext der Governance von Sportorganisationen vermittelt und Gründe für das Nichteinhalten der Compliance identifiziert werden. Zum anderen werden die Compliance begünstigenden Faktoren und die Bedeutung des Risikomanagements the‐ matisiert. 9.1 Grundlagen der Compliance Der Begriff Compliance (aus dem Englischen to comply = entsprechen oder befolgen) bedeutet Regeltreue und bezeichnet die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien sowie freiwilligen Kodexen (Tanski, 2023). Compliance kann sich dabei auf die folgenden Aspekte beziehen: • Legal Compliance: Legal Compliance ist im Kontext der Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu verorten. Unter Legal Compliance kann mit McGregor-Lowndes (2003, S. 55) eine „appropriate strategy for a nonprofit organization to manage the organization´s, individual board member´s and management´s exposure to breaching the law“ verstanden werden. Ziel ist somit die vollumfängliche Einhaltung <?page no="204"?> (länderspezifischer) gesetzlicher Vorschriften und die Gestaltung der Organisationsstruktur sowie der -prozesse in einer Weise, die die Gefahr minimiert, dass das Recht durch die Organisation oder ihre Mitglieder gebrochen wird. • Policy Compliance: Policy Compliance rekurriert auf interne Vorgaben und Anweisungen. Diese Vorgaben können wiederum für verschiedene Bereiche wie etwa für das Personal-, das Finanz- oder das Beschaffungswesen erlassen worden sein. Effektive Policy Compliance erfordert nicht nur die Entwicklung klarer und verständlicher Richtlinien, sondern auch von Mechanismen zur Überwachung und Durchsetzung sowie eine regelmä‐ ßige Überprüfung, um sicherzustellen, dass die festgelegten Standards kontinuierlich eingehalten werden. • Ethical Compliance: Ethical Compliance bezieht sich auf die Einhaltung ethischer Standards, Prinzipien und Werte innerhalb einer Organisation. Es geht hierbei darum, sicherzustellen, dass die Aktivitäten, Entscheidungen und Ge‐ schäftspraktiken einer Organisation im Einklang mit den einschlägigen moralischen Normen stehen. Im Rahmen der Compliance sind zudem die folgenden Aspekte zu berück‐ sichtigen: Compliance darf im Hinblick auf die beteiligten Akteure nicht als unidirektional verstanden werden, sondern behandelt Interdependenzen zwischen der staatlichen Sphäre, der Organisation und ihren Stakeholdern (Institut der Wirtschaftsprüfer, 2022; King, 2017). Derartige Wechselbezie‐ hungen sind insbesondere bei der Umsetzung der Compliance von beson‐ derer Bedeutung. Die Schnittmenge zwischen den auf den ersten Blick voneinander un‐ abhängigen Teilbereichen Governance und Compliance ist die verantwor‐ tungsvolle Unternehmens- und Organisationsführung (sogenannte Good Governance). Dies wird in →-Abbildung 20 verdeutlicht. 204 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="205"?> Abbildung 20 Governance Compliance verantwortungsvolle Unternehmensführung Abbildung 20: Zusammenhang zwischen Compliance und Governance. | Quelle: Teubner und Feller (2008, S.-401). Compliance resultiert in einer Einengung der Freiheitsspielräume der Ent‐ scheidungsträger. Vor diesem Hintergrund sind Organisationen mit dem zentralen Problem einer Optimierung des Verhältnisses von Organisations‐ effizienz und Compliance konfrontiert. Die Weiterentwicklung der Organi‐ sation in strategischer und prozessualer Hinsicht kann in einer konfligier‐ enden Beziehung zur Überwachung der Regeltreue der handelnden Akteure stehen, sodass die Gefahr eines Bruchs der Compliance gegeben ist. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive muss es daher das Ziel einer modernen Sportorganisation sein, ein optimales Verhältnis zwischen den Zielgrößen zu erreichen. Dadurch wird die Compliance gewährleistet, ohne dass die Agilität der Organisation und damit einhergehend der Enthusiasmus und die Inspiration der Akteure leiden. 9.2 Formen der Non-Compliance Die Nichteinhaltung bestehender Regeln und Gesetze, die sogenannte Non-Compliance, wird in der Literatur (Chayes & Chayes, 1995; Chayes et al., 1998; King, 2017; Tanski, 2023) wie folgt klassifiziert (siehe hierzu auch →-Abbildung 21): Non-Compliance als dolose Handlung: Hierbei ist die Nichteinhaltung von Regeln eine bewusste Entscheidung. Diese kann ihre Ursachen zum einen in einem abweichenden Wertesystem des Entscheiders haben. So können Entscheider andere Moralvorstellungen aufweisen oder aus anderen Gründen die Regeln ablehnen und verstoßen daher dagegen. Zum anderen kann Non-Compliance in diesem Zusammenhang Ergebnis einer Abwägung der erwarteten Kosten und des korrespondierenden Nutzens sein. Dabei kann sich der Entscheider durch das Nicht-Einhalten der Regeln selbst einen Vorteil verschaffen. 9.2 Formen der Non-Compliance 205 <?page no="206"?> Non-Compliance als leichtfertige Handlung: Unklarheit der Regeln, Un‐ kenntnis der Regeln oder eine unzureichende Ressourcenausstattung kön‐ nen ebenfalls Non-Compliance verursachen. Abbildung 21 Non-Compliance entsteht durch Dolose Handlung Bewusste Missachtung bestehender und bekannter Regeln Leichtfertigkeit Als Folge von Unwissenheit, Irrtum, Fehlinformationen, veraltetem Wissen usw. Abweichendes Wertesystem Andere Moralvorstellung, Ablehnung der „Spielregeln“, Glaube an andere Ordnungen usw. Eigene Nutzenerhöhung Geldgier, Vermeidung von Druck, Befriedigung persönlicher Neigungen, Maximierung zu Lasten anderer, aber auch vermeintliche Hilfe für das Unternehmen usw. Irrtum Fehleinschätzung, zeitliche und andere Überlastung, unklare Informationen Unwissen Unkenntnis von (neuen) Normen, Fehlinterpretation von Normen Austausch SL1 Abbildung 21: Ursachen der Non-Compliance. | Quelle: Tanski (2023, S.-4). Exkurs | Beispiele für Non-Compliance Als anschauliches Beispiel für Non-Compliance als dolose Handlung im Bereich des Sports eignet sich der Fall von Lance Armstrong. Armstrong, ein ehemaliger Profi-Radsportler und siebenfacher Gewinner der Tour de France, wurde wegen langjährigen und systematischen Dopings überführt. Er und sein Team wurden beschuldigt, systematisch verbo‐ tene leistungssteigernde Substanzen wie EPO (Erythropoietin) und Bluttransfusionen verwendet zu haben, um ihre Leistung zu steigern. Trotz wiederholter Dopingtests und Anschuldigungen leugnete Arm‐ strong vehement jegliche Beteiligung an dopingbezogenen Praktiken. Die Non-Compliance in Armstrongs Fall besteht darin, dass er und sein Team gegen die Anti-Doping-Regeln und -Vorschriften der Internatio‐ nalen Radsportunion (UCI) verstoßen haben. Dies führte zu erheblichen Konsequenzen, darunter der Aberkennung seiner Tour-de-France-Titel, 206 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="207"?> einer lebenslangen Sperre für Armstrong und einige seiner Teamkolle‐ gen sowie erheblicher Geldstrafen für das Team. Ein weiteres Beispiel für Non-Compliance als dolose Handlung stellt der Bestechungsskandal im Zusammenhang mit der Vergabe der Olym‐ pischen Spiele 2002 dar, in dem Sportfunktionäre des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verwickelt waren. Im Jahr 1998 war die Stadt Salt Lake City in den USA erfolgreich bei der Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2002. Später stellte sich jedoch heraus, dass einige Mitglieder des Organisationskomitees Beste‐ chungsgelder an IOC-Mitglieder gezahlt hatten, um deren Stimmen zu gewinnen. Die Bestechung umfasste Geschenke, kostenlose medizi‐ nische Behandlungen, Studienstipendien und andere Vergünstigungen für einzelne IOC-Mitglieder und ihre Familien. Diese unrechtmäßigen Vorteile wurden genutzt, um die Stimmen der IOC-Mitglieder zu beein‐ flussen und die Auswahl von Salt Lake City als Austragungsort zu sichern. Als Reaktion auf diese Enthüllungen wurden mehrere IOC-Mit‐ glieder ausgeschlossen oder traten zurück, und es wurden Reformen durchgeführt, um die Transparenz und Integrität des Bewerbungsproz‐ esses zu stärken. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Sportfunktionäre, die ihre Position missbrauchen, um persönliche Vorteile zu erlangen, nicht nur gegen ethische Grundsätze verstoßen, sondern auch das Vertrauen in die Integrität des Sports und der Sportorganisationen untergraben. Ein Beispiel für Non-Compliance aufgrund der Unkenntnis der Regeln im Profisport stellt das Verhalten von Sebastian Vettel während eines Formel-1-Rennens im Jahr 2019 dar. Im Grand Prix von Kanada verlor er bei einem Duell mit Lewis Hamilton die Kontrolle über sein Auto und geriet auf das Gras. Beim Wiedereintritt auf die Strecke schnitt er die Kurve, was zu einer Behinderung von Hamilton führte. Vettel über‐ querte die Ziellinie als Erster, wurde jedoch von den Rennkommissaren aufgrund dieses Vorfalls bestraft. Die Rennkommissare entschieden, dass Vettel gegen die Regeln verstoßen habe, indem er auf unsichere Weise auf die Strecke zurückgekehrt sei, und belegten ihn mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe. Diese Strafe hatte zur Folge, dass Vettel in der Gesamtwertung des Rennens auf den zweiten Platz abrutschte und der Sieg Hamilton zugesprochen wurde. Vettels Unkenntnis der genauen Regeln in Bezug auf den Wiedereintritt auf die Strecke war somit die Ursache für das Rennergebnis. 9.2 Formen der Non-Compliance 207 <?page no="208"?> Ein weiteres Beispiel für Non-Compliance aufgrund von Unkenntnis im Sport ist der „Deflategate“-Fall in der National Football League (NFL) im Jahr 2015. Nach dem AFC Championship Game zwischen den New England Patriots und den Indianapolis Colts wurden die Patriots beschuldigt, mit absichtlich zu wenig aufgepumpten Footballs gespielt zu haben, was ihnen einen Vorteil verschafft hätte. Der Vorfall wurde von den Colts während des Spiels gemeldet. Die Untersuchung, die von der NFL durchgeführt wurde, ergab, dass mehrere Bälle, die von den Patriots verwendet wurden, unter dem vorgeschriebenen Druck lagen. Als Reaktion darauf wurde Tom Brady, der Quarterback der Patriots, für vier Spiele gesperrt, und die Patriots erhielten eine Geldstrafe und wurden mit dem Verlust von Draft-Picks belegt. Offenbar hatten die für die Überwachung und Kontrolle der Spielbälle verantwortlichen Funk‐ tionäre es versäumt, sich ausreichend über die genauen Protokolle und Vorschriften im Zusammenhang mit der Ballluftigkeit zu informieren. 9.3 Erreichen von Compliance: Compliance-Prozess und Compliance-Programm Wirksame Maßnahmen, um Compliance zu erzielen, müssen an den Ursa‐ chen von Non-Compliance ansetzen. Aus ökonomischer Sicht stellt Compli‐ ance ein Kollektivgut dar, von dem die Organisation, ihre Akteure sowie ihre Stakeholder profitieren. Die Eigenschaften eines Kollektivgutes setzen An‐ reize für Trittbrettfahrerverhalten und können schließlich darin resultieren, dass das Gut Compliance überhaupt nicht mehr produziert wird. Zur mittel- und langfristigen Sicherstellung der Compliance in einer Sportorganisation kann nach Hoye und Cuskelly (2007) ein vierphasiger Compliance-Prozess aufgesetzt werden: 1. Identifizierung der möglichen organisationalen Stellen, an denen die Gefahr besteht, dass Akteure sich nicht regelkonform verhalten könn‐ ten. 2. Ermittlung der Art und Weise, wie Regeln gebrochen werden könnten, einschließlich einer Risikobeurteilung für den Regelbruch. 3. Entwicklung eines Programms, um Compliance-Verstöße zu reduzieren oder zu verhindern. 208 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="209"?> 4. Implementierung des Programms, laufende Effektivitätsmessung sowie Verbesserung. In einem derartigen Compliance-Prozess soll ein Compliance-Programm umgesetzt werden, das auf den folgenden drei Gestaltungselementen basiert (McGregor-Lowndes, 2003; Hoye & Cuskelly, 2007): • Strukturelle Elemente: Hierzu gehören das Set an Regeln, die Einrichtung der relevanten mit Compliance befassten Positionen, die Abgrenzung der Kompetenzen sowie die Ausstattung mit Ressourcen. • Operationale Elemente: Die operationalen Elemente umfassen die Identifikation möglicher Compliance-Probleme, die Verfahren und Mechanismen zur Einhaltung der Compliance, das Beschwerde- und Fehlersystem sowie ein Doku‐ mentations- und Reportingsystem. • Absichernde Elemente: Um eine dauerhaft effektive Funktionsweise des Compliance-Systems zu gewährleisten, sind absichernde Elemente notwendig. Diese umfas‐ sen zum einen das Supervising der eingebundenen Einheiten, also die Anleitung, Schulung, Überwachung und Fehlerkorrektur durch eigens dafür geschaffene kompetente Positionen. Zum anderen gehört ein Reviewprozess hierzu, mit dem die stetige Evaluation und Adaption des Comliance-Programms an veränderte Rahmenbedingungen erfolgt. Das Compliance-Programm kann sich im Einzelnen der folgenden Maßnah‐ men bedienen: Um dolose Handlungen zu unterbinden, die aufgrund eines abweichenden Wertesystems des Entscheiders auftreten, existieren drei Möglichkeiten. Zum einen besteht die Möglichkeit, sich von derartigen Mitarbeitern zu trennen. Zum anderen kann durch entsprechende Schulungs- und Infor‐ mationsmaßnahmen versucht werden, das Wertesystem der betreffenden Person zu korrigieren. Schließlich eignen sich wirksame Sanktionen, die ein derartiges Verhalten unterbinden können. Zu Vermeidung doloser Handlungen, die ihre Ursache darin haben, eigene Vorteile zu erzielen, bietet sich gemäß dem ökonomischen Ansatz der Abschreckung unerwünschter Handlungen (Becker, 1968; Follert, 2018) eine Erhöhung der zu erwartenden Strafe an. Ebenso ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Verhaltens‐ 9.3 Erreichen von Compliance: Compliance-Prozess und Compliance-Programm 209 <?page no="210"?> weisen aufgedeckt werden, durch entsprechende institutionelle Prozesse zu erhöhen. Um Non-Compliance aufgrund von Unklarheit der Regeln oder aus Unkenntnis derselben bzw. aufgrund einer unzureichenden Ressourcenaus‐ stattung zu vermeiden, sind verpflichtende Schulungen, klare Regeln und eine ausreichende Ressourcenausstattung das Mittel der Wahl. Im Allgemeinen bieten sich die folgenden Instrumente zur Realisierung von Compliance an: • Eindeutige Formulierung der Regeln bzw. des Code of Conduct (Regeln bzw. ein Code of Conduct müssen klar ausgestaltet und verbindlich sein.) • Kommunikation und Transparenz (Die einschlägigen Regeln und Vor‐ schriften müssen allen Beteiligten leicht zugänglich sein.) • Durchführung von Schulungen und Aufklärungsmaßnahmen (Durch Schulungen und durch Aufklärung aller relevanten Personenkreise wird das Verständnis der und für die Regeln verbessert.) • Überwachung und Kontrolle (Überwachungsmechanismen wie etwa ein Meldesystem, elektronische Überwachungssysteme, Datenanalysen und andere innovative Instrumente sind erforderlich, um die Einhaltung der Regeln zu überprüfen. Derartige Mechanismen bewirken zudem eine entsprechende Verhaltensänderung der potenziell anfälligen Personen‐ kreise.) • Sanktionen für Verstöße (Angemessene und transparente Sanktionen sind erforderlich, um die Regeldurchsetzung zu gewährleisten.) • Anreize für Compliance (Durch Setzung positiver Anreize in Form von Belohnungen, Vergünstigungen usw. lässt sich das Kalkül der betroffenen Personen entsprechend anpassen.) • Institutionelle Vorrichtungen (Durch die Einrichtung entsprechender Positionen und eines Ethik-Komitees wird die Einhaltung der Regeln institutionalisiert.) Durch die Kombination dieser Maßnahmen können Sportorganisationen die Wahrscheinlichkeit von Non-Compliance reduzieren und die Integrität des Sports wahren. Maßnahmen, um Compliance zu erreichen, stoßen an verschiedene Gren‐ zen: So gehen Chayes und Chayes (1995) davon aus, dass der extrinsische Anreiz in Form des Zwangs zwar kurzfristig zu einer gewissen Konformität innerhalb der Organisation führen kann, jedoch nicht bewirken kann, dass die Akteure die Einhaltung bewusst unterstützen. Vielmehr könnte 210 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="211"?