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Konflikte und Verhandlungsmanagement im Vertrieb

Ursachen, Strategien, Vorbereitung. Mit eLearning-Kurs

0812
2024
978-3-8385-6267-4
978-3-8252-6267-9
UTB 
Ludger Schneider-Störmannhttps://orcid.org/0000--000-3-39-72-2
10.36198/9783838562674

In Verhandlungen mit Geschick punkten "Never give without taking" ist das Verhandlungsmotto von Ludger Schneider-Störmann. Verhandlungen in gesättigten Märkten mit hartem Wettbewerb sind konfliktreich. Der Autor beschreibt gängige Konflikttypen und erläutert alle Facetten für ein erfolgreiches Management von Online- und Face-to-Face-Verhandlungen. Er gibt Anleitungen für eine perfekte Vorbereitung und Durchführung. Das Buch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre, des Wirtschaftsingenieurwesens sowie des Vertriebs und alle Studierende mit Interesse am Vertrieb. Es eignet sich auch hervorragend für die Praxis.

<?page no="0"?> Ludger Schneider-Störmann Konflikte und Verhandlungsmanagement im Vertrieb <?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main utb 6267 <?page no="2"?> - - - - - Prof. Dr.-Ing. Ludger Schneider-Störmann war über zehn Jahre im internationalen technischen Ver‐ trieb aktiv und lehrt seit 2010 an der Technischen Hochschule Aschaffenburg. <?page no="3"?> Ludger Schneider-Störmann Konflikte und Verhandlungsmanagement im Vertrieb Ursachen, Strategien, Vorbereitung Mit eLearning-Kurs UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838562674 © UVK Verlag 2024 ‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. 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Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 6267 ISBN 978-3-8252-6267-9 (Print) ISBN 978-3-8385-6267-4 (ePDF) ISBN 978-3-8463-6267-9 (ePub) Umschlagabbildung: © gremlin ∙ iStock Autorenbild: © TH Aschaffenburg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 9 10 1 11 2 13 3 19 3.1 19 3.2 23 3.2.1 25 3.2.2 25 3.2.3 27 3.2.4 30 3.2.5 31 3.2.6 34 3.2.7 38 3.3 39 3.4 42 4 45 4.1 47 4.1.1 47 4.1.2 49 4.1.3 49 4.2 51 4.2.1 52 4.2.2 52 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seien Sie offen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konflikte sind normal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind Konflikte und welche Arten gibt es? . . . . . . . . . . Ursachen von Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschen ändern sich, deren Bedürfnisse auch . . . . . . . . . Jetzt wird es knapp: Endliche und begrenzte Ressourcen . Der kleine große Unterschied: Interkulturelle Ursachen . . Forderungen und Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist da eigentlich los? Eine Konfliktanalyse zeigt es . . Komplexität von Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typische Konflikte in Marketing und Vertrieb . . . . . . . . . . Warum ist die Person denn so? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbeugen und Erkennen: Konfliktprophylaxe . . . . . . . . . . Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . Wir verhandeln täglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In welchem Alter fangen Menschen an zu verhandeln? . . . Sie können immer dazulernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In aller Munde: Das Harvard-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind gute Verhandlungsergebnisse? . . . . . . . . . . . . . . . Sprechen wir über Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Verhandlungsziele setzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 4.2.3 64 4.2.4 64 4.2.5 65 4.3 67 4.3.1 68 4.3.2 70 4.3.3 74 4.4 76 4.4.1 76 4.4.2 83 4.4.3 83 4.4.4 85 4.5 87 4.5.1 89 4.5.2 93 4.5.3 97 4.5.4 102 4.5.5 107 4.5.6 112 4.6 117 4.6.1 120 4.6.2 123 4.6.3 125 4.7 129 4.7.1 129 Best Alternative to Negotiated Agreement - BATNA oder: Mir kann nicht so viel passieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Worst Alternative to Negotiated Agreement - WATNA oder: Die Angst des Torwarts vorm Elfmeter . . . . . . . . . . . . Gute Verhandlungsergebnisse verbessern die Beziehung . Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Buying Center: Gut zu kennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Konfliktlandkarte: Viel besser als „nur“ das Buying Center . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungshilfe: Wann verwendet man welche Methode? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Macht in Verhandlungen ist vielseitig . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht nur Wissen ist Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Status ist nicht gleich Macht, aber beinahe . . . . . . . . . . . . . Wie Macht verloren gehen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie Macht hinzugewonnen werden kann . . . . . . . . . . . . . . Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Bedürfnisse sind dominant? Das Maslow-Modell . Bin ich fest verankert? Der Karriereanker . . . . . . . . . . . . . . Vier Buchstaben für 16 Typen: Myers-Briggs-Typen-Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein gutes Team ist divers, sagt Belbin . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vier Typen zwischen Dominanz und Gewissenhaftigkeit: Das DISG-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muss ich mir alle Persönlichkeitsmodelle merken? . . . . . . Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lassen Sie sich nicht alles gefallen: Offensive Taktiken . . . Verteidigen Sie Ihre Standpunkte und Forderungen: Defensive Taktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durch Gemeinsames eine Einigung erzielen: Integrative Taktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikation: POV Fragen und Zuhören . . . . . . . . . . . . Was man sagen will, ist nicht immer das, was gehört wird 6 Inhalt <?page no="7"?> 4.7.2 133 4.7.3 134 4.7.4 142 4.7.5 145 4.7.6 148 4.7.7 151 4.8 153 4.8.1 154 4.8.2 157 4.9 160 4.10 163 4.10.1 164 4.10.2 167 4.10.3 172 5 175 5.1 175 5.1.1 176 5.1.2 180 5.2 182 5.2.1 183 5.2.2 185 5.2.3 187 5.2.4 191 5.3 193 5.4 196 5.4.1 197 Alle hören dasselbe, verstehen es aber anders: Schulz von Thun sagt warum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SPIN-Fragetechnik: erfahren, was die andere Seite wirklich benötigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlage: Kennen Sie alle Fragetypen? . . . . . . . . . . . . . . . Verhandlungs-Jeopardy! Richtige Fragen finden, um brauchbare Antworten zu bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klingt Attraktiv: Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bringen Sie Wünsche in Sicherheit mit dem House of Quality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten . . . Körpersprache und ähnliche kommunikative Mittel . . . . . Aufmerksamkeit um jeden Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Es gibt ein Muster: Dynamik im Verhandlungsprozess . . . Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen . . . Face-2-Face heißt alle fünf Sinne adressieren . . . . . . . . . . . Entscheidungsfindung: Online oder Präsenz? . . . . . . . . . . . Sind die alle echt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . Ein bis zwei Wochen vor der Verhandlung: Basisvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung der Verhandlungssituation: Konfliktlandkarte und Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . Sparring - Training ist das halbe Leben . . . . . . . . . . . . . . . . Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleider machen Leute. Und Stimmung! . . . . . . . . . . . . . . . . Stunden davor: Essen hält Leib und Seele zusammen . . . . . Die Minuten davor: Doping für die Seele . . . . . . . . . . . . . . Wenn das Treffen nicht bei Ihnen stattfindet: Kurzfristige Vorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der Verhandlung: Meine Verhandlung, meine Regeln . . Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln . . . . . . . . . . . . Wer Schreibt der bleibt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="8"?> 5.4.2 199 5.4.3 202 5.5 205 5.5.1 205 5.5.2 211 5.5.3 213 5.6 218 5.7 222 6 227 6.1 227 6.2 229 7 231 8 243 255 Is it legal, is it fair? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der Ruhe liegt die Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drei Ebenen ebnen den Weg: Gandhi hat es bewiesen . . . . Persönlichkeiten gehen unterschiedlich in Konflikte . . . . . Wenn nichts mehr geht: Verhandlungsstau auflösen . . . . . Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung - oder Wie war ich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Schluss: Aus dem Nähkästchen geplaudert . . . . . . . . . . . . . . Meine persönlichen Regeln zum Verhandlungserfolg . . . . . Mein Verhandlungs-ABC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> Vorwort Als ich in den Jahren 2012-2015 an meinem ersten Buch zum Technischen Vertrieb arbeitete, entstand ein Fachbuch mit sehr, sehr viel technischem Inhalt. Ideal für meine Studierenden, die dieses Buch im 1., 3., 4. und 6. Fachsemester nutzen konnten. Ein ehemaliger Kollege aus der Industrie sprach mich seinerzeit auf das Buch an. Er sagte, dass das Buch super sei, aber zu schwer für eine Bettlektüre. Gut dachte ich, ich wollte ja auch keine Märchen erzählen. Nun, beinahe zehn Jahre später, habe ich mein zweites Buch vollendet: Sie halten es gerade in den Händen. Es ist ein Lehrbuch für Studierende und ein Nachschlagewerk für Praktiker zugleich. Kein Märchenbuch, aber mit guten Geschichten, die nicht nur wahr, sondern auch passiert sind. In diesem Buch stecken über ein Jahrzehnt Industrieerfahrung, beinahe 30 Semester Lehre und wissenschaftliche Arbeit. Ich habe mein Seminar Konflikt- und Verhandlungsmanagement über 25-mal gehalten. Jedes Jahr habe ich es weiterentwickelt und die Didaktik angepasst. Dieses Buch ist das Ergebnis dieser Arbeit. Mir war das Recherchieren, Reflektieren und Schreiben immer eine große Freude. Hier und da musste ich mich bremsen, wenn ich auf etwas Neues gestoßen bin, was mir mitteilungswürdig erschien. Das war hoffentlich auch in Ihrem Sinne, denn ich wäre heute noch nicht fertig und Sie würden auf dieses Buch immer noch warten. Im Kapitel „Was Sie vorher wissen sollten“ finden Sie u. a. meine Emp‐ fehlungen, wie Sie mit diesem Buch umgehen können. Legen Sie nun direkt los. Viel Freude beim Lesen und Ausprobieren (ja, Übungen gibt es auch), beim Stöbern und Nachschlagen, beim Lernen und - mit Grüßen an alle Kolleginnen und Kollegen - auch beim Lehren. Alle Abschnitte beginnen mit einem Zitat. Seien Sie gespannt. Dieser Abschnitt endet mit einem: „What I love most about reading: It gives you the ability to reach higher ground. And keep climbing.“ Oprah Gail Winfrey (*1954) Übrigens: Beim Schreiben der Texte dieses Buchs war keine Künstliche Intelligenz beteiligt, sondern nur… Ludger Schneider-Störmann, im Sommer 2024 <?page no="10"?> Abkürzungen Abb. | Abbildung aka | also known as B2B | Business to Business B2C | Business to Customer BATNA | Best Alternative to Negotiated Agreement bzw. | beziehungsweise DISC | Dominance - Influences - Steadiness - Conscientiousness DISG | Dominanz - Initiativ - Stetig - Gewissenhaft DND | Do Not Disturb ERP | Enterprise Resource Planning ggf. | Gegebenenfalls GPOP | Golden Profiler of Personality HoQ | House of Quality MBTI | Myers-Briggs Typen Indikator MIT | Massachusetts Institute of Technology o.ä. | oder ähnliches POV | Point of View SPIN | Situation - Problem - Implication - Need-payoff. TMS | Team Management Systems UK | United Kingdom USA | United States of America usw. | Und so weiter WATNA | Worst Alternative to Negotiated Agreement ZOPA | Zone Of Possible Agreement <?page no="11"?> 1 Wissenschaftliche Belege, dass Sprache Bilder prägt, gibt es seit den 1970er-Jahren. Wer nicht ganz so weit zurückgehen möchte: Eine eindrucksvolle und einfach nach‐ vollziehbare Studie stammt aus dem Jahr 2003. Sehr zu empfehlen: Boroditsky, Schmidt und Phillips 2003. 1 Seien Sie offen „Your Mind is like a parachute: It doesn’t work if it is not open.“ Frank Zappa (*1940 †1993) Ich werde manchmal gefragt, was dagegenspricht, die Jahrhunderte alte Schreib- und Sprechweise beizubehalten. Der Käufer, der Kunde, der Chef, der Student, der Leser. Das war doch schon immer so. Ich antworte (den meist männlichen Kritikern): „Gut, dann sprechen wir nun im Folgenden von der Käuferin, der Kundin, der Vorgesetzten, der Studentin, der Leserin. Wie fühlt sich das für Sie an? “ Die Antwort ist meist ‚das möchte ich nicht‘. Die Ursache sehe ich darin, dass sich meine meist schon etwas älteren Gegenüber so fühlen, als hätten sie sich Jahrzehnte lang falsch verhalten. Aber das ist zu kurz gegriffen. Diese Menschen haben nichts falsch gemacht, weil in den 1980er-Jahren das Bewusstsein für gendergerechte Sprache sehr rudimentär war und nicht in der Öffentlichkeit bekannt. Jetzt, in den 2020er-Jahren, ist das vorbei. Sprache und Schrift verändern sich kontinuierlich. Veränderung ist wichtig für ein Weiterkommen. Also werde ich mal die eine, mal die andere Form verwenden: der Kunde, die Vorgesetzte, die Studierenden. So bleibt der Text lesbar und adressiert die ganze Leserschaft 1 . <?page no="13"?> 2 Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung „Sit down and read. Educate yourself for the coming conflicts.“ Mary G. Harris Jones (*1830 †1930) Sind Sie heute früh gut aus dem Bett gekommen? Oder wären Sie gerne noch ein paar Minuten liegen geblieben? Wie auch immer Sie sich entschie‐ den haben, das war Ihr erster Konflikt am Morgen, den Sie durch eine Verhandlung mit sich selbst gelöst haben. Sie haben vielleicht Vor- und Nachteile abgewogen, sind den Tag durchgegangen, um zu prüfen, ob die zehn Minuten am Morgen noch sein dürfen oder mittags für ein Power-Nap Zeit ist. Und vielleicht haben Sie sogar eine ganz andere Lösung gefunden. Auf jeden Fall war Ihre Verhandlung mit Ihrem Selbst erfolgreich. Übrigens Danke dafür, dass Sie sich fürs Wachwerden entschieden haben, denn sonst würden Sie dies hier nicht lesen. Nicht nur die Verhandlung am Morgen, sondern jede Verhandlung endet mit einer Lösung. Das gilt tatsächlich auch für gescheiterte Verhandlungen. Denn dann haben beide Seiten anerkannt, dass man sich nicht einigen wird, dann ist die Lösung offenbar, dass man voneinander getrennte Wege gehen wird (siehe dazu BATNA). Damit Verhandlungen mit einer Einigung enden, sollten sie gut vorberei‐ tet und zielgerichtet geführt werden. Sie werden in diesem Buch das wie‐ derfinden, was ich meinen Studierenden dazu in Seminaren und Übungen vorgestellt habe. Sie werden dadurch sicherlich besser in Verhandlungen. Und das nicht nur im Beruf, sondern auch im privaten Umfeld. Wozu beschäftigen wir uns dann aber mit Konflikten? Ganz einfach: Konflikte sind die Ursache für die Notwendigkeit von Verhandlungen. Ein Konflikt ist meistens auch nichts Schlimmes. In unserem Sprachgebrauch ist Konflikt oft negativ besetzt. Ich sehe das durchaus anders und hoffe, dass Sie sich meiner Sichtweise am Ende des →-Kapitels 3 anschließen werden. Es gibt viele Konflikttypen, man könnte auch von unterschiedlichen Konfliktarten sprechen. Dies ist nicht zu verwechseln mit den Konflikt‐ modus, den Personen bei der Lösung bevorzugen. Lernen Sie einige davon kennen, Sie sind sicherlich schon vielen begegnet. Um die Komplexität von <?page no="14"?> Konflikten zu erfassen, ist es hilfreich, diese zuvor einer Konfliktanalyse zu unterziehen. „We cannot negotiate with people who say what’s mine is mine and what’s yours is negotiable.“ John Fitzgerald Kennedy Ich kann dem nur zustimmen. Kooperation und Wettbewerb sind die beiden Stichworte, die hier ins Spiel kommen. Verhandeln kann man nur mit kooperativen Gesprächspartnern, also solchen, die bereit sind, von ihren Forderungen abzuweichen. Sind die Konflikte bekannt und idealerweise deren Ursachen gefunden, kommen wir zur Verhandlung selbst. Bewusst oder unbewusst, wir verhan‐ deln vom ersten Atemzug an. Meistens verhandeln wir intuitiv, ohne darüber nachzudenken. So machen es auch meine Studierenden vor dem Besuch meines Seminars: Ich lasse sie in der ersten Veranstaltung immer eine kurze Verhandlung durchführen. Im Grunde hat diese eine einfache Aufgabenstel‐ lung: eine Person verkauft ihr altes Auto, um einen Gebrauchtwagen bei ei‐ ner anderen zu kaufen. Die zweite Person ist ebenfalls eine Studierende. Die Story dazu bekommen beide ausgehändigt, die Verhandlungsspielräume sind klar definiert. Die Gespräche sind laut, lebhaft und die Studierenden haben viel zu lachen. Am Ende tragen wir die Ergebnisse aller Paarungen zusammen und halten diese fest. In der Feedback-Runde sagen einige, dass sie sich mit ihrem erzielten Ergebnis schlecht fühlen. Andere freuen sich, einen überraschend guten Abschluss gemacht zu haben. Das klingt nicht nach Zufriedenheit auf allen Seiten. Gegen Ende des Semesters haben die Studierenden Methoden an die Hand bekommen, wie sie sich auf Verhandlungen vorbereiten und diese auch ziel‐ gerichtet führen können. Dann lasse ich sie dieselbe Verhandlung nochmals durchspielen, diesmal mit gebührender Seriosität. Die Ergebnisse sind dann meistens ausgewogener, die Studierenden zufriedener mit ihren Einigungen. Die Ursache liegt in der systematischen Verhandlungsvorbereitung und den Methoden der Verhandlungsführung, die ich den Studierenden zeige. Eine gute Verhandlung beginnt also mit deren Vorbereitung. Sie geht weiter mit einer Gesprächsführung, die bewusst geführt und in weiten Teilen auch geplant ist. Gut, dass viele Verhandlungen in der Regel derselben Dynamik unterliegen. So lassen sich diese gut steuern. Der Faktor Mensch ist aber unberechenbar, einerseits. Dies erschwert die Verhandlungsführung. Andererseits gibt es bestimmte Typen bzw. Cha‐ 14 2 Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung <?page no="15"?> raktere von Menschen. Kennen wir grob den Charakter, erleichtert das unsere Verhandlung. Hier helfen Modelle, die aus der Psychologie kommen. Einige Modelle von Persönlichkeitstypen stelle ich vor und Sie lernen die Typisierung der Charaktere. Wenn Sie wollen, lernen Sie auch ihren Typus kennen. Wenn wir verhandeln, kommunizieren wir. In diesem Buch betrachten wir das aus zwei Blickwinkeln - Points of View (POV). Ein POV befasst sich mit Fragen und Zuhören. Ein zweiter damit, Inhalte richtig mitzuteilen und zu verstehen. Mit dem Verkauf von Produkten verbinden viele auch eine intensive Rei‐ setätigkeit. Als Ende 2019 Corona ausbrach, fanden Face-to-Face-Meetings ein jähes Ende. Und schon stellte sich die Frage was besser ist: Online- oder Präsenzverhandlungen? Ich verrate schon einmal die Lösung: keine ist besser oder schlechter als die andere. Dennoch gibt es Situationen, in denen die eine oder die andere mehr Vorzüge hat. Um das nachzuvollziehen und entscheiden zu können, brauchen Sie alle fünf Sinne - nicht nur im übertragenen Sinn. Nach dieser Einleitung führen Sie schon die nächste Verhandlung mit sich selbst: Lese ich gleich jetzt weiter oder erst morgen früh? Wie auch immer Ihre Verhandlung ausgeht, ich wünsche Ihnen viel Spaß und Freude beim Lesen und Üben. Anleitung zum Lesen dieses Buchs • Wollen Sie verstehen, was Konflikte sind und warum diese entstehen? Dann ist → Kapitel 3 ihr idealer Einstig in dieses Buch. Nicht nur für Verhandlungen, sondern auch in anderen Zusammenhängen treten ja reichlich Konflikte auf. Sie werden verstehen, wo die Ursachen bzw. Quellen von Konflikten liegen. Das hilft manchmal auch beim Verstehen der Verhandlungspartnerinnen. • Wenn Ihr primäres Interesse daran liegt, besser in Verhandlungen zu werden, fangen Sie mit dem → Kapitel 4 an. Sie erfahren Grundsätzli‐ ches, finden erlebte Geschichten und außerdem eine große Zahl an Tools mit verschiedenen Methoden, mit denen Sie Ihre Ziele leichter erreichen. Außerdem erfahren Sie hier viel über die Persönlichkeitsmodelle, mit denen Sie sich aber auch Ihre Gegenüber beschreiben und besser in den Griff bekommen können. 2 Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung 15 <?page no="16"?> • Haben Sie schon Erfahrung in Verhandlungen, starten Sie mit → Ka‐ pitel 5. Dort finden Sie Anleitungen und Checklisten für die Zeit vor, unmittelbar vor, in und nach der Verhandlung. Bei Gelegenheit gehen Sie dann in die entsprechenden Abschnitte der vorangegangenen Kapitel, um Ihr Verständnis zu wiederholen, zu vertiefen oder um Neues zu erfahren. • Oder möchten Sie erfahren, welche Regeln ich mir gesetzt habe, im Rahmen von Verhandlungen? Im → Kapitel 6 finden Sie Aufzählungen, was ich so alles getan habe, um fit für Verhandlungen zu sein. • Möchten Sie etwas nachschlagen? Ich habe einen umfassenden → In‐ dex angelegt. Sie sollten schnell das Entsprechende finden. • Wenn Sie nach der Lektüre tiefer in die Materie einsteigen möchten: Das → Literaturverzeichnis bietet Ihnen ausreichend Gelegenheiten, dies zu tun. Übrigens: Diese Lehrbuch basiert auf gesicherten wissen‐ schaftlichen Erkenntnissen. Damit stellt dieses Lehrbuch eine positive Ausnahme in Ihrem digitalen oder analogen Bücherregal dar. • Zu guter Letzt finden Sie →-Übungen, die entweder online zur Verfü‐ gung gestellt werden oder die Sie im Buch direkt finden. → Lösungen und Hinweise erhalten Sie wiederum online oder am Ende dieses Buchs. 100 Worte am Ende jedes Abschnitts Am Ende jedes Abschnitts finden Sie 100 Worte über diesen Abschnitt. Tatsächlich sind es inklusive der beiden Fragen immer genau 100 Worte. Nicht eines mehr, nicht eines weniger. Hier finden Sie kurz und knapp noch einmal, worum es in dem Abschnitt ging und wie Sie dies nutzen können. 100 Worte nutze ich auch in Seminaren und Vorlesungen, um Begriffe oder Abschnitte zusammenzufassen. 100 Worte ist eine schöne Übung, um einen Sachverhalt wie in einem Pitch zusammenzufassen. Sollte ich mich einmal verzählt haben, lassen Sie es mich gerne wissen. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Eine Einleitung und ein Überblick über die Inhalte dieses Buchs steht am Anfang. Alle wesentlichen Aspekte sind aufgelis‐ tet und in Teilen wird auch schon auf den entsprechenden Abschnitt verwiesen. Im Anschluss finden Sie eine Anleitung zum Lesen dieses 16 2 Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung <?page no="17"?> 2 Haben Sie die Fußnote schon entdeckt? In den weitern Fußnoten finden Sie spannende Zusatzinformationen und praxisnahe Anmerkungen. Es lohnt sich für Sie, das Klein‐ gedruckte zu lesen. Buchs. Für alle Lesenden habe ich je nach primären Interessen oder auf deren Vorkenntnissen basierende entsprechende Kapitel empfohlen. Wie wenden Sie das an? Mit der Einleitung können Sie sich in die Thematik eindenken. Die Anleitung nutzen Sie, um direkt zu dem Kapitel zu springen, welches Sie am meisten interessiert. Oder Sie lesen das Buch von Anfang bis zum Ende. Nun? Haben Sie die Wörter mal gezählt? 2 2 Was Sie vorher wissen sollten: Einleitung und Gebrauchsanweisung 17 <?page no="19"?> 3 Konflikte sind normal „Wenn es Ihnen tatsächlich gelingt, eine Utopie zu schaffen, haben Sie eine Welt ohne Konflikte geschaffen, in der alles perfekt ist. Und wenn es keine Konflikte gibt, gibt es auch keine Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden - oder gelesen zu werden! “ Veronica Roth (*1988) Wissenscheck | Zu diesem Kapitel werden Fragen online angeboten. Sie können diese über den folgenden Link aufrufen oder einfach den QR-Code mit Ihrem Smartphone scannen. 🔗 https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1258 Konflikte sind an der Tagesordnung. Jede und jeder von uns hat täglich zahlreiche Konflikte. Diese werden umgangen, ausgesessen, gelöst usw. Wenn wir Menschen keine Spezialisten in Konfliktlösung wären, kämen wir wahrscheinlich nicht einmal von zu Hause zur Bäckerin und mit Brötchen oder Brot wieder zurück. Die größte Zahl an Konflikten sind innere Konflikte - also Konflikte mit uns selbst. Und wir lösen diese oftmals in Bruchteilen von Sekunden, denken sogar selten darüber (intensiv) nach. Um in den nachfolgenden Kapiteln auf Konfliktlösungen durch Verhandlungen vorbereitet zu werden, sind einige Grundlagen hilfreich. Klären wir also, was Konflikte sind und welche möglichen Ursachen Konflikte haben. 3.1 Was sind Konflikte und welche Arten gibt es? „Ohne Ihre Beteiligung kann ein Konflikt nicht überleben.“ William Dyer (*1940 †2015) Überblick | In diesem Kapitel erfahren Sie, … • was Konflikte sind, • dass Konflikte nicht nur negativ sind, • was für Konfliktpartner es geben kann und • welche Konfliktarten es gibt. <?page no="20"?> Zunächst ist es wichtig zu unterscheiden, wer Konflikte mit wem haben kann. Meistens denken wir dabei entweder an Konflikte zwischen zwei Per‐ sonen (Individuen) oder aber an die großen Konflikte, die mit kriegerischen Mitteln zwischen Staaten ausgetragen werden. In der Geschäftswelt gibt es überwiegend die Konflikte zwischen Individuen, die kriegerischen gibt es aber nicht. Schauen wir uns also an, wer in der Geschäftswelt Konflikte miteinander haben kann. Ich habe schon von der einzelnen Person als Individuum gesprochen. Individuum ist der Fachbegriff für eine Person als eine Variante der vier so‐ zialen Aggregate. Es gibt folgende weitere soziale Aggregate: die Gruppe, die Organisation und die Umwelt. In einer Gruppe befinden sich mehrere Individuen, die ein gemeinsames Ziel haben. Das sind z. B. die Fans einer Musikgruppe auf einem Konzert. Schließen die Fans sich zu einem Verein zusammen, wird aus der Gruppe eine Organisation: es gibt Repräsentanten, Hierarchien usw. In einem Unternehmen sind als Beispiele die Abteilungen zu nennen, also Produktion, Vertrieb, Marketing, Einkauf und andere. Das Unternehmen selbst ist natürlich auch eine Organisation. Eine Organisation kann also aus kleineren Organisationen, Gruppen und Individuen bestehen. Die Umwelt beschreibt alles, was das Unternehmen oder die anderen sozialen Aggregate umgibt. Die Gesellschaft mit ihren Regeln, der Staat mit seinen Gesetzen oder Verbände mit ihren Richtlinien und Normen gehören zur Umwelt. Definition | Konflikt Existieren zu einem Aspekt, Thema oder Sachverhalt unterschiedliche Ziele, Meinungen, Vorstellungen oder sonstigen Differenzen zwischen mindestens zwei sozialen Aggregaten und sind diese sozialen Aggregate über diesen Aspekt, dieses Thema oder diesen Sachverhalt direkt mit‐ einander verbunden, so liegt zwischen diesen sozialen Aggregaten ein Konflikt vor. 20 3 Konflikte sind normal <?page no="21"?> Definition | Konfliktpartner Konflikte können zwischen jedem sozialen Aggregat mit einem oder mehreren anderen beliebigen sozialen Aggregaten bestehen. Diese müssen direkt miteinander verbunden sein. Diese direkt miteinander verbundenen sozialen Aggregate sind die Konfliktpartner. Ein Konflikt ist also zunächst nichts Problematisches. Ich habe Konflikte eher als Chance verstanden, sich mit anderen auf ein Ziel zu einigen, welches wir dann gemeinsam erreichen. Konflikte können so banal sein, wie die Frage danach, ob man mit seinem Partner in eine Pizzeria oder in ein Sushi-Restaurant geht. Konflikte treten also auf, wenn Differenzen entstehen. Man kann folgende Konfliktarten definieren: • strukturelle Konflikte Diese kommen zwischen zwei oder mehreren Organisationen vor. Im Konflikt geht es beispielsweise um Reorganisation, strukturelle Verän‐ derungen oder Inkompatibilitäten von Prozessen. • interpersonelle Konflikte Hier liegt ein Konflikt zwischen mindestens zwei Individuen vor, die z. B. uneins über persönliche Ansichten oder anderes sind. • intrapersonelle Konflikte Dies sind Konflikte, die ein Individuum mit sich selbst austragen muss. Erinnern Sie sich an die Verhandlung, die Sie heute früh mit sich selbst hatten? Das war ein interpersoneller Konflikt. Mit Blick auf die Definition von Konflikt ist dies ein Sonderfall, weil es nur einen Konfliktpartner gibt: das Individuum mit dem intrapersonellen Konflikt mit sich selbst. Der Konflikt entsteht also aufgrund einer Differenz über etwas, was nahezu beliebiger Natur sein kann. Das Austragen der Konflikte ist für uns die Verhandlung. Darauf fokussieren wir uns hier. Es gibt allerdings noch eine Feinheit, die ich nicht vorenthalten möchte, weil sie wesentlich sein wird für die Verhandlungen: Die verschiedenen Abhängigkeiten der Konfliktparteien voneinander. Diese liegen an der Erreichbarkeit der Ziele. Kann nur eine Partei das Ziel erreichen, so sprechen wir von der kom‐ petitiven Abhängigkeit (Interdependenz). Können beide ihre Ziele nur 3.1 Was sind Konflikte und welche Arten gibt es? 21 <?page no="22"?> gemeinsam erreichen, so befinden sie sich in der kooperativen Interde‐ pendenz. 100-Meter-Läuferinnen befinden sich in einer kompetitiven Abhängig‐ keit. Nur eine kann erste werden und das Rennen gewinnen. Bei Konflikten zwischen Unternehmen kommt dies in der Regel nur bei Wettbewerbern vor, die um einen Auftrag kämpfen. In beiden Fällen verhandeln die Beteiligten nicht miteinander. Eine sportliche Ausnahme gab es aber bei den Olympi‐ schen Spielen 2021 in Tokio: Im Hochsprung der Männer sind die Athleten Mutaz Essa Barshim und Gianmarco Tamberi an der Höhe von 2,36 m dreimal gescheitert, ohne vorher einen Fehlversuch gehabt zu haben. Das Reglement sah ein Stechen zwischen beiden Hochspringern vor - oder deren Aufgabe. Beide haben miteinander verhandelt und sich auf die gemeinsame Aufgabe geeinigt. Dadurch erhielten beide die Goldmedaille. Was für ein schöner sportlicher Moment. So ist aus Wettbewerb eine Kooperation entstanden. Machen Sie eine kleine Übung, um über das Thema Konflikte zu reflek‐ tieren. Dadurch fühlen Sie sich auch in das Thema ein: ▶ Übung 3.1 | Reflexion zu sozialen Aggregaten und Zielen Finden Sie mindestens drei Gruppen oder Organisationen, in denen Sie sich häufig aufhalten. Beantworten Sie für sich zu jeder Gruppe/ Organisation die folgenden vier Fragen: • Welches sind die gemeinsamen Ziele? • Zu welchen Konflikten kam es in der (jüngeren) Vergangenheit? • Welche Verhaltensweisen anderer oder von Ihnen stehen im Widerspruch zu Ihren Zielen? • Haben Sie Alternativen zu den Zielen gefunden, falls diese nicht erreichbar waren? Nehmen Sie sich dafür circa 15 Minuten Zeit. Gerne mit einem Kaffee oder Tee. Jetzt kennen Sie die potenziellen Konfliktpartner und auch die Definition von Konflikt. Nicht jeder Konflikt verursacht uns also Unbehagen. Aber auch die größeren Differenzen werden Sie gut und ohne Bauchschmerzen angehen können. Die Vorbereitung zur Konfliktlösung, also der Verhand‐ 22 3 Konflikte sind normal <?page no="23"?> lung wird Ihnen schon Sicherheit geben. Aber dazu später. Zunächst schauen wir uns an, welche denkbaren Ursachen Konflikte zugrunde liegen. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Hier drehte sich alles um die Basis: Was verstehen wir unter Konflikten? Was sind Konfliktpartner? Und welche verschiedenen Konfliktarten gibt es? Die Unterschiede zwischen intrapersonellen, interpersonellen und strukturellen Konflikten wurden hier vorgestellt. Außerdem sind einige Beispiele von kooperativen und kompetitiven sowie kompetitiven Interdependenz vorgestellt worden. Wie wenden Sie das an? Sie verstehen unter einem Konflikt nichts grundsätzlich Negatives mehr, sie sind normal. Sie führen Ihre Ausein‐ andersetzungen in Verhandlungen mit Ihren Konfliktpartnern, um eine Konfliktlösung zu erreichen. Auch können Sie aus Wettbewerb unter Umständen eine Kooperation machen. Dies ist dann möglich, wenn diese für alle einen Nutzen darstellt. 3.2 Ursachen von Konflikt „Die Ursache für fast alle Konflikte sind unerfüllte Erwartungen.“ Brenda Hewitt (*unbekannt) „Heute ist alles ein Interessenkonflikt.“ Simon John Ritchie, aka Sid Vicious (*1957 †1979) Überblick | In diesem Abschnitt erfahren Sie, … • was Konflikte verursachen kann und • welche Konflikttypen welche Ursachen haben können. Sie erinnern sich? Ein Konflikt liegt vor, wenn zwischen den Konfliktpar‐ teien in Forderungen, Zielen usw. ein Unterschied besteht. Aber wann treten Unterschiede wo auf ? Hier finden Sie eine Reihe von Konfliktursachen. Ich habe mich bemüht, diese so umfassend zu machen, wie möglich. Außerdem habe ich diese in Kategorien eingeteilt, damit Sie sich besser zurechtfinden. 3.2 Ursachen von Konflikt 23 <?page no="24"?> Später wird es wichtig, die Ursachen aufzuspüren, denn dies hilft die Kon‐ flikte nachhaltig zu beenden. Dabei wird für Verhandlungen eine Landkarte der Konflikte durch das Aufstellen aller direkt und indirekt Beteiligten erstellt. (→-Abschnitt 4.3.2) Auf alle potenziellen Konfliktursachen kann im Rahmen dieses Buchs nicht eingegangen werden. Dennoch möchte ich Ihnen hier eine Übersicht geben: Konflikttypus Konfliktursache bzw. Auslöser Beziehungskonflikte unterschiedliche Erwartungen der Partner Entscheidungskonflikte keine Entscheidungen hierarchische Konflikte unrealistische Forderungen durch Vorgesetzte Lebensabschnittskonf‐ likte Ruhestand Organisationskonflikte Unternehmenskultur Regelverletzung Vertragsregeln Rollenkonflikte fehlende Identifikation mit einer Rolle im Buch vorgestellt: Allmendekonflikte CO 2 -Emissionen interkulturelle Konflikte divergente gesellschaftliche Erwartungen Kommunikationskonf‐ likte Sender-Empfänger-Diskrepanzen (→-Abschnitt 4.7) Machtkonflikte Furcht vor Machtverlust (→-Abschnitt 4.4.3) Ressourcenkonflikte begrenzte Rohmaterialien Zielkonflikte widersprüchliche Ziele und Erwartungen (→-Abschnitt 4.2) Tab. 1: Konflikttypen und Auslöser | nach Rüttinger und Sauer 2016; Tries 2008a mit eigenen Ergänzungen 24 3 Konflikte sind normal <?page no="25"?> 3.2.1 Menschen ändern sich, deren Bedürfnisse auch Wenn Sie mit einer Person gut und konfliktfrei auskommen, kann sich dies im Laufe der Zeit ändern. Denn Menschen verändern sich. Zum einen ver‐ ändern sich die Bedürfnisse einfach durch den Alterungsprozess. Nehmen wir den Wunsch nach Nahrung (stark vereinfacht): Muttermilch (Baby) ▶ Brei (frühe Kindheit) ▶ Fast Food ( Jugend) ▶ gute Ernährung (Midlife) ▶ leicht verdauliche Nahrung (Alter). Im → Abschnitt 4.5 sind Persönlichkeitstypen und deren Bedürfnisse (u. a. nach Maslow) beschrieben. Hier finden Sie einen tieferen Einblick darüber. Eine Einschränkung der persönlichen Wünsche kann sehr schnell in einem Konflikt münden, wenn z. B. eine Person sich verunsichert oder bedroht fühlt. Ursachen können Verlustängste sein (Arbeit, Wohlbefinden, Freiheit usw.). Die Veränderungen können auch dann geschehen, wenn diese nur in der Vorstellung dieser Person stattfinden. Werden Menschen für ein bestimmtes Verhalten bestraft oder belohnt, ändern sie ihr Verhalten. Eine Belohnung verstärkt die Häufigkeit eines Ver‐ haltens, eine Bestrafung vermindert diese (Skinner 1974). Dieses Lernverhal‐ ten wirkt sich auch auf Verhandlungen aus, die wir wiederholt mit denselben Menschen führen. Dritte erkennen diese Veränderung. Oft folgt eine positive oder negative Rückmeldung (Feedback, Kritik), die offensichtlich und direkt, bewusst subtil oder auch unterschwellig (unbewusst) mitgeteilt werden kann. Die Empfänger der Kritik fassen diese als Strafe oder als Belohnung auf (oder sie sind einfach nur genervt, was sich negativ auswirken kann, z. B. in einer E-Mail-Antwort auf Kritik, die mit der Floskel „Danke für Ihr Feedback…“ beginnt). 3.2.2 Jetzt wird es knapp: Endliche und begrenzte Ressourcen Endliche Ressourcen bzw. solche, die begrenzt sind, werden schnell zu Konfliktursachen, sobald mehr als zwei soziale Aggregate Anspruch darauf erheben, also z. B. zwei Unternehmen oder Staaten. Diese Konfliktursachen können feiner gegliedert werden: • widersprüchliche Ziele • wirtschaftlicher Wettbewerb • Allmendekonflikte • Budget und Kaufkraft 3.2 Ursachen von Konflikt 25 <?page no="26"?> 3 Manche Quellen nennen Allmendegüter alternativ auch Quasikollektivgut, öffentliche Güter auch Kollektivgüter (Allmendegut/ Quasikollektivgut o.-J.). Widersprüchliche Ziele Sie möchten ein Smartphone mit sehr langer Akkulaufeit, das leicht ist? Das werden Sie kaum finden. Sie haben zwei sich widersprechende Ziele definiert. Man nennt das auch einen Zielkonflikt. Das kommt recht häufig vor. Auch Kundenerwartungen sind oft widersprüchlich. Diese dann auf‐ zuheben, ist nicht immer leicht. Die Methoden, die aus dem Kano-Modell abgeleitet sind, helfen Ihnen herauszufinden, was dem Kunden wichtiger ist. (→-Abschnitt 4.7.6) Im Beispiel Smartphone geht es um Ressourcen, weil die Ladekapazität bei einem definierten Gewicht begrenzt ist. Wenn Sie mehr erwarten, muss das Akku schwerer werden, weil ein leichterer Akku dann nicht ausreichend Energie bereitstellen kann. Dieses Problem können Sie nur mit einem Kompromiss lösen. Wirtschaftlicher Wettbewerb Unternehmen konkurrieren um begrenzte Ressourcen. Wenn wir den Auf‐ trag eines Kunden als Ressource ansehen, wird dies sofort verständlich, denn der Auftrag kann in der Regel nur einmal vergeben werden. Bei Rohstoffen ist dies in den vergangenen Jahren sehr deutlich geworden. Fossile Energiestoffe, Seltene Erden aber auch andere Rohmaterialien wie Sand sind hart umkämpft. Staaten versuchen ihren Firmen Vorteile in der Beschaffung der Rohstoffe zu verschaffen (siehe beispielsweise in Torres u. a. 2017; Flörke, Schneider und McDonald 2018; Lamb, Marschke und Rigg 2019; Zhang u. a. 2022). Allmendekonflikte Allmende bedeutet so viel wie „was jedem gehört“. Ein Allmendegut ist entsprechend ein Gut, auf das prinzipiell jeder zugreifen kann, welches aber begrenzt ist. Alle können es nutzen, nur nicht gleichzeitig. Das unterscheidet ein Allmendegut vom öffentlichen Gut, welches unbegrenzt und allen zur Verfügung steht. 3 Beispiele für Allmendegüter sind die Straße, auf der Sie sich bewegen, Trinkwasser oder gemeinsam genutzte Einrichtungen. Die 26 3 Konflikte sind normal <?page no="27"?> Konflikte treten dann auf, wenn zu viele zugleich ein Allmendegut nutzen wollen. Da Fischbestände in öffentlichen Gewässern (Weltmeere) auch zu den Allmendegütern gehören, haben sich seit langem Konflikt zwischen Staaten um die Fanggründe entwickelt. Beschrieben hat diese Konfliktursachen der Mikrobiologe und Ökologe Garrett James Hardin (*1915 †2003) in seinem Aufsatz „The Tragedy of the Commons“ (Hardin 1968). Die Tragödie der Allmende schildert Hardin in Kürze so: Gibt es eine Ressource, die den Menschen uneingeschränkt zur Verfügung steht, wird jeder versuchen, seinen Ertrag zu maximieren. Dies funktioniere nur so lange, bis das scheinbar unendlich verfügbare Gut doch knapp wird. Sobald nun die Zahl der Nutzer überhandnimmt, kommt es zur Tragik der Allmende: Jeder versuche weiterhin, seinen Ertrag zu maximieren. Das Gut reicht aber nicht mehr für alle. Es kommt zum Raubbau. Dadurch entstehen Kosten, die die Gemeinschaft tragen muss. Für den Einzelnen aber ist der momentane, kurzfristige Gewinn wesentlich höher, als die erst langfristig spürbaren Kosten. „Freedom in a commons brings ruin to all“, lautet Hardins Schlussfolgerung. Denkt man an den menschenverursachten Klimawandel, ist dies eine sehr treffende Beschreibung. Budget und Kaufkraft Ist der Preis für ein Produkt höher als die Zahlungsmöglichkeit des Inter‐ essenten, kommt es zu einem Konflikt, da das Budget nicht ausreicht, das Produkt zu kaufen. Bei der Kaufkraft ist es ähnlich. Hier entstehen ähnlich gelagerte Konflikte schneller, wenn es zu länderübergreifendem Handel kommt, da die Kaufkraft in einem Land mit niedrigem Bruttoin‐ landsprodukt oft niedriger ist als die in einem Land mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt. Das kennen Bürgerinnen und Bürger beider Seiten im Deutsch-Schweizerischen sehr gut. Daher ist ein beliebtes Modell, in der Schweiz zu arbeiten (vergleichbar hohe Löhne) und in Deutschland zu wohnen (vergleichsweise niedrige Lebenshaltungskosten). 3.2.3 Der kleine große Unterschied: Interkulturelle Ursachen Die Gesellschaft, in der man aufwächst, prägt Menschen mehr als die Erziehung der Eltern. Das kann man bei Heranwachsenden beobachten. In 3.2 Ursachen von Konflikt 27 <?page no="28"?> ihrer Peergroup verhalten und kleiden sie sich oftmals anders, als es sich die Eltern gewünscht haben. Dies ist aus Sicht der Jugendlichen aber ein sinnvolles Verhalten, wollen Sie durch Kleidung die richtigen Signale der Gruppenzugehörigkeit senden. Das ist ähnlich wie bei der Corporate Identity in Unternehmen, wenn auf Messen alle Mitarbeitenden die gleiche Bekleidung tragen. Von außen ist es dann leicht sichtbar, dass sie zum selben Unternehmen gehören. Gesellschaftlich Differenzen verursachen Konflikte Auch in unterschiedlichen Kulturkreisen ist die Gesellschaft prägend. Ein‐ drucksvoll haben das Inglehart und Welzel gezeigt (Inglehart 1997; 2020; Inglehart und Welzel 2005). Die Inglehart-Welzel-Cultural-Map zeigt in unterschiedlichen Dimensionen die zeitlichen Veränderungen verschie‐ dener Werte in Abhängigkeit von der primären kulturellen Prägung der Nationen (WVS Database, o.-J.). Ein für Sie wahrscheinlich gut nachvollziehbares Beispiel kommt aus Japan. Die Gesellschaft dort ist überwiegend konfuzianisch geprägt. Zwar lebt der überwiegende Teil der Japaner und Japanerinnen säkulär, ist also nicht gläubig. Dennoch hat sich dort etwas Konfuzianisches behauptet: Je mehr ich mich persönlich verbessere, umso näher komme ich dem höchsten religiösen Ziel. So ist es nicht verwunderlich, dass Kaizen (Veränderung zum Besseren) und viele andere qualitätssichernde und qualitätsverbes‐ sernde Methoden japanischen Ursprungs sind. Sprachbarrieren auch innerhalb eines Sprachraums Aber dies ist nur eine Quelle möglicher Konflikte. Besonders einfach zu erkennen ist die Sprachbarriere. Man muss nicht weit reisen, um Missver‐ ständnissen und Konflikten zu begegnen. Jemand aus Niederbayern, der sich keine Mühe gibt Hochdeutsch zu sprechen, wird wahrscheinloch schon 100 km von seinem Standort entfernt nicht mehr verstanden werden. Und auch wenn man den Dialekt versteht, kann es zu Konflikten kommen. Als ich im Jahr 2000 nach Thüringen ging, um mitten im Thüringer Wald als Produktmanager zu arbeiten, gab es reichlich Reibung mit meinen ostdeutschen Kollegen. Als gebürtiger Nordrhein-Westfale fiel es mir schwer, dort einen guten Stand zu bekommen. Allerdings lag dies nicht - wie ich lernen musste - an den verschiedenen Dialekten. Zufällig wurde im 28 3 Konflikte sind normal <?page no="29"?> 4 Impuls. Umrechnung 1 lbf·s = 4,45 Ns. Radio über ein deutsch-deutsches Problem in der Zeit nach der Wiederver‐ einigung gesprochen. So erfuhr ich, dass Pausen, die meine ostdeutschen Kolleginnen oft und mitten im Satz machten, durchaus üblich waren (Kreutz 2002). Ich als Rheinländer allerdings, empfand jede Pause als Einladung, sofort zu sprechen. Dabei waren meine Kollegen mit dem, was sie mitteilen wollten, nicht fertig. So erschien ich ihnen unhöflich und überheblich. Also änderte ich nach dem Radiobericht mein Verhalten. Kam eine Pause, wartete ich. Oft signalisierten die Gesprächspartnerinnen mir mit einem kurzen Nicken, dass sie alles gesagt hatten. Innerhalb kurzer Zeit veränderte sich die Einstellung zu mir und ich war ein gern gesehener Kollege „aus dem Westen“. Normen sind nicht gleich Normen Einige Konflikte ergaben sich auch, weil Staaten wie die USA und UK sich nicht an die internationalen Normen halten. Galonen satt Liter, Meilen statt Kilometern, Pound statt Newton usw. sind pragmatische Beispiele für Konfliktpotenziale. Zwei anschauliche Beispiele möchte ich Ihnen gerne nennen: • Als ich Vertrieb für optische Komponenten machte, wollte einer unserer Kunden eine Optik von uns beziehen. Die Spezifikationen waren in MILITARY STANDARD gefordert. Nachweisen konnten wir die Spe‐ zifikationen aber nach Deutscher Industrie Norm und Europäischer Norm DIN EN. Die Kunden wollten zunächst nicht die DIN EN akzeptieren, obwohl diese eine objektivere war und einem qualitativ höheren Stan‐ dard entsprach. Wir lösten den Konflikt, in dem wir unserem Kunden ein Messinstrument verkauften, sodass er sich von der Einhaltung seiner Norm überzeugen konnte. • Am 23. September 1999 scheiterte eine NASA-Mission zum Mars aufgrund eines interkulturellen Missverständnis (NASA 2000). Der Grund: Die NASA sendete der Sonde bei deren Landeanflug auf dem Mars Werte in den Einheiten Pound-Seconds [lbf·s] ohne diese vorher in Newton-Seconds [Ns] umzurechnen. Das ist ein Faktor von über 4, der falsch übermittelt wurde. 4 Es entstanden 125 Millionen US-Dollar Schaden (nur für die Sonde). 3.2 Ursachen von Konflikt 29 <?page no="30"?> 5 Forderung bedeutet hier nicht die Forderung im rechtlichen Sinne, wie z. B. die Forderung nach Zahlung eines Bußgeldes, dem Begleichen einer Rechnung o.ä. Interkulturell unterschiedliche Erwartungen Hier greife ich wieder auf ein Beispiel aus meiner Laufbahn als Produkt‐ manager zurück. Wir hatten die Möglichkeit, einen japanischen Kunden Produkte zu verkaufen. Es waren geschliffene optische Platten aus hoch‐ wertigem Quarzglas. Diese waren an der Oberfläche seidenmatt. Als unser japanischer Kunde in meinem Beisein diese teuren Platten auspackten wollten, zogen die japanischen Mitarbeiter Handschuhe aus Baumwolle an. Sie hoben die Platten vorsichtig aus der Transportbox. Das erste, was wir sahen, waren die fettigen Fingerabdrücke der deutschen Mitarbeitenden, die die Platten eingepackt hatten. Es war mir unglaublich peinlich. Japaner erwarten bei einem optischen Produkt, dass dieses sauber und fettfrei ge‐ liefert wird. Meine deutschen Kollegen beriefen sich auf die Spezifikation, in der zwar die Oberfläche (seidenmatt) definiert war, die Freiheit von Fett oder anderem Schmutz nicht explizit niedergeschrieben war. Eine schwache Ausrede. 3.2.4 Forderungen und Positionen Wir unterscheiden hier zwischen diesen beiden Begriffen, weil es in den Verhandlungen eine Rolle spielen wird, ob Sie mit einer Position oder einer Forderung in die Verhandlung gehen. Definition | Forderung (englisch: Claim) Eine Forderung bedeutet im Konfliktmanagement, dass diese ein nach‐ drücklicher Wunsch nach etwas ist, welches die andere Seite, von der dies gefordert wird, erfüllen soll. 5 Forderungen sind verhandelbar. Definition | Position (englisch: Position) Eine Position bedeutet im Konfliktmanagement, dass diese eine unver‐ rückbare, nicht verhandelbare Forderung ist. 30 3 Konflikte sind normal <?page no="31"?> Forderungen sind also verrückbar. Positionen können nicht aufgegeben werden. Preisangaben sind in Angeboten meistens Forderungen. Sie sind verhan‐ delbar. Ausnahmen sind Preisangaben bei Angeboten in Ausschreibungen, die per Stichtag ein Best-and-Final-Angebot erwarten. Hier wird nicht mehr über den Preis verhandelt. Bei Konflikten sind Forderungen üblich. Legen die Konfliktpartien Forderungen auf den Tisch, haben sie sozusagen ihre Claims abgesteckt (siehe hierzu auch → Abschnitt 4.9). Die Differenzen der Forderungen, die am Anfang einer Verhandlung von den Konfliktparteien dargelegt wird, stellt den Startkonflikt dar (siehe hierzu auch →-Abschnitt 4.2.2). Es kommen aber auch Positionen vor. Positionen haben einen endgültigen Charakter. Sie wiegen mehr als Forderungen und werden nachdrücklicher in Konflikten vorgebracht. „Das ist mein letztes Wort“, „Weiter gehe ich nicht“, „Das ist ein Muss“ usw. sind Formulierungen, die im Zusammenhang mit Positionen verwendet werden. Damit wird das Risiko einer Position deutlich. Rückt man irgendwann von der Position ab, zeigt man Schwäche. Das wiederum stärkt das Gegenüber (→-Abschnitt 4.4). Ich kann daher empfehlen, eher Forderungen als Positionen in den Raum zu stellen. Forderungen können auch durchaus hart verhandelt und durchgesetzt werden ohne das Risiko, sich beim Rückzug blamieren zu müssen. 3.2.5 Was ist da eigentlich los? Eine Konfliktanalyse zeigt es Je mehr man über einen Konflikt weiß, desto besser kann man ihn bewälti‐ gen. Am Anfang wird es Ihnen vielleicht schwerfallen, in einer Verhandlung alle Aspekte aufzudecken, die zum Konflikt führten und die den Konflikt beschreiben. Daher empfiehlt sich, systematische Analysen vor oder nach der Verhandlung durchzuführen: Das übt auch darin, später im laufenden Gespräch mit Konfliktpartnern, Konflikte zu analysieren. Sie können die Konfliktanalyse in fünf Schritten durchführen: 1. allgemeine Beschreibung (spezifisch, finden Sie die „Überschrift“) 2. Beschreibung der Forderungen und Positionen (absolute, relative Werte, realitätsnähe) 3. Beschreibung der Signale in Intensität und Form 3.2 Ursachen von Konflikt 31 <?page no="32"?> 4. Sind alle zur Kooperation bereit? 5. Flexibilität zur Verhandlung (Zone of Potential Agreement, kurz: ZOPA, →-Abschnitt 4.2.2) (1) Allgemeine Beschreibung • beschreiben Sie den Konflikt nachvollziehbar Auch Dritte sollten in der Lage sein, die Situation verstehen zu können. Bleiben Sie neutral, bleiben Sie objektiv. Lassen Sie die Emotionen außen vor. Geben Sie dem Konflikt eine Überschrift. • beschreiben Sie die Konfliktgeschichte Handelt es sich um einen Ad-hoc-Konflikt? Wenn nicht, woher kommt er? • beschreiben Sie die Spannungen Gibt es Spannungen? Welche Art der Spannungen erkennen Sie bei sich und den Konfliktpartnern? - Wut und Ärger - Anspannung - Lautstärke der Äußerungen - Störungen wie Unterbrechungen, Klicken mit Kugelschreibern - beleidigende Gedanken (dieser hässliche Kerl, dieser Streber, Voll‐ pfosten usw.) Achten Sie auf Gedanken und Bilder, die in Ihrem Kopf entstehen. Dies kann zur Falle für Sie selbst werden (→-Abschnitt 3.4). • Subconscious Bias Haben Sie unterbewusste Vorurteile? Spüren Sie vielleicht Vorurteile, Subconscious Bias, die Ihre Gegenüber in Bezug auf Ihre Person haben? • Auslöser des Konflikts Gab es ‚den Moment‘, in dem der Konflikt offenkundig wurde? • Déjà-vu Kommt ihnen die Situation bekannt vor? Hatten Sie damals eine Lö‐ sung? Greifen Sie diese auf! • Einigkeit über den Konflikt Sehen alle das auch so? • Selbstreflexion Wie empfinde ich meine psychische Belastung? • Best Alternative to Negotiated Agreement (BATNA) 32 3 Konflikte sind normal <?page no="33"?> Haben Sie eine Alternative und können Sie so den Konflikt vermeiden? (→-Abschnitt 4.2.3) Des Weiteren sollten Sie überprüfen, inwieweit Ihre Forderungen und Erwartungen noch erreichbar sind. Im → Abschnitt 4.3 werden Sie lesen, dass Sie Ihre minimalen Erwartungen ebenso kennen sollten wie die Forde‐ rungen, mit denen Sie in die Verhandlung gehen. Im → Abschnitt 5.5 finden Sie Ansätze, wie Sie mit dem Konflikt umgehen können oder wollen. Sie haben oftmals mehrere Möglichkeiten, Sie müssen sich anfangs für eine entscheiden. (2) Beschreibung der Forderungen und Positionen Auch hier kommt es darauf an, ob Sie sich vorbereitet haben oder in den Konflikt rein geraten sind. Sie können die Analysemethode der Konflikt‐ landkarte im → Abschnitt 4.3.2 anwenden, um diese Situation zu erfassen. Danach sind die nachfolgenden Fragen beantwortet: • Wer ist direkt am Konflikt beteiligt? • Wer ist indirekt beteiligt? Wer nimmt Einfluss, sitzt aber nicht in der Verhandlung? • Zwischen wem oder was gibt es welche Probleme? (3) Beschreibung der Signale in Intensität und Form Hier prüfen Sie, ob und welche Signale Sie senden und welche Signale Ihre Konfliktpartner entgegenbringen. Der → Abschnitt 4.8 befasst sich ausführlich damit. • achten Sie auf nonverbale Signale - Körpersprache mit aggressiven Mustern wie Fäuste ballen, mit dem Zeigefinger auf Sie deuten usw. - Aufmerksamkeit durch Aktivität - Nervosität, Schweiß auf der Stirn oder unter den Achseln? - Nervosität, Zittern, unruhiges Sitzen - Unsicherheit, Blick abwendend • Wie reden Ihre Konfliktpartner? - laut - leise 3.2 Ursachen von Konflikt 33 <?page no="34"?> - Anwenden unfairer Dialektik („so jemand wie Sie sollte doch wissen, dass…“) - Redefluss oder plötzliche eintretende Redepausen im Satz - es werden immer dieselben Inhalte wiedergegeben (das spricht dann für eine Position) Achten Sie auch darauf, welche Signale Sie senden. Haben Sie sich selbst schon einmal in einer Verhandlung gesehen? Dann lassen Sie sich doch beim Sparring (→ Abschnitt 5.2.1) einmal filmen. Sie werden überrascht sein, was Sie alles an sich erkennen. (4) Sind alle zur Kooperation bereit? Die zentrale Frage, die Sie sich auch stellen müssen, lautet: Gibt es bei allen direkt beteiligten Konfliktpartnern eine Bereitschaft, den Konflikt lösen zu wollen? Sie erkennen das daran, ob ausschließlich Positionen vertreten werden („Das ist mein letztes Wort“, „Davon weiche ich nicht ab“ usw.). Dann wird es schwierig oder gar unmöglich, eine Lösung des Konflikts zu finden. Sie finden im →-Abschnitt 5.6 drei Optionen, damit umzugehen. Es ist legitim, die Frage „Sie möchten doch auch eine Einigung erreichen? “ konkret zu stellen. Ein ‚Ja‘ signalisiert Kooperationsbereitschaft. Diese Frage müssen Sie auch sich selbst stellen. Gibt es Abhängigkeiten beider Konfliktparteien? Je stärker diese sind, umso eher liegt bilateral Kooperationsbereitschaft vor. (5) Flexibilität zur Verhandlung (ZOPA) Haben Sie an irgendeiner Stelle bemerkt, dass Ihre Gegenüber sich von Forderungen etwas wegebewegen? Falls ja, loten Sie den Verhandlungs‐ spielraum, also das ZOPA, aus. (→ Abschnitt 4.2.2) Hinterfragen Sie erneut Ihre Bereitschaft, von Ihrer Maximalforderung abzuweichen und legen Sie dafür Bedingungen fest („No Giving Without Taking“). 3.2.6 Komplexität von Konflikten Wenn alles einfach wäre, sagte ein ehemaliger Vorgesetzter zu mir, dann könnte ich auch irgendjemanden zur Verhandlung schicken. Was er meinte, war, dass in Verhandlungen oftmals komplexe Konfliktsituationen gelöst 34 3 Konflikte sind normal <?page no="35"?> 6 Ein Beispiel war 2024 die Entscheidung von der DFL und den 36 Bundesligavereinen, Investoren zuzulassen. Die Betroffenen Dritten, hier die Fans, reagierten mit Unmut und störten den Spielbetrieb, bis die Entscheidung zurückgenommen wurde (Kaindl 2024). werden müssen. Deshalb wollte er nur Verhandlungsprofis in Verhandlun‐ gen schicken. Folgende Faktoren erhöhen die Komplexität der Konflikte: • Zahl der Beteiligten am Verhandlungstisch • Dritte, die nicht am Verhandlungstisch sitzen • Zahl der miteinander verknüpften Forderungen und Positionen • Ablenkungen auf andere Konflikte • kontroverse Forderungen werden durch schwache scheinbar ersetzt • persönliche Angriffe • scheinbare Alternativlosigkeit (entweder A oder B) • Drohpotenziale • Verhandlungsdynamik Faktoren der Komplexitätserhöhung Wenn Sie eine Konfliktlandkarte (→ Abschnitt 4.3.2) betrachten, erken‐ nen Sie rasch einen Aspekt, der Konflikte schnell komplex erscheinen lässt: Es können viele an den Konflikten beteiligt sein, davon auch einige Dritte, die nicht direkt an den Verhandlungen teilnehmen. Die Komplexität steigt mit der Zahl der am Konflikt direkt oder indirekt involvierten Personen, Organisationen oder Gruppen. Haben Sie nur mit einer Person zu tun und gibt es keine weiteren Beteiligten, werden Sie nur die Befindlichkeiten dieser Person berücksichtigen müssen. Dies zeichnet sich besonders bei Dritten ab. Dritte, die einen Einfluss auf die Verhandlung nehmen, erschweren diese also, weil sie nicht einbezogen werden können. Zugleich müssen aber deren Randbedingungen Berücksichtigung finden. Geschieht dies nicht, droht nach Konfliktlösung ein neuer Konflikt, der durch diese Dritten initiiert wird. 6 Ebenfalls stellen die Anzahl der Forderungen und Positionen eine Herausforderung dar. Wenn diese auch noch zusammenhängen, wird es besonders schnell unübersichtlich. Konfliktpartner fokussieren auf eine Forderung, sodass die anderen, davon abhängigen Forderungen zunächst in Vergessenheit geraten. 