Controlling
0217
2025
978-3-8385-8781-3
978-3-8252-8781-8
UTB
Birgit Friedl
Franz Xaver Bea
Steffen Scheurer
10.36198/9783838587813
Das Controlling ist Dreh- und Angelpunkt differenzierter und dezentraler Planungen und Entscheidungen in Unternehmen. Birgit Friedl hat mit diesem Lehrwerk eine umfassende und verständliche Basis für eine gezielte Prüfungsvorbereitung geschaffen. Durch die Zweiteilung des Stoffes in Grundlagen einerseits und Aufgaben und Instrumente andererseits können sich Dozenten und Studierende gezielt mit den für sich relevanten Teilbereichen befassen.
<?page no="0"?> Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. Das Controlling ist Dreh- und Angelpunkt differenzierter und dezentraler Planungen und Entscheidungen in Unternehmen. Birgit Friedl hat mit diesem Lehrwerk eine umfassende und verständliche Basis für eine gezielte Prüfungsvorbereitung geschaffen. Durch die Zweiteilung des Stoffes in Grundlagen einerseits und Aufgaben und Instrumente andererseits können sich Dozierende und Studierende gezielt mit den für sie relevanten Teilbereichen befassen. Das Controlling ist ein noch junges Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre, das sich sehr rasch entwickelt. Ziel dieses Buches ist es nicht, einen Überblick über alle Entwicklungen zu geben. Es handelt sich vielmehr um eine Einführung, die sich an Studierende und alle Interessierten richtet, die sich-beruflich mit Fragen des Controlling beschäftigen. Betriebswirtschaftslehre utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem T itel ISBN 978-3-8252-8781-8 Controlling 3. A. Friedl Birgit Friedl Controlling 3. Auflage 2025-01-10_8781-8_Friedl_Lgeb_8528_PRINT.indd 1-3 2025-01-10_8781-8_Friedl_Lgeb_8528_PRINT.indd 1-3 10.01.25 14: 14 10.01.25 14: 14 <?page no="1"?> utb 8528 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Brill | Schöningh - Fink · Paderborn Brill | Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen - Böhlau · Wien · Köln Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Narr Francke Attempto Verlag - expert verlag · Tübingen Psychiatrie Verlag · Köln Ernst Reinhardt Verlag · München transcript Verlag · Bielefeld Verlag Eugen Ulmer · Stuttgart UVK Verlag · München Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld Wochenschau Verlag · Frankfurt am Main UTB (L) Impressum_03_22.indd 1 UTB (L) Impressum_03_22.indd 1 23.03.2022 10: 19: 58 23.03.2022 10: 19: 58 <?page no="2"?> Aus der Reihe Unternehmensführung Herausgegeben von Franz Xaver Bea Steffen Scheurer Prof. Dr. Birgit Friedl lehrt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel <?page no="3"?> Birgit Friedl Controlling 3., vollständig neu bearbeitete Auflage UVK Verlag · München <?page no="4"?> Umschlagabbildung: © iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 3., vollständig neu bearbeitete Auflage 2025 2., vollständig neu bearbeitete Auflage 2013 1. Auflage 2003 DOI: https: / / doi.org/ 10.36198/ 9783838587813 © UVK Verlag 2025 - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption ⅼ gestaltung Druck: Elanders Waiblingen GmbH utb-Nr. 8528 ISBN 978-3-8252-8781-8 (Print) ISBN 978-3-8385-8781-3 (ePDF) ISBN 978-3-8463-8781-8 (ePub) <?page no="5"?> Vorwort zur 3. Auflage Das Vorwort der ersten Auflage dieses Lehrbuchs beginnt mit der Frage „Controlling ‒ was ist das eigentlich? “ Die Antwort auf diese Frage ist auch heute noch nicht abschließend geklärt. Das Controlling wird nach wie vor sehr unterschiedlich ausgelegt, einerseits als eine Managementunterstützungsfunktion, andererseits als eine eigene Managementfunktion und gelegentlich auch als eine Kombination aus beiden Funktionen. Die Managementunterstützungsfunktion reicht dabei von der Versorgung der Führungskräfte mit relevanten Informationen über die Koordination einzelner oder aller Führungsteilsysteme bis zur Sicherung der Rationalität der Führung. Die Konzeptionen des Controlling zu diesen Auffassungen werden im Kapitel 2 dieses Lehrbuchs vergleichend analysiert. Das Controlling, das durch die verschiedenen Konzeptionen als Gebiet der Betriebswirtschaftslehre abgegrenzt wird, ist eine Entwicklung im deutschsprachigen Raum. In der internationalen Literatur findet sich keine betriebswirtschaftliche Disziplin, die mit „Controlling“ überschrieben ist. In englischsprachigen Lehrbüchern zum Management wird die Kontrolle als letzte Phase im Managementprozess gelegentlich als „Controlling“ bezeichnet. In Beiträgen zum Management Control wird jedoch zunehmend auf die Funktion eines „Controllers“ eingegangen, wie z. B. bei Anthony u. a. ((2014), S. 205): „We shall refer to the person who is responsible for designing and operating the management control system as the controller.“ Danach ist die Unterstützung des Managements bei der Koordination seiner Entscheidungen die spezifische Problemstellung des Controlling. Es bearbeitet diese Problemstellung durch das Bereitstellen, Betreiben und Sichern von Koordinationssystemen sowie das Sichern der Informationsversorgung des Managements. Dieser Konzeption für das Controlling folgt dieses Lehrbuch seit seiner ersten Auflage. Die vorliegende dritte Auflage ist vollständig überarbeitet worden. Die zugrunde liegende Konzeption ist inhaltlich präzisiert und die Verbindung zum Management Control ist deutlicher herausgearbeitet worden. Das Kapitel zur Informationsversorgungsfunktion ist um einen Schwerpunkt zur Bedeutung der Digitalisierung für das Controlling erweitert worden. In das Kapitel zur Koordination durch Zielvorgaben sind Ansätze zur Performance-Messung und -Bewertung integriert worden. Im ersten Teil des Lehrbuchs werden zunächst die Form und der Inhalt der Unterstützung des Managements durch das Controlling betrachtet. Dazu werden die Entscheidungsfindung als übergreifende Managementfunktion eingeordnet und die Notwendigkeit der Entscheidungskoordination erläutert. In den Kapiteln 3 und 4 wird darauf eingegangen, wie das Controlling seine Koordinations- und seine Informationsversorgungsfunktion erfüllt. Zur Unterstützung des Managements werden durch das Controlling Koordinationssysteme bereitgestellt, betrieben und gesichert. Den Gegenstand des zweiten Teils dieses Lehrbuchs bilden deshalb die Koordinationssysteme zur vertikalen und horizontalen Koordination der Entscheidungen des Managements. Beantwortet werden soll die Frage, wie diese Systeme zu gestalten sind, damit das Controlling über die Koordination der Entscheidungen zur Erreichung der kurz- und langfristigen Unternehmungsziele beitragen kann. Im Kapitel 5 werden die <?page no="6"?> 6 Vorworte Aufgaben des Controlling nochmals aufgegriffen, um sie am Beispiel der Koordination durch Pläne näher zu erläutern. Bei der Arbeit an der Neuauflage habe ich von vielen Seiten wertvolle Unterstützung erfahren. Danken möchte ich meinen Mitarbeitern und vor allem meinen Studierenden für kritische Hinweise, Fragen und Diskussionen zu allen Teilbereichen des Controlling. Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Hille Rowehl, die mir durch ihre Unterstützung bei der Organisation der Lehre und allen Verwaltungsfragen die zeitlichen Freiräume für die Arbeit an diesem Buch verschafft hat. Kiel, Oktober 2024 Birgit Friedl Vorwort zur 2. Auflage Die vorliegende zweite Auflage des Lehrbuchs wurde vollständig überarbeitet, wobei das grundlegende Konzept beibehalten wurde. Ein Ziel der Überarbeitung war die Anpassung an die veränderten Inhalte der Lehrveranstaltungen zum Controlling für die Bachelor- und Masterstudiengänge. Weiterhin sind in alle Kapitel eine Vielzahl kleinerer Ergänzungen und Änderungen eingefügt sowie Fehler korrigiert worden. In die Überarbeitung sind die Erfahrungen eingeflossen, die ich in den vergangenen Jahren in Lehrveranstaltungen und im Rahmen der Betreuung von Studierenden bei ihren Seminar- und Abschlussarbeiten gesammelt habe. Ich hoffe sehr, dass die veränderte Darstellung den Studierenden die Erarbeitung der Lehrinhalte der Vorlesungen zum Controlling ein wenig erleichtert. Danken möchte ich deshalb allen Studierenden, die mir in den vergangenen Jahren Fragen zum Controlling gestellt haben. Diese Fragen haben mir gezeigt, in welchen Abschnitten des Buches Klarstellungen eingefügt werden müssen. Bei der Arbeit an dieser zweiten Auflage bin ich von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr engagiert unterstützt worden. Bedanken möchte ich mich bei Frau Hille Rowehl, die mir durch ihre tatkräftige Unterstützung die zeitlichen Freiräume verschafft hat, und bei meinen wissenschaftlichen Hilfskräften, Frau Janina Beißner, Herrn Martin Krebs, Herrn Gerald Schulz und Frau Lisa Triebel, für ihren sehr engagierten Einsatz bei der Erstellung der Druckvorlage. Vorwort zur 1. Auflage Controlling ‒ was ist das eigentlich? Diese Frage wird regelmäßig gestellt, wenn ein Gespräch dieses Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre auch nur streift. Die Zahl der Definitionen des Controlling-Begriffes ist hoch. In der Literatur finden sich mehrere Zusammenstellungen von Definitionen. Die Wiedergabe einer dieser Definitionen löst aber in der Regel nicht das Problem des Fragestellers. Auch wenn Definitionen vorgestellt und alternative Auffassungen zum Controlling diskutiert werden, wird in dem vorliegenden Buch ein grundsätzlich anderer Weg zur Beantwortung dieser Frage beschritten. Ausgangspunkt der Überlegungen ist nicht die Abgrenzung eines Controlling-Begriffes oder eine Auflistung von Merkmalen oder Aufgaben des Controlling, sondern die Erörterung der spezifischen Problemstellung dieses Gebietes. Für Probleme gibt es in <?page no="7"?> Vorworte 7 der Regel mehrere Lösungsmöglichkeiten. Für das Problem, zwei Bleche zu verbinden, bieten sich als Lösungen das Punktschweißen, das Kleben, das Nieten, das Lichtbogenschweißen, das Schrauben und das Hartlöten an. Nach der Abgrenzung der spezifischen Problemstellung des Controlling wird deshalb in einem zweiten Schritt ein Lösungsansatz ausgewählt. Aus diesem Lösungsansatz folgen die Aufgaben, die das Controlling wahrzunehmen hat, und die Instrumente, die es dabei einsetzen kann. Wird dieser Weg beschritten, kann die eingangs gestellte Frage wie folgt beantwortet werden: Die spezifische Problemstellung des Controlling ist die Koordination differenzierter oder dezentralisierter Entscheidungen. Dieses Problem löst das Controlling durch die Umsetzung und den Einsatz von Koordinationskonzepten sowie die Sicherstellung der Informationsversorgung der Unternehmungsführung. Doch auch diese Kennzeichnung ist keine erschöpfende Antwort auf die Frage nach dem Gegenstand des Controlling. Offen bleibt, wodurch ein Koordinationsbedarf überhaupt begründet wird, welche Konzepte zur Koordination differenzierter und dezentralisierter Entscheidungen zur Verfügung stehen, wie die Koordinationskonzepte wirken und wie sie zu gestalten sind, damit sich ihre koordinierenden Wirkungen entfalten können. Antworten auf diese Fragen finden sich in dem vorgelegten Band. Er ist in zwei Teile gegliedert: Im ersten werden die spezifische Problemstellung des Controlling und der Lösungsansatz dargestellt sowie Interdependenzen als Ursache eines Koordinationsbedarfs ausführlich erläutert. Im zweiten Teil werden mit Maßnahmenplänen, Budgets, Zielvorgaben und Lenkpreisen sowie Anreizsystemen die bekannten Konzepte zur Entscheidungskoordination betrachtet. Das Controlling ist ein noch junges Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre, das sich sehr rasch entwickelt. Ziel dieses Buches ist es nicht, einen Überblick über alle Entwicklungen zu geben. Es handelt sich vielmehr um eine Einführung, die sich an Studierende und alle Interessierten richtet, die sich beruflich mit Fragen des Controlling beschäftigen. Allen, die bei der Arbeit an diesem Buch mitgewirkt haben, möchte ich an dieser Stelle danken. Die Hilfskräfte am Lehrstuhl haben mich durch die Bereitstellung der Literatur sowie das Nachrechnen der Beispiele unterstützt. Meine Mitarbeiterin Frau Regina Schulz-Giese hat das Manuskript mit der ihr eigenen Sorgfalt korrekturgelesen und viele der zahlreichen Abbildungen erstellt. Sie hat die Entstehung dieses Buches mit großem Engagement und in den kritischen Phasen auch mit sehr viel Einfühlungsvermögen begleitet. Ihr gilt mein besonderer Dank. <?page no="9"?> Inhaltsübersicht Vorworte......................................................................................................................................... 5 Teil 1: Gegenstand des Controlling.................................................................................19 1 Management als Grundlage des Controlling................................................................. 21 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen ............................................... 79 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling ..........................................111 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling ............................................147 Teil 2: Ausgestaltung der Koordinationssysteme .................................................. 203 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne........................................205 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets ...................................255 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele ...........................................299 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben ..............................................377 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen ..............................................................415 Literaturverzeichnis ...................................................................................................................441 Glossar .................................................................................................................................................461 Stichwortverzeichnis...............................................................................................................481 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis Vorworte......................................................................................................................................... 5 Teil 1: Gegenstand des Controlling ......................................................................... 19 1 Management als Grundlage des Controlling ........................................................21 Controlling in der Literatur.......................................................................................21 Abgrenzung des Managements ................................................................................ 23 Problemstellung des Managements ..........................................................................23 Prinzipien der Primärkoordination...........................................................................26 Prinzipien der hierarchiefreien Koordination .................................................26 Prinzipien der hierarchischen Koordination ...................................................28 Ergänzende Maßnahmen .....................................................................................31 Institutionelle Aspekte des Managements ..............................................................34 Phasen im Prozess des Managements ......................................................................38 Aufgaben des Managements .....................................................................................41 Planung als sachbezogene Aufgabe ..........................................................................41 Merkmale und Funktionen der Planung ..........................................................41 Ebenen der Planung ..............................................................................................45 Phasen im Prozess der Planung..........................................................................52 Durchsetzung von Plänen...........................................................................................54 Organisation als strukturbezogene Aufgabe ...................................................54 Personenbezogene Aufgaben ..............................................................................56 Kontrolle als sach- und personenbezogene Aufgabe ............................................59 Merkmale der Kontrolle.......................................................................................59 Kontrollen auf institutioneller Ebene ...............................................................61 Kontrollen auf individueller Ebene ...................................................................66 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe...................... 67 Entscheidungsprobleme und Entscheidungsmodelle ...........................................67 Phasen im Prozess der Entscheidungsfindung.......................................................70 Struktureigenschaften von Entscheidungsproblemen ..................................70 Entscheidungsfindung bei Strukturdefekten...................................................72 Reduktion der Komplexität von Entscheidungsproblemen.................................73 Differenzierung von Entscheidungen ...............................................................73 Dezentralisation von Entscheidungen ..............................................................75 <?page no="12"?> 12 Inhaltsverzeichnis 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen.................................... 79 Abgrenzung von Controlling-Konzeptionen.........................................................79 Konzeptionen des Controlling in der Literatur.....................................................82 Controlling-Konzeptionen in der deutschsprachigen Literatur .........................82 Informationsorientierte Konzeptionen .............................................................82 Koordinationsorientierte Konzeptionen...........................................................87 Führungsprozessorientierte Konzeptionen......................................................92 Koordination und Information in der internationalen Literatur........................99 Abgrenzung des Management Control.............................................................99 Gegenstand des Management Accounting ................................................... 104 Controlling nach der entscheidungsorientierten Konzeption........................ 106 Controlling-Funktionen in den Konzeptionen .................................................... 106 Elemente der entscheidungsbezogenen Konzeption.......................................... 107 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling .............................111 Grundlagen der Entscheidungskoordination ..................................................... 111 Determinanten des Bedarfs an Entscheidungskoordination ............................ 111 Wirkungen von Entscheidungsinterdependenzen ...................................... 111 Arten von Sachinterdependenzen................................................................... 114 Merkmale von Verhaltensinterdependenzen................................................ 117 Abgrenzung der Koordinationsfunktion des Controlling................................. 119 Kennzeichnung von Koordinationssystemen..................................................... 121 Abgrenzung von Koordinationssystemen ............................................................ 121 Aufbau von Koordinationssystemen.............................................................. 121 Arten von Koordinationssystemen................................................................. 123 Elemente von Koordinationssystemen.................................................................. 125 Verfahren der Koordination ............................................................................. 125 Ergänzende Maßnahmen zur Durchsetzung ................................................ 128 Funktionen der Vorgabenkontrolle ................................................................ 130 Konfiguration und Nutzung von Koordinationssystemen ............................... 133 Phasen im Konfigurations- und Nutzungsprozess ...................................... 133 Anforderungen an den Konfigurationsprozess............................................ 135 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion .............................. 137 Überblick über die Aufgabenbereiche des Controlling...................................... 137 Systemgestaltende Aufgaben des Controlling..................................................... 139 Initialisieren des Konfigurationsprozesses ................................................... 139 Aktivieren der Manager .................................................................................... 141 Aufgaben im Konfigurationsprozess .............................................................. 142 Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling.............................................. 144 <?page no="13"?> Inhaltsverzeichnis 13 Anpassungsaufgabe des Controlling...............................................................144 Lenkungsaufgabe des Controlling ...................................................................145 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling ............................147 Grundlagen der Informationsversorgung ............................................................147 Determinanten der Informationsversorgung .......................................................147 Informationsbedarf und -nachfrage des Managements ..............................147 Informationsangebot in der Unternehmung .................................................150 Komponenten des formalen Informationssystems ......................................151 Abgrenzung der Informationsversorgungsfunktion des Controlling .............154 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements ..........................157 Informationsversorgung durch das Berichtswesen.............................................157 Abgrenzung des Berichtswesens .....................................................................157 Funktionen von Berichten.................................................................................159 Inhaltliche Aspekte IT-gestützter Berichtssysteme .....................................161 Informationen entscheidungsunterstützender IT-Systeme ...............................168 Inhaltliche Aspekte von Decision-Support-Systemen.................................168 Abgrenzung des Business Intelligence & Analytics ....................................170 Infrastrukturelle Aspekte der Informationsversorgung.....................................174 Konzepte der Datenbereitstellung ...................................................................174 Ansätze der Informationsgenerierung............................................................178 Komponenten für die Informationsbereitstellung .......................................184 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung ................................187 Informationsversorgende Aufgaben des Controlling .........................................187 Systemgestaltende Aufgaben des Controlling ..............................................187 Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling .......................................192 Methoden der Informationsbedarfsanalyse ......................................................195 Anforderungen an die Informationsbedarfsanalyse ...............................195 Kennzeichnung der Methoden .........................................................................196 Teil 2: Ausgestaltung der Koordinationssysteme ............................................... 203 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne .......................... 205 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne ..................................................205 Koordinationsfunktion der Planung und der Pläne ............................................205 Entscheidungskoordination als spezielle Planungsfunktion .....................205 Koordinationssystem zur Steuerung durch Pläne ........................................206 Planungssystem als Element des Koordinationssystems ...................................208 Bestandteile realer Planungssysteme..............................................................208 Gestaltungsparameter eines Planungssystems .............................................212 Koordinationsproblematik der Planung ................................................................214 <?page no="14"?> 14 Inhaltsverzeichnis Notwendigkeit der Plankoordination durch Differenzierung .................. 214 Koordinationsprobleme bei dezentraler Planung ........................................ 219 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem ....................... 222 Verfahrensregeln für die zentrale Planung....................................................... 222 Probleme der simultanen Planung............................................................... 222 Ableitungsrichtung vertikal differenzierter Pläne ...................................... 223 Planungssequenz bei horizontaler Differenzierung.................................... 225 Verfahrensregeln für die dezentrale Planung ...................................................... 228 Regeln zur Hierarchiedynamik........................................................................ 228 Planungssequenz bei bereichsübergreifender Koordination..................... 235 Koordination bei zeitlicher Differenzierung ........................................................ 236 Notwendigkeit einer Flexibilisierung der Planung ..................................... 236 Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Planung ...................................... 238 Verfahren für die flexible Planung.................................................................. 240 Aufgaben des Controlling bei der Koordination durch Pläne ........................ 244 Koordinations- und Informationsversorgungsaufgaben ................................... 244 Aufgaben des Controlling bei der Planung .......................................................... 246 Aufgaben des Controlling bei der Kontrolle ........................................................ 249 Gestaltungsparameter eines Kontrollsystems .............................................. 249 Prozessunterstützende Aufgaben im Kontrollprozess................................ 253 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets......................255 Koordination als Budgetfunktion .......................................................................... 255 Kennzeichnung der Budgetierung ......................................................................... 255 Funktionen der Budgetierung.......................................................................... 255 Merkmale von Budgets...................................................................................... 258 Struktur eines Budgetsystems ......................................................................... 262 Potenzial der Budgetierung für die Entscheidungskoordination .................... 263 Problembereiche der Koordination durch Budgets ..................................... 263 Budgetierungssystem als Koordinationssystem .......................................... 268 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem ........................................................ 271 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln ........................................................... 271 Begrenzung zulässiger Handlungsmöglichkeiten ....................................... 271 Abstimmung der Budgets ................................................................................. 272 Verfahrensregeln zum Ablauf des Budgetierungsprozesses............................. 273 Partizipation im Budgetierungsprozess ......................................................... 273 Phasen im Prozess der iterativen Budgetierung .......................................... 275 Varianten der Budgetkontrolle und -anpassung.......................................... 276 Budgetierungsverfahren für inputbezogene Betriebsbudgets.......................... 278 Anwendungsfelder der Budgetierungsverfahren ........................................ 278 <?page no="15"?> Inhaltsverzeichnis 15 Kennzeichnung von Budgetierungsverfahren ..............................................281 Verfahren zur Planung von Kostensenkungsvorgaben...............................287 Weiterentwicklung der traditionellen Budgetierung ........................................293 Kritik an der traditionellen Budgetierung.............................................................293 Prinzipien des Beyond Budgeting ...........................................................................295 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele .............................. 299 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben ...........................................................299 Kennzeichnung der Koordination durch Zielvorgaben......................................299 Abgrenzung des Anwendungsbereichs ..........................................................299 Inhalte der Zielvorgaben....................................................................................301 Zielvorgaben für die Koordination .........................................................................303 Elemente von Zielvorgaben ..............................................................................303 Kennzahlen für die Performance-Messung ...................................................305 Funktionen der Zielvorgaben ...........................................................................308 Anforderungen an Zielvorgaben............................................................................311 Überblick über die Anforderungen.........................................................................311 Umsetzung des Prinzips der Controllability .........................................................313 Grad der Controllability.....................................................................................313 Controllability bei der Performance-Messung..............................................316 Controllability bei der Performance-Beurteilung.........................................319 Klarheit der Zielvorgaben.........................................................................................322 Effektivität und Effizienz der Performance-Maße...............................................323 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße..............................................324 Kennzeichnung traditioneller Kennzahlen ...........................................................324 Arten traditioneller Kennzahlen ......................................................................324 Berechnung des gebundenen Vermögens ......................................................327 Spezifische Grenzen der Rentabilitätskennzahlen .......................................330 Schwächen traditioneller Kennzahlen ...................................................................333 Erscheinungsformen des Myopia-Effekts ......................................................333 Ansätze zur Vermeidung des Myopia-Effekts ...............................................336 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung................................337 Direkte Messung der Wertänderung ......................................................................337 Wertorientierte Kennzahlen als Performance-Maß ............................................343 Besonderheiten wertorientierter Kennzahlen...............................................343 Performance-Maße nach dem EVA-Ansatz....................................................344 Performance-Maße nach dem CFROI-Ansatz ...............................................347 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung ..........351 Kennzeichnung der mehrdimensionalen Performance-Messung ....................351 <?page no="16"?> 16 Inhaltsverzeichnis Elemente eines Performance-Measurement-Systems................................. 351 Vorteile der mehrdimensionalen Performance-Messung........................... 354 Performance-Measurement-Systeme zur Strategieimplementierung ............ 355 Problembereiche der Strategieimplementierung ......................................... 355 Funktionen integrierter Performance-Measurement-Systeme................. 356 Anforderungen an integrierte Performance-Measurement-Systeme...... 358 Konzepte integrierter Performance-Measurement-Systeme ............................ 360 Perspektiven ausgewählter Konzepte ............................................................ 360 Inhalte der Perspektiven einer Balanced Scorecard.................................... 365 Formen der Darstellung einer Balanced Scorecard ..................................... 371 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben ..................................377 Koordinationsfunktion von Lenkpreisen ............................................................ 377 Abgrenzung des Koordinationsproblems ............................................................. 377 Funktionen der Lenkpreise ...................................................................................... 379 Ermittlung von Lenkpreisen ................................................................................... 381 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung......................... 383 Marktpreisorientierte Lenkpreise .......................................................................... 383 Anwendungsbedingungen marktpreisorientierter Lenkpreise ................ 383 Marktpreisorientierte Lenkpreise bei Verbundeffekten ............................. 385 Kostenorientierte Lenkpreise .................................................................................. 388 Grenzkostenorientierte Lenkpreise ................................................................ 388 Opportunitätskostenorientierte Lenkpreise ................................................. 395 Ansätze zur Auflösung des Dilemmas der Lenkpreissysteme........................ 401 Erweiterte kostenorientierte Lenkpreise .............................................................. 401 Vollkostenorientierte Lenkpreise .................................................................... 401 Cost-plus-Lenkpreise ......................................................................................... 404 Kombinierte Lenkpreise ........................................................................................... 405 Zweistufige Lenkpreise ..................................................................................... 405 Profit Sharing ...................................................................................................... 408 Duale Lenkpreise ................................................................................................ 409 Festlegung von Lenkpreisen durch Verhandlungen........................................... 412 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen .....................................................415 Kennzeichnung von Anreizsystemen................................................................... 415 Anreizsysteme im Controlling................................................................................ 415 Notwendigkeit von Anreizsystemen .............................................................. 415 Funktionen von Anreizsystemen .................................................................... 416 Gestaltung von Anreizsystemen ............................................................................ 418 Wirkungsweise eines Anreizsystems............................................................. 418 <?page no="17"?> Inhaltsverzeichnis 17 Anforderungen an ein Anreizsystem..............................................................427 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme........................................429 Überblick über Ansätze für Anreizsysteme ..........................................................429 Anreizsysteme bei Vorgabe von Investitionsbudgets .........................................430 Merkmale der Anwendungssituation .............................................................430 Anreizsysteme nach dem Groves-Schema .....................................................431 Anreizsysteme nach dem Profit-Sharing-Schema........................................434 Anreizsysteme bei Vorgabe von Betriebsbudgets und Zielen...........................435 Anreizsysteme nach dem Weitzman-Schema ...............................................435 Ansatz von Osband/ Reichelstein .....................................................................438 Literaturverzeichnis ...................................................................................................................441 Glossar .................................................................................................................................................461 Stichwortverzeichnis...............................................................................................................481 <?page no="19"?> Teil 1: Gegenstand des Controlling <?page no="21"?> 1 Management als Grundlage des Controlling Controlling in der Literatur Im 19. Jahrhundert hat sich im Financial Management US-amerikanischer Unternehmungen ein neuer Aufgabenbereich herausgebildet, der als Controllership bezeichnet wird. Personen, die mit Aufgaben des Controllership betraut sind, werden im USamerikanischen Sprachgebrauch als Controller bezeichnet (vgl. z. B. Bragg (2009), S. 13 ff.). In den USA hat das Controllership nach der Weltwirtschaftskrise zunehmend an Bedeutung gewonnen. In Deutschland hat sich dieser Aufgabenbereich unter der Bezeichnung „Controlling“ erst in den 1970er-Jahren verstärkt verbreitet (vgl. Berens/ Bertelsmann (2002), Sp. 280 f.). Der Ausdruck „Controlling“ wird in der englischsprachigen Fachliteratur für die letzte Phase des Managementprozesses verwendet, d. h. für die Kontrolle (vgl. Koontz/ Weihrich (1988), S. 17 f.; Robbins/ Coulter (2021), S. 38, 517). Die Bezeichnung „Controlling“ für den in diesem Buch betrachteten Aufgabenbereich in einer Unternehmung ist nicht aus dem Englischen übernommen, sondern im deutschsprachigen Raum geprägt worden (vgl. Hoffjan (2009), S. 25). Obwohl sich Wissenschaft und Wirtschaftspraxis inzwischen bereits mehrere Jahrzehnte mit dem Controlling auseinandersetzen, findet sich in der Fachliteratur noch immer eine Vielzahl teilweise sehr unterschiedlicher Vorstellungen zum Gegenstand dieses Teilgebiets der Betriebswirtschaftslehre. Der Überblick über ausgewählte Definitionen aus deutsch- und englischsprachigen Veröffentlichungen in Abb. 1.1 soll einen Eindruck von der Heterogenität der Vorstellungen zum Gegenstand des Controlling vermitteln. Eschenbach/ Niedermayr (1996), S. 50: „bedeutet Controlling die Steuerung des Unternehmens im Rahmen einer vorgegebenen Zielrichtung und ist eine Aufgabe des Managements.“ Berens/ Bertelsmann (2002), Sp. 281: „Controlling lässt sich … als Beschaffung, Aufbereitung und Analyse von Daten zur Vorbereitung zielsetzungsgerechter Entscheidungen bezeichnen.“ Franz (2004), S. 287: „Controlling als Unterstützungsfunktion der Führung bei der ergebnisorientierten Steuerung des Unternehmens.“ Lingnau (2004), S. 741 ff.: Das Management bedarf aufgrund seiner beschränkten kognitiven Fähigkeiten insbesondere bei der Verwendung bereichsfremden Wissens der Unterstützung. „Diese Unterstützung kann durch das Controlling in Form von sekundärem Wissen erfolgen.“ Als sekundäres Wissen wird das Wissen benachbarter Bereiche bezeichnet, das bei der Entscheidungsfindung neben dem bereichsspezifischen (Experten-)Wissen des jeweiligen Managements benötigt wird. Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 29: „Controlling soll die Realisation der Unternehmensziele sicherstellen (Führungsunterstützung) durch Entscheidungsunterstützung und Verhaltenssteuerung. Demnach übernimmt das Controlling eine ‚Hilfsfunktion des Managements‘“. <?page no="22"?> 22 1 Management als Grundlage des Controlling Troßmann (2018), S. 12: „Controlling soll eine eigene Führungsfunktion kennzeichnen und nicht ein neuer Name für eine schon vorhandene und definierte Führungsfunktion sein.“ „Controlling wird verstanden als Koordination innerhalb der anderen Führungsfunktionen und vor allem zwischen ihnen.“ Als Führungsfunktionen werden u. a. genannt: Zielbildung, Planung, Kontrolle, Personalführung, Organisation, Informationssystem, interne Revision. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 110: „We shall refer to the person who is responsible for designing and operating the management control system as the controller.” Horngren u. a. (2014), S. 32: „The controller … is concerned mainly with operating matters such as aiding management decision making.” Merchant/ van der Stede (2023), S. 681: „Controllers … play key roles in line management and in the design and operation of a management control system (MCS). They are the financial and management accounting experts within their firm (or their entity), and most of them are key members of the management team, though in a staff (not line) capacity.” Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 289): “In large companies, management control will be delegated to controllers. … The controller is to support business line managers in managing their business unit.” International Group of Controlling (IGC) (2013): „Controller leisten als Partner des Managements einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Erfolg der Organisation. Controller … 1. gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung, so dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handelt. 2. sorgen für die bewusste Beschäftigung mit der Zukunft und ermöglichen dadurch, Chancen wahrzunehmen und mit Risiken umzugehen. 3. integrieren die Ziele und Pläne aller Beteiligten zu einem abgestimmten Ganzen. 4. entwickeln und pflegen die Controlling-Systeme. Sie sichern die Datenqualität und sorgen für entscheidungsrelevante Informationen. 5. sind als betriebswirtschaftliches Gewissen dem Wohl der Organisation als Ganzes verpflichtet.“ Abb. 1.1: Controlling-Begriffe in der Literatur Die Definitionen in Abb. 1.1 stimmen weitgehend darin überein, dass das Controlling der zielgerichteten Führungsunterstützung dient. 1 Sie unterscheiden sich jedoch darin, wie die Führung durch das Controlling unterstützt werden soll und auf welche Unternehmungsziele diese Unterstützung abzielen soll. Führung und Management In der deutschen Betriebswirtschaftslehre steht der Begriff „Führung“ einerseits für die Unternehmungsführung (vgl. Wild (1981), S. 32 f.), andererseits aber auch für die Personalführung (vgl. Weibler (2023), S. 25). Für die Unternehmungsführung wird oft die Bezeichnung „Management“ verwendet (vgl. Steinle (1995), Sp. 528). Die Personalführung ist nur eine von mehreren Funktionen des Managements. In der Controlling-Literatur wird unter „Führung“ generell die Unternehmungsführung verstanden, d. h. das Management der Unternehmung (vgl. Hoffjan (2009), S. 5; Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 2). 1 Teilweise findet sich auch die Auffassung, dass es sich beim Controlling um eine Führungsfunktion handelt (vgl. z. B. Eschenbach/ Niedermayr (1996), S. 50 f.; Becker/ Balzer/ Ulrich (2014), S. 14; Troßmann (2018), S. 12). <?page no="23"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 23 Um das Controlling als eine Funktion zur Unterstützung des Managements abgrenzen zu können, sind zunächst der Gegenstand und die Funktionen des Managements in der Unternehmung zu präzisieren. Anschließend ist in Kapitel 2 ein Problem zu identifizieren, das die Unterstützung des Managements durch das Controlling notwendig macht. Abgrenzung des Managements Problemstellung des Managements Unternehmungen erstellen Sach- und Dienstleistungen für externe Kunden. Die Gesamtheit der Handlungen zur technischen Erstellung und marktlichen Verwertung dieser Leistungen bildet den Unternehmungsprozess. Seine Phasen sind die Zahlungsmittelbeschaffung, die Beschaffung als Zahlungsmittelverwendung, die Produktion, der Absatz als Zahlungsmittelfreisetzung und die Ablösung finanzieller Verpflichtungen (vgl. Kosiol (1972), S. 129 ff.). Neben der Erstellung und Verwertung von Sach- und Dienstleistungen für externe Kunden ist das Management eine weitere Aufgabe, die in Unternehmungen ausgeführt wird. Management ist die Gesamtheit der Aufgaben zur Festlegung von Zielen und zur Sicherstellung der Zielerreichung durch Mitarbeiter und mit Mitarbeitern in einem arbeitsteilig ausgeführten Unternehmungsprozess. Die in der Definition umrissene Problemstellung des Managements folgt zum einen daraus, dass Unternehmungen als Wirtschaftseinheiten Ziele verfolgen, mit der Unternehmungsumwelt verbunden und wirtschaftlich selbstständig sind. Für die Erstellung der Leistungen für externe Kunden werden knappe Mittel planvoll eingesetzt, um die Ziele der Unternehmung zu erreichen. Generell werden Sach- und Formalziele unterschieden. Mit der Festlegung des Sachziels werden die Sach- und Dienstleistungen abgegrenzt, die von der Unternehmung erstellt und marktlich verwertet werden sollen. Das Sachziel beschreibt die Gesamt- oder Marktaufgabe der Unternehmung. Welches Ergebnis mit der Erstellung und Verwertung der Sach- und Dienstleistungen angestrebt werden soll, wird durch das Formalziel bestimmt. Beispiele für den Inhalt der Formalziele sind Gewinnerzielung, Wachstum und Selbstständigkeit der Unternehmung. Mit ihrer Umwelt sind Unternehmung über vielfältige Beziehungen verbunden. Die für die Unternehmung relevante Umwelt umfasst die Gesamtheit ihrer Stakeholder. Das sind Personen, Gruppen und Institutionen, die Einfluss auf die Zielerreichung der Unternehmung haben oder von der Zielerreichung der Unternehmung betroffen sind. Stakeholder sind u. a. die Eigentümer (Shareholder), Fremdkapitalgeber, Arbeitnehmer, Wettbewerber, Kunden und Lieferanten. Durch die Vielfalt der Stakeholder und die Vielzahl ihrer Beziehungen zur Unternehmung ist die Umwelt für eine Unter- <?page no="24"?> 24 1 Management als Grundlage des Controlling nehmung nicht transparent und in ihren Anforderungen unübersehbar. Die Folge ist Unsicherheit über die Entwicklung der Unternehmungsumwelt. Unternehmungen können deshalb ihre Ziele verfehlen. Die Gefahr einer negativen Zielabweichung wird als Risiko bezeichnet. Bei einer Chance wird eine positive Zielabweichung erwartet. Unternehmungen sind wirtschaftlich selbstständig, d. h., sie sind finanziell eigenständig und in ihren Entscheidungen frei. Sie bestimmen ihre Ziele selbst und entscheiden eigenständig über die Beschaffung und Verwendung finanzieller Mittel sowie den Vollzug der Leistungserstellung und -verwertung. Unternehmungen tragen ihre Risiken selbst. Das bedeutet, dass die Eigentümer einen Einkommensverlust oder im ungünstigsten Fall einen Kapitalverlust erleiden können. Dafür stehen ihnen die Vorteile einer positiven Zielabweichung zu. Die Problemstellung des Managements ist damit zum einen das Festlegen der Sachziele sowie der Formalziele der Unternehmung, d. h. der Ziele, die durch die Erstellung und Verwertung von Leistungen für externe Kunden erreicht werden sollen. Zum anderen sind Entscheidungen über den Unternehmungsprozess zu treffen, die das Erreichen der Unternehmungsziele auch bei Unsicherheit über die Entwicklung der Umwelt sichern. Die Realisation dieser Entscheidungen und das Erreichen der Unternehmungsziele wird dadurch erschwert, dass der Unternehmungsprozess arbeitsteilig ausgeführt wird und die Mitarbeiter mit der Arbeit auch ihre individuellen Ziele verfolgen. Umfang und Komplexität der Gesamtaufgabe der Unternehmung können einen arbeitsteiligen Vollzug des Unternehmungsprozesses erfordern, d. h. die Aufteilung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben, die anschließend auf mehrere Mitarbeiter verteilt werden. Die einem Mitarbeiter zugewiesene Aufgabe verpflichtet ihn auf Dauer, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Handlungen zum Vollzug der Gesamtaufgabe können voneinander abhängig sein, d. h., der Vollzug einer Handlung kann Einfluss auf das Ergebnis anderer Handlungen haben. Diese arbeitsbezogenen Abhängigkeiten zwischen den Handlungen werden als Interdependenzen bezeichnet (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 93 f.). Interdependenzen liegen beispielsweise vor, wenn Handlungen in einer technisch oder sachlogisch bedingten Reihenfolge vollzogen werden müssen, aufgrund begrenzter Potenzialgüter nur nacheinander ausgeführt werden können oder zur besseren Nutzung von Einsatzgütern gemeinsam ausgeführt werden sollten. Werden Aufgaben, die interdependente Handlungen erfordern, von verschiedenen Mitarbeitern ausgeführt, entstehen Schnittstellen. Diese haben zur Folge, dass die Mitarbeiter bei der Leistungserbringung im Unternehmungsprozess einander zuarbeiten müssen, um knappe Einsatzgüter konkurrieren oder zusammenarbeiten sollten. Schnittstellen begründen einen Koordinationsbedarf (vgl. Schulte-Zurhausen (2014), S. 229). Damit die Unternehmungsziele erreicht werden können, sind die Handlungen der Mitarbeiter quantitativ, qualitativ und zeitlich für ein störungsfreies Zusammenwirken aufeinander abzustimmen (vgl. Kosiol (1976), S. 171). <?page no="25"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 25 Individuelle Ziele, die der Mitarbeiter bei der Arbeit in der Unternehmung zu erfüllen sucht, können Entwicklungs-, Bildungs-, Einkommens- oder Karriereziele sowie das Streben nach Prestige, guten Arbeitsbedingungen, Freizeit oder Selbstverwirklichung sein (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 6). Da diese Ziele der Mitarbeiter im Konflikt zu den Unternehmungszielen stehen können, gleichzeitig aber das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter im Unternehmungsprozess beeinflussen, können die individuellen Ziele der Mitarbeiter das Erreichen der Unternehmungsziele gefährden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 14 f.). Zur Sicherung der Zielerreichung ist das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter an den Unternehmungszielen auszurichten. Arbeitsverhalten Mit dem Leistungsverhalten und dem Umgang mit allgemein akzeptierten Verhaltensregeln hat das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter zwei Dimensionen. Das Leistungsverhalten ist das Verhalten eines Mitarbeiters, das zum Vollzug der ihm zugewiesenen Aufgabe und zum Handlungsergebnis führt. Weiterhin äußert sich das Arbeitsverhalten im Umgang mit den allgemein akzeptierten Verhaltensregeln. Zu diesen zählen u. a. die Gewissenhaftigkeit bei der Erfüllung der Aufgaben, die Sorgfalt im Umgang mit dem Eigentum der Unternehmung, die vollständige und wahrheitsgemäße Berichterstattung gegenüber Vorgesetzten sowie das Einbringen und Umsetzen von Verbesserungsvorschlägen (vgl. Nerdinger/ Schaper (2019), S. 488). Um bei Arbeitsteilung und der Gefahr eines nicht unternehmungszielkonformen Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter die Sach- und Formalziele der Unternehmung erreichen zu können, müssen die Handlungen der Mitarbeiter im Unternehmungsprozess horizontal und vertikal koordiniert werden. Die horizontale Koordination ist die Abstimmung arbeitsteilig ausgeführter interdependenter Handlungen im Hinblick auf das Ziel der Unternehmung. Mit der vertikalen Koordination soll der Einfluss der individuellen Ziele auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter verringert und ihr Handeln an den Zielen der Unternehmung ausgerichtet werden (vgl. Rühli (1992), Sp. 1166). Handlungen Handlungen, die den Gegenstand der Koordination bilden, sind bewusste, zielgerichtete Folgen von Aktivitäten, durch die ein gegebener Zustand der Realität (Ausgangszustand) in einen veränderten Zustand (Endzustand) überführt wird (vgl. Abb. 1.2; Frese u. a. (2019), S. 69). Der Endzustand ist das mit der Handlung angestrebte Handlungsergebnis, das durch die Aufgabe beschrieben wird. Der Ausgangszustand wird von den Ressourcen determiniert, die der Disposition der Mitarbeiter unterliegen, sowie der Gesamtheit der Faktoren, die das Handlungsergebnis beeinflussen, durch die Mitarbeiter jedoch nicht veränderbar sind. Gibt es mehrere, nicht gleichzeitig zu verwirklichende Handlungsmöglichkeiten, einen Ausgangszustand in einen angestrebten Endzustand zu überführen, von denen die zu realisierende nach Maßgabe von Zielen auszuwählen ist, liegt ein Entscheidungsproblem vor. Grundlage für die Auswahl der auszuführenden Hand- <?page no="26"?> 26 1 Management als Grundlage des Controlling lungsmöglichkeit bilden die Formalziele der Unternehmung, aber auch die individuellen Ziele der Mitarbeiter (vgl. Frese u. a. (2019), S. 69 ff.). Die an Zielen ausgerichtete Auswahl derjenigen Handlungsmöglichkeit, die realisiert werden soll, um einen Ausgangszustand in einen angestrebten Endzustand zu überführen, ist eine Entscheidung (vgl. Frese u. a. (2019), S. 69). Abb. 1.2: Struktur von Handlungen und Entscheidungsproblemen Die horizontale und vertikale Koordination der Handlungen im Unternehmungsprozess wird als Primärkoordination bezeichnet (vgl. Horváth (2011), S. 108) und in der Literatur als die originäre Aufgabe des Managements oder „the essence of managership“ betrachtet (vgl. Bleicher/ Meyer (1976), S. 48 ff.; Koontz/ Weihrich (1988), S. 18). Die Primärkoordination ist neben der Festlegung der Unternehmungsziele und der Gestaltung des Unternehmungsprozesses ein Teil der Problemstellung des Managements. Prinzipien der Primärkoordination Prinzipien der hierarchiefreien Koordination Die Problemstellung des Managements umfasst die Primärkoordination, d. h. die Abstimmung oder Ausrichtung arbeitsteilig ausgeführter Handlungen im Unternehmungsprozess. Für die Lösung dieser Problemstellung hat sich eine Vielzahl von Koordinationsprinzipien herausgebildet. Diese sind weniger Alternativen für die Lösung eines Problems der Primärkoordination, die sich gegenseitig ausschließen. Vielfach ergänzen sich diese Prinzipien, d. h. für die Bearbeitung eines Koordinationsproblems gelangt eine Kombination mehrerer dieser Prinzipien zur Anwendung (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 98). Ein Überblick über die Prinzipien der Primärkoordination findet sich z. B. bei Kieser/ Walgenbach ((2010), S. 94 ff.), Staehle ((1999), S. 557 ff.), Welge ((1987), S. 412 ff.), Reiß ((2004), Sp. 991 ff.), Anthony u. a. ((2014), S. 39 ff.), Mintzberg ((1992), S. 19 ff.) und Merchant/ van der Stede ((2023), S. 16). Abb. 1.3 nennt Koordinationsprinzipien, die im Folgenden betrachtet werden. Mitarbeiter können ihre Handlungen grundsätzlich selbst koordinieren. Die Handlungen beim Aufgabenvollzug werden bei Arbeitsteilung jedoch regelmäßig an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt, wobei jeder Mitarbeiter zunächst nur seine eigene Aufgabe kennt und sich auf seine Handlungen konzentriert. Die Koordination durch die Mitarbeiter ist deshalb nur in kleinen Unternehmungen oder eng abgegrenzten Bereichen der Unternehmung effizient und effektiv möglich (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 103 f.). In allen anderen Fällen gelangen <?page no="27"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 27 Prinzipien der Primärkoordination Verhaltensnormen Restriktionen Weisungen Hierarchische Koordination Explizite Verhaltensnormen Implizite Verhaltensnormen Quantitativ (Kennzahlen) Qualitativ (Gestaltungsnormen) Monetär Quantitativ Qualitativ Monetär Budget Hierarchiefreie Koordination Selbstabstimmung Gruppenabstimmung Handlung Handlungsprogramm Handlungsvollzug Kulturorientierte Abstimmung Handlungsplan Abb. 1.3: Prinzipien der Primärkoordination Prinzipien zur Anwendung, welche die Koordination der abzustimmenden Handlungen durch den gemeinsamen Vorgesetzten der Mitarbeiter vorsehen. Nach der Mitwirkung des gemeinsamen Vorgesetzten werden die hierarchiefreie Koordination und die hierarchische Koordination unterschieden (vgl. Brockhoff/ Hauschildt (1993), S. 400). Bei der hierarchiefreien Koordination stimmen die Mitarbeiter ihre Handlungen ohne Mitwirkung des gemeinsamen Vorgesetzten selbst ab. Nach dem Grad der Institutionalisierung der Abstimmung werden die Selbstabstimmung, die kulturorientierte Abstimmung und die Gruppenabstimmung unterschieden. Selbstabstimmung ist die unmittelbare Interaktion der Mitarbeiter durch informale Kommunikation. Bei der Koordination nach diesem Prinzip bleibt die Abstimmung den betroffenen Mitarbeitern selbst überlassen (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 98 f.). Sie vollzieht sich parallel zum Unternehmungsprozess (vgl. Thompson (1967), S. 56; Schäffer (1996), S. 76) und betrifft vorzugsweise den Einzelfall. Die Selbstabstimmung eignet sich für Arbeitsgruppen. In solchen Arbeitsgruppen arbeiten mehrere Mitarbeiter kontinuierlich, über einen längeren Zeitraum gemeinsam an routinemäßigen, bereichsbezogenen Daueraufgaben. Arbeitsgruppen verfügen über Befugnisse, sich selbst zu leiten und zu kontrollieren (vgl. Krüger (1994), S. 54). <?page no="28"?> 28 1 Management als Grundlage des Controlling Die kulturorientierte Abstimmung basiert auf der Unternehmungskultur. Diese gründet auf den von den Mitarbeitern geteilten Wertüberzeugungen, Denkmustern und Normen, die in einer Unternehmung im Laufe der Zeit durch einen Lernprozess im Umgang mit Problemen entstanden sind (vgl. Baetge u. a. (2007), S. 186). Zum Ausdruck kommt sie in den ungeschriebenen sowie den geschriebenen Regeln, wie z. B. Vision, Mission, Purpose, Werte und Führungsgrundsätze der Unternehmung (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 87 f.). Sie bietet Orientierungsmuster für die Problemerkennung, die Problemlösung, die Bewertung sowie Legitimation und lenkt damit das Handeln, Entscheiden und Verhalten der Mitarbeiter der Unternehmung in eine bestimmte Richtung (vgl. Ebers (1995), Sp. 1674). Die koordinierende Wirkung der Unternehmungskultur ergibt sich zum einen daraus, dass die Mitarbeiter übereinstimmende Zielvorstellungen und Präferenzen haben. Zum anderen geben sie in neuartigen Situationen, für die es keine Vorgaben gibt, die Richtung des Handelns vor (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 123). Die Gruppenabstimmung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Mitarbeiter in Gruppen auf eine abgestimmte Vorgehensweise einigen und jedes Gruppenmitglied den Gruppenbeschluss befolgt, auch wenn es überstimmt worden ist. Die Abstimmung bleibt damit den betroffenen Mitarbeitern überlassen, die Gruppe erteilt jedoch jedem Mitglied Weisungen (vgl. hierzu Kieser/ Walgenbach (2010), S. 95, 105 f.; Laux (1993), Sp. 2313). Die Gruppenabstimmung umfasst damit Elemente der hierarchiefreien und der hierarchischen Koordination. Die Gruppenabstimmung verlangt die Einrichtung von Koordinationsorganen. Das sind Gruppen aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen mit der Aufgabe, die Handlungen zwischen den Abteilungen abzustimmen. Sie bearbeiten die Koordinationsprobleme gemeinsam und treffen die Entscheidungen über den Aufgabenvollzug als Gruppenentscheidungen, die für alle beteiligten Abteilungen verbindlich sind (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 99). Ein Koordinationsorgan für die Koordination durch Gruppenabstimmung ist der Ausschuss. Er zeichnet sich dadurch aus, dass mehrere Mitarbeiter aus sachlich unterschiedlichen Bereichen und u. U. auch verschiedenen Hierarchieebenen bei bereichsübergreifenden Aufgaben oder Sonderaufgaben zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit ist nicht kontinuierlich, sondern konzentriert sich auf Besprechungen, Konferenzen oder Meetings, die bei Bedarf einberufen werden. Ein Ausschuss kann auf Dauer angelegt oder zeitlich befristet sein. Ein zeitlich befristeter Ausschuss wird auch als „Kommission“ bezeichnet (vgl. Mag (1992), Sp. 252 ff.). Prinzipien der hierarchischen Koordination Bei der hierarchischen Koordination wird das Abstimmungsproblem vom gemeinsamen Vorgesetzten derjenigen Mitarbeiter bearbeitet, die mit den abzustimmenden Handlungen betraut sind. Zur Koordination der Handlungen legt der gemeinsame Vorgesetzte Vorgaben zur Zulässigkeit von Handlungsmöglichkeiten der Mitarbeiter fest. Die Mitarbeiter sind verpflichtet, den Vorgaben zu folgen, d. h. nur Handlungen auszuführen, die nach diesen Vorgaben zulässig sind (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 100). Die Vorgaben können Weisungen, Verhaltensnormen oder ressourcenbezogene Restriktionen <?page no="29"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 29 zum Inhalt haben. Verhaltensnormen sind allgemeine Anweisungen, die einem Mitarbeiter bestimmte Verhaltensweisen bei der Aufgabenerfüllung auf Dauer verbindlich vorschreiben. Durch ihren allgemeinen Charakter unterscheiden sie sich von den Weisungen (vgl. Hax (1965), S. 75 f.). Das sind situationsspezifische Regelungen. Sie schreiben dem Mitarbeiter die Verhaltensweisen für die jeweils vorliegende Situation vor. Mit expliziten Verhaltensnormen werden Handlungsmöglichkeiten vorgegeben, die Mitarbeiter ausführen dürfen. Nach dem Handlungsspielraum, der den Mitarbeitern bleibt, werden folgende Formen expliziter Verhaltensnormen abgegrenzt (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 102 ff.): die Einzelvorgabe von Handlungen, die Vorgabe von Handlungsprogrammen, die Vorgabe von Verfahren zum Handlungsvollzug und die Vorgabe von Handlungsplänen. Bei der Einzelvorgabe einer Handlung wird dem Mitarbeiter genau eine Handlungsmöglichkeit vorgegeben, die er auszuführen hat. Beim Mitarbeiter verbleibt damit kein Handlungsspielraum. Handlungsprogramme sind generelle Handlungsvorschriften, die für mehrere mögliche Situationen jeweils eine Handlungsmöglichkeit für den Aufgabenvollzug vorgeben. Handlungsprogramme sind auf Dauer festgelegte detaillierte Anweisungen, wie ein Mitarbeiter in verschiedenen Situationen jeweils zu handeln hat. Beispiel für Handlungsprogramme Handlungsprogramme, die Sachbearbeitern in der Beschaffung vorgegeben werden können, sind die heuristischen Lagerhaltungspolitiken. So gibt z. B. die s,q-Politik vor, dass eine Bestellung der Menge q auszulösen ist, wenn bei einer Lagerentnahme der Lagerbestand s erreicht oder unterschritten wird. Vorgaben von Verfahren zum Handlungsvollzug werden auch als Vollzugsnormen bezeichnet. Vorgegeben wird eine Methode zur Auswahl einer Handlungsmöglichkeit, die in der jeweils vorliegenden Situation ausgeführt werden soll, um das Handlungsergebnis zu erreichen. Bei der Vorgabe von Handlungsprogrammen wird den Mitarbeitern für jede Situation die jeweils auszuführende Handlungsmöglichkeit vorgeschrieben. Beim Mitarbeiter verbleibt damit kein Handlungsspielraum. Bei der Vorgabe von Verfahren wird dem Mitarbeiter vorgeschrieben, wie er die in der gegebenen Situation zu ergreifende Handlungsmöglichkeit aus einer Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten auswählen soll. Beispiel zu den Vollzugsnormen Vollzugsnormen für die Produktion sind die Prioritätsregeln zur Bestimmung der Auftragsfolge an einem Arbeitsplatz. Sie geben vor, wie die Dringlichkeit von Aufträgen in Warteschlangen zu bewerten und die Bearbeitungsreihenfolge festzulegen ist. Prioritätsregeln sind z. B. die Fertigungsrestzeitregel (der Auftrag mit der <?page no="30"?> 30 1 Management als Grundlage des Controlling kürzesten verbleibenden Bearbeitungszeit erhält die höchste Priorität) und die Schlupfzeitregel (der Auftrag mit der geringsten Differenz aus der Zeit bis zum Liefertermin und der verbleibenden Bearbeitungszeit erhält die höchste Priorität). Mit Handlungsplänen werden dem Mitarbeiter Handlungsvorschriften für eine bestimmte Periode vorgegeben. Sie werden periodisch nach einem festgelegten Verfahren in einem institutionalisierten Planungsprozess festgelegt. Die Inhalte der Pläne können sich von Periode zu Periode ändern. Vorgegeben werden können die während der Periode auszuführenden Handlungen oder die in der Periode anzuwendenden Verfahren zum Handlungsvollzug (vgl. Kieser/ Walgenbach (2019), S. 111 f.). Implizite Verhaltensnormen geben die Ziele vor, an denen die Mitarbeiter ihr Arbeitsverhalten ausrichten sollen. Der Handlungsspielraum der Mitarbeiter ist größer, da sie die jeweils auszuführende Handlungsmöglichkeit nach Maßgabe des vorgegebenen Ziels selbst auswählen. Formen impliziter Verhaltensnormen sind Gestaltungsnormen und Kennzahlen. Gestaltungsnormen geben das Handlungsergebnis in abstrakter Form vor, wie z. B. durch eine Problembeschreibung („Reklamationen zu Produkt A häufen sich“, „Maschine B fällt zu häufig aus“ usw.). Die Mitarbeiter suchen oder erarbeiten Handlungsmöglichkeiten für die Problemlösung, von denen diejenige zu ergreifen ist, die das Problem am besten löst. Mit Kennzahlen wird ein quantitatives Ziel vorgegeben. Beispiele für Kennzahlen sind der Wert des durchschnittlichen Lagerbestands und die durchschnittliche Durchlaufzeit von Aufträgen durch die Produktion. Bei Vorgabe ressourcenorientierter Restriktionen werden den Mitarbeitern für den Aufgabenvollzug keine Handlungen, keine Verfahren und auch keine Ziele vorgegeben. Die für den Aufgabenvollzug zulässigen Handlungsmöglichkeiten werden begrenzt oder erweitert, indem Verfügungsmöglichkeiten über Ressourcen entzogen oder eingeräumt werden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 152). Implizite Verhaltensnormen und ressourcenorientierte Restriktionen können qualitativ oder quantitativ formuliert werden. Der Handlungsspielraum, den implizite Verhaltensnormen oder ressourcenorientierte Restriktionen den Mitarbeitern lassen, ist in der Regel größer, wenn diese Vorgaben monetär formuliert sind. Monetäre Vorgaben, die den Handlungsspielraum der Mitarbeiter begrenzen, werden als Budgets bezeichnet. Als implizite Verhaltensnorm dienen outcomeorientierte Budgets. Ein Beispiel ist der Umsatz, der einem Außendienstmitarbeiter für das nächste Quartal vorgegeben wird. Inputorientierte Budgets sind ressourcenorientierte Restriktionen. Ein Beispiel ist der Tagesspesensatz eines LKW-Fahrers. Ergebnisorientierte Budgets geben ein Ziel vor, begrenzen jedoch gleichzeitig die finanziellen Mittel, die für das Erreichen dieses Ziels zur Verfügung stehen. Als Beispiel kann der Deckungsbeitrag genannt werden, den ein Außendienstmitarbeiter im nächsten Quartal erreichen soll. Ergebnisorientierte Budgets kombinieren eine implizite Verhaltensnorm mit einer ressourcenorientierten Restriktion (vgl. Troßmann (2018), S. 198). <?page no="31"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 31 Ergänzende Maßnahmen Die koordinierenden Wirkungen von Vorgaben hängen vom Arbeitsverhalten der Mitarbeiter ab. Das Arbeitsverhalten kann nicht direkt beeinflusst werden. Das Management kann jedoch Bedingungen schaffen, von denen ein positiver Einfluss auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter ausgeht. Hinweise auf diese Bedingungen geben die in Abb. 1.4 genannten Determinanten des Arbeitsverhaltens (vgl. Berthel/ Becker (2017), S. 89; Comelli/ von Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 3). Situative Ermöglichung Individuelles Wollen Persönliches Können Soziales Dürfen und Sollen Arbeitsverhalten des Mitarbeiters Abb. 1.4: Determinanten des Arbeitsverhaltens Zweck ergänzender Maßnahmen ist es, Einfluss auf die Determinanten des Arbeitsverhaltens zu nehmen, um die Mitarbeiter zum Befolgen der Vorgaben zu befähigen und zu motivieren (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 155 ff.; Merchant/ van der Stede (2017), S. 95 ff.). Sie werden parallel zur Festlegung, Durchsetzung und Kontrolle von Vorgaben für die Koordination der Handlungen ausgeführt. Die situative Ermöglichung betrifft den Abbau hemmender oder das Etablieren begünstigender äußerer Umstände. Zu diesen zählt u. a. die Verfügbarkeit benötigter Informationen. Eine ergänzende Maßnahme kann deshalb vorsehen, den Mitarbeitern den Zugang zu den erforderlichen Informationen einzuräumen. Das soziale Dürfen und Sollen bezieht sich auf die normativen, ethischen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die das Handeln der Mitarbeiter im Unternehmen begrenzen oder lenken sollen. Geprägt werden diese Rahmenbedingungen durch die Organisation, die Unternehmungskultur, das Anreizsystem, den Führungsstil, die Führungsgrundsätze und die eingesetzten Führungsinstrumente. Das persönliche Können wird von den Fachkenntnissen des Mitarbeiters bestimmt. Diese entstehen aus der Verbindung seines Fachwissens, seiner Fähigkeiten und Begabungen. An die Anforderungen des Unternehmungsprozesses angepasst werden kann das persönliche Können der Mitarbeiter über die Personalauswahl und den Personaleinsatz im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess, die Unterweisung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Um das individuelle Wollen eines Mitarbeiters zu fördern, den Vorgaben zu folgen, können Belohnungen in Aussicht gestellt oder die Mitarbeiter an der Festlegung der Vorgaben beteiligt werden (vgl. Comelli/ von Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 3 f.). <?page no="32"?> 32 1 Management als Grundlage des Controlling Das individuelle Wollen eines Mitarbeiters entsteht durch seinen Entschluss, das Arbeitsverhalten an einem konkreten, bewusst ausgewählten positiv bewerteten Zielzustand auszurichten und es bis zum Erreichen dieses Zustands aufrechtzuerhalten (vgl. Schaper (2019), S. 371 f.). Ein solches zielorientiertes Arbeitsverhalten wird als Handeln bezeichnet. Es setzt sich aus allen Aktivitäten zusammen, die dem ausgewählten Zielzustand dienen (vgl. Heckhausen (2003), S. 13). Der Zielzustand, an dem der Mitarbeiter sein Verhalten ausrichtet, kann sich auf die unmittelbaren Wirkungen seines Handelns beziehen, die als Handlungsergebnisse bezeichnet werden. Beispiele für Handlungsergebnisse sind die Aufgabenerfüllung und die Erreichung einer Vorgabe. Aber auch die Folgen des Handlungsergebnisses für den Mitarbeiter können einen Inhalt des Zielzustands bilden, wie Leistungsprämien, die Anerkennung durch den Vorgesetzten oder Beförderungen. Diese mittelbaren Wirkungen des Handelns werden als Ergebnisfolgen bezeichnet. Zur Erreichung des Zielzustands wird das Handeln durch die Richtung, die Intensität und die Ausdauer der Anstrengung sowie die gewählte Vorgehensweise gesteuert (vgl. Abb. 1.5). Die Aufmerksamkeit, die den für das Erreichen des Zielzustands relevanten Aktivitäten und Informationen zukommt, prägt die Richtung der Anstrengungen beim Handeln. Für die Intensität ist die beim Handeln zur Erreichung des Zielzustands eingesetzte Energie maßgebend. Die Hartnäckigkeit, mit der ein Zielzustand trotz Hindernissen und konkurrierender Handlungen verfolgt wird, kennzeichnet die Ausdauer (vgl. Nerdinger (2014), S. 429, 434). Steuerung durch Ergebnisfolgen Handlungsergebnis Richtung, Intensität und Ausdauer der Anstrengung, Vorgehensweise Handeln Abb. 1.5: Wirkungen des Handelns Ein möglicher Zielzustand wird von einem Mitarbeiter positiv bewertet, wenn er diesen als erstrebenswert wahrnimmt und definiert. Eine positive Bewertung eines möglichen Zielzustands, die bis zu dessen Erreichen aufrechterhalten wird, hat ihren Ursprung zum einen in den Bedürfnissen und Motiven, die durch das Handeln befriedigt werden sollen, und zum anderen im Willen, durch das Handeln den Zielzustand zu erreichen. Nach diesen Quellen des individuellen Wollens wird zwischen der Motivation und der Volition unterschieden (vgl. Comelli/ von Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 44). Motivation ist die momentane aktivierende Ausrichtung auf einen Zielzustand (vgl. Heckhausen (2003), S. 3). Sie bezeichnet die Absicht des Mitarbeiters, zur Erreichung des Zielzustands zu handeln. <?page no="33"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 33 Der Motivationsprozess erstreckt sich von der Auswahl des Zielzustands über die Initiierung und Steuerung des Handelns bis zur Distanzierung vom gewählten Zielzustand. Angestoßen wird dieser Prozess, sobald in einer Situation ein Bedürfnis oder ein Motiv des Mitarbeiters durch einen Anreiz aktiviert wird. Abb. 1.6 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Motiv, Anreiz, Motivation, Volition und Handeln (vgl. Weibler (2023), S. 197). Bedürfnis/ Motiv Motivation Anreiz Handeln Volition Abb. 1.6: Motivation und Volition Bedürfnisse und Motive werden als Wünsche erlebt. Sie bewirken, dass Personen aktiv nach Situationen oder den in Situationen enthaltenen Belohnungen suchen, die eine Erfüllung dieser Wünsche in Aussicht stellen. Tritt eine solche Situation ein, reagieren die Personen mit der Bereitschaft, zur Befriedigung des Bedürfnisses oder Motivs zu handeln (vgl. Weibler (2023), S. 196). Bedürfnisse stehen für physiologisch oder psychologisch bedingte Mangelempfindungen, wie Hunger, Durst, Verlangen nach Schlaf, Wärme und Sicherheit (z. B. Schutz vor Gefahr, Unrecht, Schmerz). Sie entstehen unbewusst und sind allen Menschen gemeinsam (vgl. Heckhausen/ Heckhausen (2010), S. 3). Menschen verfolgen über die Deckung der Bedürfnisse hinaus die unterschiedlichsten Ziele, die thematisch in mehrere Klassen gegliedert werden. Diese Klassen der Ziele werden als Motive bezeichnet. Ein Motiv ist eine Klasse von Zielen, die einen zeitlich stabil positiv bewerteten Zustand beschreiben, für dessen Erreichen die Person bereit ist, in bestimmten Situationen zu handeln (vgl. Heckhausen (2003), S. 9). Motive bilden inhaltlich zusammenhängende Beweggründe des Verhaltens und haben für jede einzelne Person charakteristische Ausprägungen (vgl. Nerdinger (2019), S. 464). Drei fundamentale Motive des Menschen sind (vgl. Comelli/ von Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 12 f.): das Motiv nach Zuwendung und Beachtung, das Motiv nach Einfluss und Status in der Gruppe sowie das Motiv der Suche nach Sinn. Ein Motiv löst die Bereitschaft zum Handeln aus, wenn in einer Situation Umstände wahrgenommen werden, die das Erreichen eines mit dem Motiv verbundenen Ziels ermöglichen oder gefährden. <?page no="34"?> 34 1 Management als Grundlage des Controlling Alle Merkmale einer Situation, die ein Motiv anregen können, indem sie Gelegenheiten oder Gefahren für das Erreichen eines mit dem Motiv verknüpften Ziels signalisieren, werden als Anreize bezeichnet (vgl. Heckhausen (2003), S. 2). Nach dem Ursprung des Anreizes werden die intrinsische und die extrinsische Motivation unterschieden. Intrinsische Motivation resultiert aus der positiven Reaktion der Person auf das Handeln selbst oder das Handlungsergebnis. Diese Reaktion kann als Interesse, Neugierde oder Erfüllung positiver Herausforderungen empfunden werden. Bei der extrinsischen Motivation hat der Anreiz seinen Ursprung außerhalb des Handelns. Er resultiert aus den Ergebnisfolgen z. B. einer erwarteten Beurteilung durch Vorgesetzte oder einer vertragsgemäßen Belohnung (vgl. Künzli (2019), S. 148 f.). Konflikte zwischen Motiven können ebenso wie das Auftreten von Gelegenheiten oder Gefahren für das Erreichen eines anderen Ziels dazu führen, dass weitere Zielzustände positiv bewertet werden und das Handeln zur Erreichung des angestrebten Zielzustands verzögert, behindert oder sogar beendet wird. Die Überwindung dieser intern oder extern ausgelösten Konflikte ist eine Frage des Willens, der als Volition bezeichnet wird (vgl. Weibler (2023), S. 196). Volition ist immer dann gefordert, wenn der Zielzustand nicht oder nicht vollständig mit den Bedürfnissen und Motiven des Mitarbeiters übereinstimmt oder diesen sogar widerspricht (vgl. Comelli/ von Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 44). Unter Volition werden die mentalen Fähigkeiten verstanden, die es ermöglichen, das Handeln auch bei intern oder extern verursachten Zielkonflikten zu initiieren und aufrechtzuerhalten (vgl. Nerdinger (2019), S. 478). Volition zeichnet sich u. a. durch die Fähigkeit aus, Unwichtiges auszublenden, Wichtiges hervorzuheben, Ablenkungen abzuschirmen und Probleme kreativ zu lösen. Institutionelle Aspekte des Managements Aus institutioneller Perspektive bilden die Personen, Gruppen und Organe das Management der Unternehmung, die mit Managementaufgaben betraut sind und über Leitungsbefugnisse verfügen. Personen in der Unternehmung, die über Leitungsbefugnisse verfügen, werden als Manager, Führungskräfte oder Vorgesetzte bezeichnet. Leitungsbefugnisse setzen sich aus den folgenden Befugnissen zusammen (vgl. Krüger (1993), S. 49): Befugnisse zur Fremdentscheidung Diese Befugnisse berechtigen Führungskräfte, Entscheidungen über Vorgaben zu treffen und damit den Handlungsspielraum von Mitarbeitern zu begrenzen. Entscheidungen mit diesen Merkmalen sind Organisationsentscheidungen. Diese sind von den Objektentscheidungen zu trennen, die Sach- und Formalziele der Unternehmung detaillieren und präzisieren. Es sind die Entscheidungen, die auch in „Einpersonenunternehmungen“ zu treffen sind, wie z. B. Entscheidungen über die Einführung eines Produkts, die Erschließung eines neuen Markts, die Einrich- <?page no="35"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 35 tung von Vertriebswegen und den Aufbau von Produktionsstätten sowie über Produktionsmengen, Lagerbestände und Bestellmengen. Die Organisationsentscheidungen dienen vor allem dazu, die Objektentscheidungen in die Realität umzusetzen (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 13). Weisungsbefugnisse Sie geben Führungskräften das Recht, ihre Mitarbeiter anzuweisen, die Vorgaben beim Aufgabenvollzug zu befolgen. Befugnisse zur Fremdkontrolle Sie autorisieren Führungskräfte zur Kontrolle ihrer Mitarbeiter hinsichtlich der ordnungsgemäßen Realisation der Vorgaben. Die Leitungsbefugnisse können bei einer Person oder einer Gruppe zusammengefasst sein. Sie können jedoch auch delegiert werden. Bei der Delegation überträgt ein Vorgesetzter Aufgaben, Leitungsbefugnisse sowie die zugehörige Verantwortung an einen Mitarbeiter (vgl. Steinle (1992), Sp. 501). Abb. 1.7: Managementhierarchie Durch die Delegation von Leitungsbefugnissen entsteht eine Managementhierarchie (vgl. Abb. 1.7) mit dem oberen, dem mittleren und dem unteren Management als Hierarchieebenen. Das obere Management (Geschäftsführung, Vorstand, Unternehmungsleitung) erteilt Anweisungen, ihm werden jedoch keine Anweisungen erteilt. Das mittlere Management (Bereichsleitung, Abteilungsleitung) erhält einerseits Anweisungen von einer übergeordneten Managementebene. Andererseits erteilt es Mitarbeitern Anweisungen, die ebenfalls dem Personenkreis des Managements angehören. Vom mittleren unterscheidet sich das untere Management (Gruppenleitung, Werkstattleitung) dadurch, dass es nur noch Mitarbeiter auf der Ausführungsebene der Unternehmung anweist. Die Mitarbeiter der Ausführungsebene haben regelmäßig Befugnisse für Entscheidungen im Rahmen des eigenen Aufgabenvollzugs, um <?page no="36"?