> der Zwang durch Sanktionsandrohung nach dem aus der verhaltenswissen‐ schaftlichen Motivationsforschung bekannten Verdrängungseffekt (siehe grundlegend Deci, 1971; ferner Frey, 1997) sogar dazu führen, dass Akteure, die grundsätzlich an Compliance interessiert sind, in ihrer intrinsischen Motivation gehemmt werden. Vor diesem Hintergrund können die Schaffung von Transparenz, eine ad‐ äquate Ausstattung mit zur Bewältigung des Organisationsziels notwendi‐ ger Ressourcen und die bewusste Reduzierung normspezifischer Ermessens‐ spielräume als adäquate Mittel zur Erreichung der Compliance angesehen werden. In Sportorganisationen besteht das Problem, dass compliance-spe‐ zifische Ressourcen meist nur durch persönlichen Einsatz einzelner Akteure und einen nicht zu vernachlässigenden finanziellen Aufwand erhöht werden können. Anstatt den Fokus auf einzelne Ressourcen zu legen, kann es als adäquat angesehen werden, ein prinzipienbasiertes Compliance-System zu etablieren, das von einem Überwachungs- und Messprogramm umrahmt wird, sodass eine stetige Verbesserung der Compliance durch eine Verbesse‐ rung des Systems erreicht wird (Hoye & Cuskelly, 2007; McGregor-Lowndes, 2003; King, 2017). Die Sicherung der Compliance kann beispielsweise durch mehrere Verteidigungslinien begünstigt werden, wie es → Abbildung 22 schematisch skizziert. Abbildung 22 Legislative compliance assurance First line of defence Responsible officers Fourth line of defence Audits and reviews conducted by external parties Third line of defence Internal audit and other independent assurance Second line of defence Legal Services Abbildung 22: Compliance System. | Quelle: NSW (2021, S.-6). 9.3 Erreichen von Compliance: Compliance-Prozess und Compliance-Programm 211 <?page no="212"?> Jede Verteidigungslinie hat eine spezifische Rolle bei der Sicherstellung von Compliance: • Die First Line of Defense umfasst die Einrichtung von für die Einhaltung der Compliance verantwortlichen Positionen, die sicherstellen sollen, dass tägliche Aktivitäten in Übereinstimmung mit den festgelegten Regeln und Vorschriften erfolgen. Als Maßnahmen der Wahl erweisen sich hierbei die Implementierung von Richtlinien und Verfahren auf operativer Ebene sowie die Schulung der Mitarbeiter. • Die Second Line of Defense besteht aus der Einrichtung einer Rechtsab‐ teilung, die die operative Ebene unterstützt. Als Maßnahmen bieten sich auf dieser Ebene die Erstellung von Richtlinien und Verfahren sowie die Risikobewertung und Identifizierung von rechtlichen Fragestellungen an. • Die Third Line of Defense setzt sich aus der internen Revision und anderen vergleichbaren unabhängigen Stellen zusammen. Diese haben die Aufgabe, die Effektivität der ersten und zweiten Verteidigungslinie zu überprüfen und zu verbessern. Hierzu führen sie Audits und Prüfun‐ gen der Compliance-Prozesse durch, berichten ihre Ergebnisse an das Management und geben ggf. Empfehlungen zur Verbesserung ab. • Die Fourth Line of Defense wird durch externe Prüfer umgesetzt, die eine unabhängige Bewertung der Compliance-Maßnahmen gewährleis‐ ten. Hierzu werden externe Audits und Prüfungen durchgeführt sowie die Wirksamkeit der internen Kontrollen und Compliance-Programme beurteilt. Die Struktur der vier Verteidigungslinien soll sicherstellen, dass Compliance umfassend und wirksam implementiert wird, indem Verantwortlichkeiten, Überwachung und Überprüfung auf verschiedene Ebenen verteilt werden. Dies unterstützt die Organisation dabei, Risiken zu minimieren und Ver‐ trauen bei den Stakeholdern aufzubauen. Exkurs | Beispiel für die Anwendung der „Four Lines of Defense“ Als Beispiel für die Anwendung der „Four Lines of Defense“ in einer Sportorganisation soll die Umsetzung von Anti-Doping-Maßnahmen beim Deutschen Leichtathletik Verband (DLV) dienen (DLV, 2023): 212 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="213"?> • First Line of Defense - Verantwortliche Personen (Athleten und Trainer): Der DLV stellt Anti-Doping-Regeln und -Vorschriften bereit, die von Athleten und ihren Trainern eingehalten werden müssen. Die Athleten sind verpflichtet, sich den Dopingtests zu unterziehen und sicherzustellen, dass alle ihre Handlungen den Anti-Doping-Bestimmungen entsprechen. • Second Line of Defense (Anti-Doping-Beauftragte bzw. Anti-Do‐ ping-Manager): Der DLV verfügt in der Geschäftsstelle in Darm‐ stadt über mehrere Positionen, die mit der Einhaltung der Anti-Do‐ ping-Richtlinien befasst sind. • Third Line of Defense (Kommission Anti-Doping): Der DLV hat eine Kommission Anti-Doping eingerichtet, die die Funktionsweise der beiden vorgelagerten Verteidigungslinien überwacht und Empfeh‐ lungen gibt. • Fourth Line of Defense (Nationale Anti-Doping Agentur/ NADA, World Anti Doping Agency/ WADA): Eine Überprüfung der Einhal‐ tung der Anti-Doping-Aktivitäten des DLV erfolgt durch die NADA bzw. die WADA. Beim DLV arbeiten die Verteidigungslinien zusammen, um sicherzu‐ stellen, dass Anti-Doping-Praktiken effektiv umgesetzt werden. Die Athleten und ihre Trainer (First Line) sind direkt für die Einhaltung der Regeln verantwortlich, während die Anti-Doping-Beauftragten (Second Line) und die Kommission Anti-Doping (Third Line) die Umsetzung überwachen und sicherstellen. Externe Organisationen wie die NADA und WADA (Fourth Line) bieten eine zusätzliche unabhängige Überprü‐ fung auf nationaler und globaler Ebene. 9.4 Compliance und Risikomanagement Sportorganisationen agieren in einem dynamischen gesellschaftlichen Um‐ feld, was Unsicherheit über künftig als relevant geltende Gesetze, Normen und Usancen mit sich bringt. Zukünftige und damit unsichere Ereignisse können die Fähigkeiten einer Sportorganisation oder ihre Ziele beeinflus‐ sen. Wenn man dies mit King (2017, S. 169) vereinfachend als Risiko versteht, meint der Begriff des Risikomanagements in diesem Kontext die Messung 9.4 Compliance und Risikomanagement 213 <?page no="214"?> und Steuerung aller mit der Sportorganisation verbundenen Risiken unter Berücksichtigung etwaiger Interdependenzen zwischen Einzelrisiken. Das Risikomanagement einer Sportorganisation ist insofern nicht losgelöst von der Compliance, sondern im Hinblick auf die zahlreichen Wechselwirkun‐ gen als Bestandteil einer Compliance-Strategie zu interpretieren. Ein eta‐ bliertes Risikomanagement unterstützt die Verbesserung der Compliance im Hinblick auf Gesetze, formale Richtlinien und Kodexen, stärkt aber auch die Compliance der Mitglieder hinsichtlich organisationaler Ziele und Prozesse. Insgesamt kann dadurch eine Verbesserung der Transparenz und Rechenschaft erreicht werden (King, 2017). Im Allgemeinen ist es die Aufgabe eines Risikomanagementsystems, eine Organisation in die Lage zu versetzen, systematisch mit Risiken umzugehen und proaktiv Maßnahmen zu ergreifen, um negative Auswirkungen zu minimieren. Ein derartiges System verfügt über die folgenden Elemente (Bracci et al., 2021; Breitenstein et al., 2021; Calandro, 2015; Durst et al., 2020): • Risikopolitik und -strategie: Dies umfasst zum einen die Formulierung einer Risikopolitik, in der die Grundprinzipien und Ziele des Risikomanagements festlegt werden, und zum anderen die Entwicklung einer Risikostrategie, die die grundsätzli‐ che Herangehensweise an die Identifikation, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Risiken definiert. • Risikoidentifikation: Hierunter ist die systematische Identifikation aller potenziellen Risiken, die die Ziele der Organisation beeinflussen können, zu subsumieren. Als Instrumente, um Risiken zu identifizieren, können hier Techniken wie Brainstorming, Interviews, Workshops und Analysen zum Einsatz gelangen. • Risikobewertung: Dieser Schritt besteht in der Bewertung der identifizierten Risiken hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und der möglichen Aus‐ wirkungen. Eine Bewertung der Risiken kann mittels Risikomatrixen oder quantitativen Methoden vorgenommen werden. • Risikobehandlung: Die Risikobehandlung beruht auf der Umsetzung von Strategien, die Maßnahmen zur Risikovermeidung, -minderung, -übertragung oder 214 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="215"?> -akzeptanz umfassen. Dies erfordert zugleich, die Festlegung von Ver‐ antwortlichkeiten für die Umsetzung dieser Maßnahmen. • Risikokommunikation: Die Risikokommunikation besteht aus der Etablierung von Kommuni‐ kationskanälen, um relevante Informationen über Risiken innerhalb der Organisation zu transportieren. Zudem umfasst sie Pläne für die Kom‐ munikation über die Risikolage zu ausgewählten externen Stakeholdern. • Risikomonitoring und -überwachung: Dieser Sachverhalt subsumiert die Implementierung eines Systems zur kontinuierlichen Überwachung und Bewertung von Risiken, was dar‐ über hinaus die regelmäßige Aktualisierung der Risikobewertungen und die Anpassung der Risikobehandlungsstrategien bei Bedarf einschließt. • Dokumentation und Berichterstattung: Zum Zwecke der Rechenschaftslegung und zur Verbesserung des Risi‐ komanagementsystems sind der Risikomanagementprozess, die identi‐ fizierten Risiken und die getroffenen Maßnahmen zu dokumentieren. Dies umfasst zudem die Erstellung von regelmäßigen Berichten für die Unternehmensführung und andere relevante Stakeholder. Die Implementierung eines derartigen Risikomanagementsystems erfordert eine institutionelle Absicherung, also die Einrichtung damit befasster Posi‐ tionen mit entsprechenden Kompetenzen. Das beschriebene Risikomanage‐ mentsystem kann weitgehend für Sportorganisationen übernommen wer‐ den (Hoye & Cuskelly, 2007), wobei sich die Art und das Ausmaß der Risiken im Vergleich zu erwerbswirtschaftlichen Unternehmen unterscheiden. Exkurs | Risikomanagementsystem in einer Sportorganisation Die Umsetzung eines Risikomanagementsystems in einer Sportorgani‐ sation kann beispielsweise wie folgt aussehen: • Risikopolitik und -strategie: Die Sportorganisation beschließt als oberstes Ziel die Sicherheit der Athleten und der Zuschauer zu gewährleisten und einen fairen und sauberen Wettkampf zu fördern. • Risikoidentifikation: Mit Hilfe von Interviews usw. werden relevante Verletzungsrisiken bei Sportveranstaltungen, wie z.-B. Verletzungen durch Kollisionen oder unzureichende Sicherheitsvorkehrungen, identifiziert. 9.4 Compliance und Risikomanagement 215 <?page no="216"?> • Risikobewertung: Die Bewertung der Risiken erfolgt im Hinblick auf die Gefährdung der Veranstaltung und auf die Schädigung der gefährdeten Personen. • Risikobehandlung: Der Umgang mit den Risiken besteht darin, Sicherheitsmaßnahmen wie Erste-Hilfe-Stationen und Evakuierungspläne zu implementie‐ ren. • Risikokommunikation: Die Risikokommunikation umfasst die Kommunikation von Sicher‐ heitsrichtlinien an Athleten, Trainern, Zuschauern und anderen Stakeholdern vor und während der Sportveranstaltungen. • Risikomonitoring und -überwachung: Im Rahmen des Risikomonitorings und der Risikoüberwachung wer‐ den die Effektivität des bisherigen Systems zur Verhinderung und zum Umgang mit Verletzungen bei Sportveranstaltungen überprüft und Anpassungen an die veränderte Gefährdungslage vorgenom‐ men. • Dokumentation und Berichterstattung: Die Dokumentation und Berichterstattung umfassen die Aufzeich‐ nung von Verletzungen, Sicherheitsvorfällen und den getroffenen Maßnahmen und eine Erstellung von einschlägigen Berichten, auf deren Basis kontinuierliche Verbesserungen eingeleitet werden kön‐ nen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird durch entsprechende institu‐ tionelle Ausgestaltungen wie etwa die Einrichtung eines Sicherheitsbe‐ auftragten usw. sowie durch einschlägige Schulungen der Trainer und Mitarbeiter gewährleistet. Zudem ist dabei sicherzustellen, dass die Organisation die Regeln und Standards der relevanten Sportverbände oder -organisationen einhält, um Sanktionen zu vermeiden. Hoye und Cuskelly (2007) nennen exemplarisch die folgenden Vorteile eines Risikomanagements für eine Sportorganisation: • Das Management von Events, Programmen und Aktivitäten wird effek‐ tiver ausgestaltet. 216 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="217"?> • Die Sicherheit für Zuschauer, Teilnehmer und andere Beteiligte wird verbessert. • Das Verständnis der verschiedenen Stakeholder für die Organisations‐ ziele und für die Bedürfnisse von Mitgliedern und Stakeholdern wird verbessert. • Schwachstellen werden systematisch identifiziert. • Die Kommunikation innerhalb der Organisation und nach außen wird verbessert. • Die Reputation der Organisation wird gesteigert. • Es erfolgt eine höhere Sensibilität für die einschlägigen Normen und die zugrundeliegenden Moralvorstellungen. Exkurs | Das Compliance-Management-System des DFB Durch Beschluss des DFB-Präsidiums im Nachgang des DFB-Bundestags vom Oktober 2016 wurde ein Compliance-Management-System (CMS) eingeführt, das Unregelmäßigkeiten etwa in Form der Spielmanipula‐ tion, des Dopings, der Korruption, der Diskriminierung, der sexualisier‐ ten Gewalt, der Verletzung von Menschenrechten oder in sonstigen Themenbereichen verhindern soll. Mit diesem CMS wurden die organi‐ satorischen Voraussetzungen „für die Umsetzung und Überwachung des DFB-Wertesystems“ geschaffen (DFB, 2023). Compliance soll durch die folgenden vier Prozesse erreicht werden (DFB, 2023): • Eine zyklische Erfassung der Risiken („zyklische Risikoinventurpro‐ zesse“), • Reporting- und Monitoringroutinen („Berichterstattungs- und Überwachungsprozesse“), • „die ständige Überprüfung der Angemessenheit der DFB-Regel‐ werke auch im Hinblick auf sich verändernde gesetzliche Anforde‐ rungen und“ • „die regelmäßige Aus- und Fortbildung im Bereich Compliance.“ Die Umsetzung des CMS erfolgt zum einen durch Schulungen, mit denen die Compliance-Regelungen den Beteiligten nahegebracht und diese für das Themenfeld sensibilisiert werden. Zum anderen verfügt der DFB über eine entsprechende institutionelle Ausgestaltung zur Durchsetzung der Compliance-Regelungen. Hierzu gehören 9.4 Compliance und Risikomanagement 217 <?page no="218"?