3.2 Ursachen von Konflikt 35 <?page no="36"?> 7 Strohmann-Argumente, gerne von Populisten verwendet (Glaser 2019c). 8 Motte und Bailey-Argumente nach (Shackel 2005), auch eine Populisten-Methode. 9 Ad Hominen, so heißt diese Strategie, wurde schon von Aristoteles (384-322 v. Chr.) beschrieben. (Walton 2004) Auch dies ist eine Populisten-Methode (Glaser 2019a). 10 Falsche Dichotomie oder auch Falsches Dilemma, eine weitere populistische Strategie unfairer Argumentationen (Glaser 2019b). Eine Masche von Personen, die gerne zu unfairen Mitteln greifen, ist die Ablenkung auf Nebenschauplätze. Wenn deren Gegenseite gut und schlüssig argumentiert, dann unterstellen sie einfach der Gegenseite ein anderes Argument gesagt zu haben, was leicht zu widerlegen ist. 7 Es finden also Ablenkungen statt. Damit kann der eigentliche Anlass nicht mehr verhandelt werden. Auch werden von solchen Personen ihre besonders kontroversen For‐ derungen dadurch verteidigen, dass sie diese abschwächen und sie diesen dann so besser verteidigen können. 8 So ist die primäre Forderung durch eine leicht zu verteidigende geschützt. Auch der persönliche Angriff vergrößert die Komplexität und kann zu Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung führen. Anstelle von sachbezo‐ genen Argumenten, werden persönliche Angriffe ausgeführt. Plötzlich geht es darum, wer etwas sagt und nicht darum, was diese Person sagt. 9 Eine weitere unfaire Methode ist zu behaupten, es gäbe nur zwei Alternativen, von denen eine (erfundene) für die Gegenseite besonders inakzeptabel ist. Dadurch entsteht der Eindruck, es gäbe keinen Mittelweg oder andere Lösungen mehr. 10 Auch ist das Vorhandensein von Drohpotenzialen ein Problem, wo‐ durch sich die Komplexität erhöhen kann. Es ist ja nicht sicher, ob eine der Drohungen Bestand hat und umgesetzt werden kann oder wird. Zu guter Letzt spielt auch die Dynamik der Verhandlungen eine Rolle. Hier können mehrere Probleme auftreten. Der Konflikt kann eskalieren, wenn beide Seiten nicht einlenken. Oder Sachverhalte werden immer tiefergehend diskutiert. Man kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen. So werden wesentliche Aspekte in den Hintergrund gedrängt. Es kommt vor, dass erst durch die Verhandlungen über einen Konflikt deutlich wird, welche Konsequenzen die potenziellen Lösungen haben, die wiederum neue Konflikte auslösen. 36 3 Konflikte sind normal <?page no="37"?> Lösungsansätze zur Konfliktreduktion Ich möchte Ihnen hier kurz und knapp einige Lösungsansätze aufzeigen. Etwas sollten Sie auf jeden Fall mitbringen: Resilienz und Ruhe. Eine Anmerkung noch: Sollten Ihnen einige Begriffe noch nicht geläufig ein, finden Sie diese schnell über den Index bzw. über die hier angegebenen Verweise. • Zahl der Beteiligten am Verhandlungstisch Zeichnen Sie die Konfliktlandkarte. (→ Abschnitt 4.3.2). Verbinden Sie nur die Einheiten (Individuen, Gruppen, Organisationen) zwischen denen auch Konflikte bestehen. Gewichten Sie die Konflikte möglichst objektiv nach deren Bedeutung. Dann priorisieren Sie die Einheiten, die Konflikte großer Intensität haben. • Dritte Dritte, die nicht am Verhandlungstisch sitzen: Verfahren Sie hier wie oben. Zusätzlich bewerten Sie die potenziellen Folgen für diese Dritten. Ggf. müssen Sie vor der Verhandlung mit diesen Dritten sprechen, um diese für eine Lösung begeistern zu können. • Zahl der miteinander verknüpften Forderungen und Positionen Machen Sie sich eine Prioritätenliste. Finden Sie für jede Forderung ein BATNA, nötigenfalls ein WATNA. Sprechen Sie vor der Einigung zu einer Forderung an, was daraus für die verbundenen Forderungen folgt. Bei Positionen verhalten Sie sich analog. • Ablenkungen auf andere Konflikte Unterbrechen Sie, sobald Sie die Ablenkung merken. Sagen Sie offen, dass es immer noch um den eigentlichen Konflikt geht. Gerne können Sie den Ablenkungskonflikt ans Ende der Agenda setzten. Er sollte nicht behandelt werden. • kontroverse Forderungen Kontroverse Forderungen werden durch schwache scheinbar ersetzt: Auch hier blocken Sie die Diskussion ab. Es ist eine Scheindiskussion. Zitieren Sie die ursprüngliche Forderung und argumentieren dagegen. Wenn die Gegenseite wieder abdriftet, wiederholen Sie dies bis zur Ermüdung der Gegenseite. • persönliche Angriffe Machen Sie eine innere Abwehr und denken Sie sich „der meint nicht mich“ oder „das betrifft nicht mich“. Dann unterbrechen Sie den Angrei‐ fer und sagen „Sie wollten mit mir über einen Sachverhalt sprechen. Sie 3.2 Ursachen von Konflikt 37 <?page no="38"?> finden doch auch, dass wir wieder auf die Sachebene kommen sollten? “. Gönnen Sie sich dann gerne eine Biopause, um sich zu sammeln. Machen Sie während dessen Power-Posen. • scheinbare Alternativlosigkeit (entweder A oder B) Weisen Sie unmittelbar darauf hin, dass es auch andere Lösungen gibt. • Drohpotenziale Wenn diese Sie persönlich betreffen, verfahren Sie wie bei persönlichen Angriffen. Wenn diese die Beziehung der Unternehmen betreffen, wä‐ gen Sie ab, ob die Drohung umgesetzt werden kann. Falls ja, zeigen Sie auf, welche Nachteile die Gegenseite vom Umsetzen der Drohung hat. Sie antworten mit einer verdeckten Gegendrohung. • Verhandlungsdynamik Wenn es zu kleinteilig wird, stoppen Sie mit Hinweis auf die Zeit. Spre‐ chen Sie den ungelösten Hauptkonflikt an und schildern den erreichten Verhandlungszustand. Danach können Sie über das Wesentliche weiter‐ diskutieren. 3.2.7 Typische Konflikte in Marketing und Vertrieb Konflikte sind ja sehr vielseitig. Im B2B geht es aber häufig um klar definierte Differenzen, die in einer Verhandlung besprochen werden. All diese Konflikte können mit den in den folgenden Abschnitten beschriebe‐ nen Methoden gelöst werden. Daher finden Sie hier keine ausführlichen Lösungswege für die Konflikte: • Preisdifferenzen Achten Sie auf absolute und relative Zahlen, akzeptieren Sie kein „zu hoch“ oder „zu viel“. • Lieferszenarien Just-in-time oder Konsignationslager? Oder normale Lieferung? Je mehr Sie zusagen, umso mehr sollten Sie auch fordern. • Differenzen in Lasten- und Pflichtenheften Lassen Sie sich von Produktion und Entwicklung unterstützen. • Produktionsstandorte Wünscht sich Ihr Kunde mehrere Standorte? Lassen Sie sich das ggf. durch die Kunden mitfinanzieren. Sie bekommen so ja Liefersicherheit. 38 3 Konflikte sind normal <?page no="39"?> • Lieferketten Gehen Sie offen damit um und identifizieren Sie Bottlenecks. Schaffen Sie Alternativen dafür. • Zielgruppen Stimmt die Wahrnehmung des Marketings? Testen Sie an der Ziel‐ gruppe, ob Sie richtig liegen. • Marktabgrenzungen Alle Märkte sind endlich. • Grad der Nachhaltigkeit Keine Angst vor Kosten, nehmen Sie den Imagegewinn als positives Argument hinzu. • Erwartungen an Kundenverhalten Beobachten Sie die Aktivitäten der Kunden und sprechen Sie mit ihnen über deren Ziele. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Die Konfliktursachen liegen nicht immer offen‐ sichtbar auf dem Tisch. Ursachen können sehr menschlich sein, aber auch ressourcenbezogen. Interkulturelle Differenzen können zusätzli‐ che Konflikte auslösen. Schließlich werden Lösungen durch das Nennen von Forderungen und Positionen gesucht. Eine Analyse der Konfliktsi‐ tuation zeigt auch auf, dass Konflikte sehr komplex sein können. Wie wenden Sie das an? Beleuchten Sie die Bedürfnisse von Menschen und Unternehmen. Prüfen Sie bei Ressourcen, wie sicher Sie und Wett‐ bewerber Zugriff darauf haben. Achten Sie auch bei unterschiedlichen Kulturen auf eine verständliche Kommunikation. Machen Sie eine Konfliktanalyse, um Überblick zu behalten. Lassen Sie sich nicht vom Verhandlungsziel ablenken. 3.3 Warum ist die Person denn so? „Das Zusammentreffen zweier Menschen ist wie der Kontakt zweier chemischer Substanzen: Wenn es zu einer Reaktion kommt, verwandeln sich beide.“ Carl Gustav Jung (*1875 †1961) 3.3 Warum ist die Person denn so? 39 <?page no="40"?> Überblick | In diesem Abschnitt erfahren Sie, … • dass die Persönlichkeitstypen (Charaktere) zu unsachlichem Verhal‐ ten neigen können, • dass die Ursache für deren Verhalten nicht immer offensichtlich ist und • dass Empathie die Beziehungen verbessert. Die Konfliktursachen sind vielseitig und nicht immer einfach erkennbar. Gerade im persönlichen Umfeld kommen uns mache Konflikte eigentümlich vor, weil wir die Ursachen nicht verstehen. Es ist aber ein Vorteil, wenn man nicht nur die Konfliktursachen kennt, sondern auch die Motivation und den Antrieb, den die Konfliktparteien haben. Im → Kapitel 4 lernen Sie unter‐ schiedliche Charaktere (Persönlichkeitstypen) und deren Motive kennen (siehe z. B. → Abschnitt 4.5.1 über das Maslow-Modell und →-Abschnitt 4.5.2 über die Karriereanker). Sie werden vielleicht so manche Reaktion besser verstehen, wenn Sie die Ursachen gefunden haben. Damit können Sie Konflikte auch gezielter lösen. Ich versuche auch den Menschen zu verstehen, der mir gegenübersitzt. Das bedeutet nicht, dass ich Verständnis für ihn habe. Hier gebe ich Ihnen Beispiele, anhand derer Sie erkennen, wie ich die Motive hinter dem Verhalten meiner Konfliktpartner erkundete und was dies bewirkt hat. „Das Problem sind die anderen bei uns“ Ein Einkäufer eines guten Geschäftspartners, bestellte bei uns kundenspe‐ zifische Produkte. Diese wurden erst nach Auftragseingang gefertigt, was circa 12-14 Wochen in Anspruch nahm. Da diese hochpreisig waren, wollte der Kunde keinen Lagerbestand aufbauen - Controlling und Cashflow verboten ihm dies. Ich hielt davon nichts. Das Muster, welches zu den wiederkehrenden Konflikten führte, war immer dasselbe. Wir bekamen einen Fertigungsauftrag. Einige Tage nachdem wir die Auftragsbestätigung zugesendet haben, meldete sich der Einkäufer telefonisch beim Vertriebsin‐ nendienst. Es folgten persönliche Angriffe, Drohungen an meine Mitarbei‐ terin. Er forderte einen unrealistisch frühen Liefertermin. Wir bestätigten dann, dass wir versuchen werden, schneller zu werden, was de facto kaum 40 3 Konflikte sind normal <?page no="41"?> 11 ERP = Enterprise Resource Planning. möglich war. Er rief dann immer wieder an und forderte die sofortige Lieferung. Irgendwann hatte ich genug davon. Ich rief ihn wenige Tage nach seinem letzten Wutausbruch an. Ich fragte ihn, ob er mir erklären könnte, wie er die Informationen zur Bestellung bekommen würde. Zwar hatte sein Unternehmen ein ERP-System 11 , dort wurde aber produktionsseitig eine kürzere Lieferzeit für unsere Produkte eingetragen. Dies sollte den Produktionsablauf bei ihm kürzer aussehen lassen. So kam es, dass durch unsere Auftragsbestätigung deren Liefertermine nach hinten rutschten, wofür Produktionsmitarbeitende ihren Einkäufer verantwortlich machten. Er war aus Produktionssicht der Überbringer der schlechten Nachricht. Also riet ich dem Einkäufer, dies intern zu eskalieren und die Lieferzeit anzupassen oder doch Produkte ans Lager zu legen. Irgendwann einigten wir uns darauf, dass wir bezahlte halbfertige Produkte an Lager legen, wodurch sich die Lieferzeit deutlich reduzierte. Meine Empathie für den Einkäufer übertrug er dann auf meine Mitarbeiterin. Aggression und persönliche Angriffe gehörten seitdem der Vergangenheit an. „Ich bin so, weil ich meine Familie alleine lasse“ Bei einem anderen Kunden hatte ich es auch mit einem ‚Charakter‘ zu tun. Der Einkäufer war kurz angebunden und sachbezogen. Damit kam ich gut klar. Aber er reagierte barsch bei Terminanfragen für Treffen am Montag oder Freitag. Termine waren bei ihm nur von Dienstagnachmittag bis Donnerstagmittag zu bekommen. Irgendwann fragte ich ihn, ob er an den anderen Tagen Sitzungen hätte. Auch das wurde mit recht ruppigen Worten von ihm als unzulässige Frage bewertet. Irgendwann war ich bei ihm, natürlich an einem Mittwoch. Er war entspannt, sodass ich in einer Pause etwas Smalltalk mit ihm führte. Da mir nichts Besseres einfiel, sprach ich davon, dass ich montags erst gegen Mittag im Büro sei, da ich erst von zu Hause aus anreisen musste. Da veränderte er sich. Er bestätigte, dass er dies auch so mache. Und dass er deshalb montags erst spät kommt und freitags wieder zeitig zurückfahren müsste. Und dann überraschte er mich damit, dass er sich mit dieser Situation nicht wohl fühle. Ich fragte, ob er nicht mit seiner Familie umziehen könne. Da öffnete er sich noch mehr und sprach über seinen schwer erkrankten Sohn. Er verließ seine Familie immer mit dem Gefühl, sie mit der schwierigen Situation allein zu lassen. 3.3 Warum ist die Person denn so? 41 <?page no="42"?> Ich hatte verstanden. Unsere professionelle Beziehung hatte nun auch eine persönliche Note bekommen. Er war nie wieder unfreundlich zu mir, ich fragte auch nur noch Termine am Mittwoch an. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Wenn es zu Konflikten zwischen Menschen kommt, dann spielen die persönlichen Situationen oft mit rein. Mal können es Kolleginnen oder Mitarbeiter sein, die die Gesprächspartner belasten. Mal sind es private Umstände, die das Leben erschweren. Eigene Pro‐ bleme auszublenden und professionell bleiben ist nicht einfach. Wie wenden Sie das an? Seien Sie empathisch. Versuchen Sie ohne Druck hinter die Kulissen zu blicken, um zu verstehen, warum Men‐ schen so sind. Viel basiert auf Vertrauen. Geben Sie einen kleinen Vorschuss an Vertrauen und warten ab, was Ihr Gegenüber damit macht. Mit Glück gewährt er Ihnen einen Einblick in seine Situation. 3.4 Vorbeugen und Erkennen: Konfliktprophylaxe „Intellektuelle lösen Probleme, Genies verhindern sie.“ Albert Einstein (*1879 †1955) Überblick | In diesem Abschnitt erfahren Sie, … • dass Konfliktprophylaxe helfen kann, Konflikte nicht aufkommen zu lassen, • welche Anzeichen es für sich entwickelnde Konflikte gibt und • wie Sie Konfliktprophylaxe durchführen können. Natürlich wäre es vielleicht schön, wenn es keine Konflikte gäbe. Das ist aber unrealistisch. Konflikte sind intrinsisch, sie sind also ein fester Bestandteil von uns allen (→ Abschnitt 4.1). Und wenn Unternehmen miteinander Geschäfte machten möchten, sind Konflikte aus dem Weg zu räumen, denn Konflikte sind ja Differenzen bei Sachverhalten. Dennoch lohnt es sich, über Konfliktprophylaxe nachzudenken und diese anzuwenden. 42 3 Konflikte sind normal <?page no="43"?> 12 Ein Kunde sagte mir, dass er es nicht leiden kann, wenn er von anderen bedient wird. Das habe ich vor jedem Treffen allen Beteiligten von unserer Seite mitgeteilt mit der Aufforderung, dies dann auch zu unterlassen. Ein einfaches Beispiel: In einem Liefervertrag mit langer Laufzeit mit meinem wichtigsten Kunden, haben meine Verhandlungspartner und ich auch Ausstiegsoptionen beschrieben. Ich habe dann noch durchgesetzt, dass wir auch den Fall beschreiben, wenn es bei unserem Kunden Absatz‐ probleme geben sollte. Das wurde zunächst zurückgewiesen, denn die Nachfrage war immens. Ich blieb hart und wir fanden einen entsprechenden Passus. Später kam doch der Tag X, an dem mein Kunde vorübergehend Absatzprobleme hatte. Wir konnten auf den Vertrag zurückgreifen, mit dem beide Seiten leben konnten. Konflikte verursachen Kosten, die sich erhöhen können, wenn das Kon‐ fliktmanagement nicht zufriedenstellend ist. Werden Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst, minimieren sich diese Kosten. Aber woran erkennen Sie herannahende Konflikte und wie begegnen Sie diesen? Hier ist eine Auflistung von Anzeichen und Aktionsvorschlägen. • Antworten auf Fragen bleiben aus Kontaktaufnahme und persönliches Treffen vereinbaren • ausweichende, verzögernde Antworten Sprechen Sie an, dass Sie einen potenziellen Konflikt sehen und Sie Lösungen zur Vermeidung im Vorfeld besprechen möchten. • versehentliche Provokation von Ihnen aus Vermeidung provokanten Verhaltens, wenn Sie wissen, wie Ihr Gegen‐ über reagieren wird. • Provokationen Ihnen gegenüber Sprechen Sie diese an. Kommen Sie zur Sachebene zurück. Ggf. auch im Vorfeld informieren. 12 • Reizungen durch Trigger Informieren Sie Ihr privates Umfeld über Ihre Reizbarkeit. • denkbare Komplikationen in langfristigen Beziehungen Im Wort ‚vertragen‘ steckt Vertrag. Spielen Sie unangenehme Situatio‐ nen, die passieren können, durch und vereinbaren Sie gemeinschaftlich Regeln. Sie finden im Laufe dieses Buches viele Methoden, mit denen Sie heranna‐ henden Konflikten vorbeugen können: 3.4 Vorbeugen und Erkennen: Konfliktprophylaxe 43 <?page no="44"?> • vorbeugender und angepasster Umgang mit verschiedenen Persönlich‐ keiten →-Abschnitte 4.5.3, →-Abschnitt 4.5.4 und →-Abschnitt 4.5.5 • Deuten der Körpersprache Ihres Gegenüber →-Abschnitt 4.8.1 • im richtigen Moment den anderen Aufmerksamkeit schenken →-Abschnitt 4.8.2 • Ausweichen und Schweigen, statt zu antworten →-Abschnitt 5.5.1 • Hilfe zum Vorbeugen von Missverständnissen →-Abschnitt 5.4.1 • durch Pausen aufgeheizte Emotionen abkühlen lassen →-Abschnitt 5.4.3 Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Konflikte sind immer da und es gibt keine konflikt‐ freie Welt. Viele Konflikte sind unvermeidbar, z. B. in Geschäftsbezie‐ hungen zwischen zwei Unternehmen. Andere Konflikte treten spontan auf. Diese haben aber in der Regel erkennbare Anzeichen, sodass Sie darauf reagieren können. Diese Aufmerksamkeit des Erkennens und das vorbeugende Beilegen der Ursachen für den herannahenden Konflikt nennt man Konfliktprophylaxe. Wie wenden Sie das an? Sehen Sie sich die Anzeichen für heranna‐ hende Konflikte genau an. Gehen Sie offen und sachlich damit um. Nehmen Sie sich die Zeit, mit den Konfliktpartnern zu sprechen. Ihre Voraussicht wird sich auszahlen, da Kosten vermieden werden. 44 3 Konflikte sind normal <?page no="45"?> 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen „Let us never negotiate out of fear. But let us never fear to negotiate.“ John Fitzgerald Kennedy (*1917 †1963) Wissenscheck | Zu diesem Kapitel werden Fragen online angeboten. Sie können diese über den folgenden Link aufrufen oder einfach den QR-Code mit Ihrem Smartphone scannen. 🔗 -https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1259 Möchten Sie erfolgreiche Verhandlungen führen? Wenn Sie Verkäufer oder Verkäuferin sind, dann kann das für Sie ggf. einen Auftrag bedeuten. Doch das ist leichter gesagt als getan: Wenn Sie z. B. den Preis so lange senken, bis Ihr Kunde nicht mehr ‚nein‘ sagen kann, dann haben Sie zwar den Auftrag, aber ist das dann ein gutes Verhandlungsergebnis? Hier dürfen Sie laut ‚nein‘ ausrufen, denn sonst kommen Sie bei Verhandlungen nur allzu leicht in die Verlustfalle. Einer meiner früheren Kollegen hatte das sogar mal den Job gekostet. Er unterbot den Wettbewerb einfach. Er unterschlug dazu Einmalkosten, die für die Ausführung des Auftrags notwendig waren. Dazu hatte er keine Freigabe seitens unseres Unternehmens. Der Kunde nahm den Auftrag dankend an, mein Kollege bestätigte diesen, der Vertrag war geschlossen und der Kollege am nächsten Tag nicht mehr im Unternehmen. So kann es gehen, wenn man eine falsche Vorstellung von einem guten Ergebnis hat. Für mich ist die Welt nicht so einfach. Klar, auch meine Angebote mussten dem Kunden einen größeren Nutzen bieten, als die Angebote der Wettbewerber. Ich habe aber immer nach Möglichkeiten gesucht, nicht den Preis zu verringern, sondern eine Lösung zu finden, bei dem auch der Nutzen für unser Unternehmen größer wurde. Als ich meine Professur antrat, verab‐ schiedete einer meiner Kunden mich mit dem Satz: ‚Denken Sie daran, dass Sie Ihren Studierenden beibringen, Billiges teuer zu verkaufen‘. Er kannte mich und wusste, dass ich bei seinen Forderungen nach Preisnachlässen schwerhörig bis taub war. Ich habe immer hinterfragt, warum es einen Preisnachlass geben sollte. Aber dazu später. <?page no="46"?> Warum also nicht doch billig, sprich über den Preis verkaufen? Was spricht dagegen, wenn dabei doch ein Gewinn erzielt wird? Lohnt die Mühe einer harten Verhandlung? Können nicht alle Menschen verhandeln? Sie können sich diese Fragen selbst beantworten, nachdem Sie meine Einführung in das Seminar Konflikt- und Verhandlungsmanagement gelesen haben, die ich für Sie hier aufgeschrieben habe: Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahr 2023 Waren im Wert von 1.562 Milliarden Euro, also 1,562 Billionen Euro, exportiert (Statistisches Bundesamt 2024). Stellen Sie sich vor, dass alle Preise durch gute Verhand‐ lungsführung nur um 0,1 %, also 1 Promille steigen. Das entspräche einem zusätzlichen Umsatz von 1,562 Milliarden Euro. Und ein höherer Umsatz bei denselben Gütern entspricht einem höheren Gewinn. Die exportierenden Unternehmen hätten also zusammen 1,562 Millionen Euro Gewinn zusätz‐ lich erwirtschaftet. Kaum vorstellbar, was dabei rauskäme, wenn die sonst so gängigen 2 % Skonto wegverhandelt würden. Es lohnt also, hart zu verhandeln. Um dies tun zu können, bedarf es ver‐ schiedener Kompetenzen, also eine zielgerichtete Bildung bzw. Ausbildung, die aus Sales einen Beruf macht, der ein hohes Maß an Professionalität zeigt. Nicht umsonst gibt es allein in Deutschland über zwanzig Hochschu‐ len und Universitäten, die einen Studiengang mit Schwerpunkt Vertrieb haben. Ich denke, zur Beantwortung der ersten drei Fragen eingangs dieses Abschnitts habe ich Ihnen ausreichend Denkanstöße gegeben. Die vierte Frage, ob nicht alle Menschen verhandeln können, beantworte ich direkt im nachfolgenden Abschnitt. Wir schauen uns an, was gute Verhandlungsergebnisse sein können. Im Anschluss widmen wir uns der Verhandlungsvorbereitung. Hierbei wird es um mehr gehen, als einen Sitzungsraum zu reservieren und den Tisch zu decken. Sie können danach einen Einblick in die Machtverhält‐ nisse in Verhandlungen werfen. Macht hat auch mit den Menschen zu tun, die unsere Kunden aber auch wir selbst sind. Daher bietet Ihnen der → Ab‐ schnitt 4.5 eine Übersicht über verschiedene Modelle. Außerdem können Sie selbst Ihren Typen kennenlernen, wenn Ihnen danach ist. Zwei Abschnitte widmen sich aus verschiedenen Blickrichtungen der Kommunikation. Einmal geht es um die Sicht auf den Kunden. Im andern Teil geht es um das Senden und Empfangen von Inhalten. Kommunizieren wir miteinander, wenden wir automatisch verschiedene Strategien an. Jede Strategie kann mit unterschiedlichen taktischen Mit‐ 46 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="47"?> teln unterstützt werden. Es ist gut zu wissen, wie jemand agiert, um ent‐ sprechend zu reagieren. Verhandlungen unterliegen gewissen Dynamiken. Lernen Sie diese kennen und Sie werden sicherer verhandeln. Weiter unten gehe ich darauf ein, dass man Verhandlungsergebnisse beeinflussen kann. Es ist gut, die eigenen Grenzen zu kennen und die des Gegenübers zu erspüren. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels vermittle ich ihnen aktuelle Ergeb‐ nisse aus meinen Forschungen über die Kriterien von Präsenz- und On‐ line-Verhandlungen. Dafür bitte ich Sie schon jetzt, alle ihre fünf Sinne zu schärfen. 4.1 Wir verhandeln täglich „Your most unhappy customers are your greatest source of learning.“ William Henry „Bill“ Gates III. (*1955) Überblick | In diesem Abschnitt erfahren Sie, … • dass alle Menschen ein Leben lang Verhandlungen führen, • dass Sie aus jeder abgeschlossenen Verhandlung lernen, egal wie diese ausgeht, • dass auch Ihre Konfliktpartner aus den Verhandlungen etwas über Sie lernen und dies in kommenden Verhandlungen einsetzen und • dass das Harvard-Prinzip gute Ansätze liefert, zu verhandeln. Ich hatte in der Einleitung bereits geschrieben, dass wir täglich Entschei‐ dungen abwägen und aushandeln. Nun schauen wir darauf, wann diese täglichen Verhandlungen bei Menschen anfangen, weil sich daraus schon viel für die Verhandlungen im professionellen Umfeld ableiten lässt. 4.1.1 In welchem Alter fangen Menschen an zu verhandeln? Erinnern Sie sich an Ihre erste Verhandlung? Ich meine nicht die Verhand‐ lung von heute früh. Ich meine Ihre allererste Verhandlung! Wie jung waren Sie? 20? 15? Acht? Sechs? Oder noch jünger? Ich verrate es Ihnen: Sie waren gerade frisch geboren, als Sie Ihre erste Verhandlung geführt haben. Übrigens mit Erfolg, sonst hätten Sie das ja nicht überlebt: Sie haben nach 4.1 Wir verhandeln täglich 47 <?page no="48"?> Luft und vor allem nach Nahrung verlangt. Ihre Methode? Offensiv durch lautes Schreien. Wir verhandeln alle von Geburt an. „Ich möchte jetzt essen! “; „Ich will mehr Aufmerksamkeit! “. Verhandlungen finden in allen Lebensabschnitten und Situationen statt. Wir führen sie ständig: Mit uns selbst (interpersonell) oder mit Mitmenschen (intrapersonell). „Welchen Weg wähle ich? “ „Welchen Film schauen wir uns heute an: Komödie oder Actionfilm? “ „Welches Fahrrad kaufe ich: E-Bike oder ein anderes? “ „Wie hoch wird mein Gehalt sein? “ Verhandlungen finden neben dem Privatleben auch in der Politik, der Wirtschaft und vielen anderen Bereichen statt. Achten Sie einmal darauf und beobachten Sie Ihre Umgebung. Einige Beispiele zu Verhandlungen sind die Corona-Maßnahmen (2019-2022), Kriege (als Mittel der Verhandlungsfüh‐ rung), Fusionen und Übernahmen von Unternehmen, Verkäufe im Geschäft (B2C) und der Industrie (B2B) Das Ergebnis von Verhandlungen kann (in Grenzen) beeinflusst werden. Würden Sie zweimal verhandeln, und zwar mit derselben Person über dieselben Angelegenheiten, wären die Ergebnisse verschieden. Meine Expe‐ rimente im Hörsaal haben mir das immer wieder bestätigt (→ Anschnitt 2). Nehmen Sie sich etwas Zeit und überlegen Sie, welche Verhandlungen Sie in der letzten Zeit geführt haben. Es müssen keine beruflich motivierten Verhandlungen sein. Die Auswahl des Kinofilms oder des Restaurants ist völlig ausreichend. Wichtig ist nur, dass Sie alle Fragen beantworten können. ▶ Übung 4.1.1 | Reflexion über Verhandlungen Welche Verhandlungen haben Sie in den letzten sieben Tagen geführt? 1. Schreiben Sie sich bis zu fünf Verhandlungen auf, die Sie zuletzt geführt haben und an die Sie sich erinnern. 2. Ordnen Sie diesen die Begriffe intrapersonell und interpersonell zu. 3. Was war Ihr Ziel/ Wunsch? Was waren die Ziele Ihrer Verhand‐ lungspartnerin? 4. Was war das Verhandlungsergebnis? 5. Wie ist es zu diesem Ergebnis gekommen? 6. Gab es einen Moment, einen Satz oder ein Verhalten, von dem Sie sagen würden, dass dies ausschlaggebend für das Ergebnis war? 48 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="49"?> 7. Würden Sie das nächste Mal in derselben Situation etwas anderes tun? Sie finden einen Lösungsvorschlag im →-Abschnitt 7. 4.1.2 Sie können immer dazulernen Vorab: Dies ist kein Buch über Kindheitspädagogik. Sie finden hier keine Hinweise darüber, wie man Kinder erzieht. Aber man kann sich durchaus etwas von Kindern abschauen: Kinder lernen schnell durch Erfolge und Belohnung. Sie wiederholen die Muster, die sie zum Erfolg gebracht haben und variieren ihr Verhalten, wenn sie merken, dass es schwieriger wird, sich durchzusetzen. Werden (gewaltfrei! ) Grenzen aufgezeigt, lernen Kinder auch, diese zu akzeptieren. Dieses Lernmuster behalten wir Menschen, wenn wir älter werden. Unbewusst passen wir unser Verhalten an, wo es nötig ist, und wiederholen Muster, wenn sie erfolgreich sind. Und das tun Einkäuferinnen auch. Haben sie bei Ihnen einmal den Hebel gefunden, mit dem Sie Ihnen einen Rabatt oder einen Preisnachlass gewähren, werden die Einkäufer beim nächsten Mal diesen Weg wieder beschreiten. Das ist normal und auch nicht schlimm. Denn jetzt, wo Ihnen dies bewusst ist, können Sie sich ja entsprechend darauf vorbereiten und Strategien zu Hilfe nehmen, die Forderungen abzu‐ wehren. Dies ist ein Grund dafür, die Übung im → Abschnitt 4.1.1 zu machen: Sie lernen aus Ihren Fehlern. Außerdem bereichern die Erfolge Ihr Repertoire an Methoden, die zum Ziel führen. Also: Rekapitulieren Sie direkt nach Verhandlungen die Ergebnisse und die Schlüsselmomente. Sie lernen daraus. 4.1.3 In aller Munde: Das Harvard-Prinzip Das Harvard-Prinzip ist ein weit verbreiteter Ansatz, um erfolgreich zu verhandeln. In den Leitfäden von Ury und Fisher wurde das Harvard-Prin‐ zip vorgestellt und erläutert (Fisher, Ury und Patton 2012; Ury 1993). In vielen Elementen des Konflikt- und Verhandlungsmanagements, wie ich es Ihnen hier vorstelle, kommen Elemente dieses Prinzips vor. Damit Sie diese wiedererkennen, möchte ich Ihnen kurz die vier Grundsätze auflisten. 4.1 Wir verhandeln täglich 49 <?page no="50"?> Gelegentlich erinnere ich Sie daran, in dem ich in Zusammenhang mit der vorgestellten Methode auf eines der Harvard-Prinzipien 1 bis 4 verweise. 1. Bleiben Sie freundlich zu den Menschen, aber hart in der Sache. Trennen Sie Sachfragen und persönliche Interessen (siehe auch: Tit-For-Tat). 2. Verhandeln Sie nicht über die Forderungen oder Positionen, sondern fragen Sie nach der Motivation, warum dieses oder jenes gefordert wird. 3. Finden Sie gemeinsam mit dem Gegenüber potenzielle Lösungen (siehe auch Mittelkonflikt). 4. Gehen Sie immer wieder auf die Sachebene, verwenden Sie objektive Bewertungskriterien (→-Abschnitt 4.2.2). Das Harvard-Prinzip setzt kooperationsbereite Konfliktparteien voraus. Exkurs | Tit-For-Tat Der Begriff kommt aus dem Englischen. Er bedeutet etwa „Wie du mir, so ich dir“. Das ist hier nicht gemeint, denn der Begriff ist aus der Spieltheorie geborgt. Hier gibt es das wiederholt gespielte Gefangenen‐ dilemma. Zwei Spieler („Gefangene“), die keinen Kontakt miteinander haben, können ihre Taten gestehen oder verschweigen. In einer Variante des Spiels kommen beide zusammen mit der geringsten Strafe aus, wenn beide Schweigen (kooperativ). Wenn einer gesteht und der andere schweigt, kommt der Geständige frei, der andere muss sehr lange im Gefängnis bleiben (nicht-kooperativ). Da das Spiel sich (unendlich) wiederholt, kann man auf so ein Ergebnis als Verlierer reagieren und in der nächsten Runde gestehen, was dazu führt, dass für den Gewinner der vorangegangenen Runde das Strafmaß erhöht wird. Auf nicht-kooperatives Verhalten ebenfalls mit nicht-kooperativem Verhalten zu reagieren, nennt man Tit-for-Tat. Nachdem nun so gespielt wurde, zeigt der Gefangene wieder kooperatives Verhalten (Schweigen) und signalisiert den Willen zur Kooperation. Wird dies vom anderen Spieler erkannt, kommen beide auf die lange Frist zusammen mit einer geringeren Strafe davon. Man spielt also kooperativ - Tit-For-Tat - vergibt und spielt wieder kooperativ, in Englische übersetzt: „Be Kind - Tit-For-Tat - Forgive“ 50 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="51"?> Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Verhandlungen werden von Anfang des Lebens an geführt. Dabei lernen Menschen durch Erfolg ebenso wie durch Misserfolg. Verhandlungspartner lernen aus Ihren Fehlern, die sie durch erfolgreiche Taktiken Ihre Gegenüber gemacht haben. Diese werden wiederverwendet. Eine Methode des Verhandelns ist das Harvard-Prin‐ zip: Hart in der Sache, fair zu den Menschen. Wie wenden Sie das an? Sie machen Fehler nur einmal, wenn Sie diese bemerken und sich an die erfolgreiche Taktik der Verhandlungspartner erinnern. Wenden Sie das Harvard-Prinzip an. Denken Sie immer daran, dass Sie mit Menschen verhandeln. Bleiben Sie so lange wie möglich bei Ihren Forderungen. 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? „Erfolgreich zu sein setzt zwei Dinge voraus: Klare Ziele und den brennenden Wunsch, sie zu erreichen.“ Johann Wolfgang von Goethe (*1749 †1832) Überblick | In diesem Abschnitt lernen Sie, … • dass der Wert eines Produktes nicht nur mit dem Preis zusammen‐ hängt, • dass Verhandlungsziele wichtig sind, • wie Sie den Verhandlungsspielraum finden, • dass Sie sicherer in Verhandlungen sind, wenn Sie eine gute Alter‐ native im Rücken haben und • dass bei einem guten Verhandlungsergebnis die Qualität der Bezie‐ hung verbessert werden kann. Ab wann sind Sie mit den Ergebnissen Ihrer Verhandlungen zufrieden? Ab wann die Gegenseite? Was ist „gut“? Was wäre dann „schlecht“? Das sind nicht einfach zu beantwortende Fragen. Insbesondere dann, wenn Sie ohne konkrete Ziele in eine Verhandlung gehen. „Den Auftrag zu bekommen“ als Ziel? Das lassen Sie bitte nicht wirklich gelten! Denn die 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 51 <?page no="52"?> Bandbreite dessen, unter welchen Bedingungen Sie den Auftrag bekommen haben, kann mitunter sehr groß sein. 4.2.1 Sprechen wir über Werte Wenn wir nun über Ziele sprechen, ist es wichtig, dass Sie schon hier in bestimmten Kategorien denken. Man kann z. B. sagen, dass der Nutzen für Ihr Unternehmen möglichst groß sein soll. Andere sagen, dass der Wert des Produkts eine Rolle spielt und drücken dann den Wert des Produktes in Euro und Cent aus. Wert ist aber mehr als nur der Gewinn: Wert ∝ Erfüllungsgrad der Bedürfnisse / Anforderungen Ressourcenaufwand Das Symbol ∝ steht hier für Relation, also nicht ein mathematisches Gleich‐ heitszeichen. Bei Produkten wird dieser Ansatz durch das von Miles 1943 (Miles 1972) erfundene Value-Management vertieft und umgesetzt. In der Literatur finden sich zahlreiche Bücher und Artikel über die Grundlagen und Beispiele, von denen einige hier zitiert sind (Miles 1972; Lingohr 2011; Wiest 2011; Xin-Wei u. a. 2011). Insbesondere hat sich der VDI über das Verfahren Gedanken gemacht und eine Richtlinie herausgegeben (VDI 2011). Den Wert zu maximieren, kann ein Ziel in Verhandlungen sein. Sie funktioniert sehr gut in kooperativen Beziehungen zwischen den Konflikt‐ parteien. Der Nutzen für den Kunden kann vergrößert werden, z. B. durch den Einsatz der SPIN-Methode oder der von Kano (→-Abschnitt 4.7). 4.2.2 Andere Verhandlungsziele setzen Nur selten gibt es genau ein Ziel. Ohne ein konkretes Ziel zu haben, brauchen Sie eigentlich nicht in die Verhandlung eintreten. Selbst bei einer Sondierung werden Sie das Ziel haben zu erfahren, welche Erwartungen Ihr Gegenüber hat. Ohne ein Ziel riskieren Sie, zu schnell Lösungsvorschlägen zuzustimmen, was schlechte Ergebnisse nach sich ziehen kann. Wenn Sie mehrere Ziele aufschreiben, muss Ihnen bewusst werden, welche Flexibilität Sie haben, von den einzelnen Zielen abzuweichen. Es geht hier um den Verhandlungsspielraum. Dieser spielt in der Verhandlung eine Rolle, wenn alle Beteiligten versuchen herauszufinden, wo sich die Verhandlungsspielräume überschneiden. Dies nennen wir hier die Zone der 52 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="53"?> 13 Die Anmutung eines Objektes ist eine wage Wirkung dieses Objekts auf die Betrachte‐ rin. Dabei können die Sinne der betrachtenden Person einzeln oder mehrere gleichzeitig angesprochen werden: Sehen, Hören, Riechen, Fühlen und Schmecken. 14 Haptik ist die auf Fühlen beschränkte Anmutung eines Objektes. möglichen Einigungen, besser in Englisch bekannt als Zone of Possible Agreement, ZOPA. Sie sollten sich alle Ziele Ihrer Verhandlung vor Augen führen. Denn Sie werden über alle Punkte verhandeln. Wenn diese Punkte voneinander abhängen, also z. B. Preis und Stückzahl, sollten Sie in einer Verhandlung nie einem Punkt endgültig zustimmen, ohne über die anderen intensiv gesprochen zu haben. Außerdem sollten Ihre Verhandlungsziele priorisiert werden. Dies können Sie durch eine Gewichtung erreichen. Sie werden unterschiedliche Flexibilitäten und Prioritäten haben. Machen Sie sich klar, was wirklich wichtig ist und wo Sie kompromissbereit sind. Ziele können numerischer Art sein, andere sind emotionaler Natur und daher nur schwer in Zahlen zu fassen. Einige Beispiele für verschiedene Ziele sind • Preis (numerisch) • Stückzahl (numerisch) • Lieferzeit (numerisch) • Skonto (numerisch) • Farbe (numerisch, z. B. RGBbzw. PAL-Farbcodierungen, auch emotio‐ nal) • Gestalt (emotional) • Größe, Gewicht (numerisch, emotional) • Anmutung 13 (emotional) • Haptik 14 (emotional) • Benutzerfreundlichkeit (emotional) Im Falle von emotionalen Zielen können Vergleiche zu bekannten Verhand‐ lungsgegenständen eine Hilfe sein. Wie verhält sich die Benutzerführung einer neuen App im Vergleich zu einer älteren bekannten App. Im Falle der Haptik können Muster anderer Objekte als Maßstab verwendet werden. 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 53 <?page no="54"?> 15 Für alle Technikbegeisterten: Es war das Motorola Timeport L7089, ein echtes Status‐ symbol, da es eines der wenigen Triband-Handys war. Kennen Sie die Flexibilität Ihrer Ziele Ich hatte die Zone of Possible Agreement, ZOPA, bereits oben angesprochen. Diese besteht aus der Überschneidung der Bereiche, in denen die Verhand‐ lungspartnerinnen beim gleichen Verhandlungspunkt in ihren Zielen Flexi‐ bilitäten haben. Um diesen zu finden, müssen Sie Ihre eigenen Flexibilitäten kennen. Jeder verhandelbare Punkt hat ein Ideal und eine gerade noch zu akzeptierende Grenze. Bei einem Preis ist das verhältnismäßig einfach: Welchen Preis möchten Sie gerne erzielen (obere Grenze) und bei welchem Preis würden Sie gerade noch Ihr Produkt verkaufen (untere Grenze)? Der Bereich entspricht dann Ihrer Flexibilität in diesem Punkt. Aber wie ist es mit anderen Zielen, die nur schwer in Zahlen zu fassen sind? Wie ist Ihre Toleranz für die Haptik eines Objektes? Das ist schwer zu definieren. Um sich dabei zu helfen, können Sie Vergleiche heranziehen. Ist ein Objekt beispielsweise rau, so können Sie ganz pragmatisch einmal Schmirgelpapier nehmen und vergleichen. Je höher die Bezeichnung auf dem Schmirgelpapierbogen, umso feiner fühlt es sich an. Fühlen Sie einmal die Oberflächen der Papiere mit den Bezeichnungen 1.000 (sehr fein), 400 (fein), 100 (mittel) und 50 (grob). Das wäre ein Hilfsmittel, um eine Toleranzbreite festzulegen. Benutzerfreundlichkeit ist sehr individuell. In den Nuller Jahren gab es ein sehr weit verbreitetes Mobiltelefon der Firma Motorola. 15 Während mein Bruder schnell damit klar kam, hatte ich mit der Menüführung Pro‐ bleme. Was für ihn benutzerfreundlich war, hatte sich mir nicht erschlossen (und ich lese Handbücher nur sehr ungern). Gleiches gilt für Größen oder Farben. Im B2B ist das einfach: Die Farben werden nach Normtabellen definiert. Im B2C wiederum werden diese Tabellen nicht herangezogen. Hinzu kommt, dass alle Menschen Farben unterschiedlich wahrnehmen. Was für die eine gelb-grün ist, kann für andere nur grün oder nur gelb sein, andere sind farbenblind und nehmen viele Farben als Grautöne wahr. Die nachfolgende Vertiefungsübung zum Thema Ziele eignet sich für Ihren nächsten Einkauf eines Produktes. Je teurer das Produkt ist, welches Sie kaufen möchten, umso spannender wird es mit dem Selbstversuch. Viel Spaß! 54 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="55"?> ▶ Übung 4.2.2 | Kaufen Sie im Geschäft ein Produkt (oder tun Sie so als ob) Stecken Sie sich zunächst Ziele, die das Produkt erfüllen soll und setzen Sie sich einen Preisrahmen. Es ist wichtig, dass Sie eine Vorstellung haben, was dieses Produkt können soll. Legen Sie sich nicht exakt auf ein Produkt oder eine Marke fest. Das würde Sie zu stark einschränken und Sie würden möglicherweise das für Sie am besten geeignete Produkt verpassen. Machen Sie sich eine Liste: Produkttyp, Wunschpreis, maximaler Preis, eventuell Farbe, Gewicht, andere Produkteigenschaften, die das Produkt haben sollte. Worauf können Sie verzichten? Was ist ein Muss? Gehen Sie nun in ein Geschäft. Wenn dies für Sie nicht machbar ist, geht zur Not auch ein (virtueller) Einkauf im Netz. Sie haben dann aber keinen visuellen oder haptischen Eindruck vom Produkt. Ist der Kauf abgeschlossen (in Gedanken oder real), vergleichen sie Ihre Kaufkriterien mit den Anforderungen, die Sie zuvor festgelegt haben. Bleiben Sie sich gegenüber ehrlich. Die Ziele der anderen Verhandlungspartner oder: von Äpfeln und Birnen Vielleicht kennen Sie schon die Claims der Gegenseite oder wissen, was Ihre Wettbewerber an Forderungen und Angeboten stellen. Das wäre ideal, denn so ließe sich eine Verhandlung zur Konfliktlösung besser vorbereiten. Es kann natürlich auch sein, dass Sie das Umfeld des Konflikts so gut kennen, dass Sie sichere Annahmen treffen können. In all diesen Fällen sollten Sie die Ziele der anderen ebenso gut dokumentieren und durchleuchten wie Ihre eigenen. Das Wesentliche dabei ist, dass Sie auf die Vergleichbarkeit achten. Es wird in der Regel nicht ausreichen, nur auf das Spezifikum zu schauen und die Werte zu vergleichen. Werden niedrigere Preise angeboten? Und ist dabei das Produkt in allen relevanten Aspekten identisch zu Ihrem? Ist die Forderung eines Wettbewerbers wirklich 1: 1 mit Ihrer vergleichbar? Oder hat Ihre Gegenseite eine Forderung, die sich erst beim zweiten Hinsehen von Ihrer unterscheidet? (siehe auch Harvard-Prinzip 4) 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 55 <?page no="56"?> 16 Es werden Claims gesteckt. Siehe hierzu auch →-Abschnitt 3.2.4. Es ist leicht daher gesagt, Äpfel nicht mit Birnen zu vergleichen. In der Realität ist das nicht so einfach. Selbst im einfachen Konflikt um den Kinofilm wird schnell deutlich, dass es Kriterien gibt, die nicht Gegenstand der Diskussion sind. Wo befinden sich die Kinos? Wie gut sind diese zu erreichen? Sitzt man in den Sesseln gleich gut? Wo schmeckt das Popcorn besser? Sie merken schon, so simpel ist es nicht, nur nach den Kritiken, also einem einzigen Kriterium zu entscheiden, welchen Film man auswählt. Es bringt Vorteile, solche Punkte in Ihren Situationen vorab zu bedenken, denn wenn man sich z. B. nicht über den Preis durchsetzen kann, dann vielleicht über den Service, die Produktqualität, die Liefersicherheit, den Produktionsstandort usw. Bringen Sie solche Aspekte auf, kann dies zur Konfliktlösung beitragen, wenn das wesentliche primäre Ziel, also beispiels‐ weise der Preis schwer durchzusetzen ist. Auf dem Weg zur Konfliktlösung wäre dies ein Umweg über die Methode, den Konflikt zu lösen. Später erwähne ich hier den Methodenkonflikt. Wenn Ihnen die Ziele der anderen Seite vor der Zusammenkunft oder dem ersten Austausch nicht bekannt sind, so werden diese Ziele meistens zu Beginn der Verhandlung schnell erkennbar. Sie können auch jederzeit danach fragen. Es ist sowieso besser zu fragen und genau zuzuhören als zu viel zu reden. (→-Abschnitt 4.7). Wodurch der Konflikt ausgelöst wird: Der Startkonflikt Die Verhandlung startet in der Regel damit, dass die verhandelnden Part‐ nerinnen ihre Forderungen oder Positionen vorstellen, was den ersten Konflikt herbeiführt 16 . Dieser Konflikt kommt zustande, da die Claims oder Ziele der verhandelnden Seiten nicht in allen Punkten identisch sind. Wir nennen diesen Konflikt den Startkonflikt. Verhandeln wir beispielsweise nur über den Kinofilm, dann besteht dieser Startkonflikt aus einem Punkt: Dem Genre des Films. Verhandeln wir zusätzlich über das Kino, so besteht der Konflikt schon aus zwei Punkten. Dabei müssen wir dann gewichten, welcher der beiden Punkte für uns wichtiger ist. Diesen müssen wir zuerst durchsetzen. Hängen beide zusammen, müssen wir beide Punkte im Wech‐ selspiel verhandeln. Bei Verhandlungen über Produkte kommen leicht mehrere Punkte zu‐ sammen. Preis, Spezifikationen, Lieferzeiten und -mengen usw. wie wir bei 56 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="57"?> 17 Aus Sicht des Verkäufers ergibt sich genauer: 20 €/ 110 € = 18, 18 %, aus Sicht der Einkäuferin: 20 €/ 90 € = 22, 2 %. Das ist an dieser Stelle nicht von Bedeutung. 18 Aus Sicht des Verkäufers ergibt sich genauer: 20 €/ 1.100 € = 1, 81 %, aus Sicht der Einkäuferin: 20 €/ 1.090 € = 1, 85185 %. Auch das ist an dieser Stelle nicht von Bedeutung. den Lösungsstrategien (→ Abschnitt 4.6) sehen werden, sollten wir uns Differenzen klar vor Augen führen. Damit meine ich, dass Differenzen in Zahlen, also quantitativ in absoluten und relativen Werten, erfasst werden sollten. Ist er Verkaufspreis z. B. 110 €, der erwartete Einkaufspreis aber 90 €, so beträgt die absolute Differenz 20 €, die relative circa 20 % 17 . Warum ist eine Einteilung in absolute und relative Differenzen zwin‐ gend notwendig? In unserem Beispiel sprechen wir von 20 € und circa 20 %. Wäre der Verkaufspreis größer, sagen wir 1.100 € und die Preisforderung 1.080 €, so wäre die absolute Differenz wieder 20 €, die relative aber in diesem Fall knapp unter 2 %. 18 In diesem Fall wäre ein Preisnachlass wahr‐ scheinlicher. Hinzu kommt noch, dass man die Differenzen von Preisen jedenfalls mit der zu verkaufenden Stückzahl multiplizieren sollte. Ist diese entsprechend groß, werden die Differenzen es auch und im zweiten Fall bei einer Stückzahl von 2.000 wird aus 20 € der große Betrag von 40.000 €. Ich habe mal eine Forderung nach einer Preisanpassung um 3 %, was etwa 45 € entsprach, so abgewehrt: Nachdem ich die Gesamtsumme aus Stückzahl multipliziert mit dem Nachlass schnell im Kopf überschlagen hatte, kam ich auf eine Reduktion per anno von etwa einer viertel Millionen Euro. Ich habe den Einkäufer gefragt, ob er wirklich will, dass ich diese Summe aus der Brieftasche des Inhabers meines Unternehmens rausnehmen und ihm geben soll. Die große Summe und der persönliche Bezug haben ihn zunächst nachdenklich gemacht und nach einigen weiteren Wortwechseln war die Forderung vom Tisch. 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 57 <?page no="58"?> Abb. 1: Die Systematik, mit der ein Startkonflikt aufgeschrieben werden sollte (Schneider-Störmann, 2015) Start Konflikt spezifisch quantitativ zwischen sozialen Aggregaten technologisch machbar absolut relativ Abb. 1: Die Systematik, mit der ein Startkonflikt aufgeschrieben werden sollte | nach Schneider-Störmann 2015 In → Abbildung 1 ist die Systematik dargestellt, mit der Startkonflikte auf‐ geschrieben werden sollten. Dass die quantitative Betrachtung in absoluten und relativen Größen notwendig und hilfreich sein kann, haben wir soeben gesprochen. Mit ‚spezifisch‘ ist eine Überschrift bzw. die Art des Konflikts gemeint. Im Beispiel oben wäre dies ‚Preisreduktion‘. Andere Beispiele sind ‚Liefermengen‘, ‚CO 2 -Ausstoß‘ oder eben beim Kinobesuch das ‚Filmgenre‘. Wer verhandelt mit wem oder womit? Konflikte finden, sofern es kein intrapersoneller Konflikt ist, zwischen sozialen Aggregaten (Entitäten) statt. Diese sind: • Individuum (Einzelpersonen) • Gruppen (mehrere Einzelpersonen mit gleichen Zielen ohne Hierarchie und Verbund) • Organisationen (Einheiten mit einer Organisationsstruktur bzw. einem Verbund, z. B. Abteilungen in Unternehmen, die Unternehmen selbst usw.) • Umwelt (größere Einheit wir die Legislative, Verbände und andere soziale Ein‐ heiten) 58 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="59"?> Um ein vollständiges Bild der Konfliktsituation zu bekommen, sollten Sie die Entitäten kennen, die entweder einen direkten Einfluss auf die Verhandlung haben oder einen indirekten. Indirekten Einfluss nehmen z. B. die Stakeholder eines Projektes als Gruppe oder als Organisation, denn diese sitzen nicht mit am Verhandlungstisch. Andere Beispiele sind z. B. als Umwelt ein Normungsinstitut oder der Gesetzgeber, der Einfluss auf die Produkteigenschaften oder für den Handel mit diesem Produkt Auflagen erteilt hat. Machbarkeit der Produkte und Konsequenz für den Konflikt Wenn Sie die Ziele kennen, diese spezifiziert und quantisiert haben, kommt ggf. noch die Machbarkeit ins Spiel. Die (technologische) Machbarkeit zielt auf neue (technische) Produkte und ist eine optionale Größe, die angegeben werden kann. In manchen Branchen ist diese sehr bedeutend und kommt insbesondere am Anfang von Produktmanagementprozessen vor. Sind die Produkte nicht realisierbar, so endet die Verhandlung eventuell an dieser Stelle. Alternativ werden die Ziele neu verhandelt und nach einer Lösung gesucht. ▶-Übung-4.2.2 | Startkonflikt Beschreiben Sie einen Startkonflikt nach den oben genannten Kriterien. Nehmen Sie dazu einen Startkonflikt aus den Verhandlungen, die Sie in → 4.1.1 gefunden haben oder nehmen Sie einen neuen Startkon‐ flikt, der Ihnen vielleicht heute begegnet ist. • Spezifisch: Geben Sie dem Startkonflikt einen Namen: Worum geht es? • Quantitativ: Kommen Zahlen darin vor? Dann schreiben Sie diese in absoluten Werten auf. Geht es um Differenzen, dann schreiben Sie diese Differenz als absolute und relative Größe auf. • Soziale Aggregate: Wer ist Ihr Konfliktpartner? Vertreten Sie eine Organisation? Oder haben Sie einen Konflikt zwischen Organisa‐ tionen und z. B. der Gesellschaft (Umwelt) beobachtet? • Ist es ein (technisches) Produkt? Sind die Forderungen der Kon‐ fliktpartner (technologisch) machbar? 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 59 <?page no="60"?> Kennen Sie den Einigungsraum - Stichwort ZOPA Nehmen wir an, dass der Konflikt nun in seinen verschiedenen Facetten be‐ kannt ist. Eine Lösung kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden: Die Ziele aller werden einander angepasst, sodass sie für alle Beteiligten tragbar sind und zur Zufriedenheit führen; oder man belässt die Ziele zunächst und versucht über andere Punkte eine Einigung zu finden, sodass das Ziel einer Seite unverändert bleibt und dafür andere Aspekte der anderen Seite einen größeren Nutzen stiften. Letzteres führt zur Konfliktlösung über den Methodenkonflikt. Wenn die Ziele aller am Konflikt direkt beteiligten Seiten angepasst werden, werden diese versuchen in einer Verhandlung herauszufinden, wie weit die eine oder andere Seite bereit ist, sich von ihren gesteckten Zielen zu entfernen. Dies findet in der zweiten Phase einer Verhandlung statt. (→-Abschnitt 4.9). Als Verkäuferin ergibt sich Ihre Flexibilität durch den Bereich zwischen dem von Ihnen gerade noch akzeptierten Mindestpreis als unterer und Ihrer maximalen Forderung als oberer Grenze. Als Verkäufer haben Sie eine Flexibilität, die sich zwischen Ihrem Wunschpreis als unteres, und Ihrer maximalen Zahlungsbereitschaft als oberes Limit erstreckt. Die Über‐ schneidung ist der Einigungsraum, in dem eine Konfliktlösung möglich ist. Dieser wird Zone of Possible Agreement, kurz: ZOPA, genannt und ist beispielhaft in → Abbildung 2 graphisch dargestellt. In diesem Bild läge die ZOPA zwischen 110 € und 120 €. Es besteht also die Möglichkeit für alle Beteiligten sich auf einen Preis in diesem Rahmen zu einigen. 60 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="61"?> Abb. 2: Zone of Possible Agreement ZOPA. minimaler Verkaufspreis gewünschter Einkaufspreis maximale Zahlungsbereitschaft Zielpreis 105€ 110€ 120€ 125€ ZOPA Abb. 2: Zone of Possible Agreement ZOPA. Hier liegt diese zwischen 110 € und 120 €-| -eigene Darstellung Es ist offensichtlich, dass es nicht immer eine ZOPA geben muss. Es gibt keine Überschneidung der Flexibilitäten. Folglich existiert kein Einigungs‐ raum und es kann keine Konfliktlösung geben. Wirklich? Gibt es keine Wege doch eine Lösung herbeizuführen? Ich war immer ein großer Freund von kreativen Lösungen. Denn nichts ist in Stein gemeißelt. Genau damit befasst sich der nachfolgende Abschnitt. Wenn der Startkonflikt sich nicht einfach lösen lässt: Der Methodenkonflikt Die Verhandlung hängt. Es sieht danach aus, dass sich keine Lösung für den Konflikt anbahnt oder in irgendeiner Weise realisieren lässt. Was können Sie nun tun? Erinnern wir uns an den Unterschied zwischen Forderungen und Po‐ sitionen. Eine Position ist unverrückbar, eine Forderung verhandelbar. Wenn Sie also Ziele mit einer Flexibilität verhandeln, so beruhen die Grenzen Ihrer Flexibilität auf zwei Annahmen: Die für Sie beste Lösung ist wahrscheinlich nicht die Maximalforderung. Selbst Monopolisten nehmen keine Wucherpreise oder stellen extreme Forderungen. Im Gegenzug würde keine Einkäuferin von Ihnen verlangen, dass Sie Ihre Produkte verschenken. Es sind oft Vernunftentscheidungen, die diese Grenzen definieren. 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 61 <?page no="62"?> Anders liegt der Fall bei den unteren Grenzen: Was ist Ihre Schmerz‐ grenze? Wann würden Sie nicht mehr verkaufen? Wie hoch wäre die Forderung, die Sie nicht mehr erfüllen würden, um das Produkt zu erhalten? Was ist ihre Grenze bei Zugeständnissen, um den Konflikt beizulegen? Diese Minimalziele haben Randbedingungen. Ein Unternehmen möchte mit jedem Produkt mindestens x % Profit machen. Ein anderes keine Produkte einkaufen, die einen Preis über y € haben. Oder um das Kinobeispiel zu bemühen: Sie gehen in Actionfilme, schließen aber solche mit zu viel Gewalt aus. Wenn Sie nun keinen Einigungsraum haben, keine ZOPA identifizieren, Sie aber den Konflikt lösen wollen, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als die Randbedingungen erneut zu beleuchten. Denn irgendjemand hat diese Randbedingungen ja gesetzt. Es gibt immer einen Ursprung. Beispiel | In einem Unternehmen, in dem ich gearbeitet habe, war die Vorgabe für eine Produktsparte mindestens 20 % Reingewinn zu erzielen. Daraus ergaben sich für einige Produkttypen Preise, die nicht marktgerecht waren. Die Zahlungsbereitschaft der Interessenten lag etwa 10-15 % niedriger. Also habe ich die Randbedingung hinterfragt. Die Kalkulationen basierten auf einer bestimmten Auslastung der Pro‐ duktionsanlagen. Folglich betrachtete ich diese eingehend. Die Auslas‐ tung der Produktion war zu diesem Zeitpunkt sehr gering, unter 30 %. Die Standzeiten verursachten Verluste. Das Unternehmen entschied daraufhin, dass diese Produkte mit geringerem Gewinn angeboten werden durften. So bekam ich eine neue Flexibilität an die Hand und der Auftrag wurde erteilt. Damit stieg die Auslastung über den Break-even hinaus. Dies erleichterte uns wiederum den Verkauf anderer Produkte dieser Produktsparte. Sollte sich zeigen, dass die Flexibilität der Ziele des Startkonflikts nicht vergrößert werden kann, kommt man nicht weiter. Wenn sich dann eine solche Sackgasse andeutet, begeben Sie sich auf die Suche nach anderen Zielen, die Sie und Ihre Gegenüber gemeinsam haben und die noch nicht Teil der Verhandlung waren. Sie suchen gezielt nach einer Methode, eine Kon‐ fliktlösung herbeizuführen. Es sind Ziele außerhalb des Startkonflikts. Ist die Zahlungsbereitschaft Ihres Kunden zu niedrig? Vielleicht können Sie über die Stückzahlen, neue, zu verkaufende Produkte, Zahlungsziele oder eine 62 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="63"?