> 36 1 Management als Grundlage des Controlling die Handlungsspielräume auszufüllen, welche die Vorgaben der Führungskräfte belassen. Über Weisungsbefugnisse verfügen die Mitarbeiter auf der Ausführungsebene jedoch nicht (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 34 f.). Stellen, Abteilungen und Bereiche, die einem Manager untergeordnet sind, bilden seinen Verantwortungsbereich. Manager verfügen in ihrem Verantwortungsbereich über Leitungsbefugnisse und sind für das Erreichen finanzieller Ziele verantwortlich (vgl. Frese/ Lehmann (2002), Sp. 1541). Bereichsleiter sind Manager auf der mittleren und unteren Ebene der Managementhierarchie, denen die Leitungsbefugnisse für einen Verantwortungsbereich übertragen worden sind. Ihnen werden von den Managern der jeweils übergeordneten Hierarchieebene ein mehr oder weniger detailliertes Sachziel sowie finanzielle Formalziele vorgegeben, die sie mit der Realisation des Sachziels während eines abgegrenzten Zeitraums erreichen sollen. Durch die mit der Übertragung der Leitungsbefugnisse zugewiesene Verantwortung sind die Bereichsleiter verpflichtet, über die Performance ihres Verantwortungsbereichs persönlich Rechenschaft abzulegen (vgl. Hauschildt (1969), Sp. 1693). Die Performance eines Verantwortungsbereichs ist der Beitrag, den dieser während einer Periode bei der Realisation des vorgegebenen Sachziels zur Erreichung finanzieller Ziele leistet. Mit der Zuweisung der Verantwortung für das Erreichen der finanziellen Ziele ist die Messung und Beurteilung der Performance des jeweiligen Verantwortungsbereichs am Ende jeder Periode verbunden. Isoliert betrachtet hat das Ergebnis der Performance-Messung keinen Informationsgehalt für die Beurteilung der Performance eines Verantwortungsbereichs. Für die Performance-Beurteilung ist das Messergebnis derjenigen Performance gegenüberzustellen, die für Vorperioden (Zeitvergleich), andere Verantwortungsbereiche oder Unternehmungen (Betriebsvergleich) gemessen worden ist oder die als gewünschte Performance durch Vorgaben (Soll-Ist- Vergleich) festgeschrieben worden ist (vgl. Bourne/ Bourne (2023), S. 18). Art und Umfang der zugewiesenen finanziellen Verantwortung sollten nach den übertragenen Entscheidungsbefugnissen für Objektentscheidungen bemessen werden. Die Verantwortung für ein finanzielles Ziel sollte einem Manager nur dann zugeordnet werden, wenn er es mit den ihm übertragenen Entscheidungsbefugnissen gestalten kann. Neben den finanziellen Zielen sind die Manager eines Verantwortungsbereichs regelmäßig für weitere Faktoren mit Einfluss auf die Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele verantwortlich, wie z. B. Qualität, Reaktionszeiten, Mitarbeiterzufriedenheit, Emissionen und Kundenzufriedenheit (vgl. Atkinson u. a. (2012), S. 495). Nach den finanziellen Zielen, für deren Erreichen der Manager verantwortlich ist, werden folgende Arten von Verantwortungsbereichen abgegrenzt (vgl. z. B. Anthony u. a. (2014), S. 228 ff.; Merchant/ van der Stede (2023), S. 250 ff.): <?page no="37"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 37 Cost Center (Engineered Expense Center, Standard Cost Center), Service Center (Discretionary Expense Center, Managed Cost Center), Revenue Center, Profit Center und Investment Center. Cost Center treten vor allem im Produktionsbereich der Unternehmung auf, aber auch in der Logistik und in Verwaltungsabteilungen, denen ausschließlich einige wenige Routineaufgaben zugeordnet sind. Sie sind durch drei Merkmale gekennzeichnet: Der Input kann in Kostengrößen gemessen werden. Der Output kann quantitativ erfasst werden. Die minimalen Kosten einer Output-Einheit sind bekannt. Cost Centern wird das zu erstellende Leistungsprogramm vorgegeben. Die Verantwortung der Manager eines Cost Centers erstreckt sich auf die Wirtschaftlichkeit des Leistungserstellungsprozesses, d. h. auf das Verhältnis zwischen dem Output und dem zu seiner Erstellung erforderlichen Input. Service Center sind Verantwortungsbereiche, die immaterielle Leistungen für andere Verantwortungsbereiche der Unternehmung erbringen. Beispiele sind die Rechtsabteilung, die Marktforschung, die Beschaffung, das Controlling sowie die Forschung und Entwicklung. Bei Service Centern kann der Output nicht quantitativ erfasst und auch die minimalen Kosten einer Output-Einheit können nicht festgestellt werden. Der zu erbringende Output wird über die Anforderungen anderer Bereiche vorgegeben. Verantwortlich ist der Manager eines Service Centers für den bewerteten Input (z. B. die Kosten des Verantwortungsbereichs). Revenue Center sind Verantwortungsbereiche mit Zugang zum Absatzmarkt, wie z. B. Marketing- und Vertriebsabteilungen sowie Verkaufsfilialen. Der Manager eines Revenue Centers hat keinen Einfluss auf die Herstellkosten der Produkte, die in seinem Verantwortungsbereich marktlich verwertet werden. Beeinflussen kann er das Marktergebnis aus der Verwertung dieser Produkte (z. B. die Erlöse) sowie den bewerteten Input für die Verwertung der Produkte, z. B. Reisekosten der Verkaufsmitarbeiter und Kosten für Werbemaßnahmen. Die Verantwortung des Managers eines Revenue Centers erstreckt sich deshalb z. B. auf den Nettoerlös, d. h. die Differenz aus den Erlösen und den Kosten der Leistungsverwertung. Bei einem Profit Center trägt der Manager die Verantwortung für den Erfolg des Verantwortungsbereichs, d. h. für die Differenz aus dem Marktergebnis und zumindest dem bewerteten Input für die Erstellung der Sach- und Dienstleistungen (z. B. Herstellkosten), mit denen das Marktergebnis erzielt wird. Die Verantwortung für diesen Bruttoerfolg kann auch dem Manager einer Vertriebsabteilung zugewiesen werden, die für den Verkauf von Sach- und Dienstleistungen mit sehr unterschiedlichen Stück-Bruttoerfolgen zuständig ist. Eine Erweiterung der finanziellen Verantwortung eines Vertriebsmanagers vom Nettoerlös zum Bruttoerfolg (z. B. Deckungsbeitrag) erhöht den Anreiz, die Verkaufsanstrengungen auf Produkte mit einem hohen Stück-Bruttoerfolg zu lenken. Dem Manager eines Profit Centers kann auch die Verantwortung für den Bruttoerfolg abzüglich weiterer Kosten zugewiesen werden, <?page no="38"?> 38 1 Management als Grundlage des Controlling wie z. B. die Kosten für die Leistungsverwertung und die Kosten der von anderen Verantwortungsbereichen bezogenen Dienstleistungen. Ein Beispiel für ein solches Profit Center sind die Geschäftsbereiche einer divisional organisierten Unternehmung. Hat der Manager eines Verantwortungsbereichs die Entscheidungsbefugnisse, um neben dem Erfolg auch die Investitionen zu gestalten, die für diesen Erfolg getätigt werden, sollte ihm die Verantwortung sowohl für den Erfolg als auch für den Kapitaleinsatz oder die Kosten des Kapitaleinsatzes zugewiesen werden. Ein Verantwortungsbereich mit einem Manager, der sowohl für den Erfolg als auch für den Kapitaleinsatz oder die Kosten des Kapitaleinsatzes verantwortlich ist, wird als Investment Center bezeichnet. Beispiele für Investment Center sind die Unternehmung als Ganzes mit dem obersten Management als Investment-Center-Leitung, Tochtergesellschaften sowie Geschäftsbereiche in großen divisional organisierten Unternehmungen. Managern höherer Ebenen der Managementhierarchie ist eine größere Zahl von Managern mit ihren Verantwortungsbereichen unterstellt. Ihnen wird deshalb eine umfangreichere finanzielle Verantwortung zugewiesen. Abb. 1.8 zeigt die finanzielle Verantwortung auf den Ebenen der Managementhierarchie am Beispiel einer Unternehmung mit divisionaler Organisation (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 229). Unternehmungsleitung Geschäftsbereich A Geschäftsbereich B Beschaffung Absatz Produktion Investment Center Profit Center Service Center Cost Center Revenue Center Abb. 1.8: Verantwortungsbereiche einer divisional organisierten Unternehmung Phasen im Prozess des Managements Die Problemstellung des Managements ist die Festlegung der Sach- und Formalziele der Unternehmung, die Gestaltung des Unternehmungsprozesses sowie die Primärkoordination. Zur Bearbeitung dieser Problemstellung nimmt das Management sachbezogene, strukturbezogene und personenbezogene Aufgaben wahr. Da diese Aufgaben der Primärkoordination dienen, die als originäre Aufgabe des Managements gesehen wird, werden sie auch als die derivativen Aufgaben des Managements bezeichnet (vgl. Bleicher/ Meyer (1976), S. 48 ff.). Die sachbezogenen Aufgaben betreffen die Festlegung der Sach- und Formalziele sowie die zu ihrer Realisation durchzuführenden Handlungen. Die strukturbezogenen Aufgaben dienen der Gestaltung und Koordination eines arbeitsteilig ausgeführten <?page no="39"?> 1.2 Abgrenzung des Managements 39 Unternehmungsprozesses durch die Strukturierung der Aufgaben zur Realisation der Sachziele der Unternehmung. Die personenbezogenen Aufgaben zielen auf die Mitarbeiter, die mit den Aufgaben zur Realisation der Sachziele betraut sind. Durch diese Aufgaben soll der zielorientierte Vollzug des Unternehmungsprozesses sichergestellt werden. Die sach-, struktur- und personenbezogenen Aufgaben des Managements werden wahrgenommen, indem eine Vielzahl verschiedenartiger Verrichtungen durchgeführt wird. Diese Verrichtungen werden in der Literatur zu den Phasen eines Managementprozesses zusammengefasst. In den Beiträgen zur Unternehmungsführung werden vielfach drei Phasen abgegrenzt: Willensbildung, Willensdurchsetzung und Willenssicherung (vgl. Bleicher/ Meyer (1976), S. 51 ff.) oder Planung, Durchsetzung und Kontrolle (Wild (1981), S. 33 ff.). Bei der Planung werden die Sach- und Formalziele der Unternehmung festgelegt sowie die Handlungen, die zur Realisation dieser Ziele ausgeführt werden sollen. Beginnend mit der Zielplanung wird eine Folge von Plänen mit immer detaillierteren und präziseren inhaltlichen, mengenmäßigen und zeitlichen Angaben zu den Handlungen erstellt, die zur Zielerreichung durchgeführt werden sollen. Diese Pläne bilden eine Planhierarchie mit mehreren Ebenen. Abb. 1.9 zeigt einige Vorschläge zum Aufbau einer Planhierarchie, die sich in Anzahl, Inhalt und Benennung der Ebenen unterscheiden (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 107). Strategische Planung Strategische Planung Strategieformulierung Generelle Zielfestlegung Unternehmungspolitische Rahmenplanung Operative Planung Taktische Planung Strategische Programmplanung Langfristige operative Planung Kurzfristige operative Planung Strategieimplementierung Generelle Zielplanung Operative Planung Strategische Planung Gesamtunternehmungsbezogene Erfolgs- und Finanzplanung Operative Planung Abb. 1.9: Vorschläge zum Aufbau von Planhierarchien in der Literatur Jeder Plan ist mit einem Realisationsrisiko verbunden, d. h. der Gefahr, dass die geplanten Handlungen nicht oder nicht plankonform umgesetzt oder die festgelegten Ziele nicht erreicht werden (vgl. Wollnik (1989), Sp. 1381). Eine mögliche Ursache sind die Erwartungen und Prognosen, auf denen ein Plan beruht. Verläuft die Entwicklung anders als erwartet oder prognostiziert, kommt es zu Abweichungen zwischen den realisierten und den im Plan festgelegten Größen. Als weitere mögliche Ursache des Realisationsrisikos kann genannt werden, dass Pläne regelmäßig von Mitarbeitern realisiert werden, die an der Planung nicht mitgewirkt haben. Diese Mitarbeiter verfolgen individuelle Ziele und verfügen über spezifische Fachkenntnisse, die bei der Planung meist nicht vollumfänglich berücksichtigt werden. Es kann deshalb nicht erwartet werden, dass sich die mit der Planrealisation beauftragten Mitarbeiter stets plankonform verhalten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie den <?page no="40"?> 40 1 Management als Grundlage des Controlling Plan ignorieren, ihn abwandeln oder unter dem im Plan festgeschriebenen Leistungsniveau bleiben. Um die Planrealisation sicherzustellen, wird die Planung um die Plandurchsetzung und die Kontrolle ergänzt. Die Durchsetzung ist die Veranlassung der Planrealisation sowie die Gestaltung des Realisationsrisikos des Plans durch die vorbereitende, begleitende und korrigierende Einflussnahme auf die Planrealisation. Veranlasst wird die Planrealisation, indem die Pläne in Aufgabenpakete gegliedert und Mitarbeiter mit diesen Aufgabenpaketen betraut, über die Planinhalte unterrichtet sowie mit den finanziellen und sachlichen Ressourcen ausgestattet werden. Zur vorbereitenden und begleitenden Einflussnahme auf die Planrealisation werden die Determinanten des Arbeitsverhaltens an die Anforderungen des Plans angepasst, d. h. das soziale Dürfen und Sollen, das situative Ermöglichen, das individuelle Wollen sowie das persönliche Können der Mitarbeiter. Die Durchsetzung umfasst sowohl strukturbezogene als auch personenbezogene Aufgaben. In der Literatur zum Management wird die Durchsetzung deshalb häufig in drei Phasen unterteilt: die Organisation, den Personaleinsatz und die Führung. Danach werden die Aufgaben des Managements in folgende fünf Managementfunktionen gegliedert (vgl. Koontz/ Weihrich (1988), S. 15 ff.): die Planung, die Organisation, der Personaleinsatz, die Führung und die Kontrolle. Bei der Organisation werden die Aufgaben, die zur Realisation der Sach- und Formalziele auszuführen sind, spezifiziert und zu Stellen zusammengefasst. Die Stellen werden mit den zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Befugnissen ausgestattet. Es werden Regelungen zur Verknüpfung der Stellen sowie zum Aufgabenvollzug festgelegt. Damit die Aufgaben plangemäß ausgeführt werden, sind beim Personaleinsatz die geschaffenen Stellen anforderungsgerecht zu besetzen. Das verlangt nach einer Analyse der Anforderungen, die ein Arbeitsplatz an die Mitarbeiter stellt, sowie der Auswahl und Qualifizierung geeigneter Mitarbeiter. Zur Sicherung einer plangemäßen Ausführung der Aufgaben wird bei der Führung Einfluss auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter genommen, um es an den Sach- und Formalzielen auszurichten. Um die Realisation der Pläne zu sichern, werden bei der Kontrolle Informationen über die Aufgabenerfüllung erfasst und ausgewertet. Genutzt werden die Informationen zur Beeinflussung des Arbeitsverhaltens von Mitarbeitern und bei erwarteten oder bereits eingetretenen Planabweichungen zur Korrektur der Planung, der Organisation, des Personaleinsatzes oder der Führung (vgl. Frese (1987), S. 184 f.). Dieser Systematik liegt die Vorstellung einer linearen Abfolge der Managementfunktionen als Phasen eines Managementprozesses mit der Planung als Primärfunktion zugrunde (vgl. Schreyögg (1991), S. 258 f.). Nach dieser Vorstellung beginnt der Managementprozess mit der Planung. Sie bildet einen Orientierungsrahmen für alle weiteren Managementfunktionen, d. h., alle anderen Managementfunktionen richten sich an den Ergebnissen der Planung aus. Die Phasen des Managementprozesses sind durch eine Vielzahl von Informationsströmen untereinander, mit dem Unterneh- <?page no="41"?> 1.3 Aufgaben des Managements 41 mungsprozess und der Unternehmungsumwelt verbunden. Abb. 1.10 zeigt eine Darstellung dieser klassischen Vorstellung vom Managementprozess. Dabei handelt es sich um eine idealtypische Struktur der Managementaktivitäten, um die Zusammenhänge zwischen den Managementfunktionen und ihrem Umfeld zu verdeutlichen. Sie ist keine Beschreibung realer Abläufe im Management. In der Unternehmungspraxis können die Phasen in einer anderen Reihenfolge, teilweise parallel oder überlappend ausgeführt werden. Die Phasen können von Unterzyklen, Vor- und Rückkopplungen überlagert sein. Unternehmungsprozess Planung Kontrolle Führung Personaleinsatz Organisation Unternehmungsumwelt Abb. 1.10: Managementprozess Aufgaben des Managements Planung als sachbezogene Aufgabe Merkmale und Funktionen der Planung Bei der Planung werden für einen vorgegebenen künftigen Zeitraum die Sach- und Formalziele der Unternehmung sowie die Handlungen festgelegt, die zur Erreichung dieser Ziele ausgeführt werden sollen. Dieser künftige Zeitraum ist der Planungszeitraum. Das Ergebnis der Planung gibt darüber Auskunft, was während des Planungszeitraums erreicht und wie es erreicht werden soll (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 233). Die Planung kann als die vor der Realisation liegende gedankliche Vorbereitung des Handelns während einer vorgegebenen Periode verstanden werden. Sie kann einmalig (z. B. Gründungs-, Standortplanung), fallweise (Projektplanung) oder <?page no="42"?> 42 1 Management als Grundlage des Controlling periodisch (Produktions-, Absatz-, Investitionsplanung usw.) durchgeführt werden (vgl. Mag (1995), S. 39). Das Ergebnis der Planung sind Pläne. Ein Plan enthält Aussagen zu den Bestimmungsmerkmalen künftigen Handelns, die im Planungsprozess inhaltlich festgelegt worden sind. Er enthält Angaben zu den gesetzten Zielen, den festgestellten Problemen, den zur Problemlösung ausgewählten Handlungen, den Ergebnissen der ausgewählten Handlungen, zu den Ressourcen und Terminen, den für die Planrealisation verantwortlichen Mitarbeitern, dem Planungszeitraum sowie den Prämissen (vgl. Wild (1981), S. 14). Die Prämissen geben alle Erwartungen, Prognosen und Annahmen zur Unternehmungs- und Umweltentwicklung sowie zum Arbeitsverhalten der Mitarbeiter wieder, die dem Plan zugrunde liegen. Die Handlungen zur Zielerreichung werden in Plänen mehr oder weniger global beschrieben. Diese Handlungen werden deshalb parallel zur Planrealisation durch Entscheidungen detailliert und präzisiert sowie an Abweichungen von den Planprämissen angepasst, z. B. an die Nachfrageänderung bei einem Produkt. Beispiel zu Entscheidungen während der Planrealisation Bei der Planung des Produktionsprogramms wird z. B nur die von der Unternehmung im Planungszeitraum zu produzierende Menge jedes Produkts festgelegt. In diesem Fall wird erst parallel zur Planrealisation über die Verteilung der Produktmengen auf die Teilperioden des Planungszeitraums entschieden. Nach der Planung des Produktionsprogramms geht ein Auftrag ein, der aus dem geplanten Produktionsprogramm nicht erfüllt werden kann. Diese Änderung der Planprämisse zur Nachfrage erfordert eine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Zusatzauftrags (vgl. Kilger (1993), S. 845), die während des Planungszeitraums getroffen und eine Änderung des Plans nach sich ziehen kann. Genauer beschrieben werden kann die Planung durch folgende Merkmale (vgl. Wild (1981), S. 13 f.; Fandel (1983), S. 480): [1] Zukunftsbezug Planung wertet die für den Planungszeitraum erwartete Entwicklung der Unternehmung und ihrer Umwelt aus, um Chancen für eine bessere Zielerreichung nutzen und Risiken für die Zielerreichung begegnen zu können. Planung baut damit auf Erwartungen und Prognosen über die Entwicklung der Unternehmung und ihrer Umwelt auf. [2] Gestaltungscharakter Mit der Planung werden Handlungsmöglichkeiten erarbeitet, mit denen erwartete Chancen genutzt und drohende Risiken vermindert werden können, um die gesetzten Ziele bestmöglich zu erreichen. [3] Rationalität Planung ist bewusstes, zielgerichtetes Denken in einem Problemlösungsprozess, der durch methodisch-systematisches Vorgehen gekennzeichnet ist. <?page no="43"?> 1.3 Aufgaben des Managements 43 [4] Prozesscharakter Planung ist eine Abfolge verketteter Aktivitäten, die der Zielbildung, der Problemerkennung und -analyse sowie der Problemlösung dienen. Verkettet sind die Aktivitäten über die Informationen, die durch eine Aktivität gewonnen und bei nachfolgenden Aktivitäten verwendet werden. [5] Informationeller Charakter Planung umfasst die Gewinnung, Aufnahme, Verarbeitung und Übermittlung von Informationen (vgl. Witte (1993), Sp. 915). Sie findet vor der Realisation statt. Planung ist ein systematisch und rational durchgeführter informationsverarbeitender Prozess zur Festlegung der Ziele sowie der Handlungen, die bei der im Planungszeitraum erwarteten Unternehmungs- und Umweltentwicklung zur Erreichung dieser Ziele ausgeführt werden sollen. Die Funktionen der Planung geben Antwort auf die Frage, welche Vorteile mit der Planung im Vergleich zum Verzicht auf die Planung realisiert werden können. In der Literatur wird eine Vielzahl von Funktionen der Planung genannt (zu einem Überblick Rühli (1989), Sp. 568 ff.), die in Grundfunktionen und spezielle Funktionen der Planung gegliedert werden. Die Grundfunktionen beschreiben die Beiträge zur Steigerung der Effektivität des Unternehmungsprozesses, die mit Planung generell realisiert werden können, auch in Einpersonenunternehmungen. Daneben hat die Planung bei arbeitsteilig ausgeführtem Unternehmungsprozess auch Vorteile für die Führung in der Unternehmung. Diese werden durch die speziellen Funktionen der Planung beschrieben (vgl. Wild (1981), S. 15 ff.). Grundfunktionen der Planung sind vor allem (vgl. Wild (1981), S. 15 ff.): das Nutzen von Chancen, das Verringern von Risiken, das Erhöhen der Flexibilität und die Koordination von Handlungen. Durch Planung können Chancen zur Sicherung oder Steigerung der Zielerreichung genutzt werden. Dieser Funktion wird die Planung dadurch gerecht, dass im Planungsprozess zunächst die Chancen der Unternehmungs- und Umweltentwicklung im Planungszeitraum analysiert werden. Auf dieser Grundlage wird geklärt, welche Ziele realisierbar sind, welche Ziele angestrebt und welche Prioritäten ihnen zugeordnet werden sollen. An diesen Zielen werden die nachfolgenden Planungsaktivitäten ausgerichtet und Handlungen zur Zielerreichung erarbeitet sowie ausgewählt. Im Planungsprozess wird die Umwelt analysiert, um drohende Risiken frühzeitig zu identifizieren. Auf dieser Grundlage werden Handlungsmöglichkeiten erarbeitet, um die identifizierten Risiken zu verringern. Die bei der Planung angenommene Entwicklung jedes relevanten Unternehmungs- und Umweltfaktors wird als Prämisse im Plan dokumentiert. Durch den Vergleich mit der tatsächlichen Entwicklung dieser Faktoren während des Planungszeitraums können drohende Zielabweichungen frühzeitig erkannt und Anpassungshandlungen entwickelt und umgesetzt werden. <?page no="44"?> 44 1 Management als Grundlage des Controlling Unter Flexibilität wird das Vorhandensein von Handlungsmöglichkeiten verstanden, mit denen die Ziele auch bei veränderten Unternehmungs- und Umweltbedingungen erreicht werden können. Dieser Handlungsspielraum kann während des Planungszeitraums durch Sach- und Zeitzwänge kontinuierlich kleiner werden. Planung findet vor Beginn des Planungszeitraums statt. Sie erlaubt damit die Auswahl von Handlungsmöglichkeiten, die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr ergriffen werden können, da sie nicht mehr verfügbar sind, aufgrund des Handlungsdrucks nicht identifiziert werden oder weil Voraussetzungen für ihre Realisation fehlen und nicht mehr geschaffen werden können. Beispiel zur Flexibilität als Grundfunktion der Planung Bei der Beschaffungsplanung kann durch die Gegenüberstellung der Angebotsmenge der aktuellen Lieferanten und der Bedarfsentwicklung im Planungszeitraum ein Versorgungsengpass erkannt werden. Dadurch kann frühzeitig systematisch nach neuen Bezugsquellen im In- und Ausland gesucht und es können neue Möglichkeiten der Versorgungssicherung (z. B. Eigenfertigung, Substitution) erschlossen werden. Würde erst bei Eintreten des Versorgungsengpasses über Anpassungsmaßnahmen entschieden, könnte nicht auf Lagerbestände zurückgegriffen werden, es würde u. U. auch die Zeit für die Suche und Erschließung geeigneter Bezugsquellen fehlen. Der Bedarf könnte deshalb möglicherweise nur zu höheren Kosten oder nicht in der erforderlichen Qualität gedeckt werden. Planung trägt sowohl zur horizontalen als auch zur vertikalen Koordination von Handlungen bei. Der Beitrag zur horizontalen Koordination ergibt sich daraus, dass mit der Planung Handlungen zur Zielerreichung für mehrere Bereiche und Perioden festgelegt werden. Bei Verzicht auf Planung würden diese Handlungen zu verschiedenen Zeitpunkten in unterschiedlichen Bereichen mehr oder weniger isoliert und unkoordiniert ausgewählt und realisiert. Bei der Planung werden diese Handlungen gemeinsam erarbeitet und so aufeinander abgestimmt in einem Gesamtplan zusammengefasst, dass die angestrebten Ziele erreicht werden können. Durch das Festlegen von Zielen gibt die Planung die Richtung und die Grenzen für alle Entscheidungen während der Planrealisation vor. Das Entscheiden und Handeln während des Planungszeitraums werden dadurch an den verfolgten Zielen ausgerichtet, d. h. vertikal koordiniert. Die speziellen Funktionen der Planung benennen die Vorteile, welche durch Planung für die Führung in Unternehmungen mit arbeitsteilig ausgeführtem Unternehmungsprozess realisiert werden können (vgl. Wild (1981), S. 18 f.). Diese speziellen Funktionen der Planung sind die Zielausrichtung, die Bewertung und die Verhaltensbeeinflussung. Die Pläne des Managements geben den Mitarbeitern der Unternehmung die Ziele vor, an denen sie ihr Handeln ausrichten sollen. Die in diesen Plänen festgelegten Handlungen zur Zielerreichung begrenzen zudem die Handlungsspielräume der Mitarbeiter. Pläne des Managements wirken damit wie explizite Verhaltensnormen. Mit der Planung werden Art, Umfang und Termin der Beiträge präzisiert, die Bereiche und die Unternehmung im Planungszeitraum leisten sollen. Damit wird ein Maßstab <?page no="45"?> 1.3 Aufgaben des Managements 45 für die Bewertung der Ergebnisse der Unternehmung und ihrer Bereiche geschaffen sowie eine leistungsgerechte Beurteilung und Entlohnung der Mitarbeiter ermöglicht. Die Zielwirkung der Pläne des Managements hängt vom Arbeitsverhalten der Mitarbeiter bei der Planrealisation ab. Planung eröffnet Möglichkeiten, Mitarbeiter zu motivieren, die Pläne zu befolgen. Beispielsweise lässt der Prozesscharakter der Planung die Mitwirkung der Mitarbeiter an der Planung des Vorgesetzten zu. Über die Mitwirkung kann die Akzeptanz der festgelegten Ziele und Handlungen bei den Mitarbeitern erhöht werden. Auch kann der Plan innerhalb der Unternehmung kommuniziert werden. Dadurch werden alle Mitarbeiter informiert, was im Planungszeitraum von ihnen erwartet wird, und damit die Voraussetzungen für ein plankonformes Arbeitsverhalten geschaffen. Ebenen der Planung Aufgabe der Planung ist es zum einen, die finanziellen Unternehmungsziele zu setzen, die in der Unternehmung kurz-, mittel- und langfristig erreicht werden sollen. Zum anderen sind für jeden Bereich der Unternehmung die Handlungen zur Erreichung dieser Ziele festzulegen. Kurzfristig werden finanzielle Ergebnisse in den Kernfeldern der Unternehmung erwirtschaftet. In diesen Feldern werden Produkte des Leistungsprogramms der Unternehmung auf Märkten mit geringem Wachstumspotenzial und mittelfristig stagnierenden oder sogar schrumpfenden Wachstumsraten angeboten. Um auch mittel- und langfristig finanzielle Ergebnisse erwirtschaften zu können, sollten Wachstumsfelder entwickelt sowie Zukunftsfelder erschlossen werden. Werden neue Produkte auf Märkten mit hohen Wachstumsraten angeboten, liegt ein Wachstumsfeld vor. Zukunftsfelder zeichnen sich schließlich dadurch aus, dass Projekte zur Entwicklung neuer Produkte für erfolgversprechende Märkte initiiert worden sind (vgl. Coenenberg/ Salfeld/ Schultze (2015), S. 111 ff.). Um die Komplexität der Planung handhabbar zu machen, wird nicht in einem einzelnen Planungsprozess ein umfassender Gesamtplan für die Unternehmung erstellt, sondern es werden mehrere Planungsprozesse durchgeführt, die zu Plänen abgegrenzter Planungsbereiche führen. Beginnend mit der Zielplanung wird eine Folge von Plänen mit zunehmend kürzerem Planungszeitraum und kleinerem Planungsbereich sowie mit immer detaillierteren und präziseren inhaltlichen, mengenmäßigen und zeitlichen Angaben zu den Handlungen erstellt, die im Planungszeitraum ausgeführt werden sollen. Dadurch entsteht eine Planhierarchie mit mehreren Ebenen. Die Pläne verschiedener Ebenen sind einander über- oder untergeordnet. Übergeordnete Pläne geben den Rahmen vor, in dem die untergeordneten Pläne zu entwickeln sind. Die untergeordneten Pläne füllen den vorgegebenen Rahmen aus, indem sie die Inhalte des übergeordneten Plans detaillieren und präzisieren. Die unterste Ebene bilden die Ausführungspläne, d. h., realisationsreife Pläne. Sie sind so detailliert, dass die zur Realisation notwendigen Ressourcen und die auszuführenden Aktivitäten unmittelbar identifiziert werden können. In Wissenschaft und Unternehmungspraxis haben sich u. a. Planhierarchien mit drei Ebenen herausgebildet. Die nach dem Planungszeitraum und dem Planungsbereich sowie dem Detaillierungs- und Präzisionsgrad abgegrenzten Pläne dieser drei Ebenen sind die strategischen und taktischen Pläne sowie die operativen Pläne, die <?page no="46"?> 46 1 Management als Grundlage des Controlling als Ausführungspläne die unterste Ebene der Planhierarchie bilden. Abb. 1.11 zeigt ein einfaches Beispiel für eine Planhierarchie. ... Strategischer Unternehmungsplan Taktischer Bereichsplan 2 Taktischer Bereichsplan 1 Operativer Absatzplan 1 Operativer Beschaffungsplan 1 Operativer Beschaffungsplan 2 Operativer Absatzplan 2 ... Abb. 1.11: Beispiel für eine Planhierarchie [1] Strategische Planung Der Planungsbereich der strategischen Planung erstreckt sich über die gesamte Unternehmung. Sie ist eine langfristige Planung mit einem Planungszeitraum von bis zu fünf Jahren. Der Detaillierungsgrad der strategischen Planung ist gering. Aufgrund des geringen Detaillierungsgrads und des langen Planungszeitraums nutzt die strategische Planung vorwiegend qualitative Informationen und hat damit einen geringen Präzisionsgrad (vgl. Colley u. a. (2007), S. 139 f.). Die strategische Planung wird in drei Phasen gegliedert: die strategische Zielplanung, die Strategieentwicklung und die Strategieimplementierung. Ergebnis der strategischen Zielplanung ist der normative Rahmen der Unternehmung. Es sind die Vision, die Mission, der Purpose, die Werte und die langfristigen Ziele der Unternehmung, die den normativen Rahmen ausmachen. Eine Vision ist als eine richtungsweisende normative Vorstellung von herausfordernden Zielen zu verstehen. Durch die Mission wird der zulässige Handlungsrahmen für die Realisation der durch die Vision beschriebenen Zukunft der Unternehmung definiert. Die Mission soll unerwünschte Vorhaben, Verfahrens- und Verhaltensweisen klar abgrenzen und dadurch verhindern. Mit dem Purpose wird der soziale und ökologische Beitrag beschrieben, der mit der Geschäftstätigkeit realisiert werden soll (vgl. Müller- Stewens/ Brauer (2021), S. 95 ff.). Die Werte einer Unternehmung sind die Überzeugungen, Eigenschaften und Normen, nach denen Management und Mitarbeiter bei der Umsetzung der Vision und der Mission handeln sollen. Die langfristigen Ziele der Unternehmung übersetzen die Vision, die Mission und den Purpose in Vorgaben (vgl. Thompson u. a. (2022), S. 31). Sie sind der Maßstab für die Messung und Beurteilung der Performance des Managements und der Mitarbeiter bei der Implementierung der Strategie. Arten langfristiger Ziele sind die langfristigen finanziellen und die strategischen Ziele (vgl. David/ David (2017), S. 121 f.). Die langfristigen finanziellen Unter- <?page no="47"?> 1.3 Aufgaben des Managements 47 nehmungsziele geben die Entwicklung der finanziellen Ergebnisse in den Perioden des langfristigen Planungszeitraums vor. Mit den strategischen Zielen wird festgelegt, wie die langfristigen finanziellen Ziele erreicht und langfristig gesichert werden sollen. Neben die langfristigen finanziellen Ziele können ökologische oder soziale Nachhaltigkeitsziele treten (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 559 ff.). Beispiele zu den langfristigen Unternehmungszielen Als Beispiele zu den langfristigen Unternehmungszielen können genannt werden (vgl. Thompson u. a. (2022), S. 31 f.): Langfristige finanzielle Unternehmungsziele: Erhöhung des Erfolgs nach Steuern um jährlich 8 %; Steigerung des Erfolgs je Aktie um jährlich 4 %; Erhöhung der Dividenden um jährlich 2 %; Wachstum des Shareholder Value um jährlich 2 % während des gesamten Planungszeitraums der strategischen Planung. Strategische Unternehmungsziele: Erhöhung des Marktanteils um 12 %; Senkung der Unternehmungskosten unter das Niveau der Wettbewerber; Verbesserung der Qualität oder des Service auf ein Niveau, das über dem der Wettbewerber liegt; Erreichen einer Kundenzufriedenheitsrate von 90 %; neue oder verbesserte Produkte der Unternehmung werden stets früher in den Markt eingeführt als die der Wettbewerber. Strategische Pläne bilden die oberste Ebene der Planhierarchie. Sie legen fest, wie die langfristigen Unternehmungsziele erreicht werden sollen. Ein Bestandteil strategischer Pläne sind die Strategien. Sie beschreiben einen an den Chancen und Risiken der Unternehmungsumwelt und den Stärken und Schwächen der Unternehmung ausgerichteten Rahmen für den Aufbau und den Einsatz von Ressourcen und Fähigkeiten zur Erreichung der gesetzten Ziele (vgl. Kreikebaum/ Gilbert/ Behnam (2011), S. 25). Definiert wird dieser Rahmen vor allem durch die künftigen Tätigkeitsbereiche der Unternehmung, das Vorgehen in den Tätigkeitsbereichen, um im Wettbewerb bestehen zu können, sowie die Vorstellung darüber, wie in den Tätigkeitsbereichen langfristig Erfolge zur Erreichung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele erwirtschaftet werden können (vgl. Hambrick/ Fredrickson (2005 ), S. 51 ff.) . Eine Strategie legt die grundsätzlichen, langfristigen Vorgehensweisen fest, wie die Unternehmung ihre Stärken nutzt und mit ihren Schwächen umgeht, um bei den sich bietenden Chancen und den drohenden Risiken der Umwelt ihre langfristigen Ziele zu erreichen (vgl. Kreikebaum (1991), S. 25). Vom normativen Rahmen ausgehend werden in der Phase der Strategieentwicklung in mehreren systematischen Schritten die Strategien erarbeitet. Diese Schritte sind die strategische Segmentierung, die strategische Analyse, die Strategieformulierung sowie die Strategiebewertung und -auswahl. <?page no="48"?> 48 1 Management als Grundlage des Controlling Eine Unternehmung kann in Kern-, Wachstums- und Zukunftsfeldern tätig sein. Diese Tätigkeitsbereiche bieten eigenständige Entwicklungsperspektiven, Chancen und Risiken. Es kann deshalb erforderlich sein, dass für diese Tätigkeitsbereiche verschiedene Strategien zu entwickeln sind. Die Strategieentwicklung beginnt deshalb mit der strategischen Segmentierung. Aufgabe dieses Schritts der Strategieentwicklung ist die Abgrenzung strategischer Geschäftsfelder, die neben der Unternehmung weitere Planungsbereiche der strategischen Planung bilden. Nach dem Planungsbereich werden Unternehmungs-, Geschäftsfeld- und Funktionsbereichsstrategien unterschieden (vgl. Hofer/ Schendel (1978), S. 27 ff.). Die Unternehmungsstrategie ist die übergeordnete Strategie. Durch sie wird festgelegt, in welchen Geschäftsfeldern die Unternehmung tätig sein soll. Die Geschäftsfeldstrategien differenzieren und detaillieren die Unternehmungsstrategien. Gegenstand der Geschäftsfeldstrategien sind die Wettbewerbsvorteile, die in jedem dieser Geschäftsfelder entwickelt werden sollen. Den Geschäftsfeldstrategien sind die Funktionsbereichsstrategien untergeordnet. Sie machen Aussagen über den Beitrag, den die Funktionsbereiche (z. B. Forschung & Entwicklung, Beschaffung, Produktion) zur Umsetzung der Geschäftsbereichsstrategien leisten sollen. Zweck der strategischen Analyse ist es, die Stärken und Schwächen der Unternehmung und die Chancen und Risiken der Unternehmungsumwelt zu identifizieren und zu bewerten. Zu analysieren sind das Umfeld, in das die Unternehmung eingebettet ist, und die internen Elemente (z. B. Ressourcen, Abläufe, Strukturen), die zusammen die Unternehmung ausmachen. Entsprechend wird die strategische Analyse in eine Umwelt- und eine Unternehmungsanalyse gegliedert. Aufgabe der Strategieformulierung ist es, für die Gesamtunternehmung und die strategischen Geschäftsfelder strategische Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Aufgabe der Strategiebewertung ist es, die strategischen Handlungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund des normativen Rahmens zu beurteilen. Die Strategiebewertung ist die Voraussetzung der Strategieauswahl, d. h. der Entscheidung zwischen den strategischen Handlungsmöglichkeiten. Strategien sind zu wenig detailliert und präzisiert, um sie direkt realisieren zu können. Konkrete Handlungen zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele werden erst auf der Ebene der taktischen und operativen Planung festgelegt. Taktische und operative Pläne haben einen weniger umfangreichen Planungsbereich und einen kürzeren Planungszeitraum. Nach der Strategieentwicklung werden deshalb zunächst sachlich und zeitlich abgegrenzte Handlungspakete sowie kurz- und mittelfristige Zwischenziele für das Erreichen der langfristigen Unternehmungsziele geplant. Ergebnisse dieser Planung sind die strategischen Handlungsfelder, die strategischen Maßnahmenprogramme und die strategischen Kennzahlensysteme. Diese Bestandteile des strategischen Plans werden auf der taktischen und der operativen Ebene zur Planung konkreter Handlungen aufgegriffen, die zum Erreichen der langfristigen Unternehmungsziele beitragen sollen. Abb. 1.12 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen strategischer, taktischer und operativer Planung. Die Transformation der Strategie in konkrete Handlungen ist eine Aufgabe der Strategieimplementierung. Diese folgt auf die Strategieentwicklung und erstreckt sich von der strategischen Planung über die Durchsetzung der Strategie bis zur taktischen und operativen Planung (vgl. Kolks (1990), S. 79; Raps (2017), S. 76 ff.). <?page no="49"?> 1.3 Aufgaben des Managements 49 Strategische Initiativen Strategisches Handlungsfeld 1 Strategisches Handlungsfeld 3 Strategisches Handlungsfeld 2 Strategisches Maßnahmenprogramm C Strategisches Kennzahlensystem Strategie Strategisches Maßnahmenprogramm A Strategisches Maßnahmenprogramm B Strategischer Plan Taktischer Plan Operativer Plan Abb. 1.12: Beziehungen zwischen den Plänen in der Planhierarchie Die Strategieimplementierung umfasst (1) die Präzisierung und Detaillierung der Strategien auf der strategischen Ebene der Planung, (2) die Durchsetzung der Strategie sowie (3) die Planung von Handlungen auf den nachfolgenden Ebenen der Planhierarchie, um die Strategien der Unternehmung in tatsächliches Handeln zu überführen. Bestandteile strategischer Pläne sind neben den Strategien auch die während der Strategieimplementierung geplanten strategischen Handlungsfelder, strategischen Maßnahmenprogramme und strategischen Kennzahlensysteme. Strategische Handlungsfelder geben vor, wie bei der Umsetzung der Strategien die Bestimmungsfaktoren der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele gesichert und verbessert werden sollen. Zur Entwicklung strategischer Handlungsfelder werden zunächst strategische Initiativen identifiziert. Das sind sehr allgemein formulierte Handlungen, die zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele ausgeführt werden sollen. Die strategischen Initiativen werden zu strategischen Handlungsfeldern zusammengefasst und mit Prioritäten versehen. Die strategischen Handlungsfelder werden nach den Bestimmungsfaktoren der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele gebildet (vgl. Colley u. a. (2007), S. 147 f.). Die strategischen Initiativen werden entsprechend nach ihrem Einfluss auf das Umsatzwachstum, die operative Exzellenz (z. B. Kosten, Qualität, Service) und die Vermögens- und Finanzstruktur zu strategischen Handlungsfeldern zusammengefasst. Die Prioritäten legen die Reihenfolge fest, in der strategische Initiativen geplant und realisiert werden sollen. Zur Herleitung der strategischen Maßnahmenprogramme werden aus jedem Handlungsfeld die strategischen Initiativen mit den jeweils höchsten Prioritäten inhaltlich konkretisiert und bereichsbezogen gegliedert. Die resultierenden strategi- <?page no="50"?> 50 1 Management als Grundlage des Controlling schen Maßnahmenprogramme legen für jeden Bereich der Unternehmung die Handlungen fest, die zur Umsetzung der Strategie ausgeführt werden sollen. Detailliert geplant werden nur die strategischen Maßnahmenprogramme, die während der nächsten Planperiode (z. B. ein Jahr) realisiert werden sollen. Die übrigen Maßnahmenprogramme werden zunächst nur grob geplant (vgl. Colley u. a. (2007), S. 146 f.). Mit dem strategischen Kennzahlensystem werden Zwischenziele für die langfristigen Unternehmungsziele festgelegt. Es umfasst die Kennzahlen, die der taktischen und operativen Planung als Ziele vorgegeben werden. Die Kennzahlen werden aus den langfristigen Unternehmungszielen, den geplanten Maßnahmenprogrammen und den Faktoren hergeleitet, die für das Erreichen der langfristigen Ziele kritisch sind (vgl. Colley u. a. (2007), S. 147 f.). [2] Taktische und operative Planung In der strategischen Planung werden zur Realisation der langfristigen Unternehmungsziele Zukunftsfelder erschlossen, Wachstumsfelder entwickelt und Kernfelder gesichert. In der taktischen und operativen Planung werden Handlungen festgelegt, die während der nächsten Planperiode zur Umsetzung der Strategie in tatsächliches Handeln durchgeführt werden sollen. Der strategischen Planung untergeordnet ist die taktische Planung. Gegenstand der taktischen Planung sind die mittelfristigen finanziellen Unternehmungsziele und die Rahmenbedingungen (Entwicklung von Produktvarianten, Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, Aufbau von Kapazitäten), die für die Realisation des strategischen Plans zu schaffen sind. Mit den mittelfristigen Unternehmungszielen werden diejenigen Beiträge zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele festgelegt, die durch die im Planungszeitraum zu schaffenden Rahmenbedingungen erwirtschaftet werden sollen. Die taktische Planung ist eine mittelfristige Planung, wobei der Planungszeitraum eine Planperiode des Planungszeitraums der strategischen Planung ist. Auf der taktischen Ebene der Planung wird der strategische Plan so weit detailliert, dass Art und Umfang der zu schaffenden Rahmenbedingungen hergeleitet werden können. Der Detaillierungsgrad der taktischen Planung ist deshalb höher als bei der strategischen Planung. Für die taktische Planung werden daher neben qualitativen auch quantitative Informationen ausgewertet (vgl. Colley u. a. (2007), S. 151 f.). Die Ergebnisse der operativen Planung bilden die unterste Ebene der Planhierarchie. Die operative ist der taktischen Planung untergeordnet. Anders als strategische und taktische Pläne werden operative Pläne nicht durch Pläne nachfolgender Ebenen detailliert und präzisiert, sondern durch konkretes Handeln realisiert. Nur operative Pläne sind Ausführungspläne. Es sind kurzfristige Pläne mit einem Planungszeitraum von maximal einem Jahr innerhalb des Planungszeitraums des übergeordneten taktischen Plans. Der Detaillierungs- und der Präzisionsgrad sind hoch. Geplant werden diejenigen Handlungen, die im nächsten Quartal oder im nächsten Jahr zur Umsetzung des strategischen und des taktischen Plans ausgeführt werden sollen. Im operativen Plan sind diese Handlungen mit Ressourcen und Fristen versehen. Ein Beispiel für solche operativen Pläne ist der Projektplan für die Entwicklung einer Produktvariante oder für die Weiterbildung der Mitarbeiter zur Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie. <?page no="51"?> 1.3 Aufgaben des Managements 51 Neben der Umsetzung des strategischen und des taktischen Plans kommt der operativen Planung eine weitere Aufgabe zu. Für die Kern- und Wachstumsfelder werden bei der operativen Planung die kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele als Formalziel und das Leistungsprogramm als Sachziel festgelegt sowie die Handlungen zur Leistungserstellung und -verwertung, die in der nächsten Planperiode zur Realisation dieser Ziele ausgeführt werden sollen. Die kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele sind die finanziellen Ergebnisse, die unter den in der Planperiode gegebenen Unternehmungs- und Umweltbedingungen in den Kern- und Wachstumsfeldern der Unternehmung erwirtschaftet werden sollen. Inhalte dieser Pläne sind u. a. die Produktions- und Absatzmengen, die Beschaffungs- und Bestellmengen sowie die Materialbestände. Abb. 1.13 zeigt einen zusammenfassenden Überblick über die Planungsebenen. Ebene Abgrenzung strategische Planung Planungsbereich Unternehmung Planungsobjekte (1) langfristige Unternehmungsziele; (2) künftige Tätigkeitsbereiche der Unternehmung, Wege zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und zur Erfolgserzielung in der Strategie; (3) Handlungen zur Umsetzung der Strategie in den strategischen Handlungsfeldern und Maßnahmenprogrammen; (4) Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele in den strategischen Kennzahlensystemen Planungszeitraum langfristig (bis 5 Jahre) Detaillierungsgrad gering (Globalpläne) Präzisionsgrad gering (qualitative Information; Grobpläne) taktische Planung Planungsbereich sachlich abgegrenzter Ausschnitt des Planungsbereichs der strategischen Planung Planungsobjekte Quantität und Qualität der Rahmenbedingungen, die zur Realisation des strategischen Plans zu schaffen sind Planungszeitraum mittelfristig: Planperiode während des Planungszeitraums der strategischen Planung Detaillierungsgrad mittel Präzisionsgrad mittel (quantitative und qualitative Informationen) operative Planung Planungsbereich sachlich abgegrenzter Ausschnitt des Planungsbereichs der taktischen Planung Planungsobjekte (1) konkrete Handlungen zur Umsetzung der strategischen und taktischen Pläne für Kern- und Wachstumsfelder; (2) kurzfristige finanzielle Unternehmungsziele als Formalziele; (3) Leistungsprogramm als Sachziel; (4) Handlungen im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess <?page no="52"?> 52 1 Management als Grundlage des Controlling Planungszeitraum kurzfristig: Planperiode während des Planungszeitraums der taktischen Planung mit einer Länge von bis zu einem Jahr Detaillierungsgrad hoch (Detailpläne) Präzisionsgrad hoch (Wert-, Mengen-, Zeitgrößen; Feinpläne) Abb. 1.13: Merkmale der Pläne in der Planhierarchie Der Planungsbereich der strategischen Planung erstreckt sich über die gesamte Unternehmung. Die strategische Planung ist deshalb eine Aufgabe des oberen Managements und kann nicht an untere Ebenen der Managementhierarchie delegiert werden. Das schließt eine Mitwirkung des mittleren Managements an der strategischen Planung nicht aus. Die taktische und die operative Planung können entsprechend der Verantwortung für die begrenzten Planungsbereiche den mittleren oder unteren Managementebenen zugeordnet werden (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 237). Abb. 1.14 zeigt die Zuordnung der strategischen, taktischen und operativen Planung zu den Ebenen der Managementhierarchie. Oberes Management Strategische Planung Taktische Planung Operative Planung Unteres Management Mittleres Management Abb. 1.14: Ebenen der Plan- und Managementhierarchie Phasen im Prozess der Planung Auf jeder Hierarchieebene der Planung werden Ziele und Handlungen zur Zielerreichung so festgelegt, dass Chancen der erwarteten Unternehmungs- und Umweltentwicklung genutzt werden und drohenden Risiken wirkungsvoll begegnet werden kann. Die Bearbeitung dieser Problemstellung vollzieht sich durch eine Vielzahl von Aktivitäten, deren verkettete Abfolge den Planungsprozess mit den folgenden Phasen bildet (vgl. z. B. Wild (1981), S. 39; Hahn (1993), Sp. 3186 f.): Zielbildung, Problemfeststellung, Alternativensuche sowie Bewertung und Auswahl. <?page no="53"?> 1.3 Aufgaben des Managements 53 Verkettet werden die Aktivitäten im Planungsprozess über die Informationen, die bei einer Aktivität gewonnen und bei einer nachfolgenden Aktivität verarbeitet werden. Aufgabe der Zielbildung ist es, die Ziele festzulegen, die während des Planungszeitraums erreicht werden sollen. Die Gesamtheit dieser Ziele bildet das Zielsystem der Planung. Das Zielsystem sollte operational sein, d. h. alle Zielmerkmale sollten so detailliert und präzise formuliert sein, dass am Ende des Planungszeitraums überprüft werden kann, bis zu welchem Grad die Ziele erreicht worden sind. Zielmerkmale sind das Zielobjekt, das Zielkriterium, der Zielmaßstab, das Zielausmaß und der zeitliche Bezug. Mit dem Zielobjekt wird der sachliche Geltungsbereich des Ziels festgelegt, d. h. der Verantwortungsbereich, dem das Ziel vorgegeben wird. Beim Zielkriterium handelt es sich um die Größe (z. B. Rentabilität, Erfolg, Kundenzufriedenheit), an der die Handlungen auszurichten sind. Der Zielmaßstab bestimmt, wie die erwartete oder realisierte Zielerreichung gemessen wird. Das Zielausmaß gibt das zu erreichende Niveau des Zielkriteriums an. Der Zeitraum, in dem das Ziel erreicht werden soll, wird durch den Zeitbezug bestimmt (vgl. Hauschildt (1980), Sp. 2419). Der Planung auf taktischer und operativer Ebene werden zunächst Absichten oder Ziele aus dem jeweils übergeordneten Plan als Ausgangsziele vorgegeben (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 46). Die Ausgangsziele werden im Planungsprozess konkretisiert und auf ihre Realisierbarkeit überprüft. Die im Planungsprozess gebildeten Ziele sind die Planziele, die im Plan festgehalten werden (vgl. Wild (1981), S. 39 ff.). Die Zielbildung beginnt mit der Zielsuche. Sie ist ein kreativer Prozess, in dem möglichst alle denkbaren Ziele gefunden werden sollten, die bei Realisation zur Erreichung der Ausgangsziele beitragen. Zur Präzisierung der gefundenen Ziele werden Unterziele bis hin zu den zu ergreifenden Handlungen abgeleitet und die Zielmerkmale festgelegt. Diese Ziele werden nach den Mittel-Zweck-Beziehungen (Ober- und Unterziele), der Fristigkeit (lang- und kurzfristige Ziele), den Prioritäten (Haupt- und Nebenziele) oder der Ebene der Managementhierarchie (Bereichs-, Abteilungs- und Stellenziele) geordnet. Schließlich werden diejenigen Ziele als Planziele ausgewählt, die den höchsten Beitrag zur Erreichung der Ausgangsziele leisten (vgl. Wild (1981), S. 57 ff.). In der Phase der Problemfeststellung soll die bei der angenommenen Unternehmungs- und Umweltentwicklung erwartete Zielabweichung identifiziert und für die Entwicklung von Handlungen zur Zielerreichung aufbereitet werden. Durch eine Lageanalyse werden der Ist-Zustand festgestellt und die Einflussgrößen auf die Zielerreichung identifiziert. Aufgabe einer Lageprognose ist es, die Zielerreichung und die Entwicklung der Einflussgrößen auf die Zielerreichung unabhängig von zu ergreifenden Handlungen zu prognostizieren. Die prognostizierten Werte und die der Prognose zugrunde liegenden Annahmen beschreiben den Wird-Zustand und gehen als Planprämissen in den Plan ein. Eine Abweichung der Planziele (Soll-Zustand) von den Ergebnissen der Lageprognose (Wird-Zustand) bildet die Problemlücke. Im Rahmen einer Problemfeldanalyse werden Abweichungen bei den Einflussgrößen der Zielerreichung ermittelt, um das Gesamtproblem in Teilprobleme zu gliedern und Ansatzpunkte für die Zielerreichung herzuleiten. Die Teilprobleme werden nach den zwischen ihnen bestehenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen und ihrer Relevanz für die Lösung des Gesamtproblems geordnet. Die Problemhierarchie, die aus dieser Problemstrukturierung resultiert, geht als Problemstellung in den Plan ein (vgl. hierzu Wild (1981), S. 68 f.) <?page no="54"?> 54 1 Management als Grundlage des Controlling Aufgabe der Alternativensuche ist es, möglichst alle Handlungen zu generieren und inhaltlich zu präzisieren, die für sich alleine geeignet sind, die identifizierte Problemstellung zu lösen. Eine Alternative ist eine Handlung oder ein Bündel mehrerer Handlungen, die zur Lösung des identifizierten Problems grundsätzlich geeignet sind. Im ersten Schritt der Alternativensuche werden in einem kreativen Prozess möglichst viele Ideen für die Lösung des identifizierten Problems generiert. Die gefundenen Einzelideen werden anschließend zu Alternativen kombiniert, die zur vollständigen Lösung des Problems geeignet sind. In einem weiteren Schritt werden für jede Alternative der Ressourcenbedarf und die Realisationsdauer prognostiziert (vgl. Wild (1981), S. 85 ff.). Zweck der Bewertung und Auswahl ist es, durch den Vergleich der relativen Vor- und Nachteile der Alternativen diejenige zu ermitteln, die den höchsten Zielerreichungsbeitrag erwarten lässt. Bei der Bewertung werden den Alternativen Wertgrößen zugeordnet, die ihre Zielwirksamkeit zum Ausdruck bringen. Diese Wertgrößen werden genutzt, um die Alternativen in eine Rangordnung zu bringen (vgl. hierzu Wild (1989), S. 111 ff.). Auf der Grundlage dieser Rangordnung wird die Alternative ausgewählt, die realisiert und im Plan festgehalten werden soll. Bei der Bearbeitung der Planungsaufgaben werden Entscheidungen über alle Bestandteile eines Plans getroffen, wie z. B. über die Ziele, die Prämissen, die zu bearbeitenden Probleme sowie die Abgrenzung der Alternativen (vgl. Witte (1988), S. 223). Die Ergebnisse dieser Entscheidungen finden in den jeweils nachfolgenden Phasen des Planungsprozesses Verwendung. Im weiteren Verlauf der Planung können sich diese Entscheidungen als ungünstig oder falsch erweisen. Beispielsweise kann die identifizierte Problemlücke zeigen, dass das ausgewählte Planziel nicht realisierbar ist. Die während des Planungsprozesses getroffenen Entscheidungen werden deshalb u. U. mehrfach angepasst und haben nur vorläufigen Charakter. Die Planungsphasen werden deshalb nicht in einer vorgegebenen Reihenfolge bearbeitet, sondern werden während des Planungsprozesses mehrfach und mit unterschiedlicher Intensität ausgeführt (vgl. Witte (1988), S. 223; (1993), Sp. 915). Durchsetzung von Plänen Organisation als strukturbezogene Aufgabe Im Prozess des Managements schließt sich an die Planungsphase die Phase der Organisation an. In dieser Phase legt das Management fest, wie die in den Plänen definierte Gesamtaufgabe der Unternehmung ausgeführt werden soll. Der wichtigste Anknüpfungspunkt für die Gestaltung der Organisation ist das Sachziel der Unternehmung, d. h. ihre Gesamt- oder Marktaufgabe. Bei Arbeitsteilung kann die Erreichung der Sach- und Formalziele nur gewährleistet werden, wenn alle Handlungen im Unternehmungsprozess horizontal und vertikal koordiniert werden. Zur Koordination werden generelle Regelungen gestaltet und vorgegeben, die das arbeitsteilige Vorgehen und Zusammenwirken der Mitarbeiter in die gewünschten Bahnen lenken sollen. Nach ihrem Inhalt werden folgende Arten von Regelungen unterschieden (vgl. Krüger (1994), S. 20): die strukturellen Regelungen und die kulturellen Regelungen. <?page no="55"?> 1.3 Aufgaben des Managements 55 Für vorhersehbare und in gleicher Form wiederkehrende Aufgaben werden strukturelle Regelungen formuliert. Mit diesen Regelungen werden die Verteilung von Teilaufgaben und Leitungsbefugnissen auf Stellen, Abteilungen und Bereiche sowie die Mechanismen festgelegt, nach denen die Handlungen zur Ausführung der Teilaufgaben koordiniert werden sollen. Sie geben für Daueraufgaben eine verallgemeinerte, einheitliche Vorgehensweise vor und legen damit den Aufgabenvollzug dauerhaft fest. Zweck der strukturellen Regelungen ist es, den Vollzug von Daueraufgaben zu standardisieren und einer Routine zuzuführen. Für Aufgaben, die einmalig sind oder sich nur selten in gleicher Weise wiederholen, kann der Aufgabenvollzug nicht oder nur in seinen Grundzügen vorab festgelegt werden. Kulturelle Regelungen beschreiben gemeinsame Werte und Normen, an denen sich die Mitarbeiter bei der Ausführung dieser Aufgaben orientieren können. Die organisatorischen und kulturellen Regelungen können formal oder informal sein. Formale Regelungen werden bewusst gestaltet, personenunabhängig formuliert sowie schriftlich dokumentiert. Informale Regelungen beruhen auf persönlichen Einstellungen und Motiven der Mitarbeiter und sind nicht das Ergebnis einer bewussten Gestaltung (vgl. Krüger (1994), S. 19 f.). Die Unternehmungskultur ist die Gesamtheit der überwiegend informalen kulturellen Regelungen. Die Gesamtheit der formalen strukturellen Regelungen bildet die Organisation der Unternehmung. Wird der Organisationsbegriff prozessorientiert definiert, wird unter Organisation der Prozess der Gestaltung dieser Regelungen verstanden. Organisation ist der mehr oder weniger bewusste Prozess der Formulierung eines Systems genereller struktureller Regelungen mit dem Zweck, den Vollzug des Unternehmungsprozesses an den Sach- und Formalzielen der Unternehmung auszurichten (vgl. Schreyögg/ Koch (2015), S. 204 f.). Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein System genereller Regelungen, durch die der Vollzug des Unternehmungsprozesses an den Unternehmungszielen ausgerichtet werden soll. Es definiert die Organisationsstruktur einer Unternehmung, die sich über folgende Merkmale beschreiben lässt (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 71 ff.): die Spezialisierung (Arbeitsteilung), die Koordination, das Leitungssystem, die Entscheidungsdelegation (Kompetenzverteilung) und die Formalisierung. Mit den Regelungen zur Spezialisierung wird festgelegt, welche Teilaufgaben durch jeweils einen Mitarbeiter erledigt werden sollen. Durch die Spezialisierung werden Organisationseinheiten geschaffen, wie Stellen, Abteilungen und Divisionen. Diese Organisationseinheiten sind Aufgabenbündel, die von einer oder mehreren gedachten Personen bei Normalleistung innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erledigt werden können. Sie werden unter der Annahme einer bestimmten Ausbildung und eines erwarteten Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter formuliert (vgl. Krüger (1993), S. 45 f.). Zwischen den Handlungen der Mitarbeiter verschiedener Stellen können Interdependenzen bestehen, d. h., die Handlungen eines Mitarbeiters haben Einfluss auf das Handlungsergebnis anderer Mitarbeiter. Art und Umfang der Spezialisierung begründen damit den Koordinationsbedarf in der Unternehmung. <?page no="56"?> 56 1 Management als Grundlage des Controlling Jeder Organisationseinheit ist jeweils ein abgegrenzter Teil der Gesamtaufgabe der Unternehmung zugeteilt. Sind die Handlungen verschiedener Organisationseinheiten interdependent, muss der Aufgabenvollzug zwischen den Organisationseinheiten koordiniert werden. Mit den Regelungen zur Koordination werden für jeden Verantwortungsbereich die Prinzipien der Primärkoordination festgelegt, die einzeln oder in Kombination für die Ausrichtung und Abstimmung der Handlungen an den Sach- und Formalzielen zur Anwendung gelangen. Für die hierarchiefreie Koordination werden Regelungen zu Arbeitsgruppen und Koordinationsorgane geschaffen. Die hierarchische Koordination setzt voraus, dass Organisationseinheiten Leitungsbefugnisse zugeordnet sind. Durch die Ausstattung der Organisationseinheiten mit Leitungsbefugnissen entsteht eine hierarchische Ordnung, d. h. die Organisationseinheiten werden einander über-, unter- oder gleichgeordnet. Zudem werden Verantwortungsbereiche der Unternehmung abgegrenzt. Die Regelungen zur Zuordnung von Leitungsbefugnissen zu Organisationseinheiten definieren das Leitungssystem der Unternehmung. Die Entscheidungen über die Unternehmungsziele und die Ausführung des Unternehmungsprozesses sowie alle anderen Objektentscheidungen stehen grundsätzlich den Eigentümern des Vermögens der Unternehmung zu. Sind diese nicht in der Lage, alle Entscheidungen selbst zu treffen, werden Entscheidungskompetenzen an ihnen unterstellte Organisationseinheiten delegiert. Entscheidungskompetenzen sind das Recht, künftige Sachverhalte für die Unternehmung verbindlich festzulegen, d. h. die Befugnis, Objektentscheidungen zu treffen. Mit den Regelungen zur Entscheidungsdelegation werden Aufgaben, Entscheidungskompetenzen sowie die zugehörige Verantwortung dauerhaft untergeordneten Organisationseinheiten zugewiesen. Werden Entscheidungskompetenzen systematisch auf Organisationseinheiten unterer Hierarchieebenen delegiert, wird von Entscheidungsdezentralisation gesprochen. Entscheidungszentralisation liegt vor, wenn die Entscheidungskompetenzen auf der obersten Hierarchieebene konzentriert sind. Die Regelungen zur Entscheidungsdelegation können auch Anhörungs-, Veto- oder Mitentscheidungsbefugnisse vorsehen, wenn in unteren Organisationseinheiten nicht unabhängig von anderen Organisationseinheiten entschieden werden soll. Die Formalisierung wird von den Regelungen zur schriftlichen Fixierung organisatorischer Regelungen, einzelfallbezogener Weisungen sowie zur Leistungsdokumentation geprägt. Organisatorische Regelungen werden mit Hilfe von Organigrammen, Stellenbeschreibungen, Organisationshandbüchern und Richtlinien festgehalten. Personenbezogene Aufgaben Bei der Planung legt das Management für eine angenommene Unternehmungs- und Umweltentwicklung die Gesamtaufgabe der Unternehmung fest. Wie sie in einem arbeitsteiligen Unternehmungsprozess ausgeführt wird, regelt das Management durch die Organisation. Die Regelungen der Organisation reichen aus folgenden Gründen nicht aus, einen reibungslosen Ablauf des Unternehmungsprozesses zu gewährleisten (vgl. Weibler (2023), S. 99): Die Entwicklung der Unternehmungsumwelt und damit die Situation, die eintreten wird, sind zum Zeitpunkt der Gestaltung der Organisation nicht vollständig be- <?page no="57"?> 1.3 Aufgaben des Managements 57 kannt. Es ist auch nicht möglich, Vorkehrungen für alle Situationen zu treffen, die nach den bisherigen Erfahrungen eintreten könnten. Die individuellen Ziele der Mitarbeiter können zumindest teilweise im Konflikt zu den Unternehmungszielen stehen und die Fachkenntnisse der Mitarbeiter können von den geforderten abweichen. Das Arbeitsverhalten des Mitarbeiters kann sich damit von dem bei der Gestaltung der Organisation angenommenen deutlich unterscheiden. Personenbezogene Aufgaben des Mangements Personaleinsatz Verhaltensabgeltung Verhaltensbeurteilung Personalzuweisung Personalintegration Einsatz in den Leistungsprozess Personalauswahl Führung Personalentwickung Verhaltenslenkung Abb. 1.15: Personenbezogene Aufgaben des Managements Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf des Unternehmungsprozesses sind deshalb die Qualifizierung sowie die Beeinflussung der Mitarbeiter, um das Arbeitsverhalten an veränderte Umweltsituationen anzupassen. Zu den sach- und strukturbezogenen Aufgaben des Managements treten deshalb mit dem Personaleinsatz und der Führung auch personenbezogene Aufgaben. Einen Überblick über die personenbezogenen Aufgaben zeigt Abb. 1.15. Zweck des Personaleinsatzes ist es, die anforderungsgerechte Besetzung der Stellen auf Dauer sicherzustellen. Die Mitarbeiter sollten über Fähigkeiten verfügen, um ihre Aufgaben auszuüben und die Vorgaben zur hierarchischen Koordination der Handlungen richtig interpretieren und befolgen zu können. Der Personaleinsatz als Managementfunktion umfasst die Gesamtheit der Aufgaben, um einen qualifizierten <?page no="58"?> 58 1 Management als Grundlage des Controlling und engagierten Personalbestand zur anforderungsgerechten Besetzung der Stellen zu schaffen, zu erhalten und so einzusetzen, dass die Unternehmungsziele erreicht werden. Führung ist die Beeinflussung der Mitarbeiter durch Führungskräfte innerhalb einer Unternehmungshierarchie, um ihr Arbeitsverhalten in die Richtung festgelegter Ziele zu lenken. Sie vollzieht sich in einem Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis und wird auch als Mitarbeiter- oder Personalführung bezeichnet. Führung richtet sich an konkrete Mitarbeiter und soll flexibel auf unterschiedliche Situationen reagieren, um erwünschtes Arbeitsverhalten der Mitarbeiter zu fördern oder unerwünschtes Arbeitsverhalten zu verhindern. Führung ist persönlich und situationsspezifisch, d. h., sie bezieht sich stets auf den jeweiligen Einzelfall. Führung ist die akzeptierte Beeinflussung von Mitarbeitern, die eine Ausrichtung deren Arbeitsverhalten an den Unternehmungszielen bewirkt (vgl. Weibler (2023), S. 25 ff.). Führung ergänzt die generellen Regelungen der Organisation um fallweise situations- und personenspezifische Regelungen zur Beeinflussung von Mitarbeitern. Diese Regelungen beschreiben das normativ erwartete Arbeitsverhalten eines bestimmten Mitarbeiters oder einer genau bezeichneten Gruppe von Mitarbeitern. Sie müssen formuliert und ihre Ausführung muss veranlasst und beurteilt werden. Das Ergebnis einer Beurteilung sollte zu Reaktionen gegenüber dem jeweiligen Mitarbeiter führen. Als Aufgaben der Führung können abgegrenzt werden (vgl. Kossbiel (2006), S. 572 f.): die Verhaltenslenkung, die Verhaltensbeurteilung und die Verhaltensabgeltung. Die Verhaltenslenkung dient der Vorbereitung der Aufgabenerfüllung. Dazu vermittelt die Führungskraft den Mitarbeitern das normativ erwartete Arbeitsverhalten, stellt das persönliche Können und das soziale Dürfen sicher und sorgt für die situative Ermöglichung der Aufgabenerfüllung. Um auf das individuelle Wollen Einfluss zu nehmen, können Kontrollen angekündigt oder Belohnungen oder Sanktionen in Aussicht gestellt werden. Aufgabe der Verhaltensbeurteilung ist es festzustellen, ob die Verhaltenserwartungen eingetreten sind. Hierzu wird das Arbeitsverhalten dem normativ erwarteten Arbeitsverhalten gegenübergestellt. Werden Abweichungen festgestellt, so werden ihre Bedeutung beurteilt, ihre Ursachen analysiert und der für die Abweichungen Verantwortliche ermittelt. Die Ergebnisse der Verhaltensbeurteilung werden mit dem Ziel der Verhaltenskorrektur an den Mitarbeiter rückgekoppelt. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Verhaltensbeurteilung werden in der Phase der Verhaltensabgeltung Belohnungen gewährt oder Sanktionen verhängt. <?page no="59"?> 1.3 Aufgaben des Managements 59 Kontrolle als sach- und personenbezogene Aufgabe Merkmale der Kontrolle Pläne unterliegen einem Realisationsrisiko. Das ist die Gefahr, dass Abweichungen von Planbestandteilen auftreten und die Planziele nicht erreicht werden. Zu Planabweichungen kommt es, wenn sich Unternehmungsbedingungen oder die Unternehmungsumwelt anders als bei der Planung angenommen entwickeln oder das tatsächliche Arbeitsverhalten der Mitarbeiter von dem bei der Planung unterstellten abweicht. Eine weitere Ursache von Planabweichungen sind Fehler bei der Planung. Beispiele für solche Fehler sind eine unvollständige Lageanalyse, unzutreffende Prognosen, die Verarbeitung veralteter oder falscher Daten, die unvollständige oder inkorrekte Auswertung relevanter Daten, eine lückenhafte Alternativensuche sowie fehlerhaft formulierte Alternativen. Gesichert werden können die Realisation des Plans und die Zielerreichung durch das Verbessern der Planqualität, der Planrealisation oder der Plandurchsetzung. Das Vermeiden von Planabweichungen oder deren Wirkungen auf das Erreichen der Unternehmungsziele setzt die Kenntnis erwarteter oder bereits eingetretener Abweichungen und ihrer Ursachen voraus, die durch Kontrollen gewonnen werden. Kontrollen treten in einer Vielzahl von Erscheinungsformen auf. Gemeinsames Merkmal jeder Kontrolle ist der Vergleich einer zu kontrollierenden Größe mit einer Normgröße, um erwartete oder bereits eingetretene Abweichungen feststellen und für die Sicherung der Planrealisation und der Zielerreichung auswerten zu können (vgl. Frese (1987), S. 184; Küpper u. a. (2013), S. 253; Troßmann (2018), S. 113). Jede Kontrolle weist folgende Merkmale auf: Vergleich Kontrollen sind der Vergleich des zu kontrollierenden Wertes einer Kontrollgröße mit ihrem Normwert. Der Normwert, der meist als Soll-Wert bezeichnet wird, kann die Vorgabe einer Führungskraft oder ein Wert aus einem Plan sein. Fehlen Planwerte, können als Normwerte auch in früheren Perioden oder in anderen Unternehmungsbereichen oder Unternehmungen realisierte Werte als Normwerte verwendet werden. In diesem Fall wird vom Zeit- oder Betriebsvergleich gesprochen. Gegenwartsbezug Der zu kontrollierende Wert ist ein bereits realisierter Wert (Ist-Wert) oder ein Wert (Wird-Wert), der aufgrund der gegenwärtigen Unternehmungs- und Umweltentwicklung oder des gegenwärtigen Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter für einen künftigen Zeitpunkt erwartet wird. Servicecharakter Mit Kontrollen werden Informationen für andere Managementfunktionen (Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung) mit dem Ziel gewonnen, die Planqualität, die Plandurchsetzung oder die Planrealisation zu verbessern, um die Zielerreichung zu sichern. <?page no="60"?> 60 1 Management als Grundlage des Controlling Die Kontrolle ist ein systematischer informationsverarbeitender Prozess zur Ermittlung, Beurteilung und Analyse erwarteter oder bereits eingetretener Planabweichungen durch den Vergleich des Normwertes mit dem zu kontrollierenden Wert einer Kontrollgröße zur Sicherung der Erreichung der Unternehmungsziele. Gewonnen werden die Informationen über Abweichungen und ihre Ursachen in einem Kontrollprozess mit den folgenden Phasen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 262 f.): Feststellung des Kontrollproblems Ein Kontrollproblem wird durch folgende Merkmale beschrieben: Kontrollziele, Kontrollobjekte, Kontrollgrößen und Kontrollzeitpunkte. Kontrollziele sind die Sach- und Formalziele, die durch die Kontrolle gesichert werden sollen. Objekte der Kontrolle sind die Aktivitäten oder Planbestandteile, die kontrolliert werden sollen. Eine Gefährdung der Zielerreichung wird festgestellt, indem der Normwert einer Kontrollgröße mit ihrem realisierten oder erwarteten Wert verglichen wird. Kontrollgrößen können die Aktivitäten bei der Erarbeitung oder Realisation des Plans, das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter bei diesen Aktivitäten oder Wirkungen dieser Aktivitäten abbilden. Nach der Kontrollgröße werden Prozess-, Verhaltens- oder Ergebniskontrollen abgegrenzt (vgl. Bleicher/ Meyer (1976), S. 75 f.). Als Kontrollgrößen stehen nur diejenigen Größen zur Verfügung, für die Normwerte vorliegen und deren realisierte oder erwartete Werte mit der durch die Normwerte vorgegebenen Genauigkeit ermittelt werden können (vgl. Frese (1968), S. 59 f.). Kontrollzeitpunkte definieren, wann Kontrollen durchgeführt werden sollen. Kontrollen können vor, während oder nach der Planrealisation durchgeführt werden. Ermittlung der Vergleichswerte der Kontrollgrößen Vergleichswerte sind die zu kontrollierenden Werte und die Normwerte der Kontrollgröße, die zur Ermittlung einer Planabweichung gegenübergestellt werden sollen. Beispiel für ein Kontrollproblem Bei der Wirtschaftlichkeitskontrolle in der flexiblen Plankostenrechnung ist die Wirtschaftlichkeit in den Kostenstellen das Kontrollziel. Kontrollobjekte sind die Ausführungshandlungen in den Kostenstellen. Kontrollgrößen sind die Soll- Kosten und die Ist-Kosten der jeweiligen Kostenstelle, die in der Kostenrechnung für jede Abrechnungsperiode geplant und erfasst werden. Kontrollzeitpunkt ist das Ende der jeweiligen Abrechnungsperiode. Feststellung der Abweichungen Die Vergleichswerte werden gegenübergestellt. Die ermittelten Abweichungen werden nur dann analysiert, wenn sie für die Zielerreichung kritisch sind. Es wird deshalb die Bedeutung der ermittelten Abweichungen für die Zielerreichung bewertet. Auf dieser Grundlage wird anschließend entschieden, ob die Abweichungen akzeptiert oder die Kontrolle mit der Abweichungsanalyse fortgesetzt werden soll. <?page no="61"?> 1.3 Aufgaben des Managements 61 Abweichungsanalyse Aufgabe der Abweichungsanalyse ist es, Informationen über die Ursachen der festgestellten Abweichungen zu gewinnen. Ursachen von Abweichungen können sein: Planungsfehler, unvorhersehbare Ereignisse, welche die Grundlagen der Planung verändern, Fehler bei der Planrealisation, ein nicht plankonformes Arbeitsverhalten der Mitarbeiter oder Schwächen in den Rahmenbedingungen, wie z. B. der Organisation oder der Qualifikation der Mitarbeiter (vgl. Schreyögg/ Koch (2020), S. 192). Erarbeiten von Reaktionen Die Ergebnisse der Abweichungsanalyse werden ausgewertet, um anschließend geeignete Korrektur- und Anpassungsmaßnahmen zu erarbeiten. Korrekturmaßnahmen werden noch während der Planrealisation ergriffen, um drohende Planabweichungen zu verhindern, zu vermindern oder um ihre Wirkungen auf die Zielerreichung abzuschwächen. Nach Abschluss der Planrealisation werden Anpassungsmaßnahmen ergriffen, um die Zielerreichung in künftigen Perioden zu sichern. Kontrollen werden auf institutioneller und individueller Ebene durchgeführt (vgl. Siegwart/ Menzel (1978), S. 105 ff.; Frese (1987), S. 184 f.). Auf der institutionellen Ebene werden die Prozesse der Planrealisation kontrolliert. Überprüft wird, ob der Plan zielkonform realisiert wird und ob er unter den aktuellen Bedingungen realisierbar und zur Zielerreichung geeignet ist (vgl. Siegwart/ Menzl (1978), S. 105 ff.). Kontrollen auf individueller Ebene beziehen sich auf konkrete Mitarbeiter und ihr tatsächliches Arbeitsverhalten (vgl. Bleicher/ Meyer (1976), S. 65 ff.). Sie dienen der Plandurchsetzung. Kontrollen auf institutioneller Ebene Auf institutioneller Ebene werden Bestandteile der Pläne kontrolliert. Kontrollobjekte sind die Ziele, die Handlungen zur Problemlösung und ihre Zielwirkungen, die Termine, der Ressourcenverbrauch und die Prämissen, die im Plan festgeschrieben sind. Normwerte sind die im Plan festgeschriebenen Werte der Planbestandteile (vgl. Siegwart/ Menzl (1978), S. 107 ff.). Die Kontrolle auf institutioneller Ebene ist eine sachbezogene Aufgabe des Managements. Mit diesen Kontrollen werden für bestimmte Verwendungen Informationen über die Planrealisation erfasst und ausgewertet. Die Funktionen der Kontrolle beschreiben Verwendungsmöglichkeiten für die mit der Kontrolle auf institutioneller Ebene gewonnenen Informationen. Folgende Funktionen dieser Kontrollen werden unterschieden: Plankorrekturfunktion Mit der Kontrolle sollen Informationen über die Realisierbarkeit und die Zielwirksamkeit der Pläne gewonnen werden, um Pläne bereits vor oder während der Realisation zur Sicherung der Zielerreichung korrigieren zu können (vgl. Siegwart/ Menzl (1987), S. 108). Anpassungsfunktion Mit Kontrollen sollen Hinweise auf eine nicht plankonforme Planrealisation gewonnen werden, um durch die Korrektur der Planrealisation oder der Plandurchsetzung die Zielerreichung sicherzustellen. Die Korrekturmaßnahmen betreffen <?page no="62"?> 62 1 Management als Grundlage des Controlling die Anpassung der Organisation, des Personaleinsatzes oder der Führung (vgl. Siegwart/ Menzl (1978), S. 108). Verhaltensbeeinflussungsfunktion Durch die Ankündigung von Kontrollen können Abweichungen von dem bei der Planung angenommenen Arbeitsverhalten der Mitarbeiter bis zu einem gewissen Grad verhindert werden. Zudem können die Ergebnisse der Kontrolle zur Bemessung von Belohnungen zur Einflussnahme auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter genutzt werden (vgl. Frese (1987), S. 185). Lernfunktion Lernen kann als Prozess des Erkennens und Korrigierens von Fehlern interpretiert werden (vgl. Argyris (1977), S. 116). Mit Kontrollen wird festgestellt, ob mit den bei der Planung ausgewählten Handlungen die gesetzten Ziele erreicht worden sind. Durch Auswertung der bei der Kontrolle generierten Informationen können Erkenntnisse über Fehler gewonnen werden, die diese Abweichungen von den gesetzten Zielen verursacht haben. Diese Erkenntnisse bilden den Ausgangspunkt für die Planung im nächsten Planungszyklus und den damit neu beginnenden Managementprozess (vgl. Schreyögg/ Koch (2020), S. 11). Jede Kontrollfunktion stellt andere Anforderungen an die Kontrolle. Es hat sich deshalb eine Vielzahl von Kontrollformen herausgebildet, die sich u. a. im Kontrollobjekt oder im Kontrollzeitpunkt unterscheiden (vgl. Abb. 1.16). Formen der Kontrolle auf institutioneller Ebene Wirkungskontrolle Termin- und Ressourcenkontrolle Endkontrolle Begleitende Kontrolle Handlungskontrolle Prämissenkontrolle Durchführungskontrolle Planfortschrittskontrolle Abb. 1.16: Formen der Kontrolle auf institutioneller Ebene Nach dem Kontrollobjekt werden Planungs- und Realisationskontrollen unterschieden. Planungskontrollen mit den Planungsaktivitäten als Kontrollobjekt werden parallel zum Planungsprozess durchgeführt, finden also vor der Durchsetzung statt. Ihr Zweck ist die Sicherung der Planqualität, indem Fehler bei der Planung frühzeitig erkannt und noch vor Durchsetzung der Pläne korrigiert werden. Die Aktivitäten zur Realisation des Plans sind das Kontrollobjekt der Realisationskontrollen. Sie beginnen nach Abschluss der Planung und enden mit dem Geltungszeitraum des Plans. Durch <?page no="63"?