> • die DFB-Ethik-Kommission, deren Aufgabe die Überwachung des Ethikkodex des DFB ist, • der Compliance-Beauftragte, dessen Aufgabe darin besteht, gemel‐ deten Hinweisen in Abstimmung mit der Internen Revision und ggf. unter Hinzuziehung der Ethik-Kommission oder gar staatlichen Behörden nachzugehen, • der Vertrauensmann Compliance im Ehrenamt, der als Ansprech‐ partner für Ehrenamtliche dient, den Compliance-Beauftragten in Fragen der Compliance von Ehrenamtlichen berät und bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen mitwirkt, • die DFB-Ombudsperson, ein Vertrauensanwalt, der der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegt und der Hinweise zu Verstößen gegen gesetzliche, interne oder moralisch-ethische Regelungen entgegen‐ nimmt, • das DFB-Hinweisgebersystem, das eine vertrauliche Kommunika‐ tion zwischen Hinweisgebern und DFB-Compliance-Ansprechpart‐ nern auch auf anonyme Weise über einen „geschützten Kanal“ ermöglicht. Der Verstoß gegen die Compliance-Regeln kann - in Abhängigkeit von der Schwere - mit arbeitsrechtlichen, zivilrechtlichen, strafrechtlichen und verbandsrechtlichen Sanktionen geahndet werden. 9.5 Compliance im internationalen Sport Compliance im internationalen Sport ist in erster Linie mit den internatio‐ nalen Sportorganisationen, also etwa dem IOC, der FIFA, der UEFA oder der World Athletics, konnotiert. Die wirksame Umsetzung von Compli‐ ance-Maßnahmen auf dieser Ebene wird durch die folgenden Sachverhalte erschwert (Geeraert et al., 2014; Geeraert , 2015; Jedlicka, 2018): • Vielfalt der Rechtssysteme und Gesetzgebungen: Die Vielfalt an nationalen Rechtssystemen und Gesetzgebungen behin‐ dert die Festlegung einheitlicher Compliance-Standards und die straf‐ bewehrte Durchsetzung derselben. 218 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="219"?> • Kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren: Internationale Sportorganisationen agieren in einem multikulturellen Umfeld, das Missverständnisse und Unsicherheiten insbesondere bei der Kommunikation von Compliance-Richtlinien begünstigt. Zudem er‐ schweren kulturelle Unterschiede die Konzeption und Implementierung einheitlicher Compliance-Standards. • Mangelhaftes Sanktionsinstrumentarium: Das Wirken von Compliance-Richtlinien in unterschiedlichste Rechts‐ kreise hinein und das Fehlen wirksamer eigener - verbandlicher - Sanktionsinstrumente erschweren es den internationalen Sportorgani‐ sationen, zum einen das Übertreten der eigenen Compliance-Standards effektiv zu überwachen und zum anderen zu sanktionieren. • Intransparenz der Finanzströme: Unterschiedliche nationale Anforderungen erhöhen die Intransparenz der Finanzströme insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktio‐ nen, wodurch sich insbesondere große Spielräume für Bestechung und Korruption ergeben. • Mangelnde interne Transparenz: Einige internationale Sportorganisationen weisen intransparente Ent‐ scheidungsprozesse und undurchsichtige Strukturen auf; dies erschwert die Umsetzung eines Compliance-Systems. Die aufgezeigten Sachverhalte können die Einrichtung eines wirksamen Compliance-Management-Systems auf Ebene der internationalen Sportor‐ ganisationen erheblich erschweren. Diese Schwierigkeiten sollen exempla‐ risch verdeutlicht werden. Zu diesem Zweck soll einerseits das Thema Doping im internationalen Sport und seine Kontrolle skizziert werden. Andererseits wird die Compliance im internationalen Sport exemplarisch am Beispiel der FIFA und des IOC dargelegt. Die unphysiologische Leistungssteigerung eines Sportlers durch be‐ stimmte Substanzen gefährdet die Integrität des Sports im Allgemeinen und des Wettkampfs im Besonderen (Daumann, 2013). Aufgrund besonde‐ rer Interessenlagen sowohl auf Seiten der Sportler, aber auch mit Blick auf die passiven Sportkonsumenten sowie die Veranstalter, bestehen in Be‐ zug auf Doping erhebliche Compliance-Probleme. Die World Anti-Doping Agency (WADA), die im Jahre 1999 gegründet wurde, hat die Aufgabe, das Doping-Problem wirksam zu bekämpfen. Hierzu stützt sich die WADA auf einen einschlägigen Verhaltenskodex, den World Anti-Doping Code, 9.5 Compliance im internationalen Sport 219 <?page no="220"?> der durch die Olympische Charta 2003 als verbindlich für die gesamte olympische Bewegung erklärt wurde (King, 2017). Dieser Kodex, dessen Ziel eine globale und disziplinübergreifende Harmonisierung des Kampfs gegen Doping ist, beinhaltet einen Prozess zur rechtlichen Implementierung eines Kontroll-, Testsowie Sanktionssystems (King, 2017). Die Compliance mit diesem Kodex wird durch die WADA überwacht. Zudem entwickelt die WADA Bildungsprogramme, die Athleten und andere Stakeholder über die Gefahren aufklären und so zur Prävention beitragen sollen (King, 2017). Im Fußball-Weltverband FIFA traten verschiedene schwerwiegende Kor‐ ruptionsskandale, insbesondere im Rahmen seiner Vergabeverfahren, auf (als Überblick Follert et al., 2020). Die öffentliche Aufmerksamkeit, Unter‐ suchungen staatlicher Behörden sowie der Justiz erhöhten den Druck eines organisationalen Rahmens, der den Grundsätzen einer Good Governance genügt und insbesondere eine erhöhte Transparenz der Entscheidungsfin‐ dung sowie eine Rechenschaftslegung gegenüber den Stakeholdern unter‐ stützt (Follert et al., 2020; King, 2017). Aus einer Compliance-Perspektive ist festzustellen, dass die FIFA sowohl über einen Code of Ethics als auch einen Disciplinary Code verfügt. Verschiedene Praktiken der Good Governance, wie Geschlechterquoten, Begrenzung von Amtszeiten und Sanktionen bei Machtmissbrauch wurden unter dem Präsidenten Gianni Infantino einge‐ führt (Follert et al., 2020). Somit ist nicht die Implementierung der Gover‐ nance-Struktur, sondern vielmehr die Compliance mit dieser ein Problem. Zusammenfassend muss aktuell konstatiert werden, dass die internen Com‐ pliance-Probleme des Fußball-Weltverbands vermutlich nur durch erhöhten Druck des wichtigsten Stakeholders, nämlich der Konsumenten, nachhaltig reduziert werden können (Follert et al., 2020). Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verfügt über weitreichende und exklusive Entscheidungsbefugnisse bei der Führung der Olympischen Bewegung sowie bei der Durchführung der Olympischen Spiele und dabei insbesondere im Hinblick auf den Austragungsort und die Bestimmung der olympischen Sportarten. Im Zusammenhang mit der Auswahl des Austragungsortes wurden des Öfteren Vorwürfe der Bestechlichkeit und der Korruption gegenüber einzelnen Mitgliedern des Komitees erhoben, die teilweise zu Verurteilungen geführt haben (Daumann & Hofmeister, 2012). Das IOC hat daraufhin im Jahre 1999 Korrekturen am Prozess der Vergabe des Austragungsorts vorgenommen. Hierzu sind ein Ethikkodex sowie eine Ethik-Kommission eingerichtet worden. Weiterhin sind institutionelle Umgestaltungen vorgenommen worden, die die Gefahr der Korruption und 220 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="221"?> der Bestechung vermindern sollten. Eine weitere Korrektur des Vergabe‐ prozesses erfolgte im Jahre 2019. 9.6 Fazit Sowohl für die Forschung als auch für die praktische Umsetzung weist der Problemkomplex Compliance in internationalen Sportorganisationen erhebliches Potenzial auf. So ergibt sich für die Forschung in diesem Bereich ein breites Betätigungs‐ feld: Zum einen kann die empirische Evidenz vorhandener Non-Compliance in den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern von Sportorganisationen aus‐ gebaut werden. Zum anderen bietet es sich an, die Ursachen derselben zu identifizieren. Darauf aufbauend kann die Forschung Best Practices eruieren und darauf basierend Gestaltungsvorschläge für effektive und effiziente Compliance-Management-Systeme entwickeln. Die Aufgabe der Praxis ist es, die Erkenntnisse der Forschung technolo‐ gisch zu nutzen und in diesem Zusammenhang auf Limitationen bei der Umsetzung hinzuweisen. Auf diese Weise kann durch eine gegenseitige Befruchtung der praktisch nutzbare Erkenntnisstand in diesem Bereich erheblich ausgebaut werden. ➲ Kontrollfragen • Welcher grundlegende Trade-off besteht im Rahmen der Compli‐ ance-Einhaltung in Sportorganisationen? • Welche Ausprägungen kennt Compliance? • Welche Ursachen führen zu einer Nichteinhaltung der Compliance? • Welche Schritte sollte ein effektiver Compliance-Prozess beinhalten? • Wie kann ein adäquater Risikomanagementprozess ausgestaltet sein? • Welche positiven Wirkungen ergeben sich aus einem Risikomanage‐ ment für die Sportorganisation? • Welche Problembereiche erschweren die Umsetzung eines Compli‐ ance-Management-Systems in internationalen Sportorganisationen? 9.6 Fazit 221 <?page no="222"?> ➲-Literaturempfehlungen Bracci, E., Tallaki, M., Gobbo, G. & Papi, L. (2021). Risk management in the public sector: a structured literature review. In International Journal of Public Sector Management, 34(2), 205-223. Hoye, R. & Cuskelly, G. (2007). Sport governance. London & New York: Routledge. (hier: S.-118-133) Jedlicka, S. R. (2018). Sport governance as global governance: theoretical perspecti‐ ves on sport in the international system. In International journal of sport policy and politics, 10(2), 287-304. King, N. (2017). Sport governance: An introduction. London & New York: Routledge. (hier: S.-161-174) Tanski, J. S. (2023). Compliance-Management. Wiesbaden: Springer Gabler. 222 9 Compliance in der Sport Governance <?page no="223"?> 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport Lernziele | Nach diesem Kapitel sind Sie in der Lage, • die grundlegenden Aufgaben einer Liga und die Implikationen, die sich aus der Organisation der Liga für die Governance ergeben, zu benennen, • die Möglichkeiten der Organisation einer Liga aufzuzeigen, • die zentralen Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen der Gestaltung einer Liga zu erklären, • die Auswirkungen der Ligastruktur auf die Governance der Klubs innerhalb einer Liga zu erfassen, • die Möglichkeiten, die Klubs einer Liga hinsichtlich der Organisati‐ onsform haben, und deren Bedeutung für die Governance der Klubs zu benennen, • die Entwicklung der Ligen zu beschreiben und die Veränderungen, die sich daraus auch für die Governance der Liga und der Klubs ergeben, aufzuzeigen, • die Unterschiede zwischen den Ligen aus Nordamerika und Europa aufzuzeigen, • die Motive, die Investoren beim Einstieg in einen Profisportklub verfolgen, zu benennen, und • die Rechtsformen im deutschen Profifußball zu erläutern. Der Fokus in diesem Kapitel liegt explizit auf der Governance von Ligen sowie von Klubs im Profisport. Das Kapitel gliedert sich damit wie folgt: Zunächst werden die grundlegenden Aspekte einer Liga vorgestellt. Im Anschluss werden Modelle der Ligaorganisation und der Governance von Liga und Klub zunächst am Beispiel Nordamerikas und dann am Beispiel Europas (und speziell Deutschlands) erarbeitet. Außerdem werden Motive von Investoren vorgestellt, in Profisportklubs zu investieren. Zum Abschluss werden die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Kapitel zusammengefasst und ein Fazit gezogen. <?page no="224"?> 10.1 Grundlegende Aspekte und Aufgaben einer Liga Die Liga wird im Sport als „[…] eine Institution bezeichnet, in der eine bestimmte Anzahl von Teams nach einem speziellen Regelwerk in einer be‐ stimmten Periode (Saison) gegeneinander antritt“ (Daumann, 2023, S. 152). Nach Foster et al. (2021, S. 81ff.) variieren die Ligen vor allem in Bezug auf folgende Merkmale: • Architektur der Liga: Hinsichtlich der Architektur der Liga kann zwischen einer Joint Venture League und einer Single Entity League unterschieden werden (Noll, 2003). Eine Joint Venture League zeichnet sich dadurch aus, dass die Klubs selbständig sind und ein Gremium eingerichtet wird, in dem sämtliche Klubs der Liga vertreten sind und das die Entscheidungen fällt, die die Liga als Ganzes betreffen. Eine derartige Architektur hat die Major League Baseball (MLB) und mit kleinen Variationen hinsichtlich des Entscheidungsgremiums die Deutsche Fußball Liga. Das maßgebli‐ che Charakteristikum einer Single Entity League ist der Sachverhalt, dass die Klubs nicht selbständig sind, sondern sich im Eigentum einer zentralen Ligaorganisation befinden. Auf diese Weise können sämtli‐ che, die Liga und auch die Klubs betreffenden Entscheidungen zentral gefällt werden. Die Major League Soccer (MLS) in den USA hatte zu Beginn die Architektur einer Single Entity League. Zudem weisen die amerikanische National Women's Soccer League (NWSL), die XFL (2020) (eine US-amerikanische American-Football-Liga) und die Major League Lacrosse (MLL) diese Architekturform auf. • Umfang der Liga: Der Umfang einer Liga bezieht sich auf die Anzahl der teilnehmenden Teams oder Sportler. Je nach Sportart bzw. Liga kann der Umfang variieren. Zudem spielt er eine wichtige Rolle bei der Festlegung des Wettbewerbsformats, der Spielplanstruktur und anderer organisatori‐ scher Aspekte. • Entscheidungen, die auf Ligaebene getroffen werden: Je nach Architektur der Liga sind unterschiedlich viele (und für die gesamte Liga relevante) Entscheidungen wie etwa die Auswahl, an welche Medienunternehmen die Medien-Übertragungsrechte veräußert werden, auf Ligaebene zu treffen. 224 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="225"?> • Ausgeglichenheit des Wettbewerbs (Competitive Balance): Die Ausgeglichenheit kann auf Ebene einzelner Spiele, auf Ebene von Ligawettbewerben oder auf Ebene der Nationalmannschaften betrachtet werden. Da eine gute Wettbewerbsbalance dazu beiträgt, die Attraktivi‐ tät der Liga für die Fans zu steigern, was wiederum zu höheren Einnah‐ men aus Ticketverkäufen, Merchandising, Sponsoring und TV-Rechten führt, hat die Liga ein Interesse daran, die Ausgeglichenheit zu wah‐ ren. Die Maßnahmen zur Förderung der Ausgeglichenheit können die Regelungen zur Spielerbindung oder Spielerauswahl betreffen. Weiter‐ hin kann die Competitive Balance durch Finanzrestriktionen, durch Umverteilungsmechanismen zwischen Klubs durch die Liga oder durch Relegation beeinflusst werden. Diesen Aspekten folgend setzt die Liga damit die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb und gilt somit als Organisator des Wettbewerbs. Die Liga regelt folgende Aspekte (O’Reilly, 2020, S.-131): • Die Struktur des Wettbewerbs, insbesondere in Form des Wettkampf‐ formats und der Anzahl an Spielen sowie der Regelungen über eine mögliche Relegation oder einen möglichen Play-Off-Modus. • Die Verteilung der Ressourcen, worunter vor allem Regelungen fallen, die eine Umverteilung von Einnahmen (sogenanntes Revenue Sharing) betreffen. • Das Verhältnis zwischen den Klubs und den Spielern in Form möglicher Vertragsmodalitäten und -verhandlungen sowie Regularien, die die Spielerbindung und -allokation betreffen (beispielsweise Draft-Systeme, Kaderrestriktionen, Salary Caps o.ä.). • Das Setzen der Regeln des Spiels in Bezug auf Strafen, Schiedsrichter‐ rechten und Schiedsrichterverhalten sowie den Einsatz von technischen Unterstützungen wie der Torlinientechnik oder des Videoschiedsrich‐ ters. • Die Gerichtsbarkeit bzw. Zuständigkeit in Bezug auf Regularien, die die gesamte Liga betreffen, wie beispielsweise hinsichtlich einer Erwei‐ terung der Liga. • Die Marketingentscheidungen, die die Ebene der Liga betreffen, wie die Verhandlungen mit Sponsoren oder Aspekte, die das Merchandising auf Ligaebene umfassen. • Der Umgang mit den Medien, insbesondere in Bezug auf Verhandlung der Übertragungsverträge und ähnlichem. 