> bezahlbarere Konfiguration mit reduzierten Qualitätsmerkmalen sprechen. Dann ist Ihre Kreativität gefragt! Meiner Erfahrung nach gibt es nahezu immer eine Methode, den Startkonflikt durch weitere Konfliktlösungen in eine Einigung zu überführen. Aus dieser Methode entwickeln sich im Laufe der Gespräche also ein oder mehrere neue Ziele die zu neuen Konflikten führen. Daher heißen diese Methodenkonflikte. Auch Methodenkonflikte werden wie Startkonflikte systematisch analysiert und beschrieben, wie in →-Abb. 3 gezeigt. Abb. 3: Methodenkonflikt spezifisch Methoden Konflikt andere Ziele als im Zielkonflikt quantitativ zwischen kooperativen sozialen Aggregaten Lösungswege zur Einigung absolut relativ Abb. 3: Die Systematik, mit der ein Methodenkonflikt aufgeschrieben werden sollte | nach Schneider-Störmann 2015c Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass dies nur dann möglich ist, wenn beide alle direkt am Konflikt beteiligten Seiten kooperatives Verhalten signalisieren. Andernfalls wird es nie zu einer Einigung kommen. Damit stellt sich die nächste Frage: Was, wenn es keine Lösung des Startkonflikts gibt und keine Methodenkonflikte existieren oder gelöst werden können? Zunächst ist der Konflikt dann ungelöst, die Verhandlung gescheitert. Aber was ergibt sich dann für Sie und Ihr Gegenüber? Damit befassen sich die nachfolgenden Abschnitte über BATNA und WATNA. 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 63 <?page no="64"?> 4.2.3 Best Alternative to Negotiated Agreement - BATNA oder: Mir kann nicht so viel passieren Die Flexibilitäten aller Konfliktpunkte sind ausgeschöpft und es wurde keine Methode gefunden, den Konflikt zu lösen. Die Verhandlung ist gescheitert. Die Frage ist: Was ist dann Ihre Alternative? Oder haben Sie eventuell mehrere Alternativen? Aus der Sicht einer Einkäuferin wäre das z. B. ein oder mehrere andere Lieferanten. Aus Sicht eines Verkäufers wäre dies, dass der verpasste Auftrag Kapazitäten für andere Aufträge schafft. Oder in Bezug auf das Kinobeispiel: Sie finden keine Einigung über das Genre des Kinofilms? Dann gehen Sie stattdessen etwas Essen und beobachten Sie mit Ihrem Partner die Menschen im Lokal, denken Sie sich Geschichten zu den Gruppen an den anderen Tischen aus. Das mache ich gerne und unterhaltsam ist es auch. Wenn Sie mit einer dieser Alternativen leben können, obwohl das nicht ihr Favorit war, dann sprechen wir von der Best Alternative to Negotiated Agreement, kurz: BATNA (Roloff und Dailey 1987; Brett, Pinkley und Jackofsky 1996). Man kann BATNA auch als Plan B verstehen oder als 2nd Best. Ich halte viel davon, sich darüber vor der Verhandlung Gedanken zu machen. Es beruhigt, wenn man eine andere Lösung im Hinterkopf hat, es verleiht einem Verhandlungsmacht, da man selbstsicherer auftreten kann. 4.2.4 Worst Alternative to Negotiated Agreement - WATNA oder: Die Angst des Torwarts vorm Elfmeter Sie haben kein BATNA und der Konflikt kann nicht gelöst werden? Dann entspricht dies dem schlechtesten Fall, der eintreten kann. Zuweilen wird dies die schlechteste Alternative zum Verhandlungsergebnis (Scheitern), im englischen Worst Alternative to Negotiated Agreement, kurz: WATNA, genannt. Hatte ich kein BATNA, habe ich mir vor einer Verhandlung selten Gedanken über mein WATNA gemacht. Denn zu wissen, was passiert, wenn man einen Auftrag nicht bekommt, kann zu Unsicherheiten und Fehlern während der Verhandlung führen. Leider werden gerade Verkaufende von ihrem Umfeld, insbesondere von Vorgesetzten gerne unter Druck gesetzt. „Es müssen diese Woche noch drei Abschüsse her! “ „Das Umsatzziel muss er‐ reicht werden! “ „Wenn… dann… sonst…! “ Auch Zielvereinbarungen können 64 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="65"?> denselben Druck ausüben. Dies kann zur Leichtfertigkeit in Verhandlungen führen. Ich habe schon erlebt, dass Kollegen Teile der Kosten nicht berück‐ sichtigt haben, nur um den Auftrag von diesem Kunden zu bekommen. Meine Zielvereinbarungen, die im November für das kommende Jahr geschlossen wurden, habe ich immer in die unterste Schublade meines Rollcontainers gelegt, „vergessen“ und erst zur Abrechnung wieder heraus‐ geholt. Sie sehen, ich halte nichts vom WATNA. Das ist eine persönliche Einstel‐ lung, bei mir hat dies wunderbar funktioniert. Für mich waren und sind WATNA eine Drohkulisse, wie bei der Torfrau im Ballsport: Beim Elfmeter ist es ihr Ziel, den Ball zu halten. Ihr WATNA ist, dass der Ball ins Tor geht und ihr Verein vielleicht aus einem Wettbewerb ausscheidet. Ich bin sicher, dass die Torfrauen und -männer dies verdrängen können und eher ihre Chancen sehen. Sie können so nur gewinnen. 4.2.5 Gute Verhandlungsergebnisse verbessern die Beziehung Was sind also gute Verhandlungsergebnisse und warum kann sich dadurch die Beziehung zwischen beiden Konfliktparteien verbessern? Gehen wir zunächst davon aus, dass es ein Ergebnis gibt und der Konflikt beigelegt wurde. Es gibt also eine Lösung, die im Marketing z. B. das Erreichen der Zielgruppe oder im Vertrieb der Abschluss eines Vertrages sein kann. Wichtig ist, dass die verhandelnden Seiten innerhalb des Einigungsraums, der ZOPA geblieben sind. Es kommt also nicht dazu, dass man sich mit dem BATNA oder gar dem WATNA zufriedengeben muss. Im Idealfall wurde der Wert des Produktes gesteigert, entweder durch einen größeren Nutzen, einen geringeren Preis oder beides gleichzeitig. Trifft alles zu, dann haben Sie ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt. Warum verbessern sich dann aber Beziehungen? Betrachtet man den zeitlichen Ablauf einer Verhandlung, so gehen wir zunächst davon aus, dass beide Seiten keinen Konflikt, aber eine Beziehung miteinander haben. Diese Beziehung hat einen gewissen Level an Qualität der sozialen Beziehung (Tries 2008a). Diese Qualität kann kennzeichnet sein durch • den Umgangston untereinander, • das Maß der Zufriedenheit mit - der Qualität der ausgetauschten Produkte, 4.2 Was sind gute Verhandlungsergebnisse? 65 <?page no="66"?> - dem Freiheitsgrad innerhalb vereinbarter Regelungen und - dem Maß am gegenseitigen Nutzen, • dem Erfüllungsgrad verschiedener Merkmale (siehe auch Kano) Hier können weiter Kriterien einer Qualität aufgeführt werden, wie sie typischerweise durch das Marketing bei einer Kundenzufriedenheits‐ analyse abgefragt werden. Kommt es nun zu einem Konflikt in der Beziehung, sinkt zunächst die Qualität des sozialen Systems. Im einfachsten Fall liegt eine Unzufrieden‐ heit vor. Je nachdem, wie der Konflikt gelöst wird, kann es zunächst zu einer weiteren Verschlechterung der Beziehungsqualität kommen. Im Falle einer Konfliktlösung, bei der mindestens eine der Seiten nur Minimalziele durchsetzen kann, bleibt die Qualität unterhalb der Ausgangsqualität. Wird der Konflikt bereinigt, ohne zusätzlichen Nutzen für beide Seiten, erreicht die Qualität wieder den Zustand vor dem Auftreten des Konflikts. Nur dann, wenn im Rahmen des Lösungsprozesses eines der Qualitätsmerkmale gesteigert wird, wird die Qualität gesteigert. Dies sollte das Ziel in einer Beziehung sein. Damit wird deutlich, welche Kriterien erfüllt sein sollten, damit ein gutes Verhandlungsergebnis vorliegt. Wissen-| Gutes Verhandlungsergebnis Mindestens eines der Kriterien muss erfüllt sein: • Die Einigung (Lösung) erfolgt innerhalb der ZOPA. • Keine Seite muss auf das BATNA zurückgreifen. • Die Verhandlung hat für keine Seite das WATNA zur Folge. • Die Qualität der Beziehung liegt mindestens auf dem Ausgangni‐ veau vor dem Eintreten des Konflikts, also der Umgangston oder die Zufriedenheit verbesserte sich auf beiden Seiten. • Merkmale der Verhandlungssache werden in gewünschter Weise erfüllt. Je mehr Kriterien erfüllt sind, umso besser ist das Verhandlungsergebnis. Diese Kriterien geben keinen Hinweis darauf, wie gut eine Verhandlung 66 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="67"?> geführt wird, denn die Verhandlungsführung erfordert entsprechende Vor‐ bereitungen. Davon handelt auch das nachfolgende Kapitel. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Der Nutzen für die Verhandlungspartner spielt eine Rolle für die Qualität des Verhandlungsergebnisses. BATNA, WATNA und ZOPA sind Begriffe, die unmittelbar mit Verhandlungserfolg zu‐ sammenhängen. Die Ziele können sich in Verhandlungen ändern. Er‐ folgreiche Verhandlungen verbessern das Beziehungsverhältnis zum Verhandlungspartner. Wie wenden Sie das an? Machen Sie sich den Nutzen einer potenziel‐ len Konfliktlösung für sich deutlich. Zeigen Sie auch dem Verhandlungs‐ partner seinen Nutzen auf. Erkennen Sie den Startkonflikt und bereiten Sie Alternativen vor. Gehen Sie nie ohne BATNA in Verhandlungen. Nötigenfalls prüfen Sie Ihr WATNA. Legen Sie Ihre Grenzen fest, sodass Sie das ZOPA in der Verhandlung erkennen können. 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit „Before anything else, preparation is the key to success.“ Alexander Graham Bell (*1847 †1922) Überblick | Sie erfahren hier, … • dass das Buying Center die Einflussnehmer nur beim Kunden aufzeigt, • dass die Konfliktlandkarte entscheidend für die Verhandlungsvor‐ bereitung ist, • dass die Konfliktlandkarte ein vollständiges Bild aller ergibt, die direkt oder indirekt Einfluss auf die Verhandlung nehmen und • wann es sich lohnt, eine Konfliktlandkarte zu erstellen. 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit 67 <?page no="68"?> In diesem Abschnitt greife ich auf die Begriffe zurück, die ich im → Ab‐ schnitt 4.2.2 besprochen habe. Ich tue dies, weil die Einteilung hilft, eine Landkarte der Verhandlungssituation zu skizzieren. 4.3.1 Das Buying Center: Gut zu kennen Das Buying Center besteht aus allen Individuen und Gruppen, die am Kaufprozess einer Organisation beteiligt sind ( Johnston und Bonoma 1981a, 143). Ein Individuum ist eine Person, die individuell handelt, also ein Handelsvertreter oder ein Käufer. Die →-Abbildung 4 zeigt die verschiedenen Rollen: Abb. 4: Buying Center Buying Center Einkäuferin Influencer Entscheider Initiator User Promoter Gate Keeper Abb. 4: Das Buying Center | nach Kotler 2011; Johnston und Bonoma 1981b; Schnei‐ der-Störmann 2018 Die Mitglieder des Buying Centers und deren Funktionen finden Sie in der nachfolgenden Auflistung (Kotler 2011): • Initiatoren Initiatoren beginnen den Entscheidungsprozess mit der Anfrage zum Kauf eines (technischen) Produkts wie System, Komponente, Dienstleis‐ tung, Software oder ähnlichem, also des (technischen) Gutes. 68 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="69"?> • Entscheider Entscheider sind die Personen, die letztendlich die Entscheidung für den Kauf treffen. Die Einzelperson darf den Vertrag nicht unterzeichnen. Sie hat aufgrund ihrer Stellung bzw. ihres Rufes („Eminence Grise“ oder auch die Graue Eminenz) im Unternehmen das „letzte Wort“. • Käufer Käufer sind dafür verantwortlich, die Lieferanten vorzuschlagen und/ oder auszuwählen, die die Produkte anbieten können. Die Käuferin ist für den Kaufprozess innerhalb ihres Unternehmens verantwortlich. • Influencer Influencer übernehmen die Verantwortung für die Spezifizierung der (technischen) Güter. Sie bewerten die Vorschläge der potenziellen Lie‐ feranten und machen Vorschläge, welcher Lieferant die Nutzenfunktion ihres Unternehmens am besten erfüllt. • User User nutzen das Produkt. • Gatekeeper Der Gatekeeper steuert die Informationen während des Kaufprozesses. Er übernimmt die Kontrolle über die ein- und ausgehende Kommunika‐ tion sowie die Kommunikation innerhalb des Buying Centers. Johnston und Bonoma sehen zusätzlich die Promoter im Buying Center ( Johnston und Bonoma 1981b). • Promoter Promoter stehen einem bestimmten Lieferanten aufgrund von Effizienz, Qualitätsaspekten, Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit, guten persönlichen Kontakten und anderen Gründen positiv gegenüber. Grundsätzlich kann jede Person auch mehrere Funktionen des Buying Centers übernehmen. Oftmals ist die Einkäuferin zugleich Entscheiderin. Das Buying Center wird auch als Entscheidungseinheit, englisch De‐ cision Making Unit (DMU) bezeichnet (Havaldar 2009). Ein Ziel der Verkäuferin ist die Einflussnahme auf die DMU. Innerhalb dieses Buying Centers können einzelne Individuen gleichzeitig mehrere Verantwortlich‐ keiten haben. Beispielsweise kann der User auch Initiator oder Influencer sein. Das Buying Center ist eine brauchbare Analyse des Kunden, wenn es um Verkauf von Produkten geht. Kennen Sie die Individuen, die das Buying 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit 69 <?page no="70"?> Center ausmachen, sind Sie schon ein ganzes Stück in die Strukturen des Unternehmens vorgedrungen. Wenn wir gleich wieder über Konflikte sprechen, ist es wichtig zu wissen, dass es auch Konflikte innerhalb des Buying Centers geben kann. Ich habe während meiner Vertriebstätigkeit viele davon bei verschiedenen Organisationen ausgemacht. Da war zu Beispiel ein Einkäufer, der deutlich andere Bedarfe meldete als der User der Produkte. Es gab also immer ärgerliche Differenzen zwischen den Gesprächspaarungen Kunde-Lieferant, konkret an den Schnittstellen Einkäufer-Verkäufer und User-Innendienst. Die Lösung erforderte einen gemeinsamen Austausch vor Ort beim Kunden. Es wurde danach besser. Sie sehen: Mit zwischenmenschlichen Konflikten und bei einer professio‐ nellen Vorbereitung der Konfliktlösungsverhandlung müssen also nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Konflikte offen sichtbar sein. Konflikte kommen aber nicht nur innerhalb des Buying Centers oder zwischen Buying Center und Vertrieb vor. Es ist oft der Fall, dass Dritte Einfluss nehmen auf die zu verhandelnden Punkte. Man braucht dabei nur an Wettbewerber zu denken. Es gibt aber auch noch eine große Zahl weiterer Spieler, die zwar nicht am Verhandlungstisch sitzen, aber dennoch die Verhandlungsoptionen beeinflussen. Damit folgt, dass wir uns eingehender mit der gesamten Landschaft des Konflikts (oder der Konflikte) befassen müssen. 4.3.2 Die Konfliktlandkarte: Viel besser als „nur“ das Buying Center Während das Buying Center die Entscheidungsbefugten berücksichtigt, geht die Zahl der Einflussnehmenden am Konflikt weit darüber hinaus. Dazu gehören auch andere Individuen, Gruppen, Organisationen und die Gesellschaft, sofern diese einen indirekten Einfluss auf die Verhandlung haben, aber deren Ergebnis nicht direkt mitbestimmen. Mit anderen Worten: Alle sozialen Aggregate, die nicht am Verhandlungstisch sitzen, die aber Randbedingungen setzen, gehören zur vollständigen Analyse dazu. Zu den kommunikativen Beziehungen gehören daher diese Konfliktquellen, die zusätzlich zum mit der Verhandlung verbundenen Startkonflikt auftreten können. Um also eine vollständige Analyse der Verhandlungssituation durchfüh‐ ren zu können, ist es notwendig, zunächst die offensichtlich beteiligten Personen und Organisationen aufzulisten. Hierzu zählen beispielsweise die 70 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="71"?> Person als Individuum (Ich) und die direkte Gesprächspartnerin als anderes Individuum. Darüber hinaus gibt es die Unternehmen beider Seiten als Organisationen. Bekannte, mitbietende Konkurrenten sollten ebenfalls genannt werden. Typischerweise kennen Verkäuferinnen technische Fähigkeiten und Preis‐ vorstellungen der Wettbewerber. Dies erleichtert die Vorbereitung geeigne‐ ter Verhandlungsstrategien und -taktiken. Sofern es sich um technische Spezifikationen mit einem Pflichtenheft handelt, sind in der Regel die Organisation der Entwicklungsabteilung des Kunden sowie die zuständige Lieferantenabteilung des eigenen Unter‐ nehmens anzugeben. Es sollten auch Normen, Richtlinien, Gesetze etc. berücksichtigt werden, was durch die Nennung der Gesellschaft(en) bzw. Organisation in der Landschaft kenntlich gemacht wird. Wenn alle Einflussfaktoren und (potenziellen) Konfliktquellen bekannt sind, kann die Analyse als strukturelle Analyse der Konfliktlandschaft in einer Grafik umgesetzt werden (Schneider-Störmann 2015b; 2015a). Der Ursprung der Konfliktlandkarten geht auf Soziogramme zurück. In Soziogrammen sind Individuen und deren Beziehungen zu sehen (Moreno u. a. 1932; Rapoport und Horvath 2007; Mayer, o. J.). Zwischen diesen exis‐ tieren mehr oder minder ausgeprägt auch Konflikte. Durch ein Soziogramm wird ein zielgerichtetes Lösen der Konflikte möglich, weil die Quellen der Konflikte offenbar werden. (→-Abschnitt 3.2). Ein Beispiel einer fiktiven Konfliktlandkarte, finden Sie in → Abbildung 5. Die Nummerierungen beziehen sich auf die Konflikte zwischen direkt oder indirekt Beteiligten. In den nummerierten Ausführungen des Beispiels sind diese Konflikte beschrieben. Dritte lassen die Situation komplexer werden. 1. Sie befinden sich als Verkäuferin Laura (Individuum) in Ihrem Unter‐ nehmen Meine AG (Organisation). Sie verhandeln mit Einkäufer Dirk (Individuum) von der Kunden GmbH (Organisation) über ein techni‐ sches Produkt. Die Gespräche laufen wegen der harten Norm DIN EN 54321 schwierig. 2. Während der Verhandlungen ändert ein Normenausschuss (Organisa‐ tion) die Norm DIN EN 54321 für dieses Produkt. Die Anforderungen steigen. Da niemand vom Ausschuss in Ihrer Verhandlung sitzt, der Ausschuss aber dennoch auf die Verhandlung einwirken wird, ist dies ein Einfluss Dritter. 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit 71 <?page no="72"?> 3. Christina (Individuum) aus der Abteilung Qualitätssicherung (Organi‐ sation in einer Organisation) teilt Ihnen diese Änderung mit. 4. Sie müssen nun erneut über die Norm für das Produkt verhandeln. Die Komplexität ist durch den Einfluss Dritter, hier dem Normenausschuss, für das Produkt gestiegen. (→-Abschnitt 3.2.6) Abb. 5: Beispiel einer einfachen Konfliktlandkarte (eigene Darstellung) Meine AG Abteilung Qualitätssicherung Christina Verkäuferin Laura Kunden GmbH Einkäufer Dirk Umwelt: Normenausschuss DIN EN 54321 1, 4 2 3 Abb. 5: Beispiel einer einfachen Konfliktlandkarte | eigene Darstellung ▶-Übung 4.3.2 | Konfliktlandkarte Skizzieren Sie eine Konfliktlandkarte. Dazu benötigen Sie erstmal ein Szenario: • Sie sind die Vertriebsingenieurin Veronica und arbeiten in der Firma TYPISCH. Sie haben zwei Kunden, die dasselbe Produkt bei Ihnen kaufen: Ihr wichtigster Kunde Groß AG (GAG) und Ihr zweitwichtigster Kunde Mittel GmbH (MGH). MGH hatte kürzlich bei Ihnen diese Produkte bestellt. • Nun fragt der Einkäufer Ahmet des Kunden MGH nach dem Liefertermin für die Waren. Sie sagen ihm, dass alles termingerecht ankommen wird. 72 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="73"?> • Kurz danach wendet sich ihre Leiterin der Produktionsabteilung Samira an Sie und teilt Ihnen mit, dass die Produktionsanlage wegen eines Fehlers nur die Hälfte produzieren kann. Der beste‐ hende Auftrag von MGH wird noch termingerecht abgeschlossen. Danach muss die Anlage eine längere Zeit repariert werden. • Eine Stunde später ruft Sie der Einkäufer Ömer Ihres wichtigsten Kunden GAG an. Sein Geschäft läuft gut und er erwartet, dass Sie ihm wie üblich schnellstmöglich das Produkt liefern werden. Übungsteil 1: Welche sozialen Aggregate finden Sie im Text (Sie als Individuum Veronica miteingeschlossen)? Markieren Sie diese. Übungsteil 2: Ordnen Sie jedem gefundenen Aggregat ihren Typen zu (→ Abschnitt 4.2.2). Finden Sie Individuen, die Teil einer Organi‐ sation sind? Übungsteil 3: Skizzieren Sie nun die Konfliktlandkarte (noch ohne Verbindungen). Übungsteil 4: Welche Beziehungen und Konflikte finden Sie in dieser Situation? Übungsteil 5: Wichten Sie die Konflikte danach, wie schwer diese aus Ihrer Sicht zu lösen sind. Anschließend zeichnen Sie die Kon‐ flikte als nummerierte Pfeile in die Konfliktlandkarte ein. Sie können unterschiedlich dicke Pfeile nehmen oder farbliche Markierungen verwenden, um die Konfliktintensität optisch darzustellen. Warum lohnt sich die Zeit, eine Konfliktlandkarte zu zeichnen? Sie sehen, die Landkarte ist umfassender und vollständiger als eine Aufstel‐ lung des Buying Centers. Allerdings ist es mitunter aufwändiger, diese zu erstellen als beim Buying Center, denn schließlich gibt es im Buying Center nur eine begrenzte Zahl an Beteiligten. Aber wie bereits erwähnt kommen Wettbewerber oder wie in unserem Beispiel firmeninterne Individuen nicht darin vor. Umgekehrt würden alle Mitglieder des Buying Centers in der Landkarte auftauchen. Sie ist also vollständiger. Durch das Eintragen der Konflikte ist erkennbar, wo sich diese ballen oder wo die intensivsten vorliegen. Zur Konfliktlösung können Sie anhand der Karte leicht die Punkte identifizieren, an denen es sich lohnt, zuerst an Lösungen zu arbeiten. 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit 73 <?page no="74"?> Tatsächlich können Sie Konfliktlandkarten auch wie Wanderkarten lesen: Es gibt direkte Wege, Konflikte zu lösen. Daneben können auch scheinbare Umwege existieren, die aber nicht so steinig und steil sind. Das kann im Zweifel dann der bessere Weg sein, zum Ziel der Konfliktlösung zu kommen. Wie würden Sie die Konflikte aus unserem Beispiel auflösen? 4.3.3 Entscheidungshilfe: Wann verwendet man welche Methode? Sie mögen sich fragen, wann lohnt es sich eine Konfliktlandkarte zu erstellen, wann reicht es aus, das Buying Center zu kennen? Meiner Erfah‐ rung nach lohnen sich Konfliktlandkarten, je länger eine Beziehung besteht und je komplexer die Vorgänge zwischen den Akteuren sind. Und: Man kann nie früh genug damit anfangen, eine Konfliktlandkarte zu erstellen. Sie kann helfen, Entscheidungen zu treffen, um entweder eine Konfliktlösung anzugehen oder zu entscheiden, dass eine Konfliktlösung nicht realistisch ist. Im letzteren Fall kann man sich dann anderen Vorgängen widmen und die Beziehung auch beenden. Das kam in meiner Laufbahn genau einmal vor: Die Landkarte zeigte mir, dass es meinem Unternehmen nie gelingen würde, einen Wettbewerber zu verdrängen, denn in der Landkarte tauchte dieser als ein Teil der Veredelungskette des Produktes auf. Alle Produkte landeten früher oder später für einen Produktionsschritt beim Konkurrenten. Nur dieser beherrschte den Veredelungsschritt, was einem Alleinstellungsmerkmal entspricht. Damit war uns klar: Wir würden von unserer Konkurrenz nie faire Preise bekommen, um das gleiche Produkt demselben Kunden anbieten zu können. Als schließlich gesichert feststand, dass wir den Veredelungsschritt des Wettbewerbers nicht selbst realisieren konnten, verfolgten wir das Geschäft nicht und wendeten uns anderen Optionen zu. (Es lag also ein BATNA vor.) Die → Tabelle 2 soll Sie bei der Entscheidung unterstützen, wann und in welchem Maße welche der beiden Methoden zielführend ist. Zweck der Beziehungen Buying Center Konfliktlandkarte Neukundengewinnung + + Kauf von Konfektionsware + − standardisierte Produkte + + + − 74 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="75"?> Projektentwicklung − + entwicklungsbedürftige Pro‐ dukte + + + Konflikte zwischen mehreren Parteien − + + + Lieferketten-Konflikte − + + + Standortfragen − − + + Einmalgeschäfte: standardisierte Produkte + + + − − Einmalgeschäfte: kundenspezifische Produkte + + + + Tab. 2: Entscheidungshilfe für die Anwendung Buying Center und Konfliktlandkarte | eigene Darstellung Sie erkennen, dass Katalogwaren und standardisierte Produkte in der Regel keine Konfliktlandkarte erfordern, kundenspezifische oder projektba‐ sierte Produkte hingegen schon. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Das Buying Center beinhaltet die Individuen im Unternehmen, mit dem Sie verhandeln möchten. Es umfasst die wesent‐ lichen Beteiligten an der kommenden Verhandlung. Die Konfliktland‐ karte zeigt alle direkt und indirekt Beteiligten an der Verhandlung auf. Diese nehmen Einfluss auf die Verhandlung. Sie haben eine Entschei‐ dungshilfe an der Hand, wann Sie auf das Buying Center zurückgreifen, wann auf die Konfliktlandkarte. Wie wenden Sie das an? Starten Sie bei der Entscheidungshilfe. Prüfen Sie den Zweck der Verhandlung. Gehen Sie die Ihnen bekannten Kontakte und Beziehungen des Verhandlungspartners durch. Skizzieren Sie dann das Buying Center und/ oder die Konfliktlandkarte mit den Konflikten. 4.3 Systematische Verhandlungsvorbereitungen geben Sicherheit 75 <?page no="76"?> 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig „If you think you’re too small to have an impact, try going to bed with a mosquito.“ Anita Roddick, (*1942 †2007) Überblick | In diesem Abschnitt lernen Sie, … • dass Macht selbst erreicht werden kann, • dass einem ein Status verliehen wird, • dass Macht und Status zusammenhängen, • dass Macht viele Facetten hat, • wie Machtverlust verhindert wird und • dass Machtgewinn während einer Verhandlung möglich ist. Ich bin einmal mit einem Kollegen zu IBM an der Westküsste der USA gefahren. Wir hatten einen Termin im IBM Almaden Research Center in Kalifornien bekommen. Als wir die Pforte passieren durften - nach der Kontrolle des Autokennzeichens und der Pässe - fuhren wir erstmal zwei Kilometer durch eine Art Park, in dem sich auch Wild tummelte. Schließlich, auf einem Hügel, kamen die IBM-Gebäude in Sicht. Wir parkten und gingen in eine Empfangshalle aus poliertem grünem Stein, in der gefühlt Platz für ein kleines Düsenpassagierflugzeug war. Wir wurden zu unserem Gastgeber geleitet, vorbei an hunderten Patentnachweisen, die wie Fliesen aus Messing die Wände des Ganges zierten. Als wir wieder das Gelände verlassen hatten, hielt mein Kollege, der schon so einiges gesehen hatte, am Straßenrand an. „Und, wie fühlst du dich? “ fragte er mich, sichtlich erschöpft. Ich antwortete: „Klein und unbedeutend.“ Er nickte nur und fuhr dann wortlos weiter. IBM nutzt eine Form der Machtausübung: die finanzielle und ressourcenbe‐ zogene Macht durch entsprechende Architektur (finanzieller Aspekt) und Gestaltung (Liste an Patenten). Aber dies ist nur eine von vielen Formen der Macht. In den nachfolgenden Abschnitten gehe ich auf einige Typen der Macht ein, beschreibe wo Machtverlust droht bzw. wann dieser eintritt und wie man an Macht in Verhandlungen gewinnen kann. 4.4.1 Nicht nur Wissen ist Macht Kennen Sie auch solche Situationen? Fühlten Sie sich schon einmal vollends machtlos? Oder ist das Gegenteil vertraut und Sie spürten ein Gefühl der 76 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="77"?> 19 Weber hat ebenfalls Herrschaft definiert: „Möglichkeit, den eigenen Willen dem Ver‐ halten anderer aufzuzwingen, kann unter den allerverschiedensten Formen auftreten.“ (Weber 1922, III. Abteilung: 648) absoluten Überlegenheit? Das sind sicherlich zwei extreme Gefühle der Macht. Macht ist immer relativ. Um sich machtlos zu fühlen, müssen Sie sich jemanden gegenüber befinden, der Ihnen überlegen ist. Gleiches gilt auch umgekehrt. Die Extremfälle sind eher selten in Verhandlungen. Und Machtverhältnisse verschieben sich oft im Laufe von Verhandlungen. In diesem Abschnitt möchte ich Ihnen aufzeigen, welche Arten von Macht es gibt. Wenn Sie diese verinnerlichen, dann können Sie einen eigenen Beitrag dazu leisten, dass Sie keine Macht verlieren und sich die Machtverhältnisse zu Ihren Gunsten verschieben. Begeben wir uns in eine Verhandlung: Die Beteiligten treffen zum ersten Mal aufeinander. Es werden Visitenkarten ausgetauscht. Auf Ihrer steht Key Account Manager, auf der von Ihrer Verhandlungspartnerin steht CFO, Head of Purchasing Department. Darüber hinaus stellt sich Ihnen die Person als die Mitinhaberin des Unternehmens vor. Wie fühlt sich das an? Ich denke mal nicht so gut, wenn beide Unternehmen sich ansonsten wenig in Größe und Bedeutung am Markt unterscheiden. Macht ist vielseitig. In diesem Fall besteht eine hierarchische Distanz zwischen Ihnen beiden (Macht der Distanz). In der wissenschaftlichen Literatur gibt es zahlreiche Auflistungen verschie‐ dener Arten der Macht (Tries 2008b; Mandell, Petraeus und Subramanian 2020; Schaerer u. a. 2020; Hong und Van Der Wijst 2013; Herbst, Voeth und Meister 2011). Als erster hat Max Weber Macht in sozialen Beziehungen definiert: Definition | Macht nach Weber „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eignen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel wor‐ auf diese Chance beruht.“ (Weber 1922, III. Abteilung: 50) 19 Ich möchte hier auf die wesentlichen Machttypen eingehen, die häufig in Ver‐ handlungen auftreten. Machtinstrumente, die im Rahmen der langfristigen Vorbereitung erkennbar sind, habe ich mit dem Symbol ♦ gekennzeichnet. Das Symbol (♦) bedeutet, dass dies nicht immer offengelegt wird. 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig 77 <?page no="78"?> 20 Strukturelle Macht, als Beispiel, beinhaltet auch militärische Überlegenheit, politischer Einfluss durch Fraktionen und Seilschaften. Es beinhaltet nicht die Individuen, sondern Einrichtungen und Strukturen, die genutzt werden, um Macht auszuüben. 21 Beispiele: Unterschiedliche Sitzhöhen, herabwürdigende unfaire Rhetorik, Hierarchien usw. 22 Wie erwähnt finden Sie in der Literatur sehr viel mehr Beispiele für Macht. Eine vollständige Auflistung aller Beispiele ist hier nicht sinnvoll. Art der Macht Beschreibung finanzielle Macht Anteil am gesamten Einkaufsvolumen [%], Einkaufsanteil Anteil am gesamten Verkaufsvolumen [%], Lieferanteil ♦ Börsenwert♦ Unternehmensumsatz (♦) ressourcenbezogene Macht Oligopol ♦ Monopol ♦ strukturelle Macht 20 Netzwerke von Interessengruppen Macht durch Wissen Technologievorsprung (♦) Wissen über Produkte, Markt, Individuen in Un‐ ternehmen sowie die Unternehmen selber (♦) Macht durch Distanz physische und psychische Distanz 21 , Hierar‐ chieunterschiede Macht durch Verhandlungs‐ expertise rhetorische Fertigkeiten durch Erfahrungen Macht durch Belohnung positives Feedback mit Belohnung Macht durch Bestrafung negatives Feedback mit Bestrafung Macht durch Legitimation Handlungskompetenz qua Funktion Macht durch Vertrauen bilaterale Akzeptanz der Aussagen Macht durch Sicherheit Gefühl der Sicherheit durch Alternativen bei dro‐ hendem Scheitern der Verhandlung (BATNA, ♦) Sicherheit im Auftreten und Verhalten (Souverä‐ nität, Überlegenheit) Tab. 3: Typen von Macht 22 78 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="79"?> 23 Während der Pandemie Medikamente aus Indien und China. Während des Ukraine Krieges konventionelle Energieträger aus Russland. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. In der Vorbereitung einer Verhandlung können Sie die Konfliktlandkarte erstellen. Dabei erfassen Sie schon Namen und Funktionen der direkt beteiligten Individuen. Finden die Verhandlungen zwischen Vertreterinnen von Unternehmen statt, können Sie leicht die Unternehmensgrößen, Um‐ satzzahlen und Profite erfassen. Bei privat geführten Unternehmen würde eine Vorstellung dieser Firma am Anfang einer Verhandlung stehen, um eine Einordung treffen zu können. Analysiert man eine Verhandlung, kann dies sehr umfassend und un‐ übersichtlich werden, wenn man alle Faktoren berücksichtigen möchte. Da aber nicht alle Instrumente der Macht parallel eingesetzt werden und bestimmte auch vorrangiger, dominanter sind als andere, ist es doch möglich, in Verhandlungen den Überblick zu behalten. Der Einsatz von Macht entspricht immer einer offensiven Strategie. (→ Abschnitt 4.6) In den Vorbereitungen sollten Sie bekannte Machtele‐ mente bereits notieren und sich darauf einstellen. Gleichzeitig überlegen Sie, welche Macht Sie im Vergleich zur Gegenseite haben. Ich möchte auf einige der oben genannten Machtformen eingehen, die regelmäßig in Verhandlungen zu finden sind. Finanzielle Macht Um die finanzielle Macht zu bestimmen, sollten Sie wissen, wieviel Prozent vom gesamten Umsatz Ihres Unternehmens Sie (potenziell) erreichen kön‐ nen. Es ist legitim nachzufragen, wie viel Prozent am gesamten Einkaufsvo‐ lumen Ihre Produkte ausmachen, sofern Ihre Produkte keine Schlüsselpro‐ dukte sind und diese nicht ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Meistens ist es sinnvoll nachzufragen, wie hoch der potenzielle Lieferanteil für die zu verhandelnde Produktgruppe ist. Außerdem können Sie die Kennzahlen der verhandelnden Unternehmen vergleichen. Ressourcenbezogene Macht Anfang der 2020er-Jahre wurde spürbar, wie groß die Abhängigkeiten der Wirtschaft der EU-Staaten von Produkten und Rohmaterialien aus solchen Drittstaaten war, die nicht mehr liefern konnten oder wollten. 23 Grundsätz‐ 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig 79 <?page no="80"?> lich sind Mitglieder von Oligopolen und Organisationen mit Monopolen sehr verhandlungsstark, sie können eine sehr große Macht ausüben. In der Regel wird dies nicht überstrapaziert, da ein Leidensdruck der Bezieher der Ressourcen die Attraktivität von Alternativen steigert. Für die von Monopo‐ listen oder von Oligopolen Abhängigen sinken die Markteintrittsbarrieren und sie versuchen, sich andere Ressourcen zu erschließen. Daher kann die Machtausübung als Monopolist auch zu Machtverlust führen, wenn die Abhängigkeit wegfällt. Macht durch Wissen Technologievorsprung stellt eine spezielle Form der ressourcenbezoge‐ nen Macht dar. Ein Technologievorsprung ermöglich aber nicht nur Abhän‐ gigkeiten zu formen, sondern bietet umso mehr Gestaltungsspielräume in kooperativen Systemen. In der Halbleiterindustrie stehen die Unternehmen, die die Produkte zur Herstellung der Chips entwickeln in enger Abstimmung miteinander: teilweise kooperieren Wettbewerber miteinander, um die Kos‐ ten der Entwicklungen zu senken. Wenn Sie umfassende Marktkenntnisse haben, die z. B. Lieferanten, Wettbewerber, Kunden (und Verbraucher) einschließen, können Sie dieses Wissen mit Ihren Gesprächspartnerinnen teilen. Dies führt dazu, dass Sie an Ansehen gewinnen. Gleichzeitig stärkt dies Ihre Macht durch Vertrauen in Sie oder in Ihr Unternehmen. Macht durch Distanz Diese Form der Macht und deren Ausübung ist sehr weit verbreitet. Sie finden hier eine Auflistung verschiedener Instrumente (ohne Gewichtung und ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Viele davon sind selbsterklärend. Physische Machtinstrumente • Position im Unternehmen (Hierarchie) • Sitzordnung (Mittelplatz, Kopfplatz versus Randplatz) • Sitzmöbel (Thron versus Stuhl) 80 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="81"?> 24 Auf Messen wird Mitarbeiterinnen oft das Tragen von kurzen Röcken, Blusen usw. vorgeschrieben. Dies ist diskriminierend, nimmt aber zumindest in Deutschland ab. Im Sportbereich findet diese Form der Diskriminierung noch in vielen Disziplinen statt. Die British Airways hatte 2023 transluzente Blusen für ihr weibliches Personal vorgeschrieben, nach berechtigtem Protest diese Regelung aber wieder zurückgezogen. 25 Frankreich hat bei Gesprächen eine Unterbrechungskultur. Hier kann es vorkommen, dass man unterbrochen wird, ohne dass dies abwertend gemeint ist. • Bekleidung und Bekleidungsvorschriften (Maßangefertigte Bekleidung versus Konfektionsware versus diskriminierende Bekleidung 24 ) • Zeitverlust (Besuch lange warten lassen) Psychische Machtinstrumente • Ablehnung eines Handschlags (in Regionen, in denen der Handschlag üblich ist) • das Übergehen von Wortmeldungen • kein Blickkontakt • das Unterbrechen von Sätzen 25 • wiederholtes falsches Aussprechen des Namens oder falsche Anrede • verwenden von Satzelementen mit subtilen Erniedrigungen („junge Frau“ oder „junger Mann“) • allgemein: unfaire Dialektik (falsche Behauptungen, unterschwellige Herabsetzungen und Beleidigungen, subtile manipulierende Methoden usw.). • Ablehnung von Vorschlägen ohne Begründung • Ausschluss bei Gruppenbildung in Pausen (durch physische Distanz) Macht durch Legitimation Hier kommt zum Tragen, welche Person Entscheidungsgewalt hat. Dies kann z. B. eine Unterschriftsberechtigung sein. Des Weiteren können Orga‐ nisationen oder der Gesetzgeber diese Form der Macht ausüben. Macht durch Sicherheit Drohen Verhandlungen zu scheitern, können die Konflikte nicht gelöst werden, so verleiht den Verhandelnden ein BATNA Sicherheit. Diese Sicherheit verursacht wiederum Gelassenheit, da nicht die Gefahr besteht, 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig 81 <?page no="82"?> 26 Das Zeichnen von sauberen Tabellen am Whiteboard habe ich trainiert. In Verhand‐ lungen erntete ich dafür Anerkennung und damit bekam ich über einen höheren Status einen Machtgewinn. Gleiches gilt für Zahlenspiele: „Wir gehen 2 % runter, das entspricht…“ habe ich in fast allen Fällen im Kopf gelöst und war dabei schneller als alle anderen Anwesenden. Auch dies hat zum positiven Erstaunen geführt. Also auch hier: Training, Training, Training. 27 Hormone beeinflussen das Auftreten in Verhandlungen. Dies gilt für alle Menschen. Siehe auch →-Abschnitt 5.3.2. 28 Ich habe in einem privat geführten Unternehmen gearbeitet. Die Ehefrau des Inhabers war eine unangefochtene Autorität, auch wenn sie sich nicht direkt in die Firma einbrachte. Diese Autorität kam maßgeblich durch Ihre Position zustande, aber auch durch ihr souveränes und professionelles Auftreten. zu viel zu verlieren. Die deutsche Redewendung „In der Ruhe liegt die Kraft“ passt hier gut. Eine andere Form der Sicherheit kommt durch Souveränität im Auftreten und Handeln bzw. durch Überlegenheit bei Aktivitäten. Das Bewahren von Ruhe und Gelassenheit auch bei stressigen Situationen ist ein Zeichen von Macht. Es gibt auch einfache Aktionen, bei denen Sie Macht ausstrahlen können. Ich möchte Ihnen Beispiele an die Hand geben: 26 • Beim Zeichnen einer Tabelle auf ein Whiteboard können Sie gerade und parallele Linien zeichnen. • Bei Preiskalkulationen oder beim Berechnen von Rabatten, sind Sie in der Lage, dies im Kopf zu berechnen. Genderspezifische Macht Diese Überschrift ist irreführend. Denn Forschungen haben gezeigt, dass unterschiedliche Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern in Ver‐ handlungen nicht geschlechtsspezifisch sind. Es ist also keine Frage der Hormone 27 , ob eine Frau in Verhandlungen schwach oder stark ist, es hängt lediglich von ihrer Position oder ihrem Status ab. Die Position bezieht sich auf die Stellung in der Hierarchie eines Unternehmens. Der Status wird im nachfolgenden Abschnitt behandelt (Chrisler und McCreary 2010; Pynchon 2011). 28 Typen der Macht erkennen Lernen Sie Typen von Macht zu erkennen. Nur so entwickeln Sie Konzepte, mit diesen klarzukommen oder sogar die Differenz an Macht zu kompen‐ 82 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="83"?> sieren. Sind Sie öfters der Macht durch psychische Distanz ausgesetzt, empfiehlt es sich, an Seminaren zu Konfliktmanagement teilzunehmen, die psychologisch, also durch studierte Psychologinnen und Psychologen, begleitet werden. Die professionelle Begleitung durch diese Fachleute ist bedeutend, denn Konfliktmanagementseminare können sehr intensiv sein. 4.4.2 Status ist nicht gleich Macht, aber beinahe Während Individuen oder Organisationen sich Macht erarbeiten können, wird ein Status von externen verliehen. Dennoch sind Macht und Status sich recht ähnlich (Ridgeway 1991; Ridgeway u. a. 1998). Definition | Status Der (soziale) Status entspricht dem Grad der Anerkennung oder des Respekts welches einem Individuum [oder einer Organisation, Anm. d. Autors] durch andere verliehen bzw. entgegengebracht wird (Magee und Galinsky 2008, 13). Der Status einer Person basiert also auf den Erwartungen, die an diese gestellt werden, wodurch die Ressourcen dieser Person erhöht werden (Thye 2000) und folglich auch deren Macht vergrößert wird. Setzt diese Person nur ihre Macht ein, so kann es zu weiteren Konflikten führen. Diese beeinflussen den Status, führt ggf. zu einem geringeren Status und zu Machtverlust (Lovaglia u. a. 2005). 4.4.3 Wie Macht verloren gehen kann Wenn Sie im Rahmen von Verhandlungen (Konfliktlösungen) die Machtver‐ hältnisse kennen, ist es vorrangig, dass Sie entweder ein ausgeglichenes Machtverhältnis oder eines mit Vorteilen auf Ihrer Seite bekommen. Ihr Gegenüber wird versuchen, Macht auszuüben bzw. Machtgewinne zu verbuchen. Gleichzeitig droht die Gefahr, dass Sie selbst Machtanteile verspielen, in dem Sie nicht geschickt verhandeln. Welche Arten der Macht können Machtverluste erzeugen? Allgemein kann man sagen, dass ein Machttypus nur dann Verluste (oder Gewinne) er‐ zeugen kann, wenn dieser kurzfristig aus einer Situation heraus entsteht. Bei 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig 83 <?page no="84"?> finanzieller Macht ist dies unwahrscheinlich bis unmöglich, hier verschie‐ ben sich die Verhältnisse nur in größeren, über Jahre gehende Zeiträume. Ähnlich verhält es sich mit ressourcenbezogener und struktureller Macht sowie Macht durch Technologievorsprung (Macht durch Wissen). All diese Machttypen erfordern Zeit und Ressourcen, um diese aufzubauen. Sehr schnell ändern sich die Verhältnisse bei Distanzmacht: Wird diese verbal ausgespielt, hängt es sehr stark von Ihrem Hörtypus ab, wie Sie dies wahrnehmen und interpretieren (→ Abschnitt 4.7.2). Distanzmacht ist in der Regel auf der Persönlichkeitsebene angesiedelt. Damit ist es einfach, diese auszuspielen und dem Gegenüber einen Machtverlust beizufügen. Bestrafungen oder die Androhung von unangenehmen Konsequenzen führen dazu, dass die Macht der Verhandlungspartnerin durch zunehmende Verunsicherung bröckelt. Hier wird gezielt negatives Feedback eingesetzt, um den Abstand der Machtverhältnisse zu eigenen Gunsten zu verschieben. Eine weitere und oft unterschätzte Gefahrenquelle, Macht zu verlieren besteht in der sozialen Interaktion außerhalb des Verhandlungszimmers. Die Worte Bestechung und Erpressung klingen zunächst hart. Etwas sanfter ausgedrückt liegt eine Bestechung schon dann vor, wenn etwas größere persönliche Geschenke gemacht werden. Die Beschenkten sind nach der Annahme des Geschenks bereits in eine Abhängigkeit geraten, die die Balance der Macht zu ihren Ungunsten verschiebt. Eine noch größere Konsequenz droht all denen, die sich von ihren Gegenübern zu freizügigen Abendgestaltungen einladen lassen. Egal, ob dann beide Seiten sich gehen lassen oder nur eine. Auf jeden Fall folgt daraus eine Erpressbarkeit und damit ein totaler und dauerhafter Machtverlust. Im Rahmen einer Verhandlung werden Forderungen und Positionen geäußert. Positionen sind nicht verhandelbar. (→ Abschnitt 3.2.4) Treten Sie von einer Position zurück, führt dies unmittelbar auch zu Machtverlust. Wie schütze ich mich vor Machtverlusten? Macht schützt Verhandlungsführerinnen vor den offensiven Taktiken der anderen Seite. Macht kommt den Verhandlungsführenden auch zugute, indem sie sich vor sozialen und kontextuellen Einflüssen schützen. Die Mächtigen lassen sich tendenziell weniger von der Situation beeinflussen und können daher eher im Einklang mit ihren eigenen Zielen handeln (Guinote und Cai 2016). Tatsächlich neigen diejenigen, die viel Macht haben, weniger dazu, sich den Meinungen anderer anzupassen als diejenigen, die 84 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="85"?> wenig Macht haben und weniger vom Status und Ruf der anderen Seite beeinflusst werden (Galinsky u. a. 2008). Macht schützt Verhandlungsfüh‐ rerinnen auch vor emotionalen Taktiken der Verhandlungsgegner. Mächtige Verhandlungsführerinnen bleiben beispielsweise von den Wutausdrücken ihres Gegners unbeeindruckt, während ihre machtlosen Kollegen einem wütenden Gegner mehr Zugeständnisse machen als einem glücklichen Gegner (Van Kleef u. a. 2006). Erhöhte Macht immunisiert Verhandlungs‐ führer sogar vor Sympathieappellen anderer Parteien (Van Kleef u. a. 2006). Darüber hinaus kann Macht den Menschen helfen, neue Denkweisen über Probleme zu erkennen und die Wahrscheinlichkeit verringern, dass sie sich den Angeboten anderer Parteien anpassen (Galinsky u. a. 2008). Macht kann bei Verhandlungen also wirklich befreiend sein. Sorgen Sie also dafür, dass Sie eine entsprechende Resilienz mitbringen, um Machtverlusten vorzubeugen. Auch sollten Sie sparsam mit Positionen umgehen. Denn Sätze wie „das ist nicht verhandelbar“ oder „mein letztes Wort“ werden unglaubwürdig, kommen sie zu häufig zum Einsatz und werden am Ende doch verworfen. 4.4.4 Wie Macht hinzugewonnen werden kann Hier geht es nicht um den langfristigen Zugewinn an Macht, z. B. durch den Erwerb von Technologievorsprung oder finanzieller Macht, sondern um eine Verschiebung der Machtverhältnisse zu eigenen Gunsten während einer Verhandlung. Manche der Methoden erscheinen trivial, sind aber wirklich erfolgreich. Ich habe die verschiedenen Methoden den Typen von Macht zugeordnet. • Macht durch Wissen - Teilen Sie scheinbar nicht-offizielles Insiderwissen. - Merken Sie sich im Vorfeld alle relevanten Daten und Ereig‐ nisse. • Macht durch Legitimation - Übernehmen Sie die Zeitsteuerung der Sitzung. - Schreiben Sie das gemeinsame Protokoll für alle lesbar (White‐ board oder PC über Wandprojektion). • Macht durch Vertrauen - Kurzfristig erfüllbare Zusagen einhalten. - Glaubhafte Mitteilungen ohne Überprüfung akzeptieren. 4.4 Macht in Verhandlungen ist vielseitig 85 <?page no="86"?> 29 Wenn eine Einkäuferin Ihnen sagt, Ihr Preis ist zu hoch, dann fragen Sie konkret nach: Was ist zu hoch? Wie viel Prozent oder Euro? Und erinnern Sie sich an → Abschnitt 4.2.2: Sprechen Sie tatsächlich über dasselbe oder nur das Gleiche? 30 Dies ist anders als beim Spiegeln von Emotionen der Gegenüber, wenn diese durch Dritte oder andere Ereignisse bedroht sind! Wenn Ihre Gesprächspartner Probleme haben, dann müssen Sie Verständnis dafür zeigen und Ihre Besorgnis zum Ausdruck bringen. • Macht durch Verhandlungsexpertise - Führen Sie allgemeine Aussagen („zu viel“, „zu hoch“ usw.) auf die Sachebene zurück. 29 (Harvard-Prinzip 4) - Bleiben Sie freundlich, aber hart in der Sache. (Harvard-Prinzip 1) • Macht durch Sicherheit - Kompetenzen in scheinbar unwichtigen Dingen wie Zeichnen von Tabellen am Whiteboard, Kopfrechnen usw. - Ruhiges Verhalten bei hitzigen Debatten verleiht Souveränität. 30 Ich bin zuversichtlich, dass Sie viele dieser Mittel leicht anwenden können und dies auch in Zukunft tun. Und bestimmt werden Sie durch Erfahrungen schnell dazulernen und sich weitere Methoden zum Machtgewinn zu eigen machen. Aber es ist auch Vorsicht geboten, wenn Sie eine sehr große oder sogar absolute Macht über Ihr Gegenüber erlangen. Wie sicher können Sie sich dann noch sein, dass die andere Seite sich noch einmal freiwillig mit Ihnen an den Tisch setzt? Ich war immer ein großer Freund von Kooperation. Ich halte nicht viel von Monopolisten, die ihre Macht ausüben, um beliebige Forderungen durchsetzen zu können. Ich habe schon einige Monopolisten stürzen sehen. Der Fall war tief und hatte zum Teil dramatische Folgen für die Gestürzten. Es heißt ja nicht umsonst: Hochmut kommt vor dem Fall. Der richtige Umgang als Monopolist mit Kunden konnte ein Kollege an der RWTH Aachen erleben, als er für ein Großprojekt eine sehr spezielle Maschine kaufen wollte. Nachdem er ein erstes Angebot bekommen hatte, rief er den scheinbar einzigen Hersteller an, um den Preis zu verhandeln. Auf die Frage nach einem Nachlass sagte der Inhaber des Anlagenherstellers: „Ich bin Monopolist, das weiß ich. Also haben Sie ja gar keine andere Wahl, als bei mir einzukaufen. Aber ich räume Ihnen [als Universität] dennoch einen Rabatt ein.“ Das Gegenteil erlebte ich später, als ich einen Kollegen zu einem Kunden sagen hörte: „Unter einhunderttausend Euro mache ich keine Angebote.“ Das klappte eine Zeit lang auch, bis es eine Flaute gab und er auch froh 86 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="87"?> über kleinere Aufträge war. Die Kunden waren nicht sehr gut auf meinen Kollegen zu sprechen. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Macht in Verhandlungen hat viele Facetten. Eine Liste der Machtformen zeigt die unterschiedlichen Formen auf. Jede der Machtformen wurde vorgestellt. Besonderes Augenmerk lag auf den physischen und psychischen Machtinstrumenten. Aber die Verhand‐ lungsmacht verändert sich in Verhandlungen. Sie kann verloren gehen, sie kann aber auch größer werden. Wie wenden Sie das an? Machen Sie sich zunächst mit den Machttypen vertraut und überlegen Sie, welche Sie bereits für die nächste Verhand‐ lung mitbringen. Dann nutzen Sie die Machtinstrumente, um die Macht zu halten oder sogar zu vergrößern. Dies ist besonders hilfreich, wenn Sie ein großes Machtgefälle zu Ihren Ungunsten erwarten. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt’s nicht.“ Konrad Adenauer (*1876 †1967) Überblick | Sie lernen hier … • verschiedene Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsprofile ken‐ nen, • welche Bedürfnisse nach Maslow dominieren, • dass das Modell nach Maslow auch auf Organisationen (Unterneh‐ men und Saaten) übertragbar ist, • dass die Bedürfnisse mit der größten Intensität Einfluss auf die Verhandlungsführung nehmen, • dass der Karriereanker auch mit Zielen im Privaten verbunden ist, • dass Myers-Briggs aus vier zweidimensionalen Indikatoren 16 Cha‐ raktertypen aufstellten, um so Menschen einfacher zu verstehen, 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 87 <?page no="88"?> • dass Belbin divers zusammengesetzte Teams vorschlägt, da diese besser performen, • dass man die vier Charaktere nach dem DISG-Modell im Leben aber auch in guten Filmen wiederfindet, • dass man nach der Wahl eines Modells und dem verinnerlichen dieses Modells schon viel besser mit dem Gegenüber klarkommt. In der Psychologie existieren viele Modelle, mit denen Menschen, einfach ausgedrückt, in Schubladen gesteckt werden können. Diese Modelle ermit‐ teln die Persönlichkeitstypen und die Persönlichkeitsprofile. Definition | Persönlichkeitstyp Ein Persönlichkeitstyp von Menschen kann über psychologische Mo‐ delle ermittelt werden. Jedes Modell unterscheidet eine bestimmte Zahl an verschiedenen Persönlichkeitstypen. Im DISG-Modell sind dies vier Typen, bei den Myers-Briggs-Typenindikatoren 16 unterschiedliche Typen. Zuerst wählt man ein Modell und findet meistens über Fragebögen den Persönlichkeitstypus heraus. Definition | Persönlichkeitsprofil Jedem Persönlichkeitstyp sind bestimmte Eigenschaften zugeordnet. Diese beschreiben die Person entsprechend dem angewendeten Persön‐ lichkeitsmodell. Anhand der Profile werden Handlungsempfehlungen ausgesprochen, wie mit Menschen mit einem bestimmten Profil umge‐ gangen werden kann. Ganz so einfach sind wir Menschen nicht. Daher sollten Sie diese Modelle zwar kennen, gleichzeitig aber auch wissen, dass Menschen nicht zwingend genau in eine Schublade passen, manchmal sind es eben auch zwei. Für Sie ist es aber gut zu wissen, wohin Sie in etwa gehören. Und gleichzeitig ist es wichtig zu wissen, welcher Typus Ihnen gegenübersitzt. 88 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="89"?> Mit einer Kundin, einer Einkäuferin, fiel es mir immer sehr schwer, Smalltalk zu machen. Kaum saßen wir am Besprechungstisch, legte sie Diagramme, Tabellen und weiteres auf den Tisch. Damals kannte ich nicht das DISG-Modell, das Menschen als dominant, einflussnehmend, standhaft und gewissenhaft einteilt. Ich bin eher ein Einflussnehmer, also ein guter Kommunikator, offen, teile gerne meine Gedanken und Gefühle mit. Später lernte ich, dass die Einkäuferin vom Typus Standhaftigkeit war. Sie liebte strenge Prozeduren und harte Fakten, war kein Typ für Smalltalk. Ich musste mich also anpassen. Dazu im entsprechenden Abschnitt mehr. Nachdem mir dies klar wurde, fing auch ich an, in Meetings die Begrüßung freundlich, aber kurz zu halten und dann direkt Zahlen vorzulegen. Es lief nun viel besser und auch die Qualität der Geschäftsbeziehung verbesserte sich. Die vorgestellten Modelle sollen Ihnen dabei helfen, eine erste Orientie‐ rung zu erhalten. Im Rahmen dieses Buchs kann ich nicht weiter ins Detail gehen oder konkret auf Tests eingehen. Sie finden aber zahlreiche Bücher und Websites, mit deren Hilfe Sie tiefer gehen oder Tests durchführen können. Am Anfang steht das Modell von Maslow und die Frage, welche Be‐ dürfnisse dominant sind. Maslows Theorie hilft dabei zu verstehen, dass die Zuordnung zu einem Charaktertyp keine starre oder eindeutige ist. Vielmehr gilt, dass diese Typisierung überwiegend zutrifft. Aus dem Modell von Maslow kann der Karriereanker abgeleitet werden, der von Edgar Henry Schein veröffentlich wurde. Katharine Cook Briggs und ihre Tochter Isabel Briggs Myers kreierten aus Modellen von Carl Jung den nach ihnen benannten Myers-Briggs-Typen-Indikator, kurz: MBTI. Dieser nutzt vier Typisierungen mit je zwei Ausprägungen, sodass sechzehn Charaktertypen zur Verfügung stehen. Das bereits erwähnte DISG-Modell, im englischen DISC, kommt mit vier Typen aus. Allerdings nutzt dieses Modell - auf Jung aufbauend - auch den Fakt, dass jede der vier Eigenschaften unterschiedlich stark ausgeprägt ist. 4.5.1 Welche Bedürfnisse sind dominant? Das Maslow-Modell Abraham Maslow (*1908 †1970) veröffentlichte 1951 sein Modell, das später die Maslowsche Pyramide oder auch Maslowsche Bedürfnispyramide ge‐ nannt wurde (Maslow 1951). In der einfachen Variante geht Maslow von fünf 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 89 <?page no="90"?> Bedürfnissen aus, die hier von der untersten zur obersten Stufe aufgelistet sind: 1. Physiologische Bedürfnisse (Essen, Trinken, Luft usw.) 2. Bedürfnis nach Sicherheit (Umgebung, Schutz vor Unwetter, Regeln usw.) 3. Soziale Bedürfnisse (Liebe, Zugehörigkeit usw.) 4. Individualbedürfnisse (Wunsch nach Ansehen, Würde, Leistung usw.) 5. Selbstverwirklichung (Erfüllung finden, glücklicher Leben, bessere Um‐ welt usw.) Wenn wir geboren werden, dann verhandeln wir mit den uns zur Verfü‐ gung stehenden Mitteln (Schreien) nach Nahrung und nach Luft. Unsere physiologischen Bedürfnisse sind dominant. Später entwickeln wir ein Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz. Es folgen die anderen Stufen, die immer schwerer zu erreichen sind. Die Befriedigung der sozialen Bedürf‐ nisse nach Liebe und Zugehörigkeit sind realisierbar, wenn die ersten Stufen Alltag sind. Es folgen die Individualbedürfnisse. Wir brauchen uns keine Sorgen mehr um Nahrung, Geld oder Schutz zu machen und haben bereits feste soziale Bindungen. Dann können wir uns Individualisieren. Wenn auch dies erfüllt ist, haben wir Ressourcen zur Selbstverwirklichung. Ein Mensch, der beispielsweise in prekären Verhältnissen leben muss, wird die vierte und fünfte Stufe demnach wahrscheinlich nicht erreichen, vielleicht noch nicht einmal die dritte Stufe. Zu sehr muss er um die Erfüllung der physiologischen Bedürfnisse und die Sicherheit kämpfen. Erst wenn ein Mensch eine Wohnung und ein finanzielles Auskommen hat, mit dem er sich gut fühlt, und soziale Kontakte pflegt, kann er sich um die individuellen Bedürfnisse und z. B. auch um den Erhalt der Umwelt kümmern. Steht ein Mensch weit oben in der Pyramide, so sind die weiter un‐ tenstehenden Bedürfnisse aber nicht verschwunden, sie sind nur nicht mehr dominant. Ich bevorzuge daher nicht die Bedürfnispyramide nach Maslow, sondern eine andere Darstellung. Denn nur die Dominanz der Bedürfnisse ändert sich, die fünf Ebenen verschwinden allerdings nicht. Daher eignet sich die Darstellung von Krech, Crutchfield und Ballachey (1962) besser, die eher eine Entwicklung der Bedürfnisse im Sinne eines Prozesses interpretiert haben. Die →-Abbildung 6 zeigt dies. 90 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="91"?