IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt
Lehrbuch
0512
2025
978-3-8385-6364-0
978-3-8252-6364-5
UTB
Jörg Wöltje
10.36198/9783838563640
Dieses Lehrbuch führt Schritt für Schritt und leicht verständlich in die IFRS-Rechnungslegung ein.
Das Themenspektrum umfasst die Grundprinzipien und den Aufbau der IFRS-Rechnungslegung, die Bestandteile von IFRS-Abschlüssen sowie die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze. Danach spannt sich der Bogen von den verschiedenen Bewertungsmaßstäben über Einzelthemen wie z.B. latente Steuern und der Erlösrealisation aus Verträgen mit Kunden bis zur Bewertung von Finanzinstrumenten und zu Leasingverhältnissen.
Zahlreiche Übersichten, Merksätze, Zusammenfassungen und Aufgaben erleichtern das Verständnis. Kurzum: der ideale Einstieg in die Welt des Jahresabschlusses.
<?page no="0"?> Jörg Wöltje IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt Lehrbuch IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt Wöltje Dieses Lehrbuch führt Schritt für Schritt und leicht verständlich in die IFRS-Rechnungslegung ein. Das Themenspektrum umfasst die Grundprinzipien und den Aufbau der IFRS-Rechnungslegung, die Bestandteile von IFRS-Abschlüssen sowie die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze. Danach spannt sich der Bogen von den verschiedenen Bewertungsmaßstäben über Einzelthemen wie z. B. latente Steuern und der Erlösrealisation aus Verträgen mit Kund: innen bis zur Bewertung von Finanzinstrumenten und zu Leasingverhältnissen. Zahlreiche Übersichten, Merksätze, Zusammenfassungen und Aufgaben erleichtern das Verständnis. Kurzum: der ideale Einstieg in die Welt des Jahresabschlusses. Das Buch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre an Hochschulen und Universitäten. utb+ Das Lehrwerk mit dem digitalen Plus Betriebswirtschaftslehre ISBN 978-3-8252-6364-5 Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel 2025-03-25-6364-5_Woeltje_XL_PLUS_6364_PRINT.indd Alle Seiten 2025-03-25-6364-5_Woeltje_XL_PLUS_6364_PRINT.indd Alle Seiten 25.03.25 13: 07 25.03.25 13: 07 <?page no="1"?> utb 6364 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Psychosozial-Verlag · Gießen Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main UTB (XL) Impressum_01_25.indd 1 UTB (XL) Impressum_01_25.indd 1 13.01.2025 11: 29: 00 13.01.2025 11: 29: 00 <?page no="2"?> Prof. Dr. Jörg Wöltje lehrt an der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft - und ist Verfasser einer Vielzahl von Wirtschaftsbüchern. <?page no="3"?> Jörg Wöltje IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt Lehrbuch <?page no="4"?> Dieses Lehrbuch enthält zu den hier abgedruckten Aufgaben weitere, die als Download zur Verfügung stehen. Ebenfalls können Sie sämtliche Lösungen hierzu herunterladen: https: / / files.narr.digital/ 9783825263645/ Zusatzmaterial.zip Umschlagabbildung: © funtap iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 1. Auflage 2025 DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838563640 © UVK Verlag München 2025 - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption ⅼ gestaltung Druck: Elanders Waiblingen GmbH utb-Nr. 6364 ISBN 978-3-8252-6364-5 (Print) ISBN 978-3-8385-6364-0 (ePDF) ISBN 978-3-8463-6364-5 (ePub) <?page no="5"?> Vorwort zur 1. Auflage Liebe Leserinnen und Leser, in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft gewinnen einheitliche Rechnungslegungsstandards nach IFRS immer mehr an Bedeutung. Unternehmen sind häufig international tätig und müssen Finanzinformationen bereitstellen, die für Investoren und Stakeholder in verschiedenen Ländern verständlich und vergleichbar sind. Ziel der International Financial Reporting Standards (IFRS) ist es, Investoren, Kreditgebern und anderen Gläubigern entscheidungsrelevante Informationen über Unternehmen und Konzerne zur Verfügung zu stellen. Seit 2005 sind alle kapitalmarktorientierten Unternehmen in der EU verpflichtet, ihre Konzernabschlüsse nach IFRS aufzustellen. Für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen besteht ein Wahlrecht, den Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen. Dieses Fachbuch gibt einen Überblick über die Bestandteile eines IFRS-Abschlusses. Zunächst werden die IFRS vorgestellt und ihre Anwendung im IFRS-Abschluss sowie die damit verbundenen Anforderungen erläutert. Anschließend werden die einzelnen Bestandteile des IFRS-Abschlusses, ihre Funktionen und zahlreiche Beispiele beschrieben. Das Buch ermöglicht einen fundierten Einstieg in die internationale Rechnungslegung nach IFRS. Es erläutert die wesentlichen Unterschiede zwischen HGB- und IFRS-Rechnungslegung, die Grundlagen und den Aufbau der IFRS-Rechnungslegung sowie die Bestandteile eines IFRS- Abschlusses. Darüber hinaus werden die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze der Erst- und Folgebewertung mit dem Anschaffungskostenmodell, dem Neubewertungsmodell und dem Fair- Value-Modell erläutert. Dabei werden die Bilanzpositionen Sachanlagen, immaterielle Vermögenswerte, als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, Vorräte, Eigenkapital, Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Finanzinstrumente behandelt. Darüber hinaus werden Sonderthemen wie Leasing, Umsatzerlöse aus Kundenaufträgen und latente Steuern behandelt. Das vorliegende Lehr- und Arbeitsbuch wurde für Studierende höherer Semester sowie für Teilnehmer an IFRS-Fortbildungsveranstaltungen konzipiert. Um den Lernprozess zu erleichtern, werden zu Beginn jedes Kapitels spezifische Lernziele definiert und zur Sicherung und Kontrolle des Lernerfolgs Übersichten, Ablaufdiagramme, Zusammenfassungen sowie zahlreiche Beispiele und Übungsaufgaben mit ausführlichen Lösungen angeboten. Diese sind online verfügbar (siehe Seite 4). Ergänzend dazu steht noch das Übungsbuch IFRS-Rechnungslegung zur Verfügung. Ich möchte mich bei meinen Studierenden der Studiengänge „International Management“ und „Betriebswirtschaftslehre“ an der Hochschule Karlsruhe für ihre wertvollen Hinweise und Anregungen bedanken. Desweiteren möchte ich dem Verlagsleiter Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK- Verlag meinen Dank aussprechen. Die Zusammenarbeit mit ihm war wieder ausgezeichnet. Für Anregungen und Verbesserungsvorschläge bin ich immer sehr dankbar. Bitte richten Sie diese direkt an meine E-Mail-Adresse (E-Mail: joerg.woeltje@t-online.de). Vielen Dank für Ihre Unterstützung und viel Freude und Erfolg beim Lernen. Karlsruhe, im März 2025 Jörg Wöltje <?page no="7"?> Inhaltsübersicht Vorwort .....................................................................................................................................................................................5 Abkürzungsverzeichnis................................................................................................................................................... 13 Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung ................................................................................................. 17 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung ............................................................. 25 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses ....................................................................................................... 37 Schritt 4: Elemente der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung .................................................... 63 Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS............................................................. 67 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS ................................................................ 75 Schritt 7: Latente Steuern .............................................................................................................................................. 89 Schritt 8: Sachanlagen...................................................................................................................................................... 95 Schritt 9: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien...................................................................................107 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert......................................113 Schritt 11: Vorräte...........................................................................................................................................................135 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva .................................................................149 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 .........................................................................163 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten.......................................................................189 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16.....................................................................................................211 Literaturverzeichnis .......................................................................................................................................................237 <?page no="9"?> Inhalt Vorwort zur 1. Auflage .......................................................................................................................................................5 Abkürzungsverzeichnis................................................................................................................................................... 13 Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung .............................................................................. 17 Lernziele ................................................................................................................................................................................ 17 1. Einführung .............................................................................................................................................................. 17 1.2 Entwicklung von IFRS-Rechnungslegungsstandards .......................................................................... 20 1.3 Rechnungslegungssysteme im Vergleich: HGB versus IFRS ............................................................. 21 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung............................................ 25 Lernziele ................................................................................................................................................................................ 25 2.1 Vergleich zwischen Code Law und Case Law .......................................................................................... 25 2.2 Grundprinzipien und Aufbau der IFRS....................................................................................................... 27 2.3 Das Rahmenkonzept der IFRS ........................................................................................................................ 29 2.4 Bewertungskategorien des Rahmenkonzepts ........................................................................................ 31 2.4.1 Barwert..................................................................................................................................................................... 32 2.4.2 Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) .......................................................................... 33 2.4.3 Der erzielbare Betrag ......................................................................................................................................... 34 2.5 Typischer Aufbau eines Standards............................................................................................................... 34 2.6 Interpretationen................................................................................................................................................... 35 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses.................................................................................... 37 Lernziele ................................................................................................................................................................................ 37 3.1 Übersicht.................................................................................................................................................................. 37 3.2 Bilanz......................................................................................................................................................................... 39 3.3 Gesamtergebnisrechnung ................................................................................................................................ 41 3.4 Eigenkapitalveränderungsrechnung........................................................................................................... 49 3.5 Kapitalflussrechnung ......................................................................................................................................... 51 3.6 Anhangangaben .................................................................................................................................................... 58 3.7 Segmentberichterstattung ............................................................................................................................... 59 3.8 Zwischenberichterstattung ............................................................................................................................. 60 3.9 Ergebnis je Aktie nach IAS 33......................................................................................................................... 61 Schritt 4: Elemente der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ................................... 63 Lernziele ................................................................................................................................................................................ 63 4.1 Ansatz von Abschlussposten........................................................................................................................... 63 4.1.1 Vermögenswerte .................................................................................................................................................. 63 4.1.2 Schulden................................................................................................................................................................... 63 <?page no="10"?> 10 Inhalt 4.1.3 Eigenkapital ............................................................................................................................................................64 4.1.4 Erträge.......................................................................................................................................................................64 4.1.5 Aufwendungen ......................................................................................................................................................64 Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS ............................................ 67 Lernziele.................................................................................................................................................................................67 5.1 Erstbewertung von Vermögenswerten nach IFRS - Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten..............................................................................................................................................67 5.1.1 Anschaffungskosten beim Erwerb................................................................................................................67 5.1.2 Anschaffungskosten beim Tausch von Vermögenswerten................................................................69 5.2 Herstellungskosten..............................................................................................................................................70 5.3 Bewertung geringwertiger Wirtschaftsgüter ..........................................................................................73 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS ......................................... 75 Lernziele.................................................................................................................................................................................75 6.1 Überblick über die Bewertungsmaßstäbe.................................................................................................75 6.2 Anschaffungskostenmodell..............................................................................................................................76 6.2.1 Impairment-Test (Wertminderungstest) ..................................................................................................77 6.2.2 Wertaufholungen..................................................................................................................................................81 6.3 Neubewertungsmodell.......................................................................................................................................83 6.4 Modell des beizulegenden Zeitwerts ...........................................................................................................88 Schritt 7: Latente Steuern ........................................................................................................................ 89 Lernziele.................................................................................................................................................................................89 7.1 Ansatz und Bewertung von latenten Steuern ..........................................................................................89 7.2 Gründe für aktive latente Steuern (latente Steueransprüche) ........................................................90 7.3 Gründe für passive latente Steuern (latente Steuerschulden).........................................................91 7.4 Ansatz latenter Steuern .....................................................................................................................................92 Schritt 8: Sachanlagen ............................................................................................................................... 95 Lernziele.................................................................................................................................................................................95 8.1 Erstbewertung von Sachanlagen...................................................................................................................95 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen ................................................................................................................96 8.2.1 Folgebewertung nach dem Anschaffungskostenmodell .....................................................................96 8.2.2 Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell..............................................................................99 Schritt 9: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien ................................................................107 Lernziele.............................................................................................................................................................................. 107 9.1 Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze .......................................................................................... 107 9.1.1 Erstbewertung .................................................................................................................................................... 108 9.1.2 Folgebewertung ................................................................................................................................................. 108 9.1.3 Folgebewertung nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts ............................................... 109 <?page no="11"?> Inhalt 11 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert ...................... 113 Lernziele ..............................................................................................................................................................................113 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten ..................................................................113 10.1.1 Ansatz und Identifizierung immaterieller Vermögenswerte......................................................114 10.1.2 Abgrenzung der Forschungs- und Entwicklungsphase.................................................................115 10.2 Erstbewertung immaterieller Vermögenswerte ..............................................................................117 10.3 Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte ...........................................................................119 10.4 Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) ..............................................................................................123 Schritt 11: Vorräte.................................................................................................................................... 135 Lernziele ..............................................................................................................................................................................135 11.1 Bewertung der Vorräte ................................................................................................................................135 11.2 Erstbewertung von Vorräten ....................................................................................................................135 11.3 Bewertungsvereinfachungsverfahren nach IFRS.............................................................................140 11.3.1 Standardkostenmethode.............................................................................................................................140 11.3.2 Retrograde Methode .....................................................................................................................................141 11.4 Folgebewertung von Vorräten .................................................................................................................142 11.5 Sammelbewertungsverfahren ..................................................................................................................145 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva ............................................... 149 Lernziele ..............................................................................................................................................................................149 12.1 Eigenkapital ......................................................................................................................................................149 12.2 Schulden .............................................................................................................................................................150 12.3 Verbindlichkeiten...........................................................................................................................................151 12.4 Rückstellungen ................................................................................................................................................152 12.4.1 Ansatz von Rückstellungen ........................................................................................................................152 12.4.2 Bewertung von Rückstellungen nach IAS 37 .....................................................................................153 12.4.3 Beispiele zur Bewertung sonstiger Rückstellungen .......................................................................156 12.4.3 Restrukturierungsrückstellungen ..........................................................................................................161 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15........................................................ 163 Lernziele ..............................................................................................................................................................................163 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell ............................................................................................................................163 13.2 Schritt 1: Identifizierung von Verträgen mit Kunden ....................................................................164 13.3 Schritt 2: Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen .................................................167 13.4 Schritt 3: Bestimmung des Transaktionspreises..............................................................................168 13.5 Schritt 4: Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen des Vertrags................................................................................................174 13.6 Schritt 5: Umsatzrealisierung bei Erfüllung der Leistungsverpflichtungen ........................177 13.6.1 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung ..............................................................................................178 <?page no="12"?> 12 Inhalt 13.6.2 Zeitraumbezogene Umsatzrealisierung............................................................................................... 179 13.6.3 Ermittlung des Fertigstellungsgrades .................................................................................................. 180 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten .....................................................189 Lernziele.............................................................................................................................................................................. 189 14.1 Definition und Anwendungsbereich ..................................................................................................... 189 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten ........................................................ 190 14.3 Bewertung von Finanzinstrumenten .................................................................................................... 193 14.3.1 Erstbewertung von Finanzinstrumenten............................................................................................ 195 14.3.2 Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (AC = Amortised Cost) ............... 196 14.3.3 Erfolgsneutrale Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert (FVOCI = Fair Value through Other Comprehensive Income).............................................................................................. 200 14.3.4 Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (FVPL = Fair Value through Profit or Loss)................................................................................................................................ 203 14.3.5 Bewertung von finanziellen Verbindlichkeiten................................................................................ 205 14.3.6 Wertberichtigungen für erwartete Kreditverluste „Expected Credit Losses“ ................... 206 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 .................................................................................211 Lernziele.............................................................................................................................................................................. 211 15.1 Anwendungsbereich des IFRS 16 ........................................................................................................... 211 15.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 .................................................................. 212 15.2.1 Identifizierbarer Vermögenswert .......................................................................................................... 213 15.2.2 Nutzungsrecht und Kontrolle ................................................................................................................... 214 15.2.3 Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer ............................................. 216 15.2.4 Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber.................................................. 217 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16............................................................................ 218 15.3.1 Zugangsbewertung des Nutzungsrechts ............................................................................................. 219 15.3.2 Zugangsbewertung der Leasingverbindlichkeit .............................................................................. 220 15.3.3 Folgebewertung des Nutzungsrechts ................................................................................................... 222 15.3.4 Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit .................................................................................... 222 15.4 Bilanzierung beim Leasinggeber nach IFRS 16 ................................................................................ 227 15.5 Bilanzierung von Finanzierungsleasing beim Leasinggeber ...................................................... 229 15.6 Bilanzierung von Operating-Leasing-Verhältnissen beim Leasinggeber ............................. 232 15.7 Sale-and-Leaseback-Transaktionen ...................................................................................................... 233 Literaturverzeichnis................................................................................................................................237 <?page no="13"?> Abkürzungsverzeichnis A Abschreibungsbetrag, Aktiva oder Aktivseite der Bilanz AbF Abzinsungsfaktor AC Amortised Cost AfA Absetzung für Abnutzung AG Aktiengesellschaft AHK Anschaffungs- oder Herstellungskosten AK Anschaffungskosten AktG Aktiengesetz aLuL aus Lieferungen und Leistungen ARC Accounting Regulatory Committee ASAF Accounting Standards Advisory Forum AuF Aufzinsungsfaktor Aufl. Auflage AV Anlagevermögen BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) BilRUG Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BW Buchwert CAPM Capital Asset Pricing Model CCM Completed-Contract-Methode CF Cashflow CF Conceptual Framework CGU Cash Generating Unit CSR Corporate Social Responsbility CSRD Corporate Sustainability Reporting Directive DAX Deutscher Aktienindex DBO Defined Benefit Obligation DCF-Verfahren Discounted Cashflow-Verfahren DRS Deutscher Rechnungslegungs Standards DRSC Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. DVFA Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e. V. EB erzielbarer Betrag EBIT Earnings before Interest and Taxes EBITA Earnings before Interest, Taxes and Amortization EBITDA Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization EBT Earnings before Taxes EFRAG European Financial Reporting Advisory Group EMEA Abkürzung für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika EK Eigenkapital EKVR Eigenkapitalveränderungsrechnung EPS Earnings per Share ERP Enterprise Resource Planning ESG Environmental, Social, and Governance EStG Einkommensteuergesetz ESRS European Sustainability Reporting Standards <?page no="14"?> 14 Abkürzungsverzeichnis EU Europäische Union EVP Einzelveräußerungspreis F Framework FASAC Financial Accounting Standards Advisory Council FASB Financial Accounting Standards Board FCF Free Cashflow FE Fertigerzeugnis FK Fremdkapital Fifo First in - first out FV Fair Value FVOCI (financial asset at) fair value through other comprehensive income FVPL (financial asset at) fair value through profit and loss F&E Forschung und Entwicklung g Wachstumsrate GAAP Generally Accepted Accounting Principle(s) GB Geschäftsbericht GJ Geschäftsjahr GK Gesamtkapital GKV Gesamtkostenverfahren GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GMZ Grundmietzeit GoB Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung/ Bilanzierung GuV Gewinn- und Verlustrechnung GWG Geringwertige Wirtschaftsgüter H Haben HB Handelsbilanz HGB Handelsgesetzbuch Hifo Highest in - first-out HK Herstellungskosten IAS International Accounting Standard(s) IASB International Accounting Standards Board IASC International Accounting Standards Committee IASCF International Accounting Standards Committee Foundation IDW Institut der Wirtschaftsprüfer e. V. IFRIC International Financial Reporting Interpretations Committee IFRS International Financial Reporting Standard(s) IFRS AC IFRS Advisory Council IFRS IC IFRS Interpretations Committee IG Impelementation Guidance IVW Immaterieller Vermögenswert KapG Kapitalgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KMU Kleine und mittlere Unternehmen LG Leasinggeber Lifo Last in - first out LN Leasingnehmer LO Leasingobjekt MLZ Mindestleasingzahlungen <?page no="15"?> Abkürzungsverzeichnis 15 MwSt. Mehrwertsteuer n Nutzungsdauer ND Nutzungsdauer NFRD Non-Financial Reporting Directive NWP Niederstwertprinzip OCI Other Comprehensive Income OHG Offene Handelsgesellschaft P Passiva p. a. per anum oder pro anno POC-Methode Percentage-of-Completion-Methode RAP Rechnungsabgrenzungsposten RBF Rentenbarwertfaktor RBW Restbuchwert RHB-Stoffe Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe RLZ Restlaufzeit RoU Right-of-use RW Restwert S Soll SAC Standards Advisory Council SAV Sachanlagevermögen SBK Schlussbilanzkonto SDAX Small-Cap-Dax SE Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) SIC Standing Interpretations Committee (Vorgängerorganisation des IFRIC) SPPI Solely principal and payment Index StB Steuerbilanz t Periodenindex TP Transaktionspreis UB Unterschiedsbetrag UE Umsatzerlöse UFE Unfertiges Erzeugnis UKV Umsatzkostenverfahren USt Umsatzsteuer UV Umlaufvermögen VG Vermögensgegenstand vgl. vergleiche VSt Vorsteuer VW Vermögenswert WACC Weighted Average Cost of Capital WP Wirtschaftsprüfer ZGE zahlungsmittelgenerierende Einheit <?page no="17"?> Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung Lernziele Nach Abschluss dieses Kapitels sollten Sie über die folgenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen: [1] Sie kennen den Zweck der „Internationalen Rechnungslegung“ nach den International Financial Reporting Standards (IFRS), sind mit der Organisationsstruktur des International Accounting Standards Board (IASB) vertraut und können den Aufbau und die Arbeitsweise der Gremien sowie deren Aufgaben erläutern. [2] Sie kennen die Vorgehensweise bei der Entwicklung neuer IFRS-Rechnungslegungsstandards. Sie können den Entstehungsprozess neuer International Financial Reporting Standards (IFRS) nachvollziehen. [3] Sie kennen die Unterschiede zwischen HGB- und IFRS-Rechnungslegung; d. h. Sie können die wesentlichen Unterschiede zwischen der HGB- und der IFRS-Rechnungslegung erläutern, um deren Auswirkungen auf die Bilanzierung und Berichterstattung zu verstehen. In diesem Kapitel werden die Grundlagen der internationalen Rechnungslegung dargestellt. In einer zunehmend globalisierten Geschäftswelt, in der große Unternehmen und Konzerne über viele Länder und Kontinente hinweg tätig sind, gewinnt die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen, Rechnungslegungsvorschriften und Unternehmensbewertungen immer mehr an Bedeutung. 1 Für Investoren, Gläubiger und als Bewertungsgrundlage ist eine verlässliche Informationsbeschaffung als Entscheidungsgrundlage unerlässlich. Die Ziele der Rechnungslegung und die Offenlegungspflichten unterscheiden sich jedoch von Land zu Land. 2 Abhilfe schaffen die International Financial Reporting Standards (IFRS), die vom International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden. 3 1.1 Einführung In einer globalisierten Welt gewinnen die International Financial Reporting Standards (IFRS) zunehmend an Bedeutung. Diese vom International Accounting Standards Board (IASB) herausgegebenen internationalen Rechnungslegungsstandards legen fest, wie Konzern- und Jahresabschlüsse aufzustellen sind. Sie sind unabhängig von nationalem Recht und bieten die Grundlage für eine einheitliche und länderübergreifend vergleichbare Konzernrechnungslegung. Die IFRS (International Financial Reporting Standards) sind internationale Rechnungslegungsstandards für Unternehmen, die vom International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlicht werden. Diese Standards bieten ein Regelwerk, auf dessen Grundlage international tätige, kapitalmarktorientierte Unternehmen einen einheitlichen und länderübergreifend vergleichbaren Konzernabschluss erstellen müssen. Die IFRS wurden ursprünglich vom International Accounting Standards Committee (IASC) in Großbritannien entwickelt und bis 2001 als International Accounting Standards (IAS) bezeichnet. Einige Standards tragen daher noch die Bezeichnung IAS. Das IASB, das Hauptorgan der Organisa- 1 Vgl. Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 7. 2 Vgl. Müller, S. u. Saile, P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2018, S. V. 3 Vgl. Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 7. <?page no="18"?> 18 Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung tion, unterstützt die IFRS-Foundation, verabschiedet Standards und Interpretationen und kooperiert mit nationalen Rechnungslegungsbehörden. 4 Die IFRS umfassen als Oberbegriff eine Reihe von Standards und bezieht sich neben den IFRS auch auf die IAS, die Interpretationen des International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) und die Interpretationen des Standing Interpretations Committee (SIC), auch als IFRS- System bekannt. Insgesamt 41 IAS-Standards und 19 IFRS-Standards verabschiedet, wobei einige dieser Standards nicht mehr gültig sind, da sie durch neue Standards ersetzt wurden. Das IFRS-Regelwerk besteht zusätzlich aus einem Vorwort, dem Rahmenkonzept (Conceptual Framework) und einem Anwendungsleitfaden. Das Rahmenkonzept bildet die Grundlage für die Rechnungslegung, indem es allgemeine Regeln und Grundsätze vorgibt, wie Zielsetzungen und qualitative Anforderungen an die Finanzberichterstattung, Informationen zu den Bestandteilen von Abschlüssen sowie zum Ansatz und zur Bewertung einzelner Posten. Es dient als Leitfaden für die Entwicklung neuer Standards. 5 Anwendung der IFRS in Deutschland Gemäß Artikel 4 der EU-Verordnung Nr. 1606/ 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates sind kapitalmarktorientierte Unternehmen seit 2005 verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den IFRS aufzustellen. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorschrift in § 315e Abs. 1 HGB übernommen. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutschland haben gemäß § 315e Abs. 3 HGB ein Wahlrecht, ihren Konzernabschluss nach IFRS oder nach handelsrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Das Hauptziel der IFRS ist es, die Jahresabschlüsse von kapitalmarktorientierten Unternehmen für internationale Investoren vergleichbar zu machen. Die IFRS verfolgen das Ziel, ein einheitliches Regelwerk qualitativ hochwertiger, verständlicher und durchsetzbarer globaler Rechnungslegungsstandards zu entwickeln. Die Standards sollen qualitativ hochwertige, transparente und vergleichbare Informationen in Abschlüssen und sonstigen Finanzberichten bereitstellen, um die Teilnehmer an den verschiedenen Kapitalmärkten und andere Adressaten bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen zu unterstützen. 6 Das nachfolgende Schema bietet eine Übersicht über die grundlegenden Prinzipien zur Erstellung von Abschlüssen nach IFRS in Deutschland. Jahresabschluss Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientiert kapitalmarktorientiert nicht kapitalmarktorientiert kapitalmarktorientiert Pflicht zur Aufstellung nach HGB (§ 242 Abs. 1 HGB) Wahl zur Aufstellung nach IFRS für Offenlegungszwecke (§ 325 Abs. 2a, 2b HGB) Wahl zur Aufstellung nach IFRS (§ 315e Abs. 3 HGB) Pflicht zur Aufstellung nach IFRS (§ 315e Abs. 1 HGB) Abb. 1.1: Übersicht zur Erstellung von Abschlüssen nach IFRS in Deutschland 4 Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 4 f. 5 Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 8-10. 6 Deloitte: IFRS Foundation, 2021a. <?page no="19"?> 1.1 Einführung 19 Organisation der IFRS Foundation Die IFRS Foundation (dt. IFRS Stiftung), eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Delaware, USA, fungiert als Dachorganisation für die Entwicklung der IFRS. Sie ist für die Finanzierung und Aufsicht des IASB zuständig und stellt die Organisationsstruktur zur Verfügung. Wichtige Positionen innerhalb dieser Struktur nehmen die Treuhänder und das Monitoring Board ein. Insgesamt gibt es 22 Treuhänder, anerkannte Persönlichkeiten aus der internationalen Finanzwelt, die für die Aufsicht und Finanzierung der Organisation zuständig sind. 7 Das IASB, das zentrale Gremium innerhalb der IFRS Foundation, trägt die Verantwortung für die Erarbeitung, Verabschiedung und Veröffentlichung der IFRS und Interpretationen. Für die Verabschiedung eines Rechnungslegungsstandards ist die Zustimmung von zwei Dritteln der IASB- Mitglieder erforderlich. 8 Die folgende Abbildung visualisiert den Aufbau der IFRS-Foundation. Abb. 1.2: Organisationsstruktur der IFRS Foundation 9 Im Folgenden werden die Aufgaben der einzelnen Gremien kurz erläutert. Das Monitoring Board besteht aus neun Mitgliedern und einem Beobachter. Sie ernennen und überwachen die Treuhänder. Es ist vorgesehen, dass sich das Überwachungsgremium mindestens einmal jährlich, bei Bedarf auch häufiger, mit den Treuhändern trifft. Das International Accounting Standards Board (IASB) besteht 14 Mitgliedern und ist das wichtigste Gremium für die fachliche Arbeit. Zu den Kernaufgaben gehören die Verabschiedung und Weiterentwicklung von International Financial Reporting Standards (IFRS) sowie die Verabschiedung von Interpretationen. Das International Financial Reporting Standard Interpretations Committee (IFRS IC) wird von den Treuhändern ernannt und besteht aus 14 Mitgliedern. In Zusammenarbeit mit den na- 7 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2017, S. 52. 8 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 3. 9 in Anlehnung an Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 49. <?page no="20"?> 20 Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung tionalen Standardsetzern werden Interpretationen erarbeitet, um eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten. Das IFRS Advisory Council (IFRS AC) berät das IASB in fachlichen Fragestellungen. Das IFRS AC wird angehört, bevor das Board wesentliche Änderungen an den Standards vornimmt. Das IFRS AC wird von den Treuhändern ernannt und besteht aus mindestens 30 Mitgliedern. Bei den Mitgliedern handelt es sich um Vertreter internationaler Organisationen der Rechnungslegung von Börsen, Banken usw. 10 1.2 Entwicklung von IFRS-Rechnungslegungsstandards Bisher wurden 19 IFRS- und 41 IAS-Standards veröffentlicht, von denen 25 noch in Kraft sind. Diese Standards müssen zunächst den sogenannten „Due Process“ durchlaufen, bevor sie verabschiedet werden können. Der Prozess kann mehrere Jahre dauern und basiert auf drei Prinzipien: Transparenz, innerhalb der Organisation und gegenüber der Öffentlichkeit, vollumfängliche und faire Beratung der Stakeholder weltweit und Rechenschaftspflicht in Bezug auf Kosten und Nutzen neuer oder geänderter Standards. Der Prozess zur Verabschiedung neuer IFRS, der sogenannte „Due-Process”, ist im Due Process Handbook der IFRS Foundation formalisiert. Die folgende Abbildung vermittelt einen Überblick über die wichtigsten Schritte des Standardsetzungsprozesses. Abb. 1.3: Der Ablauf des Due Process 11 Der Prozess beginnt mit der Identifizierung relevanter Themen und Fragestellungen. Dabei wird die Vereinbarkeit des Projektthemas mit dem Rahmenkonzept (conceptual framework) überprüft. Die Treuhänder (Trustees) der Stiftung und das IFRS Advisory Council geben Prioritäten für die Themen des Arbeitsprogramms ab. Bereits in dieser Phase werden nationale Bilanzierungsvorschriften untersucht und der Austausch zu nationalen Standardsetzern gepflegt. Unterstützt durch eine Arbeitsgruppe erarbeitet das IASB zunächst ein Diskussionspapier (discussion paper), das die vorläufigen Sichtweisen des Boards zu den behandelten Themen darlegt. 10 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2017, S. 53 ff. 11 Eigene Darstellung in Anlehnung an European Parliament, 2016, S. 1. <?page no="21"?> 1.3 Rechnungslegungssysteme im Vergleich: HGB versus IFRS 21 Dieses Diskussionspapier wird der Öffentlichkeit zur Kommentierung vorgelegt. Auf Grundlage des Diskussionspapiers und der eingegangenen Stellungnahmen erstellt das IASB einen Standardentwurf (exposure draft). Für dessen Verabschiedung sind mindestens neun Zustimmungen der IASB-Mitglieder erforderlich. Der Entwurf wird ebenfalls der Öffentlichkeit zur Kommentierung (i.d.R. 90 Tage) vorgelegt. 12 Nach Abschluss des formalen Due-Process des IASB erfolgt die Anerkennung auf EU-Ebene. Durch das sogenannte Endorsement wird der Standard in europäisches Recht übernommen. 1.3 Rechnungslegungssysteme im Vergleich: HGB versus IFRS Die Hauptunterschiede zwischen der Rechnungslegung nach HGB und IFRS liegen in der Zielsetzung der Rechnungslegung. Während das HGB den Gläubigerschutz und die Kapitalerhaltung verfolgt, zielen die IFRS auf den Schutz der Investoren (Eigenkapitalgeber) sowie die Bereitstellung von entscheidungsnützlichen Informationen ab. Ein wesentlicher Bestandteil des Gläubigerschutz ist das Vorsichtsprinzip. Gemäß § 252 Abs.1 Nr.4 HGB werden daraus das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip abgeleitet. Ersteres besagt, dass Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie tatsächlich realisiert wurden. Das Imparitätsprinzip besagt, dass erwartete Verluste zu berücksichtigen sind. 13 Durch diese gläubigerorientierte Rechnungslegung des HGB werden Aufwendungen und Schulden im HGB-Abschluss tendenziell überbewertet. Im Gegensatz dazu ist die Rechnungslegung nach IFRS kapitalmarktorientiert. Das bedeutet, dass der Abschluss den realistischen bzw. wahrscheinlichen Gewinn periodengerecht ausweist. Ziel der IFRS ist es, dem Grundsatz der „Fair Presentation“ zu folgen 14 , d.h. ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln 15 . Darüber hinaus bildet der Jahresabschluss nach HGB die Grundlage für die steuerliche Beurteilung des Unternehmens, wie das Maßgeblichkeitsprinzip nach § 5 Abs. 1 EStG verdeutlicht. Demgegenüber haben die IFRS keinen Bezug zum Steuerrecht. Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen der Rechnungslegung nach HGB und IFRS. Unterschiede zwischen der HGB- und der IFRS-Rechnungslegung HGB IFRS Normgeber Deutscher Gesetzgeber IASB (privates Institut) Rechtsgrundlagen HGB, AktG, Steuergesetze Standards (IAS und IFRS) und Interpretationen (SIC/ IFRIC) zentrale Zielsetzung Schutz der Fremdkapitalgeber, Vorsichtsprinzip im Rahmen der GoB führt zu einem verminderten Erfolgsausweis und somit zur Erhaltung der Haftungssubstanz für die Gläubiger Entscheidungsnützlichkeit: potenziellen Investoren soll ein entscheidungsnützlicher Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt werden, d. h., die periodengerechte Erfolgsermittlung steht im Vordergrund. 12 Vgl. Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2021, S. 6 f. 13 Vgl. Müller, S. u. Saile, P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2018, S. 50. 14 Vgl. IAS 1.15. 15 Vgl. ebd. <?page no="22"?> 22 Schritt 1: Einführung in IFRS-Rechnungslegung HGB IFRS True and Fair View/ Fair Presentation Generalnorm; eingeschränkt durch Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte Generalnorm Gewinnermittlung vorsichtig, Verlust antizipierend, Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, Ansatz- und Bewertungswahlrechte realistische Gewinnermittlung (Fair Presentation), ohne steuerliche Einflüsse, Tendenz zum „Fair Value Accounting“. periodengerechte Erfolgsermittlung (accrual basis) Einschränkung durch Gläubigerschutz dominierender Einfluss auf die Gewinnermittlung Bilanzpolitik einige Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte weitestgehend Verzicht auf Wahlrechte, aber Ermessensspielräume wichtiger Grundsatz strenges Vorsichtsprinzip periodengerechte Gewinnermittlung, True and Fair View, Fair Presentation Realisationsprinzip (realisation principle) Erfassung des Ertrags erst bei Umsatzrealisierung Möglichkeiten der Ertragserfassung vor Umsatzrealisierung Imparitätsprinzip dominierender Einfluss nicht bekannt Vermögenswert (Asset) bzw. Vermögensgegenstand Merkmal Vermögensgegenstand: • wirtschaftlicher Wert • selbstständige Verkehrsfähigkeit • selbstständige Bewertbarkeit Merkmal Vermögenswert: wahrscheinlicher zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen, der zu einem Zahlungsmittelzufluss führt Liabilities bzw. Schulden Merkmal Schulden: Quantifizierung wirtschaftlicher Belastung und Verpflichtung gegenüber Dritten oder dem Unternehmen selbst (Aufwandsrückstellungen gemäß § 249 HGB) Merkmal Liability: wirtschaftliche Verpflichtung gegenüber Dritten, wahrscheinliche zukünftige wirtschaftliche Mittelabflüsse Anschaffungskostenprinzip Anschaffungskosten (AK) und Herstellungskosten (HK) stellen die absolute Wertobergrenze dar Durchbrechung möglich beim Neubewertungsmodell und bei Finanzinstrumenten die zum Fair Value bewertet werden Herstellungskosten Wahlrecht zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten, Sozialu. Verwaltungskosten produktionsbezogene Vollkosten inkl. Fremdkapitalkosten Neubewertung im Anlagevermögen verboten Zulässig; erfolgsneutrale Erfassung der Werterhöhung in der Neubewertungsrücklage derivativer Geschäfts- oder Firmenwert planmäßige und außerplanmäßige Abschreibung keine planmäßige Abschreibung, aber jährlicher Impairment-Test <?page no="23"?> 1.3 Rechnungslegungssysteme im Vergleich: HGB versus IFRS 23 HGB IFRS veräußerbare Wertpapiere Anschaffungskostenprinzip, strenges Niederstwertprinzip Bewertung zum beizulegenden Zeitwert entweder erfolgswirksam oder erfolgsneutral Gewinnrealisierung bei kundenspezifischer Fertigung Realisierung bei Fertigstellung des Auftrags bzw. bei Abnahme durch den Kunden In der Regel Realisierung entsprechend Fertigstellungsgrad (Percentage-of-Completion-Method) ; über GuV; dabei Ermittlung des Fertigstellungsgrads wahlweise nach dem Verhältnis der angefallenen Kosten/ Gesamtkosten oder bisherige Leistung/ Gesamtleistung (IFRS 15) Tab. 1.1: Vergleich der HGBmit der IFRS-Rechnungslegung Aufgabe und Lösung zu : • Qualitative Anforderungen an die IFRS-Rechnungslegung finden Sie online. <?page no="25"?> Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung Lernziele In diesem Kapitel werden die wesentlichen konzeptionellen Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung behandelt. Nach Abschluss dieses Kapitels sollten Sie: [1] den Unterschied zwischen dem kontinental-europäischen Code Law und dem angloamerikanischen Case Law verstehen und wissen, wie sich das kontinentaleuropäische Regelungssystem (Code Law) von dem auf Präzedenzfällen basierenden angloamerikanischen System (Case Law) unterscheidet; [2] die grundlegenden Unterschiede zwischen dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) und den International Financial Reporting Standards (IFRS) erläutern können; [3] die Grundprinzipien der Struktur der IFRS verstehen und die wesentlichen Elemente des IFRS-Regelwerks kennen; [4] das IFRS-Regelwerk und die wesentlichen Inhalte des Rahmenkonzepts kennen und erläutern können; [5] den Aufbau und die Bestandteile eines typischen IFRS-Standards verstehen. 2.1 Vergleich zwischen Code Law und Case Law Im Vergleich zum HGB, das sich am kontinentaleuropäischen Code Law orientiert, basieren die IFRS auf dem angelsächsischen Case Law . Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede zwischen dem Code Law und dem Case Law abgebildet: ontinental-europäisches Code Law Anglo-amerikanisches Case Law Rechtssystem abstraktes Rechtssystem (Code Law) fallspezifisches Rechtssystem (Common Law oder Case Law) Eigentumsstruktur Banken, Staat, Familien als wichtige Eigentümergruppen mit Zugang zu internen Informationen (z. B. durch Mitgliedschaft im Aufsichtsrat); wenige Kleinaktionäre bzw. Minderheitseigner. Anteilsbesitz weniger stark konzentriert, viele Minderheitseigentümer und institutionelle Investoren (z. B. Pensionsfonds). Grundprinzipien Rechnungslegung dient primär der Anspruchsbemessung unter den Nebenbedingungen Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung; weniger informative Rechnungslegung, in der stille Reserven gebildet werden. Darstellung der tatsächlichen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (True and Fair View); Bereitstellung entscheidungsnützlicher Informationen, daher Vermeidung der Bildung von stillen Reserven. Maßgeblichkeit Maßgeblichkeit der Handelsfür die Steuerbilanz zwei getrennte Bilanzen - keine Verbindung zum Steuerrecht <?page no="26"?> 26 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung Vorsicht hohes Maß an unbedingter Vorsicht hohes Maß an bedingter Vorsicht Festlegung der Normen • Politiker und Juristen, unterstützt durch Experten • Rechtsnormen • Fachleute des Rechnungswesens • Fachnormen Rechnungslegungszweck • Ausschüttungsbemessung und Rechenschaft, meist Zahlungsbemessung für Steuerzahlungen • Information des Marktes als Nebenfunktion • Informationsfunktion: Information des Marktes zur Verbesserung der Kapitalallokation • keine Zahlungsbemessungsfunktion (keine Verbindung zum Steuerrecht) Tab. 2.1: Unterschiede zwischen dem Code Law und dem Case Law Wesentlicher Unterschied zwischen der Rechnungslegung nach IFRS und HGB Der Hauptunterschied zwischen den Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS und HGB liegt im vorrangigen Rechnungslegungszweck. Das HGB verfolgt als obersten Grundsatz den Gläubigerschutz und richtet sich somit primär an die Fremdkapitalgeber eines Unternehmens. Dementsprechend ist die Rechnungslegung nach HGB kreditorientiert. Das Vorsichtsprinzip führt dazu, dass Erträge eher niedrig und Schulden sowie Aufwendungen eher hoch ausgewiesen werden. Im Gegensatz dazu dient die IFRS-Rechnungslegung primär dem Schutz der Investoren (Eigenkapitalgeber). Die Hauptadressaten sind hierbei die Investoren. Erfolge sind periodengerecht auszuweisen, und es sollen entscheidungsnützliche Informationen übermittelt werden. Der Grundsatz der „Fair Presentation“ gewährleistet die Nützlichkeit der Informationen für Investoren und weckt gleichzeitig das Interesse von Aktionären. Dabei tritt das Vorsichtsprinzip in den Hintergrund. 16 Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede in den Zielsetzungen der Rechnungslegung nach IFRS und HGB: 17 Kriterium HGB IFRS Rechnungslegungszweck Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung Schutz der Anleger und Investoren wichtige Rahmen-grundsätze Vorsichtsprinzip (Konkretisierung durch Realisations-, Imparitäts-, und Wertaufhellungsprinzip), besonders hohe Bedeutung bei der Bildung stiller Reserven, Fortführung der Unternehmenstätigkeit Fair Presentation, periodengerechte Erfolgsermittlung (Realisationsprinzip, Matching Principle), Fortführung der Unternehmenstätigkeit Hauptadressat Fremdkapitalgeber Eigenkapitalgeber benötigte Informationen für Gläubiger ist die zukünftige Ertragslage wichtig, damit der Kapitaldienst gewährleistet ist zukünftige, geplante Einzahlungsüberschüsse, wirtschaftliche Lage des Unternehmens 16 Wöltje J.: IFRS, 2017, S. 17 ff. 17 ebd., S. 18 ff. <?page no="27"?> 2.2 Grundprinzipien und Aufbau der IFRS 27 Kriterium HGB IFRS Normgeber Gesetzgeber Fachleute Normfindung Code Law Case Law Funktion des Jahresabschlusses Informations- und Zahlungsbemessungsfunktion Informationsfunktion steuerliche Einflüsse Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz keine unmittelbare Bindung an das Steuerrecht Generalklausel Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips Grundsatz der Fair Presentation, kein Abweichen von den Einzelvorschriften möglich Gewinnermittlung vorsichtig, verlustantizipierend, Maßgeblichkeit für Steuerbilanz, Ansatz- und Bewertungswahlrechte realistisch zu ermitteln (fair presentation) , ohne steuerlichen Einfluss, Tendenz zum „Fair Value Accounting“ Angabe- und Offenlegungspflichten begrenzt, aber seit BilMoG umfangreicher sehr umfangreich Einzelabschluss bedeutend mit steuerlichen Rechtsfolgen wenige Vorschriften Konzernabschluss rein informativer Abschluss vorrangiger Abschluss Tab. 2.2: Unterschiede in der Zielsetzung der Rechnungslegung nach HGB und IFRS 2.2 Grundprinzipien und Aufbau der IFRS Das International Accounting Standards Committee (IASC) wurde im Jahr 1973 in London gegründet. Gründungsmitglieder waren neben Großbritannien Australien, Deutschland, Frankreich, Japan, Kanada, Mexiko, die Niederlande und die USA. Im Jahr 2001 wurde die Organisation umstrukturiert und in IFRS Foundation (mit Sitz in Delaware, USA) umbenannt. Aus dem IASC wurde das International Accounting Standards Board (IASB), das die Standards und Interpretationen herausgibt. Im Zuge dieser Änderung wurden die „International Accounting Standards (IAS)“ in „International Financial Reporting Standards (IFRS)“ umbenannt. Die älteren Standards werden als IAS, die neueren als IFRS bezeichnet. Die Nummerierung der Standards erfolgt in der chronologischen Reihenfolge ihres Inkrafttretens, beginnend mit der Ziffer 1 (z. B. IAS 1 und IFRS 1). 18 Bis zur Umstrukturierung im April 2001 war das „IASC“ Herausgeber von insgesamt 41 International Accounting Standards (IAS). Nach der Umstrukturierung werden die neuen Rechnungslegungsstandards als IFRS bezeichnet und fortlaufend nummeriert. Die bisher gültigen IAS behalten ihre Gültigkeit. Das Normensystem, bestehend aus IAS und IFRS, umfasst im Jahr 2024 insgesamt 43 Standards, die auf verschiedene Teilbereiche der Rechnungslegung und des Jahresabschlusses anzuwenden sind. Das IFRS-System ist kein starres Regelwerk, sondern ein offenes Regelwerk zur Erstellung international anerkannter und vergleichbarer Abschlüsse. Es ist auf die Beantwortung konkreter Fra- 18 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 1 ff. <?page no="28"?> 28 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung gestellungen ausgerichtet und besteht aus vier grundlegenden Teilen, die in der folgenden Abbildung dargestellt sind. Abb. 2.1: Verlautbarungen im IFRS-Regelsystem Trägerorganisation des IASB und Aufbau der IFRS Foundation Die IFRS Foundation fungiert als Trägerorganisation des International Accounting Standards Board (IASB). Ein weiteres wichtiges Organ ist das Monitoring Board, das die Treuhänder (Trustees) ernennt und beaufsichtigt. Die Treuhänder sind für die Ernennung der Mitglieder des IASB, des IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) sowie des IFRS Advisory Council (IFRS AC) zuständig. Zudem überwachen sie die Tätigkeiten des IASB. Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) erarbeitet Interpretationshilfen für die korrekte Anwendung der IFRS-Standards, insbesondere wenn in der Bilanzierungspraxis Schwierigkeiten auftreten. Das IFRS Advisory Council (IFRS AC) dient als strategisches Beratungsgremium und unterstützt das IASB und die Treuhänder mit seiner Expertise. Das IASB ist ein unabhängiges, privatwirtschaftliches Gremium, das die Standards (IAS und IFRS) und die Interpretationen (SIC und IFRIC) erarbeitet, verabschiedet und veröffentlicht. Das Ziel ist die Schaffung eines weltweit akzeptierten Rechnungslegungssystems. Das IASB setzt sich aus 14 Mitgliedern zusammen. Für die Verabschiedung eines Standards ist eine qualifizierte Mehrheit von mindestens neun der vierzehn Stimmen erforderlich. Der Senior Staff unterstützt das IASB, das IFRS IC und die Treuhänder (trustees) bei ihren Geschäftsführungs-, Verwaltungs-, Kommunikations- und Öffentlichkeitsaufgaben. 19 Die folgende Abbildung stellt die Organisationsstruktur der IFRS Foundation grafisch dar. 19 Vgl. Zülch, H. u. Hendler, M.: Bilanzierung nach IFRS, 2017, S. 33 f. <?page no="29"?> 2.3 Das Rahmenkonzept der IFRS 29 Abb. 2.2: Die Organisationsstruktur der IFRS Foundation 20 2.3 Das Rahmenkonzept der IFRS Das Rahmenkonzept (Conceptual Framework) bildet das theoretische Fundament der IFRS. Es klärt die Zielsetzung, die qualitativen Kriterien und die Grundprinzipien der Rechnungslegung sowie den Ansatz und die Bewertung von Abschlussposten. Das Rahmenkonzept stellt keinen eigenen Standard dar, sondern bildet den Rahmen, an dem sich die Standards und Interpretationen orientieren. Es dient allen Parteien zum Verständnis und zur Interpretation der IFRS. Durch die enthaltenen Grundprinzipien wird eine konzeptionelle Basis geschaffen, die Konsistenz in die Entwicklung und Überarbeitung der IFRS bringt. Die Anwender können sich bei Regelungslücken daran orientieren. Bei Konflikten zwischen Rahmenkonzept und Standard gehen die Regelungen der einzelnen Standards vor. Ziel der IFRS ist es, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu vermitteln. Das Rahmenkonzept der IFRS enthält die grundlegenden Anforderungen an einen Abschluss, wie z. B: die konzeptionellen Grundlagen und Prinzipien der Rechnungslegung, die die Basis für die Entwicklung neuer Standards und Interpretationen bilden, die Zielsetzung der Rechnungslegung: Die Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen für die Abschlussadressaten, eine eindeutige Definition von Vermögenswerten, Schulden, Eigenkapital, Erträgen und Aufwendungen. 20 In Anlehnung an: Pellens, B., et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 49. IFRS Foundation (22 Treuhänder) (Berufung der Mitglieder der anderen Komitees und Überwachung der Aktivitäten) International Accounting Standards Board (IASB) (14 Mitglieder, Verabschiedung der Standards und der Interpretationen) IFRS Advisory Council (IFRSAC) (Mitglieder gehören nationalen Standardsettern und anderen Organisationen an; geben strategische Empfehlungen) Legende Ernennung und Überwachung: Reporting, berichten an: Beratung, Information: Monitoring Board (besetzt durch öffentlich rechenschaftspflichtige Institutionen) 9 Mitglieder und ein Beobachter: Ernennung und Beaufsichtigung der Treuhänder Senior Staff (unterstützende Abteilungen der IFRS Foundation mit mehr als 100 Mitarbeitern) Education Initiative, IFRS-Taxonomie (XBRL), Content Service IFRS Interpretations Committee (IFRSIC) (14 stimmberechtigte Mitglieder, Empfehlungen bei Interpretations- und Anwendungsfragen) beraten, empfehlen SME Implementation Group Accounting Standard Advisory Forum (ASAF) und Standing and Project Consultative Groups Nationale Standardsetzer und andere Gruppen <?page no="30"?> 30 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung Das Rahmenkonzept ist in der folgenden Abbildung dargestellt: Abb. 2.3: Aufbau des Rahmenkonzepts Das Rahmenkonzept der International Financial Reporting Standards (IFRS) legt qualitative Anforderungen sowie Basisannahmen und Basisgrundsätze fest, die bei der Erstellung von Abschlüssen zu beachten sind. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Grundsätze aufgeführt: Unternehmensfortführung (going concern) : Es wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen auf absehbare Zukunft fortgeführt wird und nicht liquidiert oder wesentlich eingeschränkt wird. Periodenabgrenzung (accrual principle) : Geschäftsvorfälle sind in der Periode zu erfassen, in der sie anfallen, und nicht in der Periode, in der sie zahlungswirksam werden. Relevanz (relevance) : Informationen müssen entscheidungsnützlich sein, wenn sie die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen. Dieses Grundprinzip wird durch das Prinzip der Wesentlichkeit (materiality) ergänzt. Glaubwürdige Darstellung (faithful representation) : Informationen sollten vollständig, neutral und fehlerfrei sein. Vollständigkeit bedeutet, dass alle für das Verständnis eines Sachverhalts relevanten Informationen vorhanden sind. Neutralität bedeutet, dass die Daten nicht manipuliert werden. Fehlerfreiheit bedeutet, dass es keine Fehler in den Beschreibungen oder in den Methoden zur Ermittlung der Werte gibt. Die Primärgrundsätze werden von vier grundlegenden qualitativen Anforderungen begleitet: Vergleichbarkeit (comparability): Unternehmensdaten sollen sowohl über verschiedene Zeiträume als auch zwischen den Unternehmen vergleichbar sein. Dies erfordert die Einhaltung des Stetigkeitsprinzips (consistency) , das die Beibehaltung einmal gewählter Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorschreibt. Nachprüfbarkeit (verifiability): Alle aufgeführten Informationen müssen entweder durch direkte Überprüfung oder durch zusätzliche Informationen belegbar und überprüfbar sein. Zeitnähe (timeliness): Informationen sollen zeitnah zur Verfügung gestellt werden, um ihre Relevanz für Entscheidungen zu gewährleisten. <?page no="31"?> 2.4 Bewertungskategorien des Rahmenkonzepts 31 Verständlichkeit (understandability): Die Informationen sollen klar und präzise dargestellt werden, so dass sie von einem fachkundigen Leser leicht verstanden werden können. 21 Ausgewogenheit von Kosten-Nutzen-Relation Die qualitativen Anforderungen sollen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Es kann jedoch notwendig sein, die Gewichtung eines Sekundärgrundsatzes zu reduzieren, um die Relevanz der Informationen zu erhöhen. Dabei ist stets die Kosten-Nutzen-Relation zu beachten: Die Kosten für die Bereitstellung von Informationen sollten im Verhältnis zum Nutzen für die Adressaten stehen. 22 Das Ziel, entscheidungsrelevante Informationen bereitzustellen, richtet sich an aktuelle und potenzielle Anleger sowie Gläubiger. Es dient dem Investorenschutz, da die Informationen zeitnah publiziert werden und ein realistisches Bild der Unternehmenslage vermitteln sollen. Im Gegensatz dazu steht das Handelsrecht, in dem nicht die Investoren, sondern die Gläubiger im Mittelpunkt stehen. Die Gläubiger sollen geschützt werden, indem das Kapital durch eine möglichst niedrige Bewertung von Vermögensgegenständen erhalten bleibt. Hierbei kommt dem Vorsichtsprinzip ein höherer Stellenwert zu als in den IFRS. 23 2.4 Bewertungskategorien des Rahmenkonzepts Die folgende Abbildung bietet einen umfassenden Überblick über die möglichen Bewertungsmethoden. Abb. 2.4: Bewertung der Bilanzposten nach IFRS Die nächste Tabelle zeigt die Bewertungsmaßstäbe des Rahmenkonzepts (Conceptual Framework) nach IFRS: 21 Vgl. Pellens, B., Fülbier, R. U., Gassen, J., Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 103 f. 22 Vgl. ebd., S. 104. 23 Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2018, S. 21 f. <?page no="32"?> 32 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung Bewertungsmaßstäbe Vermögenswerte (assets) Schulden (liabilities) Historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten (historical costs) Betrag der entrichteten Zahlungsmittel bzw. beizulegender Zeitwert der Gegenleistung zum Zeitpunkt des Erwerbs bzw. der Herstellung. Der Betrag des Erlöses, der im Austausch für die Schuld erhalten wurde bzw. der Betrag, der für die Tilgung der Schuld aufzuwenden wäre. Wiederbeschaffungskosten/ Tageswert (currrent cost) Betrag der Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente, die für die Wiederbeschaffung eines identischen oder vergleichbaren Vermögenswerts zuzüglich direkt zurechenbarer Nebenkosten, abzüglich Anschaffungspreisminderungen, zum aktuellen Zeitpunkt bezahlt werden müssten. Betrag der Zahlungsmittel, die erwartungsgemäß gezahlt werden müssten, um die Schuld im normalen Geschäftsverlauf zum aktuellen Zeitpunkt zu begleichen. Beizulegender Zeitwert (fair value) bzw. Erfüllungsbetrag der Schulden (fullfillment value) Preis, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt beim Verkauf eines Vermögenswertes in einer gewöhn-lichen Transaktion erzielt werden kann. Voraussichtlicher Erfüllungsbetrag zur Tilgung der Schuld im normalen Geschäftsverlaufs. Barwert (present value) Der Barwert symbolisiert den Wert des künftigen Nettomittelzuflusses in der Gegenwart. Die Ermittlung des Barwerts erfolgt durch Abzinsung. Der Barwert symbolisiert den Wert der künftigen Nettoauszahlungen, die zur Erfüllung der Schuld im normalen Geschäftsverlauf erwartungsgemäß anfallen werden. Die Ermittlung des Barwerts erfolgt durch Abzinsung. Tab. 2.3: Bewertungsmaßstäbe des Rahmenkonzepts 2.4.1 B a rwert Der Barwert (Gegenwartswert) kann wie folgt berechnet werden: Bei einer einzelnen Zahlung (Z) wird der Barwert (K 0 ) mit Hilfe des Abzinsungsfaktors (AbF) berechnet Barwert (K 0 ) = Z x 1 (1+i) n = Z x 1 q n Bei gleich hohen Zahlungen (Z) kann der Barwert (K 0 ) mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors (RBF) berechnet werden. Barwert (K 0 ) = Z x (1+i) n − 1 (1+i) n x i = Z x q n − 1 q n × i Beispiel: Bewertung einer Schuld mit dem Barwert Ein Unternehmen hat einem Arbeitnehmer eine Pensionszusage in Höhe von 300.000 € mit einer Laufzeit von 15 Jahren erteilt, d. h. der Erfüllungsbetrag beträgt 300.000 €. Der Kapitalisierungszinssatz (i) beträgt 2,75 % pro Jahr. Barwert (K 0 ) = 300.000 € x 1 (1 +0,0275) 15 = 199.707,23 € Das bedeutet, dass heute 199.707,23 € zu einem Zinssatz von 2,75 % p. a. angelegt werden müssen, damit in 15 Jahren 300.000 € zur Verfügung stehen. <?page no="33"?