10.1 Grundlegende Aspekte und Aufgaben einer Liga 225 <?page no="226"?> Im weiteren Verlauf wird die Governance von Profiligen anhand der Bespiele aus Europa und Nordamerika vorgestellt. Hierbei wird der grundlegende Unterscheid in der Gestaltung deutlich werden. Während in Nordamerika die Form der geschlossenen Liga vorherrschend ist, findet sich in Europa überwiegend eine offene Form der Liga wieder. Auf beide Formen soll im Folgenden im Detail eingegangen werden. Die oben genannten Aspekte sind dabei in beiden Varianten der Ligaorganisation wiederzufinden und - je nach Gestaltung der Liga bzw. deren Governance - entsprechend unterschiedlich gelöst. 10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen Im Folgenden werden die Besonderheiten des professionellen Teamsports in Nordamerika im Detail erarbeitet. Dazu wird zunächst auf die Profi‐ sportligen eingegangen, bevor die Strukturen auf Ligaebene sowie auf Klubebene vorgestellt werden. Das Kapitel schließt mit einer Darstellung der Determinanten für die Wahl der Governance im nordamerikanischen professionellen Teamsport. 10.2.1 Profisportligen in Nordamerika Bei den Profisportligen in Nordamerika handelt es sich in der Regel um geschlossene Ligen. Dementsprechend findet in diesen Ligen kein Auf- oder Abstieg statt. Die an einer Liga teilnehmenden Mannschaften müssen demnach nicht fürchten, durch sportlich schlechte Leistungen aus der Liga auszuscheiden bzw. in die nächst untere Liga abzusteigen. Für die Klubs bedeutet das im Umkehrschluss eine gewisse Planungssicherheit hinsicht‐ lich der Ligazugehörigkeit unabhängig vom sportlichen Erfolg. Die Ligen in Nordamerika verwenden ein Franchise-System. Die Teams fungieren als Franchises, die im Besitz von Eigentümern sind. Die Vergabe von Lizenzen oder Franchises erfolgt durch die Liga selbst. Jede professionelle Sportliga hat ihre eigenen Richtlinien, Bestimmungen und Kriterien für die Zulassung neuer Teams. Eine Erweiterung der Liga ist also nur dadurch möglich, dass neue Franchises ausgegeben werden. Einer Aufnahme neuer Teams müssen aber alle bereits bestehenden Teams zustimmen (Morales & Schubert, 2022, S. 5). Da die Aufnahme neuer Teams Auswirkungen auf den gesamten 226 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="227"?> 12 Zum Thema der Spielerbindungsmaßnahmen siehe detailliert Daumann (2023, S. 174- 176). Ligabetrieb haben kann, wird damit sichergestellt, dass die Interessen und Bedenken der bestehenden Teams berücksichtigt werden. Der Aufnahme stehen jedoch u. a. regionale Hürden entgegen, da die Liga Gebietsschutz gewährt, wodurch (in den meisten Fällen) keine zwei Klubs aus einer Region (in diesem Sinne ist meistens das Gebiet einer Stadt gemeint) in einer Liga gleichzeitig vertreten sind (O’Reilly, 2020, S.-130). Neben diesem Aspekt gibt es in der Governance der nordamerikanischen Ligen eine weitere Besonderheit: das besondere Verhältnis zwischen der Wertschöpfung der Liga einerseits und der Verteilung der Einnahmen andererseits. Die Struktur der nordamerikanischen Profisportligen zielt darauf ab, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Einerseits soll im Sinne der Aktionäre der Gesamtgewinn der Liga als Ganzes maximiert werden (Fort, 2000, S. 440). Andererseits wird versucht, die Gewinne möglichst gleichmäßig unter allen Teams der Liga zu verteilen. So hat die Liga Einnahmen, die beispielsweise aus einem neuen Sponsorenvertrag generiert wurden, gleichmäßig über die Klubs zu verteilen. Auf der anderen Seite sind in manchen Fällen auch Umverteilungsschlüssel für Einnahmen in den Ligastatuten formuliert, nach denen umsatzschwächere Klubs einen höheren Anteil an den Einnahmen erhalten als die umsatzstärkeren Klubs (O’Reilly, 2020, S.-131). Dieses Konzept ist eng mit dem Streben nach Wettbewerbsausgeglichen‐ heit innerhalb der Liga verbunden. Die Liga hat das Ziel, möglichst gleiche Chancen für alle Klubs zu ermöglichen und das Risiko einer (deutlichen) finanziellen Überlegenheit einzelner Klubs abzumildern. Diesem Gedanken liegt folglich das Konzept der Chancengleichheit zugrunde (O’Reilly, 2020, S. 132). Dazu werden einerseits Umverteilungsregeln eingesetzt, anderer‐ seits werden die Vertragsmodalitäten zwischen dem Klub und den Spielern durch Salary Caps, das Draft-System oder Kaderrestriktionen reguliert. 12 Generell bietet die zulässige Vertragsgestaltung wenige Möglichkeiten der Verdienste über das vereinbarte Gehalt hinaus. Insgesamt lassen sich hinsichtlich der Organisation von nordamerikani‐ schen Profisportligen einige Besonderheiten herausstellen. Bezüglich der Governance zeigt sich hier aber vor allem ein bedeutsamer Aspekt: Es handelt sich um eine kooperative Form der Governance. Die einzelnen Klubs behalten zwar ihre individuelle Autonomie, jedoch sind sie in Bezug auf die 10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen 227 <?page no="228"?> Organisation der kollektiven Leistungen auf Ligaebene nicht unabhängig (Dietl et al., 2006, S. 2). Das bedeutet auch, dass die Liga die Organisation des sportlichen Wettbewerbs übernimmt und nicht die Klubs selbst. Dieser Sachverhalt wird besonders deutlich, wenn ein Blick auf die Aufbauorga‐ nisation und Leitung der Liga gerichtet wird. Die Klubs sind Mitglieder der Liga und sind an ihre Regeln gebunden. Die Leitung der Liga und die Festlegung der Regeln übernimmt das sogenannte Board of Governors. Dieses Gremium ist zusammengesetzt aus einem Vertreter jedes Klubs sowie dem League Commissioner, der wiederum von den Klubvertretern gewählt wird und die Liga in den wichtigsten Themen nach außen vertritt (O’Reilly, 2020, S. 133). Entscheidend an dieser Zusammensetzung ist jedoch, dass das Board of Governors ausschließlich aus Mitgliedern der Liga besteht und keine externen Personen umfasst. Somit gibt es weder externe Mitglieder im Vorstand der Liga, noch existiert irgendein externes Gremium, das die Arbeit des Vorstandes kontrolliert oder reguliert. Die gesamte Liga kann somit als geschlossenes System verstanden werden, das sich keinerlei externer Kontrolle unterzieht (Longley, 2013, S.-10). Bei den nordamerikanischen Ligen handelt es sich um Organisationen, die sich selbst verwalten und kontrollieren und die auf Profitmaximierung abzielen (Morales & Schubert, 2022, S. 2). Dieser Sachverhalt führt zu dem Vorwurf, dass es in Nordamerika zu einer Verschiebung des sportlichen Wettbewerbs zwischen Klubs hin zu einem Wettbewerb um Umsatz und Gewinn zwischen den Ligen gekommen sei (Fulconis et al., 2018). Dennoch wird durch die Bedeutung der sportlichen Ausgeglichenheit und den damit verbundenen Umverteilungsmaßnahmen der Liga auch dafür Sorge getra‐ gen, dass ein gewisses Maß an Chancengleichheit für alle Teams besteht, sodass ein fairer sportlicher Wettbewerb entstehen kann. 10.2.2 Strukturen auf Ligaebene Für die Strukturen auf Ebene der Liga haben sich in Nordamerika insbe‐ sondere zwei Modelle herausgestellt, auf deren Besonderheiten und Gover‐ nance-Implikationen im Folgenden gesondert eingegangen werden soll: • Distributed Club Ownership Model • Single Entity Ownership Model Das Distributed Club Ownership Model, auch als Modell mit verteilten Ei‐ gentumsverhältnissen bezeichnet, ist das vorherrschende Strukturkonzept 228 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="229"?> auf Ligaebene in Nordamerika (O’Reilly, 2020, S. 132). Wie der Name des Modells bereits andeutet, sind die Eigentumsverhältnisse auf verschiedene Eigentümer verteilt. Konkret bedeutet dies, dass jede Liga aus einer Gruppe von Eigentümern besteht, die Anteile an der Liga halten. Diese Anteilseigner sind in der Regel selbst Syndikate, die aus verschiedenen Organisationen und/ oder Einzelpersonen bestehen können (Foster et al., 2021, S. 89). Jeder Anteilseigner der Liga darf dann wiederum nur Eigentümer (oder Anteils‐ eigner) an höchstens einem Klub der Liga sein (O’Reilly, 2020, S. 134). Durch die verteilten Eigentumsverhältnisse entsteht in dieser Ligavariante ein beträchtlicher Koordinationsaufwand zwischen den einzelnen Anteils‐ eignern. Eine gewisse Entschärfung dieses Problems erfolgt jedoch durch das Gremium des Board of Governors: Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt, beeinflussen die Klubs der Liga die Gestaltung über das Board of Governors, in dem ein Vertreter jedes Klubs sitzt. Das Board of Governors spielt eine zentrale Rolle bei wichtigen Entscheidungen wie der Überprüfung von Ligaerweiterungen, Tarifverhandlungen oder auch bei der Zusammenarbeit in ständigen Ausschüssen. Beim Single Entity Ownership Model sind die Besitzverhältnisse der Liga hingegen nicht auf mehrere Personen oder Organisationen verteilt, sondern eine Einrichtung besitzt sowohl die Liga als auch alle Klubs innerhalb dieser Liga. Dieses Modell ist in der Praxis weniger häufig anzutreffen und findet oft nur Anwendung in der Start-Up-Phase einer Liga, wie es beispielsweise bei der Einführung der Women’s National Basketball Association (WNBA) der Fall war. Gegenüber dem verteilten Eigentumsmodell besitzt dieses Modell folgende Vorteile (O’Reilly, 2020, S.-133): • Competitive Balance: Die sportliche Ausgeglichenheit ist einfacher zu gestalten, wenn sich alle Klubs im Besitz einer Hand befinden, da die Ressourcen zwischen den Klubs jederzeit so verschoben werden können, dass die Klubs der Liga ähnlich stark bleiben. • Volle Kontrolle: In einem zentralisierten Eigentumsmodell besitzt die Liga die vollstän‐ dige Kontrolle und kann Klubs dort gründen oder platzieren, wo es gewünscht oder notwendig ist. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, bestimmte Klubs in ausgewählten Regionen, wie beispielsweise Schlüs‐ selmärkten, gezielt zu fördern oder zu subventionieren. 10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen 229 <?page no="230"?> • Kostenkontrolle und Rechtstreitigkeiten: Durch den Besitz aller Einheiten und Klubs der Liga lässt sich die Kos‐ tenkontrolle effektiv umsetzen. Außerdem werden Rechtsstreitigkeiten unwahrscheinlicher, weil die Klubs nicht um Spieler konkurrieren müssen. • Strategische Möglichkeiten: Durch den Besitz aller Klubs ergeben sich auch über die Spielerallo‐ kation hinaus zahlreiche strategischen Möglichkeiten, beispielsweise hinsichtlich Vermarktung oder Erweiterung der Liga. Diesen Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber. Diese beziehen sich insbesondere auf Interessenskonflikte zwischen Klubs und Spielern. So werden individuelle Bedürfnisse oder Ansprüche von Mitarbeitern oder Spielern weniger berücksichtigt, da diese kaum Möglichkeiten haben, den Klub zu wechseln oder ein Gehalt frei zu verhandeln. Auch hier existiert keine externe Kontrollinstanz, die das Handeln der Ligaverantwortlichen überwacht oder reguliert. Für die Organisation der Eigentumsverhältnisse auf Ligaebene stehen der Liga dementsprechend in der Praxis zwei Modelle gegenüber, die grundsätzlich verschiedene Ansätze abdecken. Damit verbunden sind auch Unterschiede in der Governance beider Modelle, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Gleich ist in beiden Modellen jedoch, dass keine externe Kontrollinstanz die Arbeit der Verantwortlichen und die Governance über‐ prüft und reguliert. 10.2.3 Strukturen auf Klubebene Nachdem im vorherigen Schritt die Verhältnisse auf Ligaebene geklärt worden sind, wird der Fokus nun auf die Ebene der Klubs gerichtet. Grund‐ sätzlich agieren die Klubs aus den Profisportligen in großen lokalen Märkten und befinden sich im Besitz von natürlichen Personen oder Organisationen. Wie bereits erwähnt, gewähren die Ligen den Klubs in der Regel Gebiets‐ schutz, sodass keine weiteren Klubs aus der gleichen geografischen Region in derselben Liga teilnehmen können. Dies hat zur Folge, dass nur ein Klub aus einer Stadt Mitglied in einer Liga ist (O’Reilly, 2020, S. 131). Die Klubs einer Liga unterscheiden sich daher in finanziellen sowie nicht-finanziellen Aspekten. Zu den finanziellen Aspekten in diesem Sinne zählen u. a. Gewinne, Ticketpreise, Zugang zu Kapital oder TV-Verträge, während die 230 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="231"?> nicht-finanziellen Aspekte wie Population der Region, Markenstärke, Alter des Klubs oder die Fanszene umfassen. Darüber hinaus unterscheiden sich die Klubs auch durch ihre sportliche Leistungsfähigkeit, die aber durch die zuvor genannten Faktoren beeinflusst wird (Foster et al., 2021). Für alle Klubs ist jedoch gleich, dass diese parallel sowohl sportliche als auch wirtschaftliche Ziele verfolgen. Die Gewichtung dieser Ziele und die Umsetzung derselben hängt maßgeblich von den Eigentumsstrukturen der Klubs ab. Daher wird im Folgenden auf vier verschiedene Eigentumsmodelle auf Klubebene eingegangen (O’Reilly, 2020, S.-132-133): • Private or Single Individual/ Family Owner Model • Private Company or Investment Syndicate Ownership Model • Publicly Traded Corporation Model • Subsidiary of a Publicly Traded Corporation Model Das erste Modell, das Private or Single Individual/ Family Owner Model, beschreibt ein Eigentumsverhältnis, bei dem sich der Klub zu 100 Prozent im Eigentum einer Person oder einer Familie befindet. Diese Form der Eigentumsstruktur findet sich häufig bei den Klubs wieder, die Gründungs‐ mitglieder der Liga sind oder bei den Klubs, die vor der Jahrtausendwende erworben wurden. Das Besondere an dieser Eigentumsstruktur liegt im extremen Unterschied der Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Eigentümer auf die Entscheidungen. So kann das Kontinuum von einer aktiven Rolle bei Entscheidungen bis hin zu einem Hands-off-Ansatz rei‐ chen, bei dem die Eigentümer nicht in die Entscheidungsfindung eingreifen. Für die Governance bedeutet dies im ersten Fall, dass Eigentum und Ent‐ scheidungsgewalt zusammenfallen, während im zweiten Fall Eigentum und Entscheidungsgewalt getrennt sind, da ein Management, das nicht aus den Eigentümern besteht, für die Führung der sportlichen und wirtschaftlichen Belange des Klubs verantwortlich ist (O’Reilly, 2020, S.-145). Beim zweiten Modell, dem Private Company or Investment Syndicate Ownership Model, befindet sich der Klub im Besitz von mindestens zwei privaten Unternehmen oder einem Investitionskonsortium, die sich als Syndikat zusammenschließen und den Klub gemeinschaftlich besitzen. Dabei können die Anteile am Klub zwischen den einzelnen Eigentümern mitunter stark variieren. Dieses Modell der Eigentumsverhältnisse ist im nordamerikanischen Profisport weit verbreitet. Es zeichnet sich durch klare und bindende Governance-Regeln aus. So müssen neben den Regelungen zur Gewinnbeteiligung und zur Aufteilung von Verlusten insbesondere Rege‐ 10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen 231 <?page no="232"?