> Abb. 6: Bedürfnisintensität nach Krech et. al. Intensität der Bedürfnisse Entwicklungsstand der Persönlichkeit physisch Sicherheit sozial individuell Selbstverwirklichung Bedürfnisse: Abb. 6: Bedürfnisintensität |-eigene Darstellung nach Krech, Crutchfield und Ballachey 1962 Sie erkennen, dass die physiologischen Bedürfnisse durchgängig präsent sind, sie stechen aber nicht immer hervor. Die Bedürfnisse sind in unter‐ schiedlichen Lebenssituationen unterschiedlich intensiv bzw. dominant. Passt die Maslowsche Pyramide der Bedürfnisse auch auf Organisationen? Ich habe mich gefragt, ob nicht auch das Verhalten von Staaten und Unternehmen in Maslows Bild passt. →-Tabelle 4 ordnet den Bedürfnissen von Unternehmen und Staaten in Maslowsche Kategorien ein. Maslows Ebene Unternehmen Staaten ➀ Grundbedürfnisse • Mitarbeiterzahl • Standort • Produktidee • täglich verfügbare Kalorien pro Person • BIP pro Person • Infrastruktur für die Grundversorgung ➁ Sicherheit • Auftragsbestand • Cashflow • Sicherheit vor Mord und Krieg • hohe Lebenserwar‐ tung 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 91 <?page no="92"?> • Standortsicherheit (Erdbeben, politi‐ sche Umgebung) • Schutz vor Umwelt‐ katastrophen ➂ Beziehungen • zufriedene Kunden • sichere Lieferanten • geringe Fluktuation der Mitarbeitenden • niedrige Schei‐ dungsrate • niedrige Kinderster‐ blichkeitsrate ➃ Individualisierung • positive Außenwir‐ kung • Originalität der Pro‐ dukte • Alleinstellungs‐ merkmale • politische Rechte • Beteiligung von Frauen an bezahlter Arbeit • Wahlrecht für alle ➄ Selbstverwirkli‐ chung • soziales und ökolo‐ gisches Engagement • Top-Arbeitgeber • Einschreibungen in Bildungseinrich‐ tungen (Higher Edu‐ cation) Tab. 4: Übertragung der Maslowschen Bedürfnispyramide auf Unternehmen und Staaten | in Anlehnung an Hagerty 1997 mit eigenen Ergänzungen Warum ist dies für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Marketing und Vertrieb wichtig? Wenn es Verhandlungen zwischen Individuen zweier Unternehmen geht, so werden diese sicherlich anders verlaufen, wenn ein Unternehmen um jeden Auftrag kämpfen muss, es sich also auf der zweiten Stufe befindet, oder wenn die Auftragslage gesichert ist und es vielleicht nicht so sehr auf diesen einen Auftrag ankommt. Hier kommt dann nämlich das BATNA ins Spiel. Ist die Auftragslage sehr gut, benötigt man möglicherweise keinen weiteren Auftrag mehr, weil dieser aus Kapazitätsgründen nicht erfüllt werden kann. Ähnlich verhält es sich mit Staaten. In Deutschland standen 2019 Themen wie Umwelt und Klimawandel im Vordergrund. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass sich Deutschland als Staat auf der fünften Ebene befunden hat. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie änderte sich das Bild dramatisch, weil ein Gefühl der Unsicherheit aufkam, welches beinahe zwei Jahre andau‐ erte. Hinzu kam im Februar 2022 der eskalierende Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Dies hatte zur Folge, dass die Versorgungssicherheit mit Energie als kritisch eingestuft wurde. So dominierte das Bedürfnis nach 92 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="93"?> 31 MIT = Massachusetts Institute of Technology Sicherheit die Gesellschaft in Deutschland und der Klimawandel wurde in seiner Priorität herabgestuft. Aber auch weitere Beispiele zeigen, dass die Übertragung gerechtfertigt ist und dass dies für Verhandlungen notwendig ist. Bei der Standortwahl für Produktionsstätten wird in der Regel betrachtet, wo ein Staat steht: Ist der Standort von Umweltkatastrophen bedroht oder ist das Land politisch stabil? Das gigantische 400 Milliarden Euro Projekt Desertec wurde u. a. aufgrund der Revolutionen im Arabischen Frühling (in den Jahren 2010-2012) ein‐ gestellt. Ein weiteres Beispiel: Einer der größten US-amerikanischen Tech‐ nologiekonzerne hatte in den Nuller-Jahren ein deutsches Unternehmen gebeten, keinen weiteren Produktionsstandort für ein Hightechprodukt in den neuen Bundesländern zu bauen, da aus deren Sicht, die neuen Länder aufgrund des Umsturzes im November 1989 noch als politisch instabil galten. Das Bedürfnis mit der größten Intensität kann in Verhandlungen also eine maßgebliche Randbedingung sein. Sie bestimmt das Auftreten und die Vehemenz der Forderung oder der Position nach Erfüllung dieses Bedürfnisses. 4.5.2 Bin ich fest verankert? Der Karriereanker Als ich das erste Mal vom „Karriereanker“ gehört habe, dachte ich unmittel‐ bar an die berufliche Karriere und damit verbunden an die Frage, wo ich ei‐ nen festen Ankerplatz finden werde. Dies ist aber nicht so ganz richtig. Zwar basiert die Idee der Karriereanker darauf, dass die Personalentwicklung in Unternehmen nicht an den Bedürfnissen und Erwartungen der Mitar‐ beitenden vorbeigeht. Allerdings kann das auch bedeuten, dass Personen als oberste Priorität die Familie in den Vordergrund der Überlegungen zur beruflichen Entwicklung stellen, nicht das Unternehmen. Genaugenommen ist es auch nicht nur ein Anker, sondern es werden für die Karriereplanung acht mögliche Anker in Betracht gezogen. Edgar Henry Schein (*1928 †2023), der Erfinder der Karriereanker, begann mit seinen Überlegungen bereits 1974 im Rahmen einer Panel-Studie, welche er mit Absolventen der Sloan School of Management des MIT  31 durchführte (Schein 1974). Später konkretisierte er das Modell und passte es immer wieder den gesellschaftlichen Veränderungen an (Schein 1978; 1993; Schein, Van Maanen und Schein 2023). 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 93 <?page no="94"?> Durch Fragen nach der Bedeutung für unterschiedliche Kriterien werden die Bedürfnisse und Ziele klar. Am Ende erfolgt eine Zuordnung zu einem der acht Anker. Definition | Karriereanker Ein Karriereanker bezieht sich auf die selbst wahrgenommenen Talente, Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie auf die persönlichen Werte und Mo‐ tive in ihrer unterschiedlichen Relevanz für sich selbst. Die Gesamtheit spiegelt das wahre innere Selbst wider. Die acht Karriereanker und ihre Bedeutung nach Edgar H. Schein sind 1. technische/ funktionale/ fachliche Kompetenz - suchen herausfordernde Aufgaben - schätzen Regeln für Abläufe usw. - höhere Komplexität ist attraktiv - kontinuierlicher Bedarf an Weiterbildung 2. Führungskompetenz im General Management - treffen gerne Entscheidungen und übernehmen gerne Verantwor‐ tung - haben emotionale Kompetenzen - überzeugen mit analytischen Fähigkeiten - gute Projektmanager 3. unternehmerische Kreativität - Befähigung zur Unternehmensgründung und -führung - Bedürfnis nach Anerkennung - zeigen großes Maß an Kreativität 4. Selbstständigkeit/ Unabhängigkeit - Freiheitssuchende - brauchen „lange Leine“ in der Führung - hohe innere Motivation und innerer Antrieb: sie arbeiten gerne selbstständig 5. totale Herausforderung - lieben den Wettbewerb - wagen sich an ungelöste Probleme heran - möchten darin besser sein als andere 94 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="95"?> 6. Sicherheit und Beständigkeit - risikoaverse Charaktere - bevorzugen langfristige Bindungen - streben eine stabile Umgebung an 7. Dienst und Hingabe für eine Idee oder Sache - persönliche Werte stehen im Vordergrund - Fairness ist von großer Bedeutung - suchen gerne Tätigkeiten mit Gemeinnutz 8. Lebensstilintegration - ausgeglichene Work-Life-Balance ist das Ziel - suchen Aufgaben im Beruf, aber - der Beruf muss im Einklang mit der direkten sozialen Umgebung stehen, z. B. der Familie Die Karriereanker sind nicht fixiert, sie können sich ändern. Das liegt auch nahe, da diese ja auch an Bedürfnisse gekoppelt sind. So geht Schein davon aus, dass der Karriereanker von Individuen sich verändert, wenn bei Ihnen andere soziale Bedürfnisse nach Maslow dominant werden. Eine weitere Verschiebung der Anker tritt typischerweise ein, wenn die Selbstverwirklichung dominiert. Warum ist es für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Marketing und Vertrieb wichtig, den Karriereanker zu kennen? Wenn wir uns an die Konfliktursachen erinnern, stellen wir fest, dass es davon eine große Zahl gibt. Der Faktor Mensch wird in der Regel gerne vernachlässigt, schaut man z. B. auf mangelnde Ressourcen als Ursache. Dabei sind auch dies Antriebe für die Art und Weise, wie Verhandlungen geführt werden oder aus welchen Motiven heraus. Eine Einkäuferin, die als Karriereanker die totale Herausforderung hat, wird es Ihnen schwer machen, einen hohen Preis durchzusetzen. Denn Sie liebt den Wettbewerb und wird möglicherweise durch ihr Unternehmen angetrieben, stets den niedrigsten Preis zu erzielen. Dabei akzeptiert sie dann wahrscheinlich auch schon mal Abzüge in der Qualität der Produkte, ohne dies preiszugeben. Wenn Sie eine Vorstellung haben, wer Ihnen gegenübersitzt, können Sie sich entsprechend verhalten: 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 95 <?page no="96"?> 1. technische/ funktionale/ fachliche Kompetenz - es ist unwahrscheinlich, einen solchen Typus als Einkäuferin gegenüber zu haben - sehr gute fachlich-inhaltliche Vorbereitung notwendig - sicherheitshalber jemanden mit entsprechender Kompetenz mit in die Verhandlung nehmen 2. Führungskompetenz im General Management - Vorsicht bei Entscheidungen: hat die Person mit diesem Charakter auch die Entscheidungskompetenz? Nachfragen! - bei Gesprächen über Projekte entsprechenden Plan parat haben 3. unternehmerische Kreativität - Kreativität des Gegenübers nutzen, um etwas Neues zu kreieren - bei großer Kreativität die Kosten im Blick behalten und anmahnen 4. Selbstständigkeit/ Unabhängigkeit - diese Art „Einzelgänger“ versuchen für Kooperation zu begeistern - in Zweiergesprächen nach deren Ideen fragen, um zu verstehen, was diese Personen möchten 5. totale Herausforderung - No Giving Without Taking anwenden - hart aber freundlich bleiben (Harvard-Prinzip 1) 6. Sicherheit und Beständigkeit - bei Innovationen Ängste nehmen - auf Bedenken eingehen und diese ausräumen 7. Dienst und Hingabe für eine Idee oder Sache - mit bilateraler Fairness argumentieren - gemeinsamen Nutzen betonen 8. Lebensstilintegration - Rücksicht auf persönliche Randbedingungen nehmen - bei Smalltalk vorsichtig nach Privatem nachfragen Mit diesen Hilfestellungen sollten Sie es schaffen, mit den Konfliktpartnern umzugehen. Schließlich ist unwillentliches Fehlverhalten eine Quelle für unnötige neuen Konflikte. 96 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="97"?> 32 Die von anderen häufig zitierte Originalquelle aus dem Jahr 1944 ist nicht verfügbar. Mir liegt dank der Unterstützung der Isabel Briggs Myers Memorial Library at Myers & Briggs Foundation eine Kopie des unveröffentlichten Manuskripts von Katherine C. Briggs und Isabel Myers Briggs vor (Briggs und Briggs Myers 1944). Die älteste veröffentlichte und verfügbare Version der Beschreibung der Indikatoren stammt aus dem Jahr 1962 (Briggs Myers 1962). 33 Dies ist nicht 100 % wörtlich zu nehmen, da ein Test immer nur eine Momentaufnahme ist. Daher vermeiden seriöse Anbieter von MBTI-Tests eine 1: 1 Zuordnung von Ergebnis zu Berufsbezeichnung. 4.5.3 Vier Buchstaben für 16 Typen: Myers-Briggs-Typen-Indikatoren Bevor wir uns einem einfachen Model zur Typisierung widmen, sollten Sie eine der bekanntesten Methoden zur Charakterisierung von Menschen kennen: Den Myers-Briggs-Typen-Indikator, kurz: MBTI. Katherine Cook Briggs (*1875 †1968) und ihre Tochter Isabel Briggs Myers (*1897 †1980) entwickelten basierend auf den Werken von Carl Gustav Jung (*1875 †1961) ihr Persönlichkeitsmodell 32 . Die Wissenschaftlerinnen haben vier Indika‐ toren ausgewählt. Jeder dieser Indikatoren kann zwei unterschiedliche Präferenzen mit unterschiedlich starken Ausprägungen haben. Jede Person hat zu jedem dieser Indikatoren eine bestimmte Präferenz. Daraus ergeben sich 16 verschiedene Persönlichkeitstypen. Definition | Myers-Briggs-Typen-Indikatoren Die Indikatoren unterscheiden primär introvertierte und extravertierte Wahrnehmungen von Menschen. Davon ausgehend werden die Prä‐ ferenzen der Menschen unterteilt, wie aufmerksam sie sind, wie sie Entscheidungen treffen und schließlich, ob sie eher urteilend oder wahrnehmend sind. Mit Hilfe der Typenindikatoren können passende berufliche Felder und Funktionen für die Menschen gefunden werden. 33 Die nachfolgende → Tabelle 5 zeigt diese Indikatoren und Präferenzen. Die Ziffern ➀ bis ➃ geben an, in welcher Reihenfolge die Abkürzungen in den sechzehn Typen erscheinen. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 97 <?page no="98"?> Indikatoren nach Myers Briggs Präferenzen (deutsch, Abkürzung, englisch) der Indikatoren ➀ Antrieb/ Motivation Extraversion (E) extraversion Introversion (I) introversion ➁ Aufmerksamkeit Intuition (N) intution Sensorik (S) sensing ➂ Entscheidung Denken (T) thinking Fühlen (F) feeling ➃ Lebensstil Wahrnehmung (P) perception Beurteilung ( J) judgement Tab. 5: Myers-Briggs-Indikatoren und die Präferenzen ergeben die Typenindikatoren | eigene Darstellung in Anlehnung an Myers 2003; Briggs Myers 1962 Im Manual zu den Indikatoren finden sich auch Deutungen zu den Präfe‐ renzen (Briggs Myers 1962). Die Präferenzen sind nicht so zu verstehen, dass z. B. eine T-Präferenz für Denker gleichzeitig keinen F-Anteil für Fühlen zulässt. Situativ kann die Präferenz unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Alle vier Präferenzen sind im Zusammenhang zu sehen, um das ganze Bild des Charaktertypus zu verstehen. Indices Wahrnehmung der Einzelnen E und I Extravertierte (E) sind in erster Linie auf die äußere Welt ausgerichtet und neigen daher dazu, ihre Wahrnehmung und ihr Urteil auf Menschen und Dinge zu konzentrieren. Introvertierte (I) orientieren sich in erster Linie an der inneren Welt und neigen daher dazu, ihre Wahrnehmung und ihr Urteil auf Konzepte und Ideen zu konzentrieren. N und S Der SN-Index spiegelt die Präferenz zwischen zwei gegensätz‐ lichen Wahrnehmungsweisen wider. Intuitive (N) Wahrnehmung ist ein nicht offensichtlicher Pro‐ zess. Die Wahrnehmung ist eher unbewusst und beruht wesent‐ lich auf Ideen oder Assoziationen. Diese wiederum entstehen, weil das Unbewusste von äußeren Dingen dazu inspiriert wird. Fühlende (F) verlassen sich überwiegend auf den ihnen vertrau‐ ten Prozess des Fühlens. Sie nehmen die Dinge direkt durch den einen oder anderen ihrer fünf Sinne wahr. 98 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="99"?> T und F Hier geht es um die Urteilsfindung. Denkende (T, thinking) entscheiden auf Denkprozessen, die unpersönlich zwischen wahr und falsch unterscheiden. Fühlende (F) treffen Entscheidungen überwiegend durch das Fühlen, welches zwischen wertvoll und nicht wertvoll unter‐ scheidet. P und J Der JP-Index bezieht sich auf den extravertierten Anteil der Personen, egal wie stark dieser ausgeprägt ist. Der Umgang mit der Außenwelt begründet sich entweder aufgrund einer Beurteilung (Judgement), also T oder F, oder eher auf einem Wahrnehmungsprozess (S oder N), was für P-Typen gilt (Perception). Tab. 6: Beschreibung der Indikatoren | in Anlehnung an Briggs Myers 1962, 1-2 Ein MBTI-Test besteht in der Regel aus knapp hundert Fragen. Diese werden je nach Antwort gewichtet und den Indices zugeordnet, woraus sich dann die Typen ergeben. Beispiele sind ENTP oder INFJ. Bei der Auswertung zeigt sich selten, dass eine Person ausschließlich eine der beiden Präferenzen eines Indikators hat. Wenn beide Präferenzen in Summe 100 % vorhanden sind, wird es also eher nicht dazu kommen, dass eine Person 100 % I und 0 % E entspricht usw. Dies ist im Umgang mit den verschiedenen Typen der MBTI zu beachten. Marketing- und Vertriebspersonen sind häufig extravertiert, weshalb viele von ihnen E-Typen sind. Daher werden die drei Typen ESFP, ESTP und ENFJ oft mit typischen Marketing- und Vertriebsaufgaben in Verbindung gebracht. Einkäufern im B2B werden seltener MBTI zugeordnet. Allerdings werden ihnen Eigenschaften zugeschrieben, die ich in MBIT übersetzt habe: • ESTJ - die Durchsetzungsstarke Hart, kompromisslos, faktenbasiert, sie hat gerne die Kontrolle, tritt sehr selbstbewusst auf, was manchmal überzogen wirkt. • ISTJ - die Analytische Stellt viele Fragen, liebt Fakten, vermeidet Risiken, sie mag keinen Smalltalk, ist streng logisch denkend. (Dies entspricht der Einkäuferin, die ich in der Einleitung zu diesem Abschnitt erwähnt habe.) • ESFJ - der Freundliche Schätzt Beziehungen, verhält sich freundlich und ruhig, ist ein guter Zuhörer, gibt schnelle Zusagen. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 99 <?page no="100"?> • ENFP - der Ausdrucksvolle Enthusiastisch, aufgeschlossen, ist von seinen Meinungen überzeugt, zugleich schnell gelangweilt, braucht wenige Details. Wie können Sie die Myers-Briggs-Indikatoren bei Konfliktlösungen anwenden? Ähnlich wie beim Karriereanker kann man sich auf das Gegenüber besser einstellen, wenn man den Typus ahnt oder kennt. Natürlich ist es auch von Vorteil, wenn Sie auch sich selbst gut einschätzen können und bestenfalls Ihren MBTI kennen. • Verhalten gegenüber durchsetzungsstarken ESTJ-Konfliktpart‐ nern - seien Sie sehr gut vorbereitet und haben Sie alle Unterlagen parat - übernehmen Sie die Leitung der Verhandlung - halten Sie Augenkontakt - stellen Sie konkrete (vorbereitete) Fragen nach Details (Offensive Strategie, Nachfrage) - bleiben Sie bei Fakten. Wenn Sie etwas nicht wissen, sichern Sie eine konkrete Antwort bis zu einem definierten Zeitpunkt zu und halten Sie diesen Termin. - vermeiden Sie Formulierungen wie „meiner Meinung nach…“ oder „ich glaube, dass…“, da weder Ihre Meinung noch Ihr Glaube für diesen Typus relevant ist - fassen Sie sich kurz - sagen Sie auch mal „nein“. (Ablehnung, →-Abschnitt 4.6) - bei Angriffen: Wenden Sie Tit-For-Tat an! • Verhalten gegenüber analytischen ISTJ-Konfliktpartnerinnen - niemals Zeitdruck aufbauen oder zu einer Entscheidung drängen. - analysieren Sie die Situation und die Probleme in Ruhe, um entsprechende individualisierte Lösungen zu entwickeln. (→ Ab‐ schnitt 4.7.3, SPIN-Fragetechniken) - zeigen Sie Unterstützung durch Maßnahmen und Handlungen, nicht durch Worte (integrative Strategie, aufgabenbezogenes Verhalten) - bleiben Sie faktenbasiert, urteilen und bewerten Sie nach messba‐ ren Größen 100 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="101"?> - vermeiden Sie allgemeine Formulierungen wie „ist größer, besser, weiter, kleiner, …“. Werden Sie stattdessen konkret: „ist 1 cm, also 5 % größer“ (→ Abschnitt 4.2.2) in Bezug auf das, was den Konflikt auslöst (Startkonflikt) - Analytikerinnen können kooperativ sein, brauchen aber Zeit und Vertrauen, um eine Beziehung aufzubauen - gehen Sie offen mit Grenzen des Machbaren um - bleiben Sie ehrlich, das baut Vertrauen auf • Verhalten gegenüber freundlichen ESFJ-Konfliktpartnern - sie wird sich Ihnen gegenüber freundschaftlich verhalten, tun Sie das auch (→-Abschnitt 4.1.3: Harvard-Prinzip) - führen Sie Smalltalk, teilen Sie Persönliches (Familie, Hobbies) und fragen Sie auch danach (Notizen machen - das dient als Aufhänger für das nächste Treffen) - führen Sie positive Beispiele an, die Sie mit Dritten erlebt haben oder was Dritte durch Ihre Produkte für Vorteile haben - gestalten Sie viel gemeinsam: Führen Sie Ihr Gegenüber zur Lösung und stellen Sie unterstützende (rhetorische) Fragen zum Lösungsprozess (→-Abschnitt 4.7.3) - nehmen Sie sich gemeinsame konfliktlösungsbezogene Aktivitä‐ ten vor, wenden Sie die integrative Strategie mit der Taktik Beiderseitige Verpflichtung an (→-Abschnitt 4.6) - zeigen Sie den (zukünftig) denkbaren Nutzen aus der Vereinbarung für Ihr gegenüber (→-Abschnitt 4.7.4) - gehen Sie in Bezug auf Leistungen mit der Taktik der Selbstver‐ pflichtungen wie Gewährleistungen ein (defensive Strategie ) • Verhalten gegenüber ausdrucksvollen ENFP -Konfliktpartnern - lassen Sie Ihr Gegenüber aktiv werden: stellen Sie offene Fragen - vermitteln Sie das Gefühl einer langfristigen Beziehung als Ihr Ziel - erarbeiten Sie mit Ihrer Gesprächspartnerin Lösungen - gehen Sie dabei langsam vor und gehen Sie nach jedem Schritt auf das Erreichte ein - zeigen Sie, wie Sie andernorts mit den Lösungsvorschlägen erfolg‐ reich waren - fragen Sie nach der Einschätzung und Meinung Ihres Gegenübers zu einem Vorschlag - zuerst kommt der Mensch, dann das Geschäft (von fast alleine) 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 101 <?page no="102"?> - treffen Sie in jeder Verhandlung gemeinsame Vereinbarungen (integrative Strategie: Gegenseitige Vereinbarung) Ich habe Ihnen hier Methoden vorgestellt, wie Sie mit Ihren Gesprächspart‐ nerinnen besser durch eine Verhandlung bzw. eine Konfliktlösung kommen. Die Ausprägungen der einzelnen Präferenzen sind selten extrem. Angenom‐ men, Sie haben Ihr Gegenüber als ENPF eingestuft und merken, dass diese Person immer mehr nach Fakten und Details fragt, dann bleiben Sie nicht beharrlich auf Ihrem Weg, sondern liefern Sie die gewünschten Fakten. Menschen können auch stimmungsabhängig ihre Präferenzen kurzfristig bzw. temporär verschieben. 4.5.4 Ein gutes Team ist divers, sagt Belbin Ein weiteres Modell zur Typisierung eignet sich sehr gut, um Teams zusam‐ menzustellen. Hier gehe ich nur kurz auf dieses ein, da Sie wahrscheinlich selten ein Team zusammenstellen werden. Allerdings hatte ich einmal einen Vorgesetzten, der unterstützt von einem Personalpsychologen mit seinem Team eine Belbin-Analyse durchführen ließ. Im Anschluss daran wussten wir, welche Typen uns im Team fehlten. Mein Chef ging mit dem Ergebnis in die Personalabteilung und bat darum, bei den nächsten Anstellungen die Bewerber auch daraufhin zu prüfen, um so sein Team diverser und damit effizienter zu machen. Die Idee stammt von Raymond Meredith Belbin, geboren 1926, (Belbin und Brown 2022). Es basiert auf neun Charakteren, dem sogenannten Inventar, welches ein Team haben sollte. 102 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="103"?> Abb. 7: Belbin Inventar handlungsorientiert Macher Umsetzer Perfektionist wissensorientiert Erfinder Beobachter Spezialist kommunikativ Koordinator Werbereiter Teamarbeiter Abb. 7: Die neun Charaktere im Belbin-Inventar | eigene Darstellung Das Belbin-Inventar ist mit seinen deutschsprachigen Bezeichnungen in der → Abbildung 7 zu sehen. Die Beschreibung der Typen ist je nach Literatur leicht unterschiedlich, im Wesentlichen aber immer denselben Kern darstellend. Handlungsorientierte Typen • der Macher (nach Belbin: Shaper) - verfolgt Ziele, angetrieben von enormer Energie und dem Drang, etwas zu erreichen - gewinnen ist das A und O - neigt dazu, weiterzumachen, wenn andere aufgeben möchten • die Umsetzerin (nach Belbin: Implementer) - nimmt die Vorschläge und Ideen ihres Teams auf und setzt sie in positive Maßnahmen um - effizient und selbstdiszipliniert, zuverlässig 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 103 <?page no="104"?> - kann als engstirnig und unflexibel angesehen werden, wenn sie etablierte Routinen in Frage stellt • die Perfektionistin (nach Belbin: Completer, Finisher) - perfektionistisch, doppelt prüfend und nochmals prüfend - starkes inneres Gespür für das Bedürfnis nach Genauigkeit - kann ihre Teamkollegen frustrieren, indem sie sich übermäßig um Kleinigkeiten kümmert Wissensorientierte Typen • der Erfinder (nach Belbin: Plant) - kreativ, unorthodox und Ideengeberin, klug und frei denkend „Plants“ können dazu neigen, Nebensächlichkeiten zu ignorieren. - mehrere Plants generieren möglicherweise zu viele Ideen, die nicht miteinander verbunden sind und nicht in die Tat umgesetzt werden - Belbin sagte einmal, dass sie so wertvoll sind, dass man in jedes Team eine ‚einpflanzen‘ müsste, daher der Name Plant • der Beobachter (nach Belbin: Monitor, Evaluator) - faire und logische Beobachter, Beurteiler dessen, was im Team vor sich geht - kann alle verfügbaren Optionen mit größter Klarheit und Unpar‐ teilichkeit sehen - meist sehr kritisch und wird die Begeisterung für alles, was ohne logische Grundlage daherkommt, dämpfen • die Spezialistin (nach Belbin: Specialist) - Leidenschaft für das Lernen in ihrem jeweiligen Fachgebiet - Wissensquelle, die gerne mit dem Team geteilt wird - vielleicht verwenden Spezialistinnen zu häufig Fachausdrücke bzw. ihre Fachsprache und lassen damit die anderen außen vor 104 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="105"?> Kommunikative Typen • die Koordinatorin (nach Belbin: Co-Ordinator) - ideale Leiterin eines Teams, die das große Ganze sieht, sie delegiert gut an die richtigen Teammitglieder - selbstbewusst, stabil und erfahren, erkennt die Fähigkeiten ande‐ rer - kann als manipulativ angesehen werden, erscheint durch Delegie‐ ren als nicht hart arbeitend • der Wegbereiter (nach Belbin: Investigator) - sie sind natürliche Kommunikatoren, erschließen sich schnell Beziehungen, bauen die hilfreichen Kontakte und Partnerschaften des Teams aus - sie sind aufgeschlossen und neugierig - sie nehmen gerne an Konferenzen und Ausstellungen teil und erkunden dabei neue Ideen und Möglichkeiten • die Teamarbeiterin (nach Belbin: Teamworker) - hält das Team am Laufen - gute Zuhörerin, sie ist talentiert darin, Konflikte zu schlichten und den Parteien zu helfen, einander zu verstehen, ohne in Konfron‐ tationen zu geraten - möglicherweise sind sie nicht in der Lage, bei Bedarf entschei‐ dende Maßnahmen zu ergreifen, weil sie auf keiner bestimmten Seite stehen Es gibt von Autorinnen und Unternehmen viele Beschreibungen dieser Charaktere. Beispiele sind „Belbin Team Roles | Belbin“ 2024; Belbin und Brown 2022. Alle können nicht genannt werden. In → Tabelle 7 sind häufige Nennungen der Eigenschaften aufgelistet. Das soll Ihnen helfen, Menschen, die Ihnen begegnen, einordnen zu können. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 105 <?page no="106"?> Orientie‐ rung Typ Eigenschaften Handlung Macher ziel- und ergebnisorientiert, energetisch, mo‐ tivierend, anspruchsvoll, provozierend, fokus‐ siert, dynamisch, wörtlich, aggressiv Umsetzerin selbstdiszipliniert, zuverlässig, praxisnah, or‐ ganisiert, diszipliniert, gewissenhaft Perfektionist perfektionistisch, prüfend, genau, sorgfältig, fleißig, gewissenhaft, reflektierend, termin‐ treu, detailliert, zu pingelig, zu nachdenklich, hinterfragt (alles) Wissen Erfinder kreativ, unorthodox, Ideengeberin, denkt al‐ leine, frei denkend, innovativ, gedankenverlo‐ ren, fantasievoll, ignorieren Nebensachen Beobachter fair, logisch, rational, beurteilend, denken al‐ leine, neutral, objektiv, strategisch, analytisch, reflektierend Spezialistin lernbegierig, Wissensquelle, Expertin, denkt alleine, unabhängig, egozentrisch, engagiert, korrekt, entscheidungsfreudig, ausgrenzend durch Sprachwahl Kommuni‐ kation Koordinatorin delegierend, sieht das große Ganze, selbstbe‐ wusst, stabil, erfahren, erkennt Potenziale des Teams, entschlussfreudig, wirkt manipulativ Wegbereiter extravertiert, aufgeschlossen, neugierig, er‐ kunden neuer Ideen, Netzwerker, offen, hilf‐ reich, sozial, gesellig, enthusiastisch, optimis‐ tisch Teamarbeite‐ rin extravertiert, Zuhörerin, Konfliktmanagerin, unterstützend, neutral, objektiv, anpassungs‐ fähig, sozial, gesellig, freundlich, empathisch, kann unschlüssig wirken Tab. 7: Charakterzüge der neun Belbin-Persönlichkeitstypen | eigene Darstellung 106 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="107"?> Wie hilft das Belbin-Inventar in Verhandlungen und bei Konfliktlösungen? Wenn wir uns die Eigenschaften ansehen, wird schnell klar, dass Teamwor‐ ker helfen, Konflikte zu schlichten. Da sie für alle Beteiligen Empathie haben, werden sie keine Partei ergreifen, sondern objektiv bleiben. Bei Verhandlungen in einer größeren Gruppe, kommen schon zwangs‐ läufig unterschiedliche Charaktere zusammen. In einer meiner Verhandlun‐ gen, in denen es um einige lang andauernde Konflikte ging, waren auf Kundenseite gleich mehrere Spezialisten anwesend, eine Koordinatorin und ein Macher. Auf unserer Seite waren eine Spezialistin, ein Koordinator, ein Macher und ein Teamarbeiter dabei. Im Vorfeld haben wir klargestellt, dass der Teamarbeiter sich in diesem Fall schon auf eine Seite stellen sollte (unsere). Die große Zahl an Spezialisten machte es anfangs schwer, das Thema auf die Konfliktlösung zu lenken. Allzu leicht verfingen sie sich in Fachdiskussionen. Diese unterstützten zwar das beiderseitige Verständnis, jedoch war es für alle anderen nicht einfach, dem inhaltlich zu folgen. Gut, dass beide Koordinatoren sich kannten und auch verstanden. Gemeinsam agierten Sie auch als Teamarbeiter, sodass die Spezialisten zwar ihre Beiträge leisteten, aber immer wieder durch „ihre“ Koordinatorin gelenkt wurden. Ein weiters Beispiel für einen sinnvollen Einsatz des Belbin-Inventars sind Konfliktlösungen im Zusammenhang mit Projekten. Ein Team nach den Ideen von Belbin zusammenzusetzen ist immer sinnvoll. Grade auch bei agil geführten Projekten zahlt sich dies aus. Kommen Auftraggeber und Auftragnehmern zusammen oder gibt es Konflikte mit den Stakeholdern, sollte das Team komplett sein. 4.5.5 Vier Typen zwischen Dominanz und Gewissenhaftigkeit: Das DISG-Modell Die bisher vorgestellten Modelle weisen Überschneidungen auf. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass viele auf der Funda‐ mentalarbeit „Psychologische Typen“ des Schweizers Carl Gustav Jung aus dem Jahr 1921 aufbauen ( Jung 1921). In dieser Arbeit schreibt Jung, dass Menschen zwei Mechanismen haben: „Jeder Mensch aber besitzt beide Mechanismen, der Extraversion sowohl, wie der Introversion und nur das relative Überwiegen des einen oder andern macht den Typus aus.“ ( Jung 1921, 8). Wie bei den MBTI sind die Charaktere also nicht eindeutig, es gibt 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 107 <?page no="108"?> 34 Bei meinen Recherchen fand ich es bemerkenswert, dass Marston 1940 kurz nach der Erfindung von Superman die Wonder Woman erfunden hat und hierzu sogar ins Comic-Geschäft eintrat. aber dominantere und weniger dominante Anteile. Man ist je nach dem eher extraals introvertiert oder umgekehrt. Dann unterscheidet Jung in vier Grundfunktionen ( Jung 1921, 12): • Denken versus Fühlen rationale Menschen • Empfinden versus Intuieren [Intuition] irrationale Menschen Jeder Mensch, der eine der vier Grundtypen hat, kann entweder haupt‐ sächlich extravertiert oder hauptsächlich introvertiert sein. Denk- oder Fühltypen sind für ihn rationale Menschen. Menschen, die Empfinden oder intuitiv handeln, sind für Jung irrationale Menschen ( Jung 1921, 490 ff; 1921, 545 ff). Diese Überlegungen vertiefte der US-Amerikanische Psychologe William Moulton Marston (*1893 †1947) (Marston 1928) 34 . Schließlich begann An‐ fang der 1970er-Jahre John George Geier (*1934 †2009) an der Universität von Minnesota ein Persönlichkeitsmodell zu entwickeln (Geier 1979), das heute DISG-Modell genannt wird. Wie bei allen Persönlichkeitstest und -beschreibungen gibt es auch für die DISG-Typen eine schier endlos erschei‐ nende Flut an Quellen, die diese charakterisieren. Auch hier möchte ich in der → Tabelle 8 nur wenige Beispiele nennen, da es sehr häufig große Ähnlichkeiten und Überschneidungen gibt (Erikson 2019; Scullard und Baum 2015; Geier 1979; Marston 1928; Jung 1921; „Studien und Forschung | persolog - Persönlichkeitsanalysen“, o. J.; Erikson 2019; Scullard und Baum 2015; Geier 1979; Marston 1928; Jung 1921). DISG-Typus (Farbe) Eigenschaften dominant (rot) aggressiv, ziel- und ergebnisorientiert, innovativ, kontrol‐ lierend, energetisch, unabhängig, provozierend, egozen‐ trisch, anspruchsvoll statisch (grün) selbstdiszipliniert, zuverlässig, stabil, unterstützend, guter Zuhörer, hilfreich, nachdenklich 108 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="109"?> 35 English: DISC = Dominance - Influences - Steadiness - Conscientiousness gewissenhaft (blau) neutral, objektiv, perfektionistisch, reflektierend, hinter‐ fragt, logisch, rational, genau, sorgfältig initiativ/ beeinflussend (gelb) gesprächig, enthusiastisch, kreativ, optimistisch, sozial, ma‐ nipulativ, egozentrisch, offen, gesellig, fantasievoll Tab. 8: Charakterzüge der vier DISG-Persönlichkeitstypen | eigene Darstellung DISG ist ein Akronym und steht für Dominanz, Initiativ, Stetigkeit und Gewissenhaftigkeit. 35 Jedem dieser vier Charaktere der Einfachheit halber werden Farben zugeordnet: D = rot, I = gelb, S = grün und G = blau. Die → Abbildung 8 zeigt die Charaktereigenschaften, die den vier Typen zugeordnet werden. Abb. 8: Das DISG Modell mit den Eigenschaften der Charaktere sachorientiert beziehungsorientiert extravertiert introvertiert präzise, regelkonform, logisch, sorgfältig, formell, diszipliniert zurückgezogen, schüchtern, äußert keine Meinungen, bleibt im Detail hängen, risikoscheu entschlossen, hart, willensstark, wettbewerbsfähig, anspruchsvoll, unabhängig, selbstbewusst aggressiv, unverblümt, egozentrisch, anmaßend, übergeht die Autorität ruhig, beständig, vorsichtig, geduldig, guter Zuhörer, bescheiden, vertrauenswürdig gegen neue Ideen, äußert sich nicht, stur, will keine Veränderung gesellig, gesprächig, offen, enthusiastisch, energisch, überzeugend extravagant, hektisch, nachlässig, indiskret, aufgeregt, hastig, verliert das Zeitgefühl D rot dominant I gelb initiativ S grün stetig G blau gewissenhaft Abb. 8: Die vier Persönlichkeitstypen des DISG-Modells | eigene Darstellung Hier finden Sie die Jungsche Einteilung in Introvertierte und Extravertierte wieder. Dominante und initiative Typen sind eher extravertiert, stetige und gewissenhafte eher introvertiert. Aber auch hier gilt, dass es Menschen gibt, die zwischen zwei Charakteren liegen. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 109 <?page no="110"?> Es gibt zahlreiche lebende und fiktive Beispiele für diese Charaktertypen, sei es aus der Politik, der Gesellschaft oder Filmcharaktere. Gerade in erzählten fiktiven Geschichten achten Autorinnen darauf, die verschiedenen Charaktere in bedeutenden Rollen auftreten zu lassen, weil sich so für die Betrachter ein realistisches Bild ergibt. Gerne gebe ich Ihnen in → Tabelle 9 Beispiele aus Filmen. Buch/ Film dominant initiativ/ beeinflus‐ send stetig gewissen‐ haft Harry Potter Slytherin, Snape, Malfoy Gryffindor, Harry Potter Hufflepuff, Cedric Dig‐ gory Ravenclaw, Luna Love‐ good Star Wars Darth Vader Han Solo Chewbacca C3PO Game of Thrones Cersei Lannister Tyron Lannister Jon Snow Petyr Baelish Herr der Ringe Gimli Pippin Tuk Frodo Beutlin Legolas Tab. 9: Beispiele fiktiver Charaktere und Persönlichkeitsprofil nach DISC | eigene Darstel‐ lung Wie können Sie die DISG-Typen bei Konfliktlösungen anwenden? Anders als beim Karriereanker oder bei Belbin haben Sie es hier mit einer eher übersichtlichen Zahl an Charakteren zu tun. Das ist einerseits gut, denn das Leben mit dem DISG-Persönlichkeitsprofil als Modell ist so einfacher - scheinbar. Wendet man den etwas negativ besetzten Begriff von Schubladen an, so haben die vorgestellten Modelle unterschiedlich viele: MBTI hat mit 16 die größte Zahl an unterschiedlichen Schubladen, DISG hingegen nur vier. Daraus folgt, dass jede Schublade bei DISG größer sein muss bzw. muss jedem der Typen ein breiteres Spektrum an Persön‐ lichkeiten zugeordnet werden. Daher können Menschen einer Kategorie dennoch durchaus unterschiedlich sein und sich folglich entsprechend unterschiedlich verhalten. Der große Vorteil liegt in der Einfachheit des DISG-Modells. Deshalb sind die Angebote an Literatur und Beratungen für das DISG-Modell entsprechend groß. Ein weiterer Vorteil ist, dass es leichter 110 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="111"?> 36 Eine Umschreibung für einen Gang aufs stille Örtchen. fällt, Menschen anhand ihres Auftretens einem DISG-Typus als dem eines anderen Persönlichkeitsmodells zuzuordnen. • konstruktives Verhalten gegenüber roten, dominanten Typen - seien Sie sehr gut vorbereitet und haben Sie alle Unterlagen parat - seien Sie direkt und kommen Sie schnell zur Sache - achten Sie auf die Aufmerksamkeit des Gegenübers: ist er abge‐ lenkt? - fragen Sie nach, wie Ihr Gegenüber das Gesagte verstanden hat - wenn die Situation droht zu eskalieren, machen Sie eine Bio-Pause 36 - bei längeren Meetings bieten Sie an, in einer Pause durch die Räumlichkeiten zu gehen - jede Form der Bewegung baut Stress ab - wenn Sie an Macht gewinnen möchten, lassen Sie Ihr Gegenüber auflaufen, das entspannt die Situation nicht, Sie übernehmen aber Kontrolle • konstruktives Verhalten gegenüber gelben, beeinflussenden Ty‐ pen - betreiben Sie Smalltalk - stellen Sie offene Fragen und lassen Sie gelbe Typen kreativ sein - bieten Sie eine offene Atmosphäre - fragen Sie nach, zeigen Sie Interesse an dem Gesagten - unterbrechen Sie wenig - wenn Sie anderer Meinung sind, zeigen Sie Ihre Skepsis nicht zu offen - geben Sie gelben Typen in Kaffeepausen Raum, sich mit anderen zu unterhalten und zu vernetzen • konstruktives Verhalten gegenüber grünen, statischen Typen - erzählen Sie mehr als Sie fragen - bleiben Sie sachlich und korrekt - argumentieren Sie auf Basis von Fakten - auch bei großen Differenzen: bleiben Sie freundlich und - zeigen Sie auf Basis von spezifischen, absoluten und relativen Größen die Differenzen auf - vermeiden Sie emotionale Äußerungen 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 111 <?page no="112"?> - seien Sie nicht sprunghaft in Gedanken und Äußerungen - gehen Sie Themenwechsel langsam an. - stellen Sie diese Typen nicht in den Mittelpunkt des Interesses anderer • konstruktives Verhalten gegenüber blauen, gewissenhaften Ty‐ pen - geben Sie ihnen Zeit, sich in das Gespräch einzubringen - bleiben Sie sich treu und stehen Sie zu Vereinbarungen - befolgen Sie Regeln - verlieren Sie nicht die Nerven, wenn sie alles hinterfragen - gehen Sie nicht über ihre Bedenken hinweg, sondern spiegeln Sie Verständnis dafür (Verständnis ist nicht gleich Einverständnis) - wundern Sie sich nicht, wenn blaue Typen in der Kaffeepause alleine bleiben, sie wollen und brauchen das Mit diesen Empfehlungen hoffe ich, dass Sie einen guten und konstruktiven Umgang mit den verschiedenen Menschen haben werden. Probieren Sie unter Freunden aus, perfektionieren Sie das im beruflichen Umfeld. Viel Spaß und viel Erfolg dabei! 4.5.6 Muss ich mir alle Persönlichkeitsmodelle merken? Ob Sie sich alle Modelle der Persönlichkeitsprofile merken und sogar be‐ herrschen müssen? Dies ist eine gute Frage. Doch vor der Antwort zunächst die schlechte Nachricht: Es gibt noch viele weitere Persönlichkeitsmodelle. Meist unterscheiden sich diese von den oben genannten allerdings nicht signifikant. Oftmals sind sie andere Interpretationen derselben Modelle, differenzieren stärker oder kombinieren die Modelle in unterschiedlicher Art und Weise. Ich möchte hier nur einige ausgewählte Modelle aufzählen, ohne diese zu bewerten oder zu priorisieren: • Insights Discovery (Benton, van Erkom Schurink und Desson 2008) - Tool, um in der Arbeitswelt durch das ein gegenseitiges Verständ‐ nis Konflikte zu vermeiden - basiert auf dem Modell von Carl Gustav Jung ( Jung 1921) - verwendet die vier Analysekategorien des MBTI - differenziert in vier Haupt- und vier Mischtypen: Initiatorin (rot) - Motivator (orange) - Inspiratorin (gelb) - Berater (hellgrün) 112 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="113"?> - Unterstützerin (grün) - Koordinator (petrol) - Beobachterin (blau) - Reformer (lila) - weitere Differenzierung in 72 Typ-Zuordnungen - mit den vier Haupttypen liegt das Modell nahe am DISG-Modell, mit den Misch-Typen eher beim Belbin-Inventar • Team Management Systems (TMS) - dient auf Basis von Aussagen zu Entscheidungsfindung, Informa‐ tionsverarbeitung, Organisations- und Kommunikationsverhalten in der Arbeitswelt dazu, wie ein besseres Team zusammengestellt werden kann (Margerison, McCann und Davies 1986; Davies, Margerison und McCann 1990) - basiert auf Jungs Forschungen und den MBTI-Methoden - Alternativmodell zum Belbin-Inventar - verwendet vier dem MBTI ähnliche Analysekategorien, daraus werden acht Teamrollen definiert: Entwicklerin - Organisator - Umsetzerin - Überwacher - Stabilisatorin - Berater - Innovatorin - Promoter • Golden Profiler of Personality (GPOP) - die Methode zeigt viele Elemente des MBTI - beinhaltet als Weiterentwicklung des MBTI eine zusätzliche Stress-Skala - steht aufgrund seiner Nähe zum MBTI als eigener und eigenstän‐ diger Test in der Kritik Und das sind bei weitem nicht alle weiteren Persönlichkeitsmodelle, es gibt beispielsweise noch Big Five, HBDI, LIMBIC© Reiss-Profile, Structogram® und viele mehr. Bei genauer Betrachtung stellt man fest, dass die Arbeiten von Carl Gustav Jung in den meisten Modellen die Basis darstellen. Viele der Modelle sind auf die aktuellen Anforderungen der Arbeitswelt und der gängigen sozialen Strukturen angepasst. Und nun zurück zur Ausgangsfrage: Muss ich mir alle Persönlichkeits‐ modelle merken? Meine klare Antwort lautet: Nein. Es ist völlig ausreichend, wenn Sie sich ein Modell genauer ansehen und dieses ausprobieren. Sie werden feststellen, dass Sie damit andere Menschen bereits sehr gut einschätzen und mit ihnen besser umgehen können. Inter‐ essant ist die folgende Überlegung: wenn ich einen Typen kenne, sagen wir mal, ich weiß, dass jemand ein „blauer“ Gewissenhafter im DISG-Modell 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 113 <?page no="114"?> ist: Welchem Typus entspricht dies im MBTI- oder Belbin-Modell? Oder gibt es keine 1: 1 Übertragung? Um die erste Frage zu beantworten, können Sie die „blaue“ DISG-Charak‐ teristika mit Belbins neun Typen vergleichen. Sie werden feststellen, dass es Überschneidungen gibt. Hier liste ich noch einmal die Charakteristika der blauen gewissenhaften Menschen auf: N E UT R AL , O B J E KTIV , P E R F E KTIONI S TI S CH , R E F L E KTI E R E ND , HINT E R F R AG T , L O GI S CH , R ATIONAL , G E NAU , S O R G FÄLTI G In der → Tabelle 10 vergleiche ich die Charakteristika aller Belbin-Typen, die mindestens eine Übereinstimmung mit den DISG-Charakteristika der Gewissenhaften haben. Die gemeinsamen Eigenschaften sind durch K U R S ‐ IVI E R U N G hervorgehoben. Typ Eigenschaften Perfektio‐ nist P E R F E K T I O N I S T I S C H , prüfend, G E N A U , S O R G F ÄL T I G , fleißig, gewissen‐ haft, R E F L E K T I E R E N D , termintreu, detailliert, zu pingelig, zu nach‐ denklich, H I N T E R F R A G T ( A L L E S ) Beobachter fair, L O G I S C H , R A T I O N A L , beurteilend, denken alleine, N E U T R A L , O B ‐ J E K T I V , strategisch, analytisch, R E F L E K T I E R E N D Spezialistin lernbegierig, Wissensquelle, Expertin, denkt alleine, unabhängig, egozentrisch, engagiert, K O R R E K T , entscheidungsfreudig, ausgren‐ zend durch Sprachwahl Teamarbei‐ terin extravertiert, Zuhörerin, Konfliktmanagerin, unterstützend, N E U ‐ T R A L , O B J E K T I V , anpassungsfähig, sozial, gesellig, freundlich, em‐ pathisch, kann unschlüssig wirken Tab. 10: Belbin-Typen, die mindestens eine Übereinstimmung mit den Gewissenhaften-Ty‐ pen im DISG-Modell haben | eigene Darstellung Sie erkennen, dass es nicht genau ein Pendant zu einem DISG-Persönlich‐ keitstypen gibt. Das ist auch nachvollziehbar, denn es gibt neun Typen nach Belbin und nur vier nach DISG. In der → Tabelle 10 liegt es dennoch nahe, nur zwei Belbin-Charakteren das Gewissenhafte zuzuordnen, denn der Perfektionist und der Beobachter haben die größten Überschneidungen mit Gewissenhaften bei DISG. Die Spezialistin hat gewissenhafte Züge ( K O R R E KT ), dies kann aber eher als sehr genau im Umgang mit Zahlen und Normen interpretiert werden. Die Teamarbeiterin ( N E UT R AL und O B J E KTIV ) wiederum hat Eigenschaften, die 114 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="115"?> nicht zwingend mit Gewissenhaftigkeit zu tun haben müssen, wenngleich dies im Umkehrschluss eher der Fall ist. Nicht alle objektiven Menschen sind gewissenhaft, aber Gewissenhafte sind in der Regel objektiv. Im Nachgang finden Sie einige Übungen, um sich mit diesen Charakteren vertraut zu machen. Hier sollten Sie sich zuvor eine kleine Pause gönnen und etwas Zeit einplanen. Sie können die Übungen auch anfangen, unterbrechen und dann später weitermachen. Denn Sie werden ja einige Charaktereigen‐ schaften miteinander vergleichen und verbinden. Das braucht seine Zeit. Ich weise schon einmal auf den → Abschnitt 5.5.3 hin. Die Persönlich‐ keitstypen MBTI und DISG finden Sie auch dort wieder und sehen, wie diese bevorzugt Konflikte lösen. ▶ Übung 4.5.6 | a: Welche Belbin-Typen sind nach DISG dominant (rot)? Ordnen Sie dem DISG-Typen „rot - dominant“ die Belbin-Typen zu. Dazu schreiben Sie sich zunächst alle Charaktereigenschaften der roten, dominanten Typen auf. Lesen Sie sich dann die Beschreibungen der Belbin-Typen durch und überlegen Sie schon jetzt, wer als dominant gelten könnte. Im nächsten Schritt nehmen Sie nacheinander jeden der neun Bel‐ bin-Typen und vergleichen die Charakteristika. Erstellen Sie eine Tabelle wie die oben gezeigte für die Gewissenhaften. ▶ Übung 4.5.6 | b: Welche Belbin-Typen sind nach DISG stabil (grün)? Ordnen Sie dem DISG-Typen „grün - stabil“ Belbin-Typen zu. Dazu schreiben Sie sich zunächst alle Charaktereigenschaften der grünen, stabilen Typen auf. Lesen Sie sich dann die Beschreibungen der Belbin-Typen durch und überlegen Sie schon jetzt, wer als stabil gelten könnte. Im nächsten Schritt nehmen Sie nacheinander jeden der neun Bel‐ bin-Typen und vergleichen die Charakteristika. Erstellen Sie eine Tabelle wie die oben gezeigte für die Gewissenhaften. 4.5 Wer sitzt mir eigentlich gegenüber? Typisierung von Charakteren 115 <?page no="116"?> ▶ Übung 4.5.6 | c: Welche Belbin-Typen sind nach DISG beeinflussend (gelb)? Ordnen Sie dem DISG-Typen „gelb - beeinflussend“ nun Belbin-Typen zu. Dazu schreiben Sie sich zunächst alle Charaktereigenschaften der gelben, beeinflussenden Typen auf. Lesen Sie sich dann die Beschreibungen der Belbin-Typen durch und überlegen Sie schon jetzt, wer als stabil gelten könnte. Im nächsten Schritt nehmen Sie nacheinander jeden der neun Bel‐ bin-Typen und vergleichen die Charakteristika. Erstellen Sie eine Tabelle wie die oben gezeigte für die Gewissenhaften. Die Lösungen finden Sie in → Kapitel 7. Das gilt auch für die nächste Übung. Wie Sie sich sicher schon denken können, sind nicht nur DISG- und Belbin-Persönlichkeitstypen miteinander vergleichbar. Das gilt auch, wenn Sie alle drei Typen zusammenbringen: DISG, MBTI und Belbin. Wenn Ihnen dies zu aufwändig erscheint, können Sie sich die Lösung auch direkt an‐ schauen. Allerdings entgeht Ihnen dann der Lerneffekt, Menschen schneller einzelnen Typen anhand ihrer Eigenschaften zuzuordnen. Sie werden dann bei Begegnungen etwas länger dafür brauchen, diese zu erkennen. ▶ Übung 4.5.6 | d: Welche Persönlichkeitstypen nach Myers-Briggs bzw. DISG passen zu welchem Belbin-Typen? Ordnen Sie für jeden Belbin-Charakter einen oder mehrere DISG- und MBTI-Charaktere zu. Schauen Sie sich die Beschreibungen der Belbin-Typen an und ver‐ gleichen Sie diese zunächst mit den Charakteristika der DISG-Typen (das haben Sie oben bereits gemacht). Es kann sein, dass ein Belbin-Typus auch Züge mehrerer DISG-Typen aufweist. Dann sortieren Sie diese nach Häufigkeit der Gemeinsamkeit. Ähnlich ist es für die Zuordnung der MBTI-Charakteristika: Vielleicht passen die Beschreibungen der Belbin-Typen auf zwei MBTI? Dazu überlegen Sie schrittweise zunächst, ob der Belbin-Typus eher extra- oder introvertiert ist, also E oder I. Dann gehen Sie schrittweise so 116 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="117"?> weiter vor: Suchen Sie Gemeinsamkeiten zu N und S, T und F sowie J und P. Die Zuordnungen zu den vier DISG-Typen sollte etwas leichter fallen. Wenn Sie dies einige Male durchgespielt haben, können Sie in der Praxis zwischen Modellen einfacher wechseln. Diese Lösung benötigen Sie noch einmal im →-Abschnitt 5.5.3. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich, geprägt von den aktuellen Umweltbedingungen (Maslow). Menschen entspre‐ chen bestimmten Persönlichkeitstypen. Sie haben verschiedene Ziele und sind in diesen verankert. Dies schafft die Möglichkeit, gute Teams zu bilden (Belbin). Die Modelle der Persönlichkeitstypen (BMTI, DISG) sind gut zu verinnerlichen. Wie wenden Sie das an? Sie können sich selbst einem Persönlichkeits‐ typ zuordnen. Auch finden Sie heraus, welche Bedürfnisse für Sie, aber auch für Ihr Unternehmen im Moment dominant sind. Dies kann den Umgang mit den Menschen anhand der hier gegebenen Regeln leichter gestalten. So gelingt es in Konflikten besser auf die Verhandlungspart‐ nerinnen einzugehen. 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein „Success is only meaningful and enjoyable if it feels like your own.“ Michelle Obama (*1964) Überblick | In diesem Kapitel lernen Sie, … • welche drei Strategieformen es gibt, • welche Taktiken dazugehören und finden einige Beispiele dazu. 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 117 <?page no="118"?> Strategie und Taktik hört sich entweder nach Ballsport oder Militär an. Bei‐ des ist richtig, für den Kontext dieses Buchs aber falsch. Hier geht es darum sich mitzuteilen und auf entsprechende Äußerungen der Konfliktpartner zu reagieren. In → Tabelle 11 sind für Verhandlungen und Konfliktlösungen die Strategien und die dazu gehörigen Taktiken aufgelistet. Definition | Strategie Eine Strategie dient dazu, ein Ziel zu erreichen, welches vorher festge‐ legt wurde. Die Strategie entscheidet darüber, wie das Ziel erreicht werden soll. Hier werden drei Strategien vorgestellt: • offensive Strategie • defensive Strategie • integrative Strategie Zu jeder Strategie gibt es eine Auswahl von Taktiken. Jede Taktik hat seine Berechtigung und ist eine Methode, wie die Strategie umgesetzt wird. Definition | Taktik Taktiken sind eine Art und Weise, wie ein Verhandlungselement ausge‐ führt wird. Taktiken können offensiv, defensiv oder integrativ sein. Strate‐ gien offensive defensive integrative Takti‐ ken Forderung, Position Rücknahme von Forderun‐ gen, Positionen Treffen einer Ver‐ einbarung Ablehnung, Verneinung Zustimmung Aufgabenorientie‐ rung Fremdver‐ pflichtung Selbstverpflichtung beiderseitige Ver‐ pflichtung Drohung Abwehr - Angriff Selbsterklärung, Rechtferti‐ gung Informationsweiter‐ gabe 118 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="119"?> Aufbzw. Anforderung Annahme ungewollter Auf‐ gaben Klärung, Problemlö‐ sung Forderung, Position Rücknahme von Forderun‐ gen, Positionen Treffen einer Ver‐ einbarung Tab. 11: Strategien und Taktiken für Verhandlungen und Konfliktlösungen | eigene Darstel‐ lung in Anlehnung an Tries 2008a, 129 mit eigenen Ergänzungen Die Anwendung offensiver Strategien zielt darauf ab, den gegnerischen Partner anzugreifen, um ihn dazu zu bringen, seine Forderungen und Ansprüche zu überdenken. Beispiel | Person A (eröffnet mit einer Drohung): „Der Konkurrent hat ein besseres Verfahren.“ Beispiel | Person B (eröffnet mit einer Forderung): „Zu diesem Zeit‐ punkt müssen wir verstehen, was Ihre Priorität ist: Genauigkeit der Abmessungen oder die Qualität der Oberfläche.“ Der Einsatz von Defensivstrategien hat zum Ziel, die eigenen Positio‐ nen und Forderungen zu halten und/ oder Angriffe des Verhandlungs‐ partners abzuwehren. Gelingt dies nicht, müssen eigene Forderungen bis zu einem gewissen Grad aufgegeben werden. Beispiel | Person B (Selbsterklärung): „Wir kennen auch unsere Kon‐ kurrenz. Die haben zwar eine gute Oberflächenbehandlung. Aber deren Verfahren erfordert einen gewissen Verzicht auf die Spezifikation der Abmessungen, während unser Verfahren das nicht tut.“ Ziel des Einsatzes integrativer Strategien ist es, gemeinsame Stand‐ punkte und gemeinsame Positionen zu erarbeiten. Diese bilden die Grund‐ lage für den weiteren Verhandlungsprozess. 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 119 <?page no="120"?> 37 Das hatte ich wirklich einmal erlebt. Wir hatten an lange und hart an der Entwicklung eines Prototypen gearbeitet. Dann flogen wir mit einer kleinen Delegation nach Japan und stellten diesen Prototypen vor. Die Japanischen Kunden sahen sich das Ergebnis schweigend an, tauschen sich kurz und mit wenigen Worten aus. Dann sagte der japanische Leiter: „Please, make better proposal“. Das Meeting wurde schon nach 20 Minuten durch diesem Satz beendet. Beispiel | Person A (Akzeptanz, Definition einer gemeinsamen Auf‐ gabe): „Sie haben Recht. Lassen Sie uns im Detail sehen, wo die Unter‐ schiede liegen und was die Anforderungen tatsächlich sagen.“ 4.6.1 Lassen Sie sich nicht alles gefallen: Offensive Taktiken Hier gehe ich auch in Beispielen auf die verschiedenen offensiven Taktiken ein. Position/ Forderung Forderungen sind der Kern jeder Offensive, auch wenn sie nur moderat formuliert werden. Positionen sind unverrückbar. • „Wir behaupten…“ • „Wir erwarten…“ • „Ohne dies gibt es keine Möglichkeit…“ Dies ist für jedes Land bzw. jeden Kulturraum sehr speziell. In Japan z. B. werden Forderungen nie unhöflich, sondern immer sehr moderat formuliert: • „Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn Sie überlegen, …den Anforderun‐ gen näher zu kommen“ als Hinweis darauf, dass die Anforderungen nicht erfüllt sind. • „Bitte, machen Sie einen besseren Vorschlag“ als deutlicher Hinweis darauf, dass Ihr Vorschlag weit das Erwartete verfehlt hat. 37 Machen Sie eine kurze Selbstreflexion über Forderungen und Positionen: Wie gehen Sie mit Positionen und Forderungen um, die Sie nicht erfüllen wollen oder können? Finden Sie einige Formulierungen, um diese abzuleh‐ nen. Nehmen Sie sich maximal 15 Minuten Zeit dafür. 120 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="121"?> Ablehnen/ Verneinung Eine Ablehnung oder Verneinung folgt auf eine Forderung, wenn diese nicht (in vollem Umfang) angenommen wird. • „Ich teile Ihre Meinung nicht.“ • „Ich sehe das anders.“ • „Das erscheint mir seltsam.