> 2.4 Bewertungskategorien des Rahmenkonzepts 33 2.4.2 Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) Der Standard IFRS 13 legt fest, wie der beizulegende Zeitwert (fair value) zu ermitteln ist. Er spezifiziert jedoch nicht, welche Vermögenswerte bzw. Schulden zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind. Definition des beizulegenden Zeitwerts gemäß IFRS 13.9 Gemäß IFRS 13.9 wird der beizulegende Zeitwert definiert als der Preis, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts erzielt bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde. Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts richtet sich nach den Möglichkeiten der Datenbeschaffung und erfolgt nach einem Stufenmodell, das verschiedene Inputfaktoren berücksichtigt: 24 Stufe 1: Diese Stufe zeichnet sich durch Marktpreise an aktiven und für das Unternehmen zugänglichen Märkten aus. Dieser Inputfaktor hat höchste Priorität, da der beizulegende Zeitwert (fair value) verlässlich und direkt bestimmt werden kann. Mögliche Märkte dieser Stufe sind beispielsweise Börsen- oder direkte Märkte für homogene Güter. 25 Stufe 2: Hier werden Märkte nach ähnlichen Vermögenswerten untersucht, die aktiv oder inaktiv sein können. Die Bewertung erfolgt durch Ableitung aus beobachtbaren Marktdaten, wie notierten Preisen ähnlicher Güter oder barwertorientierten Bewertungen (DCF-Verfahren), unter Nutzung öffentlich zugängliche Wachstumsraten und Zinssätze. 26 Stufe 3: Lässt sich der beizulegende Zeitwert nicht anhand der beiden vorhergehenden Stufen ermitteln, wird auf nicht beobachtbare Faktoren zurückgegriffen. Dabei werden verschiedene Annahmen zur Preisfindung getroffen und mögliche Risiken der gewählten Bewertungsmethode oder der Inputfaktoren berücksichtigt. 27 Gemäß dem hierarchischen mehrstufigen Bewertungskonzept von IFRS 13 kann der beizulegende Zeitwert auf diese Weise ermittelt werden: Abb. 2.5: Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nach dem Drei-Stufen-Modell gemäß IFRS 13 28 24 Ruhnke, K. et al.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2023, S. 286. 25 Vgl. Jödicke, D.: Beizulegender Zeitwert, 2019, S. 21 ff. 26 Lüdenbach, N.: IFRS - Training für Ausbildung und Praxis, 2024, S. 53. 27 Vgl. Jödicke, D.: Beizulegender Zeitwert, 2019, S. 26 f. 28 In Anlehnung an Ruhnke, K. et al.: Rechnungslegung nach HGB und IFRS, 2023, S. 287. Bewertungstechniken (IFRS 13.61 ff.; B5 ff.) Inputfaktoren (IFRS 13.67 ff.) Stufen abnehmender Grad der Objektivierung marktbasierter Ansatz kostenbasierter Ansatz einkommensbasierter Ansatz a) Bewertungstechniken (z. B. DCF- Verfahren) b) Optionspreismodelle beobachtbare Inputfaktoren Marktpreise für identische Posten auf einem aktiven Markt Stufe 1 Marktpreise für ähnliche Posten auf einem aktiven Markt Stufe 2a Marktpreise für identische oder ähnliche Posten auf einem inaktiven Markt Stufe 2b andere direkte, marktbasierte Parameter Stufe 2c andere indirekte, marktbasierte Parameter Stufe 2d nicht-beobachtbare Inputfaktoren Stufe 3 <?page no="34"?> 34 Schritt 2: Konzeptionelle Grundlagen der IFRS-Rechnungslegung 2.4.3 Der erzielbare Betrag Dem erzielbaren Betrag (recoverable amount) kommt im Rahmen des Impairment-Tests eine besondere Bedeutung zu. Er dient als Vergleichsmaßstab, auf den im Falle einer im Rahmen des Impairment-Tests festgestellten Wertminderung außerplanmäßig abzuschreiben ist. Gemäß IAS 36.6 bzw. IAS 16.6 ist der erzielbare Betrag der höhere Betrag aus dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs of disposal) und dem Nutzungswert (value in use) eines Vermögenswertes oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit. Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to disposal) (IAS 36.6 bzw. IFRS 5.15): Dies ist der Betrag, der durch den Verkauf eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit in einer Transaktion zu Marktbedingungen zwischen sachverständigen, vertragswilligen Parteien nach Abzug der Veräußerungskosten erzielt werden könnte. Nutzungswert (value in use) (IAS 36.6): Dies ist der Barwert der geschätzten künftigen Einzahlungsüberschüsse (cash flows) , die voraussichtlich aus der Nutzung eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit abgeleitet werden können. Dabei sind sowohl Zahlungen aus der fortgesetzten Nutzung und als auch aus dem Abgang am Ende der Nutzungsdauer zu berücksichtigen. 2.5 Typischer Aufbau eines Standards Ein Standard behandelt jeweils ein spezifisches Bilanzierungsproblem. Dabei werden Begriffe definiert, Ziele erklärt, Anwendungen aufgezeigt und ausführliche Einzelfallregelungen diskutiert. Bisher wurden seitens des IASB 19 IFRS und von dessen Vorgängerorganisation IASC 41 IAS erlassen. Die Regelungsdichte der Standards nimmt kontinuierlich zu, da diese kontinuierlich weiterentwickelt und vervollständigt werden. Mittlerweile gibt es zu nahezu jedem Thema der Rechnungslegung einen spezifischen Standard. Die Standards, bestehend aus den älteren IAS und den neueren IFRS, behandeln jeweils einen speziellen Sachverhalt und folgen einem typischen Aufbau: Zielsetzung (objective) : Allgemeine Ziele des Standards werden beschrieben. Anwendungsbereich (scope) : Festlegung der Posten, für die der Standard relevant ist. Definitionen (definitions) : Erklärung der Schlüsselbegriffe des Standards. Ansatz und erstmalige Bewertung (recognition and measurement) : Kriterien und Bewertungsmethode für den erstmaligen Ansatz. Folgebewertung (subsequent measurement) : Bewertung nach dem ersten Stichtag, oft mit separater Darstellung unterschiedlicher Methoden. Anhangangaben (appendices) : Es werden Pflichtangaben und empfohlene Angaben im Anhang aufgeführt. Übergangsregelungen (transitional provisions) : Vorgehensweise bei erstmaliger Anwendung des Standards. Zeitpunkt des Inkrafttretens (effective date) : Festlegung, ab welchem Geschäftsjahr der Standard verpflichtend anzuwenden ist und ob eine frühere Anwendung zulässig ist. Merke Standards regeln spezifische Fragen der Rechnungslegung und stellen kein in sich geschlossenes Regelwerk dar. Sie gelten branchen-, rechtsform- und größenunabhängig. <?page no="35"?> 2.6 Interpretationen 35 2.6 Interpretationen Neben den Standards und dem Framework gehören die vom IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) erarbeiteten Interpretationen zum IFRS-Gesamtwerk und sind Teil der verpflichtend anzuwendenden Verlautbarungen des IASB. Sie bieten eine Hilfestellung bei Detailfragen und stellen eine offizielle Auslegung der Standards dar. Sie ergänzen die Standards und sollen etwaige Unklarheiten beseitigen. Das Gesamtwerk umfasst 23 IFRIC-Interpretationen sowie 34 SIC-Interpretationen, wobei letztere von der Vorgängerorganisation des IFRIC, dem Standing Interpretations Committee (SIC), erarbeitet wurden. Der Verantwortungsbereich des IFRS IC umfasst die Auswahl relevanter Themen für mögliche Interpretationen anhand eines Kriterienkatalogs. Zu den Kriterien zählen beispielweise die praktische Relevanz für Unternehmen oder der Bezug eines Problems zu einem konkreten Fall. 29 Der Entwicklungsprozess der Interpretationen orientiert sich am Due Process der Standards, ist jedoch weniger aufwendig und umfangreich gestaltet und somit auch zeitlich schneller. Eine Besonderheit des Verfahrens liegt in der Verabschiedungsinstanz: Während die Erarbeitung der Interpretationen dem IFRS IC obliegt, erfolgt die endgültige Verabschiedung durch das IASB. Aufgabe und Lösung zu : • Aufbau eines IAS/ IFRS-Standards finden Sie online. 29 Vgl. Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2021, S. 7 f. <?page no="37"?> Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Lernziele Am Ende dieses Kapitels sollten Sie über die folgenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen: [1] Den Aufbau und die wesentlichen Bestandteile einer Bilanz nach IFRS zu erkennen und zu erläutern sowie die Unterschiede zwischen kurz- und langfristigen Bilanzposten darzustellen. [2] In der Gesamtergebnisrechnung zwischen dem erfolgswirksamen Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung und dem erfolgsneutralen sonstigen Ergebnis zu unterscheiden. [3] Die Eigenkapitalveränderungsrechnung zu interpretieren und die wesentlichen Bewegungen des Eigenkapitals zu erläutern. [4] Die Bedeutung der Kapitalflussrechnung für die Beurteilung der Liquidität und der finanziellen Flexibilität eines Unternehmens erklären. [5] Die Notwendigkeit und den Inhalt der Anhangangaben zu erläutern. [6] Die Informationen aus der Segmentberichterstattung zu interpretieren und zu beurteilen. [7] Die Anforderungen an die Zwischenberichterstattung nach IFRS zu beschreiben. [8] Die Berechnung und Bedeutung des Ergebnisses je Aktie (Earnings per Share, EPS) nach IFRS zu verstehen. 3.1 Übersicht Die Struktur und die Mindestbestandteile eines IFRS-Abschlusses sind in IAS 1 festgelegt und werden durch weitere Regelungen für kapitalmarktorientierte und börsennotierte Unternehmen ergänzt. 30 Zu beachten ist, dass der im April 2024 veröffentlichte Standard IFRS 18, ab dem Geschäftsjahr 2027, den IAS 1 hinsichtlich der Darstellung des Abschlusses ersetzen wird. 31 Der Abschluss umfasst die folgenden Bestandteile, wie in der folgenden Tabelle dargestellt: Bestandteile eines IFRS-Abschlusses Bilanz Statement of �inancial position Gesamtergebnisrechnung Statement of pro�it or loss and other comprehensive income Eigenkapitalverä nderungsrechnung Statement of changes in equity Kapital�lussrechnung Statement of cash �lows Anhangangaben Notes Vergleichsinformationen zur Vorperiode Statement of �inancial position as at the beginning of the earliest comparative period 30 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 30. 31 Vgl. Freiberg, J. u. Bischof, S.: Haufe. 18.04.2024. https: / / www.haufe.de/ finance/ jahresabschluss-bilanzierung/ iasb-ifrs-18-darstellung-und-angaben-im-abschluss-veroeffentlicht_188_620908.html (Zugriff am 17.09.2024) <?page no="38"?> 38 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses zusätzlich bei börsennotierten Unternehmen Ergebnis je Aktie Earnings per share zusätzlich bei kapitalmarktorientierten Unternehmen Geschä ftssegmente Operating segments Zwischenberichterstattung Interim �inancial report Gemäß IAS 1 bzw. dem neuen IFRS 18 umfasst ein vollständiger IFRS-Abschluss mit Vorjahresvergleichsinformationen folgende Bestandteile: Bilanz (statement of financial position as at the end of period, balance sheet) : Sie stellt die Vermögenswerte und Schulden zum Bilanzstichtag gegenüber und weist das Eigenkapital als Residualgröße aus. Gesamtergebnisrechnung (statement of comprehensive income for the period) : Sie setzt sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung (profit or loss) und dem sonstigen Ergebnis (other comprehensive income, OCI) zusammen . Sie besteht formal aus zwei Abschnitten, die in ihrer Gesamtheit die tatsächliche Ertragslage des Unternehmens widerspiegeln sollen. 32 „Der erste Abschnitt enthält die Gegenüberstellung der erfolgswirksamen Erträge und Aufwendungen im „ Gewinn oder Verlust “ und entspricht der herkömmlichen Gewinn- und Verlustrechnung.“ 33 Der zweite Abschnitt erfasst die erfolgsneutralen Vorgänge im sonstigen Ergebnis , in dem die erfolgsneutralen Aufwendungen und Erträge außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung in besonderen Rücklagen des Eigenkapitals erfasst werden. Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity ): Sie stellt die Entwicklung des Eigenkapitals innerhalb einer Berichtsperiode und die Eigenkapitalsituation des Unternehmens im Allgemeinen dar. Ihr Zweck besteht in der Darstellung der Entwicklung des Eigenkapitals innerhalb einer Berichtsperiode sowie der Darstellung der Eigenkapitalsituation des Unternehmens im Allgemeinen. 34 Kapitalflussrechnung (statement of cash flows of the period) : Sie zeigt die Veränderung der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente. Die Kapitalflussrechnung gibt Auskunft über die Ein- und Auszahlungen des Unternehmens während des Geschäftsjahres und ist in IAS 7 geregelt. Sie zeigt, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, liquide Mittel zu erwirtschaften. 35 Dabei werden die Ein- und Auszahlungen den drei Kategorien „operative (laufende) Geschäftstätigkeit“, „Finanzierungstätigkeit“ und „Investitionstätigkeit“ zugeordnet und einer Periode gegenübergestellt. Anhangangaben (notes) : Sie erläutern die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und geben detaillierte Informationen zu einzelnen Posten. Darüber hinaus werden zusätzliche Informationen bereitgestellt, die für das Verständnis der Bilanz und der Gesamtergebnisrechnung relevant sind. Hierzu zählen beispielsweise Angaben zu den Abschreibungen, Rückstellungen und sonstigen Posten. Der Anhang enthält sonstige Erläuterungen und die Offenlegung von Informationen, die nicht in anderen Abschlussbestandteilen enthalten sind. 36 Zwischensummen (subtotals) : Mit dem Standard IFRS 18 wurden zur Verbesserung der Transparenz und Vergleichbarkeit Zwischensummen wie Betriebsergebnis und Ergebnis vor Finanzierung und Ertragsteuern eingeführt. 32 Vgl. Müller S., Saile P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2018, S. 33. 33 NWB Datenbank: Gesamtergebnisrechnung (IFRS), 2024. 34 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 41. 35 Vgl. IAS Plus: IAS 7, 2024. 36 NWB Datenbank: Anhang (IFRS), 2024. <?page no="39"?> 3.2 Bilanz 39 Leistungskennzahlen (key performance indicators): Zur Erhöhung der Transparenz werden Angaben zu den vom Management definierten Leistungsindikatoren (Management-defined Performance Measures, MPMs) gemacht. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen erweitert sich der Umfang um die folgenden Bestandteile: Segmentberichterstattung (segment reporting) : Diese ist verpflichtend für kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtend zu erstellen. Dabei werden die unternehmerischen Aktivitäten z. B. nach Produktgruppen, Regionen und Geschäftsbereichen aufgegliedert. Diese Aufgliederung erleichtert es den Abschlussadressaten, die Chancen und Risken des Unternehmens besser zu beurteilen. 37 Ergebnis je Aktie (earnings per share) : Eine wichtige Kennzahl zur Bewertung von Aktien, die angibt, welcher Anteil des gesamten erwirtschafteten Unternehmensgewinns oder Jahresüberschusses auf eine Aktie entfällt. Für Unternehmen, deren Stammaktien an öffentlichen Börsen gehandelt werden oder die sich im Zulassungsprozess befinden, besteht eine Veröffentlichungspflicht dieser Kennzahl. Bei erstmaliger Anwendung der IFRS sind folgende zusätzliche Bestandteile des Abschlusses erforderlich: Erstmalige Anwendung (First-time Adoption) : Hierbei handelt es sich um ein Konzept, das in der internationalen Rechnungslegung eine zentrale Rolle spielt. Stellt ein Unternehmen seine Rechnungslegung um oder veröffentlicht es erstmals einen Abschluss nach IFRS, so sind für alle Abschlussbestandteile Vergleichszahlen der Vorperiode anzugeben. 3.2 Bilanz Die Bilanz (statement of financial position ) stellt einen zentralen Bestandteil des Jahresabschlusses dar und dient der Darstellung der Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag. In der Bilanz werden alle Vermögenswerte (Aktiva) und Schulden (Passiva) aufgeführt und einander gegenübergestellt. Das Eigenkapital ergibt sich hierbei als Residualgröße, indem die Schulden von den Vermögenswerten subtrahiert werden. 38 Das Rahmenkonzept sowie der IAS 1.54 enthalten ein Schema für den grundlegenden Aufbau und die Mindestgliederung der Bilanz nach IFRS. Eine strukturierte Gliederung der Bilanz im Sinne fest vorgegebener Formate wie im HGB gibt es nicht, so dass dem bilanzierenden Unternehmen Ermessensspielräume verbleiben. Eine IFRS-Bilanz kann entweder in Kontenform oder in Staffelform aufgestellt werden. Kurz- und langfristige Vermögenswerte sowie kurz- und langfristige Schulden sind dabei als getrennte Gliederungsgruppen darzustellen oder nach ihrer Liquidität zu gliedern, wenn dies die Verlässlichkeit und Aussagekraft der Darstellung erhöht. Die folgende Abbildung zeigt einen beispielhaften Aufbau sowie die Gliederung einer IFRS-Bilanz in Staffelform. Aktiva (assets) Jahr 02 Jahr 01 Langfristige Vermögenswerte (non-current assets) Sachanlagen (property, plant and equipment) XX XX Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (investment property) XX XX Immaterielle Vermögenswerte (intangible assets) XX XX 37 Vgl. NWB Datenbank: Segmentberichterstattung (HGB, IFRS), 2024. 38 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp und klar, 2022, S. 31 und vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 107. <?page no="40"?> 40 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Geschäfts- oder Firmenwert (goodwill) XX XX Finanzielle Vermögenswerte (financial assets) XX XX At Equity bilanzierte Beteiligungen (at equity investments) XX XX Nutzungsrechte (rights of use) XX XX Latente Steueransprüche (deferred tax assets) XX XX Summe langfristige Vermögenswerte XX XX Kurzfristige Vermögenswerte (current assets) Vorräte (inventories ) XX XX Forderungen aLuL (trade receivables) XX XX Sonstige nichtfinanzielle Vermögenswerte (other non-financial assets) XX XX Sonstige finanzielle Vermögenswerte (other financial assets) XX XX Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente (cash and cash equivalents) XX XX Steuererstattungsansprüche (tax refund claims) XX XX Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte (non-current assets held for sale) XX XX Summe kurzfristige Vermögenswerte XX XX Gesamte Aktiva (total assets) XX XX Passiva (equity and liabilities) Jahr 02 Jahr 01 Eigenkapital (equity) Gezeichnetes Kapital (issued capital) XX XX Kapitalrücklage (capital reserve) XX XX Neubewertungsrücklage (revalution surplus) XX XX Gewinnrücklagen (retained earnings) XX XX Sonstige Rücklagen (other reserves) XX XX Jahresergebnis (profit or loss for the period) XX XX Zwischensumme XX XX Minderheitenanteile (non-controlling interest, minority interest) XX XX Summe Eigenkapital XX XX Langfristige Schulden (non-current liabilities) Langfristige Rückstellungen für Leistungen an Arbeitnehmer (non-current provisions for employee benefits) XX XX Langfristige sonstige Rückstellungen (non-current other provisions) XX XX Langfristige Finanzschulden (non-current financial liabilities) XX XX Langfristige sonstige finanzielle Verbindlichkeiten (non-current other financial liabilities) XX XX Langfristige Leasingschulden (long-term lease liabilities) XX XX <?page no="41"?> 3.3 Gesamtergebnisrechnung 41 Latente Steuerschulden (deferred tax liabilities) XX XX Summe langfristige Schulden XX XX Kurzfristige Schulden (current liabilities) XX XX Kurzfristige Rückstellungen (current provisions) XX XX Kurzfristige Finanzschulden (current financial liabilities) XX XX Kurzfristige sonstige finanzielle Verbindlichkeiten (current other financial liabilities) XX XX Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ( trade accounts payable ) XX XX Erhaltene Anzahlungen (prepayments received) XX XX Ertragssteuerverbindlichkeiten (income tax liabilities) XX XX Sonstige Verbindlichkeiten (other liabilities) XX XX Latente Steuerschulden (deferred tax liabilities) XX XX Summe kurzfristige Schulden XX XX Gesamte Passiva (total equity and liabilities) XX XX Tab. 3.1: Beispielhafte Gliederung einer IFRS-Bilanz Aufgabe und Lösung zu : • Erstellung einer Bilanz finden Sie online. 3.3 Gesamtergebnisrechnung Die Gesamtergebnisrechnung (statement of profit or loss and comprehensive income) umfasst neben der Gewinn- und Verlustrechnung (profit or loss) auch das sonstige Ergebnis (other comprehensive income), das die erfolgsneutralen Wertänderungen bestimmter Posten widerspiegelt . Das Rahmenkonzept (conceptual framework) definiert die Begriffe Erträge und Aufwendungen wie folgt: Erträge (revenues): Sie stellen die Zunahme von Vermögenswerten oder die Abnahme von Schulden dar, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen, mit Ausnahme von Einlagen der Gesellschafter. Aufwendungen (expenses): Sie werden definiert als die Abnahme von Vermögenswerten oder Zunahme von Schulden, die zu einer Verringerung des Eigenkapitals führen, wobei Ausschüttungen an Anteilseigner ausgeschlossen sind. Diese werden weiter unterteilt in: GuV-wirksame Aufwendungen und Erträge: Posten, die eine Veränderung des Gewinns oder Verlusts bewirken, wie beispielsweise Umsatzerlöse aus dem Verkauf von Produkten oder Abschreibungen auf Maschinen. 39 Grundsätzlich sind Aufwendungen und Erträge erfolgswirksam zu erfassen, es sei denn, ein bestimmter Standard erlaubt die erfolgsneutrale Darstellung. 39 Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2023, S. 179-181. <?page no="42"?> 42 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses GuV-neutrale Aufwendungen und Erträge : Diese umfassen beispielsweise Veränderungen der Neubewertungsrücklage für Sachanlagen und Wechselkursdifferenzen im Konzernabschluss. Sie werden in den Rücklagen des Eigenkapitals erfasst und haben keinen direkten Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung. 40 Die GuV-wirksamen Aufwendungen und Erträge bilden zusammen den Saldo aus Gewinn oder Verlust (profit or loss) . Die Addition der GuV-neutralen Aufwendungen und Erträge ergibt das sonstige Ergebnis (other comprehensive income) . Das Gesamtergebnis (comprehensive income) stellt die Summe der beiden Teilergebnisse dar. Gemäß IAS 1.99 besteht für die Gewinn- und Verlustrechnung ein Wahlrecht zur Anwendung des Gesamtkosten- oder des Umsatzkostenverfahrens. Die Darstellung des sonstigen Ergebnisses erfolgt nach Art der Beträge. Die Beträge sind so zu gruppieren, dass eine Unterscheidung zwischen Beträgen, die in späteren Perioden umgegliedert werden dürfen, und Beträgen, die nicht umgegliedert werden dürfen, möglich ist. Als Reklassifizierung oder Umgliederung ( reclassification adjustment ) bezeichnet man die Umbuchung von zuvor erfolgsneutral im Eigenkapital erfassten Beträgen in die Gewinn- und Verlustrechnung. Dies geschieht, wenn die Bedingungen, die für eine erfolgsneutrale Erfassung nicht mehr gegeben sind, zum Beispiel bei der Veräußerung eines Vermögenswerts. Das Ziel der Reklassifizierung besteht darin, einen späteren wirtschaftlichen Erfolg, der ursprünglich nur im Eigenkapital sichtbar war, in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen. Beispiele für Posten des sonstigen Ergebnisses, die zu einem späteren Zeitpunkt in den Gewinn oder Verlust (Gewinn- und Verlustrechnung) umgegliedert werden: Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung von Abschlüssen ausländischer Geschäftsbetriebe (IAS 21.41), Fremdkapitalinstrumente, die der Kategorie FVOCI (Fair Value through Other Comprehensive Income) (IFRS 9.4.1.2.A)) zugeordnet sind, erfolgsneutrale Erfassung des Gewinns oder Verlusts aus dem effektiven Teil eines Geschäfts zur Absicherung von Cashflows (cashflow hedge, IFRS 9.6.5.11 (b)), Ertragssteuern für zu reklassifizierende Posten. Beispiele für Posten des sonstigen Ergebnisses, die nicht mehr in den Gewinn oder Verlust (Gewinn- und Verlustrechnung) umgegliedert werden dürfen, sind u. a.: Neubewertung der Nettoverpflichtung aus leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen und des zugehörigen Fondsvermögens (IAS 19.57[d]), Neubewertung von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten (IAS 16.39 und IAS 38.85), Sonstiges Ergebnis von nach der Equity-Methode bilanzierten Beteiligungen, das nicht umgegliedert werden kann, Eigenkapitalinstrumente, die der Kategorie FVOCI (Fair Value through Other Comprehensive Income) (IFRS 9.5.7.5) zugeordnet wurden, Ertragsteuern auf Posten, die nicht umgegliedert werden dürfen. Im Vergleich zum HGB beinhalten die Regelungen für die Gesamtergebnisrechnung kein vollständiges Gliederungsschema. Gemäß IAS 1.82 ist lediglich ein Mindestausweis von Posten vorgeschrieben. Das Gesamtergebnis kann entweder in einer einzigen Aufstellung (single statement approach) oder in zwei getrennten Aufstellungen (two statement approach) erfolgen, welche die Gewinn- und Verlustrechnung sowie das sonstige Ergebnis umfassen. Darüber hinaus ist eine Zuordnung des Gewinns oder Verlusts und des sonstigen Ergebnisses auf das Mutterunternehmen und auf die Anteile ohne beherrschenden Einfluss erforderlich. 40 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 370. <?page no="43"?> 3.3 Gesamtergebnisrechnung 43 Gesamtergebnisrechnung (single statement approach) Jahr 02 Jahr 01 Umsatzerlöse (revenue) XX XX andere aktivierte Eigenleistungen (work performend by the enterprise and capitalised) XX XX Sonstige betriebliche Erträge (other operating income) XX XX Materialaufwand (raw material and consumables used) XX XX Personalaufwand (employee benefit expense, personnel expenses) XX XX Abschreibungen (depreciation and amortization expense) XX XX Sonstige betriebliche Aufwendungen (other operating expense) XX XX Operatives Ergebnis (profit from operations) XX XX Ergebnis aus at-equity-Beteiligungen (profit or loss from equity method investments) XX XX Finanzierungsaufwendungen (finance costs) XX XX Finanzierungserträge (finance income) XX XX Ergebnis vor Steuern (profit before tax, earnings before taxes) XX XX Ertragssteuern (income taxes) XX XX Gewinn oder Verlust (profit or loss) XX XX Währungsumrechnungsdifferenzen ausländischer Tochterunternehmen (exchange rate differences foreign subsidiaries) XX XX Neubewertung von Sachanlagen (revaluation of property, plant and equipment) und immateriellen Vermögenswerten (intangible assets) XX XX erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte Finanzinstrumente (financial instruments recognized at fair value through other comprehensive income) XX XX zu Sicherungszwecken eingesetzte Finanzinstrumente (cashflow hedges) XX XX Steuern auf unrealisiertes Einkommen (taxes related to other comprehensive income) XX XX Sonstiges Ergebnis nach Steuern (other comprehensive income) XX XX Gesamtergebnis der Periode (total comprehensive income) XX XX davon nicht beherrschende Gesellschafter (non-controlling interests) XX XX davon Eigenkapitalgeber Mutterunternehmen (owners of parent company) XX XX Tab. 3.2: Gesamtergebnis (single statement approach) Gesamtergebnisrechnung (two statement approach) Jahr 02 Jahr 01 Gewinn oder Verlust (profit or loss) XX XX Währungsdifferenz ausländischer Töchter (exchange rate differences foreign subsidiaries) XX XX Neubewertung Sachanlagen (revaluation of property, plant and equipment) XX XX <?page no="44"?> 44 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte Finanzinstrumente (financial instruments recognized at fair value through other comprehensive income) XX XX zu Sicherungszwecken eingesetzte Finanzinstrumente (cashflow hedges) XX XX Steuern auf unrealisiertes Einkommen (taxes related to other comprehensive income) XX XX Sonstiges Ergebnis nach Steuern (other comprehensive income) XX XX Gesamtergebnis (total comprehensive income) XX XX davon nicht beherrschende Gesellschafter (non-controlling interests) XX XX davon Eigenkapitalgeber Mutterunternehmen (owners of parent company) XX XX Tab. 3.3: Gesamtergebnis ( two statement approach) Gewinn- und Verlustrechnung Die Gewinn- und Verlustrechnung kann nach dem Gesamtkostenverfahren (nature of expense method) oder nach dem Umsatzkostenverfahren (cost of sales method) aufgestellt werden (IAS 1). Gesamtkostenverfahren : Im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens erfolgt die Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung der Gesamtkosten. Die Aufgliederung erfolgt nach Aufwandsarten wie Personalaufwand, Materialaufwand und Abschreibungen. Dieses Verfahren zeigt, welche Kostenarten im Unternehmen angefallen sind, und ermöglicht eine detaillierte Analyse der Kostenstruktur. Umsatzkostenverfahren : Die Gliederung erfolgt nach betrieblichen Funktionsbereichen wie Vertrieb und Verwaltung. Hierbei werden nur jene Aufwendungen berücksichtigt, die für abgesetzte Produkte angefallen sind. Dieses Verfahren gibt Auskunft darüber, welche Kosten direkt mit den erzielten Umsätzen verbunden sind, und eignet sich gut zur Analyse der betrieblichen Rentabilität. 41 Die Wahl des Verfahrens hängt dabei oft von den Informationsbedürfnissen der Adressaten sowie den internen Berichtsstrukturen ab. Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Umsatzerlöse Umsatzerlöse + Andere aktivierte Eigenleistungen - Umsatzkosten +/ - Erhöhung/ Verminderung des Bestands an unfertigen und fertigen Erzeugnissen = Bruttoergebnis vom Umsatz + Sonstige Erträge + Sonstige Erträge - Materialaufwendungen - Vertriebskosten - Personalaufwand - Verwaltungsaufwendungen - Planmäßige Abschreibungen - Sonstige Aufwendungen 41 Vgl. Müller, S. u. Saile, P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2018, S. 66; sowie Wöltje, J.: Fit für die Prüfung: IFRS Lerntafel, 2022, S. 2. <?page no="45"?> 3.3 Gesamtergebnisrechnung 45 - Sonstige Aufwendungen = Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit (1) Finanzerträge - Finanzsaufwendungen +/ - Ergebnisse aus at-equity-Beteiligungen = Finanzergebnis (2) = Gewinn oder Verlust (vor Steuern) [= (1) + (2)] - Steuern vom Einkommen und Ertrag +/ - Ergebnis nach Steuern aus aufgegebenen Geschäftsbereichen = Gewinn oder Verlust (nach Steuern) Auf die Anteilseigner des Mutterunternehmens entfallendes Ergebnis Auf Minderheitenanteile entfallendes Ergebnis Tab. 3.4: Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren Beispiel für einen Vergleich der Gewinn- und Verlustrechnungen nach dem Gesamtkostenverfahren und dem Umsatzkostenverfahren Die ABC AG stellt innerhalb der Bilanzperiode 1.000 Thermosflaschen her, wobei die Herstellungskosten pro Flasche 12 € betragen. Die Thermosflaschen werden anschließend für 22 € pro Stück veräußert. Im aktuellen Geschäftsjahr wurden 800 Thermosflaschen verkauft, sodass ein Restbestand von 200 produzierten, aber noch nicht verkauften Thermosflaschen verbleibt. Darüber hinaus hat die ABC GmbH weitere Kosten in Höhe von 1.500 € zu verzeichnen, die nicht direkt der Produktion zuzuordnen sind, wie zum Beispiel die Personalkosten des Finanz- und Rechnungswesens. GuV nach dem Gesamtkostenverfahren Berechnung Umsatzerlöse 17.600 € 800 St. x 22 €/ St. + Bestandserhöhung Fertigerzeugnisse + 2.400 € 200 St. x 12 €/ St. gesamte Aufwendungen - 13.500 € 1.000 St. x 12€/ St. + 1.500 € = Betriebsergebnis = 6.500 € GuV nach dem Umsatzkostenverfahren Umsatzerlöse 17.600 € - Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen - 9.600 € = Bruttoergebnis vom Umsatz = 8.000 € sonstige Aufwendungen - 1.500 € = Betriebsergebnis = 6.500 € In der zweiten Teilrechnung, dem „ sonstigen Ergebnis“ der Gesamtergebnisrechnung sind - ausgehend vom „ Gewinn oder Verlust“ - die erfolgsneutral im Eigenkapital erfassten Aufwendungen und Erträge der Periode auszuweisen. <?page no="46"?> 46 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Gewinn oder Verlust der Periode (gemäß GuV) +/ - Veränderungen der Neubewertungsrücklage bei Sachanlagen und bei immateriellen Vermögenswerten Sonstiges Ergebnis +/ - Schätzungsänderungen im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen und Planvermögen +/ - Marktwerte von Eigenkapitalinstrumenten der Kategorie FVOCI +/ - Ertragssteuern auf die obigen Bestandteile = Sonstiges Ergebnis, das später nicht in den Gewinn oder Verlust der Periode umgegliedert werden kann (kein Recycling) +/ - Währungsumrechnungsdifferenzen (differences in currency translation) +/ - Marktwerte finanzieller Schuldinstrumente der Kategorie FVOCI +/ - Gewinne und Verluste aus Cashflow Hedges +/ - Ertragssteuern auf die obigen Komponenten = Sonstiges Ergebnis , das später - Eintritt bestimmter Bedingungen - in den Gewinn oder Verlust umgegliedert werden kann (Recycling) = Sonstiges Ergebnis der Periode Gewinn oder Verlust (profit or loss) +/ - Sonstiges Ergebnis der Periode (other comprehensive income) = Gesamtergebnis der Periode (comprehensive income of the period) Auf die Anteilseigner des Mutterunternehmens entfallendes Ergebnis Auf Minderheitenanteilen entfallendes Ergebnis Tab. 3.5: Überleitung vom Gewinn oder Verlust zum Gesamtergebnis der Periode Aufgabe und Lösung zu : • Gesamtergebnisrechnung finden Sie online. Änderungen durch den Standard IFRS 18 Im Vergleich zur Gewinn- und Verlustrechnung nach IAS 1 wird mit der Einführung des IFRS 18 eine konkretere Gliederung verpflichtend eingeführt. Alle Ertrags- und Aufwandsposten in einer Berichtsperiode sind in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen, es sei denn, ein IFRS-Rechnungslegungsstandard schreibt etwas anderes vor oder erlaubt etwas anderes (vgl. IFRS 18.46). Nach IFRS 18.47 hat ein Unternehmen seine Erträge und Aufwendungen einer von fünf Kategorien zuzuordnen: 42 Betriebsergebnis (operating profit or loss) (IFRS18.52), investives Ergebnis (investing profit or loss) (IFRS 18.53-58) , Finanzergebnis (financing profit or loss) (IFRS 18.59.66) , Steuerergebnis (tax profit or loss) (IFRS 18.67) oder Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen (discontinued operations) (IFRS 18.68). 42 Zwirner, C. u. Boecker, C.: IFRS 18 - Darstellung und Angaben im Abschluss, 2024, S. 298. <?page no="47"?> 3.3 Gesamtergebnisrechnung 47 Fünf Kategorien von Aufwendungen und Erträgen nach IFRS 18 43 1. Operative (Betriebs-)Kategorie: Hier werden alle Aufwendungen und Erträge zugeordnet, die nicht den anderen Kategorien zuzuordnen sind (gemäß IFRS 18.52), 2. Investitions-Kategorie: Hier sind sämtliche Aufwendungen und Erträge zuzuordnen, die in direktem Zusammenhang mit der Investitionstätigkeit des Unternehmens stehen. 3. Finanzierungs-Kategorie: Hier sind solche Aufwendungen und Erträge zu erfassen, die sich auf die Passivseite beziehen und auch, aber nicht nur, mit der Beschaffung von Finanzmitteln zusammenhängen. Hierzu zählt beispielsweise die Ausgabe von Darlehen oder Anleihen (IFRS 18.B59 (a)). Auch Aufwendungen und Erträge im Zusammenhang mit Leasinggegenständen. 4. Kategorie Ertragsteuern: Hier werden sämtliche Steueraufwendungen und -erträge gemäß IASS 12 sowie Steueraufwendungen und -erträge aus Währungsumrechnungsdifferenzen ausgewiesen. 5. Kategorie der aufgegebenen Geschäftsbereiche : Hier sind diejenigen Aufwendungen und Erträge auszuweisen, die sich unmittelbar aus der Anwendung des IFRS 5 für aufgegebene Geschäftsbereiche ergeben. Nach IFRS 18 haben Unternehmen ihre betrieblichen Aufwendungen so darzustellen, dass eine nützliche und aussagekräftige strukturierte Übersicht über die Aufwendungen vermittelt wird. Dies kann auf drei verschiedene Arten geschehen: 1. Nach ihrer Art : Hierbei werden die Aufwendungen nach ihrer Kostenart kategorisiert, wie z. B. Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen etc. 2. Nach ihrer Funktion : Bei dieser Darstellung werden die Aufwendungen nach ihrer Funktion innerhalb des Unternehmens gruppiert, wie z. B. Herstellungskosten, Vertriebskosten, Verwaltungskosten etc. 3. Gemischte Darstellung : Eine Kombination aus beiden Ansätzen, um einen detaillierten und aussagekräftigen Überblick zu erhalten. Die folgende Abbildung zeigt die Möglichkeiten der Erfassung der betrieblichen Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung: 44 nach Art nach Funktion gemischt Umsatzerlöse X Umsatzerlöse X Umsatzerlöse X - Materialaufwand (X) - Umsatzkosten (X) - Umsatzkosten (X) - Transportaufwand (X) = Bruttoergebnis (X) = Bruttoergebnis X - Abschreibungen (X) - F&E-Aufwendungen (X) -Wertminderungsaufwendungen (X) - Personalaufwand (X) - Verwaltungskosten (X) - Verwaltungskosten (X) = Betriebsergebnis X - Vertriebskosten (X) - Vertriebskosten (X) = Betriebsergebnis X = Betriebsergebnis X 43 Baetge, J., Kirsch, H.-J., Thiele, S.: Konzernbilanzen, 2024, S. 520 ff. 44 KPMG: Darstellung und Angaben im Abschluss, Juni 2024, S. 8. <?page no="48"?> 48 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Zusätzlich müssen die Unternehmen in einem gesonderten Anhang sowohl quantitative als auch qualitative Informationen für jede der fünf Arten von betrieblichen Aufwendungen angeben. Diese Angaben zur Gewinn- und Verlustrechnung könnten wie folgt dargestellt werden: 45 Angaben zur Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS 18 betriebliche Aufwendungen nach Art Abschreibungen auf Sachanlagen Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte Leistungen an Arbeitnehmer Wertminderungen/ Wertaufholungen Abwertungen/ Wertaufholungen von Vorräten in der Periode erfasster Gesamtbetrag Gesamtbetrag enthalten in: Umsatzkosten Verwaltungskosten F&E-Aufwendungen Gesamtbetrag, der in der betrieblichen Kategorie enthalten ist Tab. 3.6: Angaben zur Gewinn- und Verlustrechnung gemäß IFRS 18 Die folgende Tabelle zeigt eine vereinfachte Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung für produzierende Unternehmen nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV) gemäß IFRS 18. 46 Gewinn- und Verlustrechnung für produzierendes Gewerbe - UKV 02 01 betrieblich (operativer Betrieb) (IFRS 18.52) Umsatzerlöse Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen Bruttoergebnis vom Umsatz Sonstige betriebliche Erträge Vertriebskosten F&E-Aufwendungen Allgemeine Verwaltungskosten Wertminderung Geschäfts- oder Firmenwert 45 KPMG: Darstellung und Angaben im Abschluss, Juni 2024, S. 9. 46 PWC: Neuer Standard für die Darstellung und Angaben im Abschluss - IFRS 18, 7. Mai 2024, S. 3 sowie Baetge, J., Kirsch, H.-J., Thiele, S.: Konzernbilanzen, 2024, S. 522 f. <?page no="49"?> 3.4 Eigenkapitalveränderungsrechnung 49 Zwischensumme Betriebsergebnis (IFRS 18.70) Investition (IFRS 18.53-58) Sonstige investive Erträge Ergebnis aus assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen, die nach der Equity-Methode bilanziert werden Sonstige investive Aufwendungen Zwischensumme Ergebnis vor Finanzierung und Ertragssteuern (IFRS 18.71) Finanzierung (IFRS 18.59-66) Sonstige Finanzerträge Zinsaufwendungen aus Finanzverbindlichkeiten und Leasingverbindlichkeiten Zinsaufwendungen aus Pensionsverpflichtungen und Rückstellungen Sonstige Finanzaufwendungen Ertragssteuern (IFRS 18.67) Erträge aus Ertragssteuern Aufwendungen aus Ertragssteuern aufgegebene Geschäftsbereiche (IFRS 18.68) Erträge aus aufgegebenen Geschäftsbereichen Aufwendungen aus aufgegebenen Geschäftsbereichen Periodenergebnis (IFRS 18.72) Jahresüberschuss/ -fehlbetrag Tab. 3.7: Vereinfachte GuV-Struktur nach dem UKV gemäß IFRS 18 Festlegung des Berichtsformats: Umsatzkostenverfahren (UKV) und/ oder Gesamtkostenverfahren (GKV)? In der betrieblichen Kategorie (Betriebsergebnis) können die betrieblichen Aufwendungen nach dem Berichtsformat des Umsatzkostenverfahrens (UKV) oder des Gesamtkostenverfahrens (GKV) dargestellt werden (IFRS 18.78). Das Umsatzkostenverfahren (UKV) ist ein Verfahren, bei dem die Aufwendungen nach den verschiedenen Funktionen des Unternehmens aufgeteilt werden. Dieses Verfahren untergliedert die betrieblichen Aufwendungen nach betrieblichen Funktionen und zeigt auf, wo die Aufwendungen angefallen sind. Das Gesamtkostenverfahren (GKV) hingegen stellt die Aufwendungen (Kosten) nach Kostenarten dar. Dieses Verfahren gliedert die Aufwendungen nach Kostenarten und zeigt, wo die Aufwendungen entstanden sind. 3.4 Eigenkapitalveränderungsrechnung Die Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity) ist ein zentraler Bestandteil eines vollständigen IFRS-Abschlusses und gibt einen Überblick über die Veränderungen des Eigenkapitals eines Unternehmens innerhalb einer Berichtsperiode. <?page no="50"?> 50 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Sie dient als wichtiges Berichtsinstrument, um die Stakeholder eines Unternehmens über die Herkunft und Verwendung des Eigenkapitals zu informieren. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung zeigt, wie sich das Eigenkapital im Laufe eines Geschäftsjahres durch verschiedene Posten verändert hat. Die Eigenkapitalveränderungen resultieren aus Transaktionen mit den Eigentümern, wie z. B. Gewinnausschüttungen, Kapitaleinlagen oder Rückkäufen von Eigenkapitalinstrumenten, sowie aus der Gewinn- und Verlustrechnung und aus den erfolgsneutralen Veränderungen des sonstigen Ergebnisses. Gemäß IAS 1.106 enthält die Eigenkapitalveränderungsrechnung folgende Pflichtbestandteile: Das Gesamtergebnis in einer Berichtsperiode ist getrennt nach den Beträgen, die den Eigentümern des Mutterunternehmens zuzurechnen sind, und den Beträgen, die den nicht beherrschenden Anteilen zuzurechnen sind, darzustellen. Für jede Eigenkapitalkomponente - wie beispielsweise Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen sowie jede Kategorie des sonstigen Ergebnisses - sind die Beträge aufzuführen, die sich aus einer rückwirkenden Anwendung bzw. rückwirkenden Anpassung gemäß IAS 8 ergeben. Für jede Eigenkapitalkomponente ist eine Überleitungsrechnung der Buchwerte zu Beginn und zum Ende der Berichtsperiode, getrennt nach Ursachen, anzugeben: Von besonderer Relevanz sind dabei die Posten „Gewinn oder Verlust“, „Sonstiges Ergebnis“ und „Transaktionen mit Eigentümern“. Ein Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung nach IAS 1 könnte wie folgt aussehen: Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Umrechnungsdifferenzen Nicht zum Handelsbestand gehörende Finanzinstrumente Neubewertungsrücklage Summe Minderheitenanteile Gesamtes Eigenkapital Eigenkapital zum 31.12.01 X X X X X X X X X Änderung Bewertungsmethoden/ Fehlerkorrektur X X X X angepasste Eröffnungswerte zum 31.12.01 X X X X X X X X X Kapitalerhöhungen X X X X X Kapitalherabsetzungen X X X X X Dividendenzahlungen X X X X Periodengesamtergebnis X X X X X X X Umgliederung in die Gewinnrücklagen X X Eigenkapital zum 31.12.02 X X X X X X X X X Tab. 3.8: Grundgliederungsschema der Eigenkapitalveränderungsrechnung 47 47 In Anlehnung an: IAS 1.IG6 Part I sowie Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 200; sowie Ruhnke, K. et al.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2023, S. 264. <?page no="51"?> 3.5 Kapitalflussrechnung 51 Grundsätzlich gliedert sich die Eigenkapitalveränderungsrechnung (EKVR) in mehrere Abschnitte, die die verschiedenen Komponenten des Eigenkapitals sowohl der Anteilseigner als auch der Minderheitsgesellschafter darstellen. Die Eigenkapitalkomponenten werden in der obersten Zeile der Abbildung nebeneinander dargestellt. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung (EKVR) beginnt in der Regel mit dem Eigenkapital zu Beginn der Vorperiode. Anschließend werden alle Veränderungen und Bewegungen der einzelnen Eigenkapitalpositionen in der Vorperiode und in der laufenden Periode detailliert dargestellt und erläutert. Die Geschäftsvorfälle werden in der vertikalen Spalte unter „Geschäftsvorfälle“ aufgelistet. Eigenkapitalveränderungen ergeben sich in der Regel aus Ereignissen wie Dividendenausschüttungen und Kapitalerhöhungen. Das Gesamtergebnis der Periode wird unter den entsprechenden Eigenkapitalbestandteilen ausgewiesen. Das EKVR-Ergebnis stellt somit das gesamte Eigenkapital des Unternehmens am Ende der Berichtsperiode dar. 48 3.5 Kapitalflussrechnung Die Kapitalflussrechnung informiert über die Finanzlage eines Unternehmens, insbesondere über die Herkunft und Verwendung der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente. Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente umfassen Bargeld, Sichteinlagen und kurzfristige liquide Finanzinvestitionen, die jederzeit ohne nennenswerte Verluste in Zahlungsmittelbeträge umgewandelt werden können. 49 Gemäß IAS 7.10 sind die Cashflows in der Kapitalflussrechnung in drei wesentliche Bereiche zu untergliedern, um eine differenzierte Betrachtung der Mittelherkunft und -verwendung zu ermöglichen. Cashflow aus operativer (laufender) Geschäftstätigkeit (operating activities) , Cashflow aus Investitionstätigkeit (investing activities) und Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (financing activities) . Darstellungsformen Nach IAS 7.18 haben Unternehmen das Wahlrecht, den Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit (betrieblicher Tätigkeit) entweder in direkter oder in indirekter Form darzustellen. Bei der direkten Methode werden die Hauptgruppen der Bruttoeinzahlungen und Bruttoauszahlungen dargestellt. Bei der indirekten Methode werden die Ein- und Auszahlungen aus den Aufwendungen und Erträgen sowie aus den Veränderungen der Aktiva und Passiva abgeleitet. Die Cashflows aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit sind gemäß IAS 7.21 nach der direkten Methode zu ermitteln. Da IAS 7 keine Gliederungsvorschriften für die Kapitalflussrechnung enthält, kann auf die Regelungen des DRS 21 zurückgegriffen werden. Zuordnungswahlrechte Gemäß IAS 7.31-34 besteht ein Wahlrecht, die Cashflows aus erhaltenen und gezahlten Zinsen und Dividenden entweder der betrieblichen Tätigkeit, der Investitionstätigkeit oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen. 48 Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 203. 49 Vgl. IAS 7.6. <?page no="52"?> 52 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Cashflow aus operativer (laufender) Geschäftstätigkeit Der Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit ist ein Indikator für die Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens. Er zeigt, in welchem Ausmaß es gelungen ist, Zahlungsmittelzuflüsse aus der originären Geschäftstätigkeit zu erwirtschaften, um damit Verbindlichkeiten und Dividenden zu zahlen und Investitionen zu tätigen. Die operative Geschäftstätigkeit umfasst alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit den wesentlichen erlösorientierten Tätigkeiten 50 (z. B. Verkauf eines Produktes oder Einkauf von Rohstoffen) sowie sonstigen Aktivitäten stehen, die weder der Investitionsnoch der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind. Der DRS 21.39 fordert bei Anwendung der direkten Methode eine detaillierte Mindestgliederung der operativen Geschäftstätigkeit voraus, wie sie in der folgenden Tabelle dargestellt ist. Einzahlungen von Kunden aus dem Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen - Auszahlungen an Lieferanten und Mitarbeiter + Sonstige Einzahlungen, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind - Sonstige Auszahlungen, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten - / + Ertragssteuerzahlungen = Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit Tab. 3.9: Die Berechnung des Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit nach der direkten Methode gemäß DRS 21.39 Die indirekte Ermittlungsmethode geht vom Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag aus, der sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt. Im Anschluss erfolgt die Korrektur des Periodenergebnisses, indem einerseits nicht-zahlungswirksame Erträge, wie z. B. Zuschreibungen oder Rückstellungsauflösungen, abgezogen und andererseits nicht-zahlungswirksame Aufwendungen, wie z. B. Abschreibungen oder die Bildung von Rückstellungen, hinzugerechnet werden. Darüber hinaus sind Veränderungen des Nettoumlaufvermögens, insbesondere der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, zu erfassen. Folgende Korrekturmaßnahmen sind gemäß DRS 21.38 zu berücksichtigen: zahlungsunwirksame Aufwendungen und Erträge, Bestandsveränderungen des Nettoumlaufvermögens, die nicht zum Finanzmittelfonds gehören, und alle Posten, die anderen Tätigkeitsbereichen (Finanzierung oder Investition) zuzuordnen sind. Mindestgliederungsschema nach DRS 21.40 für die indirekte Methode: Hier wird der Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit dargestellt. 50 Deutscher Rechnungslegungs Standard Nr. 21 (21.9), Seite 8 vom 04. Februar 2014. <?page no="53"?> 3.5 Kapitalflussrechnung 53 Periodenergebnis (Konzernjahresüberschuss/ -fehlbetrag einschließlich Ergebnisanteile anderer Gesellschafter) + / - Abschreibungen/ Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens + / - Zunahme/ Abnahme der Rückstellungen + / - Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/ Erträge - / + Zunahme/ Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind + / - Zunahme/ Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind - / + Gewinn/ Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens + / - Zinsaufwendungen/ Zinserträge - Sonstige Beteiligungserträge + Aufwendungen/ Erträge aus außerordentlichen Posten + / - Ertragssteueraufwand/ -ertrag + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten - / + Ertragssteuerzahlungen = Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit Tab. 3.10: Die Berechnung des Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit bei Anwendung der indirekten Methode nach DRS 21.40 Cashflow aus der Investitionstätigkeit Der Cashflow aus Investitionstätigkeit (investing activities) umfasst alle Mittelzuflüsse und Mittelabflüsse, die mit dem Erwerb und der Veräußerung langfristiger Vermögenswerte in Verbindung stehen. Dazu zählen Investitionen in Sachanlagen, Immobilien oder immaterielle Vermögenswerte. Der Cashflow aus der Investitionstätigkeit gibt Auskunft über die Investitionsstrategie des Unternehmens und zeigt, wie die Mittel in zukünftiges Wachstum und die langfristige Wertschöpfung investiert werden. Die folgende Tabelle präsentiert das Mindestgliederungsschema gemäß DRSC 21.46 für die Darstellung des Cashflows aus der Investitionstätigkeit nach der direkten Methode. Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens - Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens - Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens - Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis - Auszahlungen aus Zugängen zum Konsolidierungskreis <?page no="54"?> 54 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition - Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition + Einzahlungen im Zusammenhang mit Erträgen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung - Auszahlungen im Zusammenhang mit Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung + erhaltene Zinsen + erhaltene Dividenden = Cashflow aus der Investitionstätigkeit Tab. 3.11: Die Berechnung des Cashflow aus der Investitionstätigkeit gemäß DRS 21.46 Cashflow aus Finanzierungstätigkeit Hier werden alle Mittelbewegungen erfasst, die im Zusammenhang mit der Kapitalstruktur eines Unternehmens stehen. Hierzu zählen beispielsweise die Aufnahme und Tilgung von Darlehen, die Ausgabe von Aktien oder die Zahlung von Dividenden an die Anteilseigner. Der Cashflow aus Finanzierungstätigkeit veranschaulicht die Veränderungen der Eigen- und Fremdkapitalbasis und ist ein Indikator für die Finanzierungsstrategie des Unternehmens. Die Ein- und Auszahlungen im Finanzierungsbereich sind ebenso wie im Investitionsbereich unsaldiert nach der direkten Methode darzustellen. Gemäß DRSC sind innerhalb dieses Tätigkeitsbereiches auch die gezahlten Zinsen und Dividenden auszuweisen (DRS 21.19). Demgegenüber sieht IAS 7.31-34 das bereits erwähnte Ausweiswahlrecht vor (die Cashflows aus erhaltenen und gezahlten Zinsen und Dividenden können gemäß IAS 7.31-34 entweder der betrieblichen Tätigkeit, der Investitionstätigkeit oder der Finanzierungstätigkeit zugeordnet werden). Eine solche Argumentation bedarf jedoch einer sachlichen Rechtfertigung. Die Darstellung der Finanzierungstätigkeit erfolgt nach der direkten Methode unter Berücksichtigung der unsaldierten Ein- und Auszahlungen (vgl. IAS 7.21 bzw. DRS 21.47). Demgegenüber sieht IAS 7.31-34 das bereits erwähnte Ausweiswahlrecht vor (die Cashflows aus erhaltenen und gezahlten Zinsen und Dividenden können gemäß IAS 7.31-34 entweder der betrieblichen Tätigkeit, der Investitionstätigkeit oder der Finanzierungstätigkeit zugeordnet werden). Eine solche Argumentation bedarf jedoch einer sachlichen Rechtfertigung. Die Darstellung der Finanzierungstätigkeit erfolgt nach der direkten Methode unter Berücksichtigung der unsaldierten Ein- und Auszahlungen (vgl. IAS 7.21 bzw. DRS 21.47). Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an andere Gesellschafter + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-) Krediten - Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-) Krediten + Einzahlungen aus erhaltenen Zuschüssen/ Zuwendungen <?page no="55"?> 3.5 Kapitalflussrechnung 55 + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten gezahlte Zinsen gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit Tab. 3.12: Die Berechnung des Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit gemäß DRS 21.50 Unterschiede zwischen HGB (DRS 21) und IFRS (IAS 7) Die Kapitalflussrechnung nach dem deutschen DRS 21 steht größtenteils im Einklang mit den Regelungen des internationalen Standards nach IAS 7. Allerdings stellt der DRS 21 durch sein Mindestgliederungsschema strengere Anforderungen an Unternehmen, die nach HGB bilanzieren, ohne jedoch den Regelungen des IAS 7 zu widersprechen. Ein Unterschied besteht bei der Zuordnung von erhaltenen und gezahlten Zinsen und Dividenden zu den Bereichen Investitionsbzw. Finanzierungstätigkeit. Während der IAS 7 dem Unternehmen ein Wahlrecht einräumt, welchem Tätigkeitsbereich diese zuzuordnen sind, sieht der DRS 21 ein solches Wahlrecht nicht vor. Beide Standards schreiben jedoch einen getrennten Ausweis von Zinsen und Dividenden vor. Mit dem neuen IFRS 18 ist auch eine Änderung des IAS 7 „Kapitalflussrechnungen“ verbunden. Das Wahlrecht für erhaltene und gezahlte Zinsen wird durch Streichung von IAS 7.33 a.F. aufgehoben. Somit gilt zukünftig Folgendes: 51 erhaltene Zinsen: Cashflow aus Investitionstätigkeit, gezahlte Zinsen: Cashflow aus Finanzierungstätigkeit, erhaltene Dividenden: Cashflow aus Investitionstätigkeit, gezahlte Dividenden: Cashflow aus Finanzierungstätigkeit. Die folgende Tabelle verdeutlicht die Unterschiede zwischen den beiden Standards: Inhalt DRS 21 IAS 7 (bis 2026) IAS 7 (ab 2027) verp�lichtende Mindestgliederung ja (DRS 21.21) nein nein, aber konkrete Vorgaben P�licht zur Angabe von Vergleichszahlen der Vorperiode nein (DRS 21.22) ja (IAS 1.10 es) ja (IFRS 18.31 f.) Ausweis von außerordentlichen Posten ja (DRS 21.28) nein ja Zuordnung von Ein- und Auszahlungen aus Verkauf/ Kauf von kurzfristigen Wertpapieren Cash�low aus Investitionstä tigkeit (DRS 21.46) Cash�low aus operativer Geschä ftstä tigkeit (IAS 7.15) Cash�low aus operativer Geschä ftstä tigkeit (IAS 7.15) Zuordnung von erhaltenen Zinsen und Dividenden Cash�low aus Investitionstä tigkeit (DRS 21.44) Wahlrecht Cash�low aus Investitionstä tigkeit (IAS 7.33A, 34A(b)) 51 Zwirner, C. u. Boecker, C.: IFRS 18 - Darstellung und Angaben im Abschluss, 2024, S. 299. <?page no="56"?> 56 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Zuordnung von gezahlten Zinsen und Dividenden Cash�low aus Finanzierungstä tigkeit (DRS 21.48) Wahlrecht Cash�low aus Finanzierungstä tigkeit (IAS 7.33A, 34A(a)) Tab.3.13: Synoptische Darstellung der Unterschiede zwischen DRS 21 und IAS 7 52 Änderungen bei der Kapitalflussrechnung gemäß IFRS 18 Das Betriebsergebnis ist der Startpunkt für die indirekte Methode. Das Wahlrecht, Zins- und Dividenden-Cashflows als betriebliche Tätigkeit zu klassifizieren, wurde gestrichen. Cashflows (ohne spezifische Haupttätigkeit) Finanzierungskategorie Investitionskategorie • gezahlte Dividenden • gezahlte Zinsen • • erhaltene Dividenden • erhaltene Zinsen Tab. 3.14: Zuordnung der Cashflows zur Finanzierungsbzw. Investitionskategorie Die Fondsveränderungsrechnung In der Fondsveränderungsrechnung werden alle Veränderungen des Finanzmittelfonds zusammengefasst. Zunächst werden die Cashflows der verschiedenen Tätigkeitsbereiche saldiert, um die zahlungswirksamen Veränderungen des Finanzmittelfonds zu ermitteln. Im Anschluss werden gemäß DRS 21.37 bewertungsbedingte Korrekturen des Finanzmittelfonds, wie beispielsweise. Währungsumrechnungen (DRS 21.35) sowie und Änderungen des Konsolidierungskreises (DRS 21.36), vorgenommen und separat ausgewiesen. Schließlich wird der Anfangsbestand des Finanzmittelfonds mit den genannten Veränderungen summiert, um den Finanzmittelfonds am Periodenende zu ermitteln, wie in der folgenden Tabelle dargestellt. (+/ -) Cashflow aus der operativen (laufenden) Geschäftstätigkeit + (+/ -) Cashflow aus der Investitionstätigkeit + (+/ -) Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit = zahlungswirksame Veränderungen der Finanzmittelfonds + / - Wechselkurs- und bewertungsbedingte Änderungen der Finanzmittelfonds + / - Konsolidierungskreisbedingte Änderungen der Finanzmittelfonds + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode = Finanzmittelfonds am Ende der Periode Tab. 3.15: Die Durchführung der Fondsveränderungsrechnung 53 52 Eiselt, A. u. Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2024, S. 52. 53 Vgl. Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. 2014a: DRS 21, Anlage 1: „Mindestgliederungsschema“ Zeile 44-48. <?page no="57"?> 3.5 Kapitalflussrechnung 57 Beispiel: Konzernkapitalflussrechnung der Henkel AG & Co. KGaA von 2023 54 In Mio € 2022 2023 Betriebliches Ergebnis (EBIT) 1.810 2.011 gezahlte Ertragssteuern -711 -505 Abschreibungen/ Wertminderungen und Zuschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte, Sachanlagen und zur Veräußerung gehaltene Vermögenswerte 875 918 Gewinne/ Verluste aus dem Abgang von immateriellen Vermögenswerten und Sachanlagen sowie aus Desinvestments -46 205 Veränderung der Vorräte -722 605 Veränderung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen -185 47 Veränderung sonstiger Vermögenswerte -86 122 Veränderung der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 306 -468 Veränderung anderer Verbindlichkeiten, Rückstellungen und sonstiger Passiva 6 320 Cashflow aus operativer (laufender) Geschäftstätigkeit 1.247 3.255 Investitionen in immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen einschließlich geleisteter Anzahlungen -593 -608 Investitionen in Tochterunternehmen und sonstige Geschäftseinheiten (abzüglich übernommener Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente) -85 -513 Investitionen in assoziierte Unternehmen und sonstige Beteiligungen -15 -16 Erlöse aus der Veräußerung von Tochterunternehmen, sonstigen Geschäftseinheiten 103 368 Erlöse aus der Veräußerung von immateriellen Vermögenswerten und Sachanlagen 27 17 erhaltene Zinsen 17 57 Veränderung der sonstigen finanziellen Vermögenswerte 346 10 Cashflow aus Investitionstätigkeit -200 -684 Dividenden Henkel AG & Co. KGaA -795 -771 Dividenden an nicht beherrschende Anteilseigner -5 -12 gezahlte Zinsen -73 -101 Dividenden und gezahlte Zinsen -873 -884 Emission von Anleihen 648 - Rückzahlung von Anleihen -923 -312 sonstige Veränderung der Finanzschulden 171 -274 Tilgung von Leasingverbindlichkeiten -149 -146 Zuführungen an Pensionsfonds -45 -58 sonstige Veränderung Pensionsverpflichtungen 177 129 Auszahlungen für den Erwerb eigener Aktien -803 -195 54 Henkel AG & Co. KGaA: Geschäftsbericht 2023, 2024, S. 216 f. <?page no="58"?> 58 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Auszahlungen für den Erwerb von nicht beherrschenden Anteilen bei bestehender Kontrolle -106 sonstige Finanzierungsvorgänge -2 -14 Cashflow aus Finanzierungstätigkeit -1.905 -1.754 zahlungswirksame Veränderung des Finanzmittelfonds -858 817 wechselkursbedingte Veränderung des Finanzmittelfonds und Inflationsanpassung gemäß IAS 29 -35 -89 Veränderung Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente -893 728 Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente am 1.1. 2.116 1.088 Veränderung der als zur Veräußerung gehalten ausgewiesenen Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente -135 135 Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente am 31.12. 1.088 1.951 3.6 Anhangangaben Der Anhang, im Englischen als „notes“ bezeichnet, ist gemäß IAS 1.10 ein Pflichtbestandteil des IFRS-Abschlusses. Seine Hauptfunktion besteht darin, die Posten der Bilanz, der Gesamtergebnisrechnung, der Eigenkapitalveränderungsrechnung und der Kapitalflussrechnung zu erläutern. Der Anhang nach IAS 1 enthält wesentliche Informationen, die eine fundiertere Beurteilung eines IFRS-Abschlusses ermöglichen. Entscheidend ist dabei, dass der Anhang einer klaren Struktur folgt und idealerweise in einer bestimmten Reihenfolge gegliedert ist. Diese Reihenfolge sollte der Gliederung der Bilanz und der Gesamtergebnisrechnung entsprechen. 55 Der Anhang nach IAS 1 enthält wichtige Informationen, die die Beurteilung eines IFRS-Abschlusses vertiefen. Wichtig ist, dass der Anhang einem nachvollziehbaren Gliederungsschema folgt und idealerweise in einer bestimmten Reihenfolge aufgebaut ist. Diese Reihenfolge sollte der Gliederung der Bilanz und der Gesamtergebnisrechnung entsprechen. 56 Im Anhang werden die Grundlagen der Abschlusserstellung und die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden des Unternehmens ausführlich erläutert. Darüber hinaus enthält er zusätzliche Angaben und Erläuterungen, die nicht in den vorhergehenden Abschlussbestandteilen enthalten sind und die einen umfassenderen Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ermöglichen. Der Anhang enthält ergänzende Informationen, die zum besseren Verständnis und zur besseren Interpretation der einzelnen Rechnungslegungsinstrumente, wie z.B. der Bilanz, dienen. 57 Funktionen des Anhangs nach IFRS Die drei wesentlichen Hauptfunktionen des Anhangs eines IFRS-Abschlusses sind: 1. Erläuterungsfunktion : Der Anhang dient dazu, die im Abschluss enthaltenen Informationen näher zu erläutern und zu spezifizieren. Dazu gehören detaillierte Angaben zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, wesentlichen Schätzungen und Unsicherheiten sowie Erläuterungen zu einzelnen Posten der Gesamtergebnisrechnung, der Bilanz, der Eigenkapitalveränderungsrechnung und der Kapitalflussrechnung. Ziel ist es, die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Abschlusses zu erhöhen. 55 Vgl. https: / / datenbank.nwb.de/ Dokument/ 261145/ , [zuletzt abgerufen am 12.09.2024]. 56 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 379. 57 Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2023, S. 212 f. <?page no="59"?> 3.7 Segmentberichterstattung 59 2. Entlastungsfunktion : Durch den Anhang können Informationen, die sonst in der Bilanz oder der Gesamtergebnisrechnung enthalten wären, ausgelagert werden. Dadurch wird der eigentliche Abschluss übersichtlicher und konzentriert sich auf wesentliche Aspekte, während detaillierte Erläuterungen in den Anhang verlagert werden. 3. Ergänzungsfunktion : Der Anhang ergänzt den Abschluss um zusätzliche Informationen, die nicht zwingend aus den primären Abschlussbestandteilen hervorgehen. Dazu gehören z. B. Risiken und Unsicherheiten, die das Unternehmen betreffen, Angaben zu nicht bilanzierten Verpflichtungen oder die Darstellung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag, die die Beurteilung der finanziellen Lage des Unternehmens beeinflussen könnten. 3.7 Segmentberichterstattung Die Segmentberichterstattung nach IFRS 8 ermöglicht Investoren einen detaillierten Einblick in die Ertragsquellen eines Unternehmens und erleichtert die Beurteilung potenzieller Risiken und Chancen. Unternehmen, deren Wertpapiere am Kapitalmarkt gehandelt werden oder die einen Antrag auf Zulassung zum Handel gestellt haben, sind gemäß IFRS 8 verpflichtet, eine Segmentberichterstattung nach dem sogenannten „Management Approach“ aufzustellen. 58 Der Management Approach , der auch das zentrale Prinzip des IFRS 8 darstellt, leitet die Informationen für die externe Segmentberichterstattung aus dem internen Rechnungswesen ab, so dass die Steuerungs- und Entscheidungsstrukturen eines Unternehmens nach außen hin in hohem Maße transparent sind. Für alle intern für Berichts- und Steuerungszwecke abgegrenzten Segmente sind entsprechende Angaben zu machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die im jeweiligen Jahres- oder Konzernabschluss angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften diejenigen Methoden bevorzugen, die auch für die interne Steuerung verwendet werden, wie z.B. kalkulatorische Kosten. Somit bestimmt der Management Approach sowohl die Segmentabgrenzung als auch die Segmentberichterstattung. 59 Ziel der Segmentberichterstattung ist die Darstellung detaillierter Finanzinformationen zu den einzelnen operativen Segmenten eines Unternehmens. Gemäß IFRS 8 „Operating Segments“ sind kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, ihren Abschluss um eine Segmentberichterstattung zu ergänzen, die wesentliche Einblicke in die interne Berichtsstruktur und Organisation der betrieblichen Aktivitäten gewährt. Diese zusätzlichen Angaben ermöglichen es Investoren und Analysten, die Ertragsquellen und Risiken der einzelnen Geschäftseinheiten differenzierter zu beurteilen. Das übergeordnete Ziel der Segmentberichterstattung nach IFRS 8 liegt darin, externen Adressaten eine präzisere Einschätzung der finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Segmente zu ermöglichen. Dies unterstützt die fundierte Beurteilung finanzieller Risiken und Ertragspotenziale, was insbesondere für multinationale oder stark diversifizierte Unternehmen von Bedeutung ist. Die Segmentabgrenzung erfolgt nach dem sogenannten Management Approach, wonach die Berichtsstruktur den internen Entscheidungs- und Steuerungsprozessen folgt. Dabei können die Segmente sowohl geografische Märkte, verschiedene Produktlinien als auch Kundengruppen umfassen, sofern diese für die strategische Ausrichtung des Unternehmens relevant sind. Die Segmentberichterstattung enthält wesentliche Informationen zu Umsatzerlösen, Betriebsergebnis, Vermögenswerten und Schulden sowie Investitionen und Abschreibungen innerhalb eines 58 Vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 1 ff. 59 Vgl. Heuser, P. et al.: IFRS Handbuch, 2019, S. 1302 f. <?page no="60"?> 60 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Segments. Darüber hinaus werden Transaktionen zwischen den Segmenten gesondert dargestellt, um die Interdependenzen und den Beitrag der einzelnen Segmente zum Gesamtergebnis zu verdeutlichen. Im Gegensatz zum Jahresabschluss stellt die Segmentberichterstattung entscheidungsrelevante Informationen disaggregiert auf Segmentebene dar. Diese ermöglicht den Abschlussadressaten, die Ertragskraft, Chancen und Risiken des Unternehmens sowie seiner Teilbereiche präziser zu beurteilen. Auf dieser Basis können fundiertere Einschätzungen zu den zukünftigen Erträgen und Cashflows sowie daraus resultierende Investitionsentscheidungen getroffen werden. 60 Ein operatives Segment gilt als berichtspflichtig, wenn mindestens eines der folgenden quantitativen Wesentlichkeitskriterien erfüllt wird: 61 Die ausgewiesenen Segmenterlöse, die sowohl interne als auch externe Umsatzerlöse umfassen, betragen mindestens 10 % der gesamten externen und intersegmentären Umsatzerlöse aller operativen Segmente. Der absolute Betrag des ausgewiesenen Segmentergebnisses beträgt mindestens 10 % des höheren Betrags der Summe der Gewinne aller nicht defizitären operativen Segmente und der Summe der Verluste aller defizitären operativen Segmente. Das ausgewiesene Segmentvermögen beträgt mindestens 10 % der Summe der Vermögenswerte aller operativen Segmente. Grundsätzlich sind nur solche Segmente zu bilden, die für die Adressaten des Abschlusses relevant sind. 62 Die adidas AG hat beispielsweise in ihrer Segmentberichterstattung für das Geschäftsjahr 2023 das operative Geschäft in die folgenden Segmente gegliedert: EMEA, Nordamerika, China, Asien-Pazifik und Lateinamerika. 63 Diese Einteilung basiert auf geografischen Regionen und stellt eine länderspezifische Segmentierung dar. Alternativ kann ein Unternehmen auch eine produktorientierte Segmentierung nach Produktarten vornehmen. Bei der Segmentierung ist zu berücksichtigen, dass das Segment Geschäftstätigkeiten betreibt, mit denen es Umsatzerlöse erwirtschaftet und für die es Aufwendungen und Erträge erfasst. Die Betriebsergebnisse des Segments müssen ebenfalls überwacht werden, und es müssen getrennte Rechnungslegungsinformationen verfügbar sein. Unternehmensbereiche, die keine Umsatzerlöse erzielen, wie z. B. die zentrale IT-Abteilung, werden nicht als operative Segmente betrachtet. 64 3.8 Zwischenberichterstattung Die Zwischenberichterstattung ermöglicht es den Abschlussadressaten kapitalmarktorientierter Unternehmen, zeitnahe Informationen über die Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zwischen den Abschlussstichtagen zu erhalten (IAS 34). 65 In Deutschland ergibt sich die Verpflichtung zur Zwischenberichterstattung aus dem Wertpapierhandelsgesetz. 66 60 Vgl. Kirsch, H.-J.: IFRS-Abschlussanalyse, 2023, S. 311 ff. 61 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 980. 62 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 428. 63 adidas AG: Geschäftsbericht 2023, 2024, S. 173. 64 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 428. 65 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 997 f. 66 Vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 1409 ff. <?page no="61"?> 3.9 Ergebnis je Aktie nach IAS 33 61 Ein Zwischenbericht nach IAS 34.8 enthält mindestens: 67 eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte Gesamtergebnisrechnung, entweder als Gesamtergebnisrechnung oder als gesonderte Gewinn- und Verlustrechnung mit gesondertem sonstigem Ergebnis, eine verkürzte Eigenkapitalveränderungsrechnung, eine verkürzte Kapitalflussrechnung, und ausgewählte erläuternde Anhangangaben. Es ist jedoch auch möglich, freiwillig einen vollständigen Abschluss als Zwischenbericht zu veröffentlichen. 68 3.9 Ergebnis je Aktie nach IAS 33 Unternehmen, deren Stammaktien oder potenzielle Stammaktien an einer Wertpapierbörse gehandelt werden, sind gemäß IAS 33 verpflichtet, das „Ergebnis je Aktie“ (earnings per share) im IFRS-Abschluss auszuweisen. 69 Dabei wird sowohl das unverwässerte als auch das verwässerte Ergebnis je Aktie, jeweils bezogen auf das den Stammaktionären zurechenbare Periodenergebnis, ausgewiesen. 70 Diese Kennzahl ist für den Kapitalmarkt von großer Bedeutung, da sie eine Beurteilung der Ertragslage im Zeitablauf sowie einen Vergleich mit anderen Unternehmen ermöglicht. Das Kurs- Gewinn-Verhältnis, eine Kennzahl zur Bewertung eines Unternehmens, setzt den aktuellen Aktienkurs ins Verhältnis zum Ergebnis je Aktie. Daraus lassen sich Kapitalmarkterwartungen ableiten und Kursentwicklungen prognostizieren. 