> 1.3 Aufgaben des Managements 63 sie sollen auch die in der Planrealisation und der Plandurchsetzung begründeten Abweichungen vom Plan identifiziert und analysiert werden (vgl. Friedl (1990), S. 79 f.). Nach dem Planbestandteil, der bei Realisationskontrollen das Kontrollobjekt bildet, werden abgegrenzt: Wirkungskontrollen Kontrollobjekte sind die Zielwirkungen der Pläne. Kontrollgrößen können die Zielgrößen selbst (z. B. Erfolg) oder Bestandteile der Zielgrößen (z. B. Kosten, Erlöse) sein. Kontrolliert wird, ob die Planziele erreicht werden. Handlungskontrollen Diese Erscheinungsform der Kontrolle zielt auf die Feststellung, ob die geplanten Handlungen plankonform ausgeführt werden. Objekte der Kontrolle sind die geplanten Handlungen. Als Kontrollgrößen werden Merkmale zur Beschreibung von Art, Umfang und Qualität der Handlungen herangezogen. Prämissenkontrollen Kontrollobjekte sind die Annahmen zur Unternehmungs- und Umweltentwicklung sowie zum Arbeitsverhalten der Mitarbeiter, die als Prämissen im Plan dokumentiert sind. Überprüft wird, ob die Prämissen noch zutreffend sind und der Plan unter den aktuell vorliegenden Bedingungen realisierbar und zur Zielerreichung geeignet ist. Ressourcen- und Terminkontrollen Die für die Planrealisation geplanten Ressourcen bilden die Kontrollobjekte der Ressourcenkontrolle. Kontrollobjekte der Terminkontrolle sind die im Plan festgelegten zeitlichen Vorgaben für den Realisationsprozess. Mit dieser Kontrolle soll eine effiziente und termingerechte Planrealisation gesichert werden. Wird der Kontrollzeitpunkt als Abgrenzungskriterium herangezogen, werden Endkontrollen und begleitende Kontrollen unterschieden. Endkontrollen werden nach Abschluss der Planrealisation durchgeführt. Ermittelt werden können nur realisierte Abweichungen und ihre Ursachen. Die Plankorrekturfunktion kann durch diese Form der Kontrolle nicht erfüllt werden. Begleitende Kontrollen werden parallel zur Planrealisation durchgeführt. Mit dieser Form der Kontrolle können drohende Planabweichungen frühzeitig erkannt werden, so dass Maßnahmen zur Sicherung der Planrealisation und Zielerreichung ergriffen werden können. Begleitende Kontrollen dienen der Plankorrekturfunktion. Sie können als Planfortschritts- oder als Durchführungskontrollen vollzogen werden. Bei der Planfortschrittskontrolle (Soll-Wird-Vergleich) wird im Kontrollzeitpunkt der Wert der Kontrollgröße prognostiziert, der für das Ende des Planungszeitraums erwartet wird. Dieser Wird-Wert der Kontrollgröße wird mit dem im Plan festgelegten Soll-Wert der Kontrollgröße verglichen. Die Durchführungskontrolle (Soll-Ist-Vergleich) setzt voraus, dass im Plan Zwischenwerte des Normwerts der Kontrollgröße für einen oder mehrere Zeitpunkte im Planungszeitraum festgelegt worden sind. Diese werden mit den in den vorgegebenen Zeitpunkten tatsächlich erreichten Werten der Kontrollgröße verglichen. <?page no="64"?> 64 1 Management als Grundlage des Controlling Nicht jede dieser Kontrollformen eignet sich für jede Ebene der Planhierarchie. Es wird deshalb zwischen der strategischen, der taktischen und der operativen Kontrolle differenziert, d. h. nach der Ebene des kontrollierten Plans in der Planhierarchie. In der strategischen Planung werden langfristige Ziele und wenig detaillierte Maßnahmenprogramme zur Realisation dieser Ziele festgelegt. In konkretes Handeln umgesetzt wird ein strategischer Plan durch eine Folge taktischer und operativer Pläne. Diesen werden Kennzahlen aus dem strategischen Kennzahlensystem als Ziele vorgegeben. Kontrollziele der strategischen Kontrolle sind damit zum einen die langfristigen Unternehmungsziele der strategischen Planung und zum anderen die Kennzahlen des strategischen Kennzahlensystems als Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele. Die Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele sind die Kontrollziele der strategischen Durchführungskontrolle. Kontrollobjekte der strategischen Durchführungskontrolle sind Bestandteile der taktischen und operativen Pläne zur Implementierung der Strategie. Die strategische Durchführungskontrolle ist eine begleitende Kontrolle der Planrealisation und beginnt mit der Strategieimplementierung, wird für jede Planperiode der taktischen und operativen Planung während des strategischen Planungszeitraums durchgeführt und endet mit dem Abschluss der Strategieimplementierung. Bei der strategischen Durchführungskontrolle werden die Abweichungen von den Zwischenzielen, die der taktischen und der operativen Planung als Ziele vorgegeben worden sind, festgestellt und analysiert. Bei der strategischen Durchführungskontrolle wird geprüft, »ob die eingeschlagene Richtung und die Geschwindigkeit der Strategierealisierung im Hinblick auf das langfristige Ziel akzeptabel sind« (Schreyögg/ Steinmann (1985), S. 403). Die Informationen der strategischen Durchführungskontrolle werden für die Anpassung und Fortschreibung des strategischen Plans sowie für die taktische und die operative Planung der nächsten Planperiode ausgewertet. Zur Reduktion der Komplexität wird bei der strategischen Planung die Entwicklung der relevanten Unternehmungs- und Umweltbedingungen als konstant angenommen. Diese Annahmen gehen als Prämissen in den strategischen Plan ein. Als irrelevant beurteilte Unternehmungs- und Umweltbedingungen werden bei der strategischen Planung komplett ausgeblendet. Während des mehrjährigen Planungszeitraums können sich die Unternehmungs- und Umweltbedingungen verändern und von den gesetzten Prämissen abweichen oder für die strategische Planung relevant werden. Für das Sichern der langfristigen Unternehmungsziele werden deshalb strategische Prämissenkontrollen und die strategische Überwachung vorgeschlagen (vgl. Schreyögg/ Steinmann (1985), S. 401 ff.). Kontrollobjekt der strategischen Prämissenkontrolle sind die Prämissen der strategischen Planung. Diese werden den jeweils aktuellen Unternehmungs- und Umweltbedingungen gegenübergestellt. Sind die Prämissen nicht mehr mit den aktuellen Unternehmungs- und Umweltbedingungen vereinbar, kann das Erreichen der langfristigen Unternehmungsziele gefährdet sein und eine Anpassung des strategischen Plans notwendig werden. Die strategische Prämissenkontrolle ist eine begleitende Kontrolle, die be- <?page no="65"?> 1.3 Aufgaben des Managements 65 reits während der Strategieentwicklung beginnt und bis zum Abschluss der Strategieimplementierung fortgesetzt wird (vgl. Hahn (2006), S. 452). Störungen der Realisation strategischer Pläne durch Unternehmungs- und Umweltbedingungen, die im Planungsprozess übersehen oder als irrelevant eingeschätzt worden sind und noch nicht zu Abweichungen von den Zwischenzielen langfristiger Unternehmungsziele führen, können weder mit der strategischen Durchführungskontrolle noch mit der strategischen Prämissenkontrolle erkannt werden. Das Erreichen der langfristigen Ziele sollte deshalb auch durch eine strategische Überwachung gesichert werden. Sie erstreckt sich auf Bereiche, die durch die strategische Prämissen- und Durchführungskontrolle nicht erfasst werden. Kern der strategischen Überwachung ist die Identifikation von Anzeichen für Krisen, die das Erreichen der in den strategischen Plänen festgeschriebenen langfristigen Ziele gefährden und eine Anpassung der Strategie erforderlich machen. Sie sieht keinen Vergleich mit einem vorab festgelegten Normwert vor. Sie ist deshalb keine Form der Kontrolle, sondern eine Aufgabe der Problemfeststellung der strategischen Planung (vgl. Troßmann (2018), S. 123 f.). Die strategische Überwachung beginnt bereits während der Strategieentwicklung und wird bis zum Abschluss der Strategieimplementierung fortgesetzt (vgl. Schreyögg/ Steinmann (1985), S. 401 ff.). Kontrollziele der operativen Kontrolle sind zunächst die kurzfristigen Unternehmungsziele für die Kern- und Wachstumsfelder. Weitere Kontrollziele sind die Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele aus dem strategischen Kennzahlensystem. Kontrollobjekte können die Wirkungen, Handlungen, Ressourcen oder Termine sein, die in den operativen Plänen festgeschrieben sind. Bei einem Planungszeitraum der operativen Planung von höchstens einem Jahr sind meist keine Veränderungen bei den relevanten Unternehmungs- und Umweltbedingungen zu erwarten. Damit erübrigt sich in der Regel eine Prämissenkontrolle. Da während eines kurzen Planungszeitraums keine Abweichungen festgestellt und analysiert sowie Plankorrekturen erarbeitet und umgesetzt werden können, dominiert bei der Kontrolle operativer Pläne die Endkontrolle (vgl. Zettelmeyer (1984), S. 80 f.). Die mittelfristigen Unternehmungsziele und gegebenenfalls auch Zwischenziele langfristiger Ziele aus der strategischen Planung sind die Kontrollziele der taktischen Kontrolle. Der längere Planungszeitraum lässt Plankorrekturen zu. Die taktische Kontrolle kann deshalb als begleitende Kontrolle durchgeführt und um eine Endkontrolle ergänzt werden. Während des längeren Planungszeitraums können sich relevante Unternehmungs- und Umweltbedingungen verändern. Neben den Wirkungen, Aktivitäten, Ressourcen und Terminen sollten deshalb auch die Prämissen ein Kontrollobjekt der taktischen Kontrolle sein. Eine zusammenfassende Kennzeichnung der Kontrollformen auf den drei Ebenen der Planhierarchie zeigt Abb. 1.17. Durch die in der Tabelle hervorgehobenen Felder soll verdeutlicht werden, dass die strategische Durchführungskontrolle auch eine Aufgabe der taktischen und der operativen Kontrolle ist. <?page no="66"?> 66 1 Management als Grundlage des Controlling Merkmale des Kontrollproblems Ebene der Planhierarchie Kontrollziel Kontrollobjekt Kontrollzeitpunkt strategische Kontrolle strategische Prämissenkontrolle langfristige Unternehmungsziele Prämissen der strategischen Planung begleitende Kontrollen strategische Überwachung langfristige Unternehmungsziele sonstige Unternehmungs- und Umweltbedingungen begleitende Kontrollen strategische Durchführungskontrolle Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele Bestandteile des strategischen Plans begleitende Kontrollen taktische Kontrolle mittelfristige Unternehmungsziele Bestandteile der taktischen Pläne begleitende Kontrollen und Endkontrollen operative Kontrolle kurzfristige Unternehmungsziele Bestandteile der operativen Pläne, jedoch nicht die Prämissen Endkontrollen Abb. 1.17: Kontrolle auf den Ebenen der Planhierarchie Kontrollen auf individueller Ebene Kontrollen auf individueller Ebene zählen zu den personenbezogenen Aufgaben des Managements, die vom Vorgesetzten im Rahmen seiner Befugnis zur Fremdkontrolle ausgeführt werden. Sie beziehen sich auf konkrete Mitarbeiter und ihr Arbeitsverhalten im Unternehmungsprozess. Sie dienen der Durchsetzung des bei der Planung und Organisation angenommenen Arbeitsverhaltens der betroffenen Mitarbeiter. Kontrollobjekt sind die Handlungen dieser Mitarbeiter. Vorgaben des Vorgesetzten dienen als Soll-Werte. Die Funktionen der Kontrolle auf individueller Ebene beschreiben die Verwendung der gewonnenen Informationen, um das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter an den Zielen der Unternehmung auszurichten. In der Literatur werden folgende Funktionen genannt (vgl. Franken/ Frese (1989), Sp. 892 f.): Lernfunktion Die Rückkopplung der durch Kontrollen gewonnenen Informationen ermöglicht es den Mitarbeitern, ihr Arbeitsverhalten kritisch zu hinterfragen, zu korrigieren oder zu verbessern. Beurteilungsfunktion Auf der Grundlage der durch die Kontrolle gewonnenen Informationen können Belohnungen bemessen und gewährt oder Sanktionen verhängt werden. <?page no="67"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 67 Prophylaxefunktion Kontrollen können Abweichungen verhindern, da von Mitarbeitern, die mit Kontrollen rechnen, eher erwartet werden kann, dass sie ihre Aufgaben entsprechend den Vorgaben erfüllen. Bei Kontrollen auf individueller Ebene gelangen folgende Kontrollformen zur Anwendung (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 460 f.): die Verhaltenskontrolle und die Ergebniskontrolle. Bei der Verhaltenskontrolle werden die vom Mitarbeiter ausgeführten Arbeitsverrichtungen vom Vorgesetzten nachvollzogen und daraufhin überprüft, ob die gewählte Vorgehensweise im Einklang mit den Weisungen steht und der Mitarbeiter auf die in der jeweiligen Situation eingetretenen Bedingungen adäquat reagiert hat. Das setzt voraus, dass Handlungsprogramme oder Vollzugsnormen definiert und vorgegeben werden. Bei Ergebniskontrollen stehen meist quantifizierte Ergebnisse im Vordergrund. Sie eignen sich bei der Vorgabe von Qualitätsnormen, Kennzahlen, ressourcenorientierten Restriktionen und Budgets. Der Vorgesetzte kann die Kompetenzen für Kontrollen auf individueller Ebene an den Mitarbeiter delegieren. Nach der Zuordnung der Kontrollkompetenzen können die Selbstkontrolle und die Fremdkontrolle abgegrenzt werden (vgl. Treuz (1974), S. 96 ff.). Bei der Selbstkontrolle werden die Kontrollen überwiegend von den Mitarbeitern selbst durchgeführt. Der Vorteil dieser Kontrollform ist der handlungsbegleitende Charakter. Dadurch kann auf Abweichungen oder Störungen schnell und fachgerecht reagiert werden. Die Selbstkontrolle ist jedoch mit der Gefahr verbunden, dass Kontrollen nicht durchgeführt, Kontrollergebnisse falsch interpretiert oder manipuliert werden. Zudem können Fehler nicht aufgedeckt werden, die durch unzureichende Qualifikation des Mitarbeiters entstanden oder von diesem gewollt sind. Führt überwiegend der Vorgesetzte die Kontrollen durch, liegt eine Fremdkontrolle vor. Sie weist den Vorteil auf, dass sie neutral und objektiv ist. Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe Entscheidungsprobleme und Entscheidungsmodelle Die Entscheidung wird teilweise mit der Phase der Bewertung und Auswahl im Planungsprozess gleichgesetzt, der die übrigen Phasen als Entscheidungsvorbereitung vorangestellt sind (vgl. Wild (1981), S. 39; Fandel (1983), S. 481). Entscheidungen werden jedoch in allen Phasen des Planungsprozesses und auch parallel zur Planrealisation getroffen. Auch sind Entscheidungen Bestandteil jeder anderen Managementfunktion. Die sach-, struktur- und personenbezogenen Aufgaben werden durch die Vorbereitung und das Treffen von Organisations- und Objektentscheidungen vollzogen (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 72 f.; Laux/ Liermann (2005), S. 13). Die Entscheidungsfindung ist deshalb als eine übergreifende Managementaufgabe zu verstehen. <?page no="68"?> 68 1 Management als Grundlage des Controlling Beispiele zu Entscheidungen im Managementprozess Planung verlangt Entscheidungen über die Ziele und die Handlungen zu deren Realisation. Bei der Organisation ist über die generellen Regelungen zu entscheiden, die den Aufgabenvollzug auf Dauer festlegen. Sie betreffen die Art und den Umfang der Arbeitsteilung, die Mechanismen der Primärkoordination, die Zuordnung von Leitungsbefugnissen zu Organisationseinheiten, die Entscheidungsdelegation und die Formalisierung. Die Auswahl unter den Bewerbern für eine zu besetzende Stelle, die Zuweisung von Mitarbeitern zu Aufgaben und die Auswahl von Mitarbeitern für die Personalentwicklung sind Beispiele für Entscheidungen beim Personaleinsatz. Bei der Führung sind Vorgaben für die hierarchische Koordination festzulegen. Die Entscheidungen bei der Kontrolle betreffen die Festlegung der Kontrollziele, der Kontrollobjekte, der Kontrollgrößen und der Kontrollzeitpunkte, die Auswahl identifizierter Abweichungen, die analysiert werden sollen, sowie die Reaktionen auf die Ergebnisse der Abweichungsanalyse. Ein Entscheidungsproblem liegt vor, wenn es mehrere, nicht gleichzeitig zu verwirklichende Handlungsmöglichkeiten gibt, einen Ausgangszustand in einen angestrebten Endzustand zu überführen, und nach Maßgabe festgelegter Ziele eine dieser Handlungsmöglichkeiten zu wählen ist (vgl. Frese u. a. (2019), S. 69 ff.). Die mit einer Entscheidung verfolgten Ziele bilden die unterste Ebene der Zielhierarchie der Unternehmung und sind nicht nur den Unternehmungszielen, sondern auch den Bereichszielen untergeordnet. Diese Entscheidungsziele beschreiben ein mit der Entscheidung anzustrebendes Ergebnis, das die Unternehmung in Richtung des durch die Unternehmungsziele beschriebenen Zustands verändert (vgl. Hamel (1989), Sp. 2307 ff.). Für die zielorientierte Auswahl der zu realisierenden Handlungsmöglichkeit wird das Entscheidungsproblem in ein strukturiertes Entscheidungsmodell überführt. Ein Entscheidungsmodell ist eine Abbildung des Entscheidungsproblems in einer Form, bei der genau eine Handlungsmöglichkeit ausgewählt werden kann, die den bestmöglichen Beitrag zur Zielerreichung leistet (vgl. Zelewski (2008), S. 80). Eine Handlungsmöglichkeit mit dieser Eigenschaft wird als die »optimale Alternative« bezeichnet. Die Elemente eines solchen Entscheidungsmodells sind (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 36 f.): das Zielsystem, die Alternativen, die Umweltzustände sowie die Ergebnisse. Das Zielsystem gibt vor, welche Ergebnisse bei der Entscheidung mit welcher Intensität angestrebt werden. Es lässt sich charakterisieren als die Menge der verfolgten Ziele sowie der Präferenzen hinsichtlich der Ergebnisse der Alternativen. Die Ziele definieren die angestrebten Ergebnisse. Die relative Intensität, mit der diese Ergebnis- <?page no="69"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 69 se angestrebt werden, kommt in den Präferenzen zum Ausdruck (vgl. Bamberg/ Coenenberg/ Krapp (2019), S. 26 ff.). Alternativen sind sich gegenseitig ausschließende Handlungsmöglichkeiten. Die Gesamtheit der zulässigen Alternativen bildet den Aktionsraum. Zulässig sind Alternativen, wenn sie hinsichtlich der verfügbaren Ressourcen, des technischen Wissens und sonstiger Bedingungen (z. B. gesetzliche Vorschriften) realisierbar sind. Damit sich Alternativen gegenseitig ausschließen, muss jede einzelne Alternative geeignet sein, den angestrebten Endzustand zu erreichen. Eine Alternative kann deshalb auch eine Kombination aus mehreren Handlungsmöglichkeiten sein. Die Ergebnisse einer Alternative hängen von einer Vielzahl von Umweltfaktoren ab. Darunter sind Einflussgrößen auf die Zielwirkungen der Alternativen zu verstehen, die nicht oder nicht innerhalb des Wirkungshorizonts der Entscheidung verändert werden können. Bei einzelnen oder allen Umweltfaktoren können diverse Ausprägungen denkbar sein, die sie während des Wirkungshorizonts der Entscheidung annehmen. Die Vielzahl möglicher Kombinationen von Ausprägungen bei den Umweltfaktoren wird begrenzt, indem Umweltzustände definiert werden. Ein Umweltzustand ist eine denkbare Konstellation von Ausprägungen der für ein bestimmtes Entscheidungsproblem relevanten Umweltfaktoren. Ein Ergebnis ist die Wirkung hinsichtlich eines Ziels im Zielsystem, die bei der Wahl einer Alternative bei einem bestimmten Umweltzustand eintreten wird. Die Ergebnismatrix gibt für alle Alternativen die Ergebnisse hinsichtlich aller Ziele bei jedem möglichen Umweltzustand an. Die erste Tabelle in Abb. 1.18 zeigt die Struktur der Ergebnismatrix bei zwei Alternativen, drei Umweltzuständen und zwei Zielen. e inj ist das Ergebnis der Alternative i hinsichtlich der Zielgröße j beim Eintreten des Umweltzustands n. Um die optimale Alternative bestimmen zu können, müssen die Alternativen entsprechend ihrer Vorziehenswürdigkeit in eine Rangfolge gebracht werden. Um die Ergebnisse der Alternativen vergleichbar zu machen, wird die Ergebnismatrix in eine Entscheidungsmatrix überführt. Hierzu wird jedem Ergebnis in der Entscheidungsmatrix mit einer Nutzenfunktion eine Maßzahl u inj = u j (e inj ) derart zugeordnet, dass die Rangordnung der Alternativen nach den einer Spalte der Entscheidungsmatrix zugeordneten Nutzenwerten den Präferenzen entspricht. Die optimale Alternative wird mit einer Entscheidungsregel bestimmt. Entscheidungsregeln bestehen aus einer Präferenzfunktion Φ (a i ) und einem Optimalitätskriterium. Mit der Präferenzfunktion wird aus den Nutzenwerten u inj jeder Alternative jeweils ein Präferenzwert ermittelt. Dieser kann als Indikator für den Grad der Zielerreichung verstanden werden, der bei der Wahl der jeweiligen Alternative erreicht wird. Die angestrebte Ausprägung des Präferenzwertes wird durch das Optimalitätskriterium vorgegeben (vgl. Laux/ Gillenkirch/ Schenk-Mathes (2018), S. 36 f.). Abb. 1.18 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Ergebnismatrix, Entscheidungsmatrix und Präferenzwerten. <?page no="70"?> 70 1 Management als Grundlage des Controlling Umweltzustand/ Ziel Alternative s 1 s 2 s 3 z 1 z 2 z 1 z 2 z 1 z 2 a 1 e 111 e 112 … … e 131 e 132 a 2 e 211 e 212 … … e 231 e 232 Umweltzustand/ Ziel Alternative s 1 s 2 s 3 z 1 z 2 z 1 z 2 z 1 z 2 a 1 u 111 =u 1 (e 111 ) u 112 =u 2 (e 112 ) … … u 131 =u 1 (e 131 ) u 132 =u 2 (e 132 ) a 2 u 211 =u 1 (e 211 ) u 212 =u 2 (e 212 ) … … u 231 =u 1 (e 231 ) u 232 =u 2 (e 232 ) Umweltzustand/ Ziel Alternative s 1 s 2 s 3 z 1 z 2 z 1 z 2 z 1 z 2 a 1 Φ (a 1 ) = f(u 111 , u 112, …, u 132 ) a 2 Φ (a 2 ) = f(u 211 , u 212, …, u 232 ) Abb. 1.18: Bestimmung der optimalen Alternative Phasen im Prozess der Entscheidungsfindung Struktureigenschaften von Entscheidungsproblemen In Unternehmungen sind regelmäßig sehr unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Nach der Beherrschbarkeit des Entscheidungsproblems werden drei Typen von Entscheidungen abgegrenzt: Routineentscheidungen, innovative Entscheidungen und Entscheidungen mittlerer Beherrschbarkeit. Mit Routineentscheidungen wird nur das gegebene Entscheidungsproblem gelöst. Sie sind regelmäßig oder unregelmäßig, jedoch häufig zu treffen. Innovative Entscheidungen sind einmalig oder erstmalig zu treffen. Sie lösen nicht nur das gegebene Entscheidungsproblem, sondern schaffen auch einen Rahmen, der den Gestaltungsspielraum nachfolgender Entscheidungen begrenzt. Als Beispiele können Entscheidungen über den Standort der Unternehmung, eine Kapazitätserweiterung oder die Digitalisierung des Controlling genannt werden. Von mittlerer Beherrschbarkeit sind unternehmungspolitische Richtlinienentscheidungen, Entscheidungen im außergewöhnlichen Fall, über eilige Plankorrekturen oder über Gelegenheiten und Störungen, die selten oder einmalig zu treffen sind. Zu diesem Typ zählen auch die häufig zu treffenden Entscheidungen zur laufenden Bereichsabstimmung (vgl. Gemünden (1982), S. 8 ff.; Hauschildt (1991), S. 4). Die Komplexität des Entscheidungsprozesses hängt davon ab, wie gut das Entschei- <?page no="71"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 71 dungsproblem strukturiert ist. Ein gut strukturiertes Entscheidungsproblem weist folgende Merkmale auf (vgl. Adam (1996), S. 9 f.): Der Ausgangszustand und der angestrebte Endzustand sind eindeutig definiert und alle Handlungsmöglichkeiten sind bekannt. Die Wirkungen der Handlungsmöglichkeiten auf die Ausgangssituation sind bekannt, d. h. ihr Beitrag zur Erreichung des Endzustands. Die Ergebnisse der Alternativen sind bekannt. Der Entscheider hat ein operationales Zielsystem, d. h., die Alternativen können nach der Vorziehenswürdigkeit in eine eindeutige Rangfolge gebracht werden. Es existiert ein Lösungsverfahren, mit dem die optimale Alternative bestimmt werden kann. Für Entscheidungsprobleme, die gut strukturiert und regelmäßig zu bearbeiten sind, kann die Entscheidungsfindung programmiert werden (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 76). Eine programmierte Entscheidungsfindung folgt Verfahren, Regeln oder Richtlinien. Verfahren schreiben aufeinanderfolgende Schritte vor, die zur Lösung gut strukturierter Entscheidungsprobleme auszuführen sind. Sie definieren einen verkürzten und vereinfachten Entscheidungsprozess, wie z. B. Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Ablauf von Entscheidungen über Investitionen. Regeln legen fest, welche Alternative in einer bestimmten Situation zu wählen ist. Beispiele sind die Prioritätsregeln zur Festlegung der Reihenfolgen für die Bearbeitung von Aufträgen in einer Warteschlange sowie Lagerhaltungssysteme, mit denen Bestellmengen und -termine bestimmt werden. Richtlinien sind allgemeine vom Entscheider zu interpretierende Aussagen über wünschenswerte Handlungsmöglichkeiten, wie z. B. „Der Kunde kommt immer zuerst und sollte immer zufriedengestellt werden! “ (vgl. Robbins/ Coulter (2021), S. 76). Strukturdefekt Erläuterung abgrenzungsdefekte Entscheidungsprobleme Das Entscheidungsproblem ist als Abweichung des Ausgangszustands von einem grundsätzlich angestrebten, aber noch unscharf definierten Endzustand erkannt. Die Grenzen des Entscheidungsproblems und mögliche Handlungsmöglichkeiten sind noch nicht oder nicht vollständig bekannt. wirkungsdefekte Entscheidungsprobleme Der Beitrag der Handlungsmöglichkeiten zur Erreichung des definierten Endzustands ist nicht oder nicht sicher bekannt. bewertungsdefekte Entscheidungsprobleme Handlungsmöglichkeiten, die geeignet sind, den Ausgangszustand in den definierten Endzustand zu überführen, haben vielfältige Wirkungen mit Einfluss auf die Erreichung der Formalziele. Ihnen können deshalb keine Ergebnisse zugeordnet werden. zielsetzungsdefekte Entscheidungsprobleme Es werden mehrere Ziele verfolgt, zwischen denen ein zumindest partieller Zielkonflikt besteht. Es kann deshalb keine Alternative als optimal definiert werden. lösungsdefekte Entscheidungsprobleme Es existiert kein effizientes Verfahren, um die Alternativen nach ihrer Vorziehenswürdigkeit in eine Rangfolge zu bringen. Abb. 1.19: Arten von Entscheidungsproblemen mit Strukturdefekten <?page no="72"?> 72 1 Management als Grundlage des Controlling Fehlt mindestens ein Merkmal eines gut strukturierten Entscheidungsproblems, wird von einem Entscheidungsproblem mit Strukturdefekten gesprochen. Nach dem fehlenden Merkmal werden die in Abb. 1.19 genannten Strukturdefekte unterschieden (vgl. Klein/ Scholl (2011), S. 54 ff.). Ein schlecht strukturiertes Entscheidungsproblem ist gegeben, wenn alle Defektarten vorliegen. Entscheidungsfindung bei Strukturdefekten Bei Entscheidungsproblemen mit einem oder mehreren Strukturdefekten verlangt die Entscheidungsfindung, dass das Entscheidungsproblem strukturiert und in ein Entscheidungsmodell überführt wird. Die Entscheidungsfindung vollzieht sich durch Aktivitäten, die zu einem Entscheidungsprozess mit den folgenden Phasen zusammengefasst werden können (vgl. Witte (1993), Sp. 915; Laux/ Liermann (2005), S. 33 f.): Problemidentifikation, Zielfindung, Alternativenentwicklung sowie Bewertung und Auswahl. Der Entscheidungsprozess entspricht weitgehend dem bereits erläuterten Planungsprozess. Abweichungen treten bei der Zielbildung und der Problemfeststellung auf. Grund für diese Unterschiede ist der Zukunftsbezug der Planung. Anders als die Entscheidung setzt die Planung keinen angestrebten Endzustand voraus, er wird vielmehr erst auf der Grundlage identifizierter Chancen und Risiken der erwarteten Entwicklung der Unternehmung und ihres Umfelds festgelegt. Planung wird darum auch als antizipative Entscheidung interpretiert (vgl. Pfohl (1981), S. 29). Sie beginnt mit der Zielbildung, um einen wünschenswerten Zustand der Unternehmung als angestrebten Endzustand festzulegen. Daran schließt sich die Feststellung des Problems als Abweichung von diesem Endzustand an. Ein Entscheidungsprozess wird dagegen ausgelöst, wenn eine tatsächliche oder erwartete Abweichung von einem angestrebten Endzustand, der bereits definiert ist, wahrgenommen und als dringlich bewertet wird (vgl. Robbins/ Coulter (2007), S. 158). Aufgabe der Problemidentifikation ist es, Abgrenzungsdefekte des Entscheidungsproblems zu eliminieren, d. h. das richtige Problem zu erkennen, abzugrenzen und aufzubereiten. Ist das Problem identifiziert, ist es Aufgabe der Zielfindung, ein Zielsystem festzulegen, das Bewertungsdefekte beseitigt. Das Zielsystem umfasst die Ziele für die Auswahl derjenigen Alternative, die realisiert werden soll. Das Zielsystem sollte vollständig und die Ziele operational und konsistent sein (vgl. Bamberg/ Coenenberg/ Krapp (2019), S. 30 ff.). Die Vollständigkeit verlangt, dass alle möglichen Wirkungen der Alternativen als Ziele berücksichtigt werden, die den Erreichungsgrad der Unternehmungsziele erkennbar in die erwünschte Richtung verändern. Ein Ziel ist operational, wenn alle Zielmerkmale so detailliert und präzise formuliert sind, dass überprüft werden kann, bis zu welchem Grad das Ziel erreicht wird. Konsistent sind Ziele, wenn sie mit den Unternehmungs- oder Bereichszielen über eine Instrumentalrelation verbunden und untereinander widerspruchsfrei sind. Ihre Realisation muss einen erkennbaren Beitrag zum Erreichen der Bereichs- oder Unternehmungsziele leisten. <?page no="73"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 73 Reduktion der Komplexität von Entscheidungsproblemen Differenzierung von Entscheidungen Entscheidungsprobleme werden als komplex bezeichnet, wenn sie nur vage formuliert sind, d. h. Abgrenzungs-, Wirkungs- oder Bewertungsdefekte haben. Komplexe Entscheidungsprobleme verlangen bei der Entscheidungsfindung umfangreiche Aktivitäten der Informationsgewinnung und -verarbeitung. Der Entscheidungsprozess kann deshalb die quantitativen und qualitativen Kapazitäten des Managements übersteigen. Um die Anforderungen der Entscheidungsfindung an die Kapazitäten des Managements anzupassen, werden Entscheidungen differenziert (vgl. Frese u. a. (2019), S. 79 f.). Die Differenzierung einer Entscheidung ist die Zerlegung des Entscheidungsproblems in mehrere Teilprobleme, über die getrennt entschieden wird. Entscheidungen können vertikal und horizontal differenziert werden (vgl. Frese u. a. (2019), S. 84). Bei der vertikalen Differenzierung wird eine Folge von Entscheidungen abgegrenzt, die sukzessiv zu treffen sind. Mit jeder dieser Entscheidungen wird das Entscheidungsproblem weiter konkretisiert, indem weitere Strukturdefekte ausgeräumt werden. Dadurch wird auch die Menge der zulässigen Handlungsmöglichkeiten kontinuierlich verringert. Die in dieser Folge letzte Entscheidung ist eine Ausführungsentscheidung, d. h. eine gut strukturierte Entscheidung, mit der eine realisationsreife Handlung ausgewählt werden kann. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass bei der Realisation die einzusetzenden Ressourcen unmittelbar identifiziert und die zugehörigen Aktivitäten direkt ausgeführt werden können. Realisationsreife Handlungen können ohne weitere Informationsgewinnung und -verarbeitung realisiert werden (vgl. Frese u. a. (2019), S. 80 f.). Ergebnis der vertikalen Differenzierung sind Entscheidungen verschiedener Problemebenen (vgl. Troßmann (2018), S. 21 f.). Durch eine übergeordnete Entscheidung wird das Entscheidungsproblem noch nicht bis in alle Details bestimmt. Ergebnis ist ein strukturdefektes Entscheidungsproblem, das durch die untergeordnete Entscheidung weiter zu detaillieren ist. Die vertikale Differenzierung wird um die horizontale Differenzierung erweitert. Dazu wird das auf einer Problemebene bis zu einem gewissen Grad strukturierte Entscheidungsproblem in Teilprobleme gegliedert. Mit jeder auf einer Problemebene zu treffenden Entscheidung werden Details eines Ausschnitts des Entscheidungsproblems festgelegt. Jede dieser Entscheidungen ist wiederum eine übergeordnete Entscheidung der nachfolgenden Problemebene (vgl. Frese u. a. (2019), S. 87 f.). Bei horizontaler Differenzierung wird das Entscheidungsproblem einer Problemebene aufgelöst, wodurch gleichrangige Entscheidungen abgegrenzt <?page no="74"?> 74 1 Management als Grundlage des Controlling werden, die zu einem gewissen Grad unabhängig voneinander getroffen werden. Die Entscheidungen einer Problemebene können sachlich oder zeitlich abgegrenzt werden. Bei sachlicher Differenzierung werden Entscheidungen einer Problemebene abgegrenzt, durch die Details zu einzelnen Verrichtungen oder Objekten festgelegt werden. Bezieht sich das Entscheidungsproblem einer Ebene auf die Verrichtungen in der Unternehmung, werden mit den Entscheidungen der nachfolgenden Ebene Details zu den Verrichtungen jedes einzelnen Geschäftsbereichs festgelegt. Die Entscheidungen der nächsten Problemebene detaillieren jeweils die Verrichtungen eines Funktionsbereichs in einem Geschäftsbereich usw. (vgl. Abb. 1.20). Objekte können Produkte, Einsatzgüter, Märkte, Kunden oder Lieferanten sein. Werden Entscheidungen nach den Produkten abgegrenzt, wird auf der obersten Problemebene über Produktfelder entschieden. Auf der nachfolgenden Ebene werden mit jeder Entscheidung Details zu einer Produktgruppe festgelegt. Die einer Entscheidung über eine Produktgruppe untergeordneten Entscheidungen betreffen Details der einzelnen Produkte. Der Entscheidung über ein Produkt sind die Entscheidungen über Produktvarianten untergeordnet. ... Entscheidungen über die Unternehmung Entscheidungen über das Geschäftsfeld N Entscheidungen über das Geschäftsfeld 1 Entscheidungen über den Absatz in Geschäftsfeld 1 Entscheidungen über die Beschaffung in Geschäftsfeld 1 Entscheidungen über die Beschaffung in Geschäftsfeld N Entscheidungen über den Absatz in Geschäftsfeld N ... ... 1. Problemebene 2. Problemebene 3. Problemebene Abb. 1.20: Beispiel zur vertikalen Differenzierung Formen der Differenzierung Abgrenzungskriterien Beispiele sachlich Verrichtung aufeinanderfolgende Problemebenen Unternehmungsentscheidung Entscheidungen für Geschäftsbereiche Entscheidungen für Funktionsbereiche Problemebene Entscheidungen über Geschäftsfeld 1, Entscheidungen über Geschäftsfeld 2 usw. Absatzentscheidungen, Produktionsentscheidungen, Beschaffungsentscheidungen usw. <?page no="75"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 75 Objekt aufeinanderfolgende Problemebenen Entscheidung über Produktfelder Entscheidungen über Produktgruppen Entscheidungen über Produkte Entscheidungen über Produktvarianten Problemebene Entscheidungen über Produkt 1, Entscheidungen über Produkt 2 usw. Entscheidungen für den inländischen Markt, Entscheidungen für den europäischen Markt usw. Entscheidungen über Rohstoffe, Entscheidungen über Betriebsmittel, Entscheidungen über Personal usw. zeitlich aufeinanderfolgende Problemebenen Entscheidungen unterschiedlicher zeitlicher Reichweite, z. B. langfristige Entscheidung, mittelfristige Entscheidungen, kurzfristige Entscheidungen Problemebene Entscheidungen aufeinanderfolgender Perioden, d. h. Entscheidungen für Quartal 1, Entscheidungen für Quartal 2 usw. Abb. 1.21: Beispiele für Entscheidungen bei Differenzierung Bei zeitlicher Differenzierung wird das Entscheidungsproblem einer Problemebene in Teilprobleme aufeinanderfolgender Teilperioden gegliedert. Die Entscheidung über ein Jahr kann auf der nachfolgenden Ebene der Problemhierarchie in vier Entscheidungen differenziert werden, die Details für jeweils ein Quartal festlegen. Abb. 1.21 nennt Beispiele für eine Problemebene und aufeinanderfolgende Problemebenen bei sachlicher und zeitlicher Differenzierung. Dezentralisation von Entscheidungen Entscheidungsbefugnisse sind das Recht, für die Unternehmung verbindliche Entscheidungen über künftige Sachverhalte zu treffen (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 151). In einer Unternehmung können sämtliche Entscheidungsbefugnisse bei den Personen des oberen Managements liegen, die über alle durch Differenzierung abgegrenzte Entscheidungen gemeinsam entscheiden. Diese Situation, in der alle Entscheidungsbefugnisse bei der Unternehmungsleitung liegen, wird als Entscheidungszentralisation bezeichnet (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), 155). Eine Person oder auch eine Gruppe von Personen auf der oberen Ebene der Managementhierarchie verfügt kaum über die Informationen, die Fachkenntnisse und die Zeit, um alle Entscheidungen treffen zu können, die durch Differenzierung abgegrenzt worden sind. Entscheidungsbefugnisse für Entscheidungen der mittleren und unteren Ebene der Problemhierarchie werden deshalb an Manager der mittleren und unteren Hierarchieebene übertragen. Entscheider kann ein einzelner Bereichsleiter oder eine Gruppe von Personen sein. Bei Entscheidungsdezentralisation vollzieht sich die Entscheidung über komplexe Probleme in einem arbeitsteiligen Prozess, in dem die durch Differen- <?page no="76"?> 76 1 Management als Grundlage des Controlling zierung abgegrenzten Entscheidungen von Managern auf verschiedenen Ebenen der Managementhierarchie selbstständig und in gewissen Grenzen getrennt voneinander getroffen werden (vgl. Frese u. a. (2019), S. 84, 189). Neben der Reduktion der Entscheidungskomplexität weist die Entscheidungsdezentralisation weitere Vorteile auf (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 290 ff.; Steinle (1992), Sp. 500): Informationen der Verantwortungsbereiche können umfassender genutzt, Anpassungsentscheidungen können schneller und problemadäquat getroffen, Manager können von Routineentscheidungen entlastet und die Motivation und Qualifikation der Bereichsleiter können gefördert werden. Die für die Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen fallen nicht bei der Unternehmungsleitung an, sondern in den Verantwortungsbereichen. Die Übermittlung dieser Informationen ist nur unvollständig möglich, da sie zeit- und kostenintensiv ist, Erfahrungen nicht mit hinreichender Genauigkeit artikuliert werden können und die Fähigkeit der Unternehmungsleitung zur Aufnahme, Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung von Informationen begrenzt ist. Mitarbeiter in den Verantwortungsbereichen verfügen über einen besseren Informationsstand, der bei zentralen Entscheidungen durch die Unternehmungsleitung nicht genutzt werden kann. Die Dezentralisation hat damit den Vorteil, dass Entscheidungen in denjenigen Bereichen getroffen werden, die über die Informationen zur Erarbeitung und Bewertung der Entscheidungsalternativen verfügen (vgl. hierzu auch Schildbach (1992), S. 30). Durch Entscheidungsdezentralisation wird die Nutzung von Informationen der Verantwortungsbereiche nicht nur vereinfacht, sondern auch verbessert. Werden die Entscheidungen in einer Unternehmung zentral getroffen, sind Informationen über Störungen in einem Verantwortungsbereich zunächst an die Unternehmungsleitung zu übermitteln, dort zu verarbeiten und für die Entscheidungsfindung auszuwerten. Die durch die Informationsübermittlung ausgelösten Verzögerungen entfallen bei Dezentralisation. Die Unternehmung kann problemadäquat und schneller auf unerwartete Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen reagieren. Bei Dezentralisation werden die Entscheidungen mittlerer und unterer Problemebenen auf der Ebene des mittleren und unteren Managements getroffen. Das obere Management wird dadurch von regelmäßig zu treffenden Entscheidungen entlastet und verfügt damit über zeitliche Freiräume für die Entwicklung langfristiger Unternehmungsziele und Strategien. Verfügen Manager unterer Hierarchieebenen über Entscheidungsbefugnisse, setzen sie nicht nur Entscheidungen um, die auf höheren Ebenen getroffen werden. Sie treffen selbst Entscheidungen, können sich bei der Entscheidungsfindung für Aufgaben auf höheren Ebenen der Managementhierarchie bewähren und Erfahrungen sammeln, die sie für diese Aufgaben qualifizieren. Dezentralisation wirkt damit positiv auf die Entwicklung von Nachfolgern für Manager höherer Hierarchieebenen. Durch Entscheidungsdezentralisation steigen die Anforderungsvielfalt und die Bedeutung der Aufgaben der Bereichsleiter sowie ihre Autonomie bei der Aufgaben- <?page no="77"?> 1.4 Entscheidungsfindung als übergeordnete Managementaufgabe 77 erfüllung. Nach dem Job-Characteristic-Modell von Hackman/ Oldham sind es u. a. diese Merkmale einer Aufgabe, die sich positiv auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken (vgl. Hackman/ Oldham (1980), S. 78 ff.). Als weiterer Vorteil der Entscheidungsdezentralisation kann deshalb die Erhöhung der Motivation der Bereichsleiter genannt werden. Die Entscheidungsdezentralisation hat nicht nur Vorteile, sondern verursacht auch Probleme, die das Erreichen der Unternehmungsziele gefährden können. Die Unternehmungsleitung verfügt bei der Dezentralisation der Entscheidungen nicht länger über persönliches Wissen, das nur über Erfahrungen, Wahrnehmungen und Reflexionen bei der Entscheidungsfindung und -durchsetzung in den Verantwortungsbereichen generiert werden kann. Bei der Planung und Kontrolle ist die Unternehmungsleitung zudem zunehmend von Berichten aus den Verantwortungsbereichen abhängig. Darüber hinaus werden Entscheidungen von Managern auf allen Hierarchieebenen getroffen, die ihre individuellen Ziele verfolgen. Ihre Entscheidungen sind deshalb nicht mehr zwingend an den Unternehmungszielen abgestimmt und ausgerichtet (vgl. Anthony u. a. (2017), S. 256). Zu verhindern, dass diese durch die Dezentralisation von Entscheidungen verursachten Probleme das Erreichen der Unternehmungsziele gefährden, ist die Aufgabe des Controlling. <?page no="79"?> 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Abgrenzung von Controlling-Konzeptionen Die deutschsprachige Literatur stimmt weitgehend darin überein, dass es sich beim Controlling um eine Form der Managementunterstützung handelt. Keine Einigkeit besteht dagegen bei der Form dieser Unterstützung. Die verschiedenen Auffassungen zur Unterstützung des Managements durch das Controlling spiegeln sich in den Controlling-Konzeptionen wider, die sich in der Literatur herausgebildet haben. Controlling-Konzeptionen sind normativ gesetzte, deduktiv oder induktiv erarbeitete Beschreibungen der Controlling-Funktion (vgl. Horváth (2004), S. 369). Die Controlling-Funktion steht für die klar umrissene Aufgabe des Controlling als Mittel zur Erfüllung einer betriebswirtschaftlichen Zwecksetzung (vgl. Harbert (1982), S. 140). Beschrieben werden kann die Controlling-Funktion über die spezifische Problemstellung des Controlling, den Ansatz zur Lösung dieser Problemstellung sowie die relevanten Unternehmungsziele. Konzeptionen werden formuliert, um den Aufgabenbereich des Controlling eingrenzen und von anderen betriebswirtschaftlichen Funktionen abgrenzen zu können. Sie sollen als Orientierungsrahmen dienen, der in Unternehmungen unter den Bedingungen des jeweiligen Einzelfalls zu konkretisieren ist (vgl. Scherm/ Pietsch (2004), S. 8). Eine Controlling-Konzeption ist eine Grundvorstellung zur Funktion des Controlling, die durch die spezifische Problemstellung des Controlling, den Ansatz zur Lösung dieser Problemstellung sowie die relevanten Unternehmungsziele klar abgegrenzt ist (vgl. Friedl (2019), S. 1). Als Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre sollte das Controlling nicht die Bezeichnung für eine traditionelle Funktion oder eine Zusammenfassung mehrerer solcher Funktionen sein. Eine Controlling-Konzeption sollte eine eigenständige und einheitliche spezifische Problemstellung erkennen lassen. Eine Problemstellung ist eigenständig, wenn sie von anderen betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen nicht oder nur unzureichend bearbeitet wird. Erstreckt sich das Controlling auf mehrere betriebswirtschaftliche Teildisziplinen, verlangt die Forderung nach Einheitlichkeit, dass sich die Fragestellungen und Aufgaben des Controlling auf einen zusammenhängenden Problembereich zurückführen lassen (vgl. z. B. Küpper (1987), S. 84 f.). Für eine spezifische Problemstellung kann es alternative Lösungsansätze geben. Eine eindeutige Abgrenzung der Controlling-Funktion verlangt deshalb, dass neben der <?page no="80"?> 80 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen spezifischen Problemstellung auch der gewählte Problemlösungsansatz festliegt. Aus dem Problemlösungsansatz folgen Aufgabenbereiche, die das Controlling wahrzunehmen hat, und Instrumente, die das Controlling bei der Aufgabenerfüllung einsetzen kann, sowie geeignete Formen für die Organisation des Controlling (ähnlich Hahn/ Hungenberg (2001), S. 266). Die konkreten Inhalte der Aufgaben und Instrumente des Controlling hängen von den Unternehmungszielen ab, bei deren Realisation das Controlling das Management unterstützt. Um die Aufgaben und Instrumente des Controlling inhaltlich spezifizieren zu können, sollte eine Controlling-Konzeption deshalb diejenigen Unternehmungsziele festlegen, auf die sich die Managementunterstützung des Controlling richtet. Begründet mit der Bedeutung wirtschaftlicher Ziele in der Unternehmungspraxis sind Controlling-Konzeptionen vorgeschlagen worden, nach denen das Controlling das Management nur bei der Realisation der Ergebnisziele der Unternehmung unterstützt. Zu den Ergebniszielen zählen die Ziele der finanzwirtschaftlichen Mehrperiodenbetrachtung (z. B. Kapitalwertziele), die Ziele der güterwirtschaftlichen Einperiodenbetrachtung (z. B. Betriebsergebnis, Jahresüberschuss/ -fehlbetrag) sowie die Effizienzziele der Handlungsebene, wie z. B. die Produktivität (vgl. Horváth (2011), S. 122 f.). Alle anderen Konzeptionen benennen keine speziellen Ziele der Unternehmung, bei deren Erreichen das Controlling das Management unterstützen soll, es werden auch keine möglichen Unternehmungsziele ausgeschlossen. Auch bei dieser allgemeineren Vorstellung von Controlling werden die Inhalte der Aufgaben und Instrumente des Controlling nur für die Unterstützung des Managements bei der Realisation von Ergebniszielen präzisiert. Unter den Bezeichnungen „Green-Controlling“, „Umwelt- Controlling“, „CSR-Controlling“ und „Nachhaltigkeits-Controlling“ wird das ergebniszielorientierte Controlling um Aufgaben und Instrumente erweitert, die der Managementunterstützung bei ökologischen oder sozialen Unternehmungszielen dienen (vgl. Horváth/ Berlin (2016), S. 23). Das Controlling verfolgt die Ergebnisziele und sonstigen Ziele der Unternehmung nicht unmittelbar. Es unterstützt das Management bei der Erreichung dieser Ziele (vgl. Horváth (1993), Sp. 323). Ziele des Controlling sind die Erhaltung oder Verbesserung der Effektivität und Effizienz des Managements. Das Effektivitätsziel betrifft die Wirksamkeit der Handlungen des Managements für die Erreichung der Ergebnisziele und der sonstigen Ziele der Unternehmung. Die Effizienz ist ein Maß für die Ergiebigkeit der Ressourcen, die für den Vollzug des Managements eingesetzt werden (vgl. Friedl (2019), S. 6). Nach der spezifischen Problemstellung können die in der Literatur vorgeschlagenen Controlling-Konzeptionen in folgende Gruppen gegliedert werden: informationsorientierte Konzeptionen, koordinationsorientierte Konzeptionen und führungsprozessorientierte Konzeptionen. <?page no="81"?> 2.1 Abgrenzung von Controlling-Konzeptionen 81 Als „informationsorientiert“ werden alle Controlling-Konzeptionen mit der Informationsversorgung des Managements als spezifische Problemstellung bezeichnet. Die koordinationsorientierten Controlling-Konzeptionen gehen auf Horváth ((1978), S. 194 ff., 202) zurück. Als spezifische Problemstellung sehen diese Konzeptionen die Befähigung des Managements zur Koordination von Ausführungshandlungen vor, d. h. zur Primärkoordination. Ausgehend von der Kritik an den koordinationsorientierten Konzeptionen ist eine Reihe von Konzeptionen erarbeitet worden, die als „führungsprozessorientiert“ bezeichnet werden (vgl. Küpper (2005), S. 18 ff.). Diese Konzeptionen erheben jeweils eine spezielle Form der kritischen Begleitung des Managements in den Phasen des Führungsprozesses zur spezifischen Problemstellung des Controlling. Den einer Gruppe zugeordneten Controlling-Konzeptionen liegen ähnliche Problemstellungen zugrunde. Sie unterscheiden sich jedoch im Problemlösungsansatz oder in den Unternehmungszielen, bei deren Verfolgung das Controlling das Management unterstützt. Abb. 2.1 ordnet in der Literatur vorgeschlagene Controlling-Konzeptionen nach der spezifischen Problemstellung. spezifische Problemstellung Controlling-Konzeptionen informationsorientierte Konzeptionen: Informationsversorgung des Managements systemgestützte Konzeption (Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017)) planungsbezogene Konzeption (Hahn/ Hungenberg (2001)) regelungsbezogene Konzeption (Baum/ Coenenberg/ Günther (2013)) koordinationsorientierte Konzeptionen: Befähigung des Managements zur Koordination der Ausführungshandlungen (Primärkoordination) planungs- und kontrollsystembezogene Konzeption (Horváth/ Gleich/ Seiter (2024)) führungssystembezogene Konzeption (Küpper/ Weber/ Zünd (1990); Küpper u. a. (2013)) führungsprozessorientierte Konzeptionen: kritische Begleitung des Managements im Führungsprozess Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Führung (Weber/ Schäffer (2022)) Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung (Ahn (2003); Ahn/ Dyckhoff (2004)) Konzeption des reflexionsorientierten Controlling (Pietsch (2003); Pietsch/ Scherm (2004)) Abb. 2.1: Einordnung der Controlling-Konzeptionen <?page no="82"?> 82 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Konzeptionen des Controlling in der Literatur Controlling-Konzeptionen in der deutschsprachigen Literatur Informationsorientierte Konzeptionen Die spezifische Problemstellung informationsorientierter Controlling-Konzeptionen ist die Informationsversorgung des Managements. Informationsorientiert sind die systemgestützte, die planungs- und die regelungsbezogene Konzeption. Diese Konzeptionen unterscheiden sich im Umfang der Informationsversorgungsaufgabe des Controlling. Gemeinsam ist diesen Konzeptionen, dass die Unterstützung des Managements durch das Controlling nur auf die Realisation finanzieller Unternehmungsziele zielt. [1] Systemgestützte Konzeption Die systemgestützte Controlling-Konzeption ist von Thomas Reichmann vorgeschlagen worden. Begründet wird sie mit den immer schnelleren Marktveränderungen, der durch die hohe Kapitalbindung bedingten fehlenden Anpassungsfähigkeit der Unternehmungen sowie der fehlenden unmittelbaren Übersicht über den Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess in großen Unternehmungen. Diese Bedingungen verbieten es, Entscheidungen intuitiv zu treffen, und machen eine stärker informationsgetriebene Entscheidungsfindung notwendig (vgl. Reichmann (1985), S. 887). Der Zusatz „systemgestützt“ in der Bezeichnung dieser Konzeption war ursprünglich als die durchgehende Verknüpfung von technischen Erfassungs- und Steuerungssystemen sowie Administrations- und Dispositionssystemen zur Datenerfassung, dem Rechnungswesen zur Verarbeitung dieser Daten sowie den Analyse- und Berichtssystemen zur Auswertung und Verdichtung der Informationen für das Management zu verstehen. Mittlerweile wird dieser Zusatz mit einer impliziten IT-Einbindung gleichgesetzt (vgl. Kißler (2013), S. 209). Die spezifische Problemstellung des Controlling wird in der Versorgung der Führungskräfte mit entscheidungsrelevanten Informationen zur Verbesserung der Entscheidungsqualität auf allen Führungsstufen gesehen. Darunter wird die Bereitstellung von Informationen aus allen Funktionsbereichen der Unternehmung für die Koordination der Unternehmungsbereiche, für die Planung und die Kontrolle auf allen Hierarchieebenen der Unternehmung sowie in allen Phasen des Entscheidungsprozesses verstanden (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 3, 7, 16). Mit der Forderung nach Entscheidungsrelevanz der Informationsversorgung wird zum Ausdruck gebracht, dass das Management primär bei den für die finanziellen Unternehmungsziele wichtigen Entscheidungen informationsgetrieben unterstützt wird. Nach Reichmann kann die Informationsversorgungsaufgabe des Controlling nicht unabhängig vom Unternehmungsziel konzipiert werden. In erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen ist das Management bei der Realisation von Ergebniszielen mit Liquiditätsnebenbedingungen durch die entscheidungsrelevante Informationsversorgung zu unterstützen (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 3; Reichmann (2016), S. 308). Zur Lösung der Problemstellung werden Kommunikations- und Informationsverarbeitungsverrichtungen vorgeschlagen, die der routinemäßigen und der problemspezifischen Informationsversorgung dienen. Diese Verrichtungen sind die Informa- <?page no="83"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 83 tionsbeschaffung, die Informationsverarbeitung, die Datenanalyse sowie die Beurteilung und die Kontrolle der Wirksamkeit der Informationsversorgung (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 16 f.). Die für die Informationsversorgung benötigten Daten werden durch die Abrechnungssysteme (z. B. Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung), die Administrations- und Dispositionssysteme sowie die technischen Erfassungs- und Steuerungssysteme der Unternehmung erfasst (vgl. Reichmann (2016), S. 308 f.). Zur routinemäßigen Informationsversorgung wird ein kennzahlengestütztes Führungsinformationssystem gestaltet. Darunter wird ein Analyse- und Berichtssystem verstanden, das durch die Analyse und Verdichtung von Daten aus dem Rechnungswesen und seinen Vorsystemen (Administrations- und Dispositionssysteme, technische Erfassungs- und Steuerungssysteme) ein nach Inhalt, Umfang und Struktur zweckgerechtes Informationsangebot generiert. Mit dem House of Controlling wird ein Bezugsrahmen zur Abgrenzung derjenigen Berichte vorgeschlagen, die durch das Führungsinformationssystem generiert werden sollen. Jeder dieser Berichte wird dreidimensional definiert. Die erste Dimension ist der Unternehmungsbereich, in dem Führungskräfte mit entscheidungsrelevanten Informationen zu versorgen sind. Abgegrenzt werden die Funktionsbereiche (Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Logistik, Produktion und Marketing) sowie das obere Management mit seinen gesamtunternehmungsbezogenen Entscheidungsproblemen. Die Art der bereitzustellenden Informationen bildet die zweite Dimension. Unterschieden werden Kosten- und Leistungsgrößen, Erträge und Aufwendungen, Zahlungsgrößen sowie nichtmonetäre Informationen wie Mengen- und Zeitgrößen. Mit der dritten Dimension wird die Ebene der Planhierarchie festgelegt, für die Informationen bereitzustellen sind. Vorgesehen sind die operative und die strategische Ebene der Planung (vgl. Reichmann (2016), S. 309). Für das Führungsinformationssystem erarbeitet das Controlling Methoden zur Verarbeitung von Daten aus dem Rechnungswesen und seinen Vorsystemen, Kennzahlen für die Verdichtung der Daten zu Informationen sowie Instrumente zur Informationsaufbereitung und -bereitstellung für eine zweckgerechte Informationspräsentation (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 8 ff., 17 ff.). Ein Informationsbedarf der Führungskräfte, der über das Informationsangebot des Führungsinformationssystems hinausgeht, wird problemspezifisch gedeckt. Hierzu ruft das Controlling die für notwendig erachteten Daten aus allen Funktionsbereichen und Datenquellen ab, verarbeitet sie, um sie anschließend in der gewünschten Verdichtung an die Führungskräfte zu übermitteln (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 15; Reichmann (1996), S. 570). Abb. 2.2 zeigt die Merkmale der systemgestützten Controlling-Konzeption. systemgestützte Controlling-Konzeption (Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017); Reichmann (2016)) Problemstellung entscheidungsrelevante Informationsversorgung der Führungskräfte Problemlösungsansatz Gestaltung und Einführung eines Führungsinformationssystems, Bereitstellung problemspezifischer Informationen relevante Unternehmungsziele Ergebnis- und Liquiditätsziel <?page no="84"?> 84 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Controlling-Begriff „Controlling ist die zielbezogene Unterstützung von Führungsaufgaben, die der systemgestützten Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung zur Planerstellung, Koordination und Kontrolle dient; es ist eine rechnungswesen- und vorsystemgestützte Systematik zur Verbesserung der Entscheidungsqualität auf allen Führungsstufen der Unternehmung.“ (Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 19) Abb. 2.2: Systemgestützte Controlling-Konzeption [2] Planungsbezogene Konzeption Nach der planungsbezogenen Konzeption ist das Controlling sowohl eine Führungsals auch eine Führungsunterstützungsfunktion mit der Aufgabe, die Unternehmung ergebnisorientiert auszurichten (vgl. Hahn (1986), S. 267). Als Grund für das Entstehen des Controlling wird die zunehmende Größe und Komplexität der Unternehmungen genannt. Durch diese Entwicklung werden in Unternehmungen komplexere Planungssysteme und Planungstechniken sowie ein fundiertes Rechnungs- und Finanzwesen benötigt. Diese Entwicklung hat aber auch zu einer Aufteilung der Managementaufgaben auf mehrere Personen geführt, d. h. zur Arbeitsteilung im Management (vgl. Hungenberg/ Wulf (2021), S. 402 f.). Als spezifische Problemstellung liegt dieser Konzeption die informationelle Sicherung der ergebnisorientierten Unternehmungsführung zugrunde (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 265), d. h. der ergebnisorientierten Planung, Steuerung und Überwachung des gesamten Unternehmungsgeschehen. Planung, Steuerung und Überwachung werden in der Regel arbeitsteilig und mehrstufig vollzogen. Die Sicherstellung der ergebnisorientierten Unternehmungsführung ist deshalb vielfach mit einer Integrationsfunktion und grundsätzlich mit einer Koordinationsfunktion verbunden. Integration ist der Aufbau von Strukturen und Systemen, denen eine gewisse Konstanz über einen Zeitraum beigemessen wird. Die situative Abstimmung von Objekten oder Elementen wird als Koordination bezeichnet (vgl. Hahn (1992), S. 154 f.). Zur Erhaltung und erfolgreichen Weiterentwicklung der Unternehmung wird als oberstes finanzielles Unternehmungsziel die Ergebnisoptimierung als Kapitalwert- oder Gewinnmaximierung unter Beachtung von Sozialzielen und sonstigen Anforderungen angenommen. Das Controlling ist vorrangig auf die Ergebnisoptimierung unter Beachtung der Liquiditätsziele ausgerichtet (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 272). Die planungsbezogene Konzeption sieht als Problemlösungsansatz die Aufbereitung und Auswertung des Zahlenwerks des Rechnungs- und Finanzwesens vor. Ausgewertet werden die Daten mit ergebnisorientierten und auch liquiditätsorientierten Planungs-, Dokumentations- und Kontrollrechnungen. Diese werden im Prozess der Planung und Kontrolle routinemäßig in einem vorgegebenen Rhythmus oder einzelproblembezogen durchgeführt und sollen der Koordination aller Teilplanungen dienen. Die Planungs- und Kontrollrechnungen bauen auf den vom Management erstellten Plänen der Unternehmung auf. Die Aufgabe des Controlling besteht darin, mit Planungs- und Kontrollrechnungen die Wirkungen der in den Funktionsbereichen erstellten Pläne auf Umsatz, Kosten und Liquidität zu ermitteln und anschließend in der gesamtunternehmungsbezogenen Ergebnis- und Finanzplanung zusammenzufassen (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 56). Neben diese Nutzungsaufgabe treten Gestaltungsaufgaben. Zu diesen zählen die Erarbeitung von Systemen und Verfahren der Planung und Kontrolle und <?page no="85"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 85 des Rechnungswesens sowie die Organisation der Unternehmungsplanung und -kontrolle (vgl. Hahn (1992), S. 155 f.). Mit der Ausgestaltung der Planungs- und Kontrollsysteme werden Inhalte und Ablauf von Planung und Kontrolle grundlegend geregelt. Es werden die zu erstellenden Pläne, die zu planenden Inhalte, der Detaillierungsgrad und der zeitliche Bezug der Pläne sowie der Ablauf des Planungs- und Kontrollprozesses festgelegt. Das Controlling ist primär eine Führungsunterstützungsfunktion. Es übernimmt jedoch auch einige Führungsaufgaben (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 265). Führungsaufgaben sind zum einen die Ergebnis- und Finanzplanung, die das Controlling eigenständig durchführt. Die Handlungsplanung und -kontrolle, für die das Controlling Systeme, Verfahren, Ablauf und Organisation gestaltet, verbleiben jedoch beim Management. Eine weitere Führungsaufgabe des Controlling ist es, mit den Verantwortungsbereichen Zielvereinbarungs- und gemeinsame Auswertungsgespräche zur ergebnisorientierten Ausrichtung des gesamten Entscheidens und Handelns in der Unternehmung zu führen (vgl. Hahn/ Hungenberg (2001), S. 279). Abb. 2.3 gibt eine kurze Zusammenfassung der planungsbezogenen Konzeption wieder. planungsbezogene Controlling-Konzeption (Hahn (1992); Hahn/ Hungenberg (2001), S. 265 ff.) Problemstellung informationelle Sicherung ergebnisorientierter Unternehmungsführung Problemlösungsansatz ergebnisorientierte Ausrichtung des gesamten Entscheidens und Handelns in der Unternehmung durch eine entsprechende Aufbereitung und Auswertung von Daten des Rechnungs- und Finanzwesens zur Koordination der Teilplanungen relevante Unternehmungsziele Ergebnisoptimierung unter Beachtung der Liquiditätssicherung Controlling-Begriff „Generelle Aufgabe des Controlling: Informationelle Sicherung bzw. Sicherstellung ergebnisorientierter Planung, Steuerung und auch Überwachung des Unternehmungsgeschehens ‒ vielfach verbunden mit einer Integrationsbzw. Systemgestaltungsfunktion, grundsätzlich verbunden mit einer Koordinationsfunktion, primär auf der Basis des Zahlenwerks des Rechnungs- und Finanzwesens (möglichst verkettet in einer betriebswirtschaftlich-technischen Daten-, Modell- und Wissensbank)“ (Hahn/ Hungenberg (2001), S. 278) Abb. 2.3: Planungsbezogene Controlling-Konzeption [3] Regelungsbezogene Konzeption In der regelungsbezogenen Konzeption erstreckt sich die spezifische Problemstellung des Controlling auf zwei Aspekte. Zum einen umfasst sie die Versorgung der Unternehmungsleitung mit entscheidungsrelevanten Informationen. Bei der Informationsgewinnung, -verarbeitung und -aufbereitung geht das Controlling jedoch über das rein monetäre Rechnungswesen hinaus und bezieht auch nichtmonetäre quantitative sowie qualitative Informationen ein (vgl. Günter (2003), S. 341). Der zweite Aspekt ist die bereichsübergreifende Koordination der Planung und Steuerung auf der Unternehmungsebene und in den Teilbereichen der Unternehmung (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 3 f.). <?page no="86"?> 86 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Wie auch in der planungsbezogenen Konzeption wird von der nachhaltigen Sicherung der Unternehmungsexistenz als dem obersten Unternehmungsziel ausgegangen, zu dem das Controlling über die Ergebnisoptimierung unter Beachtung der Liquiditätssicherung beiträgt. In der regelungsbezogenen Konzeption wird das oberste Unternehmungsziel monetär als Unternehmungswert (Shareholder Value) verstanden und als langfristiges Unternehmungsziel gleichberechtigt neben Erfolg und Liquidität als kurzfristige Unternehmungsziele gestellt. Aus den lang- und kurzfristigen Unternehmungszielen können verschiedene Unterziele hergeleitet werden, wie z. B. eine Umsatzsteigerung durch die Erhöhung des Marktanteils über eine kürzere Lieferzeit (vgl. Günther (2003), S. 343). Es wird explizit darauf hingewiesen, dass das Oberziel der nachhaltigen Existenzsicherung neben der ökonomischen auch die ökologische und die soziale Nachhaltigkeit einschließt (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 9 f.). Das Controlling unterstützt das Management damit nicht nur bei der ergebnisorientierten Planung und Kontrolle. Die regelungsbezogene Konzeption zeichnet sich damit durch den Übergang von dem isolierten Unternehmungsziel der Ergebnisoptimierung unter Beachtung der Liquiditätssicherung zu einem mehrstufigen Zielsystem aus. Als Problemlösungsansatz wird in der regelungsbezogenen Konzeption ein selbststeuernder Regelkreis mit den Phasen Planung, Realisation und Kontrolle gesehen, der das Erreichen des langfristigen Nachhaltigkeitsziels und der kurzfristigen Ergebnis- und Liquiditätsziele gewährleistet. Der Schwerpunkt des Controlling wird von der rechnungs- und finanzwesenbasierten Informationsversorgung der ergebnisorientierten Planung, Steuerung und Überwachung in die Richtung der Planung und Kontrolle zur Unterstützung von Managemententscheidungen erweitert (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 3 f.). Das Controlling ist damit nicht länger auf die Ergebnis- und Finanzplanung begrenzt. Es übernimmt vielmehr alle Planungs- und Kontrollaufgaben, jedoch ohne die zugehörigen Entscheidungsaufgaben (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 3 f.). Die Einbeziehung des langfristigen Unternehmungsziels verlangt die Verzahnung aller Teilplanungen. Zu diesen zählen die generelle Zielplanung, die strategische Planung, die operative Planung, die Vorbereitung zentralisierter Entscheidungen sowie die Planung der Finanzierung und der Erhaltung der Liquidität. Wie auch nach der planungsbezogenen Konzeption ist das Controlling für die Erarbeitung von Systemen und Verfahren der Planung und Kontrolle sowie der Organisation der Unternehmungsplanung zuständig. Hinzu kommt, dass mit Anreiz- oder Sanktionssystemen das gesamte Entscheiden und Handeln in der Unternehmung an den Unternehmungszielen ausgerichtet werden soll (vgl. Günter (2003), S. 342 ff.). Abb. 2.4 fasst die wichtigsten Aussagen zur regelungsbezogenen Konzeption des Controlling zusammen. regelungsbezogene Controlling-Konzeption (Baum/ Coenenberg/ Günther (2013)) Problemstellung Versorgung der Unternehmungsleitung mit entscheidungsrelevanten Informationen sowie Koordination der mehr oder minder autonomen Planungs- und Steuerungseinheiten der Unternehmung Problemlösungsansatz Das Erreichen der Unternehmungsziele soll durch einen sich selbst steuernden Regelkreis mit den Phasen Planung, Realisation und Kontrolle gewährleistet werden <?page no="87"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 87 relevante Unternehmungsziele Nachhaltige Existenzsicherung als langfristiges Unternehmungsziel sowie Erfolg und Liquidität als kurzfristige Unternehmungsziele Controlling-Begriff Controlling lässt sich als „ein System der rechnungswesengestützten Informationsgenerierung und -verarbeitung zur Unterstützung der Unternehmensführung durch Planung und Kontrolle sowie zur Koordination mit anderen Subsystemen der Unternehmensführung kennzeichnen.“ (Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 6) Abb. 2.4: Regelungsbezogene Controlling-Konzeption Koordinationsorientierte Konzeptionen Grundlage koordinationsorientierter Controlling-Konzeptionen ist die Trennung zwischen dem Ausführungs- und dem Führungssystem der Unternehmung (vgl. Weber (1997), S. 6). Das Ausführungssystem umfasst die Handlungen zur Leistungserstellung und -verwertung sowie zur Aufnahme, Bindung und Anlage finanzieller Mittel. Diese Handlungen werden in der Regel arbeitsteilig vollzogen und bedürfen der Koordination. Die Koordination arbeitsteiliger Ausführungshandlungen ist Gegenstand der Primärkoordination, die Aufgabe des Führungssystems ist (vgl. Horváth (2011), 108). Die Primärkoordination vollzieht sich über die Einflussnahme der Führung auf die Mitarbeiter im Ausführungssystem. Ausführungshandlungen unterscheiden sich in zwei Merkmalen von den Führungshandlungen: (1) Ausführungshandlungen sind vollständig determiniert, d. h., die Mitarbeiter verfügen über keine Gestaltungsspielräume. (2) Zudem sind sie unmittelbar auf die Erstellung und Verwertung von Sachgütern oder Dienstleistungen sowie die Abwicklung finanzieller Transaktionen gerichtet und nicht auf die Einflussnahme auf andere Mitarbeiter (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 64; Küpper u. a. (2013), S. 64). Den Führungskräften in der Unternehmung stehen für die Primärkoordination verschiedenartige Instrumente zur Verfügung. Diese bilden zusammen mit den Handlungen zur Primärkoordination sowie den Personen, die diese Handlungen ausführen, das Führungssystem der Unternehmung. Um die Möglichkeiten der Führung durchsichtiger zu machen, wird das Führungssystem gedanklich in mehrere Teilsysteme gespalten, wie z. B. das Planungs- und Kontrollsystem und das Informationsversorgungssystem. Mit der Aufspaltung des Führungssystems geht eine gewisse Verselbständigung der Teilsysteme einher. Die Beziehungen zwischen eng zusammenhängenden Instrumenten und Handlungen verschiedener Führungsteilsysteme werden nicht mehr vollständig überblickt und folglich bei der Primärkoordination nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Als Beispiele für diese Beziehungen können genannt werden (ein umfassender Überblick über die Beziehungen findet sich bei Zenz (1998), S. 52 f.): die Versorgung von Planung und Kontrolle mit Informationen durch das Informationsversorgungssystem, z. B. dem Rechnungswesen, die Durchführung von Kontrollen durch den Vergleich des zu kontrollierenden Wertes einer Kontrollgröße mit dem Soll-Wert dieser Größe aus der Planung sowie die Festlegung von Prämien im Anreizsystem auf der Grundlage von Abweichungsinformationen aus der Kontrolle. <?page no="88"?> 88 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Die Aufspaltung des Führungssystems und die Verselbständigung der Führungsteilsysteme begründen einen Bedarf an Koordination im Führungssystem (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 34 f.). Die spezifische Problemstellung koordinationsorientierter Controlling-Konzeptionen ist deshalb die Koordination im Führungssystem. Die einzelnen Konzeptionen dieser Gruppe unterscheiden sich in den zu koordinierenden Führungsteilsystemen, d. h. im Umfang der Koordinationsaufgabe des Controlling (vgl. Horváth (2004 ), S. 370 f.). [1] Planungs- und kontrollsystembezogene Konzeption Nach der planungs- und kontrollsystembezogenen Konzeption ist die spezifische Problemstellung des Controlling die Sicherung und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Führung (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 49). Begründet wird diese Problemstellung mit der zunehmenden Dynamik, Diskontinuität und Komplexität der Unternehmungsumwelt sowie der ansteigenden Arbeitsteilung in der Unternehmung als Folge des Unternehmungswachstums. Die Führung, die den Bestand der Unternehmung in einer komplexen und veränderlichen Umwelt auf Dauer erhalten soll, steht damit vor zwei Herausforderungen: (1) die Anpassung an die sich beschleunigenden Umweltänderungen und (2) die Bewältigung der durch die zunehmende Arbeitsteilung wachsenden Probleme der Primärkoordination (vgl. Horváth (1978), S. 194). Das Controlling soll die Koordinations-, Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Führung erhalten und sichern, damit diese die Ergebnis- und Sachziele der Unternehmung realisieren kann (vgl. Horváth (2011), S. 127). 2 Im Zentrum der Konzeption steht die Annahme, dass die Führung das Ausführungssystem durch Planung und Kontrolle koordiniert (Koordination durch Handlungspläne). Flankierend kommen weitere Prinzipien der Primärkoordination zur Anwendung. Um die Koordinations-, Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Führung zu sichern, ist deshalb der Informationsstand der Führung bei der Planung und Kontrolle zu verbessern (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 193). Der Ansatz zur Lösung der spezifischen Problemstellung ist deshalb die Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung. Das erfordert zum einen die Koordination zwischen diesen Führungsteilsystemen und zum anderen die Koordination innerhalb jedes dieser Führungsteilsysteme. Die Koordination der Handlungen des Managements bei der Planung und Kontrolle zielt u. a. auf die Abstimmung der Pläne in der Unternehmung und die Verdichtung ihrer Ergebnisse zu einem Gesamtplan (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 84). Diese Koordinationsaufgabe des Controlling erstreckt sich über die systembildende und die systemkoppelnde Koordination. Die systembildende Koordination vollzieht sich durch das Schaffen einer Gebilde- und Prozessstruktur, die zur Abstimmung von Handlungen der Planung, Kontrolle und Informationsversorgung beiträgt. Diese Strukturen sind das Planungs-, das Kontroll- und das Informationsversorgungssystem, besondere Koordinationsorgane (z. B. Arbeitsgruppen, Teams, Ausschüsse) sowie Regelungen zur Behandlung der im bestehenden Systemgefüge auftretenden Koordinationsprobleme. Die systemkoppelnde Koordination umfasst die Gesamtheit der Koordinationshandlungen zur Problemlösung innerhalb der 2 Seit der 13. Auflage des Lehrbuchklassikers von Horváth: Das Controlling soll die Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Führung durch unternehmenszielbasierte Koordination sichern (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2015), S. 57 f.). <?page no="89"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 89 geschaffenen Systeme sowie zur Bewältigung von Störungen. Diese Koordinationshandlungen zielen auf die Aufrechterhaltung der Informationsverbindungen zwischen den Führungsteilsystemen. Das verlangt die Herstellung neuer oder die Anpassung bestehender Informationskanäle (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 38). Planungs- und Kontrollsystem Informationsversorgungssystem Sicherung und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions-, und Anpassungsfähigkeit der Führung Ergebniszielorientierte Koordination Informationen Informationen Spezifische Problemstellung Problemlösungsansatz Controllingsystem Führungssystem Geld Güter Ausführungssystem Abb. 2.5: Grundidee der planungs- und kontrollsystembezogenen Konzeption Koordination wird in der betrachteten Konzeption als Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel bei Arbeitsteilung verstanden. Dieses gemeinsame Ziel war ursprünglich das Ergebnisziel der Unternehmung (vgl. Horváth (2004), S. 371). Seit der 13. Auflage des Lehrbuchs von Horváth wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in Unternehmungen neben das Ergebnisziel zunehmend auch ökologische und soziale Ziele treten und es Betriebe gibt, „deren Hauptziele nicht vorrangig finanzieller Natur sind“ (Horváth/ Gleich/ Seiter (2015), S. 50). Es wird deshalb allgemeiner von den Zielen der Unternehmung gesprochen, bei deren Realisation das Management vom Controlling unterstützt wird. Abb. 2.5 fasst die Grundidee der planungs- und kontrollsystembezogenen Konzeption zusammen (in Anlehnung an Horváth (2011), S. 128). Es ist vor allem ein Merkmal, in dem sich die planungs- und kontrollsystembezogene Konzeption von der planungsbezogenen Konzeption nach Hahn unterscheidet. Die Datenbasis ist nicht auf das Rechnungswesen beschränkt, sondern erstreckt sich über alle Informationsversorgungssysteme, deren Funktion die Verbesserung des Informationsstands und der Informationsversorgung von Planung und Kontrolle ist <?page no="90"?> 90 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 193). Anders als bei der regelungsbezogenen Konzeption werden Planung und Kontrolle nicht als Aufgabe des Controlling gesehen, sondern nur die Zusammenstellung und Aufbereitung von Informationen für die Planung und Kontrolle (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 50). Einen zusammenfassenden Überblick über die planungs- und kontrollsystembezogene Konzeption des Controlling gibt Abb. 2.6. planungs- und kontrollsystembezogene Controlling-Konzeption (Horváth (2011)) Problemstellung Sicherung und Erhaltung der Koordinationsfähigkeit, der Reaktionsfähigkeit und der Adaptionsfähigkeit der Führung Problemlösungsansatz 1 ergebnisorientierte Koordination von Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung relevante Unternehmungsziele 2 Ergebnisziele Controlling-Begriff 3 „Controlling ist ‒ funktional gesehen ‒ dasjenige Subsystem der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung systembildend und systemkoppelnd ergebniszielorientiert koordiniert und so die Adaption und Koordination des Gesamtsystems unterstützt.“ (Horváth (2011), S. 129) 1 seit der 13. Auflage: zielorientierte Koordination von Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2015), S. 57) 2 seit der 13. Auflage: Unternehmensziele (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2015), S. 51) 3 seit der 13. Auflage: „… zielorientiert koordiniert …“ (Horváth/ Gleich/ Seiter (2015), S. 58) Abb. 2.6: Planungs- und kontrollsystembezogene Controlling-Konzeption [2] Führungssystembezogene Konzeption Die spezifische Problemstellung des Controlling nach der führungssystembezogenen Konzeption ist die Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung durch die Führung. Diese Problemstellung kann als Sicherung und Erhaltung der Fähigkeit der Führung zur Primärkoordination verstanden werden, d. h. zur Ausrichtung der Handlungen der im Ausführungssystem wirkenden Personen auf das Unternehmungsziel (vgl. Küpper/ Weber/ Zünd (1990), S. 283; Küpper u. a. (2013), S. 35). In der Konzeption nach Horváth wird angenommen, dass die Handlungen im Ausführungssystem der Unternehmung durch Planung und Kontrolle koordiniert werden. Der Problemlösungsansatz dieser Konzeption wird deshalb in der Koordination des Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungssystems gesehen. Die führungssystembezogene Konzeption beruht auf der Aufspaltung des Führungssystems in ein Planungssystem, ein Kontroll-, ein Informations- und ein Personalführungssystem sowie die Organisation. Es wird gezeigt, dass zwischen all diesen Führungsteilsystemen Koordinationsprobleme bestehen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 44 f.). Der Problemlösungsansatz wird deshalb auf die Koordination im gesamten Führungssystem erweitert. Diese Koordinationsfunktion des Controlling umfasst sowohl die Koordination zwischen den Führungsteilsystemen als auch die Koordination innerhalb der Führungsteilsysteme. Abb. 2.7 veranschaulicht die Koordinationsaufgabe des Controlling (in Anlehnung an Küpper u. a. (2013), S. 36). <?page no="91"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 91 Abb. 2.7: Koordinationsaufgaben nach der führungssystembezogenen Konzeption Die Handlungen des Ausführungssystems sollen an den Zielen ausgerichtet werden, die in der jeweiligen Unternehmung verfolgt werden (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 39). Es sind deshalb generell die von der Unternehmung verfolgten Ziele, bei deren Realisation das Controlling das Management unterstützt. Die Aussagen der führungssystembezogenen Konzeption sind in Abb. 2.8 noch einmal zusammengefasst. führungssystembezogene Controlling-Konzeption (Küpper/ Weber/ Zünd (1990); Küpper u. a. (2013)) Problemstellung Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung durch die Unternehmungsführung Problemlösungsansatz Koordination innerhalb einzelner Führungsteilsysteme sowie zwischen verschiedenen Führungsteilsystemen (Planungssystem, Kontrollsystem, Informationssystem, Organisation, Personalführungssystem) relevante Unternehmungsziele Zielsystem der Unternehmung Controlling-Begriff „Die Controlling-Funktion besteht im Kern in der Koordination des Führungsgesamtsystems zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung.“ (Küpper/ Weber/ Zünd (1990), S. 283) Abb. 2.8: Führungssystembezogene Controlling-Konzeption Sicherstellung der zielgerichteten Lenkung durch die Führung Planungssystem Kontrollsystem Controlling Informationssystem Ausführungssystem <?page no="92"?> 92 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Führungsprozessorientierte Konzeptionen Die Kritiker der koordinationsorientierten Konzeptionen äußern Zweifel daran, ob es sich bei der Koordination im Führungssystem um eine eigenständige Problemstellung für das Controlling handelt. Es sind vor allem zwei Argumente, mit denen diese Zweifel begründet werden (vgl. z. B. Franz (2004), S. 275; Wall (2004), S. 393 ff.): Zum einen wird darauf hingewiesen, dass sich die Aufspaltung des Führungssystems in Führungsteilsysteme nur gedanklich vollziehen lässt und in der Unternehmungspraxis nicht beobachtet werden kann. Die Systemgrenzen werden künstlich gezogen, die Koordinationsprobleme können deshalb nicht empirisch hergeleitet werden (vgl. Becker (2003), S. 1). Eine weitere Schwachstelle der koordinationsorientierten Konzeptionen wird darin gesehen, dass die Koordination im Führungssystem keine Abgrenzung zu anderen betriebswirtschaftlichen Teilfunktionen und insbesondere zum Management ermöglicht. Es sind vor allem Überschneidungen des Controlling nach der führungssystembezogenen Konzeption mit der Organisation herausgearbeitet worden (vgl. Wall (2000), S. 296 ff.). Die kritische Auseinandersetzung mit den koordinationsorientierten Konzeptionen hat zur Entwicklung der führungsprozessorientierten Controlling-Konzeptionen geführt. Sie stellen nicht das Führungssystem in den Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die Akteure und ihre Handlungen im Führungsprozess. Führung wird von Führungskräften vollzogen, die neben den Zielen der Unternehmung auch ihre individuellen Ziele verfolgen. Sie verfügen über persönliche Fachkenntnisse und kognitive Fähigkeiten, die jedoch individuell begrenzt sind. Wollens- und Könnensbegrenzungen bei den Führungskräften gefährden bei zunehmender Dynamik und Diskontinuität der Unternehmungsumwelt und wachsender Komplexität der Unternehmung das Erreichen der Unternehmungsziele. Die spezifische Problemstellung des Controlling nach den führungsprozessorientierten Konzeptionen ist deshalb die Sicherung der Zielerreichung durch die Unterstützung und kritische Begleitung der Führungskräfte im Führungsprozess. Diese Konzeptionen unterscheiden sich in dem Bezugsobjekt, auf welches das Controlling einwirkt. [1] Controlling als Rationalitätssicherung der Führung Ziel der Entwicklung der rationalitätsbezogenen Konzeption nach Weber/ Schäffer war es, die Vielfalt der Aufgaben des Controlling in der Unternehmungspraxis auf ein abstraktes Aufgabenmuster zurückzuführen (vgl. Weber/ Schäffer (1999), S. 732). Dieses abstrakte Aufgabenmuster wird in der Sicherung der Rationalität der Führung gesehen, die als spezifische Problemstellung des Controlling zu verstehen ist. Um nicht jegliche Rationalitätssicherung der Führung mit dem Begriff des Controlling belegen zu müssen, wird die spezifische Problemstellung auf Unternehmungen mit ökonomischen Zielsetzungen begrenzt, die über Pläne koordinieren (vgl. Weber (2004), S. 471). Unter „Rationalität“ wird in dieser Konzeption eine Zweck-Mittel-Rationalität verstanden. Danach handelt die Führung rational, wenn ein gegebener Zweck bei effizienter Mittelverwendung realisiert wird. Der Zweck ist eine von der Führung zu erbringende Leistung, wie z. B. die Entwicklung eines Plans, die Entscheidung über ein Investitionsvorhaben oder die Kontrolle der Periodenergebnisse der Geschäftsbereiche. Ein Zweck ist in der Regel selbst nur ein Mittel, um einen übergeordneten Zweck <?page no="93"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 93 zu erreichen, wie z. B. die Steigerung der Wirtschaftlichkeit in der Produktion oder die Erhöhung des Marktanteils eines Geschäftsbereichs. Die Mittel sind in diesem Kontext eine Person, ein Team in einer festzulegenden Zusammensetzung, auszuwertende Informationen, Planungs- Entscheidungs- und Kontrollverfahren usw. Die Umschreibung der Zweck-Mittel-Rationalität lässt offen, welcher Zweck und welche Mittel zur Erreichung der Unternehmungsziele geeignet sind und welcher Mitteleinsatz als effizient beurteilt werden kann (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 49 f.). Es fehlt ein Maßstab zur Beurteilung der Zweck-Mittel-Relation, d. h. ein Bezugspunkt für das Vorliegen von Rationalität. Als Bezugspunkt für das Vorliegen von Rationalität der Führung wird die „herrschende Meinung“ von Fachleuten vorgeschlagen (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 60). Für die Arbeit des Controlling in der Unternehmungspraxis reicht es nach Weber/ Schäffer jedoch aus, „deutliche Verstöße gegen die Bedingungen im Auge zu behalten, um signifikante Rationalitätsverletzungen zu vermeiden“ (Weber/ Schäffer (2022), S. 51). Rationalitätsverletzungen können in mangelndem Wissen und Können, fehlendem Wollen (opportunistisches Verhalten) sowie in Emotionen und kognitiven Verzerrungen begründet sein. Abb. 2.9 nennt Beispiele für Ursachen von Rationalitätsdefiziten (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 52). mangelndes Wissen und Können Manager haben begrenztes Wissen oder mangelnde kognitive Fähigkeiten. fehlendes Wollen (Opportunismus) Manager verfolgen ihre individuellen Ziele, die nicht unbedingt mit den Unternehmungszielen übereinstimmen. Emotionen Manager werden durch Emotionen beeinflusst Ein starker Affekt führt dazu, dass Informationen nicht genau verarbeitet werden. Es werden bevorzugt solche Informationen erinnert, die der momentanen Stimmung entsprechen („rosarote“ oder „schwarze“ Brille). Der emotionale Zustand wird als Entscheidungskriterium genutzt. kognitive Verzerrungen Systematische, meist unbewusst fehlerhafte Neigungen bei der Wahrnehmung, Prognose und Bewertung von Sachverhalten: selbstbezogene Verzerrungen: Manager überschätzen sich. sozial induzierte Verzerrungen: Manager sind durch Konformitätsdruck in der Gruppe beeinflusst („Groupthink“). bindungsinduzierte Verzerrungen: Manager sind durch ihre Zuneigung zu Menschen oder Dingen geblendet. wahrnehmungsbezogene Verzerrungen: Manager lassen sich durch Präsentation und äußere Gestalt blenden. stabilitätsbezogene Verzerrungen: Manager möchten nichts bedauern und scheuen mögliche Veränderungen. vereinfachende Verzerrungen: Manager vereinfachen zu stark, verzichten z. B. auf nicht einfach zugängliche Informationen und die Diskussion von Alternativen. Abb. 2.9: Mögliche Ursachen von Rationalitätsdefiziten <?page no="94"?> 94 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Rationalität wird auf keine dominante Zielkategorie eingegrenzt. Es sind deshalb alle Ziele der Unternehmung, bei deren Realisation das Controlling die Führung unterstützt. Das Erkennen von Rationalitätsdefiziten im Führungshandeln sowie das Vermeiden, Vermindern oder Beseitigen erkannter Rationalitätsdefizite in jeder einzelnen Phase des Führungsprozesses ist der Problemlösungsansatz dieser Konzeption. Die Rationalitätssicherung vollzieht sich über die Delegation von Managementaufgaben an das Controlling. Delegiert werden können Entlastungsaufgaben, Ergänzungsaufgaben und Begrenzungsaufgaben. Entlastungsaufgaben sind Managementaufgaben, die das Controlling besser, schneller und weniger aufwendig ausführen kann. Beispiele sind das Berichtswesen, die Erstellung von Abweichungsanalysen sowie die Anwendung von Planungsverfahren. Die Delegation dieser Aufgaben erhöht die Wirtschaftlichkeit des Führungsbereichs, ermöglicht es dem Management, seine Aufmerksamkeit auf Rationalitätsengpässe zu fokussieren, und trägt damit zur Zweckerfüllung bei. Das Fach- und Methodenwissen im Controlling kann sich von dem der Führungskraft unterscheiden. Bei den Ergänzungsaufgaben nutzt das Controlling diese Unterschiede, um die von der Führungskraft eingesetzten Mittel, den Prozess der Zweckerfüllung oder das Ergebnis zu überprüfen oder geeignete Mittel und Vorgehensweisen anzuregen und durchzusetzen. Beispiele für diese Aufgaben sind die Planerstellungs- und die Planinhaltskontrolle. Begrenzungsaufgaben richten sich gegen opportunistisches Verhalten, indem Handlungsergebnisse potenziell opportunistischer Führungskräfte in Frage gestellt, notwendige Korrekturen angeregt und durchgesetzt werden (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 44 f.; Schäffer/ Weber (2004), S. 462 f.). Die rationalitätsbezogene Controlling-Konzeption nach Weber/ Schäffer zeichnet sich dadurch aus, dass ihr kein fest umrissener Problemlösungsansatz zugrunde liegt, sondern dass dieser kontextspezifisch auszugestalten ist, d. h. in Abhängigkeit von den vorliegenden Rationalitätsdefiziten (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 60). Dadurch umfasst diese Controlling-Konzeption alle übrigen Konzeptionen als Spezialfall. Liegen die Rationalitätsdefizite im Bereich der Datenbereitstellung, gelangt eine informationsorientierte Konzeption zum Einsatz. Die koordinationsorientierten Konzeptionen sind von Bedeutung, wenn die Führungshandlungen unzureichend abgestimmt sind (vgl. Weber/ Schäffer (1999), S. 740 ff.). In dieser Controlling-Konzeption wird dem Aufgabenbereich des Controlling gegenüber den anderen Konzeptionen eine weitere Aufgabe zugeordnet, und zwar die Identifikation von Rationalitätsdefiziten der Führung (vgl. Weber/ Schäffer/ Langenbach (1999), S. 31). Abb. 2.10 fasst die Aussagen der Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Führung zusammen. <?page no="95"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 95 Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Führung (Weber/ Schäffer (2022); Schäffer/ Weber (2004); Weber (2004)) Problemstellung Sicherstellung der Rationalität der Führung im Kontext der Koordination durch Pläne in Betrieben mit ökonomischen Zielsetzungen Rationalität mit der „herrschenden Meinung von Fachleuten“ als Bezugspunkt für das Vorliegen von Rationalität Problemlösungsansatz Erkennen möglicher oder bereits vorhandener Rationalitätsdefizite sowie Vermeiden, Vermindern oder Beseitigen erkannter Rationalitätsdefizite durch die spezifische Kombination von Entlastungs-, Ergänzungs- und Begrenzungsaufgaben relevante Unternehmungsziele Ziele der Unternehmung Controlling-Begriff Controlling wird „funktional als Rationalitätssicherung der Führung“ gesehen. Es „wird … als Rationalitätssicherung im Kontext dominierender Koordination durch Pläne definiert“ (Weber/ Schäffer (2022), S. 48 f.). Abb. 2.10: Controlling als Rationalitätssicherung der Führung [2] Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung Durch die Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung werden die Begriffe konkretisiert, die den Ansatz von Weber/ Schäffer charakterisieren, d. h. die Begriffe „Führung“, „Sicherung“ und „Rationalität“ (vgl. Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 503). Sie kann als eine Weiterentwicklung der Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Führung verstanden werden. Der rationalitätsbezogenen Konzeption nach Weber/ Schäffer sowie auch den koordinationsorientierten Konzeptionen liegt die Vorstellung von der Trennung zwischen dem Ausführungs- und dem Führungssystem zugrunde. Die Analyse der Verteilung von Weisungs- und Entscheidungsbefugnissen in einer Unternehmung zeigt jedoch, dass das Führungs- und das Ausführungssystem nicht überschneidungsfrei abgrenzbar sind. Basierend auf dieser Überlegung wird als Bezugsobjekt, auf welches das Controlling einwirkt, die Entscheidungsfindung hergeleitet. Als spezifische Problemstellung dieser Konzeption wird deshalb die Sicherstellung der Rationalität der Entscheidungsfindung gewählt (vgl. Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 504 ff.). Zur Konkretisierung der Sicherstellungsfunktion werden drei Phasen der Entscheidungsfindung unterschieden: das Lernen, die Selektion und die Kontrolle. Jede dieser Phasen lässt sich durch die Ausgangssituation, den reflexiven Teil und die Endsituation kennzeichnen. In jeder dieser Phasen des Entscheidungsprozesses eröffnen sich für jedes einzelne dieser drei Merkmale drei Aufgabenfelder zur Steigerung der Güte der betrieblichen Entscheidungsfindung: die Offenlegung der Inhalte der jeweiligen Komponente, die kritische Analyse dieser Inhalte sowie die Erschließung von Verbesserungspotenzialen. Mit den Phasen im Prozess der Entscheidungsfindung, den Merkmalen dieser Phasen und den rationalitätssichernden Aufgaben ergibt sich die in Abb. 2.11 skizzierte Struktur der Aufgabenfelder des Controlling bei der Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung. Diese Struktur kann als Problemlösungsansatz dieser Konzeption verstanden werden (vgl. Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 510 ff.). <?page no="96"?> 96 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Phasen im Entscheidungsfindungsprozess Merkmale Ansatzpunkte der Phasen Rationalitätssicherung Lernen Selektion Kontrolle Ausgangssituation Offenlegung der Inhalte Analyse der Inhalte Erschließen von Verbesserungspotenzialen reflexiver Teil Offenlegung der Inhalte Analyse der Inhalte Erschließen von Verbesserungspotenzialen Endsituation Offenlegung der Inhalte Analyse der Inhalte Erschließen von Verbesserungspotenzialen Abb. 2.11: Aufgabenfelder des Controlling nach der rationalitätsbezogenen Konzeption Die Güte der betrieblichen Entscheidungsfindung wird nach ihrer Rationalität beurteilt. Die von Weber/ Schäffer vorgeschlagene Definition der Rationalität als Zweck- Mittel-Rationalität mit der herrschenden Meinung von Fachleuten als Bezugspunkt für das Vorliegen von Rationalität wird als zu vage kritisiert. Als Rationalitätsmaßstab werden deshalb die Effektivität und die Effizienz der Handlungen im Entscheidungsprozess vorgeschlagen. Handlungen im Entscheidungsprozess bewirken eine Veränderung in dem durch das Entscheidungsproblem betrachteten Ausschnitt der Realität. Es sind diese Veränderungen, nach denen die Effektivität und die Effizienz der Entscheidungsfindung beurteilt werden. Definiert wird dieser Ausschnitt durch das Unternehmungsziel (z. B. Rentabilität) und die potenziellen Handlungsalternativen, über die zu entscheiden ist. Für die Entscheidung werden aus dem Unternehmungsziel problemadäquate Entscheidungsziele hergeleitet, wie z. B. Kostensenkung und Umsatzsteigerung. Hinzu kommen Ziele, die den Mitteleinsatz für die Realisation der ausgewählten Handlungsalternative und die Nebenfolgen ihrer Realisation (z. B. Betriebsklima) betreffen. Mit diesen Komponenten eines Entscheidungsproblems können Effektivität und Effizienz wie folgt definiert werden: Eine Tätigkeitsalternative ist effektiv in Bezug auf bestimmte Zwecke (Entscheidungsziele, Ziele zum Mitteleinsatz, Nebenfolgen), wenn sie eine Zustandsveränderung bewirkt, mit der diese Zwecke erfüllt werden. Eine Tätigkeitsalternative ist effizient in Bezug auf eine bestimmte Teilmenge der relevanten Ziele und Handlungsalternativen, „wenn sie eine Zustandsveränderung bewirkt, die bei Wahl einer anderen Alternative aus der Teilmenge im Hinblick auf keines der im Einzelfall ausgewählten Ziele eine Verbesserung erlaubt, ohne gleichzeitig bei einem andern der ausgewählten Ziele zu einer Verschlechterung zu führen“ (Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 519). <?page no="97"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 97 Effektivität kann als Zielwirksamkeit verstanden werden, während Effizienz einen Zustand beschreibt, der keine Verschwendung bei den Zwecken, den Mitteln und den Nebenfolgen zulässt (vgl. Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 517 f.). Eine Zusammenfassung der Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung findet sich in Abb. 2.12. Konzeption des Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung (vgl. Ahn (2003); Ahn/ Dyckhoff (2004)) Problemstellung Sicherstellung der Rationalität der Entscheidungsfindung auf allen Ebenen der Unternehmung Effektivität und Effizienz als Rationalitätsmaßstab Problemlösungsansatz Steigerung der inhaltlichen Güte der Entscheidungsfindung durch Offenlegung, Güteprüfung und Verbesserung in allen Phasen des Entscheidungsfindungsprozesses relevante Unternehmungsziele Ziele der Unternehmung Controlling-Begriff „Eine Kernaufgabe des Controllings ist die Offenlegung, Güteprüfung und Verbesserung der Entscheidungsfindung … im Hinblick auf ihre Effektivität und Effizienz“ (Ahn/ Dyckhoff (2004), S. 520). Abb. 2.12: Controlling als Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung [3] Reflexionsbezogene Controlling-Konzeption Von den informationsorientierten Konzeptionen über die koordinationsorientierten Konzeptionen bis zu den rationalitätsbezogenen Konzeptionen werden die zentralen Aufgaben des Controlling kontinuierlich ausgeweitet. Ziel der Entwicklung der reflexionsbezogenen Konzeption war es, den spezifischen Aufgabenbereich des Controlling einzugrenzen und von den Führungsaufgaben abzugrenzen (vgl. Pietsch/ Scherm (2004), S. 531). Nach dieser Konzeption ist das Controlling sowohl Führungsfunktion als auch Führungsunterstützungsfunktion. Die reflexionsbezogene Konzeption basiert auf der Vorstellung, dass Führungshandeln in der Unternehmung bedeutet, Entscheidungen zu treffen, durchzusetzen, zu hinterfragen sowie die Verantwortung für getroffene Entscheidungen zu übernehmen. Führung zeichnet sich deshalb in dieser Konzeption durch die Fokussierung auf Entscheidungen bei der Planung, der Organisation, dem Personaleinsatz und der Personalführung aus. Entscheidungen werden unter den Bedingungen hoher Komplexität und Dynamik der Unternehmung und ihres Umfelds bei begrenzter Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazität des Menschen getroffen. Zur Komplexitätsreduktion werden nur ausgewählte Entscheidungsziele, Handlungsmöglichkeiten, Umweltzustände und Ergebnisse eines Entscheidungsproblems in die Entscheidungsfindung einbezogen. Die Reduktion der Komplexität der Entscheidungsfindung durch eine solche Auswahl aus der Gesamtheit von Möglichkeiten wird als Selektion bezeichnet. Jede Selektion kann sich grundsätzlich jederzeit als falsch erweisen, d. h. eigentlich relevante Aspekte werden ausgeblendet. Die Gefahr einer fehlerhaften Selektion soll durch Reflexion verhindert werden, d. h. durch distanzierend-kritische <?page no="98"?> 98 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Gedankenarbeit. Die Reflexion der Entscheidungen, die im Rahmen der anderen Führungsfunktionen getroffen werden, ist die spezifische Problemstellung des Controlling. Die Reflexionsaufgaben werden in einer Führungsfunktion unter der Bezeichnung „Controlling“ gebündelt. Das Controlling steht mit dieser Reflexionsaufgabe als eigenständige Führungsfunktion neben den anderen Führungsfunktionen, d. h. der Planung, der Organisation, dem Personaleinsatz und der Personalführung (vgl. Pietsch/ Scherm (2004), S. 536). Die Reflexion der Entscheidungen kann auch die Abstimmung der Entscheidungen bei der Planung, der Organisation, dem Personaleinsatz und der Personalführung umfassen. Damit leistet das Controlling auch in dieser Konzeption einen Beitrag zur Koordination (vgl. Pietsch/ Scherm (2001), S. 311). Zur Reflexion der Entscheidungen wird die als abweichungsorientierte Reflexion bezeichnete Kontrolle um eine perspektivenorientierte Reflexion ergänzt. Die abweichungsorientierte Reflexion umfasst den Vergleich des zu kontrollierenden Wertes einer Kontrollgröße mit einem Soll-Wert dieser Größe, die Feststellung von Abweichungen sowie das Verringern festgestellter Abweichungen durch Korrekturen und Anpassungen. Kontrolliert werden die Effektivität und die Effizienz der durch Entscheidungen festgelegten Handlungen sowie die Angemessenheit der dabei verfolgten Ziele. Bei der perspektivenorientierten Reflexion werden Entscheidungen aus einem anderen Blickwinkel analysiert, d. h., bisher ausgeblendete Aspekte werden berücksichtigt, während bereits berücksichtigte als irrelevant ausgeblendet werden. Dadurch sollen bisher unerkannte Chancen und Risiken und neue Handlungsoptionen aufgedeckt werden (vgl. Pietsch/ Scherm (2004), S. 537 ff.). Planung Controlling Personalführung Personaleinsatz Organisation Führungsfunktionen Selektion Reflextion Abweichungsorientiert (= Kontrolle) Perspektivenorientiert Controlling als Führungsunterstützungsfunktion (= abgeleitete) Informationsaufgabe Informationsbedarf Informationsbereitstellung Abb. 2.13: Controlling als Führungs- und Führungsunterstützungsfunktion Neben die Reflexion als Führungsfunktion tritt eine Informationsversorgungsfunktion als Führungsunterstützungsfunktion des Controlling. Diese besteht darin, die für die Reflexion der Entscheidungen notwendigen Informationen bereitzustellen. <?page no="99"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 99 Gerade die Reflexion der Abstimmung von Entscheidungen in der Unternehmung verlangt „eine funktionenübergreifende, informatorische Gesamtsicht sowie deren laufende Aktualisierung“, die vom Controlling bereitzustellen und zu gewährleisten ist (Pietsch/ Scherm (2004), S. 540). Abb. 2.13 veranschaulicht die Abgrenzung zwischen der Führungsunterstützungsfunktion und der Führungsfunktion des Controlling nach der reflexionsbezogenen Konzeption (in Anlehnung an Pietsch/ Scherm (2001), S. 309 ff.). Durch die Reflexion und Informationsversorgung soll die Zielorientierung der Unternehmung gefördert werden. Die reflexionsbezogene Konzeption sieht keine dominante Zielkategorie vor (vgl. Pietsch/ Scherm (2001), S. 312). Abb. 2.14 fasst die zentralen Aussagen der reflexionsbezogenen Konzeption des Controlling zusammen. reflexionsbezogene Controlling-Konzeption (vgl. Pietsch/ Scherm (2001); Pietsch (2003); Pietsch/ Scherm (2004)) Problemstellung Reflexion von Entscheidungen, die im Rahmen von Planung, Organisation, Personaleinsatz und Personalführung getroffen werden, sowie die Reflexion der Abstimmung zwischen diesen Entscheidungen Problemlösungsansatz abweichungs- und perspektivenorientierte Reflexion als Führungsfunktion sowie Informationsbereitstellung als Führungsunterstützungsfunktion relevante Unternehmungsziele Ziele der Unternehmung Controlling-Begriff Das Controlling fördert die Zielorientierung der Unternehmung durch folgende Führungs- und Führungsunterstützungsaufgaben: die abweichungs- und perspektivenorientierte Reflexion von Entscheidungen sowie die daraus abzuleitenden Informationsversorgungsaufgaben (vgl. Pietsch/ Scherm (2001), S. 312). Abb. 2.14: Reflexionsbezogene Controlling-Konzeption Koordination und Information in der internationalen Literatur In der englischsprachigen Literatur werden dem Begriff des „Controlling“ andere Inhalte zugeordnet als in der deutschsprachigen Literatur. Aufgabenbereiche für die Koordination und Informationsversorgung werden jedoch auch in der englischsprachigen Literatur diskutiert. Diese Aufgabenbereiche sind das Management Control und das Management Accounting (vgl. Guenther (2013), S. 269; Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 39). Abgrenzung des Management Control Die Bezeichnung „Management Control“ wird einerseits verwendet, um den Wandel der Informationsversorgung des Managements zu kennzeichnen. Diese entwikkelt sich von der Bereitstellung formaler Finanzinformationen hin zu einer umfassenden Entscheidungsunterstützung. Diese sollte auch die Versorgung mit externen Informationen über Märkte, Kunden und Wettbewerber, nichtfinanziellen Informationen über den Leistungserstellungsprozess, Prognoseinformationen sowie Metho- <?page no="100"?> 100 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen den zur Entscheidungsunterstützung und zur personellen und sozialen Steuerung umfassen (vgl. Chenhall (2003), S. 129). Andererseits wird die Versorgung des Managements mit Informationen zur Entscheidungsunterstützung explizit aus dem Aufgabenbereich des Management Control ausgeschlossen, da diese Gegenstand des Management Accounting ist (vgl. Malmi/ Brown (2008), S. 289 ff.). Als Problemstellung des Management Control durchgesetzt hat sich die Einflussnahme auf die Mitarbeiter der Unternehmung, um sicherzustellen, dass ihr Arbeitsverhalten mit den Zielen und Strategien der Unternehmung vereinbar ist. Unterschiede in der Problemstellung verschiedener Konzeptionen betreffen die Mitarbeiter, deren Arbeitsverhalten beeinflusst werden soll, sowie den Umfang, in dem die Strategieentwicklung und -implementierung Gegenstand des Management Control sind. Um die Unterschiede in der Problemstellung des Management Control sichtbar zu machen, gibt Abb. 2.15 einen Überblick über Begriffe des Management Control in der Literatur. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 6: “Management Control is the process by which managers influence other members of the organization to implement the organization’s strategies.” Anthony u. a. (2014), S. 4: „we define management control as the systematic process by which the organization’s higher-level managers influence the organisation’s lowerlevel managers to implement the organisation’s strategies.” Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 15: “Management control is: A process that serves to motivate all organisational members to perform activities that contribute to the achievement of the organisation’s goals and to the implementation of its strategies.” Drury (2019), S. 251: “The aim of management control systems is to influence employee behaviours in desirable ways in order to increase the probability that an organization’s objectives will be achieved.” Flamholtz/ Das/ Tsui (1985), S. 36: „We define ‚organizational control’ as attempts by the organization to increase the probability that individuals and groups will behave in ways that lead to the attainment of organizational goals.” “Control Systems are techniques and processes to achieve goal congruence and may be designed for all levels of behavioral influence: individuals, small groups, formal subunits and the organizational as a whole.” Groot/ Selto (2013), S. 84: „Management controls are the devices that organisations use to ensure that employees work diligently and well to meet the organisation’s strategic goals.“ Horngren u. a. (2014), S. 371: “A management control system is an integrated set of techniques for gathering and using information to make planning and control decisions, for motivating employee behavior, and for evaluating performance. A well-designed management control system supports and coordinates the decision-making process and motivates individuals throughout the organization to act in concert.” <?page no="101"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 101 Merchant/ van der Stede (2023), S. 6: „Management Control ... includes all the processes, systems, or approaches that managers use to ensure the behaviors and decisions of all employees are consistent with the organization’s objectives and strategies.” Otley (1999), S. 364: “Management control systems provide information that is intended to be useful to managers in performing their jobs and to assist organizations in developing and maintaining viable patterns of behaviour.” Simons (1995), S. 5: „management control systems are the formal, information-based routines and procedures managers use to maintain or alter patterns in organizational activities.“ Abb. 2.15: Begriffe des Management Control in der Literatur Abb. 2.16: Beziehungen zwischen Strategy Formulation, Management und Task Control Nach einer engen Auffassung ist das Management Control eine Aufgabe des Managements, die nach Abschluss der Strategieentwicklung beginnt, die Prozesssteuerung auf der Ausführungsebene jedoch nicht einschließt (vgl. Abb. 2.16). Aufgabe der Strategieentwicklung ist es, die langfristigen Unternehmungsziele und die Strategien der Unternehmung zu ihrer Erreichung zu erarbeiten und festzuschreiben. Die Manager unterer Ebenen der Managementhierarchie zu motivieren und zu befähigen, diese Strategien zu implementieren, ist die Aufgabe des Management Control. Die Prozesssteuerung soll schließlich sicherstellen, dass die den Mitarbeitern auf der Ausführungsebene vorgegebenen Handlungen nach den im Prozess des Management Control festgelegten Regeln effektiv und effizient ausgeführt werden (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 44 ff.). Nach der in Abb. 2.16 skizzierten engen Auffassung beginnt das Management Control nach Abschluss der Strategieentwicklung und wird der Strategieimplementierung zugeordnet. Das Management Control wird dabei neben der Organisationsstruktur, der Unternehmungskultur und dem Human Ressource Management als ein weiterer Mechanismus zur Strategieimplementierung betrachtet (vgl. Abb. 2.17). Durch das Management Control beeinflusst werden soll danach nur das Arbeitsverhalten der Manager der mittleren und unteren Hierarchieebene (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 6 ff.). Strategy Formulation (Strategieentwicklung) Management Control Task Control (Prozesssteuerung) Langfristige Unternehmungsziele, Strategien, strategische Maßnahmenprogramme Implementierung der Strategien Effektives und effizientes Ausführen einzelner Handlungen <?page no="102"?> 102 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Strategie Unternehmungskultur Organisationsstruktur Management Controls Human Resource Management Performance Mechanismen der Strategieimplementierung Abb. 2.17: Management Control bei der Strategieimplementierung Es gibt andere Auffassungen, die das Management Control mit der Strategieimplementierung gleichsetzen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 7). Diese beziehen die Prozesssteuerung und einzelne Aspekte der Strategieentwicklung in das Management Control ein (vgl. Strauß/ Zecher (2013), S. 237). Es soll auf alle Mitarbeiter der Unternehmung Einfluss genommen werden, d. h. auch auf Mitarbeiter der Ausführungsebene (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 9). Die systematische und zielorientierte Strategieentwicklung ist generell kein Gegenstand des Management Control (vgl. z. B. auch Merchant/ van der Stede (2023), S. 7 f.). Teilweise wird die Problemstellung des Management Control um die Anpassung der Strategie erweitert. Hierzu werden Mitarbeiter motiviert, nach Chancen und Risiken Ausschau zu halten, die Anpassungen der Strategie der Unternehmung notwendig machen (vgl. Simons (1995), S. 91 ff.). Der Lösungsansatz für die Problemstellung des Management Control wird in der Nutzung von Management-Control-Systemen gesehen. Darunter werden bewusst gestaltete und aufeinander abgestimmte Steuerungsmechanismen verstanden. Steuerungsmechanismen sind das geordnete Gefüge aus Vorgaben, Regelungen und Methoden, mit denen das Management Einfluss auf einzelne Dimensionen und Determinanten des Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter nimmt, um es an den Zielen und Strategien der Unternehmung auszurichten (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 35). In Unternehmungen gelangen in der Regel Steuerungsmechanismen zum Einsatz, die in verschiedenen Unternehmungsbereichen, zu verschiedenen Zeitpunkten und isoliert voneinander entwickelt und eingeführt worden sind (vgl. Malmi/ Brown (2008), S. 291). Das Arbeitsverhalten wird deshalb nicht durch ein einzelnes umfassendes System des Management Control an den Zielen und Strategien der Unternehmung ausgerichtet, sondern durch ein Bündel von Systemen des Management Control (Management Control Systems Packages). Abb. 2.18 zeigt eine Typologie von Systemen des Management Control in einem solchen Bündel (vgl. Malmi/ Brown (2008), <?page no="103"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 103 S. 290 f.). Im Zentrum dieser Typologie stehen die Cybernetic Controls. Diese sind durch die Vorgabe von Normen, die Kontrolle dieser Normen, die Rückmeldung unerwünschter Abweichungen sowie die Anpassung von Handlungen oder Entscheidungen gekennzeichnet. Als Normen werden Budgets sowie verschiedene Kennzahlen und Kennzahlensysteme genannt. Cultural Controls Clans Values Symbols Planning Cybernetic Controls Reward and Compensation Long range planning Action planning Budgets Financial Measurement Systems Non Financial Measurement Systems Hybrid Measurement Systems Administrative Controls Governance Structure Organisation Structure Policies and Prodecures Abb. 2.18: Typen von Systemen des Management Control nach Malmi/ Brown Management Control ist die Nutzung von Systemen, durch die das Management das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter an den Zielen und Strategien der Unternehmung ausrichtet. Jedes System des Management Control nutzt spezifische Steuerungsmechanismen. Nach dem Aspekt des Arbeitsverhaltens der an den Zielen und Strategien der Unternehmung ausgerichtet werden soll, werden vier Typen von Steuerungsmechanismen unterschieden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 99 ff.; Feichter/ Grabner (2020), S. 152 f.). Aspekte des Arbeitsverhaltens sind seine Determinanten und Dimensionen. Handlungsorientierte Steuerungsmechanismen Die Determinanten des Arbeitsverhaltens, auf die diese Mechanismen zielen, sind das soziale Dürfen und Sollen. Die Handlungen der Mitarbeiter werden über die Begrenzung ihrer Handlungsmöglichkeiten beeinflusst. Beispiele für diese Mechanismen sind die Definition zulässiger und nicht zulässiger Handlungen, die Begrenzung der Befugnisse sowie die Verpflichtung, Pläne vorzulegen und genehmigen zu lassen (Administrative Controls). Ergebnisorientierte Steuerungsmechanismen Mit diesen Mechanismen soll Einfluss auf das Leistungsverhalten der Mitarbeiter genommen werden. Dazu wird den Mitarbeitern die Verantwortung für die Ergebnisse ihres Handelns übertragen. Es werden Kennzahlen zur ergebnisorientierten Performance-Messung festgelegt, Kennzahlenwerte vorgegeben und kontrolliert (Cybernetic Controls). Auf der Grundlage festgestellter Abweichungen von vorgegebenen Ergebnissen werden Belohnungen gewährt oder Sanktionen verhängt (Reward and Compensation). <?page no="104"?> 104 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Kulturorientierte Steuerungsmechanismen Der Zweck dieser Mechanismen ist es, Einfluss auf die Werte und Normen der mit der Aufgabenerfüllung betrauten Mitarbeiter zu nehmen, d. h. auf das individuelle Wollen in der Unternehmung. Dazu werden diejenigen Mitarbeiter mit der Aufgabenerfüllung betraut, die in ihren bisherigen Positionen nachgewiesen haben, dass sie die Werte und Normen der Unternehmung teilen. Es können auch gruppenbezogene Belohnungen gewährt werden, um das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter durch den Druck der Gruppe in die gewünschte Richtung zu lenken (Cultural Controls). Personenorientierte Steuerungsmechanismen Beeinflusst werden zwei Determinanten des Arbeitsverhaltens, das persönliche Können und das situative Ermöglichen. Durch die Personalauswahl und den Personaleinsatz einerseits und die Gestaltung und Ausstattung der Arbeitsplätze andererseits wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter in der Lage sind, ihr Handeln an den Zielen und der Strategie der Unternehmung auszurichten. Strategien und Ziele der Unternehmung werden durch die Zusammenarbeit von Mitarbeitern aller Hierarchieebenen und der Ausführungsebene sowie aller Bereiche realisiert. Durch den Einsatz der Steuerungsmechanismen soll das Management Control diese Ebenen verbinden und die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern verschiedener Ebenen und Bereiche gewährleisten (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 10 f.). Die Steuerung mit diesen Mechanismen vollzieht sich durch Verrichtungen in allen Managementfunktionen, d. h. bei der Planung (z. B. von Vorgaben), der Organisation (z. B. Übertragung von Befugnissen, Zuweisung von Verantwortung), dem Personaleinsatz, der Führung (z. B. Gewähren von Belohnungen, Verhängen von Sanktionen) sowie der Kontrolle (z. B. Kontrolle vorgegebener Kennzahlenwerte). Der Einsatz dieser Steuerungsmechanismen setzt Leitungsbefugnisse voraus. Das Management Control ist damit eine Aufgabe des Managements und dient nicht wie das Controlling der Unterstützung des Managements. Zusammenfassend kann das Management Control als eine übergreifende Managementfunktion gekennzeichnet werden, die in Unternehmungen mit einer Managementhierarchie letztlich der Primärkoordination dient. Es erweitert die Primärkoordination jedoch um die vertikale Koordination der Handlungen von Managern verschiedener Hierarchieebenen. Gegenstand des Management Accounting Die Versorgung des Managements mit Informationen für das Management Control und die Entscheidungsfindung in allen Phasen des Managementprozesses ist die Problemstellung des Management Accounting. Die Informationsversorgungsfunktion des Management Accounting hat sich im Laufe der Zeit von der Unterstützung <?page no="105"?> 2.2 Konzeptionen des Controlling in der Literatur 105 der operativen Planung und Steuerung in die Richtung eines strategischen Business Partners entwickelt (vgl. Abb. 2.19). Anthony u. a. (2014), S. 12: Management accounting “is the process of preparation, interpretation and communication of performance information to management.” Atkinson u. a. (2012), S. 26: „Management accounting is the process of supplying the managers and employees in an organization with relevant information, both financial and nonfinancial, for making decisions, allocating resources, and monitoring, evaluating, and rewarding performance.” Datar/ Rajan (2018), S. 22: „Management accounting is the process of measuring, analyzing, and reporting financial and nonfinancial information that helps managers make decisions to fulfill the goals of an organization.” Drury (2020), S. 5: “Management accounting is concerned with the provision of information to people within the organization to help them make better decisions and improve the efficiency and effectiveness of existing operations”. Groot/ Selto (2013), S. 3: “Management accounting is concerned with the generation, communication and use of financial and non-financial information for managerial decision making and control activities.” Horngren (2014), S. 21: “The branch of accounting that produces information for managers within an organization. It is the process of identifying, measuring, accumulating, analyzing, preparing, interpreting, and communicating information that helps managers fulfill organizational objectives.” IMA 1 (2008), S. 1; Definition von 1981: “… the process of identification, measurement, accumulation, analysis, preparation, interpretation, and communication of financial information used by management to plan, evaluate, and control an organization and to assure appropriate use of and accountability for its resources. Management accounting also comprises the preparation of financial reports for non-management groups such as shareholders, creditors, regulatory agencies, and tax authorities.” IMA (2008), S. 1: „Management accounting is a profession that involves partnering in management decision making, devising planning and performance management systems, and providing expertise in financial reporting and control to assist management in the formulation and implementation of an organization’s strategy.“ 1 IMA = Institute of Management Accountants Abb. 2.19: Begriffe des Management Accounting in der Literatur Als Folge der Digitalisierung verlieren die Aufgaben der Erfassung und Auswertung sowie der Aufbereitung und Kommunikation von Informationen an Relevanz. An diese Stelle treten die Gestaltung, Implementierung und der Betrieb von Informationsversorgungssystemen, die Daten der Unternehmung zusammenführen und zu Informationen verarbeiten. Es bereitet die Informationen auf, interpretiert und übermittelt sie an das Management (vgl. IMA (2008), S. 2). Management Accounting ist die Versorgung des Managements mit finanziellen und nichtfinanziellen Informationen für die Entscheidungsfindung und das Management Control. <?page no="106"?> 106 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Controlling nach der entscheidungsorientierten Konzeption Controlling-Funktionen in den Konzeptionen Bei allen Unterschieden in der spezifischen Problemstellung und im Problemlösungsansatz ordnet jede der betrachteten Konzeptionen dem Controlling sowohl eine Informationsversorgungsfunktion als auch eine Koordinationsfunktion zu. Abb. 2.20 präzisiert diese beiden Funktionen für alle Konzeptionen des Controlling. Controlling-Konzeptionen Informationsversorgungsfunktion Koordinationsfunktion informationsorientierte Konzeptionen systemgestützt Informationen aus dem Rechnungs- und Finanzwesen Koordination der Pläne planungsbezogen regelungsbezogen monetäre, nichtmonetäre quantitative, qualitative Informationen Koordination der Unternehmungsbereiche koordinationsorientierte Konzeptionen planungs- und kontrollsystembezogen Verbesserung des Informationsstands bei der Planung und Kontrolle Koordination der Pläne führungssystembezogen Verbesserung des Informationsstands bei allen Managementfunktionen Koordination der Handlungen des Managements in allen Phasen des Managementprozesses führungsprozessorientierte Konzeptionen Rationalitätssicherung der Führung führungsrelevante Informationen für die Rationalitätssicherung abhängig von den jeweils vorliegenden Rationalitätsdefiziten Rationalitätssicherung der Entscheidungsfindung führungsrelevante Informationen für die Rationalitätssicherung abhängig von den jeweils vorliegenden Rationalitätsdefiziten reflexionsbezogen Informationen für die Entscheidungsreflexion Koordination der Handlungen des Managements in allen Phasen des Managementprozesses Abb. 2.20: Controlling-Funktionen in den Controlling-Konzeptionen Die Bereitstellung relevanter Informationen zur Verbesserung der Qualität der Entscheidungen auf allen Ebenen der Managementhierarchie bildet den Gegenstand der Informationsversorgungsfunktion. Einige Konzeptionen begrenzen die Informationsversorgungsfunktion auf Informationen aus dem Rechnungswesen, andere Konzeptionen sehen keine solche Begrenzung vor. Die Notwendigkeit der Koordinationsfunktion des Controlling wird mit der zunehmenden Arbeitsteilung im Management begründet. Die Koordinationsfunktion umfasst die Abstimmung und Ausrichtung von Handlungen der Manager auf ein <?page no="107"?> 2.3 Controlling nach der entscheidungsorientierten Konzeption 107 gemeinsames Ziel. Den informationsorientierten Konzeptionen und der planungs- und kontrollsystembezogenen Konzeption liegt die Vorstellung einer arbeitsteiligen Planung zugrunde und der daraus folgenden Notwendigkeit, die auf den verschiedenen Ebenen der Managementhierarchie und in den einzelnen Unternehmungsbereichen erstellten Pläne aufeinander abzustimmen und an dem gemeinsamen Ziel auszurichten. Die führungssystem- und die reflexionsbezogene Konzeption gehen davon aus, dass die Handlungen des Managements in allen Phasen des Managementprozesses arbeitsteilig ausgeführt werden. Die Koordinationsfunktion des Controlling erstreckt sich damit über alle Handlungen im Managementprozess und es sind alle Handlungen innerhalb und zwischen den Phasen des Managementprozesses zu koordinieren. Die Konzeptionen unterscheiden sich in der Beziehung zwischen Informations- und Koordinationsfunktion. Die informationsorientierten Konzeptionen gehen davon aus, dass über die Informationsversorgungsfunktion auch die Koordinationsfunktion erfüllt werden kann. Bei der reflexionsbezogenen Konzeption ergibt sich die Notwendigkeit der Informationsversorgungsfunktion erst aus der Koordinationsfunktion. Die koordinationsorientierten Konzeptionen interpretieren die Informationsversorgung der Manager als Koordination der Informationserzeugung und -bereitstellung mit dem Informationsbedarf des Managements (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 50 f.). Die Informationsversorgungsfunktion bildet damit einen Bestandteil der Koordinationsfunktion. Elemente der entscheidungsbezogenen Konzeption Den Ausführungen in den nachfolgenden Kapiteln liegt die entscheidungsbezogene Konzeption zugrunde, die zu den koordinationsorientierten Konzeptionen zählt. Wie in der führungssystembezogenen wird auch in der entscheidungsbezogenen Konzeption von der unumgänglichen Arbeitsteilung im Management ausgegangen (vgl. Küpper (1988), S. 169). Führungsteilsysteme sind als Bezugsobjekt einer Koordinationsfunktion des Controlling jedoch ungeeignet (vgl. Wall (2004), S. 393 ff.). An die Stelle der Führungsteilsysteme als Bezugsobjekt der Koordinationsfunktion des Controlling sollen deshalb die differenzierten und dezentralisierten Entscheidungen des Managements in allen Phasen des Managementprozesses treten (vgl. Pietsch/ Scherm (2004), S. 532). Die hier vertretene Konzeption wird deshalb durch den Zusatz „entscheidungsbezogen“ von den anderen koordinationsorientierten Konzeptionen abgegrenzt. Über die Koordination der Entscheidungen und aller weiteren Handlungen der Manager auf allen Hierarchieebenen und in allen Unternehmungsbereichen bezweckt das Management Control letztendlich die Primärkoordination. Es ist diese übergreifende Managementfunktion, bei der das Controlling das Management unterstützt. Das Controlling befähigt das Management durch Unterstützung beim Management Control zur Primärkoordination. Die spezifische Problemstellung des Controlling nach der entscheidungsbezogenen Konzeption ist die Befähigung des Managements zur Primärkoordination durch die Unterstützung des Managements bei der Koordination seiner Entscheidungen. <?page no="108"?> 108 2 Einordnung ausgewählter Controlling-Konzeptionen Der Problemlösungsansatz legt fest, wie das Controlling das Management bei der Koordination seiner Entscheidungen unterstützt. Die Koordination der Entscheidungen des Managements ist die Aufgabe des Management Control. Vollzogen wird das Management Control durch den Einsatz von Systemen, die das Verhalten und die Entscheidungen der Manager an den Zielen und Strategien der Unternehmung ausrichten sollen. Das Controlling unterstützt das Management Control bei der Koordination der Entscheidungen des Managements durch das Bereitstellen und den Betrieb von Koordinationssystemen (vgl. hierzu auch Anthony u. a. (2014), S. 205). Vereinfachend können unter einem Koordinationssystem die Mechanismen verstanden werden, die zur Abstimmung und Ausrichtung der Entscheidungen auf allen Ebenen der Managementhierarchie auf die Ziele und Strategien der Unternehmung eingesetzt werden. Setzt das Management Koordinationssysteme ein, benötigt es Informationen. Mit der Arbeitsteilung im Management geht einher, dass mehreren Managern Aufgaben der Datenerfassung und -auswertung für einzelne Bereiche der Unternehmung zugewiesen werden. In allen Unternehmungsbereichen und auf allen Ebenen der Managementhierarchie werden Daten erfasst, aufbereitet und gespeichert. Manager verfügen damit nicht zwingend über die Informationen, die sie für die Entscheidungsfindung und die Entscheidungskoordination benötigen (vgl. Ewert (1992), S. 279 f.; Wall (2004), S. 400). Es ist deshalb sicherzustellen, dass sie mit Informationen zur Verbesserung der Entscheidungsqualität und der Entscheidungskoordination versorgt werden. Damit tritt neben die Koordinationsfunktion des Controlling auch eine Informationsversorgungsfunktion (vgl. hierzu auch Anthony u. a. (2014), S. 205). Der Lösungsansatz der entscheidungsbezogenen Konzeption des Controlling ist das Bereitstellen und der Betrieb von Koordinationssystemen sowie die Sicherstellung der Informationsversorgung des Managements. Controlling-Konzeptionen umfassen auch Aussagen zu den Unternehmungszielen, bei deren Realisation das Controlling das Management unterstützt. Bei den koordinationsorientierten Konzeptionen geben diese Ziele die Ausrichtung der Koordination vor. Eine Begrenzung auf eine dominante Zielkategorie sieht keine dieser Konzeptionen vor. Nach der entscheidungsbezogenen Konzeption unterstützt das Controlling das Management bei der Realisation aller Unternehmungsziele. Das gemeinsame Ziel, auf das die Entscheidungen abgestimmt und ausgerichtet werden sollen, ist das Zielsystem der Unternehmung. Das Zielsystem der Unternehmung umfasst eine Vielzahl von Zielen, die nach dem Zielinhalt und dem zeitlichen Bezug klassifiziert werden können. Nach dem Zielinhalt werden die ökonomischen, die ökologischen und die sozialen Ziele unterschieden. Nach dem zeitlichen Bezug werden die kurzfristigen Unternehmungsziele und die langfristigen Unternehmungsziele <?page no="109"?> 2.3 Controlling nach der entscheidungsorientierten Konzeption 109 abgegrenzt. Kurzfristige Unternehmungsziele sind die meist finanziellen Ergebnisse, die in der Bezugsperiode unter den gegebenen Unternehmungsbedingungen in den Kern- und Wachstumsfeldern erreicht werden sollen. Die langfristigen Unternehmungsziele übersetzen die Vision, die Mission und die Strategie in Vorgaben für das Management und sind der Maßstab für die Messung der Strategieimplementierung. In den nachfolgenden Kapiteln wird das Controlling für Unternehmungen erläutert, die ein langfristiges finanzielles Ziel verfolgen. Es wird angenommen, dass die ökologischen und sozialen Ziele im Zielsystem der Unternehmung als Unterziele des langfristigen finanziellen Unternehmungsziels berücksichtigt sind. Die durch die Problemstellung, den Lösungsansatz und das gemeinsame Ziel beschriebene entscheidungsbezogene Konzeption ist den koordinationsorientierten Konzeptionen zuzuordnen. Abb. 2.21 zeigt eine knappe Zusammenfassung der Merkmale dieses Konzepts. entscheidungsbezogene Controlling-Konzeption Problemstellung Unterstützung des Managements bei der Koordination seiner Entscheidungen Problemlösungsansatz Bereitstellen, Betreiben und Sichern von Koordinationssystemen sowie Sicherung der Informationsversorgung des Managements relevante Unternehmungsziele kurz- und langfristige Unternehmungsziele Controlling-Begriff Controlling dient der Koordination differenzierter oder dezentralisierter Entscheidungen des Managements durch das Bereitstellen, Betreiben und Sichern von Koordinationssystemen sowie das Sichern der Informationsversorgung des Managements, um die Realisation der Unternehmungsziele zu gewährleisten. Abb. 2.21: Entscheidungsbezogene Controlling-Konzeption <?page no="111"?> 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Grundlagen der Entscheidungskoordination Determinanten des Bedarfs an Entscheidungskoordination Wirkungen von Entscheidungsinterdependenzen Entscheidungen werden differenziert, indem ein Entscheidungsproblem in Teilprobleme gegliedert wird. Durch Differenzierung abgegrenzte Entscheidungen werden zu einem gewissen Grad unabhängig voneinander getroffen. Diese Entscheidungen sind jedoch regelmäßig über Entscheidungsinterdependenzen verbunden. Zwischen zwei Entscheidungen bestehen Entscheidungsinterdependenzen, wenn bei gemeinsamer Entscheidungsfindung eine Handlung ausgewählt wird, mit der ein besseres Ergebnis erreicht werden kann als mit den bei getrennter Entscheidungsfindung ausgewählten Handlungen. Wird die Entscheidung über ein komplexes Entscheidungsproblem differenziert, werden bei der Entscheidungsfindung die zwischen den Entscheidungen bestehenden Entscheidungsinterdependenzen nicht mehr (vollständig) berücksichtigt. Die Entscheidungen werden ohne Kenntnis relevanter Informationen zu den jeweils anderen Entscheidungen getroffen. Es fehlen Informationen u. a. über die bei anderen Entscheidungen jeweils ausgewählte Alternative und ihre Wirkungen auf die Ergebnisse der Alternativen der zu treffenden Entscheidung. Entscheidungsinterdependenzen bewirken bei horizontaler Differenzierung, dass die Ergebnisse einer Entscheidung A von mindestens einer anderen Entscheidung B abhängen. Ohne Wissen über die Entscheidung B kann bei Entscheidung A eine andere Handlungsmöglichkeit als optimal ausgewählt werden als bei Kenntnis der getroffenen Entscheidung B (vgl. Frese u. a. (2019), S. 88 f.). Beispiel zu Entscheidungsinterdependenzen bei horizontaler Differenzierung In einem Werk werden zwei Produkte in zwei Produktionsstufen mit begrenzten Kapazitäten bearbeitet. Die Produktionsmengen der Produkte sind so festzulegen, dass der Periodendeckungsbeitrag maximiert wird. Die folgende Tabelle fasst die Daten zu den Produkten und Produktionsstufen zusammen. <?page no="112"?> 112 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling In keiner Produktionsstufe reicht die Kapazität aus, die den Absatzobergrenzen entsprechenden Mengen der Produkte zu fertigen: Produktionsstufe A: 350 St. ⋅ 2 Std./ St. + 120 St. ⋅ 6 Std./ St. = 1.420 Std. > 1.000 Std. Produktionsstufe B: 350 St. ⋅ 7 Std./ St. + 120 St. ⋅ 3 Std./ St. = 2.810 Std. > 1.700 Std. Das Entscheidungsproblem kann in zwei Teilprobleme gespalten werden, die Festlegung der Produktionsmenge des Produkts A und die des Produkts B. Werden die Entscheidungen über die Produktionsmenge unabhängig voneinander, d. h. ohne Kenntnis der jeweils anderen Entscheidung getroffen, wird jeweils von der Gesamtkapazität der Produktionsstufe ausgegangen. Da beide Produkte einen positiven Stückdeckungsbeitrag aufweisen, wäre jeweils die bei den gegebenen Restriktionen (Kapazitäten, Absatzobergrenze) maximal mögliche Produktionsmenge die optimale Alternative: 1 1.000 Std . 1.700 Std . x min ; ; 350 St . 2 Std ./ St . 7 Std ./ St . = = 242 St. 2 1.000 Std . 1.700 Std . x min ; ; 120 St . 6 Std ./ St . 3 Std ./ St . = =120 St. Dieses Produktionsprogramm erfordert Kapazitäten im Umfang von 1.204 Std. in Produktionsstufe A und von 2.054 Std. in Produktionsstufe B. Es verletzt beide Kapazitätsrestriktionen und ist nicht realisierbar. Die beiden Entscheidungen können auch sukzessiv getroffen werden. Würde die Entscheidung über Produkt 1 der Entscheidung über Produkt 2 vorausgehen, würden von Produkt 1 insgesamt 242 Stück produziert werden. Produktionsstufe B wäre damit ausgelastet. Es könnte ein Deckungsbeitrag in Höhe von 2.420 € erzielt werden. Im umgekehrten Fall würde von Produkt 2 die Absatzobergrenze von 120 St. produziert werden. Mit der verbleibenden Kapazität könnten noch 140 St. von Produkt 1 produziert werden. Mit diesem Produktionsprogramm wird ein Deckungsbeitrag in Höhe von 3.800 € erzielt. Bei einem Verzicht auf die Differenzierung der Produktionsmengenentscheidung wird gleichzeitig und unter Berücksichtigung aller Interdependenzen über die Produktionsmengen der beiden Produkte entschieden. Dazu ist das Entscheidungspro- Produkte/ Kapazitäten Merkmale Produkt 1 Produkt 2 Kapazitäten Produktionskoeffizienten der Produktionsstufe A 2 Std./ St. 6 Std./ St. 1.000 Std. Produktionskoeffizienten der Produktionsstufe B 7 Std./ St. 3 Std./ St. 1.700 Std. Absatzobergrenzen 350 St. 120 St. − Stückdeckungsbeiträge 10 €/ St. 20 €/ St. - <?page no="113"?> 3.1 Grundlagen der Entscheidungskoordination 113 blem in ein lineares Planungsmodell zu überführen, das mit der Simplex-Methode gelöst werden kann. Diese simultane Entscheidung über die Produktionsmengen beider Produkte führt zu folgendem Produktionsprogramm: x 1 = 200 und x 2 = 100. Dieses Produktionsprogramm führt zu einem Deckungsbeitrag in Höhe von 4.000 €. Nur die gemeinsame, undifferenzierte Entscheidung über die Produktionsmenge der beiden Produkte führt zur Auswahl der optimalen Alternative. Durch vertikale Differenzierung werden Entscheidungen verschiedener Problemebenen abgegrenzt, z. B. eine übergeordnete Entscheidung A und die ihr untergeordneten Entscheidungen B und C. Die bei Entscheidung A ausgewählte Alternative wird durch die Entscheidungen B und C konkretisiert. Die Entscheidungen B und C sind über Instrumentalrelationen mit der Entscheidung A verbunden. Die Ergebnisse der Entscheidung A hängen damit von den bei den Entscheidungen B und C gewählten Alternativen ab. Ohne Wissen über die Entscheidungen B und C kann Entscheidung A zu anderen Ergebnissen als mit diesem Wissen führen. Beispiel zu Entscheidungsinterdependenzen bei vertikaler Differenzierung In einem Werk werden mehrere Produkte mit einer Vielzahl von Varianten in mehreren Produktionsstufen mit begrenzter Kapazität bearbeitet. Die Nachfrage nach den Produkten unterliegt ausgeprägten saisonalen Schwankungen. Für jedes Einzelprodukt sind für ein Jahr die monatlichen Produktions- und Lagermengen so festzulegen, dass der Periodendeckungsbeitrag unter Berücksichtigung der Rüst- und Lagerkosten maximiert wird. Nach ihrem Verwandtschaftsgrad werden die Einzelprodukte in mehrere Produktfamilien und die Produktfamilien in mehrere Produktgruppen gegliedert. Eine Produktfamilie umfasst alle Varianten eines Produkts, zu Produktgruppen werden Produktfamilien zusammengefasst, die in den für Produktionsentscheidungen relevanten Größen ähnlich sind, wie z. B. Materialkosten, Lohnkosten, Lagerhaltungskosten und Rüstkosten der Produkte sowie ihre Produktionskoeffizienten für den Kapazitätsbedarf in den Produktionsstufen. Durch vertikale Differenzierung werden drei Problemebenen abgegrenzt. Mit der Entscheidung auf der ersten Problemebene werden die jährlichen Produktions- und Lagermengen jeder einzelnen Produktgruppe festgelegt, d. h. die über alle der jeweiligen Produktgruppe zugeordneten Einzelprodukte aggregierten Produktions- und Lagermengen. Durch die Entscheidungen auf der zweiten Problemebene werden die jährlichen Produktions- und Lagermengen jeder Produktgruppe in monatliche Produktions- und Lagermengen der jeweils zugehörigen Produktfamilie gespalten. Auf der dritten Problemebene werden Entscheidungen getroffen, mit denen die monatlichen Produktions- und Lagermengen der Produktfamilien auf die jeweils zugehörigen Einzelprodukte verteilt werden. Für die Entscheidungen auf der ersten und zweiten Problemebene werden die Kosten und der Kapazitätsbedarf der Produktgruppen und der Produktfamilien als Durchschnittswerte der jeweils zugeordneten Einzelprodukte ermittelt, ohne dass die Mengen bekannt sind, die von den Einzelprodukten in den einzelnen Monaten produziert werden. Übergeordnete Entscheidungen können sich deshalb auf unteren Problemebenen als nicht realisierbar erweisen, da der Kapazitätsbedarf der optimalen Produktionsmenge die verfügbare Kapazität übersteigt. Es ist auch nicht <?page no="114"?> 114 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling ausgeschlossen, dass es für die monatlichen Produktionsmengen der Einzelprodukte bessere Lösungen gibt, die jedoch über den auf der ersten Problemebene festgelegten jährlichen Produktions- und Lagermengen der Produktgruppen oder den Mengen der Produktfamilien liegen. In diesem Fall sind durch Entscheidungen übergeordneter Problemebenen vorteilhafte Lösungen aus der Menge zulässiger Alternativen der Entscheidungen nachfolgender Problemebenen eliminiert worden (in Anlehnung an Hax/ Meal (1975), S. 55 ff.). Durch vertikale Differenzierung abgegrenzte Entscheidungen unterer Problemebenen werden bei Dezentralisation von Managern der mittleren und unteren Hierarchieebene getroffen. 3 Diese orientieren sich bei der Entscheidungsfindung nicht zwingend an den Unternehmungszielen. Grund dafür können Wollensbegrenzungen sein, die in der Ablehnung von Unternehmungszielen, in Unkenntnis der an sie gestellten Erwartungen oder im Verfolgen individueller Ziele bestehen können. Beispiele für individuelle Ziele von Bereichsleitern Erhöhung des Einkommens über Prämien Verminderung des Arbeitseinsatzes zur Wahrnehmung hoch dotierter oder ehrenvoller Aufgaben außerhalb der Unternehmung Steigerung nicht monetärer Nebeneinkünfte (Consumption on the Job), z. B. aufwendige Dienstreisen, Dienstwagen oder eine kostspielige Büroausstattung Macht und Prestige, z. B. durch eine große Zahl von Mitarbeitern im Verantwortungsbereich Einer zielorientierten Entscheidungsfindung können auch Könnensbegrenzungen entgegenstehen. Begrenzte persönliche Fachkenntnisse oder eingeschränkte kognitive Fähigkeiten können zur Folge haben, dass die vom oberen Management entwikkelten Strategien oder Unternehmungsziele nicht verstanden werden oder Vorstellungen darüber fehlen, wie zur Implementierung der Strategie und zur Realisation der Unternehmungsziele beigetragen werden kann (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 8 ff.; Merchant/ van der Stede (2023), S. 9 ff.). Diese Wollens- und Könnensbegrenzungen bewirken, dass die Ergebnisse dezentral getroffener Entscheidungen von den Ergebnissen bei zentraler Entscheidung abweichen können. Die Ursachen von Entscheidungsinterdependenzen können in den Handlungen begründet sein, über die zu entscheiden ist, oder in den individuellen Eigenschaften und Einstellungen der Bereichsleiter. Nach diesen Ursachen werden zwei Arten von Entscheidungsinterdependenzen abgegrenzt, die Sachinterdependenzen und die Verhaltensinterdependenzen. Arten von Sachinterdependenzen Sachinterdependenzen zwischen differenzierten Entscheidungen haben ihre Ursache in den Handlungen im Unternehmungsprozess, über die zu entscheiden ist. Verursacht werden sie durch arbeitsbezogene Abhängigkeiten zwischen den Handlungen, über die zu entscheiden ist. 3 Für eine übersichtlichere Darstellung werden in den folgenden Kapiteln mit der Unternehmungsleitung und den Bereichsleitungen nur zwei Ebenen der Managementhierarchie betrachtet. <?page no="115"?> 3.1 Grundlagen der Entscheidungskoordination 115 Sachinterdependenzen bestehen zwischen zwei durch Differenzierung abgegrenzten Entscheidungen, wenn die Ausführung der durch eine Entscheidung ausgewählten Handlung den Ausgangszustand der alternativen Handlungen der anderen Entscheidung zielrelevant verändert (vgl. Laßmann (1992), S. 46). Dieser Einfluss kann nur in eine Richtung wirken, meist wirkt er jedoch wechselseitig. Arbeitsbezogene Abhängigkeiten zwischen Handlungen im Unternehmungsprozess haben ihre Ursache in innerbetrieblichen Leistungsverflechtungen, der konkurrierenden Nutzung von Ressourcen und Märkten oder in Verbundeffekten. Nach diesen Ursachen werden mehrere Arten von Sachinterdependenzen abgegrenzt (vgl. Frese u. a. (2019), S. 88 ff.; Laux/ Liermann (2005), S. 191 ff.): der Prozessverbund, der Restriktionenverbund und der Zielverbund. Ein Prozessverbund besteht zwischen Entscheidungen über Handlungen, die durch innerbetriebliche Lieferbeziehungen sequentiell verknüpft sind. Jede dieser Entscheidungen definiert eine Angebots- oder Nachfragesituation und begrenzt darüber die Handlungsmöglichkeiten der jeweils anderen Entscheidung. Als Beispiele können Entscheidungen über die Beschaffung, die Produktion und den Absatz sowie über die Teilefertigung, die Baugruppenfertigung und die Montage genannt werden. Mit Beschaffungsentscheidungen wird eine Angebotssituation geschaffen, welche die Handlungsmöglichkeiten der Produktionsentscheidungen begrenzen. Umgekehrt schränkt die Nachfragesituation, die durch eine Produktionsentscheidung definiert wird, die Handlungsmöglichkeiten der Beschaffungsentscheidung ein (vgl. Frese u. a. (2019), S. 89 ff.). Zwischen Entscheidungen über Handlungen, die mit denselben Ressourcen oder für denselben Markt vollzogen werden, besteht ein Restriktionenverbund, sofern es bei der Inanspruchnahme der Ressourcen oder der Marktnachfrage zu Konflikten kommt. Konflikte entstehen in Engpasssituationen, wenn z. B. der Ressourcenbedarf für die Ausführung aller Handlungen die verfügbare Ressourcenmenge übersteigt. Die Ausführung der bei der einen Entscheidung ausgewählten Handlung beansprucht Ressourcen oder deckt Teile der Marktnachfrage und schränkt damit die Handlungsmöglichkeiten der anderen Entscheidung ein. Beispiele sind Produktionsmengenentscheidungen für Produkte, die auf denselben Maschinen bearbeitet oder demselben Markt angeboten werden, sowie Entscheidungen über Investitionsvorhaben, die aus den Investitionsmitteln der Unternehmung finanziert werden sollen (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 191 f.). Ein Zielverbund liegt vor, wenn mit Entscheidungen Handlungen festgelegt werden, zwischen denen Verbundeffekte bestehen. Diese bewirken, dass der Zielbeitrag mindestens einer Handlung von der gemeinsamen, parallelen oder sukzessiven Durchführung einer anderen Handlung abhängt (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 346 f.). Verbundeffekte treten in folgenden Erscheinungsformen auf: Der Beitrag zum Unternehmungsziel ist bei gemeinsamer Durchführung der Handlungen höher als bei getrennter Durchführung. <?page no="116"?> 116 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Der Beitrag einer Handlung zum Unternehmungsziel weist eine andere Höhe auf, wenn parallel eine andere Handlung durchgeführt wird. Der Beitrag einer Handlung zum Unternehmungsziel weist eine andere Höhe auf, wenn eine andere Handlung bereits ausgeführt worden ist oder künftig ausgeführt werden soll. Grund der Verbundeffekte bei gemeinsamer Durchführung von Handlungen sind Kostenvorteile, die bei gemeinsamer Nutzung von Ressourcen oder Märkten durch Lerneffekte, Degressionseffekte oder die Erhöhung der Marktmacht generiert werden. Beispiele für diese Verbundeffekte sind Mengenrabatte bei gemeinsamer Beschaffung von Bauteilen für mehrere Produkte sowie sinkende Stückkosten durch die bessere Auslastung der Kapazitäten, z. B. bei Transport- und Brennvorgängen. Bei paralleler Durchführung von Handlungen entsteht ein Verbundeffekt, sofern mindestens eine Handlung den Zielbeitrag der anderen Handlung beeinflusst. Beispielsweise steigt die Nachfrage nach einem Produkt A, wenn auch das zu Produkt A komplementäre Produkt B angeboten wird. Die Umsatzwirkung absatzpolitischer Handlungen für das Produkt einer Marke wird von den absatzpolitischen Handlungen für andere Produkte der gleichen Marke beeinflusst. Werden Handlungen sukzessiv durchgeführt, können durch eine Handlung Bedingungen geschaffen werden, die Einfluss auf den Zielbeitrag einer nachfolgenden Handlung haben. Diese Abhängigkeiten zwischen den Entscheidungen verschiedener Zeitpunkte werden auch als dynamische Interdependenzen bezeichnet (vgl. Luhmer (2008), Sp. 1035). Als Beispiele können Umsatzeinbußen bei nachfolgenden Aufträgen infolge von Sonderkonditionen bei einem früheren Auftrag (vgl. Kilger (1993), S. 850 ff.) und Kostennachteile durch Verschleißeffekte genannt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Abhängigkeit des Umsatzes der Periode von den in Vorperioden gebildeten Lagerbeständen, sofern die Nachfrage aufgrund einer (saisonalen) Nachfragespitze nicht aus der laufenden Produktion gedeckt werden kann. Als weitere Arten von Sachinterdependenzen werden der Risiko- und der Bewertungsverbund genannt (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 192 f.; Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 347). Anders als beim Prozess-, Restriktionen- und Zielverbund gehen diese Interdependenzarten nicht auf arbeitsbezogene Abhängigkeiten zwischen Handlungen zurück. Einen Bedarf an Entscheidungskoordination lösen sie aus, sofern die Präferenzen im Zielsystem des Entscheiders spezifische Eigenschaften aufweisen. Abb. 3.1 fasst die Ursachen von Sachinterdependenzen zusammen. Sachinterdependenzen arbeitsbezogene Abhängigkeiten zwischen den Handlungen, über die zu entscheiden ist Prozessverbund Handlungen sind durch innerbetriebliche Leistungsverflechtungen verknüpft Restriktionenverbund Handlungen konkurrieren bei der Nutzung knapper Ressourcen oder begrenzten Märkten Zielverbund es entstehen Verbundeffekte bei gemeinsamer paralleler sukzessiver Durchführung der Handlungen Abb. 3.1: Ursachen von Sachinterdependenzen <?page no="117"?> 3.1 Grundlagen der Entscheidungskoordination 117 Merkmale von Verhaltensinterdependenzen Bei Entscheidungsdezentralisation wird nicht nur durch die vorhandenen Sachinterdependenzen ein Bedarf an Entscheidungskoordination begründet, sondern zusätzlich auch durch bestehende Verhaltensinterdependenzen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 99 f.), die auch als personeller Koordinationsbedarf oder personelle Interdependenzen bezeichnet werden (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 345; Troßmann (2018), S. 23). Ursache von Verhaltensinterdependenzen sind (vgl. Wagenhofer (1995), S. 124 f.): Zielkonflikte zwischen den individuellen Zielen der Bereichsleiter und den Unternehmungszielen bei Informationsvorteilen der Bereichsleiter gegenüber der Unternehmungsleitung. Verhaltensinterdependenzen sind die direkte oder indirekte Abhängigkeit der Ergebnisse dezentraler Entscheidungen von Wollens- oder Könnensbegrenzungen bei Informationsvorteilen der Bereichsleiter. Zielkonflikte zwischen den individuellen Zielen eines Bereichsleiters und den Unternehmungszielen können organisatorisch bedingt sein, durch seine subjektiven Präferenzen entstehen oder aus seinen Könnensbegrenzungen folgen. Sie sind organisatorisch bedingt, wenn zwischen dem Ziel, für das ein Bereichsleiter verantwortlich ist, und dem Unternehmungsziel keine oder eine unvollständige Ursache-Wirkungs-Beziehung besteht. Jeder Mitarbeiter versucht bei der Arbeit auch Ziele zu erreichen, die aus seinen subjektiven Präferenzen resultieren. Diese können u. a. Einkommen, Macht, Prestige, Einfluss und Selbstverwirklichung betreffen. Können diese Ziele nur zulasten der Unternehmungsziele realisiert werden, ist der Zielkonflikt zwischen individuellen und Unternehmungszielen in den subjektiven Präferenzen begründet (vgl. Wagenhofer (1995), S. 124 f.). Zielkonflikte können bei Könnensbegrenzungen entstehen, wenn Bereichsleiter falsche Vorstellungen zu den Strategien und Zielen der Unternehmung oder den Handlungen zur Strategieimplementierung und Zielerreichung haben. Beispiele für Zielkonflikte Organisatorisch bedingte Zielkonflikte Ein Revenue-Center-Leiter ist für ein Erlösziel verantwortlich. Mit einer ineffizienten Absatzpolitik kann das Erlösziel erreicht werden. Hohe Kosten beeinträchtigen jedoch das Erreichen der finanziellen Unternehmungsziele. Ein Investment-Center-Leiter trägt die Verantwortung für ein Rentabilitätsziel. Durch den Verzicht auf Investitionen in die Betriebsmittelausstattung kann das Rentabilitätsziel erreicht werden, die Erreichung des mittelfristigen Erfolgsziels der Unternehmung wird jedoch gefährdet. Zielkonflikte durch subjektive Präferenzen Ein Entwicklungsleiter gibt technischen Zielen den Vorrang vor den ökonomischen Zielen der Unternehmung. Die Herstellkosten eines Produkts, mit dem der Entwicklungsleiter seine technischen Ziele erreicht, können den Preis übersteigen, den Kunden für dieses Produkt zu zahlen bereit sind. Das technische <?page no="118"?> 118 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Ziel des Entwicklungsleiters gefährdet damit die Erreichung des Erfolgsziels der Unternehmung. Die für die Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen fallen in den Verantwortungsbereichen an und werden dort erfasst, verarbeitet und ausgewertet. Die Bereichsleiter haben zudem die Fachkenntnisse für eine effektive Auswertung der vorliegenden Informationen. Für die Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen verfügen die Bereichsleiter damit meist über einen besseren Informationsstand als die Unternehmungsleitung, d. h., die Informationen in der Unternehmung sind asymmetrisch verteilt. Informationsvorteile der Bereichsleiter eröffnen Freiräume für ein Arbeitsverhalten, durch das sie ihre individuellen Ziele erreichen können. Dieses Arbeitsverhalten kann sich in der Wahl einer hinsichtlich der Unternehmungsziele nicht optimalen Alternative bei der Entscheidungsfindung oder der unvollständigen oder nicht wahrheitsgemäßen Berichterstattung an die Unternehmungsleitung äußern (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 349 ff.). Eine unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung der Bereichsleiter kann dazu führen, dass bei Entscheidungen der Unternehmungsleitung nicht die jeweils optimale Alternative gewählt wird (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 352 f.). Beispiele zum Arbeitsverhalten bei Verhaltensinterdependenzen Wahl einer suboptimalen Alternative Ein Investment-Center-Leiter, der für die Rentabilität seines Verantwortungsbereichs verantwortlich ist, verzichtet auf Investitionen zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele, um das Erreichen seines Rentabilitätsziels nicht zu gefährden. Ein Revenue-Center-Leiter ist für den Erlös seines Verantwortungsbereichs verantwortlich. Er entscheidet sich deshalb für Werbemaßnahme A, da sie eine höhere Umsatzsteigerung erwarten lässt als die alternative Werbemaßnahme B. Aus Sicht der Unternehmungsziele wäre Werbemaßnahme B vorteilhafter, da der realisierbare Netto-Erlös durch die deutlich geringeren Kosten höher ist. Unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung Für die Entscheidung der Unternehmungsleitung über die Verteilung der Investitionsmittel einer Periode auf die Investitionsvorhaben in den Verantwortungsbereichen berichten Bereichsmanager in Investitionsanträgen über die erwarteten Ergebnisse ihrer Investitionsvorhaben. Bereichsmanager können ihre Informationsvorteile nutzen, um durch eine unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung die Genehmigung von Investitionsvorhaben zu erreichen, die tatsächlich zu einem schlechteren Ergebnis führen als Vorhaben anderer Verantwortungsbereiche. Bereichsmanager können damit durch eine verzerrte Berichterstattung das Ergebnis des eigenen Bereichs zulasten der Unternehmungsziele steigern, d. h. eine hinsichtlich der Unternehmungsziele optimale Verteilung der Investitionsmittel verhindern. <?page no="119"?> 3.1 Grundlagen der Entscheidungskoordination 119 Abgrenzung der Koordinationsfunktion des Controlling Durch Differenzierung und Dezentralisation der Entscheidungen über komplexe Entscheidungsprobleme werden die Anforderungen der Entscheidungsfindung an die quantitative und qualitative Kapazität der Manager angepasst. Werden Entscheidungen differenziert, bleiben die Sachinterdependenzen bei der Entscheidungsfindung weitgehend unberücksichtigt. Bei Entscheidungen wird deshalb nicht mehr zwingend die hinsichtlich der Unternehmungsziele optimale Handlung gewählt. Werden die Entscheidungen dezentralisiert, behindern Verhaltensinterdependenzen die Ausrichtung der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen an den gemeinsamen Zielen. Bei der Entscheidungsfindung in den Verantwortungsbereichen gewinnen die individuellen Ziele der Bereichsleiter an Bedeutung und die Erreichung der Unternehmungsziele wird beeinträchtigt. Die Differenzierung und Dezentralisation von Entscheidungen wirken sich damit nachteilig auf die Realisation der Unternehmungsziele aus. Um dieser Wirkung zu begegnen, sollten differenzierte und dezentralisierte Entscheidungen koordiniert werden. Zweck der Entscheidungskoordination ist es, die Sachinterdependenzen bei der Entscheidungsfindung bis zu einem gewissen Grad zu berücksichtigen sowie diejenigen Wollens- und Könnensbegrenzungen der Bereichsleiter zu verringern, die Verhaltensinterdependenzen begründen können. Dazu werden Entscheidungen der Bereichsleiter auf den Ebenen der Managementhierarchie auf gemeinsame Ziele abgestimmt und ausgerichtet. Die gemeinsamen Ziele, auf die Entscheidungen eines Verantwortungsbereichs ausgerichtet oder abgestimmt werden, sind diejenigen Ziele, die von den Verantwortungsbereichen einer Hierarchieebene gemeinsam erreicht werden sollen. Es sind die den Bereichszielen direkt übergeordneten Ziele. Für die Koordination der Entscheidungen des mittleren Managements sind die Unternehmungsziele die gemeinsamen Ziele. Das können die langfristigen Ziele sein, die mit der Strategieimplementierung angestrebt werden, oder die kurzfristigen Ziele, die bei der Leistungserstellung und -verwertung in den Kern- und Wachstumsfeldern Unternehmung verfolgt werden. Entscheidungen in den Abteilungen eines Verantwortungsbereichs werden dagegen auf die Bereichsziele des jeweiligen Verantwortungsbereichs abgestimmt und ausgerichtet, die aus den lang- oder kurzfristigen Zielen der Unternehmung hergeleitet werden. Entscheidungskoordination ist die Abstimmung interdependenter Entscheidungen hinsichtlich gemeinsamer Ziele sowie das Ausrichten dezentraler Entscheidungen an diesen Zielen. Die Abstimmung differenzierter Entscheidungen hinsichtlich gemeinsamer Ziele durch Einbeziehung der zwischen ihnen bestehenden Sachinterdepen- <?page no="120"?