“ • „Nach meiner Erfahrung ist es nicht wahr, dass…“ • „Glauben Sie daran? “ • „Nein, das geht nicht.“ Fremdverpflichtung Durch das Einfordern von Fremdverpflichtungen können Sie Ihren Zielen einen Schritt näherkommen. Die sprechende Person fordert die zuhörende auf, sich zu etwas zu verpflichten. • „Ich möchte Sie zu etwas verpflichten.“ • „Sie müssen garantieren, dass…“ • „Sie müssen den Preis einhalten…“ Drohung Es gibt eine breite Palette von Möglichkeiten, den Gegenüber anzugreifen. Eine Drohung ist eine offensive Taktik, die immer stark ist und beim Gegenüber Emotionen auslösen kann. Dies hängt auch vom kulturellen Hintergrund Ihres Verhandlungspartners ab. • „Wir können auch anders…“ • „Wenn Sie dies nicht tun, werden es andere tun.“ • „Unser Chef unterstützt Ihren Vorschlag nicht.“ • „Wenn das nicht klappt, müssen wir mit unserem Anwalt sprechen.“ Angriff Angriffe unterstützen die Offensive. Sie sind oft starke Argumente. Es gibt vier Haupttypen von Argumenten: 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 121 <?page no="122"?> 38 Mein Physiklehrer hat uns beigebracht: „Wenn Ihr eine Zahl oder Differenz seht, fragt euch immer, was sind 100 %, was 0 %.“ Das beherzige ich bis heute. • Statistiken und betriebswirtschaftliche Kennziffern Hier müssen Sie besonders aufpassen: Zahlen sind leicht gesagt und sehr schwer zu vergessen. Auch sind Zahlen und Relationen verzerrt, wenn man Ihnen nicht das ganze Bild zeigt. Statistiken werden oft verwendet und manchmal sind sie eine Methode der unfairen Dialektik, weil es für die andere Partei schwierig ist, diese Zahlen zu überprüfen. 38 Aus welcher Quelle stammen sie? Was und wie wurde gemessen? Welche statistischen Verfahren wurden verwendet? Seien Sie bei Statistiken also vorsichtig. - „Wie Sie wissen, fallen nur 1 ppb solcher Produkte durch…“ - „Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung Ihrer Konkurrenz ist Ihrer Entwicklung drei Monate voraus.“ - „Ich habe bereits fünf Angebote Ihrer Konkurrenz auf meinem Schreibtisch liegen.“ • Diagramme Diagramme können ähnlich wie Statistiken und Kennzahlen sein. Auch hier wird oft Missbrauch betrieben. • Analogien und Beispiele - Beispiele werden genannt, wenn keine harten Fakten vorliegen. Beispiele finden Anwendung, da sie an die Erfahrungen der Part‐ ner anknüpfen. Aber manchmal sind die Randbedingungen nicht die gleichen (beispielsweise werden Personen verglichen, die in verschiedenen Positionen sind). • Kausalitäten Eine Kausalkette muss hinterfragt werden, stimmt sie tatsächlich? - „Wenn … dann … sonst…“ - „Je (mehr,…), desto (besser,…).“ - „Nehmen Sie das als Beispiel: Letzten Monat hat es auch nicht funktioniert, warum diesen Monat? “ - „Ich bleibe bei meiner Behauptung! Deshalb wird die andere Seite einen Schritt auf uns zu gehen, solange sie keine Alternative hat. Ich gehe davon aus, dass es keine Alternative gibt. Es gibt also keinen Grund für die andere Seite, auf uns zuzugehen.“ - „Darf ich Sie an Folgendes erinnern: …“ 122 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="123"?> Aufbzw. Anforderung Wenn Sie etwas einfordern oder die andere Partei dazu auffordern, Argumente zu nennen bzw. etwas zu erklären, dann ist dies auch eine offensive Taktik. Dadurch bringen Sie die andere Seite in die Situation, mehr Informationen offenzulegen, was möglicherweise deren Angriffsfläche vergrößert. Jede Frage an das Gegenüber ist eine Aufforderung zu antwor‐ ten. • „Bitte sagen Sie mir, warum die gesamten Kosten so hoch sind. Wie hoch sind denn die Kosten für jede einzelne Position? “ • „Was sind die Kostentreiber? “ • „Ich verstehe nicht, bitte erklären Sie mir das.“ • „Woher kommt dieser Unterschied? “ 4.6.2 Verteidigen Sie Ihre Standpunkte und Forderungen: Defensive Taktiken Es ist naheliegend, dass Sie sich nach einer Offensive Ihres Gegenübers, in die Verteidigung gehen. Die Defensive kann recht unterschiedlich aussehen: Entweder Sie verteidigen Ihre Positionen und Forderungen oder sie gehen auf die andere Seite zu und geben nach. Beides hat seine Berechtigung. Wenn Sie nachgeben, dann sorgen Sie dafür, dass Sie auch etwas dafür be‐ kommen. Ich habe es allzu oft bei meinen Studierenden des ersten Semesters erlebt, dass sie ohne Aufforderung (Offensive), einen Rabatt eingeräumt haben. Für mich als Sparringspartner war dies immer eine Einladung, noch mehr zu fordern, denn wer ohne Weiteres 2 % oder 3 % Rabatt gibt, der kann auch 5 % oder mehr geben, richtig? No Giving Without Taking. Rücknahme von Forderungen, Positionen Die Aufweichung oder gar die Rücknahme einer Forderung sollte verwen‐ det werden, wenn die andere Seite ebenfalls etwas gegeben hat oder wenn die Verhandlung irgendwie festgefahren ist. Mit Positionen ist es diffiziler, weil Sie in jedem Fall einen Machtverlust dadurch erleiden (→-Abschnitt 4.3.3). Positionen werden beispielsweise so aufgegeben: • „Aus Höflichkeit werde ich Ihnen…“ • „Darüber hinaus erhalten Sie…“ 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 123 <?page no="124"?> • „Verstanden, ich nehme meine Forderung zurück.“ • „Wie kann ich begründen, dass ich Ihrer Forderung zustimme? “ • „Als Alternative könnte ich Ihnen… anbieten.“ Zustimmung Einem Vorschlag zuzustimmen ist ein verbalisierter Akt der Rücknahme des eigenen Standpunkts und/ oder der Annahme einer einzelnen Forderung des Gegenübers. Zustimmungen müssen sehr vorsichtig gehandhabt werden. Denn wenn Sie jemanden den kleinen Finger reichen, greifen viele direkt nach der ganzen Hand. Denken Sie an No Giving Without Taking. • „Ich habe verstanden.“ • „Ich kann Ihre Überlegungen nachvollziehen.“ • „Ich finde dies auch in meinen Daten.“ • „In der Tat, wir sollten unsere schlechten Erfahrungen nicht wiederho‐ len.“ Selbstverpflichtung Dies ist eine Methode, die mit Bedacht eingesetzt werden kann: Selbstver‐ pflichtungen müssen immer erfüllt werden. Wenn Sie sich selbst zu einer Handlung verpflichten, ohne dazu aufgefordert zu werden, dann müssen Sie diese auch ausführen. • „Ich werde mich zu Folgendem verpflichten…“ • „Ich werde etwas für Sie tun und zwar…“ • „Wir garantieren…“ • „Wir werden die Versandkosten übernehmen…“ Annahme ungewollter Aufgaben Anders als die Selbstverpflichtung ist dies die unmittelbare Reaktion auf die Offensive einer Aufforderung etwas zu tun. Wenn Sie z. B. gedrängt werden, „Machen Sie jetzt dies oder dass…“ und es widerstrebt Ihnen dies zu tun, Sie es aber trotzdem machen, ist das die Annahme ungewollter Aufgaben. Eine starke Aufforderung erfüllen Sie wahrscheinlich dann, wenn die Machtverhältnisse deutlich zu Ihren Ungunsten stehen. Mit der Annahme dieser Aufforderung werden Sie wahrscheinlich Druck aus der 124 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="125"?> Verhandlung nehmen. Gleichzeitig verlieren Sie erneut an Macht. Das Risiko besteht, dass dies der Anfang einer Kette von Aufforderungen wird. Daher lohnt es sich auch hier danach zu fragen, was Sie im Gegenzug erhalten. No Giving Without Taking ist auch hier die Devise. • „Ich werde jetzt dies tun, obwohl es mir widerstrebt.“ • „Wir werden nun die Prozesse verändern, wie Sie es wollen…“ • „Ich habe wohl keine Alternative, nun muss ich dies tun…“ • „Ich habe schon verstanden, dann machen wir das.“ Selbsterklärung Die Selbsterklärung ist das Gegenstück zum Angriff mit dem Ziel, die eigene Position zu stärken bzw. zu halten. • „Unsere brandneuen Ergebnisse zeigen deutlich, dass…“ • „Wir haben schon immer so gearbeitet.“ • „Andere Kunden sind sehr zufrieden mit…“ • „Glauben Sie wirklich, dass wir das nicht berücksichtigt haben? “ 4.6.3 Durch Gemeinsames eine Einigung erzielen: Integrative Taktiken Mein absoluter Favorit für erfolgreiche Verhandlungen: Integrative Tak‐ tiken! Natürlich ist es zunächst erforderlich, mit offensiven Taktiken die Forderungen zu nennen und mit defensiven Taktiken diese so gut wie möglich zu verteidigen. Bewegen Sie sich aber nicht weiter und folgt auf Forderung eine Ablehnung mit anschließender Gegenforderung, wird diese dann ebenfalls abgelehnt usw. - dann hängt man fest. Mit integrativen Taktiken kann das Eis gebrochen werden. Wenn Sie fest‐ hängen und sich in einem Teufelskreis immer um dieselben Forderungen und Gegenforderungen drehen, können Sie einen Ausbruch wagen, indem Sie sich einem anderen Punkt zuwenden, von dem Sie die berechtigte Hoff‐ nung haben Gemeinsamkeit zu finden. Machen Sie mit Ihrem Gegenüber einen Plan, wann und wo Sie sich noch einmal zusammensetzen. Lassen Sie beiden Seiten Zeit und vereinbaren Sie, dass sie beide die Prioritäten der Forderungen nochmal überdenken und gegenseitig mitteilen. Lassen Sie sich gemeinsam darauf ein auszuloten, ob die Forderungen und die dazugehörigen Rahmenbedingungen tatsächlich unverrückbar sind (dann 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 125 <?page no="126"?> wären es nämlich Positionen, was möglicherweise zum Ende der Gespräche führen könnte). Treffen einer Vereinbarung Wenn Sie an dem Punkt sind, dass Sie eine Vereinbarung treffen können, dann sind Sie sehr weit gekommen. Sie befinden sich auf einem guten Weg zur Lösung des Konflikts oder haben mit dieser getroffenen Vereinbarung eine Konfliktlösung herbeigeführt. Denken Sie daran, dass Vereinbarung immer Teil einer gemeinsamen Konfliktlösung sein muss. Wenn die Vereinbarung nur eine Teillösung des Konfliktes darstellt, dann müssen Sie vorher sicher sein, dass keine Abhängigkeit zu anderen Konfliktpunkten besteht. Wenn Sie z. B. über Menge und Preis sprechen, dann können Sie keine Vereinbarung über den Preis treffen, denn dieser wird von der Menge abhängig sein. • „Akzeptiert! Bringen wir das gemeinsam in Ordnung…“ • „Das ist ein guter Punkt und ich stimme dem zu…“ • „Dieser Vorschlag wird auch von meinem Chef akzeptiert werden…“ • „So wollen wir es machen…“ Aufgabenorientierung Wenn Sie ein gemeinsames Ziel definieren und zugleich beschreiben, wie die Konfliktparteien dieses erreichen möchten dann spricht man von Auf‐ gabenorientierung. Sie ist nützlich, um Daten und Fakten zu überdenken. Aufgabenorientierung ist weder ein Angriff noch eine Verteidigung, da alle Konfliktparteien den Aufgaben zustimmen. • „Lassen Sie uns das neu berechnen…“ • „Sie könnten Recht haben, lassen Sie mich zurückgehen und mehr Daten holen…“ • „Bitte lassen Sie das Diagramm für einen Moment da. Ich muss die Zahlen prüfen…“ Beiderseitige Verpflichtung Dies ist eine gute Taktik, um zu zeigen, dass alle Konfliktparteien auf der gleichen Ebene sind und in diesem Moment der Verhandlung niemand einen 126 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="127"?> Vorteil aus seiner Macht zieht. Eine beiderseitige Verpflichtung ist anders als eine Aufgabenorientierung. Beide Seiten verpflichten sich z. B. in einem gewissen Maß von den Forderungen zurückzutreten. Oder alle werden etwas durchführen, woran sie vor der Verhandlung nicht gedacht hatten und was sie nicht allzu gerne tun. Der Inhalt der Verpflichtung muss dazu dienen, entweder einen Teil des Konflikts beizulegen oder zu deeskalieren. • „Okay, wir sollten gegenseitig Daten austauschen…“ • „Lassen Sie uns zurückgehen und an jedem Standort nachsehen, ob wir nicht eine Lösung finden…“ • „Ich werde die folgenden Aufgaben für uns beide aufschreiben…“ Informationsweitergabe Der Austausch von Informationen kann dazu beitragen, Ideen für neue Lösungen zu ermöglichen oder Vertrauen aufzubauen. Ich habe gerne Informationsweitergabe angewendet. Außerdem wird dies Ihre Macht (Macht durch Vertrauen) ausbauen. Es gibt softe Informationen und harte Informationen. • Beispiele für weiche bzw. softe Informationen: - „Normalerweise antwortet mein Chef auf solche Forderungen mit…“ - „Unser Unternehmen entwickelt neue Ideen für…“ • Beispiele für harte Informationen: - „Unsere Testergebnisse zeigen…“ - „Wir haben diese Anzahl von Produkten…“ - „Das Material hält einer höheren Belastung stand, auch wenn es nicht in den Unterlagen steht…“ Klärung, Problemlösung Dies ist eine elementar wichtige Taktik, wenn Sie die SPIN-Fragetechnik anwenden. Denn Kern der SPIN-Technik ist, Probleme der Kunden zu finden und Problemlösungen zu erarbeiten. Klärungen dienen dem gemeinsamen Verständnis. Dies spielt dann eine besonders wichtige Rolle, wenn in der Kommunikation z. B. aufgrund von Sprachbarrieren viel kodiert wird (→ Abschnitt 4.7.2). Das gilt sowohl für unterschiedliche Landessprachen (Englisch, Französisch, Deutsch, Ja‐ 4.6 Mit den richtigen Strategien und Taktiken in Verhandlungen erfolgreich sein 127 <?page no="128"?> panisch, Chinesisch usw.) aber auch für unterschiedliche Fachsprachen. Wenn Sie sich in einem Gespräch mit Partnern befinden, die aus anderen Kulturkreisen kommen, können Sie bei schriftlichen Vereinbarungen nicht immer sicher sein, dass alle dasselbe verstehen. Exkurs | Unterschiede in Deutschland Unterschiedliche Kulturkreise gibt es nicht nur über Staatsgrenzen hinweg, diese existieren auch innerhalb eines Landes. Bringen Sie mal Menschen aus Friesland, dem Bayerischen Wald, Thüringen und dem Rheinland zusammen. Da gibt es mitunter reichlich sprachliche Barrieren sowie recht unterschiedliche Persönlichkeitstypen. Es ist also immer integrativ und hilfreich, zusammenzufassen, nachdem zwei Standpunkte ausgetauscht wurden und eine Art gemeinsames Verständnis erreicht wurde: • „Lassen Sie mich das hier für alle zusammenfassen…“ • „Ich werde das Vereinbarte wiederholen…“ • „Lassen Sie mich das mit meinen/ anderen Worten sagen…“ • „Können Sie unsere Vereinbarung mit Ihren Worten wiedergeben? “ Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? In der Verhandlung werden Sie mit Ihrem Gegenüber sprechen. Mit jedem Satz verbinden Sie offensive, defensive und inte‐ grative Strategien. Jede Strategie hat unterschiedliche Taktiken, mit denen Sie Ihre Ziele verfolgen. Zu jeder Taktik einer Strategie gibt es analoge Taktiken der anderen Strategien. Wie wenden Sie das an? Nutzen Sie in der Auseinandersetzung offensive Taktiken, um Ihre Forderungen zu untermauern. Mit den defensiven Taktiken verteidigen Sie Ihre Ansichten und Standpunkte. Die Konfliktlösung erreichen Sie, indem Sie zunehmend integrative Taktiken anwenden. Diese schaffen ein Gefühl der Gemeinsamkeit mit Ihrer Verhandlungspartnerin. Sie können so eine Verhandlung zum erfolgreichen Abschluss bringen. 128 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="129"?> 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören „Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden.“ Konfuzius (*551 †479 v.-Chr.) Überblick | Hier geht es um … • die Grundlage des Sender-Empfänger-Modells, • die unterschiedliche Ausdrucksweise und Wahrnehmung von ge‐ sprochenen Sätzen bei Menschen, • eine Methodik, wie Sie herausfinden, was Ihr Gegenüber wirklich möchte, • die verschiedenen Fragetypen, die wir verwenden können, • das Verhandlungs-Jeopardy! - clever die richtigen Fragen stellen, • Kanos Welt der Begeisterung für Merkmale von Verhandlungssa‐ chen und • die Herangehensweise, Wünsche in fassbare Merkmale umzusetzen. 4.7.1 Was man sagen will, ist nicht immer das, was gehört wird Wir alle kennen eine schlechte Telefonverbindung aus dem fahrenden Auto oder ein Gespräch in einer lauten Umgebung einer Kneipe, in der man nicht alle Worte der Gesprächspartnerin versteht. Schon der US-amerikanische Mathematiker und Elektrotechniker Claude Shannon (*1916 †2001) sagte sehr treffend: „The fundamental problem of communication is that of reproducing at one point either exactly or approximately a message selected at another point.“ In anderen Worten: Ein zentrales Problem der Kommunikation besteht darin, dass die Information an einem Ort exakt oder annähernd so verstan‐ den wird, wie sie von einem anderen Punkt aus gesendet wurde. Das Sender-Empfänger-Modell ist eine Beschreibung für Kommunikation. Es ist unerheblich, ob ein Mensch oder eine Maschine die Information sendet oder empfängt. Es ist ein genial einfaches und zugleich vielseitig einsetzbares Modell. Sie sollten sich bei Ihrer Kommunikation immer dessen bewusst sein, denn falsch verstandene Inhalte sind potenzielle Quellen neuer Konflikte. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 129 <?page no="130"?> Abb. 9: xxx Sender-Empfänger-Modell Kapitel 4.7.1 Das Sender-Empfänger Modell Quelle Senke Kodierung Kanal Dekodierung Empfänger Sender Störung Abb. 9: Das Sender-Empfänger-Modell | eigene Darstellung In → Abbildung 9 ist der Weg von der Informationsquelle bis hin zur verarbeitenden Senke dargestellt. Die Informationsquellen bei Menschen sind Gedanken, die wir anderen mitteilen möchten. Wir kodieren diese dann, z. B. im Falle eines Gesprächs mit (noch nicht gesprochenen) Worten. Schließlich senden wir diese durch Artikulation. Der Kanal entspricht dem Weg vom Mund zum Ohr des Gegenübers. Ist die Umgebung laut, erfolgt die Übertragung nicht mehr ideal, sondern gestört. Das, was wir als Empfänger hören, muss dekodiert werden, bevor die Informationen verarbeitet und interpretiert in der Senke landen, was quasi die Gedanken der Gesprächspartnerin sind. Im → Abschnitt 4.7.2 werden wir auf mög‐ liche Fallen bei Kodierung und Dekodierung eingehen, die durch unsere Charaktere verursacht werden. Hier möchte ich Ihnen andere Quellen für Missverständnisse aufzeigen. Eine einfache Frage gibt uns hier die Antworten: Sprechen wir die gleiche Sprache? Die Kodierung in Worte kann schon innerhalb desselben Sprachraums viele Fallstricke bieten: Übermäßige Nutzung von Dialekten wie Bayerisch oder Plattdeutsch, der übermäßige Gebrauch von Fach- und Fremdwortvo‐ kabular oder das Verwenden von Insider-Begriffen sorgen für erhebliche Probleme bei der Dekodierung. Fach- und Insider-Vokabular kann unange‐ messen sein, wenn die am Gespräch beteiligten Menschen aus unterschied‐ lichen Disziplinen oder Communities stammen (Disziplinen meint z. B. Ärzte und Ingenieure, Designer und Mechatroniker usw., Communities meint z. B. junge App-Entwickler eines Start-ups und ältere klassische Software-Entwickler aus schon seit Langem bestehenden Unternehmen). Haben wir darüber hinaus auch noch eine Sprachbarriere, kommt es sehr schnell zu Fehlinterpretationen. Angenommen Sie kommen aus dem deutschen Sprachraum und verhandeln mit jemandem aus dem japanischen. Dann müssen Sie mehrere Kodierungen vornehmen: Als erstes übersetzen Sie Ihre Gedanken ins Deutsche, dann folgt eine weitere Übersetzung ins Englische - mit dem Ihnen zur Verfügung stehen‐ den Vokabular. Sie teilen sich in englischer Sprache mit. Nun muss Ihr 130 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="131"?> japanischer Partner zuerst das Englische mit seinem eigenen bekannten Vokabular verstehen, dann vom Englischen ins Japanische übersetzen und zum Schluss das Verstandene interpretieren. Sie sehen, die Zahl der Feh‐ lerquellen ist nun durch die Sprachbarrieren viel größer geworden. Wissen | Fehlerquellen minimieren Ich gebe Ihnen einige einfache Regeln an die Hand, mit denen Sie Fehlerquellen minimieren können: • Verwenden Sie kurze Sätze. • Auch oder gerade, wenn Sie z. B. Englisch sehr gut sprechen, spielen Sie dies nicht aus! Verwenden Sie häufig vorkommende Worte. • Sprechen Sie langsamer als üblich. • Achten Sie auf Signale, ob Ihr Gegenüber Ihnen folgt oder ob es Anzeichen für Nichtverständnis gibt. • Fragen Sie ggf. nach, was Ihr Gegenüber verstanden hat. • Lassen Sie Ihr Gegenüber kritische Formulierungen mit eigenen Worten wiedergeben. • Führen Sie ein für alle sichtbares Protokoll: Schreiben Sie die Kern‐ information oder Vereinbarung auf, lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit, diese zu lesen und bestätigen. Ich habe diese Regeln gerne selber angewendet. Nur in Einzelfällen gab es dann nach dem Kundenbesuch Rückfragen zu Gesagtem oder Vereinbartem. ▶-Übung 4.7.1 | Vertiefung des Sender-Empfänger-Modells Überlegen Sie, wo und welche potenziellen Quellen für Missverständ‐ nisse in den Beispielen vorkommen können. Wählen Sie zunächst den Ort der Fehlerquelle aus. Dann überlegen Sie, ob die Signale in beide Richtungen gesendet werden oder nur in eine. Sind es zwei Richtun‐ gen, müssen Sie beide Richtungen untersuchen. Wenn Sie den Ort identifiziert haben, wählen Sie mögliche Fehler aus. Es können sowohl mehrere Orte als auch mehrere Fehlermöglichkeiten existieren. Die Lösungen sind eine Kombination aus Ort und Fehlertyp, z. B. 3 a) oder 4 c), e) usw. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 131 <?page no="132"?> Orte möglicher Fehlerquellen: 1. Kodierungsfehler an einer Stelle 2. Kodierungsfehler an zwei oder mehr Stellen 3. Kanalstörung 4. Dekodierungsfehler an einer Stelle 5. Dekodierungsfehler an zwei oder mehr Stellen Typen von Fehlerquellen: a. Übersetzungsfehler b. Unverständnis des Dialekts c. Insider-Vokabular d. Fachvokabular e. Fremdwörter f. Akustische Probleme g. Fehlende Wort- oder Satzteile Hier sind vier Situationen, die Sie hinsichtlich der Überta‐ gungsfehler untersuchen sollen: a. Ein Social-Media-Marketing-Start-up-Gründer verhandelt mit ei‐ nem Designer von Zeitungsanzeigen. b. Eine deutsche Verkäuferin verhandelt in Schottland mit Vertrete‐ rinnen eines Unternehmens im ländlichen Raum. c. Ein Lieferant fährt Auto und telefoniert mit einer Empfängerin. d. Geschäftsessen einer chinesischen Delegation von Industrievert‐ retern mit den Gastgebern aus deutschen Verbänden in einem belebten Restaurant. Selbstreflexion zum Sender-Empfänger-Modell: Überlegen Sie, wie Sie in den gegebenen Beispielen die Fehlerquellen ausschließen oder vermeiden könnten. Die Lösungen zu den vier Situationen finden Sie in → Kapitel 7. Ebenso steht dort ein Lösungsvorschlag zu der Selbstreflexion sowie eine Erläuterung bzw. Anmerkung zum Vorschlag. 132 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="133"?> 4.7.2 Alle hören dasselbe, verstehen es aber anders: Schulz von Thun sagt warum Neben den potenziell auftretenden Problemen in der Kommunikation auf‐ grund von Kodierungs-, Dekodierungsfehlern oder Kanalstörungen spielt der Hör- und Sprechtypus von Menschen eine zentrale Rolle bei der Ver‐ ständigung. Schulz von Thun spricht in seinem Kommunikationsmodell von Vier Schnäbeln und Vier Ohren (Schulz von Thun 1981; 2022; Schulz von Thun und Hars 2022). Dabei geht er von vier verschiedenen Wahrnehmungstypen bzw. Kommunikationsebenen aus: 1. Sachinhalt 2. Selbstkundgabe 3. Appell 4. Beziehungshinweis Damit werden unterschiedliche Wahrnehmungen derselben Sätze verstan‐ den. In → Tabelle 12 sind die Reaktionen von den vier Typen in Empfin‐ dungen übersetzt. Im Beispiel hat jemand zum Essen eingeladen. Als alle am Tisch sitzen, sagt ein Gast: „Da ist kein Dressing auf dem Salat.“ Ebene Sender Empfänger Sachinhalt Da ist kein Dressing auf dem Salat. Da ist kein Dressing auf dem Salat. Selbstkundgabe Ich brauche Dressing. Sie braucht Dressing. Appell Bring mir Dressing. Ich gehe sofort Dressing holen. Beziehungshinweis Du bist nachlässig und hast vergessen, den Sa‐ lat mir Dressing anzu‐ richten. Sie denkt, ich bin nicht perfekt und habe den Sa‐ lat nicht mit Dressing an‐ gerichtet. Tab. 12: Verschiedene Wahrnehmungen bzw. Interpretationen des Satzes: „Da ist kein Dressing auf dem Salat.“ | eigene Quelle Die verschiedenen Wahrnehmungen bergen Potenzial für Konflikte. Wenn eine sachbezogene Person nur die Tatsache feststellt, dass das Dressing nicht vorhanden ist, so kann dies für die Empfänger der Nachricht unter‐ schiedliche Reaktionen verursachen. Menschen mit Appellations-Hören 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 133 <?page no="134"?> reagieren sofort und werden versuchen, den empfundenen Mangel zu behe‐ ben. Andere, die auf der Beziehungsebene hören, können durchaus anders, mitunter aggressiv reagieren, denn sie fühlen sich persönlich angegriffen. Es ist gut, wenn Sie wissen, auf welcher Ebene Sie sich ausdrücken und vor allem, auf welcher Ebene Sie Gesagtes interpretieren. ▶ Übung 4.7.2 | Selbstreflexion zu den Ebenen Kreuzen Sie an, was Sie als Gastgeberin hören und empfinden, wenn ein Gast beim Abendessen feststellt: „Da ist kein Salz auf dem Tisch“. 1. Der Tisch ist nachlässig gedeckt, ich gehe schnell das Salz holen. 2. Jetzt hat er noch nicht einmal probiert und sagt das Essen ist fad. 3. Aha, da ist steht wirklich kein Salz auf dem Tisch. 4. Meinem Gast fehlt Salz im Essen. In → Kapitel 7 finden Sie Hinweise zum Umgang damit, je nach Ihrer Antwort. 4.7.3 SPIN-Fragetechnik: erfahren, was die andere Seite wirklich benötigt Neben den Fragetechniken gibt es verschiedene Ansätze, diejenige Lösung zu finden, die für die verhandelnden Seiten den größten Nutzen stiften. Neben dem beratenden Verkaufen, in dem offene Fragen vorrangig sind, der Nutzwertanalyse, in der beide Seiten kooperativ miteinander die beste Lösung suchen, gibt es auch die SPIN-Fragetechnik. Das Akronym SPIN steht für Situation, Problem, Implication, Need - Pay off (Rackham 1988). SPIN-Fragen und die SPIN-Technik bzw. -Methode sind ein zielführendes Mittel, durch das Kundenbedürfnisse erkannt, lösungsorientiert erfüllt und mit erkennbarem Nutzen verkauft werden kann. Stets mit dem Ziel, das Produkt (die Methode, den Service usw.) zu finden, welches den größten Nutzen erzielt. Die SPIN-Methode besteht aus vier Stufen, wobei in jeder Stufe ein anderes Teilziel im Vordergrund steht. • Stufe 1: Situation Die Situation, in der sich die Kundin befindet, beschreiben. Überwiegend offene Fragen stellen. 134 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="135"?> • Stufe 2: Problem Die Probleme, verbunden mit der Situation, sichtbar machen. Überwiegend offene Fragen und Bezugsfragen stellen. • Stufe 3: Implication (Implikation) Die Auswirkungen der Probleme auf Betroffene ansprechen und ver‐ deutlichen. Überwiegend zirkuläre und zurückgebende Fragen stellen. • Stufe 4: Need - Pay off (Nutzen, Auszahlung) Den Nutzen im Falle der Problemlösung durch Produkte/ Methoden/ Ser‐ vices herausarbeiten, betonen und Lösungen vereinbaren. Überwiegend zirkuläre und geschlossene Fragen stellen. Produktbezogen haben die vier Stufen unterschiedlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Die Fragensteller werden ebenfalls in ihren Zielen un‐ terschiedlich unterstützt. Situations-Fragen werden in der Regel am Anfang eines Verkaufsge‐ sprächs gestellt. Sie fragen Fakten sowie Hintergrundinformationen ab, die die aktuelle Situation rund um die Anfrage des Kunden bei ihnen betreffen. Sie gewinnen so einen weitestgehend objektiven Eindruck der Situation, in der sich Ihr Gegenüber oder seine Organisation befindet. Bleiben Sie in dieser Phase konzentriert und verlaufen Sie sich nicht direkt in Lösungsvorschlägen. Dafür haben Sie in den nachfolgenden Phasen Zeit. Wissen | Situations-Fragen • die Situation des Käufers verstehen • Zielsetzung der Informationsbeschaffung erreichen - Wie sieht der Prozess Ihnen (beim Kunden) aus? - Wird bereits ein ähnliches Produkt verwendet? • Kaufentscheidung: geringe direkte Auswirkungen • Unterstützung: Macht deutlich, womit geholfen werden kann und was möglicherweise Unique Selling Points sind Durch die Stellung von Problem-Fragen, werden Schwierigkeiten sowie Kernprobleme in Anwendungen oder in Abläufen bei Ihrem Kunden von Ihnen hinterfragt. Ziel ist, dass Sie es in dieser Phase schaffen, sich thema‐ tisch wirklich über Problemstellungen mit dem Kunden auszutauschen: Das erhöht die Verkaufschancen. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 135 <?page no="136"?> Wissen | Problem-Fragen • wie das Produkt/ die Methode/ der Service dem Kunden hilft veran‐ schaulichen • Kundenzufriedenheit aufdecken - Glauben Sie, dass Ihr Produkt besser wird oder einen größeren Nutzen hat, wenn Sie unsere Teile/ Services verwenden? - Glauben Sie, dass dieses Produkt Ihren Bedürfnissen ent‐ spricht? • Kaufentscheidung: mäßige Auswirkungen • Unterstützung: nützlich bei Fokus auf Unzufriedenheit Schließen Sie die Implikations-Fragen an. Welche Folgen haben die bestehenden Probleme für Ihr Gegenüber oder ihre Organisation? Wie viel Kosten verursachen die Probleme? Sie haben ja schon Lösungen dafür parat. Daher merken Sie sich diese Fakten und kommen Sie im nächsten Teil der SPIN-Technik darauf zurück. Implikations-Fragen helfen, dass allen Beteiligten die Auswirkungen vor Augen geführt werden, wenn alles so bleibt, wie es ist. Dies erhöht die Bereitschaft, einer Lösung - nämlich Ihrer Lösung - zuzustimmen. Wissen | Implikations-Fragen • aufzeigen, warum die Probleme des Kunden gelöst werden müssen • Unzufriedenheit kanalisieren • Ziele erreichen: - Wie lange wird Ihr Unternehmen dies akzeptieren? - Hat ein Produkt mit geringerer Qualität Ihre Kunden zufrie‐ dener gemacht? • Kaufentscheidung: hoch • Unterstützung: - Fokus auf Unzufriedenheit - maximale Verhandlungsmacht Nun kommen Sie zur entscheidenden Phase beim SPIN-Selling: Die der Need-Pay-off-Fragen. Sie bieten jetzt Ihre Lösung an. Wenn Sie schon etwas geübter sind, können Sie hier so vorgehen, dass Sie das Problem, 136 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="137"?> also den Prozess, das Bauteil usw., welches Sie anfangs identifiziert haben, durch Ihre Lösung ersetzen. Dann zeigen Sie auf, wie viel Kosten dadurch eingespart werden. Dabei stellen Sie Fragen und dozieren nicht. Lassen Sie Ihr Gegenüber selbst darauf kommen und dies durch die Beantwortung der Fragen aussprechen. So liegt es sehr nahe, Ihrer Lösung zuzustimmen. Wissen | Need-Pay-off-Fragen • Ihren Kunden zu der Überzeugung führen, dass es sich lohnt, das Produkt zu kaufen • Verkaufsziele erreichen • Aufmerksamkeit des Kunden erproben und gezielt lenken - Wäre eine höhere Qualität für Ihren Kunden wertvoll? - Würde dies Ihre Marktposition stärken? • Kaufentscheidung: hoch • Unterstützung: - Fokus auf Unzufriedenheit - maximale Verhandlungsmacht Die SPIN-Fragetechnik lässt sich gut trainieren. Im folgenden Spiel dürfen Sie sich mal erproben. Den größten Lernerfolg haben Sie, wenn Sie eine dieser Übung zu zweit machen. Dieses Sparring funktioniert auch prima im Freundes- und Familienkreis. Spiel | Planen Sie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin einen Urlaub und wenden Sie die SPIN-Technik an. Spielregeln für 1-2 Personen: • Person 1 ist Reiseanbieter, Person 2 ist Urlauberin • beide Spielende finden unten Kriterien für den Urlaub • Person 1 bekommt zusätzlich einen Katalog für mögliche Urlaubs‐ destinationen und Unterkünfte • Person 2 bekommt eine eigene Anleitung für ihre Rolle • Ziel des Spiels ist es, dass Person 1 einen Vorschlag für einen Urlaubsort macht, der den Vorstellungen von Person 2 am nächsten kommt. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 137 <?page no="138"?> Person 1: Lesen Sie sich die Kriterien für den Urlaub und die Cha‐ rakteristika der Unterkünfte durch. Ich habe Ihnen ein Portfolio an Unterkünften zusammengestellt. Es ist für jeden etwas dabei: vom Hostel über die Ferienwohnung bis hin zum Luxushotel. Überlegen Sie sich nun SPIN-Fragen. Fangen Sie mit den Situations-Fragen an. Überlegen Sie, was Sie gerne wissen möchten, um die Ferienunterkunft zu finden, die in den Punkten Zeit, Lage, Klima und Vorstellungen an die Unterkunft den Bedürfnissen am ehesten entspricht. Dann stellen Sie in der Folge die Problem-Fragen: Ist Ihre Kundin gestresst? Und: Welches Budget hat sie? Warum will sie an einen bestimmten Ort? Das wird etwas schwieriger, da Sie die Antworten nicht kennen. Lassen Sie Ihr Gegenüber Szenarien durchdenken, beispielsweise wenn sie eine Unterkunft nehmen würde, die Sie nicht im Portfolio haben. Wenn Sie keinen Spielpartner zur Verfügung haben, dann endet das Spiel, nachdem Sie Ihre Fragen formuliert haben. Person 2: Sie kennen das Portfolio des Reiseanbieters (Person 1) nicht. Überlegen Sie sich Kriterien für Ihren Urlaub und die Charakteristika Ihrer Unterkunft. Benötigen Sie im Urlaub Extras? Haben Sie andere besondere Wünsche? Schreiben Sie sich alles auf. Sie haben also ein konkretes Urlaubsziel im Kopf, sind sich aber unsicher, ob das wirklich passt. Personen 1 und 2: Die Kriterien bzw. Charakteristika der Unterkünfte a. Art des Aufenthalts b. Dauer des Aufenthalts c. Anzahl der Betten d. Anzahl der Schlafräume e. Frühstücksangebot f. Wäscherei (kostenlos, kostengünstig (€) oder kostenpflichtig (€€€)) g. Möglichkeiten zum Kochen h. Art der Klimaanlage i. erwartetes Klima j. Familienfreundlichkeit 138 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="139"?> Vielleicht gibt es noch andere Vorlieben wie beispielsweise Aktivitäten und konkrete Gestaltung des Aufenthalts. Person 1 Dies ist Ihre Situation: Sie sind Mitarbeiter einer Vermietungsfirma für Ferienunterkünfte. Sie bieten eine Reihe von Angeboten mit be‐ stimmten Kriterien an. Eine Kundin betritt Ihr Büro. Sie möchte gerne in den Urlaub fahren. Ihr Ziel ist es, einen Aufenthalt vorzuschlagen, der für Ihre Kundin am besten geeignet ist. Versuchen Sie es mit offenen Fragen! (Situations- und Problem-Fragen). Es geht nicht darum, alle möglichen Kriterien vor‐ zuschlagen, sondern nach den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden zu fragen. Der Preis des Produkts ist nicht Teil der Diskussion. Wenn Sie mit einer zweiten Person dieses Spiel durchführen, versuchen Sie einen treffenden Vorschlag zu finden, sodass Ihr Gegenüber einverstanden ist, nötigenfalls mit Abstrichen. Produktportfolio - Ihre buchbaren Unterkünfte Typ 1: Luxushotel am Mittelmeer a. Art des Aufenthalts: Hotel b. Dauer des Aufenthalts: ab 1 Tag c. Anzahl der Betten: 2 Einzelbetten d. Anzahl der Schlafräume: 1 e. Frühstücksangebot: inklusive f. Wäscherei: Hotelservice verfügbar (€€€) g. Kochgelegenheit: einfache Kaffeemaschine h. Klimatisierung: Deckenventilator i. erwartetes Klima: Mediterran j. Familienfreundlichkeit: nein Andere Annehmlichkeiten: Pool, Fitnessstudio, Bar, Restaurant Typ 2: Suite im Hotel mit Gourmetrestaurant und SPA a. Art des Aufenthalts: Hotelsuite b. Dauer des Aufenthalts: ab 1 Tag c. Anzahl der Betten: 2 Kingsize d. Anzahl der Schlafräume: 2 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 139 <?page no="140"?> e. Frühstücksoptionen: ja, nicht inbegriffen f. Wäscherei: Hotelservice verfügbar (€€€) g. Kochgelegenheit: Nespresso-Kaffeemaschine h. Klimatisierung: Air-Condition i. erwartetes Klima: Mediterran j. Familienfreundlichkeit: nein Andere Annehmlichkeiten: Pool, Fitnessstudio, Sauna, 2 Bars, Drei-Sterne-Restaurant (Guide Michelin) Typ 3: Das Ferienhaus am Meer a. Art des Aufenthalts: Haus b. Dauer des Aufenthalts: ab 3 Tage c. Anzahl der Betten: 4 Einzelbetten, 1 Babybett d. Anzahl der Schlafräume: 2 e. Frühstücksmöglichkeiten: nein f. Wäscherei: Waschmaschine in der Küche g. Kochgelegenheit: Kochnische h. Art der Klimaanlage: nein i. erwartetes Klima: Meeresklima, gemäßigte Temperaturen j. Familienfreundlichkeit: ja Andere Annehmlichkeiten: Wohnzimmer, Küche, Terrasse, kostenloser Parkplatz, Zugang zum Meer 100 Meter, TV, DVD, Netflix/ Amazon Prime inklusive Typ 4: Die Ferienwohnung in den Alpen a. Art des Aufenthalts: Wohnung b. Dauer des Aufenthalts: 1 Woche, 2 Wochen, 3 Wochen usw. c. Anzahl der Betten: 1 Queensize, 1 Schlafsofa für zwei Personen d. Anzahl der Schlafräume: 1 e. Frühstücksmöglichkeiten: nein f. Wäscherei: Waschmaschine in der Küche g. Kochmöglichkeiten: voll ausgestattete Küche h. Klimatisierung: ja i. Erwartetes Klima: Alpenregion, gemäßigte Temperaturen j. Familienfreundlichkeit: ja 140 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="141"?> Andere Annehmlichkeiten: Geschirrspülmaschine, TV, DVD, offener Kamin, Wandern, Skifahren (im Winter) Typ 5: Das Youth-Hostel mitten im angesagten Viertel der Stadt a. Art des Aufenthalts: Herberge b. Dauer des Aufenthalts: ab 1 Tag c. Anzahl der Betten: 4 Personen Mehrbettzimmer d. Anzahl der Schlafzimmer: 1/ Gemeinsam (max. 4 Personen) e. Frühstücksmöglichkeiten: nein f. Wäscherei: nein g. Kochmöglichkeiten: keine h. Art der Klimaanlage: nein i. erwartetes Klima: Stadt, warm bis heiß im Sommer, kühl im Winter j. Familienfreundlichkeit: unbekannt Andere Annehmlichkeiten: Gemeinschaftsbad, Weckdienst, viele Clubs und Bars in der Nähe, Gemeinschaftsraum mit Snooker (€), Tischfußball (€) und anderen Spielmöglichkeiten. Person 2 Dies ist Ihre Situation: Hier können Sie entweder sich einen eige‐ nen Urlaubswunsch nach Ihren Bedürfnissen zurechtlegen oder Sie verwenden das von mir vorgegebene Szenario. Ihren eigenen Wunsch finden Sie, wenn Sie Urlaubsdauer und -ort festlegen, mit wie viel Personen/ Kindern Sie reisen, wie lange Sie unterwegs sein möchten usw. Wenn Ihnen kein Angebot unterbreitet werden kann, das zu 100 % Ihren Erwartungen entspricht, dann lassen Sie sich so lange Vorschläge unterbreiten, bis Sie mit dem Vorschlag einverstanden sind. Eine hun‐ dertprozentige Lösung wird es wahrscheinlich - wie im wahren Leben - nicht geben. Seien Sie also offen und geben Sie Person 1 eine Chance. Sie haben übrigens auch kein BATNA, denn alle anderen Reiseanbieter haben Sie schon abgeklappert und nichts Passendes gefunden. Wenn Sie grade keinen Urlaubswunsch parat haben, dann nehmen Sie einfach folgendes Szenario: a. Hotelaufenthalt b. 7 Tage 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 141 <?page no="142"?> c. 1 Queensize für 2 erwachsene Personen d. 1 Raum (keine Suite) e. gerne mit Frühstück f. Sie benötigen keine Wäscherei g. Sie wollen sich nicht selbst versorgen h. eine Klimaanlage ist nicht umweltfreundlich, gut wäre sie trotzdem i. Sie möchten in eine mittelgroße Stadt und es darf richtig heiß sein im Sommer j. Ihnen ist es egal, ob andere mit Kindern im Hotel sind. Sie lieben Kinder. Und: Es sollen mehrere Museen in der Stadt sein, Restaurants in der Nähe wären toll. Da Sie per Bahn anreisen möchten, wäre eine ÖPNV-Anbin‐ dung sehr wünschenswert. Wenn Sie das Spiel abgeschlossen haben, überprüfen Sie beide das Ergebnis. Wenn Sie Spaß daran gefunden haben, tauschen Sie gerne mal die Rollen. 4.7.4 Grundlage: Kennen Sie alle Fragetypen? Es lohnt immer, eher zuzuhören und durch Fragen das Gespräch zu lenken als einen große Redeanteil zu haben. Jede Frage sollte ein Ziel haben. Geht es darum Informationen zu erhalten, eignen sich offene Fragen. Möchten Sie eine Bestätigung Ihres Gegenübers, dann sollten Sie eine geschlossene Frage stellen. Im Folgenden finden Sie wesentliche Fragetypen mit einem Beispiel und einer Erläuterung. Offene Fragen Mit offenen Fragen regen Sie Menschen dazu an, zu beschreiben, was diese möchten, tun oder denken. • Beispiel: „Welche Farbe wünschen Sie sich? “ • Vorteile: maximaler Informationsgewinn • Nachteile: Ihr Gegenüber kann ausweichend antworten. Sie müssen ggf. auch geschlossene Fragen stellen, um an die gewünschten Informa‐ tionen zu gelangen. 142 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="143"?> Geschlossene Fragen Mit geschlossenen Fragen erreichen Sie Bestätigungen im Sinne von Ja oder Nein. • Beispiel: „Gefällt Ihnen dieses Gelb? “ • Vorteile: Sie können Fakten absichern. • Nachteile: Sie gewinnen keine Zusatzinformationen. Geschlossene Auswahlfragen Wenn Sie eine geschlossene Frage mit mehreren Entscheidungsoptionen stellen, führen Sie eine Entscheidung über die Frage herbei. • Beispiel: „Welche der drei Farben soll verwendet werden: Gelb, Orange oder Rot? “ • Vorteile: führt Entscheidung herbei, erzeugt Gewissheit • Nachteile: Andere Optionen, die nicht genannt sind, könnten der be‐ fragten Person besser gefallen. Dies herauszufinden, ermöglicht dieser Fragetyp allerdings nicht. Suggestivfragen Diese Fragen suggerieren eine Entscheidung, sie haben stark beeinflussen‐ den Charakter. Zuweilen wird dazu geraten, die Suggestivfrage mit Mikro‐ mimik zu unterstützen: bei bejahenden Fragen mit einem kaum merklichen Kopfnicken, bei verneinenden Fragen mit einem minimalen Kopfschütteln. • Beispiel: „Ihrem Kunden gefällt diese Farbe, das haben Sie doch auch so verstanden? “ oder „Sie wollen doch bestimmt keine andere Farbe wählen? “ • Vorteile: Entscheidungen können in Grenzen beeinflusst werden, der Fragetyp hilft dabei, die eigenen Bedürfnisse durchzusetzen • Nachteile: Suggestivfragen können entlarvt werden und führen im Extremfall zur Blockade der gewünschten Angelegenheit Rhetorische Fragen Mit rhetorischen Fragen geben Sie die Antwort vor und erwarten auch nichts anderes als die Bestätigung Ihrer Meinung. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 143 <?page no="144"?> • Beispiel: „Wollen Sie dieses Angebot ausschlagen? “ oder „Sind Sie wirklich für den anderen Lieferanten? “ • Vorteile: Sie können mit rhetorischen Fragen Ihre Meinung und Be‐ hauptung unterstreichen • Nachteile: Sie erzielen keinen Informationsgewinn, ggf. verunsichern Sie Ihr Gegenüber Bezugsfragen Mit Bezugsfragen erreichen Sie die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema. • Beispiel: „Sie haben eine Auswahl an wasserfesten Farben: Wie stufen Sie wasserlösliche Farben alternativ ein? “ • Vorteile: Sie stellen einen konkreten Bezug voran, sodass das Thema klar ist, mit Bezugsfragen lenken Sie Gespräche • Nachteile: Es kann leicht dazu führen, dass ein anderes (wichtiges) Thema nicht mehr zur Sprache kommt Zurückgebende Fragen Hier wird die befragte Person dazu gebracht, über die eigenen Standpunkte nachzudenken. • Beispiel: „Welche Entscheidung würden Sie hier treffen? “ • Vorteile: Sie regen Ihr Gegenüber zum (erneuten) Nachdenken über die Sache an, zurückgebende Fragen beteiligen die anderen Gesprächsteil‐ nehmerinnen besser an Entscheidungsfindungsprozessen • Nachteile: solange die Gefragten ehrlich antworten, haben zurückge‐ bende Fragen nur im geringen Umfang Nachteile Zirkuläre Fragen Im Gegensatz zur zurückgebenden Frage, in der eine Selbstreflexion getrig‐ gert wird, soll hier die befragte Person über Dritte nachdenken und sich vorstellen, wie diese reagieren würde • Beispiel: „Wie würden Ihre Kunden dem ausgewählten Vorschlag gegenüberstehen? “ oder „Was würden Ihre Kolleginnen über Ihre Ent‐ scheidung denken? “ 144 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="145"?> • Vorteile: neue Perspektiven werden berücksichtigt und die Befragten reflektieren über den Sachverhalt • Nachteile: erfolglos, wenn der Befragte nicht offen und reflektiv ist, kann provokant wirken Je nach Literatur findet man viele weitere Fragetypen. Manche heißen etwas anders, andere wiederum sind ein Spezialfall der oben aufgeführten Fragetypen. Wissen | Einsatz der unterschiedlichen Fragetypen Da Verhandlungen zu einem Startkonflikt verschiedene Phasen durch‐ laufen, ist es wichtig zu wissen, wann welche Fragen mehrheitlich eingesetzt werden. Am Anfang werden in der Regel viele offen Fragen gestellt, um die Claims der anderen Seite kennenzulernen. Wenn es dann darum geht, die eigenen Ziele zu verteidigen, kommen rhetorische, zirkuläre und geschlossene Fragen häufiger als andere vor. Um auf Einigungen zu gelangen, eignen sich gegen Ende der Verhandlung geschlossene Fragen besser. 4.7.5 Verhandlungs-Jeopardy! Richtige Fragen finden, um brauchbare Antworten zu bekommen Haben Sie schon einmal jemanden gefragt: „Wie geht es dir? “ Und haben Sie auf diese Frage jemals eine ehrliche Antwort erhalten? Oder entgegnete man Ihnen ausweichend mit „geht schon“, „es muss“ oder einfach nur „gut“? Ich wurde nach dieser Begrüßungsfloskel einmal mit einer weiteren Frage konfrontiert: „Gut? Warum? “ Ich war verdutzt und sprachlos zugleich. Dieses Beispiel zeigt, wenn Sie bei der Begrüßung wirklich erfahren wollen, wie es Ihrem Gegenüber geht, dann müssen Sie eine andere Frage stellen. Machen Sie ein kleines Experiment, bevor Sie weiterlesen: Experiment | Treffen Sie eine Bekannte, mit der Sie sich auch schon mal über Privates unterhalten haben. Sie möchte ehrlich erfahren, wie es der Bekannten geht und ob sie etwas bedrückt. Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit, dies zu tun. Lesen Sie erst danach weiter. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 145 <?page no="146"?> Wie haben Sie Ihre Bekannte nun nach dem Befinden befragt? War es eine offene oder eine geschlossene Ja-Nein-Frage? Oder waren es vielleicht gleich mehrere Fragen? Möglicherweise ist es für Sie schwierig gewesen, eine Frage zu finden und nicht gleich mehrere aufeinanderfolgende Fragen zu stellen. Sicher wollten Sie nicht mit der Türe ins Haus fallen, eventuell wollten Sie zuerst erfragen, ob überhaupt etwas vorliegt und falls ja, mit weiteren Fragen herausfinden, was genau. Daraus ergeben sich erste Schlussfolgerungen: • Es ist schwierig eine offene Frage zu stellen, wenn es noch keinen Ansatzpunkt gibt. • Eine Frage allein reicht in der Regel nicht aus, um eine zufriedenstel‐ lende Antwort zu erhalten. • Machen Sie ein weiteres Experiment, bevor Sie weiterlesen: Experiment | Nehmen Sie sich erneut etwas Zeit. Entweder fragen Sie jemanden, der gerade in der Nähe ist, nach seinem Befinden. Oder Sie erinnern sich an ein Gespräch, in dem Sie mit jemanden über ein persönliches Problem gesprochen haben. Ziel dieses Experiments ist es, dass Sie sich an eine konkrete Antwort erinnern, die informativ und zufriedenstellend war. Wenn Sie eine solche Antwort haben, überlegen Sie sich zu dieser zufriedenstellenden Antwort bitte die passende Frage. Schreiben Sie sich Frage und Antwort auf. Wie hat Ihnen dieses Experiment gefallen? Haben Sie eine passende Frage gefunden? Dann haben Sie einen großen Schritt nach vorne gemacht, denn Sie haben meine Methode zum Fragenstellen kennengelernt: Verhand‐ lungs-Jeopardy! oder: Welche Frage passt zu einer gewünschten Antwort? Wann immer Sie sich in eine Verhandlung zur Konfliktlösung begeben, sollten Sie ein klares Ziel vor Augen haben. Es gibt kurzfristige Ziele und langfristige Ziele. Das primäre Ziel der Verhandlung ist die Konfliktlö‐ sung, das langfristige Ziel ist die Methode zu finden, die den Konflikt beilegt und zu einer Einigung führt. Die kurzfristigen Ziele sind die Etappen auf dem Weg zum langfristigen Ziel und schließlich zur Einigung. Anders als in der einst beliebten Fernsehshow, existieren leider die Antworten nicht, auf die Sie eine Frage finden möchten. Also hat Ver‐ handlungs-Jeopardy! zwei Stufen: Zuerst die Antwort, dann die Frage. 146 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="147"?> 39 Hier wird zunächst der Kontext hergestellt. Verhandlungs-Jeopardy! läuft also genau andersherum als Sie es gerade in dem Experiment gemacht haben. Spielen Sie Verhandlungs-Jeopardy! Die Spielregeln sind einfach: 1. Überlegen Sie sich, welche Antwort, Sie gerne hören möchten. 2. Überlegen Sie sich nun die dazu passende Frage. Hinzu kommt noch, dass Sie einen Zusammenhang benötigen oder einen Anlass, diese Frage zu stellen. Bei einer Verhandlung ist dieser gegeben. Bei der Begegnung mit einer Bekannten eher selten. Meistens hilft hier der Blick zurück auf das letzte Gespräch. Hatte Ihre Bekannte erzählt, dass sie zum Arzt muss? Dann bietet es sich an, genau in Bezug darauf nachzufragen. Angenommen Sie möchten diese Antwort gerne hören: „Die Ärztin sagte, dass ich dies und das habe und jenes tun soll.“ Die dazu passende Frage könnte lauten: „Du hattest von einem Arztbesuch erzählt. 39 Hat deine Ärztin herausgefunden, was du hast und wie die Therapie aussieht? “ Das klingt doch nach einer konkreten und zielgerichteten Frage, auf die es tatsächlich die gewünscht Antwort geben kann. Aber: Ist Ihnen an der Antwort etwas aufgefallen? Richtig! Die Antwort beinhaltete die Platzhalter dies und jenes. Das ist auch völlig in Ordnung so, es gibt sogar gute Gründe dafür. Erstens wissen Sie ja nicht, was konkret vorliegt. Zweitens sollten Sie keine allzu genauen Sachverhalte kennen, um ohne Vorbehalte Fragen stellen zu können. In Ihrer Frage, die in diesem Fall aus zwei Teilen besteht, fragen Sie nach dem dies mit was und nach dem jenes mit was. So erhalten Sie eine Antwort mit den konkreten Inhalten zum dies und jenes. Übung zum Verhandlungs-Jeopardy! Nun sind Sie an der Reihe. Überlegen Sie sich zunächst Antworten zu folgenden Aspekten: 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 147 <?page no="148"?> 40 Noriaki Kano, geb. 1940 in Tokio, Japan • Resultate vorangegangener Verhandlungen • Teilnehmerinnen an der Verhandlung • Buying Center • Situation des Gegenübers: Konfliktursachen Danach überlegen Sie sich zu jeder gewünschten Antwort eine oder zwei passende Fragen. 4.7.6 Klingt Attraktiv: Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit Noriaki Kano 40 ( 狩野紀昭 ), ein Ingenieur aus Japan, hat sich mit der Kun‐ denzufriedenheit in Bezug auf bestimmte Produktmerkmale auseinander‐ gesetzt. Das Kano-Modell ermöglicht herauszufinden, welche Merkmale welche Bedeutung für Kunden haben. Dazu schlägt Kano vor, disjunkte Fragenpaare zu stellen. Es wird also danach gefragt, wie bedeutend das Vorhandensein eines Merkmals ist. Die disjunkte Frage dazu ist, wie bedeu‐ tend die Abwesenheit desselben Merkmals ist. So werden widersprüchliche Aussagen ebenso aufgedeckt, wie Gleichgültigkeit bezüglich der Merkmale, Begeisterung oder Abneigung. Mittels einer Pseudogewichtung ergeben sich Faktoren. Mit diesen können Entscheidungen für das Design der Produkte getroffen werden: Damit kann auf der Basis der Bedeutungen eine unter‐ schiedliche Berücksichtigung und Ausprägung der Merkmale stattfinden. 148 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="149"?> Abb. 10: Kano Modell Zufriedenheit Unzufriedenheit Merkmal ganz erfüllt Merkmal nicht erfüllt attraktives Merkmal Minimalanforderung eindimensionales Merkmal störendes Merkmal indifferentes Merkmal Abb. 10: Das Kano-Modell mit der Bedeutung von Merkmalen in Abhängigkeit des Erfül‐ lungsgrads der Merkmale | nach Kano 1984; Sauerwein 1996; Berger 1993; Hölzing 2008; Schneider-Störmann 2015c In → Abbildung 10 ist die Kundenzufriedenheit in Abhängigkeit des erfüll‐ ten Produktmerkmals abgebildet. Das hier abgebildete Modell unterscheidet fünf Typen der Kundenzufriedenheiten: • attraktive Merkmale Diese führen immer zu einer Begeisterung. Dabei ist es unwichtig, wie stark das Merkmal ausgeprägt ist. Das schlichte Vorhandensein reicht hier aus. Dies gilt aber nur für neue Merkmale. Einmal eingeführt, werden attraktive zu eindimensionalen und schließlich zu Minimalan‐ forderungen. Diese Merkmale werden auch Begeisterungsmerkmale genannt. • eindimensionale Merkmale Je stärker diese ausgeprägt sind, umso mehr führt dies zur Kundenzu‐ friedenheit. 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 149 <?page no="150"?> Beispiel: Akkulaufzeit bei Smartphones. • Minimalanforderung Merkmale, die erwartet werden und deren Abwesenheit zur Unzufrie‐ denheit führen. Da diese erwartet werden, führen sie bei Vorhandensein weder zur größeren noch zur geringeren Zufriedenheit. Beispiel: Touchscreen beim Smartphone. • indifferente Merkmale Haben keinen Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden. • störende Merkmale Je mehr diese ausgeprägt sind, umso weniger zufrieden sind die Kunden. Beispiel: Gewicht eines Smartphones. Mit den disjunkten Fragepaaren kann herausgefunden werden, wie Kunden Merkmale einstufen. Hier sind einige Beispiele für Fragen und Antworten: • Frage: Wie stufen Sie es ein, wenn ein Smartphone aufgerollt werden kann und dann so klein ist, wie ein langer Stift? Antwort: Kenne ich nicht, aber das fände ich sehr gut! • Disjunkte Frage: Wie stufen Sie es ein, wenn ein Smartphone nicht aufgerollt werden kann? Antwort: Das wäre nicht schlimm. Daraus folgt, dass es sich um ein attraktives Merkmal handelt • Frage: Wie denken Sie darüber, dass das Smartphone keinen Touch‐ screen hat? Antwort: Das ist schlecht, dann kaufe ich es nicht. • Disjunkte Frage: Wie denken Sie darüber, dass das Smartphone einen Touchscreen hat? Antwort: Das ist doch selbstverständlich, oder? Dies ist also eine Minimalanforderung an Smartphones. Sie können diese Methode trainieren. In der nachfolgenden Übung gebe ich Ihnen Gelegenheit dazu. Die Lösung finden Sie im → Kapitel 7 am Ende dieses Buchs. 150 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="151"?> ▶ Übung-4.7.6 | Die Kano-Methode Überlegen Sie sich Fragenpaare zu folgenden Eigenschaften von Smartphones. Beantworten Sie Ihre Fragen (oder stellen Sie diese Fragen anderen) und schließen Sie darauf, um welchen Merkmaltypus es sich handeln könnte. a. Gewicht eines Smartphones (fragen Sie nach 400 g, typische Smartphones wiegen zwischen 100-g und 200-g) b. Speicherkapazität eines Smartphones (1 TB) c. Akkulaufzeit eines Smartphones (> 12 Stunden bei intensiver Nutzung) d. 30-facher optischer Zoom eines Smartphones e. Andere Farbe eines Smartphone-Gehäuses als schwarz oder weiß. 4.7.7 Bringen Sie Wünsche in Sicherheit mit dem House of Quality Das House of Quality (HoQ) ist ein Element des Quality Function Deployments, kurz: QFD. QFD stammt aus der Produktentwicklung und dient dazu, Kundenwünsche in Produktmerkmale zu übertragen und daraus Produktspezifikationen abzuleiten (Akao 1972; 1992; Mizuno 1978; Akao und Mazur 2003). In mehreren Phasen werden aus Kundenwünschen Produkte (Schneider-Störmann 2015c): • Phase 0 - Kundenanforderungen Kundenbedürfnisse werden abgefragt und priorisiert. • Phase 1 - Produktplanung Produktmerkmale übersetzt und diese dann spezifiziert • Phase 2 - Subsystem- und Komponentenplanung Hier erfolgt eine technische Detailplanung. • Phase 3 - Prozessplanung Die produktionsspezifischen Randbedingungen werden geprüft und berücksichtig. • Phase 4 - Produktionsplanung Der Fertigungsdurchlauf wird erstellt. • Phase 5 - Rückmeldung 4.7 Kommunikation: POV Fragen und Zuhören 151 <?page no="152"?> Die Kunden werden befragt, inwieweit die Merkmale den Erwartungen entsprechen. In Phase 0 kann die SPIN-Methode eingesetzt werden, um die Bedürfnisse zu klären. Fragen nach dem Kano-Modell unterstützen dabei, die Prioritäten einzelner Merkmale herauszufinden. Die Phase 1 beinhaltet das HoQ. Die vom Kunden geäußerten Wünsche werden dabei in Produktspezifikationen übersetzt. Schließlich werden die einzelnen Merkmale betrachtet. Dabei kann mit dem HoQ schnell heraus‐ gefunden werden, welche Merkmale sich wechselseitig unterstützen und welche sich behindern. Wenn der Kunde ein Smartphone wünscht, das ein geringes Gewicht hat und gleichzeitig eine lange Laufzeit, so behindern sich der dafür notwendige große, schwere Akku und das gewünschte geringe Gewicht. Dies kann dazu genutzt werden, mit dem Kunden erneut über Wünsche zu sprechen und die Merkmale zu priorisieren. Die Phase 2 ist bei einer klassischen Produktentwicklung in Verant‐ wortung der entsprechenden Abteilungen. Dennoch können hier auch Verhandlungen stattfinden, z. B. über Lasten- und Pflichtenheft. In agilen Produktentwicklungen treffen Kunden und Lieferanten in kurzen Abständen aufeinander. Hier werden Konflikte in Etappen gelöst. Keiner dieser Konflikte ist typischerweise von besonders großer Intensität. Das ist bekanntermaßen der Vorteil der agilen Produktentwicklung. Sowohl Phase 3 als auch Phase 4 sind in der Regel innerhalb eines Unternehmens. Bei Unterstützung durch Zulieferer aber auch bei internen Abstimmungen können natürlich auch Konflikte auftreten. Spannender ist wieder Phase 5, in der die Kunden befragt werden. Auch hier sind Konflikte denkbar. Wenn allerdings in den Phasen 0 und 1 entsprechend gut miteinander kommuniziert wurde, sollten diese Konflikte der Phase 5 aber sehr gut lösbar sein. Zur Sicherung der Wünsche von Kunden ist daher die Phase 0 von größter Bedeutung. Gerne können Sie hier die SPIN- und Kano-Fragetechnik kombinieren und entsprechend anwenden (Schneider-Störmann 2015c). So finden Sie leicht die Bedürfnisse Ihrer Gesprächspartner heraus und können diese priorisieren. 