71 Der Standard IAS 33 unterscheidet zwischen dem unverwässerten Ergebnis je Aktie und dem verwässerten Ergebnis je Aktie: Unverwässertes Ergebnis je Aktie: Das unverwässerte Ergebnis je Aktie wird ermittelt, indem das den Anteilseignern des Mutterunternehmens zustehende Ergebnis durch die gewichtete durchschnittliche Anzahl der während der Periode im Umlauf befindlichen Stammaktien geteilt wird. Diese Kennzahl gibt einen klaren Einblick in die Ertragskraft eines Unternehmens je Aktie, da sie sich ausschließlich auf die Stammaktien bezieht. Verwässertes Ergebnis je Aktie: Hier werden neben den Stammaktien auch potenzielle Stammaktien berücksichtigt, die sich aus ausstehenden Aktienoptionen, Wandelschuldverschreibungen oder anderen Finanzinstrumenten ergeben können. Bei der Berechnung wird angenommen, dass alle potenziellen Stammaktien ausgeübt werden, wodurch sich die Gesamtzahl der ausstehenden Aktien erhöht. Dies führt in der Regel zu einem niedrigeren Ergebnis je Aktie im Vergleich zum unverwässerten Ergebnis. Dies führt in der Regel zu einem niedrigeren Ergebnis je Aktie im Vergleich zum unverwässerten Ergebnis. Diese Kennzahl ist wichtig, da sie die Auswirkungen einer möglichen Erhöhung der Aktienanzahl auf das Ergebnis je Aktie berücksichtigt und somit den Investoren ein realistischeres Bild vermittelt. 67 Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 1409. 68 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 999. 69 Vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 1381. 70 Vgl. Wöltje, J.: IFRS Lerntafel, 2022, S. 2. 71 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 950. <?page no="62"?> 62 Schritt 3: Bestandteile des IFRS-Abschlusses Die Berechnung des Ergebnisses je Aktie: Der Ausweis beider Ergebnisse einschließlich des Ergebnisses je Aktie aus fortzuführenden Geschäftsbereichen hat in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfolgen. Das Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen ist zumindest im Anhang anzugeben. 72 72 Vgl. Theile, C. und Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 1388. <?page no="63"?> Schritt 4: Elemente der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung Lernziele Die Lernenden sollen [1] die Grundlagen des Ansatzes und der Bewertung von Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung verstehen und anwenden können; [2] den Ansatz von Vermögenswerten verstehen, d. h. die Kriterien für den Ansatz von Vermögenswerten in der Bilanz erläutern können; [3] den Ansatz von Schulden verstehen, d. h. die verschiedenen Arten von Schulden und deren Ansatz nachvollziehen können; [4] den Ansatz des Eigenkapitals verstehen, d. h. die Bestandteile des Eigenkapitals und ihren Ausweis in der Bilanz beschreiben und den Unterschied zwischen gezeichnetem Kapital, Rücklagen und Gewinnrücklagen erläutern können; [5] die Erfassung von Erträgen verstehen, d. h. den Unterschied zwischen realisierten und unrealisierten Erträgen erklären können; [6] die Erfassung von Aufwendungen verstehen, d. h. die Kriterien für die Erfassung von Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung verstehen; [7] Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze anwenden, d. h. die Auswirkungen unterschiedlicher Bewertungsmethoden auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung erläutern können. 4.1 Ansatz von Abschlussposten 4.1.1 Vermögenswerte Ein Vermögenswert (asset) ist eine Ressource, die sich in der Verfügungsmacht eines Unternehmens befindet, aus Ereignissen der Vergangenheit resultiert und von der in der Zukunft ein wirtschaftlicher Nutzen erwartet wird. Die spezifischen Ansatzkriterien für Vermögenswerte umfassen: Wahrscheinlichkeit eines künftigen wirtschaftlichen Nutzens: Der dem Unternehmen aus dem Vermögenswert zufließende wirtschaftliche Nutzen muss mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % erwartet werden. Verlässliche Bewertung: Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der beizulegende Zeitwert des Vermögenswerts müssen verlässlich ermittelt werden können. Positive Beispiele: Maschinen, Gebäude, Finanzanlagen, Vorräte, Forderungen etc. Negative Beispiele: Werbekampagnen, da diese keinen direkt messbaren künftigen Nutzen erzeugen und ihre Bewertung unsicher ist. 4.1.2 Schulden Schulden stellen gegenwärtige Verpflichtungen eines Unternehmens gegenüber Dritten dar, die aus vergangenen Ereignissen resultieren und deren Begleichung erwartungsgemäß zu einem Ab- <?page no="64"?> 64 Schritt 4: Elemente der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung fluss von Ressourcen führt, die mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden sind, führen wird. Beispiele sind Rückstellungen für Außenverpflichtungen, Darlehensverbindlichkeiten oder Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Die Ansatzkriterien für Schulden erfordern: Gegenwärtige Verpflichtung: Die Schuld muss eine gegenwärtige Verpflichtung gegenüber Dritten darstellen, die auf vergangenen Ereignissen beruht. Abfluss von Ressourcen: Es muss wahrscheinlich sein, dass zur Erfüllung der Verpflichtung Ressourcen abfließen, die mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden sind. Verlässliche Bewertung: Die Höhe der Verpflichtung muss quantifizierbar sein. Ein Beispiel für eine nicht bilanzierungsfähige Schuld wäre eine ungewisse Verbindlichkeit, deren Höhe und die Wahrscheinlichkeit eines Ressourcenabflusses nicht verlässlich geschätzt werden können. 4.1.3 Eigenkapital Das Eigenkapital ist der Residualanspruch an den Vermögenswerten nach Abzug aller Schulden des Unternehmens. Es handelt sich dabei um eine Residualgröße, die den verbleibenden Wert darstellt, der den Eigentümern des Unternehmens nach Begleichung aller Schulden verbleibt. Gemäß IAS 1 wird das Eigenkapital weiter unterteilt in die Anteile des Mutterunternehmens und die Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter, sofern es sich um einen IFRS-Konzernabschluss handelt. 4.1.4 Erträge Erträge (income) stellen eine Zunahme der Vermögenswerte oder eine Abnahme der Schulden dar, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führen, die nicht auf Einzahlungen der Anteilseigner zurückzuführen ist. Erträge umfassen alle Einnahmen, die ein Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt. Sie können aus verschiedenen Quellen stammen, wie z. B. aus dem Verkauf von Waren, der Erbringung von Dienstleistungen, der Vermietung von Immobilien oder der Nutzung von Unternehmensressourcen durch Dritte. 4.1.5 Aufwendungen Aufwendungen sind Verminderungen von Vermögenswerten oder Erhöhungen von Schulden, die zu einer Verminderung des Eigenkapitals führen und nicht auf Ausschüttungen an Anteilseigner zurückzuführen sind. Sie umfassen alle Mittelabflüsse, die ein Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hinnehmen muss. Beispiele für Aufwendungen: Kosten der verkauften Produkte und Dienstleistungen : Sie umfassen die direkten Kosten, die mit der Herstellung (= Herstellungskosten) oder dem Erwerb (= Anschaffungskosten) der verkauften Produkte und Dienstleistungen verbunden sind. Vertriebskosten : Sie umfassen alle Kosten, die mit dem Verkauf und der Lieferung von Produkten oder Dienstleistungen verbunden sind, wie z. B. Marketing-, Werbe- und Transportkosten. Verwaltungskosten : Sie umfassen die allgemeinen Verwaltungskosten, die nicht direkt mit der Herstellung oder dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen in Verbindung stehen, wie z. B. Gehälter des Verwaltungspersonals, Mieten und Büromaterial. <?page no="65"?> 4.1 Ansatz von Abschlussposten 65 Forschung und Entwicklung : Diese Kosten fallen an, um neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln oder bestehende zu verbessern. Finanzaufwendungen : Dazu gehören z. B. Zinsaufwendungen und andere Kosten, die mit der Finanzierung eines Unternehmens verbunden sind. Aufgabe und Lösung zu : • Vermögenswerte finden Sie online. <?page no="67"?> Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS Lernziele Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreicht haben: [1] Die Definition und Anwendung der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten klar erklären können. [2] Die Bedeutung und Berechnung des beizulegenden Zeitwerts (fair value) verstehen und erklären können. [3] Den Tageswert und den Wiederbeschaffungswert sowie deren Anwendung in verschiedenen Szenarien erklären können. [4] Beispiele für die Berechnung und Anwendung des Veräußerungswertes und des Erfüllungsbetrages in der Praxis geben können. [5] Die Methoden der Barwertberechnung verstehen und in der Praxis anwenden können. [6] Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Bewertungsmaßstäbe herausarbeiten und deren Vor- und Nachteile für die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erklären können. [7] Die praktische Relevanz und den Nutzen der verschiedenen Bewertungsmaßstäbe für unternehmerische Entscheidungen und das Berichtswesen kritisch beurteilen und begründen können. Das Rahmenkonzept (conceptual framework) listet verschiedene Bewertungskonzepte auf, darunter die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten (historical cost) , den beizulegenden Zeitwert ( fair value) , den Tageswert/ Wiederbeschaffungswert (current cost) , den Veräußerungswert (realisable value) bzw. Erfüllungsbetrag (settlement value) sowie den Barwert (present value) . Die tatsächlich anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe ergeben sich aus den spezifischen Einzelstandards. In der Praxis am relevantesten sind dabei die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert. 5.1 Erstbewertung von Vermögenswerten nach IFRS - Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten Beim erstmaligen Ansatz ist ein Vermögenswert mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. 5.1.1 Anschaffungskosten beim Erwerb Die Anschaffungskosten umfassen den Anschaffungspreis einschließlich Einfuhrzölle und nicht erstattungsfähiger Erwerbsteuern sowie alle direkt dem Erwerb und der Inbetriebnahme des Vermögenswertes zurechenbaren Kosten. Rabatte, Skonti und Boni sind hingegen vom Anschaffungspreis abzuziehen, sofern sie dem einzelnen Produkt zugeordnet werden können. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Bestandteile der Anschaffungskosten, die bei der Ermittlung und Bewertung zum Zugangszeitpunkt zu berücksichtigen sind. <?page no="68"?> 68 Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS Vergleich der Anschaffungskosten nach IFRS und HGB IFRS HGB Anschaffungspreis Anschaffungspreis - Anschaffungspreisminderungen (Skonti, Boni, Rabatte, etc.) - Anschaffungspreisminderungen (Rabatte, Skonti, Boni); gemäß § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB + direkt zurechenbare Anschaffungsnebenkosten (Transportkosten, Montagekosten, Versicherungen, etc.) + direkt zurechenbare Anschaffungsnebenkosten (Transportkosten, Montagekosten, Versicherungen, etc.) + direkt zurechenbare Kosten, um den Vermögenswert in den vom Management vorgesehenen Zustand zu bringen + Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft + Barwert der Ausgaben für zukünftige Entsorgungs-, Rekultivierungs- oder ähnliche Verpflichtungen (sofern als Rückstellung nach IAS 37 anerkannt sind) Fremdkapitalkosten bei einem qualifizierten Vermögenswert (gemäß IAS 23) (Wahl-)Bestandteile aufgrund anderer Standards (z. B. staatliche Zuschüsse gemäß IAS 20) + nachträgliche Anschaffungskosten + nachträgliche Anschaffungskosten = Anschaffungskosten gemäß IFRS = Anschaffungskosten gemäß HGB Tab. 5.1: Ermittlung der Anschaffungskosten nach HGB und IFRS 73 Fremdkapitalkosten Gemäß IAS 23.4 ff. sind Fremdkapitalkosten, die direkt dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes zugeordnet werden können, zu aktivieren. Ein qualifizierter Vermögenswert ist ein Vermögenswert, dessen Herstellung einen beträchtlichen Zeitraum in Anspruch nimmt, um ihn in seinen beabsichtigten betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Die Aktivierungspflicht gilt für Fremdkapitalzinsen, die während des Herstellungszeitraumes oder zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem Erreichen des betriebsbereiten Zustandes anfallen. Diese Kosten werden dann als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermögenswertes erfasst. Beispiel: Ermittlung der Anschaffungskosten beim Kauf nach IFRS Die IMTB AG kauft am 01.03.01 eine Produktionsmaschine auf einer Messe zum Listenpreis von für 400.000 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer. Die Lieferung erfolgt im Mai 01. Der Lieferant gewährt der IMTB AG einen Rabatt in Höhe von 10 % auf den Listenpreis. Die IMTB AG bezahlt die Rechnung innerhalb einer Woche mit Abzug von 2 % Skonto. Die Transportkosten für die Produktionsmaschine betragen 2.618 € inkl. 19 % MwSt. Die Versicherungsprämie für den Transport der Maschine beträgt 400 €. Für die Maschine ist ein Fundament erforderlich, dessen Kosten sich auf 17.374 € inkl. 19 % MwSt. belaufen. Das Fundament wird Ende Mai 01 fertiggestellt. Am 01.06.01 73 In Anlehnung an Pellens B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 395. <?page no="69"?> 5.1 Erstbewertung von Vermögenswerten nach IFRS - Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten 69 wird die Maschine in Betrieb genommen. Zur Finanzierung der Produktionsmaschine hat die IMTB AG am 01.03.01 bei einer Hausbank ein Darlehen in Höhe von 300.000 € zu einem Zinssatz von 6 % p.a. aufgenommen. Die nach IFRS zu aktivierenden Anschaffungskosten der Produktionsmaschine werden wie folgt ermittelt: Ermittlung der Anschaffungskosten Listenpreis ohne MwSt. 400.000 € - 10 % Sonderrabatt - 40.000 € = Zwischensumme = 360.000 € - 2 % Skonto - 7.200 € = Zwischensumme = 352.800 € + Transportkosten (2.618 € : 1,19 = 2.200 €) + 2.200 € + Transportversicherung + 400 € + Fundament (17.374 € : 1,19 = 14.600 €) + 14.600 € + Fremdkapitalkosten (300.000 € x 0,06 x 3/ 12) + 4.500 € = zu aktivierende Anschaffungskosten nach IFRS = 374.500 € 5.1.2 Anschaffungskosten beim Tausch von Vermögenswerten Die Erstbewertung beim Tausch von nicht monetären Vermögenswerten erfolgt in der Regel zum beizulegenden Zeitwert (fair value ). Der erworbene Vermögenswert wird grundsätzlich mit dem beizulegenden Zeitwert des hingegebenen Vermögenswertes bewertet Sofern jedoch der beizulegende Zeitwert des erworbenen Vermögenswertes verlässlicher ermittelt werden kann, ist dieser als relevant zu betrachten. Die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Wirtschaftliche Substanz: Das Tauschgeschäft muss über eine wirtschaftliche Substanz verfügen. Diese ist gegeben, wenn sich die künftigen Cashflows des erhaltenen Vermögenswerts von denen des hingegebenen Vermögenswerts unterscheiden. Dies betrifft die Zusammensetzung, Beträge, Risiken und Zeitpunkte der Cashflows. Entweder ist die oben genannte Bedingung erfüllt oder der Unternehmenswert des betroffenen Geschäftsbereichs muss sich signifikant ändern, damit eine wirtschaftliche Substanz vorliegt. 74 Verlässliche Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts: Neben der wirtschaftlichen Substanz muss auch eine verlässliche Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts des hingegebenen oder des erhaltenen Vermögenswerts gewährleistet sein. Ist dies der Fall, ist der beizulegende Zeitwert des hingegebenen Vermögenswerts anzusetzen. Der beizulegende Zeitwert des erhaltenen Vermögenswerts ist dann anzusetzen, wenn dieser eindeutiger zu ermitteln ist. Fehlt dem Tausch jedoch die wirtschaftliche Substanz oder ist eine verlässliche Ermittlung der beizulegenden Zeitwerte beider Vermögenswerte nicht möglich, so ist der erworbene Vermögenswert zum Buchwert des hingegebenen Vermögenswerts zu bewerten. 75 74 Vgl. von Keitz, I., Grote, R. u. Hansmann, M.: IFRS auf einen Blick, 2019, S. 90. 75 Vgl. für diesen Abschnitt Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 53 f. <?page no="70"?> 70 Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS Beispiel 5.1: Tauschgeschäft Im Rahmen eines Tauschgeschäfts tauscht die Maschinenbau AG in Karlsruhe eine Drehmaschine gegen eine Fräsmaschine mit der Metall GmbH in Pforzheim. Die Maschinenbau AG Metall GmbH überweist an die Metall GmbH eine Zuzahlung in Höhe von 56.000 €. Der Buchwert der Drehmaschine beträgt 200.000 €. Es stellt sich somit die Frage, welche Auswirkungen das Tauschgeschäft auf den Gewinn oder Verlust der Maschinenbau AG hat. Die entsprechenden Buchungssätze sind anzugeben. Ermittlung der Anschaffungskosten der Fräsmaschine bei der Maschinenbau GmbH: Der beizulegende Zeitwert der erhaltenen Fräsmaschine ist eindeutig bestimmbar und beträgt 320.000 €. Die Zuzahlung in Höhe von 56.000 € für die Fräsmaschine ist ebenfalls bekannt. Ermittlung des Ertrags: zu aktivierender Wert der Frä smaschine 320.000 € - Buchwert der hingegebenen Drehmaschine - 200.000 € - Zuzahlung - 56.000 € = Ertrag aus dem Tauschgeschäft = 64.000 € Buchungssatz: Fräsmaschine 320.000 € an Drehmaschine 200.000 € an Bank 56.000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag 64.000 € Beispiel 5.2: Tauschgeschäfte Die Meyer GmbH verlegt ihre Geschäftsräume von Karlsruhe nach Ettlingen. Im Gegenzug erhält sie ein Gebäude ähnlicher Größe, Ausstattung und ähnlichen Alters. Der Buchwert des Karlsruher Gebäudes beläuft sich 400.000 €, während der Verkehrswert (beizulegender Zeitwert des hingegebenen Vermögenswertes) 850.000 € beträgt. Beim Tausch hat die Meyer GmbH zusätzlich 150.000 € zu zahlen. Die Transaktion führt zu einer wesentlichen Änderung der Cashflows und verleiht der Transaktion eine wirtschaftliche Substanz. Das neue Gebäude ist daher mit 1 Mio. € zu aktivieren. Beim Abgang des alten Gebäudes entsteht ein sonstiger betrieblicher Ertrag von 450.000 €. Buchungssatz: Gebäude neu 1.000.000 € an an an Gebäude alt Bank sonstiger betrieblicher Ertrag 400.000 € 150.000 € 450.000 € 5.2 Herstellungskosten Die Herstellungskosten entstehen, wenn Vermögenswerte (z. B. unfertige oder fertige Erzeugnisse) im Unternehmen selbst hergestellt werden. Sie umfassen alle Aufwendungen, die direkt und indirekt mit der Herstellung eines Vermögenswertes verbunden sind. Bei selbst erstellten Sachanlagen, die im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens genutzt werden, erfolgt die Bewertung gemäß IAS 16.22 i. V. m. IAS 2 bei Zugang zu Herstellungskosten. Die IFRS definieren Herstellungskosten gemäß IAS 2.12 ff. als alle Kosten, die während der Herstellung angefallen sind, um den Vermögenswert in einen verkaufsbereiten Zustand zu versetzen. Hierzu zählen neben den Einzelkosten auch die zurechenbaren fixen und va- <?page no="71"?> 5.2 Herstellungskosten 71 riablen Produktionsgemeinkosten, die bei der Verarbeitung der Ausgangsstoffe zu Fertigerzeugnissen anfallen. 76 Damit verfolgen die IFRS einen produktionsbezogenen Vollkostenansatz. Die Zurechnung fixer Produktionsgemeinkosten zu den Herstellungskosten erfolgt gemäß IAS 2.13 auf der Grundlage der geplanten Normalbeschäftigung oder der Ist-Beschäftigung, soweit keine Unterbeschäftigung vorliegt. Ein Wahlrecht hinsichtlich der Einbeziehung von Kosten, insbesondere von Gemeinkosten, besteht nicht. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Bestandteile der Herstellungskosten in beiden Rechnungslegungssystemen, die sich hinsichtlich des Einbezugs einzelner Bestandteile deutlich voneinander unterscheiden. Bestandteile der Herstellungskosten IFRS HGB Einzelkosten Materialeinzelkosten Pflicht Pflicht Fertigungseinzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Sondereinzelkosten des Vertriebs Verbot Verbot Gemeinkosten Materialgemeinkosten Pflicht Pflicht Fertigungsgemeinkosten Abschreibungen des Anlagevermögens Produktionsbezogene Verwaltungskosten Allgemeine Verwaltungskosten Verbot Wahlrecht Aufwendungen für soziale Einrichtungen freiwillige soziale Leistungen betriebliche Altersvorsorge Pflicht, wenn produktionsbezogen - andernfalls Verbot Vertriebskosten Verbot Verbot Sonstige Kosten Barwert der Entsorgungs- und Rekultivierungskosten (soweit als Verbindlichkeitsrückstellung nach IAS 37 anerkannt) Pflicht Verbot Forschungskosten Verbot Verbot Entwicklungskosten Pflicht Wahlrecht produktbezogene Fremdkapitalkosten (unter bestimmten Bedingungen) Pflicht (bei qualifying asset ) Wahlrecht Leerkosten Verbot Verbot kalkulatorische Kosten Verbot Verbot Tab. 5.2: Bestandteile der Herstellungskosten nach HGB und IFRS 77 76 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 455. 77 In Anlehnung an: Thommen J. et al.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, 2023, S. 290. <?page no="72"?> 72 Schritt 5: Bewertungsmaßstäbe für die Erstbewertung nach IFRS Die Tabelle verdeutlicht, dass die Vorschriften des IAS 2.12-2.17 einem Unternehmen, das nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) bilanziert, im Wesentlichen keinen Spielraum bei der Ermittlung der Herstellungskosten lassen. Das deutsche Handelsrecht gewährt den Unternehmen durch einige Wahlrechte eine gewisse Flexibilität. Beispiel: Ermittlung der Herstellungskosten nach IFRS Die Schneider GmbH entwickelt, produziert und verkauft Portalfräsmaschinen. Im Geschäftsjahr 00 wurde eine Sondermaschine für den Eigenbedarf des Unternehmens konstruiert und fertiggestellt. Am 02.01.01 war die Maschine betriebsbereit und wurde auch schon ab diesem Zeitpunkt im Unternehmen eingesetzt. Zu den Einzelkosten liegen folgende Informationen vor: − Materialeinzelkosten: 800.000 € − Fertigungslöhne: 1.000.000 € Zur Finanzierung der Konstruktion und Fertigung der Sondermaschine hat die Schneider GmbH im Geschäftsjahr 00 ein Darlehen aufgenommen. Über den Zeitraum der Konstruktion und Fertigung der Sondermaschine sind anteilig folgende Finanzierungskosten angefallen: − Kreditzinsen: 25.000 € − Kreditgebühr: 5.000 € Es wurden folgende Gemeinkostenzuschlagsätze ermittelt: − Materialgemeinkostenzuschlagssatz: 20 % − Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz: 180 % − Verwaltungsgemeinkosten: 340.000 € Die der Sondermaschine direkt zurechenbaren produktionsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten betragen 160.000 €. Berechnung der Herstellungskosten der Sondermaschine nach IFRS: Bezeichnung HK nach IFRS Materialeinzelkosten 800.000 € + Materialgemeinkosten (0,2 x 800.000 €) + 160.000 € + Fertigungslöhne (Fertigungseinzelkosten) + 1.000.000 € + Fertigungsgemeinkosten (1,8 x 1.000.000 €) + 1.800.000 € + produktionsbezogene Verwaltungsgemeinkosten + 160.000 € + Fremdkapitalkosten + 30.000 € = Herstellungskosten = 3.950.000 € Die Kreditzinsen und -gebühren sind während des Herstellungszeitraums der Sondermaschine angefallen, so dass eine Aktivierung dieser Posten erforderlich ist. Die Verwaltungsgemeinkosten dürfen nicht in voller Höhe aktiviert werden, da nur der produktionsbezogene Anteil (160.000 €) direkt zurechenbar ist. Für den Rest (180.000 €) besteht ein Aktivierungsverbot, da es sich um allgemeine Verwaltungskosten handelt. Somit ergeben sich aktivierungspflichtige Herstellungskosten in Höhe von 3.950.000 €. <?page no="73"?> 5.3 Bewertung geringwertiger Wirtschaftsgüter 73 5.3 Bewertung geringwertiger Wirtschaftsgüter Eine weitere Besonderheit betrifft die Behandlung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG). Unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsprinzips ist es auch nach IFRS zulässig, geringwertige Vermögenswerte im Zugangsjahr sofort abzuschreiben Im Gegensatz zum deutschen Steuerrecht enthalten die IFRS jedoch keine konkrete Regelung hinsichtlich einer quantitativen Schwelle für ein GWG. Während nach deutschem Steuerrecht ein Wirtschaftsgut als geringwertig gilt, wenn seine Anschaffungskosten zwischen 250 € und 800 € netto liegen, kann das Steuerrecht nach IFRS allenfalls Anhaltspunkte für die relevanten Grenzen liefern. 78 Aufgaben und Lösungen zu : • Ermittlung der Anschaffungskosten • Ermittlung der Herstellungskosten nach IFRS finden Sie online. 78 Vgl. Rechnungswesen-Portal, Geringwertiges Wirtschaftsgut. <?page no="75"?> Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS Lernziele Ziel ist es, dass die Lernenden ein tiefes Verständnis für die Bewertungsmodelle und ihrer Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzen entwickeln und die Fähigkeit erlangen, die Folgebewertung korrekt anzuwenden. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie folgende Lernziele erreicht haben: [1] Das Anschaffungskostenmodell verstehen, d. h. die grundlegenden Konzepte und die Vorgehensweise bei der Folgebewertung nach dem Anschaffungskostenmodell anschaulich erklären und in praktischen Beispielen anwenden können. [2] Das Neubewertungsmodell erklären, d. h. die Funktionsweise und die Anwendung des Neubewertungsmodells in der Praxis verstehen und darstellen können. [3] Das Modell des beizulegenden Zeitwerts anwenden, d. h. die Berechnung und Anwendung des Modells des beizulegenden Zeitwerts in verschiedenen betriebswirtschaftlichen Szenarien verstehen und erklären können. [4] Wahlrecht und Folgebewertung, d. h. die Auswirkungen der Wahl des Bewertungsmodells auf die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens erkennen. [5] Die drei Modelle vergleichen, d. h. die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Anschaffungskostenmodell, dem Neubewertungsmodell und dem Modell des beizulegenden Zeitwerts herausarbeiten und deren Vor- und Nachteile erläutern können. [6] Beurteilung der Praxisrelevanz, d. h. die Relevanz und den Nutzen der drei Bewertungsmodelle für die Unternehmenspraxis kritisch beurteilen und begründen können. [7] Impairment-Test und Ermittlung des erzielbaren Betrags, d. h. die Regeln und Verfahren zur Überprüfung einer späteren Zuschreibung (Wertaufholung) verstehen. [8] Wertaufholung und Impairment-Test, d. h. die Relevanz und den Nutzen der drei Bewertungsmodelle für die Unternehmenspraxis kritisch beurteilen und begründen können. Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte stellen bei vielen Unternehmen einen nicht unwesentlichen Teil der Aktiva dar. Bei der Folgebewertung sehen die IFRS ein Wahlrecht vor. Es kann zwischen dem Anschaffungskostenmodell und dem Neubewertungsmodell gewählt werden. Im Rahmen des Neubewertungsmodells ist der Vermögenswert in den Folgeperioden mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value) am Tag der Neubewertung - abzüglich kumulierter planmäßiger Abschreibungen und kumulierter Wertminderungen - anzusetzen. 6.1 Überblick über die Bewertungsmaßstäbe Das Rahmenkonzept und einzelne Standards benennen eine Reihe von Wertmaßstäben, die im IFRS-Abschluss zur Anwendung kommen. Dazu gehören: 1. Fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (amortised cost): Dies sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich planmäßiger Abschreibungen. 2. Zeitwerte: Die Zeitwerte beziehen sich zum Bewertungszeitpunkt auf die aktuellen Verhältnisse zum Bewertungsstichtag und ändern sich von Periode zu Periode, wenn sich externe Einflussfaktoren, wie z. B. Marktpreise oder Cashflow-Schätzungen ändern. Es gibt folgende Kategorien von Zeitwerten: <?page no="76"?> 76 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS • Beizulegender Zeitwert (fair value): Der beizulegende Zeitwert bezeichnet den Preis, der in einer geordneten Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswertes erzielt oder für die Übertragung einer Schuld zu zahlen wäre. Ist der Wert nicht direkt auf einem aktiven Markt beobachtbar ist, kann der beizulegende Zeitwert auch indirekt durch die Anwendung geeigneter Bewertungsmodelle geschätzt werden. • Barwert (net present value): Der Barwert ist der mit einem bestimmten Zinssatz abgezinste Gegenwartswert zukünftiger Zahlungsströme. Die Berechnung erfolgt durch Abzinsung der zukünftigen Ein- und Auszahlungen auf den gegenwärtigen Zeitpunkt. Der Barwert wird verwendet, um den Gegenwartswert zukünftiger Verpflichtungen oder Erträge zu bestimmen. • Wiederbeschaffungskosten, Tageswert (current cost): Die Wiederbeschaffungskosten entsprechen dem Betrag an Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgewendet werden müsste, um einen identischen oder vergleichbaren Vermögenswert zu erwerben. • Erfüllungsbetrag (fullfillment value): Der Erfüllungsbetrag ist der diskontierte Betrag, der voraussichtlich aufgewendet werden muss, um eine Schuld zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen. Dieser berücksichtigt den Zeitwert des Geldes der zukünftigen Zahlungsströme. • Veräußerungswert (realisable value): Der Betrag an Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten, der bei einem Verkauf eines Vermögenswerts zum gegenwärtigen Zeitpunkt im normalen Geschäftsgang erzielt werden könnte. • Nettoveräußerungswert (net realisable value): Der Betrag an Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten, der bei einem Verkauf eines Vermögenswerts zum gegenwärtigen Zeitpunkt im normalen Geschäftsgang erzielt werden könnte. • Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to disposal): Dies ist der Betrag, der durch den Verkauf eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit in einer Transaktion zu Marktbedingungen zwischen sachverständigen, vertragswilligen Parteien nach Abzug der Veräußerungskosten erzielt werden könnte. • Nutzungswert (value in use): Der Nutzungswert ist der Barwert der geschätzten künftigen Cashflows, die ein Unternehmen aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermögenswertes und seinem Abgang am Ende der Nutzungsdauer erwartet. • Erzielbarer Betrag (recoverable amount): Dies ist der höhere Betrag aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to disposal) und Nutzungswert (value in use) eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit. 6.2 Anschaffungskostenmodell Gemäß dem Anschaffungskostenmodell (cost model) sind Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der kumulierten planmäßigen Abschreibungen und der kumulierten Wertminderungsaufwendungen zu bewerten. Gegebenenfalls sind auch Wertaufholungen und nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu berücksichtigen. 79 79 Vgl. IAS 16.30 und IAS 38.74. <?page no="77"?> 6.2 Anschaffungskostenmodell 77 Abnutzbare Vermögenswerte mit einer bestimmbaren Nutzungsdauer verlieren im Zeitablauf z. B. durch Verschleiß an Wert und sind planmäßig abzuschreiben. Die Abschreibung beginnt im Zugangsjahr monatsgenau ab dem Zeitpunkt der Nutzungsmöglichkeit wird bis zum Nutzungsende des Vermögenswerts fortgeführt. Die Höhe der jährlichen Abschreibungsbeträge wird durch die Abschreibungsbasis (Anschaffungs- oder Herstellungskosten), die Nutzungsdauer und das Abschreibungsverfahren bestimmt. Folgende Abschreibungsverfahren können angewendet werden, sofern sie den Wertverzehr zutreffend darstellen: Abschreibungsverfahren nach IFRS lineare Abschreibung (straight-line method) degressive Abschreibung (degressive depreciation method) Leistungsabschreibung (units of production method) • gleichbleibende Abschreibungsbeträge • sinkende Abschreibungsbeträge im Zeitablauf • variierende Abschreibungsbeträge im Zeitablauf Ziel: periodengerechte Aufwandsverteilung Tab. 6.1: Abschreibungsverfahren nach IFRS Beispiel 6.1: Lineare Abschreibung Ein Unternehmen hat im Januar 01 eine Maschine erworben, deren Anschaffungskosten sich auf 230.000 € beliefen. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Maschine wird vom Unternehmen auf zehn Jahre festgelegt, der geschätzte Restverkaufserlös beträgt 30.000 €. Berechnung des jährlichen linearen Abschreibungsbetrags: jährlicher Abschreibungsbetrag = Anschaffungs− oder Herstellungskosten − Restverkaufserlös geschätzte (Rest−)Nutzungsdauer in Jahren jährlicher Abschreibungsbetrag = 230.000 € − 30.000 € 10 Jahre = 20.000 €/ Jahr Die Maschine ist bis zum Ende der Nutzungsdauer am 31.12.10 mit jährlich 20.000 € planmäßig abzuschreiben, bis der Restverkaufserlös in Höhe von 30.000 € erreicht ist. Merke In der Praxis wird bei der Berechnung des jährlichen Abschreibungsbetrages häufig auf den Ansatz eines Restverkaufserlöses verzichtet, da dieser mangels verlässlicher Bestimmbarkeit schwer zu ermitteln ist. 6.2.1 Impairment-Test (Wertminderungstest) Der Standard IAS 36 regelt die Durchführung von Wertminderungstests, dem sogenannten Impairment-Test. Der Anwendungsbereich des IAS 36 betrifft hauptsächlich das Sachanlagevermögen, die immateriellen Vermögenswerte inklusiv des Goodwills (derivativer Geschäfts- oder Firmenwert) und die als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, die nach dem Anschaffungskostenmodell bewertet werden. Ein jährlicher Wertminderungstest ist zwingend durchzuführen: bei immateriellen Vermögenswerten mit unbestimmten Nutzungsdauer, <?page no="78"?> 78 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS bei noch nicht nutzungsbereiten immateriellen Vermögenswerten, und bei derivativen (entgeltlich erworbenen) Geschäfts- oder Firmenwerten (Goodwill). Ansonsten werden Impairment-Tests grundsätzlich vollzogen, wenn Anhaltspunkte für eine mögliche Wertminderung (Trigger Events) gegeben sind. Dabei werden sowohl externe als auch interne Informationsquellen analysiert. Abb. 6.1: Vorgehensweise beim Impairment-Test Externe Indikatoren für eine Wertminderung können sein: erheblich gesunkener Marktwert eines Vermögenswertes, eingetretene oder drohende nachteilige Veränderung der gesetzlichen, wirtschaftlichen oder technischen Rahmenbedingungen (z. B. auch drohende behördliche Auflagen oder Einschränkungen oder Umstrukturierungen) mit nachteiligen Konsequenzen, ein Anstieg der langfristigen Zinssätze oder ein Rückgang der erwarteten Renditen, die den Barwert der künftigen Cashflows, der für die Berechnung des Nutzungswerts verwendet wird, wesentlich mindern, oder der Buchwert des Eigenkapitals des Unternehmens ist höher als seine Marktkapitalisierung. Interne Indikatoren können sein: Schadensfälle oder technische Überalterung von Vermögenswerten, nachteilige Änderung der Nutzungsmöglichkeiten eines Vermögenswertes, Verkaufs- oder Stilllegungspläne, Informationen aus der Kostenrechnung (Controlling), die auf eine Verschlechterung der wirtschaftliche Ertragskraft eines Vermögenswertes hinweisen (z. B. gestiegene Kosten und/ oder verringerte Deckungsbeiträge), oder Nutzungswert Barwert aller Cashflows der künftigen Nutzung bis zum späteren Abgang beizulegender Zeitwert abzüglich den Verkaufskosten Der höhere Wert aus Nutzungswert und beizulegendem Zeitwert abzüglich Verkaufskosten stellt den erzielbaren Betrag dar. Buchwert (zu den fortgeführten AHK) < erzielbarer Betrag Buchwert (zu den fortgeführten AHK) > erzielbarer Betrag keine Wertminderung erforderlich - Bewertung weiterhin zum Buchwert Wertminderung in Form einer außerplanmäßigen Abschreibung in Höhe der Differenz zwischen Buchwert und erzielbarem Betrag 1. Schritt: Vergleich zwischen dem Nutzungswert und dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten 2. Schritt: Bestimmung des erzielbaren Betrags 3. Schritt: Vergleich zwischen Buchwert und erzielbarem Betrag 4. Schritt: Wertminderung auf den erzielbaren Betrag, falls dieser kleiner als der Buchwert ist <?page no="79"?> 6.2 Anschaffungskostenmodell 79 Verschlechterung der Netto-Cashflows aus der Nutzung des Vermögenswertes oder Nichterreichen der geplanten Netto-Cashflows. Liegen Anhaltspunkte für eine Wertminderung vor, wird in einem zweiten Schritt der erzielbare Betrag ermittelt. Der erzielbare Betrag (recoverable amount) ist definiert als der höhere Wert aus dem Nutzungswert (value in use) und dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs of disposal) . Im Falle einer Unterschreitung des Buchwerts (carrying amount) eines Vermögenswerts wird eine Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) in Höhe der Differenz zwischen Buchwert und erzielbarem Betrag vorgenommen. Ist der erzielbare Betrag größer als der Buchwert, folgt eine Bewertung zum Buchwert. Der erzielbare Betrag eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit ist gemäß IAS 36.6 der höhere der beiden folgenden Werte: beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und dem Nutzungswert (= Wert der fortgeführten wirtschaftlichen Nutzung des Vermögenswertes) Die vorangegangene Abbildung 6.1 veranschaulicht die Vorgehensweise beim Impairment-Test. Ermittlung des Nutzungswertes Der Nutzungswert ist der Barwert der geschätzten künftigen Cashflows aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermögenswertes und seinem Abgang am Ende der Nutzungsdauer oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE). Ein Unternehmen hat die zukünftigen Zahlungsüberschüsse (Cashflows) aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermögenswertes zu schätzen. Die Schätzung der künftigen Cashflows hat auf den jüngsten vom Management genehmigten Planungsrechnungen zu basieren, die einen Planungshorizont von maximal fünf Jahren umfassen sollen. Jenseits dieses Zeitraums sind die Cashflows anhand einer Wachstumsrate zu schätzen. Ferner sind die Netto-Cashflows aus dem Abgang des Vermögenswertes am Ende seiner Nutzungsdauer zu prognostizieren. Darüber hinaus ist der Diskontierungszinssatz zu bestimmen, der zum einen den risikolosen Marktzinssatz und zum anderen das individuelle Risiko des Unternehmens berücksichtigt. 80 In der Praxis wird als Diskontierungszinssatz für den Nutzungswert gemäß IAS 16.AG17 überwiegend der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz (WACC = weighted average cost of capital) verwendet. Der WACC repräsentiert die Summe der gesamten Kapitalkosten eines Unternehmens in Prozent. Eigenkapital und Fremdkapital werden anhand von Marktdaten ermittelt und zunächst einzeln und dann gemeinsam im Verhältnis zum Gesamtkapital verwendet. Abzugsfähige Beträge aus Steuervorteilen, die sich aus der Aufnahme von Fremdkapital ergeben, werden ebenfalls berücksichtigt. Die ersparte Steuerbelastung wird auch als Tax Shield (dt. Wert des steuerlichen Vorteils) bezeichnet. Gegebenenfalls sind Zu- und Abschläge beim Diskontierungszinssatz gemäß IAS36.AG18 vorzunehmen. 81 Für eine detaillierte Erläuterung der Berechnung des Diskontierungszinssatzes auf Basis des WACC wird auf die weiterführende Literatur verwiesen. 82 80 Vgl. IAS 36.30 ff. 81 Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 456. 82 Bspw. vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 456 ff. und Beyer, D., Kirchner-Khairy, S.: Wert- und risikoorientiertes Controlling, 2024, S. 210 ff. <?page no="80"?> 80 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS Der WACC kann wie folgt ermittelt werden: WACC = EK Markt GK Markt × i Eigen + FK Markt GK Markt × i Fremd × (1 − St U ) Der zweite Teil der Formel ergibt sich aus dem Fremdkapitalanteil am Gesamtkapital und dem Fremdkapitalkostensatz sowie dem Tax Shield. Der Tax Shield stellt die Steuerersparnis dar, die sich aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen ergibt. Legende: WACC = gewichteter Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital) nach Steuern EK Markt = Marktwert des Eigenkapitals FK Markt = Marktwert des Fremdkapitals GK Markt = Marktwert des Gesamtkapitals i Eigen = Eigenkapitalkostensatz (Renditeforderung der EK-Geber) i Fremd = Fremdkapitalkostensatz (Renditeforderung der FK-Geber) St U = Steuersatz des Unternehmens Berechnung des Nutzungswerts mit ewiger Rente und Wachstumsrate: Nutzungswert = CF 1 [1+WACC] 1 + CF 2 [1+WACC] 2 + ⋯ + CF n [1+WACC] n + 1 [1+WACC] n × CF n+1 [WACC−g] g = konstante Wachstumsrate CF = Cashflow Berechnung des Nutzungswerts mit einem Restverkaufserlös (Liquidationserlös): +/ - ∑ ∑ t -5 5 n t 5 n t t n t=1 t=6 CF (CF ×(1 ± g) ) L Nutzungswert = + (1 + WACC) (1 + WACC) (1 + WACC) Legende: L n = Liquidationserlös/ -aufwand aus dem Abgang CF = Cashflows WACC = Weighted Average Cost of Capital = Diskontierungszinssatz n = Nutzungsdauer t = Periodenindex g = konstante Wachstumsrate des Cashflow Gemäß der Kapitalkostenstudie von KPMG beliefen sich die durchschnittlich gewichteten Kapitalkosten (WACC) im Jahr 2024 bei 8,3 %. 83 Die Schätzungen der künftigen Cashflows erfolgen gemäß IAS 36.33 auf Grundlage vernünftiger und vertretbarer Annahmen, d. h., sie basieren auf den aktuellen Finanzplänen und den Vorhersagen. Finanzpläne und Vorhersagen sollten dabei einen Zeitraum von fünf Jahren nicht überschreiten. Gemäß IAS 36.35 ist für alle Perioden nach diesem Zeitraum aus früheren Finanzplänen zu extrapolieren. Desweiteren ist gemäß IAS 36.34 die Plausibilität der Annahmen durch eine Unter- 83 KPMG: Kapitalmarktstudie 2024, 2024, S. 3. <?page no="81"?> 6.2 Anschaffungskostenmodell 81 suchung der Gründe für Abweichungen zwischen den vergangenen Finanzplänen und dem tatsächlichen Cashflow durch die Geschäftsleitung zu bewerten. Beispiel 6.2: Impairment-Test bei einer Maschine Der Buchwert einer Maschine zum 31.12.01 beträgt 100.000 €. Die Maschine kann zu einem Verkaufspreis von 90.000 € (ohne MwSt.) verkauft werden. Für den Transport der Maschine zum Käufer müssen 3.000 € (ohne MwSt.) bezahlt werden. Die erwarteten Einzahlungsüberschüsse (Cashflows) bei Weiterbetrieb der Maschine in den nächsten drei Jahren betragen 35.000 € pro Jahr. Der Diskontierungszinssatz (Abzinsungssatz) beträgt 8 % p.a. Um den erzielbaren Betrag zu ermitteln, müssen der beizulegende Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (fair value less costs to disposal) und der Nutzungswert (value in use) berechnet werden. Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts abzüglich Veräußerungskosten: Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten = 90.000 € - 3.000 € = 87.000 €. Ermittlung des Nutzungswertes mit Hilfe des Abzinsungsfaktors: 1 2 3 nn 35.000 € 35.000 € 35.000 € Nutzungswert = + + = 90.198 € 1, 08 1, 08 1, 08 Ermittlung des Nutzungswerts mithilfe des Rentenbarwertfaktors : (1 + i) - 1 Nutzungswert = 35.000 € × = 35.000 € (1 + i) × i 3 3 (1 + 0, 08) - 1 × (1 + 0, 08) ×0, 08 Nutzungswert = 35.000 € × 2,577096987 = 90.198 € Da der Nutzungswert höher ist als der beizulegende Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten, entspricht der Nutzungswert dem erzielbaren Betrag. Berechnung der Wertminderung: Buchwert zum 31.12.01 100.000 € erzielbarer Betrag - 90.198 € = Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) = 9.802 € Die Wertminderung der Maschine beträgt 9.802 €, so dass eine außerplanmäßige Abschreibung erforderlich ist. Buchungssatz der Wertminderung zum 31.12.01: außerplanmäßige Abschreibung 9.802 € an Maschine 9.802 € 6.2.2 Wertaufholungen An jedem Abschlussstichtag ist zu überprüfen, ob eine früher gebuchte Wertminderung bei einem wertgeminderten Vermögenswert noch (in voller Höhe) gerechtfertigt ist oder ob eine Zuschrei- Ermittlung des Nutzungswertes mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors: <?page no="82"?> 82 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS bung (Wertaufholung) in Betracht kommt (IAS 36.119). Entfallen die Gründe für eine Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) im Nachhinein, besteht eine Zuschreibungspflicht. In diesem Fall stellen die ursprünglich fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (ohne außerplanmäßige Abschreibungen) beim Anschaffungskostenmodell die Wertobergrenze dar (IAS 36.117). Nach einer Zuschreibung ist der Abschreibungsplan des Vermögenswertes in den Folgeperioden entsprechend anzupassen (IAS 36.121). Die Höhe der Wertaufholung wird durch Vergleich des erzielbaren Betrags mit den (fiktiven) fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ermittelt. Liegt der erzielbare Betrag über den (fiktiven) fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, erfolgt eine Zuschreibung bis zur Höhe der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Liegt dagegen der erzielbare Betrag unter den (fiktiven) fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, erfolgt eine Zuschreibung nur bis zur Höhe des erzielbaren Betrags. Eine Ausnahme bildet der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill), für den eine Wertaufholung nicht zulässig ist. Die folgende Abbildung zeigt die Vorgehensweise bei der Wertaufholungsprüfung: Abb. 6.2: Vorgehensweise bei einer Wertaufholung Beispiel 6.3: Wertminderung und Wertaufholung beim Anschaffungskostenmodell Ein Unternehmen erwirbt am 02.01.01 eine neue Maschine. Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 50.000 €. Die Maschine wird linear über einen Zeitraum von fünf Jahre abgeschrieben. Buchungssatz am 31.12.01: planmäßige Abschreibung 10.000 € an Maschine 10.000 € (Abschreibungsbetrag pro Jahr = Anschaffungskosten Nutzungsdauer = 50.000 € 5 Jahre = 10.000 €/ Jahr) Im Jahr 02 tritt ein auslösendes Ereignis ein. Der beizulegende Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten beträgt 24.000 € und der Nutzungswert 22.000 €. <?page no="83"?> 6.3 Neubewertungsmodell 83 Buchungssatz am 31.12.02: planmäßige Abschreibung 10.000 € außerplanmäßige Abschreibung 6.000 € an Maschine 16.000 € Der erzielbare Betrag stellt den höheren Wert aus dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und dem Nutzungswert dar. In diesem Fall beträgt der erzielbare Betrag 24.000 €. Da der erzielbare Betrag den Buchwert unterschreitet, ist eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 6.000 € erforderlich. Es folgt eine Neuberechnung des planmäßigen Abschreibungsbetrags. Der Restbuchwert von 24.000 € wird auf die Restnutzungsdauer von drei Jahren verteilt. Am 31.12.03 liegen keine besonderen Umstände vor. Die Maschine wird planmäßig abgeschrieben. (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 24.000 € 3 Jahre = 8.000 €/ Jahr) Buchungssatz am 31.12.03: planmäßige Abschreibung 8.000 € an Maschine 8.000 € Am 31.12.04 beträgt der Buchwert nach der planmäßigen Abschreibung 8.000 €. Der erzielbare Betrag beläuft sich auf 13.000 €. Eine Wertaufholung ist erforderlich, da zuvor eine Wertminderung erfasst wurde. Der erzielbare Betrag übersteigt die (fiktiven) fortgeführten Anschaffungskosten. Es erfolgt eine Zuschreibung bis zur Höhe der (fiktiven) fortgeführten Anschaffungskosten [50.000 € - (4 x 10.000 €)]. Die Differenz von 10.000 € minus 8.000 € beträgt 2.000 €. Buchungssatz am 31.12.04: planmäßige Abschreibung 8.000 € an Maschine 8.000 € Maschine 2.000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag 2.000 € Der Restbuchwert (10.000 €) wird über die Restnutzungsdauer von einem Jahr zum 31.12.05 mit 10.000 € planmäßig abgeschrieben. 6.3 Neubewertungsmodell Eine weitere Methode der Folgebewertung ist das Neubewertungsmodell (revaluation model). Hier erfolgt eine erfolgsneutrale Neubewertung zum beizulegenden Zeitwert (fair value) . Voraussetzung für die Anwendung des Neubewertungsmodells ist, dass der beizulegende Zeitwert verlässlich ermittelt werden kann. Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des Neubewertungsmodells bei immateriellen Jahre (Rest-)Buchwert fortgeführte Anschaffungskosten Ende 01 40.000 € 40.000 € Ende 02 (30.000 €) 24.000 € 30.000 € Ende 03 16.000 € 20.000 € Ende 04 (8.000 €) 10.000 € 10.000 € Ende 05 0 € 0 € <?page no="84"?> 84 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS Vermögenswerten ist das Bestehen eines aktiven Marktes. Da dies in der Regel nicht der Fall ist, wird der überwiegende Teil der immateriellen Vermögenswerte nach dem Anschaffungskostenmodell (cost model) bewertet. Entscheidet sich ein Unternehmen für das Neubewertungsmodell, muss sich diese Methode auf die gesamte Gruppe von Vermögenswerten (z. B. auf alle Werkzeugmaschinen, auf alle Fahrzeuge etc.) beziehen. Damit soll eine selektive Neubewertung von Vermögenswerten vermieden werden. 84 Die Häufigkeit der Neubewertung hängt von den Schwankungen des beizulegenden Zeitwerts ab. Bei geringen Schwankungen kann zwischen zwei Neubewertungen ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren liegen. In Fällen mit starken Schwankungen sind demgegenüber Neubewertungen jährlich vorzunehmen. 85 Für die Bewertung nach dem Neubewertungsmodell ist der beizulegende Zeitwert (fair value) gemäß IFRS 13 erforderlich. Ergibt sich aus der Neubewertung von Sachanlagen oder immateriellen Vermögenswerten eine Erhöhung des Buchwerts, so ist diese innerhalb des „Sonstigen Ergebnisses“ in der Gesamtergebnisrechnung zu erfassen. Es wird zwischen zwei grundlegenden Fällen unterschieden: Es kann entweder vorkommen, dass der beizulegende Zeitwert den Buchwert übersteigt oder dass der beizulegende Zeitwert niedriger als der Buchwert ist. 1. Fall 1: Beizulegender Zeitwert über Buchwert: Liegt der beizulegende Zeitwert über dem Buchwert, erfolgt grundsätzlich eine erfolgsneutrale Zuschreibung in eine Neubewertungsrücklage im Eigenkapital. 2. Fall 2: Beizulegender Zeitwert unter Buchwert: Ist der beizulegende Zeitwert niedriger als der Buchwert, wird generell eine erfolgswirksame Wertminderung in der Gewinn- und Verlustrechnung (Gewinn oder Verlust) erfasst. Allerdings gibt es Ausnahmen, die beachtet werden müssen. Es ist zu überprüfen, ob in vorhergehenden Perioden bereits Wertänderungen aufgrund einer Neubewertung stattgefunden haben. Abwandlung Fall 1 : Wurde in Vorperioden eine erfolgswirksame Wertminderung vorgenommen, ist diese zunächst erfolgswirksam aufzulösen. Abwandlung Fall 2 : Wurde in Vorperioden eine Neubewertungsrücklage gebildet, ist diese zunächst erfolgsneutral aufzulösen. Gemäß IAS 16.41 besteht das Wahlrecht, einen Teil der Neubewertungsrücklage zum Zeitpunkt der Nutzung des Vermögenswertes erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umzugliedern. Die Höhe des Betrags ergibt sich aus der Differenz zwischen der Abschreibung auf den neu bewerteten Buchwert und der Abschreibung auf Basis der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Planmäßige Abschreibungen von abnutzbaren Vermögenswerten sind vom Neubewertungsbetrag abzuziehen. 86 Die Neubewertungsrücklage enthält die erfolgsneutral verrechneten Buchwerterhöhungen von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten. Die nächste Abbildung veranschaulicht die Vorgehensweise bei der Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell: 84 Vgl. IAS 16.36. 85 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 56. 86 Vgl. Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2021, S. 71. <?page no="85"?> 6.3 Neubewertungsmodell 85 Abb. 6.3: Vorgehensweise bei der Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell Die Auflösung einer Neubewertungsrücklage erfolgt erfolgsneutral durch eine direkte Verrechnung mit den Gewinnrücklagen durch Umgliederung innerhalb des Eigenkapitals. Es bestehen die folgenden zwei Möglichkeiten für die Auflösung der Neubewertungsrücklage: vollständige Auflösung und Umbuchung der Neubewertungsrücklage in die Gewinnrücklagen bei Ausbuchung des Vermögenswerts oder anteilige Auflösung und Umbuchung in die Gewinnrücklagen während der Nutzung des Vermögenswertes; dabei entspricht der Umbuchungsbetrag der Differenz zwischen dem neuen Abschreibungsbetrag und dem alten Abschreibungsbetrag (ermittelt auf Basis der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten). Beispiel 6.4: Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell Ein Unternehmen erwirbt am 02.01.01 eine neue Maschine. Die Anschaffungskosten betragen 500.000 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer. Die Maschine wird sofort per Banküberweisung bezahlt und planmäßig linear über fünf Jahre abgeschrieben. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der beizulegenden Zeitwerte über diesen Zeitraum. Buchungssatz am 02.01.01: Maschine Vorsteuer 500.000 € 95.000 € an Bank 595.000 € Bilanzstichtage 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05 (fiktive) fortgeführte Anschaffungskosten (nach planmäßiger linearer Abschreibung) 400.000 € 300.000 € 200.000 € 100.000 € 0 € beizulegender Zeitwert 420.000 € 270.000 € 170.000 € 105.000 € 0 € <?page no="86"?> 86 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS Buchungssätze am 31.12.01: planmäßige Abschreibung 100.000 € an Maschine 100.000 € (Abschreibungsbetrag pro Jahr = Anschaffungskosten Nutzungsdauer = 500.000 € 5 Jahre = 100.000 €/ Jahr) Die Maschine ist mit dem beizulegenden Zeitwert von 420.000 € anzusetzen. Die Zuschreibung in Höhe von 20.000 € wird erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eingestellt, da sie sich auf den beizulegenden Zeitwert von 420.000 € abzüglich des bisherigen Wertes von 400.000 € bezieht. Maschine 20.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 20.000 € Buchungssätze am 31.12.02: planmäßige Abschreibung 105.000 € an Maschine 105.000 € (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 420.000 € 4 Jahre = 105.000 €/ Jahr) Die gebildete Neubewertungsrücklage kann anteilig aufgelöst und erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgebucht werden. Der Umbuchungsbetrag entspricht der Differenz zwischen dem neuen Abschreibungsbetrag (105.000 €/ Jahr) und dem alten (auf Basis der historischen Anschaffungskosten ermittelten) Abschreibungsbetrag (100.000 €/ Jahr). Neubewertungsrücklage 5.000 € an Gewinnrücklagen 5.000 € Die verbleibende Neubewertungsrücklage in Höhe von 15.000 € (= 20.000 € - 5.000 €) ist erfolgsneutral aufzulösen. Der noch ausstehende Abwertungsbedarf in Höhe von 30.000 € (= 315.000 € - 270.000 € - 15.000 €) ist erfolgswirksam außerplanmäßig abzuschreiben. Neubewertungsrücklage außerplanm. Abschreibung 15.000 € 30.000 € an Maschine 45.000 € Buchungssätze am 31.12.03: planmäßige Abschreibung 90.000 € an Maschine 90.000 € (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 270.000 € 3 Jahre = 90.000 €/ Jahr) Der beizulegende Zeitwert beläuft sich auf 170.000 €, während der Restbuchwert 180.000 € beträgt. Dies bedeutet, dass eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 10.000 € aufgrund einer Wertminderung erforderlich ist. außerplanm. Abschreibung 10.000 € an Maschine 10.000 € Buchungssätze am 31.12.04: planmäßige Abschreibung 85.000 € an Maschine 85.000 € (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 170.000 € 2 Jahre = 85.000 €/ Jahr) <?page no="87"?> 6.3 Neubewertungsmodell 87 Der beizulegende Zeitwert beträgt 105.000 €, was einer Wertsteigerung der Maschine von 20.000 Euro entspricht. Die Differenz zwischen dem Buchwert von 85.000 € und den fiktiven fortgeführten Anschaffungskosten von 100.000 € in Höhe von 15.000 € ist erfolgswirksam zu erfassen. Der verbleibende Restbetrag (5.000 €) wird erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Maschine 20.000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 15.000 € 5.000 € Buchungssätze am 31.12.05: Die Maschine wird planmäßig auf 0 € abgeschrieben und die Neubewertungsrücklage in Höhe von 5.000 € wird demnach innerhalb des Eigenkapitals in die Gewinnrücklagen umgegliedert. planmäßige Abschreibung 105.000 € an Maschine 105.000 € Neubewertungsrücklage 5.000 € an Gewinnrücklagen 5.000 € Beispiel 6.5: Neubewertungsmodell und Veräußerungsgewinn Die IMTB AG kauft mit sofortiger Banküberweisung am 02.01.01 ein Gebäude zu Anschaffungskosten in Höhe von 1 Mio. €. Die geschätzte Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre. Der beizulegende Zeitwert des Gebäudes beläuft sich am 31.12.01 auf 1.300.000 €. Am 15.01.02 wurde das Gebäude für 1.335.000 € veräußert. Buchungssatz am 02.01.01: Gebäude 1.000.000 € an Bank 1.000.000 € Buchungssätze am 31.12.01: Zunächst ist das Gebäude planmäßig abzuschreiben. planmäßige Abschreibung 100.000 € an Gebäude 100.000 € (Abschreibungsbetrag pro Jahr = Anschaffungskosten Nutzungsdauer = 1.000.000 € 10 Jahre = 100.000 €/ Jahr) Das Gebäude ist mit dem beizulegenden Zeitwert von 1.300.000 € anzusetzen. Die Zuschreibung in Höhe von 400.000 € wird erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eingestellt, da sie sich aus der Differenz zwischen dem beizulegenden Zeitwert von 1.300.000 € und dem bisherigen Buchwert von 900.000 € ergibt. Gebäude 400.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 400.000 € Buchungssätze am 15.01.02: Bank 1.335.000 € an an Gebäude sonstige betriebl. Erträge 1.300.000 € 35.000 € Die Neubewertungsrücklage wird erfolgsneutral aufgelöst und in die Gewinnrücklagen umgebucht. Neubewertungsrücklage 400.000 € an Gewinnrücklagen 400.000 € <?page no="88"?> 88 Schritt 6: Bewertungsmaßstäbe für die Folgebewertung nach IFRS Merke: Hinweis für die Praxis In der Praxis erfolgt die Folgebewertung in der Regel nach dem Anschaffungskostenmodell. Dies liegt daran, dass bei Anwendung des Neubewertungsmodells der positive Eigenkapitaleffekt durch höhere erfolgswirksame planmäßige Abschreibungen in den Folgejahren kompensiert wird. 6.4 Modell des beizulegenden Zeitwerts Gemäß IAS 40 können als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, sogenannte Investment Property, erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Als Investment Properties werden Grundstücke, Gebäude oder Teile von Gebäuden bezeichnet, die zur Erzielung von Mieteinnahmen oder zum Zwecke der Wertsteigerung gehalten werden. Die Erstbewertung erfolgt zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Im Rahmen der Folgebewertung besteht ein Wahlrecht zwischen dem Anschaffungskostenmodell (cost-model) und dem Modell des beizulegenden Zeitwerts (fair value model) . Beim Modell des beizulegenden Zeitwerts erfolgt eine Neubewertung zum beizulegenden Zeitwert. Die Neubewertung zum beizulegenden Zeitwert findet gemäß dem Modell des beizulegenden Zeitwerts statt. Die Erfassung sämtlicher Wertänderungen erfolgt erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung (Gewinn oder Verlust). Im Gegensatz zum Neubewertungsmodell wird keine Neubewertungsrücklage gebildet. Planmäßige Abschreibungen entfallen, da eine Bewertung jährlich durchzuführen ist, wobei Wertsteigerungen und Wertminderungen erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung (Gewinn oder Verlust) erfasst werden. 87 Beispiel 6.6: Modell des beizulegenden Zeitwerts für als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Ein Unternehmen erwirbt Anfang des Jahres 01 ein als Finanzinvestition gehaltenes Gebäude (Investment Property). Die Anschaffungskosten beliefen sich auf 560.000 €, die unmittelbar per Banküberweisung beglichen werden. Am Ende des ersten Jahres beträgt der beizulegende Zeitwert des Gebäudes 600.000 €, am Ende des zweiten Jahres sinkt er auf 540.000 €. Buchungssatz am 02.01.01: Investment Property 560.000 € an Bank 560.000 € Buchungssatz am 31.12.01: Investment Property 40.000 € an Finanzerträge 40.000 € (Vergleich mit Fair Value, Zuschreibung als Finanzertrag) Buchungssatz am 31.12.02 Finanzaufwendungen 60.000 € an Investment Property 60.000 € Aufgaben und Lösungen zu : • Bewertung nach IFRS • Impairment-Test beim Anschaffungskostenmodell finden Sie online. 87 Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2023, S. 150 f. <?page no="89"?> Schritt 7: Latente Steuern Lernziele Ziel ist es, dass die Lernenden ein umfassendes Verständnis für die latenten Steuern entwickeln und in der Lage sind, diese korrekt zu erfassen und darzustellen, um die finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen beurteilen zu können. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreicht haben: [1] Verständnis für die Entstehung von latenten Steuern, d. h. wann latente Steuern zu bilden sind und worin sich aktive und passive latente Steuern unterscheiden. [2] Erläuterung der Gründe, die zur Bildung aktiver latenter Steuern führen. [3] Identifikation der Gründe, die zur Bildung passiver latenter Steuern führen. [4] Bilanzierung latenter Steuern, d. h. korrekter Ansatz und Ausweis latenter Steuern in der Bilanz und in der Gesamtergebnisrechnung. Der relevante Standard für latente Steuern ist der IFRS-Standard IAS 12. IAS 12 regelt sowohl die Bilanzierung von tatsächlich geschuldeten oder erstattungsfähigen Ertragsteuern als auch die Bilanzierung von latenten Steuern. Latente Steuern werden als eine Form von versteckten Steuerbelastungen und -entlastungen definiert, die sich aus Unterschieden im Ansatz oder in der Bewertung von Vermögenswerten und Schulden zwischen der Steuerbilanz und der IFRS-Bilanz ergeben. Diese Differenzen führen zu Unterschieden zwischen dem zu versteuernden Einkommen und dem Ergebnis nach IFRS, die sich in zukünftigen Geschäftsjahren voraussichtlich auflösen werden. Es wird erwartet, dass sich die Unterschiede in der Bewertung von Vermögenswerten und Schulden im Zeitablauf ausgleichen. 7.1 Ansatz und Bewertung von latenten Steuern Latente Steuern basieren auf unterschiedlichen Bilanzierungs- und Bewertungsansätzen in der Steuerbilanz und der IFRS-Bilanz. Die Abgrenzung latenter Steuern erfolgt gemäß dem bilanzorientierten Temporary-Konzept. Im Rahmen des Temporary-Konzeptes wird die Bilanz mit ihren Vermögenswerten und Schulden betrachtet, während die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) bzw. Gesamtergebnisrechnung eine untergeordnete Rolle spielt. Nach den Grundsätzen der IFRS-Rechnungslegung sind latente Steueransprüche und latente Steuerschulden für alle temporären Unterschiede in Ansatz und Bewertung von Vermögenswerten und Schulden im Vergleich zur Steuerbilanz zu bilanzieren. Dabei werden nur temporäre Differenzen, die sich im Zeitablauf ausgleichen, und quasi-permanente Differenzen berücksichtigt. Letztere gleichen sich nicht im Laufe der Zeit aus, sondern z. B. erst bei einem Verkauf des Vermögenswertes, der die Differenz verursacht hat. Für permanente Differenzen zwischen den beiden Abschlüssen dürfen nach IFRS keine latenten Steuern gebildet werden. Latente Steuern entstehen bei aktiven und passiven Bilanzposten wie folgt: 88 88 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 328. <?page no="90"?> 90 Schritt 7: Latente Steuern Vermögenswerte Schulden aktive latente Steuern IFRS-Buchwert < Steuerwert IFRS-Buchwert > Steuerwert passive latente Steuern IFRS-Buchwert > Steuerwert IFRS-Buchwert < Steuerwert Tab. 7.1: latente Steuern bei verschiedenen Bilanzposten Aktive latente Steuern sollen künftige Steuerentlastungen (zukünftig steuerlich höheres Gewinnabzugspotenzial), passive latente Steuern zukünftige Steuerbelastungen (zukünftig höheres Ertragspotenzial) abbilden. Exkurs: Steuerrechtliche Besonderheiten Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz nach HGB erstreckt sich auf die Steuerbilanz. Bewertung des Umlaufvermögens - Niederstwertprinzip: Im Handelsrecht gilt das strenge Niederstwertprinzip, nach IFRS das Prinzip der verlustfreien Bewertung. Steuerrechtlich ist der Ansatz eines niedrigeren Teilwerts nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zulässig. Anlagevermögen - Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände : Im Handelsrecht besteht ein Aktivierungswahlrecht, in der IFRS-Rechnungslegung besteht quasi eine Aktivierungspflicht, und im Steuerrecht besteht ein Aktivierungsverbot . - Aktivierungsgebot für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert : Handelsrecht : planmäßige Abschreibung über die voraussichtlich Nutzungsdauer oder über zehn Jahre, IFRS: regelmäßiger Impairment-Test, keine planmäßige Abschreibung, Steuerrecht: planmäßige Abschreibung über 15 Jahre. - Finanzanlagen: Handelsrecht: bei voraussichtlicher vorübergehender Wertminderung besteht ein Abschreibungswahlrecht, IFRS: Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, Steuerrecht: Ansatz des niedrigeren Teilwerts nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung. Rückstellungen - Drohverlustrückstellungen: Handelsrecht und IFRS: Passivierungsgebot, Steuerrecht: Passivierungsverbot. 7.2 Gründe für aktive latente Steuern (latente Steueransprüche) Für aktive latente Steuern besteht nach IFRS eine Aktivierungsgebot. Die Grundlage für aktive latente Steuern sind abzugsfähige temporäre Differenzen zwischen dem IFRS-Buchwert und dem steuerlichen Buchwert von Vermögenswerten und Schulden, wie z. B.: Vermögenswerte sind in der IFRS-Bilanz niedriger bewertet als in der Steuerbilanz. Höhere planmäßige Abschreibungen in der IFRS-Bilanz als steuerlich zulässig gemäß AfA- <?page no="91"?> 7.3 Gründe für passive latente Steuern (latente Steuerschulden) 91 Tabellen (andere Abschreibungsverfahren, kürzere Nutzungsdauern), Verzicht auf die Aktivierung eines Disagios in der IFRS-Bilanz hingegen besteht in der Steuerbilanz eine Aktivierungspflicht. Ein Vermögenswert des nicht abnutzbaren langfristigen Vermögens wird nach IAS 36 aufgrund einer vorübergehenden Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben. Diese Wertminderung ist nach § 6 Abs. 1Nr. 2 EStG steuerlich nicht zulässig. Schulden sind in der IFRS-Bilanz höher bewertet als in der Steuerbilanz bzw. Schulden werden in der IFRS-Bilanz, nicht dagegen in der Steuerbilanz angesetzt. Rückstellungen werden in der IFRS-Bilanz höher angesetzt als in der Steuerbilanz (Ansatz der Drohverlustrückstellung, jedoch steuerliches Verbot nach § 5 Abs. 4a EStG). Abzinsung der Pensionsrückstellungen in der IFRS-Bilanz mit einem Zinssatz, der unter dem nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG anzuwendenden Zinssatz von 6 % p. a. liegt. Es besteht grundsätzlich eine Ansatzpflicht für aktive latente Steuern auf steuerliche Verlustvorträge, sofern es wahrscheinlich ist, dass zukünftige zu versteuernde Ergebnisse zur Verfügung stehen werden, gegen die die aktiven latenten Steuern verrechnet werden können (vgl. IAS 12.34 bis 12.36). Gemäß IAS 12.24 sind aktive latente Steuern nur in dem Umfang zu berücksichtigen, in dem es wahrscheinlich ist, dass ein zu versteuerndes Ergebnis zur Verfügung stehen wird, gegen das die abzugsfähige temporäre Differenz verwendet werden kann. 89 Die Werthaltigkeit aktiver latenter Steuern ist zu jedem Bilanzstichtag zu überprüfen. Sofern aktive latente Steuern voraussichtlich nicht mit zukünftigen Steuerzahlungen verrechnet werden können, weil keine steuerlichen Gewinne erwartet werden, sind diese gemäß IAS 12.56 außerplanmäßig abzuschreiben. Fällt der Grund für eine solche außerplanmäßige Abschreibung in späteren Geschäftsjahren wieder weg, ist eine Wertaufholung erforderlich. 90 7.3 Gründe für passive latente Steuern (latente Steuerschulden) Ursachen für passive latente Steuern im IFRS-Abschluss sind beispielsweise: Sachanlagen oder immaterielle Vermögenswerte werden in den IFRS nach IAS 38.75 bzw. IAS 16.31 im IFRS-Abschluss nach dem Neubewertungsmodell mit dem beizulegenden Zeitwert höher bewertet, während die Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden. Nach IFRS wird eine kürzere Nutzungsdauer als in der steuerlichen Gewinnermittlung unterstellt. Aktivierung der selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte des Anlagevermögens in der IFRS-Bilanz. In der Steuerbilanz ist eine Aktivierung dagegen unzulässig. Anwendung der zeitraumbezogenen Gewinnrealisierung nach IFRS, während steuerlich keine Teilgewinnrealisierung erfolgt. Schulden werden in der IFRS-Bilanz niedriger angesetzt als in der Steuerbilanz, bzw. Schulden werden in der Steuerbilanz angesetzt, in der IFRS-Bilanz jedoch nicht. Passivierungsverbot für Aufwandsrückstellungen nach IFRS, hingegen in der Steuerbilanz müssen Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung, die innerhalb von drei Monaten im nächsten Geschäftsjahr nachgeholt werden, passiviert werden. Bewertung von Vorräten nach der Fifo-Methode bei steigenden Preisen. Die Fifo-Methode ist im Steuerrecht unzulässig. 89 Vgl. Baetge, J., Kirsch, H.-J., Thiele, S.: Konzernbilanzen, 2024, S. 495. 90 Vgl. ebd., S. 502. <?page no="92"?> 92 Schritt 7: Latente Steuern 7.4 Ansatz latenter Steuern In der Rechnungslegung nach IFRS besteht gemäß IAS 12.74 ein Saldierungsverbot zwischen aktiven und passiven latenten Steuern. Lediglich in bestimmten Ausnahmefällen, die in IAS 12.74 f. aufgeführt werden, ist eine Saldierung entweder zulässig oder sogar verpflichtend. Für steuerliche Verluste, die nicht mit früheren oder laufenden zu versteuernden Ergebnissen verrechnet werden können, besteht die Möglichkeit, diese Verluste in zukünftige Perioden vorzutragen. Solche steuerlichen Verlustvorträge werden als aktive latente Steuern bilanziert, sofern überzeugende, substanzielle Hinweise vorliegen, dass in der Zukunft steuerpflichtige Gewinne erwirtschaftet werden. Die Bewertung latenter Steuern erfolgt gemäß der Liability-Methode. Gemäß IAS 12 sind die aktiven und die passiven latenten Steuern durch Multiplikation der einzelnen abzugsfähigen bzw. zu versteuernden temporären Differenzen mit den jeweils relevanten Steuersätzen zu ermitteln. Dabei sind gemäß IAS 12.47 grundsätzlich die zukünftigen Steuersätze anzuwenden, die voraussichtlich im Zeitpunkt der Umkehr gelten werden, sofern diese am Bilanzstichtag gültig oder gesetzlich angekündigt sind. 91 Latente Steuern dürfen gemäß IAS 12.53 nicht abgezinst werden. Beispiel 7.1: Entwicklungskosten In der IFRS-Bilanz der IMTB AG werden die Entwicklungskosten (Aktivierungspflicht) für eine Software aktiviert , die das IFRS-Ergebnis erhöhen. In der Steuerbilanz werden diese Aufwendungen hingegen stets als Betriebsausgaben ausgewiesen. Das IFRS-Ergebnis ist demnach höher als der Steuerergebnis. Die Ergebnisdifferenz gleicht sich spätestens am Ende der Nutzungsdauer, beispielsweise nach vier Jahren, wieder aus, da die Entwicklungsaufwendungen in den Folgejahren beispielsweise linear mit jährlich 25 % abgeschrieben werden. Die IMTB AG hat im laufenden Geschäftsjahr die Entwicklungsaufwendungen im Januar 01 in Höhe von 200.000 € aktiviert. Die Nutzungsdauer beträgt vier Jahre, d. h. in den Jahren 01, 02, 03 und 04 werden jeweils 50.000 € pro Jahr planmäßig abgeschrieben. Die IMTB AG weist sowohl in der IFRS-Bilanz als auch in der Steuerbilanz jährlich einen Gewinn vor Ertragsteuern in Höhe von 1 Mio. € aus. Dieser Gewinn wurde ohne Berücksichtigung der aktivierten Entwicklungskosten ermittelt, während die betrieblichen Aufwendungen bereits enthalten sind. Der Ertragssteuersatz wurde mit 30 % angenommen. Durch die Aktivierung der Entwicklungsaufwendungen ergibt sich in der IFRS-Bilanz ein Gewinn vor Ertragssteuern in Höhe von 1,15 Mio. € und in der Steuerbilanz in Höhe von 1 Mio. €. Die Steuerbilanz gestaltet sich wie folgt: Geschäftsjahr 01: Aktiva Steuerbilanz 31.12.01 Passiva Software (Entwicklungsaufwendungen) (dürfen in der Steuerbilanz nicht aktiviert werden, sind im Aufwand der GuV) 0 € Steuerrückstellungen Gewinn nach Ertragssteuern 300.000 € 700.000 € In der IFRS-Bilanz ist der Gewinn um 150.000 € höher als in der Steuerbilanz. Da es sich zwar um eine langfristige, aber absehbar vorübergehende Differenz zwischen IFRS-Bilanz und Steuerbilanz handelt, sind nach IFRS passive latente Steuern in Höhe von 45.000 € zu bilden. 