> lungen bezüglich der Möglichkeiten und des Ablaufs eines Anteilsverkaufs festgelegt werden. Ebenso sind Regelungen darüber zu treffen, wie eine Investition des Klubs, beispielsweise ins Stadion oder in einen neuen Spieler, ablaufen soll (O’Reilly, 2020, S. 145). Dieses Eigentumsmodell ist demnach mit einem hohen Koordinationsaufwand verbunden. Die dritte Möglichkeit ist es, den Klub im Rahmen des Publicly Traded Corporation Model, also als börsennotiertes Unternehmen, zu besitzen. In diesem Modell ist der Klub dementsprechend selbst das an der Börse gehandelte Unternehmen, bei dem die Eigentümer die Aktionäre sind. In Nordamerika ist dieses Modell eher unüblich. Eine Form dieses Modells liegt beim NFL-Klub Green Bay Packers vor. Aktien dieses Klubs werden an der Börse gehandelt, wobei der Klub als gemeinnützige Organisation agiert, sodass die Gewinne nicht als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet werden, sondern in Form von Zahlungen an Organisationen in der Region abfließen. Auch wenn den Aktionären keine Dividenden zufließen, besitzen diese die grundlegenden Aktionärsrechte, wie das Stimmrecht bei der Wahl des Boards (O’Reilly, 2020, S.-145). Beim Subsidiary of a Publicly Traded Corporation Model ist der Klub selbst an der Börse notiert, befindet sich aber wiederum als Tochtergesell‐ schaft im Eigentum eines größeren Unternehmens, das ebenfalls an der Börse notiert ist. Der Vorteil dieser Form ist, dass der Klub von den Vermögenswerten (und ggf. dem Ruf) des Mutterunternehmens profitieren kann. In der Praxis ist dieses Modell aber eher selten geworden (O’Reilly, 2020, S.-145). 10.2.4 Determinanten der Governance-Wahl Nachdem in den vorausgegangenen Kapiteln die verschiedenen Modelle der Eigentumsverhältnisse in Nordamerika sowohl auf Ligaals auch Klubebene vorgestellt worden sind, wird in diesem Abschnitt auf Determinanten bzw. Einflussfaktoren eingegangen, die die Governance-Wahl von Profisport‐ klubs in Nordamerika beeinflussen. Laut O’Reilly (2020, S. 145-147) lassen sich hierbei besonders folgende zehn Faktoren identifizieren: 1. Profit ist nicht das vorrangige Ziel: Wenn Eigentümer unbedingt hohe Gewinne erzielen wollten, wären Investitionen in andere Branchen wahrscheinlich lukrativer. Zwar gibt es auch in Nordamerika Eigentümer von Klubs in großen lokalen 232 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="233"?> Märkten, die auch (vorwiegend) auf Gewinne ausgerichtet sind, dieser Ansatz ist aber eher untypisch. 2. Zugehörigkeit: Die Inhaberschaft eines Profisportklubs an sich bedeutet, Teil eines elitären Kreises zu sein. Durch den Besitz des Teams befindet man sich quasi im exklusiven Zirkel derjenigen, die es sich leisten können, einen Profisportklub zu besitzen. In diesem exklusiven Rahmen können politische Interessen ausgetauscht und das Image gepflegt werden. 3. Integration: Ein zentraler Aspekt für die Wahl der Governance-Struktur ist sowohl auf Klubals auch auf Ligaebene die horizontale Integration. Hierbei geht es um die Frage, ob der Kauf eines Klubs in einer anderen Liga, jedoch im selben Markt, möglich ist. Auf Klubebene besteht die Mög‐ lichkeit für einen Eigentümer, einen zusätzlichen Klub im selben lokalen Markt zu erwerben, vorausgesetzt, dass dieser in einer anderen Liga spielt. Dies ermöglicht beispielsweise die Nutzung von Skaleneffekten im Mitarbeiterbereich (Nadeau & O’Reilly, 2006). In einem solchen Fall könnten Bedenken seitens der Liga bezüglich der Mitgliedschaft desselben Eigentümers in verschiedenen Ligen aufkommen. Außerdem ist die vertikale Integration relevant, also die Frage, ob der Eigentümer eines Klubs ein Unternehmen entlang der Wertschöpfung der Liga, wie beispielsweise eine TV-Anstalt, erwerben kann (Foster et al., 2014). Je nach Regelungen zur vertikalen oder horizontalen Integration können unterschiedliche Governance-Modelle vorteilhaft sein. 4. Leadership-Modelle: Einen Einfluss auf die Wahl der Governance hat auch die gewünschte oder favorisierte Art der Führung. Möglich ist dabei die Führung der Organisation durch die Eigentümer selbst, durch einen Geschäftsführer, durch einen Vorstand, durch den Coach oder sogar durch Spieler. Entsprechende Leadership-Modelle stellen demnach unterschiedliche Anforderungen an die Governance. 5. Markenpower: Große Sportklubs können eine Marke bilden und managen, wodurch neben den sportlichen Erfolgen vor allem die wirtschaftlichen Erfolge in den Vordergrund rücken. Die Markenstärke korreliert mit dem Alter eines Klubs und dem lokalen Markt, wie die Beispiele der sechs großen NHL Klubs aus Boston, Chicago, Detroit, Montreal, New York und Toronto zeigen (Agyemang & Williams, 2013). 10.2 Grundlegende Charakteristika der nordamerikanischen Profiligen 233 <?page no="234"?> 6. Ressourcen: Auch die eigenen verfügbaren Ressourcen der Eigentümer beeinflussen neben der sportlichen Leistungsfähigkeit des Klubs auch deren Gover‐ nance. Dabei spielen nicht nur die verfügbaren Ressourcen des Klubs eine Rolle, sondern viel mehr auch, inwieweit der Eigentümer bereit ist, seine eigenen Ressourcen beispielsweise für den Kauf von Spielern, die Verbesserung von Trainingsstätten oder als Investitionen in die Jugend oder in das Stadion einzubringen. 7. Binnenstruktur der Klubs: Wie zuvor beschrieben, sind die Klubs an die Regeln der Liga gebunden. Durch die Liga wird den Klubs damit vorgegeben, wie diese agieren und handeln können, was schlussendlich auch Einfluss auf die Wahl der Governance der Klubs selbst hat. 8. Größe des lokalen Marktes: Regionale und lokale Faktoren spielen eine bedeutende Rolle in der Governance eines Klubs, wobei Aspekte wie die Größe und Dynamik des relevanten Marktes maßgeblichen Einfluss ausüben. 9. Stärke des sportlichen lokalen Netzwerks: Die Ligen sind ggf. auf Verträge mit regionalen Sportnetzwerken ange‐ wiesen, um die Einnahmen beispielsweise aus der Vermarktung der Übertragungsrechte zu erhöhen (Foster et al., 2014, S.-361). 10. Gehaltsstruktur: Wie stark die Gehaltsstruktur bzw. die Möglichkeiten der Vertrags- und Gehaltsgestaltung von den Ligen reguliert werden, nimmt Einfluss auf die Governance der Klubs. Sicherlich sind diese zehn von O’Reilly (2020) identifizierten Einflussfakto‐ ren bei der Wahl der Governance nicht abschließend. Dennoch geben sie einen guten Überblick über die vielschichtigen Aspekte, die Eigentümer bei der Wahl der optimalen Governance für den Profisportklub berücksichtigen sollen. 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen Im Folgenden sollen die Governance-Aspekte der Ligaorganisation am Beispiel der europäischen Fußballligen exemplarisch vorgestellt werden. Nachdem zunächst der organisationale Aufbau des Fußballs mit seinen 234 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="235"?> Ligen allgemein erläutert wird, wird im nächsten Schritt spezifisch auf das Beispiel der Ligaorganisation in Deutschland eingegangen. In weiteren Schritten werden die sich daraus ergebenden Governance-Auswirkungen, auch auf Klubebene, erarbeitet. 10.3.1 Organisation des Fußballs in Europa Zwar gibt es auch in den nordamerikanischen Profisportligen Ligasysteme, in denen neben den höchsten Spielklassen auch untergeordnete Ligen existieren. Allerdings ist dort häufig die Form der geschlossenen Liga ohne Relegation vorherrschend. In Europa ist die gewöhnliche Gestaltung des Ligasystems hingegen anders. Obwohl die nationalen Ligen eigenständig agieren, sind sie insgesamt miteinander verbunden und formen gewisserma‐ ßen ein Netzwerk. So erfolgt die Organisation der nationalen Fußballligen durch die Ligaverbände (Gammelsæter & Walters, 2020, S. 150-152). Mit der Gründung der Union of European Football Associations (UEFA) im Jahr 1954 als europäischen Fußballverband organisierte sich der Fußball zudem paneuropäisch. Dementsprechend sind die nationalen Sportverbände Mitglied der übergeordneten Organisation UEFA, wodurch sich auch für die nationalen Ligen Besonderheiten und/ oder Herausforderungen ergeben. Die UEFA als europäischer Kontinentalverband ist wiederum Mitglied des Weltverbandes, der Fédération Internationale de Football Association (FIFA). Damit Klubs aus den nationalen Ligen an den internationalen Wettbewerben teilnehmen können, müssen die Nationalverbände Mitglied des europäi‐ schen Fußballverbandes bzw. des Weltverbandes sein. Der organisatorische Aufbau des europäischen Fußballs ist also hierarchisch und die Entschei‐ dungsstruktur folgt dem Top-down-Prinzip (Gammelsæter & Walters, 2020, S. 151). Das bedeutet, dass die Nationalverbände die Regularien von UEFA und FIFA in der Regel hinzunehmen und umzusetzen haben. Der Aufbau der Verbandsstrukturen im (Welt-)Fußball ist in →-Abbildung 23 dargestellt. 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 235 <?page no="236"?> Abbildung 23 FIFA Konföderationen (UEFA etc.) Nationalverbände (DFB, FA etc.) Top-down- Entscheidung Bottom-up- Aufbau Abbildung 23: Aufbauorganisation Weltfußball. | Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gammelsæter & Walters (2020, S.-151). Der pyramidale Aufbau des Weltfußballs findet sich auch auf der nationalen Ebene. Die Klubs sind Mitglieder in den Landesverbänden, die Landesver‐ bände sind hingegen dem Nationalverband untergeordnet. Es herrscht dementsprechend auch dort ein Bottom-up-Aufbau, während der Entschei‐ dungsweg in der Regel top-down ist. 10.3.2 Strukturen auf Ligaebene in Europa (speziell in Deutschland) Die professionellen Fußballigen in Europa sind finanziell unabhängig von den Verbänden und haben eigene Statuten, Regeln und Administrationen. Zudem verfolgen die europäischen Fußballligen eigene Interessen, die mitunter von den Interessen der Nationalverbände abweichen. Damit die Klubs aus den nationalen Ligen an den paneuropäischen Wettbewerben, wie der Champions-League, der Europa-League oder der Conference-League, teilnehmen können, sind sie jedoch gezwungen, sich an den Vorgaben der UEFA und den nationalen Verbänden zu orientieren (Gammelsæter & Walters, 2020, S. 152). Die Ziele der nationalen Profiligen und der Nationalverbände konfligie‐ ren jedoch erheblich (Gammelsæter & Walters, 2020, S. 152). Konkret 236 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="237"?> bedeutet dies folgendes: Die Klubs der nationalen Ligen haben zum einen die Aufgabe, die Jugend im Sinne der Nationalverbände zu fördern und zur Ent‐ wicklung der Nationalmannschaft beizutragen. Zum anderen müssen Ligen und Klubs aber auch in Spielerstärke investieren, um sportlich entsprechend erfolgreich zu agieren. Die Investition in Spielstärke erfolgt in der Regel über Transfers, wobei nicht selten auch ausländische Spieler verpflichtet werden, was ein potenzielles Konfliktfeld zur Arbeit an der Basis darstellt. Daher steht die Governance der Liga vor der Herausforderung, solche potenziellen Konflikte zu minimieren (Gammelsæter & Walters, 2020, S.-152). Die weiteren Ausführungen sollen sich aus didaktischen Gründen auf Deutschland beziehen. Die Organisation der Fußball-Bundesliga in Deutsch‐ land obliegt grundsätzlich dem Nationalverband (DFB), der die Ligaorgani‐ sation an die Deutsche Fußball Liga (DFL e. V.) delegiert hat. Die Deutsche Fußball Liga, früher Ligaverband, ist ein Zusammenschluss der 36 Klubs, die in der 1. und 2. Bundesliga antreten und vertritt deren Interessen gegenüber dem DFB. Für die Organisation und operativen Geschäfte des Ligabetriebs ist hingegen die DFL GmbH verantwortlich, die eine 100-prozentige Toch‐ tergesellschaft des DFL e. V. ist. Die konkreten Rechte und Pflichten von DFL und DFB bezüglich der Organisation der Wettbewerbe sind im sogenannten Grundlagenvertrag geregelt (DFL, 2023). Die höchsten Spielklassen im deutschen Profifußball, in der Bundesliga, stellen offene Ligen dar. Anders als in den nordamerikanischen Profiligen ist in Deutschland, wie typischerweise auch in allen anderen europäischen Fußballligen, ein Auf- oder Abstieg möglich. Für die Organisation ergibt sich damit ein höherer Aufwand, weil Regeln für die Relegation festgelegt und umgesetzt werden müssen (Daumann, 2023, S. 154). Für die Teilnahme an einer der Ligen im deutschen Profifußball ist es notwendig, eine Lizenz zur Teilnahme am Spielbetrieb bei der DFL zu beantragen (Bachmaier et al., 2012). Das Lizenzierungsverfahren sieht vor, dass die an der Liga teilnehmenden Klubs ein Mindestmaß an sportlichen, rechtlichen, personellen, administrativen, infrastrukturellen und finanziellen Anforderungen erfüllen (DFL, 2020a). Die Vergabe der Lizenzen liegt im Aufgabenbereich des DFL e.-V. Neben diesen organisatorischen Aspekten regelt die Liga in Deutschland aber auch andere Angelegenheiten für die Klubs. Ähnlich wie in den nordamerikanischen Ligen wird auch in der Bundesliga eine Umverteilung der Einnahmen zwischen den Klubs vorgenommen, um eine Angleichung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erreichen, wodurch sich positive Ef‐ fekte auf die sportliche Ausgeglichenheit erhofft werden. Die Umverteilung 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 237 <?page no="238"?> beschränkt sich allerdings auf die Einnahmen aus der Vermarktung der Medien-Übertragungsrechte; sie wird nach den folgenden Gesichtspunkten vorgenommen (DFL, 2020b): • Gleichverteilung (50-Prozent) • Leistungskomponente (43-Prozent) • Nachwuchs (4-Prozent) • Interesse (3-Prozent) Es zeigt sich, dass die Leistungskomponente mit 43 Prozent sehr stark ausgeprägt ist. Sportlich erfolgreichere Klubs profitieren somit aus der Umverteilung stärker. In der Saison 2023/ 24 erhielt der SV Darmstadt 98 mit etwa 32 Mio. Euro den geringsten und der FC Bayern München mit etwa 95 Mio. Euro den höchsten Beitrag aus der Veräußerung der Medien-Übertragungsrechte. Das Verhältnis liegt damit in etwa bei 1: 3. Die Umverteilung in der Bundesliga ist somit nicht so stark ausgeprägt, wie in den nordamerikanischen Ligen. Neben dem Aspekt der Umvertei‐ lung bemüht sich die Bundesliga auch aktiv um neue Möglichkeiten zur Einnahmengenerierung. So sind nicht nur die Erlöse aus dem Verkauf der Medien-Übertragungsrechte kontinuierlich gestiegen, vielmehr versucht die DFL, auch durch den Einstieg externer Investoren zusätzliche Einnah‐ men zu generieren. So startete die DFL 2022 den Versuch, einen Teil der Medienrechte an eine Investorengruppe zu veräußern, was im folgenden →-Fallbeispiel thematisiert wird. Fallbeispiel | Eröffnung des Investoreneinstiegs durch die DFL Bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga am 11.12.2023 stimmten 24 von 36 Mitgliedern für die Möglichkeit des Einstiegs eines Investors in die Liga. Mit dem Einstieg eines Investors sollte die Wettbewerbsfähigkeit der Liga (und damit vor allem der Klubs) im internationalen Vergleich gesichert sowie die (wirtschaftli‐ che und organisationale) Weiterentwicklung der Liga gefördert wer‐ den (Hofmann, 2023). Durch einen möglichen Einstieg eines externen Investors erhoffte sich die DFL bis zu 1 Mrd. Euro an Einnahmen, wofür ca. 8 Prozent der Anteile an den Medienrechten abgegeben werden sollten. Für den potenziellen Einstieg eines Investors formulierte die DFL klare Governance-Anforderungen bzw. Beschränkungen. So sollte nicht 238 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="239"?