152 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="153"?> Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Gute Fragen stellen, zuhören und richtiges Verstehen sind elementar, um erfolgreich zu verhandeln. Sprachbarrieren bieten zahlreiche Fehlerquellen. Auch das einfache Verstehen und Sagen kann zu Irritationen führen. Mit einem Fundus an Fragetypen können Sie erfahren, was Ihr Gegenüber möchte. Als Vorbereitung können Sie Verhandlungs-Jeopardy! spielen. Wie wenden Sie das an? Bereiten Sie Ihre Verhandlung anhand der SPIN-Fragetechnik vor. Verwenden Sie dabei die passenden Fragetypen. Über das Verhandlungs-Jeopardy! können Sie sich im Vorfeld geeignete Fragen überlegen. Bieten Sie attraktive Lösungen an, um Ihre Kunden zu begeistern. Übersetzen Sie die Wünsche mit dem HoQ denjenigen, die sie umsetzen müssen. 4.8 Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Paul Watzlawick (*1921 †2007) Es ist an der Zeit, dass Sie sich nun auch mit den unbewusst gesendeten Signalen Ihrer Konfliktpartner auseinandersetzen. Überblick | Nach dem Lesen dieses Abschnitts kennen Sie … • Signale der Körpersprache, • Unterschiede zwischen positiven und negativen Signalen, • häufig vorkommende Gestik und Mimik und • Rezepte, wie Sie auf negative Gestik und Mimik reagieren können. Während es im vorangegangenen Abschnitt darum ging, Kundenbedürf‐ nisse zu erfragen geht es nun darum, die Zeichen zu verstehen, die Ihnen die Kunden zusenden. Denn Watzlawick hat recht: Nichts mitteilen kann man nicht. Natürlich ist dies kein Buch über Körpersprache und Emotionen während einer Verhandlung. Ich bin aber der Meinung, dass eine knappe 4.8 Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten 153 <?page no="154"?> Übersicht Sie durchaus weiterbringt. Vielleicht finden Sie daran Geschmack und gönnen sich später Bücher oder Workshops über Körpersprache. Aller‐ dings sollten Sie sehr sorgfältig bei der Wahl des Seminars sein, denn auch hier gibt es reichlich Coaches, die auch nur Bücher gelesen haben. Meine Erfahrung mit Deutung von Körpersprache begann mit einem Profi für Körpersprache: Dem Pantomimen Samy Molcho (*1936). In seinen Performances als Pantomime musste er sich gänzlich ohne Worte mitteilen. Daher verfügt er über eine fundierte Basis, um sich mit Körpersprache auseinanderzusetzen (Molcho 2009; Molcho und Klinger 2015). Aber auch viele andere Veröffentlichungen und Ratgeber befassen sich damit. Es ist unmöglich, alle aufzuzählen. Emotionen sind spontan oder werden sogar als strategische Option zum Angriff, zur Verteidigung oder zur Integration genutzt. Das Gleiche gilt für die Körpersprache. 4.8.1 Körpersprache und ähnliche kommunikative Mittel Eine direkte und bewusste Erfahrung mit Körpersprache habe ich durch einen Kunden erlebt. Ein Kollege warnte mich, dass dieser im Deuten von Körpersprache geübt sei. Nun kam dieser Kunde zu mir, um sich vom Lagerbestand seiner zugegebenermaßen nicht vorhandenen Ware zu überzeugen. Die Kollegen im Lager sagten, dass er wahrscheinlich seine Produkte nicht von denen unterscheiden könne, die bereits für andere Kunden konfektioniert waren. Ich hätte also Lügen müssen. Ich habe allerdings nie einen Kunden angelogen. Sollte ich das nun tun? Kurzerhand entschied ich mich, meinen Besuch auf die Probe zu stellen, um festzustellen, wie gut er mich und meine Mimik und Gestik beobachtet. Also blickte ich so kurz ich konnte mit den Augen zweimal auf seine Schuhe, ohne den Kopf zu drehen. Er wurde unsicher, nervös und kontrollierte schließlich, ob etwas an seinen Schuhen sei. Da war aber nichts und so sprach er weiter. Das war für mich das Signal, ehrlich zu sein. Ehrlichkeit wird belohnt. Samy Molcho definiert Körpersprache als den (äußeren) Ausdruck unseres Befindens und unserer inneren Wünsche (Molcho 2009). Das be‐ deutet, dass sie Emotionen im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert. Daher sendet unser Körper immer Signale, die anders sein können, als die Signale der gesprochenen Worte, da Körpersprache durch unser Unterbewusstsein gesteuert wird und daher nur schwer zu kontrollieren ist. 154 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="155"?> Mimik und Gestik wird von Kindern durch deren Bezugspersonen übernommen, was Missverständnisse mindert. Daher ist es verständlich, dass Körpersprache regional und kulturell geprägt verschieden ist. Denken Sie nur an Südeuropäerinnen mit ihren raumgreifenden Gesten beim Sprechen im Vergleich zu Nordeuropäern oder Ostasiatinnen. Ein Beispiel ist das Handzeichen für „Okay“, der Kreis geformt durch Daumen und Zeigefinger mit den drei abgesteckten anderen Fingern. In den meisten west‐ europäischen Ländern hat dies dieselbe positive Signalwirkung: Alles ist in Ordnung, man ist einverstanden. In Brasilien und den Mittelmeerländern wäre dies hingegen eine obszöne Geste, in einigen lateinamerikanischen Ländern sogar ein Zeichen für den Geschlechtsakt. In Frankreich und Belgien kann sie „du bist nichts wert“ bedeuten (Zhou und Zhang 2008). Wir sprechen mit dem ganzen Körper. Mit dem Kopf, insbesondere Augen und Mund, mit den Gliedmaßen, insbesondere mit Armen und Händen, sowie mit unserem Rumpf, den Beinen und Füßen (Molcho 2009). Es führt hier weit, wenn ich auf alle Signale eingehe. Ich werde mich auf wenige beschränken. Experiment | Fünf-Minuten-Übung zur Körpersprache. Sitzen Sie? Falls nein, bitte ich Sie, dies jetzt zu tun. Setzen Sie sich auf einen normalen Stuhl mit Lehne, wie er auch an einem Verhandlungstisch stehen könnte. Nehmen Sie keinen Bürostuhl mit hoher, verstellbarer Lehne. Jetzt machen Sie es sich erstmal bequem. Die Beine von sich gestreckt, das Gesäß nach vorne in Richtung Stuhlkante und Ihre Arme sind locker verschränkt. Schließen Sie kurz die Augen und zählen still bis zehn. Jetzt fordern Sie unmissverständlich in der Sitzhaltung: „Ich möchte sofort ein Eis! “ Reflexion: Hat sich Ihre Sitzhaltung verändert? Ich bin sicher, ja. Setzen Sie sich nun aufrecht hin. Den Rücken gerade, Schultern nach unten, die Arme liegen auf dem Tisch, die Hände sind locker zu Fäus‐ ten geballt. Jetzt fordern Sie unmissverständlich in der Sitzhaltung: „Ich möchte sofort ein Eis! “ Reflexion: Fiel Ihnen das leichter? Sie merken, der Körper will mitsprechen. 4.8 Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten 155 <?page no="156"?> In der Körpersprache gibt es positive und negative Signale (in Anlehnung an (Matschnig 2012; Molcho und Klinger 2015; Molcho 2009; Tries 2008a). Hier gebe ich Ihnen eine Auflistung an die Hand, mit der Sie gut arbeiten können. Die meisten Signale sind sicherlich selbsterklärend. Ich gebe aber zu bedenken, dass Gesten, Mimik und andere Signale in anderen Kulturkreisen mitunter anders oder gar nicht verstanden werden. Ein Beispiel ist das Kopfschütteln, welches bei uns Ablehnung bedeutet und in Indien als Zustimmung verstanden wird. Der berühmte „Scheibenwischer“, also das „wischen“ mit dem Unterarm vor dem eigenen Kopf, wird auch nicht überall verstanden. Positive Signale durch Gesten und andere kommunikative Mittel • Gesten mit dem Mund - freundliches, offenes Lächeln, Augen lachen dabei mit (Entspan‐ nung) - lächeln (es gefällt mir) • Signale mit den Händen - Daumen nach oben (Zustimmung) - sichtbare, offene Hände (nichts zu verbergen) - Bewegung der Hände von unten nach oben, aufsteigend (positiv) - Hände gehen einladend auseinander (Größe, weiter Raum) • Signale mit den Augen - direkter Augenkontakt (Zuhören) - Augenbrauen gehen nach oben (Interesse) - offener Blick (Interesse) • Signale mit dem Kopf - von oben nach unten Nicken (außer in Indien: Kopfschütteln bedeutet hier Zustimmung) - abwägendes Nicken, leichtes hin und her des Kopfes (Zustim‐ mung) - leicht schräger Kopf mit Lächeln (Vertrauen) Negative Signale • Gesten mit dem Mund - Winkel nach unten ziehen (Unzufriedenheit, Ablehnung) - Zähne fletschen (Aggression) 156 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="157"?> - auf Lippen beißen (Anzeichen von Zurückhaltung einer negativen Äußerung) • Signale mit den Händen - mit Zeigefinder oder Stift auf jemanden zeigen - Hände zu Fäusten ballen (Wut, Ernsthaftigkeit) - Hände mit verschränkten Fingern auf den Tisch legen in Richtung der Sprechenden („Igel“ - Abwehrhaltung) - Hände parallel dicht nebeneinander (eng, wenig Raum, klare Richtung vorgeben) • Signale mit den Augen - mit den Augen rollen (Ignoranz) - Augen zusammenkneifen (Ablehnung, Zweifel an der Richtigkeit der Aussage) • Signale mit dem Kopf - Blick von oben herab (Macht durch Distanz) - Kopfschütteln (Ablehnung) 4.8.2 Aufmerksamkeit um jeden Preis Die Körpersprache sendet Signale, die eine nonverbale Kommunikation darstellen. Doch es gibt bei Gesprächen weitere Signale, die die Teilnehmen‐ den senden können. Manche sind positiv, andere wiederum negativ. Eine dritte Gruppe sendet verschiedene eher neutrale Signale, die Ihnen aber das Befinden der Personen mitteilen. Alle diese Signale haben einen tieferen Sinn. Entweder geht es darum, zuzustimmen, positive Elemente in die Verhandlung einzubringen, oder es geht um Machtdemonstrationen und offensives Verhalten. Dann finden Sie auch Signale, mit denen Beteiligte Aufmerksamkeit einfordern. Auch diese Liste ist nicht vollständig, gibt Ihnen aber dennoch einen guten Überblick über verschiedene Verhaltens‐ muster. Sonstige positive Signale • Stichpunkte aufschreiben mit positiven Augen- oder Mundsignalen (Aufmerksamkeit schenken) • lockere, entspannte Sitzhaltung (Wohlfühlen) • kopieren der Gesten, der Sitzhaltung usw. der Rednerin (Spiegelung der Körpersprache, Anzeichen für gegenseitige Sympathie) 4.8 Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten 157 <?page no="158"?> Sonstige negative Signale • Arme verschränken (aggressive Pose) • Hände hinter dem Kopf verschränken (raumgreifend, Platzhirsch-Pose) • aggressive Stimme, Lautstärke anheben (offensive Taktik) • erneutes Nachfragen „Wiederholen Sie das, ich habe nicht zugehört“ (Macht durch Distanz) • Unterbrechung (Macht durch Distanz) • Veränderung der geplanten Sitzordnung (Macht durch Distanz) • künstliches Gähnen (Demonstration der Langeweile) • Verlassen des Raums (Desinteresse) • während des Sprechens Blick abwenden, wegschauen (Desinteresse) • Telefonanrufe entgegennehmen • am Computer/ Smartphone arbeiten, ohne zu fragen • Tuscheln mit Sitznachbarn während Beiträge anderer (Ignoranz) Andere Signale, auf die Sie achten sollten • wiederholtes Klicken mit dem Kugelschreiber („ich brauche Aufmerk‐ samkeit“) • Vorbeugen („ich möchte ins Blickfeld kommen, ich habe einen Beitrag“) • Räuspern („ich möchte mich mitteilen“) • authentisches Gähnen (erfordert eine Pause, Lüften des Raums wegen zu hohem CO 2 -Spiegel) • unruhiges Verhalten (Unsicherheit, Nervosität, ggf. eine Pause anbieten) • kurze Äußerung („Hm, Hm“) nach jedem Halbsatz eines Sprechenden („jetzt will ich was sagen“) Wie Sie sehen, habe ich hier viel mehr negative als positive oder sonstige Signale aufgelistet. Das habe ich sehr bewusst gemacht. Mein Ziel war und ist immer, eine Einigung zu erzielen. Mit negativen Signalen ist das sehr schwer. Also zeige ich Ihnen hier meine Liste der Gegenreaktionen zu den negativen Signalen. Viele davon habe ich selbst bei meinen Schulungen über Konflikt- und Verhandlungsmanagement kennengelernt. Einige setze ich bei Bedarf in meinen Vorlesungen und Seminaren ein. 158 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="159"?> Reaktionen auf negative Signale • Arme verschränken - Arme ebenfalls verschränken, Oberkörper auf‐ richten und Spannung reinbringen; nach einer Zeit dann die Arme wieder lösen, oft ahmen die Gegenüber ihre Körperhaltung nach. • Hände hinter dem Kopf verschränken - wie oben: Verhalten sofort spiegeln. • Aggressive Stimme, Lautstärke anheben - in der Lautstärke antworten, in der Ihr Gegenüber aufgehört hat und dann langsam Sprechen und die Stimme wieder leiser werden lassen auf normales Niveau. • Erneutes Nachfragen - „Wiederholen Sie das, ich habe nicht zugehört.“ - Hier müssen Sie die Nerven bewahren im Sinne: „Gerne wiederhole ich für Sie.“ Nach Wiederholung: „Ich nehme an, dass alle anderen das mitbekommen haben, ich würde mich über mehr Aufmerksamkeit freuen.“ Danach nicht wiederholen. • Unterbrechung - „Ich würde mich freuen, wenn Sie mich nicht unterbre‐ chen würden, sonst müsste ich Sie ja auch unterbrechen und dann kann niemand mehr ausführen, was er meint. Dem stimmen Sie bestimmt zu! “ • Verändern der geplanten Sitzordnung - stellen Sie die Sitzordnung wieder her, in dem Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie diesen Platz aus bestimmten Gründen behalten möchten. • Künstliches Gähnen - Fragen Sie, ob der Gähnende eine Pause benötigt. Das stellt ihn zwar bloß, aber er hat sich auch nicht freundlich verhalten. • Verlassen des Raums - unterbrechen Sie die Sitzung und machen Sie eine Pause. • Während des Sprechens Blick abwenden, wegschauen - sprechen Sie die Person direkt an. Fragen Sie, ob sie etwas vermisst, benötigt oder nicht verstanden hat. • Telefonanrufe entgegennehmen - bitten Sie zunächst, damit aufzuhö‐ ren. Vereinbaren Sie dann, dass vorab mitgeteilt werden soll, ob jemand einen sehr bedeutenden Anruf erwartet, ansonsten sollten die Telefone stumm geschaltet, am besten ausgeschaltet werden, da die Zeit ja wertvoll ist. • Am Computer/ Smartphone arbeiten, ohne zu fragen - hier sind Ihnen ähnliche Reaktionen wie beim Telefonieren erlaubt. • Tuscheln mit Sitznachbarn während Beiträge anderer - aufhören zu sprechen und warten, bis die beiden fertig sind, alle Augen sind auf die beiden gerichtet. In der Regel diszipliniert das schon genug. 4.8 Kommunikation: POV - Richtig verstehen und deuten 159 <?page no="160"?> Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Ein bedeutender Anteil der Kommunikation läuft non‐ verbal ab. Die Körpersprache läuft meistens unterbewusst ab. Sie sendet eine zusätzliche Information über das, was empfunden oder beabsichtigt wird. Die Körpersprache strahlt positive und negative Signale aus. Einen Großteil davon können Sie erkennen. Auch spielen Individuen mit körperlichen Zeichen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Wie wenden Sie das an? Körpersprache können Sie gut beobachten. Nehmen Sie sich die Liste und beobachten Sie Ihre Gegenüber. Werden negative Signale gesendet, können Sie anhand der vorgestellten Reak‐ tionen Maßnahmen ergreifen, um damit umzugehen. Positive Signale Ihrer Verhandlungspartner können Sie als Zeichen einer guten Kommu‐ nikation interpretieren. 4.9 Es gibt ein Muster: Dynamik im Verhandlungsprozess Überblick | Hier erfahren Sie, … • dass Verhandlungsprozesse in ihren Abläufen ein Muster haben, • dass Verhandlungen drei Phasen haben und • dass über den Prozess zunächst sehr offensive und defensive, schließlich mehr und mehr integrative Taktiken angewendet wer‐ den, bis schließlich Einigungen, also rein integrative Taktiken do‐ minant sind. Es ist wichtig zu verstehen, welche Taktik, welche Strategie zu welchem Verhalten führen wird und wann Sie diese einsetzen. Je nachdem, wie weit Sie von einer Einigung entfernt sind, werden die Strategien unterschiedlich intensiv angewendet. Die drei Phasen sind 1. Die distributive Phase mit dem Austausch und der Verteidigung von Forderungen und Positionen. 2. In der ZOPA-Phase loten alle Verhandlungspartner die Flexibilität der Gegenseite aus. 160 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="161"?> 3. Die integrative Phase führt schließlich die Einigung bzw. Lösung herbei. Ziel des Verhandlungsmanagements ist, die verschiedenen Verhandlungs‐ episoden kontrolliert von der ersten zur letzten zu überführen. Diesen Ablauf, also das Drei-Phasen-Schema, werden Sie immer wiedererkennen. Sie können dann die entsprechenden Strategien und Taktiken anwenden, um in die nächste Phase zu gelangen. Jede dieser Phasen besteht aus Zeiträumen und Episoden. Definition | Verhandlungsprozess Ein Verhandlungsprozess umfasst alle Verhandlungsphasen vom An‐ fang bis zum Ergebnis (hoffentlich ein Vertrag oder ein ähnlich gutes Ergebnis). Dies kann über mehrere Zeiträume, Treffen, Telefonate, E-Mails oder was auch immer geschehen. Definition | Phase Eine Phase ist der übergeordnete Abschnitt, mit dem die Beteiligten bestimmte Ziele verfolgen. Definition | Zeitraum Ein Zeitraum bezieht sich auf ein bestimmtes Thema und beinhaltet mindestens eine Episode. Definition | Episode Das kleinste Segment in einer Verhandlung: z. B. Frage und die dazuge‐ hörige Antwort. In der Realität laufen Verhandlungen je nach Intensität des Konfliktes nicht immer so geordnet ab. Das ist bedauerlich. Aber wenn Sie durch Ruhe und Sicherheit die Kontrolle behalten können, können Sie sich trotzdem 4.9 Es gibt ein Muster: Dynamik im Verhandlungsprozess 161 <?page no="162"?> daran orientieren. Schauen wir uns die Phasen an und halten fest, welche Strategien und Taktiken in den Phasen Vorrang haben. Phase 1: Alles muss auf den Tisch Stecken der Claims, Forderungen und Positionen werden genannt Jede Partei wird versuchen, ihr Maximum zu erreichen. Diese Phase ist dominant distributiv. Sie kann sehr intensiv sein und ohne Ergebnis enden (z. B. Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, die in einen Streik münden). Das Hauptziel besteht darin, die andere (Konflikt-)Partei zu überzeugen, die eigenen Forderungen zu akzeptieren und/ oder ihre Positionen aufzuweichen. Diese Phase birgt das Risiko der Eskalation (im Falle von überwiegend offensiven Strategien) - oder im Falle defensiver Taktiken können die Verhandlungsparteien müde werden: Es folgt ein Stillstand. Vorrangige Strategien: offensive, defensive Phase 2: ZOPA finden Verhandlungsspielraum - die Zone of Potential Agreement (ZOPA) ausloten, ggf. Methode zur Konfliktlösung finden - Methodenkonflikt Nun versuchen die Konfliktpartner herauszufinden, wo ihre Gegenüber mehr, wo weniger Widerstand zeigt. Sie formen so den Verhandlungs‐ spielraum für Zugeständnisse. Zunächst müssen beide Seiten verstehen, dass es eine Chance gibt, sich zu einigen, ohne zu viel zu verlieren. Erst gegen Ende dieser Phase wird vermehrt die integrative Strategie angewendet. Diese Phase kann als entspannt (alle sind kompromissbereit) aber zugleich auch als kritisch (was hier festgelegt wird, ist festgelegt) bezeichnet werden. Vorrangige Strategien: anfangs offensiv und defensiv, im Zuge dieser Phase mehr und mehr integrativ Phase 3: Ziel erreichen Einigung erzielen und Vereinbarungen treffen, Konfliktlösung Sind die Verhandlungsspielräume bekannt, kommt es zur Konfliktlösung. Nach und nach werden die Vereinbarungen getroffen und einer Einigung steht nahezu nichts mehr im Weg. 162 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="163"?> Verwendete Strategien: vorherrschend integrativ, am Rande defensive, gelegentlich noch offensiv Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? So gut wie alle Verhandlungen folgen einem Schema. Einfach gesagt folgt auf das Austauschen der Forderungen die Erörte‐ rung des Verhandlungsspielraums, bevor man dann eine Einigung er‐ zielt. Dabei werden mit unterschiedlicher Intensität offensive, defensive und integrative Taktiken eingesetzt. Wie wenden Sie das an? Wenn Sie sich die Phasen einprägen, haben Sie eine Anleitung, wann Sie eher offensiv, defensiv sind und wann Sie integrativen Elemente zum Einsatz bringen. In der ersten Phase tauschen Sie Ihre Forderungen aus. Diese geht nahtlos in die Phase über, in der Sie das ZOPA identifizieren. Danach befinden Sie sich auf dem Weg zur Einigung. 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen „If I look out on the road, there we find most of the cars… are not carrying goods, they are carrying the brains trying to take the brain to the place where the work is done. …with modern communications and computer power…, there is no reason why you could not carry out this interview home at your office with me at my office.“ Robert Norton Noyce (*1927 †1990) Überblick | In diesem Abschnitt erfahren Sie, … • dass bei Face-2-Face-Meetings alle fünf Sinne adressiert werden, • dass Online-Meetings Zeit und Kosten sparen und • dass Sie sich auf Basis der Inhalte der Meetings zwischen beiden entscheiden können. Geht das Ihnen auch so? Sie treffen sich mit Personen, um über einen Konflikt zu sprechen und dann stellen Sie fest, dass es die Reise und den 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 163 <?page no="164"?> Aufwand nicht wert war. Oder dass Sie mit jemandem telefonieren und Sie zu gerne sein oder ihr Gesicht sehen würden, wenn Sie dies oder jenes sagen? Nerven Sie Online-Meetings oder nerven Sie die langen Anreisen für ein einstündiges Meeting? Das Zitat zu Beginn dieses Abschnitts stammt aus einem Interview, ausgestrahlt von dem kalifornischen Fernsehsender KTEHTV, bei „Tomorrow Today“. Robert Noyce war Gründer von Intel®. Bedenkt man, dass das Interview am 28. März 1981 ausgestrahlt wurde, stimmen Sie bestimmt mit mir überein: Was war Robert Noyce (*1927 †1990) für ein großartiger Visionär! Ich wurde einmal Ohrenzeuge eines Telefonats am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main, als wetterbedingt viele Züge verspätet waren. Eine Frau beklagte sich darüber, dass sie schon zwei Stunden unterwegs sei und nun noch vier Stunden Zugfahrt vor sich hatte, nur weil sie für eine Stunde nach München kommen sollte, um in einer Niederlassung ein Gespräch wahrzunehmen. Dazu kam ja noch die Rückfahrt am selben Tag. Das waren viele unnütze Stunden, es war für sie offenkundig nervenaufreibend und dazu auch noch ungemütlich. Musste sie denn tatsächlich persönlich erscheinen? Oder wäre es auch anders gegangen, etwa virtuell? Diese Frage haben einer meiner Studenten und ich bereits vor der Corona-Pandemie 2019 beleuchtet (Schneider-Störmann und Büttner 2019; Büttner 2020). Für mich war damals eins überraschend: Alle fünf Sinne spielen eine Rolle, wenn man sich persönlich trifft. Und die zweite Überra‐ schung war, dass man in vielen Fällen getrost auf Meetings verzichten und diese durch Videokonferenzen ersetzen kann. In der Folge möchte ich beleuchten, was es mit den fünf Sinnen zu tun hat, wenn man sich Face-2-Face trifft. Dann zeige ich die Unterschiede zwischen verschiedenen Kommunikationsformen auf. Mit einem Werkzeug entscheiden Sie, ob Sie eine Anreise in Kauf nehmen oder ein virtuelles Meeting bevorzugen sollten. 4.10.1 Face-2-Face heißt alle fünf Sinne adressieren Wie viele Sinne haben wir? Fünf. Welche sind bei einem Face-2-Face-Mee‐ ting wichtig? Sehen, Hören, Fühlen. Und was ist mit Riechen? Okay, das kann man auch verstehen, frei nach der Redewendung „Den kann ich gut riechen“: Auch Angstschweiß oder Schweiß durch Aufregung sind olfaktorische Signale, die wir senden oder empfangen. Aber Schmecken? Wieso ist Schmecken auch wichtig? Das klären wir gleich. 164 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="165"?> Wichtig ist, dass alle Sinne zusammen wesentlich für unser Bauchgefühl sind, das wir in Face-2-Face-Meetings entwickeln. Es sind die Zwischentöne, die wir hören, die Nuancen in der Mimik, die wir unterbewusst wahrneh‐ men, die Berührungen einer Hand, die trocken oder feucht, fest oder nahezu nicht zu spüren ist, der Geruch leckeren Kaffees und das Schmecken der Speisen beim gemeinsamen Essen, die ein Gesamterlebnis ergeben. Die Summe der Eindrücke durch alle fünf Sinne, kann über das Maß an Wohlbefinden und Sicherheit entscheiden. Widmen wir uns den Sinnen und deren Bedeutung für Gespräche im Einzelnen in Anlehnung an Schneider-Störmann und Büttner 2019; Büttner 2020. Oftmals sind Erfahrungen und Lerneffekte, aber auch Verständnis durch die gleichzeitige Verarbeitung mehrere Sinne geprägt (für eine Vertiefung siehe Dual Coding Theory (Clark und Paivio 1991; Lwin, Morrin und Krishna 2010)). • Sehen - Beim Sehen werden Signale der Körpersprache wahrgenommen. (→-Abschnitt 4.8.1) - Wir empfinden es als unangenehm, wenn wir keinen Blickkontakt haben oder der Blick des Gegenübers Wut oder Skepsis spiegelt. - Augenkontakt kann bei virtuellen Zusammenkünften reduziert und asynchron zum Lippenbewegungen sein. • Hören - Gesten (Sehen) unterstützt das Verständnis des Gesagten. - Kann bei virtuellen Meetings zusammen mit Sehen zur kogniti‐ ven-kommunikativen Asynchronität führen (Heller 2010). • Fühlen - Mit dem Fühlen können wir Temperatur, Konsistenz, Oberflächen‐ beschaffenheit, Größe und Gewicht feststellen (Ackerman, Nocera und Bargh 2010). - Das Berühren eines Gegenstands, der Verhandlungssache, kann entscheidend über Ablehnung oder Zuneigung sein (Yazdanparast 2011). - Fehlt bei virtuellen Meetings (wenn der Gegenstand nicht allen beteiligten vorliegt). • Riechen - Gerüche wirken sich physiologisch und psychologisch auf uns auf. 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 165 <?page no="166"?> 41 Die ist interkulturell unterschiedlich: Japaner haben beispielsweise eher positive, Deutsche eher negative Empfindungen durch den Geruch von Trockenfisch (König, Aus der Mark und Walter 2003). - Gerüche werden unterbewusst wahrgenommen und können Emo‐ tionen verursachen (Rinaldi 2007). - Die Wahrnehmung von Düften verursacht positive und negative Gefühle. 41 - In einer hochemotionalen Situation wahrgenommene Gerüche können wieder Stress auslösen, wenn sie später erneut gerochen werden (Bruhn, Esch und Langner 2009). - Fehlt bei virtuellen Meetings. • Schmecken - Gemeinsame Erlebnisse, z. B. beim Essen kann gegenseitiges Ver‐ trauen aufbauen (van Overwalle und Heylighen 2006). - Gemeinsame Erinnerungen an ein gutes Essen rufen positive Emotionen bei den Beteiligten hervor. - Fehlt bei virtuellen Meetings. Mich persönlich hat es gewundert, dass alle fünf Sinne - nahezu gleichbe‐ rechtigt - nebeneinander für unser Erleben und Kommunizieren eine Bedeutung haben. Liegen besonders schwer zu lösende Konflikte vor, nutzen Sie doch mal alle Sinne, um eine Gemeinsamkeit hervorzurufen. Ei‐ nigen Sie sich auf ein gutes Essen und lassen dann dann den Konflikt beiseite. Sprechen Sie bei jedem Gang darüber, was Ihnen und Ihrem Konfliktpartner geschmeckt hat. Vielleicht ist das Essen auch schön angerichtet, das Auge isst bekanntlich mit. Dies ist eine integrative Taktik (gemeinsame Aktivität). Auf das gemeinsam Erlebte können Sie immer wieder zurückkommen. Experiment | Machen Sie eine Übung zu allen fünf Sinnen Beobachten Sie Ihre Umgebung. Ich schlage vor, dass Sie dies beim nächsten Treffen mit Freunden und Bekannten machen. Fragen Sie sich bewusst: Wie nehmen Sie andere Personen und die Begegnung mit diesen wahr? Denken Sie an alle fünf Sinne: • Wie war der visuelle Eindruck, als Sie Ihre Bekannten sahen? 166 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="167"?> 42 Postkarten, Briefe, Faxkopien und andere werden hier vernachlässigt. • Wie fühlte sich der Händedruck an? Oder war es eine Umarmung: war die Person eher wie ein Brett oder angenehm zu berühren? • Was haben Sie dabei gerochen? • Wie haben Sie die gesprochene Begrüßung wahrgenommen: Hör‐ ten Sie eine laute, leise, aufgeregte oder ruhige Person sprechen? • Beim gemeinsamen Essen: Haben Sie das gleiche gegessen? Oder haben sie sich gegenseitig mal probieren lassen, um zu erfahren, wie das Essen der anderen schmeckt? Sprechen Sie doch mal darüber und essen bewusst langsam. 4.10.2 Entscheidungsfindung: Online oder Präsenz? Es gibt fünf typische Kommunikationsformen, sich mit anderen auszutau‐ schen: Face-2-Face, Telefonanrufe, E-Mails, Instant-Messenger und virtuelle Meetings. 42 Die Merkmale sind in der →-Tabelle 13 zu finden. 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 167 <?page no="168"?> 43 Eine kleine Übung zur Informationsübergabe beim Telefonieren für zwei Personen. Ideal ist, wenn die sich im selben Gebäude befinden, nur in unterschiedlichen Räumen. Eine Person malt auf ein leeres Blatt Papier eine oder mehrere einfache geometrische Figuren, Dreiecke, Kreise, usw. Dann ruft sie Person 2 an und erklärt ihr, was gezeichnet wurde. Dann treffen sich beide und vergleichen Original und Kopie. Viel Spaß! Form Merkmal Face-2-Face Bei der Face-2-Face-Kommunikation steht die persönliche Inter‐ aktion im Vordergrund. Dazu gehört eine zweiseitige Kommu‐ nikationsverbindung zwischen Einzelpersonen, deren Dialoge nicht vorherbestimmt sind, da sich Inhalt und Ergebnis aus der Interaktion des Informationsaustauschs ergeben (Geile 2012). Telefon Telefongespräche gehören zur Kategorie der mündlichen sowie der medialen Kommunikation. Aufgrund der fehlenden Möglich‐ keit, sich gegenseitig zu sehen, ist das Telefonieren auf akustische und verbale Signale beschränkt (Staubli, Stadelmann und Hen‐ gartner 2002). Gut telefonieren und Inhalte zu vermitteln, will gelernt sein. 43 E-Mail Anwendungen von E-Mail-Diensten dienen dem Austausch dis‐ kreter Medien, die zeitunabhängig sind. Dazu gehören vor allem Texte und Grafiken. Der E-Mail-Dienst ist einer der am gän‐ gigsten und am häufigsten genutzten Internetdienste. Er wird hauptsächlich als Möglichkeit zur einfachen und professionellen Kommunikation über das Internet genutzt (Pohlmann 2019). Messenger WhatsApp, Signal, Threema und alle andern Messenger-Services sind eine (fast) synchrone textbasierte Online-Kommunikation mit einer anderen Person oder Gruppe. Je nach Messenger sind weitere Funktionen wie Gruppenchats oder Daten- und Video‐ übertragung möglich. Messenger nehmen eine Position zwischen E-Mails und Telefonieren ein (Kielholz 2008). virtuell Eine Online-Sitzung findet in der Regel „in“ einem Online-Konfe‐ renzraum statt, d. h. auf einer Online-Konferenzplattform. Solche Plattformen werden von Software-Anbietern bereitgestellt. Die Teilnehmer können über große Entfernungen verteilt sein. Die gängigen Typen sind audiovisuell. Dokumente können in der Regel auch geteilt werden (Seifert und Kerschbaumer 2012). hybrid Eine Mischung aus Online- und Face-2-Face-Meetings. In der Regel befinden sich mehrere Teilnehmende in einem Raum, einzelne werden per Video hinzugeschaltet. Tab. 13: Merkmale unterschiedlicher Kommunikationsformen | nach Büttner 2020 mit eigenen Ergänzungen 168 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="169"?> 44 Es können netzabhängig Verzögerungen auftreten. 45 Bild und Ton werden getrennt digital übertragen. So kann es zur sogenannten ko‐ gnitiven-kommunikativen Asynchronität kommen (Bilinski, Bruno und Adamczyk 2016), die unterbewusst wahrgenommen werden kann. Dies kann zu Irritationen beim Empfänger führen. Natürlich hat jedes dieser Verfahren Vor- und Nachteile. Zudem lassen sie sich in einigen Eigenschaften gut unterscheiden. Dies zeigt die → Tabelle 14. Denken Sie dabei auch an Signalstörungen (→ Abschnitt 4.7.1), die je nach Verfahren vorliegen können. Form real virtuell syn‐ chron asyn‐ chron Störanfäl‐ ligkeit Sicherheit Face-2- Face ☑ ☒ ☑ ☒ gering hoch Telefon ☒ ☑ ☑ ☒ gering hoch E-Mail ☒ ☑ ☒ ☑ gering gering Messen‐ ger ☒ ☑ ( ☑ ) 44 ( ☒ ) mittel gering virtuell ☒ ☑ ( ☑ ) 45 ☒ hoch hoch hybrid ☑ ☑ ( ☑ ) ☒ hoch hoch Tab. 14: Eigenschaften der verschiedenen Kommunikationsformen | nach Büttner 2020 mit eigenen Ergänzungen Damit haben Sie bereits einige wichtige Auswahlkriterien an der Hand, um zu erkennen, wann ein virtuelles und wann ein persönliches Treffen sinnvoll ist. Aber: Wenn Sie sichere und vertrauliche Kommunikation wünschen, geht allerdings nichts über ein Face-2-Face-Meeting. Und: Kompliziert sind übrigens hybride Meetings. Oft fühlen sich die virtuell zugeschalteten Teilnehmenden nicht ganz involviert. Als weitere Entscheidungsgrundlage kann die folgende Liste dienen. Hier finden Sie vier Kriterien als Vorschlag mit mehreren Aspekten, die im Meeting relevant sind. 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 169 <?page no="170"?> 1. Welche Interaktionen mit dem Partner sind von Bedeutung? - Vertrauensverhältnis - Gerade am Anfang einer Beziehung wichtig. - Blickkontakt - Wird man angesehen? Wohin schaut das Gegen‐ über? - Technikakzeptanz - Kommen alle mit den technischen Tools klar? - Interkulturelle Erwartungen - Werden persönliche Kontakte er‐ wartet? Oder sind die Menschen pragmatischer und mit virtuellen Begegnungen einverstanden? 2. Meeting-Erfordernisse - Sinneswahrnehmung - Gemeinsame Erlebnisse wie Handschüt‐ teln, dasselbe Essen usw. können Vertrauen aufbauen. - Kontakt mit dem Produkt - beim Austausch über physische Ge‐ genstände, die berührt werden, ist die haptische Erfahrung wichtig (→-Abschnitt 4.8.1). - Verhandlungsmacht - Je nach (kultureller) Erwartung der Ge‐ sprächspartner kann die Macht durch physische Nähe gestärkt werden. 3. Andere Rahmenbedingungen der Entscheidungsfindung - Relevanz des zeitnahen Austauschs - Liegen zeitkritische Entschei‐ dungen an? - Kosten - Nicht nur Reisen verursachen Kosten, auch der Erwerb einer Software für Videokonferenzen kostet Geld. Auch Nachhal‐ tigkeit ist hier von Bedeutung. - Technologische Umsetzung - Sind alle im Umgang mit der Software geübt? - Räumliche Entfernung - Je größer die Distanz zwischen den Verhandelenden, umso attraktiver sind virtuelle Meetings. 4. Zusätzliche Informationen - Smalltalk - In Kaffeepausen sowie vor und nach einem Face-2-Face-Meeting ist Smalltalk einfacher. Insbesondere trifft das zu, wenn auf beiden Seiten mehrere teilnehmen und sich zwei (Unterhändler) unter vier Augen austauschen möchten. - Eindrücke der Umgebung sammeln - Bei Meetings mit Unterneh‐ men: Wie sieht das Gebäude aus, kann man weitere Erkenntnisse durch eine Besichtigung (Produktion, Logistikcenter …) gewin‐ nen? 170 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="171"?> Wie gehen Sie nun mit dieser Entscheidungsgrundlade um? Der Ablauf ist denkbar einfach, wenn Sie die folgenden Punkte der Reihe nach durchgehen: • Wichten Sie die vier Kriterien in %, addiert müssen sich 100 % ergeben. Beispiel: Interaktion 15 %, Inhalt 30 %, Rahmenbedingungen 45 %, Infor‐ mationen 10 % • Nun verteilen Sie die Prozente auf die einzelnen Aspekte. Beispiel: Inhalt 30 %, Sinneswahrnehmung 15 %, Kontakt 15 %, Verhand‐ lungsmacht 0 % • Geben Sie nun auf einer Skala von 0 bis 10 für jeden Aspekt sowie für Face-2-Face und virtuelle Meetings die Bedeutung an. • Multiplizieren Sie den Prozentsatz des Aspekts mit dem Bedeutungswert • Addieren Sie diese Produkte für jede Art des Meetings getrennt. • Die Art des Meetings mit der größten Punktzahl sollten Sie wählen. Für eine Preisverhandlung sehen Sie auch ein Beispiel. Das Ergebnis der Auswertung dafür ist in der → Abbildung 11 wiedergegeben. Man erkennt die starke Präferenz für eine Face-2-Face-Verhandlung (8.28/ 10.00 Punkten gegenüber 5.72/ 10 Punkten bei einer Online-Verhandlung). Für ein Projektmeeting gibt es in der Regel eine klare Präferenz für virtu‐ elle Meetings (6.35/ 10.00 Punkten gegenüber 3.70/ 10 Punkten bei einer Face-2-Face-Besprechung). Gleiches gilt für das Durchsprechen von Spe‐ zifikationen (6.67/ 10.00 Punkten gegenüber 4.60/ 10 Punkten bei einer Face-2-Face-Besprechung). Bei einem Erstkontakt wiederum ergeben sich deutliche Vorteile für ein Präsenzmeeting (8.61/ 10.00 Punkten gegenüber 5.35/ 10 Punkten bei einer Online-Verhandlung). Das Tool ist also vielseitig einsetzbar. 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 171 <?page no="172"?> Abb. 11: Preisverhandlung: Virtuell oder Face-2-Face? Face-2- Face Virtuell Face-2- Face Virtuell Bew. Bew. Wert Wert 1 Interaktionen 30 Vertrauensverhältnis 15 10 6 150 90 Blickkontakt 15 10 6 150 90 Technik Akzeptanz 0 0 0 0 0 Interkulturelle Erwartungen 0 0 0 0 0 2 Erfordernisse 40 Sinneswahrnehmung 35 10 5 350 175 Kontakt mit dem Produkt 5 7,5 4,5 38 23 Verhandlungsmacht 0 0 0 0 0 3 Rahmenbedingungen 20 Zeitnaher Austausch 5 5,5 10 28 50 Kosten 5 3 7,5 15 38 Technologische Umsetzung 3 7,5 5,5 23 17 Entfernung 7 0 10 0 70 4 Additional information 10 Smalltalk 10 7,5 2 75 20 Eindrücke 0 0 0 0 0 100 8,28 5,72 Evaluationskriterien Bedeutung: 0-10 Wichtung [in %] Meetings Präferenzwerte Abb. 11: Beispiel einer Einschätzung, ob ein virtuelles oder ein Face-2-Face-Meeting bei einer Preisverhandlung sinnvoller ist | eigene Berechnungen in Anlehnung an Büttner 2020 4.10.3 Sind die alle echt? Am 5. Februar 2024 machte eine Schlagzeile die Runde: Angestellter überweist 24 Millionen Euro an Betrüger („Deepfake-Betrug: Angestellter überweist 24 Millionen Euro ins Nichts - Wirtschaft - SZ.de“, o.-J.). Der Angestellte war bei einem Anruf seines vermeintlichen Vorgesetzten unsicher geworden, als dieser ihn aufforderte, 24 Millionen Euro auf ein Konto zu überweisen. Der Angestellte lud mehrere Kollegen und seinen Chef zu einer Videokonferenz ein. Dort versicherten alle die Richtigkeit der Aktion. Allerdings waren die Individuen nicht echt: Entweder es handelte sich um Doppelgänger oder um einen Deepfake. Bedauerlicherweise werden Deepfakes immer besser. Man findet mittlerweile viele Unternehmen, die eine Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, um der KI auf die Schliche zu kommen, die den Deepfake generiert. 172 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="173"?> Nun könnten Sie sagen, dass ein Face-2-Face-Meeting die sicherste Me‐ thode ist, um einen solchen Deepfake zu umgehen. Bevor Sie das tun, lassen Sie sich ruhig auf Videokonferenzen ein. Denn die Wahrscheinlichkeit einer KI-generierten Doppelgängerin gegenüber zu sitzen, ist Stand heute gering. Falls Sie dennoch skeptisch sind über Anweisungen oder andere unge‐ wöhnliche Dinge, so können Sie sich mit wenigen einfachen Mitteln helfen: • Macht Ihr Gegenüber ungewöhnliche Bewegungen? Oder ist der Körper starr und nur der Mund bewegt sich? • Passen Mundbewegung und Gesichtsmimik nicht zueinander? • Fallen Ihnen Augenbewegungen auf, die unnatürlich sind oder nicht zum Gesagten passen? • Treten Artefakte auf, wie Farbänderungen oder ruckelnde Bewegun‐ gen oder seltsame Augenbewegung? Wenn eine oder mehrere dieser Punkte zutreffen, dann sollten Sie vorsichtig sein und die Authentizität hinterfragen. Eine andere Möglichkeit eröffnet sich, wenn Sie Ihre Gesprächspartner zuvor schon einmal persönlich kennengelernt haben. Vereinbaren Sie Co‐ dewörter oder tauschen Sie Papierdokumente aus, die nur Sie und Ihr Gegenüber haben können. Eine KI kann davon nichts wissen. Im Zweifel fragen Sie nach dem Codewort oder dem Dokument, welches dann in die Kamera gehalten werden soll. Auch können Sie darum bitten, dass Sie einen realen Hintergrund sehen. Sind Ihnen die Räumlichkeiten schon bekannt, erkennen Sie diese dann wieder. Auf jeden Fall gilt: Seien Sie vorsichtig. Ich bekam kürzlich von einer E-Mail-Adresse eines Angestellten meines Arbeitgebers eine Nachricht. Die sah täuschend echt aus. Allerdings zeigte der Link, den ich anklicken sollte auf eine mir völlig unbekannte Adresse. Nachdem ich unsere IT angeschrieben hatte, stellte sich heraus, dass dies eine sehr gut gemachte Phishing-Mail war. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Zunehmend werden Verhandlungen online geführt. Damit verändern sich Randbedingungen, die für Face-2-Face-Meetings gelten. Die Sinneswahrnehmung ist anders, wenn Sie Ihrer Verhand‐ lungspartnerin gegenübersitzen. Die Sinne können aber von Bedeutung 4.10 Unterschiede von Online- und Präsenzverhandlungen 173 <?page no="174"?> sein. Eine Entscheidungshilfe bietet Möglichkeiten, das richtige Setting auszuwählen. Die Künstliche Intelligenz schafft beispielsweise für On‐ line-Meetings neue Risiken über sogenannte Deepfakes. Wie wenden Sie das an? Ziehen Sie die Entscheidungshilfe zu Rate, wenn Sie ein Meeting planen. Haben Sie den Mut, wenn die Entschei‐ dung auf ein Online-Meeting fällt, dieses auch anzusetzen. Befreien Sie sich von alten Gewohnheiten und nutzen gewonnene Zeit. Achten Sie bei kritischen Verhandlungen unbedingt auf Deepfake-Signale. 174 4 Gehen Sie sicher in und durch Verhandlungen <?page no="175"?> 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements Wissenscheck | Zu diesem Kapitel werden Fragen online angeboten. Sie können diese über den folgenden Link aufrufen oder einfach den QR-Code mit Ihrem Smartphone scannen. 🔗 https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1260 Mit den im vorangegangenen Kapitel besprochenen und geübten Metho‐ den, haben Sie ausreichendes Trainingsmaterial und ein Verständnis für die Methoden an der Hand. Jetzt möchte ich Ihnen einige Checklisten für die langfristige und kurzfristige Vorbereitung vorstellen. Bei der Durchführung sind aber auch einige formale Punkte zu beachten. Wenn Sie diese Hinweise beherzigen, finden Sie schnell einen festen Platz in Ihrer Verhandlungsroutine und fördern so Ihre Professionalität im Verhandlungs‐ management. Auch wenn ich ein Freund offener, ehrlicher und kooperativer Verhand‐ lungen bin, so ist die Welt nicht immer fair. Sie finden einige Tricks, die nicht so ganz meinem Credo entsprechen. Aber meine zahlreichen Verhandlungs‐ partner verhielten sich nicht immer so wie ich es mir gewünscht hätte. Wenn es um die Konfliktlösung geht, so gibt es Wege, die Sie beschreiten werden. Teil davon ist auch die Konfliktvermeidung. Mit anderen Worten: Ausweichen, Verdrängen und so weiter. Auch das spreche ich an. Zu guter Letzt: Was wäre eine Verhandlung, wenn Sie nicht darauf zurückblicken würden. Aus Fehlern lernt man. Also ist die Nachbereitung genauso wichtig, sie wird leider allzu oft vergessen. Nehmen Sie sich bitte immer die Zeit dafür. 5.1 Ein bis zwei Wochen vor der Verhandlung: Basisvorbereitung „Denn das Morgen gehört den Menschen, die sich heute darauf vorbereiten.“ Afrikanisches Sprichwort <?page no="176"?> Überblick | In diesem Kapitel finden Sie … • Checklisten für eine langfristige Vorbereitung und erfahren, • dass ein Sparring Sie für Verhandlungen fit macht. Um in eine Verhandlung zu gehen, lohnt sich eine entsprechende Vorberei‐ tung: Die Vorbereitung eines Präsenz-Meetings unterscheidet sich von der eines virtuellen Meetings. Einige Aspekte sind beiden gemein, andere treffen nur für jeweils eine Variante zu. Den größten Aufwand haben hybride Veranstaltungen, bei denen ein Großteil der Verhandelnden sich in Präsenz treffen und weitere Mitglieder, die direkt mitverhandeln sollen, per Video zugeschaltet werden. Dies stellt eine große Herausforderung für diejenigen dar, die sich nicht in der größeren Gruppe befinden. Denn es kann nur allzu leicht passieren, dass deren virtuelle Präsenz vergessen wird. Diese Personen befinden sich also im Nachteil. Daher rate ich von hybriden Meetings ab. 5.1.1 Vorbereitung der Verhandlungssituation: Konfliktlandkarte und Lösungsansätze Dies ist der Teil der langfristigen Vorbereitung. Überwiegend gelten die Punkte für alle Varianten von Meetings. Für virtuelle (und hybride) Meetings finden Sie eine zweite Liste an vorbereitenden Maßnahmen hinter der allgemeinen Liste. Langfristige Vorbereitung für alle Varianten von Meetings Checkliste | Konfliktlandkarte erstellen (→-Abschnitt 4.3.2) 1. Zielkonflikte identifizieren (Anlass der kommenden Verhandlung) 2. beteiligte Personen, Gruppen, Organisationen erfassen - Namen, ggf. Herkunft wegen interkultureller Verhaltensmuster - Funktionen - Kompetenzen (ggf. am Anfang der Verhandlung abfragen) - Standorte 176 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="177"?> 3. Nehmen Dritte Einfluss auf die Verhandlung? - Wettbewerber - Legislative und Verbände durch Normen, Gesetzte, Stakeholder - Buying Center 4. Wie nehmen Dritte Einfluss? Welche Konflikte existieren hier? 5. Skizzieren der Konfliktlandkarte. 6. Einzeichnen der Konflikte und Wichten der Konflikte 7. Welche Konflikte sind einfach lösbar? 8. Was sind die Ursachen der schwer zu lösenden Konflikte - offensichtliche, direkte Ursachen - Wurzeln der Ursachen - Lösungsansätze überlegen 9. Machtverhältnisse (→-Abschnitt 4.4) - Wie viel Verhandlungsmacht erkennen Sie beim Gegenüber? - Wie ist Ihre Macht im Verhältnis dazu? - Was können Sie tun, um im Vorfeld Ihre Macht zu stärken? - Wie können Sie sich vor Machverlust schützen? Checkliste | BATNA, WATNA, ZOPA und Exit-Bedingung (→ Ab‐ schnitt 4.2) 1. Welches BATNA habe ich? 2. Wenn es kein BATNA gibt, was ist dann das WATNA? 3. Welche Exit-Bedingungen habe ich? 4. Welche Grenzen gelten für meinen Verhandlungsraum? - Habe ich Positionen (Exit-Bedingungen)? - Welche Claims stecke ich? 5. Sind mir schon Grenzen der Verhandlungspartner bekannt (ZOPA)? Checkliste | Fragen vor der Verhandlung an die Gesprächspartner 1. Wer kommt seitens der Gesprächspartner? 2. Wer wird erwartet/ kommt mit? 3. Welche Aspekte sollen auf die Agenda? 5.1 Ein bis zwei Wochen vor der Verhandlung: Basisvorbereitung 177 <?page no="178"?> Checkliste | Sitzungsvorbereitung: Agenda und Ablaufplanung für Face-2-Face-Meetings 1. Zeitplan erstellen 2. Ort festlegen 3. Personen (verfügbar? ) 4. Raum (frei? ) buchen 5. Sitzordnung festlegen 6. Versorgung bestellen (Snacks, ggf. Mittagessen oder Abendessen, Getränke, Vorlieben und Allergien berücksichtigen) Checkliste | Sitzungsvorbereitung: Agenda und Ablaufplanung für virtuelle Meetings 1. Zeitplan erstellen 2. Software bzw. App für virtuelles Meeting festlegen 3. Personen (verfügbar und geübt im Umgang mit der App? ) 4. visuelle Hilfsmittel testen (Präsentation oder Bildschirmfenster tei‐ len (Vorsicht beim Teilen des gesamten Desktops), Whiteboard, externe Tools vorbereiten und auf Kompatibilität prüfen) 5. Equipment (externes Mikrophon, Kamera) auf Funktionalität prüfen 6. Testlauf durchführen (Start, Kanäle öffnen und kurze Übung mit Hilfs‐ mitteln, Pausen), dabei Zeit zum Starten des Meetings erfassen (lohnt sich immer) Checkliste | Geplanten Ablauf entwerfen (für alle Meeting-Typen) Phase 0: Smalltalk • kulturellen Hintergrund beachten • Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsprofile falls bekannt beachten (DISG oder MBTI usw.) • Dauer des Meetings anpassen, je nach Konfliktlösungskultur Phase 1: Claims nennen und identifizieren eigene Claims: 178 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="179"?> • hart aber fair verteidigen (No Giving Without Taking) Gegenclaims: • Differenzen quantitative und relativ erfassen • bei unfairer Rhetorik: zurück zu Fakten (Harvard-Prinzip 4) • bei Angriffen: Tit-For-Tat - forgive - be kind • falls Konflikt unlösbar erscheint: Weg des Methodenkonflikts gehen Phase 2: ZOPA identifizieren Phase 3: Konfliktlösung anstreben bei mehreren Startkonflikten: Phasen 1-3 erneut durchlaufen Checkliste | Fragen für die Verhandlung vorbereiten (Spickzettel) 1. Wer nimmt tatsächlich am Meeting teil? 2. Welche Kompetenzen/ Berechtigungen haben die Akteure? 3. Was ist der bekannte aktuelle Stand des Konflikts bzw. der voran‐ gegangenen Treffen? 4. Sind alle Aktionspunkte und Vereinbarungen des letzten Meetings abgeschlossen? 5. Was sind meine Ziele für dieses Meeting? (möglichst konkret wer‐ den) 6. Konfliktbezogene Fragen aufschreiben! (Auswahl) - SPIN-Fragen zum Kundennutzen - KANO-Fragen zu (Konsumenten) Wünschen und Erwartungen Checkliste | Dashboard der Verhandlungspartnerin, des Kunden usw. 1. Kennzahlen aufstellen - Umsatz aktualisieren - Auftragsbestand auflisten - Lieferperformance prüfen - aktuelle Lieferprobleme klären - weitere kundenspezifische Kennzahlen ermitteln 5.1 Ein bis zwei Wochen vor der Verhandlung: Basisvorbereitung 179 <?page no="180"?> 2. Aktuelle Ereignisse bei der Verhandlungspartnerin - News auf der Website prüfen inkl. neuer Personen, Produkte, Standorte etc. - relevante aktuelle Informationen aus der Fachpresse mit ein‐ beziehen. - vergangene und geplante Messeauftritte (virtuelle, real). Mit diesen Checklisten sollten Sie für die nächste Verhandlung gut gerüstet sein. Sie haben den Überblick und es sollten keine bösen Überraschungen mehr auf Sie warten. 5.1.2 Sparring - Training ist das halbe Leben Bei aufwändigen Verhandlungen oder solchen, bei denen Sie größere Schwierigkeiten und ein hohes Stresslevel erwarten, lohnt ein Sparring in der eigenen Firma. Auch sollten dann Rollen vorher klar werden (Good-Girl, Bad-Guy, Moderator). Ich erinnere mich gerne an eine konfliktbeladene Verhandlung mit einem sehr wichtigen Kunden. Mein Vorgänger hatte dort eine E-Mail hingesendet, die mir immer wieder vorgelegt wurde. Darin stellte er eine signifikante Preisreduktion in Aussicht. Da mein Vorgänger aber nicht mehr im Unternehmen war, ergab sich für mich das Problem, dass ich nicht wusste, was die Basis dafür gewesen war. Gab es Zusagen vom Kunden? Welche Produkte waren gemeint? Welcher Zeitraum war avisiert? So war es ein Leichtes für meinen Kunden, mich bei jedem Besuch mit Behauptungen zu konfrontieren, die ich nicht überprüfen konnte. Ich erinnerte mich aber auch damals an mein Motto: No Giving Without Taking. Ich bat um Verständnis, dass ich erst die möglichen Spielräume kennen lernen musste. So zögerte ich eine Preisanpassung zunächst erfolg‐ reich hinaus - bis zum Tag X. Der Kunde setzte mich unter Druck (er hatte ein BATNA und ich nicht). In den anstehenden Verhandlungen setzte ich aber einige zusätzliche Forderungen mit auf die Tagesordnung: Würde der Kunde zustimmen, könnte ich ohne Sorge den Preis reduzieren, da dadurch die Prozesse bei uns im Haus so viel einfacher und kostengünstiger werden würden, sodass ich trotz Preisreduktion einen größeren Gewinn je verkauftem Produkt machen könnte. Das entspannte mich. Aber ich musste den Kunden zunächst überzeugen, den Forderungen zuzustimmen. 180 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="181"?> Auf der Konfliktlandkarte waren neben dem Einkäufer auch der Werksleiter, der Chef der Produktion und die Qualitätsingenieurin meines Kunden aufgeführt. Alle hatten ihr Persönlichkeitsprofil, alle ihre Stan‐ dardfragen und bemängelten oft ähnliche Punkte bei uns. Davon machte ich eine Liste. Mit dieser Liste ging ich zu unseren Einkäufern und erläuterte die Situation. Dann führten wir die Verhandlung durch: Ich war im Sparring mit zwei erfahrenen Einkäufern, die alles gaben, meine Forderungen abzuwehren. Das Ganze dauerte etwa eine halbe Stunde. Das Meeting beim Kunden war einige Tage später. Und ich eröffnete mit einer offensiven Taktik, die auf die Vernichtung der E-Mail zielte, sollten alle meine Forderungen und im Nachgang auch die Preisreduktion für unsere Produkte akzeptiert werden. Durch die Offensive gerieten meine Verhandlungspartner in die Defensive, aus der ich sie nicht mehr lies. Das lag auch am Sparring. Denn ich konnte erahnen, welche Argumente kommen würden. Da ich bereits durchdachte Antworten parat hatte, verlief die Verhandlung sehr in meinem Sinne. Und da am Ende auch die Kunden endlich ihre Preisreduktion bekamen, verbunden für uns mit Umsatz- und Gewinnsteigerung, waren auch meine Kunden zufrieden. Ich bin der Überzeugung, dass Trainings viel wert sind. Aber ein Spar‐ ring mit Bezug auf einen konkreten Konflikt ist das beste Training für eine kommende Verhandlung. Wenn Sie noch mehr aus dem Sparring lernen möchten, dann lassen Sie sich doch einmal dabei filmen und sehen Sie sich im Nachgang die Aufzeichnung an. Wenn Sie sich nicht verstellt haben, werden Sie einiges über sich selbst lernen: Wie war Ihre Körpersprache? Wie war Ihre Aussprache? Welche Signale haben Sie gesendet? Viel Freude daran. Wichtige „Auftritte“ habe ich selbst stets vor laufender Kamera geprobt. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Die langfristigen Vorbereitungen sind Teil des Trai‐ nings vor der Verhandlung. Sie beinhalten formale Aspekte, die man gut kennen sollte. Sie geben auch Sicherheit und verleihen damit auch Macht. Die Übungen im Sparring sind praktisches Training, die mentale Vorbereitung auf das, was kommt. Wie wenden Sie das an? Fangen Sie frühzeitig an, eine Konfliktland‐ karte zu skizzieren, gerade dann, wenn es noch nicht so kompliziert 5.1 Ein bis zwei Wochen vor der Verhandlung: Basisvorbereitung 181 <?page no="182"?> erscheint. In langfristigen Beziehungen zahlt sich das aus. Gehen Sie die Listen durch und nehmen Sie Kontakt auf, wenn Ihnen bestimmte Informationen fehlen. Kennen Sie einmal das Umfeld, können Sie im Sparring Szenarien durchspielen. 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung „Beginne dort, wo du bist. Nutze, was du hast. Tu, was du kannst.“ Arthur Robert Ashe Jr. (*1943 †1993) Überblick | In diesem Abschnitt lernen Sie für Präsenz- und Online-Ver‐ handlungen, … • wie Sie mit Kleidung Verhandlungen beeinflussen können, • dass eine leichte Kost besser ist als eine umfassende Mahlzeit, • wie Sie körpereigenes Doping nutzen können. • Und: Sie bekommen eine ausführliche Anleitung für die kurzfristige Vorbereitung. Vorbereitung ist nicht gleich Vorbereitung. Die erste Vorbereitung für eine Verhandlung umfasst das Kennenlernen dessen, was in den vorangegange‐ nen Kapiteln vorgestellt wurde. Es sind die Methoden und das Basiswissen, um diese Methoden umzusetzen. Sie haben dazu die passenden Übungen bereits gemacht und sind trainiert. Es ist die langfristige Vorbereitung, deren Methoden Sie für jede neue Verhandlung weiterbringen werden. Nun kommt die zweite, die kurzfristige Vorbereitung hinzu. Jetzt wird es für Sie ernst. Es sind die letzten Übungen unmittelbar vor der anstehenden Verhandlung. Spieler vor einem Wettkampf und Künstler vor dem Auftritt machen es: Sie wählen das richtige Outfit, sie fokussieren sich und gehen ihren Plan und ihre Ziele noch einmal gedanklich durch. Von Peter Gabriel, einem der Top-Musiker der letzten vier Jahrzehnte weiß ich, dass er und seine Musiker vor dem Auftritt meditieren. Sportlerinnen atmen tief durch, lassen die ersten Momente des Wettkampfs in Gedanken passieren. 182 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="183"?