91 Vgl. Baetge, J., Kirsch, H.-J., Thiele, S.: Konzernbilanzen, 2024, S. 502. <?page no="93"?> 7.4 Ansatz latenter Steuern 93 Aktiva IFRS-Bilanz 31.12.01 Passiva Software (Entwicklungsaufwendungen) (200.000 € - 50.000 € = 150.000 €) 150.000 € Steuerrückstellungen passive latente Steuern Gewinn nach Ertragssteuern 300.000 € 45.000 € 805.000 € Buchungssatz am 31.12.01 (zum Aufbau der passiven latenten Steuern) : Steueraufwand 45.000 € an passive latente Steuern 45.000 € Geschäftsjahr 02: In der Steuerbilanz erfolgt keine planmäßige Abschreibung, da die Entwicklungskosten der Software nicht aktiviert wurden. Infolgedessen beläuft sich der Gewinn auf 1 Mio. € und die Zuführung zur Steuerrückstellung auf 300.000 €. In der IFRS-Rechnungslegung wird ein Betrag von 50.000 € p. a. planmäßig abgeschrieben. Um eine „Kongruenz“ des Ertragssteueraufwands zum IFRS- Gewinn herzustellen, sind die passiven latenten Steuern in Höhe von 15.000 € (= 0,3 x 50.000 €) aufzulösen, um damit den Steueraufwand zu neutralisieren. Buchungssatz am 31.12.02 (zur teilweisen Auflösung der passiven latenten Steuern) : passive latente Steuern 15.000 € an Steuerertrag 15.000 € Aktiva IFRS-Bilanz 31.12.02 Passiva Software (Entwicklungsaufwendungen) (200.000 € - 50.000 € - 50.000 € = 100.000 €) 100.000 € Steuerrückstellungen passive latente Steuern Gewinn nach Ertragssteuern 300.000 € 30.000 € 665.000 € Geschäftsjahr 03: In der Steuerbilanz erfolgt keine Abschreibung, da die Entwicklungskosten für die Software nicht aktiviert wurden. Dies führt zu einem Gewinn von 1 Mio. € und einer Zuführung zur Steuerrückstellung von 300.000 €. In der IFRS-Rechnungslegung wird ein Betrag von 50.000 € p. a. planmäßig abgeschrieben. Um eine „Kongruenz“ des Ertragssteueraufwands zum IFRS-Ergebnis herzustellen, sind die passiven latenten Steuern in Höhe von 15.000 € (= 0,3 x 50.000 €) aufzulösen, um den Steueraufwand zu neutralisieren. Buchungssatz am 31.12.03 (zur teilweisen Auflösung der passiven latenten Steuern) : passive latente Steuern 15.000 € an Steuerertrag 15.000 € Aktiva IFRS-Bilanz 31.12.03 Passiva Software (Entwicklungsaufwendungen) (200.000 € - 50.000 € - 50.000 € - 50.000 €= 50.000 €) 50.000 € Steuerrückstellungen passive latente Steuern Gewinn nach Ertragssteuern 300.000 € 15.000 € 665.000 € <?page no="94"?> 94 Schritt 7: Latente Steuern Geschäftsjahr 04: In der Steuerbilanz erfolgt keine Abschreibung, da die Entwicklungskosten für die Software nicht aktiviert wurden. Infolgedessen beläuft sich der Gewinn auf 1 Mio. € und die Zuführung zur Steuerrückstellung auf 300.000 €. In der IFRS-Rechnungslegung wird ein Betrag von 50.000 € p. a. planmäßig abgeschrieben. Um eine „Kongruenz“ des Ertragssteueraufwands mit dem IFRS- Gewinn herzustellen, sind die passiven latenten Steuern in Höhe von 15.000 € (= 0,3 x 50.000 €) aufzulösen, um damit den Steueraufwand zu neutralisieren. Buchungssatz am 31.12.04 (zur teilweisen Auflösung der passiven latenten Steuern) : passive latente Steuern 15.000 € an Steuerertrag 15.000 € Aktiva IFRS-Bilanz 31.12.04 Passiva Software (Entwicklungsaufwendungen (200.000 € - 50.000 € - 50.000 € - 50.000 € - 50.000 € = 0 €) 0 € Steuerrückstellungen passive latente Steuern Gewinn nach Ertragssteuern 300.000 € 0 € 665.000 € Aufgabe und Lösung zu : • Latente Steuern finden Sie online. <?page no="95"?> Schritt 8: Sachanlagen Lernziele Ziel ist es, dass die Lernenden ein umfassendes Verständnis für die Erst- und die Folgebewertung von Sachanlagen entwickeln und in der Lage sind, die entsprechenden Rechnungslegungsstandards korrekt anzuwenden, um die finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen zu beurteilen. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreicht haben: [1] Erstbewertung von Sachanlagen, d. h. Anwendung der Methoden zur Erstbewertung zu Anschaffungs- und Herstellungskosten. [2] Folgebewertung von Sachanlagen, d. h. Analyse der verschiedenen Ansätze zur Folgebewertung von Sachanlagen und Vergleich des Anschaffungskostenmodells mit dem Neubewertungsmodell. [3] Berücksichtigung latenter Steuern bei der Folgebewertung. [4] Anwendung des Komponentenansatzes bei der Bewertung von Sachanlagen. [5] Durchführung von Impairment-Tests zur Beurteilung der Werthaltigkeit von Sachanlagen. In Industrieunternehmen stellen die Sachanlagen (property, plant and equipment) häufig einen wertmäßig sehr großen Bilanzposten dar. Die damit verbundene hohe Anlagenintensität hat Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), da das Ergebnis regelmäßig durch planmäßige Abschreibungen auf das abnutzbare Sachanlagevermögen belastet wird. Die Bilanzierung und die Bewertung des Sachanlagevermögens wird in der IFRS-Rechnungslegung durch den Standard IAS 16 geregelt. Nach IAS 16 können folgende Positionen des Sachanlagevermögens ausgewiesen werden: Grundstücke und Gebäude (land and buildings) , technische Anlagen und Maschinen (machinery) , Schiffe (ships) , Betriebs- und Geschäftsausstattung (furniture and fixtures) , Büroausstattung (office equipment) und fruchttragende Pflanzen (bearer plants) . 8.1 Erstbewertung von Sachanlagen Die erstmalige Bewertung und Bilanzierung von Sachanlagen erfolgt sowohl nach IFRS als auch nach HGB zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Der Zugang von Sachanlagen in das Betriebsvermögen eines Unternehmens kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Entgeltlich erworbene Sachanlagen: Soweit Sachanlagen entgeltlich erworben wurden, erfolgt die Bewertung gemäß IAS 16.15 ff. zu Anschaffungskosten. Selbst erstellte Sachanlagen: Selbst erstellte Sachanlagen sind gemäß IAS 16.22 in Verbindung mit IAS 2 mit ihren Herstellungskosten zu bewerten. <?page no="96"?> 96 Schritt 8: Sachanlagen Tausch von Sachanlagen: Beim erstmaligen Ansatz von Sachanlagen im Rahmen eines Tausches erfolgt die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert des hingegebenen Vermögenswertes bzw. zum beizulegenden Zeitwert des erhaltenen Vermögenswertes, unter Berücksichtigung von Zahlungsmittelzuflüssen oder -abflüssen. 92 Eine Übersicht über die Bestandteile der Anschaffungskosten, die bei der Identifizierung und Bewertung des Zugangs zu berücksichtigen sind, findet sich in Kapitel 5.1. Erstbewertung von Vermögenswerten. 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen Bei der Folgebewertung nach IFRS können die Sachanlagen aufgrund eines Bewertungswahlrechts entweder nach dem Anschaffungskostenmodell (cost model) oder nach dem Neubewertungsmodell (revaluation model) bewertet werden. Beim Anschaffungskostenmodell werden die Sachanlagen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der kumulierten planmäßigen Abschreibungen und Wertminderungen bewertet. Beim Neubewertungsmodell werden die Sachanlagen zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der kumulierten planmäßigen Abschreibungen und Wertminderungen bewertet. Der beizulegende Zeitwert wird regelmäßig überprüft. Aufgrund des Grundsatzes der Stetigkeit ist eine einmal gewählte Bilanzierungs- und Bewertungsmethode für eine Gruppe von Sachanlagen in den Folgeperioden beizubehalten. Gemäß IAS 8 ist eine Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethode nur dann zulässig, wenn ein anderer Standard oder eine andere Interpretation dies ausdrücklich vorschreibt oder wenn dadurch eine bessere Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. der Cashflows erreicht wird. 93 8.2.1 Folgebewertung nach dem Anschaffungskostenmodell Das Anschaffungskostenmodell sieht für die Folgebewertung die Fortführung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vor. Hierzu sind die aktivierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Sachanlagen planmäßig über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben und zusätzlich um kumulierte außerplanmäßige Abschreibungen (= Wertminderungen) gemäß IAS 36 zu kürzen. Die Erfassung der planmäßigen Abschreibungen auf abnutzbare Sachanlagen beginnt nach IAS 16.55 mit dem Zeitpunkt der Nutzungsfähigkeit. Dies bedeutet, dass die planmäßige Abschreibung einer abnutzbaren Sachanlage ab dem Zeitpunkt beginnt, ab dem die Sachanlage betriebsbereit ist und am vorgesehenen Standort eingesetzt werden kann. Der Standard IAS 16 schreibt keine bestimmte Abschreibungsmethode vor, vielmehr ist die Methode zu wählen, die den wirtschaftlichen Nutzungsverlauf am besten widerspiegelt (IAS 16.60). 94 Nach IAS 16.62 kann der Werteverzehr abnutzbarer Sachanlagen nach der linearen, der degressiven oder der leistungsabhängigen Abschreibungsmethode erfasst werden. Nicht abnutzbare Sachanlagen, wie z. B. Grundstücke, werden nicht planmäßig abgeschrieben. 92 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 70 f. 93 Vgl. NWB Datenbank: IAS 8. 94 Vgl. Thommen J. et al.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, 2023, S. 291. <?page no="97"?> 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen 97 Komponentenansatz Eine weitere Besonderheit bei der Folgebewertung von Sachanlagen ist der Komponentenansatz. Der Komponentenansatz verlangt, dass eine Sachanlage, die aus mehreren Komponenten mit wesentlichem Anteil an den gesamten Anschaffungs- oder -Herstellungskosten und unterschiedlichen Nutzungsdauern besteht, in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegt, separat aktiviert und entsprechend ihrer jeweiligen Nutzungsdauer gemäß IAS 16.43 i.V.m. IAS 16.13 und IAS 16.45 abgeschrieben wird. Bei Abgang einer Sachanlagekomponente sind die Restbuchwerte auszubuchen und die Anschaffungskosten der neuen Komponente anzusetzen. 95 Eine solche Atomisierung von Vermögenswerten gibt es im HGB nicht. Die deutsche Bilanzierungspraxis „ist durch die Rechtsprechung des BFH geprägt, die auf einen einheitlichen Funktionszusammenhang abstellt“. 96 Der Komponentenansatz kommt grundsätzlich seltener zur Anwendung, da die Voraussetzung wesentlicher Komponenten mit unterschiedlichen Nutzungsdauern nicht so häufig gegeben ist. Ein klassisches Anwendungsbeispiel ist ein Flugzeug, bei dem der Flugzeugrumpf und die Triebwerke als separate Komponenten betrachtet und abgeschrieben werden. Diese Methode ermöglicht eine genauere und realistischere Verteilung der Abschreibungen über die Nutzungsdauer der einzelnen Komponenten. Beispiel 8.1: Komponentenansatz Die Airline AG kauft am 02.01 des Geschäftsjahres 01 ein Mittelstreckenflugzeug mit Anschaffungskosten von 30 Mio. €. Die Anschaffungskosten der Flugzeugkomponenten setzen sich wie folgt zusammen: Flugzeugrumpf: 12 Mio. €, Turbinen: 6 Mio. €, Steuerung: 4 Mio. €, Bordküche und Businessbereich: 2 Mio. €; Sitze und Innenausstattung: 2 Mio. €; Rest: 4 Mio. €. Der Flugzeugrumpf ist alle 30 Jahre zu ersetzen, die Steuerung alle 5 Jahre, die Turbinen alle 15 Jahre, die Sitze und die Innenausstattung alle 10 Jahre, die Bordküche und der Businessbereich alle 8 Jahre, der Rest kann ohne Modernisierungsmaßnahmen 30 Jahre genutzt werden. Zum 31.12.01 ergeben sich folgende Restbuchwerte: Flugzeugrumpf: 11,6 Mio. €, Turbinen: 5,6 Mio. €, Steuerung: 3,2 Mio. €, Bordküche und Businessbereich: 1,75 Mio. €, Sitze und Innenausstattung: 1,8 Mio. €, Rest: 3,867 Mio. €. Der fortgeführte Buchwert der einzelnen Komponenten beträgt 27,817 Mio. €. Ohne die Bewertung nach der Komponentenmethode würde der Restbuchwert im Jahr 01 bei einer Nutzungsdauer von 30 Jahren: Ermittlung des Restbuchwertes (RBW) des Jahres 01 = 30 Mio. € - 30 Mio. € 30 Jahre = 29 Mio. € betragen. Ende Dezember 03 kommt es aufgrund eines Kabelbrandes zu einem Totalausfall der gesamten Steuerung. Der Restbuchwert der Steuerung zum 31.12.03 beträgt 1,6 Mio. €. Aufgrund dieses Ereignisses ist die alte Steuerung gemäß IAS 16.67 auszubuchen. Buchungssatz der Ausbuchung: außerplanmäßige Abschreibung 1,6 Mio. € an Steuerung 1,6 Mio. € 95 Vgl. Gebhardt, R., Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 74. 96 Thommen J. et al.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, 2023, S. 176. <?page no="98"?> 98 Schritt 8: Sachanlagen Die neue Steuerung kostet 5 Mio. € zzgl. 19 % USt und wird sofort per Banküberweisung bezahlt und anschließend über fünf Jahre abgeschrieben. Buchungssatz: Steuerung 5,00 Mio. € Vorsteuer 0,95 Mio. € an Bank 5,95 Mio. € Ohne den Komponentenansatz wären die 5 Mio. € sofort als Instandhaltungsaufwand zu erfassen, wenn die neue Steuerung den Zustand des Flugzeugs nicht über das ursprüngliche Niveau hinaus verbessert. Impairment-Test - Wertminderungstest Zusätzlich ist nach den IFRS am Ende jeder Berichtsperiode zu prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) gemäß IAS 36 vorliegen. Zu diesem Zweck wird ein Impairment-Test durchgeführt. Der Ablauf des Impairment-Tests ist in Kapitel 6.2.1 beschrieben. Beispiel 8.2: Impairment-Test Die IMTB AG besitzt ein Patent zur Herstellung von Balkon-Solarmodulen. Der Buchwert zum 31.12.02 (nach planmäßiger Abschreibung) beträgt 300.000 €. Aufgrund eines Gutachtens könnte für das Patent ein Veräußerungspreis in Höhe von 245.000 € erzielt werden. Zusätzlich würden Veräußerungskosten in Höhe von 2.000 € anfallen. Bei weiterer Nutzung des Patents im Unternehmen würden in den nächsten drei Jahren Cashflows (= Einzahlungsüberschüsse) in Höhe von jeweils 95.000 € pro Jahr erwirtschaftet. Der Diskontierungszinssatz (i) beträgt 8 % p. a. Berechnung des beizulegenden Zeitwerts abzüglich Veräußerungskosten: Der beizulegende Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten beträgt: 245.000 € - 2.000 € = 243.000 € . Zur Ermittlung des erzielbaren Betrags ist der Nutzungswert zu bestimmen. Berechnung des Nutzungswertes: Variante1: Berechnung des Nutzungswertes mit dem Abzinsungsfaktor = 1 (1 + i) n Nutzungswert = 95.000 € (1 + 0,08) 1 + 95.000 € (1 + 0,08) 2 + 95.000 € (1 + 0,08) 3 = Nutzungswert = 87.962,96 € + 81.447,19 € + 75.414,06 € = 244.824,21 € Variante 2: Berechnung des Nutzungswertes mit dem Rentenbarwertfaktor = (1 + i) n − 1 (1 + i) n x i , da die Cashflows (= Einzahlungsüberschüsse) in jeder Periode gleich groß sind. Nutzungswert = 95.000 € × (1 + 0,08) 3 − 1 (1 + 0,08) 3 𝑥𝑥 0,08 = 244.824,21 € Der Nutzungswert stellt den erzielbaren Betrag dar, da der höhere Wert anzusetzen ist. Es ist eine Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) in Höhe von 55.175,79 € vorzunehmen. <?page no="99"?> 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen 99 Buchungssatz am 31.12.02: außerplanmäßige Abschreibung 55.175,79 € an Patent 55.175,79 € Fällt der ursprüngliche Grund für eine Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) zu einem späteren Zeitpunkt weg, besteht ein Wertaufholungsgebot (= Zuschreibungsgebot). Die Obergrenze für die Zuschreibung bilden die fiktiven fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wie sie sich zum Bilanzstichtag unter Zugrundelegung des ursprünglichen Abschreibungsplans ergeben hätten. 8.2.2 Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell Im Gegensatz zum Anschaffungskostenmodell erlaubt das Neubewertungsmodell einen Wertansatz über den ursprünglich aktivierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. 97 Hierbei erfolgt die Bilanzierung der Sachanlagen zu einem Neubewertungsbetrag, der dem beizulegenden Zeitwert zum Zeitpunkt der Neubewertung abzüglich nachfolgender kumulierter planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibungen entspricht. Der beizulegende Zeitwert entspricht dem Preis, der am Bewertungsstichtag auf einem aktiven Markt in einer Transaktion zwischen Marktteilnehmern ermittelt wird. Das Wahlrecht zwischen den beiden Modellen unterscheidet sich grundlegend vom deutschen Handelsrecht. Nach HGB können Vermögensgegenstände nur nach dem Anschaffungskostenmodell und nicht nach dem Neubewertungsmodell bewertet werden. Die Anwendung des Neubewertungsmodells nach IFRS ist gemäß IAS 16.31 nur zulässig, wenn der beizulegende Zeitwert verlässlich ermittelt werden kann und ein aktiver Markt besteht. Ein aktiver Markt liegt vor: wenn Transaktionen mit einem Vermögenswert in ausreichender Häufigkeit und Umfang stattfinden, und Preisinformationen regelmäßig zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Vermögenswert des Sachanlagevermögens neu bewertet, so ist nach IAS 16.36 die gesamte Gruppe der Sachanlagen (z. B. Grundstücke und Gebäude, Maschinen, Schiffe, Büroausstattung etc.), zu der der Vermögenswert gehört, neu zu bewerten. Neubewertungen sind grundsätzlich jährlich vorzunehmen, wenn der beizulegende Zeitwert in Relation zum jeweiligen Buchwert starken Schwankungen unterliegt. Bei geringfügigen Schwankungen ist eine Überprüfung alle drei bis fünf Jahre ausreichend (IAS 16.34). Die Neubewertung von Vermögenswerten kann grundsätzlich zu einer Erhöhung oder Verminderung des Buchwerts führen: Erhöhung des Buchwerts: Eine zwischenzeitliche Wertsteigerung des Vermögenswerts (positiver Unterschiedsbetrag zwischen dem aktuellen Buchwert und dem beizulegenden Zeitwert) ist grundsätzlich erfolgsneutral im „Sonstigen Ergebnis“ (OCI) zu erfassen und im Eigenkapital in Form einer Neubewertungsrücklage darzustellen. Ausnahmsweise ist der positive Unterschiedsbetrag erfolgswirksam zuzuschreiben, wenn eine in Vorperioden erfolgswirksam erfasste Wertminderung desselben Vermögenswerts aufgrund der Neubewertung rückgängig gemacht wird. Die Werterhöhung in der laufenden Periode ist dann in Höhe des entsprechenden Teils der außerplanmäßigen Abschreibung erfolgswirksam zu erfassen. Nur der verblei- 97 Vgl. Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2021, S. 181 ff. <?page no="100"?> 100 Schritt 8: Sachanlagen bende Betrag ist erfolgsneutral in der Neubewertungsrücklage zu erfassen. Verminderung des Buchwerts: Wertminderungen sind direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung als außerplanmäßige Abschreibung aufwandswirksam zu erfassen. In der Neubewertungsrücklage erfolgsneutral erfasste Wertaufholungen aus Vorperioden sind vor der erfolgswirksamen Erfassung einer außerplanmäßigen Abschreibung in der Folgeperiode zunächst aufzulösen (IAS 16.39). 98 Vorgehensweise bei der Folgebewertung im Neubewertungsmodell: Falls eine Neubewertungsrücklage schon besteht, führt eine weitere Werterhöhung zu einer Aufstockung der Neubewertungsrücklage. Eine Werterhöhung bei vorheriger erfolgswirksamer Abwertung in der GuV, führt zu einer (erfolgswirksamen) Wertaufholung der bisherigen Wertminderung, ein übersteigender Betrag wird in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Eine Wertminderung ohne eine zuvor gebildete Neubewertungsrücklage führt immer zu einer erfolgswirksamen Erfassung der Wertminderung in der Gewinn- und Verlustrechnung. Wertminderung mit bestehender, zuvor gebildeter Neubewertungsrücklage: vorrangige Auflösung der Neubewertungsrücklage; ein übersteigender Betrag wird erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Vorgehensweise bei der Folgebewertung im Neubewertungsmodell zum Zeitpunkt der Neubewertung. Abb. 8.1: Vorgehensweise bei der Folgebewertung nach dem Neubewertungsmodell Nach IAS 16.41 hat ein Unternehmen das Wahlrecht, die Neubewertungsrücklage entweder bis zum Abgang des Vermögenswerts zu belassen oder die Rücklage in Höhe der Abschreibungsdifferenz zwischen der Abschreibung auf den neu bewerteten Buchwert und der Abschreibung auf die 98 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 76 f. <?page no="101"?> 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen 101 historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgsneutral von der Neubewertungsrücklage in die Gewinnrücklagen umzugliedern. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Behandlung der Neubewertungsrücklage. Abb. 8.2: Behandlung der Neubewertungsrücklage 99 Fallbeispiel: Neubewertungsmodell mit und ohne latente Steuern Ein Unternehmen kauft am 10.01.01 ein Horizontalbearbeitungszentrum für 360.000 € (= AK) zzgl. 19 % USt und bezahlt dieses sofort per Banküberweisung. Die Maschine wird über ihre wirtschaftliche Nutzungsdauer von sechs Jahren linear abgeschrieben. Der Ertragssteuersatz des Unternehmens beträgt 30 %. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der fiktiven fortgeführten Anschaffungskosten und der fiktiven planmäßigen Abschreibungen und der beizulegenden Zeitwerte. Bei den beizulegenden Zeitwerten handelt es sich um temporäre Wertänderungen . 31.12. 01 02 03 04 05 06 �iktive fortgefü hrte Anschaffungskosten 300.000 € 240.000 € 180.000 € 120.000 € 60.000 € 0 € �iktive planmä ßige Abschreibungen 60.000 € 60.000 € 60.000 € 60.000 € 60.000 € 60.000 € beizulegender Zeitwert (Fair Value) 300.000 € 264.000 € 225.000 € 108.000 € 80.000 € 0 € Buchungssatz am 10.01.01: (ohne latente Steuern und mit latenten Steuern) Maschine Vorsteuer 360.000 € 68.400 € an Bank 428.400 € 99 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 406. <?page no="102"?> 102 Schritt 8: Sachanlagen Buchungssatz am 31.12.01: (ohne latente Steuern und mit latenten Steuern) planmäßige Abschreibung 60.000 € an Maschine 60.000 € (Abschreibungsbetrag pro Jahr = Anschaffungskosten Nutzungsdauer = 360.000 € 6 Jahre = 60.000 €/ Jahr) Die Maschine ist zum Buchwert anzusetzen, da der beizulegende Zeitwert gleich dem Buchwert ist. Im Jahr 01 fallen keine latenten Steuern an, da die Buchwerte in der IFRS-Bilanz und in der Steuerbilanz identisch sind. Buchungssätze am 31.12.02: (ohne latente Steuern) planmäßige Abschreibung 60.000 € an Maschine 60.000 € Maschine 24.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 24.000 € Die Maschine ist zum beizulegenden Zeitwert anzusetzen, d. h. die Differenz zwischen dem beizulegenden Zeitwert (264.000 €) und den fortgeführten historischen Anschaffungskosten (240.000 €) ist erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage innerhalb des Eigenkapitals einzustellen. Das sonstige Ergebnis wird gemäß IAS 16.39 durch eine Schlussbuchung als Neubewertungsrücklage im Eigenkapital erfasst. Buchungssätze am 31.12.02: (mit latenten Steuern) planmäßige Abschreibung 60.000 € an Maschine 60.000 € Maschine 24.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 16.800 € an passive latente Steuern 7.200 € Auf den Bewertungsunterschied zwischen IFRS-Bilanz (264.000 €) und Steuerbilanz (240.000 €) sind erfolgsneutral passive latente Steuern in Höhe von 7.200 € (24.000 € x 0,3 = 7.200 €) zu bilden. Buchungssätze am 31.12.03: (ohne latente Steuern) In den Folgeperioden ist die Maschine auf Basis des Neubewertungsbetrages über die Restnutzungsdauer abzuschreiben. (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 264.000 € 4 Jahre = 66.000 €/ Jahr) Die gebildete Neubewertungsrücklage kann anteilig aufgelöst und erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgebucht werden. Der Umbuchungsbetrag entspricht der Differenz zwischen dem neuen Abschreibungsbetrag (66.000 €/ Jahr) und dem alten (auf Basis der historischen Anschaffungskosten ermittelten) Abschreibungsbetrag (60.000 €/ Jahr). planmäßige Abschreibung 66.000 € an Maschine 66.000 € Neubewertungsrücklage 6.000 € an Gewinnrücklagen 6.000 € <?page no="103"?> 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen 103 Nach der planmäßigen Abschreibung (66.000 €) ergibt sich ein vorläufiger Restbuchwert in Höhe von 198.000 € (264.000 € - 66.000 €). In der Bilanz ist jedoch der beizulegende Zeitwert von 225.000 € anzusetzen, d. h., die Maschine ist um 27.000 € aufzuwerten. Maschine 27.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 27.000 € Buchungssätze am 31.12.03: (mit latenten Steuern) Die gebildeten passiven latenten Steuern sind nach allgemeiner Auffassung zeitanteilig mit der Abschreibung erfolgswirksam aufzulösen. Die planmäßigen Abschreibungen in der IFRS-Bilanz (66.000 €/ Jahr) übersteigen die planmäßigen Abschreibungen in der Steuerbilanz (60.000 €/ Jahr). Dies führt zu einer teilweisen erfolgswirksamen Auflösung der latenten Steuern, d. h. die entsprechenden latenten Steuern sind erfolgswirksam aufzulösen (6.000 € x 0,3) bzw. (7.200 €/ Jahr : 4 Jahre = 1.800 €). passive latente Steuern 1.800 € an Steuerertrag 1.800 € Der Wertansatz der Maschine ist gegenüber dem Vorjahr um 27.000 € zu erhöhen. Die Werterhöhung erfolgt erfolgsneutral unter Berücksichtigung passiver latenter Steuern (27.000 € x 0,3 = 8.100 €). Maschine 27.000 € an an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) passive latente Steuern 18.900 € 8.100 € Buchungssätze am 31.12.04: (ohne latente Steuern) Die Maschine ist in den Folgeperioden auf der Basis des Neubewertungsbetrages über die Restnutzungsdauer abzuschreiben. (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 225.000 € 3 Jahre = 75.000 €/ Jahr) Die gebildete Neubewertungsrücklage kann anteilig aufgelöst und erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgebucht werden. Der Umbuchungsbetrag entspricht der Differenz zwischen dem neuen Abschreibungsbetrag (75.000 €/ Jahr) und dem alten (auf Basis der historischen Anschaffungskosten ermittelten) Abschreibungsbetrag (60.000 €/ Jahr). planmäßige Abschreibung 75.000 € an Maschine 75.000 € Neubewertungsrücklage 15.000 € an Gewinnrücklagen 15.000 € Aufgrund des gesunkenen beizulegenden Zeitwertes der Maschine (108.000 €) ist der bisherige Buchwert (150.000 €) um 42.000 € außerplanmäßig abzuschreiben. Dazu ist zunächst die Neubewertungsrücklage in Höhe von 30.000 € (= 24.000 € + 27.000 € - 6.000 € - 15.000 €) erfolgsneutral aufzulösen. Der verbleibende Abwertungsbedarf in Höhe von 12.000 € (= 150.000 € - 108.000 € - 30.000 €) ist erfolgswirksam außerplanmäßig abzuschreiben. Neubewertungsrücklage außerplanm. Abschreibung 30.000 € 12.000 € an Maschine 42.000 € <?page no="104"?> 104 Schritt 8: Sachanlagen Buchungssätze am 31.12.04: (mit latenten Steuern) Die vorhandene Neubewertungsrücklage kann anteilig erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgebucht werden (31.500 € : 3 = 10.500 €). Die passiven latenten Steuern (13.500 € : 3 = 4.500 €) sind nach herrschender Meinung erfolgswirksam aufzulösen, um die Ertragslage des Unternehmens zutreffend darzustellen. planmäßige Abschreibung 75.000 € an Maschine 75.000 € Neubewertungsrücklage 10.500 € an Gewinnrücklagen 10.500 € passive latente Steuern 4.500 € an Steuerertrag 4.500 € Aufgrund des gesunkenen beizulegenden Zeitwertes der Maschine (108.000 €) ist der bisherige Buchwert (150.000 €) um 42.000 € außerplanmäßig abzuschreiben. Dazu ist zunächst die Neubewertungsrücklage in Höhe von 21.000 € (= 16.800 € + 18.900 € - 4.200 € - 10.500 €) erfolgsneutral aufzulösen. Desweiteren sind die verbleibenden passiven latenten Steuern in Höhe von 9.000 € (= 7.200 € + 8.100 € - 1.800 € - 4.500 €) erfolgsneutral aufzulösen. Der verbleibende Abwertungsbedarf in Höhe von 12.000 € (= 150.000 € - 108.000 € - 21.000 € - 9.000 €) ist erfolgswirksam außerplanmäßig abzuschreiben. Neubewertungsrücklage passive latente Steuern außerplanm. Abschreibung 21.000 € 9.000 € 12.000 € an Maschine 42.000 € Neben dem Wertminderungsaufwand (außerplanmäßige Abschreibung) sind die zugehörigen aktiven latenten Steuern (bezogen auf die Bewertungsdifferenz) (12.000 € x 0,3 = 3.600 €) erfolgswirksam zu erfassen. aktive latente Steuern 3.600 € an Steuerertrag 3.600 € Buchungssätze am 31.12.05: (ohne latente Steuern) Zunächst ist die planmäßige Abschreibung über die Restnutzungsdauer von zwei Jahren zu ermitteln: (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 108.000 € 2 Jahre = 54.000 €/ Jahr) planmäßige Abschreibung 54.000 € an Maschine 54.000 € Der beizulegende Zeitwert beträgt 80.000 €, der Restbuchwert jedoch 54.000 €, d. h. es erfolgt eine Zuschreibung (Werterhöhung) in Höhe von 26.000 €. Die Differenz zwischen dem Restbuchwert (= 54.000 €) und den fiktiven fortgeführten historischen Anschaffungskosten (= 60.000 €) in Höhe von 6.000 € ist erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Der verbleibende Restbetrag (20.000 €) wird erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Maschine 26.000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 6.000 € 20.000 € Buchungssätze am 31.12.05: (mit latenten Steuern) planmäßige Abschreibung 54.000 € an Maschine 54.000 € <?page no="105"?> 8.2 Folgebewertung von Sachanlagen 105 Die Differenz zwischen dem Buchwert (54.000 €) und den fortgeführten historischen Anschaffungskosten (60.000 €) in Höhe von 6.000 € ist erfolgswirksam als Zuschreibung zu erfassen. Der verbleibende Restbetrag (20.000 €) ist erfolgsneutral zu erfassen. Maschine 26.000 € an an an sonstiger betrieblicher Ertrag Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) passive latente Steuern 6.000 € 14.000 € 6.000 € In der Vorperiode war der Wertansatz der Maschine in der Steuerbilanz um 12.000 € höher als in der IFRS-Bilanz. Dies ist nun nicht mehr der Fall, d.h. die bisher erfolgserhöhend gebildeten aktiven latenten Steuern (3.600 €) sind erfolgsmindernd aufzulösen. Steueraufwand 3.600 € an aktive latente Steuern 54.000 € Buchungssätze am 31.12.06: (ohne latente Steuern) Die Maschine wird planmäßig auf 0 € abgeschrieben und die Neubewertungsrücklage in Höhe von 20.000 € wird innerhalb des Eigenkapitals in die Gewinnrücklagen umgegliedert. planmäßige Abschreibung 80.000 € an Maschine 80.000 € Neubewertungsrücklage 20.000 € an Gewinnrücklagen 20.000 € Buchungssätze am 31.12.06: (mit latenten Steuern) Zum 31.12.06 wird die Maschine vollständig planmäßig auf 0 € abgeschrieben und die 14.000 € aus der Neubewertungsrücklage erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgebucht. Die in der Vorperiode erfolgsneutral gebildeten passiven latenten Steuern werden erfolgswirksam aufgelöst. Es bestand eine Steuerlatenz aufgrund einer höheren Abschreibung in der IFRS-Bilanz (80.000 €) gegenüber der Steuerbilanz (60.000 €), die erfolgswirksam aufgelöst wird. planmäßige Abschreibung 80.000 € an Maschine 80.000 € Neubewertungsrücklage 14.000 € an Gewinnrücklagen 14.000 € passive latente Steuern 6.000 € an Steuerertrag 6.000 € Zusammenfassung des Fallbeispiels: Neubewertungsmodel mit latenten Steuern Die folgende Tabelle des zeigt die Entwicklung der fortgeführten Anschaffungskosten, der Buchwerte, der beizulegenden Zeitwerte, der planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen sowie der Neubewertungsrücklage und der Gewinnrücklagen. <?page no="106"?> 106 Schritt 8: Sachanlagen 31.12. (alle Angaben in €) 01 02 03 04 05 06 Buchwerte Steuerbilanz zum 31.12. 300.000 240.000 180.000 120.000 60.000 0 vorlä u�iger Buchwert am 01.01. 360.000 300.000 264.000 225.000 108.000 80.000 Restbuchwert 31.12. 300.000 240.000 198.000 150.000 54.000 0 beizulegender Zeitwert 264.000 225.000 108.000 80.000 0 planmä ßige Abschreibungen 60.000 60.000 66.000 75.000 54.000 80.000 Zufü hrung Neubewertungsrü cklage 16.800 18.900 14.000 Umbuchung in die Gewinnrü cklagen 4.200 10.500 14.000 Au�lö sung Neubewertungsrü cklage 4.200 31.500 14.000 außerplanmä ßige Abschreibungen 12.000 Zuschreibungen 6.000 Au�lö sung passive latente Steuern 1.800 13.500 6.000 Buchwert passive latente Steuern 7.200 13.500 0 6.000 0 Au�lö sung aktive latente Steuern 3.600 Buchwert aktive latente Steuern 3.600 0 0 Steueraufwand 3.600 Steuerertrag 1.800 8.100 6.000 Merke: Neubewertungsmodell mit latenten Steuern Bei einer vorübergehenden Wertminderung wird nach IFRS eine „außerplanmäßige Abschreibung“ vorgenommen, während in der Steuerbilanz keine außerplanmäßigen Abschreibungen auf das Anlagevermögen vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass in der IFRS-Bilanz aktive latente Steuern zu bilden sind. Bei einer dauerhaften Wertminderung wird sowohl in der IFRS-Bilanz als auch in der Steuerbilanz eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen. Dies bedeutet, dass keine latenten Steuern zu bilden sind. Aufgaben und Lösungen zu : • Ermittlung der Anschaffungskosten • Neubewertungsmodell ohne latente Steuern finden Sie online. <?page no="107"?> Schritt 9: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Lernziele Ziel ist es, den Lernenden ein umfassendes Verständnis der Erstbewertung und Folgebewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien zu vermitteln und sie in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Rechnungslegungsstandards korrekt anzuwenden, um die finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen beurteilen zu können. [1] Vermittlung der grundlegenden Definition und Klassifizierung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien sowie der Unterscheidung zwischen eigengenutzten und als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien. [2] Vermittlung der Grundsätze und Methoden der Erstbewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien. [3] Folgebewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, d. h. Vergleich zwischen dem Modell des beizulegenden Zeitwerts und dem Anschaffungskostenmodell. [4] Erkennen der Unterschiede und Auswirkungen der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert im Vergleich zum Anschaffungskostenmodell. Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien sind nach IFRS gemäß IAS 40 Anlageimmobilien, die zur Erzielung von Mieteinnahmen und/ oder zum Zwecke der Wertsteigerung gehalten werden. 100 Dabei kann es sich um: Grundstücke und/ oder Gebäude, die vom Eigentümer zur Erzielung von Mieteinnahmen und/ oder zum Zwecke der Wertsteigerung gehalten werden. Grundstücke, die für eine noch unbestimmte zukünftige Nutzung gehalten werden. Gebäude, die vom Unternehmen im Rahmen eines Finanzierungsleasingverhältnisses gehalten oder geleast und im Rahmen eines Operating-Leasing-Verhältnisses vermietet werden. Leerstehende Gebäude, die zur Vermietung im Rahmen eines Operating-Leasing-Verhältnisses gehalten werden. Immobilien, die für die zukünftige Nutzung als Finanzinvestition erstellt oder entwickelt werden. handeln. 9.1 Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze Nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften des IFRS-Rahmenkonzepts sind als Finanzinvestition gehaltene Immobilien nur dann zu aktivieren, wenn ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen wahrscheinlich ist und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilie zuverlässig bemessen werden können. 101 Darüber hinaus sind gemäß IAS 40.17 alle mit den Immobilien in Zusammenhang stehenden Anschaffungs- oder Herstellungsko- 100 Vgl. Jödicke, D.: EU-IFRS_2021, 2021, S. 480. 101 Vgl. IAS 40.16. <?page no="108"?> 108 Schritt 9: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien sten, Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen, Kosten für die Wiederherstellung von Teilen der Immobilien sowie Instandhaltungskosten zum Zeitpunkt ihres Anfalls zu bewerten. 9.1.1 Erstbewertung Die Erstbewertung der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien erfolgt, wie anfangs beschrieben, zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wobei sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Immobilien aus dem Anschaffungspreis, den Anschaffungsnebenkosten sowie den nachträglichen Anschaffungskosten zusammensetzen. Umgekehrt sind Anschaffungspreisminderungen (z. B. Rabatte oder Skonti) von den Anschaffungskosten der Immobilien abzuziehen. Zu den Anschaffungsnebenkosten, die zusätzlich zum Anschaffungspreis anfallen, um die Immobilie in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, zählen unter anderem Transaktionskosten wie Notargebühren, Maklergebühren und Vermittlungshonorare, Rechtsberatungskosten sowie die Grunderwerbsteuer. Herstellungskosten fallen an, wenn eine Immobilie selbst erstellt wird. Sie werden in IAS 40 nicht weiter definiert. Bestandteile der Herstellungskosten finden sich in den Vorräten (IAS 2.12 ff.). Nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien gehören hingegen gemäß IAS 40.23 Anlaufkosten, anfängliche Betriebsverluste sowie ungewöhnlich hohe Material-, Personal- und Sachgemeinkosten, die während der Herstellung der Immobilie angefallen sind. 102 9.1.2 Folgebewertung Für die Folgebewertung besteht gemäß IAS 40.30 ein Wahlrecht zwischen dem Anschaffungskostenmodell (cost model) und dem Modell des beizulegenden Zeitwerts (fair value model). Unabhängig davon, welches Modell gewählt wird, ist dieses einheitlich auf alle Investment Properties anzuwenden. Es ist daher nicht möglich, einen Teil der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien nach dem Anschaffungskostenmodell und den anderen Teil nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts zu bewerten. Wurde das Anschaffungskostenmodell gewählt, ist nach IAS 8 (Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler) ein späterer Wechsel zum Modell des beizulegenden Zeitwerts zulässig, wenn dies zu einer den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führt. Dies gilt jedoch nicht für den umgekehrten Fall, da die Standardsetter das Modell des beizulegenden Zeitwerts als relevanter und sachgerechter ansehen. Der beizulegende Zeitwert ist jedoch bei beiden Modellen zu ermitteln. Bei der Wahl des Anschaffungskostenmodells ist dies im Anhang anzugeben. Das Wahlrecht und das Stetigkeitsgebot hinsichtlich der Bewertungsmethode gelten auch für alle Investment Properties innerhalb eines Konzerns und für im Bau befindliche Immobilien. Bei der Wahl des Anschaffungskostenmodells erfolgt die Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Gebäude zählen zu den abnutzbaren Vermögenswerten und werden über ihre gesamte Nutzungsdauer planmäßig abgeschrieben und zu jedem Bilanzstichtag auf eine mögliche Wertminderung überprüft. Bei Vorliegen einer Wertminderung nach IAS 36 ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. Bei nicht abnutzbaren Vermögenswerten, hier Grundstücke, werden die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten beibehalten und nicht planmäßig abgeschrieben. Außerplanmäßige Abschreibungen sind nur bei Vorliegen einer Wertminderung vorzunehmen. Nach einer außerplanmäßigen Abschreibung kann zu einem späteren Zeitpunkt bei Wegfall des Grundes für die außerplanmäßige Abschreibung eine Zuschrei- 102 Vgl. IAS 40.23. <?page no="109"?> 9.1 Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze 109 bung auf die ursprünglichen AK/ HK (bei nicht abnutzbaren Vermögenswerten) bzw. auf die fiktiv fortgeführten AK/ HK (bei abnutzbaren Vermögenswerten) erfolgen. 103 Entfällt in Folgejahren der Grund für die Wertminderung, erfolgt eine erfolgswirksame Wertaufholung bzw. Zuschreibung. Für den neuen Betrag ist die Abschreibung über die Restnutzungsdauer neu zu berechnen. Bei der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten ist zusätzlich der beizulegende Zeitwert der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien im Anhang anzugeben. Dies führt zu einem höheren Aufwand bei der Erstellung des IFRS-Abschlusses. 9.1.3 Folgebewertung nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts Bei der Wahl des Modells des beizulegenden Zeitwerts ist der beizulegende Zeitwert regelmäßig zu ermitteln. Ändert sich der beizulegende Zeitwert im Zeitablauf, werden die Unterschiedsbeträge gemäß IAS 40.35 in der Periode, in der sie entstehen, erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Planmäßige Abschreibungen auf die als Finanzinvestition gehaltene Immobilien entfallen, da der beizulegende Zeitwert zu jedem Bilanzstichtag neu ermittelt wird. 104 Beispiel 9.1: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilie (Investment Property) Die IMTB AG erwirbt am 10.01.01 eine Immobilie zu einem Kaufpreis von 19 Mio. €. Hinzu kommen Beratungskosten, Notargebühren und Grunderwerbsteuer in Höhe von 3 Mio. €. Die Immobilie soll zukünftig vermietet werden. Die IMTB AG wendet für ihre Investment Property das Modell des beizulegenden Zeitwerts an, die aufgrund des Stetigkeitsprinzips auch für die neue Immobilie gilt. Am 30.11.04 wird die Immobilie für 28 Mio. € verkauft. Umsatzsteuer wird nicht berücksichtigt. Ein Gutachter hat zum jeweiligen Bilanzstichtag folgende beizulegenden Zeitwerte ermittelt: 31.12.01 31.12.02 31.12.03 beizulegender Zeitwert 24 Mio. € 20 Mio. € 22 Mio. € Bewertung der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien (Investment Property) nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts. Bewertung der Investment Property mit dem Modell des beizulegenden Zeitwerts Buchungssatz am 10.01.01: Investment Property 22 Mio. € an Bank 22 Mio. € Buchungssatz am 31.12.01: Investment Property 2 Mio. € an Finanzerträge 2 Mio. € Buchungssatz am 31.12.02: Finanzaufwendungen 4 Mio. € an Investment Property 4 Mio. € Buchungssatz am 31.12.03: 103 Vgl. Müller, S. u.Saile, P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2018, S. 120 f.; S. 42. 104 Vgl. Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2024, S. 185 f. <?page no="110"?> 110 Schritt 9: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Investment Property 2 Mio. € an Finanzerträge 2 Mio. € Buchungssatz am 30.11.04: Bank 28 Mio. € an Investment Property 22 Mio. € an Finanzerträge 6 Mio. € Hätte die IMTB AG das Anschaffungskostenmodell gewählt, wäre die Immobilie - bei einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 40 Jahren und der linearen Abschreibungsmethode - planmäßig abzuschreiben. Die jährliche planmäßige Abschreibung würde 550.000 €/ Jahr (22 Mio. € : 40 Jahre) betragen. Die fiktiven fortgeführten Anschaffungskosten würden Ende 01 bei 21.450.000 €, Ende 02 bei 20.900.000 €, Ende 03 bei 20.350.000 € und Ende 04 bei 19.800.000 € liegen. Der beizulegende Zeitwert wäre für jede Periode im Anhang anzugeben. Zu jedem Bilanzstichtag wäre der Buchwert auf Wertminderung bzw. Wertaufholung zu prüfen. Nach einer erfolgten Wertminderung (= außerplanmäßige Abschreibung) oder einer Wertaufholung (= Zuschreibung), ist der Abschreibungsbetrag über die Restnutzungsdauer neu zu ermitteln. Bewertung der Investment Property nach dem Anschaffungskostenmodell Buchungssatz am 10.01.01: Investment Property 22 Mio. € an Bank 22 Mio. € Die Folgebewertung erfolgt zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Wertminderungen oder Wertaufholungen. Buchungssatz am 31.12.01: Abschreibung 550.000 € an Investment Property 550.000 € Buchungssatz am 31.12.02: Abschreibung 550.000 € an außerplanm. Abschreibung 900.000 € an Investment Property 1.450.000 € Buchungssatz am 31.12.03: Abschreibung 526.316 € an Investment Property 526.316 € Investment Property 876.316 € an sonst. betriebl. Ertrag 876.316 € (neuer Abschreibungsbetrag pro Jahr = Restbuchwert Restnutzungsdauer = 20.000.000 € 38 Jahre = 526.316 €/ Jahr) Buchungssatz am 30.11.04: Abschreibung 550.000 € an Investment Property 550.000 € Bank 28.000.000 € an Investment Property 19.800.000 € an sonst. betriebl. Ertrag 8.200.000 € Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass bei einer Bewertung nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts die Investment Property insgesamt höher bewertet werden und Wertsteigerungen <?page no="111"?> 9.1 Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze 111 bzw. Wertminderungen in voller Höhe erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden. Beim Anschaffungskostenmodell hingegen dürfen Wertsteigerungen maximal bis zur Höhe der fiktiven fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfasst werden. Dies führt zu einem niedrigeren Buchwert in der Bilanz. Die sonstigen betrieblichen Erträge beim Verkauf der Investment Property sind beim Anschaffungskostenmodell höher als die Finanzerträge beim Modell des beizulegenden Zeitwerts, da die Investment Property beim Anschaffungskostenmodell niedriger bewertet werden. Beim Anschaffungskostenmodell dürfen keine unrealisierten Gewinne aus Bewertungsmaßnahmen ausgewiesen werden, zudem mindern planmäßige Abschreibungen den Buchwert der Immobilie. Merke Im Gegensatz zur Anwendung des Neubewertungsmodells nach IAS 16 erfolgt die Bewertung der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien (Investment Property) nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Aufgaben und Lösungen zu : • Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (Investment Property) • Als Finanzinvestition gehaltene Immobilie mit latenten Steuern finden Sie online. <?page no="113"?> Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Lernziele Ziel ist es, dass die Lernenden ein umfassendes Verständnis von immateriellen Vermögenswerten und des Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwills) zu vermitteln und sie in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Rechnungslegungsstandards korrekt anzuwenden, um die finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen zu beurteilen. [1] Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten, d. h. Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von immateriellen Vermögenswerten, wie z. B. Patente, Marken, Urheberrechte, Software und Geschäfts- oder Firmenwert. [2] Erläuterung der Unterschiede zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten. [3] Vermittlung der Grundsätze und Methoden der Erstbewertung immaterieller Vermögenswerte. [4] Folgebewertung von immateriellen Vermögenswerten, d. h. Vergleich des Anschaffungskostenmodells und des Neubewertungsmodells. [5] Einführung in den Ansatz und die Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwertes bei Unternehmenszusammenschlüssen. Immaterielle Vermögenswerte gewinnen zunehmend an Bedeutung, da die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den letzten Jahren gestiegen sind. Darüber hinaus stellen derivative (entgeltlich erworbene) Geschäfts- oder Firmenwerte (Goodwill) infolge von Unternehmensübernahmen einen erheblichen Wert in den Konzernbilanzen dar. Immaterielle Vermögenswerte spielen in der modernen Wirtschaft eine immer größere Rolle. Dies liegt unter anderem daran, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Außerdem gewinnen im Rahmen von Unternehmenszukäufen derivative, d. h. entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte (Goodwill), zunehmend an Bedeutung und stellen einen erheblichen Wert in den Konzernbilanzen dar. Der Standard IAS 38 regelt, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein immaterieller Vermögenswert vorliegt, in welcher Höhe dieser anzusetzen ist und welche Angaben von den Unternehmen zu machen sind. 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten Ein immaterieller Vermögenswert ist nach IAS 38.8 definiert als ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz. 105 Beispiele hierfür sind Patente, Gebrauchsmuster, Rezepturen, ungeschützte Erfindungen, Know-how, Produktionsverfahren, Marken, vertragliche Wettbewerbsverbote, Kundenlisten, Webseiten und ähnliches. Immaterielle Vermögenswerte können auch durch Entwicklungsprozesse entstehen. 106 105 Pellens, B., Füllbier, R. U., Gassen, J., Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 362. 106 Vgl. Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2021, S. 58. <?page no="114"?> 114 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Gemäß IAS 38.10 liegt ein immaterieller Vermögenswert vor, wenn die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind: Identifizierbarkeit (IAS 38.11-12), Verfügungsmacht durch das bilanzierende Unternehmen (IAS 38.13-16), und ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen (IAS 38.17). 107 Die Identifizierbarkeit wird gemäß IAS 38.12 durch zwei Merkmale spezifiziert: 1. Separierbarkeit: Ein Vermögenswert gilt als separierbar, wenn er eigenständig oder in Verbindung mit einem anderen Vermögenswert verkauft, lizenziert, verpachtet oder getauscht werden kann, ohne das gesamte Unternehmen zu verpachten oder zu veräußern. 2. Vorhandensein von gesetzlichen oder vertraglichen Rechten: Rechtliche Unabhängigkeit, die durch Verträge oder gesetzliche Bestimmungen begründet ist, ist ein ausreichender Nachweis für die Identifizierbarkeit. Eine Verfügungsmacht liegt vor, wenn ein Unternehmen die Möglichkeit hat, über den künftigen wirtschaftlichen Nutzen zu verfügen und Dritten den Zugriff auf die Nutzung des immateriellen Vermögenswerts zu verwehren. Die Verfügungsmacht ergibt sich in der Regel aus durchsetzbaren Rechten (IAS 38.13). Zu beachten ist jedoch, dass ein Unternehmen keine Kontrolle über den künftigen wirtschaftlichen Nutzen des Know-hows seiner Mitarbeiter hat, da diese das Unternehmen verlassen können (IAS 38.15). Ebenso verhält es sich mit Kundenbeziehungen und Kundentreue (IAS 38.16). Der künftige wirtschaftliche Nutzen kann durch erwartete Minderausgaben oder Mehreinnahmen konkretisiert werden. Der künftige wirtschaftliche Nutzen umfasst Erlöse aus dem Verkauf von Dienstleistungen oder Produkten, Kosteneinsparungen oder weitere Vorteile durch den internen Nutzen im Unternehmen. Entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte sind mit ihren Anschaffungskosten zu aktivieren. Selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte sind dagegen zu aktivieren, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, dass mit der Nutzung ein zukünftiger wirtschaftlicher Vorteil verbunden ist und die Kosten des Vermögenswertes zuverlässig ermittelt werden können. Immaterielle Vermögenswerte des kurzfristigen Vermögens (Umlaufvermögen) sind nach IAS 2 (Vorräte) zu bilanzieren und zu bewerten. 10.1.1 Ansatz und Identifizierung immaterieller Vermögenswerte Ein immaterieller Vermögenswert ist gemäß IAS 38.21 zu aktivieren, wenn dessen Definition erfüllt ist. Zudem darf ein immaterieller Vermögenswert nur dann aktiviert werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuverlässig ermittelt werden können und dem Unternehmen ein erwartbarer und zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt. Die Erstbewertung eines immateriellen Vermögenswertes erfolgt gemäß IAS 38.24 zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Aktivierungsverbote bestehen gemäß IAS 38 für: selbst geschaffene (originärer) Geschäfts- oder Firmenwerte (= Goodwill) (IAS 38.48), selbst geschaffene Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und ähnliche Sachverhalte (IAS 38.63), Forschungsausgaben (IAS 38.54), Ausgaben für Gründungs- und Anlaufkosten des Geschäftsbetriebs (IAS 38.69a), 107 Pellens, B., Füllbier, R. U., Gassen, J., Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 363. <?page no="115"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 115 Ausgaben für Aus- und Weiterbildungsaktivitäten (IAS 38.69b), Ausgaben für Werbung und Verkaufsförderung (IAS 38.69c), Ausgaben für die Reorganisation oder Verlegung des Standorts eines Unternehmens (IAS 38.69d), und Ausgaben für immaterielle Posten, die in früheren Perioden als Aufwand erfasst wurden (IAS 38.71). 10.1.2 Abgrenzung der Forschungs- und Entwicklungsphase Durch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten können Unternehmen selbst immaterielle Vermögenswerte schaffen. Forschungs- und Entwicklungsprozesse werden in zwei Phasen unterteilt, für die unterschiedliche Bilanzierungsregeln gelten. Für die Bilanzierung ist daher eine klare Trennung der Forschungs- und Entwicklungsphase erforderlich. Forschung: Forschung bezeichnet die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen. Für Forschungsausgaben besteht ein Aktivierungsverbot. Sie sind zum Zeitpunkt ihrer Entstehung als Aufwand zu erfassen (IAS 38.54). Entwicklung: Die Entwicklung umfasst die Anwendung von Forschungsergebnissen oder anderem Wissen mit dem Ziel, Produkte, Materialien, Vorrichtungen, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen zu verbessern (IAS 38.57). Die Aktivierungspflicht für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte ist zu prüfen, wobei ein explizites Verbot die Aktivierungspflicht ausschließen kann. Die Aktivierung der Entwicklungskosten erfolgt in Höhe der Herstellungskosten, sofern die Kriterien gemäß IAS 38.57 erfüllt sind. Von entscheidender Relevanz ist die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem die Kriterien im Entwicklungsprozess erfüllt sind (IAS 38.51). Daher ist eine Aufteilung des Herstellungsprozesses in eine Forschungs- und eine Entwicklungsphase erforderlich (IAS 38.52). Können Forschungs- und Entwicklungskosten nicht eindeutig voneinander getrennt werden, ist eine Aktivierung unzulässig. In diesem Fall sind sämtliche Ausgaben gemäß IAS 38.53 als Forschungsaufwendungen erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu erfassen. 108 Beispiele für Forschungsaktivitäten sind: Auswahl und Suche nach Forschungsergebnissen, Aktivitäten zur Erlangung neuer Erkenntnisse, die Suche nach Alternativen für Produkte, Materialien, Verfahren, Dienstleistungen oder Systeme, sowie Entwurf, Formulierung, Abschätzung oder Auswahl von möglichen Alternativen für verbesserte oder neue Produkte, Materialien, Verfahren, Dienstleitungen oder Systeme. Ein im Entwicklungsprozess entstehender immaterieller Vermögenswert ist gemäß IAS 38.57 zu aktivieren, wenn die folgenden sechs Kriterien für die Aktivierung der Entwicklungskosten kumulativ erfüllt sind: Die technische und organisatorische Realisierbarkeit des immateriellen Vermögenswerts muss gegeben sein, so dass dieser zum Verkauf oder zur internen Nutzung zur Verfügung stehen wird. Es muss die Absicht bestehen, den Vermögenswert fertigzustellen und ihn zu nutzen oder zu verkaufen. Die Fähigkeit, den immateriellen Vermögenswert zu nutzen oder zu verkaufen. 108 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 105. <?page no="116"?> 116 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Ein nachweisbarer künftiger wirtschaftlicher Nutzen durch Verkauf oder Eigennutzung muss bestehen, beispielsweise durch das Bestehen eines Marktes. Es müssen adäquate technische, finanzielle und sonstige Ressourcen zur Fertigstellung und Nutzung oder Verkauf des immateriellen Vermögenswerts verfügbar sein. Eine verlässliche Bewertung der während der Entwicklung angefallenen Kosten ist ebenfalls erforderlich. 109 Erfüllt ein immaterieller Vermögenswert die Definition sowie die Ansatzkriterien nicht, ist eine Aktivierung nicht zulässig und eine Erfassung als Aufwand erforderlich. Eine nachträgliche Aktivierung ist gemäß IAS 38.71 nicht zulässig, auch wenn die Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt werden. Beispiel 10.1: Bilanzierungsentscheidung für immaterielle Vermögenswerte Die IMTB AG begann im Jahr 01 mit der Entwicklung eines Patents zur schonenden Reinigung von Couchbezügen. Das Patent wurde am 01.02.02 erteilt und ein Wertgutachten vom 23.03.02 bestätigt die Annahmen der IMTB AG, dass eine hohe Nachfrage besteht. Während der Entwicklung sind folgende Kosten angefallen: - 30.11.01: Forschungskosten in Höhe von 30.000 € - 31.01.02: Entwicklungskosten in Höhe von 20.000 € - 27.03.02: Entwicklungskosten in Höhe von 40.000 € Entscheidung zur Aktivierung: Forschungskosten: Diese dürfen grundsätzlich nicht aktiviert werden. Es besteht ein Aktivierungsverbot (IAS 38.54). Entwicklungskosten vom 31.01.02: Diese dürfen ebenfalls nicht angesetzt werden, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Voraussetzungen für das Vorliegen eines immateriellen Vermögenswertes erfüllt waren. Entwicklungskosten vom 27.03.02: Erst durch das Wertgutachten wird der Nutzen des Patents für das Unternehmen bestätigt. Somit dürfen nur diese Entwicklungskosten in Höhe von 40.000 € als immaterieller Vermögenswert aktiviert werden. Beispiel 10.2: Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungskosten nach IFRS Die „Auto AG“ hat im Jahr 01 über einen Zeitraum von zwölf Monaten nach Alternativen für einen Verbrennungsmotor geforscht. Dafür stand ein Budget von 9.000.000 € zur Verfügung. In der darauffolgenden Phase im Jahr 02, die etwa zwei Monate dauerte, wurde sowohl Forschung als auch Entwicklung betrieben, wobei die Kosten ca. 800.000 € betrugen. Die anschließenden zehn Monate waren geprägt von Entwurf, Konstruktion und Testen der neuen Autobatterie. Die Ausgaben beliefen sich auf 11,5 Mio. €. Der Produktionsstart der neuen Autobatterie ist für Mitte Januar des Jahres 03 geplant. Wie sind die Forschungs- und Entwicklungsausgaben zum Ende der Jahre 01 und 02 zu verbuchen? Jahr 01: vom 01.01.01 bis 31.12.01: Ausgaben für Forschung in Höhe von 9.000.000 € Nach IFRS besteht für Forschungsausgaben ein generelles Ansatzverbot (IAS 38.54). Die Forschungsausgaben sind daher als Aufwand zu erfassen. 109 Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 38. <?page no="117"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 117 Buchungssatz: Forschungsaufwand 9 Mio. € an diverse Aktiva/ Passiva 9 Mio. € Jahr 02: vom 01.01.02 bis zum 28.02.02: Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Höhe von 800.000 €. Da für den Zeitraum vom 01.01.02 bis 28.02.02 keine weiteren Informationen zur Aufteilung der Ausgaben auf die Forschungs- und Entwicklungsphasen vorliegen, ist eine zuverlässige Zuordnung der Ausgaben auf die einzelnen Phasen nicht möglich. Daher sind die gesamten Ausgaben in Höhe von 800.000 € als Forschungsausgaben zu betrachten. Buchungssatz: Forschungsaufwand 800.000 € an diverse Aktiva/ Passiva 800.000 € Jahr 02: vom 01.03.02 - 31.12.02: Die Entwicklungsausgaben beliefen sich auf 11,5 Mio. €. Für die Aktivierung dieser Entwicklungsausgaben müssen die in IAS 38.57 genannten sechs Kriterien erfüllt sein: - Technische Umsetzbarkeit der Fertigstellung der Autobatterie bis Ende des Jahres 02. - Die Auto AG beabsichtigt, ab dem Jahr 03 die neue Autobatterie in Serie zu produzieren und zu verkaufen. - Möglichkeit des Verkaufs der Autobatterie. - Nachweisbarer künftiger wirtschaftlicher Nutzen durch den Vertrieb und die Nachfrage nach der Autobatterie. - Abschluss der Entwicklung durch die Verfügbarkeit adäquater Ressourcen. - Verlässliche Ermittlung und Zuordnung der Kosten zur Entwicklungsphase. Da alle Kriterien erfüllt sind, müssen die 11,5 Mio. € als Entwicklungsausgaben aktiviert werden. Buchungssatz: immaterielle Vermögenswerte 11,5 Mio. € an diverse Aktiva/ Passiva 11,5 Mio. € 10.1.3 Erstbewertung immaterieller Vermögenswerte Immaterielle Vermögenswerte werden gemäß IAS 38.24 ff. bei Zugang grundsätzlich mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet. Diese Vorgehensweise entspricht auch der handelsrechtlichen Vorschrift nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB. Anschaffungskosten Die Anschaffungskosten umfassen alle Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögenswert zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. 110 Die Anschaffungskosten werden wie folgt ermittelt: 110 Vgl. Lüdenbach, N.: IFRS - Training für Ausbildung und Praxis, 2024, S. 88 f. <?page no="118"?> 118 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Anschaffungspreis - Anschaffungspreisminderungen (z. B. Skonti, Boni, Rabatte, sofern sie einzeln zurechenbar sind) + Einfuhrzö lle und nicht erstattungsfä hige Steuern + Anschaffungsnebenkosten (Rechts- und Beratungskosten, Provisionen und weitere Kosten zur Vorbereitung der Nutzung) + Fremdkapitalkosten (nur bei quali�izierten Vermö genswerten) = Anschaffungskosten Tab. 10.1: Ermittlung der Anschaffungskosten von immateriellen Vermögenswerten Beispiel 10.3: Ermittlung der Anschaffungskosten Die IMTB AG hat eine Lizenz für eine neue Finanzbuchhaltungssoftware erworben, für die folgende Kosten angefallen sind: - Lizenzkosten: 230.000 € - Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 37.000 € - Testen der Software durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 25.000 € - Information über verfügbare Software: 13.000 € - Anpassung der Software: 45.000 € Anschaffungspreis 230.000 € + Anschaffungsnebenkosten + Anpassung der Software + 45.000 € + Test der Software + 25.000 € = Anschaffungskosten = 300.000 € Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 300.000 €. Da für die Schulungskosten ein Aktivierungsverbot besteht und auch die Kosten für die Informationsbeschaffung nicht relevant sind, um den Vermögenswert in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, dürfen diese nicht aktiviert werden. Herstellungskosten Die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte erfolgt in Höhe der Herstellungskosten, sobald die erforderlichen Ansatzkriterien gemäß IAS 38.65 erfüllt sind. Die Herstellungskosten umfassen gemäß IAS 38.66 alle dem Vermögenswert direkt zurechenbaren Kosten, die erforderlich sind, um den Vermögenswert zu entwerfen, herzustellen und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu gehören gemäß IAS 38.66 (a)-(d): „Kosten für Materialien und Dienstleistungen, die bei der Herstellung des immateriellen Vermögenswertes genutzt oder verbraucht werden; Aufwendungen für Leistungen an Arbeitnehmer, die bei der Herstellung des immateriellen Vermögenswertes angefallen sind; Registrierungsgebühren für einen Rechtsanspruch, und planmäßige Abschreibungen auf Patente und Lizenzen, die bei der Herstellung des immateriellen Vermögenswertes genutzt werden.“ <?page no="119"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 119 10.1.4 Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte Die Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte führt zu einigen Unterschieden zwischen der HGB- und der IFRS-Rechnungslegung. Nach IFRS kann gibt es zwei Modelle für die Folgebewertung: das Anschaffungskostenmodell und das Neubewertungsmodell. Anschaffungskostenmodell Das Anschaffungskostenmodell sieht eine Bewertung der immateriellen Vermögenswerte zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vor. Die Bewertung erfolgt durch Abzug der kumulierten planmäßigen und der außerplanmäßigen Abschreibungen (Wertminderungsaufwendungen) von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß IAS 38.74. Ein immaterieller Vermögenswert mit unbestimmter Nutzungsdauer darf nicht planmäßig abgeschrieben werden (IAS 38.107). Stattdessen muss jedes Jahr ein Impairment-Test gemäß IAS 36 durchgeführt werden. Dieser Test ist zusätzlich durchzuführen, wenn Anzeichen für eine Wertminderung vorliegen. Der in IAS 36 geregelte Impairment-Test wird durchgeführt, wenn interne oder externe Indikatoren für eine Wertminderung gemäß IAS 36.12 vorliegen. Interne Indikatoren sind unter anderem Schadensfälle, technische Überalterung, Veränderungen der Netto-Cashflows oder Veränderungen in der Nutzung. Zu den externen Indikatoren zählen gesunkene Marktwerte, nachteilige Veränderungen oder steigende langfristige Zinssätze. Vermögenswerte, die von anderen IFRS-Vorschriften erfasst werden, sind von der Regelung ausgenommen. Beim Impairment-Test wird der Buchwert des Vermögenswerts mit dem erzielbaren Betrag verglichen. Der erzielbare Betrag entspricht dem höheren Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und dem Nutzungswert. Die Differenz zwischen dem höheren Buchwert und dem niedrigeren erzielbaren Betrag stellt den Wertminderungsaufwand dar und wird erfolgswirksam als außerplanmäßige Abschreibung erfasst, um den Buchwert auf den erzielbaren Betrag zu senken. Besteht die Wertminderung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr, erfolgt eine erfolgswirksame Zuschreibung auf den erzielbaren Betrag. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht überschritten werden dürfen. Sinkt der erzielbare Betrag unter den Buchwert des immateriellen Vermögenswertes, ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. Die neue planmäßige Abschreibung wird entsprechend angepasst. Eine spätere Zuschreibung darf höchstens bis zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgen. Neubewertungsmodell Das zweite Modell, das ausschließlich nach IFRS angewendet werden darf, ist das Neubewertungsmodell nach IAS 38.72 ff. Beim Neubewertungsmodell werden die immateriellen Vermögenswerte in regelmäßigen Abständen (jährlich oder alle drei bis fünf Jahre) zum aktuellen beizulegenden Zeitwert bewertet. Das Neubewertungsmodell gilt immer für eine Gruppe gleichartiger immaterieller Vermögenswerte, sofern für diese ein aktiver Markt besteht. Besteht kein aktiver Markt, sind die Vermögenswerte in der Folge zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Im Rahmen des Neubewertungsmodells wird der Buchwert mit dem beizulegenden Zeitwert verglichen. Liegt der beizulegende Zeitwert über dem Buchwert, ist der beizulegende Zeitwert anzusetzen, auch wenn dieser über den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. Die Differenz wird erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis und innerhalb des Eigenkapitals in der Neubewertungsrücklage erfasst. 111 111 Buschhüter, M., Striegel, A.: Kommentar Internationale Rechnungslegung IFRS, 2011, S. 122 ff. <?page no="120"?> 120 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Die Abbildung veranschaulicht die Vorgehensweise bei der Folgebewertung unter Anwendung des Neubewertungsmodells. Abb. 10.1: Folgebewertung mit dem Neubewertungsmodell Beispiel 10.4: Neubewertungsmodell Die IMTB AG hat am 02.01.01 eine Produktionslizenz zu Anschaffungskosten in Höhe von 500.000 € erworben. Für diese Produktionslizenz existiert ein aktiver Markt, auf dem Lizenzen mit gleicher Restlaufzeit gehandelt werden. Die Folgebewertung der Lizenz erfolgt nach dem Neubewertungsmodell. Die Laufzeit der Lizenz beträgt fünf Jahre und die Wertentwicklung ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: 112 Zeitpunkt Marktwert (beizulegender Zeitwert) Buchwert Steuerbilanz 31.12.01 405.000 € 400.000 € 31.12.02 302.000 € 300.000 € 31.12.03 340.000 € 200.000 € 31.12.04 70.000 € 100.000 € 31.12.05 0 € 0 € Die Lizenz wird über fünf Jahre linear abgeschrieben. Der Ertragssteuersatz beträgt 30 %. Eine steuerliche Teilwertabschreibung wird nicht vorgenommen. Latente Steuern sind zu berücksichtigen. 112 Pellens, B., Füllbier, R. U, Gassen, J., Sellhorn, T.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 380 ff. <?page no="121"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 121 Zunächst wird der Kauf der Lizenz am 02.01.01 gebucht. Buchungssatz zum 02.01.01 Lizenz 500.000 € an Bank 500.000 € Da der Marktwert an den ersten beiden Bilanzstichtagen nur geringfügig von den fortgeführten Anschaffungskosten abweicht, hat das Management entschieden, auf eine Neubewertung zu verzichten. Buchungssatz zum 31.12.01 planmäßige Abschreibung 100.000 € an Lizenz 100.000 € Buchungssatz zum 31.12.02 planmäßige Abschreibung 100.000 € an Lizenz 100.000 € Buchungssätze zum 31.12.03 Zum 31.12.03 ist der beizulegende Zeitwert der Lizenz (= 340.000 €) wesentlich höher als die fortgeführten Anschaffungskosten (= 200.000 €). Daher wird nach der planmäßigen Abschreibung zusätzlich eine Neubewertung durchgeführt. planmäßige Abschreibung 100.000 € an Lizenz 100.000 € Lizenz 140.000 € an Neubewertungsrücklage (sonstiges Ergebnis) 98.000 € an passive latente Steuern 42.000 € Buchungssätze zum 31.12.04 Zum 31.12.04 wird das Produktionsverfahren durch wesentlich effizientere Verfahren ersetzt. Der beizulegende Zeitwert der Lizenz sinkt auf 70.000 €. Dennoch wird zunächst die normale planmäßige Abschreibung, ausgehend von einem Wert der Lizenz von 340.000 € und einer Restnutzungsdauer von zwei Jahren, ohne Berücksichtigung der erneuten Neubewertung gebucht: planmäßige Abschreibung 170.000 € an Lizenz 170.000 € (Abschreibungsbetrag pro Jahr = Anschaffungskosten Nutzungsdauer = 340.000 € 2 Jahre = 170.000 €/ Jahr) Im Umfang der höheren neuen planmäßigen Abschreibung wird die Neubewertungsrücklage anteilig erfolgsneutral durch Umbuchung in die Gewinnrücklagen aufgelöst. Neubewertungsrücklage 49.000 € an Gewinnrücklagen 49.000 € passive latente Steuern 21.000 € an Steuerertrag 21.000 € Nach der planmäßigen Abschreibung, die den Buchwert der Lizenz auf 170.000 € reduziert, wird die Neubewertung durchgeführt. Die verbleibende Neubewertungsrücklage in Höhe von 49.000 € und die passiven latenten Steuern in Höhe von 21.000 € werden aufgelöst. Der Restbetrag wird als außerplanmäßige Abschrei- <?page no="122"?> 122 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert bung in Höhe von 30.000 € erfolgswirksam erfasst. Dies führt zur erfolgswirksamen Bildung aktiver latenter Steuern, da ‒ unterstellt ‒ keine steuerliche Teilwertabschreibung vorliegt, die Lizenz in der Steuerbilanz jedoch mit 100.000 € bewertet wird: Neubewertungsrücklage 49.000 € passive latente Steuern 21.000 € außerplanm. Abschreibung 30.000 € an Lizenz 100.000 € aktive latente Steuern 9.000 € an Steuerertrag 9.000 € Im Vorjahr wurden planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen auf die Lizenz vorgenommen, so dass ein Restbuchwert von 70.000 € verblieb. In diesem Zusammenhang wurden die im Vorjahr gebildeten aktiven latenten Steuern erfolgswirksam aufgelöst und die Lizenz vollständig abgeschrieben. planmäßige Abschreibung 70.000 € an Lizenz 70.000 € Steueraufwand 9.000 € an aktive latente Steuern 9.000 € Die folgende Abbildung zeigt den Unterschied in der Folgebewertung zwischen dem Anschaffungskostenmodell und dem Neubewertungsmodell. Abb. 10.2: Art des Erwerbs und Bewertung immaterieller Vermögenswerte Ansatz zu: Anschaffungskosten abzüglich kumulierter Abschreibungen Neubewertungsmodell Anschaffungskostenmodell Nutzungsdauer bestimmt Nutzungsdauer unbestimmt Ansatz zum beizulegenden Zeitwert (fair value) am Tag der Neubewertung planmäßige Abschreibung Abschreibungsverfahren Methode, die den erwarteten wirtschaftlichen Nutzenverlauf korrekt abbildet Nutzungsdauer: wird auf Grundlage des erwarteten Verbrauchs und unter Berücksichtigung von Nutzungsbeschränkungen geschätzt. Ansatz zu: Anschaffungskosten keine planmäßige Abschreibung Jährliche Durchführung eines Wertminderungstest und Überprüfung der Klassifizierung abzüglich nachfolgender kumulierter Abschreibungen und kumulierter Wertminderungen Neubewertung immer für eine ganze Gruppe von immateriellen Vermögenswerten Wertzuwachs wird erfolgsneutral in die Neubewertungsrücklage eingestellt. Wertminderungen erfolgswirksam, sofern sie die Neubewertungsrücklage übersteigen. Abzüglich kumulierter Wertminderungsaufwendungen gem. IAS 36 <?page no="123"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 123 10.1.5 Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) Eine Sonderform der immateriellen Vermögenswerte ist der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill). Dieser lässt sich in den selbst geschaffenen (originären) und den entgeltlich erworbenen (derivativen) Goodwill unterteilen. Ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert entsteht beim Erwerb eines Unternehmens, wenn der Kaufpreis das erworbene Eigenkapital des erworbenen Unternehmens zum beizulegenden Zeitwert übersteigt. Dieser Geschäfts- oder Firmenwert repräsentiert den zusätzlichen Wert, den das erwerbende Unternehmen über den reinen Substanzwert hinaus für die erworbenen Vermögenswerte zu zahlen bereit ist. Für derivative Geschäfts- oder Firmenwerte besteht sowohl nach IAS 38 als auch nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB eine Aktivierungspflicht. Für originäre Geschäfts- oder Firmenwerte besteht sowohl nach IFRS als auch nach HGB ein generelles Aktivierungsverbot. „Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert stellt einen Vermögenswert dar, der den künftigen wirtschaftlichen Nutzen aus anderen Vermögenswerten repräsentiert, die im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses erworben wurden und die nicht einzeln identifiziert und separat angesetzt werden können.“ 113 Die Berechnung dieses derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwill) geschieht wie folgt: Der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem beizulegenden Zeitwert der Vermögenswerte abzüglich der beizulegenden Zeitwerte der Schulden. Goodwill = Kaufpreis - (Zeitwert Vermögen abzüglich Zeitwert Schulden). Bei einem Unternehmenserwerb bleibt das erworbene Unternehmen rechtlich zumindest teilweise selbständig. Der Goodwill kann je nach Erwerbsform im Einzel- oder Konzernabschluss entstehen. Es gibt zwei Arten des Unternehmenserwerbs: den Share Deal und den Asset Deal. Bei einem Share Deal erwirbt der Käufer Gesellschaftsanteile, z. B. Aktien an einem Unternehmen. Im Einzelabschluss entsteht kein Goodwill, da das erworbene Unternehmen fortgeführt wird und somit ein Konzern entsteht. Im Einzelabschluss wird die Beteiligung als Finanzanlage ausgewiesen. Die Aufdeckung des Goodwills erfolgt dann im Konzernabschluss im Rahmen der Kapitalkonsolidierung. Bei der Zugangsbilanzierung nach der Erwerbsmethode (Purchase Method) werden alle im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses identifizierbaren Vermögenswerte, Schulden sowie Eventualschulden erfasst: Dies geschieht unabhängig davon, ob diese bereits beim erworbenen Unternehmen bilanziert wurden. Im Rahmen der Kaufpreisallokation werden die Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs auf die einzeln erworbenen und zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden verteilt. Anschließend wird eine Neubewertungsbilanz erstellt, die zur Aufdeckung aller stillen Reserven und stillen Lasten führt. Die Neubewertungsbilanz weist das Reinvermögen zum Zeitwert aus. Der Zeitpunkt des Kontrollübergangs gilt als Bewertungsstichtag für das erworbene Reinvermögen. 114 Der Ablauf der Kaufpreisallokation ist in der folgenden Abbildung dargestellt. 113 Thommen, J., Achleitner, A., Gilbert, D., Hachmeister, D., Jarchow, S., Kaiser, G.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, 2023, S. 307. 114 Barckow, A. u. Wiechen, L.: IFRS 3, 2004, S. 4 ff. <?page no="124"?> 124 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Abb. 10.3: Ablauf der Kaufpreisallokation bei Unternehmenszusammenschlüssen Zunächst werden alle Vermögenswerte und Schulden des erworbenen Unternehmens identifiziert. Sofern diese bereits vor dem Unternehmenszusammenschluss in der Bilanz des erworbenen Unternehmens angesetzt waren, werden sie in die Neubewertungsbilanz übernommen. Der Schwerpunkt der Kaufpreisallokation liegt in der Regel auf der Identifikation von bisher nicht bilanzierten, selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswerten. Hierbei sind vor allem die Unternehmensstrategie und die Absichten des Erwerbers von Bedeutung, um alle relevanten Erfolgspotenziale der Transaktion zu identifizieren, die auf mögliche stille Reserven im erworbenen Unternehmen hinweisen. Im nächsten Schritt werden die identifizierten Vermögenswerte und Schulden zum beizulegenden Zeitwert bewertet. Nach der Identifizierung und Bewertung aller erworbenen Vermögenswerte und Schulden werden diese dem Kaufpreis gegenübergestellt. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich als Residualgröße der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill). 115 Zugangsbewertung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwill) Für den Geschäfts- oder Firmenwert wird im Rahmen der Zugangsbewertung kein eigenständiger beizulegender Zeitwert ermittelt. Der Geschäfts- oder Firmenwert ergibt sich als Residualgröße nach der Kaufpreisallokation auf die einzelnen Vermögenswerte und Schulden. 116 Im Zeitpunkt des Erwerbs (Zugangsjahr) wird der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) wie folgt ermittelt: Anschaffungskosten (Kaufpreis) für das erworbene Unternehmen beizulegende Zeitwerte der übernommenen Aktiva + beizulegende Zeitwerte der übernommenen Schulden = vorläufiger Restbetrag 115 Barckow, A., Wiechen, L.: IFRS 3, 2004, S. 41. 116 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 836. <?page no="125"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 125 - Separierung und gesonderter Ausweis identifizierbarer immaterieller Vermögenswerte, die in der Bilanz des übernommenen Unternehmens noch nicht ausgewiesen waren = derivativer Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) aus der Akquisition Grundsätze zum Ansatz und zur Bewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten (Goodwill) nach IFRS 3 Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ist im Erwerbszeitpunkt als Vermögenswert mit seinem beizulegenden Zeitwert zu aktivieren. Dieser errechnet sich als Differenz zwischen dem (höheren) Kaufpreis und dem Zeitwert der übernommenen Aktiva abzüglich des beizulegenden Zeitwerts der übernommenen Schulden. Planmäßige Abschreibungen auf Geschäfts- oder Firmenwerte (Goodwill) sind nach IFRS nicht zulässig. Im Falle einer Wertminderung sind außerplanmäßige Abschreibungen zwingend vorzunehmen. Für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) gilt ein generelles Zuschreibungsverbot . Beispiel 10.5: Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts Die Maschinenbau AG hat die Engineering GmbH für 4 Mio. € erworben. Die Engineering GmbH verfügt über ein nicht aktiviertes Patent für eine neuartige Schweißtechnik, dessen geschätzter Wert bei 1,1 Mio. € liegt. Die Schweißmaschinen, die mit dieser neuen Schweißtechnik ausgestattet sind, werden unter einem eigenen Markennamen verkauft, für den ein eingetragener Markenschutz besteht. Der geschätzte Wert dieser Marke beträgt 350.000 €. Die Engineering GmbH weist folgende Vermögenswerte und Schulden aus: Bilanzwerte beizulegende Zeitwerte (fair value) Sachanlagen 1.200.000 € 1.800.000 € kurzfristige Vermögenswerte 600.000 € 800.000 € Schulden 700.000 € 750.000 € Eigenkapital 1.100.000 € Ermittlung des Goodwills: Kaufpreis 4.000.000 € beizulegende Zeitwerte Sachanlagen - 1.800.000 € beizulegende Zeitwerte kurzfristige Vermö genswerte - 800.000 € + beizulegende Zeitwerte Schulden + 750.000 € = Zwischensumme = 2.150.000 € identi�iziertes bisher nicht aktiviertes Patent - 1.100.000 € identi�izierter Markennamen - 350.000 € = Goodwill (Geschäfts- oder Firmenwert) = 700.000 € Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) beträgt 700.000 €. <?page no="126"?> 126 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Beispiel 10.6: Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwill) Im Januar 01 erwirbt die „Auto AG“ alle Vermö genswerte und Schulden der „Lkw GmbH“ im Rahmen eines Asset Deals fü r 45 Mio. €. Die Lkw GmbH weist folgende Vermö genswerte und Schulden aus: - Sachanlagen 20 Mio. €, - Finanzanlagen 6 Mio. €, - Vorräte 10 Mio. €, - Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 1 Mio. €, - Bankguthaben 3 Mio. €, - Eigenkapital 35 Mio. €, - Verbindlichkeiten und Rückstellungen 5 Mio. €. Es ist bekannt, dass der Bilanzposten „Maschinen“ mit 2 Mio. € unterbewertet ist und der beizulegende Zeitwert der Verbindlichkeiten und Rü ckstellungen sich auf 6 Mio. € belä uft. Zusä tzlich sind noch nicht aktivierte Patente im Wert von 2 Mio. € vorhanden. Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwill): Kaufpreis 45 Mio. € beizulegender Zeitwert der Vermö genswerte (20 + 6 + 10 + 1 + 3 +2) - 42 Mio. € + Verbindlichkeiten und Rü ckstellungen + 6 Mio. € = vorläu�iger Restbetrag = 9 Mio. € noch nicht ausgewiesene immaterielle Vermö genswerte (Patente) - 2 Mio. € = derivativer Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) = 7 Mio. € Der derivative Geschä fts- oder Firmenwert (Goodwill) belä uft sich auf 7 Mio. €. Dies bedeutet, dass die „Auto AG“ den tatsä chlichen Wert der „Lkw GmbH“ um 7 Mio. € hö her einschä tzt als in der Bilanz ausgewiesen wird. Ein Goodwill kann beispielsweise durch loyale Kundenbeziehungen und Markenrechte entstehen. Fü r den Goodwill in Hö he von 7 Mio. € besteht in der Bilanz der „Auto AG“ eine Aktivierungsp�licht. Beispiel 10.7: Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts (Goodwill) Die IMTB AG erwirbt die TEEM GmbH für 20 Mio. €. Der beizulegende Zeitwert der Vermögenswerte der TEEM GmbH beträgt 26 Mio. € und die TEEM GmbH hat darüber hinaus Verbindlichkeiten in Höhe von 10 Mio. €. Der beizulegende Zeitwert (fair value) der TEEM GmbH ergibt sich wie folgt: Zeitwert der Vermögenswerte minus Zeitwert der Verbindlichkeiten, d. h. 26 Mio. € minus 10 Mio. €, also 16 Mio. €. Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) wird wie folgt berechnet: Derivativer Goodwill = Kaufpreis (20 Mio. €) - beizulegender Zweitwert (16 Mio. €) Der derivative Goodwill beträgt somit 4 Mio. €. Sonderfall Badwill Ein negativer Goodwill bzw. Badwill entsteht bei einem Unternehmenszusammenschluss, wenn der Kaufpreis für eine Beteiligung unter dem Wert des anteiligen Eigenkapitals liegt. Ein negativer Goodwill kann entweder durch negative künftige Ertragsaussichten oder durch einen günstigen Kauf, einen sogenannten „Lucky Buy”, entstehen. <?page no="127"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 127 Folgebilanzierung des Goodwills nach der Erwerbsmethode Der im Rahmen der Kaufpreisallokation ermittelte Goodwill ist zum Erwerbszeitpunkt direkt auf jene zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (ZGEs) oder Gruppen von ZGEs zu verteilen, die zukünftig von den erwarteten Synergiepotenzialen aus dem Unternehmenszusammenschluss profitieren werden. Dabei ist es unerheblich, ob andere Vermögenswerte oder Schulden des akquirierenden Unternehmens diesen zahlungsmittelgenerierenden Einheiten oder Gruppen von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten zugeordnet werden. Sofern der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) nicht direkt zurechenbar ist, kann die Aufteilung z. B. anhand der relativen Werte der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten erfolgen. Als Verteilungsmaßstab können verschiedene Größen wie Ertragswertanteil, EBIT oder EBITDA herangezogen werden. Die Verteilung des Goodwills ist von entscheidender Bedeutung, da die Aufteilung des Goodwills mit der zukünftigen Strategie des Unternehmens koordiniert werden sollte. Dies hilft, potenzielle Wertminderungsaufwendungen zu vermeiden, indem der Goodwill zahlungsmittelgenerierenden Einheiten mit höheren und stabileren Ertragserwartungen zugeordnet wird. Allokation des Goodwills auf die zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (ZGEs) Der Impairment-Test für den Goodwill wird auf der Ebene der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (ZGEs) durchgeführt, da der Goodwill für sich allein keine Cashflows generiert, die unabhängig von denen anderer Vermögenswerte sind. Eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE) ist definiert als „die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die Cashflows erzeugen, die weitestgehend unabhängig von den Cashflows anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten sind“. 117 Unternehmen identifizieren eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE) anhand von sechs Kriterien: 1) Eine ZGE sollte eine Unternehmensebene darstellen, auf der der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) für interne Managementzwecke überwacht wird. 118 2) Eine ZGE sollte die niedrigste Aggregationsebene von Vermögenswerten darstellen. 3) Eine ZGE sollte durch Geschäftssegmente begrenzt sein. 119 4) Eine ZGE sollte Cashflows generieren, indem sie eigenständig marktfähige Produkte herstellt und Umsatzerlöse erzielt. 120 5) Die ZGEs sollten weitestgehend unabhängig voneinander Cashflows generieren. 6) Die in einer ZGE produzierten Outputs sollten auf einem aktiven Markt verkauft werden können. 121 Ein aktiver Markt ist definiert als ein Markt, auf dem Geschäftsvorfälle mit dem Vermögenswert oder der Schuld mit ausreichender Häufigkeit und Volumen auftreten, so dass fortlaufend Preisinformationen verfügbar sind. 122 Bei der Abgrenzung von ZGEs hat das bilanzierende Unternehmen einen gewissen Ermessensspielraum. Insbesondere die Identifikation von unabhängigen Zahlungsströmen beruht auf Einschätzungen des bilanzierenden Unternehmens. In der Regel ist es das Ziel vieler Unternehmen, möglichst wenige, hoch aggregierte ZGEs zu definieren. So können unterschiedliche Entwicklun- 117 Vgl. IAS 36.6. 118 Vgl. IAS 36.80a. 119 Vgl. Gödde, D.: Integration von Goodwill-Bilanzierung und wertorientierter Unternehmenssteuerung, 2010, S. 42. 120 Vgl. ebd., S. 43. 121 Vgl. ebd., S. 43 122 Vgl. IFRS 13.A. <?page no="128"?> 128 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert gen der einzelnen Aktivitäten der ZGEs ausgeglichen und außerplanmäßige Abschreibungen des zugeordneten Goodwills vermieden werden. Eine bewusste Allokation auf größere, profitablere und risikoärmere ZGEs kann zudem das Abschreibungsrisiko reduzieren. 123 Dabei spielt insbesondere die Möglichkeit, den Goodwill einer Gruppe von ZGEs zuzuordnen, eine entscheidende Rolle. Die Berechnung des Buchwertes einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) geschieht wie folgt: Ermittlung der Buchwerte der Vermö genswerte, die direkt einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) zugeordnet werden kö nnen + anteiliger Buchwert der Vermö genswerte, die den ZGEs auf einer stetigen und vernü nftigen Basis zugeordnet werden kö nnen (z. B. gemeinschaftliche Vermö genswerte) + Buchwert des den ZGEs zurechenbaren Goodwills (sofern vorhanden) - Buchwert der angesetzten Schulden, wenn der erzielbare Betrag der ZGE nicht ohne Einbeziehung dieser Schulden bestimmt werden kann = Buchwert der zahlungsmittelgenerierenden Einheit Folgebewertung des Goodwills Im Gegensatz zu den meisten entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögenswerten werden bei der Folgebewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten keine planmäßigen Abschreibungen vorgenommen, da von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen wird. Aus diesem Grund ist jährlich ein sogenannter „Impairment-only Approach“ auf Ebene der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (ZGE) durchzuführen. Dieser dient Dieser dient der Überprüfung, ob eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) erforderlich ist. Zusätzlich ist ein Impairment-Test (Wertminderungstest) durchzuführen, sofern interne oder externe Hinweise gemäß IAS 36.12 auf eine Wertminderung des Goodwills hinweisen. Dabei wird der Buchwert der zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) einschließlich des Goodwills mit dem erzielbaren Betrag der ZGE verglichen (IAS 36.90). 124 Eine Wertminderung ist vorzunehmen, wenn der erzielbare Betrag - definiert als der höhere Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und Nutzungswert (IAS 36.6) - der betreffenden ZGE niedriger ist als ihr Buchwert. Da für eine ZGE in der Regel keine Marktwerte vorliegen, wird für den Wertminderungstest überwiegend der Nutzungswert der ZGE ermittelt. Zur Ermittlung des Nutzungswerts werden im Wesentlichen Methoden der Unternehmensbewertung, insbesondere Discounted-Cashflow-Verfahren, verwendet. Die hierfür erforderlichen Cashflows werden vom Management unter Berücksichtigung von Zukunftserwartungen geschätzt, was mit erheblichen Ermessensspielräumen verbunden ist. 125 Im Falle einer erfolgswirksamen Wertminderung wird diese als Wertminderungsaufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst (IAS 36.59-60). Der Wertminderungstest erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt wird der Buchwert inklusive des Goodwills einer ZGE mit dem erzielbaren Betrag der ZGE zu verglichen. Der erzielbare Betrag einer ZGE ist der höhere der beiden Beträge aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und Nutzungswert. Der Nutzungswert einer ZGE wird durch Dis- 123 Vgl. Eichner, K.: Goodwill-Konzentration und -Abschreibungswahrscheinlichkeiten, 2017, S. 212 f. 124 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 841 f. 125 Vgl. Antonakopoulos, N.: Entwurf zu Änderungen bei der Goodwill-Bilanzierung, 2024, S. 310. <?page no="129"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 129 kontierung zukünftiger Cashflows ermittelt und stellt den Barwert der erwarteten künftigen Cashflows aus einem Vermögenswert oder einer ZGE dar. 126 Wenn der erzielbare Betrag einer ZGE den Buchwert inklusive des Goodwills unterschreitet, ist eine Wertminderung des Goodwills in Höhe dieser Differenz vorzunehmen. Bei einer darüberhinausgehenden Wertminderung erfolgt eine anteilige Abschreibung der Vermögenswerte der ZGE unter Beachtung einer Untergrenze. Die Grenzen für die Verteilung des Wertminderungsaufwands auf einzelne Vermögenswerte gemäß IAS 36.105 sind dabei folgende, wenn der jeweilige Buchwert den höheren der folgenden Werte unterschreiten würde: den beizulegenden Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten des Vermögenswertes, den Nutzungswert des Vermögenswertes, sowie den Wert Null. Sofern der erzielbare Betrag für die einzelnen Vermögenswerte der ZGE nicht ermittelt werden kann, ist die Verteilung des Wertminderungsaufwands auf die Einheit gemäß IAS 36.105 willkürlich vorzunehmen. Liegt der erzielbare Betrag einer ZGE über dem Buchwert der ZGE einschließlich des Goodwills, erfolgt keine Wertminderung vor. Generell gilt für den Goodwill nach IFRS ein Zuschreibungsverbot, was bedeutet, d. h. Wertminderungen auf den Goodwill dürfen nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch wenn diese bei einem späteren Werthaltigkeitstest nicht mehr bestehen. 127 Beispiel 10.8: Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwills mit Impairment-Test 128 Die Auto AG hat zum 02. Januar 01 die Antriebstechnik GmbH übernommen, die Komponenten für alternative Fahrzeugantriebe produziert. Die Antriebstechnik GmbH besteht aus zwei strategischen Geschäftseinheiten, die beide gleichzeitig jeweils eine ZGE i. S. v. IAS 36 darstellen. Die ZGE AA umfasst die Aktivitäten der Antriebstechnik GmbH im Segment „Alternative Antriebe“, mit den Sparten „Hybrid“ und „Wasserstoff“. Die ZGE S repräsentiert das Segment „Sensorik“. Durch den Erwerb der Antriebstechnik GmbH entstand ein derivativer Goodwill in Höhe von 600.000 €, wovon 300.000 € dem Segment „Alternative Antriebe“ zugeordnet wurden, da eine Aufteilung auf die Segmente „Hybrid“ und „Wasserstoff“ nicht möglich war. Ebenfalls wurden 300.000 € dem Segment „Sensorik“ zugewiesen, da das Management in diesem Synergieeffekte durch Einkaufsvorteile erwartet. Vier Jahre nach dem Erwerb der Antriebstechnik GmbH zeigt sich, dass im Bereich der Verbrennungsmotorentechnologie signifikante Entwicklungserfolge erzielt wurden. Das Management der Auto AG befürchtet daher, dass sich der Technologievorsprung im Bereich „Alternative Antriebe“ verringern könnte. Aus diesem Grund wird ein Wertminderungstest durchgeführt. Als Basis für den Impairment-Test wurden zum 31.12.04 folgende Daten ermittelt: Ausgangsdaten zum 31.12.04 ZGE „Alternative Antriebe (AA)“ Grundstücke Gebäude Technische Anlagen anteiliger Goodwill ZGE gesamt Buchwert laut Bilanz 450.000 € 150.000 € 850.000 € 300.000 € 1.750.000 € beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten 500.000 € 130.000 € 250.000 € 880.000 € Nutzungswert 1.200.000 € Erzielbarer Betrag 1.200.000 € 126 Vgl. IAS 36.6 sowie IAS 36.18. 127 Vgl. IAS 36.124. 128 In Anlehnung an Petersen, K. et al.: IFRS-Praxishandbuch, 2023, S. 83 ff. <?page no="130"?> 130 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Ermittlung der Wertminderung Der Buchwert der ZGE „Alternative Antriebe“ wird mit dem erzielbaren Betrag verglichen. Der erzielbare Betrag ist dabei der höhere Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und dem Nutzungswert ist. Daraus ergibt sich ein Wertminderungsbedarf in Höhe von 550.000 €. Impairment-Test ZGE AA Berechnung der Wertminderung Buchwert Vermögenswerte 1.450.000 € erzielbarer Betrag 1.200.000 € Buchwert Goodwill + 300.000 € - Buchwerte - 1.750.000 € Summe Buchwerte = 1.750.000 € = Wertminderung = -550.000 € beizulegender Zeitwert abzgl. Verkaufskosten 880.000 € Nutzungswert 1.200.000 € erzielbarer Betrag 1.200.000 € Tab. 10.2: Ergebnis des Impairment-Tests für die ZGE „Alternative Antriebe Zunächst ist der gesamte Goodwill in Höhe von 300.000 € abzuschreiben. Der verbleibende Restbetrag von 250.000 € ist proportional zum Buchwert auf die einzelnen Vermögenswerte der ZGE zu verteilen. Da der beizulegende Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten des Grundstücks höher ist als sein Buchwert, ist eine Wertminderung des Grundstücks ausgeschlossen. Die Verteilung erfolgt daher ausschließlich auf das Gebäude und die technischen Anlagen. Impairment-Test zum 31.12.04 ZGE „Alternative Antriebe (AA)“ Grundstück Gebäude Technische Anlagen anteiliger Goodwill ZGE gesamt Buchwert laut Bilanz 450.000 € 150.000 € 850.000 € 300.000 € 1.750.000 € anteilige Wertminderung 0 € -37.500 € -212.500 € -300.000 € -550.000 € korrigierte Buchwerte = 450.000 € = 112.500 € = 637.500 € = 0 € = 1.200.000 € beizulegender Zeitwert abzüglich Verkaufskosten 500.000 € 130.000 € 250.000 € - 880.000 € Unterschiedsbetrag 0 € -17.500 € 387.500 € - - Tab. 10.3: Stufe 1 bei der Verteilung der anteiligen Wertminderungsbeträge Die Überprüfung der korrigierten Buchwerte ergibt, dass das Gebäude um 17.500 € unter dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten angesetzt ist. Das mögliche Abschreibungspotenzial bei den technischen Anlagen ist noch nicht vollständig ausgeschöpft. Um die Wertuntergrenze beim Posten Gebäude einzuhalten, wird die überhöhte Wertminderung in Höhe von 17.500 € den technischen Anlagen zugerechnet. Die endgültigen neuen Buchwerte der Vermögenswerte stellen sich wie folgt dar: <?page no="131"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 131 Impairment-Test zum 31.12.04 ZGE „Alternative Antriebe (AA)“ Grundstücke Gebäude Technische Anlagen anteiliger Goodwill ZGE gesamt korrigierte Buchwerte (vorläufig) 450.000 € 112.500 € 637.500 € 0 € 1.200.000 € Umverteilung 0 € 17.500 € -17.500 € - 0 € neue Buchwerte 450.000 € 130.000 € 620.000 € - 1.200.000 € Tab. 10.4: Stufe 2 bei der Verteilung der endgültigen Wertminderung Mit diesem zweiten Schritt ist der Impairment-Test für den Goodwill und die zahlungsmittelgenerierenden Einheiten abgeschlossen. Der nächste Impairment-Test erfolgt entweder im Rahmen der jährlichen Prüfung im Folgejahr oder außerplanmäßig bei Vorliegen von Triggering Events. Beispiel 10.9: Impairment-Test für Goodwill Die "MMT AG" hat zum 31.12.02 eine Verteilung des Goodwills auf die ZGEs vorgenommen. ZGE A ZGE B Asset A1 Asset A2 Asset B1 Asset B2 Goodwill 200.000 € 35.000 € Buchwert ohne Goodwill 60.000 € 120.000 € 220.000 € 40.000 € beizulegender Zeitwert abzgl. Verä ußerungskosten 50.000 € 112.000 € - 53.000 € Nutzungswert 55.000 € 3 Jahre jährliche Cashflow in Höhe von 40.500 €, Diskontierungszinssatz: 5 % - 55.000 € erzielbarer Betrag ? ? ? ? ? ? 250.000 € ? ? ? Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwills: Im Rahmen der Werthaltigkeitsprüfung des Goodwills ist zu klären, ob eine Wertminderung vorzunehmen ist. Falls ja, muss der Goodwill wertgemindert werden? Vorgehensweise: Für den Impairment-Test wird der Buchwert inklusive des Goodwills der ZGE mit dem erzielbaren Betrag verglichen werden. Dieser errechnet sich aus dem Vergleich des beizulegenden Zeitwerts abzüglich Veräußerungskosten (IAS 36.28-29) mit dem Nutzungswert (IAS 36.30-57). Der höhere Wert ergibt den erzielbaren Betrag. 129 Ermittlung des erzielbaren Betrags: Asset A1: Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten = 50.000 € < Nutzungswert 55.000 € → erzielbarer Betrag = 55.000 € 129 Vgl. Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 42. <?page no="132"?> 132 Schritt 10: Immaterielle Vermögenswerte und Geschäfts- oder Firmenwert Asset A2: Um die beiden Werte vergleichen zu können, muss zunächst der Nutzungswert mit Hilfe der diskontierten zukünftigen Cashflows ermittelt werden. Aufgrund der konstant hohen Einzahlungsüberschüsse kann der Nutzungswert mit dem Rentenbarwertfaktor (RBF) berechnet werden. Nutzungswert = Cashflow x q n − 1 q n × i = 40.500 € x 1,05 3 − 1 1,05 3 × 0,05 = 110.292 € Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten = 112.000 € > Nutzungswert 110.292 € → erzielbarer Betrag = 112.000 € Asset B1: Erzielbarer Betrag: 250.000 € (im Beispiel bereits angegeben) Asset B2: Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten = 53.000 € < Nutzungswert 55.000 € → erzielbarer Betrag = 55.000 € Mögliche Ereignisse, die beim Vergleich der Werte auftreten können: 1. Buchwert inkl. Goodwill > erzielbarer Betrag: - In diesem Fall wird eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) in Höhe der Differenz vorgenommen. Diese wird zunächst auf den Goodwill vorgenommen. Der Restbetrag (falls vorhanden) wird proportional zu den relativen Buchwerten auf die Vermögenswerte der ZGE verteilt, bis die Wertminderung vollständig erfolgt ist. 130 - Ist die Ermittlung des erzielbaren Betrags einzelner Vermögenswerte nicht möglich, erfolgt eine willkürliche Verteilung auf die ZGE (IAS 36.106). - Bei der verbleibenden Verteilung auf die Vermögenswerte darf der Buchwert den höheren Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten, Nutzungswert oder Null nicht unterschreiten (IAS 36.105). 131 2. Buchwert inkl. Goodwill < erzielbarer Betrag: - Es erfolgt keine außerplanmäßige Abschreibung. Der Buchwert bleibt unverändert. Zusammenfassung der Ergebnisse: ZGE A ZGE B Asset A1 Asset A2 B1 B2 erzielbarer Betrag 55.000 € 112.000 € 250.000 € 55.000 € erzielbarer Betrag der ZGE 167.000 € 305.000 € Buchwert inkl. Goodwill der ZGE 380.000 € 295.000 € Wertminderung notwendig? Buchwert inkl. Goodwill > erzielbarer Betrag → außerplanmäßige Abschreibung in Höhe der Differenz: 213.000 € Buchwert inkl. Goodwill < erzielbarer Betrag → keine außerplanmäßige Abschreibung Tab. 10.5: Vorgehenseise beim Impairment-Test 130 Vgl. Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 42 f. 131 Vgl. https: / / datenbank.nwb.de/ Dokument/ 237766/ , IAS 36.105-106, [zuletzt abgerufen am 29.02.2024]. <?page no="133"?> 10.1 Identifizierung von immateriellen Vermögenswerten 133 Der Wertminderungsaufwand in Höhe von 213.000 € ist zunächst mit dem Goodwill der ZGE A in Höhe von 200.000 € zu verrechnen. Daraus ergibt sich ein negativer Restbetrag von -13.000 € (=200.000 € - 213.000 €). Dieser wird proportional auf die Vermögenswerte der ZGE A verteilt. Dabei sind die oben genannten Untergrenzen zu beachten. Berechnung der Wertminderung: 𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀 𝐀𝐀𝐀𝐀: 60.000 € 60.000 € + 120.000 € × 13.000 € = 4.333 € 60.000 € − 4.333 € = 55.667 € Der neue Buchwert in Höhe von 55.667 € liegt über der Untergrenze von Null und über dem erzielbaren Betrag von 55.000 €. 𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀𝐀 𝐀𝐀𝐀𝐀: 120.000 € 60.000 € + 120.000 € × 13.000 € = 8.667 € 120.000 € − 8.667 € = 111.333 € Dieser ermittelte Wert in Höhe von 111.333 € liegt unter der Untergrenze von 112.000 € (höherer Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten, Nutzungswert oder null). Die verbleibenden 667 € müssen daher auf die anderen Vermögenswerte der ZGE A verteilt werden., d. h. sie werden dem Asset A1 zugeordnet, da dieser seine Untergrenze von 55.000 € noch nicht erreicht hat. 55.667 € − 667 € = 55.000 € Somit weist die ZGE A die folgenden Buchwerte aus: - Asset A1: 55.000 € - Asset A2: 112.000 € - Goodwill: 0 € Für die ZGE B ist keine Wertminderung notwendig, so dass die Buchwerte und der Goodwill unverändert bleiben. Merke Es ist jedoch zu beachten, dass eine Zuordnung des Goodwills zu ertragsstarken ZGEs oder Segmenten eine Wertminderung durch deren Restwerte und Ertragskraft verhindern kann. In der Praxis wird die Größe der ZGEs häufig für bilanzpolitische Zwecke genutzt: Je größer die ZGE, desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer Wertminderung, da sich positive und negative Effekte ausgleichen. Aufgaben und Lösungen zu : • Immaterielle Vermögenswerte • Impairment-Test - ZGE mit Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) finden Sie online. <?page no="135"?> Schritt 11: Vorräte Lernziele Die Lernenden sollen in der Lage sein, die Bewertungsgrundsätze für Vorräte nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu verstehen und anzuwenden. Sie können die Erstbewertung von Vorräten zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten durchführen und verschiedene Bewertungsvereinfachungsverfahren, wie die Standardkostenmethode und die retrograde Methode, anwenden. Darüber hinaus sind sie in der Lage, den Nettoveräußerungswert zu ermitteln und Sammelbewertungsverfahren, wie die Fifo-Methode und die Durchschnittsmethode anzuwenden. Der Standard „IAS 2“ befasst sich mit der Bilanzierung und Bewertung von Vorräten und gibt Hinweise zur Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Darüber hinaus regelt er die weitere aufwandswirksame Erfassung unter Berücksichtigung eventueller Abwertungen auf den Nettoveräußerungswert. Desweiteren gibt IAS 2 geeignete Methoden zur Folgebewertung unter Berücksichtigung von Bewertungsvereinfachungsverfahren vor. Im Standard IAS 2.6 werden Vorräte als Vermögenswerte beschrieben, die entweder zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden, die sich in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden oder die als Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen verbraucht werden. Unter den Vorräten (inventories) werden folgende Posten ausgewiesen: Handelswaren (merchandises) , Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (raw materials and supplies), unfertige Erzeugnisse (work in progress) und Fertigerzeugnisse (finished goods) . 11.1 Bewertung der Vorräte Bewertungsmaßstäbe Nach dem Rahmenkonzept (Conceptual Framework) kommen für die Bewertung von Vorräten folgende vier Bewertungsmaßstäbe in Betracht: 132 Historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Wiederbeschaffungswert/ Tageswert, Veräußerungswert/ Erfüllungsbetrag, und Barwert. 11.2 Erstbewertung von Vorräten Die Erstbewertung und Bilanzierung der Vorräte erfolgt sowohl nach IFRS als auch nach HGB zu historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese stellen in beiden Rechnungslegungs- 132 Zimmermann, J., Werner, J. R., Hitz, J.-M.: Von der Umstellung auf IFRS bis zur fertigen Bilanz, 2019, S. 116 f. <?page no="136"?> 136 Schritt 11: Vorräte systemen gleichzeitig die Bewertungsobergrenze dar. Soweit die Vorräte durch Kauf erworben wurden, stellen sich die Anschaffungskosten gemäß IAS 2.11 bis 2.18 wie folgt dar: Anschaffungspreis (ohne Umsatzsteuer, sofern Erwerber vorsteuerabzugsberechtigt ist) - Anschaffungspreisminderungen (direkt zurechenbare Nachlässe, z. B. Rabatte, Skonti, Boni etc.) + Anschaffungsnebenkosten (z. B. Transportkosten, Einfuhrzölle, Grunderwerbsteuer etc.) + sonstige Kosten (Kosten, die anfallen, um die Vorräte an den Ort ihrer beabsichtigten Verwendung zu bringen (z. B. innerbetrieblicher Transport)) + Fremdkapitalkosten für qualifizierte Vermögenswerte = Anschaffungskosten (Zugangswert) Tab. 11.1: Ermittlung der Anschaffungskosten von Vorräten Anschaffungspreisminderungen sind z. B. Skonti, Rabatte oder sonstige Preisnachlässe. Zu den Anschaffungsnebenkosten zählen direkt zurechenbare Kosten wie Verpackung, Montage, Transport, Zölle oder Versicherungen. 133 Vorräte entstehen im Unternehmen nicht ausschließlich durch den Erwerb, sondern auch als Ergebnis des Produktionsprozesses. Neu hergestellte Erzeugnisse, sowohl fertige als auch unfertige, unterliegen der Aktivierungspflicht und werden zu Herstellungskosten bewertet. Die Herstellungskosten umfassen alle Kosten, die durch den Herstellungsprozess anfallen, um den Vermögenswert in einen verkaufsfähigen Zustand zu versetzen, sowie die Kosten, um ihn an seinen derzeitigen Standort zu bringen. 134 Dabei folgt IAS 2 der Bewertung zu produktionsbezogenen Vollkosten. Die in die Herstellungskosten einzubeziehenden Kostenbestandteile sowie die Einbeziehungsverbote und Wahlrechte sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Bestandteile der Herstellungskosten IFRS HGB Einzelkosten + Materialeinzelkosten Pflicht Pflicht + Fertigungseinzelkosten + Sondereinzelkosten der Fertigung + Sondereinzelkosten des Vertriebs Verbot Verbot Gemeinkosten + anteilige Materialgemeinkosten Pflicht Pflicht + anteilige Fertigungsgemeinkosten + anteiliger Werteverzehr des eingesetzten Anlagevermögens (produktionsbedingt) + anteiliger Werteverzehr (produktionsbezogen) von Nutzungsrechten nach IFRS 16 (Leasing) + Verwaltungskosten (produktionsbezogen) Wahlrecht + allgemeine Verwaltungskosten Verbot 133 Henselmann, K., Scherr, E., Hering, J.: Jahresabschluss nach IFRS und HGB, 2017, S. 37 ff. 134 Vgl. NWB Datenbank: IAS 2.12 ff. <?page no="137"?> 11.2 Erstbewertung von Vorräten 137 Aufwendungen für • soziale Einrichtungen • freiwillige soziale Leistungen • betriebliche Altersvorsorge Pflicht, wenn produktionsbezogen, sonst Verbot + Entwicklungskosten Pflicht Wahlrecht + produktbezogene Fremdkapitalkosten (unter bestimmten Bedingungen) Pflicht (bei qualifizierten Vermögenswerten) Wahlrecht = Herstellungskosten Vertriebskosten Verbot Verbot Forschungskosten Verbot Verbot Ertragssteuern Verbot Verbot Leerkosten Verbot Verbot kalkulatorische Kosten Verbot Verbot Tab. 11.2: Bestandteile der Herstellungskosten nach HGB und IFRS 135 Die Tabelle zeigt, dass die IFRS dem Unternehmen im Wesentlichen keinen Spielraum bei der Ermittlung der Herstellungskosten lassen. Im Gegensatz dazu bietet das Handelsrecht dem Unternehmen einige Wahlrechte. Ein Beispiel dafür ist die Einbeziehung von Fremdkapitalkosten, die sich zwischen den beiden Rechnungslegungssystemen unterscheidet. Nach IFRS dürfen Fremdkapitalkosten nur dann in die Herstellungskosten einbezogen werden, wenn es sich um einen qualifizierten Vermögenswert (qualifying asset) handelt, wie bereits im Kapitel zur Erstbewertung von Sachanlagen beschrieben. Diese Vermögenswerte zeichnen sich durch einen längeren Zeitraum aus, der erforderlich ist, um sie in ihren beabsichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen. IAS 23.7 weist darauf hin, dass Vermögenswerte mit kurzer Herstellungsdauer nicht die Definition eines qualifizierten Vermögenswertes erfüllen. Als Vorräte, deren Fremdkapitalkosten in die Herstellungskosten einzubeziehen sind, kommen nur solche in Betracht, die einen längeren Reife- oder Herstellungsprozess durchlaufen, wie z. B. hochwertige Weine, Whiskys oder Käsesorten. 136 Beispiel 11.1: Ermittlung der Herstellungskosten Die Holz-Design AG stellt ein hochwertiges Sideboard in Serienfertigung her. Die Materialeinzelkosten betragen 150 € pro Stück zuzüglich 10 % Materialgemeinkosten. Weiterhin fallen Fertigungseinzelkosten von 100 € pro Stück sowie 120 % Fertigungsgemeinkosten an. Die jährlichen produktionsbedingten Abschreibungen betragen 12.000 € und die allgemeinen Verwaltungskosten belaufen sich auf 30 € pro Stück. Die Vertriebskosten betragen 20 € pro Stück, die Forschungskosten 15 € pro Stück und die Fremdkapitalzinsen 5 € pro Stück. Das folgende Schema zeigt die Berechnung der angefallenen Herstellungskosten bei einer Normalauslastung von 1.000 Stück pro Jahr: 135 In Anlehnung an: Thommen J. et al.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, 2023, S. 290, sowie Lüdenbach, N. et al.: IFRS Kommentar, 2024, S. 1023 f. 136 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 56 f. <?page no="138"?> 138 Schritt 11: Vorräte Kostenbestandteile IFRS HGB Einzelkosten Materialeinzelkosten 150 €/ St. 150 €/ St. + Fertigungseinzelkosten 100 €/ St. 100 €/ St. Variable Gemeinkosten + Materialgemeinkosten 15 €/ St. 15 €/ St. + Fertigungsgemeinkosten 120 €/ St. 120 €/ St. Fixe Gemeinkosten + Abschreibungen auf das Anlagevermögen (produktionsbedingt) 12.000 € : 1.000 St. = 12 €/ St. 12.000 € : 1.000 St. = 12 €/ St. + Sonstige Kosten Herstellungskosten IFRS (= Wertuntergrenze HGB) 397 €/ St. 397 €/ St. + Allgemeine Verwaltungskosten - 30 €/ St. + Fremdkapitalkosten (kein qualifizierter Vermögenswert) - 5 €/ St. Herstellungskosten (Wertobergrenze HGB) 432 €/ St. Tab. 11.3: Beispiel Berechnung der Herstellungskosten nach IFRS und HGB Fremdkapitalkosten dürfen nach IFRS nicht angesetzt werden, da es sich bei einem Sideboard nicht um einen qualifizierten Vermögenswert handelt. Zudem besteht ein Aktivierungsverbot für Forschungskosten und für die allgemeinen Verwaltungskosten. Somit betragen die anzusetzenden Herstellungskosten nach IFRS auf 397 € pro Stück. Nach den handelsrechtlichen Vorschriften können ebenfalls 397 € je Stück oder der höhere Wert von 432 € je Stück angesetzt werden. Herstellungskosten bei unterschiedlicher Auslastung Die Herstellungskosten werden auf Basis der Normalbeschäftigung ermittelt und dienen der Berechnung der fixen Gemeinkosten. Bei einer Unterauslastung der Normalbeschäftigung entstehen Leerkosten , die nicht angesetzt werden dürfen. Daher werden bei Unterbeschäftigung weiterhin die Normalkosten als Basis für die Ermittlung der Herstellungskosten verwendet. Bei Überbeschäftigung hingegen wird die tatsächliche Ist-Beschäftigung zur Verrechnung der fixen Gemeinkosten herangezogen, um eine Aktivierung von nicht angefallenen Kosten zu vermeiden. Zusammengefasst: Ist-Beschäftigung < Normalbeschäftigung → Zugrundelegung der Normalbeschäftigung Ist-Beschäftigung > Normalbeschäftigung → Zugrundelegung der Ist-Beschäftigung Fortsetzung Beispiel 11.1: Ermittlung der Herstellungskosten Führt man das Beispiel der Holz-Design AG fort und geht davon aus, dass die Holz-Design AG nicht wie üblich 1.000 Sideboards pro Jahr herstellen kann, so ergeben sich bei einer gegebenen Ist- Produktion von a) 750 Stück bzw. b) 1.500 Stück: <?page no="139"?> 11.2 Erstbewertung von Vorräten 139 Ausbringungsmenge 750 Stück 1.500 Stück Einzelkosten Materialeinzelkosten 150 €/ St. 150 €/ St. + Fertigungseinzelkosten 100 €/ St. 100 €/ St. Variable Produktionsgemeinkosten + Materialgemeinkosten 15 €/ St. 15 €/ St. + Fertigungsgemeinkosten 120 €/ St. 120 €/ St. Fixe Produktionsgemeinkosten + Abschreibung auf das Anlagevermögen (produktionsbedingt) 12.000 € : 1.000 St. = 12,00 €/ St. 12.000 € : 1.500 St. = 8,00 €/ St. Herstellungskosten nach IFRS 397 €/ St. 393 €/ St. * Produktionsmenge 750 Stück 1.500 Stück Bilanzansatz der Sideboards 297.750 € 589.500 € Tab. 11.4: Beispiel: Ermittlung der Herstellungskosten bei Unterbzw. Überbeschäftigung Im Fall (a) liegt die Produktionsmenge unter der Normalbeschäftigung. Daher werden die Einzelkosten sowie die variablen Gemeinkosten mit der Ist-Beschäftigung verrechnet. Die fixen Gemeinkosten werden jedoch auf Basis der Normalbeschäftigung berechnet. Somit ergibt sich ein Abschreibungswert von 12,00 € pro Stück. Würde man auch hier die tatsächliche Auslastung zugrunde legen, würden höhere Herstellungskosten und damit Leerkosten aktiviert. Die folgende Tabelle verdeutlicht die unterschiedlichen Abschreibungswerte. Menge 1 Stück 750 Stück Abschreibung berechnet nach der Normalbeschäftigung 12.000 € : 1.000 St. = 12,00 €/ St. 750 St. x 12,00 €/ St. = 9.000 € Abschreibung berechnet nach der tatsächlichen Beschäftigung 12.000 € : 750 St. = 16,00 €/ St. 750 St x 16,00 €/ St. = 12.000 € Differenz = Leerkosten 4,00 €/ St. 3.000 € Tab. 11.5: Beispiel zur Berechnung der Leerkosten Zur Berechnung der Leerkosten kann auch die folgende Formel verwendet werden: Leerkosten = Fixkosten x (1 - [Ist-Auslastung : Normalauslastung]) Leerkosten = 12.000 € x (1 - (750 St. : 1.000 St.)) = 3.000 € Im Fall (b) liegt eine Überbeschäftigung vor. Für die korrekte Berechnung der Herstellungskosten wird die tatsächliche Ist-Beschäftigung herangezogen und die fixen Gemeinkosten entsprechend verrechnet. Dies führt zu niedrigeren Herstellungskosten pro Stück. Würde analog zur Unterbeschäftigung die Verrechnung auf Basis der Normalbeschäftigung erfolgen, würden Kosten aktiviert, die tatsächlich nicht angefallen sind. Diese betragen 4,00 € pro Stück und führen insgesamt zu 2.000 € höheren Herstellungskosten. <?page no="140"?> 140 Schritt 11: Vorräte 11.3 Bewertungsvereinfachungsverfahren nach IFRS Zur Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden gemäß IAS 2.10 die tatsächlich angefallenen Ist-Kosten herangezogen. Aus Vereinfachungsgründen dürfen jedoch auch alternative Verfahren angewendet werden, sofern die Ergebnisse den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nahekommen. Zu diesen vereinfachenden Verfahren zählen die „retrograde Methode“ (IAS 2.22) und die „Standardkostenmethode“ (IAS 2.21). Abb. 11.1: Bewertungsvereinfachungsverfahren nach IFRS 11.3.1 Standardkostenmethode Die Standardkostenmethode geht bei der Ermittlung der Herstellungskosten von normalisierten Werten aus, die die üblichen Material- und Personaleinsatzmengen sowie die normale Kapazität und Auslastung der Produktionsanlagen beinhalten. Diese Planwerte sind regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Die fixen Produktionsgemeinkosten (siehe IAS 2.13) sind auf Basis einer Normalauslastung der Produktionskapazitäten zu aktivieren. Bei der Bestimmung der Normalauslastung bestehen jedoch Ermessensspielräume. Beispiel 11.2: Standardkostenmethode Die Holz-Design AG stellt einen neu eingeführten ovalen Esstisch her. In der letzten Periode betrugen die Herstellungskosten 347 € pro Stück, in der Vorperiode 383 € pro Stück. Das Unternehmen rechnet daher mit Standardkosten in Höhe von 365 € pro Stück ([347 €/ St. + 383 €/ St.] : 2). In der laufenden Periode werden 1.050 Esstische produziert und zu Ist-Kosten von 399.000 € bewertet. Am Ende des Geschäftsjahres befinden sich noch 200 Esstische im Lager, die nach der Standardkostenmethode zu bewerten sind. Standardkosten 365 €/ St. Ist-Kosten (399.000 € : 1.050 St.) = 380 €/ St. Bewertung Lagerbestand (Standardkostenmethode) (365 €/ St. x 200 St.) = 73.000 € <?page no="141"?> 11.3 Bewertungsvereinfachungsverfahren nach IFRS 141 Bewertung Lagerbestand (Ist-Kosten) (380 €/ St. x 200 St.) = 76.000 € Abweichung der beiden Bewertungen 76.000 € - 73.000 € oder (380 €/ St. - 365 €/ St.) x 200 St. = 3.000 € Die Bewertung mit der Standardkostenmethode ergibt einen Wert von 73.000 €. Wäre der Bestand zu Ist-Kosten bewertet worden, hätte sich ein Bestandswert von 76.000 € ergeben. Die Bewertung zu Standardkosten führt somit zu einem um 3.000 € niedrigeren Wert und damit zu einem niedrigeren Ergebnis. 11.3.2 Retrograde Methode Die retrograde Methode wird insbesondere im Einzelhandel angewendet. Dabei werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch pauschale Abschläge von den Verkaufspreisen ermittelt. Die Ermittlung der Anschaffungskosten nach der retrograden Methode ist in IAS 2.22 geregelt. Diese Methode wird häufig im Einzelhandel angewendet, wo eine große Anzahl schnell drehender Vorräte mit ähnlichen Bruttogewinnmargen bewertet wird. Voraussetzung für die Anwendung dieses vereinfachten Verfahrens ist, dass ein alternatives Verfahren nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Ausgehend vom Verkaufspreis der Vorräte wird ein angemessener Prozentsatz für die Bruttogewinnmarge abgezogen. Aufgrund dieses durchschnittlichen Prozentsatzes ist es wichtig, dass ähnliche Bruttogewinnmargen vorliegen. Die Bruttogewinnmarge wird wie folgt berechnet: Bruttogewinnmarge = [(Verkaufspreis - Anschaffungskosten) : Verkaufspreis] x 100 Das folgende Schema dient zur Berechnung der zu ermittelnden Kosten: Endbestand zu Verkaufspreisen - Bruttogewinnmarge in Prozent = Anschaffungskosten (Wert des Endbestands) Beispiel 11.3: Retrograde Methode Die Holz-Design AG verkauft neben der eigenen Produktion auch Handelswaren, wie beispielsweise Vitrinen. Der Anfangsbestand an Vitrinen wurde zu Beginn des Jahres 01 mit 26.000 € erfasst. Im Laufe des Jahres wurden Zukäufe in Höhe von 374.000 € getätigt. Der Anfangsbestand und die Zukäufe haben zusammen einen Verkaufspreis von 500.000 €. Es wurden jedoch nur Umsatzerlöse in Höhe von 417.500 € erzielt. Die folgende Berechnung ermittelt den Wert des Endbestandes mit Hilfe der retrograden Methode. Ermittlung der Bruttogewinnmarge: Bruttogewinnmarge = [(500.000 € - (26.000 € + 374.000 €)) : 500.000 €] x 100 = 20 % Verkaufspreis 500.000 € - Umsatzerlöse - 417.500 € = Endbestand zu Verkaufspreisen = 82.500 € - Bruttogewinnmarge von 20 % 82.500 € x 20 % = - 16.500 € = Wert des Endbestands im Lager = 66.000 € <?page no="142"?> 142 Schritt 11: Vorräte 11.4 Folgebewertung von Vorräten Der Bilanzansatz der Vorräte in der Folgebewertung ergibt sich gemäß IAS 2.9 aus dem niedrigeren Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert. Der Nettoveräußerungswert (net realisable value) wird gemäß IAS 2.6 wie folgt ermittelt: geschätzter erzielbarer Verkaufserlös (ohne Umsatzsteuer) - Erlösschmälerungen (z. B. Rabatte, Boni oder Skonti) erwartete noch anfallende Kosten bis zur endgültigen Fertigstellung erwartete noch anfallende notwendige Vertriebskosten = Nettoveräußerungswert (net realisable value) Tab. 11.6: Berechnung des Nettoveräußerungswertes Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts und des Nettoveräußerungswerts orientiert sich im Gegensatz zu den handelsrechtlichen Vorschriften ausschließlich am Absatzmarkt und nicht zusätzlich am Beschaffungsmarkt. Dies wird damit begründet, dass die Orientierung am Absatzmarkt für den Abschlussadressaten von höherer Relevanz ist. Lediglich bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen kann nach IAS 2.32 der Beschaffungsmarkt, also die Wiederbeschaffungskosten, als Bewertungsgrundlage herangezogen werden. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn ein Preisverfall der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe dazu führt, dass die hergestellten Produkte nicht mehr mindestens zu den Herstellungskosten verkauft werden können. In diesem Fall ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf die Wiederbeschaffungskosten der RHB-Stoffe vorzunehmen. 137 Abb. 11.2: Folgebewertung von Vorräten - Niederstwerttest 137 Vgl. Buschhüter, M., Striegel, A.: Kommentar Internationale Rechnungslegung, 2011, S. 303 f. sowie Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 496. <?page no="143"?> 11.4 Folgebewertung von Vorräten 143 Liegt der Nettoveräußerungswert unter den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Nettoveräußerungswert vorzunehmen. Beispiel 11.4: Ermittlung des Nettoveräußerungswertes Die unfertigen Erzeugnisse werden am Bilanzstichtag zu Herstellungskosten von 400 € pro Stück bewertet. Die geschätzten Kosten bis zur Fertigstellung des Produktes belaufen sich auf 50 € pro Stück und es fallen noch Vertriebskosten in Höhe von 20 € pro Stück an. Der geschätzte Verkaufserlös beträgt 440 € pro Stück. geschätzter erwarteter Verkaufserlös 440 €/ St. - Erlösschmälerungen wie Rabatte, Boni oder Skonti 0 €/ St. erwartete Kosten bis zur Fertigstellung -50 €/ St. erwartete notwendige Vertriebskosten -20 €/ St. = Nettoveräußerungswert = 370 €/ St. Da der ermittelte Nettoveräußerungswert 370 € pro Stück beträgt, die unfertigen Erzeugnisse zum Bilanzstichtag jedoch zunächst mit Herstellungskosten von 400 € pro Stück bewertet sind, ist eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) in Höhe von 30 € pro Stück vorzunehmen. Wertminderung von Vorräten Vorräte, die beschädigt oder überaltert sind bzw. deren Verkaufspreis aus anderen Gründen gesunken ist, sind durch eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) auf den niedrigeren Nettoveräußerungswert abzuschreiben. Der Grund dafür ist, dass die Vorräte nicht zu einem höheren Wert angesetzt werden dürfen, als bei ihrem Verkauf oder ihrer Verwendung voraussichtlich erzielbar ist. Diese Überprüfung der Vorratsbewertung und die daraus resultierende Wertminderungen (außerplanmäßige Abschreibungen) werden in der Periode als Aufwand erfasst, in der die Wertminderung tatsächlich eingetreten ist. 138 Zunächst wird geprüft, ob eine Wertminderung erforderlich ist. Dazu wird der Nettoveräußerungswert ermittelt und mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten verglichen. Liegt der Nettoveräußerungswert unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so ist eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) vorzunehmen. Merke Nach IAS 2 ist der Nettoveräußerungswert absatzmarktorientiert zu ermitteln, während nach dem HGB auch beschaffungsmarktorientierte niedrigere Werte berücksichtigt werden. Wertaufholung bei Vorräten Im Falle einer Erhöhung des Nettoveräußerungswertes bei einer zuvor vorgenommenen Abwertung sind die Vorräte ebenfalls einer Neubewertung zu unterziehen und gegebenenfalls durch eine Wertaufholung anzupassen. Gemäß IAS 2.33 ist der Nettoverä ußerungswert in jeder Folgeperiode neu zu ermitteln. Ist der Grund für eine zuvor erfasste außerplanmäßige Abschreibung entfallen, wird eine entsprechende Zuschreibung vorgenommen. Der neu ermittelte Nettoverä ußerungswert wird als Basis genommen und die Vorräte werden auf diesen Wert zugeschrieben, sofern er 138 Müller, S. und Saile, P.: Internationale Rechnungslegung (IFRS), 2017, S. 135. <?page no="144"?> 144 Schritt 11: Vorräte weiterhin dem niedrigeren Wert aus Nettoverä ußerungswert und Anschaffungs- oder Herstellungskosten entspricht. Dies hat zur Folge, dass die Vorräte niemals über ihren historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden, d. h. den Kosten, die zum Zeitpunkt des Erwerbs bzw. der Herstellung angefallen sind. 139 Das folgende Schema veranschaulicht die Überprüfung der Bewertung von Vorräten: Bedingung Ansatzwert Nettoveräußerungswert < Anschaffungs- oder Herstellungskosten → Nettoveräußerungswert Nettoveräußerungswert > Anschaffungs- oder Herstellungskosten → Anschaffungs- oder Herstellungskosten Beispiel 11.5: Folgebewertung Die Holz-Design AG produziert Sideboards zu Herstellungskosten von 397 € pro Stück. Zusätzlich fallen Transport- und Versicherungskosten in Höhe von 100 € pro Stück sowie Vertriebskosten in Höhe von 70 € pro Stück an. Zum Bilanzstichtag 01 wurde der Verkaufserlös auf 600 € pro Sideboard geschätzt. Aufgrund sinkender Nachfrage sank der geschätzte Verkaufserlös zum Bilanzstichtag 02 auf geschätzte 500 € pro Sideboard. Im Jahr 03 wurde der Nettoveräußerungswert auf 420 € pro Sideboard neu geschätzt. Die verbesserte Wirtschaftslage führte zu einer weiteren Anpassung des aus dem Absatzmarkt abgeleiteten Wertes, so dass der Verkaufserlös zum Bilanzstichtag 04 720 € pro Sideboard betrug. Die folgende Tabelle zeigt die Bewertungen zu den jeweiligen Bilanzstichtagen. Bilanzstichtag Herstellungskosten Nettoveräußerungswert Bilanzansatz Abschreibung bzw. Zuschreibung 01 397 €/ St. < 600 €/ St. - 100 €/ St. - 70 €/ St. = 430 €/ St. 397 €/ St. keine 02 397 €/ St. > 500 €/ St. - 100 €/ St. - 70 €/ St. = 330 €/ St . 330 €/ St. Abschreibung 330 €/ St. - 397 €/ St. = -67 €/ St. 03 397 €/ St. < 420 €/ St. 397€/ St. Zuschreibung 397€/ St. - 330 €/ St. = 67 €/ St. 04 397 €/ St. < 720 €/ St. - 100 €/ St. - 70 €/ St. = 550 €/ St. 397 €/ St. keine Zum Bilanzstichtag 01 werden die Vorräte zu den Herstellungskosten bewertet, da diese die Wertobergrenze darstellen. Zum Bilanzstichtag 02 ist der Nettoveräußerungswert unter die Herstellungskosten gesunken, so dass eine Wertminderung (außerplanmäßige Abschreibung) vorzunehmen ist. Diese Wertminderung wird zum Bilanzstichtag 03 durch eine Zuschreibung rückgängig gemacht, da der Nettoveräußerungswert wieder gestiegen ist. Zum Bilanzstichtag 04 ist der Nettoveräußerungswert weiter gestiegen. Eine erneute Zuschreibung ist jedoch nicht zulässig, da der maximale Bewertungsbetrag die Herstellungskosten nicht übersteigen darf. 139 Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 66 f. <?page no="145"?> 11.5 Sammelbewertungsverfahren 145 11.5 Sammelbewertungsverfahren Zur Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird im Allgemeinen die Einzelzuordnungs- oder Einzelbewertungsmethode angewendet. Diese Methode ist jedoch ungeeignet für Vorräte, die in großen Mengen vorkommen, üblicherweise austauschbar sind oder nicht einem bestimmten Projekt zugeordnet werden können. Aus diesem Grund sieht IAS 2.25 vor, dass in solchen Fällen ein Wahlrecht besteht, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch mit vereinfachten Methoden zu ermitteln. Dazu zählen die Fifo-Methode (First in - first out) und die Durchschnittsmethode. Fifo-Methode : Es wird davon ausgegangen, dass die zuerst angeschafften oder hergestellten Güter auch zuerst verkauft oder verbraucht werden. Am Jahresende sind nach dieser Methode „nur noch die Vorräte der zuletzt eingegangenen Lieferungen vorhanden, die zu Einstandspreisen bewertet werden“. 140 Durchschnittsmethode : Diese Methode unterteilt sich in die periodenbezogene und die gleitende Durchschnittsmethode. - Periodenbezogene gewogene Durchschnittsmethode: Der Anfangsbestand und alle Zugänge der Periode werden mit ihren Einstandspreisen erfasst und daraus ein Durchschnittspreis gebildet. Der Durchschnittspreis wird sowohl für die Bewertung der Abgänge während der Periode als auch für die Bewertung des Endbestands verwendet. - Gleitende gewogene Durchschnittsmethode: Nach jedem Zugang wird ein neuer Durchschnittspreis berechnet. Jeder Abgang bis zum nächsten Zugang wird mit diesem neuen Preis bewertet. Somit haben die Abgänge während des Geschäftsjahres keinen einheitlichen Preis. Abb. 11.3: Sammelbewertungsverfahren 11.5.1 Fifo-Methode (First in - first out) Die Fifo-Methode geht davon aus, dass die zuerst angeschafften oder hergestellten Vorräte auch zuerst verbraucht und veräußert werden. Dies führt dazu, dass sich der Jahresendbestand aus den zuletzt angeschafften oder hergestellten Vorräten, zusammensetzt. 140 Coenenberg A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2024, S. 251. <?page no="146"?> 146 Schritt 11: Vorräte Beispiel 11.6: Fifo-Methode Die Holz-Design AG benötigt für die Herstellung eines Sideboards unter anderem hochwertige Teleskopauszüge. Zu Beginn des Jahres 01 befinden sich 200 Stück dieser Auszüge für 60 € pro Stück auf Lager. Unter Berücksichtigung der in der folgenden Tabelle aufgeführten Zu- und Abgänge ergibt sich am Jahresende ein Endbestand von 750 Stück. Zu-/ Abgang Menge Preis pro Stück Bestand Anfangsbestand 200 St. 60 €/ St. 200 St. + Zugang 250 St. 75 €/ St. 450 St. + Zugang 150 St. 80 €/ St. 600 St. - Abgang 300 St. 300 St. + Zugang 500 St. 60 €/ St. 800 St. - Abgang 250 St. 550 St. + Zugang 200 St. 70 €/ St. 750 St. Tab. 11.7: Beispiel für die Berechnung des Endbestandes nach der Fifo-Methode Die Bewertung des Endbestandes von 750 Stück wird wie folgt berechnet: 200 St. x 70 €/ St. = 14.000 € 500 St. x 60 €/ St. = + 30.000 € 50 St. x 80 €/ St. = + 4.000 € Wert des Endbestands = = 48.000 € Somit ergibt sich nach der Fifo-Methode ein Wert des Endbestandes von 48.000€. 11.5.2 Durchschnittsmethode Die weiteren Bewertungsvereinfachungsverfahren zur Kostenzuordnung lassen sich in zwei Einzelmethoden unterteilen. Zum einen gibt es die gewogene periodenbezogene Durchschnittsmethode und zum anderen die gleitende (permanente) Durchschnittsmethode. Beide Verfahren ermitteln den Durchschnitt aus Preis und Menge. Der Unterschied besteht darin, dass bei der gewogenen periodenbezogenen Durchschnittsmethode ein Mittelwert aus dem Anfangsbestand und den Zugängen der Periode gebildet wird, mit dem die Abgänge und der Endbestand bewertet werden. Bei der gleitenden (permanenten) Durchschnittsmethode wird dagegen nach jedem Zugang ein neuer Durchschnittspreis berechnet. 141 Beispiel 11.7: Periodenbezogene gewogene Durchschnittsmethode Als Ausgangsgröße für die Berechnungen nach den beiden Durchschnittsverfahren dient das Beispiel der Fifo-Methode der Firma Holz-Design AG. Die Holz-Design AG benötigt für die Herstellung des Sideboards unter anderem hochwertige Teleskopauszüge. Zu Beginn des Jahres 01 befinden sich 200 Stück dieser Auszüge zu 60 € pro Stück auf Lager. Die folgende Tabelle zeigt die Zu- und Abgänge des Jahres mit den jeweiligen Zugangspreisen. 141 Buschhüter, M., Striegel, A.: Kommentar Internationale Rechnungslegung, 2011, S. 301 f. sowie Coenenberg, A. G., et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2024, S. 249 f. <?page no="147"?> 11.5 Sammelbewertungsverfahren 147 Zu-/ Abgang Zugangsmenge Abgangsmenge Preis pro Stück Zugang 250 St. 75 €/ St. Zugang 150 St. 80 €/ St. Abgang 300 St. Zugang 500 St. 60 €/ St. Abgang 250 St. Zugang 200 St. 70 €/ St. Tab. 11.8: Beispiel für die Berechnung des Endbestands nach der Durchschnittsmethode Der Endbestand wird mit Hilfe der gewogenen periodenbezogenen gewogene Durchschnittsmethode und der gleitenden (permanenten) Durchschnittsmethode berechnet. Periodenbezogene gewogene Durchschnittsmethode Menge Preis pro Stück Preis insgesamt Anfangsbestand 200 St. 60 €/ St. 12.000 € + Zugang 250 St. 75 €/ St. 18.750 € + Zugang 150 St. 80 €/ St. 12.000 € + Zugang 500 St. 60 €/ St. 30.000 € + Zugang 200 St. 70 €/ St. 14.000 € Gesamt 1.300 St. 66,73 €/ St. 86.750 € - Abgang 300 St. - Abgang 250 St. Wert des Endbestands 750 St. 66,73 €/ St. 50.048,08 € 142 Tab. 11.9: Beispiel für die Berechnung des Endbestands nach der periodenbezogenen gewogenen Durchschnittsmethode Berechnung des Durchschnittspreises: Durchschnittspreis pro Stück = Gesamtwert Gesamtmenge = 86.750 € 1.300 St. = 66,73 €/ St. Daraus ergibt sich ein periodenbezogener Durchschnittspreis von 66,73 €/ St. Berechnung des Endbestandswerts: Endbestandswert = Menge x Durchschnittspreis = 750 St. x 66,73 €/ St. = 50.048,08 € Die Menge des Endbestands wird mit dem Durchschnittspreis bewertet, so dass sich ein Endbestandswert von 50.048,08 € ergibt. 142 Dieser Wert ergibt sich aus der Berechnung mit allen Dezimalstellen. <?page no="148"?> 148 Schritt 11: Vorräte Beispiel 11.8: Gleitende (permanente) Durchschnittsmethode Zugänge Abgänge Bestand gleitender Durchschnittspreis Gesamtwert Menge Preis pro Stück Menge Menge Preis pro Stück 200 St. 60 €/ St. 200 St. 60,00 €/ St. 12.000,00 € +250 St. 75 €/ St. + 250 St. 75,00 €/ St. +18.750,00 € Neuberechnung (= 450 St.) 68,33 €/ St. = 30.750,00 € - 300 St. - 300 St. 68,33 €/ St. - 20.500,00 € Neuberechnung (= 150 St.) 68,33 €/ St. = 10.250,00 € +150 St. 80 €/ St. + 150 St. 80,00 €/ St. 12.000,00 € Neuberechnung = 300 St. 74,17 €/ St. 22.250,00 € +500 St. 60 €/ St. + 500 St. 60,00 €/ St. + 30.000,00 € Neuberechnung (= 800 St.) 65,31 €/ St. = 52.250,00 € - 250 St. = 550 St. 65,31 €/ St. - 16.328,13 € +200 St. 70 €/ St. + 250 St. 70,00 €/ St. + 17.500,00 € Endbestand = 750 St. 66,56 €/ St. = 49.921,87 € Tab. 11.10: Beispiel für die Berechnung des Endbestands nach der gleitender Durchschnittsmethode Der Endbestand wird mit 66,56 € pro Stück bewertet, was einen Gesamtwert des Endbestands von 49.921,87 € ergibt. Aufgabe und Lösung zu : • Herstellungskosten finden Sie online. <?page no="149"?> Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Lernziele Die Lernenden sollen ein umfassendes Verständnis der Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva erlangen. Ferner soll deren Fähigkeit gefördert werden, dass sie diese Kenntnisse in der Praxis anwenden. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreichen: [1] Die Bestandteile des Eigenkapitals wie gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen und Neubewertungsrücklage unterscheiden. [2] Die verschiedenen Arten von kurz- und langfristigen Schulden analysieren und bewerten. [3] Den Ansatz und die Bewertung von Verbindlichkeiten sowie deren Ausweis in der Bilanz kennen. [4] Kriterien für die Bildung und Bewertung von Rückstellungen sowie Kenntnisse über die verschiedenen Arten von Rückstellungen (z. B. Pensionsrückstellungen, Drohverlustrückstellungen) und deren bilanzielle Abbildung. [5] Kenntnisse der Voraussetzungen für den Ansatz und die Bewertung von Restrukturierungsrückstellungen. Das folgende Kapitel bezieht sich auf die Passivseite der Bilanz und behandelt Eigenkapital, Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Die Passivseite der Bilanz besteht aus dem Eigenkapital und dem Fremdkapital zusammen. Letzteres setzt sich wiederum aus Rückstellungen und Verbindlichkeiten zusammen. Rückstellungen sind ungewisse Verbindlichkeiten, deren Höhe und Fälligkeit unsicher sind. 12.1 Eigenkapital Der Standard IAS 32 definiert den Begriff des Eigenkapitals. Danach ergibt sich das Eigenkapital eines Unternehmens als Residualgröße aus dem Saldo von Vermögenswerten und Schulden. 143 Bei der Betrachtung des Eigenkapitals geht es weniger um den Ansatz als um das Verständnis der Bestandteile des Eigenkapitals . Beim Eigenkapital von Kapitalgesellschaften sind folgende Posten zu unterscheiden: Gezeichnetes Kapital (issued capital/ share capital) - langfristig gebundenes Eigenkapital Rücklagen (reserves) - kurzfristiges variables Eigenkapital 143 Vgl. IASB Framework Tz 49 (c). <?page no="150"?> 150 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Die wichtigsten Rücklagen nach IFRS sind: 144 Rücklagen nach IFRS Kapitalrücklage (capital reserve) Gewinnrücklagen (revenue reserves) sonstige Rücklagen (other reserves) • Agiobeträge bei der Ausgabe von Aktien (share premiums) • Einstellungen aus einbehaltenen Gewinnen (retained earnings) • satzungsmäßige Rücklagen (statutory reserves) • gesetzliche Rücklagen (legal reserves) • Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) • Fair Value-Rücklage (fair value reserve) Tab. 12.1: Ausweis der Rücklagen nach IFRS Ein wesentlicher Unterschied zum HGB besteht in der Existenz einer Neubewertungsrücklage, die nach HGB nicht zulässig ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Eigenkapital nach IFRS nur dann vorliegt, wenn der Kapitalgeber keinen individuellen Rückzahlungsanspruch (kein Kündigungsrecht) auf das eingesetzte Kapital hat. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Eigenkapitals in der IFRS-Konzernbilanz ist gemäß IFRS 10.22 der Anteil der Minderheitsgesellschafter. Dieser ist insbesondere dann relevant, wenn ein Mutterunternehmen nicht 100 % der Anteile an seinen Tochterunternehmen hält und Minderheitsgesellschafter nicht beherrschende Anteile an einem Tochterunternehmen halten. Diese Minderheitsanteile sind gemäß IFRS 10.B94 getrennt vom Eigenkapital des Mutterunternehmens auszuweisen. 12.2 Schulden Gemäß Framework F.49(b) ist eine Schuld eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens, die aus Ereignissen der Vergangenheit resultiert und deren Erfüllung erwartungsgemäß mit einem Abfluss von Ressourcen mit künftigem wirtschaftlichem Nutzen verbunden ist. Die folgende Abbildung 12.1 zeigt die Abgrenzung des Schuldenbegriffs nach IAS 37. Zum Fremdkapital gehören neben den Verbindlichkeiten auch die Rückstellungen. Verbindlichkeiten sind die Schulden, die dem Grunde und der Höhe nach feststehen. Dazu zählen insbesondere Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie gegenüber Kreditinstituten. Da der Ansatz und die Bewertung der Verbindlichkeiten analog zu den Vermögenswerten auf der Aktivseite erfolgen, ergeben sich nur geringe Unterschiede zwischen HGB und IFRS. Abgegrenzte Schulden ( accruals ) sind eine Unterkategorie der Schulden in der internationalen Rechnungslegung nach IFRS. Im Gegensatz zu den Rückstellungen (provisions) , die als unsicher eingestuft werden, weisen abgegrenzte Schulden nur einen sehr geringen Grad an Unsicherheit auf. Beispiele hierfür sind ausstehende Rechnungen, Provisionen, Urlaubsansprüche sowie Jahresabschluss- und Prüfungskosten. 145 Accruals werden in der Regel unter den Verbindlichkeiten aLuL oder den sonstigen Verbindlichkeiten ausgewiesen. 144 Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2023, S. 93. 145 Vgl. Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 86. <?page no="151"?> 12.3 Verbindlichkeiten 151 Abb. 12.1: Abgrenzung der Schulden Eventualschulden ( contingent liabilies ) werden nach IAS 37.10 als Schulden definiert, bei denen eine mögliche Verpflichtung gegenüber anderen Unternehmen besteht, die auf vergangenen Ereignissen beruht. Weitere Kriterien für Eventualschulden sind gegenwärtige Verpflichtungen, die auf vergangenen Ereignissen beruhen, deren Ressourcenabfluss jedoch nicht wahrscheinlich ist oder deren Höhe nicht verlässlich geschätzt werden kann. Eventualschulden sind im Anhang des IFRS-Abschlusses anzugeben und kurz zu erläutern. Zu den langfristigen Schulden (non current liabilities) gehören die folgenden Posten: Finanzverbindlichkeiten (financial liabilities), z. B.: mehrjährige Kredite und Darlehen, Anleihen, Leasingverbindlichkeiten etc., latente Steuerschulden (deferred tax liabilities) , Rückstellungen (provisions) , z. B. Rückbau- und Rekultivierungsverpflichtungen, Pensionsrückstellungen (pension provisions) . Die kurzfristigen Schulden (current liabilities) umfassen die folgenden Posten: Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (trade payables) und sonstige Verbindlichkeiten (other payables) , kurzfristige Finanzverbindlichkeiten (current financial liabilities) , z. B. erhaltene Anzahlungen, kurzfristige Rückstellungen, z. B. Steuerrückstellung (tax provision) , sonstige Rückstellungen (other provisions) , passive Rechnungsabgrenzungsposten (deferred income) . 12.3 Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten sind Verpflichtungen, die dem Grunde, der Höhe und der Fälligkeit nach feststehen. In der Bilanz sind gemäß IAS 1.54 folgende Schuldenposten gesondert auszuweisen: Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Verbindlichkeiten, sonstige finanzielle Verbindlichkeiten, Ertragssteuerschulden (current taxes) . Schulden/ Verpflichtungen („Liabilities“) und ihr Ansatz nach IAS 37 und IFRS 9 wahrscheinliche Verpflichtung (> 50 %) noch nicht konkretisiert mögliche Verpflichtung Eintrittswahrscheinlichkeit sehr ungewiss konkretisiert Höhe und/ oder Zeitpunkt ungewiss; Eintritt wahrscheinlich bis sicher Höhe und Zeitpunkt lassen sich relativ genau festlegen; Eintritt w. bis s. Eventualschulden („Contingent Liabilities“) sichere Verpflichtung Eintrittswahrscheinlichkeit, Höhe und Zeitpunkt gewiss Rückstellungen („Provisions“) abgegrenzte Schulden („Accruals“) Verbindlichkeiten („Payables“- „Borrowings“) Passivierungsverbot, aber Angabe im Anhang Passivierungspflicht <?page no="152"?> 152 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Zugangsbewertung von Verbindlichkeiten Finanzielle Verbindlichkeiten sind gemäß IFRS 9.5.1.1 bei ihrem erstmaligen Ansatz mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value) zu bewerten, was in der Regel den Anschaffungskosten (Ausgabebetrag) entspricht. Die Anschaffungskosten ergeben sich aus dem beizulegenden Zeitwert der erhaltenen Gegenleistung abzüglich der Emissionskosten. Hier bestehen Unterschiede zwischen der Rechnungslegung nach HGB und IFRS. Während nach IFRS auf den Vereinnahmungsbetrag abgestellt wird, ist nach HGB der Erfüllungsbetrag anzusetzen. Dies führt bei der Vereinbarung eines Disagios zu unterschiedlichen Wertansätzen in der Handelsbilanz und der IFRS-Bilanz. 12.4 Rückstellungen Rückstellungen stellen zusammen mit den Verbindlichkeiten die Schulden (liabilities) eines Unternehmens dar. Die Bilanzierung und Bewertung von Rückstellungen (provisions) ist im Standard IAS 37 geregelt. Nach IAS 37.10 ist eine Rückstellung eine Schuld, die hinsichtlich ihrer Fälligkeit oder ihrer Höhe ungewiss ist. Rückstellungen sind gegenwärtige ungewisse Verpflichtungen, die aus vergangenen Ereignissen resultieren und künftig wahrscheinlich zu einem Abfluss von wirtschaftlichen Ressourcen führen. Dabei muss es sich um Verpflichtungen gegenüber Dritten handeln. Aufwandsrückstellungen, z. B. für unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb von drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, dürfen nach IFRS nicht angesetzt werden. Die folgende Abbildung zeigt die Rückstellungen nach ihrem Verpflichtungscharakter: Abb. 12.2: Bildung von Rückstellungen 12.4.1 Ansatz von Rückstellungen Die folgenden drei Bedingungen müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine Rückstellung passiviert werden kann: 1. Das Unternehmen hat eine gegenwärtige rechtliche oder faktische Verpflichtung, die aus einem Ereignis der Vergangenheit resultiert. 2. Es ist wahrscheinlich, dass zur Erfüllung der Verpflichtung ein Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen erforderlich sein wird. <?page no="153"?> 12.4 Rückstellungen 153 3. Eine verlässliche Schätzung der Höhe der Verpflichtung möglich ist. 146 Somit gilt: Abb. 12.3: Ansatz von Rückstellungen 147 Die erste Voraussetzung ist eine gegenwärtige Verpflichtung, die faktischer oder rechtlicher Natur sein kann. Eine Verpflichtung im Sinne des IAS 37.20 betrifft immer eine andere Partei, unabhängig davon, ob sie gegenüber einem konkreten Dritten oder gegenüber der Allgemeinheit besteht. Wirtschaftliche Verpflichtungen gegenüber sich selbst (Innenverpflichtungen) unterliegen in der internationalen Rechnungslegung nach IFRS einem Passivierungsverbot. 