> nur die Gebotshöhe entscheidend für einen Zuschlag sein, vielmehr sollte die Erfahrung der Bieter in der Sportvermarktung sowie das Netzwerk der Organisationen in die Entscheidung einfließen. Darüber hinaus wurde den Ligaklubs die Einhaltung einer sogenannten roten Linie zugesichert, wonach Unternehmen, die bei einem direkten Wettbewerber mehr als 10 Prozent der Anteile halten, als potenzielle Investoren abgelehnt worden wären (Schütze & Möthe, 2023). Außer‐ dem sollte die Einhaltung dieser roten Linie gewährleisten, dass der potenzielle Investor nur befugt gewesen wäre, wirtschaftliche Belange mitzuentscheiden. Eine Mitbestimmung (beispielsweise hinsichtlich der Anstoßzeiten) sollte hingegen nicht möglich sein. Von den erhofften Erlösen von bis zu 1 Mrd. Euro sollten 300 Mio. Euro direkt gemäß dem aktuellen Verteilungsschlüssel an die Klubs der ersten und zweiten Bundesliga ausgeschüttet werden. 600 Mio. Euro sollten hingegen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells verwendet werden (Nahar & Bark, 2023). Insbesondere sollten dabei folgende Projekte vorangetrieben werden: • Aufbau einer eigenen digitalen Plattform, auf der zusätzliche (Video-)Inhalte präsentiert werden sollten, an deren Erstellung die Klubs direkt mitwirken sollten und welche über Abos direkt an die Fans hätten verkauft werden können. • Ausweitung der internationalen Vermarktung, insbesondere durch Auslandsreisen und Promotion-Events. Außerdem sollten weitere Büros der DFL auf der ganzen Welt eröffnet werden, um die Vermarktung zu erleichtern und die Lobbyarbeit im Ausland auszuweiten. • Ausbau der Vermarktung im Inland: Einerseits sollten Maßnah‐ men gegen illegales Streamen der Bundesligaspiele entwickelt werden, andererseits sollten den Fans aber auch gezielt ganz neue Inhalte präsentiert werden, wie beispielsweise Aufnahmen aus dem Mannschaftsbus, der Kabine oder Interviews kurz vor Spielbeginn. Zudem war eine ligaweite Dokumentation geplant. • Aufbau von Werbepartnerschaften, um u. a. digitale Bandenwer‐ bung flexibel anpassen zu können. Außerdem hätte an dieser Stelle auch der Verkauf der Namensrechte erfolgen können, wodurch die Bundesliga einen Sponsor im Namen hätte tragen können. 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 239 <?page no="240"?> • Ausbau der Virtual Bundesliga, um auch den E-Sport stärker vermarkten zu können. • Ein kleiner Anteil wäre zudem als „strategischer Rückbehalt“ zunächst ohne konkreten Verwendungsplan verblieben. Nach massiven Protesten verschiedener Fan-Organisationen be‐ schloss die DFL im Februar 2024 das Vorhaben gegenwärtig nicht weiter zu verfolgen. Wäre es tatsächlich zu einem Verkauf von Anteilen gekommen, hätte die DFL in den nächsten 20 Jahren auf 8 Prozent der Medienerlöse verzichtet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre zu prüfen gewesen, in welchem Verhältnis der erzielte Kaufpreis zu den Einnahmeausfäl‐ len gestanden hätte. Da der Vermarktungserfolg maßgeblich vom Verhalten der Klubs abhängt, wäre das Risiko für den Investor nicht unerheblich gewesen. Die vereinnahmten Mittel sollten teilweise dazu verwendet werden, die Vermarktung der Bundesliga im Ausland zu verbessern. Aus die‐ sen Internationalisierungstendenzen hätten sich nicht unerhebliche Herausforderungen für die Governance der Klubs ergeben. So zeigen Adam und Hovemann (2018) bei ihrer Analyse der in Deutschland möglichen Governance-Modelle für Fußballklubs im Hinblick auf ihre Eignung zur Umsetzung von Internationalisierungsstrategien, dass die Governance-Strukturen im deutschen Profifußball der Internationali‐ sierung nicht förderlich sind. Wie dem → Fallbeispiel zu entnehmen ist, werfen die vorangetriebene Kommerzialisierung durch die Deutsche Fußball Liga und die Struktur der Ligaorganisation Anforderungen an die Governance der Klubs auf, die im nächsten Schritt betrachtet werden sollen. 10.3.3 Strukturen auf Klubebene (in Deutschland) Ähnlich wie auf der Ligaebene lässt sich auch bei den Strukturen der Fußball‐ klubs in Deutschland eine eindrucksvolle Einwicklung beobachten. So war im deutschen Profifußball lange das Governance-Modell des eingetragenen Vereins vorherrschend. Durch das Aufkommen von Kommerzialisierung 240 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="241"?> und Professionalisierung verlor das Vereinsmodell zunehmend an Bedeu‐ tung. Die Professionalisierung äußert sich nach Adam und Hovemann (2018) vor allem durch die Veränderungen auf organisationaler, systemischer und beruflicher Ebene, was bedeutet, dass die Mitarbeiter ihrer Arbeit hauptamt‐ lich nachgehen, externe Entwicklungen die Veränderung vorantreiben und eine Verberuflichung der Tätigkeiten (mit entsprechendem themenbezoge‐ nen Fachwissen und Zugangsvoraussetzungen) stattfindet. Die Kommerzialisierung drückt sich im Fußball, wie im → Fallbeispiel davor beschrieben, vorwiegend durch die Öffnung für Investoren aus. Eine entscheidende Rolle für diese Entwicklung hat die Entscheidung des DFB zur sogenannten 50+1-Regel eingenommen, wodurch auch in Deutschland der Zugang für Investoren zu den Vereinen geöffnet werden konnte. War es davor für externe Investoren noch unmöglich, in einen Fußballklub zu investieren, schuf die Umsetzung der 50+1-Regel neue Möglichkeiten. Da‐ durch hat sich im deutschen Profifußball eine Veränderung der Governance vom Vereinsmodell hin zu Kapitalgesellschaften eingestellt. Exkurs | 50+1-Regel Die Einführung der 50+1-Regel erfolgte im Jahr 1998 per Beschluss des DFB-Bundestags. Damit wurde den Vereinen die Möglichkeit gege‐ ben, die Profimannschaft als Kapitalgesellschaft aus dem Stammverein auszugliedern, was den Zugang zu externem Kapital durch Investoren ermöglicht hat. Gleichzeitig machte der DFB aber eine Einschränkung, nach der sich mindestens 50 Prozent der Stimmenanteile sowie ein wei‐ terer Stimmenanteil an der Kapitalgesellschaft im Besitz des Stammver‐ eins befinden müssen. Dadurch kann eine komplette Fremdbestimmung des Klubs ausgeschlossen werden. Eine Ausnahme bilden Investoren, die seit mindestens 20 Jahren ununterbrochen den Verein fördern. Diese dürfen nach mehr als 20 Jahren mehrheitliche Stimmrechte am Verein besitzen (DFB, 2022). So ein Fall lag zwischenzeitlich in der Bundesliga bei Dietmar Hopp und der TSG Hoffenheim vor. Mittlerweile hat Diet‐ mar Hopp aber Stimmenanteile zurückgegeben, sodass die Stimmrechte nun wieder mehrheitlich im Besitz des Stammvereins sind (Zorn, 2023). Weitere Ausnahmefälle von der 50+1-Regel liegen beim VfL Wolfsburg sowie bei Bayer Leverkusen vor. Die Volkswagen AG und die Bayer 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 241 <?page no="242"?> AG halten dort aufgrund einer Sonderklausel, die eine mehrheitliche Beteiligung erlaubt, sofern diese bereits vor dem Stichtag 01.01.1999 bestand, mehr als 50 Prozent der Stimmenanteile an der ausgegliederten Kapitalgesellschaft. Durch die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung aus dem Gesamtverein wird neben der Verfolgung von Professionalisierung und Kommerzialisie‐ rung insbesondere ein weiteres Ziel in Bezug auf die Governance erreicht: Die Haftung wird auf die Kapitalgesellschaft beschränkt. Im Fall einer Insolvenz der Lizenzspielerabteilung können die Gläubiger der Kapitalge‐ sellschaft ihre Forderungen nur gegen das Gesellschaftsvermögen geltend machen und nicht gegen den Stammverein. Für die Vereine ist diese Haf‐ tungsbegrenzung vorteilhaft, da sich bedingt durch die Kommerzialisierung die ökonomischen Risiken erheblich erhöht haben. Profifußballklubs in Deutschland können im Wesentlichen die folgenden Rechtsformen nutzen: • eingetragener Verein (e.-V.) • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) • Aktiengesellschaft (AG) • GmbH & Co. KG auf Aktien (aA) Der eingetragene Verein ist die ursprüngliche Rechtsform der Profisport‐ klubs in Deutschland. Der eingetragene Verein ist „eine freiwillige und auf Dauer angelegte Vereinigung von natürlichen und/ oder juristischen Personen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks“ (Dehesselles & Brag‐ rock, 2012, S. 38). Nach § 21 BGB muss dieser Zweck zudem zwingend nicht-wirtschaftlich sein. An dieser Stelle zeichnet sich bereits die erste Herausforderung in der Go‐ vernance des eingetragenen Vereins ab. Der Spielbetrieb von Fußballklubs in hochkommerzialisierten Fußballligen könnte potenziell den nicht-wirt‐ schaftlichen Zweck des Gesamtvereins gefährden. Eine Aberkennung des nicht-wirtschaftlichen Zwecks könnte wiederum die steuerrechtliche An‐ erkennung als gemeinnützig beeinträchtigen und erhebliche steuerliche Nachteile zur Folge haben. Eine weitere potenzielle Herausforderung besteht hinsichtlich der Lei‐ tung eines eingetragenen Vereins. Sein höchstes Beschlussorgan ist die Mitgliederversammlung, die aber - um handlungsfähig zu bleiben - aus 242 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="243"?> der Mitte des Vereins, also aus ihren Mitgliedern, demokratische Vertreter in den Vorstand wählt. Der Vorstand ist dabei an die Weisungen der Mitgliederversammlung gebunden. Die Gefahr besteht aber darin, dass die demokratisch gewählten Vertreter nicht immer (hoch) qualifiziert sind. Daraus resultieren in Bezug auf die Governance des eingetragenen Vereins vor allem zwei mögliche Problemkreise: 1. Steigende Anforderungen an die Geschäftsführung des Vereins: Die Anforderungen an die Geschäftsführung gehen über die „normalen“ Vereinszwecke hinaus, da verstärkt ökonomische Besonderheiten be‐ rücksichtigt werden müssen. 2. Die fehlende Professionalisierung: Dem Vorstand bzw. der Geschäfts‐ führung fehlen oftmals die nötigen Managementkenntnisse für die Bewältigung der veränderten Problemlagen. Aufgrund dieser Probleme eignet sich die Rechtsform des eingetragenen Vereins mittlerweile nur noch bedingt für einen Profisportklub im Fußball, weshalb zunehmend das Rechtskleid einer Kapitalgesellschaft Verwendung findet. Eine Alternative stellt die Aktiengesellschaft (AG) dar. Die Rechtsform der AG erfordert ein Grundkapital von 50.000 Euro, das in Aktien ausgegeben wird. Die Aktie verbrieft somit einen Anteil am Grundkapital der AG. Aktien können als Stammaktien oder als Vorzugsaktien ausgestaltet sein. Bei Stammaktien erhält der Besitzer neben einem Anteil an der Gewinnaus‐ schüttung auch ein Stimmrecht, das bei Vorzugsaktien entfällt. Letztere werden allerdings bei der Gewinnausschüttung bevorzugt behandelt. Die Rechtsform der AG ermöglicht den Zugang zum Kapitalmarkt. Für die Klubs der Bundesliga gilt folgende Besonderheit: Bei einer Li‐ zenzspielerabteilung, die in Form einer AG ausgegründet wurde, ist ein Grundkapital von mindestens 2,5 Mio. Euro erforderlich, damit eine Lizenz zur Teilnahme am Spielbetrieb von der DFL erteilt werden kann (DFL, 2020a, S. 36). Notwendige Organe der Aktiengesellschaft sind der Vorstand als Unter‐ nehmensleitung, der Aufsichtsrat als Kontrollgremium sowie die Hauptver‐ sammlung als oberstes Beschlussorgan. Die Hauptversammlung entscheidet unter anderem über die Gewinnverwendung oder bestellt die Mitglieder des Aufsichtsrats. Für Profisportklubs eignet sich die Rechtsform der AG, da die Positionen im Vorstand und im Aufsichtsrat mit professionellen - also insbesondere hauptamtlichen und kompetenten - Kräften besetzt werden 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 243 <?page no="244"?> können. Durch den Zugang zum Kapitalmarkt kann der Klub zudem exter‐ nes Kapital generieren. Eine grundsätzliche Problematik der AG liegt jedoch in der Gefahr der Fremdübernahme, da durch den freien Handel der Aktien (und damit der Stimmenanteile) an der Börse theoretisch jedes Individuum oder jede juristische Person in den mehrheitlichen Besitz der Stimmrechte kommen könnte. In Deutschland wird diese Gefahr aber über die bereits erwähnte 50+1-Regel gebannt. Dennoch können einzelne Aktionäre eine sogenannte Sperrminorität besitzen, die vorliegt, wenn mind. 25 Prozent der Stimmenanteile auf eine Person oder Organisation entfallen. Dadurch könnten sie Beschlüsse blockieren, die eine Dreiviertelmehrheit erfordern, wie etwa die Abberufung des Aufsichtsrats oder Satzungsänderungen. Als weitere Form der Kapitalgesellschaft bietet sich die Rechtsform der GmbH an. Die GmbH erfordert ein Stammkapital von 25.000 Euro; dieses kann in frei wählbaren Stückelungen auf die Gesellschafter verteilt werden. Um eine DFL-Lizenz zu erhalten, muss die GmbH eines Profi-Fußballklubs mit einem Stammkapital von mindestens 2,5. Mio. Euro ausgestattet sein. Notwendige Organe der Gesellschaft sind die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Ein Aufsichtsrat ist lediglich notwendig, wenn die GmbH mehr als 500 Beschäftigte hat. Der Vorteil der GmbH gegenüber der AG liegt darin, dass das GmbH-Recht eine wesentlich flexiblere Ausge‐ staltung der Satzung und damit eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse des Klubs ermöglicht. So kann der Gesellschaftsvertrag etwa vorsehen, dass Stimmrecht und nominaler Geschäftsanteil nicht übereinstimmen. Auf diese Weise kann der Klub vergleichsweise einfach sicherstellen, dass die 50+1-Regel eingehalten und gleichzeitig ein Großteil der Gesellschaftsanteile an finanzkräftige In‐ vestoren vergeben wird. Ein solcher Fall lag bei der TSG Hoffenheim vor, bei der Dietmar Hopp zwar 96 Prozent der Kapitalanteile, aber nur 49 Prozent der Stimmenanteile hielt. Die Vorteile der Governance der GmbH liegen ebenso in der Professionalisierung der Organisation sowie der Möglichkeit des Zugangs zu Kapital. Weil bei einem Verkauf der Gesellschaftsanteile in der Regel alle anderen Gesellschafter zustimmen müssen, ist das Risiko einer Fremdübernahme in dieser Rechtsform gut abgesichert. Nach DFL-Richtli‐ nien wird die Gefahr einer Fremdübernahme zudem dadurch reduziert, dass der Stammverein die Mehrheit der Sitze im Aufsichtsrat innehaben muss (Steinforth, 2015). Weiterhin kann die Profisportabteilung eines Sportvereins in der Rechts‐ form einer GmbH & Co. KG. auf Aktien (aA) ausgegliedert werden. Die 244 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="245"?