> 120 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling denzen in die Entscheidungsfindung wird als horizontale Koordination bezeichnet. Die vertikale Koordination ist das Ausrichten dezentraler Entscheidungen an gemeinsamen Zielen durch Abbau von Willens- und Könnensbegrenzungen, die Verhaltensinterdependenzen begründen können (vgl. Rühli (1992), Sp. 1166). In Abgrenzung zur Koordination arbeitsteilig ausgeführter Handlungen im Unternehmungsprozess (Primärkoordination) wird die Entscheidungskoordination auch als Sekundärkoordination bezeichnet. Die Entscheidungskoordination ist ein Gegenstand des Management Control und damit eine Aufgabe des Managements in allen Phasen des Managementprozesses und auf allen Ebenen der Managementhierarchie. Der Bedarf an Entscheidungskoordination wird vom Ausmaß der Differenzierung und Dezentralisation sowie den zwischen den differenzierten und dezentralisierten Entscheidungen bestehenden Sach- und Verhaltensinterdependenzen determiniert. Zur Deckung dieses Koordinationsbedarfs nutzt das Management Management-Control-Systeme zur Entscheidungskoordination, die hier als Koordinationssysteme bezeichnet werden. Unter einem Koordinationssystem ist die Gesamtheit der Mechanismen zu verstehen, die ein Manager zur Steuerung der ihm unterstellten Manager verwendet. Steuerung ist in diesem Zusammenhang die Einflussnahme eines Managers auf die ihm unterstellten Manager durch Vorgaben zu Handlungen, Zielen oder Ressourcen sowie die Durchsetzung und Kontrolle dieser Vorgaben, um die horizontale und vertikale Koordination von Entscheidungen zu bewirken. Koordiniert werden sollen die Entscheidungen der Bereichsleiter, die Entscheidungen in ihren Verantwortungsbereichen sowie auch die Entscheidungen, die mehrere Bereichsleiter in Gruppen gemeinsam treffen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 36). Ein Koordinationssystem ist die Gesamtheit der Regelungen, die den Ablauf der sich mehr oder weniger regelmäßig wiederholenden Steuerungsprozesse zur Sicherung der horizontalen und vertikalen Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen der Unternehmung nach einheitlichen Prinzipien dauerhaft festlegen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 39). Die Regelungen eines Koordinationssystems geben Managern (z. B. Unternehmungsleitung) auf Dauer vor, wie Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen zu koordinieren sind, die von den ihnen unterstellten Managern geleitet werden. Ein Koordinationssystem ist das schriftlich fixierte Ergebnis eines zielorientierten Gestaltungsprozesses, in dem die Handlungsanweisungen zu den Steuerungsprozessen konzipiert und anschließend in Handbüchern dokumentiert werden. Geregelt wird die Koordination aller künftig, während eines längeren, zunächst unbestimmten Zeitraums zu treffenden Entscheidungen. Zum Zeitpunkt der Gestaltung eines Koordinationssystems sind weder die Entscheidungen vollständig bekannt, die während seiner <?page no="121"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 121 Gültigkeitsdauer in den Verantwortungsbereichen zu treffen sind, noch die Unternehmungs- und Umweltbedingungen, unter denen diese Entscheidungen getroffen werden. Damit Koordinationssysteme über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl unter zukünftig möglichen Unternehmungs- und Umweltbedingungen in den Verantwortungsbereichen erfahrungsgemäß zu treffenden Entscheidungen geeignet sind, werden die Handlungsanweisungen abstrakt formuliert. Für eine effektive und effiziente Entscheidungskoordination reicht das Bereitstellen eines Koordinationssystems deshalb nicht aus. Die Regelungen des Koordinationssystems sind regelmäßig anzupassen oder zu ergänzen, um den Erfordernissen der Koordination konkreter Entscheidungen bei der jeweils aktuellen Unternehmungs- und Umweltsituation zu genügen. Die Verantwortung für die Bereitstellung geeigneter Koordinationssysteme sowie ihren effektiven und effizienten Betrieb liegt beim Controlling (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 205). Die Koordinationsfunktion des Controlling kann damit beschrieben werden als die präsituative und situative Unterstützung der Unternehmungsleitung bei der Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen. Die situative Unterstützung bezieht sich auf die Koordination konkreter, aktuell zu treffender Entscheidungen durch die Ergänzung oder Anpassung der Regelungen des Koordinationssystems. Das Bereitstellen eines Koordinationssystems für die Koordination der Entscheidungen, die künftig, während eines längeren, unbestimmten Zeitraums in den Verantwortungsbereichen getroffen werden, ist die präsituative Unterstützung des Managements. Die Koordinationsfunktion des Controlling ist die Sicherung der Entscheidungskoordination durch das Management auf allen Hierarchieebenen, indem es Koordinationssysteme (präsituativ) bereitstellt und (situativ) betreibt, die den Koordinationsbedarf differenzierter und dezentralisierter Entscheidungen in einem für ein effektives und effizientes Management notwendigen Ausmaß dekken. Kennzeichnung von Koordinationssystemen Abgrenzung von Koordinationssystemen Aufbau von Koordinationssystemen Die Regelungen eines Koordinationssystems definieren Steuerungsmechanismen, die Manager zur Beeinflussung der ihnen unterstellten Manager nutzen sollen, um die Abstimmung und Ausrichtung deren Entscheidungen hinsichtlich gemeinsamer Ziele zu gewährleisten. Beschrieben werden Steuerungsmechanismen durch drei Arten von Regeln. Mit diesen werden das Koordinationsverfahren, die Durchsetzung der Vorgaben sowie die Kontrolle der Vorgaben festgelegt. Ein Koordinationssystem umfasst damit die in Abb. 3.2 genannten Elemente (zu einer ähnlichen Systematik vgl. Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 271 f.). Die Regeln zu diesen Elementen sind im Einklang mit den Unternehmungs- und Umweltbedingungen zu gestalten, wie z. B. der Unternehmungsstrategie, den Geschäftsfeldstrategien, der Organisationsstruktur der Unternehmung, dem Führungsstil sowie der Dynamik des Unternehmungsumfelds (vgl. Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 273 ff.). <?page no="122"?> 122 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Koordinationssystem Umfang von Kontrollen Anweisungen zu den Vorgaben Prinzipien der Entscheidungskoordination Regeln zur Kontrolle der Vorgaben Regeln zur Durchsetzung der Vorgaben Regeln zum Koordinationsverfahren Zuordnung der Befugnisse für Reaktionen Verfahren zur Bewertung festgestellter Abweichungen Ergänzende Maßnahmen Abb. 3.2: Elemente eines Koordinationssystems Die Regeln zum Koordinationsverfahren legen mit Prinzipien der Entscheidungskoordination die Art der Vorgaben für die unterstellten Manager fest. Durch die Begrenzung der zulässigen Handlungsmöglichkeiten tragen diese Vorgaben dazu bei, die Entscheidungen untergeordneter Manager auf die gemeinsamen Ziele abzustimmen und auszurichten. Die Prinzipien der Entscheidungskoordination entsprechen den Prinzipien der Primärkoordination, richten sich jedoch an Manager auf der mittleren und unteren Hierarchieebene und nicht an Mitarbeiter der Ausführungsebene. Abb. 3.3 nennt die Prinzipien der Entscheidungskoordination. Prinzipien der Entscheidungskoordination Verhaltensnormen Restriktionen Explizite Verhaltensnormen Implizite Verhaltensnormen Zielvorgaben Pläne Verfahren der Entscheidungsfindung Outcomebezogenes Budget Ergebnisbezogenes Budget Inputbezogenes Budget Budget Monetäre Vorgaben Mehrdimensionale Kennzahlensysteme Abb. 3.3: Prinzipien der Entscheidungskoordination <?page no="123"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 123 Mit der Festlegung der Koordinationsprinzipien sind die Koordinationsverfahren nicht hinreichend definiert. Es sind auch Anweisungen zu Inhalt und Niveau der Vorgaben zu definieren. Der Gegenstand dieser Anweisungen wird durch das gewählte Prinzip der Entscheidungskoordination bestimmt. Er kann Planungsverfahren oder die Definition von Vorgabegrößen und die Verfahren zur Ermittlung der Soll- und Ist-Werte dieser Vorgabegrößen betreffen. Ein Koordinationsverfahren besteht damit aus zwei Elementen, den Prinzipien der Entscheidungskoordination und den Anweisungen zu den Vorgaben. Die Wirkung der Vorgaben auf die Abstimmung und Ausrichtung interdependenter Entscheidungen hinsichtlich gemeinsamer Ziele hängt davon ab, inwieweit sie von den Bereichsleitern auch befolgt werden. Mit den Regeln zur Durchsetzung der Vorgaben werden ergänzende Maßnahmen festgelegt, die ein für das Erreichen der Vorgaben förderliches Arbeitsverhalten der Bereichsleiter bewirken sollen (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 155 f.). Das Erreichen oder Einhalten der Vorgaben wird durch die Gegenüberstellung der zu kontrollierenden Werte und der Soll-Werte der Vorgabegrößen kontrolliert. Regeln zur Kontrolle definieren den Umfang der Kontrollen von Vorgaben. Bestimmt wird der Umfang durch die Anzahl der Kontrollgrößen sowie die Häufigkeit, mit der diese Größen kontrolliert werden. Geregelt wird weiterhin, wie Abweichungen ausgewählt werden, auf die mit Korrektur- oder Anpassungsmaßnahmen reagiert werden sollte. Schließlich werden die für Reaktionen auf Abweichungen befugten Manager benannt (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 36 ff.). Ein Koordinationssystem ist nicht für jedes Koordinationsproblem im gleichen Maße geeignet. In der Unternehmung, aber auch in den Verantwortungsbereichen werden deshalb regelmäßig mehrere Koordinationssysteme parallel genutzt (vgl. Malmi/ Brown (2008), S. 290 f.). In Unternehmungen werden Koordinationssysteme parallel genutzt, die speziell für die spezifischen Koordinationsprobleme der Verantwortungsbereiche auf jeder Ebene der Managementhierarchie gestaltet worden sind. Beispielsweise werden die Leiter der Profit Center über Zielvorgaben, die Funktionsbereichsleiter innerhalb der Profit Center dagegen über Budgets gesteuert. Für Verantwortungsbereiche können über Delegationsgrenzen Ausnahmefälle definiert werden, für die ein anderes Koordinationssystem genutzt werden soll. Beispielsweise können die Entscheidungen des Bereichsleiters über Investitionsvorhaben bis 10.000 € durch Budgets und die über 10.000 € über Pläne gesteuert werden (vgl. Troßmann (2018), S. 35). Neben quantitativen sind auch qualitative Delegationsgrenzen denkbar. Durch eine qualitative Delegationsgrenze werden z. B. Investitionsvorhaben zur Digitalisierung in der Unternehmung als Ausnahmefall definiert. Es kann vorgegeben werden, dass Investitionsvorhaben im Normalfall durch Budgets, im definierten Ausnahmefall jedoch durch Pläne gesteuert werden. Arten von Koordinationssystemen Zur Koordination der Entscheidungen auf der mittleren oder unteren Ebene der Managementhierarchie sehen Verfahren der hierarchischen Koordination vor, den Handlungsspielraum der betroffenen Manager durch die Vorgabe von Verhaltensnormen oder ressourcenorientierten Restriktionen zu begrenzen. Der Handlungsspielraum kann durch ein Koordinationssystem mehr oder weniger stark begrenzt wer- <?page no="124"?> 124 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling den. Explizite Verhaltensnormen schränken den Handlungsspielraum in der Regel stärker ein als implizite Verhaltensnormen und ressourcenorientierte Restriktionen. Implizite Verhaltensnormen und ressourcenorientierte Restriktionen in der Form monetärer Vorgaben gewähren Bereichsleitern den größten Handlungsspielraum. Es hängt von der Ausgestaltung der Durchsetzung und der Kontrolle der Vorgaben ab, in welchem Ausmaß Bereichsleiter diese Freiräume nutzen können, d. h., ob sie in einer straffen oder losen Form gesteuert werden. Koordinationssysteme, die eine straffe Form der Steuerung vorsehen, betonen das Erreichen vorab festgelegter monetärer Vorgaben. Vorgaben werden als Maßstab für die Beurteilung der Bereichsleiter genutzt. Durch monatliche Kontrollen wird festgestellt, ob die Soll-Werte der Vorgabegrößen bis zum Ende des Jahres erreicht werden können. Weisen identifizierte Abweichungen darauf hin, dass Vorgaben nicht erreicht werden, legt die Unternehmungsleitung die Richtung der zu ergreifenden Anpassungsmaßnahmen fest. Die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen wird von der Unternehmungsleitung kontrolliert (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 204). Eine straffe Form der Steuerung soll Bereichsleiter motivieren, die Aktivitäten in ihren Verantwortungsbereichen kontinuierlich zu verbessern und neue Lösungen zur Erreichung der Vorgaben zu erarbeiten und umzusetzen. Häufige Kontrollen haben jedoch eine Reihe von Nachteilen. Um ihre Vorgaben zu erreichen, können Bereichsleiter nachteilige Wirkungen ihrer Entscheidungen für die Realisation der gemeinsamen Ziele in Kauf nehmen oder Handlungen zur Erreichung mittel- und langfristiger Ziele zurückstellen. Schließlich können Bereichsleiter Daten manipulieren, um besser beurteilt zu werden (vgl. Goebel/ Weißenberger (2016), S. 90). Koordinationssysteme, die eine straffe Form der Steuerung vorsehen, eignen sich nur dann zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen, wenn das Erreichen der Soll-Werte der Vorgabegrößen weitgehend von den Entscheidungen der Bereichsleiter abhängig ist. Es sollten deshalb folgende Voraussetzungen vorliegen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 204 f.): die Entscheidungsbefugnisse der Bereichsleiter stehen im Einklang mit den Vorgabegrößen, die Vorgabegrößen sind möglichst von Faktoren unabhängig, die der Bereichsleiter nicht beeinflussen kann, die während des Jahres erreichbaren Werte der Vorgabegrößen können mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden und die Wirkungen der Entscheidungen reichen nicht über den durch die Kontrolle begrenzten Zeitraum hinaus, d. h., bei der Kontrolle können alle Wirkungen der Entscheidungen erfasst werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bieten sich Koordinationssysteme an, mit denen Bereichsleiter in einer weniger straffen Form gesteuert werden. Bei der Koordination durch Zielvorgaben wird für eine lose Form der Steuerung der Bereichsleiter folgendes Vorgehen vorgeschlagen: Die Bereichsleiter selbst planen jährliche Vorgaben, die von der Unternehmungsleitung überprüft und sofern es erforderlich ist, auch angepasst und schließlich genehmigt werden. Die Ist-Werte der Vorgabegrößen werden den Soll-Werten monatlich oder quartalsweise gegenübergestellt, festgestellte Abweichungen werden analysiert und erklärt. Bereichsleiter werden jedoch <?page no="125"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 125 nicht auf der Grundlage festgestellter Abweichungen beurteilt. Die Soll-Werte werden vielmehr als die bestmögliche Prognose der in dem Planjahr erreichbaren Ergebnisse betrachtet. Werden durch begleitende Kontrolle Abweichungen festgestellt, wird die Unternehmungsleitung in der Form kommentierter angepasster Prognosen informiert. Es ist die Aufgabe der Bereichsleiter, Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Unternehmungsleitung greift nur ein, sofern Fehlentwicklungen erkennbar sind. Erst am Jahresende durch Endkontrollen festgestellte Abweichungen werden von der Unternehmungsleitung analysiert (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 204). Elemente von Koordinationssystemen Verfahren der Koordination Geprägt werden die Koordinationsverfahren durch die gewählten Prinzipien der Entscheidungskoordination. Durch diese wird die Art der Vorgaben zur Begrenzung der zulässigen Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter festgelegt. Da Koordinationssysteme die Steuerung untergeordneter Manager regeln, eignen sich vor allem Prinzipien der hierarchischen Koordination als Grundlage der Koordinationsverfahren. Die Vorgaben können folgende Inhalte haben: explizite Verhaltensnormen, implizite Verhaltensnormen oder ressourcenorientierte Restriktionen. Mit expliziten Verhaltensnormen werden den Bereichsleitern zulässige Handlungsmöglichkeiten vorgegeben. Inhalte expliziter Verhaltensnormen können Pläne oder Verfahren der Entscheidungsfindung sein. Implizite Verhaltensnormen sind Ziele, an denen Bereichsleiter ihre Entscheidungen ausrichten sollen. Sie treten als Zielvorgaben oder als Budgets auf, mit denen ein zu erreichendes Marktergebnis vorgegeben wird. Ressourcenorientierte Restriktionen sind Budgets, die den zulässigen Mitteleinsatz definieren. [1] Koordination durch Pläne Bei der Koordination durch Pläne werden den Bereichsleitern explizite Verhaltensnormen in der Form von Handlungen vorgegeben, die in Globalplänen festgeschrieben sind. Die Globalpläne werden von der Unternehmungsleitung erstellt und grenzen die zulässigen Handlungsmöglichkeiten unmittelbar von den unzulässigen ab. Sie werden in den Verantwortungsbereichen detailliert und präzisiert. Sofern es sich danach noch nicht um Ausführungspläne handelt, werden die detaillierten und präzisierten Globalpläne weiter differenziert und die dadurch abgegrenzten Pläne den jeweils unterstellten Managern vorgegeben. Ergebnis der Koordination durch Pläne ist eine Planhierarchie. Die Pläne jeder Ebene der Planhierarchie werden in einem vorgegebenen Rhythmus für jeweils eine definierte Planperiode in einem institutionalisierten Planungsprozess erstellt (vgl. Kieser/ Walgenbach (2010), S. 111). Während dieses Planungsprozesses werden die Pläne einer Ebene der Planhierarchie auf das gemeinsame Ziel abgestimmt und ausgerichtet. Die Anweisungen zu den Vorgaben geben die auf jeder Ebene der Planhierarchie zu planenden Inhalte, den jeweiligen Detaillierungsgrad und den zeitlichen Bezug der <?page no="126"?> 126 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Pläne, die Mechanismen zur Abstimmung und Ausrichtung der Pläne sowie den Ablauf des Planungsprozesses zur Erstellung der Pläne vor. Die Koordination durch Pläne sieht die Vorgabe von Globalplänen vor, die in den Verantwortungsbereichen detailliert und präzisiert werden. [2] Koordination durch Verfahren der Entscheidungsfindung Bei der Koordination durch Verfahren der Entscheidungsfindung beziehen sich die expliziten Verhaltensnormen nicht auf die Handlungen, über die zu entscheiden ist, sondern auf die Handlungen bei der Entscheidungsfindung. Die Verfahren der Entscheidungsfindung grenzen die zulässigen Handlungsmöglichkeiten damit nur mittelbar von den unzulässigen ab. Die Vorgaben können Informationen betreffen, die auszuwerten sind; Instrumente, die einzusetzen sind; Reihenfolgen, in der die Entscheidungen zu treffen sind; den Detaillierungsgrad der Entscheidungen sowie ihre Anpassung an ein verändertes Umfeld und ihre Fortschreibung. Die Vorgaben können auch vorschreiben, an welchen Stellen im Prozess der Entscheidungsfindung Prinzipien der hierarchiefreien Koordination zur Abstimmung der Entscheidungen verschiedener Verantwortungsbereiche zur Anwendung gelangen sollen. Prinzipien der hierarchiefreien Koordination sind die Selbstabstimmung und die Gruppenabstimmung. Bei der Koordination durch Selbstabstimmung stimmen Manager ihre Entscheidungen durch direkte Interaktion ab. Die Gruppenabstimmung ist dadurch gekennzeichnet, dass Manager mehrerer Verantwortungsbereiche ihre Entscheidungen gemeinsam treffen. Die Verantwortungsbereiche sind anschließend an die Entscheidungen der Gruppe gebunden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 99). Bei der Koordination durch Verfahren der Entscheidungsfindung wird festgelegt, wie im Prozess der Entscheidungsfindung vorzugehen ist, um zu Entscheidungen zu gelangen, die auf gemeinsame Ziele abgestimmt und ausgerichtet sind. [3] Koordination durch Budgets Wie bei der Koordination durch Pläne wird auch bei der Koordination durch Budgets in einem vorgegebenen Rhythmus für jeweils eine definierte Planperiode in einem institutionalisierten Planungsprozess von der Unternehmungsleitung ein Globalplan erstellt. Den unterstellten Verantwortungsbereichen werden jedoch nicht diese Globalpläne vorgegeben, sondern Budgets. Inhalt eines Budgets ist der Beitrag, den der Verantwortungsbereich zur Erreichung der in dem Globalplan festgelegten finanziellen Ziele zu leisten hat. Das kann ein Erfolg sein. Vorgegeben werden können aber auch ein Marktergebnis oder ein monetär erfasster Mitteleinsatz, der bei Realisation eines Marktergebnisses höchstens anfallen darf. Budgets können damit implizite Verhaltensnormen, aber auch ressourcenorientierte Restriktionen sein. Beispiele für Budgets sind der vom Absatzbereich während des nächsten Jahres zu erwirtschaftende Umsatz oder Deckungsbeitrag; die Kosten, die bei der Realisation des für das nächste Quartal geplanten Produktionsprogramms höchstens anfallen dürfen; die <?page no="127"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 127 finanziellen Mittel, die für Werbemaßnahmen während des nächsten Jahres bereitgestellt werden, und die für ein FuE-Projekt bewilligten finanziellen Mittel (vgl. Troßmann (2018), S. 198). Bei der Koordination durch Budgets wird einem Bereichsleiter der Beitrag zur Erreichung der in dem Globalplan der Unternehmungsleitung festgelegten finanziellen Ziele vorgegeben, den er durch sein Entscheiden und Handeln zur Umsetzung dieses Globalplans in seinem Verantwortungsbereich während der Planperiode zu erbringen hat. Anweisungen zu den Vorgaben definieren für jeden betroffenen Verantwortungsbereich die Budgetgrößen. Sie legen weiterhin den Prozess und die Verfahren zur Herleitung sowie die Mechanismen zur Abstimmung und Ausrichtung der Budgets auf das gemeinsame Ziel fest. [4] Koordination durch Zielvorgaben Zielvorgaben sind eine weitere Form impliziter Verhaltensnormen. Zur Anwendung gelangt die Koordination durch Zielvorgaben in Situationen, in denen der Handlungsspielraum der Bereichsleiter möglichst nicht begrenzt werden soll, um ihre Erfahrungen und spezifischen Fachkenntnisse bestmöglich nutzen zu können. Von Budgets unterscheiden sich Zielvorgaben dadurch, dass sie nicht die angestrebten oder zulässigen monetären Konsequenzen eines Globalplans der Unternehmungsleitung zum Inhalt haben. Mit Zielvorgaben wird der Beitrag festgelegt, den ein Verantwortungsbereich während einer Periode zur Erreichung der gemeinsamen Ziele leisten soll. Definiert wird dieser Beitrag durch das Zielkriterium, Kennzahlen als Zielmaßstab und einen Kennzahlenwert als Zielausmaß. Zielvorgaben können direkt aus den gemeinsamen Zielen hergeleitet oder das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Managern aufeinanderfolgender Hierarchieebenen sein. Bei der Koordination durch Zielvorgaben werden einem Bereichsleiter die schriftlich festgelegten Werte der als Zielmaßstab genutzten Kennzahlen vorgegeben, die den Beitrag definieren, den er während der nächsten Periode zur Erreichung der gemeinsamen Ziele leisten soll. Die Anweisungen zu den Vorgaben definieren bei diesem Prinzip der Entscheidungskoordination den Rhythmus, in dem Zielvorgaben festgelegt werden, ihre Geltungsdauer, die Zielkriterien, die Definition der Kennzahlen sowie die Ermittlung der vorzugebenen Kennzahlenwerte (vgl. Drury (2020), S. 422). Verantwortungsbereiche können über innerbetriebliche Leistungsverflechtungen verbunden sein, die Sachinterdependenzen zwischen den Entscheidungen der Verantwortungsbereiche begründen. Für die Ermittlung der finanziellen Beiträge der Verantwortungsbereiche zur Erreichung der gemeinsamen Ziele werden diese Leistungsbeziehungen mit Lenkpreisen bewertet. Die Bewertung mit Lenkpreisen soll auch zur horizontalen Koordination der Entscheidungen der Bereichsleiter über diese Leistungsbeziehungen sowie zur Ausrichtung ihres Arbeitsverhaltens an den gemeinsamen Zielen beitragen. Die <?page no="128"?> 128 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Verfahren zur Ermittlung der Lenkpreise werden ebenfalls in den Anweisungen zu den Vorgaben festgelegt (vgl. Datar/ Rajan (2018), S. 882). Ergänzende Maßnahmen zur Durchsetzung Wollens- und Könnensbegrenzungen, aber auch bestimmte Situationen in der Unternehmung haben zur Folge, dass die Reaktion der Bereichsleiter auf die Vorgabe von Plänen, Verfahren der Entscheidungsfindung, Budgets und Zielvorgaben ungewiss ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bereichsleiter die Vorgaben zur Koordination ihrer Entscheidungen befolgen, kann durch ergänzende Maßnahmen beeinflusst werden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 155 f.). Ergänzende Maßnahmen dienen der Beeinflussung der Bereichsleiter, die das Einhalten oder Erreichen der Vorgaben zur horizontalen und vertikalen Entscheidungskoordination bewirken soll. Ergänzende Maßnahmen zielen auf die Gestaltung von Determinanten des Arbeitsverhaltens, d. h. auf das persönliche Können, das individuelle Wollen, die situative Ermöglichung sowie das soziale Dürfen und Sollen. Wie Abb. 3.4 zeigt, steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, um die Bereichsleiter zum Befolgen der Vorgaben zu bewegen. Die Regeln zur Durchsetzung der Vorgaben legen fest, welche dieser Möglichkeiten als ergänzende Maßnahmen eingesetzt werden sollen. Determinanten des Arbeitsverhaltens ergänzende Maßnahmen persönliches Können Personalentwicklung Personalauswahl Personalzuweisung individuelles Wollen Partizipation Belohnungen und Sanktionen Personalauswahl und -zuweisung situative Ermöglichung Unterweisung Bereitstellung von Informationen und Ressourcen soziales Dürfen und Sollen Gestalten der Unternehmungskultur Abb. 3.4: Ergänzende Maßnahmen Über die Gestaltung des persönlichen Könnens der Bereichsleiter kann erreicht werden, dass die an sie gestellten Erwartungen verstanden und sie befähigt werden, die Vorgaben zu realisieren. Zudem kann ihre intrinsische Motivation verbessert werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 84). Gestaltet werden kann das persönliche Können der Bereichsleiter durch die Personalentwicklung sowie bei der Personal- <?page no="129"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 129 auswahl und der Personalzuweisung. Über die Personalzuweisung kann auch Einfluss auf das individuelle Wollen der Bereichsleiter gewonnen werden, wenn die Stellen mit Personen besetzt werden, von denen das Befolgen der Vorgaben erwartet werden kann. Das individuelle Wollen der Bereichsleiter, d. h. ihre Bereitschaft, die Vorgaben zu befolgen und zu realisieren, kann durch Partizipation oder über Belohnungen und Sanktionen beeinflusst werden. Partizipation ist die Teilnahme oder Beteiligung der Bereichsleiter an den Entscheidungen der Unternehmungsleitung über die Vorgaben (vgl. Brose/ Corsten (1983), S. 26). Bei der Teilnahme verfügen Bereichsleiter über Mitwirkungsrechte, d. h., Anhörungs-, Vorschlags- oder Beratungsrechte. Bei der Beteiligung haben sie darüber hinaus Mitentscheidungsrechte (vgl. Wagner (2004), Sp. 1115 f.). Durch die Einbeziehung der Bereichsleiter können ihnen die Notwendigkeit und die Hintergründe der Vorgaben deutlicher vermittelt werden. Zudem können das Wissen, die Informationen und Ideen der Bereichsleiter für die Entscheidung über die Vorgaben nutzbar gemacht werden, um zu herausfordernden, aber realisierbaren Vorgaben zu gelangen. Nach der Zielsetzungstheorie führen Vorgaben mit diesen Merkmalen zu besseren Handlungsergebnissen. Sie besagt auch, dass Mitarbeiter, die in die Entscheidung einbezogen werden, sich stärker an die Vorgaben gebunden fühlen, d. h. sich stärker mit der jeweiligen Vorgabe identifizieren und sich verpflichtet sehen, diese zu erreichen (vgl. Locke/ Latham (2002), S. 705, 707). Das individuelle Wollen der Bereichsleiter kann auch beeinflusst werden, indem das Befolgen der Vorgabe mit Konsequenzen verknüpft wird, die sich auf das Erreichen ihrer individuellen Ziele auswirken. Diese Konsequenzen können Belohnungen sein, die bei Befolgen der Vorgabe gewährt werden, oder Sanktionen bei Ergebnissen, die nicht im Einklang mit den Vorgaben stehen. Die situative Ermöglichung wird über Veränderungen derjenigen Arbeitsbedingungen des Bereichsleiter gestaltet, die sein individuelles Wollen und persönliches Können hemmen oder begünstigen. Durch Unterweisung sowie Bereitstellung von Informationen und Ressourcen werden qualifizierte und motivierte Bereichsleiter in die Lage versetzt, die Vorgaben zu befolgen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 86). Zweck der Unterweisung ist es, die Kenntnisse der Bereichsleiter über die Vorgaben zu verbessern. Die Bereichsleiter sollen in die Lage versetzt werden, die Vorgaben verstehen und richtig interpretieren zu können. Ergänzende Maßnahmen sind auch die routinemäßige Versorgung der Bereichsleiter mit regelmäßig benötigten Informationen; die Genehmigung, auf Informationssysteme der Unternehmung zur Deckung eines problemspezifischen Informationsbedarfs zugreifen zu können; die Befugnis, Mitarbeiter in Service Centern anzuweisen zu können, spezifische Informationen zu erfassen und zu übermitteln (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 158). Beispiele für Ressourcen mit Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit für das Befolgen von Vorgaben sind Hard- und Software für die Verarbeitung und Auswertung von Daten für die Entscheidungsfindung. Das soziale Dürfen und Sollen wird durch Gruppennormen, die Unternehmungskultur sowie offene und verdeckte Signale der Unternehmungsleitung geprägt (vgl. Berthel/ Becker (2017), S. 88). Gestaltet werden kann es durch die Personalauswahl, die Personalzuweisung und Gruppenprämien (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), <?page no="130"?> 130 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling S. 87 ff.), wobei die Unternehmungskultur nicht kurzfristig und nur sehr begrenzt verändert werden kann (vgl. Schreyögg/ Koch (2015), S. 249). Funktionen der Vorgabenkontrolle Jedes Kontrollproblem lässt sich durch die Kontrollziele, die Objekte der Kontrolle, die Kontrollgrößen sowie die Kontrollzeitpunkte kennzeichnen. Ziele der Vorgabenkontrolle sind die gemeinsamen Ziele, die mit der horizontalen und vertikalen Koordination angestrebt werden. Objekt dieser Kontrolle ist die Realisation der Vorgaben durch die Entscheidungen, die von den Bereichsleitern getroffen, durchgesetzt und realisiert werden. Als Kontrollgrößen dienen die Vorgabegrößen, wie z. B. Budgetgrößen und Kennzahlen der Zielvorgaben. Durchgeführt werden können diese Kontrollen als begleitende Kontrollen während des Geltungszeitraums der Vorgaben oder als Endkontrollen nach Abschluss ihres Geltungszeitraums. Das gewählte Prinzip der Entscheidungskoordination gibt vor, welcher Aspekt der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen bei der Kontrolle der Vorgaben betrachtet wird. Es präzisiert die Kontrollgrößen und legt die Form fest, in der Vorgaben kontrolliert werden (vgl. Hax (1965), S. 202; Laux/ Liermann (2005), S. 465). Abb. 3.5 ordnet den Prinzipien der Entscheidungskoordination die jeweils relevanten Kontrollformen zu. Prinzipien der Entscheidungskoordination Kontrollformen Koordination durch Pläne Wirkungskontrollen Handlungskontrollen Termin- und Ressourcenkontrollen Prämissenkontrollen Koordination durch Verfahren der Entscheidungsfindung Prozesskontrollen Koordination durch Budgets oder Zielvorgaben Ergebniskontrollen Abb. 3.5: Zusammenhang zwischen Koordinationsprinzipien und Kontrollformen Prozesskontrollen werden bei Vorgabe von Verfahren der Entscheidungsfindung durchgeführt, d. h. es wird überprüft, ob Entscheidungen nach den vorgegebenen Verfahren getroffen worden sind. Mit Ergebniskontrollen wird die Performance der Verantwortungsbereiche kontrolliert. Sie werden als Inputkontrollen (z. B. Kosten-, Aufwandskontrollen), Leistungs- oder Outcome-Kontrollen durchgeführt. Die Leistung eines Bereichs ist seine durch qualitative, quantitative oder zeitliche Merkmale beschriebene Ausbringung mit Einfluss auf die Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele. Erfasst wird sie über nichtmonetäre Kennzahlen. Unter dem Outcome eines Bereichs wird sein Marktergebnis verstanden (in Anlehnung an Brown/ Svenson (1988), S. 11 f.). Abweichungen von den Soll-Werten der Vorgabegrößen können in den Entscheidungen der Bereichsleiter oder den Vorgaben selbst begründet sein. Ursachen entscheidungsbedingter Abweichungen können unbeabsichtigte oder beabsichtigte Fehler <?page no="131"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 131 der Bereichsleiter bei der Entscheidungsfindung, -durchsetzung oder -realisation sein (vgl. Hax (1965), S. 196 ff.). Abb. 3.6 nennt Beispiele für solche Fehler der Bereichsleiter. Beabsichtigte Fehler entstehen, wenn sich die Bereichsleiter an ihren individuellen Zielen orientieren, d. h. bei Wollensbegrenzungen der Bereichsleiter. Mögliche Ursachen unbeabsichtigter Fehler sind Irrtümer, Könnensbegrenzungen der Bereichsleiter oder unerwartete Unternehmungs- oder Umweltentwicklungen. Entscheidungsprobleme werden nicht oder nur lückenhaft erkannt. Die Bedeutung von Entscheidungsproblemen für die Erreichung der gemeinsamen Ziele wird nicht korrekt bewertet. Das Zielsystem ist unvollständig, d. h. nicht alle Wirkungen der Handlungsmöglichkeiten auf die gemeinsamen Ziele sind als Ziel berücksichtigt. Die Ziele des Zielsystems der Entscheidungen sind nicht konsistent, d. h., sie sind nicht über Instrumentalrelationen mit den gemeinsamen Zielen verbunden oder untereinander nicht widerspruchsfrei. Es werden falsche oder veraltete Daten verarbeitet oder relevante Daten unvollständig oder nicht korrekt ausgewertet. Vielversprechende Handlungsmöglichkeiten werden nicht gefunden oder als ungeeignet verworfen. Risiken alternativer Handlungsmöglichkeiten werden nicht erkannt oder fehlerhaft bewertet. Entscheidungen werden nicht mit interdependenten Entscheidungen in anderen Verantwortungsbereichen abgestimmt. Die Wirkungen alternativer Handlungsmöglichkeiten werden unvollständig oder nicht korrekt in die Bewertung einbezogen. Abb. 3.6: Beispiele für Fehler der Bereichsleiter bei der Umsetzung der Vorgaben Weitere mögliche Ursachen für Abweichungen von den Soll-Werten sind ungeeignete Vorgabegrößen oder auch Fehler bei der Planung oder Herleitung der Soll-Werte, die unbeabsichtigt oder auch beabsichtigt sein können. Vorgabegrößen sind ungeeignet, wenn sie in den Verantwortungsbereichen nicht (mehr) das zum Erreichen der gemeinsamen Ziele geeignete Entscheiden und Handeln auslösen. Vorgaben werden vor allem auf institutioneller Ebene kontrolliert. Diese Kontrollen können der Korrektur-, der Anpassungs-, der Verhaltensbeeinflussungs- oder der Lernfunktion dienen. Für die Vorgabenkontrolle können diese Funktionen folgendermaßen präzisiert werden: Korrekturfunktion Diese Funktion setzt begleitende Kontrollen voraus. Informationen aus diesen Kontrollen werden genutzt, um drohende Abweichungen von den Vorgaben zu erkennen und Entscheidungen der Bereichsleiter zur Sicherung der Erreichung der gemeinsamen Ziele zu korrigieren. Um drohenden Abweichungen entgegenzuwirken, können zum einen Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden, um nachteilige Wirkungen getroffener Entscheidungen für die Realisation der Vorgaben abzuschwächen. Zum anderen kann die Umsetzung der Vorgaben in den Verantwor- <?page no="132"?> 132 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling tungsbereichen korrigiert oder weiterentwickelt werden, um den Beitrag künftiger Entscheidungen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele zu steigern. Anpassungsfunktion Die mit den Kontrollen gewonnenen Informationen können auf Wollens- oder Könnensbegrenzungen der Bereichsleiter oder Situationen in der Unternehmung hinweisen, die das Umsetzen der Vorgaben in den Verantwortungsbereichen behindern. Um den dadurch verursachten Abweichungen von den Soll-Werten entgegenzuwirken, sind die ergänzenden Maßnahmen zur Durchsetzung der Vorgaben anzupassen. Beispielsweise können die Entscheidungskompetenzen der verantwortlichen Manager eingeschränkt oder ein Manager durch einen anderen Mitarbeiter ersetzt werden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 457 f.). Verhaltensbeeinflussungsfunktion Das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter wird auch von seinen Erwartungen über künftige Vorgabenkontrollen beeinflusst, die von den gegenwärtigen Kontrollaktivitäten der Unternehmungsleitung bestimmt werden. Auf Abweichungen, die auf Wollensbegrenzungen der Bereichsleiter zurückgehen, kann mit regelmäßigen Vorgabenkontrollen der Unternehmungsleitung reagiert werden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 458, 460). Lernfunktion Mit Vorgabenkontrollen werden Abweichungen von den Vorgaben festgestellt und ihre Ursachen analysiert. Entscheidungsbedingte Abweichungen haben ihre Ursache in Fehlern beim Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen. Abweichungen können ihre Ursachen jedoch auch in den Entscheidungen der Unternehmungsleitung haben, die zu ungeeigneten Vorgaben führen. Bei der Lernfunktion der Vorgabenkontrolle sind deshalb mit dem Single-Loop-Lernen (adaptives Lernen) und dem Double-Loop-Lernen (strategisches Lernen) zwei Ebenen des Lernens zu unterscheiden (vgl. Abb. 3.7). Zweck des Single-Loop-Lernens ist die Anpassung der Entscheidungsfindung und des Handlungsvollzugs in den Verantwortungsbereichen. Das Double-Loop-Lernen zielt dagegen auf die Korrektur der Vorgaben und der gemeinsamen Ziele. Für das Single-Loop-Learning wird kontrolliert, ob mit dem Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen die Vorgaben erreicht worden sind. Erkenntnisse über falsch ausgewählte Handlungen oder fehlerhaft oder unvollständig ausgeführte Handlungen in den Verantwortungsbereichen bilden eine Grundlage für die Korrektur des aktuellen oder künftigen Entscheidens in den Verantwortungsbereichen. Sind zwar die Vorgaben, nicht jedoch die gemeinsamen Ziele erreicht worden, können nicht oder nicht mehr angemessene gemeinsame Ziele ebenso eine Ursache sein wie fehlerhafte Vorgaben. Beim Double-Loop-Learning werden die Erkenntnisse der Vorgabenkontrolle genutzt, um eine Neuplanung der gemeinsamen Ziele anzustoßen (vgl. Argyris (1977), S. 116; Argyris/ Schön (2024), S. 35 ff.). Das Wissen über die Fehler in den Vorgaben der Vorperiode sollte zur Korrektur aktueller Vorgaben oder zur Anpassung der Planung künftiger Vorgaben genutzt werden (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 458, 460). Fehler in den Vorgaben können aber auch Anlass für eine Prüfung und die Anpassung des Koordinationssystems sein. <?page no="133"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 133 Bereichsleitungen Unternehmungsleitung Gemeinsame Ziele Vorgaben Entscheidungen Handlungen Ergebnisse Single-Loop-Lernen Double-Loop-Lernen Abb. 3.7: Ebenen des Lernens Konfiguration und Nutzung von Koordinationssystemen Phasen im Konfigurations- und Nutzungsprozess Für die Bereitstellung und Nutzung eines Koordinationssystems zur Abstimmung und Ausrichtung der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen auf die gemeinsamen Ziele ist eine Vielzahl von Verrichtungen auszuführen, die sich in Phasen zweier ineinandergreifender Prozesse gliedern lassen. Die Verrichtungen des einen Prozesses betreffen das Koordinationssystem, das zu gestalten, zu implementieren, zu überprüfen und anzupassen ist. Sie bilden den Konfigurationsprozess des Koordinationssystems, der unregelmäßig und in längeren Zeitabständen wiederholt wird. An den Vorgaben für die Verantwortungsbereiche, die bei Nutzung eines Koordinationssystems zu planen, durchzusetzen und zu kontrollieren sind, werden die Aktivitäten des zweiten Prozesses vollzogen. Der aus diesen Aktivitäten gebildete Nutzungsprozess wird jährlich oder in noch kürzeren Zeitabständen durchlaufen. Als Vorgaben werden Pläne, Verfahren der Entscheidungsfindung, Budgets oder Zielvorgaben geplant und durchgesetzt. Anschließend werden sie von den Bereichsleitern umgesetzt. Dazu werden die Entscheidungsfindung sowie die Durchsetzung, die Realisation und die Kontrolle der Entscheidung an den Vorgaben ausgerichtet. Die Konfiguration des Koordinationssystems ist die Aufgabe des Controlling, die Unternehmungsleitung führt den Nutzungsprozess durch, die Umsetzung der Vorgaben liegt bei den Bereichsleitern. Abb. 3.8 zeigt die Phasen und die Verkettung des Konfigurations- und Nutzungsprozesses sowie des Prozesses zur Umsetzung der Vorgaben in den Verantwortungsbereichen. Die Nutzung des Koordinationssystems setzt seine Gestaltung und Implementierung voraus. Die Nutzung ist wiederum die Voraussetzung für die Überprüfung und Anpassung des Koordinationssystems (vgl. Kennerley/ Neely (2002), S. 1241 f.). Der Nutzungsprozess wird in der Literatur deshalb vielfach als Phase des Konfigurationsprozesses verstanden (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 33 f.). Bis zur Einführung eines neuen oder modifizierten Koordinationssystems wird der Nutzungsprozess meist mehrfach durchlaufen. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, den Konfigurations- und den Nutzungsprozess als zwei getrennte Prozesse zu betrachten, die miteinander verkettet sind. Als Nutzungsphase des Koordinationssystems wird der Zeitraum nach der Systemimplementierung bis zum Beginn des nächsten Durchlaufs des Konfigurationsprozesses bezeichnet, in dem der Nutzungsprozess meist mehrfach durchlaufen wird. <?page no="134"?> 134 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Systemgestaltung Systemimplementierung Planung der Vorgaben Kontrolle der Vorgaben Systemprüfung Notwendigkeit einer Anpassung des Koordinationssystems Veränderungen der Unternehmungs- oder Umweltbedingungen Konfigurationsprozess Nutzungsprozess Durchsetzung der Vorgaben Entscheidungsfindung Entscheidungsdurchsetzung Entscheidungsrealisation Entscheidungskontrolle Umsetzung der Vorgaben Controlling Unternehmungsleitung Bereichsleitungen Abb. 3.8: Phasen im Konfigurations- und Nutzungsprozess Zweck des Durchlaufs eines Konfigurationsprozesses ist die Einführung eines modifizierten oder neuen Koordinationssystems für einen längeren, und zunächst unbestimmten Zeitraum. Die Phasen des Konfigurationsprozesses sind die Systemgestaltung, die Systemimplementierung und die Systemprüfung. In der Phase der Systemgestaltung werden die Regeln des Koordinationssystems zur Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben für die Steuerung der Bereichsleiter entwickelt. Das Überführen des Koordinationssystems in regelkonformes Handeln der Unternehmungsleitung bei der Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben ist die Aufgabe der Systemimplementierung. Während der Nutzungsphase werden die Bereichsleiter nach den Regeln des Koordinationssystems durch die Planung, Durchsetzung und Kontrolle von Vorgaben gesteuert. Nur während dieser Phase trägt das Koordinationssystems über die Entscheidungskoordination zur Erreichung der gemeinsamen Ziele bei. Um sicherzustellen, dass ein implementiertes Koordinationssystem auf Dauer zur Erreichung der gemeinsamen Ziele beiträgt, sollte in bestimmten Abständen die Eignung seiner Regeln unter den jeweils aktuell vorliegenden Unternehmungs- und Umweltbedingungen überprüft werden. Wird bei der Systemprüfung die <?page no="135"?> 3.2 Kennzeichnung von Koordinationssystemen 135 Notwendigkeit einer Modifikation von Regeln des Koordinationssystems identifiziert, beginnt ein neuer Durchlauf des Konfigurationsprozesses (vgl. Kennerley/ Neely (2002), S. 1241 f.; Bourne/ Bourne (2011), S. 33 f.), in dem ein bestehendes Koordinationssystem modifiziert oder ein neues Koordinationssystem eingeführt wird. Der Nutzungsprozess wird von der Unternehmungsleitung nach den Regeln des implementierten Koordinationssystems durchgeführt. Die durch das implementierte Koordinationssystem festgelegten Prinzipien der Entscheidungskoordination schreiben vor, ob in der Phase der Vorgabenplanung Pläne erstellt, Budgets geplant oder Zielvorgaben hergeleitet werden. Während eines Durchlaufs des Nutzungsprozesses werden zunächst die Vorgaben für die nächste Planperiode geplant, die z. B. eine Länge von einem Jahr hat. Während der Phase der Vorgabendurchsetzung werden die Bereichsleiter angewiesen, die Entscheidungsfindung, -durchsetzung, -realisation und -kontrolle in ihrem Bereich an den Vorgaben auszurichten. Um sicherzustellen, dass die Bereichsleiter die Vorgaben befolgen, werden zusätzlich ergänzende Maßnahmen ergriffen. Spätestens am Ende der Planperiode werden Vorgabenkontrollen durchgeführt. In dieser Phase des Nutzungsprozesses sollen erwartete oder bereits eingetretene Abweichungen von den Vorgaben ermittelt, beurteilt und analysiert werden. Anforderungen an den Konfigurationsprozess In mehreren Studien sind Einflussgrößen auf die Effektivität eines Koordinationssystems während der Nutzungsphase identifiziert worden (vgl. z. B. Bourne u. a. (2002), S. 1289, 1305 ff.; Kennerley/ Neely (2002), S. 1240). Die Effektivität eines Koordinationssystems misst sich daran, inwieweit die Entscheidungskoordination nach dessen Regeln das Erreichen der gemeinsamen Ziele im Vergleich zum Verzicht auf diese Form der Koordination verbessert. Einflussgrößen der Effektivität eines Koordinationssystems, aus denen im Folgenden Anforderungen an den Konfigurationsprozess hergeleitet werden, sind u. a. die Aktualität der Regeln, die Verfügbarkeit der in der Nutzungsphase erforderlichen Informationen sowie die Akzeptanz des Koordinationssystems. Um die Regeln eines Koordinationssystems aktuell zu halten, sollten regelmäßig Systemprüfungen durchgeführt und bei Bedarf ein neuer Konfigurationsprozess zur Anpassung des Koordinationssystems initiiert werden. Koordinationssysteme sollten keine statischen Systeme sein. Die Gestaltung, Implementierung und Prüfung sollten vielmehr die Phasen eines geschlossenen kontinuierlichen Prozesses bilden (vgl. Kennerley/ Neely (2002), S. 1224 f.). Die Verfügbarkeit der während eines Nutzungsprozesses erforderlichen Informationen verlangt, dass parallel zur Systemgestaltung und -implementierung Informationsversorgungssysteme zur Deckung dieses Informationsbedarfs eingeführt werden. Das Informationsversorgungssystem sollte möglichst flexibel gestaltet sein, d. h., an den durch eine Modifikation des Koordinationssystems veränderten Informationsbedarf angepasst werden können (vgl. Kennerly/ Neely (2002), S. 1236). <?page no="136"?> 136 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Die Einführung eines Koordinationssystems verändert die Arbeitssituation der betroffenen Manager, da Regeln und Vorgaben ihre Handlungsspielräume begrenzen, ihnen neue oder veränderte Aufgaben zugeordnet oder regelmäßig Vorgabenkontrollen durchgeführt werden. Die Erwartung solcher Veränderungen kann eine ablehnende Haltung gegenüber dem Koordinationssystem entstehen lassen. Die Akzeptanz des Koordinationssystems ist deshalb eine zentrale Einflussgröße auf seine erfolgreiche Implementierung sowie seine Effektivität während der Nutzungsphase (vgl. Kennerley/ Neely (2002), S. 1236). Sie äußert sich im Arbeitsverhalten der vom implementierten Koordinationssystem Betroffenen und der an der Konfiguration des Koordinationssystems beteiligten Manager. Von einem implementierten Koordinationssystem betroffen ist zum einen die Unternehmungsleitung, die während der Nutzungsphase für die Verantwortungsbereiche Vorgaben plant, durchsetzt und kontrolliert und dabei die Regeln des Koordinationssystems befolgen soll. Ebenso sind die Bereichsleiter betroffen, die diese Vorgaben umzusetzen haben. Die Konfiguration des Koordinationssystems ist zunächst die Aufgabe des Controlling. Es sind jedoch die Bereichsleiter, die Fachkenntnisse zu den in ihren Verantwortungsbereichen zu treffenden Entscheidungen haben. Diese Fachkenntnisse entstehen aus der Kombination aus ihrem Fachwissen, ihren Anwendungserfahrungen und ihren Begabungen. Analog dazu verfügt die Unternehmungsleitung über Fachkenntnisse und Erfahrungen zur Steuerung der Bereichsleiter. Um diese Fachkenntnisse nutzen zu können, delegiert das Controlling oftmals Befugnisse für Aufgaben im Konfigurationsprozess an die Unternehmungsleitung und die Bereichsleitungen. Diese Befugnisse können von Ausführungskompetenzen über Anhörungs-, Vorschlags- oder Beratungsrechte bis zu Entscheidungskompetenzen reichen. Die vom Koordinationssystem betroffenen Manager können damit auch an der Konfiguration des Koordinationssystems Beteiligte sein. Die Akzeptanz eines Koordinationssystems äußert sich in der Bereitschaft der Manager zur aktiven unterstützenden Mitwirkung an der Systemgestaltung, -implementierung und -prüfung während des Konfigurationsprozesses, zur regelkonformen Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben für die Verantwortungsbereiche in der Nutzungsphase sowie zur zielorientierten Umsetzung der aus einem Nutzungsprozess resultierenden Vorgaben. Eine ablehnende Haltung der Manager kann zu Widerstand gegen das Koordinationssystem führen (vgl. Bourne u. a. (2002), S. 1289). Im Konfigurationsprozess kann Widerstand die Implementierung des Koordinationssystems verzögern oder sogar verhindern. Er kann auch die Implementierung einer akzeptierten Variante des ursprünglich konzipierten Koordinationssystems bewirken, die jedoch weniger effektiv oder effizient ist (vgl. Hauschildt u. a. (2016), S. 33 f.). Als Beispiele für Wirkungen des Widerstands während der Nutzungsphase des Koordinationssystems können genannt werden: Verstöße gegen die Regeln des Koordinationssystems, lücken- oder fehlerhaftes Befolgen der Vorgaben, Manipulationen von Daten sowie unvollständige oder fehlerhafte Berichterstattung über Veränderungen von Unternehmungs- und <?page no="137"?> 3.3 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion 137 Umweltbedingungen mit Wirkungen auf die Eignung des Koordinationssystems. Eine Barriere ist die ablehnende Haltung der Manager, die auf Erwartungen über das Koordinationssystem und die Konsequenzen seiner Einführung beruht, jedoch noch keine konkreten Handlungen auslöst. Sie sind zunächst nur ein Störpotenzial, d. h. ein hemmendes, aber überwindbares Hindernis. Um Widerstand gegen das Koordinationssystem zu verhindern, sind Barrieren möglichst schon im Konfigurationsprozess abzubauen. Nach dem Grund für die ablehnende Haltung, werden Willensbarrieren und Wissensbarrieren unterschieden (vgl. Hauschildt u. a. (2016), S. 39 ff.; 76). Willensbarrieren sind in Erwartungen der Manager begründet, dass die veränderte Arbeitssituation dem Erreichen ihrer individuellen Ziele entgegensteht. Ursachen für Willensbarrieren können sein: die fehlende Bereitschaft, einen vertrauten Zustand zu verändern; Unsicherheit hinsichtlich der Art der Veränderungen der Arbeitssituation; fehlende Einsicht in die Notwendigkeit eines Koordinationssystems sowie Angst vor regelmäßigen Vorgabenkontrollen. Ausgeprägt ist die Angst vor Vorgabenkontrollen in Unternehmungen mit einer Kultur der Schuldzuweisung. In diesen Unternehmungen sollen mit Kontrollen Mitarbeiter identifiziert werden, die für Abweichungen bei den Unternehmungszielen verantwortlich gemacht werden können (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 43 f.; Bourne (2005), S. 107). Wissensbarrieren resultieren aus Erwartungen der Manager, die Anforderungen der veränderten Arbeitssituation nicht bewältigen zu können, da es ihnen an den erforderlichen Fähigkeiten oder Informationen fehlt. Um Willens- und Wissensbarrieren zu überwinden, sollte der Konfigurationsprozess um eine Phase des Aktivierens erweitert werden, die parallel zu den anderen Phasen verläuft. Zweck des Aktivierens ist es, bei Managern Akzeptanz für das Koordinationssystem zu schaffen. Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion Überblick über die Aufgabenbereiche des Controlling Aufgaben des Controlling sind die Leistungen, die es zu erbringen hat, indem es Verrichtungen an Objekten durchführt. Die Aufgaben des Controlling lassen sich damit kennzeichnen durch die zu erbringende Leistung, die zur Erbringung dieser Leistung auszuführenden Verrichtungen sowie das Objekt, an dem diese Verrichtungen auszuführen sind. Die vom Controlling zu erbringenden Leistungen sind das Bereitstellen und Betreiben der Koordinationssysteme, welche die Unternehmungsleitung dabei unterstützen, die Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen effektiv und effizient zu koordinieren. Das Bereitstellen eines Koordinationssystems vollzieht sich in einem Konfigurationsprozess. Betrieben wird ein Koordinationssystem während seiner Nutzungsphase. Aus diesen Leistungen folgen zwei Aufgabenbereiche des Controlling, denen jeweils mehrere Aufgaben zur Erstellung von Teilleistungen zugeordnet sind. Diese Aufgabenbereiche sind die systemgestaltenden Aufgaben und die prozessunterstützenden Aufgaben. <?page no="138"?> 138 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Die durch die systemgestaltenden Aufgaben zu erbringende Leistung ist die Einführung und Erhaltung eines effektiven und effizienten Koordinationssystems. Durch die Phasen des Konfigurationsprozesses sind bereits vier systemgestaltende Aufgaben des Controlling abgegrenzt: die Gestaltung, die Implementierung und die Prüfung des Koordinationssystems sowie das Aktivieren der Manager. Neben diesen Phasen des Konfigurationsprozesses tritt mit dem Initialisieren eine weitere systemgestaltende Aufgabe, durch die ein Konfigurationsprozess ausgelöst und in Gang gesetzt werden soll. Das Objekt, an dem die Verrichtungen zu diesen fünf Aufgaben ausgeführt werden, ist das Koordinationssystem, das eingeführt und erhalten werden soll. Während der Nutzungsphase eines implementierten Koordinationssystems werden von der Unternehmungsleitung Vorgaben für die Verantwortungsbereiche geplant, durchgesetzt und kontrolliert. Bereichsleiter setzen diese Vorgaben in ihrem Bereich um. Über diese Vorgaben sollen Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen koordiniert werden, die unter der in der Planperiode vorliegenden Unternehmungs- und Umweltsituation getroffen werden sollen. Objekt der Verrichtungen ist auch bei den prozessunterstützenden Aufgaben ein Koordinationssystem. Anders als bei den systemgestaltenden Aufgaben geht es jedoch nicht um die Einführung und Erhaltung eines Koordinationssystems. Die zu erbringende Leistung ist die Anpassung der Regelungen eines implementierten Koordinationssystems an die Erfordernisse der Entscheidungskoordination unter der in der Planperiode vorliegenden Unternehmungs- und Umweltsituation. Die zur Leistungserbringung auszuführenden Verrichtungen lassen sich zwei prozessunterstützenden Aufgaben zuordnen: der Anpassungsaufgabe und der Lenkungsaufgabe. Zweck der Anpassungsaufgabe ist die Konkretisierung und Aktualisierung der abstrakten Regeln eines implementierten Koordinationssystems zur Vorbereitung auf die Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben, die den Bereichsleitern für die Planperiode vorgegeben werden sollen. Dieser Aufgabenbereich umfasst auch die kontinuierliche Verbesserung des Koordinationssystems. Darunter ist die Erarbeitung und Durchsetzung kleiner, unzusammenhängender Verbesserungen einzelner Regeln während der gesamten Nutzungsphase des Koordinationssystems zu verstehen. Unerwartete Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation, Missverständnisse, Abweichungen des Managementhandelns von den Regeln des Koordinationssystems, fehlende Absprachen zwischen Managern verschiedener Hierarchieebenen und Verantwortungsbereiche oder Regelungslücken im Koordinationssystem können den Ablauf des Nutzungsprozesses und die Umsetzung der Vorgaben in den Verantwortungsbereichen stören. Möglichen Störungen vorbeugen, drohende Störungen vermeiden, eingetretene Störungen beheben und dadurch entstandene Fehler korrigieren ist die Lenkungsaufgabe des Controlling. Sie kann in eine Abstimmungs- und eine Kontrollaufgabe gegliedert werden. Inhalt der Abstimmungsaufgabe ist die Durchsetzung situationsspezifischer Handlungsanweisungen für den Nutzungsprozess zum Umgang mit Störungen. Das Feststellen von Störungen im Nutzungsprozess ist die Kontrollaufgabe des Controlling. Neben die Anpassungs- und Lenkungsaufgabe können zusätzlich Entlastungsaufgaben treten. Es sind Aufgaben bei der Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben, welche die Unternehmungsleitung an das Controlling delegiert, da es diese Aufgaben besser oder schneller erledigen kann (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 44 f.). <?page no="139"?> 3.3 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion 139 Entlastungsaufgaben haben Zuarbeiten für die Unternehmungsleitung im Nutzungsprozess zum Inhalt. Abb. 3.9 fasst die Aufgaben des Controlling zur Umsetzung seiner Koordinationsfunktion noch einmal zusammen. systemgestaltende Aufgaben prozessunterstützende Aufgaben Initialisieren des Konfigurationsprozesses Aktivieren der betroffenen Manager: Fördern der Akzeptanz für das Koordinationssystems bei den Managern Gestalten des Koordinationssystems: Entscheidungen über Regelungen des Koordinationssystems Implementieren des Koordinationssystems: Überführen der Koordinationssysteme in regelkonformes Handeln der Manager Prüfung des Koordinationssystems: Analyse der Eignung der Koordinationssysteme unter den aktuell vorliegenden Unternehmungs- und Umweltbedingungen Anpassungsaufgabe − Konkretisieren und Aktualisieren von Regeln eines implementierten Koordinationssystems − Kontinuierliche Verbesserung eines implementierten Koordinationssystems Lenkungsaufgabe − Abstimmungsaufgabe Erarbeitung und Durchsetzung situationsbezogener Handlungsanweisungen für die Planung, Durchsetzung und Kontrolle von Vorgaben − Kontrollaufgabe Feststellen von Störungen im Nutzungsprozess Entlastungsaufgabe Zuarbeiten zur Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben durch die Unternehmungsleitung im Nutzungsprozess Abb. 3.9: Aufgaben des Controlling zur Umsetzung seiner Koordinationsfunktion Systemgestaltende Aufgaben des Controlling Initialisieren des Konfigurationsprozesses Der Konfigurationsprozess zur Einführung eines Koordinationssystems wird durch eine Initiative als Ergebnis einer Systemprüfung ausgelöst. Nach dem Umfang der Änderungen kann zwischen der Modifikation des implementierten Koordinationssystems und der Gestaltung eines neuen Koordinationssystems unterschieden werden. Nur bei Übergang zu einem anderen Prinzip der Entscheidungskoordination soll von der Einführung eines neuen Koordinationssystems gesprochen werden, wie es z. B. bei der Ablösung der traditionellen Budgetierung durch die Koordination durch Zielvorgaben nach einer Umgestaltung der Organisationsstruktur der Fall sein kann. Eine Initiative ist als Prozess mit folgenden Phasen zu sehen (vgl. Hauschildt (1969), Sp. 734 f.): Diagnose eines Anpassungsbedarfs während der Systemprüfung des implementierten Koordinationssystems, Entschluss über den Durchlauf eines Konfigurationsprozesses sowie Einleitung des Initialisierens eines Konfigurationsprozesses. Das Initialisieren ist eine dem Konfigurationsprozess vorgelagerte Phase zwischen der Systemprüfung und der Systemgestaltung in einem neuen Durchlauf des Konfigurationsprozesses. Die Aufgabe des Controlling in dieser Phase ist das Erstellen eines Konfigurationsauftrags. Das erfordert <?page no="140"?> 140 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling die Bewertung des Konfigurationsvorhabens, die Festlegung der Ziele des Konfigurationsvorhabens, die Grobplanung des Vorgehens sowie die Entscheidung über die Durchführung des Konfigurationsprozesses. Für die Bewertung des Konfigurationsvorhabens sind einmal die Wirkungen zu prognostizieren, die durch Abbau identifizierter Schwächen des implementierten Koordinationssystems erwartet werden können. In einer Machbarkeitsstudie sind Faktoren zu identifizieren, die das Konfigurationsvorhaben scheitern lassen oder zumindest beeinträchtigen können. Beispiele für diese Faktoren sind Willens- und Wissensbarrieren der Manager, fehlendes Commitment der Unternehmungsleitung und die Belastung des Managements durch andere Vorhaben. Ein weiterer Faktor ist die unzureichende Flexibilität der IT-Struktur. Diese erschwert oder verhindert die erforderliche Anpassung des Informationsangebots an Veränderungen des Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage nach Einführung eines angepassten Koordinationssystems (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 45 f.). Auf der Grundlage der Bewertung des Konfigurationsvorhabens werden die Ziele des zu konzipierenden Koordinationssystems festgelegt. In einem Konfigurationsprozess werden drei Arten von Zielen verfolgt: ökonomische Effektivitätsziele, soziale Effektivitätsziele und Effizienzziele. Das ökonomische Effektivitätsziel hat den Beitrag zum Inhalt, den das Koordinationssystem durch die Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele leisten soll. Zur Realisation dieses Ziels sollten die Regeln des implementierten Koordinationsprozesses aktuell gehalten und ein Informationsangebot zur Deckung des Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage während der Nutzungsphase geschaffen werden. Eine zentrale Einflussgröße auf die ökonomische Effektivität des Koordinationssystems ist seine Akzeptanz bei den Managern. Soziale Effektivitätsziele sind Aussagen zum Arbeitsverhalten der Manager während des Konfigurations- und Nutzungsprozesses, das als Ergebnis des Aktivierens eintreten soll. Die Effizienzziele geben die Ressourcen vor, die für die Entscheidungskoordination nach den Regeln des Koordinationssystems höchstens anfallen dürfen. Die Entscheidungskoordination beansprucht Kapazitäten der Unternehmungsleitung. Die Gestaltung eines Koordinationssystems sollte deshalb von der Forderung geleitet werden, dass die durch Differenzierung und Dezentralisation der Entscheidungen erreichte Entlastung der Unternehmungsleitung nicht durch die Belastung bei der Entscheidungskoordination kompensiert wird. Bei der Formulierung der Effizienzziele sollte deshalb der zeitliche Aufwand der Unternehmungsleitung während der Nutzungsphase gesondert betrachtet werden. Gegenstand der Grobplanung sind der Partizipationsgrad im Konfigurationsprozess sowie die Gliederung des Konfigurationsvorhabens in Teilvorhaben. Bei Abgrenzung von Teilvorhaben wird das Koordinationssystem in mehreren aufeinanderfolgenden Schritten gestaltet und implementiert. Eine schrittweise Einführung hat den Vorteil, dass mit einem implementierten Teilsystem Erfahrungen gesammelt werden können, die für die Gestaltung und Implementierung der übrigen Teilsysteme genutzt werden <?page no="141"?> 3.3 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion 141 können. Es besteht jedoch die Gefahr, zu einem nicht abgestimmten Gesamtsystem zu gelangen. Die Belastung des Managements kann eine schrittweise Einführung des Koordinationssystems erzwingen (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 38 f.). Auf der Grundlage der Bewertung und der Ziele des Konfigurationsvorhabens sowie des Grobplans zum Vorgehen wird über die Durchführung des Koordinationsvorhabens entschieden. Mit dieser Entscheidung werden auch die finanziellen, sachlichen und personellen Ressourcen, die zur Durchführung des Konfigurationsvorhabens bereitgestellt werden, sowie der Endtermin festgelegt, d. h. der Termin, zu dem die Nutzungsphase des eingeführten Koordinationssystems beginnen soll. Ist die Entscheidung über die Durchführung des Koordinationsvorhabens getroffen, werden der Anpassungsbedarf, die Ergebnisse der Bewertung, die Ziele und die Entscheidung im Konfigurationsauftrag dokumentiert. Aktivieren der Manager Um die Gestaltung, Implementierung und Prüfung des Koordinationssystems vorzubereiten, sollte das Controlling bereits während des Initialisierens mit dem Aktivieren beginnen. Das Aktivieren umfasst die Gesamtheit der Verrichtungen des Controlling, um bei den Managern Akzeptanz für das Koordinationssystem zu schaffen. Für das Aktivieren entwickelt das Controlling Maßnahmen, durch die es den betroffenen Managern möglich wird, ihre Erwartungen zu korrigieren oder Einfluss auf die Veränderungen der Arbeitssituation zu nehmen. Das Controlling realisiert diese Maßnahmen und kontrolliert ihre Wirkungen auf die Akzeptanz der Manager. Bei Bedarf werden die Maßnahmen korrigiert oder weitere Maßnahmen durchgesetzt. Vielfach gibt es in Unternehmungen Servicestellen, die auf die Durchführung solcher Maßnahmen spezialisiert sind. In diesem Fall weist das Controlling diese Stellen an, die Maßnahmen durchzuführen. Für das Aktivieren der Manager eignen sich u. a. Kommunikationsmaßnahmen, Personalentwicklungsmaßnahmen sowie die Partizipation betroffener Manager. Über Kommunikationsmaßnahmen sollen Manager in die Lage versetzt werden, die Notwendigkeit des Koordinationssystems zu erkennen und realistische Erwartungen zu den Veränderungen ihrer Arbeitssituation zu bilden. Um das zu erreichen, sollten die Manager in allen Phasen des Konfigurationsprozesses umfassend informiert werden. Während zu Beginn des Konfigurationsprozesses der Fokus auf Erläuterungen zu den mit der Einführung des Koordinationssystems verfolgten Absichten liegen sollte (vgl. Bourne (2005), S. 102, 107), sind in späteren Phasen die Inhalte der Regeln und ihre Wirkungen auf die Arbeitssituation zu vermitteln und der Nutzen des Koordinationssystems aufzuzeigen (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 43). Parallel dazu ist über Inhalt und Qualität des Informationsangebots zur Deckung des Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage während der Nutzungsphase aufzuklären. Zum Abbau von Wissensbarrieren gelangen Maßnahmen der Personalentwicklung zur Anwendung. Zweck dieser Maßnahmen ist es, die Qualifikation der Manager an die Anforderungen des Koordinationssystems während des Konfigurations- und des Nutzungsprozesses anzupassen. Auch die Möglichkeiten des Zugriffs auf das Informationsversorgungssystem und der Auswertung generierter Daten zur Deckung des <?page no="142"?> 142 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage während der Nutzungsphase des Koordinationssystems sollten Gegenstand der Qualifizierungsmaßnahmen sein. Die Partizipation betroffener Manager im Konfigurationsprozess ermöglicht ihnen die Einflussnahme auf ihre Arbeitssituation nach Implementierung des konzipierten Koordinationssystems. Bei Partizipation der Manager im Konfigurationsprozess gewinnen sie mehr oder weniger Einfluss auf die Inhalte der Regeln, das Controlling bleibt dennoch für das implementierte Koordinationssystem verantwortlich (vgl. Hill/ Fehlbaum (1994), S. 243 ff., 259). Aufgaben im Konfigurationsprozess In der Phase der Systemgestaltung werden alternative Regeln, die grundsätzlich geeignet sind, den identifizierten Anpassungsbedarf zu decken, entwickelt, abgestimmt und auf Zulässigkeit geprüft. Durch eine Zulässigkeitsprüfung soll u. a. festgestellt werden, ob mit der IT-Infrastruktur ein Informationsangebot geschaffen werden kann, das den Anforderungen der neuen Regeln genügt. Zur Auswahl der zu implementierenden Regeln werden die ökonomische und soziale Effektivität sowie die Effizienz des Entwurfs beurteilt. Auf der Grundlage dieser Bewertung ist die Entscheidung über die Implementierung des entworfenen Koordinationssystems zu treffen. Der Umfang der Aufgaben, die tatsächlich durch das Controlling ausgeführt werden, hängt vom Umfang der Befugnisse ab, die das Controlling an Manager delegiert hat. Aufgabe des Controlling bei der Systemimplementierung ist es, das konzipierte Koordinationssystem in regelkonformes Handeln der Unternehmungsleitung bei der Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben für die Verantwortungsbereiche zu überführen. Dazu hat das Controlling einen Durchführungsplan zu erstellen, zu realisieren und zu kontrollieren. Geplant werden die Verrichtungen, die bei der Implementierung des konzipierten Koordinationssystems zur Erreichung der ökonomischen und sozialen Effektivitätsziele sowie der Effizienzziele auszuführen sind. Diese Verrichtungen werden terminiert, zudem werden die Ressourcen zugeordnet, die für ihre Ausführung bereitgestellt werden. Als Beispiele für diese Verrichtungen können genannt werden: Dokumentation der regelkonformen Abläufe im Nutzungsprozess, Bereitstellen der den Nutzungsprozess unterstützenden Infrastruktur sowie Schulungen zur Vorbereitung der Manager auf die Nutzungsphase des Koordinationssystems. Hinzu kommen die Verrichtungen, die während der Systemimplementierung zur Förderung der Akzeptanz des Koordinationssystems ausgeführt werden sollen. Durch die Kontrolle des Durchführungsplans soll die termingerechte, korrekte, vollständige und effiziente Implementierung des Koordinationssystems sichergestellt werden. Eine Aufgabe des Controlling ist es, die Bereitstellung der Informationen zur Dekkung des Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage während der Nutzungsphase des Koordinationssystems sicherzustellen. Es hat deshalb spätestens mit der Auswahl des zu implementierenden Entwurfs durch eine Initiative die Anpassung des Informationsversorgungssystems auszulösen. Parallel zur Systemimplementierung entwickelt das Controlling das Informationsversorgungskonzept und stellt die informationstechnische Umsetzung dieses Konzepts durch die zuständigen Fachabteilungen sicher. 4 4 Im Gliederungspunkt 4.3.3.1 werden diese Aufgaben des Controlling ausführlich erläutert. <?page no="143"?> 3.3 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion 143 Systemprüfungen werden vom Controlling regelmäßig oder anlassbezogen durchgeführt. Anlass für eine Systemprüfung können Abweichungen von den gemeinsamen Zielen sein oder festgestellte Veränderungen bei Unternehmungs- oder Umweltbedingungen. Beispiele für solche Veränderungen sind die Anpassung der Strategie oder der Unternehmungsziele, ein verbessertes Informationsangebot durch Digitalisierung, technischer Fortschritt, Veränderungen bei Wettbewerbern oder Kundenwünschen. Eine Aufgabe des Controlling ist deshalb die kontinuierliche oder zumindest regelmäßige Suche nach erwarteten oder tatsächlichen Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen mit Einfluss auf die Realisation der Ziele des Koordinationssystems. Weiterhin hat es die bei der Vorgabenkontrolle gewonnenen Informationen nach Hinweisen auf die Notwendigkeit zur Anpassung des Koordinationssystems auszuwerten. Durch das Controlling kann auch ein Forum geschaffen und gepflegt werden, in dem Probleme, Anregungen und Vorschläge der Manager aufgegriffen sowie vorgenommene Änderungen und Anpassungen des Koordinationssystems besprochen werden. Die Einflussnahme des Controlling beim Aktivieren des Managements sollte auch bewirken, dass dieses Forum genutzt und über Änderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation berichtet wird, die eine Anpassung des Koordinationssystems notwendig machen. Abb. 3.10 zeigt einen zusammenfassenden Überblick der systemgestaltenden Aufgaben des Controlling. Aufgaben im Konfigurationsprozess Aufgaben beim Aktivieren Initiative Diagnose des Anpassungsbedarfs Entschluss zur Anpassung Einleiten der Initialisierung Planung, Realisation und Kontrolle von Maßnahmen zur Förderung der Akzeptanz des Koordinationssystems Einflussnahme auf die Manager, um die vollständige und wahrheitsgemäße Berichterstattung über die für das Koordinationssystem relevante Änderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation zu sichern Initialisierung Bewertung des Vorhabens Festlegung der Ziele Grobplanung des Vorgehens Entscheidung über die Durchführung eines Konfigurationsprozesses Initiative zur Anpassung des Informationsversorgungssystems Systemgestaltung Zusammenarbeit mit Managern bei der Entwicklung des Koordinationssystems Entscheidung über das konzipierte Koordinationssystem Systemimplementierung Erstellung, Durchsetzung, Realisation und Kontrolle des Durchführungsplans Begleitung der Anpassung des Informationsversorgungssystems <?page no="144"?> 144 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling Systemprüfung Auswertung von Ergebnissen der Vorgabenkontrolle Suche nach relevanten Änderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation Abb. 3.10: Systemgestaltende Aufgaben des Controlling Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling Anpassungsaufgabe des Controlling Seine prozessunterstützenden Aufgaben nimmt das Controlling während der Nutzungsphase parallel zur Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben durch die Unternehmungsleitung sowie die Umsetzung dieser Vorgaben in den Verantwortungsbereichen wahr. Die Anpassungsaufgabe führt das Controlling vor Beginn eines neuen Durchlaufs des Nutzungsprozesses aus, um das implementierte Koordinationssystem an die aktuellen Erfordernisse anzupassen. Die Anpassungsaufgabe des Controlling umfasst die Gesamtheit der Verrichtungen zur Konkretisierung, Aktualisierung und Verbesserung der Regeln des implementierten Koordinationssystems für die Koordination der Entscheidungen, die unter der Unternehmungs- und Umweltsituation der Planperiode getroffen werden. Für diese Gestaltungsaufgabe führt das Controlling zunächst eine Problemanalyse durch, um den Konkretisierungs-, Aktualisierungs- und Verbesserungsbedarf zu ermitteln. Sie umfasst u. a. die Auswertung der aktualisierten und fortgeschriebenen strategischen Pläne, die Auswertung der Vorgabenkontrolle, eine Lageanalyse sowie eine Lageprognose. In den Verantwortungsbereichen werden in jeder Planperiode neben Entscheidungen über die Erstellung und Verwertung des Leistungsprogramms auch Entscheidungen zur Strategieimplementierung getroffen. Die Auswertung der strategischen Pläne zeigt auf, für welche weiteren Entscheidungen die Regeln des Koordinationssystems konkretisiert und aktualisiert werden sollten. Die gewonnenen Erkenntnisse können z. B. bei der Koordination durch Zielvorgaben mit mehrdimensionalen Kennzahlensystemen signalisieren, dass neue nichtmonetäre Kennzahlen eingeführt werden sollten. Die Auswertung der in Vorperioden bei der Vorgabenkontrolle festgestellten Abweichungen kann einen Aktualisierungsbedarf aufzeigen, z. B. bei den Kalkulationsverfahren oder Zuschlagssätzen für die Berechnung der Werte von Budgetgrößen. Mit Lageanalysen sind Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen zu ermitteln, die einen Konkretisierungs- oder Anpassungsbedarf begründen. Beispielsweise können Fortschritte bei der Digitalisierung in der Unternehmung die Vorgabenkontrolle vereinfachen und damit begleitende Kontrollen in sehr viel kürze- <?page no="145"?> 3.3 Aufgaben bei der Umsetzung der Koordinationsfunktion 145 ren Zeitabständen ermöglichen. Neue Lieferbeziehungen zwischen den Verantwortungsbereichen können weitere Lenkpreise erfordern. Lageprognosen werden durchgeführt, um die Entwicklung der Unternehmungs- und Umweltsituation festzustellen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen kann die Aktualität von Zinssätzen und anderen Faktoren überprüft werden, über die Risiken in die Planung der Vorgaben einbezogen werden sollen. Aus den Erkenntnissen der Problemanalyse können sich auch Vorschläge für die kontinuierliche Verbesserung des implementierten Koordinationssystems ergeben. Eine wichtige Quelle für diese Vorschläge ist auch das Forum zum Austausch des Controlling mit den Managern zum implementierten Koordinationssystem. Das Controlling konzipiert Vorschläge für die Überarbeitung der Regeln des implementierten Koordinationssystems gemäß den bei der Problemanalyse festgestellten Erfordernissen. Die Wirkungen dieser Vorschläge auf die ökonomische und soziale Effektivität sowie die Effizienz des Koordinationssystems werden bewertet. Kriterien zur Bewertung der Vorschläge sind u. a. der Aufwand zur Anpassung des Informationsangebots und mögliche Vorbehalte der Manager. Nach der Entscheidung implementiert das Controlling die ausgewählten Vorschläge und kommuniziert die vorgenommenen Änderungen an die Manager. Weiterhin weist es die zuständigen Fachabteilungen an, das Informationsangebot an einen geänderten Informationsbedarf anzupassen. Lenkungsaufgabe des Controlling Die Lenkungsaufgabe führt das Controlling parallel zur Vorgabenplanung aus. Sie kann in eine Kontroll- und eine Abstimmungsaufgabe gegliedert werden. Zweck der Kontrollaufgabe ist das Feststellen von Störungen im Prozess der Vorgabenplanung. Um diesen Störungen zu begegnen, sieht die Abstimmungsaufgabe das Erarbeiten und Durchsetzen situationsspezifischer Handlungsanweisungen für die Unternehmungsleitung vor. Situationsspezifische Handlungsanweisungen erweitern die Regeln des implementierten Koordinationssystems und schließen Regelungslücken. Umfang und Inhalt der Abstimmungsaufgabe des Controlling hängen damit davon ab, inwieweit der Ablauf der Vorgabenplanung durch die Regeln des implementierten Koordinationssystems bereits vordefiniert ist. [1] Abstimmungsaufgabe Die Unternehmungsleitung plant für jeden Verantwortungsbereich auf der zweiten Hierarchieebene Vorgaben. Möglicherweise planen die Bereichsleiter der zweiten Hierarchieebene Vorgaben für jeden ihrer Verantwortungsbereiche. Bei der Vorgabenplanung hat das Management jeder Hierarchieebene die Aufgabe, alle Vorgaben inhaltlich abzustimmen, die auf der jeweiligen Hierarchieebene geplant werden. Dazu sind alle Vorgaben zusammenzufassen, auf Konsistenz und ihren Beitrag zur Erreichung der gemeinsamen Ziele zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Das Controlling kann das Management bei dieser Aufgabe entlasten, indem es die in den Verantwortungsbereichen geplanten Vorgaben zusammenfasst und den Abstimmungsbedarf aufzeigt. Durch die formale und zeitliche Abstimmung des Prozesses der Vorgabenplanung schafft das Controlling die Voraussetzung für die inhaltliche Abstimmung der Vorgaben. Mit der formalen Abstimmung soll sichergestellt werden, dass die Vorgaben <?page no="146"?