> Wenn es für mich ernst wurde, weil eine schwere Verhandlung anstand, habe ich mich mental und physisch vorbereitet. Ich habe meine Kleidung ausgewählt, eine leichte Mahlzeit eingenommen, gerade so viel Kaffee getrunken, dass ich mich wach und wohl fühlte, saß oft im Wagen vor dem Gebäude der Kunden und entschied mich entweder für Heavy-Metall bzw. Hard-Rock oder für absolute Stille, je nach erwarteter Situation. Wenn ich nicht alleine war, habe ich meine Mitstreiterinnen gefragt, ob sie bereit sind und unser gemeinsames Ziel nochmal ausgesprochen: eine Art Last-Minute-Teambuilding-Maßnahme. Ein letztes Durchatmen, dann raus, ab in die Verhandlung. Erwarten Sie von der nächsten Verhandlung, dass sie hart wird? Dann machen Sie es wie die Profis. Beginnen Sie Ihren Tag schon mit dem Blick auf das Verhandlungsziel, wählen Sie Ihre Kleidung geschickt aus und nutzen Sie auch die letzten fünf oder zehn Minuten für ihre psychische Vorbereitung. 5.2.1 Kleider machen Leute. Und Stimmung! Bekleidung sendet Signale und diese folgen in der Regel bestimmten Ab‐ sichten ( Justo 2015). Beispiele: • Gruppenzugehörigkeit (Altersgruppe, Anhänger von Vereinen, Musik‐ richtungen, Religionszugehörigkeit etc.) • Status (Bildungsstatus, Gesellschaftsschicht, Berufsgruppe) • Persönlichkeit (extravertierte mit extravaganter Bekleidung usw.) • Gefühlslage (Trauer - schwarze Kleidung, aggressiv - rote Kleidung usw.) Insbesondere die Gefühlslage kann hier ausgenutzt werden, um Signale zu senden, die die Verhandlung mitbeeinflussen können. Darauf gehe ich nun etwas detaillierter ein. Grundregeln | Richtige Kleidung Kleiden Sie sich immer professionell. Wählen Sie die Kleidung dem Kulturkreis angemessen aus. Und: Haben Sie im Büro immer ein Re‐ serve-Outfit. High-Heels und Lacklederschuhe gehören übrigens der Vergangenheit an. 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung 183 <?page no="184"?> Tragen Sie professionelle Kleidung oft, sodass Sie sich darin wohl und vor allem sicher fühlen. Schauen Sie vor der Zusammenkunft nochmal in den Spiegel. Nonverbale Kommunikation durch Kleidung in Face-2-Face-Meetings Der Dresscode sollte immer gewahrt sein. In Japan tragen Männer einen dunklen Anzug, ein helles bzw. weißes Hemd mit einer dunklen Krawatte. Frauen tragen ebenfalls dunkle Röcke oder Hosenanzüge, eine helle, idea‐ lerweise weiße Bluse und eine passsende Jacke. Dabei ist es völlig egal, ob Winter ist oder Sie in Tokio bei 35°C und 90 % Luftfeuchtigkeit versuchen ohne Schweißausbrüche vom Hotel in die U-Bahn zu kommen. In den USA geht es schon viel legerer zu. Ordentliche Kleidung ist okay. Wenn ich Hemden mit Firmenlogo trug, war die Akzeptanz durch meine Partner immer größer. In Israel wurde ich beispielsweise einmal gefragt, warum mein Geschäftsführer immer im Maßanzug erscheinen würde, wo doch eine gepflegte Hose mit einem Polo-Shirt angemessen wären. Nun ist der Spielraum groß, was man trägt und vor allem, welche Farbnuancen man wählt. Sie erwarten ein gutes Meeting und sind sich der Kooperationsbe‐ reitschaft Ihrer Verhandlungspartner sicher? Dann sollte Ihre Kleidung harmonisch aufeinander abgestimmt sein. Wenn Sie aber eine harte, vielleicht auch unfaire Verhandlung erwar‐ ten, dürfen Sie auch andere, aggressive Farben wählen. Ich trug z. B. einen dunklen Anzug mit weißem Hemd. Das ist bis hierhin neutral. Durch die Krawatte habe ich dann meiner Stimmung Ausdruck verliehen. Eine meiner Krawatten hatte silberfarbene und leuchtend-lachsfarbenen Streifen. Das alleine war schon ein starker Kontrast, der unruhig wirkte. Im Zusammenspiel mit dem weißen Hemd und dem dunkelgrauen Sakko war der Anblick für meine Gegenüber anstrengend. Wichtig ist, dass Sie beim Tragen solcher Kleidung weiterhin seriös aussehen. So war die besagte Krawatte aus Seide und sichtbar hochwertig verarbeitet. Rote Krawatten oder andere mit Mustern, kleinen Punkten oder Quadraten wirken ähnlich. Meine Frau wusste beim Anblick meiner Krawatte übrigens immer, ob eine harte oder eine faire Verhandlung anstand. Und glauben Sie mir, es wirkt. 184 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="185"?> Nonverbale Kommunikation durch Kleidung in Online-Meetings Wenn Sie sich ein Kleid oder einen Anzug anziehen, dann verändert sich Ihre Körpersprache, ob Sie das wollen oder nicht, spielt in der Regel keine Rolle. Also ist es selbstverständlich, dass die Regeln für die Kleidung auch bei Online-Meetings gelten. Probieren Sie das doch mal im privaten Umfeld aus. Machen Sie einen Facetime-Call mit einer Freundin und ziehen Sie sich bewusst andere, formalere Kleidung an, als Sie sie sonst tragen, wenn Sie sich mit Ihren Freunden virtuell verabredet haben. Sie werden sicherlich in ein überraschtes Gesicht schauen und gefragt werden, was Sie vorhaben. Auch virtuell heißt: Bleiben Sie professionell! Erinnern Sie sich an die vielen Besprechungen während der Corona-Pandemie? Ich hatte manchmal den Eindruck, dass die Teilnehmenden mehr und mehr sich äußerlich gehen ließen. Das empfand ich als unangemessen. 5.2.2 Stunden davor: Essen hält Leib und Seele zusammen Eine Grundregel für mich ist, vor und während Verhandlungen keine schwere Kost. Denn essen Sie vor der Verhandlung etwas Schweres, sendet Ihr Körper alle Energie in den Magen und Sie werden müde. Dagegen hilft dann auch kein Koffein mehr. Ein Menü zum Genießen Nudeln mit Tomatensauce! Wenn die Sauce mit in Olivenöl angebratenen Zwiebeln, gewürzt mit Majoran, Estragon, Knoblauch, Salz und Pfeffer serviert wird, ist das für die meisten Menschen ein feines Gericht. Dazu ein Bier oder einen Rotwein? Oder vielleicht doch eine Pizza Melanzane oder eine Pizza Funghi? Danach noch ein Zitronensorbet oder den klassischen Nussbecher mit Schokoladen- und Nusseis, dekoriert mit Nüssen, Krokant und Sahne. Dazu noch einen Espresso. All das klingt sehr lecker und all das ist übrigens vegetarisch, manches davon sogar vegan. Für viele Menschen ist eine Mahlzeit nicht vollwertig, wenn sie kein Fleisch enthält. Das kann man sehen, wie man will. Wenn ich gleich über gute und schlechte Ernährung vor und während Verhandlungen spreche, dann bitte ich daran zu denken: Nicht alles, was Fleisch enthält, ist als Essen vor und in Verhandlungen ungeeignet. Aller‐ dings ermüden uns Mahlzeiten mit Fleisch schneller. Das letzte, was Sie 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung 185 <?page no="186"?> in einer Verhandlung benötigen, ist das berüchtigte Schnitzelkoma. Es gibt aber auch kleine Fallen bei vegetarische Kost. Die Liste ungeeigneter Ernährung ist episch lang. Daher liste ich hier nur einige auf: • Meiden Sie vor und während Verhandlungen wegen der Ermüdung: Fleisch, insbesondere rohes Fleisch, Fette wie bei Pommes und anderen frittierten Lebensmitteln, schwere Saucen, Mayonnaise, Bratensauce, Sauce Hollandaise. Finger weg von Kohl- und Lauchgerichten, Zwie‐ beln, Pilzen, Paprika, Oliven sowie sehr süßen Speisen und dergleichen. • Vermeiden Sie komplizierte Nahrung, insbesondere während der Verhandlung, die Ihnen andere Probleme bereiten: z. B. Rucolasalat (Gefahr, dass Essig und Öl auf die Kleidung kommt), Nüsse und Kekse (können Husten auslösen), unverpacktes Essen wie Kekse, Gummibären oder Trauben (Risiko der Kontaminierung mit Keimen anderer Esser, da alles mit den Händen angefasst wird). Was bleibt denn dann für eine Stärkung? Viel! Grundregeln | Nahrungsaufnahme Essen Sie vor den Meetings nicht in der Kleidung, die sie im Meeting anhaben werden (keine Essenreste auf der Kleidung). Trinken Sie ausreichend Wasser (ich trinke zwischen 3 und 4 Liter Wasser am Tag). Wenn Sie zu 80 % satt sind, hören Sie auf zu essen. Nehmen Sie eine Stunde vor dem Meeting nichts mehr zu sich. Machen Sie Mund- und Zahnhygiene nach dem Essen (keine Essenreste zwischen den Zähnen, keinen Mundgeruch. Eine Zahnbürste im Büro schadet nicht). Essen vor und während Face-2-Face-Meetings Morgens: Starten Sie den Tag mit einem Müsli oder einem Porridge. Achten Sie auf die Menge: Mehr als 50-60g Müsli sollte es nicht sein. Gerne mit etwas Obst wie roten Beeren oder einer Banane. Alternativ gönnen Sie sich ein helles Brötchen mit Honig oder Marmelade. Besonders Bananen geben Energie für den Tag (fragen Sie mal eine Marathonläuferin). Mittags: Mittags eignet sich ein Joghurt, ein Salat mit Tomate und Gurke, eine leichte Suppe (Tomatensuppe oder die von mir favorisierte japanische Miso-Suppe). 186 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="187"?> Während des Meetings vermeiden Sie die klassischen weichen weißen Brötchen mit Schinken, Käse, Ei und Gürkchen. Greifen Sie zum Obstkorb. Essen Sie in der Kantine besonders wenig, eine halbe Portion reicht. Lassen Sie ausnahmsweise die Currywurst, das Schnitzel oder die Pommes weg. Essen Sie lieber eine Gemüsesuppe, jedenfalls etwas Leichtes. Abends: Abends, wenn Sie z. B. mit den Verhandlungspartnern zum Essen gehen: wenig, besser keinen Alkohol (in Kulturkreisen mit großem Alkoholkonsum schieben Sie eine ärztliche Anweisung vor: Behalten Sie die Kontrolle über sich). Auch hier gilt die 80-Prozent-Regel. Ansonsten, wenn die Verhandlung für den Tag beendet ist, gönnen Sie sich, was Ihr Herz begehrt. Essen vor und während Online-Meetings Morgens: Starten Sie den Tag wie bei Face-2-Face-Meetings mit einer leichten Kost. Ein Proteinriegel tut es übrigens auch. Stellen Sie Wasser bereit, gerne auch einen Tee (z. B. Kräuter oder Früchte) Mittags: Mittags sind wieder keine oder leichte Speisen wie oben genannt sinnvoll. Wenn Sie eine längere Pause haben (40 Minuten oder eine Stunde) machen Sie ein Power-Nap. Das hilft, wieder frisch zu sein. Achtung: Nicht länger als 20-25 Minuten! Abends: Während des Meetings sollten Sie nur in einer Pause essen. Machen Sie dafür das Video aus und stellen Sie das Mikrophon auf stumm. Kontrollieren sie sich noch einmal, ob keine Essensreste zu sehen sind (Krümel etc.). Erst dann gehen Sie wieder ins Meeting. Essen Sie wenig oder nur leicht zu essende Kost. Müsliriegel, Bananen oder anderes, nicht zu saftiges Obst, ein Brötchen mit etwas geräucherter Forelle ist auch sehr gut geeignet. 5.2.3 Die Minuten davor: Doping für die Seele Sie sind nun gut vorbereitet. Sie sind dem Anlass angemessen gekleidet. Und Sie haben sich gut ernährt, sind wach und bereit. Nun kommt Ihr großer Auftritt. Aber stolpern Sie nicht in die Verhandlung. In der Ruhe liegt die Kraft. Machen Sie sich locker. Denn da sie sich gut vorbereitet haben, können Sie sicher auftreten. Doch die Nervosität steigt mit dem Herannahen der Verhandlung. Je mehr Sie Erfahrung darin haben, umso mehr werden Sie schnell die Ruhe bewahren. Aber gerade bei diffizilen 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung 187 <?page no="188"?> 46 Wenn ich mit dem Auto zu Verhandlungen fuhr, kam es vor, dass der Verkehr Stress bei mir auslöste, weil Raser und Drängler, Staus oder Witterungsverhältnisse das Fahren erschwerten. Oft habe ich dann schon im Auto geschwitzt. Um das zu vermeiden bin ich immer etwas früher losgefahren. Dann trug ich ein bequemes T-Shirt. Am Ankunftsort suchte ich mir einen Parkplatz, in dem ich in Ruhe mit einem feuchten Tuch den Schweiß unter den Achseln entfernen konnte, nahm frisches Deo, ggf. etwas Parfum, zog ein frisches Unterhemd und meinen Dress für den Tag an. Ich fühlte mich immer wie neu geboren und stark. Themen und schwierigen Verhandlungspartnern kommen auch Profis gerne ins Schwitzen. 46 Das muss nicht sein. Grundregeln | Die letzten Minuten vor der Verhandlung Gehen Sie nochmal Ihre Ziele und Strategien durch. Werfen Sie einen Blick auf die Agenda. Prüfen Sie, ob Sie alle Dinge parat haben (Unter‐ lagen, Frageliste etc.). Prüfen Sie Ihre äußere Erscheinung (Selfie-Modus, Spiegel). Räuspern Sie sich. Sprechen Sie laut und deutlich einige Worte aus. Kommen Sie zur Ruhe. Meditieren Sie oder machen Sie Power-Posen. Wenn Sie die Grundregeln beachten, dann sind Sie für die Verhandlung bereit. Musik beeinflusst - hart oder soft? Wie schon eingangs erwähnt, habe ich sehr gerne vor den Meetings Musik gehört. Das galt übrigens auch vor meinen Prüfungen an der Universität. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, die untersucht haben, wie Musik Emotionen reguliert, siehe u. a. Cook, Roy und Welker 2019; Moore 2013. Die Auswirkungen sind nicht nur von der Musikrichtung, sondern auch von der Variationsbreite des Tempos und des Notenspektrums abhängig (Fernández-Sotos, Fernández-Caballero und Latorre 2016). Zusam‐ menfassend lässt sich sagen, dass man seine Emotionen am besten steuern kann, wenn es bekannte Lieder sind, deren Tempo abwechslungsreich ist und die ein breites Spektrum an Noten aufweist. Besonders positive Emotionen werden bei Rap/ Hiphop, Soul/ Funk und Popmusik hervor‐ gerufen. Das deckt sich nur begrenzt mit meinen Erfahrungen, was daran liegen mag, dass ich selbst mehr Rockmusik höre. Getragene, langsame Musik sollte vermieden werden, da diese u. a. Traurigkeit hervorrufen kann. 188 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="189"?> 47 Nehmen Sie sich Zeit, ein Sprechtraining durchzuführen. Idealerweise sollte dies bei Sängern oder Gesangslehrerinnen durchgeführt werden. Prüfen Sie, welches Musikstück Ihnen positive Energie gibt. Wenn Sie mitsingen können, hilft das zusätzlich dabei, dass Sie in Ihrer Aussprache in Verhandlungen sicherer werden. Aber Achtung: Bitte nicht heiser werden. 47 Ruhe oder Meditation Nachdem Sie sich in Stimmung gebracht haben, sollten Sie dennoch Ruhe bewahren und fokussiert in die Verhandlung gehen. Hier helfen Ihnen Atemübungen, Meditation oder einfach nur eine ruhige Minute mit sich. Auf keinen Fall sollten Sie Ihre Social-Media-Kanäle durchgehen. Lassen Sie diese einfach mal weg. Nichts ist so wichtig, dass es nicht einige Stunden warten kann. Es gilt: Smartphone auf Flugmodus stellen, zumindest Ton und Vibration aus. Keine Nachrichten mehr. Auch die Smartwatch auf Do-Not-Disturb-Modus stellen. Wenn Sie eine Smartwatch haben, die Atemübungen unterstützt, ma‐ chen Sie diese ein- oder zweimal. Oder wenn Sie Meditieren können, tun Sie dies für zwei bis drei Minuten. Sie senken durch beides Ihr Stresslevel. Es ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt, dass eine zehnminütige Meditation am Morgen dabei hilft, den Tag in einem psychisch besseren Zustand zu beenden. Sie gibt einen positiven indirekten Effekt auf die subjektive Vitalität am Abend (Hohnemann, Rivkin und Diestel 2024). Power-Posen Sie haben eine Verhandlung vor sich, in der Alpha-Menschen Ihnen gegen‐ über sein werden. Im → Abschnitt 4.4 über Macht finden Sie verschiedene Machtinstrumente, die diese anwenden werden. Sie können sich auch darauf vorbereiten. In verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass Power-Posen einen Einfluss auf das Hormonlevel haben. In Studien reichten einfache zweiminütige Power-Posen aus, um den physiologischen, mentalen und gefühlsmäßigen Zustand der an den Studien teilnehmenden Menschen deutlich zu verändern. Die Implikationen dieses Ergebnisses für den Alltag sind erheblich (Carney, Cuddy und Yap 2010; Körner, Petersen und Schütz 2021; Körner und Schütz 2020; Metzler und Grèzes 2019). Zwar gibt es auch Stimmen, die gegen eine Wirkung 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung 189 <?page no="190"?> 48 Mit Fertigstellung des Buchs wurde eine weitere Veröffentlichung bekannt, die die Wirkung von Power-Poses auf die Anhebung des Machtgefühls begrenzen. Sicherlich müssen weitere Studien folgen. von Power-Posen sprechen (Ranehill u. a. 2015), andere Literatur-Reviews wiederum belegen deren Wirksamkeit (Carney, Cuddy und Yap 2015). Andere Autorinnen haben herausgefunden, dass es ausreicht, zwei Minuten eine expansive Yoga-Stellung zu machen, um den Testosteron-Spiegel signifikant ansteigen zu lassen und zugleich den Cortisol-Spiegel zu senken (Minvaleev u. a. 2004). 48 Solche Power-Posen sind z.B.: • Im Sitzen die Beine nach vorne stecken, mit dem Rücken nach hinten lehnen, die Hände hinter den Kopf verschränken und die abgewinkelten Arme wie Flügel öffnen. • Ähnlich wie oben, die Arme und Hände positionieren, aber aufrecht sitzen und ein Bein abgewinkelt mit der Fußfessel auf dem anderen in der Nähe des Knies ablegen. Oder stehend: • Die Beine etwas weiter auseinander, mit den Händen an den Seiten die Arme abgewinkelt vom Köper öffnen. • Expansive Yoga-Stellung: Anjaneyasana - Halbmond Eine Anleitung finden Sie im Yogawiki: 🔗 https: / / wiki.yoga-vidya.de/ Anjaneyasana • Expansive Yoga-Stellung: Utthita Tadasana - Stern Die Beine weit spreizen, die Arme gestreckt parallel zum Boden ausrich‐ ten. Oder liegend: • Expansive Yoga-Stellung: Bhujangasana - Kobra Eine Anleitung finden Sie im Yogawiki: 🔗 https: / / wiki.yoga-vidya.de/ Bhujangasana Letzte Vorbereitungen vor dem Face-2-Face-Meeting Wenn Sie in Ihrer Umgebung sind und einen Rückzugsort haben, sorgen Sie dafür, dass Sie zehn Minuten nicht gestört werden. Hören Sie ein Musikstück, das Sie motoviert, summen oder singen Sie mit. Das sollte maximal fünf Minuten dauern. Atmen Sie tief durch, wenn möglich an der 190 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="191"?> 49 Ich habe einen CO 2 -Sensor. Wenn der Pegel 1.000 ppm überschreitet, lüfte ich bis der Pegel wieder einen Wert unter 550 ppm anzeigt. Ab einem Pegel von 1.000 ppm sind die kognitiven Fähigkeiten bereits eingeschränkt. Entscheidungsfindung, Problemlösung, Geschwindigkeit beim Addieren von Zahlen ist bereits verringert (Azuma u. a. 2018). frischen Luft, damit der CO 2 -Pegel nicht zu hoch ist. 49 Machen Sie dabei eine Power-Pose für zwei Minuten. Sind Sie zu Gast beim Verhandlungspartner, können Sie auf dem Weg über Kopfhörer ihre Power-Musik hören. Gehen Sie an die frische Luft und atmen Sie tief durch. Die Power-Posen können Sie entweder in einer versteckten Ecke machen oder, sofern dies olfaktorisch für Sie zumutbar ist, im Waschraum. Letzte Vorbereitungen vor dem Online-Meeting Wenn Sie ein Online-Meeting haben, bedeutet das, dass Sie aller Wahr‐ scheinlichkeit nach ein „Heimspiel“ haben. Circa 15 Minuten vor dem Meeting, richten Sie Ihre Online-Session am PC zu Ende ein, aber lassen Sie Video und Mikrophon ausgeschaltet. Versuchen Sie den Bildschirm so hochzustellen, dass Sie auf den Monitor geradeaus blicken, ohne den Kopf nach unten zu neigen. Achten Sie darauf, dass Sie nicht nach oben in die Kamera sehen, sondern eher leicht von oben nach unten. Dies ist eine Ausübung von Macht (Macht der Distanz). Stehen Sie auf. Nun können Sie Ihr Lied hören und sogar mitsingen. Bleiben Sie stehen, öffnen Sie das Fenster. Atmen Sie tief durch und machen Sie eine Power-Pose im Stehen - nicht im Sitzen, denn Sie sitzen vermutlich noch lange genug. Nun können Sie sich vor den Monitor setzen, schließen Sie für eine Minute nochmal die Augen. 5.2.4 Wenn das Treffen nicht bei Ihnen stattfindet: Kurzfristige Vorbereitungen Wenn Sie in Ihrer vertrauten Umgebung verhandeln, kennen Sie die Orte, an denen Sie sich kurz davor vorbereiten können. Aber in fremder Umgebung ist das anders. Diese Liste soll Ihnen Denkanstöße geben, wie eine physische und psychische Vorbereitung machbar ist und worauf Sie sonst noch achten können. 1. Reflexion auf das Ziel direkt nach Ankunft vor dem Betreten des Gebäudes 5.2 Stunden vorher: Physische und psychische Vorbereitung für die Verhandlung 191 <?page no="192"?> (danach startet quasi die Verhandlung) 2. mentaler Focus durch Yoga-Atemtechniken ebenfalls bevor Sie das Gebäude betreten (kommen Sie runter, vielleicht war die Anreise ja stressig) 3. Power-Posen im Sitzen (Zug, Bus, Auto) immer möglich (alleine, unmittelbar vor dem Zusammentreffen) 4. Ankunftszeit dem kulturellen Raum angemessen anpassen (pünktlich, zu früh oder zu spät). 5. vor dem Betreten des Gebäudes mobile Endgeräte aus- oder stummschalten, auch keine Vibration (aktivieren Sie ggf. auch den DND-Modus Ihrer Smartwatch) 6. nach dem Betreten des fremden Gebäudes - Wo befinden sich die WCs? - Wie ist der Weg hinein und hinaus? - Was sieht man auf dem Weg zum Sitzungsraum? - Sehen Sie Wettbewerbsprodukte, Auszeichnungen (Top Supplier etc.)? - Wie viel Aktivität (Personal, Produktion) ist erkennbar? 7. im Sitzungsraum - Wie ist die Sitzordnung? Können Sie Einfluss nehmen? - Wie sind die Möglichkeiten für Projektionen und Skizzen (Beamer, Whiteboard mit oder ohne Speicheroption) - Wie sind die Lichtverhältnisse (Vermeiden Sie, geblendet zu werden) - Gibt es Getränke? - Platzieren Sie sich und gehen Sie noch einmal zum WC, auch wenn Sie nicht müssen. (Nehmen Sie sich einfach eine Minute zum Sammeln.) Ich wünsche Ihnen ein gutes Meeting. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Wenn die langfristigen Vorbereitungen abgeschlossen sind, folgen die Vorbereitungen kurz vor dem Meeting. Das Auftreten wird durch das Äußere mitbestimmt. Die persönliche Einstellung und die innere Ruhe vor der Verhandlung erfordern eine besondere Aufmerksamkeit. 192 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="193"?> Wie wenden Sie das an? Erst kommt das physische Setting, danach das psychische. Wählen Sie je nach Stimmung und Erwartung die passende Kleidung. Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht zu satt sind aber auch nicht hungrig. Wenn Sie so Ihr Äußeres angepasst haben, fokussieren Sie sich auf Ihr Meeting. Planen Sie dafür entsprechend Zeit ein, damit Sie nicht aus Zeitdruck heraus hektisch starten. 5.3 In der Verhandlung: Meine Verhandlung, meine Regeln „Konflikte können und sollten konstruktiv gehandhabt werden; wenn dies der Fall ist, profitieren Beziehungen davon. Konfliktvermeidung ist nicht das Markenzeichen einer guten Beziehung. Im Gegenteil, sie ist ein Symptom für ernsthafte Probleme und für schlechte Kommunikation.“ Harriet B. Braiker (*1948 †2004) Überblick | In diesem Kapitel finden Sie … • einen Ablaufplan für Routinepunkte einer Verhandlung und • eine Checkliste der Punkte, die Sie berücksichtigen sollten. Einen Ablaufplan für die Verhandlung mitzubringen, ermöglicht es Ihnen, lange Kontrolle über den Ablauf der Verhandlung zu behalten. Diese Check‐ listen können Sie auch als Abschrift in eine Verhandlung mitnehmen, bis Sie diese sicher beherrschen. 5.3 In der Verhandlung: Meine Verhandlung, meine Regeln 193 <?page no="194"?> Checkliste | In der Verhandlung Start der Verhandlung (auf Reihenfolge achten) Begrüßung 1. Sitzordnung (Kulturkreise beachten! ) 2. Zeitplan nennen und vereinbaren 3. Vorstellung: - Begrüßung der Individuen - Vorstellung der Individuen Routinefragen 4. Hat sich etwas seit dem letzten Kontakt an Personen oder Funktio‐ nen/ Kompetenzen geändert? 5. Sind alle Ergebnisse vorheriger Verhandlungen allen bekannt? - falls angebracht, listen Sie diese Ergebnisse noch einmal auf - sind die Ergebnisse bereits Teil einer bestehenden Vereinba‐ rung, nicht erneut diskutieren 6. Ziele des aktuellen Meetings nennen und vereinbaren. 7. Agenda bestätigen bzw. Änderungen und Ergänzungen besprechen. Priorisieren, falls die Agenda zu lang erscheint. 8. Protokollant definieren, übernehmen und wenn möglich offen sicht‐ bar schreiben. Start der Verhandlung 9. Je nach Agenda und Ziel des Zusammentreffens. - Nutzenidentifikation und Verkauf: SPIN-Fragen und / oder - Konfliktlösung durch Verhandlung: Verhandlungsphasen 1-3 durchlaufen. Zu gegebener Zeit während der Verhandlung (beliebige Reihenfolge) • Zusammenfassung dessen, was man bereits erreich hat • Formulierungen und Vereinbarungen projizieren und durch alle Beteiligten dasselbe Verständnis dieser bestätigen lassen • Abprüfen, wie viel Zeit noch bleibt • bei stark offensiven Gegenübern: Biopause oder Kaffeepause vor‐ schlagen 194 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="195"?> Am Ende der Verhandlung (Zeitmanagement wichtig! Reihenfolge sollte beachtet werden) 1. Zusammenfassung der erreichten Konfliktlösungen (Ziele) 2. Zusammenfassen der offenen Punkte 3. Nennen der vereinbarten Aktionspunkte 4. Benennen der nächsten Schritte 5. Zeitplan für die nächsten Schritte 6. Nächster Zeitpunkt eines Kontakts/ Austauschs vereinbaren 7. Dank und Verabschiedung Die Punkte 1-5 sollten in dem Protokoll stehen und dies kann auch, z. B. über eine Projektion, allen Beteiligten gezeigt werden. Checkliste einer Verhandlung Sie können die folgenden Punkte beachten, die bei einer guten Verhandlung vorkommen sollten. Diese basieren auf den Kriterien von internatio‐ nalen Verkaufswettbewerben (European Sales Competition, o. J.) und wurden speziell für dieses Buch von mir optimiert. Wenn Sie diese befolgen, kann fast nicht mehr schief gehen. ☐ geeignete, dem Kulturkreis angemessene Eröffnung ☐ Zielbeschreibung des Zusammentreffens ☐ ggf. Bezug nehmen auf vorherige Zusammentreffen und relevante Ergeb‐ nisse wiederholen ☐ Claims vorstellen und den Nutzen herausstellen ☐ Kundenbedürfnisse abfragen ☐ wenn das ZOPA sichtbar wird, verhandeln und eigene Claims verteidigen ☐ Einigungen festhalten und bestätigen lassen ☐ Differenzen der Konflikte qualitativ und quantitativ (absolut und relativ) benennen ☐ Wert/ Nutzen der angebotenen Produkte möglichst deutlich (ggf. in Zahlen) aufzeigen. ☐ sachliche Argumentationen 5.3 In der Verhandlung: Meine Verhandlung, meine Regeln 195 <?page no="196"?> ☐ wertschätzende Kommunikation ☐ Gegenargumente sachlich bezogen abwehren ☐ No Giving Without Taking ☐ visuelle Hilfsmittel angemessen einsetzen (Projektionen, White-Boards, …) ☐ Zeiteinhaltung ☐ professionelles Ende mit Zusammenfassung und Einigung auf die nächsten Schritte Tab. 15: Checkliste für erfolgreiche Konfliktlösungen und Verhandlungen Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Um in Verhandlungen an Sicherheit zu gewinnen, sind feste Abläufe hilfreich. Diese Listen enthalten Elemente für erfolgreiches Verhandeln. Insbesondere am Anfang und am Ende geht es eher um Formalien. Daher sind diese Listen universell einsetzbar. Wie wenden Sie das an? Sie können die Listen als Blaupausen für Verhandlungen verwenden. Wenn Sie noch nicht so geübt sind oder Punkte für Sie neu sind, schreiben Sie sich diese gerne auf. Ergänzen Sie, was Ihnen fehlt. Nehmen Sie sich diese Listen mit. Kontrollieren Sie, ob Sie an alles gedacht haben. Je öfter Sie dies tun, umso mehr Routine gewinnen Sie. 5.4 Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln „Die Welt ist nicht fair, Calvin.“ „Ich weiß, Dad, aber warum ist sie nie ungerecht zu meinen Gunsten? “ Bill Watterson (*1958) aus: The Essential Calvin and Hobbes Überblick | In diesem Abschnitt lernen Sie für Präsenz- und Online-Ver‐ handlungen, … • wie Sie durch das freiwillige Schreiben des Protokolls an Macht gewinnen, • einige Tricks, die Sie mit Bedacht einsetzen können, um sich Vorteile zu verschaffen und • Pausen richtig einzusetzen. 196 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="197"?> In meiner Zeit als Key-Account- und Produktmanager hatte ich zahlreiche Verhandlungen. Dabei lernte ich einige Elemente, die ich Ihnen gerne hier weitergeben möchte. Zum einen ist da das Festhalten von Ergebnissen in Protokollen. Hier sind viele Fehlerquellen denkbar. Zum anderen gibt es Aspekte, die das Verhandeln erschweren und für Sie sehr herausfordernd sein können. Lassen Sie sich überraschen. Wenn Sie bereits Erfahrungen mit Verhandlungen haben, erkennen Sie gewiss einiges wieder. 5.4.1 Wer Schreibt der bleibt Protokolle sind immer so eine Sache. Es kommt nicht selten vor, dass sich Verhandlungspartner nach dem Versenden eines Protokolls an einige Punkte nicht mehr erinnern können. Oder: Im Falle, dass die Gegenseite sich verpflichtet zu protokollieren, kann es sein, dass das Protokoll erst Wochen später kommt und man sich dann selbst nicht mehr an alle Details erinnern kann und veränderte Formulierungen überliest, die in der Folge nur sehr schwer nachzuverhandeln sind. Aus all dem habe ich gelernt und bin seitdem ein großer Freund, Proto‐ kolle zu schreiben, besonders bei harten Verhandlungen. Es ist wichtig und wesentlich eine Einigung so festzuhalten, dass Sie auch dem entspricht, was alle Seiten verstanden haben (→-Abschnitt 4.7.2). Grundregeln | Protokoll Machen Sie die Agenda zu Ihrer Agenda und führen Sie so die Verhand‐ lung. Schreiben Sie das Protokoll öffentlich sichtbar. Verteilen Sie das Protokoll sofort nach der Verhandlung an alle Beteiligten. Protokolle in Face-2-Face-Meetings Alles fängt mit der Agenda an. Lehnen Sie sich nicht zurück, sondern gestalten Sie die Agenda aktiv, zielgerichtet und priorisiert. Klar, die Agenda muss mit der anderen Seite abgestimmt sein. Aber wenn Sie den Entwurf als Erster verteilen, wird es schwer sein, Punkte, die Sie unbedingt ansprechen möchten, von der Agenda zu nehmen. 5.4 Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln 197 <?page no="198"?> 50 Ich habe das damals nicht eskaliert, da ich mitbekommen hatte, dass nicht nur er, sondern die gesamte Geschäftsführung die Strategie den Investoren erläutert hatte. Ich wäre der Überbringer einer schlechten Nachricht gewesen. Wenn Sie zusammenkommen, bieten Sie zudem an, das Protokoll zu schreiben. Niemand wird Verdacht schöpfen, die meisten werden froh sein. Dann schreiben Sie das Protokoll. Ich habe es immer wieder per Projektor an die Wand geworfen. Nach einem Zwischenergebnis habe ich gefragt, ob alle mit den Beschlüssen oder Ergebnissen einverstanden sind. Dann ging es weiter. Diese Vorgehensweise schafft außerdem Zufriedenheit bei allen Teilnehmenden, denn sie sehen die Fortschritte. Wenn ein Flipchart im Raum steht und Ergebnisse auch dort fixiert werden, machen Sie ein Foto davon und fügen es an das Protokoll an. Ich habe sogar in wenigen Fällen, wenn wir große Geschäfte abgeschlossen haben, die Flipchart-Bögen in mein Büro mitgenommen. So waren die Ergebnisse gesichert. Wenn Sie sich fragen, wie ich darauf gekommen bin? Ich hatte eines Abends eine strategische Diskussion mit einem leitenden Angestellten meines Unternehmens. Ich skizzierte Gründe, warum eine Geschäftsstrategie meiner Meinung nach erfolglos sein würde - und es gab dafür harte Fakten. Am nächsten Morgen wollten wir noch einmal die Ergebnisse Revue passieren lassen. Aber die Ergebnisse waren verschwun‐ den. Der andere hatte sie entfernt, weil er in der Verantwortung für diese bereits genehmigte Strategie stand, was ich damals nicht wusste. Es kam, wie es kommen musste: Unser Unternehmen investierte viel Geld, einige Zeit später waren die Investitionen aus den von mir genannten Gründen wertlos. 50 Kurz vor Ende der Verhandlung, wenn bereits die nächsten Schritte feststehen, fragen Sie, ob das gezeigte Protokoll für alle Anwesenden in Ordnung ist. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Dann teilen Sie mit, dass Sie nun, in diesem Moment, das Protokoll an alle im Raum anwesenden per E-Mail verteilen werden. Wenn dem alle zustimmen, senden Sie das Protokoll. Alle oben genannten potenziellen Probleme können somit nicht mehr eintreten. Online-Version Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht nur die Agenda gestalten, sondern auch das Online-Meeting erstellen. Seien Sie der Host. 198 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="199"?> 51 Übersetzt: „Ein Schelm, der Böses dabei denkt.“, König Edward III. von England (*1312 †1377) Auch in Online-Meetings müssen Protokolle geführt werden. Das ist problematischer als in Face-2-Face-Meetings, da Sie dafür idealerweise ein zweites Display benötigen. Aber vielleicht haben Sie ja mehrere Displays oder Sie teilen das Protokoll in regelmäßigen Abständen in der gemeinsamen Ansicht. Bieten Sie an, das Protokoll zu führen. Wenn etwas an virtuellen Whiteboards oder externen Online-Tools gemeinsam erstellt wird, machen Sie Screenshots davon. Diese können Sie entweder nur bei sich speichern oder, bei kritischen Inhalten, auch dem Protokoll anfügen. Wenn Sie das Protokoll versenden möchten, nutzen Sie nicht den Chat. Denn wenn die Videokonferenz geschlossen ist, ist kein Beleg mehr für das Versenden des Protokolls vorhanden. Also senden Sie das Protokoll auch in diesem Fall per E-Mail. 5.4.2 Is it legal, is it fair? Es gibt faire Verhandlungen unter fairen Rahmenbedingungen. Es war und ist meine Einstellung, immer fair zu verhandeln. Aber wie im eingangs erwähnten Zitat Calvin schon festgestellt hat, ist die Welt nicht immer fair zu einem. Hier finden Sie das Repertoire der nicht mehr so ganz fairen Tricks, mit denen in Verhandlungen Vorteile erzielt werden können. Is it legal, is it fair? Diese Überlegung überlasse ich gerne Ihnen. Honi soit qui mal y pense. 51 Grundregeln | Spezial-Tricks Wenn Sie kooperative Verhandlungspartner haben, wenden Sie diese nicht an. Gehen Sie sparsam mit den Möglichkeiten um. Die andere Seite lernt schnell dazu. Planen Sie die Schritte sehr genau. Keine Improvisation. Sorgen Sie am Ende der Verhandlung immer für ein positives Erlebnis für alle von Ihrer Seite. Der letzte Eindruck zählt. 5.4 Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln 199 <?page no="200"?> 52 Das ist mir tatsächlich an einem heißen Maitag in Japan widerfahren: Die Gastgeber ließen die Klimaanlage aus, weil diese erst ab Juni läuft. Es gab kein Wasser, keinen Tee. Die Verhandlung zog sich über Stunden. Die Japaner gingen abwechselnd raus, wahrscheinlich, um etwas zu trinken. Erst als einer mehr oder minder versehentlich mit seinem Tee hereinkam, fragte unsere Übersetzerin, ob es auch Tee für uns gäbe. Tricks bei Face-2-Face-Meetings • Jet-Lag ausspielen Wenn Sie Gäste aus Übersee haben, legen Sie die schwierigen Teile der Verhandlung in das Tief des Biorhythmus, also wenn die innere Uhr Ihrer Gäste circa auf 2-3 Uhr früh steht. Für Gäste aus Fernost bedeutet dies am späten Nachmittag, Gäste aus den USA treffen Sie entsprechend morgens zwischen 9 und 12 Uhr, je nach US-Zeitzone. • Zeitdruck aufbauen Legen Sie Wichtiges Ihrer Gegenüber ans Ende der Agenda, legen Sie Ihre wichtigen Themen an den Anfang. Nehmen Sie sich viel Zeit für Ihre Punkte, es bleibt wenig Zeit für die andere Seite ihre Ansichten durchzusetzen. • geschickte Agenda Gestalten Sie die Agenda zu Ihrem eigenen Vorteil, lassen Sie Unange‐ nehmes weg. • Lichteffekte, gegen die Sonne schauen Lassen Sie Ihre Gäste gerne aus dem Fenster schauen, wenn die Sonne hereinscheint. Das strengt an und ermüdet. • Getränke fehlen im Hochsommer An heißen Tagen lassen Sie die Getränke weg und gehen sich draußen ab und zu erfrischen. 52 • dunkler Raum als Treffpunk Dunkle Farben schlagen auf die Stimmung. Ein Extremfall war bei mir ein Meeting in Israel, welches im Unternehmensbunker stattfand. • Abfertigung in der Lobby Wenn es schnell gehen soll, gehen Sie erst gar nicht in einen Raum, sondern bleiben direkt in der Lobby. Ist mir in den USA so ergangen: Man sagte mir „Wir bleiben direkt hier, dann ist es nicht weit bis zum Ausgang“. • Sprache der Gegenseite lernen Gerne unterhalten sich mehrere Verhandlungspartner in ihrer Sprache während des Meetings. Lernen Sie einige Sätze in deren Sprache, z. B. 200 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="201"?> Japanisch, Französisch, Chinesisch, Hebräisch, Russisch usw. Lassen Sie, wenn Sie etwas verstanden haben, einen Satz fallen oder stellen eine Frage. Das verhindert, dass die Verhandlungspartner sich absprechen. • Spielen Sie Good Girl und Bad Guy Ich hatte ein unangenehmes Meeting mit drei Einkäufern. Einer war sehr hart, einer stumm, aber grimmig, der dritte Einkäufer war sehr freundlich. Ich war geneigt, allem, was der Freundliche zu mir sagte, zuzustimmen. • nicht alle Informationen weitergeben Behalten Sie Fakten so lange für sich, bis Sie diese für sich einsetzten können. • Themenwechsel, wenn es unangenehm wird Werden Sie in die Enge getrieben können Sie sagen, dass Sie aus Zeitgründen zunächst über einen anderen Punkt sprechen müssen, da dieser vorrangig wäre. Tricks für Online-Meetings • Absprachen per Chat mit nur einem der Teilnehmenden Über die Chatfunktion können Sie Sie Nebenabsprachen treffen. • Verschwinden Blenden Sie sich für einen Moment aus und stellen Sie das Mikrofon auf stumm. Das irritiert die anderen und unterbricht in der Regel deren Redefluss. • Zeitdruck aufbauen Legen Sie Wichtiges Ihrer Gegenüber ans Ende der Agenda, stellen Sie Ihre Punkte an den Anfang. Nehmen Sie sich viel Zeit für Ihre Punkte, es bleibt wenig Zeit für die andere Seite, ihre Ansichten durchzusetzen. • Good Guy and Bad Girl Dies können Sie auch online anwenden. • mit einzelnen Personen chatten Informationen können Sie über den Chat nur bestimmten Personen mitteilen. So wissen andere nicht alles. Üben sie dies unbedingt vorher. • Themenwechsel Auch diese können Sie online anwenden. 5.4 Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln 201 <?page no="202"?> • Blick auf Smartphone Irritieren Sie die anderen durch den Blick auf Ihr Smartphone. Ziehen Sie Ihre Augenbrauen erstaunt hoch. Niemand kann erkennen, dass Sie dort nichts Relevantes sehen. • Anrufe Lassen Sie sich von jemanden, der nicht am Meeting teilnimmt, anrufen: Sie bekommen (angeblich) Last-Minute-Informationen, die Sie als Joker einsetzen können. 5.4.3 In der Ruhe liegt die Kraft Pausen brauchen alle Menschen. Die Aufmerksamkeitsspanne von Men‐ schen liegt bei circa 20 Minuten. Manche sprechen mittlerweile sogar von nur 10-15 Minuten (Bradbury 2016). Die Aufmerksamkeitsspanne beim Betrachten von Web-Content liegt mittlerweile bei 8 Sekunden. Da kann es jeder Goldfisch mit uns aufnehmen, der hat nämlich eine 12 % längere Aufmerksamkeitsspanne von 9 Sekunden (Chaudhuri und Imran 2023). Es ist übrigens noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass diese Spanne durch den Social-Media-Konsum sinkt (Maybin 2023). In der Folge werde ich mich ausschließlich den außerplanmäßigen Pausen widmen. Grundregeln | Pausen Reguläre Pausen sollten in der Agenda erwähnt werden. Außerplan‐ mäßige Pausen sollten fünf bis maximal zehn Minuten dauern. Ihre Stichworte für außerplanmäßige Pausen sind Biopause, Lüftungspause, Kaffeepause. Außerplanmäßige Pausen sind Joker, die Sie für sich strategisch einsetzen können. Natürlich können Sie diese nicht alle 30 Minuten einberufen, sondern maximal einmal je drei bis vier Stunden. Pausen sind ungemein hilfreich, wenn Sie nachdenken müssen, eine mentale Pause benötigen, Ihre Konzentration nachlässt. Da die regulären Pausen meistens alle 90 bis 120 Minuten geplant sind, sich aber doch immer wieder verzögern, können Sie diese außerplanmäßigen Pausen beantragen, um sich auch im wahrsten Sinne des Wortes Luft zu verschaffen. Außerdem habe 202 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="203"?> 53 CO 2 -Gehalt in der Luft: Im Jahr 1750 lag der Wert bei 278 ppm, 1970 bei 320 ppm, 2023 bei über 420 ppm („AR5 Climate Change 2013: The Physical Science Basis — IPCC“, o.-J.). ich einige außerplanmäßige Pausen genutzt, um mich kurz mit Kolleginnen (telefonisch) abzustimmen, die nicht mit im Meeting saßen. Außerplanmäßige Pausen in Face-2-Face-Meetings • Kaffeepause Hier gibt es zwei Formen: - Wenn der Kaffee nicht auf dem Besprechungstisch steht, oder Sie ein anderes Getränk holen möchten, können Sie aufstehen und dieses holen. Vorteil: Kurze Bewegung, Unterbrechung der Verhandlung. - Wenn alle Getränke auf dem Tisch stehen, dürfen Sie nachschen‐ ken. Sie stehen auf, nehmen das Getränk und gehen um den Tisch um dieses anzubieten. Das wird nicht immer gerne gesehen, mei‐ ner Erfahrung aber eher als Höflichkeit Ihrerseits eingestuft. Wenn Sie einen Punkt abschließend verhandelt haben, können Sie diese Pause vorschlagen. Dies wird dann als kleine Belohnung interpretiert. Wenn Sie festhängen, sich keine Seite bewegen will, werden die meisten Teilnehmenden Verständnis zeigen, dass man bei einer Tasse Kaffee oder Tee neue Optionen durchdenkt. • Biopause Diese ist ein natürliches Bedürfnis. Setzen Sie diese ein, wenn Sie befürchten, dass eine Kaffeepause nicht akzeptiert wird, weil es ja reguläre Pausen gibt. Man wird es Ihnen kaum verwehren. • Lüftungspause - Führen Sie die Gespräche bei sich im Unternehmen, können Sie diese Lüftungspausen jederzeit machen. Wegen zu hoher CO 2 -Konzentration sinkt die Entscheidungsfähigkeit sehr schnell - das Limit liegt bei 1.000 ppm, der Wert an der frischen Luft liegt bei circa 420-ppm. 53 (Azuma u. a. 2018). - Führen Sie die Gespräche als Gast beim anderen Unternehmen, können Sie darum bitten. 5.4 Weitere Tricks für erfolgreiches Verhandeln 203 <?page no="204"?> - Führen Sie die Verhandlung an einem dritten Ort (angemieteter Raum im Hotel oder auf einer Messe), können Sie jederzeit Lüftungspausen machen. Außerplanmäßige Pausen in Online-Meetings • Lüftungspausen Sie entfallen, da Sie an Ihrem Ort jederzeit lüften können. • Kaffeepausen Sie sind etwas diffiziler einzusetzen. Sie können eine solche Pause nach meinem Empfinden und meiner Erfahrung von langen Videokonferen‐ zen einmal je Vorbzw. Nachmittag einsetzen. Ist das Meeting kürzer als drei Stunden, hängt es von der Kooperationsbereitschaft Ihres Gegenübers ab. • Biopausen Sie sind hier wieder gut anzuwenden, denn gegen dieses menschliche Bedürfnis wird kaum jemand etwas vorzubringen haben. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Erfolgreiches Verhandeln kann mit verschiedenen Methoden unterstützt werden. Manche davon sind nicht sonderlich fair, einige werden Ihnen bestimmt einmal widerfahren. Dies sind Tricks, um sich Vorteile zu verschaffen. Zum Schluss ging es um Methoden, außerplanmäßige Pausen herbeizuführen. Wie wenden Sie das an? Werden Sie aktiv in Verhandlungen. Durch das Schreiben des Protokolls gewinnen Sie an Macht. Tun Sie dies offen, bildet dies ein Fundament für Vertrauen. Die Auflistung etwas unfair erscheinender Mittel setzen Sie gezielt und nur mit Bedacht ein, um Verhältnisse nicht nachhaltig zu stören. Nutzen Sie Pausen, um sich zu erholen und über Ideen nachzudenken. 204 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="205"?> 5.5 Lösungen „No Giving Without Taking! “ mein Verhandlungsmotto Überblick | Hier lernen Sie … • die gängigen Lösungsstrategien und • häufig verwendete Konfliktvermeidungsstrategien kennen, • wie sich Persönlichkeitstypen in Konflikten verhalten und • dass Sie mit drei Sätzen Ihren Forderungen ein besonderes Gewicht verleihen können. In Verhandlungen können Konflikte gelöst werden. Dafür gibt es viele Methoden und Ansätze. Für mich immer wieder spannend ist, dass es viele unterschiedliche Lösungswege gibt. Dennoch sind die Lösungsstrategien begrenzt. Sie können z. B. kooperativ oder kompetitiv in eine Verhandlung gehen. Sie können aber auch quasi aufgeben und der Gegenseite viele Forderungen erfüllen. Oder Sie vermeiden den Konflikt ganz und sprechen nicht darüber. Lösungsstrategien sind übergeordnete Wege, um zu einer Lösung zu kommen. Die Strategien und Taktiken aus → Abschnitt 4.6 bilden das Fundament dafür, wie wir uns ausdrücken, um uns dem Ziel zu nähern. 5.5.1 Lösungsstrategien Dieser Abschnitt hat also wenig mit den Strategien und Taktiken aus dem → Kapitel 4 zu tun. Hier geht es vielmehr darum, wie unterschiedlich Lö‐ sungsmuster sein können. In der Konflikttheorie gibt es viele verschiedene Ansätze. Hier stelle ich Ihnen die Essenz aus verschiedenen Blickwinkeln und Interpretationen vor. Allerdings treffen nicht alle Lösungsstrategien auf Verhandlungen zu hundert Prozent zu. Manche davon betreffen z. B. Personalführungen zur Beilegung von strukturellen Konflikten. Andere wiederum finden wir bei Konflikten zwischen Staaten oder Tarifpartnern wieder. Allgemein gibt es folgende Konfliktlösungsstrategien (nach Schwarz 2014; Tries 2008a mit eigenen Ergänzungen): • Vernichtung des Konfliktgegners • Flucht 5.5 Lösungen 205 <?page no="206"?> 54 Bitte verstehen Sie, dass ich im Rahmen dieses Buches nicht auf gewalttätige, körperlich aggressive und letale Methoden eingehe. Die haben in Verhandlungen nichts verloren. 55 Dies ist mir in den 2000er-Jahren so ergangen. Als wir gerade die „Cash Cow“ des Markts technologisch anbieten konnten, senkte unser Wettbewerber seine Preise so dramatisch ab, sodass der Markpreis etwa bei unseren Herstellkosten lag. Die Gewinne brauchten wir aber, um die technologisch anspruchsvollsten Produkte des Marktes zu entwickeln und zu produzieren. Einige Zeit später mussten wir daher diesen Geschäftszweig einstellen, er wurde quasi vernichtet. - Prokrastination - Verzögerung der Konfliktbewältigung - Aussitzen - Vermeidung - Verdrängung • Unterordnung - Unterdrückung - voreilender Gehorsam - negative Verhinderung • Delegation - institutionalisierte Konfliktlösung • Kompromiss • Konsens Um das Bild der Konfliktlösungsstrategien etwas greifbarer zu machen, möchte ich hier einige ergänzende Erläuterungen anbringen (siehe hierzu auch Heigl 2014; Tries 2008a). Vernichtung des Konfliktgegners 54 Hierzu Beispiele: • Vernichtung durch Entzug von Ressourcen Ein Unternehmen erteilt an einen Lieferanten, der im Wesentlichen von diesem Unternehmen abhängt, keine Aufträge mehr, sodass dieser insolvent geht und schließlich bankrott anmelden muss (solche Abhän‐ gigkeiten gibt es z. B. in der Automobilindustrie). • Vernichtung durch Marktmacht Ein Wettbewerber mit Technologievorsprung und Marktmacht senkt die Preise einiger hochwertiger Produkte, sodass diese Produkte für Markteinsteiger nicht mehr mit Gewinn zu verkaufen sind. 55 206 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="207"?> • Vernichtung durch Dumping Chinesische Hersteller von Solarpaneln unterbieten die Weltmarkt‐ preise, da sie im Herstellprozess u. a. auf Kohlestrom (Dvorka und Mollica 2024) setzen und sehr niedrige Löhne zahlen. Die Wettbewerber aus Japan, Europa und den USA verloren ihre Marktanteile. Vorteile: Schnelle und in der Regel endgültige Konfliktlösung, Gefühl der Genugtuung. Nachteile: Kollateralschäden können auftreten, weckt Rachegefühle, Be‐ ziehungen zum Konfliktgegner aber auch zum Umfeld nehmen langfristigen Schaden. Voraussetzung: Entsprechende Machtposition muss vorhanden sein. Anwendung: Wenn ein BATNA vorhanden ist und zum Konfliktgegner keine weiteren Verbindungen oder Abhängigkeiten (auch über Dritte) be‐ stehen. Ich selbst habe diese Konfliktlösungsstrategie nie angewendet und hätte mich auch dagegen verwehrt, denn man sieht sich immer zweimal im Leben. Flucht Hierzu Beispiele: • Flucht aus Angst Ein Unternehmen sagt einem Kunden die Machbarkeit eines Produktes zu. Im Laufe der Entwicklung zeigt sich, dass die Zusage nicht gehalten werden kann. Um sich nicht zu blamieren, reagiert das Unternehmen nicht mehr auf Nachfragen. • Flucht aus Mangel an Selbstvertrauen Ein Liefertermin muss erneut verschoben werden. Der Mitarbeiter sendet erst am Abend eine E-Mail mit der schlechten Nachricht und verschwindet sofort in den Feierabend. Vorteile: Eine direkte Konfrontation bleibt aus. Hoffnung darauf, dass die Gemüter sich beruhigen werden. Nachteile: Der eigene Ruf gerät in Gefahr. Die Flucht kann als Schwäche ausgelegt werden. Voraussetzung: Es besteht die Möglichkeit zur Flucht. 5.5 Lösungen 207 <?page no="208"?> Anwendung: Kann emotionale Reaktionen der Gegenseite mindern, da eine impulsive Reaktion verpufft. Auch wird Zeit gewonnen, um Lösungen zu schaffen. Varianten • Prokrastination Aufschieben des Überbringens einer Nachricht. Konflikte werden erst angegangen, wenn es keinen Ausweg mehr gibt. • Verzögerung der Konfliktbewältigung Zeit finden für Lösungen. Konfliktlösung wird wieder positiv gestaltet, wenn ein Lösungsweg erkennbar ist. • Aussitzen Der Konflikt gerät in Vergessenheit. • Vermeidung Es folgen keine negativen Konsequenzen, Abstrafungen usw. Ist auch eine Form der Unterordnung. • Verdrängung Bewusstes oder unbewusstes Vergessen der Konfliktursachen, kann pathologisch werden. Unterordnung Hierzu ein Beispiel: • Unterordnung durch Zusage Ein Verkäufer akzeptiert die Bedingungen eines Kaufvertrags ohne Einwände, obwohl er dabei Nachteile in Kauf nehmen muss. Dies tut er in der Hoffnung, dass in der weiteren Folge besser Verträge kommen. Vorteile: Schnelle und bequeme Lösung. Nachteile: Die Gegenseite kann dies als Muster für kommende Verhand‐ lungen interpretieren. Dies erzeugt also Machtverlust in der Beziehung. Voraussetzung: Die Folgen der Unterordnung sind begrenzt und abschätz‐ bar. Anwendung: Kann eingesetzt werden, wenn der Konflikt für einen irre‐ levant ist. Kann taktisch eingesetzt werden: Man verhandelt über einen irrelevanten Punkt, ordnet sich aber unter, wenn dafür ein anderer wichti‐ gerer Punkt erfüllt wird. 208 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="209"?> Varianten • Unterdrückung Die Gegenseite ist so machtvoll, dass die Forderung auf Druck erfüllt wird. • voreilender Gehorsam Aus Angst vor Sanktionen werden Zusagen getroffen, obwohl die Forderungen noch nicht auf dem Tisch liegen. • negative Verhinderung In Erwartung eines Konfliktes handeln die Individuen entgegen ihren Grundsätzen, um den herannahenden Konflikt zu verhindern. Delegation Hierzu Beispiele: • Schlichtung im Tarifkonflikt • Delegation an Mediator Zwei Individuen kommen in der Verhandlung nicht weiter. Sie ziehen einen Mediator hinzu, um eine neutrale Person zu haben, die den Konflikt beilegt. Vorteile: Die Intensität der Verhandlung verringert sich, es kehrt Ruhe ein. Nachteile: Abgabe der Kontrolle über die Verhandlung. Möglicherweise ist das Ergebnis für alle Konfliktparteien schlechter als ohne Delegierung. Voraussetzung: Bereitschaft, unabhängige Dritte am Konflikt teilhaben zu lassen. Kompromissbereitschaft. Anwendung: Meistens sinnvoll bei innerbetrieblichen Konflikten oder bei langanhaltenden Konflikten, wenn kein Fortschritt in den Verhandlungen erkennbar ist. Variante • Institutionalisierte Konfliktlösung Lösung des Konflikts durch eine höhere Instanz wie Gericht oder Ombudsfrau. 5.5 Lösungen 209 <?page no="210"?> Kompromiss Hierzu ein Beispiel: • Kompromiss durch Sachzwang Zwei Unternehmen müssen zusammenarbeiten, obwohl die Randbedin‐ gungen für keine Seite optimal sind. Vorteile: Schnelle Einigung. Der Konflikt wird beigelegt. Nachteile: Wenn eine Seite zu viele Zugeständnisse machen muss, droht der Konflikt wieder aufzukommen. Die Lösung kann ggf. einen geringen Nutzen für beide Seiten haben. Eine bessere Lösung wird verpasst (wie bei der Delegation). Voraussetzung: Kompromissbereitschaft beider Seiten. Bereitschaft zum Verzicht der Maximalforderung. Anwendung: Bei festgefahrenen Verhandlungen unter Zeitdruck. Es muss eine Lösung her. Konsens Hierzu ein Beispiel: • Konsens durch Kooperation In einer Verhandlung suchen die Beteiligten den Nutzen für beide zu vergrößern. Beide sind zwar zu Eingeständnissen bereit, möchten aber zugleich nicht, dass die andere Seite benachteiligt wird. Vorteile: Beste Konfliktlösungsstrategie, denn Nutzenmaximierung kann erreicht werden. Sie schafft Vertrauen. Das Ergebnis wird von allen akzep‐ tiert und mitgetragen. Nachteile: Ggf. sind solche Verhandlungen zeitaufwändig. Voraussetzung: Kooperationsbereitschaft aller Konfliktparteien. Anwendung: Bevorzugte Konfliktlösungsstrategie. Jede Verhandlung kann mit dieser Strategie anfangen. Erst wenn sich abzeichnet, dass in endlicher Zeit keine Lösung in Sicht ist, kann auf die anderen Konfliktlösungsstrate‐ gien zurückgegriffen werden. Soweit ich zurückblicken kann, beruhte bei mir die überwiegende Zahl an Konfliktlösungen auf dem Konsensprinzip. Natürlich musste ich mich auch schon mal mit einem Kompromiss zufriedengeben oder im schlimms‐ ten Fall auch mit einer Unterordnung. Ich spreche mich hier aber klar für den 210 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="211"?> Konsens aus, weil ich der Auffassung bin, dass eine Konfliktlösung zugleich eine Basis für alle Beteiligten ist, auf der auch in Zukunft vertrauensvoll miteinander umgegangen werden kann. Das bedeutet nicht, dass alle meine Verhandlungen sanft und ausschließlich höflich verliefen. Aber das Ziel des Konsenses habe ich nie aus dem Blick verloren. 5.5.2 Drei Ebenen ebnen den Weg: Gandhi hat es bewiesen In Verhandlungen gibt es auch Reibung. Dabei ist es egal, ob es um Unterwerfung, um Kompromisse oder um Konsens geht. So manches Mal waren die Forderungen mit aller Härte formuliert, begleitet von Angriffen und anderen offensiven Strategien. Insbesondere, wenn meine Konfliktpart‐ ner glaubten, dass sie eine größere Verhandlungsmacht hatten als ich. Da ging mir manches Mal der Gedanke an eine Zurechtweisung durch den Kopf. Dies wäre allerdings sehr konfrontativ. Eine Zurechtweisung verschlechtert immer die Beziehung. Und wenn das Klima ohnehin schon gereizt ist, dann finde ich, dass man die Stimmung nicht noch weiter aufheizen sollte. Aber: Sie müssen sich auch nicht alles gefallen lassen. Teil der Konfliktlösung kann im Bedarfsfall die offene Konfliktanalyse sein. Im → Abschnitt 3.2.5 haben wir uns damit befasst, wie Konflikte vor der Verhandlung analysiert werden. Hier wird die Situation, die zum Konflikt führt, offen während der Verhandlung geführt. Ein sehr gutes Beispiel finden Sie im Film „Gandhi“ aus dem Jahr 1982. Ich möchte Ihnen den grandiosen Dialog nicht vorenthalten. Dazu führe ich Sie hier in die kurze Szene ein. Wir analysieren den Text im Anschluss, daher die Nummerierungen der entscheidenden Sätze. Mahatma Gandhi (*1869 †1948), indischer Jurist und Freiheitskämpfer, war an der Spitze der friedlichen und gewaltfreien Bewegung Indiens, die sich zum Ziel gesetzt hat, sich von der Kolonialisierung durch das Vereinigte Königreich zu befreien. Die Briten räumten ihm eine Verhandlung ein. Zu‐ vor hatten britische Soldaten ein Massaker an friedlichen Indern begangen (Konfliktlösung durch Vernichtung, siehe oben). Der britische Unterhändler, Lord Chelmsford, bot Gandhi einen Kompromiss an. Aber er kam nicht mehr dazu, diesen Vorschlag auszuführen, denn Gandhi unterbrach ihn. Hier nun der Dialog (Ghandi 1982) (aus dem englischen Original von mir übersetzt). Lord Chelmsford: „Ich würde gerne einen Kompromiss finden über das neue Zivil…“ [Anm. des Autors: gemeint war Zivilrecht] 5.5 Lösungen 211 <?page no="212"?> Mahatma Gandhi: „Entschuldigen Sie bitte, Ihre Exzellenz.“ [1] „Wir sind der Ansicht, dass die Dinge über die Gesetzgebung des Zivilrechts hinausgehen.“ [2] „Wir denken, es ist an der Zeit, dass Sie anerkennen, dass Sie Herr im Haus eines anderen sind.“ [3] „Trotz Ihrer besten Absichten müssen Sie uns demütigen, um uns zu kontrol‐ lieren.“ Britischer Offizier: „Sie glauben doch nicht, dass wir Indien einfach so verlassen werden? “ Mahatma Gandhi: „Doch.