148 Die zweite Voraussetzung verlangt, dass der Abfluss von wirtschaftlichen Ressourcen aus dem Unternehmen zur Begleichung der Verpflichtung mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % zu erwarten ist (gemäß IAS 37.14(b) und 37.23). Handelt es sich um eine Gruppe gleichartiger Verpflichtungen, wie beispielsweise Gewährleistungsansprüche, ist es ausreichend, wenn der Abfluss von Ressourcen zur Begleichung aller gleichartigen Verpflichtungen wahrscheinlich ist. 149 Die dritte Voraussetzung ist, dass die Höhe der Verpflichtung verlässlich geschätzt werden kann, damit die Verpflichtung als Rückstellung angesetzt werden kann. Wenn diese und alle anderen oben genannten Bedingungen erfüllt sind, sind die Ansatzkriterien für eine Rückstellung erfüllt und die Rückstellung kann gebildet werden. 150 12.4.2 Bewertung von Rückstellungen nach IAS 37 Die Bewertung von Rückstellungen ist in den Abschnitten IAS 37.36 - 37.52 sowie IAS 37.59 und 37.60 geregelt. Nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit (materiality) kann bei kurzfristigen Rückstellungen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr auf eine Abzinsung verzichtet werden. Barwert: Nach IAS 37.45 sind auch Zins- und Zinseszinseffekte zu berücksichtigen, wenn die Abzinsung einen wesentlichen Einfluss auf den Verpflichtungsumfang hat. Der Standard gibt keinen genauen Schwellenwert an, ab dem dies der Fall ist, jedoch ist dies bei Verpflichtungen, die erst 146 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 483. 147 Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 2023, S. 78. 148 Vgl. Wöltje J.: IFRS, 2017, S. 84 ff. 149 Vgl. Lüdenbach, C.: IFRS Essentials, 2019, S. 246. 150 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 485. Ansatz von Rückstellungen Vergangenheitsbezug: gegenwärtige Verpflichtung aus Ereignissen der Vergangenheit Wahrscheinlichkeit: Ressourcenabfluss ist höher als 50 % Schätzbarkeit: verlässliche Bestimmbarkeit der Verpflichtung <?page no="154"?> 154 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva nach mehr als einem Jahr fällig werden, grundsätzlich anzunehmen. 151 Nach IAS 37.47 ist ein Abzinsungssatz vor Steuern zu wählen, der „die aktuellen Markterwartungen hinsichtlich des Zinseffekts sowie die für die Schuld spezifischen Risiken“ widerspiegelt.“ 152 Für die Zugangsbewertung von Rückstellungen ist gemäß IAS 37.36 der Maßstab der bestmöglichen Schätzung (best estimate) heranzuziehen. Danach ist zum Bilanzstichtag die bestmögliche Schätzung des Erfüllungsbetrags oder der Übertragung der zukünftigen Verpflichtung auf einen Dritten anzusetzen. Dabei wird zwischen einer internen und einer externen Marktbewertung unterschieden. Bei der internen Bewertung wird der Betrag angesetzt, der am Bilanzstichtag zur Tilgung der Schuld gezahlt werden müsste (Erfüllungsbetrag). Die externe Bewertung bezieht sich auf beobachtbare Marktdaten und den Betrag, den das Unternehmen einem Dritten für die Übertragung der Schuld zahlen müsste (Ablösebetrag). Dabei kann das Unternehmen auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zurückgreifen oder die Schätzungen unabhängiger Gutachter einbeziehen. Die bestmögliche Schätzung darf jedoch nicht zur Bildung stiller Reserven führen (IAS 37.43). Die folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Methoden zur Bewertung von Rückstellungen. Abb. 12.4: Methoden der Rückstellungsbewertung 151 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 489 f. 152 IAS 37.47. Bei der bestmöglichen Schätzung sind die Risiken und Unsicherheiten zu berücksichtigen. (IAS 37.42) Methoden der Rückstellungsbewertung nach allgemeinen Bewertungsvorschiften künftige Ereignisse Barwert Sind zu berücksichtigen, wenn ausreichende objektive und substanzielle Hinweise auf deren Eintritt vorliegen (z. B. Preissteigerungen). (IAS 37.48.ff.) erwarteter Abgang Erträge aus Veräußerung sind nicht zu berücksichtigen. (IAS 37.51 ff.) Wenn der Zinseffekt wesentlich ist, erfolgt der Ansatz in Höhe des Barwertes. Zinssatz vor Steuern auf Basis aktueller Markterwartungen für spezifische Risiken. (IAS 37.45.ff.) Risiken und Unsicherheit <?page no="155"?> 12.4 Rückstellungen 155 Die Zugangsbewertung von Rückstellungen nach IFRS hängt von der Vielzahl gleichartiger Sachverhalte bzw. einmaliger Ereignisse ab. Die Vielzahl gleichartiger Sachverhalte ist dadurch gekennzeichnet, dass hierfür Erfahrungswerte aus der Vergangenheit vorliegen. In solchen Fällen kann die Erwartungswertmethode angewendet werden, bei der die möglichen Ergebnisse mit ihren jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichtet und das arithmetische Mittel zur Ermittlung der Rückstellungshöhe gebildet wird. 153 Liegt hingegen nur ein einziger Sachverhalt vor, für den keine Erfahrungswerte verfügbar sind (z. B. Gerichtsprozesse), so ist der Betrag der Schätzung mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit als bestmögliche Schätzung anzusetzen. Damit wird vermieden, dass einzelne Extremwerte mit geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit die Bewertung verzerren. Um der zukünftigen Unsicherheit entgegenzuwirken, wird bei singulären Sachverhalten zusätzlich eine Risikoanpassung vorgenommen, die aufgrund fehlender Erfahrungswerte in der Regel höher ausfällt als bei einer Vielzahl gleichartiger Fälle. Sowohl bei einmaligen Ereignissen als auch bei einer Vielzahl gleichartiger Fälle ist zu beachten, dass bei Rückstellungen, deren Begleichung weit in der Zukunft liegt, der Zins- und Zinseszinseffekt zu berücksichtigen ist, wenn dieser wesentlich ist, um eine Überbewertung der Rückstellung zu vermeiden. 154 Hierzu ist der Barwert der Verpflichtung zum Bilanzstichtag zu ermitteln. Der Abzinsungssatz vor Steuern stellt die Basis für die Barwertermittlung dar und soll den aktuellen risikolosen Marktzinssatz sowie die spezifischen Risiken der konkreten Verpflichtung widerspiegeln, soweit diese nicht bereits bei der Schätzung der künftigen Auszahlungen berücksichtigt wurden (IAS 37.47). Abschließend sind künftige Ereignisse, mit deren Eintritt objektiv gerechnet werden kann, bei der Zugangsbewertung zu berücksichtigen. Bei gleichartigen Verpflichtungen ist nicht jede Verpflichtung einzeln zu bewerten, sondern der Mittelabfluss für die gesamte Gruppe zu betrachten. Hier kommt die Erwartungswertmethode zur Anwendung, bei der gemäß IAS 37.39 alle möglichen Ergebnisse mit einer Wahrscheinlichkeit bewertet werden und dann der Betrag geschätzt wird. Sind für die Verpflichtungen jedoch nur eine Bandbreite von Ergebnissen möglich, für die gleiche Wahrscheinlichkeiten bestehen, so ist für die Schätzung des Betrags die Mitte der Bandbreite als bestmögliche Schätzung heranzuziehen. 155 Handelt es sich um eine einzelne Verpflichtung, ist der Betrag, der dem wahrscheinlichsten Ergebnis entspricht, als bestmögliche Schätzung zu verwenden. Andere Beträge sind ebenfalls zu berücksichtigen. Liegt die Mehrheit der möglichen Ergebnisse über dem wahrscheinlichsten Ergebnis, so ist der Rückstellungsbetrag als bestmögliche Schätzung höher anzusetzen. Gleiches gilt, wenn die Mehrheit der möglichen Ergebnisse unter dem Betrag des wahrscheinlichsten Ergebnisses liegt. 156 Die Vorgehensweise zur Ermittlung des besten Schätzwertes für einzelne Verpflichtungen ist in der folgenden Abbildung 12.5 dargestellt. Bei der Ermittlung der Rückstellungshöhe wird nicht aus einer Reihe möglicher Schätzungen der höchste Betrag gewählt, sondern die Ermittlung und schließlich der Ansatz erfolgt mit dem Erwartungswert. Hinsichtlich der Vorgehensweise sind zwei Fälle zu unterscheiden: Die Rückstellung umfasst eine Vielzahl von Positionen und ein Erwartungswert kann durch die Gewichtung aller möglichen Einzelergebnisse geschätzt werden. „Dieses statistische Schätzverfahren wird als Erwartungswertmethode bezeichnet.“ 157 153 Vgl. NWB Datenbank: IAS 37.39. 154 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 489. 155 Vgl. Jödicke, D.: EU-IFRS Rückstellungen, 2019, S. 90. 156 Vgl. ebd., S. 91. 157 Vgl. NWB Datenbank: IAS 37.39. <?page no="156"?> 156 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Abb. 12.5: Ermittlung des Schätzwertes einer Rückstellung für eine einzelne Verpflichtung 158 Bei der Bewertung einer einzelnen Verpflichtung ist der Erwartungswert der Wert mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit (Modalwert) . Dieser Wert kann sich jedoch vom Modalwert abweichen, wenn eine große Anzahl von Ergebnissen über oder unter dem wahrscheinlichsten Wert liegt. 159 12.4.3 Beispiele zur Bewertung sonstiger Rückstellungen Beispiel 12.1: Bewertung eines einzelnen Risikos Das Risiko besteht aus einem Einzelrisiko, einem Prozessrisiko. Folgende Daten sind bekannt: geschä tzte Kosten Wahrscheinlichkeit der Kosten 15,0 Mio. € 10 % 1,0 Mio. € 90 % Es ist die bestmögliche Schätzung anzusetzen, d. h. grundsätzlich der Wert mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit. Daher ist eine Rückstellung in Höhe von 1 Mio. € zu bilden. Beispiel 12.2: Bewertung eines einzelnen Risikos Das Risiko besteht aus einer Einzelposition, einem Prozessrisiko. Folgende Daten sind bekannt: geschä tzte Kosten Wahrscheinlichkeit der Kosten 1,0 Mio. € bis 15,0 Mio. € gleich wahrscheinlich Bei gleicher Wahrscheinlichkeit sind alle Werte innerhalb einer Bandbreite zu berücksichtigen. Es ist das arithmetische Mittel zu passivieren. 158 In Anlehnung an von Eitzen, B. u. Zimmermann, M.: Bilanzierung nach HGB und IFRS, 2020, S. 310. 159 Vgl. NWB Datenbank: IAS 37.40. unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeiten Bewertung (IAS 37) bester Schätzwert einer einzelnen Verpflichtung gleiche oder keine Eintrittswahrscheinlichkeiten Bewertung mit dem Mittelwert Bewertung mit dem wahrscheinlichsten Ergebnis <?page no="157"?> 12.4 Rückstellungen 157 Arithmetisches Mittel = (1 Mio. € x 0,5) + (15 Mio. € x 0,5) = 8,0 Mio. € Es ist eine Rückstellung in Höhe von 8 Mio. € zu bilden. Beispiel 12.3: Risikobewertung mehrerer Positionen Das Risiko setzt sich aus mehreren Positionen zusammen, z. B. bei einer Gewährleistung. Folgende Daten sind bekannt: Umfang der erforderlichen Gewä hrleistung Kosten (Basis: 100 % des Umsatzes) Anteil der betroffenen Produkte umfassende Gewä hrleistung 6,0 Mio. € 5,0 % geringfü gige Gewä hrleistung 0,5 Mio. € 15,0 % keine Gewä hrleistung - 80,0 % Bei großen Stückzahlen muss der Erwartungswert berechnet werden. Berechnung des Erwartungswertes: Erwartungswert = (6,0 Mio. € x 0,5) + (0,5 Mio. € x 0,5) = 375.000 € Es ist eine Rückstellung in Höhe von 375.000 € zu bilden. Erwartungswertmethode für eine große Anzahl gleichartiger Positionen und Fälle Die Erwartungswertmethode basiert auf Erfahrungswerten gleichartiger Fälle aus der Vergangenheit. 160 Dabei werden die möglichen Ergebnisse mit ihrer jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit gewichtet. Im folgenden Beispiel wird die Höhe der Rückstellung nach der Erwartungswertmethode anhand von Gewährleistungsansprüchen berechnet. 161 Beispiel 12.4: Erwartungswertmethode Ein Automobilhersteller aus Süddeutschland produziert jährlich 290.000 Pkw seiner Y-Klasse und verkauft diese mit einer vierjährigen Garantiezusage an Endkunden. Aus den Daten des Qualitätsmanagements ist bekannt, dass innerhalb dieser vier Jahre 12 % aller verkauften Pkw einen Fehler aufweisen, den der Hersteller beheben muss. Bei 6 % der Pkw war eine geringfügige Reparatur des ABS-Systems erforderlich, die 250 € pro Pkw kostete. Bei weiteren 4 % der beanstandeten Pkw musste die Kurbelwelle ausgetauscht werden, was durchschnittlich 500 € pro Pkw kostete. Bei den restlichen 2 % war die Steuerkette des Motors defekt und musste für durchschnittlich 1.750 € pro Pkw ersetzt werden. Das statistische Schätzverfahren der Erwartungswertmethode geht davon aus, dass sich die Werte in Zukunft nicht ändern werden. Berechnung der Höhe der Gewährleistungsrückstellung im Jahr 01: 290.000 Pkw x 6 % = 17.400 Pkw x 250 €/ Pkw = 4.350.000 € 290.000 Pkw x 4 % = 11.600 Pkw x 500 €/ Pkw = + 5.800.000 € 290.000 Pkw x 2 % = 5.800 Pkw x 1.750 €/ Pkw = + 10.150.000 € Erwartungswert = 20.300.000 € 160 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 125. 161 Vgl. NWB Datenbank: IAS 37.39. <?page no="158"?> 158 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Die Berechnung nach der Erwartungswertmethode ergibt für den Automobilhersteller einen Erwartungswert von 20.300.000 €. Für diesen Erwartungswert ist noch der Barwert zu ermitteln und eine Risikoanpassung vorzunehmen, bevor die Gewährleistungsrückstellung bilanziert werden kann. Der Barwert ist gemäß IAS 37.45 unter der Berücksichtigung der Wesentlichkeit zu ermitteln. Zur Ermittlung des Barwerts wird ein Diskontierungszinssatz, d. h. ein Zinssatz vor Steuern, gewählt, der die aktuellen Markterwartungen hinsichtlich des Zeitwerts des Geldes und der spezifischen Risiken der Schuld widerspiegelt. Bei der Ermittlung des Zinssatzes ist darauf zu achten, dass als Ausgangsbasis ein risikoloser, aktueller Marktzinssatz vor Steuern (i.d.R. die Rendite erstklassiger Staatsanleihen) verwendet wird, der der Restlaufzeit der zu bewertenden Verpflichtung entspricht (Laufzeitäquivalenz) 162 , und erforderliche Anpassungen an schuldenspezifischen Risiken nicht über den Zinssatz, sondern über Zuschläge auf die Zahlungsströme erfolgen. 163 Beispiel 12.5: Bewertung von langfristigen Rückstellungen 164 Ein IT-Unternehmen erhielt Ende des Jahres 01 eine Klageschrift und der Prozess wird für Ende des Jahres 04 erwartet. Die Gesamtkosten werden auf 120.000 € geschätzt, wobei bis zur Inanspruchnahme mit einer jährlichen Preissteigerungsrate von 2,5 % gerechnet wird. Zum Bilanzstichtag 01 beträgt der aktuelle Marktzinssatz 4,5 %, der als konstant angenommen werden kann. Zunächst wird der Erfüllungsbetrag der Rückstellung ermittelt. Der Erfüllungsbetrag wird mit Hilfe des Aufzinsungsfaktors (AuF) berechnet. Aufzinsungsfaktor = (1 + i) n i = Zins für die Preissteigerung n = Zeit (Jahre) Erfüllungsbetrag der Rückstellung: Erfüllungsbetrag der Rückstellung = 120.000 € x 1,025 3 = 129.226,88 € Berechnung des Buchwerts der Rückstellung (= Barwert aufgrund der Abzinsung über drei Jahre) zum 31.12.01: Buchwert der Rückstellung zum 31.12.01 = 129.226,88 € × 1 1,045 3 = 113.241,08 € Berechnung des Zinsaufwands zum 31.12.02: Zinsaufwand zum 31.12.02 = 113.241,08 € x 4,5 % = 5.095,85 € Buchwert der Rückstellung am 31.12.02: Buchwert der Rückstellung zum 31.12.02 = 113.241,08 € + 5.095,85 € = 118.336,93 € Die folgende Tabelle zeigt die einzelnen Werte, wie Zinsaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen und den Buchwert der Rückstellung zum Ende der jeweiligen Periode: 162 Vgl. Lüdenbach, C.: IFRS Essentials, 2019, S 248. 163 Vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 763. 164 In Anlehnung an Theile, C.: Übungsbuch IFRS, 2014, S. 123 ff. <?page no="159"?> 12.4 Rückstellungen 159 Jahr Marktzinssatz Erfüllungsbetrag vor Abzinsung Zinsaufwand sonstiger betrieblicher Aufwand Buchwert Rückstellung zum 31.12 01 4,5 % 129.226,88 € 113.241,08 € 113.241,08 € 02 4,5 % 129.226,88 € 5.095,85 € 118.336,93 € 03 4,5 % 129.226,88 € 5.325,16 € 123.662,09 € 04 4,5 % 129.226,88 € 5.564,79 € 129.226,88 € Buchung der Rückstellung zum 31.12.01: Sonst. betrieblicher Aufwand 113.241,08 € an Rückstellung 113.241,08 € Buchungssatz für die Erhöhung der Rückstellung zum 31.12.02: Zinsaufwand 5.095,85 € an Rückstellung 5.095,85 € Buchungssatz für die Erhöhung der Rückstellung zum 31.12.03: Zinsaufwand 5.325,16 € an Rückstellung 5.325,16 € Buchungssatz für die Erhöhung der Rückstellung zum 31.12.04: Zinsaufwand 5.564,79 € an Rückstellung 5.564,79 € Modifikation des Beispiels 12.5: Bewertung von langfristigen Rückstellungen Der Marktzinssatz zum 31.12.02 beträgt nun 5,0 % p. a. und die kalkulierten Prozesskosten erhöhen sich um 25.000 € auf 145.000 € zuzüglich einer jährlichen Preissteigerungsrate von 2,5 %. Zunächst wird der neue Erfüllungsbetrag der Rückstellung ermittelt: Neuer Erfüllungsbetrag der Rückstellung: Neuer Erfüllungsbetrag der Rückstellung = 145.000 € × 1,025 2 = 152.340,63 € Berechnung des Buchwerts der Rückstellung (= Barwert aufgrund der Abzinsung) zum 31.12.02: Buchwert der Rückstellung zum 31.12.02 = 152.340,63 € × 1 1,050 2 = 138.177,44 € Es ergibt sich eine Differenz in Höhe von 24.936,36 € zwischen dem Buchwert Ende 02 und Ende 01. Diese Differenz wird als Zinsaufwand und als zu korrigierender sonstiger betrieblicher Aufwand ausgewiesen. Der sonstige betriebliche Aufwand für das Jahr 02 wird wie folgt ermittelt: Sonstiger betrieblicher Aufwand im Jahr 02 = 152.340,63 € − 129.226,88 € 1,05 2 = 20.964,85 € Lediglich die Differenz zwischen den Ausgangswerten aus dem Jahr 02 und dem Jahr 01 wird mit dem <?page no="160"?> 160 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Diskontierungszinssatz über die Restlaufzeit von zwei Jahren abgezinst. Der Differenzbetrag in Höhe von 3.971,51 € (= 24.936,36 € - 20.964,85 €) wird als Zinsaufwand der Rückstellung zugeführt. Berechnung des Zinsaufwandes zum 31.12.03: Berechnung des Zinsaufwandes zum 31.12.03 = 138.177,44 €x 5,0 % = 6.908,87 € Berechnung des Zinsaufwandes zum 31.12.04: Berechnung des Zinsaufwandes zum 31.12.04 = 145.086,31 € x 5,0 % = 7.254,32 € Jahr Marktzinssatz Erfüllungsbetrag vor Abzinsung Zinsaufwand sonstiger betrieblicher Aufwand Buchwert Rückstellung zum 31.12 01 4,5 % 129.226,88 € 113.241,08 € 113.241,08 € 02 5,0 % 152.340,63 € 3.971,51 € 20.964,85 € 138.177,44 € 03 5,0 % 152.340,63 € 6.908,87 € 145.086,31 € 04 5,0 % 152.340,63 € 7.254,32 € 152.340,63 € Buchungssatz für die Anpassung der Rückstellung zum 31.12.02: Zinsaufwand Sonst. betrieblicher Aufwand 3.971,51 € 20.964,85 € an Rückstellung 24.936,36 € Buchungssatz für die Erhöhung der Rückstellung zum 31.12.03: Zinsaufwand 6.908,87 € an Rückstellung 6.908,87 € Buchungssatz für Erhöhung der Rückstellung zum 31.12.04: Zinsaufwand 7.254,32 € an Rückstellung 7.254,32 € Erwartungswert von einmaligen Ereignissen Einmalige Ereignisse zeichnen sich dadurch aus, dass keine adäquaten Erfahrungswerte vorliegen. 165 Bei einmaligen Ereignissen wird der Erwartungswert als der Wert mit der größten Eintrittswahrscheinlichkeit (Modalwert) bestimmt. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Ermittlung des Erwartungswertes für ein singuläres Ereignis. Beispiel 12.6: Erwartungswert für singuläre Ereignisse Ein IT-Unternehmen wird wegen Patentverletzung verklagt und erhält von seinem Anwalt die Information, dass mit einem Erfolg der Schadensersatzklage zu rechnen ist. Der Anwalt erklärt, dass folgende Schadensersatzzahlungen fällig werden könnten: 100.000 € zu 20 % 120.000 € zu 60 % 150.000 € zu 20 % 165 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 125. <?page no="161"?> 12.4 Rückstellungen 161 Aufgrund des Schreibens ergibt sich ein Erwartungswert für die Rückstellung von 120.000 €, da dies der vom Anwalt für am wahrscheinlichsten gehaltene Betrag ist und die anderen Beträge nicht mehrheitlich unter oder über diesem Wert liegen. Variation desselben Sachverhalts : 100.000 € zu 40 % 120.000 € zu 30 % 150.000 € zu 30 % In diesem Fall darf nicht der wahrscheinlichste Betrag in Höhe von 100.000 € eingestellt werden, da die beiden möglichen Werte von 120.000 € und 150.000 € mit 60 %, somit mehrheitlich, darüber liegen. Vielmehr liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit der Entschädigungszahlung mit 60 % bei mindestens 120.000 €. Der Erwartungswert dieser Verteilung beträgt 121.000€ (= (100.000 € × 0,4) + (120.000 € × 0,3) + (150.000 € × 0,3)). Die nach der Erwartungswertmethode berechneten Ergebnisse für eine Vielzahl von Positionen und gleichartigen Fällen sowie für einmalige Ereignisse müssen anschließend durch eine Barwertberechnung um den Zeitwert des Geldes und die Risiken bereinigt werden. 12.4.4 Restrukturierungsrückstellungen Restrukturierungsrückstellungen sind für Restrukturierungsmaßnahmen nach IAS 37.70 bis IAS 37.83 zu bilden. Eine Restrukturierungsmaßnahme ist ein von der Unternehmensleitung geplantes und kontrolliertes Programm zur Veränderung von Geschäftsfeldern oder der Art der Geschäftstätigkeit. Dazu gehören beispielsweise der Verkauf oder die Aufgabe von Geschäftsbereichen, die Verlagerung von Standorten in andere Regionen oder Länder sowie die Reorganisation der Managementstruktur. Eine faktische Verpflichtung zur Restrukturierung entsteht nur, „wenn ein Unternehmen: (a) über einen detaillierten, formalen Restrukturierungsplan verfügt, der mindestens folgende Angaben enthält: (i) der betroffene Geschäftsbereich oder Teil eines Geschäftsbereichs, (ii) die wichtigsten betroffenen Standorte, (iii) den Standort, die Funktion und die ungefähre Anzahl der Arbeitnehmer, die Abfindungen erhalten werden, (iv) die anfallenden Kosten sowie (v) den Umsetzungszeitpunkt des Plans und (b) bei den Betroffenen die berechtigte Erwartung geweckt hat, dass die Restrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden, indem sie mit der Durchführung des Plans begonnen hat oder den Betroffenen die wesentlichen Bestandteile des Plans mitgeteilt hat.“ 166 Eine detaillierte Ankündigung der wesentlichen Bestandteile eines Restrukturierungsplans gegenüber den Betroffenen reicht aus, um das Vorliegen einer faktischen Restrukturierungsverpflichtung und deren Unentziehbarkeit zu begründen. Dies gilt jedoch nur, wenn mit der Umsetzung des Plans so rechtzeitig begonnen wird, dass Änderungen als unwahrscheinlich angesehen werden können. Ist für die Umsetzung ein unverhältnismäßig langer Zeitraum vorgesehen oder ist der Beginn der Maßnahmen erst nach längerer Verzögerung zu erwarten, so spricht eine unwiderlegbare Vermutung dafür, dass bei den Betroffenen keine berechtigte Erwartung auf eine aktuelle Sanierungsbereitschaft des Unternehmens geweckt wurde. 166 IAS 37.72. <?page no="162"?> 162 Schritt 12: Bilanzierung und Bewertung der primären Passiva Bei der Bewertung der Rückstellungen dürfen nur die Kosten angesetzt werden, die der Restrukturierungsmaßnahme direkt zuzuordnen sind und zwangsläufig anfallen. Kosten, die im Rahmen der laufenden Geschäftstätigkeit anfallen, dürfen nicht angesetzt werden. Ansetzbar sind z.B. Abfindungszahlungen, Abbruchkosten oder Kosten, die durch die Beendigung von Verträgen entstehen. Nicht ansetzbar sind Schulungskosten, Marketingkosten oder Kosten für den Umzug von Mitarbeitern. Beispiel 12.7: Restrukturierungsrückstellung Die Elektronikhandels GmbH unterhält Verkaufsniederlassungen in mehreren Großstädten. Im Jahr 01 wurde in Karlsruhe eine Niederlassung eröffnet. Im Jahr 04 macht die Niederlassung aufgrund der Ansiedlung eines starken Wettbewerbers hohe Verluste. Die Elektronikhandels GmbH beschließt, die Filiale Ende 04 die Niederlassung zu schließen und alle Mitarbeiter zu entlassen. Im November 04 informiert das Unternehmen in einem Rundschreiben alle Mitarbeiter und Kunden über die Schließung der Niederlassung in Karlsruhe. Ein Discounter tritt in den Mietvertrag ein. Die vorhandene Einrichtung und die Vorräte werden auf die anderen Niederlassungen in Deutschland verteilt. Hierfür fallen Transportkosten in Höhe von 5.000 € an. Die acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten gemäß Sozialplan eine Abfindung von 8.000 € je Mitarbeiter. Wie ist die beabsichtigte Schließung der Niederlassung im IFRS-Abschluss der Elektronikhandels GmbH zu berücksichtigen? Lösung Beispiel 12.7: Restrukturierungsrückstellung Das Unternehmen plant eine wesentliche Änderung der Geschäftsfelder und die Schließung einer Niederlassung. Ein detaillierter Plan zur Schließung liegt vor, und die betroffenen Mitarbeiter wurden informiert, so dass eine berechtigte Erwartung besteht, dass die Restrukturierungsmaßnahme durchgeführt wird. Passivierungsfähig für eine Restrukturierungsrückstellung sind jedoch nur Aufwendungen, die in direktem Zusammenhang mit der Restrukturierung stehen (IAS 37.80). Dazu gehören die Abfindungszahlungen, nicht aber die Transportkosten, da diese nicht zwangsläufig entstehen und für die zukünftige Geschäftstätigkeit anfallen. Daher ist eine Rückstellung in Höhe von 64.000 € zu bilden. Aufgabe und Lösung zu : • Ermittlung des Erwartungswertes finden Sie online. <?page no="163"?> Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Lernziele Die Lernenden sollen in der Lage sein, ein umfassendes Verständnis für die Umsatzrealisierung nach IFRS 15 zu entwickeln und in der Lage sein, dieses Wissen in der Praxis anzuwenden. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreicht haben: [1] Erläuterung und Anwendung des Fünf-Schritte-Modells zur Umsatzrealisierung nach IFRS 15. [2] Identifizierung von Kundenverträgen, d. h. wie Verträge mit Kunden definiert und identifiziert werden. [3] Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen, d. h. Kenntnis der Kriterien zur Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen innerhalb eines Vertrags. [4] Bestimmung des Transaktionspreises, auch unter der Berücksichtigung variabler Vergütungen und wesentlicher Finanzierungskomponenten. [5] Aufteilung des Transaktionspreises auf die Leistungsverpflichtungen. [6] Kenntnis der Kriterien zur Bestimmung, ob Umsatzerlöse zeitpunkt- oder zeitraumbezogen realisiert werden und die Fähigkeit, die Umsatzrealisierung entsprechend dem Leistungsfortschritt zutreffend zu erfassen. [7] Kenntnisse zur Bilanzierung von Rückgaberechten und Retouren nach IFRS 15. [8] Kenntnisse zur korrekten Bewertung und Erfassung von Umsatzerlösen bei Mehrkomponentenverträgen. [9] Ermittlung des Fertigstellungsgrades bei kundenspezifischen Fertigungsaufträgen. IFRS 15 regelt die Vorschriften zur Erfassung von Umsatzerlösen und Gewinnen. Dieser Standard ist auf die Erfassung von Umsatzerlösen aus Verträgen mit Kunden anzuwenden. Umsatzerlöse sind Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Umsatzerlöse, die auch als Erträge aus Kundenverträgen bezeichnet werden, umfassen die Lieferung von Gütern und die Erbringung von Dienstleistungen. Die Erfassung von Umsatzerlösen erfolgt erst dann, wenn die Verfügungsmacht über die geschuldeten Lieferungen oder Leistungen auf den Kunden übergegangen ist. Dies entspricht dem sogenannten Control-Prinzip. 167 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell Die IFRS sehen mit dem sogenannten 5-Schritte-Modell die Ableitung von Verträgen mit Kunden sowie die Identifikation der darin enthaltenen Leistungsverpflichtungen (LVP) und Transaktionspreise vor, um anschließend die Umsatzrealisierung durchzuführen. Der Prozess beginnt mit der Identifikation der Kundenverträge, gefolgt von der Identifikation der einzelnen Leistungsverpflichtungen. Anschließend werden die Transaktionspreise ermittelt und den identifizierten Leistungsverpflichtungen zugeordnet. Im fünften Schritt erfolgt die Umsatzrealisierung nach der Feststellung der Leistungserbringung je Leistungsverpflichtung (zeitraum- oder zeitpunktbezogen). 168 167 Vgl. Heuser, P.J., Theile, C. et al.: IFRS-Handbuch, 2019, S. 149. 168 Fleischhauer, L., Grabe, J.: Umsatzrealisierung nach Erlösabgrenzung nach IFRS 15, IAS 11 und HGB, 2017, S. 61. <?page no="164"?> 164 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Das 5-Schritte-Modell: Die Umsatzrealisierung aus Kundenverträgen nach IFRS 15 erfolgt nach einem fünfstufigen Überprüfungsmodell mit den folgenden Schritten. Diese sind in der folgenden Abbildung grafisch dargestellt: Abb. 13.1: 5-Schritte-Modell zur Umsatzrealisierung nach IFRS 15 13.1.1 Schritt 1: Identifizierung von Verträgen mit Kunden Im ersten Schritt des 5-Schritte-Modells ist ein Vertrag durch das Unternehmen zu identifizieren. Ein Vertrag ist nach IFRS 15.10 definiert als eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien, die einklagbare Rechte und Pflichten begründet. Dabei kann es sich um eine schriftliche, mündliche oder konkludente Vereinbarung handeln. Daher können auch die Geschäftspraktiken eines Unternehmens eine Rolle dabei spielen, wie ein Vertrag mit einem Kunden zu bewerten ist. Wenn ein Unternehmen bei der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen üblicherweise auf mündliche Vereinbarungen zurückgreift, wird diese mündliche Vereinbarung als formeller Kundenvertrag betrachtet. Eine spätere schriftliche Fixierung dieser Vereinbarung hat keinen Einfluss auf den Vertragsstatus. Kein Vertrag liegt vor, wenn jede Partei das Recht hat, einen vollständig unerfüllten Vertrag ohne Zahlung einer Entschädigung zu beenden. Ein Vertrag gilt als vollständig unerfüllt, wenn das Unternehmen weder Güter oder Dienstleistungen geliefert noch eine Gegenleistung erhalten hat. Ein Vertrag mit Kunden liegt gemäß IFRS 15.9 dann vor, wenn die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind: Rechtliche Gültigkeit: Alle Vertragsparteien müssen dem Vertrag rechtsgültig zugestimmt und sich verpflichtet haben, ihre vertraglichen Leistungsverpflichtungen zu erfüllen. Die Form der Zustimmung (schriftlich, mündlich oder andere übliche Geschäftspraktiken) ist dabei unerheblich. Identifizierbare Rechte: Die Rechte aller Vertragsparteien an den zu übertragenden Gütern oder zu erbringenden Dienstleistungen müssen für das Unternehmen eindeutig identifizierbar sein. Identifizierbare Zahlungsbedingungen: Die Zahlungsbedingungen für die zu übertragenden Güter und Dienstleistungen sind geregelt. <?page no="165"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 165 Wirtschaftliche Substanz: Der Kundenvertrag hat wirtschaftliche Substanz , d. h. die künftigen Cashflows des Unternehmens werden sich bei Vertragserfüllung verändern. Wahrscheinlich gesicherte Gegenleistung: Der Erhalt der Gegenleistung für die Leistungserbringung gilt als wahrscheinlich (> 50 %). Dabei wird berücksichtigt, ob der Vertragspartner die Fähigkeit und die Absicht hat, die Gegenleistung zu bezahlen, wobei nicht der gesamte Betrag der Gegenleistung bei Vertragsabschluss gesichert sein muss. Negative Abgrenzung Ein beidseitig unerfüllter Vertrag, der entschädigungslos beendet werden kann, ist kein Kundenvertrag im Sinne des IFRS 15. Ein Vertrag ist beidseitig unerfüllt, wenn beide Vertragsparteien ein einseitig durchsetzbares Recht haben, einen vollständig unerfüllten Vertrag zu beenden (z. B. durch Rücktritt oder Kündigung), ohne die andere Vertragspartei entschädigen zu müssen. 169 Zusammenfassung von Verträgen Manchmal wird die Erbringung einer Dienstleistung durch mehrere Verträge geregelt. In diesem Fall sind diese Verträge gemäß IFRS 15.17 für die Zwecke der Umsatzrealisierung zusammenzufassen. Dazu müssen folgende Kriterien kumulativ erfüllt sein: Zwei oder mehr Verträge werden unter den folgenden Bedingungen zusammengefasst: 1) Zeitliche Einheit: Die Verträge wurden gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang abgeschlossen. 2) Wirtschaftlich identischer Vertragspartner: Der Vertragspartner ist in allen Verträgen derselbe oder es handelt sich um wirtschaftlich miteinander verbundene Unternehmen, z. B. eine Tochtergesellschaft. 3) Besondere Beziehung zwischen den Verträgen: Mindestens eines der folgenden Kriterien muss erfüllt sein: - Die Verträge wurden als Paket verhandelt und mit einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel abgeschlossen (Bündelung der Zielsetzung), oder die Höhe einer in einem Vertrag zugesagten Gegenleistung hängt vom Preis oder von der Erfüllung des anderen Vertrags ab (Bündelung über Vertragsinterdependenzen), oder die in den Verträgen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen stellen wirtschaftlich eine einzige Leistungsverpflichtung dar (Bündelung durch Unteilbarkeit der Leistung). Beispiel 13.1: Zusammenfassung von Kundenverträgen 170 Ein IT-Unternehmen veräußert mit Vertrag 1 vom 29.12.01 eine Lizenz ( zeitpunktbezogene Leistung mit sofortiger Umsatzrealisierung) an die TEEM GmbH und schließt zeitgleich als Vertrag 2 einen dreijährigen Softwarewartungsvertrag ( zeitraumbezogene Leistung mit Pro-rata-Umsatzrealisierung). Für Vertrag 1 wird ein Entgelt von 4,0 Mio. €, für Vertrag 2 von 1,5 Mio. € vereinbart. Unter Berücksichtigung üblicher Einzelveräußerungspreise (EVP) wären 2,5 Mio. € für Vertrag 1 und 3 Mio. € für Vertrag 2 angemessen. Beurteilung Ohne Aggregation (Zusammenfassung der Verträge) und anschließender Disaggregation (Aufteilung des Gesamtpreises auf die Leistungsverpflichtungen) würde das IT-Unternehmen in 01 einen 169 Lüdenbach N. et al.: Haufe IFRS Kommentar, 2024, S. 1474 f. 170 ebd., S. 1484. <?page no="166"?> 166 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Umsatz von 4,0 Mio. € und in 02 bis 04 einen Umsatz von jeweils 0,5 Mio. € ausweisen. Zutreffend ist jedoch ein Umsatz von 2,5 Mio. € in 01 und jeweils 1 Mio. € in 02 bis 04. Vertragsänderungen und Vertragsergänzungen Bei Vertragsänderungen muss das Unternehmen prüfen, ob ein völlig neuer Vertrag entstanden ist, ob die Änderungen separat zu bilanzieren sind oder ob nur einzelne Bestandteile geändert wurden. 171 Für die Umsatzrealisierung werden Vertragsänderungen erst dann relevant, wenn alle Vertragsparteien den Änderungen zugestimmt haben. In welcher Form dies geschieht, ist - wie schon beim Vertragsabschluss - unerheblich. 172 Es gibt drei mögliche Fälle von Vertragsänderungen: 1) Zusätzliche, einzeln abgrenzbare Güter oder Dienstleistungen zum Einzelveräußerungspreis : Die Änderung betrifft die Lieferung solcher Güter oder Dienstleistungen. 2) Noch zu erbringende Leistungen, die klar abgrenzbar sind : Die Vertragsänderung betrifft keine zusätzliche Lieferung, sondern die nach der Änderung noch zu erbringenden Leistungen. Diese Leistungen müssen von den bereits erbrachten Leistungen klar abgrenzbar sein. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Leistungsverpflichtung bereits vor der Änderung bestand oder erst durch die Änderung entstanden ist. 3) Nicht abgrenzbare erbrachte und noch zu erbringende Leistungen : Dieser Fall ähnelt dem zweiten Fall, allerdings ist hier eine Abgrenzung zwischen den bereits erbrachten und den noch zu erbringenden Leistungen nicht möglich. 173 Die Auswirkungen von Vertragsänderungen auf die Umsatzrealisierung sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Fallnummer resultierende Folgen Fall 1: Lieferung zusätzlicher, einzeln abgrenzbarer Güter zum Einzelveräußerungspreis Der Vertrag wird unabhängig vom alten Vertrag als völlig neuer Vertrag behandelt und bilanziert. Fall 2: Nach der Vertragsänderung noch zu erbringende Leistungen, die von den bereits erbrachten Leistungen klar abgrenzbar sind. Es wird ein fiktiver neuer Vertrag erstellt, der die noch zu erbringenden Leistungen aus dem alten Vertrag enthält und die zusätzlichen Leistungen aus der Vertragsänderung sowie die noch nicht realisierten Erlöse aus dem alten Vertrag und die Gegenleistung des Kunden aus der Vertragsänderung enthält. Bereits realisierte Erlöse bleiben unverändert. Fall 3: Künftig noch zu erbringende Leistungen aus der Vertragsänderung, die allerdings nicht eindeutig von den bereits erbrachten Leistungen abgrenzbar sind. Die Vertragsänderung ist eine reine Modifikation des Ursprungsvertrages. Bereits erfasste Umsätze werden entsprechend der geänderten Gegenleistung angepasst und die Umsätze aus Vorperioden werden zum Zeitpunkt der Vertragsänderung kumulativ angepasst. Tab. 13.1: Auswirkungen der Umsatzrealisierung bei Vertragsänderungen 174 171 Breidenbach, K., Währisch, M.: Umsatzerlöse: Handbuch zur Umsatzerfassung nach HGB und IFRS, 2016, S. 49 f. 172 Theile, C. u. Dittmar, P. (Hrsg.): IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 161. 173 ebd., S. 162. 174 ebd., S. 162. <?page no="167"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 167 13.1.2 Schritt 2: Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen Im zweiten Schritt des 5-Schritte-Modells hat ein Unternehmen die im Vertrag enthaltenen Leistungsverpflichtungen zu identifizieren. Bei sogenannten Mehrkomponentenverträgen, die mehrere Leistungsverpflichtungen enthalten, sind diese klar voneinander abzugrenzen und getrennt zu betrachten. Dies ist relevant, da die Erfüllung der einzelnen Verpflichtungen zeitlich auseinanderfallen kann. Durch eine separate Betrachtung kann der wirtschaftliche Gehalt eines Vertrages zutreffend abgebildet werden. 175 Gemäß IFRS 15.27 müssen die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sein, damit eine separate Leistungsverpflichtung vorliegt: 176 Der Kunde ist in der Lage, das Gut oder die Dienstleistung separat und unabhängig zu nutzen oder das Gut mit den ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen so zu betreiben, dass ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht, und die zugesagte Leistung muss von anderen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen desselben Vertrags unterscheidbar sein. 177 Indikatoren hierfür können sein: es liegt keine Integrationsleistung vor, es handelt sich um keine signifikante Modifikation anderer Vertragsbestandteile und es besteht keine Verbindung oder Abhängigkeit zu anderen Gütern. 178 Nach IFRS 15.30 sind nicht separierbare Leistungen so lange zu einem Leistungsbündel zusammenzufassen, bis sie die Kriterien einer separaten Leistungsverpflichtung erfüllen. 179 Als Leistungsverpflichtung zählen nur solche Aktivitäten, bei denen Güter und Dienstleistungen an den Kunden übertragen werden. Entscheidend ist die Leistung aus der Sicht des Kunden. Verwaltungsaufgaben oder andere Tätigkeiten, die im Rahmen des Vertrags zwingend zu erbringen sind (z. B. Baustelleneinrichtung), gelten nicht als eigenständige Leistungsverpflichtungen. Im IFRS 15.26 sind einige Leistungsversprechen aufgezählt, die in der folgenden Tabelle dargestellt sind: Leistungsversprechen • Verkauf von selbst produzierten Gütern, • Verkauf von Handelswaren, • Weiterverkauf von Rechten an Gütern oder Dienstleistungen, • Erbringung einer Dienstleistung, • Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen (z.B. Updates), • Erbringung einer Dienstleistung für einen Dritten mit dem Ziel, die Übertragung von Waren oder Dienstleistungen an einen Kunden zu bewirken (Agententätigkeit), • Gewährung von Rechten an künftigen Gütern oder Dienstleistungen, • Produktion oder Erbringung von Dienstleistungen im Auftrag eines Kunden, • Gewährung von Lizenzen und • Einräumung von Optionen auf den Bezug von Gütern oder Dienstleistungen. Tab. 13.2: Beispiele für Leistungsversprechen nach IFRS 15.26 180 175 Vgl. Brune, J. W.: Kommentar zum IFRS 15, 2021, S. 12 f. 176 Vgl. Coenenberg, A. G., et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2024, S. 598. 177 Vgl. IFRS 15.27 und IFRS 15.28. 178 Vgl. Bing, J.: Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 213 f. 179 Breidenbach, K. u. Währisch, M.: Umsatzerlöse: Handbuch zur Umsatzerfassung nach HGB und IFRS, 2016, S. 67. 180 Theile, C. u. Dittmer, P. (Hrsg.): IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 165. <?page no="168"?> 168 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 13.1.3 Schritt 3: Bestimmung des Transaktionspreises Eine Voraussetzung für die Umsatzrealisierung ist die Bestimmung des Transaktionspreises (TP). Dieser entspricht gemäß IFRS 15.47 dem Betrag, den ein Unternehmen vom Kunden als Gegenleistung für die Übertragung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen erwartet. Dabei ist zu beachten, dass Beträge, die das Unternehmen für Dritte vereinnahmt, wie beispielsweise die Umsatzsteuer (durchlaufender Posten), kein Bestandteil des TP sind. Bei mehreren separaten Leistungsverpflichtungen in einem Vertrag ist der vereinbarte Transaktionspreis auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen (LVP) aufzuteilen. Gemäß IFRS 15.47 ist der Transaktionspreis der Betrag, den das Unternehmen voraussichtlich als Gegenleistung für die Übertragung der Güter oder die Erbringung der Dienstleistung vom Kunden zu erhalten erwartet. Beträge, die von Dritten einbehalten werden, wie z. B. die Umsatzsteuer, sind vom Transaktionspreis abzuziehen. Ist ein Vertrag ausschließlich durch fixe Bestandteile gekennzeichnet, ist, ist es einfach, den Transaktionspreis zu bestimmen. Schwieriger wird es, wenn der Transaktionspreis durch zusätzliche Faktoren beeinflusst wird. 181 Dazu zählen: variable Vergütungen, wesentliche Finanzierungskomponenten, nicht zahlungswirksame Gegenleistungen und an den Kunden zu zahlende Gegenleistungen. 182 Variable Gegenleistungen Die variablen Bestandteile des Transaktionspreises können positiver oder negativer Natur sein. Positiver Natur sind z. B. Terminprämien, Leistungsprämien oder Mindermengenzuschläge. Negativer Natur sind z. B. Rabatte, Skonti, Konventionalstrafen und Rückvergütungen. Auch nicht explizit im Vertrag genannte variable Bestandteile sind zu berücksichtigen. Im IFRS 15.52 sind zwei Fälle genannt: Der Kunde erwartet aufgrund früherer Geschäftspraktiken oder Äußerungen des Unternehmens einen Preisnachlass. Das Unternehmen beabsichtigt bereits bei Vertragsabschluss einen Preisnachlass zu gewähren. 183 Zur Schätzung der variablen Gegenleistung kann das Unternehmen zwischen der Erwartungswertmethode und der Methode des wahrscheinlichsten Wertes wählen: 1. Erwartungswertmethode: Anwendung bei einer großen Anzahl gleichartiger Verträge. Die Summe der wahrscheinlichkeitsgewichteten Beträge ergibt den Erwartungswert der Gegenleistung. 2. Methode des jeweils wahrscheinlichsten Wertes: Anwendung in Fällen, in denen der Vertrag nur zwei mögliche Ergebnisse hat, z. B. das Unternehmen erhält eine Leistungsprämie oder nicht Verwendung des wahrscheinlichsten Wertes. 181 Vgl. Brune, J. W.: Kommentar zum IFRS 15, 2021, S. 22. 182 Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 134. 183 Heuser, P. J., Theile, C. et al.: IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2019, S. 167. <?page no="169"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 169 Das Unternehmen sollte dabei die Methode wählen, die die genaueste Schätzung des erwarteten Anspruchs ermöglicht, und diese Methode während der gesamten Laufzeit des Vertrags anwenden. 184 Beispiel 13.2: Wertermittlung mit Hilfe des Erwartungswerts Ein Anlagenhersteller erhält für jeden Tag, den er die vereinbarte Produktionsanlage vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin fertigstellt, eine Prämie von 10.000 € pro Tag. Die folgende Tabelle enthält die vom Anlagenhersteller für möglich gehaltenen vorzeitigen Fertigstellungstermine, die daraus resultierenden Prämien sowie die subjektiv eingeschätzten Wahrscheinlichkeiten. 185 Szenarien der vorzeitigen Fertigstellung der Produktionsanlage Anzahl der Tage der vorzeitigen Fertigstellung 10 Tage 8 Tage 5 Tage 3 Tage 2 Tage 1 Tag Bonusbetrag 100.000 € 80.000 € 50.000 € 30.000 € 20.000 € 10.000 € Wahrscheinlichkeit 2 % 4 % 5 % 6 % 10 % 15 % Lösung Beispiel 13.2: Wertermittlung mittels des Erwartungswerts Aufgrund der vertraglichen Regelungen erlaubt der Erwartungswert eine angemessene Schätzung der variablen Vergütung aus dem Bonusbetrag. In diesem Fall hat das Unternehmen aus den möglichen Szenarien die jeweils damit verbundenen Bonuszahlungen abzuleiten, diese mit den prognostizierten Eintrittswahrscheinlichkeiten zu gewichten und schließlich zum Erwartungswert zu aggregieren (vgl. IFRS 15.53(a)). Berechnung der variablen Gegenleistung (Bonus): Variable Gegenleistung = 100.000 € x 2 % + 80.000 € x 4 % + 50.000 € x 5 % + 30.000 € x 6 % + 20.000 € x 10 % + 10.000 € x 15 % = 13.000 € Wenn die vertragliche Regelung vorsieht, dass der Anlagenhersteller nur berechtigt ist, eine Bonuszahlung i. H. v. 80.000 € zu erhalten, wenn er die Produktionsanlage mindestens 8 Tage vor dem vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin fertigstellt, muss das Unternehmen beurteilen, ob es den für den Erhalt des Bonus kritischen Termin voraussichtlich einhalten wird. Aufgrund der in der Tabelle dargestellten Szenarien ist dies nur mit einer subjektiv geschätzten Wahrscheinlichkeit von 6 % (2 % + 4 % = 6 %) der Fall. Das gegenteilige Ereignis (d. h. spätere Fertigstellung als 7 Tage vor dem vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin) ist mit 94 % deutlich wahrscheinlicher. Daher darf der Bonus - auch nicht anteilig - in den Transaktionspreis einbezogen werden (IFRS 15.53(b)). Wesentliche Finanzierungskomponenten Eine wesentliche Finanzierungskomponente liegt vor, wenn eine der Vertragsparteien durch die im Vertrag enthaltenen Zahlungsbedingungen einen wesentlichen Vorteil erhält. Dies ist insbe- 184 Vgl. IFRS 15.53 und IFRS 15.54. 185 In Anlehnung an Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung, 2021, S. 372 f. <?page no="170"?> 170 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 sondere dann der Fall, wenn der Zeitraum zwischen dem Übergang der Verfügungsmacht an dem Gut oder der Dienstleistung und der Zahlung durch den Kunden mehr als 12 Monate beträgt. Ein solcher Vorteil ergibt sich daraus, dass eine Vertragspartei von der Verzögerung der Zahlung profitiert. Die Finanzierungskomponente kann explizit im Vertrag festgelegt sein oder sich implizit aus den Zahlungsbedingungen ergeben. Enthält der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente, ist der Transaktionspreis um den entsprechenden Zinseffekt zu reduzieren. Dadurch wird sichergestellt, dass die Umsatzerlöse dem Barverkaufspreis entsprechen 186 , d. h. dem Betrag, den der Kunde zum Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsmacht in bar gezahlt hätte. 187 Durch die Gestaltung der Zahlungsbedingungen kann ein Vertrag Elemente einer Auftragsfinanzierung enthalten. Bei Anzahlungen gewährt der Kunde dem Lieferanten einen Kredit, während bei der Gewährung eines Zahlungsziels der Lieferant dem Kunden einen Kredit gewährt. 188 Es ist daher zu prüfen, ob der Vertrag ein solches Finanzierungselement enthält, auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt wird. Ziel ist es, die Umsatzerlöse in Höhe des Barverkaufspreises unter Berücksichtigung der wesentlichen Finanzierungskomponenten zu erfassen. Die nach IFRS 15.61 zu beurteilenden Sachverhalte sind: Die Differenz zwischen der zugesagten Gegenleistung und dem (fiktiven) Barveräußerungswert der Güter. Der erwartete Zeitraum zwischen Gefahrenübergang und Zahlung in Kombination mit dem Marktzinssatz im relevanten Markt. Beispiel 13.3: Wesentliche Finanzierungskomponente Die IMTB AG liefert ein Gut an die TEEM GmbH. Es wird ein Zahlungsziel von zwei Jahren zu einem Preis von 5.500 € vereinbart. Andere Kunden, die dasselbe Gut direkt bezahlen, müssen nur 5.000 € bezahlen. Die IMTB AG verbucht bei der Lieferung an die TEEM GmbH ebenfalls nur einen Umsatzerlös von 5.000 €. Die darüberhinausgehenden 500 € stellen einen Zinsertrag aus der Finanzierungsleistung von der IMTB AG an die TEEM GmbH dar und sind daher als Zinsertrag zu erfassen. 189 Beispiel 13.4: Wesentliche Finanzierungskomponenten Die Maschinenbau GmbH verkauft eine Montagelinie nach Korea. Der Verkauf erfolgt am 31.12.01. Der Barzahlungspreis beträgt 42.500.890 €. Alternativ wird eine Zahlung in drei Raten zu je 15 Mio. € angeboten. Die Raten werden am 31.12.01, am 31.12.02 und am 31.12.03 gezahlt. Die Ratenzahlung wird zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Der zugrundeliegende Zinssatz beträgt 6,0 % p. a. Die Höhe des Umsatzerlöses entspricht dem beizulegenden Zeitwert, d. h. dem diskontierten Wert der Ratenzahlungen. 190 Berechnung des Barzahlungspreises: 2 15 Mio. € 15 Mio. € Barzahlungspreis = 15 Mio. € + + = 42.500.890 € 1, 06 1, 06 186 Vgl. IFRS 15.60 sowie Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 102 f. 187 Vgl. IFRS 15.61. 188 Theile, C. und Dittmar, P.: IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 172. 189 Breidenbach, K., Währisch, M.: Umsatzerlöse: Handbuch zur Umsatzerfassung nach HGB und IFRS, 2016, S. 79. 190 In Anlehnung an Ruhnke, K., Sievers, S., Simons, D.: Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2023, S. 573 f. <?page no="171"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 171 Berechnung der drei jährlichen Raten: 3 3 1, 06 ×0, 06 1 jährliche Raten = 42.500.890 €× × = 15 Mio. € 1, 06 - 1 1, 06 Buchungssatz zum 31.12.01: Bank 15.000.000 € vertraglicher Vermögenswert 27.500.890 € an Umsatzerlöse 42.500.890 € Buchungssatz zum 31.12.02: Bei der zweiten Rate wird der Zinsertrag vereinnahmt. Die zum 31.12.02 ausstehende Rate (27.500.890 €) wurde für ein Jahr mit 6 % finanziert. (27.500.890 € x 0,06 = 1.650.053,40 €). Bank 15.000.000 € an Zinsertrag 1.650.053,40 € an vertraglicher Vermögenswert 13.349.946,60 € Buchungssatz zum 31.12.03: Die letzte Rate ist zu zahlen und der Zinsertrag für die Finanzierung von (14.150.943,40 € = 27.500.890 € - 13.349.946,60 €) ist zu vereinnahmen. Der Zinssatz beträgt 6 % (14.150,943,40 € x 0,06 = 849.056,60 €). Bank 15.000.000 € an Zinsertrag 849.056,60 € an vertraglicher Vermögenswert 14.150.943,40 € Nicht monetäre Gegenleistung Erbringt ein Kunde eine nicht monetäre Gegenleistung, hat das Unternehmen zur Bewertung der nicht monetären Gegenleistung den beizulegenden Zeitwert heranzuziehen. 191 Ist der beizulegende Zeitwert nicht verlässlich ermittelbar, erfolgt die Bewertung gemäß IFRS 15.67 auf Grundlage des Einzelveräußerungspreises der zugesagten Güter oder Dienstleistungen. Ist der beizulegende Zeitwert zwar ermittelbar, aber Schwankungen unterworfen, sind die Regelungen des IFRS 15.56-15.58 zur Bewertung von variablen Gegenleistungen anzuwenden. 192 Nach IFRS 15.69 sind auch solche Leistungen als nicht monetäre Gegenleistung zu bewerten, die der Kunde im Rahmen der Vertragserfüllung erbringt, beispielsweise durch die Bereitstellung von Personal oder anderen Ressourcen. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen die Kontrolle über die erbrachten Leistungen erlangt. In seltenen Fällen erhält ein Unternehmen als Gegenleistung für die erbrachte Leistung kein Geld, sondern ein anderes Gut (Tauschgeschäft). In diesem Fall wird der Umsatz mit dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) der Gegenleistung bewertet. Hierfür kommen drei Zeitpunkte in Betracht. Da IFRS 15 keinen Zeitpunkt festlegt, besteht ein Wahlrecht zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, dem Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung durch das Unternehmen oder dem früheren Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung oder der Erbringung der Leistung. 193 191 Vgl. IFRS 15.66. 192 Vgl. IFRS 15.68. 193 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 110 f. <?page no="172"?> 172 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 An einen Kunden zu zahlende Gegenleistung Im Rahmen eines Vertrags kann es vorkommen, dass das Unternehmen Zahlungen an den Kunden leistet. Diese Gegenleistungen können verschiedene Formen annehmen, z. B. Barzahlungen in Form von Rabatten, die dem Kunden gewährt werden. Alternativ können solche Zahlungen in Form von Gutschriften oder anderen Anreizen erfolgen, die zu einer Verringerung des Betrags führen, den der Kunde dem Unternehmen schuldet, wie z. B. die Ausgabe von Gutscheinen. Diese Gegenleistungen sind vom Transaktionspreis und den entsprechenden Umsatzerlösen abzuziehen, es sei denn, sie werden für eigenständig identifizierbare Güter oder Dienstleistungen gewährt. 194 Gemäß IFRS 15.71 sind Zahlungen an Kunden für eigenständig identifizierbare Güter oder Dienstleistungen, die von diesen Kunden erworben wurden, wie gewöhnliche Käufe von anderen Lieferanten zu behandeln. Eine Ausnahme wäre der Tausch eines Gutes oder einer Dienstleistung gegen die dem Kunden geschuldete Zahlung. Sonderfall: Rückerstattungsverbindlichkeit (refund liabilities) Gemäß IFRS 15.55 i. V. m. IFRS 15.App.B21 gelten die von Unternehmen gewährte Rückgaberechte als variable Vergütungsbestandteile des Transaktionspreises. Sofern das Unternehmen davon ausgeht, dass Teilbeträge der vereinnahmten Gegenleistung voraussichtlich zurückgezahlt werden müssen, hat es eine Rückerstattungsverbindlichkeit ( refund liability) anzusetzen (IFRS 15.55). Gleichzeitig sind die zurückerhaltenen Güter zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Sofern die Rückgabe der Waren an das Unternehmen mit Kosten verbunden ist (z. B. Transportkosten), sind diese von den Herstellungskosten abzuziehen. Gleiches gilt für Aufarbeitungskosten, die angefallen sind, um die Güter wieder in einen verkaufsfähigen Zustand zu versetzen (IFRS 15.App.B21). Bei der bilanziellen Erfassung sind folgende Schritte zu beachten: Umsatzrealisierung nur in Höhe des erwarteten Transaktionspreiszuflusses, Ansatz einer Rückerstattungsverbindlichkeit in Höhe des zu erwarteten Rückerstattungsanspruches des Kunden und Ansatz eines Vermögenswerts in Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (bzw. der verlustfreien Bewertung) der erwarteten Rückerstattung. Beispiel 13.5: Bilanzierung von Rückgaberechten (Rückerstattungsverbindlichkeit) Ein Unternehmen verkauft in einer Abrechnungsperiode (z. B. einem Monat) 100 Stück eines Produkts zu einem Absatzpreis von 100 € je Stück auf Ziel an den Kunden. Es ist bekannt, dass 98 % der Produkte nicht reklamiert werden. Bei den zurückgelieferten Produkten (hier 2 %) geht das Unternehmen davon aus, dass diese ohne Verlust weiterverkauft werden können. Die Herstellungskosten betragen 65 € je Stück. Das Unternehmen wendet das Umsatzkostenverfahren an. Buchungssätze Forderung aLuL 10.000 € an Umsatzerlöse 9.800 € (100 St. x 0,98 x 100 €/ St.) an Rückerstattungsverbindlichkeit 200 € (2 St. x 100 €/ St.) 194 Vgl. IFRS 15.70 und PwC: Revenue from contracts with customers, 2022, S. 96. <?page no="173"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 173 Die vorige Buchung beinhaltet die erwartete Rückzahlungsverpflichtung. umsatzbezogene Herstellungskosten 6.370 € Vermögenswert aus Rückgaberecht 130 € an Fertigerzeugnisse 6.500 € (100 St. x 65 €/ St.) Die obige Buchung stellt die umsatzbezogenen Herstellungskosten dar, die sich aus der möglichen Rücklieferung ergeben. Beispiel 13.6: Bilanzierung von Rückgaberechten (Rückerstattungsverbindlichkeit) Die IMTB AG schließt mit 1.000 Kunden Verträge über den Verkauf eines Produkts zu 400 € pro Stück ab. Das gesamte Transaktionsvolumen beträgt 400.000 €. Die Kunden zahlen sofort per Banküberweisung. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben die Kunden ein Rückgaberecht für nicht genutzte Produkte innerhalb von zwei Wochen. Die Herstellungskosten für ein Produkt betragen 300 € pro Stück. Die Retourenquote der verkauften Produkte wird auf 4 % geschätzt. Die Unsicherheit bezüglich der Umsatzhöhe dauert maximal 14 Tage. Der erwartete Wert der Umsatzerlöse wird höchstwahrscheinlich 96 % nicht unterschreiten, so dass sich ein erwarteter Umsatz in Höhe von 384.000 € (= 96 % x 1.000 St. x 400 €/ St.) ergibt. a) Geben Sie die Buchungssätze für die erwarteten Umsatzerlöse, die umsatzbezogenen Herstellungskosten in Höhe des erwarteten Produktumsatzes und damit unter Berücksichtigung der erwarteten Produktrückgaben an. Buchen Sie entsprechend bei Erfüllung der 1.000 Verträge, d. h. bei der Übergabe der Produkte an den Kunden und gleichzeitigem Zahlungseingang. b) Szenario 1: Die erwartete Retourenquote tritt genau ein. c) Szenario 2: Innerhalb der 14-tägigen Rückgabefrist erfolgt keine Produktrückgabe. d) Szenario 3: Die Rückgabequote ist um 3 Prozentpunkte höher als ursprünglich erwartet. Teil a) Bank 400.000 € an Umsatzerlöse 384.000 € an Rückerstattungsverbindlichkeit 16.000 € umsatzbezogene Herstellungskosten 288.000 € Vermögenswert aus Rückgaberecht 12.000 € an Fertigerzeugnisse 300.000 € (12.000 € = 4 % x 1.000 St. x 300 €/ St.) Teil b) Den Kundinnen und Kunden wird der bereits bezahlte Kaufpreis zurückerstattet, d. h. die entsprechenden Zahlungen sind gegen die Rückerstattungsverbindlichkeit auszubuchen. Darüber hinaus erfolgt eine Umbuchung der zurückerhaltenen Produkte, sobald die IMTB AG wieder über diese verfügen kann. <?page no="174"?> 174 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Rückerstattungsverbindlichkeit 16.000 € an Bank 16.000 € Die Ausbuchung erfolgt, sobald die Produkte vom Kunden zurückerhalten wurden: Fertigerzeugnisse 12.000 € an Vermögenswert aus Rückgaberecht 12.000 € Teil c) Es kommt zu keinen Rückgaben innerhalb der Rückgabefrist. Rückerstattungsverbindlichkeit 16.000 € an Bank 16.000 € umsatzbezogene Herstellungskosten 12.000 € an Vermögenswert aus Rückgaberecht 12.000 € Teil d) Die Retourenquote ist um drei Prozentpunkte höher als erwartet. Zunächst sind die Umsatzerlöse um die Erhöhung der Rückerstattungsverpflichtung zu korrigieren, die bei Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises an den Kunden auszubuchen ist. Ferner sind die zu hoch ausgewiesenen umsatzbezogenen Herstellungskosten um die Erhöhung des Rückgaberechts zu korrigieren, die wiederum erst bei Rückgabe der Produkte durch den Kunden gegen die Fertigerzeugnisse umzubuchen ist. Umsatzerlöse 12.000 € an Rückerstattungsverbindlichkeit 12.000 € Rückerstattungsverbindlichkeit 28.000 € an Bank 28.000 € Vermögenswert aus Rückgaberecht 9.000 € an umsatzbezogene Herstellungskosten 9.000 € Fertigerzeugnisse 21.000 € an Vermögenswert aus Rückgaberecht 21.000 € 13.1.4 Schritt 4: Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen des Vertrags Enthält ein Vertrag mehrere separate Leistungsverpflichtungen, so ist der Transaktionspreis entsprechend auf diese Leistungsverpflichtungen aufzuteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, ob bestimmte Bestandteile des Transaktionspreises bestimmten Leistungsverpflichtungen zugeordnet werden können. Jeder Leistungsverpflichtung (LVP) ist genau der Betrag zuzuordnen, den das Unternehmen bei Erfüllung der Leistungsverpflichtung zu erhalten erwartet. Die Aufteilung auf die <?page no="175"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 175 einzelnen Leistungsverpflichtungen erfolgt im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (EVP), die den Preis widerspiegeln, zu dem das Unternehmen die Leistung an ähnliche Kunden unter ähnlichen Umständen verkaufen würde. Grundsätzlich wird der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die einzelnen Teilleistungen aufgeteilt. Kann dieser Einzelveräußerungspreis nicht ermittelt werden, ist er zu schätzen. Dies kann nach den in IFRS 15.79 genannten Schätzmethoden erfolgen: Angepasster und marktbasierter Ansatz (adjusted-market-assessment): Es wird geschätzt, was ein Kunde auf dem relevanten Markt unter Berücksichtigung der Kostenstruktur und der Gewinnmarge des Unternehmens für diese Leistung zu zahlen bereit wäre. Als Referenz können auch die Preise der Wettbewerber herangezogen werden. Erwartete Kosten plus Gewinnmarge (expected-cost-plus-a-margin): Der Einzelveräußerungspreis wird aus den erwarteten Kosten zuzüglich einer Gewinnmarge ermittelt. Residualwertansatz: Der Einzelveräußerungspreis wird ermittelt, indem vom vertraglich vereinbarten Transaktionspreis die beobachtbaren Einzelveräußerungspreise der anderen vertraglich vereinbarten Güter oder Dienstleistungen abgezogen werden. Der Residualwertansatz ist jedoch nur in den folgenden Fällen anwendbar: - Der Einzelveräußerungspreis kann nicht bestimmt werden, da das Unternehmen diese Dienstleistung innerhalb eines kurzen Zeitraums an verschiedene Kunden zu sehr unterschiedlichen Preisen verkauft hat. - Das Unternehmen hat noch keinen Preis für die Dienstleistung festgelegt, da sie noch nicht einzeln verkauft wurde. In die Schätzung sind alle beobachtbaren und anderen dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Informationen einzubeziehen. Bei der Wahl der Methode kann ein erheblicher Ermessensspielraum hinsichtlich der Periodisierung der Umsatzerlöse bestehen. 195 Die Berechnung des Transaktionspreises (TP) je Leistungsverpflichtung (LVP) erfolgt folgendermaßen: relativer EVP einer LVP TP je LVP = × TP des Vertrags Summe Enthält der vereinbarte Transaktionspreis auch eine variable Komponente, so kann diese entweder auf alle Leistungsverpflichtungen oder nur auf einzelne Leistungsverpflichtungen verteilt werden (vgl. IFRS 15.84). Unternehmen dürfen variable Preiskomponenten nur dann verteilen, wenn die folgenden zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (IFRS 15.85): Der variable Preisbestandteil bezieht sich auf die Erfüllung einer bestimmten Leistungsverpflichtung und die Zuordnung der variablen Komponente zu dieser Leistungsverpflichtung widerspricht nicht dem in IFRS 15.73 definierten Zweck der Transaktionspreisallokation. 196 Diese Voraussetzungen gelten auch für nachträgliche Änderungen des Transaktionspreises. In der Praxis treten Änderungen häufig bei längeren Vertragslaufzeiten auf. 197 195 Theile, C. u. Dittmar, P. (Hrsg.): IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 180. 196 Hoffman, W.-D. u. Lüdenbach, N. (Hrsg.): IFRS 15: Aktuelle Neuerungen bei der Umsatzrealisierung, 2015, S. 36. 197 Breidenbach, K. u. Währisch, M.: Umsatzerlöse: Handbuch zur Umsatzrealisierung nach HGB und IFRS, 2016, S. 99. <?page no="176"?> 176 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Beispiel 13.7: Umsatzerlöse bei einem Mehrkomponentenvertrag Ein Unternehmen bietet seinen Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages mit einer Laufzeit von 24 Monaten (für Telefonie und Internet) zu einem monatlichen Pauschalpreis von 25 € den gleichzeitigen Erwerb eines Smartphones zum Preis von 1 € an. Der Einzelveräußerungspreis des Smartphones soll 199 € betragen. Für einen vergleichbaren Mobilfunkvertrag, jedoch ohne den vergünstigten Erwerb des Smartphones, berechnet und erhält das Unternehmen eine monatliche Pauschale i. H. v. 20 €. 198 Ermittlung der Umsatzerlöse bei einem Mehrkomponentenvertrag Komponente Einzelveräußerungspreise (EVP) vertraglich vereinbarte Preise Umsatzerlöse Smartphone 199,00 € 1,00 € 176,14 € (= [199 : 679] x 601) Mobilfunkpauschale (über Laufzeit) 480,00 € 600,00 € 424,86 € (= [480 : 679] x 601) Summe 679,00 € 601,00 € 601,00 € Bündelrabatte Bei einem Mehrkomponentenvertrag, d. h. einem Vertrag mit mehreren separaten Leistungen, bei dem der Transaktionspreis niedriger ist als die Summe der Einzelveräußerungspreise der Leistungen, spricht man von einem Bündelrabatt. Wird der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise aufgeteilt, so wird mit dem Bündelrabatt ebenso verfahren. 199 Ist der Bündelrabatt jedoch einer bestimmten Leistung zuzuordnen, so wird der Rabatt ausschließlich dieser Leistung zugeordnet. Dafür müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: 1. Jedes separate Gut bzw. Güterbündel wird vom Unternehmen regelmäßig auch einzeln verkauft. 2. Ein oder mehrere Teilgüterbündel werden regelmäßig mit einem Rabatt verkauft. 3. Im Wesentlichen entspricht der Bündelrabatt dem vertraglich gewährten Rabatt und es ist klar erkennbar für welche Leistungsverpflichtung der Rabatt gewährt wird. 200 Kann der Rabatt eindeutig einem Teilgüterbündel zugeordnet werden und wird der Residualwertansatz verwendet, so ist der Rabatt zunächst zuzuordnen, bevor der Residualwertansatz angewendet wird. 201 Beispiel 13.8: Mehrkomponentengeschäft Die IMTB AG hat im Dezember 01 eine Produktionsanlage vom Typ X15 an den Kunden Müller geliefert. Vertragsgemäß wurde ein Gesamtpaket verkauft, das neben der Produktionsanlage auch die Installation sowie die Wartung für die nächsten drei Jahre (02 bis 04) beinhaltet. Der Kunde 198 In Anlehnung an Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung, 2021, S. 376. 199 Theile, C. u. Dittmar, P. (Hrsg.): IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 180 f. 200 Breidenbach, K., Währisch, M.: Umsatzerlöse: Handbuch zur Umsatzerfassung nach HGB und IFRS, 2016, S. 94 f. 201 Theile, C. u. Dittmar, P. (Hrsg.): IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 181. <?page no="177"?> 13.1 Das Fünf-Schritte-Modell 177 Müller erhielt für alle Komponenten einen Sonderpreis in Höhe von 2,2 Mio. €. Die Produktionsanlage wurde noch im Geschäftsjahr 01 installiert und vom Kunden Müller abgenommen. Bei einem separaten Verkauf der einzelnen Komponenten hätte die IMTB AG folgende Umsatzerlöse erzielt: - Produktionsanlage (EVP) = 2.106.000 € - Installation (EVP) = 130.000 € - Wartung (EVP) = 364.000 € Die im Geschäftsjahr 01 zu realisierenden Umsatzerlöse sind gemäß IFRS 15 wie folgt zu ermitteln: TP EVP in T€ EVP in % Berechnung des verteilten TP verteilter TP Anlage 2.106 T€ 81,00 % 81,00 % × 2.200 T€ 1.782 T€ Installation 130 T€ 5,00 % 5,00 % × 2.200 T€ 110 T€ Wartung 364 T€ 14,00 % 14,00 % × 2.200 T€ 308 T€ Gesamt 2.200 T€ 2.600 T€ 100,00 % 2.200 T€ Somit werden im Geschäftsjahr 01 Umsatzerlöse in Höhe von 1.892 T€ (= 1.782 T€ + 110 T€) ausgewiesen. Die Umsatzerlöse aus Wartung i. H. v. 308 T€ werden auf die folgenden Geschäftsjahre 02 bis 04 mit jeweils 102.666,67 € verteilt. 13.1.5 Schritt 5: Umsatzrealisierung bei Erfüllung der Leistungsverpflichtungen Nach der Ermittlung des Transaktionspreises und der Allokation auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen (LVP) des Kundenvertrags ist im letzten Schritt zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt die daraus resultierenden Umsatzerlöse zu realisieren sind. IFRS 15 sieht die Möglichkeit einer zeitpunkt- oder zeitraumbezogenen Umsatzrealisierung vor. Relevant ist hierbei, ob das leistende Unternehmen seine Leistungsverpflichtung über einen Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt - oder ob der Kunde die Kontrolle über den Vermögenswert zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen Zeitraum hinweg erhält. 202 Nach IFRS 15.31 ist eine Umsatzrealisierung erst bei Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch Übertragung auf den Kunden möglich. Die Übertragung erfolgt, sobald der Kunde die Verfügungsmacht über den Vermögenswert erhält. Der Kunde hat allein die Fähigkeit, die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen und daraus künftigen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. 203 Ein Unternehmen prüft zunächst, ob die Voraussetzungen für eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung vorliegen, da bei Fehlen dieser Voraussetzung stets eine zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung vorzunehmen ist. 204 Zur Bestimmung, ob ein Umsatz zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum zu realisieren ist, kann der in der folgenden Abbildung dargestellte Entscheidungsbaum gemäß IFRS 15.35 herangezogen werden. 202 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 299. 203 Vgl. Lüdenbach, N. et al.: Haufe IFRS Kommentar. 2024, S. 1530 f. 204 Hoffman, W.-D. u. Lüdenbach, N. (Hrsg.): IFRS 15: Aktuelle Neuerungen bei der Umsatzrealisierung, 2015, S. 36 f. <?page no="178"?> 178 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Abb. 13.2: Entscheidungsbaum für die Art der Umsatzrealisierung gemäß IFRS 15.35 205 Ist eines der drei dargestellten Kriterien erfüllt, sind die Umsatzerlöse über einen Zeitraum unter Berücksichtigung des Leistungsfortschritts der einzelnen LVP zu bestimmen und zu realisieren. Grundsätzlich wird dabei die aus dem IAS 11 bereits bekannte Percentage-of-Completion-Methode (PoC-Methode) zur Ermittlung der zu erfassenden Umsatzerlöse angewendet. 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung Wenn bei Vertragsabschluss keine zeitraumbezogen Leistungsverpflichtung (LVP) identifiziert wird, geht man automatisch von einer zeitpunktbezogenen LVP aus. Der Zeitpunkt des Kontrollübergangs wird durch allgemeine Anhaltspunkte bestimmt, die anzeigen, ob die Verfügbarkeit des Vermögenswerts und die damit verbundenen rechtlichen Vorteile auf den Kunden übergegangen sind. Der Standard verlangt zusätzliche Nachweise und schlägt fünf Beispiele vor (vgl. IFRS 15.38): Das Unternehmen hat bestehende Zahlungsansprüche gegenüber dem Kunden. Das rechtliche Eigentum geht auf den Kunden über. Das physische Eigentum geht auf den Kunden über. Die maßgeblichen Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum am Vermögenswert verbunden sind, gehen auf den Kunden über. Der Vermögenswert wurde vom Kunden akzeptiert und abgenommen. 206 Beispiel 13.9: Zeitpunktbezogene Leistungsverpflichtung Die IMTB AG verkauft der TEEM GmbH eine Maschine für deren Produktionsprozess. Die Zahlungsverpflichtung entsteht nach der Lieferung der Maschine und ist innerhalb von vier Wochen 205 In Anlehnung an Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2021, S. 595 f. 206 Wöltje, J.: IFRS, 2017, S. 106-107. <?page no="179"?> 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung 179 fällig. Erst mit der Zahlung geht das rechtliche Eigentum an der Maschine auf die TEEM GmbH über. Unmittelbar nach der Lieferung nimmt die TEEM GmbH die Maschine in Betrieb und verzichtet damit auf ihr Rückgaberecht. Obwohl das rechtliche Eigentum noch nicht auf die TEEM GmbH übergegangen ist, findet ein Kontrollwechsel statt. Die TEEM GmbH verfügt ab diesem Zeitpunkt über die Maschine und profitiert von deren Nutzung. Dies wird durch die Indizien des Zahlungsanspruchs, des physischen Besitzes und des Übergangs der Chancen und Risiken unterstrichen. Die fehlende rechtliche Übertragung steht dem Kontrollübergang nicht entgegen. Die IMTB AG kann daher ihre Umsatzerlöse aus der Leistungsverpflichtung erfassen. 13.1.7 Zeitraumbezogene Umsatzrealisierung Die zeitraumbezogene Umsatzrealisierung nach IFRS 15 ermöglicht es Unternehmen, Umsatzerlöse realitätsnah und periodengerecht zu erfassen. Dies trägt zu einer besseren Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens bei. Die zeitraumbezogene Umsatzrealisierung nach IFRS 15 kann angewendet werden, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 1. Der Kunde erhält und verbraucht den Nutzen aus der Leistung gleichzeitig mit der Leistungserbringung: Ein Beispiel hierfür wäre ein Dienstleistungsbzw. Wartungsvertrag, bei dem der Kunde kontinuierlich von den erbrachten Leistungen profitiert. 