> 146 3 Umsetzung der Koordinationsfunktion des Controlling vergleichbar sind, zusammengefasst und inhaltlich abgestimmt werden können. Das verlangt zum einen, dass alle Manager die Anforderungen an die zu planenden Vorgaben kennen. Diese Anforderungen können die Definition von Budgetgrößen oder Kennzahlen, den Detaillierungs- und Differenzierungsgrad der Vorgaben, ihre Fristigkeit, die Planungsverfahren und die auszuwertenden Daten betreffen. Weiterhin sollen sie einen einheitlichen Informationsstand über die Prämissen haben, unter denen die Vorgaben geplant werden sollen. Die zeitliche Abstimmung ist die Terminierung der Vorgabenplanung nach den Erfordernissen der inhaltlichen Abstimmung. Diese Erfordernisse betreffen die Reihenfolge, in der die Vorgaben zu planen sind, sofern einzelne Vorgaben bei der Planung anderer Vorgaben als Restriktionen zu berücksichtigen sind, sowie den Zeitpunkt für die Zusammenfassung oder Gegenüberstellung der Vorgaben zur inhaltlichen Abstimmung durch das Management. [2] Kontrollaufgabe Die Kontrollaufgabe des Controlling umfasst alle Verrichtungen zur Planungskontrolle der Vorgaben. Kontrollobjekt der Planungskontrolle ist die Vorgabenplanung der Unternehmungsleitung. Durchgeführt wird eine Planungskontrolle vor der Durchsetzung der Vorgaben. Ihr Zweck ist es, die durch Könnens- oder Wollensbegrenzungen der Manager verursachten unbeabsichtigten und beabsichtigten Fehler bei der Vorgabenplanung frühzeitig feststellen und korrigieren zu können (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 290 ff.). Im Unterschied zu den Planungskontrollen ist die Vorgabenkontrolle eine Phase des Nutzungsprozesses, d. h. eine Managementaufgabe. Die Vorgabenkontrolle ist eine Realisationskontrolle, die während oder am Ende der Geltungsdauer der Vorgaben durchgeführt wird. Kontrollobjekt ist das Entscheiden und Handeln der Bereichsleiter in den Verantwortungsbereichen bei der Umsetzung der Vorgaben. Kontrollziel der Planungskontrolle ist die Effektivität der Vorgaben für die Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen. Die Kontrollgrößen können die Regeln des Koordinationssystems betreffen oder die Vorgaben als Ergebnis der Vorgabenplanung. Nach diesen Kontrollgrößen werden zwei Formen der Planungskontrolle abgegrenzt: die Prozesskontrolle und die Inhaltskontrolle. Mit den Prozesskontrollen werden Manager angehalten, die Regeln des Koordinationssystems zu befolgen, um Störungen im Ablauf der Vorgabenplanung vorzubeugen. Dazu wird das tatsächliche Vorgehen der Manager bei der Vorgabenplanung mit den Regeln des Koordinationssystems abgeglichen. Die Inhaltskontrolle ist eine Ergebniskontrolle. Ihr Zweck ist es, die Effektivität der Vorgaben für die horizontale und vertikale Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen zu sichern. Festgestellt werden sollen Verstöße gegen die Anweisungen zur formalen Abstimmung sowie Inkonsistenzen zwischen den Vorgaben für verschiedene Verantwortungsbereiche oder unterschiedliche Hierarchieebenen. Die von Managern erarbeiteten Vorgaben werden kritisch hinterfragt und auf Vollständigkeit, Angemessenheit und Realisierbarkeit überprüft. Bei Planungskontrollen festgestellte Abweichungen werden gemeinsam mit Hinweisen zu ihren Ursachen und erwarteten Folgen den verantwortlichen Managern kommuniziert. <?page no="147"?> 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Grundlagen der Informationsversorgung Determinanten der Informationsversorgung Informationsbedarf und -nachfrage des Managements Informationen werden vom Management der Unternehmung für die Planung und Kontrolle von Zielen, Handlungen und Vorgaben sowie für das Entscheiden und Handeln bei der Umsetzung der Vorgaben benötigt. Im Folgenden wird vereinfachend von der Entscheidungsfindung und -koordination gesprochen. Informationen sind der aus Daten gewonnene Zuwachs an zweckorientiertem Wissen (vgl. Erichson/ Hammann (2011), S. 397 f.; Chwolka (2002), Sp. 723). Sie enthalten mit bestimmten Absichten (Informationszweck) verbundene Aussagen über Objekte (Informationsobjekt) oder Zusammenhänge zwischen Objekten für Informationsnutzer (vgl. Picot/ Maier (1992), Sp. 923). Mitarbeiter und Führungskräfte benötigen Informationen, um ihre Aufgaben in der Unternehmung ausführen zu können (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 5). Informationen werden von ihnen zu einem bestimmten Zweck verwendet und sind geeignet, ihr Handeln und Entscheiden zu ändern (vgl. Wall (1999), S. 25 ff.). Es ist der Zweckbezug, durch den sich Daten von Informationen unterscheiden. Daten sind Nachrichten, d. h. mit einer bestimmten Bedeutung versehende Zeichen. Sie stehen für Eigenschaften von Objekten in einem Zeitpunkt oder während eines Zeitraums. Werden Informationen vor dem Hintergrund erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten zweckorientiert vernetzt, entsteht Wissen. Es umfasst verstandene und interpretierte Informationen und bildet die Basis für Handlungen und Entscheidungen (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 26 f.). Informationen und Daten Informationsobjekte können Einsatzgüter, Lieferanten, Prozesse, Produkte, Kunden, Wettbewerber und Märkte verschiedener Aggregationsebenen sein. Stammdaten, Bewegungsdaten und Bestandsdaten sind verschiedene Datenarten. Stammdaten beschreiben Objekte (z. B. Kundendaten, Produktdaten) und haben unternehmungsweite Bedeutung. Sie werden bei den Transaktionen der Geschäftsprozesse wiederkehrend genutzt. Bewegungsdaten werden durch Transaktionen erzeugt und unterliegen einer hohen Änderungsfrequenz (z. B. Auftragsdaten, Rechnungsdaten, Bestelldaten). Über wert- und mengenmäßige Bestände geben Bestandsdaten (z. B. Lagerbestände, Kontobestände) Auskunft (vgl. Möller/ Otto/ Zechmann (2017) , S. 57 f. ). <?page no="148"?> 148 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Nach dem Informationsnutzer werden Ausführungs- und Managementinformationen unterschieden. Mit der Nutzung von Informationen verfolgt das Management u. a. folgende Absichten (vgl. Vandenbosch (1999), S. 79, 81 ff.; Schäffer/ Steiners (2004), S. 378 ff.): Problem Solving: Informationen werden ausgewertet, um zur Vorbereitung einer Entscheidung die wahrscheinlichen Ergebnisse möglicher Handlungsalternativen zu bewerten. Legitimizing Decision: Informationen werden genutzt, um bereits getroffene Entscheidungen zu begründen und zu rechtfertigen. Score Keeping: Informationen werden genutzt, um das Erreichen der Unternehmungsziele oder der Vorgaben des Koordinationssystems zu analysieren und zu bewerten. Focussing Attention and Learning: Manager berichten und interpretieren Informationen, um die Aufmerksamkeit von Bereichsleitern und Mitarbeitern auf wichtige und kritische Fragestellungen zu lenken. Es kann eine Strategieänderung vorbereitet werden, indem die Aufmerksamkeit und das Lernen anderer Personen proaktiv auf die mit der aktuellen Strategie verbundenen Risiken gelenkt werden. Managementinformationen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 190). Sie sind verdichtet, d. h. aus Einzelinformationen zusammengefasst, und verknüpft, d. h., sie zeigen zeitliche oder sachliche Zusammenhänge auf. Darüber hinaus sind sie vom Management als relevant erkannt und akzeptiert. Der Informationsbedarf des Managements bei der Entscheidungsfindung und -koordination wird nicht nur von den auszuführenden Aufgaben determiniert, sondern auch von den mit diesen Aufgaben betrauten Managern. Der Informationsbedarf des Managements umfasst die inhaltlich, qualitativ und quantitativ bezeichneten Informationen, die jeder einzelne Manager in der Unternehmung zur Erfüllung seiner Aufgaben zu einer festgelegten Zeit an einem bestimmten Ort benötigt (vgl. Szyperski (1980), Sp. 904; Chwolka (2002), Sp. 724). Informationseigenschaften präzisieren die inhaltlichen, qualitativen und quantitativen Anforderungen an die für die Aufgabenerfüllung benötigten Informationen. Abb. 4.1 zeigt eine Auswahl von Informationseigenschaften zur inhaltlichen, qualitativen und quantitativen Beschreibung des Informationsbedarfs (vgl. Berthel (1992), Sp. 874; Gemünden (1993), Sp. 1726 ff.). Merkmale Ausprägungen Inhalt Objekt Transaktion, Produkt, Kunde, Markt, Bereich u. a. Dimension Menge, Zeit, Wert, Währung, betriebswirtschaftliche Größen, Kennzahlen Art realisierte, prognostizierte, normierte Werte (Ziele, Vorgaben usw.), explanatorische Werte (z. B. Ursache- Wirkungs-Beziehungen, Klassifikationen), konjunktive <?page no="149"?> 4.1 Grundlagen der Informationsversorgung 149 Werte (z. B. Ergebnisse von Wirkungsanalysen oder logischen Operationen) Qualität Genauigkeit qualitative oder quantitative Informationen; direkte Erfassung der Informationen (z. B. Zahlungen) oder Herleitung aus beobachteten Größen (z. B. Materialeinzelkosten, kalkulatorische Zinsen); Messgenauigkeit (Streuung der Messergebnisse); Treffgenauigkeit (Abweichung von einem wahren Wert) Zuverlässigkeit Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit explanatorischer Informationen und prognostizierter Werte Aktualität zeitlicher Abstand zwischen dem beschriebenen Ereignis und der Bereitstellung der Informationen Menge Volumen Umfang unterschiedlicher Informationen Verdichtungsgrad Aufteilung und Zusammenfassung von Einzelinformationen Häufigkeit zeitlicher Rhythmus der Bereitstellung, Anlass der Bereitstellung, Abruf Darstellung Text, Tabellen, Diagramme, Graphiken Abb. 4.1: Informationseigenschaften zur Kennzeichnung des Informationsbedarfs Nach der Berücksichtigung des Informationsbedarfs der Informationsnutzer können der objektive und der subjektive Informationsbedarf unterschieden werden. Der objektive Informationsbedarf umfasst die Gesamtheit der Informationen, die zur Erfüllung von Aufgaben unabhängig vom ausführenden Manager erforderlich sind. Es handelt sich um den objektivierten und intersubjektiv bestimmbaren Teil des Informationsbedarfs des Managements. Unter dem subjektiven Informationsbedarf werden die von einem bestimmten Manager für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwendig und hinreichend erachteten Informationen verstanden (vgl. Szyperski (1980), Sp. 905 f.). Ursache der Unterschiede zwischen objektivem und subjektivem Informationsbedarf können Kapazitäts-, Wollens- und Könnensbegrenzungen der Manager sein (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 33). Objektiver und subjektiver Informationsbedarf Als Beispiele für die Ursachen der Unterschiede zwischen subjektivem und objektivem Informationsbedarf können genannt werden: Kapazitätsbegrenzungen: Durch eine nur oberflächliche Analyse des Informationsbedarfs bei der Bearbeitung eines Entscheidungsproblems passt ein Manager sein Handeln an seine Kapazität an. Wollensbegrenzungen: Ein Manager benötigt Informationen, um die Auswahl einer nicht optimalen Alternative zu begründen, die für die Erreichung seiner individuellen Ziele wichtig ist. Könnensbegrenzungen: Vor dem Hintergrund seines Fachwissens und seiner Erfahrungen nimmt ein Manager ein Entscheidungsproblem anders wahr. Manager nutzen zudem verschiedene Problemlösungswege. <?page no="150"?> 150 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Die von den Managern bei der Ausführung ihrer Aufgaben verwendeten Informationen bilden die Informationsnachfrage. Die Informationsnachfrage setzt sich zusammen aus dem geäußerten subjektiven Informationsbedarf (vgl. Chwolka (2002), Sp. 725) sowie den von den Managern genutzten Informationen, die ihnen ohne spezielle Anfrage routinemäßig bereitgestellt werden. Die Vielzahl der Ursachen eines nicht geäußerten subjektiven Informationsbedarfs kann wieder in Kapazitäts-, Wollens- und Könnensbegrenzungen gegliedert werden. Subjektiver Informationsbedarf und Informationsnachfrage Ursachen von Unterschieden zwischen subjektivem Informationsbedarf und Informationsnachfrage können beispielsweise sein: Kapazitätsbegrenzungen: Ein Manager passt seine Handlungen an seine Kapazität an, indem er nur einige wenige wichtige Informationen nachfragt oder auswertet. Wollensbegrenzungen: Ein Manager fragt Teile seines subjektiven Informationsbedarfs nicht nach, da die Informationsgewinnung und -aufbereitung einen zu hohen Aufwand erfordert oder zu lange dauert. Könnensbegrenzungen: Ein Manager verfügt nicht über die Fachkenntnisse, um die bereitgestellten Informationen zur Deckung seines Informationsbedarfs auswerten und interpretieren zu können. Informationsangebot in der Unternehmung Daten und Informationen werden durch Informationssysteme unter Einsatz von Informationstechnik beschafft und erfasst, verarbeitet, gespeichert und sichtbar gemacht (vgl. Weber u. a. (2022), S. 7). Ergänzt werden Informationssysteme durch Kommunikationssysteme, die Informationen weiterleiten und übertragen. Informationssysteme lassen sich aus einer infrastrukturellen und einer inhaltlichen Perspektive kennzeichnen (vgl. Troßmann (2018), S. 43). Aus der infrastrukturellen Perspektive betrachtet, besteht ein Informationssystem aus Menschen und maschinellen Komponenten, die Daten und Informationen für einen bestimmten Zweck erzeugen oder benutzen und durch Kommunikationsbeziehungen verbunden sind (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 5). Wird die inhaltliche Perspektive eingenommen, besteht es aus der Gesamtheit der verfügbaren Daten und Informationen sowie allen Instrumenten zur Erfassung, Verarbeitung und Aufbereitung von Daten und Informationen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 183 f.). Die Gesamtheit der zu einem Zeitpunkt verfügbaren Informationen bildet das Informationsangebot der Unternehmung. Es umfasst die unmittelbar verfügbaren Informationen des formalen Informationssystems, die latent vorhandenen Informationen des informalen Informationssystems sowie die bis zu diesem Zeitpunkt zusätzlich beschaffbaren Informationen (vgl. Koreimann (2000), S. 60). <?page no="151"?> 4.1 Grundlagen der Informationsversorgung 151 Formale Informationssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass sie zweckorientiert und personenunabhängig gestaltet und in Richtlinien dokumentiert sind. Die Arten von Informationen sind bekannt, die durch formale Informationssysteme verfügbar gemacht werden können. Die Informationen dieser Systeme können unmittelbar abgerufen werden. Speicher, Dokumentationen, Archive und Datenquellen, die von Mitarbeitern beim Ausüben ihrer Aufgaben angelegt und genutzt werden, sind informale Informationssysteme (vgl. Horvath/ Gleich/ Seiter (2024), S. 187). Die in diesen Systemen verfügbaren Arten von Informationen sind nicht dokumentiert und damit auch nicht allgemein bekannt. Auf Informationen informaler Informationssysteme kann nicht unmittelbar zugegriffen werden. Sie sind zunächst bei den Mitarbeitern abzurufen. Anschließend sind die bereitgestellten Informationen zusammenzufassen, zu verarbeiten und aufzubereiten. Über den Abruf von Informationen, auf die jeweils nur einzelne Mitarbeiter Zugriff haben, entsteht ein objektives und ein subjektives Informationsangebot. Das objektive Angebot umfasst die Informationen, die bei einem Mitarbeiter bei der Aufgabenerfüllung anfallen und von ihm für das formale Informationssystem oder für andere Mitarbeiter bereitzustellen sind. Kapazitäts-, Wollens- und Könnensbegrenzungen der Mitarbeiter können dazu führen, dass angeforderte Informationen unvollständig oder verfälscht bereitgestellt werden. Die von einem Mitarbeiter tatsächlich angebotenen Informationen bilden das subjektive Informationsangebot (vgl. Wall (1999), S. 35). Zusätzlich beschafft werden können Informationen aus externen Datenquellen, das können Stakeholder, Informationsdienstleister, das World Wide Web, Social Media oder öffentliche, frei zugängliche Datenbanken der Behörden sein. Nicht alle Daten, die im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess anfallen, werden systematisch erfasst. Das Informationsangebot der Unternehmung kann deshalb auch durch das zweckorientierte Erfassen und Aufbereiten dieser Daten erweitert werden. Komponenten des formalen Informationssystems Zweck des formalen Informationssystems der Unternehmung ist die Bereitstellung von Informationen für Informationsnutzer in allen Funktionsbereichen und auf allen Ebenen der Unternehmungshierarchie. Es besteht aus mehreren Teilinformationssystemen, die zum einen Mitarbeiter auf der Ausführungsebene mit Informationen für die Ausführung oder Steuerung einer einzelnen Funktion, eines innerbetrieblichen Prozesses oder eines überbetrieblichen Prozesses versorgen. Weitere Teilinformationssysteme unterstützen das Management bei der Entscheidungsfindung und -koordination, indem monetäre oder nichtmonetäre Informationen bereitgestellt oder Entscheidungsvorschläge generiert und bewertet werden. Abb. 4.2 zeigt ein Schema zur Kategorisierung der Teilinformationssysteme. Diese Teilinformationssysteme stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind über den Austausch von Daten oder die Nutzung gemeinsamer konsistenter Datenbestände verbunden (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 6 ff.). <?page no="152"?> 152 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Business Intelligence & Analytics Managementunterstützungssysteme (MUS) Executive Support Systems (ESS) Executive Information Systems (EIS) Entscheidungsunterstützungssysteme für Executives Managementinformationssysteme (MIS) Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS) Datenbasis externe Datenquellen Administrations- und Dispositionssysteme wertorientierte Abrechnungssysteme: Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung, Anlagenbuchhaltung, Personalabrechnung mengenorientierte operative Transaktionssysteme: PPS-Systeme, MES-Systeme, CIM-Systeme, ERP-Systeme, E-Procurement-Systeme, CRM-Systeme, SCM-Systeme technische Erfassungssysteme Auftragserfassungssysteme, Kassensysteme, Betriebsdatenerfassungssysteme, Personaldatenerfassungssysteme, Maschinendatenerfassungssysteme, Prozessdatenerfassungssysteme Dateneingabe Tastaturen, Plastikkarten, optisch lesbare Markierungen, RFID-Etiketten, Sensoren Abb. 4.2: Struktur des formalen Informationssystems der Unternehmung Nach der Hierarchieebene der Informationsnutzer wird das formale Informationssystem in zwei Bereiche gegliedert (vgl. Abb. 4.2). Diese umfassen die operativen Informationssysteme sowie die Managementunterstützungssysteme (Management-Support-Systeme). <?page no="153"?> 4.1 Grundlagen der Informationsversorgung 153 Der Einsatzbereich operativer Informationssysteme ist die Ausführungsebene. Sie werden für Aufgaben der betrieblichen Leistungserstellung und -verwertung eingesetzt und unterstützen alltägliche Geschäftsprozesse, wie Abrechnung, Disposition und Verwaltung durch die Verarbeitung von Massendaten sowie Berechnungen und Simulationen für Ausführungsentscheidungen (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 7 f.). Zu den operativen Informationssystemen zählen Administrations- und Dispositionssysteme, die in die mengenorientierten operativen Transaktionssysteme und die wertorientierten Abrechnungssysteme gegliedert werden. Aufgabe der Administrationssysteme ist die Verwaltung und Verarbeitung von Massendaten für die effektive und effiziente Erledigung von Routineaufgaben. Sie bilden den Güterverbrauch und die Güterentstehung im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess der Unternehmung ab, dokumentieren und bewerten ihn. Dispositionssysteme unterstützen Mitarbeiter in den Funktionsbereichen mit Berechnungen oder Simulationen bei regelmäßig zu treffenden Ausführungsentscheidungen, denen ein gut strukturiertes Entscheidungsproblem zugrunde liegt. Beispiele sind Bestelldispositionssysteme, Produktionssteuerungssysteme und das Mahnwesen in der Debitorenbuchhaltung. Die mengenorientierten operativen Transaktionssysteme unterstützen die auf Mengen- und Zeitdaten basierenden Sachbearbeitertätigkeiten in den Funktionsbereichen der Unternehmung, wie z. B. die Erfassung, Bearbeitung und Kontrolle von Kundenaufträgen, Lagerbeständen, Produktionsvorgaben und Bestellungen. Die wertorientierten Abrechnungssysteme bewerten, steuern und kontrollieren den Unternehmungsprozess. Beispiele für wertorientierte Abrechnungssysteme sind die Finanzbuchhaltung, die Kostenrechnung, die Anlagenbuchhaltung, die Personalabrechnung sowie die Lagerbestandsführung (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Ditmar (2008), S. 6 f.). Daten für die operativen Informationssysteme werden aus Erfassungssystemen übernommen, wie z. B. Betriebsdaten- und Arbeitszeiterfassungssysteme. Diese Systeme erfassen die Daten in der Regel am Ort ihres Entstehens oder der Verarbeitung. Zu den Managementunterstützungssystemen, die auch als Planungs- und Kontrollsysteme bezeichnet werden, zählen alle Informationssysteme, die das Management unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik unterstützen. Nach den Aktivitäten, bei denen sie das Management unterstützen, werden Managementunterstützungssysteme grob in folgende Systemkategorien untergliedert (vgl. Mertens/ Meier (2009), S. 12 f.; Gehring/ Gabriel (2022), S. 203 f.): Data-Support-Systeme und Entscheidungsunterstützungssysteme (Decision-Support-Systeme, DSS). Data-Support-Systeme versorgen das Management mit zeit- und sachgerechten Informationen in Form verdichteter und gefilterter Daten aus den operativen Informationssystemen und externen Datenquellen. Anwendungsbereiche sind die Situationsanalyse zur Problemfeststellung und Zielfindung in Entscheidungs-, Planungs- und Koordinationsprozessen sowie die Kontrolle von Entscheidungen, Plänen und Vorgaben. Nach der Ebene der Managementhierarchie, auf der Data-Support-Systeme eingesetzt werden, wird zwischen Managementinformationssystemen (MIS) und Executive-Information-Systemen (EIS) unterschieden. Managementinformationssysteme sind Berichts- und Kontrollsysteme für die mittlere Ebene der Managementhierarchie. Sie verarbeiten Daten aus den operativen Informationssystemen, um Informationen über die Ergebnisse der Verantwortungsbereiche und ihre Entwicklung zu generieren. Auf der oberen Ebene der Managementhierarchie gelangen Executive- <?page no="154"?> 154 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Information-Systeme (Führungsinformationssysteme; FIS) zum Einsatz. Zweck dieser Managementunterstützungssysteme ist das Generieren und Bereitstellen von Informationen für die strategische Planung und Kontrolle (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 317 ff., 325 ff.). Zweck der Decision-Support-Systeme ist die effektive Unterstützung der Manager in Planungs- und Entscheidungsprozessen mit dem Ziel, ihr Urteilsvermögen und dadurch die Entscheidungsqualität zu verbessern. Unterstützt werden das Überführen von Entscheidungsproblemen in Entscheidungsmodelle, das Generieren von Alternativen zur Lösung von Entscheidungsproblemen sowie die Bewertung dieser Alternativen. Decision-Support-Systeme sind problembezogen und problemlösungsorientiert und verarbeiten Daten zum Zweck der zukunftsorientierten Analyse, der Diagnose und der Prognose. Demgegenüber dienen Data-Support-Systeme der problemunabhängigen Verarbeitung, Aufbereitung und Übermittlung vergangenheitsbezogener Informationen (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 82 ff.). Die Kombination von Decision-Support-Systemen, die an die Anforderungen des oberen Managements angepasst sind, und Executive Information Systems (EIS) werden als Executive Support Systems (ESS) bezeichnet (vgl. Back (2002), Sp. 370 f.). Managementunterstützungssysteme werten Daten aus unternehmungsinternen und -externen Datenquellen aus. Interne Datenquellen sind die operativen Informationssysteme. In diesen Systemen werden Daten transaktionsorientiert und zeitpunktbezogen erzeugt und abgelegt. Sie bilden daher jeweils den aktuellen Zustand innerhalb der Transaktion ab. Nach Abschluss der jeweiligen Transaktion werden die Daten zum Teil wieder gelöscht, die Historie der Daten wird in der Regel nicht gespeichert (vgl. Baars/ Kemper (2001), S. 20). In Managementunterstützungssystemen geht es jedoch auch darum, Veränderungen im Zeitablauf zu analysieren und Muster zu erkennen (vgl. Leimeister (2021), S. 251). Die Daten werden deshalb nicht direkt aus den operativen Informationssystemen übernommen. Managementunterstützungssysteme übernehmen die benötigten Daten aus einer integrierten Datenbasis. Diese wird regelmäßig um die aktuellen Daten aus den operativen Informationssystemen erweitert, so dass sie Daten zu allen Transaktionen umfasst, die während eines Zeitraums ausgeführt worden sind. Weiterhin werden in der integrierten Datenbasis auch Daten aus externen Quellen sowie Informationen abgespeichert, die vom Managementunterstützungssystem generiert worden sind. Eine Weiterentwicklung der Managementunterstützungssysteme ist das Business Intelligence und Analytics. Darunter wird ein integrierter IT-gestützter Gesamtansatz zur Unterstützung von Mitarbeitern auf allen Ebenen der Unternehmungshierarchie bei der Entscheidungsfindung durch die Integration und Auswertung großer Datenbestände verstanden (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 302). Abgrenzung der Informationsversorgungsfunktion des Controlling Ein Informationsangebot kann nur wirksam werden und die Qualität und den Koordinationsgrad der Entscheidungen verbessern, wenn ihm eine Informationsnachfrage gegenübersteht (vgl. Szyperski (1980), Sp. 905). Der objektive und subjektive Informationsbedarf des Managements, die Informationsnachfrage der Manager und das Informationsangebot in der Unternehmung weichen jedoch oftmals voneinander ab. <?page no="155"?> 4.1 Grundlagen der Informationsversorgung 155 In Abb. 4.3 beschreibt nur das Feld 1 den Zustand der Übereinstimmung von Informationsbedarf, Informationsnachfrage und Informationsangebot. Es kennzeichnet den aktuellen Informationsstand (vgl. Berthel (1992), S. 875; Koreimann (2000), S. 61). Die übrigen Felder stehen für Störungen bei der Informationsversorgung, wie z. B. den nachgefragten, nicht gedeckten Informationsbedarf (Feld 2), den nicht nachgefragten Informationsbedarf (Felder 3 und 5), das unnötige Informationsangebot (Feld 7) und die fehlgeleitete Informationsnachfrage (Felder 4 und 6). 1 2 3 4 5 6 7 Informationsbedarf Informationsnachfrage Informationsangebot Informationsstand Abb. 4.3: Störungen der Informationsversorgung Interne und externe Daten fallen in jeder Phase des Unternehmungsprozesses an und werden am Ursprungsort erfasst und gesammelt. Verarbeitet, ausgewertet und aufbereitet werden die Daten und Informationen von spezialisierten Organisationseinheiten, wie z. B. dem Rechnungswesen, der IT und der Marktforschung. Die Mitarbeiter dieser Stellen wirken nicht an den Entscheidungsprozessen des Managements mit und orientieren sich deshalb bei der Verarbeitung, Auswertung und Aufbereitung der Daten und Informationen nicht am Informationsbedarf des Managements. Das durch Service-Stellen geschaffene Informationsangebot deckt damit nicht zwingend den Informationsbedarf und die Informationsnachfrage des Managements (vgl. Picot/ Reichwald/ Wigand (2001), S. 80). Diese Situation spiegelt sich in Feld 2 wider, das den nachgefragten, aber nicht gedeckten Informationsbedarf umfasst. Fehlende Kenntnisse in den Service-Stellen über den Informationsbedarf des Managements können zu einem Informationsangebot führen, dem weder ein Informationsbedarf noch eine Informationsnachfrage gegenübersteht. Dieses dem Feld 7 zugeordnete unnötige Informationsangebot wirkt nicht auf die Qualität und den Koordinationsgrad von Entscheidungen, verursacht jedoch Kosten. Es sollte deshalb abgebaut werden. Ein Beispiel für ein solches Informationsangebot ist ein routinemäßig bereitgestellter Bericht, der nach unternehmungsinternen oder -externen Veränderungen nicht länger benötigt wird. <?page no="156"?> 156 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Unnötig ist auch das Informationsangebot in Feld 4, das jedoch vom Management nachgefragt wird. Dieser Informationsnachfrage steht ebenso wie der in Feld 6 kein Informationsbedarf gegenüber. Diese fehlgeleitete Informationsnachfrage in den Feldern 4 und 6 ist zu korrigieren, d. h. in Richtung der Informationsnachfrage zu lenken. Auf jeder Ebene der Managementhierarchie und in jedem Verantwortungsbereich werden Daten aus den Informationssystemen der Unternehmung abgefragt und aus externen Quellen beschafft. Bei der Verarbeitung und Auswertung generiert das Management durch die Verdichtung und Interpretation der Daten und Informationen neue Informationen. Diese Informationen werden Bestandteile des informalen Informationssystems des jeweiligen Managers und sind außerhalb des Verantwortungsbereichs, in dem sie generiert worden sind, nicht immer bekannt und unmittelbar zugänglich. Diese Situation konkretisiert sich in Feld 3 mit dem Angebot von Informationen für einen nicht nachgefragten Informationsbedarf. In Feld 3 fallen auch Informationen, die nicht in der vom Manager bevorzugten Form und Qualität bereitgestellt oder vom Manager als nicht relevant erkannt und deshalb nicht akzeptiert werden. Ursache dieser Störungen können sein (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 32 f.): Relevanzlücken: Die verfügbaren Informationen werden nicht als relevant erkannt, sind falsch, zu detailliert oder zu hoch verdichtet. Konsistenzlücken: Durch Unterschiede im Verständnis von Begriffen, Rechengrößen oder Kennzahlen sowie bei den Methoden zur Verarbeitung, Auswertung und Aufbereitung von Daten erscheinen die Informationen widersprüchlich und damit weniger glaubwürdig. Aktualitätslücken: Daten und Informationen sind veraltet oder überholt. Feld 5 steht ebenfalls für einen nicht nachgefragten Informationsbedarf. Diesem Informationsbedarf steht jedoch auch kein Informationsangebot gegenüber. Es handelt sich um einen objektiven Informationsbedarf, der weder von den Service-Stellen noch vom Management selbst erkannt wird. Die Verbesserung des Informationsstands ist gleichbedeutend mit der Vergrößerung der in Abb. 4.3 als Feld 1 dargestellten Schnittmenge. Das verlangt die Ausrichtung der Informationsnachfrage der Manager und des Informationsangebots der Informationssysteme an dem objektiven und subjektiven Informationsbedarf des Managements bei der Entscheidungsfindung und -koordination. Es wird dabei keine vollständige Übereinstimmung von Informationsbedarf, Informationsnachfrage und Informationsangebot angestrebt. Informationen werden nur in dem Ausmaß bereitgestellt, bei dem die Kosten der Erfassung, Auswertung und Aufbereitung durch den Nutzen der Informationsverwendung gerechtfertigt sind (vgl. Gemünden (1993), Sp. 1727 f.). Die Informationsversorgungsfunktion des Controlling ist die Sicherung der Versorgung des Managements mit Informationen, indem es den objektiven und subjektiven Informationsbedarf des Managements, die Informationsnachfrage der Manager und das Informationsangebot des Informationsversorgungssystems in einem Ausmaß in Übereinstimmung bringt, das für die effektive und effiziente Entscheidungsfindung und -koordination erforderlich ist. <?page no="157"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 157 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements Informationsversorgung durch das Berichtswesen Abgrenzung des Berichtswesens Das betriebliche Berichtswesen (Reporting) ist die Schnittstelle zwischen dem Informationssystem der Unternehmung und den berechtigten Informationsnutzern (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 230). Nach dem Informationsnutzer wird das betriebliche Berichtswesen in das externe und das interne Berichtswesen gegliedert (vgl. Taschner (2013), S. 36 f.). Das externe Berichtswesen versorgt die unternehmungsexternen Stakeholder, insbesondere die Shareholder der Unternehmung, mit Informationen über die Unternehmung. Beispiele für das externe Berichtswesen sind die Finanzberichterstattung, die Nachhaltigkeitsberichterstattung und das Integrated Reporting. Das interne Berichtswesen richtet sich an Manager und Mitarbeiter mit Ausführungsaufgaben. Im Folgenden wird unter Berichtswesen ausschließlich das Management Reporting verstanden. Das Management Reporting ist der Teil des internen Berichtswesens, das Manager der Unternehmung mit den für die Entscheidungsfindung und -koordination erforderlichen Informationen versorgt. In der Literatur zum Controlling finden sich verschiedene Vorstellungen über die Einordnung des Berichtswesens in den Prozess der Informationsversorgung mit den Phasen „Datenbeschaffung und -verwaltung“, „Informationserzeugung“, „Informationsübermittlung und Informationsnutzung“ (vgl. Abb. 4.4). In seiner weitesten Auslegung erstreckt sich das Berichtswesen über alle Phasen des Prozesses der Informationsversorgung (vgl. Blohm (1974), S. 15). Ein sehr enges Verständnis begrenzt das Berichtswesen auf die Phase der Informationsübermittlung (vgl. z. B. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 337; Weber/ Schäffer (2022), S. 235), die neben der eigentlichen Übermittlung der Informationen auch die Bündelung von Informationen zu Berichten und die Informationsaufbereitung umfasst. Die Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht es heute, direkt auf eine integrierte Datenbasis zuzugreifen und bedarfsgerechte Berichte zu generieren. Aus diesem Grund wird neben der Informationsübermittlung zunehmend auch die Informationserzeugung als Aufgabe des Berichtswesens betrachtet (vgl. Göpfert (2002), Sp. 144 ff.), die das Extrahieren der relevanten Daten und ihre Auswertung umfasst. Datenbeschaffung und -verwaltung Informationserzeugung Informationsübermittlung Informationsnutzung Berichtswesen im weitesten Sinn Berichtswesen im engeren Sinn Berichtswesen Abb. 4.4: Berichtswesen im Prozess der Informationsversorgung <?page no="158"?> 158 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Das Berichtswesen (Management Reporting) umfasst die institutionalisierten Prozesse für das Erzeugen und Übermitteln von Informationen in der Gestalt formaler Berichte für Manager mit dem Ziel, die Effektivität der Entscheidungsfindung und -koordination in der Unternehmung zu steigern (vgl. Göpfert (2002), Sp. 146). Unter einem Bericht werden die Informationen verstanden, die durch das Berichtswesen für eine spezifizierte Berichtsfunktion zusammengestellt, aufbereitet und übermittelt werden. Jeder Bericht lässt sich durch die Ausprägungen einer Reihe von Merkmalen kennzeichnen. Abb. 4.5 nennt diese Berichtsmerkmale sowie Beispiele für ihre Ausprägungen. Zentrale Berichtsmerkmale der durch das Berichtswesen bereitzustellenden Berichte können bereits vordefiniert sein, wie z. B. die Berichtsfunktion, die Berichtsempfänger, der Berichtsinhalt, das Berichtsmedium und das die Berichtserstellung auslösende Ereignis (vgl. Troßmann (2018), S. 165). Berichtsmerkmal Beispiele für Ausprägungen Berichtsinhalt Berichtsobjekt (Gesamtunternehmung, Funktionsbereich, Geschäftsbereich) Inhalt der Informationen Qualität der Informationen Detaillierung ursprüngliche Zahlen, verdichtete Zahlen, Auswertungszahlen Zeitraumbezug Tag, Woche, Monat, Quartal, Jahr, Mehrjahreszeitraum Informationsempfänger oberes, mittleres, unteres Management, Stäbe, Projektleitung Berichtsfunktion Dokumentation, Leistungskontrolle, Steuerung, Planung und Entscheidungsfindung Berichtsweg Top-down, Bottom-up, parallele Mehrfach-Verbreitung Berichtsmedium Papierdokument, Monitorbild, Datenträger, mündlicher/ akustischer Bericht Berichtsauslösung zeitlicher Rhythmus, Toleranzüberschreibung, Abruf Abb.4.5: Berichtsmerkmale Nach dem die Berichtserstellung auslösenden Ereignis werden drei Arten formaler Berichte unterschieden (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 231 ff.; Taschner (2013), S. 61 ff.): der Standardbericht, der Abweichungsbericht und der Bedarfsbericht. Mit Standardberichten soll einem großen Empfängerkreis ein möglichst großer Teil regelmäßig benötigter Informationen effizient bereitgestellt werden. Sie sichern eine regelmäßige, umfassende und systematische Informationsbereitstellung und schaffen bei den Managern in den Bereichen einen einheitlichen Informationsstand. Inhalt, Form und Erscheinungstermin dieser Berichte liegen fest. Da Standardberichte je- <?page no="159"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 159 weils an einen großen Empfängerkreis übermittelt werden, enthalten sie Informationen zu vielen Berichtsobjekten und kombinieren unterschiedliche Informationen. Aus dem sehr breiten Informationsangebot eines Standardberichts muss der Berichtsempfänger die für ihn relevanten Informationen extrahieren. Standardberichte dekken den mit Routineentscheidungen verbundenen Informationsbedarf des Managements. Sie sind jedoch nicht geeignet, einen speziellen oder aktuell auftretenden Informationsbedarf zu decken, wie er durch innovative, erstmalig oder einmalig zu treffende Entscheidungen entsteht. Abweichungsberichte werden erzeugt und übermittelt, sobald die Abweichung von einem vorgegebenen Wert festgelegte Toleranzgrenzen oder eine Veränderung vorgegebene Schwellenwerte unter- oder überschreitet. Sie werden unregelmäßig bereitgestellt. Sie geben Auskunft über Abweichungen, teilweise auch über Ursachen der Abweichungen und mögliche Anpassungsmaßnahmen. Die Häufigkeit, mit der Abweichungsberichte erstellt werden, hängt von den festgelegten Toleranzgrenzen und Schwellenwerten ab. Für Abweichungsberichte sind vorab die Größen, über die berichtet werden soll, sowie die Berichtsempfänger festzulegen. Weiterhin sind für jede dieser Größen die Normwerte, die Grenzen des Toleranzbereichs oder die Schwellenwerte zu definieren. Abweichungsberichte signalisieren einen Handlungsbedarf und eignen sich vor allem für die Kontrolle und die Steuerung sowie zur Bereitstellung von Frühwarninformationen für die Planung und Entscheidungen. Bedarfsberichte werden auf Anforderung des Managements erstellt, um einen speziellen oder aktuellen Informationsbedarf zu decken. Diese Berichte gehen nicht über den geäußerten Informationsbedarf hinaus. Kein Berichtsmerkmal ist vorab definiert, Bedarfsberichte sind ausschließlich empfängerorientiert. Funktionen von Berichten Die Funktionen eines Berichts kennzeichnen die vorgesehene Art der Nutzung seiner Informationen durch das Management. Funktionen eines Berichts können die Dokumentation, die Steuerung, die Kontrolle oder die Planung und Entscheidung sein (vgl. Koch (1992), S. 60). Berichte mit Dokumentationsfunktion informieren über Vorgaben des jeweils übergeordneten Managements. Der Steuerungsfunktion dienen Berichte, wenn sie das Management auf Abweichungen bei den von ihnen erteilten Vorgaben hinweisen und damit die Notwendigkeit steuernder Eingriffe in die Geschäftstätigkeit der für die Einhaltung dieser Vorgaben verantwortlichen Bereiche signalisieren. Berichte mit Steuerungsfunktion unterstützen das Management damit bei der Beeinflussung der Mitarbeiter der jeweils untergeordneten Hierarchieebene. Berichte mit Kontrollfunktion enthalten dagegen Informationen zur Beurteilung und Korrektur des eigenen Handelns. Sie versorgen Manager mit Informationen über die finanziellen, quantitativen, qualitativen und zeitlichen Leistungen ihres Verantwortungsbereichs während einer Periode. Sie enthalten Informationen über Abweichungen von Plänen. Informationen, die durch Berichte mit der Planungs- und Entscheidungsfunktion bereitgestellt werden, unterstützen das Management bei der Problem- <?page no="160"?> 160 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling analyse, der Entwicklung von Handlungsalternativen zur Problemlösung sowie bei der Bewertung dieser Alternativen. Abb. 4.6 präzisiert die Funktionen von Berichten für die verschiedenen Ebenen der Managementhierarchie. Berichtsfunktion unteres Management mittleres Management oberes Management Dokumentation Vorgaben und Pläne übergeordneter Hierarchieebene Vorgaben und Pläne übergeordneter Hierarchieebene Steuerung Informationen über die Performance im Ausführungsprozess ihres Verantwortungsbereichs Informationen über die Performance der Verantwortungsbereiche des unteren Managements Informationen über die Performance der Verantwortungsbereiche des mittleren Managements Kontrolle der Bereichsleistung Informationen über die Performance des eigenen Verantwortungsbereichs Informationen über die Performance des eigenen Verantwortungsbereichs Informationen für die strategische Prämissen- und Durchführungskontrolle Planung und Entscheidung Planungs- und Entscheidungsprozesse zur Umsetzung der Vorgaben Planungs- und Entscheidungsprozesse zur Umsetzung der Vorgaben strategische Planung, strategische Überwachung Abb. 4.6: Funktionen des Berichtswesens Berichte mit Dokumentationsfunktion für das untere Management geben Auskunft über die Vorgaben des Koordinationssystems oder die Inhalte der strategischen und taktischen Pläne. Die Informationen dieser Berichte werden als Referenz für spätere Vergleiche oder zur Rechtfertigung getroffener Entscheidungen (Legitimizing) genutzt. Sie können auch zur Lenkung der Aufmerksamkeit des unteren Managements (Focussing Attention) auf wichtige oder kritische Fragestellungen verwendet werden (vgl. Taschner (2013), S. 46). Die Steuerung auf der unteren Managementebene verlangt nach mengen- und wertmäßigen Informationen aus den operativen Informationssystemen, die Abweichungen im Unternehmungsprozess sichtbar machen. Auf der Grundlage dieser Informationen beurteilt das untere Management den Handlungsbedarf, trifft gegebenenfalls notwendige Anpassungsentscheidungen und setzt diese durch. Berichte für die Kontrolle informieren über realisierte oder erwartete Werte der monetären und nichtmonetären Vorgabegrößen des Koordinationssystems und Abweichungen von den vorgegebenen Werten dieser Größen. Sie enthalten zudem Informationen über Abweichungen von den erstellten Bereichsplänen. Dokumentation und Kontrolle sind auch Funktionen der Berichte für das mittlere Management. Die Informationen in den Berichten, die diesen Funktionen auf der mittleren Ebene der Managementhierarchie dienen, weisen einen höheren Verdichtungsgrad auf als in den Berichten für das untere Management. Für die Steuerung stellen Berichte für das mittlere Management Informationen über Abweichungen von den monetären und nichtmonetären Vorgaben des Koordinationssystems für das untere Management bereit. Auf der Grundlage dieser Informationen beurteilt das mittlere Management die Notwendigkeit steuernder Handlungen. Diese betreffen nicht <?page no="161"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 161 unmittelbar den Unternehmungsprozess, sondern die Vorgaben, Rahmenbedingungen und Ressourcen der Geschäftstätigkeit in den Verantwortungsbereichen des unteren Managements. Planungs- und Entscheidungsprozesse werden durch Berichte unterstützt, die Informationen zur künftigen Entwicklung der Unternehmung und ihres Umfelds bereitstellen, mögliche Handlungsalternativen aufzeigen und über die erwarteten Ergebnisse möglicher Handlungsalternativen informieren (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 93). Funktionen der Berichte für das obere Management sind die Bereitstellung von Informationen für die strategische Planung und Überwachung, die Kontrolle sowie die Steuerung der Geschäftstätigkeit in den Verantwortungsbereichen des mittleren Managements. Für die strategische Planung und Überwachung enthalten diese Berichte Informationen, mit denen die für die Entwicklung der Unternehmung relevanten Trends des Unternehmungsumfelds erkannt werden können. Die Kontrollfunktion erstreckt sich über die strategische Prämissenkontrolle und die strategische Durchführungskontrolle. Beide Formen der Kontrolle verlangen Berichte, in denen die in den strategischen Plänen festgeschriebenen Prämissen und Zwischenziele der langfristigen Unternehmungsziele den realisierten oder erwarteten Werten dieser Größen gegenübergestellt werden. Für die Steuerung werden Berichte mit Informationen über Abweichungen von den Vorgaben des Koordinatensystems für das mittlere Management bereitgestellt. Inhaltliche Aspekte IT-gestützter Berichtssysteme Aus der inhaltlichen Perspektive wird unter dem Berichtssystem die Gesamtheit der Berichte verstanden, die erzeugt und bereitgestellt werden können (vgl. Troßmann (2018), S. 166). Wird das Berichtssystem aus der infrastrukturellen Perspektive betrachtet, handelt es sich um den Teil des Informationssystems der Unternehmung, der aus Datenbeständen die für die jeweilige Berichtsfunktion relevanten Daten extrahiert, verarbeitet, aufbereitet und sichtbar macht. Teilsysteme mit dieser Funktion sind die Data-Support-Systeme. Nach der Rolle des Berichtsempfängers bei der Erzeugung der Berichte werden drei Arten von Berichtssystemen unterschieden (vgl. Szyperski (1975), Sp. 1907 f.): generatoraktive Berichtssysteme, benutzeraktive Berichtssysteme und Dialogsysteme. Generatoraktive Berichtssysteme bestimmen den Zeitpunkt der Berichtserstellung selbständig. Sie erzeugen ohne Mitwirkung des Berichtsempfängers Standard- und Abweichungsberichte. Die Bereitstellung von Bedarfsberichten setzt benutzeraktive Berichtssysteme voraus, bei denen die Berichtserstellung vom Informationsnutzer ausgelöst wird. Diese als Abfrage- oder Auskunftssysteme bezeichneten Berichtsysteme ermöglichen es dem Informationsnutzer, Daten aus dem Datenbestand zu extrahieren. Die Abfragen können vorformuliert oder standardisiert sein und müssen vom Informationsnutzer nur angestoßen werden. Freie Abfragesysteme sind die Voraussetzung für ein Ad-hoc-Reporting, d. h. die sehr kurzfristige Erstellung und Bereitstellung individueller und bedarfsspezifischer Berichte. Sie bieten große Flexibilität beim Suchen und Zusammenstellen relevanter Daten. Der erleich- <?page no="162"?> 162 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling terte Zugang zur Berichtsgestaltung erlaubt zunehmend ein Self-Service-Reporting. Es ermöglicht den Informationsnutzern, eigenständig Berichte zu erzeugen, d. h. ohne Unterstützung von IT-Spezialisten. Bei Dialogsystemen löst der Berichtsempfänger die Erzeugung eines Berichts nicht nur aus, indem er seinen Informationsbedarf durch eine einmalige Abfrage äußert. Er ist vielmehr über einen Mensch-Computer-Dialog in den Prozess der Informationserzeugung und -aufbereitung eingebunden. Während dieses Dialogs wird aus den Ergebnissen einer Abfrage eine neue Abfrage erstellt, so dass sich der Berichtsempfänger schrittweise den benötigten Informationen nähert (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 8 ff.). Der Informationsbedarf der Manager jeder Hierarchieebene stellt ebenso wie jede einzelne Berichtsfunktion andere Anforderungen an die Berichtsinhalte und das auszuwertende Informationssystem. Es haben sich deshalb Data-Support-Systeme herausgebildet, die an diesen spezifischen Anforderungen ausgerichtet sind: Berichts- und Kontrollsysteme (Managementinformationssysteme, MIS) sowie Führungsinformationssysteme (Executive Information System, EIS). [1] Berichts- und Kontrollsysteme Berichts- und Kontrollsysteme extrahieren vor allem Daten aus den Administrations- und Dispositionssystemen und verarbeiten sie zu Berichten mit Kontroll- und Steuerungsfunktion für das untere Management. Dazu werden Ist- und Plan-Daten der Ziel- und Vorgabegrößen oder Einflussgrößen der Ziele und Vorgaben gegenübergestellt. Beispiele für die aus Berichts- und Kontrollsystemen generierten Berichte sind (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 319): Gegenüberstellungen der in definierten Perioden erzielten und nach Produktgruppen und Produkten sowie Absatzgebieten differenzierten Erlöse und der entsprechenden Planwerte in den einzelnen Perioden während des Berichtszeitraums, Übersichten über die nach Produkten, Produktgruppen und Absatzgebieten untergliederten Betriebsergebnisse oder Deckungsbeiträge der Unternehmungsbereiche in definierten Perioden während des Berichtszeitraums, Übersichten über die Kapazitätsauslastung von Betriebsmitteln in den Perioden des Berichtszeitraums getrennt nach den Standorten der Unternehmung. Berichtsauslösung Berichtsinhalt zeitlicher Rhythmus/ Abruf Toleranzüberschreitung ohne Ausnahmemeldung reine Berichtssysteme mit Ausnahmemeldung Berichtssysteme mit Ausnahmemeldung Abweichungen der Istvon den Plan-Werten, die vorgegebene Schwellenwerte unter- oder überschreiten, werden gekennzeichnet Signalsysteme Beim Auftreten vorab definierter Datenkonstellationen werden Ausnahmeberichte erstellt. Indikatorbasierte Früherkennungssysteme sind eine spezielle Ausprägung. Abb. 4.7: Arten von Berichts- und Kontrollsystemen <?page no="163"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 163 Um eine Informationsüberflutung der Manager zu vermeiden und ihre Aufmerksamkeit auf kritische Sachverhalte zu lenken, treten an die Stelle der reinen Berichtssysteme Signalsysteme oder Berichtssysteme mit Ausnahmemeldungen. Diese Arten von Berichtssystemen werden in Abb. 4.7 erläutert (vgl. Mertens/ Meier (2009), S. 2 f.; Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 8 f.). Für die Auswertung operativer Informationssysteme stehen in Berichts- und Kontrollsystemen folgende Operationen zur Verfügung (vgl. Gehring/ Gerlach (2022), S. 321 ff.): die Selektion, d. h. die Bereitstellung von Informationen, die auf einzelne Objekte oder Vorgänge bezogen sind, die Kumulation von Einzeldaten, um Berichte mit Informationen unterschiedlicher Aggregationsgrade zu generieren, die Berechnung von Kennzahlen, der Vergleich von Ist- und Plan-Daten sowie das Generieren von Diagrammen und Tabellen. Kennzahlen sind Größen, die komprimiert in quantitativer Form über einen Sachverhalt informieren. Sie sind aus mehreren Einzelinformationen zusammengesetzt, um einen Sachverhalt zu beschreiben. Kennzahlen, deren Werte dem Management durch Berichts- und Kontrollsysteme bereitgestellt werden, fassen Basisinformationen zu Größen zusammen, um einen Sachverhalt kurz und prägnant zu beschreiben oder einen nicht oder nur mit großem Aufwand direkt messbaren Tatbestand näherungsweise abzubilden. Kennzeichnen lässt sich eine Kennzahl durch den Kennzahleninhalt, die Berechnungsformel und den Kennzahlenwert. Der Kennzahleninhalt nennt den Sachverhalt, der durch die Kennzahl beschrieben wird, wie z. B. die Lieferbereitschaft. Dieser Sachverhalt muss nicht unmittelbar quantitativ messbar sein. Er kann auch erst durch die Definition der Kennzahl quantitativ gemessen oder quantitativ messbar gemacht werden (vgl. Troßmann (2018), S. 12). Beispielsweise kann der nicht unmittelbar messbare Sachverhalt „Lieferbereitschaft“ durch die Kennzahl „Lieferbereitschaftsgrad“ gemessen werden. Die Berechnungsformel gibt das Verfahren vor, nach dem der Kennzahlenwert aus Einzelinformationen ermittelt wird, wie z. B. der Quotient aus der Anzahl termingemäß ausgelieferter Bedarfsanforderungen und der Gesamtanzahl der Bedarfsanforderungen für den Lieferbereitschaftsgrad. Der Kennzahlenwert ist die Absolut- oder Verhältniszahl, die den Kennzahleninhalt beschreibt (vgl. Dellmann (2002), Sp. 941). Mit Kennzahlen wird im Controlling eine Vielzahl von Funktionen verfolgt, die sich in folgende Kategorien einteilen lassen (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 471 f.): die Informationsfunktion und die Koordinationsfunktion. <?page no="164"?> 164 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Die Informationsfunktion erfüllen Kennzahlen durch die benutzeradäquate Bereitstellung von Informationen für die Planung und Kontrolle von Zielen, Handlungen und Vorgaben sowie die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen der Managementhierarchie. Diese Kennzahlen sind deskriptiv und bilden Ziele, Prämissen oder Einflussgrößen ab. Sind die Werte für Ziele, Prämissen oder Einflussgrößen nicht oder nur mit großem Aufwand messbar oder prognostizierbar, können Kennzahlen auch Faktoren zum Inhalt haben, die einen Schluss auf den Wert des jeweiligen Sachverhalts zulassen. Der Zusammenhang zwischen diesen Faktoren und dem interessierenden Sachverhalt wird nur vermutet, gesichertes Wissen zu diesem Zusammenhang ist nicht verfügbar (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 477 f.). Mit Informationen über die Kennzahlenwerte sollen Erkenntnisse über Entwicklungen in der Vergangenheit und der Zukunft für die Identifikation, Einordnung und Beurteilung erwarteter oder bereits realisierter Zielabweichungen gewonnen werden. Mit Kennzahlen, die der Koordinationsfunktion dienen, werden die gemeinsamen Ziele messbar gemacht, auf die alle Entscheidungen in der Unternehmung abgestimmt und ausgerichtet werden sollen. Es sind normative Kennzahlen (vgl. Geiß (1986), S. 49 ff.), die als Vorgaben für die Bereichsleiter, zur Messung des Zielbeitrags (Performance) der Unternehmung, der Bereiche, der Manager und der Mitarbeiter, sowie als Beurteilungsgrößen in den Bemessungsgrundlagen der Anreizsysteme genutzt werden. Die Koordinationsfunktion der Kennzahlen kann damit in eine Vorgabefunktion, eine Performance-Messungsfunktion sowie eine Anreizfunktion gegliedert werden. Es werden mehrere Arten von Kennzahlen unterschieden. Nach der Berechnungsart werden absolute Kennzahlen und Verhältniszahlen unterschieden. Die Verhältniszahlen lassen sich in Gliederungszahlen, Beziehungszahlen und Indexzahlen gliedern. Abb. 4.8 erläutert diese Arten von Kennzahlen anhand von Beispielen (vgl. Gering/ Gerlach (2022), S. 323). Kennzahlenart Erläuterung Beispiele absolute Kennzahlen Einzelzahl Kennzahl, die über einen einzelnen Sachverhalt informiert Periodenerfolg des Profit Centers A, Materialkosten der Unternehmung Summe Zusammenfassung der Einzelzahlen zu gleichartigen Sachverhalten, die über einen übergeordneten Sachverhalt informieren Periodenerfolg der Unternehmung, Kosten der Unternehmung Differenz Kennzahlen, die über Abweichungen von einem Planwert zu einem Sachverhalt informieren Abweichung des Istvom Planerfolg, der Istvon den Plankosten Mittelwert Durchschnittsbildung über Einzelzahlen der Perioden während eines Berichtszeitraums zu einem Sachverhalt mittlere monatliche Ist- Erfolge, mittlere monatliche Ist-Kosten während eines Jahres <?page no="165"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 165 Verhältniszahlen Gliederungszahl Kennzahl, die über den Anteil von einem Ganzen informiert Anteil der Materialkosten an den Gesamtkosten, des Fremdkapitals am Gesamtkapital Beziehungszahl Kennzahlen zu zwei verschiedenartigen, aber in einem sachlichen Zusammenhang stehenden Sachverhalten werden ins Verhältnis gesetzt Stückkosten (Quotient aus den einem Produkt zugerechneten Periodenkosten und der produzierten Produktmenge), Eigenkapitalrentabilität (Quotient aus Periodenerfolg und Eigenkapital) Indexzahl Kennzahl, die über die Veränderung des Werts einer Kennzahl gegenüber einem Basiswert dieser Kennzahl informiert Umsatzindex (Quotient des Ist-Umsatzes der aktuellen Periode und dem Ist-Umsatz der Basisperiode) Abb. 4.8: Arten von Kennzahlen nach der Berechnungsart Ein Kennzahlensystem ist eine Menge von Kennzahlen, die in Beziehung zueinanderstehen oder sich gegenseitig ergänzen, um einen Sachverhalt vollständig zu erfassen. Zwischen Kennzahlen können Hierarchiebeziehungen, Präferenzbeziehungen oder Instrumentalrelationen bestehen (vgl. Dellmann/ Pedell (1994), S. 107 ff.). Hierarchische Beziehungen begründen ein Über-/ Unterordnungsverhältnis zwischen Kennzahlen, das in der Fristigkeit, der Differenziertheit, der Detailliertheit oder der Präzision begründet sein kann. Präferenzbeziehungen bestehen zwischen normativen Kennzahlen und bringen die Vorziehenswürdigkeit der Ziele oder Vorgaben zum Ausdruck. Instrumentalrelationen sind Mittel-Zweck-Beziehungen oder Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Nach der Art der Begründung der Instrumentalrelationen werden zwei Arten von Kennzahlensystemen unterschieden (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 50 f.): definitionslogische Kennzahlensysteme und empirische Kennzahlensysteme. Definitionslogische Kennzahlensysteme weisen eine oder wenige Spitzenkennzahlen auf, aus denen durch mathematische Umformungen weitere Kennzahlen hergeleitet werden. Zu diesen Umformungen zählen die Aufgliederung, die Substitution und die Erweiterung. Bei der Aufgliederung wird eine Gesamtgröße in ihre Bestandteile zerlegt. Wird eine Größe durch eine andere ersetzt, liegt eine Substitution vor. Die Erweiterung sieht schließlich die Multiplikation von Zähler und Nenner einer Verhältniszahl mit dem jeweils identischen Wert einer anderen Kennzahl vor, so dass an die Stelle der ursprünglichen Verhältniszahl zwei neue Kennzahlen treten (vgl. Küting (1983), S. 237). Ein Beispiel für ein definitionslogisches Kennzahlensystem ist das DuPont-Kennzahlensystem mit dem Return on Investment als Spitzenkennzahl. Der Return on Investment (ROI) ist der Quotient aus dem Erfolg (E) eines Verantwor- <?page no="166"?> 166 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling tungsbereichs und dem Kapital (K), das in dem Bereich eingesetzt worden ist, um diesen Erfolg zu erwirtschaften. Werden der Zähler und der Nenner mit dem Umsatz (U) multipliziert, ergibt sich der ROI als Produkt aus der Umsatzrentabilität und der Kapitalumschlagshäufigkeit. Kapitalumschlags- Umsatzhäufigkeit rentabilität E E U ROI 100 100 K U K = ⋅ = ⋅ ⋅ Die Substitution des ROI durch die Umsatzrentabilität und die Kapitalumschlagshäufigkeit und die Aufgliederung dieser beiden Kennzahlen führen zu dem in Abb. 4.9 dargestellten Kennzahlensystem, das als DuPont-Kennzahlensystem bekannt ist (vgl. Bühner (2004), S. 152). Definitionslogische Kennzahlensysteme umfassen damit nur Kennzahlen zu den Bestandteilen der Spitzenkennzahlen, jedoch keine Kennzahlen zu den Einflussgrößen dieser Spitzenkennzahlen. Return on Investment (ROI) Kapitalumschlagshäufigkeit Umsatzrentabilität Umsatz Gesamtvermögen Gewinn Umsatz : : Umsatz Umlaufvermögen Anlagevermögen Kosten der abgesetzten Produkte Erweiterung Substitution Aufgliederung + - × Abb. 4.9: DuPont-Kennzahlensystem Ein empirisches Kennzahlensystem wird aus Einflussgrößen der Spitzenkennzahlen gebildet. Die Auswahl der Kennzahlen und die Begründung der zwischen ihnen bestehenden Instrumentalrelationen kann auf empirisch gut bestätigten Hypothesen, Expertenbefragungen, Plausibilitätsüberlegungen oder der statistischen Auswertung empirischer Daten basieren (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 399 ff.). [2] Führungsinformationssysteme Führungsinformationssysteme (FIS) erzeugen Berichte mit Planungs- und Entscheidungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen für das obere Management. Mit diesen Berichten werden Informationen für die strategische Analyse, die Strategieimplementierung durch die Planung strategischer Handlungsfelder, Maßnahmenprogramme und Kennzahlensysteme sowie die strategische Kontrolle <?page no="167"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 167 übermittelt. Für die strategische Analyse werden vielfältige Informationen benötigt, um für die Unternehmung relevante Zusammenhänge und Entwicklungen frühzeitig, möglichst korrekt und präzise identifizieren und tiefergehende Analysen zur Bewertung dadurch ausgelöster Chancen und Risiken initiieren zu können. Die Strategieimplementierung und Kontrolle erfordern Informationen über die Ist-Werte der in den strategischen Plänen festgeschriebenen Größen (z. B. Prämissen, langfristige finanzielle Ziele, strategische Ziele) sowie für die Kennzahlen des strategischen Kennzahlensystems. Zur Deckung dieses Informationsbedarfs werden Daten aus einer FIS-Datenbasis extrahiert, die historische Daten unterschiedlicher Verdichtungsstufen aus den operativen Informationssystemen und auch Daten aus externen Quellen für die strategische Planung bereithält. Ergänzt werden kann die FIS-Datenbasis durch die Datenbasis der operativen Informationssysteme, um Zugriff auf aktuelle Daten zu haben, sowie externe Datenquellen (z. B. Online-Datenbanken) über die Daten für Märkte, Produkte, Unternehmungen usw. gegen Entgelt verfügbar sind (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 328 f.). Operationen eines Führungsinformationssystems sind die Selektion, Verdichtung und Auswertung von Daten aus der FIS-Datenbasis zur Erstellung von Standardberichten für die Strategieimplementierung und die strategische Kontrolle, Exceptional Reports für die Früherkennung, Berichten mit qualitativen Informationen für die strategische Überwachung sowie Bedarfsberichten für tiefergehende Analysen. Standardberichte geben Auskunft über Ist- und Wird-Werte zu den Angaben in den strategischen Plänen sowie den Kennzahlen des strategischen Kennzahlensystems. Sie unterstützen das obere Management bei der Aktualisierung und Fortschreibung der strategischen Pläne sowie bei der strategischen Prämissen- und Durchführungskontrolle. Für die strategische Analyse werden Exceptional Reports und Berichte mit qualitativen Informationen zur Früherkennung relevanter Unternehmungs- und Umweltveränderungen bereitgestellt. Exceptional Reports sind Ausnahmeberichte, die bei Über- oder Unterschreitung der Schwellenwerte ausgewählter Indikatoren zur Früherkennung erstellt werden. Berichte über Abweichungen bei diesen Indikatoren können auch periodisch oder auf Abruf generiert werden. In diesem Fall enthalten sie Hinweise auf kritische Abweichungen bei den Indikatoren zur Früherkennung. Berichte mit qualitativen Informationen enthalten Nachrichten, die von Stabsstellen erfasst werden. Nachrichten sind unformatierte Informationen zu Verhaltensweisen spezifischer Gruppen oder Meinungen und Stellungnahmen bestimmter Persönlichkeiten, Experten oder Institutionen, die schwache Signale für Bedrohungen oder sich bietende Chancen sein können (vgl. Bea/ Haas (2019), S. 325 ff.). Es sind Informationen, die auch für die strategische Überwachung benötigt werden. Für tiefergehende Analysen zur Beurteilung der mit erkannten Entwicklungen verbundenen Chancen und Risiken sowie zu den Ursachen von Abweichungen bei langfristigen Zielen können Bedarfsberichte abgerufen werden, für die Daten verschiedener Verdichtungsstufen und aus verschiedenen Perspektiven ausgewertet werden. <?page no="168"?> 168 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Informationen entscheidungsunterstützender IT-Systeme Inhaltliche Aspekte von Decision-Support-Systemen Die Entscheidungsunterstützung ist auch eine Aufgabe der Dispositionssysteme. Diese unterstützen gut strukturierte, regelmäßig zu bearbeitende Entscheidungsprobleme, die den Leistungserstellungsprozess betreffen und im Zuständigkeitsbereich des unteren Managements liegen. Dispositionssysteme zielen auf die Verbesserung der Effizienz der Entscheidungsfindung durch die Rationalisierung oder Automatisierung der Entscheidungsprozesse. Gegenstand der Decision-Support-Systeme sind Entscheidungen über die Rahmenbedingungen in der Unternehmung sowie die Ziele und Ressourcen der Unternehmungsbereiche für einen mittelbis langfristigen Zeitraum. Es handelt sich um einmalig, erstmalig oder selten auftretende Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 333 f.). Bei Decision-Support-Systemen geht es nicht darum, Entscheidungen voll zu automatisieren. Es sollen vielmehr die Erfahrungen und das Urteilsvermögen der Entscheider einbezogen werden. Decision-Support-Systeme unterstützen das Management deshalb mittels interaktiver Problemlösungsverfahren, d. h., Entscheidungsprobleme werden im Mensch-Maschinen-Dialog gelöst (vgl. Mertens/ Meier (2009), S. 12). Sie sollen die Entscheidungsfindung nicht effizienter, sondern effektiver machen. Decision-Support-Systeme (DSS) sind interaktive, IT-gestützte Systeme, die Manager in Planungs- und Entscheidungsprozessen mit Modellen zur Problemstrukturierung, Methoden zur Problemlösung und problembezogenen Daten bei der Lösung komplexer Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten unterstützen. Nach den Methoden, die zum Einsatz gelangen, werden die in Abb. 4.10 genannten Klassen von Decision-Support-Systemen unterschieden (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 28; Gehring/ Gabriel (2022), S. 203, 347). Klassen von Decision-Support-Systemen Klassische Decision-Support-Systeme Wissensbasierte Decision-Support-Systeme Interaktive Planungswerkzeuge OR-basierte Decision-Support-Systeme Expertensysteme Klassische Decision- Support-Systeme mit Bezug zu Expertensystemen Abb. 4.10: Klassen von Decision-Support-Systemen <?page no="169"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 169 Klassische Decision-Support-Systeme lassen sich durch folgende Merkmale kennzeichnen (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 335): Einsatz quantitativer Ansätze zum Aufbau konkreter, einzelfallbezogener Modelle aus möglichen Abbildungsstrukturen (z. B. lineare Planungsmodelle), d. h. zum Überführen von Entscheidungsproblemen in formale Modelle, sowie Nutzung formaler Methoden zur Bestimmung und Bewertung von Alternativen für das durch das Modell dargestellte Entscheidungsproblem. Mit interaktiven Planungswerkzeugen kann der Manager das Entscheidungsproblem in ein Gleichungssystem überführen, das anschließend die Grundlage für Planungsrechnungen bildet. Ein Gleichungssystem kann aus Definitions- oder Verhaltensgleichungen bestehen. Definitionsgleichungen bilden die Berechnung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen aus ihren Einflussgrößen ab. Beispielsweise kann die Berechnung des Return on Investment nach dem Schema des DuPont-Kennzahlensystems mit einem System von Definitionsgleichungen abgebildet werden. Ebenso können das Schema einer Zuschlagskalkulation oder einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung jeweils als System von Definitionsgleichungen dargestellt werden. Basiert die abgebildete Beziehung zwischen einer interessierenden betriebswirtschaftlichen Kennzahl und ihren Einflussgrößen auf Hypothesen, die an der Realität überprüft worden sind, oder statistischen Auswertungen empirischer Daten, liegen Verhaltensgleichungen vor. Als Beispiel seien Kostenfunktionen genannt, die den Zusammenhang zwischen der Kostenhöhe und ihren Einflussgrößen abbilden. Mit den Gleichungssystemen können How-to-achieve-Analysen, What-if-Analysen und Sensitivitätsanalysen durchgeführt werden. Mit How-to-achieve-Analysen können Hinweise für die Problemlösung hergeleitet werden, indem Werte für Einflussgrößen berechnet werden, die zur Erreichung eines vorgegebenen Ergebnisses führen. Ein Beispiel für diese Art von Analysen ist die Berechnung von Gewinnschwellen mit einem Break-even- Modell. Der Bewertung von Problemlösungsalternativen dienen What-if-Analysen. Hierzu werden die Alternativen durch Werte für die Bestimmungsgrößen im Gleichungssystem beschrieben. Zur Berechnung der Ergebnisse der Alternativen werden diese Werte in das Gleichungssystem eingesetzt. Beispiele für What-if-Analysen sind die Berechnung von Produktkosten nach einem Kalkulationsschema, die Berechnung des Deckungsbeitrags eines Zusatzauftrags oder des Kapitalwerts eines Investitionsvorhabens. Mit Sensitivitätsanalysen wird untersucht, inwieweit sich Ausgangsdaten im Gleichungssystem verändern können, bevor das Ergebnis der betrachteten Alternative einen kritischen Wert annimmt, wie z. B. einen Mindestgewinn oder das Ergebnis der nächstbesten Alternative. Hierzu wird analog zur What-if-Analyse das Ergebnis der betrachteten Alternative berechnet, jedoch mehrfach mit schrittweise veränderten Werten des interessierenden Parameters (vgl. Gehring/ Gabriel (2011), S. 336 f.). OR-basierte Desision-Support-Systeme nutzen mathematische Methoden und quantitative Daten, um für ein Entscheidungsproblem ein Entscheidungsmodell zu formulieren und für dieses Entscheidungsmodell diejenige Problemlösungs-Alternative zu berechnen, die im Hinblick auf ein oder mehrere operational formulierte Ziele <?page no="170"?> 170 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling optimal ist. Ermittelte Lösungen sind vor dem Hintergrund der Vereinfachung bei der Modellierung sowie der Unsicherheiten und Ungenauigkeiten ausgewerteter Daten zu analysieren und als akzeptabel, korrekturbedürftig oder unbrauchbar zu bewerten. OR-basierte Decision-Support-Systeme dienen damit nur der Entscheidungsvorbereitung, um Entscheidungen höherer Qualität treffen zu können. Verwendung finden u. a. Methoden der Optimierungsrechnung und der Simulation (vgl. Domschke u. a. (2015), S. 1 ff.; Gehring/ Gabriel (2022), S. 342 ff.). Klassische Decision-Support-Systeme transformieren ein Entscheidungsproblem zunächst in ein quantitativ bearbeitbares Entscheidungsmodell, mit dem anschließend unter Verwendung quantitativer Daten und mathematischer Methoden Problemlösungsalternativen oder die Wirkungen dieser Alternativen berechnet werden. Das Fachwissen sowie das spezifische Wissen über Problemlösungsstrategien der Entscheider findet erst bei der Bewertung der durch das Decision-Support-System bereitgestellten Informationen Berücksichtigung. Wissensbasierte Decision-Support-Systeme nutzen dieses Wissen menschlicher Entscheider, um Handlungsalternativen direkt abzuleiten, d. h. ohne vorherige Abbildung des Entscheidungsproblems in einem Entscheidungsmodell (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 64 f.). Wissensbasierte Decision-Support-Systeme sind Expertensysteme, die auf das automatische Generieren von Entscheidungen innerhalb eines vorgegebenen Anwendungsbereichs zugeschnitten sind. Dazu zählen aber auch klassische Decision- Support-Systeme, die zur Unterstützung einzelner Aufgaben im Entscheidungsprozess Expertensysteme als eigenständige Komponente enthalten oder auf externe, autonome Expertensysteme zugreifen (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 347). Das Ziel von Expertensystemen ist es, das Faktenwissen menschlicher Experten sowie deren spezifisches Wissen über Problemlösungsansätze in einem abgegrenzten Anwendungsbereich mittels IT-Systeme verfügbar zu machen und für das automatische Lösen von Entscheidungsproblemen des jeweiligen Anwendungsbereichs unter Einsatz von Schlussfolgerungsmechanismen zu nutzen. Genutzt werden können Mechanismen des fall- oder regelbasierten Schließens. Beim fallbasierten Schließen werden alte Entscheidungsprobleme identifiziert, die dem aktuellen ähnlich sind, um zu relevanten bewährten Lösungen zu gelangen. Das regelbasierte Schließen nutzt eine Sammlung von Wenn-dann-Regeln, aus denen Antworten auf Fragen des Nutzers abgeleitet werden. Expertensysteme unterstützen Manager während des Entscheidungsprozesses durch das Bereitstellen von Handlungsempfehlungen, die durch den Manager zu beurteilen und zu bewerten sind (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 258). Abgrenzung des Business Intelligence & Analytics Die Management-Support-Konzepte aus den 1970er- und 1980er-Jahren sind als benutzergruppen- und aufgabenbezogene Einzelsysteme realisiert worden. Den höheren Anforderungen an die Schnelligkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden sollten, die Transparenz der Entscheidungsfindung sowie die Genauigkeit und Fundierung der Entscheidungen werden diese Konzepte nicht mehr gerecht. Parallel zu dieser Entwicklung hat die voranschreitende Digitalisierung zu einer massiven Ausweitung der verfügbaren Datenbasis geführt. Aus dieser können mit weitergehenden Analysewerkzeugen bessere Einsichten in Unternehmungsprozesse und Märkte und damit ein tiefergehendes Verständnis relevanter Wirkungsketten für die Fundierung <?page no="171"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 171 der Entscheidungen in der Unternehmung gewonnen werden. Für IT-basierte Gesamtansätze zur Entscheidungsunterstützung hat sich seit den 1990er Jahren die Bezeichnung „Business Intelligence“ herausgebildet. Der Begriff „Intelligence“ ist in diesem Zusammenhang als „Einsicht und Verständnis“ zu verstehen (vgl. Gluchowski (2016), S. 275; Baars/ Kemper (2021), S. 1 ff.). In jüngerer Zeit werden etablierte Ansätze der Business Intelligence um Business Analytics ergänzt, wodurch das deskriptive und vergangenheitsorientierte Erklären historischer Daten um zukunftsorientierte Analysen erweitert wird. Die mit Advanced Analytics bezeichneten Komponenten für diese Analysen sind durch die Verwendung formaler Modelle für das Generieren von Informationen gekennzeichnet. Business Intelligence und Business Analytics lassen sich durch das jeweils abgedeckte Analysespektrum abgrenzen (vgl. Abb. 4.11). Zusammengefasst erstreckt sich das Business Intelligence & Analytics über folgende Arten von Analysen (vgl. Ereth/ Kemper (2016), S. 459 f.): Descriptive Analytics Es werden Beschreibungen und Zusammenstellungen von Sachverhalten erzeugt, um Antwort auf die Frage „Was ist geschehen“ sowie auf Fragen nach dem „Wann und dem Wo ist es geschehen“ zu geben. Diagnostic Analytics Zur Beantwortung der Frage „Warum ist etwas geschehen“ werden aggregierte Daten z. B. auf Regionen, Bereiche oder Produkte heruntergebrochen oder Datenbestände zur Identifikation von Zusammenhängen mit statistischen Methoden ausgewertet. Predictive Analytics Aus vorgegebenen oder aus Daten hergeleiteten mathematischen Modellen werden Vorhersagen künftiger Ereignisse und Entwicklungen als Antwort auf die Frage „Was wird geschehen“ erstellt. Prescriptive Analytics Mathematische Modelle werden zur Herleitung von Handlungsvorschlägen und ihrer Zielwirkungen genutzt, um Antwort auf die Frage „Was soll geschehen“ zu geben. Bussiness Intelligence Descriptive Analytics Prescriptive Analytics Predictive Analytics Diagnostic Analytics Abb. 4.11: Abgrenzung von Business Intelligence & Analytics Business Intelligence & Analytics wird in Wissenschaft und Wirtschaftspraxis verschieden weit abgegrenzt. Dieser Begriff kann für eine spezielle Klasse von Anwendungssystemen, für Technologien und Konzepte zur Entscheidungsunterstützung oder für den Prozess der Überführung von Daten in Informationen für die Ent- Business Intelligence Business Analytics <?page no="172"?> 172 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling scheidungsfindung stehen (vgl. z. B. Gluchowski/ Gabriel/ Gehring (2008), S. 89 ff.; Gehring/ Gabriel (2022), S. 358 ff.). Hier wird unter Business Intelligence & Analytics (BIA) ein integrierter, unternehmungsspezifischer IT-basierter Gesamtansatz zur Unterstützung von Entscheidungen in der Unternehmung verstanden (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 8). Das Business Intelligence & Analytics lässt sich durch folgende Merkmale kennzeichnen und von den Management-Support-Systemen abgrenzen: Entscheidungsunterstützung, Verbesserung von Einsicht und Verständnis, Daten- und Systemintegration sowie unternehmungsspezifische Konkretisierung. Die Entscheidungsunterstützungsfunktion des Business Intelligence & Analytics geht über die der Decision-Support-Systeme hinaus. Sie ist nicht auf das Generieren und Bewerten von Alternativen zur Lösung von Entscheidungsproblemen begrenzt. Sie umfasst vielmehr die Aufbereitung und Harmonisierung relevanter Daten über die Unternehmung und ihr Umfeld aus unternehmungsinternen und -externen Quellen sowie ihre Auswertung zur Transformation in visualisierte Informationen für Analyse-, Planungs- und Entscheidungs-, Kontroll- und Steuerungszwecke (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 93). Hinzu kommt, dass durch Business Intelligence & Analytics nicht nur das Management auf allen Hierarchieebenen, sondern auch Facharbeiter in den Leistungserstellungsprozessen und Sachbearbeiter in den Fachabteilungen bei der Entscheidungsfindung unterstützt werden. Mit Hilfe von Ansätzen des Business Intelligence & Analytics werden auf der Ausführungsebene automatisierte Entscheidungen getroffen (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 8 f.). Management-Support-Systeme stellen zeit- und sachgerechte Informationen in Form gefilterter und verdichteter Daten bereit oder nutzen bekannte Zusammenhänge, die durch Modelle oder Regeln abgebildet werden, um Alternativen zur Lösung von Entscheidungsproblemen zu generieren und zu bewerten. Das Business Intelligence & Analytics ermöglicht darüber hinaus Analysen zur Aufdeckung verborgener Zusammenhänge und Identifikation von Entwicklungen, durch die bessere Einsichten in das eigne Geschäft und ein besseres Verständnis in die Mechanismen relevanter Wirkungsketten gewonnen werden können (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 90). Es nutzt weiterentwickelte Analysewerkzeuge, um begründete, objektive Erkenntnisse und Einsichten zu einem Sachverhalt für die Entscheidungsfindung zu gewinnen. Mit den Analysewerkzeugen des Business Intelligence & Analytics können aus großen Datenbeständen bisher unbekannte Zusammenhänge, Muster und Trends ermittelt werden, so dass systematische Abweichungen, Abhängigkeiten sowie unterscheidbare Gruppen gefunden werden können (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 284). Es kann damit nicht nur die mögliche Richtigkeit angenommener Zusammenhänge überprüft, sondern auch das Erkennen neuer inhaltlich sinnvoll interpretierbarer Zusammenhänge unterstützt werden (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 143). Diese Zusammenhänge werden anschließend für die Analyse von Ursachen, Prognosen und das Generieren von Handlungsempfehlungen genutzt. <?page no="173"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 173 Die grundlegende Funktion des Business Intelligence & Analytics ist die Integration von Daten verschiedener Formate aus verschiedenen Quellen (vgl. Leimeister (2021), S. 174). Die Daten werden aufbereitet und in einer gemeinsamen Datenbank gehalten (vgl. Mertens (2013), S. 14). Weitere Funktionen des Business Intelligence & Analytics sind die Auswertung der Daten zur Gewinnung von Informationen und Wissen sowie die Präsentation der gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten. BIA-Ansätze sind das Ergebnis der Integration der herkömmlich oft isolierten Anwendungssysteme zur Datenbereitstellung, Informationsgenerierung und Informationsbereitstellung für die Informationsversorgung des Managements. Business Intelligence & Analytics wird hier als ein integrierter, unternehmungsweiter Ansatz verstanden, d. h., es wird nicht über spezifische Anwendungsbereiche, Werkzeuge oder Anwendungssysteme abgegrenzt. BIA-Werkzeuge dienen ausschließlich der Entwicklung von BIA-Anwendungssystemen, die wiederum nur jeweils einen Teilaspekt des BIA-Gesamtansatzes bilden (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 8). Anwendungsbereich, Anwendungssysteme und Technologien des Business Intelligence & Analytics werden nach dem hier zugrunde liegenden Verständnis unternehmungsbezogen konkretisiert. Metadaten Operative Informationssysteme und externe Datenquellen SCM Social Media Partner Web CRM ERP E-Proc. CAx Open Data Inform. Provider IoT PDM/ PLM MES PPS ... Data Mart Zentrales Data Warehouse Operational Data Store Data Lake Datenbereitstellung Komponenten für konzeptorientierte Analysen Anwendungsneutral ausgelegte Komponenten für Präskriptive Analysen Prädiktive Analysen Diagnostische Analysen Deskriptive Analysen Informationsbereitstellung Informationsgenerierung Komponenten für Visualisierung & Präsentation Informationsdistribution Informationszugriff Business Intelligence & Analytics (BIA) Systemintegration SCM = Supply-Chain-Management-Systeme; E-Proc. = E-Procurement; ERP = Enterprise-Ressource-Planning- Systeme; CRM = Customer-Relationship-Management-Systeme; CAx = ”Comupter Aided”-Technologien (z. B. CAD = Computer Aided Design, CAM = Comupter Aided Manufacturing); PPS = Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme; MES = Manufacturing-Execution-Systeme; PDM/ PDL = Produktdaten- und Produktlebenszyklusmanagement-Systeme; IoT =Internet of Things Abb. 4.12: BIA-Ordnungsrahmen <?page no="174"?