“ Wenn Sie sich die Szene anschauen wollen, dann finden Sie diese auf YouTube: Link-Tipp | 🔗 https: / / youtu.be/ WW3uk95VGes? feature=shared&t=90 Wie wir wissen, blieben die Inder pazifistisch und die Briten verließen schlussendlich Indien (und das damals zum Besatzungsgebiet gehörige Pakistan). Gandhis Methode wurde auch von vielen anderen Menschen adaptiert. Es ist nicht gesichert, wer diese Methode erstmals angewendet hat. Sicherlich geht die Erfindung weit in die Vergangenheit zurück. Hier folgt Gandhi einem Muster, welches in Verhandlungen scheinbare Unterlegenheit entkräften kann. Die drei Sätze bedeuten (nach Rüttinger und Sauer 2016; Tümmers von Schoenebeck 2007 mit eigenen Ergänzungen): [1] assoziiert - die eigene Sicht auf den Konflikt [2] Pacend - die Situation und Sichtweise der anderen Seite auf den Konflikt benennen [3] Metaposition - Feststellung der Gemeinsamkeiten und der Differenzen, in diesem Fall gab es nur Differenzen Gandhi spricht dabei konzentriert, mit Nachdruck aber ohne die Stimme anzuheben. Die Situation für ihn und die indische Bevölkerung: das Zivil‐ recht wird durch die Briten nicht eingehalten (assoziiert). Die Briten sind Herr in einem fremden Haus (Pacend). Dann folgt der Blick der Metaebene, denn beide Konfliktparteien kommen darin vor: Die Briten demütigen die Inder (Metaebene). 212 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="213"?> Es erfordert etwas Übung, diese rhetorische Kette anwenden zu können. Dazu hat Gandhi sich sicherlich in die Situation der britischen Kolonialmacht versetzt (Rollentausch). So versteht man besser, wie die andere Seite denkt, handelt und kann potenzielle Schritte der Gegenseite vorhersehen, ähnlich wie beim Sparring. Im Nachgang stellt Gandhi nämlich die zentrale Position (! ) seiner Gruppe vor: Die Briten sollen Indien räumen. Diese Position wird durch offensive Strategien gefestigt. Es lohnt sich, diese Passage anzuschauen. Auch der ganze Film ist trotz seiner Länge kurzweilig und spannend. 5.5.3 Persönlichkeiten gehen unterschiedlich in Konflikte Jede hat fünf verschiedene Modi, in denen verhandelt wird Wie werden Konflikte gelöst? Es gibt unterschiedliche Lösungsstrategien. Ist eine Lösungsstrategie ausgewählt, werden die drei Phasen der Verhand‐ lung durchlaufen und dabei mal mehr, mal weniger offensiv, defensiv und integrativ verhandelt. Das Verhalten kann dabei recht unterschiedlich sein und während einer Verhandlung wechseln. Die Akteure befinden sich in unterschiedlichen Konfliktmodi, auch Konfliktdisposition genannt. Diese Modi werden umspannt von einem unterschiedlichen Maß an Ko‐ operationsbereitschaft und Durchsetzungsvermögen. Ausgehend von Thomas und Kilmann 1974 werden fünf Konfliktmodi unterschieden: 1. Konkurrieren (Wettbewerb, Competing) ich gewinne - du verlierst - durchsetzungsfähig, unkooperativ - machtorientiert, einsetzen der Verhandlungsmacht - Positionen werden auf Kosten anderer durchgesetzt - kämpfen des Gewinnens wegen, um ihre Position durchzusetzen oder um Recht zu bekommen - schadet der Beziehung 2. Kollaboration (Zusammenarbeiten, Integrieren, Collaboration) ich gewinne - du gewinnst - durchsetzungsfähig, kooperativ - gemeinsame Lösung wird gesucht zum beiderseitigen Nutzen - problemlösungsorientiert - findet auch alternative Lösungen - nutzt viele integrative Strategien (gemeinsame Aktivitäten) - fördert die Beziehung 5.5 Lösungen 213 <?page no="214"?> 56 Achtung: Wo ist die Mitte? Wenn Sie einen Peis von 200 € fordern und 150 € geboten werden, dann treffen Sie sich bei 175 €. Wenn Ihnen nur 130 € geboten werden, liegt die Mitte darunter bei 165 €. Sie verlieren dabei. 57 Beim Schreiben dieses Buchs 2024 habe ich u. a. folgende Tests gefunden: (Streich 2017), (United States Institute of Peace 2024), (Platt 2019) 3. Kompromissbereitschaft (Kompromissorientiert, Compromising) Mittelweg - liegt zwischen Durchsetzungsvermögen und Kooperationsbereit‐ schaft - Lösung ist für alle akzeptabel, zweckmäßig - geringe Zufriedenheit, aber Konflikt gelöst - „Wir treffen uns in der Mitte“ 56 - hält die Beziehung auf dem Niveau, auf dem sie vor dem Konflikt war 4. Vermeiden (Ausweichen, Avoiding) niemand gewinnt - nicht durchsetzungsfähig, unkooperativ - Der Konflikt wird nicht angesprochen - Kann ausweichend, verzögernd oder ein Rückzug sein (Aufgabe einer Forderung) - Der Konflikt bleibt ungelöst - Stört die Beziehung 5. Entgegenkommen (Anpassung, Accommodation) ich verliere - du gewinnst: - nicht durchsetzungsfähig, kooperativ - eigene Forderungen und Positionen werden aufgegeben. - gegnerische Bedingungen werden erfüllt. - Selbstaufgabe - Konflikt gelöst zu eigenen Lasten - Personen ziehen Nutzen aus dem Gefühl, Konflikte gelöst zu haben - einseitige Beziehung Im Internet finden sich viele frei verfügbare Selbsttests, um herauszufinden, welchen Konfliktmodus man selber bevorzugt. 57 Es lohnt sich auf jeden Fall, einen solchen Test zu machen. Mit diesem Ergebnis wissen Sie, welcher Konfliktmodus Ihnen besonders gut liegt. Eine umfassende Studie finden Sie in den technischen Briefings zum Thomas-Kilmann Instrument und zur Kombination mit dem MBTI (CPP, Inc. 2024). Wenn Sie einen Test machen, 214 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="215"?> sollten Sie bedenken, dass in Ihnen alle fünf Modi präsent sind, sie sind nur unterschiedlich stark ausgeprägt. Das bedeutet für Sie, dass es Ihnen leichtfallen wird, „Ihren“ Konfliktmodus anzuwenden. Wenn Ihnen durch die Verhandlungspartnerin ein Modus aufgezwungen wird, der Ihnen nicht liegt, können Sie aus der → Tabelle 16 schließen, was zu tun ist, um erfolgreich zu sein. Der Einfluss der Persönlichkeit auf den Konfliktmodus Im → Abschnitt 4.5 wurden verschiedene Persönlichkeitsmodelle vorge‐ stellt. Es ist sehr gut nachvollziehbar, dass jeder Persönlichkeitstyp anders in eine Verhandlung geht. Dies wurde auch wissenschaftlich überprüft und nachgewiesen (Kilmann und Taylor 1974; Kilmann und Thomas 1975; CPP, Inc. 2024). Die Konfliktmodi werden auch gerne den MBTI-Persönlichkeitstypen zugeordnet (siehe das Dokument „Using the TKI® Assessment with the Myers-Briggs® Instrument.pdf “ (2012) auf der Webseite CPP, Inc. 2024) auf der Website (CPP, Inc. 2024). Zusammen mit der Tabelle aus der letzten Übungsaufgabe im → Abschnitt 4.5.6 ergeben sich Ziele bzw. Verhaltensmuster der MBTI- und der DISG-Persönlichkeitstypen, je nachdem, welchen Modus diese gerade in Konflikten anwenden möchten. In →-Tabelle 16 sind diese vorgestellt. Konfliktmodus MBTI - Typ [DISG-Typ] und Verhandlungsverhalten -ST- [G - gewissenhaft] -SF- [S - statisch] -NT [D - dominant] -NF- [I - beeinflussend] konkur‐ rierend MBTI: T heben spezifi‐ sche Fakten als entscheidend hervor betrachten vor‐ rangig die Aus‐ wirkungen auf Menschen sind innovativ, um Systeme zu verbessern streben da‐ nach, Men‐ schen beim Wachsen zu helfen kollabora‐ tiv MBTI: E sammeln eine Fülle von Infor‐ mationen dienen Men‐ schen auf bei‐ den Seiten glei‐ chermaßen betreiben Brainstorming für die best‐ mögliche Lö‐ sung streben letzt‐ endlich nach Harmonie 5.5 Lösungen 215 <?page no="216"?> kompro‐ missbe‐ reitschaft MBTI: ∅ verwenden Da‐ ten, um wich‐ tige Forderun‐ gen, Positionen zu rechtferti‐ gen glauben, dass jeder profitie‐ ren kann, wenn die Fakten ge‐ teilt werden sie teilen die Differenz, um fair zu sein sie wollen die Anliegen bei‐ der Parteien verstehen vermei‐ dend MBTI: I Widerstand ge‐ gen bedeu‐ tungslose Ver‐ änderungen möchten keine Gefühle verlet‐ zen kann rebellie‐ ren, wenn sie nicht ihren Willen bekom‐ men hoffen, dass sich das Pro‐ blem in Luft auflösen wird entgegen‐ kommend MBTI: F geben nach, wenn keine un‐ terstützenden Daten vorlie‐ gen wird sich zu‐ erst ändern, wenn dann mehr Men‐ schen profitie‐ ren wird eine Schlacht verlie‐ ren, um den Krieg zu ge‐ winnen sind bereit, sich für das Team zu opfern Tab. 16: Persönlichkeitstypen haben verschiedene präferierte Konfliktmodi | nach CPP, Inc. 2024; Thomas und Kilmann 1974 mit eigenen Ergänzungen Recht anschaulich finde ich auch die → Abbildung 12, welche in (Kilmann und Thomas 1975) veröffentlich wurde. Wie auch Myers und Briggs gehen hier die Autoren vom Jungschen Persönlichkeitsmodell aus, welches Intro‐ vertiertheit und Extravertiertheit sowie Denken und Fühlen als Grundcha‐ raktere beschreibt. Daher liegt es nahe, die Konfliktmodi mit den MBTI zu vergleichen. Aber ebenso lohnt sich natürlich der Blick auf die DISG-Profile. Aus → Tabelle 16 können Sie für sich einiges ableiten. Sie erkennen, welche DISG- oder auch MBTI-Typen sich wie verhalten, wenn sie den einen oder anderen Konfliktmodus anwenden. 216 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="217"?> Abb. 12: Die fünf Konfliktmodi und die zwei Jungschen Dimensionen der Persönlichkeitstypen unkooperativ kooperativ durchsetzungsschwach durchsetzungsstark kooperativ kompetitiv kollaborativ vermeidend entgegenkommend Abb. 12: Die fünf Konfliktmodi und die zwei Jungschen Dimensionen der Persönlichkeits‐ typen | eigene Darstellung nach Kilmann und Thomas 1975 Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Die Lösungsstrategien eines Konfliktes reichen von der Vernichtung bis hin zum Konsens. Hat man einen Weg eingeschla‐ gen, gibt es fünf verschiedene Arten und Weisen, wie Verhandlungen geführt werden, die Konfliktmodi. Je nach Persönlichkeitstyp werden unterschiedliche bevorzugt. Wie Gandhi kann man Differenzen und Gemeinsamkeiten deutlich machen. Wie wenden Sie das an? Durch Ihren Persönlichkeitstyp kennen Sie ihren bevorzugten Konfliktmodus. Je nach gewählter Lösungsstrategie finden diese Anwendung. Zusätzlich können Sie reaktiv reagieren, wenn 5.5 Lösungen 217 <?page no="218"?> Ihnen ein Konfliktmodus aufgezwungen wird. Mit den drei Schritten haben Sie ein Instrument, um durch die Metaebene die Situation aller zu schildern und Ihrer Forderung unterstreichen. 5.6 Wenn nichts mehr geht: Verhandlungsstau auflösen Überblick | In diesem Abschnitt finden Sie … • Vorschläge für drei Wege, wie Sie den Stau auflösen können, • die Folgen für eine Aufgabe der eigenen Ziele und • den Weg der Suggestivfragen als Option, um vom Nein zum Ja zu kommen. Was, wenn Ihr Gegenüber mauert? Eine Position folgt nach der anderen. Immer wieder antwortet Ihr Gegenüber auf Ihre Anregungen und Lösungs‐ vorschläge mit einem Nein. Es gibt meiner Auffassung drei mögliche Wege für Sie: 1. Sie geben auf und verlassen die Verhandlung, 2. Sie geben auf und stimmen allen Forderungen der Gegenseite zu, 3. Sie versuchen, über das Nein hinwegzukommen. Da die Optionen 1 und 2 recht schnell umzusetzen sind, befassen wir uns etwas ausgiebiger mit der Option 3. Doch eins nach dem anderen. Verlassen der Verhandlung Dies ist die Flucht ohne Wiederkehr. Sie schlagen eine Türe zu, die nicht wieder aufgeht. Sie können das machen, wenn Sie sich ihrem BATNA sicher sind. Denn dann haben Sie ja eine gute Alternative und können auf die Lösung des Konflikts verzichten. Ist die Türe nun tatsächlich für immer zu? Das kann man nicht mit Gewissheit sagen. Denn weder Sie noch ich können in die Köpfe unserer Konfliktpartnerinnen hineinschauen. Wenn aber Ihre Konfliktpartner im Nachgang an Ihre Türe klopfen und doch noch mit Ihnen sprechen möchten, 218 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="219"?> bedeutet dies zwei Dinge für Sie: Erstens, sind die Konfliktpartner doch an der Konfliktlösung interessiert und zweitens werden Sie nun eine größere Verhandlungsmacht haben, denn die anderen sind ja von Positionen abgewichen, was mit Machtverlust gleichbedeutend ist. Zustimmen zu allen Forderungen und Positionen Sie haben den Konflikt durch Aufgabe gelöst, das ist der Weg der Unter‐ ordnung. Nun wird es schwierig für Sie, sich jemals wieder auf Augenhöhe zu begegnen. Sie können mehrerlei versuchen. Bevor Sie aufgeben, stellen Sie Forderungen für die zukünftige Zusammenarbeit, die Ihnen Vorteile sichert. Dann wäre die Unterordnung eine Art Eintrittskarte für zukünf‐ tige Kooperationen. Sollte dies missglücken, dann rate ich dazu, dass Sie in den nachfolgenden Begegnungen eine andere Person in die Verhandlungen schicken. Damit muss Ihnen kein Zacken aus der Krone fallen. Das ist strategisch sinnvoll, weil ein ‚neues Gesicht‘ dann wieder mit Stärke in die zukünftigen Verhandlungen gehen kann. Über das Nein hinwegkommen Sie sitzen zusammen wegen des Konflikts? Dann muss Ihr Gegenüber an einer Lösung interessiert sein. Daher wäre die Frage berechtigt: „Warum sind wir hier zusammen? “ Wenn Ihnen dies in der Situation zu offensiv erscheint, dann sollten Sie einen anderen Weg gehen: Stellen Sie Suggestivfragen, die man mit ja beantworten muss. Im → Abschnitt 4.7.4 bin ich darauf eingegangen. Unterstützen Sie Fragen mit Mikromimik (Achtung: vorher trainieren! ). Er‐ warten Sie ein ja, unterstützen Sie dies mit leichtem bejahendem Kopfnicken. Wünschen Sie sich ein nein, bewegen Sie den Kopf kaum merklich wie bei einer Ablehnung. Außerdem sollten Sie wie beim Schreiben des Protokolls auch, die Gemeinsamkeiten betonen, die sie mit Bezug auf den Konflikt haben. Gemeinsamkeiten kann man nicht widersprechen. Denken wir uns in eine Situation hinein: Ihr Gespräch stockt. Ihr Gegen‐ über erscheint aufgebracht, zornig und wirkt drohend. Vielleicht hat er Ihnen sogar tatsächlich gedroht oder wurde persönlich, verwendete unfaire Dialektik. Sie stehen an dem Punkt, an dem Sie entscheiden, ob Sie abbrechen oder es nochmal versuchen sollten. 5.6 Wenn nichts mehr geht: Verhandlungsstau auflösen 219 <?page no="220"?> Erster Schritt: Machen Sie eine Biopause. Sie müssen die Emotionen wieder normalisieren. Zweiter Schritt: Haben Sie und Ihre Gegenüber Getränke, dann nutzen Sie die Gelegenheit, diese wieder aufzufüllen. Nehmen Sie, wenn das für Sie möglich ist, dasselbe Getränk wie Ihr Gegenüber. Das schafft eine kleine, aber unbewusste Gemeinsamkeit. Trinken Sie, wenn Ihr Gegenüber trinkt. Eine weitere kleine Gemeinsamkeit. Dritter Schritt: Wurden unsachliche Forderungen gestellt? Gab es fal‐ sche Anschuldigungen oder Lügen? Nur die Ruhe. Wenn es eine Chance auf Einigung gibt, bekommen Sie diese vom Tisch. Das erfordert viel Geduld und Beherrschung von Ihnen. Gehen Sie Punkt für Punkt die Behauptungen an. Nennen Sie zuerst das Thema. Handelt es sich z. B. um falsche Liefertermine, dann wäre das Topic Liefertermin. Wenn es um nicht erreichte Spezifikatio‐ nen geht, ist die Überschrift das betroffene Spezifikationsmerkmal usw. Dann visualisieren Sie die Aussagen Ihrer Gegenüber neben den Fakten. Stellen Sie Ihre Gegenüber nicht bloß, denn ansonsten kann es mit der Ruhe wieder vorbei sein. Hat man Ihnen vorgehalten ‚zu viel‘, ‚zu teuer‘, ‚zu klein‘ oder ähnliches zu sein, so bleiben Sie ruhig und fragen „Wie viel ist denn zu viel? Nennen Sie mir bitte Zahlen [messbare Größen], damit ich ein Gespür dafür bekomme.“ Ich habe es einmal erlebt, dass einem Einkäufer daraufhin nichts eingefallen war, weil er geblufft hatte. Vierter Schritt: Fangen Sie mit den Suggestivfragen an. Achten Sie darauf, dass Sie gegen Ende nahezu ausschließlich solche stellen, die mit ‚ja‘ beantwortet werden können. Denn so bildet die positive Stimmung, eine Neigung dazu, ja zu sagen anstatt nein. • Gibt es schon Gemeinsamkeiten? Dann stellen Sie Ihre erste Suggestivfrage in diese Richtung: - „Ich schaue für uns nochmal auf das Erreichte. Sie stimmen doch zu, dass wir in punkto [Termin, Menge, Qualität, Spezifikation etc.] einig sind? “ - „Sie finden doch auch, dass wir uns schon über dieses [Sachver‐ halt] geeinigt haben? “ - „Wenn ich in meine Notizen schaue, dann haben Sie dem [Sach‐ verhalt] auch bereits zugestimmt, richtig? “ 220 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="221"?> • Es gibt noch keine Gemeinsamkeiten. Dann müssen Sie kreativ werden: - „Wir sind uns doch darüber einig, dass wir gemeinsam eine Lösung finden möchten? “ (Achten Sie auf die Sprachmelodie, sprechen Sie diese Frage als Suggestivfrage aus.) - „Gut. Sie stimmen zu, dass wir dann mit dem Punkt [Sachverhalt] weitermachen? “ (Achtung: Wählen Sie nach Möglichkeit einen Sachverhalt, der wahrscheinlich einfach zu lösen sein wird, wo Sie und Ihr Gegenüber sich am nächsten waren.) - „Prima. Dann fasse ich unsere beiden Sichtweisen nochmal zusam‐ men, wenn das für Sie okay ist? “ (Hier sollten Sie idealerweise die Unterschiede neutral und sachbezogen wiedergeben. Fangen Sie nun an, kleine Zugeständnisse anzubieten, aber nur mit der Zusi‐ cherung, dass in einem anderen Punkt Ihr Verhandlungspartner sich auf Sie zubewegt.) Ein weiteres Mittel ist die Methode, die auch Gandhi verwendet hat (→ Abschnitt 5.5.2). Vergessen Sie nicht, dann eine Forderung Ihrerseits zu äußern. Wenn Sie die Filmsequenz gesehen haben, erkennen Sie, dass Gandhi dabei ruhig und sachlich blieb. Sicher hatte er im Vorfeld meditiert (→-Abschnitt 5.2.3). Wenn Sie das alles nicht weiterbringt, müssen Sie versuchen herauszufinden, was bei Ihrem Gegenüber los ist. Hat er einen schlechten Tag oder ist er vielleicht nur mit dem falschen Bein aufgestanden? Hat er Druck von einer Vorgesetzten, will vielleicht selbst zustimmen, kann aber mangels Autorität nicht anders? Hierzu eignen sich Pausen, die Sie nicht allein verbringen, sondern mit dem Verhandlungspartner. Wenn es mehrere sind, wählen Sie diejenige Person aus, von der Sie sich vorstellen können, mit ihr frei zu sprechen. Schlagen Sie also eine Pause vor. Gehen Sie Mittagessen (satte Menschen sind ruhiger, weil ein Grundbedürfnis befriedigt ist). Machen Sie eine Kaffeepause. Tun Sie etwas Gemeinsames. Nähern Sie sich den Personen mit Smalltalk. Fangen Sie an, etwas von Ihrer Situation zu erzählen und stellen Sie Suggestivfragen nach dem Befinden der anderen Person. Wenn Sie Persönliches vermeiden möchten, suchen Sie ein unverbindliches Thema aus der Firma. Geben Sie scheinbar geheime Informationen preis. So verschaffen Sie sich etwas mehr Macht. Aber versichern Sie sich immer, dass auch Ihre Gegenseite sich öffnet. Nach der einen oder anderen Suggestivfrage muss eine offene Frage folgen. Hören Sie zu und zeigen Sie Empathie. 5.6 Wenn nichts mehr geht: Verhandlungsstau auflösen 221 <?page no="222"?> Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Es gibt Verhandlungsgegner, Neinsager. Hier muss man das Vorgehen ändern. Wie wenden Sie das an? Am Anfang treffen Sie die Entscheidung, ob Sie Alternativen haben oder eine Konfliktlösung herbeiführen möchten. Sie können gehen oder sich unterwerfen. Bei Neinsagern können Sie mit den vorgestellten Mitteln und Wegen langsam und bedächtig die Personen dazu bringen, ja zu sagen. Diese Zustimmung erreichen Sie durch Suggestivfragen, deren Antwort logischerweise ein Ja ist. Sie tasten sich dann systematisch zu dem Konfliktpunkt vor, bei dem die geringste Differenz besteht. Bieten Sie hier ein Entgegenkommen an. Das Motto gilt weiterhin: No Giving Without Taking. 5.7 Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung - oder Wie war ich? „Eine Person, die nie einen Fehler gemacht hat, hat nie etwas Neues ausprobiert.“ Albert Einstein (*1879 †1955) Überblick | Dieser Abschnitt beinhaltet … • Fragen, die Sie sich nach Verhandlungen stellen können und • eine Checkliste für die systematische Nachbereitung. Nachdem Sie nun das Konflikt- und Verhandlungsmanagement ausführlich studiert und erprobt haben, komplettiert dieser Abschnitt dieses Buch. Denn ohne Nachbereitung können Sie nicht so schnell an Erfahrung gewinnen. Es mag Ihnen lästig erscheinen nach einer vielleicht sogar erfolgreichen Verhandlung darüber nachzudenken, wie die Verhandlung lief. Aber: Meiner Erfahrung nach gibt es keine optimale Verhandlung. Irgendwo auf dem Weg zur Konfliktlösung hat sich immer ein Fehler eingeschlichen. Die Folgen sind vielleicht nicht immer dramatisch, das kann aber auch nur auf den ersten Blick so erscheinen. Als ich im → Abschnitt 4.1 über das Lernen von Kleinkindern sprach, habe ich darauf hingewiesen, dass Ihre Konfliktgegner immer aus Ihren Fehlern lernen. Denn Ihre Fehler sind die Erfolge der 222 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="223"?> Gegenseite. Und beim nächsten Zusammentreffen wird Ihnen das vielleicht zum Verhängnis. Aber wie sieht es bei sehr gut gelaufenen Verhandlungen aus? Auch aus diesen können Sie lernen. Denn wenn es Ihnen einmal gelungen ist, mit dieser oder jener Taktik Ihre Verhandlungsziele erreicht zu haben, können Sie diese ja in kommenden Verhandlungen wieder einsetzen und sogar verfeinern. Lessons Learned gilt also für Erfolge und Misserfolge. Ähnlich wie bei den Vorbereitungen finden Sie hier eine Checkliste, die Sie nach Belieben ergänzen dürfen und nach einer Verhandlung durchgehen. Checkliste |-Fragen an sich selbst • Konnten Sie sich physisch und psychisch vorbereiten? Wenn nein, woran lag das? • Welches BATNA hatten Sie? • Haben Sie ein BATNA bei Ihrem Gegenüber erkannt? • In welchen Einigungsraum (ZOPA) wurde schließlich verhandelt? • Wie weit/ nah lag die Einigung an Ihren Zielen (soweit möglich: absolute und relative Abweichungen der Ziele festhalten)? • Gab es Verhaltensmuster der Gegenüber? • Haben Sie den Persönlichkeitstypen Ihrer Gegenüber erkannt? • Wenn ja: Welchen Typus hatten die einzelnen Individuen (DISG, MBTI)? • Welcher Konfliktmodus lag überwiegend vor? • Welche Konfliktlösungsstrategie kam zur Anwendung? • Gab es Eskalationen? Konnten Sie diese dann deeskalieren (durch Einsatz von Pausen, rhetorischen Mitteln, Körpersprache)? • Wie empfanden Sie die Machtverhältnisse? Wie können Sie Ihre Macht in Zukunft stärken? • Gab es Fragen, die Sie nicht beantworten konnten? Woran lag das? • Was war überflüssig (zu viel Präsentation, unpassende Inhalte usw.)? • War der geplante zeitliche Umfang zu kurz oder zu lang? Wenn ja, woran lag das? • Sind die Konflikte gelöst worden? • Sind neue, noch offene Konflikte entstanden? Wodurch? • Welche Vereinbarungen wurden getroffen? 5.7 Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung - oder Wie war ich? 223 <?page no="224"?> • Was war das besonders positive Erlebnis für Sie? • Was war das negative Erlebnis für Sie? Zum Abschluss die vielleicht wichtigste Frage: • Sie haben eine Zeitmaschine und dürfen genau diese Verhandlung noch einmal führen: Was würden Sie anders machen? Checkliste |-Professionelle Nachbereitung 1. Protokoll Korrekturlesen und verteilen (idealerweise bereits in der Sitzung) 2. Rückschau auf die Erwartungen und Ziele - Was wurde erreicht? Wie wurde dies erreicht? - Was wurde nicht erreicht? Warum? Was kann man ändern, um die eigenen Ziele zu erreichen? 3. Wurden Ihre gesteckten Grenzen eingehalten? - Falls diese überschritten wurden: Warum? - Wie viel (absolut/ relativ)? - Welche Konsequenzen hat dies für Sie und Ihr Unternehmen? - Was können Sie beim nächsten Mal besser machen? 4. Konfliktlandkarte nachpflegen - gelöste Konflikte entfernen - neue Konflikte eintragen - neue einflussnehmende soziale Aggregate eintragen - nicht mehr beteiligte Aggregate entfernen 5. vereinbarte Aktionspunkte intern klären, Zeitplan vereinbaren bzw. sofort erledigen 6. (langfristige) Vorbereitung der nächsten Verhandlung starten Nun haben Sie hoffentlich viele Erkenntnisse gewonnen. In vorangegange‐ nen Abschnitten finden Sie die Methoden, Kniffe und Tricks, wie Sie aus möglichen Fehlern schneller lernen können. Nehmen Sie sich die Zeit dafür und lassen Sie sich nicht vom nächsten Termin hetzen. Denn wenn Sie pro‐ 224 5 Der Fahrplan des Verhandlungsmanagements <?page no="225"?> fessionell vorbereitet sind, laufen Konfliktlösungen durch Verhandlungen schneller und Sie gewinnen mehr Zeit. Und Sie werden professioneller, weil Sie in der Vorbereitung immer geübter sind und durch die Nachbereitung Ihre Schwächen erkennen und ausbügeln können. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß in den kommenden Verhandlungen. Der Abschnitt in 100 Worten Worum ging es? Ein Element des Konflikt- und Verhandlungsmana‐ gements ist die Nachbereitung. Die Nachbereitung besteht aus zwei Kernelementen: Zum einen stellen Sie sich Fragen, die auf eine Reflexion der beendeten Verhandlung hinzielen. Dann gibt es noch eher formale Aktionspunkte, die Sie nach jeder Verhandlung abarbeiten können. Diese Checkliste schließt an die der Vorbereitung und der Durchführung an. Wie wenden Sie das an? Beantworten Sie sich die Fragen. Seien Sie sich gegenüber ehrlich. Stellen Sie anhand Ihrer Antworten fest, wo Sie Lücken hatten, und gehen Sie zum entsprechenden Abschnitt im Buch, um diese zu schließen. Die Checklisten arbeiten Sie routinemäßig ab. 5.7 Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung - oder Wie war ich? 225 <?page no="227"?> 6 Zum Schluss: Aus dem Nähkästchen geplaudert Wenn ich darauf zurückblicke, was ich in meiner Industriezeit gemacht habe, um erfolgreich zu sein, kommt eine Menge zusammen. Vieles von dem, was oben steht, kannte ich und habe es nach und nach in meinen Alltag integriert. Aber da waren viele kleine Dinge im täglichen Leben, die ich Ihnen gerne an die Hand geben möchte: Mein Glossar der kleinen alltäglichen Dinge, die mich besser durch die Wochen und Jahre gebracht haben. Und als Bonus: Mein Verhandlungs-ABC. Viel Erfolg! 6.1 Meine persönlichen Regeln zum Verhandlungserfolg Hier finden Sie alles, was mir geholfen hat, Konflikte zu lösen und erfolgreich zu verhandeln. Suchen Sie sich die Methoden aus, die Ihnen zusagen. Probieren Sie sich aber auch an Neuem aus! Bleiben Sie offen. Checkliste |-Im Alltag • Trainiere Verhandlungen hart, mache Sparrings. • Lerne aus deinen Fehlern. • Iss ein leichtes Mittagessen. • Blockiere morgens eine Stunde in deinem Kalender, um die Mails zu sortieren und zu beantworten sowie den Tagesplan durchzugehen. • Blockiere nach dem Mittagessen im Kalender eine Stunde für Anrufe bei Kunden, bei denen keine Konflikte zu lösen sind. • Lasse dir nicht deinen Tag von anderen verplanen: Wenn ein Mee‐ ting angefragt wird, blockiere in deinem Kalender sofort 15-30 Minuten davor und danach für Vor-, Nachbereitung und Wege zum Meeting. • Gönne dir eine körperliche Aktivität wie Sport oder einen zwanzig‐ minütigen Spaziergang, auch bei mehrtägigen Dienstreisen. • Beim Langstreckenlauf lernt man seine mentalen und physischen Schwächen kennen. Diese zu kennen, hilft bei Verhandlungen. • Wenig oder keinen Alkohol, insbesondere in Gegenwart von Kunden. <?page no="228"?> • Keine Verbrüderung mit Kollegen oder Kunden. Ein höfliches aber distanziertes „Du“ ist okay. • Mach dir Notizen über Vorlieben deiner Kunden: Welches Essen, welche Sitten, Persönliches. Greif darauf zurück, um positive Stim‐ mung zu erzeugen. • Mach dir Notizen mit den Standardangriffen deiner Kunden und überlege dir Verteidigungsstrategien. • Habe für Notfälle immer ein zweites Outfit im Büro. Checkliste |-Auf Reisen und im Hotel • Laufschuhe, Sporthose, -socken und -shirt passen immer ins Gepäck. • Bei Check-in bezahlen, das erspart morgens die lange Warte‐ schlange. • Morgens eine Stunde vor allen anderen, mindestens 30 Minuten, eine körperliche Aktivität ausüben. • Sei Erster beim Frühstück und in bequemer Kleidung. • Nach dem Frühstück Zähne putzen, dann umziehen für die Verhand‐ lung. • Riskiere einen Blick in den Spiegel. • Bei langen Dienstreisen über eine Woche. Ein Tag an der frischen Luft, spazieren gehen, kein Handy, kein Rechner. • Komme nie mit gepacktem Koffer zum Frühstück. Nimm dir Zeit für dich. Checkliste |-Vor und in Verhandlungen • Sei du selbst. • Lüge nicht. • Sei vorbereitet, habe einen Fahrplan als Orientierung dabei. • Mach eine Biopause, wenn der Puls durch die Decke zu schießen droht. • Wenn du eine Frage nicht beantworten kannst, gib das zu und kümmere dich um die Antwort zeitnah. 228 6 Zum Schluss: Aus dem Nähkästchen geplaudert <?page no="229"?> • Gib niemals eine Preisangabe heraus, von der du nicht weißt, ob sie richtig ist. • Ende immer mit der Vereinbarung einer nächsten Aktivität mit dem Kunden. 6.2 Mein Verhandlungs-ABC Und hier ist mein ABC des Konflikt- und Verhandlungsmanagements. Sie finden alle Themen im Buch wieder: A Anfangen mit Routinefragen B Beharrlichkeit in der Sache C Claims am Anfang der Verhandlung verteidigen D Disjunkte Fragenpaare nach Kano vorbereiten E Einigungsraum finden F Fragetypen richtig anwenden G Geschlossene Fragen zur Bestätigung nutzen H Harvard-Prinzipien beachten I Integrative Taktiken führen zur Einigung J Jeopardy! für Verhandlungsfragen üben und zur Vorbereitung nutzen K Konfliktlandkarte erstellen L Lösungsstrategie vorbereiten M Macht steigern N Nutzen aufzeigen O Objektiv bleiben P Persönlichkeitstypen erkennen Q Qualitätsmerkmale aufzeigen S SPIN-Technik anwenden T Taktiken planen und nutzen 6.2 Mein Verhandlungs-ABC 229 <?page no="230"?> U Umweltfaktoren mit einbeziehen V Verhandlungsmanagement gestalterisch nutzen W W-Fragen offen gestalten X Xenophil - offen für fremde und neue Menschen sein Y Yoga als Entspannungstechnik vor Verhandlungen machen Z Zuspruch zu kleinen Einigungen signalisieren 230 6 Zum Schluss: Aus dem Nähkästchen geplaudert <?page no="231"?> 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen Lösungsbeispiel ▶ Übung 3.1 | Reflexion zu sozialen Aggregaten und Zielen Sie sind Vertriebsmitarbeiterin. Es existiert ein Konflikt mit der Organisati‐ onseinheit Produktmanagement. • Das gemeinsame Ziel ist die erfolgreiche Markteinführung eines neuen Produktes • Das Produktmanagement hält sich nicht an den vereinbarten Zeitplan der Markteinführung und wird später liefern. Grund sind weitere Fea‐ tures, die das Produkt erfüllen soll. • Sie werden nervös und sind laut und unsachlich beim Gespräch mit der Leitung des Produktmanagements. Das Produktmanagement lässt Sie alleine mit Ihren Kunden. • Sie erreichen, dass das Produkt ohne die weiteren Features Ihren Kunden vorgestellt wird, anstatt diese nur über die Verzögerung zu informieren. Hinweise: • Gemeinsamkeiten finden, um bei Bedarf darauf zurückzugreifen. Es ist gut zu zeigen, wo man steht und was man erreichen will. Siehe →-Abschnitt 3.2.1 sowie→-Abschnitt 5.5.3 • Klarwerden über den Kern des Konflikts. Siehe → Abschnitt 3.2.1 sowie →-Abschnitt 5.5.3 • Selbstreflexion und Feedback geben. Siehe →-Abschnitt 5.7 • Oftmals gibt es einen Workaround. Siehe → Abschnitte 4.2.3 und →-Abschnitt 4.2.2 Lösungsbeispiel ▶ Übung 4.1.1 | Reflexion über Verhandlungen zur Reflexionsübung Illustriert an einem Beispiel: Kinobesuch 1. Kino mit Partnerin: Komödie oder Actionfilm? 2. Interpersonell zwischen zwei Menschen. 3. Mein Ziel: Komödie; Partnerin: Actionfilm. 4. Actionfilm. <?page no="232"?> 5. Die Komödie hatte schlechte Kritiken, die meiner Partnerin nicht gefie‐ len. Der Actionfilm hatte hingegen gute Bewertungen. 6. Als sie sagte, dass sie in mehreren Posts las, dass der Trailer der Komödie bereits alle witzigen Stellen des Films beinhaltet. Der Trailer des Actionfilms gab hingegen einen guten Vorgeschmack auf den Film. Ich kannte weder die Posts und Kritiken, noch die Trailer. 7. Ja, zuerst sehe ich mir die Trailer an. Ich würde dann Kritiken oder Bewertungen in Medien lesen und mir dann ggf. einen anderen Film als Alternativvorschlag aussuchen. Hinweise: • Es ist gut, sich an Verhandlungen und deren Ausgang zu erinnern, um aus ihnen zu lernen. • Wenn Sie Ihre Ziele erreicht haben, merken Sie sich den Weg, wie Sie dies geschafft haben. Haben Sie ein Ziel nicht erreicht, fragen Sie sich, was ging aus Ihrer Sicht schief ? Oder: War es Ihnen vielleicht egal? • Lernen sie aus Erfolgen und Misserfolgen. Begreifen Sie eine Niederlage als Erkenntnisgewinn. Nutzen Sie Erfolge als Rezept für zukünftige Verhandlungen. • Werten Sie die Bedeutung bzw. Gewichtung von Ihren Zielen. War Ihnen das Filmgenre egal? Oder war es vielleicht einfach wichtiger für Sie, mit Ihrer Partnerin gemeinsame Zeit zu verbringen? Lösungbeispiel ▶ Übung 4.2.2 | Kaufen Sie im Geschäft ein Produkt (oder tun Sie so als ob) Sie möchten eine Küchenmaschine bzw. einen Mixer kaufen. Ihre Zahlungs‐ bereitschaft beträgt maximal 75 €, Ihr Wunschprei liegt bei 49,95 €. Weiteres: Die Maschine soll rot sein und drei Stufen haben. Wenn Sie sich Mixer ansehen, finden Sie von vielen verschiedenen Marken Handrührgeräte, Mixer für Smoothies und Küchenmaschinen mit Rührschüssel. Die Preis‐ spanne liegt je nach Marke und Ausführung zwischen 11 € und 110 € bei Handrührgeräten, bei Standgeräten gehen die Preise bis 1.000 €. Da hat man die Qual der Wahl. Was spräche gegen das preiswerteste Gerät? Bieten Maschinen über 75 € etwas, das Sie begeistert? Bleibt es bei Ihrer maximalen Zahlungsbereitschaft? 232 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen <?page no="233"?> Hinweis: Ich liebe den Selbsttest für selbst gesetzte Grenzen und trainiere das mit meinen Studierenden. Die dürfen sich aus einer Liste von 100 aktuellen Smartphones eins aussuchen. Allerdings verschweige ich Preis und Marke der Produkte, sie sehen tatsächlich nur technische Spezifikationsmerkmale. Nur in seltenen Fällen kommt es dazu, dass eine Studierende ihre Lieb‐ lingsmarke ausgewählt hat, noch seltener wurden die beiden führenden Hersteller gewählt. Marken können hilfreich sein, versprechen sie doch eine bestimmte Produktqualität. Zugleich behindern sie darin, sich für andere Marken und möglicherweise besser geeignete Produkte zu öffnen. Auch stelle ich bei mir persönlich fest, dass ich meine maximale Zahlungsbereit‐ schaft ab und zu nach oben anpasse. Das passiert genau dann, wenn das teurere Produkt Merkmale aufweist, die ich nicht auf meiner Liste hatte, die aber für mich interessant sind. Lösungbeispiel ▶ Übung 4.2.2 | Startkonflikt Startkonflikt konkret benennen: Ein Unternehmen bietet Ihnen eine Photovoltaikanlage zum Preis von 15.200 € an. Sie haben ein Budget von 13.000 €. • spezifisch: Preis • quantitativ: 15.200 €-13.000 € = 2.200 € • absolut: 2.200 € • relativ (Ihre Sicht): 17 % zu teuer • soziale Aggregate: Startkonflikt zwischen Ihnen (Individuum) und einer Organisation (das Photovoltaik-Unternehmen) • machbar: ja Hinweis: Die klare Benennung der Konflikte ermöglicht eine Besinnung auf Fakten, weg von Emotionen. Haben Sie es mit Zahlen zu tun, ermöglicht Ihnen dies eine Einschätzung dessen, wie weit Sie und ihr Konfliktpartner ausein‐ anderliegen. Im Lösungsbeispiel sind es 17 %. Das ist durchaus viel. Läge Ihr Budget bei 15.000 €, so wäre die Differenz 200 €, was 1,3 % entspräche. Eine Einigung wäre hier sicherlich einfacher zu erzielen. Sie haben es mit einem Unternehmen zu tun. Solange dies so anonym ist und kein Individuum als Ansprechpartner für Sie greifbar, ist es problematisch schnell eine Einigung zu erzielen bzw. überhaupt zu verhandeln. Gruppen sind 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen 233 <?page no="234"?> ebenfalls schwer zu greifen: Stellen Sie sich Fans in einem Konzert vor. Wie könnten Sie als Veranstalterin eine Einigung erzielen, die für alle akzeptabel wäre? Umgekehrt wäre es für Sie als Gruppe ebenso schwer, Ihre Ziele gegenüber Organisationen durchzusetzen. Daher formen sich aus Gruppen schnell Organisationen. Die Frage nach der Machbarkeit stellt sich eher selten. Allerdings können Kundenforderungen zuweilen technologisch noch nicht machbar sein oder die Wünsche sind nach Stand der Kenntnis nicht umsetzbar. Das habe ich alles schon erlebt. Nicht immer kennen Kunden das Machbare und fordern daher in Unwissenheit Unmögliches. Lösung ▶ Übung 4.3.2 | Konfliktlandkarte Lösungen für die Übungsteile 1 und 2 Veronica (V) Individuum TYPISCH (T) Organisation Gross AG (GAG) Organisation Mittel GmbH (MGH) Organisation Produktionsabteilung (PA) Organisation, Teil der Mittel GmbH Ahmet (A) Individuum, Teil der Mittel GmbH, Teil der Produktionsabteilung Samira (S) Individuum, Teil von TYPISCH Ömer (Ö) Individuum, Teil der Gross GmbH Lösungen für die Übungsteile 3 und 5 Ich habe folgende Gewichtungen der Konfliktintensitäten vorgenommen: 1. Geringe Intensität, da im Lösungsprozess befindlich (es sind noch nicht alle Teile geliefert worden) 2. Mittlere Intensität, da ohne weiteren Auftrag kein weiterer Konflikt auftreten kann. Allerdings besteht die Gefahr eines Lieferengpasses. 3. Starke Intensität: Der neue Auftrag kann nicht erfüllt werden wegen Punkt 2 234 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen <?page no="235"?> 4. GAG und MGH sind nun in Konkurrenz zu den zur Verfügung stehenden Produkten. Beide Unternehmen werden darüber miteinander keine Lösung erzielen. Der intensive Konflikt PA → V → A ist ein Konflikt ausgelöst durch PA, zu lösen ist dieser aber durch V mit A. Von etwas geringerer Intensität ist der Spiegelkonflikt PA → V → Ö, da Ö von der MGH ja eine Zusage hat und schon Produkte geliefert bekommen hat. Abb. 13: Lösung zur Übung in 4.3.2, kommt in das Lösungskapitel am Ende des Buchs! TYPISCH (T) PA Veronica Gross AG (GAG) Ömer Mittel GmbH (MGH) Ahmet 1 2 3 4 4 Samira 4 Abb. 13: Konfliktlandkarte zur Übung | eigene Darstellung Lösungen für den Übungsteil 4 1. Der Auftrag der MGH kann durch T erfüllt werden (in Lösung befindli‐ cher Konflikt: Es müssen noch Produkte geliefert werden). 2. Nach dem laufenden Auftrag 1 kann nicht weiter geliefert werden (Konflikt). 3. Ein neuer Auftrag von GAG kommt mit großen Erwartungen (Konflikt). 4. Wegen des Lieferengpasses stehen GAG und MGH in Konkurrenz um die Lieferung zueinander. Durch PA wird der Konflikt als Konflikt Dritter über V ein Konflikt zwischen V und A sowie zwischen V und Ö (Konfliktkette). 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen 235 <?page no="236"?> Lösung ▶ Übung 4.5.6 | a: Welche Belbin-Typen sind nach DISG dominant (rot)? Hier ist der Macher sicherlich der dominanteste Typ gefolgt von der ego‐ zentrischen Spezialistin. Der Erfinder ist auch dominant, da dieser aber nicht egozentrisch veranlagt ist, ist diese weniger dominant als die Spezialistin. Typ Eigenschaften Macher ZIEL- UND ERGEBNISORIENTIERT, ENERGETISCH, motivierend, ANSPRUCHSVOLL, PROVOZIEREND, fokussiert, dynamisch, wörtlich, AGGRESSIV Erfinder kreativ, unorthodox, IDEENGEBERIN, DENKT ALLEINE, frei den‐ kend, INNOVATIV, gedankenverloren, fantasievoll, ignorieren Nebensachen Spezialistin lernbegierig, Wissensquelle, Expertin, denkt alleine, UNABHÄN‐ GIG, EGOZENTRISCH, egozentrisch, engagiert, korrekt, entschei‐ dungsfreudig, ausgrenzend durch Sprachwahl Lösungstabelle 1: Lösung: Dominante Belbin-Typen | eigene Darstellung Lösung ▶ Übung 4.5.6 | b: Welche Belbin-Typen sind nach DISG stabil (grün)? In dieser Auswertung habe ich R E F L E KTI E R E ND und NACHD E NKLICH gleichge‐ setzt. Die „gelben“ Eigenschaften sind bei keinem der neun Belbin-Typen vorherrschend. Man könnte sagen, dass die unten gelisteten Belbin-Typen alle etwas gelb sind, aber nicht gelb leuchten. Typen - Umsetzerin selbstdiszipliniert, ZUVERLÄSSIG, praxisnah, organisiert, dis‐ zipliniert, gewissenhaft Perfektionist perfektionistisch, prüfend, genau, sorgfältig, fleißig, gewis‐ senhaft, REFLEKTIEREND, hinterfragt, termintreu, detailliert, zu pingelig, ZU NACHDENKLICH, hinterfragt alles Koordinatorin delegierend, sieht das große Ganze, selbstbewusst, STABIL, erfahren, erkennt Potenziale des Teams, entschlussfreudig, wirkt manipulativ 236 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen <?page no="237"?> Wegbereiter extravertiert, aufgeschlossen, neugierig, erkunden neuer Ideen, Netzwerker, offen, HILFREICH, sozial, gesellig, enthu‐ siastisch, optimistisch Teamarbeiterin extravertiert, ZUHÖRERIN, Konfliktmanagerin, UNETRS‐ TÜTZEND, neutral, objektiv, anpassungsfähig, sozial, gesel‐ lig, freundlich, empathisch, kann unschlüssig wirken Lösungstabelle 2: Lösung: Grüne Belbin-Typen | eigene Darstellung Lösung ▶ Übung 4.5.6 | c: Welche Belbin-Typen sind nach DISG beeinflus-send (gelb)? Beeinflussende Typen sind kommunikativ. Daher finden sich alle drei Kommu‐ nikationsorientierte nach Belbin in der Lösungstabelle. Hier habe ich in jeder Auflistung zur Verdeutlichung den Begriff K OMMUNIKATIV ergänzt. Lassen Sie die Lösung auf sich wirken. Sie stimmen mir sicherlich zu, dass der Wegbereiter der deutlich gelbe Belbin-Typ ist. Diesem könnte man noch aufgeschlossen, Netzwerker leicht hinzufügen, ohne allzu große Fehler zu machen. Die vier anderen sind leicht gelb, haben nur wenig gemein mit den beeinflussenden Typen nach dem DISG-Modell. Typen - Erfinder KREATIV, unorthodox, Ideengeberin, denkt alleine, frei den‐ kend, innovativ, gedankenverloren, FANTASIEVOLL, ignorie‐ ren Nebensachen Spezialistin lernbegierig, Wissensquelle, Expertin, denkt alleine, unab‐ hängig, egozentrisch, EGOZENTRISCH, engagiert, korrekt, entscheidungsfreudig, ausgrenzend durch Sprachwahl Koordinatorin delegierend, sieht das große Ganze, selbstbewusst, stabil, erfahren, erkennt Potenziale des Teams, entschlussfreudig, WIRKT MANIPULATIV, KOMMUNIKATIV Wegbereiter extravertiert, AUFGESCHLOSSEN, neugierig, erkunden neuer Ideen, NETZWERKER, OFFEN, hilfreich, SOZIAL, GESELLIG, ENTHUSIASTISCH, OPTIMISTISCH, KOMMUNIKATIV Teamarbeiterin extravertiert, Zuhörerin, Konfliktmanagerin, unterstützend, neu‐ tral, objektiv, anpassungsfähig, SOZIAL, GESELLIG, freundlich, empathisch, kann unschlüssig wirken, KOMMUNIKATIV Lösungstabelle 3: Lösung: Gelbe Belbin-Typen | eigene Darstellung 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen 237 <?page no="238"?> Lösung ▶ Übung 4.5.6 | d: Welche Persönlichkeitstypen nach Myers-Briggs bzw. DISG passen zu welchem Belbin-Typen? Ordnen Sie für jeden Belbin-Charakter einen oder mehrere DISG- und MBTI-Charaktere zu. Abb. 14 : Belbin-MBTI-DISG Belbin vorrangig nachrangig viel gemein gering gemein wenig gemein Macher (Shaper) ENTJ ENSJ dominant ROT Umsetzerin (Implementer) ESTJ statisch GRÜN gewissenhaft BLAU Perfektionist (Finisher, Completer) ISTJ gewissenhaft BLAU statisch GRÜN Erfinder (Plant) INTP dominant ROT beeinflussend GELB Beobachter (Monitor, Evaluater) ISTJ gewissenhaft BLAU Spezialistin (Specialist) INTJ dominant ROT beeinflussend GELB gewissenhaft BLAU Koordinatorin (Co-ordinator) ENFJ beeinflussend GELB statisch GRÜN Wegbereiter (Investigator) ENFP beeinflussend GELB statisch GRÜN Teamarbeiterin (Team Worker) ESFP statisch GRÜN gewissenhaft BLAU beeinflussend GELB kommunikationsorientiert DISG MBTI Belbin Typus handlungsorientiert wissensorientiert Abb. 14: In dieser Tabelle wurden den Belbin-Persönlichkeitstypen korrespondierende MBTI- und DISG-Typen zugeordnet | eigene Darstellung Lösung ▶ Übung 4.7.1 | Vertiefung des Sender-Empfänger-Modell • Situation a: Gründer an Designer: 1: c; 4 c; Designer an Gründer: 1: c, d; 5: c, d • Situation b: Verkäuferin and Vertreterinnen: 1: a; 4: a; Vertreterinnen an Verkäuferin: 1: a; 5: a, b • Situation c: Lieferant an Empfängerin: 3: f, g • Situation d: Chinesen an Deutsche: 2: a, b, d, e; 3: f, g; 5: a, b, d, e Hinweise: • Situation a: Oftmals kommt es bei neueren Interessensgemeinschaften zur Schöpfung neuer Fachbegriffe, insbesondere auch zu neuen Abkür‐ zungen. Je jünger die Mitglieder der Gruppe, umso schneller ändern sich 238 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen <?page no="239"?> diese Begrifflichkeiten. Abhilfe schaffen Rückfragen und Erklärungen von Abkürzungen. • Situation b: Das habe ich selbst vor einigen Jahrzehnten erlebt und leider habe ich damals nicht die oben genannten Regeln zur Abhilfe von Missverständnissen angewendet: Ich war in Schottland, man verstand mein Englisch hinreichend gut. Das schottische Englisch war mir aber so fremd, dass ich anfangs nach jedem Satz nachgefragt habe, was gemeint sei. Irgendwann habe ich es dann aber aufgegeben. Heute würde ich wahrscheinlich mehr schriftlich an Whiteboards oder in Protokollen festhalten. • Situation c: Ob aus dem Auto oder der Bahn: Die Verbindungen sind fast immer gestört. In der Bahn kommt noch hinzu, dass man zu viele unbekannte Zuhörer hat. Meine Empfehlung ist, keine Telefonate aus Auto oder Bahn zu führen. Ich lehne sogar Anrufe von Kollegen, die im Auto oder der Bahn sitzen ab und bitte sie, später nochmal anzurufen. • Situation d: Hier kommen viele Aspekte zusammen. Neben der erheb‐ lichen Kanalstörung sind die Fehlerquellen durch Kodierungen und Dekodierungen mannigfaltig. Ich habe für Geschäftsessen meistens Restaurants gesucht, in denen der Lärmpegel gering war. Sollte die aus‐ ländischen Gäste sich aber eine Weinstube oder ein Brauhaus wünschen, dann würde ich empfehlen, nur noch Smalltalk zu machen. Lösung ▶ Übung 4.7.2 | Selbstreflexion zu den Ebenen Die Einschätzung, welchem Typus Sie angehören, lässt sich nach einem einzigen Test nicht so einfach feststellen. Aber Sie bekommen ein Gefühl, worauf Sie im Alltag achten können. Dies trainiert Ihr Einschätzungsver‐ mögen und Sie werden sich nach und nach sicherer, auf welcher Ebene Sie kommunizieren. Die Tipps sollen alle für ein konfliktfreies Abendessen sorgen und daher sind die vorgeschlagenen Reaktionen deeskalierend. 1. Sie hören wahrscheinlich auf der Appellationsebene. Es ist gut, wenn Sie sich Ihre Wahrnehmung bestätigen lassen. Sie können z. B. fragen: „Soll ich aus der Küche Salz bringen? “ 2. Sie hören wahrscheinlich auf der Beziehungsebene. Vielleicht fühlen Sie sich sogar angegriffen. Eine Rückfrage auf der Sachebene deeska‐ liert: „Möchtest du denn Salz zum Essen dazuhaben? “ Eine impulsive Reaktion auf der Beziehungsebene ist nicht zu empfehlen und würde 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen 239 <?page no="240"?> wahrscheinlich eher zur Eskalation führen: „Ich habe schon mit Salz gekocht. Ist das nicht schon genug Salz für dich? “. 3. Sie registrieren dies auf der Sachebene. Im Grunde genommen besteht für Sie kein Handlungsbedarf. Da Sie aber nicht wissen, auf welcher Ebene Ihr Gast kommuniziert, können Sie auch nachfragen, um Klärung herbeizuführen. „Stimmt, das sehe ich jetzt auch. Möchte denn jemand Salz? “ 4. Für Sie ist dies eine Selbstkundgabe. Ihr Gast hat hier ein Bedürfnis geäußert. Sie können sich vergewissern, ob Sie und Ihr Gast auf dersel‐ ben Ebene kommunizieren und Fragen: „Soll ich Salz auf den Tisch stellen? “ Lösung ▶ Übung 4.7.6 | Die Kano-Methode a. Gewicht eines Smartphones - Frage: Was denken Sie, wenn ein Smartphone über 400 g wiegt? Antwort: Das ist viel zu schwer. - Disjunkte Frage: Was denken Sie, wenn ein Smartphone weniger als 400 g wiegt? Antwort: Das erscheint mir immer noch zu schwer. - Störendes Merkmal b. Speicherkapazität - Frage: Wie fänden Sie eine Speicherkapazität von über 1 TB? Antwort: Gut, aber ich nutze die Cloud. - Disjunkte Frage: Wie fänden Sie eine Speicherkapazität die geringer als 1 TB wäre. Antwort: Das ist okay, denn ich nutze die Cloud. - Indifferentes Merkmal: Die Kundin nutzt eine Cloud und spei‐ chert die Dateien und Bilder dort. c. Akkulaufzeit - Frage: Wie fänden Sie es, wenn Ihr Smartphone auch nach 12 Stunden intensiver Nutzung noch Akkuladung hätte? Antwort: Das wäre schon sehr gut! - Disjunkte Frage: Wie fänden Sie es, wenn Ihr Smartphone nach weniger als 12 Stunden intensiver Nutzung geladen werden müsste? Antwort: Das wäre an der Grenze des akzeptablen. 240 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen <?page no="241"?> - Eindimensionales Merkmal: Je länger die Nutzungsdauer, desto höher die Zufriedenheit. d. Optisches Zoom - Frage: Wenn Ihr Smartphone ein 30-faches optisches Zoom hätte: Wie denken Sie darüber? Antwort: Das ist viel, brauche ich nicht. - Disjunkte Frage: Wenn Ihr Smartphone keinen 30-fachen opti‐ schen Zoom hätte: Wie denken Sie darüber? Antwort: Das stört mich nicht. - Indifferentes Merkmal: Das Vorhandensein oder die Abwesen‐ heit stört den Kunden nicht. e. Farbe - Frage: Wenn Ihr Smartphone anstelle von weiß oder schwarz nun grün oder blau wäre, wäre dies für Sie interessant? Antwort: Ja, das kann ich mir gut vorstellen. - Disjunkte Frage: Wenn Ihr Smartphone weiß oder schwarz wäre, aber nicht grün oder blau, wäre dies für Sie interessant? Antwort: Ich würde schon eine andere Farbe als weiß oder schwarz vorzie‐ hen. - Eindimensionales Merkmal: Das Vorhandensein führt zur grö‐ ßeren Zufriedenheit. Hinweise: Das Modell findet immer mehr Zuspruch, insbesondere im B2C-Bereich. Aber auch im B2B-Bereich findet das Modell Anwendung und wird einge‐ setzt. Eine besondere Unterstützung bietet das Kano-Modell dann, wenn Kunden von Merkmalen überzeugt werden sollen. Auch wenn Kunden noch keine genaue Vorstellung von dem Nutzen von Merkmalen haben und sich dies in widersprüchlichen Antworten spiegelt, hilft das Kano-Modell. 7 Lösungen der Aufgaben und Anmerkungen 241 <?page no="243"?> 8 Weiterführende Literatur Ackerman, Joshua M., Christopher C. Nocera und John A. Bargh. 2010. „Incidental Haptic Sensations Influence Social Judgments and Decisions“. 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Belbin, Raymond Meredith-102 Belbin-Inventar- Beobachter-104 Erfinder-104 Koordinatorin-105 Macher-103 Perfektionistin-104 Spezialistin-104 Teamarbeiterin-105 Umsetzerin-103 Wegbereiter-105 Best Alternative to Negotiated Agreement-→ BATNA Briggs, Katherine Cook-97, 216 Briggs Myers, Isabel-97, 216 Buying Center-68ff., 177 Claim-31, 56, → Forderung Decision Making Unit-→ DMU Deepfake-172 Defensive Taktik-154 Annahme ungewollter Aufgaben 124 Rücknahme-123 Selbsterklärung-125 Selbstverpflichtung-124 Zustimmung-124 Delegation-209 DISG-215 DMU-69 Dresscode-184 Dual Coding Theory-165 Einigungsraum-60 Entität-58 Entscheider-69, → Buying Center Entscheidungsgewalt-81 Episode-161 Face-2-Face-164 finanziell-→ Macht Flucht-207 Forderung-30, 50, 56, 84, 93, 120, 162 Forderungen-61 Fragetypen-142 Bezugsfragen-144 Geschlossene Auswahlfragen-143 Geschlossene Fragen-143 offene Fragen-101, 142, 221 Rhetorische Fragen-101, 143 Suggestivfragen-143, 219 Zirkuläre Fragen-144 Zurückgebende Fragen-144 Gandhi, Mahatma-211, 221 Gatekeeper-→ Buying Center Gefangenendilemma-50 <?page no="256"?> Geier, John George III-108 Golden Profiler of Personality-113 GPOP → Golden Profiler of Personality Graue Eminenz-→ Entscheider Gruppe-58 Hardin, Garrett James-27 Harvard-Prinzip-49, 55, 86, 96, 101, 179 House of Quality-151 Hybride Meetings-169, 176 Implikations-Fragen-136 Individualbedürfnis-→ Bedürfnis Individuum-58 Influencer-→ Buying Center Inglehart-Welzel-Cultural-Map-28 Initiator-→ Buying Center Insights Discovery-112 Institutionalisiere Konfliktlösung-209 Integrative Taktik-125, 154, 166 Aufgabenorientierung-126 Beiderseitige Verpflichtung-127 Informationsweitergabe-127 Klärung-127 Problemlösungen-127 Treffen einer Vereinbarung-126 interpersonell-48 Interpersoneller Konflikt-21 intrapersonell-48 Intrapersoneller Konflikt-21 Jung, Carl Gustav-39, 97, 107, 112, 216 Kano, Noriaki-148 Kano-Modell-26, 66 Karriereanker-40, 100 Käufer-→ Buying Center Kommunikationsebene-133 Appell-133 Beziehungshinweis-133 Sachinhalt-133 Selbstkundgabe-133 kompetitive Abhängigkeit-21 Kompromiss-210 Konflikt-13, 20, 83 Konfliktanalyse-31, 211 offene-211 Konfliktarten-21 Konfliktlandkarte-24, 33, 35, 37, 70ff., 79, 177, 181 Konfliktlandschaft-71 Konfliktlösung-146 Konfliktlösungsstrategie-205 Konfliktmodus-13, 213 Entgegenkommen-214 Kollaboration-213 Kompromiss-214 Konkurrieren-213 Vermeiden-214 Konfliktpartner-21 Konfliktprophylaxe-42 Konfliktursache-95 Konsens-210 Kooperation-14 kooperative Interdependenz-22 Körpersprache-33, 165, 185 Künstliche Intelligenz-172 Machbarkeit-59 Macht-76, 83, 189 Machtinstrument-77, 79 Physisch-80 Psychisch-81 Machtinstrumente-189 256 Register <?page no="257"?> Machttyp-77 Distanz-77, 80, 158, 191 Finanzielle Macht-79 genderspezifische Macht-82 Legitimation-81 Macht durch Vertrauen-127 Ressourcen-79, 83 Sicherheit-81, 161 Wissen-80 Machtverhältnisse-77, 124 Machtverlust-83, 123, 208, 219 Marketing-66 Marston, William Moulton-108 Maslow, Abraham-25, 89 Maslow-Modell-40, 89 MBTI-97, 110, 112, 215 Methodenkonflikt-56, 63, 162, 179 Mittelkonflikt-50 Molcho, Samy-154 Monopole-80 Myers-Briggs-Typen-Indikator-97 Need-Pay off-Fragen-136 Negative Verhinderung-209 Noyce, Robert Norton-164 offensive Taktik-84 Ablehnung-121 Ablehung-121 Angriff-121, 154 Aufforderung-123 Drohung-121 Forderung-120 Fremdverpflichtung-121 Position-120 Öffentliches Gut-26 Oligopole-80 Organisation-58 Pause- Außerplanmäßig-203 Biopause-38, 203, 220 Kaffeepause-203 Lüftungspause-203 Reguläre-202 Persönlichkeitsprofile-88, 178 Persönlichkeitstypen-15, 88, 178, 215 Phase-161 Physiologische Bedürfnisse-→ Bedürf‐ nis Position-30, 34, 50, 56, 61, 84f., 93, 120, 162, 213 Power-Nap-187 Power-Pose-38, 189 Problem-Fragen-135 Produktmerkmal- attraktiv-149 eindimensional-149 indifferent-150 Minimalanforderung-150 störend-150 Projekt-75, 93f., 96, 107 agile Projekte-107 Management-59 Stakeholder-59 Prokrastination-208 Promoter-→ Buying Center Protokoll-197 QFD-→ Quality Function Deployment Qualität der sozialen Beziehung-65 Quality Function Deployment-151 Sachebene-50 Schein, Edgar Henry-93 Schulz von Thun, Friedemann-133 Selbstverwirklichung-90 Register 257 <?page no="258"?> Sender-Empfänger-Modell-129 Shannon, Claude-129 Sicherheitsbedürfnis-→ Bedürfnis Sinne-164 Situations-Fragen-135 Soziale Aggregate-58, 70 Soziale Bedürfnisse-→ Bedürfnis Soziogramm-71 Sparring-34, 180, 213 SPIN-52, 100, 127, 134, 152 Stakeholder-107 Startkonflikt-31, 56, 70, 101 Status-82 Strategie- defensiv-118, 162f. integrativ-118, 162f. offensiv-118, 162f. Strategien und Taktiken-118 defensiv-101 integrativ-100ff. offensiv-79, 100f. Struktureller Konflikt-21 Subconscious Bias-32 Taktik-118 Team Management Systems-113 Technologievorsprung-80 The Tragedy of the Commons-27 Tit-For-Tat-50, 100, 179 Umwelt-58 Unterdrückung-209 Unterordnung-208 User-→ Buying Center Value-Management-52 Verdrängung-208 Verhandlungsepisoden-→ Episode Verhandlungsführung-14 Verhandlungs-Jeopardy! -146 Verhandlungsmacht-64, 170 Verhandlungsprozess-161 Verhandlungsspielraum-34 Verhandlungsvorbereitung-14 Verhandlungsziel-53 Vermeidung-208 Vernichtung-206 Verzögerung-208 Vorbereitung- kurzfristige-182 langfristige-77, 176, 182 Voreilender Gehorsam-209 WATNA-37, 64, 177 Watzlawick, Paul-153 Weber, Max-77 Wettbewerb-14 Worst Alternative to Negotiated Agreement-→ WATNA Yoga-190, 192 Zeitraum-161 Zielkonflikt-26 Zone of Possible Agreement-→ ZOPA ZOPA-32, 34, 53, 60, 162, 177, 179 Verhandlungsspielraum-14, 52 258 Register <?page no="259"?> In Verhandlungen mit Geschick punkten „Never give without taking“ ist das Verhandlungsmotto von Ludger Schneider-Störmann. Verhandlungen in gesättigten Märkten mit hartem Wettbewerb sind konfliktreich. Der Autor beschreibt gängige Konflikttypen und erläutert alle Facetten für ein erfolgreiches Management von Online- und Face-to-Face-Verhandlungen. Er gibt Anleitungen für eine perfekte Vorbereitung und Durchführung. Das Buch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre, des Wirtschaftsingenieurwesens sowie des Vertriebs und alle Studierende mit Interesse am Vertrieb. Es eignet sich auch hervorragend für die Praxis. utb+ Das Lehrwerk mit dem digitalen Plus ISBN 978-3-8252-6267-9 Betriebswirtschaftslehre Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel mit Checklisten und Übungen