> GmbH & Co. KGaA vereint Elemente einer GmbH, einer Kommanditge‐ sellschaft (KG) und einer Aktiengesellschaft (AG). Die GmbH fungiert als Komplementär und haftet unbeschränkt mit ihrem Gesellschaftsvermögen; die AG, die die Rolle einer Kommanditistin einnimmt, haftet in Höhe ihrer Einlage. Dieses hybride Rechtskonstrukt ermöglicht somit eine flexible Struktur. Das Grundkapital beträgt grundsätzlich 50.000 Euro, aber auch hier muss dieses durch DFL-Regularien auf 2,5 Mio. Euro erhöht werden, um eine Lizenz erhalten zu können. Die Kommanditisten sind über Aktien an der Kommanditgesellschaft beteiligt. Die Geschäfte der GmbH & Co. KGaA werden durch den Komplementär, also die GmbH geführt, sodass anders als bei einer Aktiengesellschaft die Aktionäre keinen direkten Einfluss auf die Führung nehmen können. Die Aktionäre der Kommanditgesellschaft besitzen somit zwar in der Regel viele Anteile, haben aber kaum Entschei‐ dungsgewalt. Daher eignet sich diese Rechtsform vor allem für die Klubs, die einen hohen Finanzmittelbedarf aufweisen, aber nicht auf die alleinige Entscheidungskompetenz verzichten möchten. Auch für diese Rechtsform ist eine Börsenaktivität nicht zwingend notwendig, sodass die Aktien an der KGaA nicht an der Börse gehandelt werden müssen. Der einzige Bundesli‐ gaklub, dessen Aktien derzeit an der Börse gehandelt werden können, ist Borussia Dortmund mit der Rechtsform der hier beschriebenen GmbH & Co. KGaA. Bei allen gestalterischen Vorteilen der GmbH & Co. KGaA weist diese Rechtsform aus Sicht der Governance verschiedene Nachteile auf: So sind die formalen Einwirkungsmöglichkeiten der Kommanditisten auf die Gesamt‐ unternehmensentscheidungen sehr begrenzt. Daneben resultiert aus der Verwendung einer GmbH, die regelmäßig nur mit einem geringen Gesell‐ schaftsvermögen ausgestattet ist, als Komplementär eine schlechtere Kredit‐ würdigkeit; daher werden Kreditgeber in der Regel zusätzliche Sicherheiten verlangen. Außerdem entsteht ein hoher Kontrollaufwand. Da in dieser Rechtsform insgesamt drei Rechtsformen miteinander kombiniert werden, müssen auch Regelungen aus drei verschiedenen Gesetzen (GmbH-Gesetz, HGB und Aktiengesetz) beachtet werden. Wie häufig die entsprechenden Rechtsformen in den deutschen Profi-Fußballligen in der Saison 2023/ 24 vorzufinden sind, lässt sich → Ta‐ belle 8 entnehmen: 10.3 Grundlegende Charakteristika der europäischen Fußballprofiligen 245 <?page no="246"?> e. V. GmbH GmbH & Co. KGaA AG Bundesliga 5 5 5 3 2. Bundesliga 5 2 10 1 3. Liga 8 3 7 / Summe 18 10 22 4 Tabelle 8: Übersicht über die Rechtsformen im deutschen Profifußball (Stand 30.09.2023). | Quelle: Eigene Darstellung. Es zeigt sich damit, dass die Rechtsform des eingetragenen Vereins im deutschen Profifußball mittlerweile von den Kapitalgesellschafen verdrängt wird. Die Gründe dafür liegen, wie bereits erläutert, in erster Linie in der Notwendigkeit zur Professionalisierung sowie in den verbesserten Möglichkeiten der Kapitalaufnahme bei den Kapitalgesellschaften. 10.4 Investoren und ihre Motive Durch die Kommerzialisierung und Professionalisierung ist auch der Zu‐ gang von Investoren zu Klubs im europäischen Fußball möglich geworden und insbesondere in diesem Jahrtausend angestiegen. Während in Deutsch‐ land die 50+1-Regel den Zugang von Investoren zu Klubs reguliert und beschränkt, gibt es eine derartige Hürde in anderen Ländern nicht. Es ist wenig überraschend, dass die Motive der Investoren zum Einstieg in einem Profisportklub vielfältig sind und selbstredend auch Einfluss auf die Wahl der Governance haben. Nach Franck (2010a, S. 114-118) lassen sich insbesondere folgende Motive der Investoren identifizieren: • Vorteile für andere Unternehmen des Investors • soziale oder politische Akzeptanz • Konsumaktivität • Geldwäsche Auch wenn in → Kapitel 10.2.4 erwähnt worden ist, dass finanzielle Ziele oft keine entscheidende Rolle spielen, lassen sich trotzdem Investoren finden, die ihr Engagement aufgrund von finanziellen Bestrebungen ausüben. So ist sicherlich richtig, dass mit dem Klub an sich oft kein finanzieller Zugewinn 246 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="247"?> zu erwarten ist und bei Gewinnbestrebungen besser in andere Branchen als in einen Sportklub investiert werden sollte. Dennoch kann das Invest‐ ment in einen Sportklub dazu beitragen, dass andere Unternehmungen des Eigentümers davon einen Vorteil erzielen. In diesem Fall wird von einem finanziellen Spillover gesprochen. In der Praxis lassen sich zahlreiche Beispiele für dieses Motiv finden. So besitzt der österreichische Getränke‐ konzern RedBull beispielsweise auch den Fußballklub RB Leipzig aus diesem Motiv. Auch dem SAP-Gründer Dietmar Hopp kann ein ähnliches Motiv für sein Investment bei der TSG Hoffenheim nachgesagt werden. So sind sowohl SAP als auch RedBull Hauptsponsoren der Klubs - ein kleiner Unterschied besteht aber in der Herkunft der Finanzmittel. Während Dietmar Hopp sein Privatvermögen investiert, wird in Leipzig Firmenvermögen von RedBull investiert. Für das Investment von RedBull in Leipzig ist eine Amortisation nach Ansicht eines Bilanzexperten erst in 200 Jahren zu erwarten (Kroemer, 2022). Dadurch wird deutlich, dass die Investitionsaktivität in erster Linie darauf abzielt, den Konzern RedBull noch bekannter zu machen und seine Umsätze zu steigern. Auch für die Governance lässt sich in diesem Fall eine besondere Ausgestaltung erkennen. Während es für Fußballklubs in der Regel entscheidend ist, Mitglieder zu gewinnen, besteht bei RB Leipzig offensichtlich kein Interesse daran. Es ist tatsächlich kaum möglich, Mitglied des Stammvereins (e. V.) zu werden. Der Verein hat insgesamt nur 20 stimm‐ berechtigte Mitglieder, die ausschließlich dem RedBull-Konzern angehören, was jegliche externe Mitbestimmung verhindert. Ein anderes Motiv zur Begründung eines Investments in einen Profisport‐ klub kann der Wunsch nach politischer oder sozialer Akzeptanz sein. So könnte die Aktivität bei einem Profisportklub dazu beitragen, die Akzeptanz bzw. das Image einer Person, einer Organisation oder sogar eines Landes zu verbessern. In der Praxis hat sich dahingehend am Beispiel Mohamed Al-Fayed der Versuch gezeigt, über den Besitz eines Klubs die Staatsbürger‐ schaft des Landes, in dem der Klub ansässig ist, zu erlangen. Der ägyptische Unternehmer besaß den englischen Fußballklubs FC Fulham und versuchte über sein Investment, die britische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Ein anderes Beispiel stellt das Land Katar dar. Über den katarischen Staatsfond (Qatar Sports Investment) ist das Land Eigentümer des französischen Fuß‐ ballklubs Paris St. Germain. Berichten zufolge wird dieses Engagement unter anderem genutzt, um möglicherweise von kritischen Fragen zu sozialen oder politischen Themen im eigenen Land abzulenken. 10.4 Investoren und ihre Motive 247 <?page no="248"?> Als drittes Motiv identifiziert Franck (2010a) die Konsumaktivität. Hier wird argumentiert, dass der Investor eines Profisportklubs Luxuskonsum betreibt. Der Luxuskonsum trägt außerdem dazu bei, Mitglied eines elitären Kreises derer zu sein, die es sich leisten können, einen Profisportklub zu besitzen. Neben diesen Motiven wurde in der Vergangenheit auch schon das Motiv der Geldwäsche als mögliche Begründung für ein Investment in einen Profisportklub genannt. Obwohl keine konkreten Beispiele vorliegen, wies die Financial Action Task Force im Jahr 2009 explizit darauf hin, dass im Bereich des Profifußballs besondere Vorsicht geboten sei, um Geldwä‐ sche durch Investorentätigkeit zu verhindern. Angesichts der massiven Geldbewegungen, die mittlerweile im Fußball stattfinden, ist es sicherlich nicht undenkbar, dass solche Überlegungen gelegentlich eine Rolle bei Eigentümern und Investoren spielen könnten. 10.5 Fazit In diesem Kapitel wurden zentrale Unterschiede zwischen den amerikani‐ schen Ligen und der deutschen Fußballliga als Beispiel für europäische Ligen verdeutlicht: der Umgang mit der Umverteilung von Einnahmen sowie die Struktur des Wettbewerbs. Sowohl in Nordamerika als auch in Deutschland finden zwar Umverteilungsmaßnahmen Anwendung. In Nordamerika wer‐ den die Einnahmen unter Berücksichtigung der Einhaltung einer sportlichen Ausgeglichenheit stärker gleichverteilt. Weiterhin unterscheiden sich die Ligen in ihrer Organisation hinsichtlich des Zugangs zur Liga. Während die nordamerikanischen Ligen überwiegend in einem geschlossenen Format ausgetragen werden, ermöglichen die deutschen Profifußballligen durch ihre offene Struktur Auf- und Abstiege. Für die Klubs in Nordamerika wurden vier verschiedene Modelle des Eigentums vorgestellt, wobei sich für jedes Governance-Modell gewisse Vor- und Nachteile ableiten lassen. In Deutschland zeigte sich vor allem, dass das Vereinsmodell im Profifußball nur noch bedingt geeignet ist, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Aufgrund dieser Entwicklung sind die meisten Lizenzspieler‐ abteilungen mittlerweile als Kapitalgesellschaft aus dem Gesamtverein ausgegliedert, was Zugang zu externem Kapital ermöglicht. Eine komplette Fremdübernahme deutscher Profifußballklubs wird jedoch durch die Re‐ gelungen der 50+1-Regel weitgehend verhindert. In diesem Kontext hat 248 10 Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle im Profisport <?page no="249"?> sich eine Diskussion darüber entwickelt, ob die 50+1-Regel die deutschen Fußballklubs im internationalen Vergleich benachteiligte. Diese Debatte basiert auf der Annahme, dass eine bessere finanzielle Ausstattung zu sportlichen Vorteilen führen könne. Für die Forschung bieten sich in diesem Bereich weitere interessante Ansatzpunkte: So könnte untersucht werden, wie unterschiedliche Gover‐ nance-Modelle die finanzielle Leistungsfähigkeit und langfristige Nachhal‐ tigkeit von Profisportklubs beeinflussen. Zudem bieten sich vergleichende Studien zwischen Ligen und Ländern an, um die Auswirkungen unterschied‐ licher Eigentumsstrukturen und Governance-Modelle auf globaler Ebene zu verstehen. ➲ Kontrollfragen • Welche zentralen Aufgaben hat eine Liga? • Welche zentralen Unterschiede bestehen zwischen Ligen in Nordame‐ rika und in Europa? • Welche Eigentumsmodelle sind in Nordamerika für Profisportligen gebräuchlich? • Erklären Sie verschiedene Determinanten für die Wahl einer Gover‐ nance! • Erklären Sie die vier verschiedenen Modelle der Governance für Klubs in Nordamerika! • Erklären Sie den organisatorischen Aufbau des Profifußballs in Europa! • Welche grundlegenden Ziele verfolgt die Deutsche Fußball-Bundesliga mit ihren Regelungen? • Erläutern Sie, warum die Rechtsform des eigetragenen Vereins nicht mehr in allen Fällen optimal geeignet ist, die aktuellen Anforderungen an ein Rechtskleid im deutschen Profifußball zu erfüllen! • Erläutern Sie die beiden Entwicklungen, die maßgeblich dazu geführt haben, dass Governance-Anpassungen im deutschen Profifußball not‐ wendig geworden sind! • Diskutieren Sie verschiedene Möglichkeiten für deutsche Profifußball‐ klubs bei der Wahl der Rechtsform! • Welche Motive besitzen Investoren, in Profisportklubs zu investieren? ➲ Kontrollfragen 249 <?page no="250"?> ➲-Literaturempfehlungen Dehesselles, T. & Frodl. C. (2012). Kapitalgesellschaften im Sport. In A. Galli, V.-C. Elter, R. Gömmel, W. Holzhäuser & W. Straub (Hrsg.), Sportmanagement. Finanzierung und Lizenzierung; Rechnungswesen, Recht und Steuern; Controlling, Personal und Organisation; Marketing und Medien (2. Aufl., S.-53-69). München: Vahlen. Dietl, H. M., Franck, E., Hasan, T. & Lang, M. (2009). Governance of professional sports leagues - Cooperatives versus contracts. In International Review of Law and Economics, 29(2), 127-137. Foster, G., O’Reilly, N. & Davila, T. (2021). Sports business management: Decision-ma‐ king around the globe (2. Aufl.). New York: Routledge. Gammelsæter, H. & Walters, G. (2020). Ownership and governance in men’s profes‐ sional football in Europe. In D. Shilbury & L. Ferkins (eds.), Routledge Handbook of Sport Governance (pp. 150-163). London: Routledge. Morales, N. & Schubert, M. (2022). Selected Issues of (Good) Governance in North American Professional Sports Leagues. 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Auf diese Weise sollen mögliche zukünftige Herausforderungen ausgeleuchtet werden. 11.1 Ursachen und Auswirkungen der Veränderung im Bereich Governance Sportorganisationen agieren nicht losgelöst von gesellschaftlichen Rahmen‐ bedingungen. Die Interdependenzen zur politischen Sphäre, zu übergeord‐ neten Instanzen sowie die Erwartungshaltung der verschiedenen Stakehol‐ der beeinflussen das organisationale Handeln ebenso wie die fortschreitende Globalisierung. Der Handlungsraum einer Sportorganisation wird durch die gesetzliche Regulierung tendenziell eingeschränkt, durch die Digitalisierung und damit einhergehende Vorteile aber auch erweitert. → Abbildung 24 soll die verschiedenen Umwelteinflüsse, denen Sportorganisationen ausgesetzt sind, veranschaulichen. <?page no="252"?> Abbildung 24 Sportorganisationen Globalisierung Sportpolitik Erwartungen von Stakeholdern Governance-Richtlinien von übergeordneten Instanzen Beziehung zu Regierungen Regulierung des Umfelds Abbildung 24: Umwelteinflüsse auf Sportorganisationen. | Quelle: Eigene Darstellung nach Hoye & Cuskelly (2007, S.-187). Die veränderten Rahmenbedingungen schlagen sich auf der Ebene der Organisation wiederum in den folgenden Sachverhalten nieder (Bugg et al., 2006; Hoye & Cuskelly, 2007): • Governance und Governance-Regelungen erlangen eine zunehmende Bedeutung für die Sportorganisation, woraus unmittelbar ein erwei‐ terter Anspruch an Transparenz und Rechenschaftslegung sowie an Compliance und an das Risikomanagement resultiert. • Damit verbunden steigen zum einen die Anforderungen an die Füh‐ rungskräfte und zum anderen die Nachfrage nach qualifiziertem Perso‐ nal. • Das Ziel der Prozesseffizienz und die damit einhergehende Perfor‐ mance-Messung münden in eine zunehmende Ökonomisierung der Sportorganisation. Diese Entwicklungen erfordern eine beschleunigte Professionalisierung der Organisationsstruktur und der -prozesse. 11.2 Potenzielle zukünftige Herausforderungen Die dargelegten Entwicklungen in der Governance stellen Sportorganisa‐ tionen vor verschiedene Herausforderungen auf strategischer, taktischer sowie operativer Ebene. Die Dynamik erfordert eine permanente Anpassung an die Rahmenbedingungen, an gesellschaftliche Strömungen und an sich 252 11 Herausforderungen der Sport Governance <?page no="253"?> verändernde Bedürfnisse der Stakeholder, die in vielen Fällen auch in Zielkonflikte münden können. Ein Spannungsfeld kann exemplarisch in der Abhängigkeit der Sportor‐ ganisationen von durch die Politik bereitgestellten Ressourcen und dem Streben nach einer Aufrechterhaltung der Autonomie des Sports und der Sicherung der durch den Sport verkörperten Werte gesehen werden (Emrich et al., 2014; King, 2017). Korruptionsskandale und enge Vernetzungen zwi‐ schen Sport und Politik lösen bei Stakeholdern ein Misstrauen hinsichtlich der Autonomie des Sports aus, sodass die Unabhängigkeit ständig überprüft und ggf. anhand neuer Institutionen gestärkt werden muss. Die Weiterent‐ wicklung des Sportsektors ist ein langwieriger Prozess, durch den im besten Fall eine zunehmende Professionalisierung erreicht wird. Bislang zeugen Doping, Match-Fixing sowie problematische Vergabeentscheidungen eher von einer schwachen Governance, was zu einem Vertrauensverlust bei den Stakeholdern führt. Daneben müssen Sportorganisationen der folgenden Herausforderungen Herr werden (siehe King, 2017): • Definition der Organisationsziele und Durchführung eines Controllings der Organisation, • Erhaltung der Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeit, • Implementierung und Durchsetzung von Regeln der Good Governance und eines Compliance-Management-Systems, • zielgerichteter Umgang mit den Medien, • Implementierung von Managementprozessen, die eine effektive und effiziente Adaption an Veränderungen ermöglichen, sowie • Legitimierung durch die Mitglieder und Absicherung der Legitimität durch die Stakeholder. Insbesondere die Berücksichtigung heterogener Stakeholder-Interessen birgt Herausforderungen, da die verschiedenen Gruppen unterschiedlichste Zielsetzungen verfolgen. Einerseits dominieren übergeordnete Sportver‐ bände mit engen Beziehungen zur staatlichen Sphäre, denen andererseits kleine Vereine mit ihren Mitgliedern gegenüberstehen. Hauptamtliche Ak‐ teure verfolgen naturgemäß andere Ziele als ehrenamtliche Mitarbeiter; der Leistungssport ist hinsichtlich seiner Motivlage kaum mit dem Breiten- und Gesundheitssport vergleichbar. Zudem stellt die staatliche Sphäre zuneh‐ mend Ansprüche, etwa in Bezug auf die soziale Verantwortung des Sports. Weiterhin ist die Anpassung der Governance in Sportorganisationen an sich 11.2 Potenzielle zukünftige Herausforderungen 253 <?page no="254"?