2. Die erbrachte Leistung schafft oder verbessert einen Vermögenswert, der unter der Kontrolle des Kunden steht : Dies könnte bei Bauprojekten der Fall sein, bei denen der Kunde die Kontrolle über die Baustelle hat. 3. Die erbrachte Leistung schafft einen Vermögenswert, der keinen alternativen Nutzen für den Lieferanten hat, und der Lieferant hat ein durchsetzbares Recht auf Bezahlung der bisher erbrachten Leistung : Beispiel: Herstellung spezieller Produkte und Dienstleistungen, die nur vom Kunden genutzt werden können. Ist eine der genannten Voraussetzungen erfüllt und kann der Leistungsfortschritt über den Zeitraum der Leistungserbringung verlässlich bestimmt werden, ist das Unternehmen gemäß IFRS 15.44 verpflichtet, die Umsatzerlöse über den Zeitraum entsprechend dem Leistungsfortschritt bis zur vollständigen Erbringung der Leistungsverpflichtung zu erfassen. Ist eine angemessene Schätzung des Fertigstellungsgrades aufgrund fehlender Informationen nicht möglich, hat das Unternehmen die Umsatzrealisierung auf maximal die Höhe der angefallenen Kosten zu begrenzen. Ist eine der genannten Voraussetzungen erfüllt und kann der Leistungsfortschritt über den Zeitraum der Leistungserbringung angemessen bestimmt werden, so ist das Unternehmen gemäß IFRS 15.44 verpflichtet, die Umsatzerlöse über den Zeitraum entsprechend dem Leistungsfortschritt bis zur vollständigen Erbringung der Leistungsverpflichtung zu erfassen. Ist eine angemessene Schätzung des Fertigstellungsgrades aufgrund fehlender Informationen nicht möglich, ist die Umsatzrealisierung auf die Höhe der angefallenen Kosten zu begrenzen. Ist eine angemessene Schätzung zu einem späteren Zeitpunkt möglich, ist die Umsatzrealisierung regelmäßig zu diesem Zeitpunkt nachzuholen. Dabei werden die bis zum Zeitpunkt des Leistungsfortschritts ausgewiesenen kumulierten Umsatzerlöse abzüglich der bis zu diesem Zeitpunkt als Umsatzerlöse ausgewiesenen Beträge erfasst. 207 Dabei werden die bis zum Zeitpunkt des Leistungsfortschritts ausgewiesenen kumulierten Umsatzerlöse abzüglich der bis zu diesem Zeitpunkt als Umsatz ausgewiesenen Beträge erfasst. 208 207 Kirsch, H.-J.: Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2021, S. 378. 208 ebd. <?page no="180"?> 180 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Beispiel 13.10: Zeitraumbezogene Leistungsverpflichtung Die Steuer GmbH schließt mit der Werkzeugbau GmbH einen Dienstleistungsvertrag über die monatliche Lohn- und Gehaltsabrechnung ab, der sich über einen Zeitraum von 24 Monaten erstreckt. Da die Werkzeugbau GmbH jeden Monat von dieser Dienstleistung profitiert, handelt es sich um eine zeitraumbezogene Leistungsverpflichtung. 13.1.8 Ermittlung des Fertigstellungsgrades Entscheidend für die Umsatzrealisierung nach dem Fertigstellungsgrad ist, dass der Fertigstellungsgrad verlässlich ermittelt werden kann. Die gewählte Methode ist für ähnliche Leistungsverpflichtungen einheitlich anzuwenden und sollte den kontinuierlichen Nutzentransfer bestmöglich widerspiegeln. Bestehen Unsicherheiten bei der Ermittlung des Leistungsfortschritts, dürfen Umsatzerlöse nur in Höhe der angefallenen Auftragskosten realisiert werden, sofern diese wahrscheinlich einbringbar sind. Der restliche Umsatz ist zu realisieren, sobald die Unsicherheiten beseitigt sind. Daher wird die zeitraumbezogene Umsatzrealisierung häufig erst ab einem bestimmten Fertigstellungsgrad des Gutes angewandt. 209 Zur Ermittlung des Fertigstellungsgrades sind verschiedene Methoden zulässig. Es gibt outputorientierte Methoden, die auf die bereits erbrachte Leistung abstellen, und inputorientierte Methoden, die auf die verbrauchten Produktionsfaktoren abstellen. 210 Methode Basis Fertigstellungsgrad outputorientiert Units-of-Delivery- Methode fertiggestellte Leistungseinheiten Quotient aus bereits erbrachten und vertraglich vereinbarten Leistungseinheiten Value-Added- Methode Wert der bereits erbrachten Teilleistung Quotient aus dem Wert der bereits erbrachten Teilleistung zum Gesamtwert der vertraglich vereinbarten Leistung Milestones-Methode vereinbarte Zwischenziele erreichte Zwischenziele inputorientiert Cost-to-Cost- Methode angefallene Kosten Quotient aus den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Kosten und den erwarteten Gesamtkosten für die Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung Effort-Expended- Methode verbrauchte Produktionsfaktoren Quotient aus den bis zum Bilanzstichtag verbrauchten Produktionsfaktoren (z.B. Arbeitsstunden) und dem erwarteten gesamten Faktoreinsatz Tab. 13.3: Methoden zur Messung des Leistungsfortschritts 211 209 Petersen, K., et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 145. 210 Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 188. 211 Entnommen aus: Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch: Einzel- und Konzernabschluss, 2024, S. 188. <?page no="181"?> 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung 181 Ermittlung des Fertigstellungsgrads Bei der Effort-Expended-Methode : Fertigstellungsgrad = Isteinsatzmenge erwartete Gesamteinsatzmenge Bei dieser Methode werden die bis zum Stichtag benötigten Einsatzfaktoren, wie z. B. Arbeits- oder Maschinenstunden ins Verhältnis zum gesamten Faktorbedarf gesetzt und auf den noch nicht realisierten Teil des Umsatzes übertragen, so dass ein Erlösbetrag in Abhängigkeit von den eingesetzten Faktoren ermittelt wird. Bei der Cost-to-Cost-Methode : Fertigstellungsgrad = Istkosten geschätzte Gesamtkosten Bei dieser Methode wird das Verhältnis der angefallenen Kosten zu den geschätzten Gesamtkosten auf den noch nicht realisierten Teil des Umsatzes übertragen, so dass ein Erlös im Verhältnis zu den angefallenen Kosten ermittelt wird. 212 Abb. 13.3: Ermittlung des Fertigstellungsgrades und Teilgewinnrealisierung bei der Cost-to-Cost- Methode Beispiel 13.11: Cost-to-Cost-Methode Ein Unternehmen erhielt einen Auftrag mit einer voraussichtlichen Laufzeit von vier Jahren. Vereinbart wurde ein Festpreis von 60.000 T€. Die geplanten Gesamtkosten betragen 52.000 T€ . Die tatsächlich angefallenen Kosten pro Periode können der folgenden Tabelle entnommen werden. Aus Vereinfachungsgründen wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Kosten ausschließlich um den Verbrauch diverser Vermögenswerte handelt. Die Kostenentwicklung stellt sich wie folgt dar: 212 Vgl. Malms, I.: Erfolgreiche Abschlussarbeiten - Internationale Rechnungslegung, 2016, S. 225. <?page no="182"?> 182 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Periode (Jahr) 01 02 03 04 Kosten (T€) 9.360 16.640 11.440 14.560 kumulierte Kosten (T€) 9.360 26.000 37.440 52.000 Fertigstellungsgrad im Jahr 03= bisher angefallene kumulierte Kosten geschätzte Gesamtkosten = 37.440 T€ 52.000 T€ = 0,72 Der Fertigstellungsgrad im Jahr 03 beträgt 72 %. Der Fertigstellungsgrad wird nach der Cost-to-Cost-Methode wie folgt ermittelt: Periode (Jahr) 01 02 03 04 bisher angefallene Kosten kumuliert (T€) 9.360 26.000 37.440 52.000 geschätzte Gesamtkosten (T€) 52.000 52.000 52.000 52.000 Fertigstellungsgrad 18 % 50 % 72 % 100 % gesamte Umsatzerlöse (T€) 60.000 60.000 60.000 60.000 geschätzte Gesamtkosten (T€) 52.000 52.000 52.000 52.000 erwarteter Gesamtgewinn (T€) 8.000 8.000 8.000 8.000 Nach der Percentage-of-Completion-Methode können folgende Teilgewinne der Periode erfasst werden: Ermittlung des Teilgewinns der Periode 01: 18 % aus prognostiziertem Gewinn von 8.000 T€: 1.440 T€ Ermittlung des Teilgewinns der Periode 02: 50 % aus prognostiziertem Gewinn von 8.000 T€: 4.000 T€ realisiertem Teilgewinn der Periode 01: - 1.440 T€ = Teilgewinn der Periode 02: = 2.560 T€ Ermittlung des Teilgewinns der Periode 03: 72 % aus prognostiziertem Gewinn von 8.000 T€: 5.760 T€ realisierte Teilgewinne der Perioden 01/ 02: - 4.000 T€ = Teilgewinn der Periode 03: = 1.760 T€ Ermittlung des Teilgewinns der Periode 04: Gesamtgewinn des Projekts: 8.000 T€ realisierte Teilgewinne der Perioden 01/ 02/ 03: - 5.760 T€ = Teilgewinn der Periode 04: = 2.240 T€ <?page no="183"?> 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung 183 Bei der Cost-to-Cost-Methode werden die anteiligen Umsatzerlöse erfolgswirksam erfasst und der Wertansatz des vertraglichen Vermögenswerts entsprechend erhöht. Eine Forderung aus Lieferungen und Leistungen darf erst dann aktiviert werden, wenn das Unternehmen einen unbedingten Zahlungsanspruch gegen den Kunden hat. In diesem Fall wird der vertragliche Vermögenswert in eine Forderung aus Lieferungen und Leistungen umgegliedert. 213 Der Buchungssatz lautet dann wie folgt: Forderungen aLuL an an vertraglichen Vermögenswert Umsatzerlöse Der Zusammenhang besteht dabei wie folgt: - Periodenerlös = (erwarteter Transaktionspreis x Fertigstellungsgrad) - Gesamterlös der Vorperioden - Teilgewinn der Periode = Erlös der Periode - Aufwand der Periode Wird der Fertigstellungsgrad nach der Cost-to-Cost-Methode, d. h. nach dem Verhältnis der angefallenen Kosten zum Fertigstellungsgrad ermittelt, sollten die laufenden Aufwendungen der Periode idealerweise den gesamten angefallenen Kosten der Periode entsprechen. 214 Nach anderen Methoden sind dagegen die tatsächlich angefallenen Aufwendungen zu aktivieren, soweit sie über den Leistungsfortschritt übersteigen und einbringbar sind. Erst wenn ein unbedingter Zahlungsanspruch entstanden ist, wird ein Umsatz als Forderung aus Lieferungen und Leistungen ausgewiesen, d. h. es erfolgt eine Umbuchung von den vertraglichen Vermögenswerten zu den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen vertragliche Vermögenswerte (contract asset) oder vertragliche Verbindlichkeiten vor: + angefallene Auftragskosten (= Fertigstellungsgrad x Gesamtkosten) realisierte Teilgewinne = kumulierte realisierte Umsatzerlöse (= Fertigstellungsgrad x Gesamterlös) -- Wertberichtigungen auf bereits aktivierte Kosten oder Teilgewinne Forderungen, Forderungsverzichte und Anzahlungen = vertraglicher Vermögenswert (+) oder vertragliche Verbindlichkeit (-) Tab. 13.4: Ermittlung eines vertraglichen Vermögenswertes oder einer vertraglichen Verbindlichkeit 215 Wenn ein Verlust aus dem gesamten Auftrag wahrscheinlich ist, werden die Kosten nicht mehr aktiviert. Zuvor aktivierte Kosten werden außerplanmäßig abgeschrieben. Bereits aktivierte Forderungen sind jedoch nicht abzuschreiben, da hier nur der Forderungsausfall berücksichtigt wird. 216 213 Vgl. Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS), 2018, S. 188f. 214 Grünberger, D.: IFRS 2024: Ein systematischer Praxis-Leitfaden, 2024, S. 118. 215 ebd., S. 116. 216 ebd., S. 118 f. <?page no="184"?> 184 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 Fallbeispiel: Percentage-of-Completion-Methode mit der Cost-to-Cost-Methode unter Berücksichtigung von Anzahlungen, Teilabrechnungen und Schätzungen der Teilprojekte Ein Bauunternehmen hat einen Auftrag zur ökologischen Umgestaltung einer Stadt und der damit verbundenen Renaturierung eines Flusses erhalten. Die Bauzeit wird auf fünf Jahre veranschlagt. Es wurde ein Festpreis von 200 Mio. € vereinbart, der am Ende des fünften Jahres zu zahlen ist. Die geplanten jährlichen Kosten betragen 35 Mio. €. In der Steuerbilanz wird der Fertigungsauftrag nach der Completed-Contract-Methode bewertet. Der durchschnittliche Ertragssteuersatz beträgt 30 %. Der jährliche Baufortschritt wird proportional zu den Kosten verteilt. Die Umsatzsteuer wird nicht berücksichtigt. Die Kostenentwicklung stellt sich wie folgt dar: Periode (Jahr) 01 02 03 04 05 Kosten (Mio. €) 35 35 35 35 35 kumulierte Kosten (Mio. €) 35 70 105 140 175 Der Fertigstellungsgrad erhöht sich in jedem Geschäftsjahr um 20 Prozent bezogen auf die Gesamtkosten. Somit ist der Fertigungsauftrag in jedem Geschäftsjahr (Periode) mit dem anteiligen kumulierten Projektwert zu bilanzieren. Die Buchungssätze für die Erfassung des Fertigstellungsgrades in den Jahren 01 bis 04 lauten wie folgt: umsatzbezogene Herstellungskosten 35 Mio. € an diverse Aktiva 35 Mio. € vertragliche Vermögenswerte 40 Mio. € an Umsatzerlöse 40 Mio. € In der jährlichen Gewinn- und Verlustrechnung werden die im jeweiligen Geschäftsjahr erfassten Umsatzerlöse (40 Mio. €) den jährlichen Auftragskosten in Höhe von 35 Mio. € gegenübergestellt. Daraus ergibt sich ein jährlicher Ergebnisbeitrag vor Steuern in Höhe von 5 Mio. € und damit eine jährliche latente Steuerabgrenzung (gemäß IAS 12.5) in den Jahren 01 bis 04 in Höhe von 1,5 Mio. €. Die Buchungssätze in den Jahren 01 bis 04 lauten wie folgt: Steueraufwand 1,5 Mio. € an passive latente Steuern 1,5 Mio. € Die effektiv angefallenen Ertragssteuern [30 % von (200 Mio. € - 175 Mio. €)] werden zum Bilanzstichtag, dem 31.12.05 erfasst. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die in der IFRS-Bilanz gebildeten passiven latenten Steuern erfolgswirksam aufzulösen. passive latente Steuern 6,00 Mio. € effektiver Steueraufwand 1,50 Mio. € an Steuerrückstellungen 7,50 Mio. € Am Ende des fünften Jahres nach der Abnahme des Fertigungsauftrags werden folgende Buchungen vorgenommen: umsatzbezog. Herstellungskosten 35 Mio. € an diverse Aktiva 35 Mio. € Forderungen aLuL 200 Mio. € an Umsatzerlöse 200 Mio. € Umsatzerlöse 160 Mio. € an vertragliche Vermögenswerte 160 Mio. € Bank 200 Mio. € an Forderungen aLuL 200 Mio. € <?page no="185"?> 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung 185 Die folgende Tabelle zeigt die bilanziellen und die erfolgswirksamen Effekte der Bewertung des Fertigungsauftrags nach der Percentage-of-Completion-Methode. Bilanz (Mio. €) 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05 vertragliche Vermö genswerte 40 80 120 160 Forderungen aLuL 200 passive latente Steuern 1,5 3,0 4,5 6,0 Steuerrü ckstellungen 7,5 Ergebnisvortrag 3,5 7,0 10,5 14,0 Ergebnisbeitrag 3,5 3,5 3,5 3,5 3,5 GuV (Mio. €) Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umsatzerlö se 40 40 40 40 40 umsatzbezogene Herstellungskosten -35 -35 -35 -35 -35 Ergebnis vor Steuern = 5 = 5 = 5 = 5 = 5 passive latenter Steueraufwand/ effektiver Steueraufwand -1,5 -1,5 -1,5 -1,5 -1,5 Ergebnis nach Steuern = 3,5 = 3,5 = 3,5 = 3,5 = 3,5 Ergänzende Erläuterungen zu den latenten Steuern: Periode (Jahr) Vermögenswert IFRS-Bilanz Wirtschaftsgut Steuerbilanz Differenz passive latente Steuern 01 40 Mio. € 35 Mio. € 5 Mio. € 1,5 Mio. € 02 80 Mio. € 70 Mio. € 10 Mio. € 3,0 Mio. € 03 120 Mio. € 105 Mio. € 15 Mio. € 4,5 Mio. € 04 160 Mio. € 140 Mio. € 20 Mio. € 6,0 Mio. € 05 200 Mio. € 200 Mio. € 0 € 0 € Da in der fünften Periode keine Differenz mehr zwischen IFRS- und Steuerbilanz besteht, sind auch keine latenten Steuern mehr zu bilanzieren. Erweiterung des Fallbeispiels: Percentage-of-Completion-Methode mit der Cost-to- Cost-Methode unter Berücksichtigung von Anzahlungen, Teilabrechnungen und Schätzungen der Teilprojekte Das Bauunternehmen erhält zu Beginn des Jahres 01 eine Anzahlung in Höhe von 50 Mio. €. Die erste Teilabrechnung des kundenspezifischen Projekts erfolgt zu Beginn des Jahres 03 auf Basis des Leistungsfortschritts (80 Mio. €) unter Anrechnung der im ersten Jahr erhaltenen Anzahlung. Der Restbetrag wird vom Kunden sofort per Banküberweisung beglichen. Eine zweite Anzahlung erfolgt im vierten Jahr in Höhe von 30 Mio. €. Die Restzahlung erfolgt bei Fertigstellung, d. h. bei <?page no="186"?> 186 Schritt 13: Erlöse aus Verträgen mit Kunden nach IFRS 15 der Endabnahme am Ende des Jahres 05. Zusätzlich zu den bisherigen Buchungen sind folgende Buchungen für die Anzahlungen und die Teilabrechnungen vorzunehmen: Buchungen im Jahr 01: Bank 50 an erhaltene Anzahlungen 50 umsatzbezogene Herstellungskosten 35 an diverse Aktiva 35 vertragliche Vermögenswerte 40 an Umsatzerlöse 40 Steueraufwand 1,5 an passive latente Steuern 1,5 Buchungen im Jahr 02: umsatzbezogene Herstellungskosten 35 an diverse Aktiva 35 vertragliche Vermögenswerte 40 an Umsatzerlöse 40 Steueraufwand 1,5 an passive latente Steuern 1,5 Buchungen im Jahr 03: Forderungen aLuL 80 an Umsatzerlöse 80 Umsatzerlöse 80 an vertragliche Vermögenswerte 80 Bank erhaltene Anzahlungen 30 50 an Forderungen aLuL 80 passive latente Steuern 3 an Steuerrückstellungen 3 umsatzbezogene Herstellungskosten 35 an diverse Aktiva 35 vertragliche Vermögenswerte 40 an Umsatzerlöse 40 Steueraufwand 1,5 an passive latente Steuern 1,5 Nach der Teilabrechnung zu Beginn des dritten Jahres wird davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die ertragssteuerliche Realisierung erfüllt sind, d. h. die bisher gebildeten passiven latenten Steuern in den Jahren 01 und 02 werden zugunsten der Steuerrückstellung aufgelöst. Buchungen im Jahr 04: umsatzbezogene Herstellungskosten 35 an diverse Aktiva 35 vertragliche Vermögenswerte 40 an Umsatzerlöse 40 Steueraufwand 1,5 an passive latente Steuern 1,5 Bank 30 an erhaltene Anzahlungen 30 Buchungen im Jahr 05: umsatzbezogene Herstellungskosten 35 an diverse Aktiva 35 Forderungen aLuL 120 an Umsatzerlöse 120 Umsatzerlöse 80 an vertragliche Vermögenswerte 80 passive latente Steuern effektiver Steueraufwand 3 1,5 an Steuerrückstellungen 4,5 Aufgrund der Teilabrechnung zu Beginn des dritten Jahres sind obige Steuerbuchungen im fünften Jahr zu berücksichtigen. erhaltene Anzahlungen Bank 30 90 an Forderungen aLuL 120 <?page no="187"?> 13.1.6 Zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung 187 Die folgende Tabelle zeigt die bilanziellen und die erfolgswirksamen Auswirkungen der Bewertung des Fertigungsauftrages nach der Percentage-of-Completion-Methode. Bilanz (Mio. €) 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 31.12.05 vertragliche Vermö genswerte 40 80 40 80 Bank 50 50 80 110 200 Forderungen aLuL passive latente Steuern 1,5 3 1,5 3 erhaltene Anzahlungen 50 50 0 30 Steuerrü ckstellungen 3 3 7,5 Ergebnisvortrag 3,5 7,0 10,5 14 Ergebnisbeitrag 3,5 3,5 3,5 3,5 3,5 GuV (Mio. €) Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umsatzerlö se 40 40 40 40 40 umsatzbezogene Herstellungskosten -35 -35 -35 -35 -35 Ergebnis vor Steuern = 5 = 5 = 5 = 5 = 5 passive latenter Steueraufwand/ effektiver Steueraufwand -1,5 -1,5 -1,5 -1,5 -1,5 Ergebnis nach Steuern = 3,5 = 3,5 = 3,5 = 3,5 = 3,5 Aufgaben und Lösungen zu : • Percentage-of-Completion-Methode • Langfristiger Fertigungsauftrag finden Sie online. <?page no="189"?> Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Lernziele Am Ende dieses Kapitels sollten Sie über ein solides Verständnis für den Ansatz und die Bewertung von Finanzinstrumenten nach den IFRS verfügen: [1] Identifizierung finanzieller Vermögenswerte und finanzieller Verbindlichkeiten, d. h. diejenigen, die unter die Regelungen des IFRS 9 fallen. [2] Klassifizierung der Bewertungskategorien finanzieller Vermögenswerte, d. h. Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten, erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert mit Wertänderungen im sonstigen Ergebnis und erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert im Gewinn oder Verlust. [3] Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten und Ermittlung des Effektivzinssatzes Interpretation der Eigenkapitalveränderungsrechnung und Erläuterung der wesentlichen Eigenkapitalbewegungen. Die Bilanzierung und Bewertung von Finanzinstrumenten sind in verschiedenen Standards geregelt. Fragen des Ansatzes und der Offenlegung werden in den Standards IAS 32 und IFRS 7 geregelt. Der Standard IFRS 9 enthält Regelungen zum Ansatz und zur Bewertung von Finanzinstrumenten. Der Anwendungsbereich des IFRS 9 überschneidet sich mit dem bisher relevanten IAS 39 und erstreckt sich auf alle Finanzinstrumente. Bestimmte Bereiche sind jedoch explizit ausgenommen und werden in anderen IFRS Standards explizit behandelt, u. a: 217 - Anteile an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Joint Ventures - Rechte und Verpflichtungen aus Leasingverhältnissen (IFRS 16) - Rechte und Verpflichten aus Altersversorgungsplänen (IAS 19) - Selbst emittierte Eigenkapitalinstrumente wie Aktien und Optionen (IAS 32) - Rechte und Verpflichten aus Versicherungsverträgen (IFRS 4) - Verträge im Rahmen von anteilsbasierten Vergütungen (IFRS 2) 14.1 Definition und Anwendungsbereich Nach der Definition in IAS 32.11 sind als Finanzinstrumente alle Verträge, die gleichzeitig bei einem Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert (financial asset) und bei einem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit (financial liability) oder einem Eigenkapitalinstrument (equity instrument) führen. Damit sind zeitgleich die Aktiv- und die Passivseite zweier Unternehmen betroffen. 218 Zu den finanziellen Vermögenswerten (financial asset) gehören beispielsweise.: - Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks, - Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, 217 Vgl. Steiner, C. u. Jankovic, A.: Der Jahresabschluss nach IFRS, 2017, S. 131. 218 Vgl. Behys, O. et al.: Praxisleitfaden zur internationalen Rechnungslegung (IFRS), 2019, S. 95. <?page no="190"?> 190 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten - Forderungen gegen verbundene Unternehmen, - Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, gehaltene Eigenkapitalinstrumente (z. B. Aktien oder GmbH-Anteile) an anderen Unternehmen, - Forderungen aus gewährten Krediten und erworbenen Anleihen - Schuldtitel anderer Unternehmen (z. B. Anleihen oder Schuldscheine), vertragliche Rechte, finanzielle Vermögenswerte bzw. finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen zu einem vorteilhaften Preis auszutauschen (z. B. Verkaufsoptionen). Eine finanzielle Verbindlichkeit (financial liability) ist eine vertragliche Verpflichtung, die zur Lieferung von flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten oder zum Tausch von Finanzinstrumenten zu potenziell nachteiligen Bedingungen verpflichtet, wie z. B.: vom bilanzierenden Unternehmen begebene Anleihen, - Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, - Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, - Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel, - Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen, - Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, vertragliche Verpflichtungen, Finanzinstrumente, die zu nachteiligen Bedingungen getauscht werden müssen. Eigenkapitalinstrumente Eigenkapitalinstrumente werden als Verträge definiert, die einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Abzug aller zugehörigen Schulden begründen und nicht die Definition einer Verbindlichkeit erfüllen. Zu den Eigenkapitalinstrumenten gehören unter anderem Aktien, GmbH-Anteile oder stille Beteiligungen. 219 Derivative Finanzinstrumente Derivate sind Verträge, die keine oder nur sehr geringe Anschaffungskosten verursachen und deren Wert sich in Abhängigkeit von der Änderung eines zugrundeliegenden Basiswertes (z. B. Zinssatz, Aktienkurs, Wechselkurs etc.) verändert und erst zu einem späteren Zeitpunkt beglichen wird. Die Grundtypen lassen sich in Forwards (Devisentermingeschäfte), Futures und Swaps (Zinsswaps) und bedingte Termingeschäfte wie (Aktien-)Optionen unterteilen. 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten Der Standard IFRS 9 regelt die Bilanzierung von aktiven und passiven Finanzinstrumenten, wie z. B. Aktien oder emittierten Schuldverschreibungen. Die Bewertung aller Finanzinstrumente erfolgt nach zwei grundsätzlichen Wertmaßstäben: Zum beizulegenden Zeitwert (fair value): Der beizulegende Zeitwert entspricht dem Preis, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswertes eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde. 219 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 170. <?page no="191"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 191 Fortgeführte Anschaffungskosten (amortised cost): Die fortgeführten Anschaffungskosten entsprechen dem Betrag, der sich aus den historischen Anschaffungskosten unter Berücksichtigung von Tilgungen, der Verteilung von Agien oder Disagien unter Anwendung der Effektivzinsmethode über die Laufzeit sowie von etwaigen außerplanmäßigen Abschreibungen bei Wertminderungen oder Uneinbringlichkeit ergibt. IFRS 9 klassifiziert die Finanzinstrumente - abhängig von bestimmten Geschäftsmodell- und Zahlungsstrombedingungen - in die folgenden drei Kategorien (Bewertungsklassen): Bewertung zu den fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost = AC), oder erfolgsneutrale Bewertung zum beizulegenden Zeitwert mit und ohne Recycling (Fair Value through Other Comprehensive Income = FVOCI), oder erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value through Profit or Loss = FVPL) . Für die Zuordnung eines Finanzinstruments zu einer dieser Kategorien ist zu prüfen, ob die Zahlungsstrombedingung oder die Geschäftsmodellbedingung erfüllt ist. Zahlungsstrombedingung: Das primäre Ziel besteht darin, ein Finanzinstrument zu halten und die vertraglichen Zahlungsströme, d. h. Zinsen und Tilgungen, zu bestimmten Zeitpunkten zu vereinnahmen („Halten“). Geschäftsmodellbedingung: Diese ist erfüllt, wenn ein finanzieller Vermögenswert Bestandteil eines vom Unternehmen gehaltenen Portfolios ist und neben der Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme auch die Erzielung von Zahlungseingängen aus der Veräußerung des finanziellen Vermögenswerts beabsichtigt ist (sog. Halten und Verkaufen). 220 Die folgende Abbildung zeigt die Zuordnung von finanziellen Vermögenswerten zu den drei Kategorien mit unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben nach IFRS 9. Abb. 14.1: Kategorien von Finanzinstrumente nach IFRS 9 220 Wulf, I. u. Pollman, R.: Bilanztraining, 2023, S. 433. <?page no="192"?> 192 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Zuordnung und Bewertung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 Für die Zuordnung eines finanziellen Vermögenswerts zu einer der drei Kategorien sind das Geschäftsmodell des Unternehmens zur Steuerung der finanziellen Vermögenswerte (sog. Geschäftsmodellbedingung) sowie die Eigenschaften der vertraglichen Zahlungsströme des finanziellen Vermögenswerts (sog. Zahlungsstrombedingung) maßgeblich. Amortised Cost (AC) Finanzinstrumente der Kategorie „Amortised Cost“ (AC) müssen folgende Kriterien erfüllen: Geschäftsmodellbedingung: Das Unternehmen beabsichtigt die finanziellen Vermögenswerte (insbesondere Schuldinstrumente) zu halten , um die vertraglich vereinbarten Zahlungsströme (Zinsen und Tilgung) zu vereinnahmen, und nicht, das Instrument vor seiner vertraglichen Endfälligkeit zu veräußern, um Änderungen des beizulegenden Zeitwerts zu realisieren. Zahlungsstrombedingung: Das Finanzinstrument ist vertraglich so ausgestaltet, dass feste Zins- und Tilgungszahlungen zu festgelegten Zeitpunkten zu leisten sind, d. h. die vertraglichen Zahlungsströme stellen nur die Rückzahlung von Kapital und Zinsen dar. Beispiel 14.1: Finanzinstrument der Kategorie AC Eine Anleihe mit einem Nominalwert von 100.000 € und einem Nominalzinssatz von 3,5 % p. a. garantiert feste jährliche Zinszahlungen in Höhe von 3.500 €. Am Ende der Laufzeit wird der Nominalbetrag von 100.000 € zurückgezahlt, so dass die Zahlungsströme eindeutig bestimmt sind. Fair Value through Other Comprehensive Income (FVOCI) Finanzinstrumente der Kategorie “ Fair Value through Other Comprehensive Income” (FVOCI) müssen folgende Kriterien erfüllen: Geschäftsmodellbedingung: Das Geschäftsmodell zielt darauf ab, den finanziellen Vermögenswert zu halten , um die vertraglichen Zahlungsströme zu vereinnahmen oder zu verkaufen . Zahlungsstrombedingung: Die vertraglichen Zahlungsströme führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungsströmen, die ausschließlich Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Eigenkapitalinstrumente , die bisher in der Kategorie FVPL zugeordnet waren und nicht zu Handelszwecken gehalten werden oder nur eine bedingte Gegenleistung für einen Unternehmenserwerb darstellen, können optional der Kategorie FVOCI (ohne Recycling) zugeordnet werden (OCI-Option). Fair Value through Profit or Loss (FVPL) Als Finanzinstrumente werden der Kategorie “ Fair Fair Value through Profit or Loss” (FVPL) zugeordnet: Ist für einen finanziellen Vermögenswert weder das Zahlungsstromkriterium noch das Geschäftsmodellkriterium erfüllt, wird dieser finanzielle Vermögenswert der Kategorie FVPL ( Fair Value through Profit or Loss) zugeordnet. Finanzielle Vermögenswerte dieser Kategorie sind somit weder zum Halten noch zum Halten und zur Veräußerung bestimmt. Hierunter fallen alle derivativen Finanzinstrumente, die primär zu Handelszwecken gehalten werden, sowie alle Eigenkapitalinstrumente, da die Ausschüttungen jährlich neu festgelegt werden und keinen festen Wert haben. Derivate und Eigenkapitalinstrumente wie z. B. Aktien werden erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet, d. h., die Wertänderungen werden erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Für Eigenkapitalinstrumente, die nicht zu Handelszwecken gehalten <?page no="193"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 193 werden, besteht beim Erwerb ein unwiderrufliches Recht auf eine erfolgsneutrale Bewertung in der Kategorie „FVOCI“. Für Fremdkapitalinstrumente sind folgende Kategorien möglich: Kategorie AC : Geschäftsmodell ist nur auf die Erzielung von Zinserträgen ausgerichtet. Kategorie FVOCI : Geschäftsmodell ist auf die Erzielung von Zinserträgen und Veräußerungserlösen ausgerichtet. Kategorie FVPL : Geschäftsmodell ist ausschließlich auf die Erzielung von Veräußerungserlösen ausgerichtet. Wahlrechte beim erstmaligen Ansatz von finanziellen Vermögenswerten Eigenkapitalinstrumente, die aufgrund des Fehlens der Zahlungsstrombedingung gemäß IFRS 9.4.1.2(b) oder IFRS 9.4.1.2A(b) der Kategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte“ zuzuordnen wären, können beim erstmaligen Ansatz durch unwiderrufliches Wahlrecht auch der Kategorie „Fair Value through Other Comprehensive Income” (FVOCI)“ zugeordnet werden. 221 Finanzielle Vermögenswerte, die ursprünglich einer anderen Kategorie von finanziellen Vermögenswerten zugeordnet wurden, können beim erstmaligen Ansatz unwiderruflich in die Kategorie FVPL designiert werden (IFRS 9.4.1.5). Die Fair Value Option darf gemäß IFRS 9.4.1.5 für einen finanziellen Vermögenswert nur dann angewendet werden, wenn durch ihre Anwendung Inkongruenzen bei der Bewertung oder beim Ansatz des finanziellen Vermögenswerts beseitigt oder erheblich verringert werden. 14.3 Bewertung von Finanzinstrumenten Für die Erst- und Folgebewertung der drei Kategorien stellt die nachstehende Tabelle den Entscheidungsprozess zur Kategorisierung in einer Übersicht dar. Sie dient auch als Grundlage für die Folgebewertung der Finanzinstrumente. Finanzinstrument Geschäftsmodell Bewertung Alternative erfü llt Zahlungsstromkriterium Halten (Vereinnahmung von Cash�lows) Amortised Cost (erwartete Kreditausfä lle, Effektivzinsen und Wechselkurse ü ber GuV) Fair Value Option (erfolgswirksam) Halten und Verkaufen Fair Value through OCI (erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert) Fair Value Option (erfolgswirksam) sonstige - nicht Halten (nur Verkä ufe) Fair Value through Pro�it or Loss (FVPL) (erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert) 221 Vgl. IFRS 9.4.1.4 Satz 2. <?page no="194"?> 194 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten erfü llt Zahlungsstromkriterium nicht : Fremdkapitalinstrument Fair Value through Pro�it or Loss (FVPL) (erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert) erfü llt Zahlungsstromkriterium nicht : Eigenkapitalinstrument Handelsabsicht besteht nicht Fair Value through OCI (erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert) Fair Value Option (erfolgswirksam) Handelsabsicht besteht Fair Value through Pro�it or Loss (erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert) Tab. 14.1: Zuordnung der Finanzinstrumente zu den Kategorien In IFRS 9 werden verschiedene Kategorien von Finanzinstrumenten unterschiedenen. Um das Verständnis dieser komplexen Materie zu erleichtern, werden in der folgenden Tabelle die entsprechenden Unterscheidungsmerkmale dargestellt: Kategorien von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 Fremdkapitalinstrumente zu fortgeführten Anschaffungskosten Fremdkapitalinstrumente zum Fair Value erfolgsneutral Fremdkapitalinstrumente, Derivate und Eigenkapitalinstrumente erfolgswirksam zum Fair Value Eigenkapitalinstrumente, welche als Fair Value erfolgsneutral eingestuft werden Erstbewertung Fair Value inkl. Transaktionskosten Fair Value inkl. Transaktionskosten Fair Value ohne Transaktionskosten Fair Value inkl. Transaktionskosten Folgebewertung zu fortgefü hrten Anschaffungskosten (AC) Fair Value erfolgsneutral (FVOCI) Fair Value erfolgswirksam (FVPL) Fair Value erfolgsneutral (FVOCI) Impairment-Test erfolgswirksam erfolgsneutral, bei Ausbuchung - Umgliederung der OCI-Gewinne oder OCI- Verluste in GuV (Recycling) nicht notwendig, da ohnehin erfolgswirksame Erfassung erfolgsneutral, bei Ausbuchung - keine Umgliederung der OCI- Gewinne oder OCI-Verluste in GuV <?page no="195"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 195 Zuschreibung erfolgswirksam bis fortgefü hrte Anschaffungskosten (AK) erfolgsneutral nicht notwendig, da ohnehin erfolgswirksame Erfassung erfolgsneutral Tab. 14.2: Kategorien von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 Als Transaktionskosten (direkt zurechenbare Anschaffungsnebenkosten) sind nur Einzelkosten zu berücksichtigen. Hierzu gehören Gebühren, Provisionen, Courtagen und Steuern, die im Zusammenhang mit dem Erwerb stehen. 14.3.1 Erstbewertung von Finanzinstrumenten Finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten werden bei ihrer erstmaligen Erfassung mit dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) bewertet und im Zugangszeitpunkt in der Bilanz angesetzt. 222 Dabei ist der Erfüllungs- oder Rückzahlungsbetrages maßgeblich. Die Vorschriften zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts sind in IFRS 13 „Bemessung des beizulegenden Zeitwerts“ geregelt. Für Forderungen ohne signifikante Finanzierungskomponente gilt, dass sie zu ihrem Transaktionspreis, der in der Regel dem beizulegenden Zeitwert entspricht, angesetzt werden. 223 Forderungen mit einer signifikanten Finanzierungskomponente unterliegen einer Abzinsung, 224 wodurch der Transaktionspreis vom beizulegenden Zeitwert abweichen kann. Anschaffungsnebenkosten, wie Transaktionskosten, die als zusätzliche (direkte) Kosten beim Erwerb, der Emission oder dem Verkauf eines Finanzinstruments anfallen, sind ebenfalls bei der erstmaligen Erfassung zu berücksichtigen. Zu den Transaktionskosten zählen beispielweise Beratungs- und Begutachtungshonorare, Vertragsgebühren, Transaktionssteuern und -prämien, jedoch keine Finanzierungs-, Verwaltungs- und Depotkosten sowie Agien und Disagien. 225 Die Bewertung der Anschaffungskosten steht in direktem Zusammenhang mit der Art der Folgebewertung der zugehörigen finanziellen Vermögenswerte und finanziellen Verbindlichkeiten. Bei der erfolgswirksamen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert werden Transaktionskosten direkt als Aufwand erfasst. Werden Finanzinstrumente im Rahmen der Folgebewertung zu Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet, erfolgt eine Aktivierung der dem finanziellen Vermögenswert direkt zurechenbaren Transaktionskosten. Die Transaktionskosten einer finanziellen Verbindlichkeit werden in diesem Fall von deren Buchwert abgesetzt. 226 Beispiel 14.2: Erstbewertung von finanziellen Vermögenswerten Am 30.04.01erwirbt Unternehmen A Aktien von Unternehmens B im Wert von 50.000 €. Für die Transaktionsabwicklung zahlt Unternehmen A zusätzlich 1.500 € an die Bank. Da die Aktien zu spekulativen Zwecken erworben wurden und im Rahmen der Folgebewertung erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind, werden die Transaktionskosten erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) erfasst. 222 IFRS 9 3.1; Lüdenbach, N. u. Christian, D.: IFRS Essentials, 2019, S. 393. 223 IFRS 9 5.1.3. 224 IFRS 15.60 ff. 225 Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 151 f. 226 Lüdenbach, N. u. Christian, D.: IFRS Essentials, 2019, S. 393. <?page no="196"?> 196 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Buchungssatz zum 30.04.01: Wertpapiere Transaktionsaufwand 50.000 1.500 an Bank 51.500 Beispiel 14.3: Erstbewertung von finanziellen Verbindlichkeiten Am 30.09.01 erwirbt das Unternehmen A eine Anleihe mit einem Nominalwert von 10.000 € und einer Laufzeit von sieben Jahren. Der Kaufpreis für die Anleihe beträgt 10.500 €. Unternehmen A beabsichtigt nicht, die Anleihe vor Fälligkeit zu verkaufen, sondern beabsichtigt, die Zahlungsströme zu vereinnahmen. Daher wird diese Anleihe als Finanzinstrument mit dem Folgebewertungsmodell „Amortised Cost“ klassifiziert und am 30.09.01 wie folgt erstmalig erfasst: Buchungssatz zum 30.09.01: Anleihe Agio 10.000 500 an Bank 10.500 14.3.2 Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (AC = Amortised Cost) Finanzinstrumente der Kategorie AC werden zum Abschlussstichtag zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet. Diese werden gemäß IFRS 9.5.4.1 - sofern notwendig - unter Anwendung der Effektivzinsmethode ermittelt. Die Effektivzinsmethode ist immer dann anzuwenden, wenn bei einem Finanzinstrument eine Differenz zwischen dem Auszahlungsbetrag und dem Rückzahlungsbetrag (Erfüllungsbetrag) vorliegt und damit eine Differenz zwischen dem Effektivzinssatz und dem vertraglich vereinbarten Nominalzinssatz des Finanzinstruments besteht. Der Effektivzinssatz, auch interner Zinssatz genannt, ist der Zinssatz, mit dem die erwarteten künftigen Cashflows eines finanziellen Vermögenswerts auf den Erwerbszeitpunkt abgezinst werden. Der Barwert dieser Cashflows entspricht somit den Anschaffungskosten des Finanzinstruments. Bei Verwendung des Effektivzinssatzes ist der Barwert einer Finanzinvestition genau Null. Für finanzielle Vermögenswerte der Kategorie AC sind Wertminderungsvorschriften zu beachten. Die Anwendung der Effektivzinsmethode erfolgt in zwei Schritten: Im ersten Schritt ist der Effektivzinssatz zu ermitteln. Auf dieser Basis sind im zweiten Schritt die fortgeführten Anschaffungskosten zu ermitteln- Die Formel zur Berechnung des Effektivzinssatzes (i eff ) basiert auf der Methode des internen Zinsfußes und lautet wie folgt: C 0 = 0 = -A 0 + ∑ R t (1+ i eff )t nt=1 C 0 = Kapitalwert A 0 = Auszahlungsbetrag des Darlehens oder anfänglicher Buchwert des Finanzinstruments R t = Zahlung zum Zeitpunkt t, dies können Zinszahlungen, Tilgungen oder Cashflows sein i eff = Effektivzinssatz (= interner Zinsfuß) t = jeweilige Periode von 1 bis n <?page no="197"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 197 n = Anzahl der Perioden bis zur Fälligkeit des Finanzinstruments Der konstante Effektivzinssatz (i eff ) ist der Kalkulationszinssatz, mit dem die Ein- und Auszahlungen während der gesamten Laufzeit auf- oder abgezinst werden müssen, damit sie am Ende der Laufzeit genau dem Rückzahlungsbetrag zu entsprechen. Die Zinsen werden periodisch über die Laufzeit des Vermögenswertes erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Mögliche Abweichungen zwischen gezahlten und angefallenen Zinsen aufgrund von veränderten Rahmenbedingungen wie z. B. vertragliche Zahlungsströme oder ein geändertes Geschäftsmodell sind ebenfalls bei der Folgebewertung zu berücksichtigen. Die bisherige Erfassung von Zinserträgen und Zinsaufwendungen bleibt davon unberührt. 227 Der Effektivzinssatz wird auf den Buchwert des Finanzinstruments angewendet. Die Differenz zwischen dem ermittelten Effektivzinssatz und dem vereinnahmten Nominalzinssatz wird mit dem Buchwert verrechnet. Somit entspricht der Buchwert am Ende der Laufzeit dem Rückzahlungsbetrag. Beispiel 14.4: Effektivzinsmethode, Ermittlung des Effektivzinssatzes Ein Unternehmen gewährt einem Lieferanten am 01.01.01 ein endfälliges Darlehen zu folgenden Konditionen: - Auszahlung: - 2.000 T€ - Rückzahlung: + 2.500 T€ - Laufzeit: 5 Jahre jährlich zu zahlender Nominalzins: 4,7 % von 2.500 T€ (= 118 T€) Der Effektivzins kann mit dem Excel-Programm wie folgt berechnet werden: Spalte A Spalte B Lösung Zeile 1 Auszahlung - 2.000 T€ Zeile 2 Zins 01 + 118 T€ Zeile 3 Zins 02 + 118 T€ Zeile 3 Zins 03 + 118 T€ Zeile 5 Zins 04 + 118 T€ Zeile 6 Zins 05 + Tilgung + 2.618 T€ Excel-Menü „Einfü gen/ Funktion/ IKV“ Excel-Befehl „= IKV(B1: B6)“ 10 % Bei Anwendung eines Effektivzinssatzes von 10 % p. a. ergeben sich folgende Buchwerte: Jahr Darlehen Periodenbeginn (a) effektiver Zinsertrag (b) = (a) x 10 % nominaler Zinsertrag (c) Darlehen Periodenende (d) = (a) + (b) - (c) 01 2.000 T€ 200 T€ 118 T€ 2.082 T€ 02 2.082 T€ 208 T€ 118 T€ 2.172 T€ 03 2.172 T€ 217 T€ 118 T€ 2.271 T€ 227 Vgl. Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2021, S. 247. <?page no="198"?> 198 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten 04 2.271 T€ 227 T€ 118 T€ 2.380 T€ 05 2.380 T€ 238 T€ 2.618 T€ 0 T€ Beispiel 14.5: Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost) Die IMTB AG erwirbt am 31.12.00 eine Anleihe mit folgenden Daten: - Nominalwert: 1.000.000 € - Nominalzinssatz (Kupon): 5,6 % - Erwerbskurs: 97,00 % = 970.000 € - Laufzeit: vier Jahre Zunächst wird der interne Zinsfuß (i eff ) nach der Effektivzinsmethode ermittelt. Der interne Zinsfuß wird mit Hilfe des Kalkulationsprogramms Excel ermittelt: Jahr: 31.12. 00 01 02 03 04 Cashflow -970.000 € +56.000 € +56.000 € +56.000 € +1.056.000 € interner Zinssatz = 6,475215 % ( ) ( ) ∑ t 4 eff 4 t=1 eff eff 56.000 € 1.000.000 € 970.000 € = + ; i = 6, 47521480 % 1 + i 1 + i Berechnung der fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost) (alle Angaben in €): Jahr 00 01 02 03 04 Amortised Cost per 01.01. 970.000,00 976.809,58 984.060,10 991.780,11 + Effektivzinsertrag bei 6,48 % p. a. 62.809,58 63.250,52 63.720,01 64.219,89 - Cashflow (Nominalzins 5,6 %) 56.000,00 56.000,00 56.000,00 56.000,00 - Tilgung 1.000.000,00 = Amortised Cost per 31.12. 970.000,00 976.809,58 984.060,10 991.780,11 0,00 Anmerkung: Der Zinssatz im obigen Beispiel wurde auf 6,48 % p. a. gerundet. Die Berechnung der fortgeführten Anschaffungskosten in der Tabelle erfolgt ohne Rundung des Effektivzinssatzes, so dass es bei der Anwendung des gerundeten Effektivzinssatzes von 6,48 % zu abweichenden Werten kommen kann. Beispiel 14.6: Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost) Die IMTB AG erwirbt am 01.01.01 eine Anleihe mit einem Nominalwert von 100.000 € und einer Laufzeit von vier Jahren zum Auszahlungspreis von 96.612,79 €. Der Nominalzinssatz beträgt 6,0 % p. a., der Effektivzinssatz (Kapitalmarktzinssatz) 7,0 % p. a. <?page no="199"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 199 Die Folgebewertung dieser Anleihe erfolgt zu fortgeführten Anschaffungskosten unter Anwendung der Effektivzinsmethode. Der Effektivzinssatz entspricht dem internen Zinsfuß einer Investition, bei der der Barwert der erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen gleich null ist. Zum 01.01.01 beträgt der Effektivzinssatz 7,00 %. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der fortgeführten Anschaffungskosten: Datum nominale Zinserträ ge + Tilgung effektive Zinserträ ge Au�lö sung Agio fortgefü hrte Anschaffungskosten A = 100.000 x 0,06 B t = D t-1 x 0,07 C = A - B D t = D t-1 - C 01.01.01 96.612,79 € 31.12.01 6.000 € 6.792,90 € 762,90 € 97.375,69 € 31.12.02 6.000 € 6.816,30 € 816,30 € 98.191,98 € 31.12.03 6.000 € 6.873,44 € 873,44 € 99.065,42 € 31.12.04 106.000 € 6.934,58 € 934,58 € 0,00 € Die Anleihe wird bei Erwerb mit 96.612,79 € bewertet und in den Folgejahren bis zum Nominalwert aufgestockt. Im ersten Jahr erhält die IMTB AG Nominalzinsen in Höhe von 6.000 € (6 % von 100.000 €). Der effektive Zinssatz beträgt jedoch 6.762,90 € (0,07 x 96.612,79 €). Diese höheren effektiven Zinserträge in Höhe von 762,90 € werden der Anleihe erfolgswirksam gutgeschrieben. Der Wert der Anleihe erhöht sich während der Laufzeit zu jedem Bilanzstichtag und erreicht am Ende der Laufzeit, also im Einlösungszeitpunkt den Nennbetrag von 100.000 €. Beispiel 14.7: Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost) Die IMTB AG kauft am 01.01.01 eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von fünf Jahren zum Nominalwert von 30.000 € und einem Nominalzinssatz von 15 % p. a. Die Anschaffungskosten der Anleihe betragen 32.110 €, während der Effektivzinssatz (Kapitalmarktzinssatz) zum 01.01.01 bei 13 % liegt. Die Folgebewertung der Anleihe erfolgt zu fortgeführten Anschaffungskosten unter Anwendung der Effektivzinsmethode. Der Effektivzinssatz entspricht dem internen Zinsfuß einer Investition, bei der der Barwert der erwarteten Einzahlungen abzüglich der Anschaffungskosten gleich null ist. Zum 01.01.01 beträgt der Effektivzinssatz 13,00 % p. a. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der fortgeführten Anschaffungskosten: Datum nominale Zinserträ ge + Tilgung effektive Zinserträ ge Au�lö sung Agio fortgefü hrte Anschaffungskosten A = 30.000 x 0,15 B t = D t-1 x 0,13 C = A - B D t = D t-1 - C 01.01.01 32.110 € 31.12.01 4.500 € 4.174 € 326 € 31.784 € 31.12.02 4.500 € 4.132 € 368 € 31.416 € 31.12.03 4.500 € 4.084 € 416 € 31.000 € 31.12.04 4.500 € 4.030 € 470 € 30.530 € 31.12.05 34.500 € 3.969 € 530 € 0 € <?page no="200"?> 200 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Bei ursprünglichen Anschaffungskosten von 32.110 € und einem Effektivzinssatz von 13 % betragen die Zinserträge im ersten Jahr 4.174 € (32.110 € x 13 %). Die tatsächlichen Zinszahlungen belaufen sich auf 4.500 € bei einem Nominalwert von 30.000 € und einem Nominalzinssatz von 15 % p. a. Die Differenz zwischen der Effektiv- und Nominalverzinsung von 326 € ist als Auflösung des bezahlten Agios zu betrachten und vom Buchwert der Anleihe abzuziehen. Zum 31.12.01 ergibt sich somit ein neuer Restbuchwert von 31.784 €, der bei der Berechnung der Effektivverzinsung für das Jahr 02 berücksichtigt wird. Am Ende der Laufzeit der Anleihe entspricht der Restbuchwert dem Nominalwert der Anleihe und damit der erwarteten Schlusszahlung. Daraus ergibt sich folgender Buchungssatz für die Anleihe zum 31.12.01: Buchungssatz zum 31.12.01: Zinsforderung 4.500 € an an Anleihe Zinserträge 326 € 4.174 € 14.3.3 Erfolgsneutrale Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert (FVOCI = Fair Value through Other Comprehensive Income) Finanzinstrumente der Kategorie „Fair Value through Other Comprehensive Income“ (FVOCI) umfassen in der Regel Schuldinstrumente, die im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, um sowohl vertragliche Zahlungen zu vereinnahmen als auch Erträge aus dem Verkauf von Finanzinstrumenten zu erzielen. Diese Instrumente können beispielweise zur Verbesserung der Liquiditätssteuerung oder zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Zinsrenditeprofils eingesetzt werden. 228 Im Zugangszeitpunkt werden Transaktionskosten im Rahmen der erfolgsneutralen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert aktiviert. Wertänderungen des beizulegenden Zeitwerts von Finanzinstrumenten der Kategorie FVOCI werden zu jedem Bilanzstichtag erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis in einer Eigenkapitalrücklage, der sogenannten Fair-Value-Rücklage, erfasst. Je nach Wertentwicklung ist zum Bilanzstichtag eine positive oder negative Fair-Value-Rücklage auszuweisen. 229 Wertschwankungen während der Laufzeit des Finanzinstruments werden erfolgsneutral verbucht, indem sie über das sonstige Ergebnis (Other Comprehensive Income = OCI) im Eigenkapital erfasst und beeinflussen somit nicht die Gewinn- und Verlustrechnung und damit nicht das Jahresergebnis des Unternehmens. Bei Eigenkapitalinstrumenten, die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, werden Verluste im sonstigen Ergebnis, d. h. in einer negativen Fair-Value-Rücklage, erfasst. Dies gilt auch dann, wenn die Verluste dauerhafter Natur sind. Bei einer späteren Veräußerung werden die Gewinne und Verluste mit den Gewinnrücklagen verrechnet. Es gibt zwei Varianten der Klassifizierung als FVOCI (Fair Value through Other Comprehensive Income): 1. FVOCI-Bewertung mit Recycling: - Voraussetzung dafür ist das Vorliegen des Geschäftsmodells „Halten und Verkaufen“ für Fremdkapitalinstrumente der FVOCI-Kategorie. 228 IFRS 9.B4.1.4A. 229 Vgl. Buchholz, R.: Grundzüge des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS, 2024, S. 271. <?page no="201"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 201 - Bewertungsgewinne oder -verluste werden innerhalb der FVOCI-Kategorie im sonstigen Ergebnis erfasst. - Erst bei Abgang des Finanzinstruments wird der Gewinn oder Verlust erfolgswirksam erfasst. 2. FVOCI-Bewertung ohne Recycling: - Eigenkapitalinstrumente, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert in der FVPL- Kategorie (Fair Value through Profit or Loss) zu bewerten wären, können im Zugangszeitpunkt einmalig der Kategorie „FVOCI“ zugeordnet werden. - Die Voraussetzungen hierfür sind: Die Instrumente werden nicht zu Handelszwecken gehalten und der Bilanzierende entscheidet sich unwiderruflich für die Ausübung der Fair Value through OCI-Option. - Wertänderungen von Eigenkapitalinstrumenten der FVOCI-Kategorie werden erfolgsneutral im Eigenkapital erfasst und auch bei Abgang nicht mehr erfolgswirksam umgegliedert. Beispiel 14.8: Erfolgsneutrale Änderung der FVOCI-Bewertung mit Recycling Die IMTB AG kauft per Banküberweisung am 01.09.01 insgesamt 10.000 Wertpapiere zum Preis von je 50 €. Der Kurs des Wertpapiers (Fremdkapitalinstrument) entwickelt sich wie folgt: am 31.12.01: 65 € je Wertpapier am 15.05.02: Verkauf des Wertpapiers zum Preis von 70 € je Stück. Wie lauten die Buchungssätze am 01.09.01, am 31.12.01 und am 15.05.02? Buchungssatz zum 01.09.01: Wertpapiere (FVOCI) 500.000 € an Bank 500.000 € Buchungssatz zum 31.12.01: Wertpapiere (FVOCI) 150.000 € an Sonstiges Ergebnis (OCI) 150.000 € Buchungssatz zum 15.05.02: Bank Sonstiges Ergebnis (OCI) 700.000 € 150.000 € an Wertpapiere (FVOCI) Zinserträge 650.000 € 200.000 € Beispiel 14.9: Erfolgsneutrale Folgebewertung von Schuldinstrumenten zum beizulegenden Zeitwert mit Recycling 230 Am 02.01.01 erwirbt die IMTB AG eine Anleihe im Wert von 10.000 €, was auch dem aktuellen Marktwert entspricht. Das Unternehmen beabsichtigt, dieses Finanzinstrument sowohl zur Vereinnahmung von Zahlungsströmen als auch zur Veräußerung bei Liquiditätsengpässen zu halten. Da die Zahlungsstrombedingungen erfüllt sind, wird die Anleihe erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet. Zum 31.12.01 beträgt der Marktwert der erworbenen Anleihe nur noch 9.400 €. Die IMTB AG er- 230 Lüdenbach, N. u. Christian, D.: IFRS Essentials: Regeln, Fälle, Lösungen, 2017, S. 481 f. <?page no="202"?> 202 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten wartet im zweiten Jahr mit einen Kreditverlust von 300 €. Vor Ende der Laufzeit verkauft die IMTB AG die Anleihe am 02.01.02 zum Marktwert (= 9.400 €). Buchungssatz zum 02.01.01: Anleihe (FVOCI) 10.000 € an Bank 10.000 € Am Ende des ersten Jahres wird der Kreditverlust erfolgswirksam und die Änderung des Marktpreises erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis erfasst. Buchungssatz zum 31.12.01: Wertminderungsaufwand 300 € Sonstiges Ergebnis (OCI) 300 € an Anleihe (FVCOI) 600 € Am 02.01.02 verkauft die IMTB AG die Anleihe und nimmt folgende Buchung vor. Buchungssatz zum 02.01.02: Bank Aufwand (GuV) 9.400 € 300 € an an Anleihe (FVOCI) Sonstiges Ergebnis (OCI) 9.400 € 300 € Die Anleihe wird ausgebucht. Im Rahmen des Recyclings wird der im sonstigen Ergebnis erfasste Verlust als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht und somit erfolgswirksam erfasst. Beispiel 14.10: Ermittlung des erwarteten Kreditrisikos Ein Handelsunternehmen hat eine Vielzahl von Forderungen aLuL - es wird von einer homogenen Kundenstruktur ausgegangen - mit einem Gesamtwert von 900.000 €, die sich hinsichtlich der Fälligkeit wie folgt aufteilen: nicht überfällig 850.000 € 1 bis 30 Tage überfällig 35.000 € 31 bis 60 Tage überfällig 10.000 € 61 bis 90 Tage überfällig 5.000 € Die Handelsgesellschaft verwendet für die Berechnung der Wertberichtigung eine - jährlich angepasste - Wertberichtigungstabelle, die auf Erfahrungswerten der Vergangenheit unter Berücksichtigung von Zukunftserwartungen basiert: nicht ü berfä llig 1,00 % 1 bis 30 Tage ü berfä llig 2,00 % 31 bis 60 Tage ü berfä llig 3,00 % 61 bis 90 Tage ü berfä llig 6,00 % Die folgende Tabelle zeigt die Berechnung der erforderlichen Wertberichtigungen: Bruttoforderung Wertberichtigung nicht ü berfä llig 850.000 € 1,00 % 8.500 € 1 bis 30 Tage ü berfä llig 35.000 € 2,00 % 700 € <?page no="203"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 203 31 bis 60 Tage ü berfä llig 10.000 € 3,00 % 300 € 61 bis 90 Tage ü berfä llig 5.000 € 4,00 % 200 € Gesamt 900.000 € 9.700 € Beispiel 14.11: Erfolgsneutrale Folgebewertung von Aktien zum beizulegenden Zeitwert ohne Recycling Die IMTB AG erwirbt am 02.01.01 Aktien im Wert von 10.000 € und zahlt zusätzlich 200 € Transaktionskosten. Das Unternehmen beabsichtigt, die Aktien langfristig als strategische Investition zu halten und macht daher von der Möglichkeit der erfolgsneutralen Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert Gebrauch. 231 Am 31.12.01 beträgt der beizulegende Zeitwert der gekauften Aktien 10.500 €. Am 15.03.02 verkauft die IMTB AG die Aktien für 11.000 €. Buchungssatz zum 02.01.01: Aktien 10.200 € an Bank 10.200 € Buchungssatz zum 31.12.01: Aktien 300 € an Sonstiges Ergebnis (OCI) 300 € Buchungssatz zum 15.03.02: Aktien 500 an Sonstiges Ergebnis 500 Bank Sonstiges Ergebnis (OCI) 11.000 € 800 € an an Aktien Gewinnrücklagen 11.000 € 800 € Der Veräußerungsgewinn gilt als Wertsteigerung der Aktien und wird daher ebenfalls erfolgsneutral erfasst. 232 14.3.4 Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (FVPL = Fair Value through Profit or Loss) Die Kategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert“ (FVPL) umfasst Finanzinstrumente, die weder zum ausschließlichen Zweck des Erhalts vertraglich vereinbarter Zahlungen noch zum Zweck des Erhalts von Zahlungen und der Veräußerung von Vermögenswerten gehalten werden. Mit anderen Worten, diese Finanzinstrumente werden vom Unternehmen aktiv erworben, um ihren Verkaufswert durch eine kurzfristige Veräußerung zu realisieren. Desweiteren gehören zu dieser Kategorie zu Handelszwecken gehaltene Eigenkapitalinstrumente, derivative Finanzinstrumente sowie Schuldinstrumente, die die Zahlungsbedingungen nicht erfüllen (z. B. Schuldinstrumente mit komplexen Risikostrukturen). 233 Eigenkapitalinstrumente, die nicht zu Handelszwecken gehalten werden und für die kein Wahlrecht zur erfolgsneutralen Folgebewertung ausgeübt wurde, fallen ebenfalls in diese Kategorie. 234 231 IFRS 9.B5.7.1A 232 IFRS 9.5.7.7. 233 Grünberger, D.: IFRS 2018, 2018, S. 146. 234 Bieg, H. u. Waschbusch, G.: Bankbilanzierung nach HGB und IFRS, 2017. S. 677. <?page no="204"?> 204 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Ein finanzieller Vermögenswert wird der FVPL-Kategorie zugeordnet, wenn: er weder der AC-Kategorie noch der FVOCI-Kategorie zuzuordnen ist, er nicht Teil einer Sicherungsbeziehung ist oder er durch die Ausübung der FVPL-Kategorie zugeordnet wurde (vgl. IFRS 9.4.1.4 i. V. m. IFRS 9.4.1.5). In der FVPL-Kategorie werden die Transaktionskosten im Zugangszeitpunkt direkt erfolgswirksam als Aufwand erfasst und somit nicht wie in der AC-Kategorie mit den fortgeführten Anschaffungskosten und in der FVOCI-Kategorie mit der erfolgsneutralen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zum beizulegenden Zeitwert aktiviert. Bei der FVPL-Kategorie wird der beizulegende Zeitwert regelmäßig zum Bilanzstichtag ermittelt und Wertänderungen werden sofort erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Die Folgebewertung von Finanzinstrumenten der FVPL-Kategorie zum Bilanzstichtag erfolgt stets erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert, so dass sowohl positive als auch negative Wertänderungen erfolgswirksam zu erfassen sind. 235 Beispiel 14.12: Folgebewertung erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert (FVPL) Die IMTB AG kauft am 02.01.01 eine Aktie zu 98 €, wobei Transaktionskosten von 2 € anfallen. Sie soll erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Zum Zugangszeitpunkt wird die Aktie mit 98 € aktiviert und die Transaktionskosten in Höhe von 2 € werden sofort als Aufwand erfasst. - Fall A: Der Wert der Aktie steigt bis zum Bilanzstichtag 01 auf 125 € an. - Fall B: Der Wert der Aktie fällt zum Bilanzstichtag 01 auf 80 €. Buchungssatz zum 02.01.01: Aktien (FVPL) Finanzaufwendungen 98 € 2 € an Bank 100 € Buchungssatz zum 31.12.01 Fall A: Aktien (FVPL) 27 € an Finanzerträge 27 € Buchungssatz zum 31.12.01 Fall B: Finanzaufwendungen 18 € an Aktien (FVPL) 18 € Beispiel 14.13: Folgebewertung erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert (FVPL) Die IMTB AG erwirbt am 02. Januar 01 2.000 Aktien zu einem Börsenkurs von 50 € je Aktie . Dabei fallen Transaktionskosten in Höhe von 1.000 € an. Am nächsten Bewertungsstichtag, dem 31.12.01, ist der Börsenkurs a) auf 70 € pro Aktie angestiegen. b) auf 40 € pro Aktie gefallen. 235 Grünberger, D.: IFRS 2022, 2022, S. 156 f. <?page no="205"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 205 Buchungssatz zum 02.01.01: Die IMTB AG aktiviert die Aktien mit 100.000 €. Die Transaktionskosten werden als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Aktien (FVPL) Finanzaufwendungen 100.000 € 1.000 € an Bank 101.000 € Folgebewertung zum 31.12.01: Der Aktienkurs ist auf 70 €/ Aktie gestiegen Das Unternehmen erfasst einen Kursgewinn von 40.000 € in der Gewinn- und Verlustrechnung. Buchungssatz zum 31.12.01 Fall A: Aktien (FVPL) 40.000 € an Finanzerträge 40.000 € Folgebewertung zum 31.12.01: Der Aktienkurs ist auf 40 €/ Aktie gefallen Das Unternehmen erfasst einen Kursverlust von 20.000 € in der Gewinn- und Verlustrechnung. Buchungssatz zum 31.12.01 Fall B: Finanzaufwendungen 20.000 € an Aktien (FVPL) 20.000 € 14.3.5 Bewertung von finanziellen Verbindlichkeiten Finanzielle Verbindlichkeiten werden im Zugangszeitpunkt gemäß IFRS 9.5.1.1 unabhängig von der jeweiligen Bewertungskategorie mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value) angesetzt, der in der Regel dem Transaktionspreis entspricht (IFRS 9.B5.1.1). Beim erstmaligen Ansatz mindern die Transaktionskosten den Buchwert der der AC-Kategorie zugeordneten Verbindlichkeit. Bei der FVPL-Kategorie sind die Transaktionskosten sofort erfolgswirksam zu erfassen. 236 Anders als im Handelsrecht, wo Verbindlichkeiten zum Erfüllungsbetrag passiviert werden (siehe § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB), sind Verbindlichkeiten nach IFRS zum Vereinnahmungsbetrag, also zum beizulegenden Zeitwert (fair value) , zu passivieren. Dies führt insbesondere bei der Vereinbarung von Disagien zu unterschiedlichen Wertansätzen in der HGB- und der IFRS-Bilanz. Beispiel: Darlehen mit Disagio - HGB-Bilanz : Ein Darlehen über 10 Mio. € mit einem Disagio von 5 % wird zum Erfüllungsbetrag von 10 Mio. € passiviert. - IFRS-Bilanz : Dasselbe Darlehen wird zum Vereinnahmungsbetrag von 9,5 Mio. € (10 Mio. € abzüglich 5 % Disagio) erfasst. Beispiel 14.14: Ansatz eines Darlehens - Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten Ein Industrieunternehmen nimmt am 31.12.01 ein endfälliges Darlehen in Höhe von 1 Mio. € zu einem nachschüssigen Zinssatz von 5,0 % p. a. und einem Disagio von 6 % auf. Das Darlehen ist am 31.12.05 zurückzuzahlen. Der Effektivzinssatz beträgt 6,7619 %. 236 Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 673. <?page no="206"?> 206 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten - HGB-Abschluss: Das endfällige Darlehen wird zum 31.12.01 mit dem Rückzahlungsbetrag von 1 Mio. € angesetzt. Das Disagio in Höhe von 60.000 € kann wahlweise sofort als Aufwand oder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden. - IFRS-Abschluss: Das endfällige Darlehen wird mit den Anschaffungskosten angesetzt. Der vereinnahmte Betrag von 940.000 € ist auszuweisen. Nach IFRS ist der vereinnahmte Betrag von 940.000 € zu bilanzieren. Der Wert des Disagios von 60.000 € wird abgesetzt und in den Folgejahren zugeschrieben. Bei der Erstbewertung wird das Darlehen mit dem beizulegenden Zeitwert erfasst, der dem Transaktionspreis entspricht. Jahr Buchwert am 01.01. effektiver Zinsaufwand nomineller Zinsaufwand Buchwert am 31.12. (a) (b) = (a) x 6,761855 % (c) = 5 % x 1 Mio. € (d) =(a) + (b) - (c) 01 - - - 940.000 € 02 940.000 € 63.561 € 50.000 € 953.561 € 03 953.561 € 64.478 € 50.000 € 968.040 € 04 968.040 € 65.457 € 50.000 € 983.497 € 05 983.497 € 66.503 € 50.000 € 1.000.000 € Tab. 14.3: Bewertung des Darlehens zu fortgeführten Anschaffungslosten Über einen Zeitraum von vier Jahren wird der vereinnahmte Betrag von 940.000 € durch Aufzinsung so erhöht, dass er zum Zeitpunkt der Tilgung dem ursprünglichen Darlehensbetrag entspricht. Das Disagio wird somit über die Effektivverzinsung aufgelöst. Buchungssatz zum 31.12.01: Bank 940.000 € an Darlehen 940.000 € Die Fortschreibung der Anschaffungskosten erfolgt zu den in Tabelle 14.3 angegebenen Bilanzwerten. Buchungssatz zum 31.12.02: Zinsaufwand 63.561 € an an Bank Darlehen 50.000 € 13.561 € Das Darlehen wird am Ende der Laufzeit auf den Nominalwert aufgezinst. Der Wertzuwachs ergibt sich aus der Differenz zwischen Effektivzins und. Der Wertzuwachs ergibt sich aus der Differenz zwischen Effektivzins und Nominalzins. Der entsprechende Wert des Darlehens ist in der Spalte „Buchwert“ in Tabelle 14.3 angegeben. 14.3.6 Wertberichtigungen für erwartete Kreditverluste „Expected Credit Losses“ Das Expected Credit Loss-Modell des IFRS 9 verlangt für finanzielle Vermögenswerte, die in seinen Anwendungsbereich fallen, die Bildung einer Wertberichtigung für erwartete Kreditverluste, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten zwölf Monate oder über die ge- <?page no="207"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 207 samte Restlaufzeit des Finanzinstruments erwartet werden. 237 Die Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 sind auf finanzielle Vermögenswerte der Kategorien AC und FVOCI anzuwenden. Für risikobehaftete Schuldinstrumente, die nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (z. B. Anleihen und Darlehensforderungen), wird das Expected Credit Loss-Modell angewendet. Darüber hinaus wird das Modell auf Vermögenswerte angewendet, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden. Hierzu zählen Leasingforderungen nach IFRS 16, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, vertragliche Vermögenswerte nach IFRS 15 (z. B. Auftragsfertigung), aber auch Kreditzusagen und Finanzgarantien, die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden. 238 Eigenkapitalinstrumente, für die die FVOCI-Option ausgeübt wurde, unterliegen diesen Wertminderungsvorschriften nicht. 239 Für die Erfassung von Wertminderungen der oben beschriebenen Finanzinstrumente sieht IFRS 9 drei Ansätze vor: Der allgemeine Ansatz , der die Erfassung von Wertminderungen für die meisten Kredite und Schuldverschreibungen vorsieht. Der vereinfachte Ansatz , der für die meisten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gilt. Der Ansatz für Finanzinstrumente , für die bereits beim Erwerb eine Wertminderung erfasst wurde. FRS 9 unterscheidet zwischen den folgenden drei Ansätzen zur Bestimmung der Höhe der Wertminderung: Allgemeiner Ansatz (General Approach): Das allgemeine Wertminderungsmodell besteht aus einem dreistufigen Verfahren. Dabei werden die finanziellen Vermögenswerte in Abhängigkeit von der Veränderung ihrer Ausfallwahrscheinlichkeit oder dem Vorliegen beobachtbarer Hinweise auf eine Bonitätsverschlechterung in drei Stufen des Wertminderungsmodells eingeteilt: Stufe 1 (performing loans) , Stufe 2 (under-performing loans) oder Stufe 3 (non-performing loans) (sog. Dreistufenmodell). Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Risikovorsorge für finanzielle Vermögenswerte zu klassifizieren. Zum einen das „12-Monats-Expected Credit Losses-Modell (ECL-Modell)“ und zum anderen das „Gesamtlaufzeit-ECL-Modell“. Bei der erstmaligen Bilanzierung werden alle Finanzinstrumente nach dem 12-Monats-ECL-Modell klassifiziert. Infolgedessen werden im Rahmen dieses Modells, nur solche Instrumente behandelt, bei denen sich das Ausfallrisiko seit dem erstmaligen Ansatz nicht signifikant erhöht hat. 240 Hat sich hingegen das Ausfallrisiko seit dem erstmaligen Ansatz der Finanzinstrumente signifikant erhöht, wird die Risikovorsorge nach dem Gesamtlaufzeit-ECL-Modell (Stufen 2 und 3) ermittelt. 241 Finanzielle Vermögenswerte, die bereits beim Erwerb wertberichtigt wurden, unterliegen einem besonderen Ansatz. 242 Dabei spielt die Eintrittswahrscheinlichkeit des Ausfallereignisses eine untergeordnete Rolle. Bewertet ein Unternehmen beispielsweise seine endfällige Forderung mit einem unwahrscheinlichen Ausfallrisiko von 1 % in den nächsten zwölf Monaten, ist dennoch eine Risikovorsorge zu bilden. 243 237 Vgl, Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 230. 238 IFRS 9.5.5.1. 239 Vgl, Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 231. 240 IFRS 9.5.5.7. 241 Wieser, C. und Hacker, B.: Praktische Auswirkungen von IFRS 9 auf die Forderungsbewertung, 2018, S. 70. 242 IFRS 9.5.5.13. 243 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2025, 2025, S. 184. <?page no="208"?> 208 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Vereinfachter Ansatz (Simplified Approach): Für bestimmte finanzielle Vermögenswerte (Forderungen aus Leasingverhältnissen nach IFRS 16 sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und aktivierte vertragliche Vermögenswerte nach IFRS 15) besteht nach IFRS 9.5.5.15 das Wahlrecht bzw. die Verpflichtung, den sog. "Lifetime Expected Credit Loss" ab dem Erwerbszeitpunkt durchgängig zu erfassen. Dieses vereinfachte Wertminderungsmodell besteht nur aus den Stufen 2 und 3 des allgemeinen Wertminderungsmodells und kann gemäß IFRS 9.5.5.16 für die oben genannten finanziellen Vermögenswerte unabhängig voneinander angewendet werden. Approach for Purchased or Originated Credit-impaired Financial Assets: Finanzielle Vermögenswerte, deren Bonität bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Ausreichung beeinträchtigt ist, sind von Beginn an bis zur Ausbuchung in Stufe 3 des allgemeinen Wertminderungsmodells einzuordnen und stets mit ihrem sog. Lifetime Expected Credit Loss zu bewerten. Vereinfachter Ansatz Beim vereinfachten Ansatz werden Änderungen des Kreditrisikos nicht mehr nachverfolgt. Die Risikovorsorge wird zu jedem Bilanzstichtag in Höhe ihrer Gesamtlaufzeit bewertet (nach dem Gesamtlaufzeit-ECL-Modell). Dieser Ansatz wird nur auf bestimmte Vermögenswerte angewendet. 244 Dazu gehören Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie vertragliche Vermögenswerte, die unter IFRS 15 fallen und keine wesentliche Finanzierungskomponente aufweisen. Diese Vermögenswerte haben in der Regel eine kürzere Laufzeit als zwölf Monate und werden daher in beiden Modellen (12-Monats-ECL-Modell und Gesamtlaufzeit-ECL-Modell) in Höhe der über die Laufzeit erwarteten Wertminderungen aufwandswirksam erfasst. 245 Für Leasingforderungen, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder aktive Vertragsposten mit einer wesentlichen Finanzierungskomponente (gemäß IFRS 15.60 ff.), besteht ein Wahlrecht zwischen der Bewertung nach dem vereinfachten und dem allgemeinen Ansatz. 246 Es wird daher empfohlen, von diesem Wahlrecht nur Gebrauch zu machen, wenn die Laufzeit des Vermögenswerts deutlich mehr als zwölf Monate beträgt. Der mit der Anwendung des allgemeinen Ansatzes verbundene Mehraufwand sollte durch die ansonsten notwendige Bildung einer höheren Risikovorsorge kompensiert werden. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Wertminderungen von finanziellen Vermögenswerten. Übersicht über das 3-Stufen-Modell zur Wertminderung von �inanziellen Vermögenswerten Klassi�izierung erwarteter Verlust Effektivzinssatz vereinfachter Ansatz Stufe 1 alle Finanzinstrumente, solange keine Verschlechterung des Ausfallrisikos Verluste innerhalb der nä chsten zwö lf Monate ursprü nglicher Effektivzinssatz, der sich auf Basis des Bruttobuchwerts ergibt alle ü ber die Restlaufzeit mö glichen Ausfallereignisse werden mit der Zugangsbewertung erfasst fü r Forderungen aLuL und andere aus IFRS 15 entstehende Ver- Stufe 2 Instrumente mit einem signi�ikant verschlechtertem Ausfallrisiko (Zahlungen > 30 Tage ü berfä llig). Die Instrulebenslanger Verlust 244 IFRS 9.5.5.15. 245 Grünberger, D.: IFRS 2025, 2025, S. 191 f. 246 IFRS 9.5.5.15(a). <?page no="209"?> 14.2 Bewertung und Kategorisierung von Finanzinstrumenten 209 mente verbleiben in Stufe 2 bis sich das Ausfallrisiko verbessert (Stufe 1) oder verschlechtert (Stufe 3). mö genswerte (sofern keine signi- �ikante Finanzierungskomponente enthalten ist) Implikation: keine UÜ berwachung von AÜ nderungen des Ausfallrisikos erforderlich Stufe 3 notleidende Instrumente mit eingetretenen Verlusten (Zahlungen > 90 Tage ü berfä llig) Zinssatz basiert auf Basis des Nettobuchwerts (Bruttobuchwert abzgl. Risikovorsorge) Tab. 14.4: Überblick über das 3-Stufenmodell 247 Beispiel 14.15: Bewertungskategorien von Finanzinstrumenten Die IMTB AG erwirbt am 02.01.01 insgesamt 5.000 Anleihen (Nominalwert je 100 €) der XYZ AG zu je 102 €. Es fallen zusätzliche Nebenkosten in Höhe von insgesamt 15.000 € an. Der beizulegende Zeitwert zum 31.12.01 beträgt für Fall 1 109 €/ Anleihe und für Fall 2 98 €/ Anleihe. Die Kursverluste der Anleihen im Fall 2 sind ausschließlich marktbedingt. Ein Impairment-Test nach dem „Expected Credit Loss“-Modell muss nicht durchgeführt werden Szenario 1: Die Anleihen wurden erworben, um ausschließlich die daraus resultierenden Zahlungsströme zu vereinnahmen. Aufgrund der für eine Anleihe typischen vertraglich festgelegten Zahlungsströme (insbesondere Zins und Tilgung) gilt die Zahlungsstrombedingung als erfüllt. Die Fair Value Option ist nicht anzuwenden. Szenario 2: Die Anleihen wurden erworben, um sowohl die daraus resultierenden Zahlungsströme als auch einen eventuellen Veräußerungsgewinn zu vereinnahmen. Aufgrund der für die Anleihen typischen vertraglich festgelegten Zahlungsströme (insbesondere Zins und Tilgung) gilt die Zahlungsstrombedingung als erfüllt. Die Fair Value-Option soll nicht angewendet werden. a) In welche Bewertungskategorie fallen die Anleihen nach IFRS 9? Begründen Sie Ihre Antwort. Unterscheiden Sie zwischen den beiden Szenarien. b) Wie sind die Anleihen im Zugangszeitpunkt und in der Folgebewertung zu bewerten? Sind etwaige Kursgewinne oder -verluste erfolgswirksam oder erfolgsneutral zu erfassen? Unterscheiden Sie die beiden Szenarien. Lösung Beispiel 14.15: Bewertungskategorien von Finanzinstrumenten Szenario 1: Teil a) Anleihen (Schuldverschreibungen) gehören zu den Fremdkapitalinstrumenten und dienen der Vereinnahmung der daraus resultierenden Zahlungsströme (Zinsen und Tilgung) und sollen gehalten werden. Damit ist das AC-Geschäftsmodell erfüllt. Da die Fair Value Option nicht ausgeübt werden soll, sind die Anleihen der Bewertungskategorie „zu fortgeführten Anschaffungskosten (Amortised Cost)“ zuzuordnen. Teil b) Ergebnis: Amortised Cost (AC) 247 In Anlehnung an: Zimmermann, J. et al.: Buchführung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2025, S. 203. <?page no="210"?