> wandelnde Kommunikationstechnologien und neue Medien notwendig, um dauerhaft eine positive Reputation aufzubauen bzw. zu bewahren. Dies trägt dazu bei, die Existenz des Sports im Allgemeinen und die Legitimität der jeweiligen Organisation im Speziellen zu festigen. Das Management dieses Konfliktpotenzials und der Aufbau gegenseitigen Vertrauens in einem die Kooperation fördernden Umfeld können als zentrale Herausforderungen der Sport Governance verstanden werden. 11.3 Sportorganisationen im Wandel Die aufgezeigten Veränderungen bedingen, dass Sport Governance nicht als statisches Konzept, sondern als Prozess des permanenten Wandels und der Anpassung verstanden wird. Diese interne Adaption, die sich in einer Veränderung der Ablauf- und Aufbauorganisation niederschlagen kann, wird begleitet von einem Wandel der Struktur des Marktes, auf dem Sportorganisationen operieren. So kann es zum einen zu Fusionen von Sportorganisationen und zum anderen zum Ausscheiden einzelner Sportorganisationen kommen (Hoye & Cuskelly, 2007). Gerade im Hinblick auf die Nutzung moderner Informationstechnologien, der Verbesserung der Kommunikation und der Etablierung moderner Risikomanagementsysteme können Zusammenschlüsse oder Kooperationen mehrerer Organisationen Effizienzvorteile mit sich bringen. Insgesamt muss auf Seiten der verantwortlichen Akteure erkannt werden, dass die Schnelllebigkeit und Heterogenität des Sportsektors zu zahlreichen Governance-Herausforderungen führen, deren Bewältigung eine Berück‐ sichtigung der Interdependenzen innerhalb der Organisation, im gesamten Sportsektor sowie im Zusammenwirken mit der öffentlichen Sphäre erfor‐ dert. In diesem Kontext gilt für die Governance der Sportorganisation, was Hayek (1967) für das Recht im Allgemeinen einfordert. Die Regeln respektive Strukturen müssen so beschaffen sein, dass eine adäquate Reaktion auf die Dynamik von Gesellschaft und Markt möglich ist. 11.4 Fazit Sportorganisationen und deren Governance sehen sich mit erheblichen zukünftigen Herausforderungen konfrontiert. Aufgabe der Forschung in diesem Bereich kann es sein, die Determinanten dieses Wandels, deren 254 11 Herausforderungen der Sport Governance <?page no="255"?> Zusammenwirken und deren Auswirkungen auf Sportorganisationen empi‐ risch fundiert zu erfassen. Aufbauend darauf lassen sich Ansatzpunkte für eine technologische Nutzung dieser Erkenntnisse im Sinne der Entwicklung von Anpassungsstrategien identifizieren, die die Governance der Sportor‐ ganisation einbeziehen, aber auch darüber hinausgehen. Ziel der Praxis muss es sein, die Erkenntnisse der Forschung aufzugreifen und Strukturen sowie Prozesse zu entwerfen und zu implementieren, die ein effektives und effizientes Umgehen mit den zu erwartenden Herausfor‐ derungen ermöglichen. ➲ Kontrollfragen • Welche Umwelteinflüsse wirken auf die Sportorganisation? • Welchen Konfliktpotenzialen sieht sich die Sportorganisation aktuell und in der Zukunft gegenüber? • Welche Herausforderungen bestehen im Hinblick auf die Legitimität des Sports und das Vertrauen der Stakeholder? ➲-Literaturempfehlungen Bugg, G., Dallhoff, S. & Speevak-Sladowski, P. (2006). National study of board governance practices in the non-profit and voluntary sector in Canada. Strategic Leverage Partners. Hoye, R. & Cuskelly, G. (2007). Sport governance. London & New York: Routledge. (hier: S.-118-133) King, N. (2017). Sport governance: An introduction. London & New York: Routledge. (hier: S.-175-188) ➲ Kontrollfragen 255 <?page no="257"?> Quellenverzeichnis Abdullah, H. & Valentine, B. (2009). Fundamental and Ethics Theories of Corporate Governance. In Middle Eastern Finance and Economics, 4, 2009, 88-96. Ackermann, F. & Eden, C. (2011). Strategic management of stakeholders: theory and practice. In Long range planning, 44, 179-196. Adam, S. & Hovemann, G. (2018). Auswirkungen der Corporate Governance auf die Internationalisierung von Sportclubs. In SCIAMUS - Sport und Management, 9(1), 89-107. Aguilera, R. V. & Cuervo‐Cazurra, A. (2009). Codes of good governance. In Corporate governance: an international review, 17(3), 376-387. Aguinis, H. (2013). Performance Management (3rd ed.). Upper Saddle River, NJ: Pearson/ Prentice Hall. Agyemang, K. J. & Williams, A. S. (2013). Creating revenue via organisational ‘brand‐ pression’ management (OBpM): A marriage of brand management and impres‐ sion management in professional sport. 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Advice & Counsel Role-66 Advisory Board Model-58 Agency Theory-44 Anreizsysteme-48 Anspruchsgruppen-87 Anti-Doping-185, 190, 206, 213, 219 Anti-Doping-Gesetz-109, 114, 146 Anti-Doping-Maßnahmen-212 Arbeitsgruppen-67 Association of Athletics Federations (IAAF)-68 Athleten-139 Aufsichtsrat-56 Ausschüsse-67 Außenpolitik-144, 148 Austauschtheorie-37 Autonomie-95, 102, 104, 114, 144, 196 Berichterstattung-215 Berichtstransparenz-182 Bezugsgruppen-87 Bildungspolitik-144 Bindungsmacht-86 Board of Directors-25, 56 Board of Governors-228 Board Performance-159 Bosman, Jean-Marc-112 Bosman-Urteil-112 Chairman of the Board (COB)-26 Chancengleichheit-184 Chief Executive Officer (CEO)-26, 163 Code of Conduct-210 Code of Ethics-220 Compliance-24, 204ff., 208ff., 212, 219f. Compliance, Definition-203 Compliance, Erschwerung-218 Compliance, Management-System-217 Compliance, Programm-209 Compliance, Prozess-209 Compliance, System-211 Compliance, Verstoß-218 Control Role-65 Co-operative Model-58 Corporate Governance-23 Council of Europe-183 COVID-19-Pandemie-18 Dachorganisation der Nationalen Olympischen Komitees weltweit (ANOC)-135 Dachorganisation des internationalen Breitensports (TAFISA)-135 Definitive Stakeholder-88 Demokratie-188 demokratische Prozesse-182, 192 demokratische Strukturen-184 Deutsche Fußball Liga (DFL)-237f. Deutscher Fußball-Bund (DFB)-135 Deutscher Leichtathletik Verband (DLV)-212 Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)-134 <?page no="282"?> Disciplinary Code-220 Distributed Club Ownership Model 228 Dokumentation-215 dolose Handlung-205 Doping-69, 99, 109, 126, 139, 146, 213, 217, 219, 253 Effektivität-154, 174 Effizienz-154, 174 Ehrenamt-18, 24, 46, 50, 54, 165 eingetragene Vereine-26 Ein-Verbands-Prinzip-134 Entscheidungsprozess-141 Entwicklungspolitik-144 Ethical Compliance-204 Ethik-190 Ethik, Kodex-182 Ethik, Organisationen-139 ethisch-normative Stakeholder-Theorie-91 EU-Normen-109 Europäischer Dachverband der Nichtregierungsorganisationen im Sport (ENGSO)-135 Europäisches Olympisches Komitee (EOC)-135 Europäische Union (EU)-110, 132f. evaluieren-21, 71, 163, 169 Evaluieren-187 Executive Led Model-56 Exekutive-131, 133 Expectant Stakeholder-88 Fairness-184, 189 Fans-81, 84, 139, 180, 182, 225, 239 FC Paris St. Germain-93 FIFA-111, 114, 135, 220 Finanzprüfungskommission-68 Football Management (FoMA)-170 For-Profit-Organisationen (FPO)-24, 53f. Forschung-155 Freeman, Robert Edward-76 Friedman, Milton-76 Fusionen-40 Fußball-235 Fußball, Investoren-246 Fußball, Klubs (Strukturen)-240 Fußball, Profiligen-234 gemeinnützige Organisationen-23 Gerichte-103f., 122 Geschäftsführung-26 Geschäftskommission-68 Geschlechter-69 gesellschaftliche Verantwortung-194 Gesundheitspolitik-143 Gewaltenteilung-190 Gewinnverwendung-54 Gleichheit-174 Globalisierung-251 Good Governance-23, 174f., 196 Good Governance, Anwendung-178 Good Governance, Definition-174 Good Governance, Richtlinien-195 Governance-19-23, 28 Governance, Definition-20 Governance, Modelle-53 Governance, Struktur-68 Governance, Wahl-232 Handlungstheorie-37 Hard-Law-Regulierung-146 Harmonisierung der Erwartungen-95 Herausforderungen-196, 252 Hidden Intention-45 282 Register <?page no="283"?> Hold-up-Problem-45f. Implementierung-195 Implementierung, Probleme-196 Implementierung, Prozess-141 Informationsasymmetrie-44 Infrastruktur-41 In-Group-49 Inklusion-174, 184 Institution-41 Institutionalismus-42 Institutional Theory-41ff., 65 Integritätskodex-182 Interessengruppen-87 Interessenorganisationen-133 International Boxing Association (IBA)-176 internationale Normen-109 Internationale Olympische Komitee (IOC)-136, 220 Internationale Organisationen-139 Investoren-246 IOC-114, 184 Joint Ventures-40 Kaili, Eva-142 Klub, Strukturen-230 Koalitionsmacht-86 Kommerzialisierung-100 Kommissionen-67 Konferenzen-67 Konsensorientierung-174 Kontrolle-114, 210 Kontrolle, Mechanismen-182 Kontrolle, Systeme-48 Körperverletzung-109 Korruption-115, 119, 142, 146, 166, 175, 187, 219 Korruption, Bekämpfung-99 Korruption, Prävention-185 Latent Stakeholder-88 Leader Member Exchange Theory-48 Legal Compliance-203 Legislative-126, 133 Leitungsorgane-27 Leitungssubsystem-62 lex extra sportiva-100 lex sportiva-100 Liga-224 Liga, Architektur-224 Liga, Entscheidungen-224 Liga, nordamerikanische Profiligen 226 Liga, Struktur-228 Liga, Umfang-224 Lines of Defense-212 Lobbyisten-136 Macht-20, 39, 50, 64, 85 Makro-Ebene-18 Management-18, 21 Managementprozesse-27 Management Team Model-58 Managerial Hegemony Theory-50, 65 Marke-41, 106 Meca-Medina, David-112 Medien-133, 139, 225 Menschenrechtsorganisationen-139 Mikro-Ebene-18, 24 Mitarbeiter-49 Mitgliedersubsystem-61 Moderation Model-83 Moderatoren-83 Moral Hazard-45f. Register 283 <?page no="284"?> NADA-105, 108, 213 Network Governance-22 Network Theory-35 Netzwerk-23, 35f., 84 Netzwerk, Forschung-37 New Institutional Economics-42 New Institutionalism in Political Science-43 New Sociological Institutionalism-43 Non-Compliance-205f., 210 Non-Profit-Organisationen (NPO)-53f., 165 Öffentliches Recht-107 Ökonomisierung-252 operative Aktivitäten-65 Organisationsstrategie-83 Organizational Governance-22 Out-Group-49 Partizipation-174 partnerschaftliche Zusammenarbeit-144 Patron Model-58 Performance-154f., 157 Performance, finanzielle-167 Performance, Management-166 Performance, organisationale-157 Performance, strategische-168 Personal-41, 54 Piau, Laurent-111 Policy-121, 123 Policy Compliance-204 Policy Governance Model-56 Politics-121f. Politik-119, 121 Politik, Begriff-123 Politik, Definition-121 Politik, Perspektiven-122 politische Intervention-40 Polity-121f. Popper, Karl. R.-19 PotAS-148 Präsidenten-26 Principal-Agent-Beziehung-46, 48 Private Company or Investment Syndicate Ownership Model-231 Professionalisierung-66, 100 Propaganda-148 Qualität-18 Querschnittscharakter-28 Realisationssubsystem-67 Rechenschaft-54, 174, 184, 186, 193 Rechtsform-54 Rechtsstaatlichkeit-174 Regelungsstruktur-21 Regulierung-20 Resource Dependency Theory-39f., 65 Resource Provision Role-66 Ressourcen-18, 36, 39, 41 Ressourcen, Planung-65 Retaliationsmacht-86 RFC Lüttich-112 Risiko, Identifikation-214 Risiko, Kommunikation-215 Risiko, Management-213 Risiko, Managementsystem-215 Risiko, Monitoring-215 Risiko, Politik-214 Rollen-27 Rollen, Theorie-37 Sanktionen-210 Schulungen-210 284 Register <?page no="285"?> Scorecard-183 Shareholder, Definition-76 Single Entity Ownership Model-229 Soft Law-99 Solidarität-182, 184 Sozialpolitik-143 Spender-76 Sponsoren-34, 41, 76, 81, 84, 106, 111, 139, 225, 227 Sport-19 Sport, Definitionsansatz-19 Sport, Förderung-145 Sport, Gerichte-104 Sport, geseltzliche Verankerung-124 Sport, Gesetz (Motorsport)-103 Sport, Governance-21, 24, 46 Sport, Heterogenität-99 Sport, Integrität-182 Sport, internationaler-218 Sport, Organisation-17, 24 Sport, Organisation (Performance)-157 Sport, Organisation (Risikomanagement)-215 Sport, Organisation (Wandel)-254 Sport, Policy-123, 143 Sport, Politics-123, 140 Sport, Politik-17, 143 Sport, Polity-123f., 133, 139 Sport, Recht-100, 105 Sport, Verbände-114, 133, 136f. Sport, Verbandssystem, (international)-135 Sport, Verwaltung (kommunale Ebene)-132 Stadionentwicklung-80 Stakeholder 17f., 27, 69, 75ff., 81, 87, 90f., 94f., 159, 182, 251 Stakeholder, Arten-34 Stakeholder, ethisch-normativer Ansatz-91 Stakeholder, Machtbasen-85 Stakeholder, Managament-94 Stakeholder, Management-80 Stakeholder, Netzwerke-84 Stakeholder, Priorisierung-85, 89 Stakeholder, Theorie-76 Stakeholder, Theorie (deskriptiv)-79 Stakeholder Theory-33, 65 Stewardship Theory-47, 65 Strafrecht-108 Strategic Role-66 Strategie-20, 27 strategische Aktivitäten-65 strategische Ausrichtung-66 Structural Holes-38 Strukturalismus-38 Subsidiarität-144 Subsidiary of a Publicly Traded Corporation Model-232 Substitutionsmacht-86 Subsysteme-60 Super League-113 SWOT-Analyse-169 Systemic-22 Systemtheorie-38 Theorie-31 Theorie, organisationsbezogene-44 Theorie, systembezogene-33 Theory of Strength of Weak Ties-38 Traditional Model-56 Transparenz 174, 182, 184, 187, 192, 210 TV-Rechte-225, 238 TV-Verträge-230 Übertragungsverträge-225 Register 285 <?page no="286"?> UEFA-114, 135 UEFA Champions League-113 Union of European Football Associations (UEFA)-60 Variety-Seeking-18 Verantwortungsbewusstsein-174 Verband, Autonomie-145 Verband, Gerichte-68 Verband, Recht-101 Vereine-26 Vereinsgerichte-68 Vereinsrecht-101 Vertragsbeziehungen-47 Vorstand-26 WADA-105, 108, 213, 219f. Wertschöpfung-84 Wettbewerb-17 Willensbildungsprozess-140 Wirtschaftspolitik-143 Women’s National Basketball Association (WNBA)-229 World Athletics Integrity Code of Conduct-71 Zertifizierung-36 zivilrechtliche Normen-106 Zuschauer-139 286 Register <?page no="287"?> ISBN 978-3-8252-6192-4 Effektiv und strategisch! Die Presse berichtet regelmäßig von Verfehlungen in großen Sportorganisationen. Ursache hierfür kann eine fehlende Sport Governance sein. Das Buch stellt die Theorie der Sport Governance vor und beschreibt konkret Strukturen sowie rechtliche, regulatorische und ethische Aspekte. Zudem geht es u. a. auf Stakeholding und Compliance ein. Herausforderungen lässt es nicht außer Acht. Das Buch richtet sich an Studenten der Sportwissenschaften, des Sportmanagements und der Sportökonomie. Es bietet zudem angehenden Sportrechtlern und -politikern einen spannenden Überblick. Sportwissenschaften Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel mit zahlreichen Beispielen