> 210 Schritt 14: Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten Bewertung zum Erwerbszeitpunkt (02.01.01): Die Bewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert. Berechnung: 5.000 Anleihen x 102 €/ Anleihe = 510.0000 € + Nebenkosten von 15.000 € = 525.000 €. Folgebewertung (31.12.01) in Fall 1: 525.000 € Die Wertsteigerung der Anleihe in Höhe von 20.000 € bleibt unberücksichtigt. Folgebewertung (31.12.01) in Fall 2: 525.000 € Der Wertverlust der Anleihe in Höhe von 35.000 € bleibt unberücksichtigt. Szenario 2: Teil a) Die Anleihen (Schuldverschreibungen) gehören zu den Fremdkapitalinstrumenten und sollen langfristig sowohl zur Vereinnahmung der daraus resultierenden Zahlungsströme als auch zur Veräußerung gehalten werden. Die Voraussetzungen des FVOCI-Geschäftsmodells sind erfüllt. Da die Fair Value through Profit or Loss-Option nicht ausgeübt werden soll, sind die Anleihen der Bewertungskategorie „Fair Value through Other Comprehensive Income“ zuzuordnen. Teil b) Ergebnis: Fair Value through Other Comprehensive Income (kurz: FVOCI) Bewertung zum Erwerbszeitpunkt (01.01.01): Berechnung des Fair Value: 5.000 Anleihen x 102 €/ Anleihe = 510.000 € + Nebenkosten von 15.000 € = 525.000 €. Folgebewertung (31.12.01) im Fall 1: 545.000 € (= 5.000 Anleihen x 109 €/ Anleihe) Es ergibt sich ein Bewertungsgewinn in Höhe von 20.000 €. Die Behandlung der Wertsteigerung der Anleihen erfolgt erfolgsneutral über das sonstige Ergebnis (Ausweis: sonstiges Ergebnis (OCI) = Fair-Value-Rücklage). Folgebewertung (31.12.01) im Fall 2: 490.000 € (= 5.000 Anleihen x 98 €/ Anleihe) Es ergibt sich ein Bewertungsverlust in Höhe von 35.000 €. Die Behandlung des Bewertungsverlustes der Anleihen erfolgt erfolgsneutral über das sonstige Ergebnis (Ausweis: sonstiges Ergebnis (OCI) = negative Fair-Value-Rücklage). Aufgaben und Lösungen zu : • Finanzinstrumente der Kategorien Fair Value through Other Comprehensive Income (FVOCI) und Fair Value through Profit or Loss (FVPL) • Bewertung von Finanzinstrumenten finden Sie online. <?page no="211"?> Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Lernziele Die Lernenden sollen in der Lage sein, ein umfassendes Verständnis von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 zu erlangen und deren Bilanzierung sowohl beim Leasingnehmer als auch beim Leasinggeber zu beherrschen. Am Ende dieses Kapitels sollten Sie die folgenden Lernziele erreicht haben: [1] Leasingverhältnisse identifizieren und prüfen, d.h. die Kriterien für das Vorliegen eines Leasingverhältnisses erkennen und Leasingverhältnisse von Nicht-Leasing-Verhältnissen nach IFRS 16 abgrenzen. [2] Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer , d. h. Verständnis der Zugangsbewertung des Nutzungsrechts (right-of-use asset) beim Leasingnehmer sowie Ansatz und Bewertung der Leasingverbindlichkeit beim Leasingnehmer. [3] Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber , d. h. Unterscheidung zwischen Finanzierungsleasingverhältnissen und Operating-Leasing-Verhältnissen beim Leasinggeber, d. h. Überprüfung der Klassfizierungskriterien für Finanzierungsleasing. [4] Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16, d. h. Erstbewertung des Nutzungsrechts und der Leasingverbindlichkeit, Folgebewertung, Abschreibung des Nutzungsrechts und Ermittlung des Zinsaufwands. [5] Bilanzierung beim Leasinggeber nach IFRS 16, d. h. Ansatz der Leasingforderung und Erfassung von Zinserträgen bei Finanzierungsleasing sowie Erfassung von Umsatzerlösen und Abschreibungen bei Operating-Leasing-Verhältnissen. Leasing ist eine beliebte Form der Finanzierung von Investitionsgütern, die es Unternehmen ermöglicht, Güter zu nutzen, ohne sie direkt zu erwerben. Leasing erfreut sich zunehmender Beliebtheit, da es den Unternehmen ermöglicht, flexibel auf wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren und Kapital für andere Investitionen freizusetzen. Die Entwicklung der Leasinginvestitionen zeigt seit Jahren eine steigende Tendenz. Allein im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 72 Milliarden Euro in Mobilien-Leasing investiert. Leasing ist für Unternehmen vor allem aufgrund der im Vergleich zum Kauf kürzeren Laufzeiten attraktiv. Dadurch kann der Leasingnehmer sein Anlagevermögen stets auf dem neuesten technischen Stand halten. Zudem sind Leasingraten in der Regel als Betriebsausgaben abzugsfähig, was für das Unternehmen steuerliche Vorteile mit sich bringt. 15.1 Anwendungsbereich des IFRS 16 Ein Leasingverhältnis im Sinne des IFRS 16 ist eine Vereinbarung, bei der der Leasinggeber dem Leasingnehmer gegen Zahlungen die Nutzung eines eindeutig identifizierbaren Vermögenswerts für einen festgelegten Zeitraum überlässt. Der im Januar 2019 eingeführte Standard IFRS 16 ersetzt die bisherige Regelung des IAS 17, bei der eine Chancen- und Risikobetrachtung vornahm und zwischen Operating-Leasing und Finanzierungsleasing unterschied. Nach der neuen Regelung des IFRS 16 werden alle Leasingverhältnisse in der Bilanz des Leasingnehmers mit den Nutzungsrechten und Zahlungsverpflichtungen über die Laufzeit erfasst. <?page no="212"?> 212 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Die Leasinggegenstände können sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein. Der IFRS 16 ist jedoch nicht anzuwenden auf: Die Entdeckung und Erschließung nicht erneuerbarer Ressourcen wie Mineralien, Erdöl oder Erdgas (IFRS 6), Biologische Vermögenswerte, die in den Anwendungsbereich von IAS 41 Landwirtschaft fallen, sofern sie vom Leasingnehmer gehalten werden, Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen (IFRIC 12), Lizenzen an immateriellen Vermögenswerten (intellectual property) , die vom Leasingeber eingeräumt werden und unter die Regelungen des IFRS 15 Umsatzerlöse aus Kundenverträgen fallen, sowie Lizenzrechte des Leasingnehmers, die unter IAS 38 fallen, wie Filme, Theaterstücke, Patente, Manuskripte und Urheberrechte. 248 Die Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS unterscheidet sich von der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierung durch das Konzept des Nutzungsrechts. Gemäß IFRS 16.9 muss der Vertrag das Recht auf „[...] Kontrolle der Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Zahlung eines Entgelts für einen festgelegten Zeitraum“ beinhalten. Dabei muss das Unternehmen im Wesentlichen in der Lage sein, den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen und die Verfügungsmacht über den Vermögenswert während der Vertragslaufzeit auszuüben. Wurde ein Vertrag nach IFRS 16.9 als Leasingverhältnis identifiziert, ist dieser grundsätzlich in der Bilanz anzusetzen. Die Bilanzierung erfolgt ab dem Zeitpunkt, an dem der Leasinggegenstand vom Leasinggeber (LG) dem Leasingnehmer (LN) zur Verfügung gestellt wird. Der IFRS 16 ermöglicht eine genauere Einschätzung der finanziellen Verpflichtungen und des wirtschaftlichen Nutzens, die mit Leasingverhältnissen verbunden sind. 15.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 Um zu beurteilen, ob eine Bilanzierung nach IFRS 16 erforderlich ist, ist zunächst zu prüfen, ob ein Leasingverhältnis vorliegt oder ein Vertrag eine Leasingvereinbarung enthält. Dies ist nach IFRS 16 der Fall, wenn eine vertragliche Vereinbarung die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Zahlung eines Entgelts über einen festgelegten Zeitraum regelt. Diese Prüfung erfolgt zu Vertragsbeginn. 249 Ein Leasingverhältnis im Sinne von IFRS 16 ist ein Vertrag, der dem Leasingnehmer gegen eine Gegenleistung das Recht auf Nutzung eines identifizierbaren Vermögenswerts für einen bestimmten Zeitraum einräumt. Während der Vertragslaufzeit müssen die folgenden zwei Kriterien erfüllt sein (IFRS 16.B): Dem Leasingnehmer stehen alle ökonomischen Vorteile aus der Nutzung des Leasinggegenstandes zu. Der Leasingnehmer muss während des gesamten Nutzungszeitraums das Recht besitzen, über die Nutzung des Vermögenswertes bestimmen zu können (right to control the use) . Hat der Leasingnehmer nur während eines Teils der Vertragslaufzeit das Recht, über die Nutzung des Vermögenswertes zu bestimmen, so gilt nur dieser Teil der Vertragslaufzeit als Leasingver- 248 Vgl. Theile, C. u. Dittmar, P.: IFRS Handbuch, 2024, S. 352. 249 Vgl. IFRS 16.9. <?page no="213"?> 15.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 213 hältnis. Bei Änderungen der Vertragsbedingungen ist stets neu zu beurteilen, ob ein Leasingverhältnis vorliegt. 250 15.2.1 Identifizierbarer Vermögenswert Um festzustellen, ob der Vertragsgegenstand ein identifizierbarer Vermögenswert ist, muss der Vermögenswert entweder explizit oder implizit identifiziert werden. Ein Vermögenswert wird durch die Spezifizierung im Vertrag explizit identifiziert. Implizit wird ein Vermögenswert identifiziert, wenn dem Leasingnehmer durch die Übergabe des Vermögenswertes stillschweigend ein Nutzungsrecht eingeräumt wird. 251 Ein weiteres Kriterium ist, dass der Leasinggeber kein substanzielles Austauschrecht besitzen darf. Dies würde bedeuten, dass der Leasingnehmer nicht das Recht hat, den identifizierten Vermögenswert zu nutzen. Ein substanzielles Austauschrecht besteht nur, wenn: Der Leasinggeber hat während der gesamten Laufzeit des Leasingverhältnisses jederzeit die Möglichkeit, den Vermögenswert durch alternative Vermögenswerte zu ersetzen. Der Leasinggeber aus dem Austausch des Vermögenswertes einen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Ein Teil der Kapazität eines Vermögenswertes muss physisch abgrenzbar und einzeln nutzbar sein, um als identifizierter Vermögenswert zu gelten. Beispielsweise ist ein Stockwerk eines Gebäudes physisch abgrenzbar, im Gegensatz zu einem Kapazitätsanteil eines Glasfaserkabels, der nicht als identifizierter Vermögenswert gilt, es sei denn, er macht im Wesentlichen die gesamte Kapazität des Vermögenswerts aus. 252 Die folgende Abbildung zeigt die Schritte zur Identifizierung eines Leasingverhältnisses gemäß IFRS 16. Abb. 15.1: Identifikation eines Leasingverhältnisses 250 Vgl. Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 1. 251 Vgl. ebd., S. 2. 252 Vgl. IFRS 16.B19. <?page no="214"?> 214 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Gemäß IFRS 16.9 liegt ein Leasingverhältnis vor, „[…] wenn der Vertrag dazu berechtigt, die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum zu kontrollieren.“ 253 Beispiel 15.1: Identifizierbarer Vermögenswert Fall A : Ein Kunde mietet eine bestimmte Verkaufsfläche (Ladenfläche „165“ mit 160 m²) in einem Flughafengebäude. Es wurde kein Austauschrecht des Leasinggebers vereinbart. Der Kunde richtet die Ladenfläche mit entsprechenden Einbauten ein Lösung Fall A : Da eine bestimmte Ladenfläche definiert wurde und kein Austauschrecht besteht, liegt ein identifizierbarer Vermögenswert vor. Fall B: Ein Kunde mietet eine definierte Verkaufsfläche in einem neuen Einkaufszentrum und nutzt einen mobilen Verkaufsstand. Der Betreiber des Einkaufszentrums kann jederzeit den Standort wechseln und verfügt über alternative Verkaufsflächen. Ein Umzug ist mit geringen Kosten verbunden. Lösung Fall B : Da der Umzug des mobilen Verkaufsstandes nur zu geringen Kosten verursacht und dies durchaus praktikabel ist, verfügt der Leasinggeber über ein substanzielles Austauschrecht. Somit liegt kein identifizierbarer Vermögenswert vor. 15.2.2 Nutzungsrecht und Kontrolle Nach der Feststellung, ob ein identifizierter Vermögenswert vorliegt, ist zu prüfen, ob der Leasingnehmer das Recht hat, den wirtschaftlichen Nutzen aus der Nutzung des Vermögenswertes über den gesamten Nutzungszeitraum zu ziehen. Desweiteren ist zu beurteilen, ob der Leasingnehmer das Recht hat, über die Nutzung des Vermögenswertes während des Nutzungszeitraumes zu bestimmen, d. h. ob er die Verfügungsmacht über den Vermögenswert hat. Der Leasingnehmer hat die Verfügungsmacht über den Vermögenswert, wenn er während der gesamten Laufzeit des Leasingverhältnisses die Nutzung des Leasinggegenstandes bestimmen und alle wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung ziehen kann. 254 Diese Vorteile können direkt oder indirekt erzielt werden, z. B. durch die Nutzung, den Besitz oder die Untervermietung des Leasinggegenstandes, entstehen. Bei der Beurteilung, ob alle wirtschaftlichen Vorteile beim Leasingnehmer liegen, werden nur die Vorteile betrachtet, die sich aus der Nutzung des Leasinggegenstandes, nicht aber aus dem Eigentum ergeben. Das Wertsteigerungspotenzial des Vermögenswertes und andere eigentumsbezogene Vorteile sind daher nicht relevant. 255 Nutzungsrecht: Ein Leasingverhältnis im Sinne von IFRS 16 beinhaltet das Recht des Leasingnehmers, einen identifizierten Vermögenswert für einen bestimmten Zeitraum zu nutzen. Dies umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Vermögenswerte. Kontrolle: Kontrolle bedeutet, dass der Leasingnehmer während der Laufzeit des Leasingverhältnisses das Recht hat, die Nutzung des Vermögenswertes zu bestimmen und alle wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung zu ziehen. Zwei wesentliche Kriterien müssen erfüllt sein: Der Leasingnehmer hat das Recht, alle ökonomischen Vorteile aus der Nutzung des Leasinggegenstandes zu ziehen. Der Leasingnehmer kann über die Nutzung des Vermögenswertes entscheiden, d. h. er übt das so genannte "Direktionsrecht“ aus. 253 IFRS 16.9. 254 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 728. 255 Vgl. Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 3. <?page no="215"?> 15.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 215 Die folgenden Entscheidungsrechte des Leasingnehmers sind für die Kontrolle über den Vermögenswert relevant: Die Möglichkeit, den geplanten Output des Leasinggegenstandes zu verändern. Die zeitliche Dimension der Nutzung zu bestimmen. Den Ort der Nutzung festzulegen. Die Nutzung anzupassen, d. h. ob und in welcher Menge der Output erzielt werden soll. Beispiel 15.2: Prüfung, ob ein Leasingverhältnis vorliegt Die Karlsruher-Shirts GmbH schließt mit der Fast-Transport AG einen Vertrag über den Seetransport von zehn Millionen Kleidungsstücken von Shanghai nach Hamburg per Schiff. Der Transport soll mit dem neuen Containerschiff SSL150 durchgeführt werden. Aufgrund der hohen Anzahl an Kleidungsstücken ist das Schiff nahezu voll ausgelastet. Start- und Zielort sowie der Zeitpunkt und die Durchführung des Transports sind vertraglich vereinbart. Handelt es sich um ein nach IFRS 16 zu bilanzierendes Leasingverhältnis? Antwort: Im Vertrag ist das Schiff eindeutig spezifiziert, wodurch ein identifizierter Vermögenswert vorliegt. Da das Schiff nahezu vollständig für den Transport der Kleidungsstücke der Karlsruher- Shirts GmbH genutzt wird, fließen dem Leasingnehmer im Wesentlichen alle wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung zu. Die Nutzung ist jedoch vorbestimmt und der Leasingnehmer hat keinen Einfluss auf Änderungen, wie z. B. den Bestimmungsort. Sämtliche Entscheidungsrechte über die Nutzung liegen bei der Fast-Transport AG. Daher liegt kein nach IFRS 16 zu bilanzierendes Leasingverhältnis vor. Beispiel 15.3: Identifizierung von Komponenten 256 Ein Start-up-Unternehmen least verschiedene IT-Geräte, um das Büro mit dem neuesten Stand der Technik auszustatten. Die Leasingvereinbarung hat eine Laufzeit von drei Jahren. Am Ende der Laufzeit gibt der Leasingnehmer die Geräte an den Leasinggeber zurück. Der Leasinggeber übernimmt die regelmäßige Wartung der Geräte und stellt die angefallenen Verwaltungs- und Vertragsanbahnungskosten in Rechnung. Die Verwaltungs- und Vertragsanbahnungskosten belaufen sich auf 500 €. Die Jahresrate für die IT-Geräte und die Wartung beträgt 1.700 €, für die drei Jahre somit insgesamt 5.100 €. In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Transaktionspreise aufgeführt. High End PC Multifunktionsdrucker Monitor Nutzungsentgelt 2.049 € 2.499 € 769 € Wartung 540 € 720 € - Es sind die Entgelte für die einzelnen Leasingkomponenten zu ermitteln. Zunächst werden die sonstigen Kosten berechnet, indem die Wartungskosten mit den Verwaltungs- und Vertragsanbahnungskosten addiert werden. m nächsten Schritt wird für jede Komponente der Anteil des Marktpreises an den Gesamtkosten ermittelt. Entsprechend dieser berechneten Anteile wird das Gesamtentgelt auf die einzelnen Komponenten verteilt. 256 in Anlehnung an: Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 18 f. <?page no="216"?> 216 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Marktpreis Anteil Kaufpreis Gesamtentgelt Jahresrate High End PC 2.049 € 29 % 1.479 € 493 € Multifunktionsdrucker 2.499 € 35 % 1.785 € 595 € Monitor 769 € 11 % 561 € 187 € sonstige Kosten 1.760 € 25 % 1.275 € 425 € Gesamt 7.077 € 5.100 € 1.700 € 15.2.3 Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer Right-of-use Ansatz: Beim Right-of-use Ansatz stehen die aus dem Leasingverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten im Mittelpunkt der Betrachtung. Jede Vertragspartei bilanziert entsprechend ihrem wirtschaftlichen Nutzungsrecht. Nach IFRS 16 hat der Leasingnehmer für jedes Leasingverhältnis ein Nutzungsrecht (right-of-use asset) und eine korrespondierende Leasingverbindlichkeit in der Bilanz anzusetzen. Bilanzierung des Nutzungsrechts beim Leasingnehmer: Erstbewertung: Zu Beginn des Leasingverhältnisses wird das Nutzungsrecht mit dem Barwert der künftigen Leasingzahlungen bewertet. Hinzu kommen die direkten Kosten, die dem Leasingnehmer bei Abschluss des Leasingvertrages entstehe. Folgebewertung: Das Nutzungsrecht wird über den kürzeren der beiden Zeiträume, Nutzungsdauer des Vermögenswertes oder Laufzeit des Leasingverhältnisses, abgeschrieben. Bilanzierung der Leasingverbindlichkeit beim Leasingnehmer: Erstbewertung: Die Leasingverbindlichkeit wird ebenfalls mit dem Barwert der künftigen Leasingzahlungen angesetzt. Der Diskontierungszinssatz ist entweder der implizite Zinssatz des Leasingverhältnisses oder, falls dieser nicht bestimmbar ist, der inkrementelle Zinssatz des Leasingnehmers. Folgebewertung: Die Leasingverbindlichkeit wird fortgeschrieben und um Zahlungen vermindert sowie um Zinsaufwendungen erhöht. Diese Bilanzierungsmethode stellt sicher, dass sowohl die Rechte und Pflichten des Leasingnehmers als auch die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen in der Bilanz des Leasingnehmers transparent dargestellt werden. Anwendungserleichterungen, die als Ausnahmen gelten: Kurzfristige Leasingverhältnisse (< 1 Jahr „short-term lease“): Die unkündbare Leasinglaufzeit darf 12 Monaten, einschließlich mietfreier Zeiten, nicht überschreiten. Eine Kaufoption darf nicht bestehen. Optionsfristen für Verlängerungs- und Kündigungsoptionen sind in die Leasingdauer einzubeziehen, sofern sie mit hinreichender Sicherheit ausgeübt werden. Das Optionsrecht muss für jede Gruppe gleichartiger Leasinggegenstände einheitlich ausgeübt werden. 257 Geringwertige Vermögenswerte (low-value assets): Das Wahlrecht kann für jeden geringwertigen Vermögenswert einzeln angewendet werden und bezieht sich nicht auf das Vertragsvolumen. Beispielsweise gilt bei einem Leasingvertrag über 1.000 Smartphones jedes Smart- 257 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 733. <?page no="217"?> 15.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16 217 phone einzeln als geringwertiger Vermögenswert und fällt somit unter das Wahlrecht. 258 Der IFRS 16 sieht keine quantitative Grenze vor, ab wann ein Leasingverhältnis vorliegt. In der Interpretationshilfe IFRS 16.B4 wird eine Obergrenze des Neupreises im Wert von 5.000 US- Dollar genannt, die in der Praxis als unverbindlicher Richtwert dient. Der Leasingnehmer hat stets den Neuwert des Leasinggegenstandes zur Bewertung heranzuziehen, unabhängig vom tatsächlichen Alter des Gegenstandes. 259 Portfolio-Ansatz: Dieser Ansatz erlaubt es, gleichartige Objekte oder Verträge, die zur gleichen Zeit bzw. unwesentlich zeitversetzt mit dem gleichen Leasinggeber abgeschlossen wurden, als eine Leasingverbindlichkeit zu bilanzieren. 260 Entscheidend ist, dass dadurch keine wesentliche Verzerrung in der Bilanz entsteht. Bei der Zusammenfassung ist darauf zu achten, dass Laufzeit, Zinssätze, Zahlungsintervalle, Vertragsbeginn und Vertragsende übereinstimmen. Darüber hinaus müssen der Leasingverbindlichkeit die Abschreibungen und der Buchwert der Vermögenswerte gegenübergestellt werden. 261 Komponenten von Verträgen: Ein Vertrag kann aus Leasingkomponenten und Nicht-Leasingkomponenten bestehen. 262 Der Leasingnehmer hat jede Leasingkomponente gesondert zu identifizieren und zu bilanzieren. 263 Eine Leasingkomponente wird als eigenständig eingestuft, sofern der Leasingnehmer aus der alleinigen Nutzung des Vermögenswertes Profit ziehen kann oder die Leasingkomponente nicht von anderen Leasingkomponenten des Vertrages abhängig ist. Dies kann geprüft werden, indem untersucht wird, ob der Leasingnehmer durch den Verzicht auf die Leasingkomponente andere Nutzungsrechte an Leasingkomponenten desselben Leasingverhältnisses verlieren würde. 264 Aus Vereinfachungsgründen kann sich der Leasingnehmer dafür entscheiden, die verschiedenen Komponenten nicht zu trennen und sie jeweils als Gruppe zu bilanzieren. 265 15.2.4 Klassifizierung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber Beim Leasinggeber wird zwischen Finanzierungsleasing (finance lease) und Operating-Leasing (operating lease) unterschieden. 266 Finanzierungsleasing: Alle mit dem Eigentum verbundenen Risiken und Chancen des Vermögenswertes werden auf den Leasingnehmer übertragen. Der Leasingnehmer wird zum wirtschaftlichen Eigentümer. Aktivierung der Leasingforderung in Höhe des Nettoinvestitionswertes und Realisierung eines Zinsertrages. Leasingzahlungen werden aufgeteilt in Tilgung der Forderung und Finanzerträge. → Ausbuchung des Leasinggegenstands und Einbuchung einer Leasingforderung 258 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 70 f. 259 Vgl. Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2021, S. 362 und Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 734. 260 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 734. 261 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 9. 262 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 734. 263 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 6. 264 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2017, S. 734 f. 265 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 7. 266 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 74 f. <?page no="218"?> 218 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Operating-Leasing: Alle mit dem Eigentum verbundenen Risiken und Chancen aus dem Vermögenswert verbleiben beim Leasinggeber. Der Leasinggeber bleibt wirtschaftlicher Eigentümer. Aktivierung des Leasinggegenstandes im langfristigen Vermögen (Anlagevermögen) und planmäßige Abschreibung über die Nutzungsdauer. Die Leasingraten werden erfolgswirksam erfasst. → Aktivierung des Leasinggegenstandes beim Leasinggeber (LG) 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16 Nach IFRS 16 sind Leasingnehmer verpflichtet, alle Leasingverhältnisse bis auf wenige Ausnahmen in Form eines Nutzungsrechts, dem sogenannten „right-of-use approach“, und einer korrespondierenden Verbindlichkeit zu erfassen. Das Nutzungsrecht entspricht dem Barwert der künftigen Leasingzahlungen zuzüglich sonstiger direkt zurechenbarer Kosten. Auf der Passivseite wird die diskontierte Leasingverbindlichkeit ausgewiesen. Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich Leasinggegenstände deren Wert 5.000 US- Dollar nicht übersteigt oder kurzfristige Leasingverhältnisse, deren Laufzeit zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung zwölf Monate nicht übersteigt 267 , für die ein Aktivierungswahlrecht besteht. Die Bilanzierung erfolgt entweder als kurzfristiges Leasing, als langfristiges Leasing oder als Leasing geringwertiger Vermögenswerte. Wird das Wahlrecht des Kurzfristleasing oder das Leasing von geringwertigen Vermögenswerten ausgeübt, können die Aufwendungen aus diesen Leasingverhältnissen in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden. Dabei ist zu beachten, dass dies nur für eine ganze Klasse von zugrundeliegenden Vermögenswerten zulässig ist. 268 Die Zugangsbewertung eines Leasingverhältnisses nach IFRS 16 erfolgt beim Leasingnehmer auf zwei Arten. Zum einen sind die Zahlungsverpflichtungen in Form von Leasingverbindlichkeiten zu bewerten und zu passivieren, zum anderen ist die Nutzung bzw. das Recht auf Nutzung des Leasinggegenstandes als Nutzungsrecht zu aktivieren. Beginn des Leasingverhältnisses: Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem Beginn des Leasingverhältnisses (inception date) und den Vertragsbeginn (commencement date) . Der Beginn des Leasingverhältnisses ist definiert als der frühere der folgenden Zeitpunkte: der Tag der Leasingvereinbarung, oder der Tag, an dem sich die Vertragsparteien über die wesentlichen Bestimmungen der Leasingvereinbarung geeinigt haben. Dieser Tag bestimmt, ob es sich um ein Leasingverhältnis handelt oder ob der Vertrag ein Leasingverhältnis enthält. 269 Vertragsbeginn ist der Tag, an dem der Leasinggeber dem Leasingnehmer den Leasinggegenstand zur Verfügung stellt. Der Leasingnehmer hat in seiner Bilanz ein Nutzungsrecht („right-of-use as- 267 NWB Datenbank: IFRS 16.A. 268 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 203 f. 269 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 20. <?page no="219"?> 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16 219 set“) zu aktivieren und eine Leasingverbindlichkeit („lease liability“) zu passivieren. Eine Klassifizierung des Leasingverhältnisses in Operating-Leasing und Finanzierungsleasing findet beim Leasingnehmer nicht statt. 15.3.1 Zugangsbewertung des Nutzungsrechts Der Leasingnehmer hat das Nutzungsrecht (right-of-use asset) und die Leasingverbindlichkeit (lease liability) zu dem Zeitpunkt anzusetzen, zu dem ihm der Leasinggegenstand zur Verfügung gestellt wird. 270 Dabei ist es unerheblich, ob der Leasingnehmer den Gegenstand bereits tatsächlich nutzt. Das Nutzungsrecht wird aktiviert und die Leasingverbindlichkeit in gleicher Höhe passiviert. 271 Der Buchungssatz beim Leasingnehmer sieht wie folgt aus: Nutzungsrecht an Leasingverbindlichkeit Das Nutzungsrecht wird in Höhe der Anschaffungskosten bewertet und wie folgt berechnet: Wertansatz der Leasingverbindlichkeit + bereits geleistete Leasingzahlungen vor Beginn des Leasingverhä ltnisses (anfä ngliche direkte Kosten) erhaltene Anreizzahlungen (lease incentives received) vom Leasinggeber + Initialkosten (bereits erhaltene Anreizzahlungen) + diskontierte Rü ckbau- und Rekultivierungskosten = Anschaffungskosten des Nutzungsrechts (right-of-use asset) Unter Initialkosten sind die anfänglichen direkten Kosten zu verstehen, die nicht angefallen wären, wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Solche Kosten sind beispielweise. Maklergebühren, Rechtsberatung, Abfindungs- oder Abstandszahlungen an Vormieter. Kosten der allgemeinen Verwaltung oder für Probeläufe sind hingegen keine Initialkosten. Die Rückbau- und Rekultivierungskosten sind als Teil des Nutzungsrechts zu bilanzieren, falls aus der Nutzung eine entsprechende Verpflichtung entsteht. 272 Der Zugangswert der Leasingverbindlichkeit wird als Barwert der Leasingzahlungen über die Laufzeit des Leasingverhältnisses berechnet. Die Leasingzahlungen werden mit dem dem Leasingverhältnis zugrundeliegenden Zinssatz (interest rate implicit in the lease) diskontiert. Dieser Zinssatz setzt den Barwert der Leasingzahlungen und den nicht garantierten Restwert gleich mit der Summe aus dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes und den anfänglichen direkten Kosten des Leasinggebers. Ist dieser Zinssatz nicht ohne weiteres ermittelbar, wird der Grenzfremdkapitalzinssatz (incremental borrowing rate) verwendet. Dieser ist definiert als der Zinssatz, der anfallen würde, wenn der Leasingnehmer für die Finanzierung des Vermögenswertes Fremdkapital mit ähnlicher Laufzeit und Besicherung in einer vergleichbaren wirtschaftlichen Situation aufnehmen würde. 273 Die Leasingzahlungen , die für die Berechnung des Barwertes der Leasingverbindlichkeit notwendig sind, setzen sich gemäß IFRS 16.27 aus den folgenden Bestandteilen zusammen: 270 Vgl. Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 379. 271 Vgl. Grünberger, D., IFRS 2024, 2024, S. 67. 272 Vgl. Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 29 f. 273 Vgl. ebd. <?page no="220"?> 220 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 1. Fixe Leasingzahlungen inklusive variabler Bestandteile, die wirtschaftlich als fix anzusehen sind, abzüglich erhaltener Leasinganreize. 2. Variable Bestandteile, die von einem Index, einem Zinssatz oder Ähnlichem abhängig sind. 3. Zahlungen, die erwartungsgemäß im Rahmen von Restwertgarantien zu leisten sind. 4. Ausübungspreis einer Kaufoption, sofern deren Ausübung hinreichend sicher ist. 5. Mögliche Vertragsstrafen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, sofern bei der Ermittlung der Laufzeit unterstellt wurde, dass die Kündigungsoption ausgeübt wird. 274 Der Leasingnehmer hat auch die folgenden Kosten ab dem Anfangszeitpunkt zu erfassen, sofern sie nicht zum Ansatz eines Vermögenswertes oder einer Schuld nach anderen Standards führen: 1. Zinsen auf die Leasingverbindlichkeit, 2. variable Leasingzahlungen, die bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit nicht berücksichtigt wurden. Sie werden in der Periode erfasst, in der sie durch ein Ereignis oder eine eintretende Bedingung ausgelöst werden. 275 15.3.2 Zugangsbewertung der Leasingverbindlichkeit Im Zugangsjahr ist die Leasingverbindlichkeit mit dem Barwert der während der Laufzeit des Leasingverhältnisses anfallenden Leasingzahlungen zu passivieren. Diese Zahlungen umfassen nicht nur die zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber fest vereinbarten Zahlungen, sondern auch erwartete Zahlungen, die vom Leasingnehmer zu schätzen sind. Nach IFRS 16.27 gehören zu den mit dem Barwert anzusetzenden Zahlungen sowohl die fest vereinbarten Leasingraten, die variablen Leasingraten (abhängig von Preisindizes oder Zinssätzen), die erwarteten Zahlungen aus Restwertgarantien. Diese Zahlungen umfassen nicht nur die zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber fest vereinbarten Zahlungen, sondern auch erwartete Zahlungen, die vom Leasingnehmer zu schätzen sind. 276 Bei der Berechnung der Leasinglaufzeit wird häufig eine Schätzung vorgenommen, da diese sowohl unkündbare Zeiträume als auch optionale Zeiträume aus Mietverlängerungs- oder Kündigungsoptionen umfassen kann. Sofern diese Optionen als hinreichend sicher eingeschätzt werden, dass eine Verlängerung angestrebt bzw. die Kündigung nicht ausgeübt wird, sind sie gemäß IFRS 16.18 f. in die Laufzeit einzubeziehen. Nach der Ermittlung der Leasinglaufzeit wird der Barwert der Leasingverbindlichkeit bestimmt. Dieser Barwert ist der Betrag, mit dem die Leasingverbindlichkeit erstmalig passiviert wird. Der Diskontierungszinssatz wird nach IFRS 16.27 aus dem internen Zinsfuß des Leasinggebers abgeleitet. Der interne Zinsfuß ist der Zinssatz, der sich aus der Abzinsung der Mindestleasingzahlungen auf den beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes zu Beginn des Leasingverhältnisses ohne Berücksichtigung von etwaigen Kosten ergibt. Kann dieser Zinssatz nicht ermittelt werden, ist der Grenzfremdkapitalzinssatz zu verwenden. Der Grenzfremdkapitalzinssatz ist der Zinssatz, den der Leasingnehmer zahlen müsste, wenn er in einem vergleichbaren wirtschaftlichen Umfeld mit vergleichbarer Sicherheit einen Kredit in Höhe des Nutzungsrechts aufnehmen würde. Beispiel 15.4: Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer Die TEEM GmbH schließt einen Leasingvertrag über eine Maschine ab. Die Vertragslaufzeit beträgt fünf Jahre, und die jährliche Leasingrate beträgt 10.000 €. Der Zinssatz zur Diskontierung der Leasingzahlungen beträgt 6,0 % p. a. 274 Vgl. Petersen, K. et al.: IFRS Praxishandbuch, 2023, S. 380 f. 275 Vgl. ebd., S. 380. 276 Vgl. Gebhardt, R.: Rechnungslegung nach IFRS klipp & klar, 2022, S. 205. <?page no="221"?> 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16 221 Berechnung der Höhe der Leasingverbindlichkeit Die Leasingverbindlichkeit bemisst sich als Barwert der Leasingzahlungen, die während der Laufzeit des Leasingverhältnisses, jedoch nicht vor oder zu Beginn Leasingverhältnisses, zu leisten sind. 277 Barwert der Leasingverbindlichkeit = 10.000 € 1,06 + 10.000 € 1,06 2 + 10.000 € 1,06 3 + 10.000 € 1,06 4 + 10.000 € 1,06 5 = 42.123,64 € Barwert der Leasingzahlungen ≈ 42.124 € Berechnung des Nutzungsrechtsvermögens Das Nutzungsrechtsvermögen entspricht zu Beginn der Leasingverbindlichkeit. Nutzungsrechtsvermögen = 42.124 € Der Buchungssatz zu Beginn des Leasingverhältnisses lautet: Vermögenswert aus Nutzungsrecht 42.124 € an Leasingverbindlichkeit 42.124 € Beispiel 15.5: Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer Die IMTB AG least Maschine A am 01.01.01 für drei Jahre. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer wird auf sechs Jahre geschätzt. Die Leasingrate für Maschine A beträgt jährlich 40.000 €. Der interne Zinssatz des Leasingvertrages kann nicht ermittelt werden. Der Grenzfremdkapitalzinssatz beträgt 6 % p. a.Jahr Leasingrate Barwert 01 40.000,00 € 37.735,85 € 02 40.000,00 € 35.599,86 € 03 40.000,00 € 33.584,77 € Gesamt 120.000,00 € 106.920,48 € davon Finanzierungskosten 13.079,52 € Berechnung des Barwerts der Leasingverbindlichkeit Barwert der Leasingverbindlichkeit = 40.000 € 1,06 + 40.000 € 1,06 2 + 40.000 € 1,06 3 = 106.920,48 € Die Leasingverbindlichkeit und auch das Nutzungsrecht werden somit zum 01.01.01 mit dem Barwert der Leasingraten in Höhe von 106.920,48 € erfasst. Buchungssatz des Zugangs am 01.01.01: Vermögenswert aus Nutzungsrecht 106.920,48 € an Leasingverbindlichkeit 106.920,48 € 277 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 29. <?page no="222"?> 222 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Modifikation des Beispiels 15.5: Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer 278 Sachverhalt wie oben mit zusätzlichen Daten: Im Rahmen der Vertragsanbahnung angefallene Kosten: geleistete Sonderzahlung: 10.000 € - Kosten Rechtsberatungskosten: 7.000 € Anreizzahlung des Leasinggebers: - Erstattung Kosten Rechtsberatung: 7.000 € Leasingverbindlichkeit: 106.920,48 € Berechnung des Nutzungsrechts Leasingverbindlichkeit 106.920,48 € + anfä ngliche direkte Kosten + 17.000,00 € erhaltene Anreizzahlungen - 7.000,00 € = zu aktivierende Anschaffungskosten des Nutzungsrechts = 116.920,48 € Buchungssatz des Zugangs am 01.01.01: Vermö genswert aus Nutzungsrecht 116.920,48 € an an Leasingverbindlichkeit Bank 106.920,48 € 10.000,00 € 15.3.3 Folgebewertung des Nutzungsrechts Die Folgebewertung des Nutzungsrechts erfolgt zu fortgeführten Anschaffungskosten. Das bedeutet, dass das Nutzungsrecht planmäßig abgeschrieben wird. Dies erfolgt in der Regel linear, es sei denn, eine andere planmäßige Verteilung entspricht dem erwarteten Verbrauch besser. 279 Die Abschreibungsdauer unterscheidet sich je nach Szenario: 1. Der Vermögenswert geht in das Eigentum des Leasingnehmers über oder die Kaufoption wird ausgeübt. Das Nutzungsrecht wird ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung bis zum Ende der Nutzungsdauer abgeschrieben. 2. Andere Fälle: Das Nutzungsrecht wird vom Bereitstellungsdatum bis zum Ende der Leasinglaufzeit oder der Nutzungsdauer abgeschrieben, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist. 280 15.3.4 Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit Gemäß IFRS 16.36 sind Leasingverbindlichkeiten bei der Bewertung in den Folgejahren in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen. Der Tilgungsanteil wird erfolgsneutral zur Reduzierung der ausstehenden Leasingverbindlichkeit verwendet, während der Zinsanteil als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst wird. Unter Anwendung der Effektivzinsmethode wird eine konstante periodische Verzinsung der Leasingverbindlichkeit erfasst. Hierbei wird die zum Bilanzstichtag ausstehende Leasingverbindlich- 278 In Anlehnung an Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 40 f. 279 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 740. 280 Vgl. Jödicke, D.: EU-IFRS Leasingverhältnisse, 2019, S. 10. <?page no="223"?> 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16 223 keit mit dem für die Barwertberechnung verwendeten Zinssatz abgezinst und um die geleisteten Leasingzahlungen reduziert. 281 Fortführung Beispiel 15.5: Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer In der Folgebewertung wird der Vermögenswert linear über die Laufzeit abgeschrieben und die Leasingverbindlichkeit unter Anwendung der Effektivzinsmethode getilgt. Nutzungsrecht Jahr Jahresanfang Abschreibungen Jahresende a b c = a b 01 106.920,48 € 35.640,16 €/ Jahr 71.280,32 € 02 71.280,32 € 35.640,16 €/ Jahr 35.640,16 € 03 35.640,16 € 35.640,16 €/ Jahr 0,00 € Lineare Abschreibung = Nutzungsrecht Nutzungsdauer = 106.920,48 € 3 Jahre = 35.640,16 €/ Jahr Leasingverbindlichkeit Jahr Jahresanfang Leasingrate Zinsaufwand Jahresende a b c d = a - (b c) 01 106.920,48 € 40.000,00 € 6.415,23 € 73.335,71 € 02 73.335,71 € 40.000,00 € 4.400,14 € 37.735,85 € 03 37.735,85 € 40.000,00 € 2.264,15 € 0,00 € Berechnung des Zinsaufwands Jahr 01: 106.920,48 € x 0,06 = 6.415,23 € Jahr 02: 73.335,71 € x 0,06 = 4.400,14 € Jahr 03: 37.735,85 € x 0,06 = 2.264,15 € Daraus ergeben sich folgende Buchungssätze: Buchungssätze zum 31.12.01: Abschreibung 35.640,16 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 35.640,16 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 33.584,77 € 6.415,23 € an Bank 40.000,00 € Buchungssätze zum 31.12.02: Abschreibung 35.640,16 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 35.640,16 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 35.599,86 € 4.400,14 € an Bank 40.000,00 € 281 Vgl. Lüdenbach, N., Hoffmann, W.-D., Freiberg, J.: Haufe IFRS-Kommentar, 2024, S. 834. <?page no="224"?> 224 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Buchungssätze zum 31.12.03: Abschreibung 35.640,16 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 35.640,16 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 37.735,85 € 2.264,15 € an Bank 40.000,00 € Fallbeispiel: Erst- und Folgebewertung eines Leasingverhältnisses 282 Die IMTB AG schließt mit der Vermietung AG einen Leasingvertrag über die Nutzung einer Produktionshalle ab. Der Vertrag beginnt am 01.01.01 und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Die jährliche Leasingzahlung beträgt 150.000 € und ist jeweils zum Jahresende fällig. Der Vertrag enthält eine Option zur Verlängerung der Grundmietzeit um drei Jahre zu einer jährlichen Leasingrate von 170.000 €. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leasingvertrages ist nicht sicher, ob der Leasingnehmer diese Option ausüben wird. Beim Vertragsabschluss fielen Maklerkosten in Höhe von 20.000 € sowie die Umzugskosten in Höhe von 10.000 € an. Es wurde jedoch vereinbart, dass die Maklerkosten vom Leasinggeber übernommen werden. Da der dem Leasingverhältnis zugrundeliegende Zinssatz nicht bestimmbar ist, wird für die Diskontierung der Grenzfremdkapitalzinssatz in Höhe von 7,00 % p. a. verwendet. Vorgehensweise Prüfung des Leasingverhältnisses gemäß IFRS 16: Mit Hilfe der Abb. 15.1: „Identifikation eines Leasingverhältnisses“ kann festgestellt werden, dass der Vermögenswert nach IFRS 16 zu bilanzieren ist, da alle Voraussetzungen erfüllt sind: Die Übertragung des Nutzungsrechts an einem Vermögenswert liegt vor, da der Zeitraum (5 Jahre) und die Gegenleistung (150.000 €) vertraglich festgelegt sind. Der Vermögenswert (Produktionshalle) ist im Vertrag explizit definiert (Produktionshalle) und es besteht kein substanzielles Tauschrecht. Das Kontrollrecht und der gesamte wirtschaftliche Nutzen liegen beim Leasingnehmer. Das Leasingverhältnis betrifft keinen kurzfristigen oder geringwertigen Vermögenswert. Erstbewertung: Im Rahmen der Erstbewertung werden die Leasingverbindlichkeit (= Barwert der Leasingzahlungen) und das Nutzungsrecht (right-of-use asset) ermittelt. Der gesamte Barwert der Leasingverbindlichkeit ergibt sich aus der Summe der Barwerte der jährlichen Leasingraten. Die folgende Tabelle zeigt die detaillierte Berechnung: Jahr 01 02 03 04 05 Leasingzahlungen 150.000 € 150.000 € 150.000 € 150.000 € 150.000 € Abzinsungsfaktor (AbF) 0,9346 0,8734 0,8163 0,7629 0,7130 diskontierte Leasingzahlungen 140.187 € 131.016 € 122.445 € 114.434 € 106.948 € gesamter Barwert 615.030 € Tab. 15.1: Berechnung des Barwertes der Leasingraten 282 In Anlehnung an Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 40 ff. <?page no="225"?> 15.3 Bilanzierung beim Leasingnehmer nach IFRS 16 225 Berechnung des Nutzungsrechts Leasingverbindlichkeit 615.030 € + anfä ngliche direkte Kosten (Makler + Umzug) + 20.000 € erhaltene Anreizzahlungen (Makler) - 10.000 € = zu aktivierende Anschaffungskosten des Nutzungsrechts = 625.030 € Buchungssatz des Zugangs am 01.01.01: Vermö genswert aus Nutzungsrecht 625.030 € an an Leasingverbindlichkeit Bank 615.030 € 10.000 € Folgebewertung: Der Vermögenswert aus dem Nutzungsrecht wird planmäßig über die Vertragslaufzeit von fünf Jahren abgeschrieben. Lineare Abschreibung = Nutzungsrecht Nutzungsdauer = 615.030 € 3 Jahre = 125.006 €/ Jahr Gleichzeitig wird die Leasingverbindlichkeit durch Tilgungsleistungen reduziert. Dazu muss der Zinsaufwand für jedes Jahr berechnet werden: Jahr 01: 615.030 € x 0,07 = 43.052 € Jahr 02: 508.082 € x 0,07 = 35.566 € Jahr 03: 393.647 € x 0,07 = 27.555 € Jahr 04: 271.203 € x 0,07 = 18.984 € Jahr 05: 140.187 € x 0,07 = 9.813 € Die folgende Darstellung zeigt die Entwicklung des Vermögenswerts aus Nutzungsrecht und der Leasingverbindlichkeit für die nächsten fünf Jahre. Jahr Leasingverbindlichkeit Vermögenswert aus Nutzungsrecht Anfangsbestand Leasingrate Zinsaufwand Endbestand Anfangsbestand Abschreibung Endbestand a b c d = a - (b c) e f g = e f 01 615.030 € 150.000 € 43.052 € 508.082 € 625.030 € 125.006 € 500.024 € 02 508.082 € 150.000 € 35.566 € 393.647 € 500.024 € 125.006 € 375.018 € 03 393.647 € 150.000 € 27.555 € 271.203 € 375.018 € 125.006 € 250.012 € 04 271.203 € 150.000 € 18.984 € 140.187 € 250.012 € 125.006 € 125.006 € 05 140.187 € 150.000 € 9.813 € 0 € 125.006 € 125.006 € 0 € Tab. 15.2: Berechnung des Nutzungsrechts und der Leasingverbindlichkeit im Rahmen der Folgebewertung Buchungssätze zum 31.12.01: Abschreibung 125.006 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 125.006 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 106.948 € 43.052 € an Bank 150.000 € <?page no="226"?> 226 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Buchungssätze zum 31.12.02: Abschreibung 125.006 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 125.006 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 114.434 € 35.566 € an Bank 150.000 € Buchungssätze zum 31.12.03: Abschreibung 125.006 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 125.006 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 122.445 € 27.555 € an Bank 150.000 € Buchungssätze zum 31.12.04: Abschreibung 125.006 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 125.006 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 131.066 € 18.934 € an Bank 150.000 € Buchungssätze zum 31.12.05: Abschreibung 125.006 € an Vermögenswert aus Nutzungsrecht 125.006 € Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand 140.187 € 9.813 € an Bank 150.000 € Fortsetzung des Fallbeispiels: Erst- und Folgebewertung eines Leasingverhältnisses Angenommen, die IMTB AG beschließt im dritten Jahr, das Leasingverhältnis um drei Jahre zu verlängern, wodurch sich die Gesamtlaufzeit des Leasingverhältnisses auf acht Jahre erhöht. Da es sich aufgrund der Ausübung der Verlängerungsoption um eine Änderung der Leasingzahlungen handelt, sind die monatlichen Leasingraten von 170.000 € mit einem neuen Grenzfremdkapitalzinssatz von 5 % zu diskontieren. Berechnung des Barwerts der Leasingverbindlichkeit = 150.000 € 1,05 + 150.000 € 1,05 2 + 170.000 € 1,05 3 + 170.000 € 1,05 4 + 170.000 € 1,05 5 = 698.823 € Der neue Barwert der Leasingverbindlichkeit beträgt nun 698.823 €. Gegenüber dem Endbestand des Jahres 03 (271.203 €) hat sich der Barwert um 427.620 € erhöht (698.823 € - 271.203 € = 427.620 €). Diese Anpassung ist wie folgt zu verbuchen: Buchungssatz zum 31.12.03: Vermö genswert aus Nutzungsrecht 427.620 € an Leasingverbindlichkeit 427.620 € Am Ende des dritten Jahres wird der Endbestand der Leasingverbindlichkeit an den neuen Barwert angepasst (698.823 €). Gleichzeitig erhöht sich der Endbestand des Nutzungsrechts (250.012 + 427.620 = 677.632 €). Dieser Betrag wird über die verbleibende Vertragslaufzeit von fünf Jahren mit einem Wert von 135.526 €/ Jahr (= 677.632 € : 5 Jahre) abgeschrieben. <?page no="227"?> 15.4 Bilanzierung beim Leasinggeber nach IFRS 16 227 Die folgende Tabelle zeigt die vollständige Entwicklung des Leasingverhältnisses vom Jahr 01 bis einschließlich zum Jahr 08. Jahr Leasingverbindlichkeit Vermögenswert aus Nutzungsrecht Anfangsbestand Leasingrate Zinsaufwand Endbestand Anfangsbestand Abschreibung Endbestand 01 615.030 € 150.000 € 43.052 € 508.082 € 625.030 € 125.006 € 500.024 € 02 508.082 € 150.000 € 35.566 € 393.647 € 500.024 € 125.006 € 375.018 € 03 393.647 € 150.000 € 27.555 € 271.203 € 375.018 € 125.006 € 250.012 € 03 0 € 0 € 698.823 € 0 € 0 € 677.632 € 04 698.823 € 150.000 € 34.941 € 583.764 € 677.632 € 135.526 € 542.106 € 05 583.764 € 150.000 € 29.188 € 462.952 € 542.106 € 135.526 € 406.579 € 06 462.952 € 170.000 € 23.148 € 316.100 € 406.579 € 135.526 € 271.053 € 07 316.100 € 170.000 € 15.805 € 161.905 € 271.053 € 135.526 € 135.526 € 08 161.905 € 170.000 € 8.095 € 0 € 135.526 € 135.526 € 0 € Tab. 15.3: Berechnung des Nutzungsrechts und der Leasingverbindlichkeit im Rahmen der Neubewertung des bestehenden Leasingverhältnisses 15.4 Bilanzierung beim Leasinggeber nach IFRS 16 Leasinggeber sind Unternehmen, die ihren Kunden (Leasingnehmer) Vermögenswerte zur Nutzung über einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen. 283 Beim Leasinggeber wird zwischen Finanzierungsleasing und Operating-Leasing unterschieden, was eine Klassifizierung notwendig macht. Finanzierungsleasing liegt vor, wenn im Wesentlichen alle Risiken und Chancen, die mit dem Eigentum am Leasinggegenstand verbunden sind, auf den Leasingnehmer übertragen werden. Verbleiben die Chancen und Risiken hingegen beim Leasinggeber, liegt ein Operating-Leasing-Verhältnis vor. Beim Operating-Leasing, das ein klassisches Mietverhältnis darstellt, aktiviert der Leasinggeber den Leasinggegenstand und keine Forderung. 284 Beim Finanzierungsleasing werden „im Wesentlichen alle mit dem Eigentum verbundenen Risiken und Chancen aus einem Vermögenswert auf den Leasingnehmer übertragen.“ 285 Der Leasingnehmer wird wirtschaftlicher Eigentümer. Beim Finanzierungsleasing bilanziert der Leasinggeber zu Beginn der Laufzeit nicht den Leasinggegenstand, sondern eine Forderung in Höhe des Nettoinvestitionswertes, der sich aus dem Barwert der zu leistenden Leasingzahlungen zuzüglich des Barwertes eines nicht garantierten Restwertes zusammensetzt. Zur Bewertung verwendet der Leasinggeber den dem Leasingverhältnis zugrundeliegenden Zinssatz. Beim Operating-Leasing verbleiben die Chancen und Risiken beim Leasinggeber. Entscheidend für die Klassifizierung von Leasingverhältnissen ist, wem nach den vertraglichen Vereinbarungen 283 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 58. 284 Vgl. Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 74. 285 Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 58. <?page no="228"?> 228 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 alle Chancen und Risiken zuzurechnen sind. Entscheidend ist dabei das Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse und nicht die formale Gestaltung und Bezeichnung des Vertrages oder die zivilrechtliche Einordnung. Beispielhaft können folgende Chancen und Risiken genannt werden: Chancen - Ertragreichere Nutzung des Leasinggegenstandes - Ertragssteigerung gegenüber der ursprünglichen Planung - Wertsteigerung des Leasinggegenstandes - Gewinn im Rahmen des Restwertes Risiken - Verluste durch Leerstand oder ungenutzte Kapazitäten (Ausfall des Gegenstandes) - Ertragsminderung gegenüber der ursprünglichen Planung - Wertverlust des Leasinggegenstandes - Verlust im Rahmen des Restwertes Finanzierungsleasing beim Leasinggeber Anfängliche direkte Kosten, die dem Leasinggeber in unmittelbarem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen oder mit dem Vertragsabschluss entstehen, werden in die erstmalige Bewertung der Nettoinvestition einbezogen und mindern die über die Laufzeit des Leasingverhältnisses erfassten Erträge. Der dem Nettoinvestitionswert zugrundeliegende Zinssatz wird so berechnet, dass die anfänglichen direkten Kosten automatisch bereits im Nettoinvestitionswert enthalten sind und daher nicht gesondert hinzugerechnet werden müssen. 286 Die folgende Tabelle veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Nettoinvestitionswert und Bruttoinvestitionswert. Der Nettoinvestitionswert wird wie folgt ermittelt: Leasingzahlungen (inklusive garantiertem Restwert) + geschätzter nicht garantierter Restwert = Bruttoinvestitionswert in das Leasingverhältnis noch nicht realisierte Zinserträge = Nettoinvestition in das Leasingverhältnis Tab. 15.4: Ermittlung des Nettoinvestitionswerts 287 Der Nettoinvestitionswert ergibt sich aus dem Barwert des Bruttoinvestitionswertes. Für die Diskontierung wird der dem Leasingverhältnis zugrundeliegende Zinssatz verwendet. 288 Der Leasinggeber bilanziert eine Leasingforderung in Höhe des Nettoinvestitionswerts. Der Buchungssatz zu Beginn des Leasingverhältnisses lautet: Leasingforderung an Vermögenswert Der Buchungssatz der Folgebewertung mit Aufteilung der Leasingzahlungen lautet wie folgt: 286 Vergleich IFRS 16.69. 287 Vgl. Lüdenbach, N., Hoffmann, W.-D., Freiberg, J.: Haufe IFRS-Kommentar, 2024, S. 892. 288 Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 749. <?page no="229"?> 15.5 Bilanzierung von Finanzierungsleasing beim Leasinggeber 229 Bank an an Leasingforderung Zinserträge Operating-Leasing beim Leasinggeber Ein Operating-Leasing-Verhältnis liegt vor, wenn „im Wesentlichen alle Risiken und Chancen, die mit dem Eigentum verbunden sind, beim Leasinggeber verbleiben. 289 Bei einem Operating-Leasing-Verhältnis erfolgt die Bilanzierung des Leasinggegenstandes beim Leasinggeber als dem zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümer. Die Bewertung des Leasinggegenstandes hat zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen. Die vereinbarten Zahlungen der Leasingraten sind grundsätzlich in linearer Form zu erfassen. 290 Bei der Bilanzierung von Operating-Leasing-Verhältnissen ist Folgendes zu beachten: Der Leasinggegenstand wird zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert und in der Bilanz als langfristiges Vermögen (Anlagevermögen) ausgewiesen. Anfängliche direkte Kosten, sofern welche vorhanden, werden zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder zum Buchwert hinzugerechnet. Leasinggegenstände werden über die wirtschaftliche Nutzungsdauer auf den Restwert abgeschrieben. Der Restwert entspricht dem kalkulierten Restwert des Leasinggebers. Erträge werden linear über die Vertragslaufzeit (unabhängig von vertraglichen Regelungen) verteilt. Impairment-Tests sind gemäß IAS 36 durchzuführen. 15.5 Bilanzierung von Finanzierungsleasing beim Leasinggeber Finanzierungsleasing ist ein Leasingverhältnis, bei dem im Wesentlichen alle Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum am Leasingobjekt (LO) verbunden sind, auf den Leasingnehmer übertragen werden (IFRS 16 Anhang A). Beim Finanzierungsleasing hat der Leasinggeber den Leasinggegenstand auszubuchen und eine Forderung anzusetzen. Indikatoren für Finanzierungsleasing - Vertragsmäßiger Eigentumsübergang (IFRS 16.63a) : Besteht eine Vereinbarung über den Übergang des (rechtlichen) Eigentums auf den Leasingnehmer am Ende der Grundmietzeit (transfer of ownership test) ? - Günstige Kaufoption (IFRS 16.63b): Enthält der Leasingvertrag eine günstige Kaufoption (bargain purchase option test) , deren Ausübung hinreichend sicher ist? - Laufzeittest (IFRS 16.63c) : Entspricht die Vertragslaufzeit dem überwiegenden Teil (major part) der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (economic life test) des Leasinggegenstandes? Der Standard definiert den „überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer“ nicht zahlenmäßig, sondern orientiert sich in der Praxis an der 75%-Grenze der US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP). Beträgt die Laufzeit des Leasingverhältnisses 75 % oder mehr der wirtschaftlichen Nutzungsdauer, ist von einem Finanzierungsleasing auszugehen. Da diese Grenze jedoch nicht im Standard selbst enthalten ist, sollte sie nicht als klare 289 Schnabl, G. et al: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 59. 290 Vgl. Freidank, C.-C. u. Meuthen, M. H.: Rechnungslegung und Rechnungslegungspolitik, 2023, S. 12. <?page no="230"?> 230 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 Trennlinie betrachtet werden, sondern vielmehr als Anhaltspunkt, der zusammen mit anderen relevanten Faktoren zu betrachten ist. 291 Abb. 15.2: Bestimmung der Laufzeit für den Laufzeittest - Barwerttest (IFRS 16.63d): Entspricht der Barwert der Mindestleasingzahlungen im Wesentlichen dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes (recovery of investment test) ? Abb. 15.3: Ermittlung der Mindestleasingzahlungen - Spezialleasing (IFRS 16.63e): Ist der Leasinggegenstand so beschaffen, dass er ohne wesentliche Veränderungen nur vom Leasingnehmer genutzt werden kann (nature of leased asset test) ? Ergänzende Kriterien für Finanzierungsleasing (IFRS 16.64) beim Leasinggeber: - Verlustübernahme bei Kündigung: Ist der Leasingnehmer verpflichtet, den Leasinggeber bei vorzeitiger Beendigung zu entschädigen? - Chancen und Risiken aus Restwertschwankungen : Fallen dem Leasingnehmer die Chancen und Risiken der Wertänderungen des Restwertes des Leasingobjekts zu? - Günstige Mietverlängerungsoption: Hat der Leasingnehmer die Möglichkeit, das Leasingverhältnis nach Ablauf der Vertragslaufzeit für eine zweite Mietzeit zu einer günstigen Anschlussmiete fortzusetzen? 291 Vgl. Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 65 f. <?page no="231"?> 15.5 Bilanzierung von Finanzierungsleasing beim Leasinggeber 231 Fallbeispiel: Finanzierungsleasing Die IMTB AG verleast ab dem 01.01.01 einen Standard-Bestückungsroboter. Die Anschaffungskosten betragen 693,021 T€. Die Laufzeit des Leasingverhältnisses beträgt vier Jahre bei einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren. Die jährlichen nachschüssigen Leasingraten betragen 200 T€. Es wurde weder eine Kaufoption am Ende der Vertragslaufzeit noch ein automatischer Eigentumsübergang auf den Leasingnehmer am Ende der Vertragslaufzeit vereinbart. Bei dem Bestückungsroboter handelt es sich um ein Standardmodell. Der Grenzfremdkapitalzinssatz beträgt 6,0 % p. a. Im Folgenden wird beurteilt, ob ein Finanzierungsleasing nach IFRS 16 vorliegt: Existiert eine Kaufoption? Nein Gibt es einen automatischer Eigentumsübergang am Ende der Vertragslaufzeit? Nein Laufzeittest: Die Laufzeit des Leasingverhältnisses (4 Jahre) entspricht 4/ 5 der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Bestückungsroboters (5 Jahre). Somit fällt der überwiegende Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Vermögenswertes in die Laufzeit des Leasingverhältnisses. Damit ist das Kriterium des Finanzierungsleasings erfüllt. Barwerttest: Ermittlung des Barwertes mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors: Barwert = 200.00 € x 1,06 4 − 1 1,06 4 × 0,06 = 693.021,12 € Andere Möglichkeit zur Berechnung des Barwertes: Berechnung Barwerte 1. Rate 31.12.01 200.000 € : 1,06 1 188.679,25 € 2. Rate 31.12.02 200.000 € : 1,06 2 177.999,29 € 3. Rate 31.12.03 200.000 € : 1,06 3 167.923,85 € 4. Rate 31.12.04 200.000 € : 1,06 4 158.418,73 € Barwert zum 31.12.01 insgesamt: 693.021,12 € Da der Barwert dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes entspricht, ist das Kriterium des Finanzierungsleasings erfüllt. Es liegt kein Spezialleasing vor, da es sich um ein Standardmodell handelt. Da der Barwerttest und der Laufzeittest die Kriterien des Finanzierungsleasings erfüllen, handelt es sich um Finanzierungsleasing, d. h. der Leasinggeber bilanziert den Verkauf des Leasinggegenstandes und aktiviert eine Leasingforderung in Höhe des Nettoinvestitionswertes, d. h. mit dem Barwert der Mindestleasingzahlungen. 292 Die IMTB AG als Leasinggeber verteilt die jährlichen Leasingraten bei einem Finanzierungsleasing unter Anwendung der Effektivzinsmethode wie folgt: Jahr Leasingrate Finanzerträ ge Tilgungsanteil Leasingforderung 01.01.01 693.021,12 € 31.12.01 200.000 € 41.581,27 € (693.021,12 x 0,06) 158.418,73 € 534.602,39 € 31.12.02 200.000 € 32.076,14 € (534.602,39 x 0,06) 167.923,86 € 366.678,53 € 292 In Anlehnung an: Grünberger, D.: IFRS 2024, 2024, S. 77. <?page no="232"?> 232 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 31.12.03 200.000 € 22.000,71 € (366.67,53 x 0,06) 177.999,29 € 188.679,24 € 31.12.04 200.000 € 11.320,76 € (188.679,24 x 0,06) 188.679,24 € 0,00 € gesamt 800.000 € 106.978,88 € 693.021,12 € Buchungen am 01.01.01 beim Leasinggeber: Leasingforderung 693.021,12 € an Bestückungsroboter 693.021,12 € Buchungen am 31.12.01 beim Leasinggeber: Bank 200.000,00 € an Leasingforderung 158.418,73 € an Zinserträge 41.581,73 € Buchungen am 31.12.02 beim Leasinggeber: Bank 200.000,00 € an Leasingforderung 167.923,86 € an Zinserträge 32.076,14 € Buchungen am 31.12.03 beim Leasinggeber: Bank 200.000,00 € an Leasingforderung 177.999,29 € an Zinserträge 22.000,71 € Buchungen am 31.12.04 beim Leasinggeber: Bank 200.000,00 € an Leasingforderung 188.679,24 € an Zinserträge 11.320,76 € 15.6 Bilanzierung von Operating-Leasing-Verhältnissen beim Leasinggeber Ein Operating-Leasing-Verhältnis liegt vor, wenn nicht im Wesentlichen alle mit dem Eigentum verbundenen Risiken und Chancen eines zugrundeliegenden Vermögenswertes übertragen werden (gemäß IFRS 16 Anhang A). Im Gegensatz zum Finanzierungsleasing, das wirtschaftlich gesehen einem Kauf auf Ziel entspricht, stellt ein Operating-Leasing-Verhältnis lediglich eine Gebrauchsüberlassung (reines Mietverhältnis) dar. Der Leasinggeber bleibt wirtschaftlicher und rechtlicher Eigentümer des Leasinggegenstandes. 293 Bei einem Operating-Leasing-Verhältnis ist der Leasinggegenstand im langfristigen Vermögen des Leasinggebers auszuweisen und über die Nutzungsdauer planmäßig abzuschreiben. Die erhaltenen Leasingraten werden beim Leasinggeber als Ertrag erfasst. Im Rahmen der Folgebewertung wird der Vermögenswert über die Nutzungsdauer auf den Restwert abgeschrieben, wobei sich die Abschreibung nach den Regelungen des IAS 16 bzw. IAS 38 richtet. 294 Die Leasingzahlungen an den Leasinggeber werden als Ertrag erfasst, d. h. sie werden in der Gewinn- und Verlustrechnung als Umsatzerlöse ausgewiesen. Der Ertrag wird periodengerecht ab- 293 Vgl. Schnabl, G. et al.: IFRS 16 zur Leasingbilanzierung, 2017, S. 78. 294 Vgl. ebd., S. 79. <?page no="233"?> 15.7 Sale-and-Leaseback-Transaktionen 233 gegrenzt. Der Ertrag wird anhand der Periodenabgrenzung verteilt. In der Regel werden die Leasingerträge analog zur wirtschaftlichen Abnutzung des Leasinggegenstandes erfasst. Bei linearer Abschreibung bedeutet dies, dass die Leasingerträge linear verteilt werden, es sei denn eine andere Verteilung entspricht eher dem Verlauf des Nutzens. Wird ein Leasinggegenstand linear abgeschrieben, die Leasingraten aber im ersten Jahr höher und in den Folgejahren niedriger vereinbart, so hat der Leasinggeber einen Teil der im ersten Jahr erhaltenen Leasingraten passivisch abzugrenzen. Die daraus resultierende Verbindlichkeit ist in den Folgejahren erfolgswirksam aufzulösen. 295 Die anfänglichen direkten Kosten, die dem Buchwert zu Beginn des Leasingverhältnisses hinzugerechnet werden, werden über die Laufzeit des Leasingverhältnisses erfolgswirksam abgeschrieben und periodisch als Aufwand erfasst. Sonstige Kosten, die während der Laufzeit des Leasingverhältnisses anfallen, werden direkt als Aufwand erfasst. 296 15.7 Sale-and-Leaseback-Transaktionen Sale-and-Leaseback-Transaktionen werden häufig zur Generierung von liquiden Mitteln eingesetzt. 297 Sie stellen eine Kombination aus Kaufvertrag und Leasingvertrag dar. Zu Beginn findet ein Verkauf, d. h. ein Wechsel des rechtlichen Eigentums, gefolgt von einem Leasingverhältnis über denselben Vermögenswert. 298 Zunächst wird nach IFRS 16.99 geprüft, ob es sich bei der Transaktion um einen Verkauf im Sinne von IFRS 15 handelt. Hierbei wird untersucht, ob ein Übergang der Kontrolle des zugrundeliegenden Vermögenswertes stattfindet. Wenn der Leasinggeber, d. h. der Käufer, die Nutzung bestimmen und Nutzen ziehen kann, liegt ein Verkauf nach IFRS 15 vor. Der Leasingnehmer ist der ursprüngliche rechtliche Eigentümer, der die Nutzungs- und Verfügungsrechte durch das „Leaseback“ behält. Der neue rechtliche Eigentümer ist der Leasinggeber, der den Vermögenswert zunächst kauft und anschließend verleast. 299 Bilanzierung Liegt ein Verkauf nach IFRS 15 vor, bilanziert der Verkäufer das Nutzungsrecht (RoU-Asset) in Höhe des anteiligen Buchwerts des Vermögenswerts nach IFRS 16.100(b) Standards zum Kauf von (Anlage-)Vermögenswerten . Liegt kein Verkauf nach IFRS 15 vor, darf der Vermögenswert nicht aktiviert werden. 300 Handelt es sich bei dem Leasingverhältnis um ein Finanzierungsleasing, wird der Überschuss der Verkaufserlöse über den Buchwert abgegrenzt und über die Laufzeit des Leasingverhältnisses erfolgswirksam verteilt. Er darf nicht als Ertrag erfasst werden. Im Falle eines Operating-Leasing- Verhältnisses gibt es drei Varianten: Entspricht der Verkaufspreis dem beizulegenden Zeitwert, ist der Gewinn/ Verlust sofort zu erfassen. Ist der Preis geringer als der beizulegende Zeitwert, ist der Gewinn/ Verlust ebenfalls sofort zu 295 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 754. 296 Vgl. ebd., S. 755. 297 Vgl. Gruber, T., Hartmann-Wendels, T.: Leasing-Bilanzierung nach IFRS 16 ein guter Kompromiss, 2016, S. 51. 298 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2017, S. 796. 299 Vgl. Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 761. 300 Vgl. Bauer, C. u. Gallert, T. H.: Die neue Leasingbilanzierung nach IFRS 16: Wesentliche Änderungen und Herausforderungen in der Praxis, 2016, S. 327. <?page no="234"?> 234 Schritt 15: Leasingverhältnisse nach IFRS 16 erfassen, es sei denn, der Verlust wird durch künftige Zahlungen ausgeglichen. In diesem Fall wird der Verlust abgegrenzt und über die Nutzungsdauer erfolgswirksam verteilt. Liegt der Kaufpreis über dem beizulegenden Zeitwert, ist der Unterschiedsbetrag abzugrenzen und über die Nutzungsdauer erfolgswirksam zu verteilen. 301 Beispielhafte Buchungssätze der Sale-and-Leaseback-Transaktion: Verkauf Maschine (Wert: Verkaufspreis) an Bank Finanzierungsleasing Leasingforderung (Wert: Nettoinvestitionswert) an Maschine Das Ziel des Verkäufers einer Sale-and-Leaseback-Transaktion ist die Verkürzung der Bilanzsumme. Wenn er jedoch aufgrund der On-Balance-Bilanzierung die Leasingverbindlichkeit und das Nutzungsrecht bilanzieren muss, wird sich die Bilanzsumme des Verkäufers letztlich kaum verringern. 302 Beispiel: Sale-and-Leaseback-Transaktionen 303 Die Leasinggesellschaft A kauft vom Unternehmen B eine Maschine und überlässt diese dem Unternehmen B zur Nutzung im Rahmen eines Leasingvertrags. Der Vertrag enthält folgende Angaben: - Vertragslaufzeit: 8 Jahre - Buchwert bei Vertragsbeginn: 800 T€ beizulegender Zeitwert = Veräußerungspreis: 1.000 T€ - Barwert der Leasingzahlungen: 700 T€ - Leasingzahlung pro Jahr: 180 T€ - Zinssatz: 8 % - Restwert bei Vertragsende: 500 T€ Eine Rückkaufoption ist vertraglich nicht vereinbart, so dass dem Leasinggeber A die Verfügungsmacht über den Vermögenswert zugerechnet werden kann. Es liegt ein Verkauf nach IFRS 15 vor. Der Anteil des Barwerts der Leasingzahlungen am beizulegenden Zeitwert beträgt 70 % (700 T€ : 1.000 T€). Der Barwerttest fällt somit bei Anwendung der 90 %-Regel nach US-GAAP negativ aus, weshalb es sich um ein Operating-Leasing-Verhältnis handeln könnte. Dies ist jedoch anhand weiterer Kriterien zu prüfen. Der Leasinggeber bilanziert zunächst den Kauf der Maschine. Buchungssatz: Maschine 1.000 T€ an Bank 1.000 T€ 301 Vgl. Europäische Union: Verordnung (EG) Nr. 1126/ 2008 DER KOMMISSION vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/ 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, 2008, S. 91. 302 Vgl. Henneberger, M.; Benner, M.: Zusammenspiel und Abgrenzung von IFRS 16 und IFRS 15 aus Sicht des Leasing-Gebers. Vielfältige Schnittstellen, 2016, S. 257. 303 In Anlehnung an Beispiel 19.21 ff. aus Pellens, B. et al.: Internationale Rechnungslegung, 2021, S. 762 ff. <?page no="235"?> 15.7 Sale-and-Leaseback-Transaktionen 235 Handelt es sich um ein Finanzierungsleasingverhältnis, setzt der Leasinggeber eine Forderung in Höhe des Nettoinvestitionswertes an und bucht die Maschine aus. Leasingforderung 1.000 T€ an Maschine 1.000 T€ Handelt es sich um ein Operating-Leasing-Verhältnis, aktiviert er weiterhin die Maschine und erfasst die Leasingzahlungen gemäß IFRS 16.81. Modifikation des Beispiels beizulegender Zeitwert: 900 T€ - Veräußerungspreis: 1.000 T€ Es liegt ein Verkauf nach IFRS 15 vor. Der Leasinggeber setzt zusätzlich eine Forderung an, die Maschine wird in Höhe des beizulegenden Zeitwerts bilanziert. Buchungssatz: Maschine 900 T€ Forderung 100 T€ an Bank 1.000 T€ Handelt es sich um ein Finanzierungsleasingverhältnis, setzt er zusätzlich eine Forderung in Höhe des Nettoinvestitionswertes an und bucht die Maschine aus. Buchungssatz: Leasingforderung 900 T€ an Maschine 900 T€ Handelt es sich um ein Operating-Leasing-Verhältnis, erfasst der Leasinggeber die Leasingzahlungen als Ertrag. Zweite Modifikation des Beispiels Es liegt kein Verkauf im Sinne des IFRS 15 vor. Der Leasinggeber erfasst die Leasingforderung zum Veräußerungspreis. Buchungssatz: Leasingforderung 1.000 T€ an Bank 1.000 T€ <?page no="237"?> Literaturverzeichnis adidas AG. (2024): Geschäftsbericht, 2023. Abgerufen am 15. April von https: / / report.adidas-group. com/ 2023/ de/ _assets/ downloads/ annual-report-adidas-gb23.pdf Antonakopoulos, N.: (2024): Entwurf zu Änderungen bei der Goodwill-Bilanzierung - Exposure Draft: Business Combinations - Disclosures, Goodwill and Impairment, S. 309-314. 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Zimmermann, J., Werner, J. R., Hitz, J.-M. (2020): Buchführung und Bilanzierung nach IFRS und HGB. Eine Einführung mit praxisnahen Fällen, 4. Aufl., Hallbergmoos. Zimmermann, J., Werner, J. R., Hitz, J.-M. (2025): Buchführung und Bilanzierung nach IFRS und HGB. Eine Einführung mit praxisnahen Fällen, 5. Aufl., München. Zülch, H. & Hendler, M. (2017): Bilanzierung nach International Financial Reporting Standards (IFRS), 2. Aufl., Weinheim. Zwirner, C. & Boecker, C. (2024): IFRS 18 - Darstellung und Angaben im Abschluss, S. 297-300. In: IRZ Zeitschrift für internationale Rechnungslegung, 19. Jahrgang, Heft 7/ 8 2024. <?page no="242"?> Jörg Wöltje IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt Lehrbuch IFRS-Rechnungslegung Schritt für Schritt Wöltje Dieses Lehrbuch führt Schritt für Schritt und leicht verständlich in die IFRS-Rechnungslegung ein. Das Themenspektrum umfasst die Grundprinzipien und den Aufbau der IFRS-Rechnungslegung, die Bestandteile von IFRS-Abschlüssen sowie die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze. Danach spannt sich der Bogen von den verschiedenen Bewertungsmaßstäben über Einzelthemen wie z. B. latente Steuern und der Erlösrealisation aus Verträgen mit Kund: innen bis zur Bewertung von Finanzinstrumenten und zu Leasingverhältnissen. Zahlreiche Übersichten, Merksätze, Zusammenfassungen und Aufgaben erleichtern das Verständnis. Kurzum: der ideale Einstieg in die Welt des Jahresabschlusses. Das Buch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre an Hochschulen und Universitäten. utb+ Das Lehrwerk mit dem digitalen Plus Betriebswirtschaftslehre ISBN 978-3-8252-6364-5 Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel 2025-03-25-6364-5_Woeltje_XL_PLUS_6364_PRINT.indd Alle Seiten 2025-03-25-6364-5_Woeltje_XL_PLUS_6364_PRINT.indd Alle Seiten 25.03.25 13: 07 25.03.25 13: 07