> 174 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Für die unternehmungsspezifische Ausgestaltung des Business Intelligence & Analytics ist ein generisches Konzept vorgeschlagen worden, das den Aufbau eines BIA- Gesamtansatzes vorgibt. Abb. 4.12 zeigt dieses als BIA-Ordnungsrahmen bezeichnete dreischichtige Rahmenkonzept (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 10). Es gibt einen Überblick über die zu integrierenden Komponenten. Dem BIA-Ordnungsrahmen vorgelagert sind die operativen Informationssysteme und externen Datenquellen. Sie bilden die Grundlage für die Datenbereitstellung in der ersten Schicht des BIA-Ordnungsrahmens. In dieser untersten Schicht sind konsistente, stimmige Daten zu generieren und adäquat abzulegen. Die zweite Schicht dient der Informationsgenerierung. Zugeordnet sind ihr endbenutzerfreundliche Berichtssysteme sowie Analysesysteme zur Erkennung verborgener Zusammenhänge und Entwicklungen. Von den primär anwendungsneutral ausgelegten Komponenten werden konzeptorientierte Systeme abgegrenzt. Sie sind an spezifischen Aufgabengebieten ausgerichtet, wie z. B. dem Performance Management, der Planung und Budgetierung und dem Risikomanagement. Die dritte Schicht steuert den Zugriff der Manager auf die Berichts- und Analysesysteme. Meist bieten BIA-Portale berechtigten Nutzern einen zentralen Einstiegspunkt für den Zugriff auf die Berichts- und Analysesysteme der zweiten Schicht. Infrastrukturelle Aspekte der Informationsversorgung Konzepte der Datenbereitstellung Managementunterstützungssysteme und BIA-Ansätze verarbeiten Daten aus unternehmungsexternen und -internen Datenquellen. Interne Datenquellen sind die operativen Informationssysteme sowie Datenquellen des Internet of Things, d. h. die von internetfähigen IT-basierten Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und Transportsystemen sowie smarten Sensoren erfassten Daten. Für die IT-gestützte Entscheidungsunterstützung sind aus den unterschiedlichen Datenbeständen aus folgenden Gründen zunächst konsistente, stimmige und für die zu unterstützenden Entscheidungen relevante Daten zu generieren und adäquat abzulegen. Heterogenität und fehlende Relevanz Die internen und externen Datenbestände sind sehr heterogen und enthalten erhebliche Mengen von Daten, die für die Entscheidungen in der Unternehmung nicht relevant sind. Eine ungefilterte Bereitstellung dieser Daten würde bei den Entscheidern einen Information Overload herbeiführen (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 117). Transaktionsorientierung Die Datenhaltung operativer Informationssysteme ist auf die Durchführung der Wertschöpfungsprozesse und nicht auf den Informationsbedarf der Entscheider ausgerichtet. Die Daten sind transaktionsorientiert, d. h., sie beziehen sich auf einzelne Transaktionen, wie z. B. einen einzelnen Kundenauftrag oder eine spezifische Produktionscharge. Für die Entscheidungsfindung erforderlich sind jedoch Daten zu den Objekten von Entscheidungen, wie z. B. Produkte, Kunden und Unternehmungsbereiche (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 20). Zeitpunktbezug Die Daten operativer Informationssysteme werden bei jeder Transaktion zeitpunktbezogen erzeugt und abgelegt oder überschrieben und nach Abschluss der <?page no="175"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 175 Transaktion gelöscht. Es sind damit keine Daten aus einem mittleren oder längeren Zeitraum für Zeitreihenanalyse verfügbar. Berichte zu einem Sachverhalt, die in aufeinanderfolgenden Zeitpunkten aus operativen Datenbeständen generiert werden, informieren damit über unterschiedliche Ereignisse (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 120). Es ist die Aufgabe der Datenbereitstellung, eine unternehmungsweite integrierte Datenbasis zur Unterstützung der Entscheidungsfindung in allen Bereichen der Unternehmung und auf allen Ebenen der Unternehmungshierarchie zu schaffen (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 304). Damit die Analyseprozesse die Operationen der operativen Informationssysteme nicht beeinträchtigen, wird diese Datenbasis von den operativen Datenbeständen entkoppelt und auf einer separaten Plattform betrieben (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 118). Für die Datenbereitstellung geeignet sind Data-Warehouse-Konzepte, die aus dem zentralen Data Warehouse und Data Marts bestehen und um einen Operational Data Store (ODS) erweitert sein können. Ein weiterer Ansatz für die Datenbereitstellung sind Data Lakes. Sie sind für die Gewinnung von Daten aus Datenquellen konzipiert, die mit Data- Warehouse-Konzepten nicht mehr wirtschaftlich erschlossen werden können (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 10 f.). [1] Data-Warehouse-Konzepte Mit Data-Warehouse-Konzepten werden Daten aus externen und internen Quellen extrahiert und für Analysen zur Entscheidungsunterstützung über kurze, mittlere und längere Zeiträume aufbereitet und gespeichert. Ein Data Warehouse ist die Voraussetzung für flexible und multidimensionale Datenanalysen, d. h., Daten aus unterschiedlichen Quellen lassen sich nach einer Vielzahl von Dimensionen kombinieren, so dass neue und weiterführende Erkenntnisse gewonnen werden können (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 362 f.). Ein Data Warehouse ist ein von den operativen Datenbeständen physikalisch getrenntes Informationssystem, das für alle Arten entscheidungsunterstützender IT-Systeme der Unternehmung einheitliche und konsistente zeitpunktbezogene Daten aus einem längeren Zeitraum themenbezogen bereithält (vgl. Kemper/ Lasi/ Zahn (2011), S. 467; Baars/ Kemper (2021), S. 19). Ein Data Warehouse lässt sich durch folgende Merkmale charakterisieren (vgl. z. B. Sinz (2002), Sp. 311; Leimeister (2021), S. 17; Baars/ Kemper (2021), S. 19 ff.): Themenorientierung In einem Data Warehouse liegt der Fokus auf den für Entscheider interessanten Themenbereichen. Das verlangt nach einer Auswahl der einzubeziehenden Daten sowie der Zuordnung der einzubeziehenden Daten zu den für die Entscheider relevanten Themen, wie z. B. Unternehmungsstruktur (Geschäftsbereiche, Funktionsbereiche, Kostenstellen usw.), Produktstruktur (u. a. Produktgruppen, Produkte, Produktvarianten), Regionalstruktur (z. B. Länder, Gebiete, Bezirke, Standorte), Kundenstruktur (Kundengruppe, Kunden), Zeitstruktur ( Jahre, Quartale, Monate usw.). Das erlaubt Entscheidern die gezielte Recherche nach Informationen zu den sie interessierenden Themen (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 20). <?page no="176"?> 176 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Vereinheitlichung (Integration) Die auszuwertenden Datenquellen weisen häufig Datenredundanzen, Inkonsistenzen und Widersprüche auf. Die Heterogenität der Datenquellen bedingt, dass die extrahierten Daten in unterschiedlichen Formaten, Maßeinheiten, Währungen usw. sowie unzutreffend bezeichnet vorliegen. Bevor die aus den Datenquellen extrahierten Daten in das Data Warehouse übernommen werden, sind sie von diesen Mängeln zu befreien und anschließend zu vereinheitlichen. Es ist das Ziel, einen stimmigen und akzeptierten Datenbestand zu schaffen (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 118). Beständigkeit (Nicht-Volatilität) In einem Data Warehouse werden Daten, die einmal eingestellt worden sind, nicht mehr verändert oder gelöscht. Zu festgelegten Zeitpunkten werden die Inhalte eines Data Warehouse um aktuelle Daten erweitert. Die Daten stehen damit dauerhaft für betriebswirtschaftliche Analysen zur Verfügung. Berichte zu einem Sachverhalt sind damit jederzeit mit identischen Ergebnissen reproduzierbar (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 362). Zeitorientierung In einem Data Warehouse werden Daten eines längeren Zeitraums gespeichert. Interessierende Daten werden bei der Übernahme in das Data Warehouse mit einem Zeitstempel versehen, wodurch sie einen direkten Zeitbezug erhalten. Es können damit Zeitreihen mittlerer und längerer Zeiträume analysiert werden, um Veränderungen und Entwicklungen zu identifizieren (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 362 f.). Für die Entscheidungsunterstützung über alle Ebenen der Unternehmungshierarchie sowie alle Geschäfts- und Funktionsbereiche der Unternehmung hinweg ist ein zentrales Data Warehouse zu schwerfällig und unflexibel. Die Erweiterung des zentralen Data Warehouse um Data Marts ist ein möglicher Ansatz, um dieser Schwachstelle zu begegnen (zu weiteren Ansätzen (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 21 ff.). Ein Data Mart ist ein Ausschnitt aus dem unternehmungsweiten zentralen Data Warehouse. Es ist auf den Informationsbedarf und die Informationsnachfrage eines Verantwortungs- oder Anwendungsbereichs ausgerichtet (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 206). Daten liegen im zentralen Data Warehouse und in den Data Marts im Regelfall in verdichteter Form vor. Selbst neu übernommene Daten sind Stunden, Tage oder Wochen alt (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 94 f.). Um für entscheidungsunterstützende Systeme auch unverdichtete und aktuelle Daten bereitzuhalten, werden das zentrale Data Warehouse und die Data Marts um Operational Data Stores (ODS) ergänzt. Es handelt sich dabei um Datenspeicher, die von den operativen Informationssystemen entkoppelt sind und themenorientierte, vereinheitlichte, aktuelle Daten mit einem geringen Verdichtungsgrad aus einem kurzen Zeitraum bereithalten (vgl. Mertens/ Meier (2009), S. 35). Die Einrichtung eines Operational Data Store empfiehlt sich, wenn Entscheider häufig aktuelle unverdichtete Daten benötigen und die neu generierten Daten in zu langen Zeitabständen in das Data Warehouse übernommen wer- <?page no="177"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 177 den, um den Anforderungen an die Aktualität der Informationen entsprechen zu können (vgl. Gehring/ Gabriel (2021), S. 366). Die Übernahme von Daten aus den internen und externen Datenquellen in das Data Warehouse oder den Operational Data Store erfordert mehrere, teilweise aufeinander aufbauende Schritte. Diese bilden den ETL-Prozess mit den Phasen „Extraktion“, „Transformation“ und „Laden“. In der Phase der Extraktion werden die benötigten Daten durch Filtervorschriften aus den internen und externen Datenquellen selektiert und zwischengespeichert. Um die selektierten Daten in konsistente und für die Entscheidungsfindung nutzbare Daten zu transformieren, sind sie von Mängeln zu befreien, zu harmonisieren, zu aggregieren und anzureichern. Unter der Anreicherung wird die Berechnung fachlicher Kennzahlen verstanden, die im zentralen Data Warehouse bereitgestellt werden. Durch die Anreicherung werden die Antwortzeiten späterer Abfragen verkürzt, die Konsistenz der berechneten Kennzahlenwerte garantiert und die Etablierung betriebswirtschaftlicher Instrumente gefördert. Beim Laden werden die transformierten Daten in das zentrale Data Warehouse geschrieben (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 133 ff.; Baars/ Kemper (2021), S. 10 f.). Um die Datenbestände im Data Warehouse aktuell zu halten, wird der ETL-Prozess in gewissen Zeitabständen wiederholt. Für diesen Zeitabstand maßgebend sind die Anforderungen der Nutzer an die Datenaktualität, die sich zwischen Funktionsbereichen und Hierarchieebenen deutlich unterscheiden können. Nach dem Ereignis, das den ETL-Prozess auslöst, werden vier Ansätze des Data Warehousing unterschieden: klassisches, Realtime, Active und Closed-Loop Data Warehousing. Das klassische Warehousing sieht vor, die Daten in konstanten Zeitabständen (täglich, wöchentlich, monatlich) aus den internen und externen Datenquellen zu extrahieren, zu transformieren und in das Data Warehouse zu übernehmen. Beim Realtime Data Warehousing werden Transaktionsdaten aus den operativen Informationssystemen in Echtzeit in das Data Warehouse integriert. Das Active Data Warehousing zeichnet sich dadurch aus, dass der ETL-Prozess bei Vorliegen einer definierten Datenkonstellation automatisch gestartet wird. Ein etwas anderes Ziel wird mit dem Closed-Loop Data Warehousing verfolgt. Ergebnisse der Analysen mit den Daten aus dem Data Warehouse werden in die operativen Informationssysteme übernommen, um die Qualität der von diesen Systemen unterstützten Entscheidungen zu verbessern (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 94 ff.). [2] Data Lakes Mit der Verbreitung des E-Business, der zunehmenden Nutzung der Social Media, dem Ausbau des Internet of Things sowie weiteren Erscheinungsformen der fortschreitenden Digitalisierung von Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Privatbereich entstehen in Unternehmungen schon während kurzer Zeiträume erhebliche Mengen auch unstrukturierter Daten. Die Verarbeitung und Auswertung dieser Daten können Unternehmungen neue Chancen eröffnen. Bei der Integration und Speicherung dieser Daten stößt das Data-Warehouse-Konzept an Grenzen, die nicht mehr wirtschaftlich überwunden werden können. Der Begriff „Big Data“ steht für Technologien und Konzepte, mit denen derartige Daten erfasst, dauerhaft gespeichert und bereitgestellt werden können. Kennzeichnen lassen sich diese Technologien durch die folgenden drei V (vgl. Baars/ Kemper (2021 ), S. 77 f.). <?page no="178"?> 178 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Volume: Es können große Datenmengen erfasst, gespeichert und bereitgestellt werden. Variety: Daten mit unterschiedlichen Strukturierungsgraden können verarbeitet werden, d. h. strukturierte Daten aus den operativen Informationssystemen ebenso wie unstrukturierte (z. B. Beiträge in den sozialen Medien, Audiodateien, Präsentationen) und halbstrukturierte Daten (z. B. E-Mails, Formulare mit teilweise offenen Fragen). Velocity: Daten können in nahezu Echtzeit erfasst und verarbeitet werden. Daneben werden weitere V als Merkmale von Big Data genannt (z. B. ICV - Internationaler Controller Verein (2014), S. 4), bei denen es sich jedoch nicht um technische Merkmale handelt, sondern um Voraussetzungen für den Einsatz dieser Technologien. Veracity: Damit Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der gewonnenen Erkenntnisse besteht, sollten die Daten aus den vielen Datenquellen aktuell, relevant, richtig, vollständig, präzise und verlässlich sein (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 78). Validity: Die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten sollten für die angestrebte Verwendung hohe Aussagekraft besitzen. Value: Mit dem Einsatz von Big Data ist ein wirtschaftlicher Nutzen verbunden. Der Data Lake ist für die Datenhaltung in einem Big-Data-Umfeld konzipiert worden. An die Integration der unterschiedlich strukturierten Daten aus den verschiedensten Datenquellen sowie ihre Themenorientierung werden deshalb nicht die strengen Anforderungen wie beim Data Warehouse gestellt. Der Data Lake ist eine unternehmungsweite Datenbank, in der Daten in ihrer Ursprungsform gehalten werden, d. h. als Rohdaten für Analysezwecke. Nutzer des Data Lake sind nicht Führungskräfte und Mitarbeiter, die bei der Entscheidungsfindung unterstützt werden sollen, sondern Spezialisten, die tiefer gehende Analysen durchführen. Aus den Rohdaten des Data Lake werden auch neu strukturierte Daten gewonnen und in das Data Warehouse übernommen (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 306 f.). Ansätze der Informationsgenerierung Mit dem Data Warehouse liegt ein zentraler, einheitlicher und konsistenter Datenbestand vor. Mit den Analysekomponenten zur Informationsgenerierung wird er für entscheidungsbezogene Fragestellungen strukturiert, in eine nutzeradäquate Form überführt und präsentiert. Für den Zweck der prädiktiven und der präskriptiven Analyse werden aus dem Datenbestand extrahierte Daten unter Verwendung von Modellen zusätzlich inhaltlich angereichert. Abb. 4.13 ordnet den Analysearten gängige Komponenten der Informationsgenerierung zu (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 91 ff.). Analyseart Komponenten der Informationsgenerierung deskriptive Analyse starres Reporting mit begrenzten Interaktionsmöglichkeiten (MIS, EIS) diagnostische Analyse OLAP (Ad-hoc-Reporting) prädiktive und präskriptive Analyse Data Mining und Machine Learning Decision-Support-Systeme Abb. 4.13: Komponenten der Informationsgenerierung <?page no="179"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 179 [1] OLAP (Online Analytical Processing) Mit „OLAP“ wird eine Gruppe von Technologien und Anwendungen zur Analyse großer Datenmengen aus verschiedenen Perspektiven bezeichnet. Diese Analysen sind geeignet, Entwicklungen zu erkennen und Erkenntnisse über ihre Ursachen zu gewinnen, um die Gültigkeit der vom Nutzer explizit oder implizit formulierten intuitiv gewonnenen Annahmen (Hypothesen) über Tatbestände, Zusammenhänge oder Entwicklungen zu überprüfen. OLAP ist deshalb den Ansätzen der Informationsgenerierung zur Hypothesenverifizierung zugeordnet (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmer (2008), S. 143). Genutzt werden kann OLAP für flexible Abfragen in multidimensionalen Datenräumen für ein Ad-hoc-Reporting. Es lässt sich durch seine fünf Kerneigenschaften kennzeichnen, die mit dem Akronym „FASMI“ bezeichnet werden (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 112; Gehring/ Gabriel (2022), S. 372): Fast (Geschwindigkeit): Beantwortung regulärer Abfragen innerhalb von 5 Sekunden, von komplexen Abfragen in maximal 20 Sekunden Analysis: Intuitive Analysen mit der Möglichkeit beliebiger Berechnungen Shared (geteilte Nutzung): Stabiler Mehrbenutzerbetrieb Multidimensionalität: Betrachtung verfügbarer quantitativer Datenbestände aus verschiedenen Perspektiven; beispielsweise lässt sich der Umsatz der Unternehmung aus zeitlicher (Umsatz jedes Monats), organisatorischer (Umsatz jedes einzelnen Unternehmungsbereichs) oder produktbezogener (Umsatz jedes einzelnen Produkts) Perspektive betrachten Information (Datenumfang): Stabilität der Antworten auch bei Auswertung großer Datenmengen OLAP-Anwendungen erlauben die schnelle, interaktive, hypothesengestützte Auswertung großer Datenbestände, die in mehrere Hypercubes (mehrdimensionale Datenwürfel) strukturiert sind, aus verschiedenen Perspektiven (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 310). Ein Hypercube ist das erweiterte Konzept eines zweidimensionalen Tabellenkalkulationsblatts. Während in einem Tabellenkalkulationsblatt Daten zweidimensional in Zeilen und Spalten organisiert sind, werden Daten in einem Hypercube nach mehreren Dimensionen strukturiert. Die Dimensionen eines Hypercubes beschreiben die Daten, die in seinen Zellen enthalten sind. Hypercubes werden themenbezogen gebildet, z. B. für die Themenbereiche „Einkauf“, „Lagerhaltung“, „Vertrieb“ und „Transport“. Sie dienen der Zusammenführung von Daten und der sie kennzeichnenden Dimensionen, die es ermöglicht, Daten über verschiedene Dimensionen direkt zu erschließen (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 367). Jeder Hypercube besteht aus mehreren Fakten, Dimensionen und Hierarchien. Fakten sind die Kennzahlen zu betriebswirtschaftlichen Sachverhalten, deren numerische Werte (Daten) in Hypercubes gespeichert werden sollen. Beispiele für Fakten <?page no="180"?> 180 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling in einem Hypercube für den Vertrieb sind „Absatzmenge“, „Absatzpreis“ und „Umsatz“. Jede Dimension zur Beschreibung der Daten bezeichnet eine Gruppe gleichartiger Objekte, denen die Daten in den Zellen des Hypercubes zugeordnet sind. Dimensionen des Vertriebs-Hypercubes können „Produkt“, „Gebiet“, „Kunden“ und „Zeit“ sein. Objekte der Dimension „Gebiet“ sind z. B. Länder, Regionen, Bezirke und Orte, in denen die Produkte abgesetzt werden. Dimensionen werden häufig mehrfach verwendet, d. h., sie gehen in mehrere Hypercubes ein (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmer (2008), S. 155 f.). Eine hierarchische Dimension bezeichnet eine Gruppe von Objekten, die in einer hierarchischen Beziehung zueinander stehen, d. h., jedes untergeordnete Objekt ist genau einem übergeordneten Objekt zugeordnet. Das Topobjekt an der Spitze der Hierarchie umfasst alle anderen Objekte. Hierarchische Dimensionen lassen sich damit in mehrere Teildimensionen zerlegen. Es entstehen unter- und übergeordnete Teildimensionen. Die Objekte einer Teildimension sind nicht hierarchisch, d. h., sie stehen gleichrangig nebeneinander. Hierarchische Dimensionen in einem Vertriebs- Hypercube sind u. a. „Gebiet“ mit den Teildimensionen „Land“, „Region“, „Bezirk“ und „Ort“ sowie die Dimension „Produkt“ mit den Teildimensionen „Marke“, „Produktgruppe“, „Produktart“ und „Produktvariante“. Die Objekte der Teildimensionen auf der untersten Ebene, der durch die Zerlegung einer hierarchischen Dimension entstehenden Hierarchie, sind die Basisobjekte. Logische Zusammenfassungen oder Kombinationen von Basisobjekten werden als verdichtete Objekte bezeichnet. Die den Basisobjekten zugeordneten Werte sind von außen vorgegeben. Verdichtungsvorschriften geben vor, wie die Werte der verdichteten Objekte aus den Werten der Basisobjekte ermittelt werden. Prinzipiell können hierbei alle statistischen und mathematischen Rechenoperationen zur Anwendung gelangen. Abb. 4.14 zeigt die Komponenten einer hierarchischen Dimension am Beispiel der Dimension „Produkt“ mit den Objekten „Absatzprogramm“, „Produktgruppe I“, …, „Produktart I/ 1“, …, „Produktvariante II/ 2/ B“. Für drei Dimensionen lässt sich ein Hypercube als Datenwürfel darstellen (vgl. Abb. 4.15). Jede Zelle dieses Würfels steht für den Kennzahlenwert, der jeweils einem Objekt jeder Dimension und seiner Teildimensionen zugeordnet ist. Die Dimension „Zeit“ kann die Teildimensionen „Quartal“ und „Monat“ haben. Die Produkte können eine Teildimension der Dimension „Produktgruppe“ sein und können selbst die Teildimension „Produktvariante“ haben. Für die Gebiete kann die Teildimension „Region“ berücksichtigt sein. In Abb. 4.15 handelt es sich bei diesem Kennzahlenwert um den Umsatz, der für eine spezifische Produktart in einem bestimmten Gebiet in einer genau bezeichneten Periode erzielt worden ist. Zur Auswertung der Hypercubes stehen in OLAP drei Gruppen analyseorientierter Operationen zur Verfügung (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 372): Navigationsoperationen: Veränderung des Verdichtungsgrads der Daten durch Aggregation oder Dekomposition, d. h. Wechsel auf eine jeweils übergeordnete oder untergeordnete Teildimension einer hierarchischen Dimension, Auswahloperationen: Selektionen der Daten, die den Objekten einer oder mehrerer Dimensionen zugeordnet sind, Anordnungsoptionen: Änderung der Sicht auf selektierte Daten. <?page no="181"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 181 Absatzprogramm Produktgruppe I Produktgruppe II Produktart I/ 1 Produktart I/ 1 Produktart I/ 1 Produktart II/ 2 Produktart II/ 1 Variante I/ 1/ B Variante I/ 1/ A K Variante II/ 2/ B Variante II/ 2/ A Objekte der Dimension "Produkt" Topobjekt Basisobjekte Verdichtete Objekte Produktgruppe Produktvariante Teildimensionen Produktart Abb. 4.14: Komponenten der hierarchischen Dimension „Produkt“ 2022 2023 2024 Gebiet A Gebiet B Gebiet C Produktart 1 Produktart 2 Produktart 3 Produktart 4 Umsatz Abb. 4.15: Datenwürfel für den Vertrieb Abb. 4.16 zeigt eine Auswahl von OLAP-Operationen für die Auswertung einer oder mehrerer Datenwürfel (vgl. Gehring/ Gabriel (2022), S. 373). Gruppe von Operationen Operationen Erläuterung Navigationsoperationen Drill-down Daten einer Teildimension werden in die Daten einer untergeordneten Teildimension aufgeschlüsselt. Roll-up oder Drill-up Daten einer Teildimension werden zu den Daten einer übergeordneten Teildimension verdichtet. Drill-across Daten aus mehreren Datenwürfeln, die identische Dimensionen (gleiche Dimensionen, unterschiedliche Fakten) nutzen, werden verknüpft. <?page no="182"?> 182 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Drill-through Wechsel zu einer anderen Datenquelle, um die einem aggregierten Wert zu einem Basisobjekt zugrunde liegenden detaillierten Daten verfügbar zu machen (erweiterte vertikale Recherche). Auswahloperationen Slice Die Daten, die einem oder mehreren Objekten einer Dimension eines Datenwürfels zugeordnet sind, werden ausgewählt. Dem Datenwürfel wird eine Scheibe entnommen, d. h. ein Tabellenblatt. Dice Die Daten, die einem oder mehreren Objekten mehrerer Dimensionen eines Datenwürfels zugeordnet sind, werden ausgewählt. Dem Datenwürfel wird ein neuer, kleinerer Datenwürfel entnommen. Anordnungsoperationen Rotation oder Pivotierung Es wird zwischen den im Datenwürfel enthaltenen Dimensionen gewechselt, um die Daten aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Der Datenwürfel wird horizontal oder vertikal gedreht, wodurch eine andere Seite (Datenmatrix) sichtbar wird. Ranging Es wird festgelegt, nach welchem Kriterium und in welcher Reihenfolge die Daten einer Dimension sortiert werden sollen. Abb. 4.16: Auswahl analyseorientierter OLAP-Operationen Beispiele zu den OLAP-Operationen Drill-down: Der Umsatz, der mit Produktart 3 im Jahr 2022 im Gebiet A erzielt worden ist, wird in monatliche Umsatzzahlen aufgeschlüsselt. Roll-up: Die Umsätze, die 2022 mit den Produktarten 1 - 4 im Gebiet A erzielt worden sind, werden zum Gesamtumsatz im Jahr 2022 im Gebiet A aggregiert. Drill-across: Mit dem Datenwürfel für den Vertrieb aus Abb. 4.15 und einem Datenwürfel für die Unternehmung mit den nach den Dimensionen „Produkt“, „Gebiet“ und „Zeit“ gegliederten variablen Kosten können durch drill-across die Deckungsbeiträge nach Produkt, Gebiet und Zeit analysiert werden. Drill-through: Für den Umsatz, der mit Produkt 2 im Jahr 2022 im Gebiet C erzielt worden ist, werden die Daten zu den Umsätzen jeder einzelnen Verkaufstransaktion verfügbar gemacht. Slice: Im Datenwürfel für den Vertrieb aus Abb. 4.15 werden die Umsatzdaten für Produktart 2 ausgewählt. Es werden die Umsätze visualisiert, die mit Produktart 2 in den verschiedenen Jahren in den einzelnen Gebieten erzielt worden sind. Dice: Im Datenwürfel für den Vertrieb werden die Umsatzdaten für das vierte Quartal 2022 für Gebiet A und das Produkt 2 ausgewählt. Es ergibt sich ein neuer Datenwürfel mit den Dimensionen „Monat des 4. Quartals 2022“, „Regionen des Gebiets A“ und „Produktvarianten der Produktart 2“. Rotation: Im Datenwürfel für den Vertrieb aus Abb. 4.15 wird von der Ansicht „Produkt/ Zeit“ zur Ansicht „Produkt/ Gebiet“ gewechselt. Ranging: Im Datenwürfel für den Vertrieb werden die Umsatzdaten der Dimension „Gebiet“ alphabetisch sortiert, die der Dimension „Produkt“ numerisch aufsteigend und die der Dimension „Zeit“ chronologisch. <?page no="183"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 183 [2] Data Mining Eine weitere Möglichkeit zur Nutzung des Data Warehouse für die Informationsgenerierung ist das Data Mining. Es ist geeignet, bisher unbekannte Muster in den Daten des Data Warehouse zu identifizieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen sollen zum einen Annahmen über relevante Zusammenhänge validiert werden. Zum anderen sollen aber auch Annahmen über unbekannte Zusammenhänge generiert werden. Anders als OLAP eignet sich Data Mining nicht nur zur Hypothesenverifizierung, sondern auch zur Hypothesengenerierung (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 191). Nach der Art der zu erkennenden Muster werden mehrere Funktionen des Data Mining unterschieden (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 128 f.): Abweichungsanalyse: Ermittelt werden die Abweichungen von der Norm. Identifizierte Abweichungen können auf Sachverhalte hinweisen, die weitere Untersuchungen erfordern. Als Beispiel kann die Analyse von Transaktionsdaten zur Erkennung potenzieller Betrugsfälle (z. B. Kreditkartenmissbrauch) genannt werden. Klassifikation: Objekte werden nach ihren Merkmalen vordefinierten Klassen zugeordnet, wie z. B. bei der Bonitätsanalyse für die Kreditvergabe. Clusterung: Ähnliche Objekte werden zu Gruppen zusammengefasst. Es sollen Cluster mit Objekten abgegrenzt werden, die möglichst homogen sind. Die Objekte, die verschiedenen Clustern zugeordnet sind, sollten dabei möglichst heterogen sein. Ein Beispiel ist die Abgrenzung von Käufergruppen für die Gestaltung einer zielgruppenspezifischen Absatzpolitik (Marktsegmentierung). Zeitreihenanalyse: Erkennen von Mustern in Zeitreihendaten, die auf Veränderungen von Kennzahlen im Zeitablauf hinweisen. Zweck kann die Identifikation saisonaler Schwankungen oder von Situationen sein, in denen in der Vergangenheit bestimmte Veränderungen eingetreten sind. Beispielsweise kann die Änderung der Nachfrage vor oder während sportlicher Großveranstaltungen prognostiziert werden. Regression: Aufdecken und mathematische Beschreibung funktionaler Abhängigkeiten ausgewählter Größen von einer oder mehreren anderen Größen. Die gewonnenen Funktionen werden für Wirkungsprognosen eingesetzt. Ein Beispiel ist die Analyse der Abhängigkeit der Absatzmenge eines Produkts vom Preis und den Werbeausgaben für die Prognose der Absatzmenge bei geplanten Änderungen des Preises und der Werbeausgaben. Assoziationsanalyse: Aufdecken von Beziehungen zwischen Objekten oder Merkmalen, die als Wenn-dann-Regeln zu interpretieren sind. Identifiziert werden Objekte, die häufig gemeinsam vorkommen. Beispielsweise werden im Versandhandel Artikel identifiziert, die häufig gemeinsam gekauft werden, um Kunden, die bereits Artikel in ihren Warenkorb haben, gezielt weitere Artikel zu empfehlen. Aus diesen Grundkonzepten für das Data Mining ist eine Vielzahl spezifischer Varianten der Datenmusterkennung hergeleitet worden, wie z. B. das Text Mining und das Web Mining (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 194 f.). Ein dem Data Mining verwandtes Konzept mit einem etwas anderen Schwerpunkt ist das Machine Learning. Data Mining bezieht sich auf den Prozess des Entdeckens von Mustern. Machine Learning ist darauf ausgerichtet, Muster zu erkennen und sie für automa- <?page no="184"?> 184 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling tisierte Vorhersagen zu nutzen, d. h. für Vorhersagen, die nicht explizit programmiert worden sind (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 93). Das Data Mining ist eine Verfahrensgruppe des Knowledge Discovery in Databases (KDD). Aufgabe des Knowledge Discovery in Databases ist, das in umfangreichen Datenbeständen implizit vorhandene Wissen zu identifizieren und explizit zu machen. Das aufzudeckende Wissen sollte zuvor unbekannt und leicht verständlich sein sowie einen potenziellen Nutzen haben. Das Knowledge Discovery in Databases umfasst den gesamten Prozess der Wissensentdeckung mit den folgenden Phasen: Extraktion der für das zu lösende Problem relevanten Daten aus dem Data Warehouse und separate Speicherung dieser Daten, Überprüfung der extrahierten Daten auf Aktualität, Lückenlosigkeit und Widerspruchsfreiheit, Aufbereitung der extrahierten Daten zur Schaffung einer geeigneten Grundlage für einen effizienten Data-Mining-Prozess, Data-Mining-Prozess zur Identifikation potenziell interessanter Muster in den extrahierten und aufbereiteten Daten, die anschließend in der Form logischer und funktionaler Abhängigkeiten abgebildet werden; Überprüfung der Ergebnisse auf Relevanz und Plausibilität; Präsentation der Ergebnisse sowie ihre Interpretation und Evaluation für die Problemstellung durch den Nutzer. Für den Prozess des Data Mining steht eine Vielzahl von Methoden aus der Statistik (z. B. Regressions- und Korrelationsanalyse), dem Operations Research (Entscheidungsbaumverfahren) und der Informatik (z. B. Künstliche Neuronale Netze) zur Verfügung. Komponenten für die Informationsbereitstellung Der dritten Schicht des BIA-Ordnungsrahmens sind u. a. die Komponenten für die Präsentation und Visualisierung der Ergebnisse der Informationsgenerierung und die Steuerung des Zugriffs auf die Analysekomponenten zugeordnet. Komponenten dieser dritten Schicht sind u. a. Dashboards für die Präsentation und Visualisierung sowie Portale für die Steuerung des Zugriffs. Für den Zugriff auf Analysekomponenten und Inhalte des Business Intelligence & Analytics werden Portale eingerichtet. Portale integrieren unterschiedliche Analysekomponenten (OLAP, Data Mining) und Inhalte (Berichte, Dashboards) unter einer gemeinsamen Oberfläche. Konstituierendes Merkmal von Portalen ist die individualisierte Arbeitsoberfläche, die es Mitarbeitern erlaubt, auf diejenigen Analysekomponenten und Inhalte des Business Intelligence & Analytics zugreifen zu können, die sie für die Bearbeitung ihrer Aufgaben benötigen. Die Individualisierung der Arbeitsoberfläche ermöglicht zudem die Anpassung der Darstellung und der Inhalte an den Informationsbedarf des jeweiligen Mitarbeiters. Portale bieten Zugriffs- und Sicherungsfunktionen. Sie stellen einerseits sicher, dass nur berechtigte Nutzer auf bestimmte Analysekomponenten und Inhalte zugreifen können. Andererseits erlauben sie ein Single Sign On, d. h., ein Nutzer hat durch die einmalige Anmeldung Zugriff <?page no="185"?> 4.2 Ansätze für die Informationsversorgung des Managements 185 auf alle Inhalte und Analysekomponenten, die seinem Berechtigungsprofil entsprechen. Oftmals sehen Portale auch Funktionen für die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch innerhalb der Unternehmung vor, wie z. B. für das Teilen von Daten und Berichten sowie das Kommentieren und Diskutieren (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 312 ff.). Die Funktion der Präsentation und der Visualisierung, d. h. der graphischen Präsentation, ist die Aufbereitung und Ausgabe von Standard- und Abweichungsberichten zu unterschiedlichen Themenbereichen. Diese Berichte zeichnen sich durch eine vordefinierte Struktur und eine relativ starre Form aus und richten sich an eine große Zahl passiver Informationsnutzer. Eine weitergehende Funktion ist die interaktive Informationsvisualisierung im Prozess der Datenanalyse in freien Abfragesystemen. Ziel der Präsentation und Visualisierung ist es, die Informationen effektiv und effizient zugänglich zu machen (vgl. Baars/ Kemper (2021), S. 288 f.). Mögliche Elemente der Präsentation und Visualisierung von Informationen sind Diagramme (z. B. Säulen-, Balken-, Punkt- und Blasendiagramme), Tabellen, Texte (Beschreibungen, Erklärungen, Hinweise) und Graphiken (z. B. Ablaufpläne, Organigramme, Landkarten). Die Informationen können in papiergebundener Form oder direkt am Bildschirm mobiler Endgeräte mit interaktiver Navigation in den Berichten bereitgestellt werden. Ein Format für die netzbasierte Publikation von Berichten ist das Dashboard. Es zeichnet sich durch eine komprimierte, einheitliche und meist graphische Darstellung ausgewählter Schlüsselkennzahlen aus unterschiedlichen Bereichen der Unternehmung auf einer oder wenigen Bildschirmseiten aus (vgl. Hansen/ Mendling/ Neumann (2019), S. 314 f.). Sie können interaktiv genutzt werden und ermöglichen über OLAP- Operationen verschiedene Sichten auf relevante Objekte (vgl. International Group of Controlling (2017), S. 46). Eingesetzt werden können Dashboards zur Überwachung von Kennzahlen, zur Identifizierung von Trends und Mustern oder zur Verfolgung von Zielen und Leistungsindikatoren. Dazu werden Daten aus mehreren Quellen zusammengeführt, visualisiert und zu einem übersichtlichen und leicht verständlichen Überblick zusammengestellt. Um das Verstehen von Berichten zu vereinfachen und zu beschleunigen, sollte die Gestaltung von Reports, Berichtsseiten, Diagrammen und Dashboards einer Reihe von Anforderungen genügen. Die International Business Communication Standards sind ein Regelwerk zur Umsetzung folgender Anforderungen an die Gestaltung von Berichten: Say, Unify, Condense, Check, Enable, Simplify und Structure. Nach dem aus den Anfangsbuchstaben dieser Anforderungen gebildeten Akronym wird es als „SUCCESS-Regelwerk“ bezeichnet. Es ist entsprechend der gestellten Anforderungen in sieben Regelgruppen gegliedert. Abb. 4.17 zeigt einen Auszug aus diesem Regelwerk (vgl. Gerths/ Hichert (2013), S. 15 ff.). Nach diesen Regeln gestaltete Diagramme, Tabellen, Analysen und Berichte zu Fachthemen finden sich bei Hichert/ Faisst ((2017), S. 139 ff.) und Faisst ((2019), S. 20 ff.). <?page no="186"?> 186 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Anforderung Regeln Say: Es sollen Einsichten oder Botschaften vermittelt werden. Es werden Antworten in der Form von Feststellungen, Erklärungen und Empfehlungen auf die Fragen der Informationsnutzer gegeben. Botschaften werden in geeigneter Form hervorgehoben (Pfeile, Farbgebung, Einrahmung). Diagramme haben einen Titel mit allen Dimensionen und Einheiten. Diagramme werden mit ergänzenden Inhalten versehen. Unify: Sachverhalte mit gleicher Bedeutung sollen einheitlich dargestellt werden. Es werden Darstellungsstandards für die Gestaltung von Diagrammen, Tabellen, Texten und Graphiken, die Visualisierung von Daten (Kennzahlen, Dimensionen, Analysen) sowie die Wahl von Formaten (Formen, Farben, Schriften) festgelegt. Die Darstellungsstandards werden bei der Erstellung aller Berichte eingehalten. Condense: Es soll eine hohe Informationsdichte geboten werden. Auf einer Seite werden möglichst viele Diagramme gezeigt, um Zahlenwerte in einem größeren Zusammenhang zu präsentieren. Auf einer Seite werden möglichst viele Daten präsentiert, um komplexe Inhalte schnell und verständlich zu vermitteln. Check: Richtige und wichtige Daten sollen regelkonform präsentiert werden. Es werden aktuelle und relevante Daten präsentiert. Es werden Diagramme verwendet, die eine Aussage oder Botschaft klar und eindeutig visualisieren (z. B. Vermeiden falscher visueller Eindrücke, Übereinstimmung mit angegebenen Zahlenwerten). Diagramme werden korrekt skaliert, d. h., Achsen werden nicht abgeschnitten und Diagrammelemente nicht manipuliert. Enable: Die organisatorische und technische Erstellung der Berichte soll gute Ergebnisse ermöglichen. Simplify: Berichte sollen einfach gestaltet sein, d. h. keine Darstellungselemente ohne Bedeutung enthalten. Der Fokus wird auf die für die Botschaft relevanten Daten gelegt. Redundanzen werden vermieden. Auf ablenkende Details und dekorative Elemente wird verzichtet. Structure: Berichtsinhalte sollen korrekt strukturiert sein. Es werden nur Daten zu gleichartigen und überschneidungsfreien Objekten nebeneinandergestellt. Ein Sachverhalt wird vollständig dargestellt. Abb. 4.17: Auszug aus dem SUCCESS-Regelwerk <?page no="187"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 187 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung Informationsversorgende Aufgaben des Controlling Systemgestaltende Aufgaben des Controlling In der Literatur wird als systemgestaltende Aufgabe des Controlling zur Umsetzung seiner Informationsversorgungsfunktion die Gestaltung eines Informationsversorgungssystems genannt. Das Informationsversorgungssystem ist der Teil des Informationssystems der Unternehmung mit der Funktion, den Informationsstand und die Informationsversorgung des Managements zu verbessern (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 193, 196). Informationsteilsysteme mit dieser Funktion sind die Berichtssysteme (Data-Support-System) und die entscheidungsunterstützenden IT-Systeme (Decision-Support-Systeme, BI&A-Ansätze). Das Informationsversorgungssystem schafft ein Informationsangebot, das Managern bereitgestellt wird oder von ihnen direkt abgerufen werden kann. Neben Informationsversorgungssystemen umfasst das Informationssystem der Unternehmung (vgl. Abb. 4.2) auch operative Informationssysteme mit mengenorientierten Transaktionssystemen und wertorientierten Abrechnungssystemen (z. B. Finanzen, Rechnungswesen). Diese dienen dem Informationsversorgungssystem als Datenquelle. Das Informationsversorgungssystem übernimmt aus operativen Informationssystemen interne Daten, verarbeitet diese mit Daten aus externen Quellen, bereitet sie auf und übermittelt sie dem Management. Informationsversorgungssysteme können deshalb nicht unabhängig von den operativen Informationssystemen gestaltet werden. Gegenstand der systemgestaltenden Aufgaben des Controlling kann damit nur das gesamte formale Informationssystem der Unternehmung sein. Die Gestaltung eines formalen Informationssystems ist eine Folge zeitlich befristeter, relativ neuartiger und komplexer Aufgaben, die von Mitarbeitern aus Fachabteilungen (z. B. IT, Rechnungswesen, Organisation), dem Controlling und den betroffenen Unternehmungsbereichen in Projekten bearbeitet werden. Das Management entscheidet über die Durchführung der Projekte, legt für jedes dieser Projekte ein Budget fest und erteilt den Auftrag zur Durchführung der Projekte. In diesen Projekten ist es die Aufgabe des Controlling, das Informationsangebot des zu gestaltenden Informationssystems am Informationsbedarf des Managements auszurichten, d. h., es ist für die inhaltliche Gestaltung des Informationsangebots verantwortlich. Die systemgestaltende Informationsversorgungsaufgabe des Controlling ist die Entwicklung des (inhaltlichen) Informationsversorgungskonzepts sowie die Sicherstellung seiner informationstechnischen Umsetzung durch die Fachabteilungen (vgl. Reichmann/ Fritz/ Nölken (1993), S. 475). <?page no="188"?> 188 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling In einem Informationsversorgungskonzept werden alle Anforderungen festgehalten, denen ein zu gestaltendes Informationssystem genügen sollte, um ein mit dem festgestellten Informationsbedarf des Managements abgestimmtes Informationsangebot bereitstellen zu können. Seine informationstechnische Umsetzung vollzieht sich in einem Prozess mit den folgenden Phasen: Designphase, Implementierung sowie Produktivsetzung. In der Designphase werden die Anforderungen des Informationsversorgungskonzepts für die technische Implementierung des Informationssystems präzisiert. In dieser Phase wird u. a. die Systemarchitektur mit den Hardware- und Softwarekomponenten festgelegt. Während der Implementierung werden alle Anforderungen systemtechnisch bis zur lauffähigen Gesamtlösung des Informationssystems realisiert. In der Phase der Produktivsetzung des Informationssystems werden sein Einsatz vorbereitet und die erforderlichen Strukturen geschaffen. Anschließend wird es für die Nutzung freigegeben (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 279 ff.). Informationsbedarf und Informationsnachfrage des Managements unterliegen einem ständigen Wandel. Ursachen für Veränderungen können die Implementierung neuer oder angepasster Strategien, Änderungen bei den Unternehmungs- und Umweltbedingungen und die Umgestaltung der Koordinationssysteme sein. Zudem können auch jeder personelle Wechsel im Management sowie die bei der Entscheidungsfindung und -koordination gesammelten Erfahrungen Einfluss auf den Informationsbedarf und die Informationsnachfrage haben (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 198). Die systemgestaltende Informationsversorgungsaufgabe des Controlling ist damit eine Daueraufgabe, die sich auf die Neugestaltung und alle Anpassungen des Informationssystems der Unternehmung bezieht. Die systemgestaltende Aufgabe des Controlling bei der Sicherung der Informationsversorgung des Managements gliedert sich in folgende Teilaufgaben: Analyse des Informationsbedarfs des Managements, Bewertung des Informationsbedarfs des Managements, Erarbeitung des Informationsversorgungskonzepts, Begleitung der informationstechnischen Umsetzung des Informationsversorgungskonzepts, Schaffen von Akzeptanz für das Informationssystem bei seinen Nutzern und Informationsempfängern sowie Überwachung und Anpassung des Informationssystems. [1] Analyse des Informationsbedarfs Bei der Gestaltung jeglicher Art informationstechnischer Unterstützungssysteme ist die Informationsbedarfsanalyse eine der zentralen Aufgaben. Mit der Informationsbedarfsanalyse werden die Voraussetzungen geschaffen, um das Informationsangebot des zu gestaltenden Informationssystems an dem Informationsbedarf und der Informationsnachfrage des Managements auszurichten. Ziel der Informationsbedarfsanalyse ist es zu ermitteln, wann und von wem welche Informationen in welcher Form für die Entscheidungsfindung und Koordination benötigt werden. Zu bestim- <?page no="189"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 189 men sind Inhalt, Menge und Qualität der benötigten Informationen, die Position in der Managementhierarchie, in der diese Informationen benötigt werden, sowie der Zeitpunkt oder Anlass, zu dem der Informationsbedarf auftritt (vgl. Gluchwoski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 265). Gegenstand der Informationsbedarfsanalyse sind der objektive und der subjektive Informationsbedarf und die Informationsnachfrage des Managements. [2] Bewertung des Informationsbedarfs Um dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zu genügen, sollte der Nutzen der durch das Informationssystem bereitgestellten Informationen die Kosten rechtfertigen, die für den Aufbau und den Einsatz des Informationssystems anfallen. Die Bewertung des Informationsbedarfs umfasst die Beurteilung dieses Nutzens der Informationen des festgestellten Informationsbedarfs. Bei der informationstechnischen Umsetzung des Informationsversorgungskonzepts wird auf der Grundlage dieser Bewertung entschieden, welche Teile des festgestellten Informationsbedarfs aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht im Informationsangebot des Informationssystems enthalten sein sollen (vgl. Reichmann/ Fritz/ Nölken (1993), S. 475). In der Literatur zur Entscheidungstheorie wird vorgeschlagen, als Nutzen einer Information ihre Entscheidungswirkung zu bestimmen (vgl. z. B. Laux/ Gillenkirch/ Schenk-Mathes (2018), S. 356 f.), d. h. die Differenz des Zielbeitrags einer Entscheidung mit dieser Information und dem Zielbeitrag der Entscheidung ohne diese Information. Diese Art der Bewertung ist für Informationen ungeeignet, die allenfalls mittelbar für die Entscheidungsfindung genutzt werden, wie z. B. Frühwarn- und Kontrollinformationen. Weiterhin stehen dieser Vorgehensweise drei grundsätzliche Probleme entgegen (vgl. Berthel (1975), S. 51 ff.): Bewertungsparadoxon oder Zirkelproblem Die Differenz des Zielbeitrags der Entscheidungen mit und ohne die Information ist erst ermittelbar, wenn der Inhalt der Information bekannt ist. Komplexität des Prognoseproblems Die Prognose des Zielbeitrags einer Entscheidung mit der zu generierenden Information ist ein komplexes Problem, da zunächst die Inhalte der gesuchten Information zu prognostizieren wären. Die prognostizierten Inhalte der gesuchten Information können für eine Vielzahl von Entscheidungen relevant sein, die alle zu identifizieren wären. Der Inhalt der zu generierenden Information kann Auswirkungen auf das Verhalten der Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung, -durchsetzung und -realisation haben, die in die Prognose der Zielwirkungen einzubeziehen wären. Zurechnungsproblem Der Zielbeitrag einer Entscheidung wird üblicherweise durch mehrere Informationen und die Sorgfalt ihrer Auswertung für die Entscheidungsfindung und Koordination beeinflusst. Es stellt sich deshalb die Frage, wie die Zielwirkung auf die einzelnen Informationen und ihre Auswertung verrechnet werden soll. Ein pragmatischer Ansatz zur Bewertung des Informationsbedarfs ist die Abgrenzung mehrerer Nutzenkategorien (z. B. „unverzichtbar“, „wichtig“, „verzichtbar“), denen die Elemente des festgestellten Informationsbedarfs zugeordnet werden. Für diese Zuordnung werden Indikatoren formuliert, von deren Ausprägung oder Ver- <?page no="190"?> 190 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling änderung auf den Nutzen einer Information geschlossen werden kann. Beispiele für diese Indikatoren sind die Relevanz (z. B. Wahrscheinlichkeit oder Zielwirkungen einer Fehlentscheidung bei Verzicht auf die Information), Verwendungsbereich, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Aktualität. [3] Erarbeitung des Informationsversorgungskonzepts Zentrale Aufgabe des Controlling bei der Erarbeitung des Informationsversorgungskonzepts ist die semantische Normierung betriebswirtschaftlicher Begriffe und Größen. Im Informationsversorgungskonzept wird festgeschrieben, was unter den Begriffen zu verstehen ist, woraus sich Größen zusammensetzen, wie sie berechnet werden und wie sie zu interpretieren sind. Nur wenn Klarheit über Begriffe, Größen und Berechnungsvorschriften besteht, können die Informationen aus dem Informationssystem zielorientiert ausgewertet und interpretiert werden (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 121, 124). Die Anforderungen an das Informationssystem betreffen die wertorientierten Abrechnungssysteme (z. B. die Kosten-, Leistungs- und Erlösrechnung) sowie die Datenbereitstellung, die Informationsgenerierung und die Informationsbereitstellung des Informationsversorgungssystems. Abb. 4.18 nennt einige Aspekte, zu denen Anforderungen formuliert und im Informationsversorgungskonzept festgehalten werden sollten (z. B. Reichmann/ Fritz/ Nölken (1993), S. 482; Gluchowski/ Dittmar/ Gabriel (2008), S. 121 ff.). Komponente des Informationssystems Beispiele zu den Inhalten der Anforderungen im Informationsversorgungskonzept wertorientiertes Abrechnungssystem Abgrenzung der Objekte (z. B. Abgrenzung der Kostenstellen, Länge der Abrechnungsperioden) Verfahren (z. B. Verfahren zur Erfassung, Verrechnung von Kosten) Informationsversorgungssystem Datenbereitstellung Themen für das Data Warehouse und die Data Marts Auswahl und Zuordnung der Daten zu den Themen Rhythmus der Übernahme der Daten aus den Datenquellen zur Sicherung der Aktualität der generierten Informationen Informationsgenerierung OLAP: Fakten, Dimensionen, Objekte der Hypercubes Data Mining: Fragestellungen, Art der zu erkennenden Muster, Verfahren der Mustererkennung Fragestellungen, Modelle und Verfahren für Decision-Support-Systeme Informationsbereitstellung Reporting: Arten von Berichten, Inhalte der Berichte Gestaltung der Berichte und Dashboards sowie ihrer Inhalte Empfänger der Berichte Schwellenwerte für Abweichungsberichte, zeitlicher Rhythmus der Standardberichte Definition der Zugriffsrechte einzelner Manager Abb. 4.18: Inhalte des Informationsversorgungskonzepts <?page no="191"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 191 [4] Begleitung der informationstechnischen Umsetzung Bei der informationstechnischen Umsetzung des Informationsversorgungskonzepts ist es die Aufgabe des Controlling, die anforderungsgerechte Gestaltung des Informationssystems sowie seine Wirtschaftlichkeit zu sichern. Dazu überprüft das Controlling, ob das Design des Informationssystems und die lauffähigen Komponenten den jeweils relevanten Anforderungen im Informationsversorgungskonzept genügen (vgl. Reichmann (1996), S. 565 f.). Auf der Grundlage des Designs des Informationssystems prognostiziert das Controlling die Kosten für den Aufbau und den Betrieb des Informationssystems. Die Ergebnisse der Bewertung des Informationsbedarfs bilden die Grundlage für die Anpassung des Informationsversorgungskonzepts bei Abweichungen der prognostizierten Kosten von den Vorgaben. [5] Schaffen von Akzeptanz Barrieren und Widerstände der Manager können die Nutzung des Informationssystems und seiner Inhalte beeinträchtigen. Eine Barriere ist ein Tatbestand, der die Nutzung des Informationssystems und seiner Informationen beeinträchtigen oder sogar verhindern kann (vgl. Witte (1998), S. 13). Nach den Ursachen werden Willens- und Wissensbarrieren unterschieden. Willensbarrieren sind in einer negativen Einstellung des Managements gegenüber den Veränderungen durch das Informationssystem begründet. Die fehlende Einsicht in die Notwendigkeit des Informationssystems, unklare Vorstellungen über seinen Nutzen und die fehlende Bereitschaft zur Anpassung an veränderte Vorgehensweisen sind Beispiele für Ursachen von Willensbarrieren. Eine Wissensbarriere ist der Tatbestand, dass Manager tatsächlich oder vermeintlich nicht in der Lage sind, das Informationssystem oder sein Informationsangebot zu nutzen (vgl. Witte (1998), S. 13 f.). Barrieren sind zunächst nur Störpotenziale. Werden sie nicht beseitigt, kommt es zu Widerstand, d. h. das Informationssystem und sein Informationsangebot werden nicht, nicht im vollen Umfang oder absichtlich falsch genutzt (vgl. Hauschildt u. a. (2016), S. 33 f.). Aufgabe des Controlling ist es, bei den betroffenen Managern Akzeptanz für das Informationssystem zu schaffen, indem es Barrieren abbaut und damit das Entstehen von Widerständen verhindert. Um die notwendige Akzeptanz zu schaffen, sind die Nutzungspotenziale und Vorteile des Informationssystems aufzuzeigen, aber auch seine Grenzen und Schwächen zu adressieren. Zudem sind Schulungen anzubieten, die in die Nutzung des Informationssystems und in die Auswertung und Interpretation seiner Inhalte einführen (vgl. Reichmann (1996), S. 568; Schäffer/ Weber (2021), S. 3). [6] Überwachung und Anpassung Informationsbedarf und Informationsnachfrage des Managements unterliegen einem ständigen Wandel. Nach der Produktivsetzung des Informationssystems ist es deshalb die Aufgabe des Controlling, das Informationsversorgungskonzept regelmäßig zu aktualisieren sowie das Informationssystem zu überwachen und anzupassen. Es ist zu überprüfen, ob das implementierte Informationssystem den Anforderungen aus dem Informationsversorgungskonzept genügt. Gegenstand der Überwachung sind die Art und der Umfang der Nutzung durch das Management und der Beitrag der bereitgestellten Berichte und Analysemöglichkeiten zur Unterstützung des Managements bei der Entscheidungsfindung und Koordination (vgl. Reichmann (1996), S. 565 f.). <?page no="192"?> 192 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Anregungen und Wünsche des Managements sind aufzugreifen und für die kontinuierliche Verbesserung und Weiterentwicklung des Informationssystems zu nutzen (vgl. Schäffer/ Weber (2021), S. 3). Während der gesamten Nutzungsphase des Informationssystems ist es Aufgabe des Controlling, Veränderungen im Management und bei seinen Aufgaben zu identifizieren, ihre Wirkungen auf den Informationsbedarf und die Informationsnachfrage zu analysieren, Änderungen des Informationsversorgungskonzepts zu erarbeiten und zu bewerten sowie eine Entscheidung des Managements zur Anpassung des Informationssystems herbeizuführen. Das Controlling kann ein Projekt zur Anpassung und Weiterentwicklung des Informationssystems anregen, ausgelöst wird es jedoch erst durch die Entscheidung des verantwortlichen Managers. Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling Die Aufgaben des Managements auf den höheren Ebenen der Managementhierarchie verändern sich kontinuierlich und damit auch ihr Informationsbedarf (vgl. Rockart (1979), S. 82 f.). Mit formalen Informationssystemen allein kann die Informationsversorgung des Managements deshalb nicht sichergestellt werden. Neben die systemgestaltenden Aufgaben des Controlling treten deshalb zusätzlich noch prozessunterstützende Aufgaben, die parallel zu Entscheidungs- und Koordinationsprozessen des Managements ausgeführt werden. Zweck dieser prozessunterstützenden Aufgaben des Controlling ist es, Lücken im Informationsangebot des formalen Informationssystems zu schließen und Fehler bei der Informationsauswertung zu vermeiden. Formale Informationssysteme decken den vorhersehbaren Informationsbedarf von Routineentscheidungen sowie anderer Entscheidungen, die regelmäßig zu treffen sind. Es sind jedoch gewöhnlich auch Entscheidungsprobleme zu bearbeiten, deren Informationsbedarf nicht vorab bekannt ist. Das sind u. a. Entscheidungen, die erstmalig oder einmalig zu lösen sind, aber auch Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten, da deren Informationsbedarf nicht vorab, sondern nur parallel zum Entscheidungsprozess ermittelt werden kann. Der Informationsbedarf dieser Entscheidungen ist nicht vorhersehbar und kann nicht durch die vom formalen Informationssystem routinemäßig bereitgestellten Informationen gedeckt werden (Felder 2, 5 und 6 in Abb. 4.3). Es ist eine prozessunterstützende Aufgabe des Controlling, das Management mit den Informationen zur Deckung des Informationsbedarfs und der Informationsnachfrage in laufenden Entscheidungs- und Koordinationsprozessen zu versorgen, die durch das formale Informationssystem nicht routinemäßig bereitgestellt werden. Manager werden prozessunterstützend durch das Controlling oder routinemäßig aus dem Informationssystem mit den für die Entscheidungsfindung und Koordination benötigten Informationen versorgt. Sind diese Informationen nicht nachgefragt worden (Felder 3 und 5), werden sie vom Manager möglicherweise nicht ausgewertet. Die Qualität der Entscheidungsfindung und Koordination wird dadurch ebenso beeinträchtigt, wie durch die Auswertung von Informationen aus einer fehlgeleiteten Informationsnachfrage (Felder 4 und 6). Die Informationsauswertung des Managements in laufenden Entscheidungs- und Koordinationsprozessen am Informationsbedarf auszurichten, ist eine weitere prozessunterstützende Aufgabe des Controlling. <?page no="193"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 193 Die prozessunterstützende Aufgabe des Controlling ist es, in den Entscheidungs- und Koordinationsprozessen benötigte Informationen bereitzustellen, die über das Informationsangebot des formalen Informationssystems hinausgehen, und die Informationsauswertung des Managements am Informationsbedarf auszurichten. Sie umfasst die problemspezifische Informationsversorgung sowie die informationsbezogene Beratung des Managements. [1] Problemspezifische Informationsversorgung Gegenstand dieses Bereichs der prozessunterstützenden Informationsversorgungsaufgaben des Controlling sind Informationen, die über das Informationsangebot oder die Abfragemöglichkeiten des Informationssystems hinausgehen. Für die problemspezifische Informationsversorgung fasst das Controlling alle für die Deckung eines identifizierten, jedoch noch nicht gedeckten Informationsbedarfs relevanten Daten aus unternehmungsinternen und -externen Datenquellen zusammen. Es analysiert diese Daten und bereitet sie so auf, dass sie die vom Management bevorzugte Form und Qualität haben und für die verfolgten Absichten als relevant erkannt und akzeptiert werden. Anschließend stellt das Controlling die Informationen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort bereit (vgl. Reichmann/ Kißler/ Baumöl (2017), S. 67 f.). Aufgaben der problemspezifischen Informationsversorgung können im Einzelnen sein (in Anlehnung an Taschner (2013), S. 41 ff.): die Analyse des Informationsbedarfs, die Identifikation und Erschließung benötigter Datenquellen, das Generieren der Informationen sowie die Aufbereitung und Übermittlung der Informationen an das Management. Sofern ein Entscheidungsproblem erstmalig oder einmalig zu treffen ist oder Strukturdefekte aufweist, ist die Informationsbedarfsanalyse auch eine prozessunterstützende Aufgabe des Controlling. Diese wird als informationsbezogene Problemanalyse durchgeführt und ist Teil des Problemlösungsprozesses bei der Entscheidungsfindung. Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten werden während des Problemlösungsprozesses strukturiert und in ein Entscheidungsmodell zur Auswahl der optimalen Alternative überführt. In diesem Problemlösungsprozess sind sukzessive Informationen auszuwerten, um in mehreren Schritten schließlich zur Problemlösung zu gelangen. Bei der informationsbezogenen Problemanalyse wird in jeder einzelnen Phase des Problemlösungsprozesses der Informationsbedarf auf deduktiv-logischem Wege aus den bereits festliegenden Elementen des Entscheidungsmodells hergeleitet (vgl. Berthel (1992), Sp. 882). Liegt das Ergebnis einer Informationsbedarfsanalyse oder ein vom Management nachgefragter, jedoch nicht gedeckter Informationsbedarf vor, wird analysiert, welche Daten zur Deckung des Informationsbedarfs zu erfassen und auszuwerten sind. Für diese Daten sind unternehmungsinterne und -externe Datenquellen zu finden. Interne Datenquellen können die operativen Informationssysteme oder die informalen Informationssysteme bei den Mitarbeitern sein. Für jede dieser Datenquellen sind die Zugriffsmöglichkeiten zu klären, die Kosten der Datenbeschaffung zu ermitteln <?page no="194"?> 194 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling und die Datenqualität vor dem Hintergrund der Merkmale des Informationsbedarfs zu beurteilen (vgl. Taschner (2013), S. 41). Die Daten werden aus den externen Datenquellen beschafft, aus dem formalen Informationssystem abgerufen, bei Mitarbeitern mit informalen Informationssystemen abgefragt oder es wird die Erfassung der Daten veranlasst. Die Daten werden anschließend ausgewertet, um die zur Deckung des Informationsbedarfs benötigten Informationen zu generieren. Für eine benutzergerechte Darstellung werden die generierten Informationen in Diagramme, Tabellen und Graphiken überführt und zu einem Bericht zusammengefasst. Dieser wird mit Kommentaren zur Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Aktualität der Informationen versehen. Der Bericht wird übermittelt, erläutert und mit dem Informationsnutzer durchgesprochen. Darüber hinaus sollte der Bericht in einer Form archiviert werden, dass er für alle Manager dauerhaft zugänglich ist (vgl. Taschner (2013), S. 43). [2] Informationsbezogene Beratung Die informationsbezogene Beratung des Managements ist eine prozessunterstützende Aufgabe des Controlling, die sich parallel zu allen Entscheidungs- und Koordinationsprozessen vollzieht. Gegenstand der Beratung können die Informationen des Informationssystems, die vom Controlling prozessunterstützend bereitgestellten Informationen oder die vom Management nachgefragten Informationen sein. Betreffen kann die Beratung die Auswertung bereitgestellter Informationen oder die Abstimmung von Informationsbedarf, Informationsnachfrage und Informationsnutzung. Durch die Beratung bei der Auswertung soll das Management in die Lage versetzt werden, die Relevanz, die zeitliche Eignung, den Aussagegehalt, den Wahrheitsgehalt und die Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen zu beurteilen. Dazu klärt das Controlling das Management bei Bedarf z. B. über die Art und die Quellen der ausgewerteten Daten, die bei der Verarbeitung der Daten verwendeten Methoden und Modelle, getroffene Annahmen und vorgenommene Vereinfachungen auf. Weiterhin unterstützt das Controlling das Management bei der Interpretation der bereitgestellten Informationen und den Schlussfolgerungen, die vor dem Hintergrund des gegebenen Informationsstands zulässig sind. Ein nicht nachgefragter Informationsbedarf, bereitgestellte, jedoch nicht genutzte Informationen (Felder 3 und 5 in Abb. 4.3) oder eine fehlgeleitete Informationsnachfrage (Felder 4 und 6) sind weitere Anlässe für eine informationsbezogene Beratung des Managements durch das Controlling. Wird ein Informationsbedarf nicht nachgefragt oder werden bereitgestellte Informationen nicht genutzt, ist es die Aufgabe des Controlling, das Management von der Relevanz und Notwendigkeit der jeweiligen Informationen zu überzeugen. Eine Informationsnachfrage des Managements in einem Entscheidungs- oder Koordinationsprozess wird vom Controlling zunächst auf Relevanz geprüft. Im Fall einer fehlgeleiteten Informationsnachfrage berät das Controlling das Management, um die Korrektur der Informationsnachfrage zu erreichen. Stattdessen kann es auch die Relevanz der Informationen erläutern, die es statt der nachgefragten Informationen bereitstellt (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 96). <?page no="195"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 195 Methoden der Informationsbedarfsanalyse Anforderungen an die Informationsbedarfsanalyse Die Informationsbedarfsanalyse ist sowohl eine systemgestaltende als auch eine prozessunterstützende Aufgabe des Controlling zur Sicherung der Informationsversorgung des Managements. Als systemgestaltende Aufgabe zielt die Informationsbedarfsanalyse auf die Ermittlung eines Informationsbedarfs, für den Informationen dauerhaft bereitgestellt und abrufbar gehalten werden sollen. Der Informationsbedarf einer erstmalig oder einmalig zu treffenden Entscheidung oder eines Entscheidungsproblems mit Strukturdefekten ist Gegenstand der Informationsbedarfsanalyse als prozessunterstützende Aufgabe. Zweck der Informationsbedarfsanalyse ist es, den Inhalt, die Menge und die Qualität der Informationen zu ermitteln, die in einer bestimmten Position in der Managementhierarchie für die Bewältigung zugeordneter Entscheidungs- und Koordinationsaufgaben sowie für die Deckung der Informationsnachfrage des Managers in dieser Position hinreichend sind. Bei der Analyse des Informationsbedarfs soll der gesamte Informationsbedarf erfasst werden, d. h., der objektive und der subjektive Informationsbedarf. Beide Arten des Informationsbedarfs unterliegen einem ständigen Wandel. Die Informationsbedarfsanalyse ist deshalb eine sich stetig wiederholende Daueraufgabe des Controlling (vgl. Berthel (1992), Sp. 877 ff.). Für das Management sollen relevante Informationen bereitgestellt und abrufbar gehalten werden. Relevant sind Informationen, wenn sie dem Manager eine bessere Lösung seiner Entscheidungs- und Koordinationsaufgaben ermöglichen. Die Relevanz von Informationen für einen Manager wird durch seine Aufgaben und auch sein individuelles Arbeitsverhalten bestimmt. Die Determinanten der Aufgaben und des Arbeitsverhaltens eines Managers sind damit die Bestimmungsfaktoren seines Informationsbedarfs, die es bei der Informationsbedarfsanalyse zu erfassen und auszuwerten gilt. Abb. 4.19 nennt die Bestimmungsfaktoren des objektiven und des subjektiven Informationsbedarfs (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 219 ff.; Taschner (2013), S. 84 ff.). Arten des Informationsbedarfs Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs objektiver Informationsbedarf Unternehmungs- und Bereichsziele Unternehmungs- und Umweltbedingungen mit Einfluss auf die Aufgabenerfüllung (z. B. als Restriktionen, Umweltzustand) Merkmale der Organisationsstruktur mit Einfluss auf die Aufgaben der Manager (z. B. Aufgaben- und Kompetenzverteilung, Zuordnung von Verantwortung) <?page no="196"?> 196 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling subjektiver Informationsbedarf individuelles Wollen (individuelle Ziele des Managers) persönliches Können (Fachkenntnisse mit Einfluss auf das Problemlösungsverhalten, z. B. Fachwissen, Erfahrung, Begabungen) situative Ermöglichung (Arbeitsumfeld des Managers, z. B. Zugang zu Daten und Datenquellen) soziales Dürfen und Sollen (z. B. Normen und Werte, Führungsstil) Abb.4.19: Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs In welchem Ausmaß die Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs bei der Informationsbedarfsanalyse berücksichtigt werden, hängt von der Mitwirkung der Manager ab. Nach diesem Merkmal werden die Selbstermittlung durch den Manager, die Fremdermittlung durch das Controlling und die partizipative Ermittlung abgegrenzt (vgl. Szyperski (1980), Sp. 908). Bei Selbstermittlung besteht die Gefahr einer zu starken Orientierung am subjektiven Informationsbedarf, während bei der Fremdermittlung der Einfluss des Arbeitsverhaltens auf den Informationsbedarf vernachlässigt wird. Bei der partizipativen Ermittlung wird der Informationsbedarf von Managern und Controllern gemeinsam ermittelt. Der Vorteil dieses Verfahrens kann in einer gleichgewichtigen Berücksichtigung des objektiven und subjektiven Informationsbedarfs gesehen werden. Mit Methoden der Informationsbedarfsanalyse soll der Bedarf relevanter Informationen für regelmäßig oder einmalig zu bearbeitende, gut strukturierte Entscheidungsprobleme oder Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten ermittelt werden. Um der Forderung zu entsprechen, den Bedarf relevanter Informationen zu ermitteln, müssen die Methoden die Erfassung und Auswertung von Determinanten der Aufgaben und des Arbeitsverhaltens des Managements vorsehen. Kennzeichnung der Methoden Es werden drei Gruppen von Methoden zur Analyse des Informationsbedarfs unterschieden (vgl. Garbe (1975), Sp. 1878): Induktive Methoden Mit den Methoden dieser Gruppe wird ohne Rückgriff auf Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs ein bereits vorhandenes, jedoch noch nicht systematisch genutztes Informationsangebot oder ein subjektiver Informationsbedarf der Manager ermittelt. Entsprechend wird zwischen angebotsorientierten und nachfragerbasierten Methoden getrennt. Offen bleibt, ob das mit angebotsorientierten Methoden festgestellte Informationsangebot oder der mit nachfragerbasierten Methoden erhobene subjektive Informationsbedarf relevant ist und nachgefragt wird. Deduktive Methoden Aus Bestimmungsfaktoren des objektiven Informationsbedarfs wird auf logischem oder hypothesenbasiertem Weg ein Informationsbedarf hergeleitet. Bestimmungs- <?page no="197"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 197 faktoren des subjektiven Informationsbedarfs finden bei diesen Methoden keinen Eingang in die Informationsbedarfsanalyse. Kombinierte Methoden Mit den deduktiven Methoden kann ein subjektiver und mit den induktiven ein objektiver Informationsbedarf ermittelt werden. Es bietet sich deshalb an, den Informationsbedarf mit einer Kombination aus mehreren Methoden zu ermitteln. Abb. 4.20 nennt induktive und deduktive Methoden der Informationsbedarfsanalyse. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, diese Methoden für die Analyse des Informationsbedarfs zu kombinieren. Als kombinierte Methoden werden zwei Verfahren genannt, die in der Literatur diskutiert werden (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 227 ff.). induktive Methoden deduktive Methoden angebotsorientierte Methoden nachfragerbasierte Methoden Dokumentenanalyse datentechnische Analyse Befragung Beobachtung Aufgabenanalyse Zielanalyse Modellanalyse kombinierte Methoden Business Systems Planning Methode der kritischen Erfolgsfaktoren Abb. 4.20: Methoden der Informationsbedarfsanalyse [1] Angebotsorientierte Methoden der Informationsbedarfsanalyse Bei der Dokumentenanalyse werden vorhandene elektronische oder papiergebundene Listen, Statistiken, Auswertungen und Berichte untersucht, die dem Manager zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen, aber nicht durch ein Informationssystem routinemäßig bereitgestellt werden (vgl. Garbe (1975), Sp. 1879). Erkenntnisse über die Relevanz der in den Dokumenten enthaltenen Informationen können mit dieser Methode nicht gewonnen werden. Ungeklärt bleibt auch, ob die Manager diese Informationen tatsächlich nutzen. Bei elektronischen Dokumenten im Intra- oder Internet kann jedoch über Klickzähler oder verschiedene Protokolle festgestellt werden, ob die Informationen tatsächlich genutzt werden (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 88). Die Durchführung einer Dokumentenanalyse bietet sich bei der Gestaltung von Informationssystemen für die Fremdermittlung des Informationsbedarfs regelmäßig zu bearbeitender, gut strukturierter Entscheidungsprobleme an. Aus den Ergebnissen können u. a. Hinweise auf externe Datenquellen abgeleitet werden, aus denen Daten in das Informationsversorgungssystem übernommen werden sollten. Mit einer datentechnischen Analyse werden die durch das operative Informationssystem laufend erfassten Daten festgestellt und dokumentierte Informationsflüsse ausgewertet. Dieses Verfahren gibt Einblicke in das aktuelle Informationsangebot operativer Informationssysteme und die Verwendung dieser Informationen (vgl. Troßmann (2018), S. 158 ff.). Daraus abgeleitet werden können Erkenntnisse über <?page no="198"?> 198 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling Informationen, aus denen ohne großen Aufwand zusätzliche Informationen generiert werden können, sowie über Manager, für die diese Informationen relevant sein könnten. Unterstützt werden kann mit diesem Verfahren die Informationsbedarfsanalyse für die Systemgestaltung. [2] Nachfragerbasierte Methoden der Informationsbedarfsanalyse Eine nachfragerbasierte Methode für die partizipative Ermittlung des Informationsbedarfs ist die Befragung der Manager. Gegenstand der Befragung ist der subjektive Informationsbedarf, der ohne Rückgriff auf Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs direkt erhoben wird. Befragungen können mehr oder weniger strukturiert durchgeführt werden. Abb. 4.21 nennt Formen der Befragung für die Informationsbedarfsanalyse (vgl. Garbe (1975), Sp. 1880). Befragung Fragebogen- Methode Interview- Methode Berichtsmethode Gebundene Interviews Gelenkte Interviews Freie Interviews Workshop Gruppeninterviews Einzelinterviews Abb. 4.21: Formen der Befragung Die Fragebogen-Methode sieht vor, den Managern einen Fragebogen zu ihrem Informationsbedarf mit der Aufforderung vorzulegen, diesen selbstständig zu beantworten. Damit nicht nur der Informationsbedarf identifiziert wird, nach dem ausdrücklich gefragt wird, sollte der Fragebogen neben Fragen mit Antwortmöglichkeiten auch offene Fragen umfassen. An die Stelle eines Fragebogens kann auch ein Katalog treten, mit dem ein potenzielles Informationsangebot unterbreitet wird. Aus diesem Katalog selektiert der Manager einen subjektiven Informationsbedarf (vgl. Koreimann (1976), S. 92 ff.). Mit einem Katalog kann auf neue Informationsarten hingewiesen werden, die relevant sein können. Er vermindert auch die Gefahr, dass der subjektive Informationsbedarf lückenhaft geäußert wird, da dem Manager im Zeitpunkt der Befragung meist nicht alle relevanten Informationsarten präsent sind. Schließlich kann mit einem Katalog die Vollständigkeit des mit einer anderen Methode ermittelten Informationsbedarfs überprüft werden. Bei Verwendung der Interview-Methode werden Manager direkt in einem Gespräch befragt. Bei gebundenen Interviews folgt die Befragung einem Fragebogen. <?page no="199"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 199 Gelenkte Interviews folgen zwar auch einem Fragebogen. Sie lassen jedoch Freiräume, um zusätzliche Fragen stellen oder das Gespräch in eine andere Richtung lenken zu können. Freie Interviews folgen keinem Fragebogen. Interviews können als Einzel- oder Gruppengespräche geführt werden. Eine Variante des Gruppengesprächs sind längere Workshops. Sie bieten den Rahmen für eine konzentrierte und intensive Diskussion der Manager über den relevanten Aufgabenkomplex (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 266). Die Berichtsmethode verlangt von den Managern einen Bericht über ihre Aufgaben und die dazu benötigten Informationen. Der Aufbau des Berichts kann vom befragten Manager selbst festgelegt oder auch in Grundzügen vorgegeben sein (vgl. Garbe (1975), Sp. 1880). Effizient einsetzbar ist diese Methode nur zur Erfassung des Informationsbedarfs von Managern, die mit der Bearbeitung von regelmäßig zu treffenden Entscheidungen betraut sind. Eine nachfragerbasierte Methode zur Fremdermittlung des Informationsbedarfs ist die Beobachtung. Eine direkte Beobachtung findet im Kontakt mit den Managern statt, d. h., die Aufgabenerfüllung und das Informationsverhalten werden in Echtzeit aufgenommen. Die indirekte Beobachtung wird zeitversetzt durchgeführt, d. h., es werden Ergebnisse, Dokumente, Protokolle ausgewertet oder der Prozess der Entscheidungsfindung rekonstruiert (vgl. Koreimann (2000), S. 69). Beispielsweise können erfolglose Anfragen an das Informationssystem festgestellt werden, um eine bisher nicht gedeckte Informationsnachfrage zu identifizieren (vgl. Troßmann (2018), S. 160 f.). Mit dem Strukturierungsgrad der Befragung oder Beobachtung nimmt der Einfluss des Controlling auf das Ergebnis der Informationsbedarfsanalyse zu. Bei weniger stark strukturierten Befragungen können sich in den Antworten der Manager die Bestimmungsfaktoren des subjektiven Informationsbedarfs (z. B. seine Fachkenntnisse) sehr viel deutlicher niederschlagen. Bestimmungsfaktoren des Informationsbedarfs werden mit den nachfragerbasierten Methoden nicht explizit erfasst und ausgewertet. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, in welchem Ausmaß die Manager den ermittelten Informationsbedarf tatsächlich nachfragen und inwieweit er mit dem objektiven Informationsbedarf übereinstimmt. Nachfragerbasierte Methoden nutzen die in der Vergangenheit bei der Entscheidungsfindung gesammelten Erfahrungen der Manager. Sie eignen sich deshalb nur für die Analyse des Informationsbedarfs bei der Bearbeitung von Routineentscheidungen. [3] Deduktive Methoden der Informationsbedarfsanalyse Gemeinsames Merkmal deduktiver Methoden ist die logische oder hypothesenbasierte Herleitung eines objektiven Informationsbedarfs aus seinen Bestimmungsgrößen. Den Schwerpunkt der Betrachtung können Aufgaben, Ziele oder Modelle bilden, die zur Entscheidungsfindung eingesetzt werden (vgl. Garbe (1975), Sp. 1878). Die Aufgabenanalyse stellt das zu lösende Entscheidungsproblem in den Mittelpunkt und leitet daraus die für die Entscheidungsfindung benötigten Informationen her. Voraussetzung der Aufgabenanalyse ist die Kenntnis der Entscheidungen, die von jedem einzelnen Manager getroffen werden (vgl. Gluchowski/ Gabriel/ Dittmar (2008), S. 267). Gewonnen werden können diese Kenntnisse durch eine Organisationsanalyse. Dabei werden die Aufgaben der Bereiche und Stellen sowie die Befug- <?page no="200"?> 200 4 Umsetzung der Informationsfunktion des Controlling nisse und die Verantwortung aufgenommen, die diesen Organisationseinheiten zugewiesen sind (vgl. Koreimann (2000), S. 112). Aus den gewonnenen Erkenntnissen kann auf den objektiven Informationsbedarf gut strukturierter Routineentscheidungen geschlossen werden. Der Informationsbedarf bei der Bearbeitung eines Entscheidungsproblems hängt jedoch auch von der Problemlösungs- und Entscheidungsmethode ab. Bei der Bearbeitung komplexer Aufgaben nutzen Manager ihr Fachwissen für die Analyse der Problemstellung und die Wahl einer geeigneten Problemlösungs- und Entscheidungsmethode. Das persönliche Können der Manager und alle anderen Bestimmungsfaktoren des subjektiven Informationsbedarfs werden bei der Aufgabenanalyse jedoch nicht erfasst und ausgewertet. Diese Methode eignet sich deshalb nur für einfache und durchschaubare Aufgabenstellungen, deren Informationsbedarf ohne weitere Analysen zur Wahl der Problemlösungs- und Entscheidungsmethoden festgestellt werden kann (vgl. Troßmann (2018), S. 157). Bei der Bearbeitung von Entscheidungsproblemen mit Strukturdefekten nutzen Manager ihr Fachwissen in jeder einzelnen Phase des Entscheidungsprozesses, um die jeweils geeignete Problemlösungs- und Entscheidungsmethode zu wählen. Während der Entscheidungsfindung wird das Entscheidungsproblem in eine Folge sukzessiv zu lösender einfacher und durchschaubarer Teilprobleme überführt, von denen auf den objektiven Informationsbedarf geschlossen werden kann. Der Anwendungsbereich der Aufgabenanalyse ist deshalb nicht die Gestaltung von Informationssystemen, sondern die informationsbezogene Problemanalyse bei der Bearbeitung von Entscheidungsproblemen mit Strukturdefekten. Bei der Zielanalyse wird von Unternehmungs- oder Bereichszielen ausgegangen, die einen für die Strategieimplementierung zu schaffenden Zustand beschreiben. Um den Fortschritt der Strategieimplementierung verfolgen zu können, wird ein strategisches Kennzahlensystem entwickelt, das die zu messenden Aspekte der Ziele sowie die Art der Messung festlegt. Als objektiver Informationsbedarf der Strategieimplementierung werden die für die Berechnung dieser Kennzahlen benötigten Informationen ermittelt. Bei der Lösung gut strukturierter Entscheidungen, die regelmäßig zu treffen sind, wird häufig mit formalen Modellen gearbeitet. Bei der Modellanalyse werden die Informationen zur Lösung dieser Modelle ermittelt. [4] Kombinierte Methoden der Informationsbedarfsanalyse Kombinierte Methoden der Informationsbedarfsanalyse sehen vor, induktive und deduktive Methoden parallel oder sukzessiv zu verwenden, um deren spezifische Schwächen zu vermeiden. Kombiniert werden z. B. eine Aufgaben- oder Zielanalyse und eine Befragung der Manager. Das Business System Planung (BSP) sieht eine Organisationsanalyse zur Feststellung von Geschäftsprozessen vor, für die mit Aufgabenanalysen ein objektiver Informationsbedarf ermittelt wird. Anschließend werden Manager in Interviews zur Richtigkeit und Vollständigkeit des ermittelten Informationsbedarfs befragt. Bei der Methode der kritischen Erfolgsfaktoren wird eine Zielanalyse mit mehreren Befragungen in der Form von Interviews kombiniert. Mit der Methode des Business System Planning wird der Informationsbedarf des Managements mit dem Zweck analysiert, das operative Informationssystem der Unternehmung als Datenquelle des Informationsversorgungssystems zu verbessern (vgl. <?page no="201"?> 4.3 Aufgaben und Instrumente der Informationsversorgung 201 Rockart (1979), S. 82 ff.). Dazu werden in einem mehrstufigen Prozess die Daten ermittelt, die in den Funktionsbereichen der Unternehmung zur Ausführung der laufenden sowie der nach Implementierung der geplanten Strategie veränderten Geschäftsprozesse benötigt werden. Betrachtet werden dabei nicht einzelne Daten, sondern Datenklassen. Darunter werden logisch verbundene, in der Unternehmung erfasste, erzeugte oder verwendete Daten verstanden. Kunden-, Mitarbeiter-, Auftrags- und Bestelldaten sind Beispiele für Datenklassen. Dieser durch eine Aufgabenanalyse in Verbindung mit einer Organisationsanalyse ermittelte Informationsbedarf wird dem Informationsangebot des operativen Informationssystems gegenübergestellt, um den nicht gedeckten Informationsbedarf und redundante Informationen zu identifizieren. In Interviews mit den Managern sollen der mit der Aufgabenanalyse ermittelte Informationsbedarf überprüft, erkannte Informationslücken bewertet, weitere Probleme mit dem Informationssystem festgestellt sowie künftige Trends und Anforderungen an die Informationsversorgung erfasst werden (in Anlehnung an Küpper u. a. (2013), S. 228 f.). Die Methode der kritischen Erfolgsfaktoren ist für die Analyse des Informationsbedarfs des oberen Managements bei der Kontrolle und Steuerung der Verantwortungsbereiche vorgeschlagen worden (vgl. Rockart (1979), S. 88 f.). Festgestellt werden soll der Informationsbedarf bei der Überwachung und Anpassung der kritischen Erfolgsfaktoren, d. h. einer begrenzten Zahl von Aufgabenbereichen, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung entscheidend sind. Als induktive Methode sieht dieser Ansatz die Befragung des oberen Managements in der Form von zwei bis drei Interviews vor. In einem ersten Interview wird mit den Managern eine Zielanalyse durchgeführt. Dazu werden die Ziele der Manager und die kritischen Erfolgsfaktoren dieser Ziele aufgenommen. Die genannten kritischen Erfolgsfaktoren werden anschließend mit dem Zweck diskutiert, ihren Einfluss auf die verfolgten Ziele zu klären und sie gegebenenfalls zu kombinieren, zu modifizieren oder zu eliminieren. Die kritischen Erfolgsfaktoren werden zunächst verbal formuliert. Es werden deshalb auch Vorschläge für Kennzahlen zur Quantifizierung der Erfolgsfaktoren erarbeitet. Die Ergebnisse des ersten Interviews werden vom Controlling dokumentiert und analysiert, um kritische Erfolgsfaktoren und Kennzahlen ergänzt und präzisiert. Während des zweiten Interviews werden die Ergebnisse des ersten Interviews und die Vorschläge des Controlling überprüft. Zudem werden die Kennzahlen und die Inhalte der Berichte diskutiert, mit denen Informationen zu den kritischen Erfolgsfaktoren bereitgestellt werden sollen. Für die endgültige Genehmigung der in den Berichten bereitzustellenden Informationen kann ein drittes Interview durchgeführt werden. <?page no="203"?> Teil 2: Ausgestaltung der Koordinationssysteme <?page no="205"?> 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Kennzeichnung der Koordination durch Pläne Koordinationsfunktion der Planung und der Pläne Entscheidungskoordination als spezielle Planungsfunktion Die Planung ist eine sachbezogene Aufgabe des Managements, durch die für einen künftigen Zeitraum die Ziele der Unternehmung sowie die Handlungen festgelegt werden, die zur Realisation der Ziele durchgeführt werden sollen. Die Grundfunktion der Planung ist es, durch die Identifikation künftiger Herausforderungen Handlungsprozesse einzuleiten, noch bevor die auslösende Unternehmungs- und Umweltsituation eingetreten ist. Ziele und Handlungen zur Zielerreichung sollen präsituativ festgelegt werden, d. h. unabhängig von akuten, bereits eingetretenen Ereignissen. Durch die vorgezogene Problemanalyse und -lösung kann einerseits die Reaktionszeit für die Anpassung an eine veränderte Unternehmungs- und Umweltsituation verkürzt werden. Andererseits entstehen zeitliche Handlungsspielräume. Diese erlauben es, Handlungsmöglichkeiten als Reaktion auf Änderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen zu erkennen und zu nutzen, die zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr realisierbar sind. Dadurch können Risiken vermindert und Chancen genutzt werden. Zeitliche Handlungsspielräume ermöglichen zudem die Koordination der Handlungen, die durch die Planung festgelegt werden (vgl. Bleicher (1989), Sp. 1120). Neben diesen Grundfunktionen erfüllt die Planung auch spezielle Funktionen, die zur Führung der Mitarbeiter beitragen (vgl. Wild (1981), S. 18 f.). Werden in der Unternehmung differenzierte und dezentralisierte Entscheidungen durch Pläne koordiniert, ist die Entscheidungskoordination eine weitere spezielle Funktion der Planung. Die Koordination durch Pläne ist ein Prinzip der Entscheidungskoordination, das zur Eingrenzung der Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter die Vorgabe expliziter Verhaltensnormen in der Form von Plänen vorsieht. Pläne legen die Ziele sowie die Handlungen fest, die bei den im Planungszeitraum erwarteten Unternehmungs- und Umweltbedingungen zur Erreichung der Ziele ausgeführt werden sollen. Bei der Koordination durch Pläne wird den Bereichsleitern von der Unternehmungsleitung ein globaler Unternehmungsplan vorgegeben. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er nur einen mehr oder weniger detaillierten Rahmen für die von den Bereichsleitern zur Zielerreichung zu ergreifenden Handlungen festlegt. Die Bereichsleiter füllen diesen Handlungsrahmen entweder durch Ausführungsentscheidungen aus, die sie direkt durchsetzen. Sie können jedoch selbst zunächst Bereichspläne erstellen, die den durch den Globalplan vorgegebenen Handlungsrahmen für ihren Verantwortungsbereich konkretisieren. Die Bereichspläne geben die Bereichsleiter ihren Abteilungsleitern zur Realisation oder zur Erstellung der Ausführungspläne für die Abteilungen vor. <?page no="206"?> 206 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Werden neben dem Globalplan auch auf der mittleren und unteren Ebene der Managementhierarchie Pläne erstellt, kann der durch die vorgezogene Problemanalyse und -lösung geschaffene zeitliche Handlungsspielraum genutzt werden, die in den Bereichs- oder Abteilungsplänen der verschiedenen Verantwortungsbereiche festgelegten Handlungen auf die Unternehmungsziele abzustimmen. Durch die Vorgabe des globalen Unternehmungsplans sowie der Bereichspläne werden die Entscheidungen in den Bereichen und Abteilungen vertikal koordiniert. Über die Abstimmung der Bereichspläne einerseits und der Abteilungspläne andererseits bewirkt die Koordination durch Pläne auch eine horizontale Koordination der Entscheidungen auf der mittleren und unteren Ebene der Managementhierarchie. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Planung eine doppelte Koordinationsfunktion hat: die Koordination der Handlungen, die bei der Planung festgelegt werden, als Grundfunktion sowie die Koordination von Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen durch die Vorgabe von Plänen als spezifische Funktion. Diese Koordinationsfunktionen können mit „Koordination bei der Planung“ und „Koordination durch Pläne“ umschrieben werden. Die Koordination durch Pläne trägt zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen bei, indem durch die Vorgabe der Pläne die Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter begrenzt werden. Die Koordination bei der Planung bewirkt, dass die Handlungen, die bei der Erstellung der durch vertikale und horizontale Differenzierung abgegrenzten Pläne einer Planhierarchie festgelegt werden, auf die gemeinsamen Ziele abgestimmt und ausgerichtet werden. Die koordinierende Wirkung der Pläne, die den Bereichsleitern zur Koordination ihrer Entscheidungen vorgegeben werden, setzt die Koordination bei der Planung dieser Vorgaben voraus. Koordinationssystem zur Steuerung durch Pläne Planungssystemen werden in der Literatur verschiedene Inhalte zugeordnet (vgl. Abb. 5.1). Unter einem Planungssystem wird vielfach ein reales Teilsystem der Unternehmung verstanden, in dem sich die Planung vollzieht (Prozesse) oder das die Planungsfunktion wahrnimmt (Planungsträger). Der Ausschnitt aus der Unternehmung, der sich mit der Erstellung von Plänen befasst, wird im Folgenden als reales Planungssystem bezeichnet. Ein Planungssystem wird häufig auch nur als Bezugsrahmen zur Beschreibung und Analyse realer Planungssysteme definiert. Dieser Bezugsrahmen benennt die Elemente, deren Eigenschaften und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen, die für reale Planungssysteme charakteristisch sind (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 110 f.). Gelegentlich wird das Planungssystem auch als die Gesamtheit der gene- <?page no="207"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 207 rellen Regeln für das reale Planungssystem der Unternehmung interpretiert, die den Aufbau der Planung festlegen sowie die Vorgehensweise bei der Planung normieren und vorgeben (vgl. Wild (1981), S. 156). reales Teilsystem der Unternehmung zur Planung Prozesse Troßmann (2018), S. 95: „Geordnete Gesamtheit aller Planungsprozesse des Betriebs.“ Hahn/ Hungenberg (2001), S. 78: Zielgerichtete Gesamtheit von Planungsprozessen, zwischen denen spezifische Beziehungen bestehen. Küpper u. a. (2013), S. 134: „Gesamtheit der Planungen einer Unternehmung“ Planungsträger Hahn/ Hungenberg (2001), S. 77: Zielgerichtete Gesamtheit von Planungsträgern Delfmann/ Reihlen (2002), Sp. 1445: „soziotechnisches System, das aus einer Anzahl von Personen besteht, die Planungsträger genannt werden und offiziell oder inoffiziell an der Erzeugung von Gestaltungswissen beteiligt sind.“ Bezugsrahmen Töpfer (1976), S. 91: Das Planungssystem ist ein unter Wahrung bestimmter Aufbauprinzipien strukturiertes Gefüge, das aus bestimmten Planungs-Objekten besteht, auf die sich die Pläne beziehen und die von den Planungs-Trägern mit Hilfe spezifischer Planungs-Informationen über bestimmte Planungs-Informationsbeziehungen und unter Einsatz spezieller Planungs-Instrumente zur Steuerung der Unternehmungsaktivitäten und -prozesse erarbeitet werden. Wild (1981), S. 153: „Unter einem Planungssystem wird eine geordnete und integrierte Gesamtheit verschiedener Teilplanungen (Pläne) und anderer Elemente sowie ihrer Beziehungen verstanden, die zwecks Erfüllung bestimmter Funktionen nach einheitlichen Prinzipien aufgebaut und miteinander verknüpft sind.“ Rau (1985), S. 41: „Dabei wird das Planungssystem verstanden als die geordnete und zielorientierte Gesamtheit von Teilplangen, Planungsträgern, Planungsteilaufgaben, Planungsmethoden und -instrumenten sowie Dokumenten und Regelungen, welche sich auf die vielfältigen Beziehungen zwischen den Systemelementen beziehen.“ Regelungen zur Planung Franken/ Frese (1989), Sp. 891: „Das Planungssystem legt Regeln für die Erstellung von Plänen fest; es leitet die Planungsaktivitäten, die Planung.“ Adam (1996), S. 310: „Durch das Planungssystem wird festgelegt, in welche und in wie viele Teilpläne der gesamte Planungskomplex eines Unternehmens unterteilt ist und welche Entscheidungstatbestände den einzelnen Teilplanungen zuzuordnen sind.“ Link (2002), Sp. 610: Das Planungssystem umfasst alle generellen Regelungen hinsichtlich der Aufgabenverteilung und -erfüllung im Bereich der Planung. Abb. 5.1: Planungssysteme in der Literatur Die Pläne werden in der Planungsphase des Managementprozesses erstellt. Um Planabweichungen und deren Wirkungen auf das Erreichen der Unternehmungsziele zu verhindern oder zumindest zu verringern, werden die Pläne, die Plandurchsetzung <?page no="208"?> 208 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne und die Planrealisation in der letzten Phase des Managementprozesses kontrolliert. Diese enge Beziehung zwischen Planung und Kontrolle hat zur Folge, dass neben das Planungssystem ein Kontrollsystem tritt. Analog zu den Planungssystemen kann es sich bei den Kontrollsystemen um ein reales Teilsystem der Unternehmung, in dem sich die Kontrolle vollzieht, einen Bezugsrahmen zur Beschreibung und Analyse realer Kontrollsysteme oder ein System genereller Regelungen zur Kontrolle handeln. Abb. 5.2 gibt einige Definitionen wieder, die Kontrollsystemen die genannten Inhalte zuordnen. reales Teilsystem der Unternehmung zur Kontrolle Küpper u. a. (2013), S. 260: „Kontrollsysteme … bestehen aus der geordneten Gesamtheit an Elementen, die an Kontrollprozessen mitwirken.“ Bezugsrahmen Betz (2002), Sp. 986: “Unter einem Kontrollsystem versteht man eine Menge von kontrollierenden und kontrollierten Elementen, die durch eine Menge von Beziehungen zwischen diesen Elementen miteinander verknüpft sind.“ Regelungen zur Kontrolle Franken/ Frese (1989), S. 893: Ein Kontrollsystem ist die Gesamtheit der Regeln, die bestimmen „welche Kontrollhandlungen vorzunehmen sind, welche Einheiten (Kontrollträger) an der Durchführung der Kontrolle beteiligt sind, wann und wie die Kontrollaufgaben durchzuführen sind.“ Abb. 5.2: Kontrollsysteme in der Literatur Unter einem Planungs- und Kontrollsystem wird hier eine Gesamtheit genereller Regelungen für das reale Planungs- und Kontrollsystem in der Unternehmung verstanden. Das Planungs- und das Kontrollsystem bilden die Elemente desjenigen Koordinationssystems, das vom Controlling bei der Koordination durch Pläne im Rahmen seiner systemgestaltenden Aufgaben zu konfigurieren, durchzusetzen und regelmäßig zu prüfen ist. Nach diesem Verständnis legen Planungs- und Kontrollsysteme auf Dauer fest, wie und durch wen die sich regelmäßig wiederholenden Prozesse zur Erstellung und Kontrolle derjenigen Pläne auszuführen sind, die den Bereichsleitern zur horizontalen und vertikalen Koordination des Entscheidens und Handelns in ihren Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Das Planungs- und Kontrollsystem ist die Gesamtheit der generellen Regelungen zur Aufgabenverteilung und Aufgabenerfüllung bei der Erstellung und Kontrolle von Plänen, die zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Planungssystem als Element des Koordinationssystems Bestandteile realer Planungssysteme Die Bezugsrahmen zur Beschreibung und Analyse realer Planungssysteme geben Bestandteile, Eigenschaften dieser Bestandteile sowie Klassen von Beziehungen zwischen diesen Bestandteilen an, die durch Regelungen des Planungssystems zu kon- <?page no="209"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 209 kretisieren sind (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 69 f.). In der Literatur werden folgende Bestandteile realer Planungssysteme genannt (vgl. z. B. Wild (1981), S. 123 ff.): Planungsobjekte (Planungsgegenstände), Planungsaufgaben, Planungsträger (Planer), Prozesse, Pläne, Struktur, Informationsbasis und technische Infrastruktur. Planungsobjekte kennzeichnen die Tatbestände innerhalb eines abgegrenzten Zeitraums, die durch informationsverarbeitende Verrichtungen im Planungsprozess konkretisiert werden sollen. Tatbestände können Ziele sein, die in einem Zeitraum erreicht werden sollen, oder Handlungen zur Zielerreichung, die in diesem Zeitraum durchgeführt werden sollen (vgl. Töpfer (1989), Sp. 1517). Durch das Planungsobjekt wird auch der Planungszeitraum festgelegt, d. h. die Zeitspanne, für die geplant wird (vgl. Abb. 5.3). Er ist vom Realisationszeitraum und der Geltungsdauer des Plans zu unterscheiden. Während des Realisationszeitraums sind die Handlungen zur Zielerreichung durchzuführen. Die Geltungsdauer (Planperiode) ist der Zeitraum, in dem der Plan Gültigkeit besitzt. Am Ende der Geltungsdauer wird für das Planungsobjekt ein neuer Plan für einen nachfolgenden Planungszeitraum erstellt (vgl. Pfohl/ Stölzle (1997), S. 98 ff.). Die Geltungsdauer definiert den Planungszyklus, d. h. den Rhythmus, in dem ein neuer Plan erstellt oder ein noch geltender Plan überarbeitet wird (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 56). 1 2 3 5 6 Aufstellungszeitraum Realisationszeitraum 4 Geltungszeitraum Planungszeitraum Wirkungshorizont 1 Beginn der Planung; 2 Ende der Planung; Beginn der Planrealisation; Beginn der Planwirkungen, Beginn der Gültigkeit; 3 Ende der Planrealisation; 4 Ende der Gültigkeit; 5 Planende; 6 Ende der Planwirkungen Abb. 5.3: Zeitliche Aspekte der Planung Beispiel zu den zeitlichen Aspekten eines Investitionsplans Aufstellungszeitraum: Erstellung eines Investitionsplans für das Jahr 1 mit einem Gebäude als Investitionsobjekt Realisationszeitraum: Zeitraum bis zum Bezug des Gebäudes Geltungszeitraum/ Planungszyklus: Zeitraum bis zur Erstellung des nächsten Investitionsplans, z. B. ein Jahr Planungszeitraum: Nutzungsdauer des Gebäudes Wirkungshorizont: Zeitraum bis zum Verkauf/ Abriss des Gebäudes Unter den Planungsaufgaben ist die dauerhafte Verpflichtung zu verstehen, bei der Planerstellung eine bestimmte Leistung zu erbringen. Nach den Wirkungen dieser Leistungen auf die Planinhalte werden die ursprüngliche und die abgeleitete Pla- <?page no="210"?> 210 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne nungsaufgabe unterschieden. Die materielle inhaltliche Ausgestaltung der Pläne im Sinne der Willensbildung ist die Leistung, die durch die ursprüngliche Planungsaufgabe zu erbringen ist. Erbracht wird diese Leistung, indem informationsverarbeitende Verrichtungen für ein Planungsobjekt ausgeführt werden. Die ursprüngliche Aufgabe wird auch als Planeraufgabe bezeichnet. Die durch die abgeleitete Planungsaufgabe zu erbringende Leistung ist die Planung, Steuerung und Unterstützung der Ausübung ursprünglicher Planungsaufgaben. Die Verrichtungen zur Ausführung der abgeleiteten Planungsaufgabe werden parallel zum Planungsprozess, aber auch vor seinem Beginn und nach seinem Ende ausgeführt. Für diese Planungsaufgabe findet sich auch die Bezeichnung „Planungsmanagementaufgaben“. Abb. 5.4 nennt Verrichtungen zur Ausführung der ursprünglichen und der abgeleiteten Planungsaufgabe (vgl. Syzperski/ Müller-Böling (1980), S. 365 f.; Rau (1985), S. 63 ff.). ursprüngliche Planungsaufgabe (Planeraufgabe) abgeleitete Planungsaufgabe (Planungsmanagementaufgabe) Festlegen der Ziele Identifizieren der Planungsprobleme Auswerten der Informationen Erarbeiten der Planprämissen Entwickeln von Planalternativen Bewerten der Planalternativen Vornehmen von Plankorrekturen Beschlussfassen über die Pläne Veranlassen der Planerstellung Motivieren und anregen zum Planen Terminieren der Planungsarbeiten Abgrenzen des Planinhalts Erarbeiten von Vorgehensweisen der Planung Bereitstellen von Informationen Bereitstellen von Planungsmethoden und -modellen Planungskontrolle − Planinhaltskontrolle − Kontrolle der Planungsprozesse Sammeln und Kommentieren vorläufiger Pläne Aufbereiten vorläufiger Pläne Dokumentieren der Pläne Abb. 5.4: Verrichtungen zur Erfüllung der Planungsaufgaben Bei den Planungsträgern handelt es sich um die Personen oder Organisationseinheiten, denen Verrichtungen zur Erfüllung der ursprünglichen oder abgeleiteten Planungsaufgabe zugeordnet sind. Planung ist eine Managementfunktion, Planungsträger ist deshalb zunächst die Unternehmungsleitung. Üblicherweise delegiert sie Ausführungs-, Weisungs- und Entscheidungskompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe an Bereichsleiter, Planungskollegien oder Planungsteams. Verrichtungen zur Erfüllung der abgeleiteten Planungsaufgabe werden in Planungsstäben, in Planungsabteilungen oder von Planungsbeauftragten wahrgenommen. Abb. 5.5 nennt Organisationseinheiten mit Kompetenzen für die Planung (vgl. Töpfer (1976), S. 154 ff.; Fürtjes (1989), Sp. 1446; Pfohl (1981), S. 207 ff.). <?page no="211"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 211 Planungsstab Stabstellen werden speziell für die Wahrnehmung von Planungsaufgaben eingerichtet. Sie haben in der Regel keine Entscheidungsbefugnisse und nur begrenzte Weisungsbefugnisse. Für den Zugriff auf die für die Planung notwendigen Informationen ist sie von der Instanz abhängig, der sie zugeordnet ist. zentraler Planungsstab Dieser Planungsstab ist der Unternehmungsleitung zugeordnet. Zu seinen Aufgaben zählen die abgeleitete Planungsaufgabe, die Weiterentwicklung des Planungssystems sowie die beratende Unterstützung der Fachabteilungen bei der Erfassung und Bereitstellung von Informationen für die Planung. dezentraler Planungsstab Dieser Planungsstab ist einem Bereichsleiter zugeordnet. Er unterstützt den Bereichsleiter durch die Übernahme der abgeleiteten Planungsaufgabe, er kann jedoch auch Verrichtungen zur Erfüllung der ursprünglichen Planungsaufgabe übernehmen, wie z. B. die Entwicklung und Bewertung von Alternativen. Planungsabteilung Es handelt sich um eine Linienstelle. Diese verfügt anders als ein Planungsstab über Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse, die sich in der Regel aus den Kompetenzen des Vorgesetzten ergeben. Ihre Aufgabe kann die selbständige Erarbeitung eines Plans oder alternativer Pläne sein, die der Unternehmungsleitung zur Entscheidung vorgelegt werden, oder die Ableitung von Plänen aus Vorgaben der Unternehmungsleitung. Planungsbeauftragter Stellen, die Fachabteilungen beim Erfassen und Bereitstellen von Informationen für die Planung unterstützen und sicherstellen, dass allgemein verbindliche Planungsrichtlinien eingehalten werden. Planungskollegium Sie sind mit Mitarbeitern der verschiedenen Unternehmungsbereiche und unterschiedlicher Hierarchieebenen besetzt und werden für die Koordination von Teilplänen eingesetzt. Sie werden auf Dauer eingerichtet und treten periodisch oder ad hoc für eine begrenzte Zeitspanne zusammen. Planungskollegien werden auch als Planungsausschuss, -kommission, -komitee oder -gremium bezeichnet. Planungsteam Unter einem Planungsteam ist eine hierarchiefrei zusammengesetzte Gruppe zu verstehen, die für einen begrenzten Zeitraum zur Erfüllung einer abgegrenzten Aufgabe gebildet und anschließend wieder aufgelöst wird. Planungsteams eignen sich vor allem für die Problemfeststellung und die Alternativensuche bei innovativen Planungsproblemen. externe Planungsorgane Sie liegen vor, wenn die Planung vollständig oder in Teilen von Stellen außerhalb der Unternehmung ausgeführt wird. Als Beispiele können Berater oder die Muttergesellschaft in einem Konzern genannt werden. Abb. 5.5: Organisationseinheiten mit Kompetenzen für die Planung Die in Phasen gegliederten Planungshandlungen bilden einen Planungsprozess, in dem die Planung vollzogen wird. Jede dieser Phasen ist eine bewusste, zielgerichtete Folge informationsverarbeitender Aktivitäten, durch die Informationen über die Unternehmungs- und Umweltbedingungen und ihre Entwicklung in einen Plan überführt werden. In Plänen schlagen sich die im Planungsprozess durchgeführten informationsverarbeitenden Aktivitäten an den Planungsobjekten nieder. Sie sind die Ergebnisse der Planung zu einem Planungsobjekt. <?page no="212"?> 212 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Die Struktur der Planung umfasst die Gesamtheit der Beziehungen zwischen den Bestandteilen des Planungssystems, wie z. B. Ableitungsbeziehungen zwischen Plänen, Informationsbeziehungen zwischen Planungsaufgaben oder Planern sowie organisatorische Beziehungen. Bei der Informationsbasis handelt es sich um die Gesamtheit der im Planungsprozess eingesetzten, verarbeiteten und gerierten Informationen. Hinzu kommen die Methoden und Modelle, die im Planungsprozess eingesetzt werden, um Informationen aufzubereiten, auszuwerten und zu generieren. Die technische Infrastruktur setzt sich aus der Hardware und der Software zusammen, die der Verarbeitung, Dokumentation und Übermittlung von Planungsinformationen und -ergebnissen sowie der Kommunikation zwischen Planern dienen. Gestaltungsparameter eines Planungssystems Die Eigenschaften der Bestandteile eines realen Planungssystems sowie die zwischen diesen Bestandteilen bestehenden Beziehungen sind Sachverhalte, die bei der Gestaltung eines Planungssystems durch Regelungen festzulegen sind. Diese Regelungssachverhalte der Planung sind die Gestaltungsparameter eines Planungssystems. Die Gesamtheit aller zulässigen Ausprägungen der Gestaltungsparameter, die aus den Konkretisierungsmöglichkeiten der Bestandteile und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen generiert werden können, spannt den Gestaltungsspielraum bei der Konfiguration eines Planungssystems auf (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 111). Im Konfigurationsprozess sind für die Gestaltungsparameter alternative Ausprägungen zu erarbeiten und ihre Wirkungen auf die Ziele des Koordinationssystems zu bewerten. Die ökonomischen Effektivitätsziele eines Planungssystems betreffen den Beitrag, der über die Entscheidungskoordinationsfunktion der Planung und die Flexibilität der Pläne zur Erreichung der gemeinsamen Ziele zu leisten ist. Einfachheit und Transparenz des Planungssystems, d. h. seine Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit, werden als Effizienzziele genannt (vgl. Wild (1981), S. 157 ff.). Die Gestaltungsparameter werden in vier Gruppen gegliedert. Die formalen Gestaltungsparameter betreffen die Eigenschaften der Pläne, wie z. B. die Standardisierung, die Formalisierung und die Dokumentation. Regelungen zur Dokumentation beantworten die Frage, welche Planbestandteile in welcher Form dokumentiert werden sollen. Über inhaltliche Gestaltungsparameter werden die Planungsobjekte abgegrenzt sowie ihre Eigenschaften und ihre Zuordnung zu Plänen festgelegt. Die Struktur des realen Planungssystems wird über die organisatorischen Gestaltungsparameter definiert. Zu ihnen zählen einerseits die Zuordnung von Planungsobjekten, Planungsaufgaben und -kompetenzen zu Planungsträgern, andererseits die sachliche und zeitliche Abfolge von Planungsverrichtungen und Planungsprozessen und schließlich die Informationsbeziehungen zwischen den Planungsprozessen. Die Informationsbasis und die technische Infrastruktur des realen Planungssystems werden schließlich durch die methodischen Gestaltungsparameter konfiguriert. Abb. 5.6 nennt inhaltliche und organisatorische Gestaltungsparameter für Planungssysteme (vgl. Wild (1981), S. 165 ff.; Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 70 ff.; Küpper u. a. (2013), S. 136). <?page no="213"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 213 inhaltliche Gestaltungsparameter Planungsumfang Detailliertheit/ Präzision Differenzierung Integration organisatorische Gestaltungsparameter aufbauorganisatorische Parameter − Zuordnung der Planungsobjekte zu Planungsträgern − Zuordnung der Planungsaufgaben zu Planungsträgern ablauforganisatorische Parameter − Folge der Planungsverrichtungen − Rhythmik der Planung − Grad an Simultanität / Sukzessivität (Planungssequenz) − Entwicklungsfolge der Pläne − Ableitungsrichtung der Pläne − Anpassungsrhythmik Hierarchiedynamik Abb. 5.6: Gestaltungsparameter eines Planungssystems Mit dem Umfang der Planung wird festgelegt, welche Tätigkeitsfelder der Unternehmung geplant werden. Die Ausprägungen dieses Gestaltungsparameters sind die Vollplanung und die Schwerpunktplanung. Die Vollplanung ist dadurch gekennzeichnet, dass alle Tätigkeitsfelder der Unternehmung geplant und die Pläne aufeinander abgestimmt werden. Durch sie werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass alle Entscheidungen, zwischen denen Interdependenzen bestehen, bei der Planung oder durch Pläne koordiniert werden können. Werden nur ausgewählte Teilbereiche geplant, liegt eine Schwerpunktplanung vor. Der Vorteil der Schwerpunktplanung besteht im verringerten Planungsaufwand. Die Koordination wird jedoch auf Entscheidungen begrenzt, die durch Planung vorbereitet werden. Damit verbunden ist die Gefahr, dass Interdependenzen zwischen Entscheidungen geplanter und nicht geplanter Bereiche nicht erkannt werden (vgl. Wild (1981), S. 159; Mag (1995), S. 132). Der Detaillierungsgrad der Planung beschreibt den Umfang, in dem Einzelheiten der Handlungen zur Zielerreichung geplant werden. Regelungen zu diesem Gestaltungsparameter geben das zeitliche oder sachliche Ausmaß der zu planenden Handlungen vor. Nach dem Detaillierungsgrad der Planung werden Global- und Detailpläne unterschieden. Bei der Erstellung von Globalplänen wird darauf verzichtet, sachliche und zeitliche Einzelheiten der Handlungen festzulegen. Die Handlungen werden erst während der Planrealisation durch Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen detailliert und präzisiert. Detailpläne enthalten umfangreichere zeitliche und sachliche Angaben zu den Handlungen (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 113). Die Erstellung der Pläne aufeinanderfolgender Ebenen einer Planhierarchie unterscheidet sich im Detaillierungsgrad. Der Plan einer Ebene detailliert und präzisiert die Pläne, die ihm direkt oder indirekt übergeordnet sind, und weist damit einen höheren Detaillierungsgrad auf. In einer Planhierarchie sind die Pläne mit dem höchsten Detaillierungsgrad die Ausführungspläne auf der untersten Ebene. <?page no="214"?> 214 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Beispiel zu Global- und Detailplänen In einem Globalplan wird beispielsweise die Menge jeder Produktgruppe festgelegt, die in den nächsten drei Jahren produziert werden soll. Er enthält damit zu jeder Produktgruppe genau eine Mengenangabe. Ein Detailplan enthält dagegen Angaben zu den Mengen jedes Produkts jeder dieser Produktgruppen, die im nächsten Jahr zu produzieren sind, und zu der Verteilung der Produktionsmengen jedes Produkts auf die einzelnen Wochen. Der Präzisionsgrad eines Plans wird durch die Art der ausgewerteten Informationen bestimmt. Pläne auf der Basis quantitativer Informationen weisen einen höheren Präzisionsgrad auf als Pläne, für die nur qualitative Informationen ausgewertet worden sind. Werden die Zielwirkungen der Handlungsmöglichkeiten nominal gemessen, weist der Plan eine geringere Präzision auf als bei ordinaler Messung, da die Handlungsmöglichkeiten auf der Grundlage der Bewertung zwar verschiedenen Klassen zugeordnet, nicht jedoch in eine Rangfolge gebracht werden können. Letzteres setzt eine ordinale Messung der Zielwirkungen voraus. Pläne mit einem hohen (niedrigen) Präzisionsgrad werden als Feinpläne (Grobpläne) bezeichnet (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 113, 118). Die Pläne an der Spitze einer Planhierarchie sind Grobpläne. Den höchsten Präzisierungsgrad haben die Ausführungspläne auf der untersten Ebene der Planhierarchie. Koordinationsproblematik der Planung Notwendigkeit der Plankoordination durch Differenzierung Zur Koordination der Entscheidungen in der Unternehmung werden für die Bereichsleiter einer Hierarchieebene und u. U. auch für die ihnen unterstellten Manager Vorgaben geplant. Soll durch die Vorgabe von Plänen koordiniert werden, sind auf mehreren Hierarchieebenen Pläne für die Verantwortungsbereiche zu erstellen. Bei der Planung wird deshalb nicht in einem Planungsprozess ein umfassender Gesamtplan für die Unternehmung erstellt. Planung wird vielmehr differenziert. Die Differenzierung der Planung ist die Gliederung eines komplexen Planungsobjekts in mehrere Planungsteilobjekte, für die in Planungsprozessen, die zu einem gewissen Grad unabhängig voneinander durchgeführt werden, Pläne erstellt werden. Ein Planungsobjekt beschreibt den Tatbestand, der geplant werden soll, und mit dem Planungszeitraum auch die Zeitspanne, für die der Tatbestand geplant werden soll. Planungsteilobjekte benennen einen Teil des zu planenden Tatbestandes (z. B. einen Funktionsbereich der Unternehmung, eine Abteilung in einem Funktionsbereich) oder grenzen ein Zeitintervall im Planungszeitraum ab, für den der Tatbestand geplant werden soll. Dieses Zeitintervall ist die Planperiode (Geltungsdauer) des Plans. Wie ein Entscheidungsproblem kann auch ein Planungsobjekt vertikal und horizontal differenziert werden. Sowohl bei der horizontalen als auch bei der vertikalen Differenzierung der Planung können die Pläne sachlich oder zeitlich abgegrenzt werden. In aller Regel werden beide Kriterien kombiniert angewendet (vgl. Wild (1981), S. 166). <?page no="215"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 215 [1] Vertikale Differenzierung Mit dieser Form der Differenzierung sollen Spezialisierungsvorteile erzielt und die Komplexität der Planung schrittweise reduziert werden (vgl. Wild (1981), S. 166). Dazu wird ein komplexes Planungsobjekt schrittweise in eine Folge von Planungsteilobjekten mit abnehmender Komplexität gegliedert. Bei jedem Differenzierungsschritt wird der zu planende Tatbestand reduziert oder der Planungszeitraum verkürzt. Dadurch entsteht eine Folge sukzessiv zu erstellender Pläne, die einander über- oder untergeordnet sind und eine Planhierarchie mit mehreren Ebenen bilden. Bei vertikaler Differenzierung der Planung bringt der Integrationsgrad zum Ausdruck, inwieweit das Planungsobjekt eines Plans in der Planhierarchie dasjenige des untergeordneten Plans umfasst. Bei sachlich-vertikaler Differenzierung unterscheiden sich die Pläne verschiedener Hierarchieebenen in der Komplexität des zu planenden Tatbestands. Das Planungsobjekt eines Plans ist stets Bestandteil des Planungsobjekts seines übergeordneten Plans (vgl. Wild (1981), S. 172), d. h., die Pläne einer Ebene sind in die übergeordneten Pläne integriert. Die Pläne höherer Ebenen geben den Rahmen vor, in dem untergeordnete Pläne zu entwickeln sind. Die untergeordneten Pläne füllen den vorgegebenen Rahmen aus, indem sie die Inhalte des Plans detaillieren und präzisieren. Die unterste Ebene der Planhierarchie bilden die Ausführungspläne, die realisiert und nicht weiter detailliert und präzisiert werden. Beispiele für Pläne, die durch sachlichvertikale Differenzierung entstehen, sind der Unternehmungsplan, der Absatzplan, der Werbeplan für das Absatzprogramm und der Werbeplan der Produktgruppen. Die Ergebnisse übergeordneter Pläne hängen davon ab, wie sie durch die Pläne nachfolgender Ebenen inhaltlich konkretisiert werden. Bei der Erstellung übergeordneter Pläne können die Handlungsmöglichkeiten deshalb nicht ohne Kenntnis der untergeordneten Pläne bewertet werden. Andererseits können bei der Planung auf untergeordneten Ebenen die Handlungsalternativen nicht ohne Wissen über den in übergeordneten Plänen aufgespannten Handlungsrahmen und die damit zu erreichenden Ziele entwickelt und bewertet werden. Die Pläne aufeinanderfolgender Ebenen der Planhierarchie sind über Instrumentalrelationen (Mittel-Zweck-Beziehungen) verbunden, d. h., Pläne einer Ebene können nicht ohne Kenntnis der Pläne der jeweils über- und untergeordneten Ebene erstellt werden. Die zwischen den Plänen aufeinanderfolgender Ebenen bestehenden Instrumentalrelationen werden auch als vertikale Interdependenzen bezeichnet (vgl. Wild (1981), S. 189, 192). Beispiel zu vertikalen Interdependenzen In einem Plan werden die Ziele der Planperiode, die Höhe der finanziellen Mittel für die Investitionen zur Realisation dieser Ziele sowie die Verwendung dieser Mittel in den Verantwortungsbereichen festgelegt. In den Plänen auf der nachfolgenden Ebene der Planhierarchie werden die konkreten Investitionsvorhaben der <?page no="216"?> 216 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Verantwortungsbereiche geplant. Die Beurteilung der Zielwirkungen des übergeordneten Plans ist ohne Kenntnis der in den untergeordneten Plänen festgelegten Investitionsvorhaben nicht möglich. Ohne die Vorgaben zu den Zielen, den finanziellen Mitteln und ihrer Verwendung im übergeordneten Plan ist keine Planung der Investitionsvorhaben möglich, da die Ziele nicht bekannt sind, die mit den Investitionsvorhaben erreicht werden sollen, und auch die Zulässigkeit möglicher Investitionsvorhaben nicht beurteilt werden kann. Das Ergebnis der zeitlich-vertikalen Differenzierung sind Pläne, die sich in der Fristigkeit unterscheiden, d. h. kurzfristige, mittelfristige und langfristige Pläne. Für die Fristigkeit der Pläne maßgebend ist die Zahl der Planperioden (Länge der Zeitspanne) im Planungszeitraum, für die geplant wird. Bei zeitlich-vertikaler Differenzierung entsteht nicht zwangsläufig eine Planhierarchie, d. h. der langfristige Plan bildet nicht zwingend einen Rahmen, der durch mittel- und kurzfristige Pläne detailliert und konkretisiert wird. Der Integrationsgrad der Pläne verschiedener Fristigkeiten eines Planungszyklus wird erst durch die zeitliche Verkettung dieser Pläne bestimmt. Die zeitliche Verkettung definiert die Zahl und die zeitliche Lage der Planperioden des langfristigen, des mittelfristigen und des kurzfristigen Plans im Planungszeitraum des Planungszyklus. Es werden drei Varianten der zeitlichen Verkettung von Plänen verschiedener Fristigkeiten unterschieden (vgl. Abb. 5.7): Reihung Die Planperioden der kurz-, mittel- und langfristigen Pläne sind lückenlos und überschneidungsfrei aneinandergereiht. Stufung Die Planperioden der kurz-, mittel- und langfristigen Pläne überlappen sich teilweise. Die Planperiode des kurzfristigen Plans reicht in die Planperioden des mittelfristigen Plans hinein und die Planperioden des mittelfristigen reichen in die des langfristigen Plans. Schachtelung Die Planperioden des langfristigen Plans schließen die des mittel- und des kurzfristigen Plans ein. Die Planperiode des kurzfristigen Plans ist auch eine Planperiode sowohl des mittelfristigen als auch des langfristigen Plans. Ebenso sind die Planperioden des mittelfristigen Plans auch Planperioden des langfristigen Plans. Die Pläne einer Ebene sind damit in einen Plan der übergeordneten Ebene integriert. Nur bei zeitlicher Verkettung der Pläne verschiedener Fristigkeiten nach dem Prinzip der Schachtelung entsteht eine Planhierarchie, die der bei sachlich-vertikaler Differenzierung vergleichbar ist. Nur bei dieser Form der Verkettung sind die Pläne aufeinanderfolgender Ebenen der Planhierarchie über Instrumentalrelationen verbunden (vgl. Gaitanides (1989), Sp. 2262). <?page no="217"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 217 Mittelfristige Planung Kurzfristige Planung Langfristige Planung Mittelfristige Planung Langfristige Planung Reihung Langfristige Planung Stufung Mittelfristige Planung Kurzfristige Planung Schacheltung Kurzfristige Planung Planungszeitraum Planperiode Planperiode Planperiode Abb. 5.7: Formen der zeitlichen Verkettung Die zeitliche Verkettung bezieht sich nicht nur auf Pläne verschiedener Fristigkeiten eines Planungszyklus, sondern auch auf die Pläne verschiedener Planungszyklen. Das führt zur Unterscheidung zwischen der intrazyklischen und der interzyklischen Verkettung. Planungsperiode t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 1 K L t 2 K L t 3 K L Abb. 5.8: Inter- und intrazyklische Verkettung Die intrazyklische Verkettung bildet die zeitliche Lage der in einem Planungszyklus erstellten kurz-, mittel- und langfristigen Pläne innerhalb des Planungszeitraums ab. Die zeitliche Lage des in einem Planungszyklus erstellten langfristigen Plans und des im folgenden Planungszyklus erstellten kurzfristigen Plans wird durch die interzyklische Verkettung beschrieben. Mit der interzyklischen Verkettung wird zum Ausdruck gebracht, in welchem Umfang der langfristige Plan eines Planungszyklus Planungszyklus <?page no="218"?> 218 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne den Rahmen für den kurzfristigen Plan des nächsten Planungszyklus bildet. In voriger Abb. 5.8 ist die Planperiode eines kurzfristigen Plans auch eine Planperiode des langfristigen Plans der Vorperiode. Der langfristige Plan gibt damit den Rahmen des kurzfristigen Plans des nachfolgenden Planungszyklus vor. Es liegt eine interzyklische Verkettung in Form der Schachtelung vor. Innerhalb des Planungszyklus sind die kurz- und langfristigen Pläne über Reihung verkettet (intrazyklische Verkettung). [2] Horizontale Differenzierung Die vertikale Koordination wird um eine horizontale Differenzierung ergänzt. Bei dieser Form der Differenzierung wird das Planungsobjekt des Plans einer Ebene der Planhierarchie in mehrere Planungsteilobjekte gegliedert, für die in getrennten Planungsprozessen gleichrangige Pläne erstellt werden, d. h. Pläne, die eine Ebene der Planhierarchie bilden. Das Planungsobjekt einer Ebene der Planhierarchie kann nach sachlichen oder zeitlichen Kriterien gegliedert werden. Bei sachlich-horizontaler Differenzierung werden Tätigkeitsfelder als Planungsobjekte nach Verrichtungen oder nach den Objekten abgegrenzt, an denen die Verrichtungen ausgeführt werden. Bei der sachlich-horizontalen Differenzierung nach Verrichtungen werden z. B. Beschaffungs-, Produktions- und Absatzpläne getrennt erstellt. Der Absatzplan könnte nach Objekten in den Absatzplan für Produkt 1, den Absatzplan für Produkt 2 usw. oder in den Absatzplan für Region A und den für Region B differenziert werden. Bei der Koordination durch Pläne ist es zweckmäßig, wenn die sachliche Differenzierung der organisatorischen Spezialisierung und Abteilungsbildung folgt, d. h. Pläne für die zu steuernden Verantwortungsbereiche erstellt werden. Zwischen Handlungen verschiedener als Planungsobjekte abgegrenzter Tätigkeitsbereiche können arbeitsbezogene Abhängigkeiten bestehen. Diese haben zur Folge, dass Teilpläne über Sachinterdependenzen verbunden sind. Beispiel zu Sachinterdependenzen zwischen Plänen Die Pläne zu den verschiedenen Investitionsvorhaben auf der untersten Ebene der Planhierarchie sind aufgrund der begrenzt verfügbaren Investitionsmittel interdependent. Es handelt sich hierbei um Sachinterdependenzen in der Form eines Restriktionenverbunds. In Unternehmungen bestehen zwischen der Beschaffung, der Produktion und dem Absatz Lieferbeziehungen. Zwischen dem Beschaffungs-, dem Produktions- und dem Absatzplan bestehen damit Sachinterdependenzen in der Form eines Prozessverbunds. Planhierarchien mit drei Ebenen, denen z. B. die strategischen, die taktischen und die operativen Pläne zugeordnet sind (vgl. auch Abb. 1.9), sind das Ergebnis einer vertikalen Differenzierung, bei der die Planungsobjekte sowohl sachlich als auch zeitlich abgegrenzt werden. Die Pläne verschiedener Fristigkeiten der aufeinanderfolgenden Ebenen der Planhierarchie sind nach dem Prinzip der Schachtelung verkettet. Die Pläne jeder Ebene der Planhierarchie werden durch sachlich-horizontale Differenzierung gebildet. Wird das Planungsobjekt einer Ebene der Planhierarchie in Tätigkeitsfelder aufeinanderfolgender Perioden gegliedert, liegt eine zeitlich-horizontale Differenzierung vor. In diesem Fall treten beispielsweise an die Stelle eines Jahresplans vier Quartalspläne. Der Vorteil der zeitlichen Differenzierung ist, dass die Komplexität bei der Erstellung eines Plans verringert werden kann. Das mit der zeitlichen Differenzie- <?page no="219"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 219 rung verbundene Problem besteht darin, dass mit jedem Plan die Ausgangssituation und damit die Ergebnisse der Pläne für Folgeperioden beeinflusst werden. Bei der Planung können die Wirkungen der veränderten Ausgangssituation auf die Ergebnisse der Pläne nachfolgender Perioden nur bei Kenntnis dieser Pläne bewertet werden. Umgekehrt kann der Plan der Folgeperiode nur bei Kenntnis des Plans der Vorperiode und der durch ihn veränderten Ausgangssituation formuliert werden. Mit der gemeinsamen Planung beider Perioden in einem Planungsprozess kann damit ein besseres Ergebnis erreicht werden als bei getrennter Planung beider Perioden. Zwischen den Plänen aufeinanderfolgender Perioden bestehen Interdependenzen, die als dynamische Interdependenzen bezeichnet werden (vgl. Luhmer (2002), Sp. 1035). Sie gehen auf arbeitsbezogene Abhängigkeiten der Handlungen in verschiedenen Perioden zurück, d. h., es handelt sich um Sachinterdependenzen, die als Prozess-, Restriktionen- oder Zielverbund auftreten können. Beispiele zu Sachinterdependenzen der Handlungen verschiedener Perioden Prozessverbund: Der in einer Periode geschaffene Lagerbestand ermöglicht in der Folgeperiode die Annahme eines Kundenauftrags, der mit der Periodenkapazität allein nicht realisiert werden könnte. Restriktionenverbund: Die Annahme eines Kundenauftrags belastet die Produktionskapazität während der nächsten Perioden und verhindert in den Folgeperioden die Annahme vorteilhafterer Aufträge. Zielverbund: Durch die Zusammenfassung des Bedarfs der nächsten beiden Perioden zu einer Bestellung kann bei der Beschaffung eines Bauteils ein sehr viel günstigerer Preis ausgehandelt werden. Die Pläne, die durch Differenzierung abgegrenzt werden, können über vertikale Interdependenzen, Sachinterdependenzen oder dynamische Interdependenzen verbunden sein (vgl. Pfohl/ Stölzle (1997), S. 133). Die Differenzierung der Planung begründet damit einen Bedarf an Plankoordination (vgl. Wild (1981), S. 160 ff.). Art und Umfang des Bedarfs an Plankoordination hängen von dem Differenzierungsgrad und der Art der Differenzierung ab. Plankoordination ist die Abstimmung und Ausrichtung der in den Plänen festgeschriebenen Ziele und Handlungen auf die gemeinsamen Ziele durch die Koordination bei der Planung. Koordinationsprobleme bei dezentraler Planung Maßgebend für den Zentralisationsgrad der Planung ist der Umfang, in dem Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe bei der Unternehmungsleitung konzentriert oder an Bereichsleiter delegiert sind (vgl. Bea/ Göbel (2019), S. 281). <?page no="220"?> 220 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne [1] Zentrale Planung Zentrale Planung liegt vor, wenn die Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe bei der Unternehmungsleitung liegen. Die Unternehmungsleitung entwickelt einen Gesamtplan und gibt diesen den Bereichsleitern zur Durchsetzung und Realisation vor. Der Gesamtplan umfasst den Plan auf der obersten Ebene der Planhierarchie, z. B. den strategischen Plan, den generellen Zielplan oder den unternehmungspolitischen Rahmenplan (vgl. Abb. 1.9). 5 Weitere Bestandteile des Gesamtplans sind die Bereichspläne, die bei zentraler Planung von der Unternehmungsleitung entwikkelt werden. Die Trennung der Planung von der Durchsetzung und Realisation hat den Vorteil, dass die Planung eher am Erwünschten als am Machbaren ausgerichtet wird, so dass von einer höheren Innovationsfähigkeit im Planungsprozess ausgegangen werden kann. Die Plankoordination vollzieht sich durch die Abstimmung der durch vertikale, sachlich-horizontale und zeitlich-horizontale Differenzierung abgegrenzten Pläne auf der oberen Ebene der Managementhierarchie. Bei der Abstimmung sind die Sachinterdependenzen, die vertikalen sowie die dynamischen Interdependenzen zwischen den Plänen zu berücksichtigen. In Wollens- und Könnensbegrenzungen begründete Verhaltensinterdependenzen sind bei der Plankoordination ohne Bedeutung, da die Kompetenzen für Entscheidungen im Planungsprozess bei der Unternehmungsleitung konzentriert sind. Den Vorteilen zentraler Planung stehen einige Nachteile gegenüber. Durch die Konzentration der Planung bei der Unternehmungsleitung werden die Informationsvorteile der Bereichsleiter nicht genutzt. Ergebnis der Planung können damit Pläne sein, die nicht realisierbar sind. Durch die zentrale Planung wird die Autonomie der Bereichsleiter deutlich eingeschränkt, da sie die Handlungen in ihrem Bereich nur sehr begrenzt selbst festlegen können. Zudem verringern sich die Anforderungsvielfalt, die Ganzheitlichkeit und die Bedeutung der von den Bereichsleitern auszuführenden Aufgaben. Nach dem Job-characteristic-Modell nach Hackmann/ Oldham fühlen sich die Bereichsleiter dadurch für die Ergebnisse ihrer Arbeit weniger verantwortlich und erleben sie weniger bedeutsam. Diese psychischen Erlebniszustände wirken sich ungünstig auf die Motivation der Bereichsleiter bei der Durchsetzung und Realisation der Pläne aus (vgl. Hackman/ Oldham (1980), S. 72 ff.). Zudem sind Konflikte zwischen den in den Plänen festgelegten Zielen und den individuellen Zielen der Bereichsleiter, aber auch die fehlerhafte Interpretation der Pläne mögliche Willens- und Könnensbarrieren bei der Durchsetzung und Realisation der Pläne in den Verantwortungsbereichen. [2] Partizipative Planung Den Schwächen zentraler Planung kann durch Partizipation der Bereichsleiter begegnet werden, d. h. durch die Mitwirkung der Bereichsleiter an der zentralen Unternehmungsplanung. Bei Partizipation gewinnen die Bereichsleiter mehr oder weniger Einfluss auf den Gesamtplan der Unternehmung. Die Unternehmungsleitung bleibt dennoch für den Gesamtplan verantwortlich. Bei folgenden Varianten der Partizipation nimmt der Einfluss der Bereichsleiter auf die Inhalte des Gesamtplans zu (vgl. Hill/ Fehlbaum (1994), S. 243 ff., 259): 5 Vereinfachend soll im Folgenden sehr allgemein vom Unternehmungsplan gesprochen werden. <?page no="221"?> 5.1 Kennzeichnung der Koordination durch Pläne 221 Entscheidungsdiskussion mit den Bereichsleitern Die Unternehmungsleitung erstellt einen vorläufigen Gesamtplan der Unternehmung und legt ihn unter Angabe der verfolgten Ziele, der Prämissen, der berücksichtigten Handlungsmöglichkeiten und ihrer Bewertung den Bereichsleitern vor. Die Bereichsleiter werden durch die Unternehmungsleitung motiviert, Bedenken und Einwände vorzubringen sowie neue Handlungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Nach Auswertung der Diskussion mit den Bereichsleitern beschließt die Unternehmungsleitung über den Gesamtplan. Meinungsbildung durch die Bereichsleiter Den Bereichsleitern wird von der Unternehmungsleitung der Unternehmungsplan präsentiert. In dem durch den Unternehmungsplan vorgegebenen Rahmen erstellen die Bereichsleiter die Bereichspläne. Anders als bei der Entscheidungsdiskussion entwickeln die Bereichsleiter die Bereichsziele und die Inhalte der Bereichspläne. Es ist jedoch die Unternehmungsleitung, die den Beschluss über die Bereichspläne fasst. Willensbildung durch die Bereichsleiter Die Instanz gibt den Unternehmungsplan sowie Rahmenbedingungen für die Bereichspläne vor. Diese betreffen vielfach die verfügbaren Ressourcen. Die Bereichsleiter erarbeiten unter Berücksichtigung des Unternehmungsplans und der vorgegebenen Rahmenbedingungen die Bereichspläne. Sie beschließen auch über die von ihnen erstellten Bereichspläne. Die Unternehmungsleitung verfügt nur noch über ein Vetorecht für den Fall, dass die Bereichspläne gegen Plangrößen des Unternehmungsplans oder die vorgegebenen Rahmenbedingungen verstoßen. Durch Partizipation der Bereichsleiter im Planungsprozess kann sowohl die Qualität der Pläne verbessert als auch die Akzeptanz der Bereichspläne bei den Bereichsleitern gesteigert werden (vgl. Vroom/ Jago (1991), S. 185 f.). Sie ermöglicht es, bei der Planung die Informationsvorteile der Bereichsleiter zu nutzen. Die Mitwirkung der Bereichsleiter hat zudem einen positiven Einfluss auf die für ihre Motivation relevanten psychischen Erlebniszustände. Bereichsleiter fühlen sich stärker verpflichtet, die Pläne zu realisieren. Konflikte zwischen den Zielen, die in den Plänen festgelegt werden sollen, und den individuellen Zielen der Bereichsleiter können frühzeitig erkannt und gelöst werden. Die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Interpretation der Pläne kann verringert werden, da Bereichsleiter ein tiefergehendes Verständnis für die Wirkungsketten gewinnen, die bei der Planung angenommen werden. [3] Dezentrale Planung Von dezentraler Planung soll gesprochen werden, wenn die Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe zur Erstellung der Pläne für die Verantwortungsbereiche vollständig an die Bereichsleiter delegiert werden. Jeder Bereichsleiter erstellt auf der Grundlage des Unternehmungsplans einen Bereichsplan. Geplant werden die Bereichsziele und die Handlungen zur Erreichung der Bereichsziele. Die Bereichspläne bilden die zweite Ebene der Planhierarchie. Sie werden durch vertikale und sachlich-horizontale Differenzierung der Planung abgegrenzt. Neben den vertikalen Interdependenzen zwischen dem Unternehmungsplan und den Bereichsplänen bestehen zwischen den Entscheidungen in den Planungsprozessen der Unternehmungsleitung und der Bereichsleitungen zusätzlich Verhaltens- <?page no="222"?> 222 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne interdependenzen. Der dadurch begründete Koordinationsbedarf erfordert eine ebenenübergreifende Plankoordination, d. h. die Koordination der Planungsaktivitäten in den Planungsprozessen verschiedener Ebenen der Managementhierarchie. Die Bereichspläne werden durch sachlich-horizontale Differenzierung abgegrenzt. Durch diese Differenzierung werden Sachinterdependenzen zwischen Handlungen getrennt, die in den Planungsprozessen verschiedener Bereiche festgelegt werden. Die Bereichspläne sind deshalb bereichsübergreifend abzustimmen, d. h., es sind die Planungsaktivitäten in den Planungsprozessen verschiedener Verantwortungsbereiche zu koordinieren. Bei dezentraler Planung werden die Informationsvorteile der Bereichsleiter bei der Erstellung der Bereichspläne genutzt, nicht jedoch im Planungsprozess der Unternehmungsleitung. Auch kann die Vorgabe von Unternehmungsplänen von Bereichsleitern als Einschränkung ihrer Autonomie empfunden werden. Soll die Qualität der Unternehmungspläne oder ihre Akzeptanz bei den Bereichsleitern gesichert werden, kann die Partizipation der Bereichsleiter im Planungsprozess der Unternehmungsleitung zur Erstellung des Unternehmungsplans zweckmäßig sein (vgl. Vroom/ Jago (1991), S. 53 ff.). Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem Verfahrensregeln für die zentrale Planung Probleme der simultanen Planung Für die Koordination durch Pläne wird die Planung vertikal und horizontal differenziert. Das Ergebnis der Differenzierung ist eine Planhierarchie mit mindestens zwei Ebenen. Der Unternehmungsplan bildet die obere Ebene der Planhierarchie. Ihm untergeordnet sind die Bereichspläne, die den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Bei zentraler Planung sind die Befugnisse für die ursprüngliche Planungsaufgabe bei der Unternehmungsleitung konzentriert. Sie erstellt damit den Unternehmungsplan und die Bereichspläne. Damit ist eine simultane Planung grundsätzlich möglich. Simultane Planung ist gegeben, wenn alle Pläne gleichzeitig in einem Planungsprozess erstellt werden und die Interdependenzen zwischen den Handlungen, die in den Plänen festgelegt werden, vollständig berücksichtigt werden. Bei simultaner Planung werden die Wirkungen jeder Handlungsmöglichkeit für einen Plan auf die Ergebnisse aller Handlungsmöglichkeiten in den anderen Plänen berücksichtigt, so dass ein Höchstmaß an Plankoordination erreicht wird. Das setzt die genaue Kenntnis der Interdependenzen zwischen den Handlungsmöglichkeiten der Bereichspläne voraus. Im Planungsprozess müssen damit sehr viele Daten in hoher Präzision zur Verfügung stehen und gemeinsam verarbeitet werden. Mit jedem Plan, der in eine simultane Planung einbezogen wird, nimmt die Zahl der zu berück- <?page no="223"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 223 sichtigenden Interdependenzen und damit auch die Komplexität des Planungsprozesses zu. Jede Änderung bei den Daten oder der bei der Planung angenommenen Unternehmungs- und Umweltbedingungen erfordert einen erneuten Durchlauf des gesamten Planungsprozesses. Bedingt durch den damit verbundenen hohen Aufwand, wird ein erneuter Durchlauf des Planungsprozesses eher selten angestoßen. Simultan erstellte Pläne weisen damit eine Starrheit auf, die mit einer dynamischen Umwelt nicht vereinbar ist. Aufgrund dieser praktischen Schwierigkeiten ist die simultane Planung nur als gedanklicher Grenzfall zu verstehen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 154; Troßmann (2018), S. 96). Um die Komplexität der Planung zu reduzieren, werden der Unternehmungsplan und die Bereichspläne sukzessive geplant. Die sukzessive Planung zeichnet sich dadurch aus, dass der Unternehmungsplan und die durch sachlich-horizontale Differenzierung abgegrenzten Bereichspläne in getrennten Planungsprozessen nacheinander oder parallel erstellt und in einem Abstimmungsprozess zu einem abgestimmten Gesamtplan zusammengeführt werden. Zweck der sukzessiven Planung ist es, die Komplexität der Planung zu reduzieren, indem die zwischen den Plänen bestehenden Interdependenzen nur unvollständig berücksichtigt werden. Bei der Gestaltung des Planungssystems sind Verfahrensregeln für die sukzessive Planung zu entwickeln, die den Umfang der in den Planungsprozessen zu berücksichtigenden Interdependenzen verringern, aber dennoch einen hohen Abstimmungsgrad der Bereichspläne garantieren, d. h. einen hohen Beitrag zur Erreichung der gemeinsamen Ziele. Diese Planungsverfahren sehen die mehr oder weniger isolierte Erstellung zunächst vorläufiger Bereichspläne vor, die anschließend aufeinander abgestimmt werden. Von der Verfahrensregel zur Ableitungsrichtung der Pläne aufeinanderfolgender Ebenen der Planhierarchie hängt es ab, in welchem Umfang die vertikalen Interdependenzen zwischen Unternehmungsplan und Bereichsplänen in die Planung einbezogen werden. Verfahrensregeln zur Abstimmung der Bereichspläne auf das gemeinsame Ziel betreffen die Planungssequenz. Durch sie wird festgelegt, welche Sachinterdependenzen bei der Erstellung und Abstimmung der Bereichspläne berücksichtigt werden. Ableitungsrichtung vertikal differenzierter Pläne Soll der Unternehmungsplan in einem von der Bereichsplanung getrennten Planungsprozess erstellt werden, ist die Ableitungsrichtung der Pläne zu regeln. Die Regel zur Ableitungsrichtung legt die Reihenfolge der Entwicklung des Unternehmungsplans und der Bereichspläne fest. Die Ableitungsrichtung der Pläne beschreibt, wie die Pläne einer Ebene der Planhierarchie aus dem Plan der übergeordneten Ebene hergleitet werden oder die Erstellung dieses Plans beeinflussen (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 113). <?page no="224"?> 224 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Varianten der Ableitungsrichtung sind die retrograde Planung, die progressive Planung sowie die Gegenstromplanung. Bei retrograder Planung werden die Bereichspläne nach dem Kaskadenprinzip analytisch aus dem Unternehmungsplan hergeleitet und dabei horizontal differenziert. Die Planung beginnt mit der Erstellung eines globalen Unternehmungsplans, aus dem durch Konkretisierung, Präzisierung und Differenzierung des Planungsobjekts detaillierte Bereichspläne abgeleitet werden. Es wird deshalb auch von der Kaskadenplanung gesprochen. Bei der Bereichsplanung liegen die Unternehmungsziele als gemeinsame Ziele fest, d. h., die Bereichspläne können an ihnen ausgerichtet werden. Der Unternehmungsplan begrenzt zudem die zulässigen Handlungsmöglichkeiten bei der Bereichsplanung und bewirkt damit eine partielle horizontale Koordination der Bereichspläne (vgl. Horváth (1989), S. 642). Der Unternehmungsplan wird ohne Kenntnis der detaillierten Bereichspläne und ihrer Wirkungen auf die Ergebnisse des Unternehmungsplans erstellt. Es besteht damit die Gefahr, dass die abgeleiteten Bereichspläne nicht realisierbar sind. Bei der retrograden Planung wird nur eine Wirkungsrichtung der vertikalen Interdependenzen berücksichtigt. Die progressive Planung ist durch die umgekehrte Ableitungsrichtung gekennzeichnet. Die Bereichspläne werden bei dieser Ableitungsvariante ohne Kenntnis und Berücksichtigung des Unternehmungsplans erstellt. Es fehlen damit die gemeinsamen Ziele, an denen die Bereichspläne ausgerichtet werden können. Das birgt die Gefahr, dass sich die Bereichsplanung auf die Fortschreibung der Bereichspläne früherer Perioden beschränkt. Der Unternehmungsplan wird schließlich auf der Grundlage der Bereichspläne mit abnehmendem Differenzierungs- und Detaillierungsgrad entwickelt. Die Dringlichkeit der Probleme im Prozess der Leistungserstellung und -verwertung kann darin münden, dass die langfristige Perspektive vernachlässigt und die Unternehmungsplanung auf einen Koordinationsprozess reduziert wird (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 119; Troßmann (2018), S. 103). Die Realisierbarkeit des Unternehmungsplans ist grundsätzlich gewährleistet. Offen bleibt, ob die Bereichsziele zu einem gemeinsamen Ziel konvergieren, d. h., das Unternehmungsziel nicht im Konflikt zu den Bereichszielen steht. Auch bei dieser Ableitungsrichtung wird nur eine Wirkungsrichtung der vertikalen Interdependenzen in die Planung einbezogen. Die Gegenstromplanung zeichnet sich dadurch aus, dass beide Wirkungsrichtungen der vertikalen Interdependenzen zumindest in Teilen in die Planung einbezogen werden. Die Gegenstromplanung ist als Kombination der retrograden und der progressiven Planung mit dem Ziel zu verstehen, die Vorteile der beiden Ableitungsrichtungen zu nutzen und dabei ihre Schwächen zu vermeiden. Die Planung beginnt mit der Formulierung eines vorläufigen globalen Unternehmungsplans. Unter Beachtung des vorläufigen Unternehmungsplans werden vorläufige Bereichspläne entwickelt. Diese dienen der Überprüfung des vorläufigen Unternehmungsplans und liefern erste Anhaltspunkte zur Realisierbarkeit des Unternehmungsplans und Hinweise darauf, wie er zu modifizieren ist. Bei Bedarf werden nach der Korrektur des Unternehmungsplans auch die vorläufigen Bereichspläne angepasst und eine Wiederholung des Prozesses angestoßen. Die Gegenstromplanung sieht eine retrograde Ableitung <?page no="225"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 225 der Bereichspläne und eine progressive Realisierbarkeitsprüfung des Unternehmungsplans vor. Der Planungsprozess endet, wenn über einen realisierbaren Unternehmungsplan und den an diesem Plan ausgerichteten Bereichsplänen ein endgültiger Beschluss gefasst worden ist. Das kann einen mehrfachen Durchlauf der Planungsfolge erfordern. Planungssequenz bei horizontaler Differenzierung Die Abstimmung der Bereichspläne auf die gemeinsamen Ziele wird durch die Planungssequenz geregelt. Als Ausprägungen dieses Gestaltungsparameters werden genannt (vgl. Frese u. a. (2019), S. 130 ff.): die sequentielle Planung, die parallele Planung sowie die Gruppenplanung in der Form der sequentiellen Gruppenplanung und der parallelen Gruppenplanung (vgl. Abb. 5.9). simultane Planung P1 P4 P3 P5 P2 P6 sequentielle Planung P6 P5 P4 P3 P2 P1 parallele Planung P6 P5 P3 P2 P1 P4 Abstimmung parallele Gruppenplanung P1 P3 P2 P4 P6 P5 sequentielle Gruppenplanung P4 P6 P5 P1 P3 P2 Abstimmung Abb. 5.9: Varianten der Planungssequenz im Vergleich zur simultanen Planung <?page no="226"?> 226 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne [1] Sequentielle Planung Der Grundgedanke der sequentiellen Planung besteht darin, durch die Zuordnung von Prioritäten zu den Bereichsplänen eine Reihenfolge vorzugeben, in der die Bereichspläne erstellt werden sollen. Der Bereichsplan mit der höchsten Priorität wird zuerst erstellt. Die weiteren Bereichspläne werden anschließend in der Reihenfolge abnehmender Prioritäten entwickelt. Bei der Erstellung eines Bereichsplans werden die Plangrößen der bereits vorliegenden Bereichspläne als Prämissen oder Restriktionen übernommen. Wird beispielsweise zuerst der Absatzplan entwickelt, wird das Produktionsprogramm auf der Basis des geplanten Absatzprogramms geplant. Das Produktionsprogramm geht anschließend als Prämisse oder Restriktion in die Planung des Beschaffungsprogramms ein (vgl. Frese u. a. (2019), S. 131). Bei dieser Vorgehensweise können im Planungsprozess die Wirkungen bereits erstellter Bereichspläne auf das Ergebnis des zu entwickelnden Bereichsplans berücksichtigt werden. Die Interdependenzstruktur und damit auch die Komplexität der Entwicklung des Gesamtplans wird vereinfacht, indem die Wirkungen des zu erstellenden Bereichsplans auf die bereits vorliegenden Bereichspläne keinen Eingang in die Planung finden. Mit den Prioritäten der Bereichspläne wird die Wirkungsrichtung der Sachinterdependenzen bestimmt, die im Planungsprozess berücksichtigt oder vernachlässigt werden. Die Reihenfolge, in der die Pläne erstellt werden, ist damit für das Ergebnis des Gesamtplans maßgebend. Mit jeder Übernahme der Plangröße aus Bereichsplänen höherer Priorität wird der Handlungsspielraum nachfolgender Planungsprozesse eingeschränkt, d. h., es stehen bei der Planung nur noch die Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl, die nach den zuvor erstellten Bereichsplänen noch zulässig sind. Handlungsalternativen, die bei anderen Planungsreihenfolgen zu besseren Ergebnissen des Gesamtplans führen, können unzulässig sein. In ungünstigen Fällen lassen sich keine zulässigen Handlungsmöglichkeiten mehr finden. Um zu einem Gesamtplan mit einem akzeptablen Ergebnis zu gelangen, sind Abstimmungsrunden unvermeidbar, in denen früher erstellte Bereichspläne noch einmal betrachtet und gegebenenfalls modifiziert werden. Der in Abstimmungsrunden zu deckende Koordinationsbedarf zwischen den Bereichsplänen ist von der Reihenfolge abhängig, in der die Bereichspläne entwickelt werden. Eine Reihenfolge für die sukzessive Planung, aus der ein Gesamtplan mit einem bei simultaner Planung vergleichbaren Ergebnis hervorgeht, kann gefunden werden, sofern zwischen den Bereichsplänen ausschließlich einseitige Wirkungsbeziehungen bestehen. Als heuristische Regel zur Festlegung der Prioritäten bei wechselseitigen Sachinterdependenzen wird das Prinzip der Engpassorientierung vorgeschlagen. Es sieht vor, dass die sukzessive Planung mit dem Bereich beginnt, der den Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess der Unternehmung in quantitativer Sicht begrenzt, d. h. der den Engpass bildet (vgl. Gaitanides (1989), Sp. 2262). Die Planung wird anschließend mit dem Bereich fortgesetzt, der sachlich auf den Engpass folgt. Das Problem bei der Ermittlung der Prioritäten besteht darin, dass der Engpassbereich u. U. erst nach Abschluss der Planung bekannt ist. Das Prinzip der Engpassorientierung beruht auf dem von Gutenberg formulierten Ausgleichsgesetz der Planung (vgl. Mag (1995), S. 133). Es besagt, dass kurzfristig Teilpläne auf den Engpass abzustimmen sind. Langfristig ist dieser Engpass jedoch zu eliminieren, d. h., das <?page no="227"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 227 Niveau der Engpassbereiche ist an dem der anderen Bereiche auszurichten (vgl. Gutenberg (1979), S. 163 ff.). Beispiel zur sequentiellen Planung Wird die operative Programmplanung sachlich-horizontal nach Objekten differenziert, wird die Produktionsmenge jedes Produkts in getrennten Planungsprozessen festgelegt. Bei sequentieller Planung können die Produktionsmengenpläne in der Reihenfolge abnehmender relativer Deckungsbeiträge der Produkte erstellt werden. Diese Vorgehensweise kann zum deckungsbeitragsoptimalen Produktionsprogramm der Unternehmung führen. Das setzt jedoch voraus, dass nur eine Mehrproduktrestriktion wirksam ist, d. h., nur bei einer für die Produktion mehrerer Produkte genutzten Ressource die verfügbare Menge nicht zur Realisation der Absatzobergrenzen der Produkte ausreicht. [2] Parallele Planung Wird nach dem Prinzip der parallelen Planung vorgegangen, werden die Bereichspläne zeitgleich, jedoch unabhängig voneinander entwickelt. In keinem Planungsprozess werden Plangrößen anderer Bereichspläne als Prämissen oder Restriktionen berücksichtigt. Das hat den Vorteil, dass keine interessanten Handlungsmöglichkeiten durch Übernahme der Plangrößen anderer Bereichspläne frühzeitig als unzulässig aus den weiteren Überlegungen ausgeschlossen werden. Die Bereichspläne werden in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der zwischen ihnen bestehenden Interdependenzen abgestimmt und zu einem Gesamtplan zusammengefasst (vgl. Frese u. a. (2019), S. 131 f.). Anders als bei der sequentiellen Planung werden nicht vorab pauschal einzelne Sachinterdependenzen oder eine ihrer beiden Wirkungsrichtungen aus der Betrachtung ausgeschlossen. Es ist vielmehr möglich, Bereichspläne mit erheblichen Auswirkungen auf die Ergebnisse anderer Bereichspläne zu identifizieren und die von ihnen ausgehenden Wirkungsbeziehungen umfassend zu berücksichtigen. Sind die Bereichspläne vor allem über wechselseitige Sachinterdependenzen verbunden, lässt eine parallele Planung deshalb bessere Ergebnisse erwarten als eine sequentielle Planung. Dem besseren Ergebnis steht ein komplexerer Planungsprozess gegenüber, da die Interdependenzstruktur nicht vor Beginn der Planung, sondern erst während des Abstimmungsprozesses nach Erstellung der Bereichspläne vereinfacht wird. [3] Gruppenplanung Ein Planungsverfahren, das zu einem Gesamtplan mit besseren Ergebnissen als bei sequentieller Planung, bei gleichzeitig geringerer Planungskomplexität als bei paralleler Planung führt, ist die Gruppenplanung. Die Gruppenplanung bietet sich an, wenn aus den Bereichsplänen Gruppen mit folgenden Merkmalen gebildet werden können: Jeder Bereichsplan in einer Gruppe hat erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisse der anderen Bereichspläne der Planungsgruppe. Zwischen den Plänen verschiedener Planungsgruppen bestehen dagegen nur unbedeutende Sachinterdependenzen. Bei sequentieller Gruppenplanung werden die Planungsgruppen mit Prioritäten versehen. Die Teilpläne der Planungsgruppe mit der höchsten Priorität werden simultan oder parallel erstellt, um die zwischen den Bereichsplänen bestehenden Sach- <?page no="228"?> 228 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne interdependenzen umfassend berücksichtigen zu können. Die Plangrößen des abgestimmten Gruppenplans werden in den Planungsprozess übernommen, in dem die Bereichspläne der Planungsgruppe gemeinsam erstellt werden, der unter den noch verbleibenden Planungsgruppen die höchste Priorität zugeordnet ist (vgl. Frese u. a. (2019), S. 131). Die Interdependenzstruktur wird vereinfacht, indem nur eine Wirkungsrichtung der Sachinterdependenzen zwischen den Bereichsplänen verschiedener Gruppen berücksichtigt wird. Die parallele Gruppenplanung sieht vor, dass zunächst für jede Planungsgruppe unabhängig von den Planungsprozessen der übrigen Planungsgruppen simultan oder sequentiell ein Gruppenplan entwickelt wird. In keinen Planungsprozess gehen Plangrößen der Bereichspläne anderer Gruppen ein. Die zwischen Bereichsplänen verschiedener Planungsgruppen bestehenden Sachinterdependenzen werden erst in einem zweiten Schritt durch Abstimmung und Zusammenfassung der Gruppenpläne zu einem Gesamtplan berücksichtigt (vgl. Frese u. a. (2019), S. 132). Verfahrensregeln für die dezentrale Planung Regeln zur Hierarchiedynamik Bei zentraler Planung ist die Unternehmungsleitung auf allen Ebenen der Planhierarchie Träger der Planung. Für die Regelung der Prozesse zur Planung vertikal differenzierter Pläne reicht es aus, die Ableitungsrichtung festzulegen. Bei dezentraler Planung werden Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe bei der Erstellung der Bereichspläne an Manager auf der mittleren oder unteren Ebene der Managementhierarchie delegiert. Bei der Gestaltung des Planungsprozesses für die Pläne verschiedener Ebenen der Planhierarchie genügt es damit nicht mehr, nur die Ableitungsrichtung festzulegen. Benötigt werden Regeln zur Gestaltung des Ablaufs des Planungsprozesses innerhalb der Managementhierarchie, der als Hierarchiedynamik bezeichnet wird. Die Regeln der Hierarchiedynamik geben vor, wie die Pläne der Planhierarchie über die Ebenen der Managementhierarchie hinweg erstellt, koordiniert, integriert und durchgesetzt werden (vgl. Wild (1981), S. 188 f.). Diese Regeln legen für jeden Plan in der Planhierarchie die Ausprägungen folgender Gestaltungsparameter eines Planungssystems fest (vgl. Horváth (1989), Sp. 640): den Planungsträger in der Managementhierarchie, die Verteilung der Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe auf die Planungsträger sowie die Reihenfolge, in der Pläne verschiedener Ebenen der Planhierarchie erstellt werden. Als Varianten der Hierarchiedynamik werden in der Literatur vor allem die Top-down-Planung, die Bottom-up-Planung sowie die Gegenstromplanung <?page no="229"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 229 genannt. Diese Varianten beruhen auf der Annahme dezentraler Planung auf allen Ebenen der Managementhierarchie. Auf allen Ebenen der Managementhierarchie verfügt jeder Manager über die Kompetenzen zur Planung seines eigenen Verantwortungsbereichs. Danach entwickeln die Unternehmungsleitung den Unternehmungsplan, die Bereichsleiter als mittleres Management die Bereichspläne und die Abteilungsleiter auf der unteren Ebene der Managementhierarchie die Abteilungspläne (vgl. Mag (1995), S. 167). Die Planungsträger sowie die Verteilung der Planungskompetenzen liegen damit bereits fest. Die Varianten unterscheiden sich nur noch in der Ableitungsrichtung der Pläne über die Ebenen der Managementhierarchie hinweg. Um die Vorteile dezentraler Planung nutzen und ihre Nachteile vermeiden zu können, sollte im Planungssystem eine Variante der Hierarchiedynamik festgeschrieben werden, die den folgenden Anforderungen genügt (in Anlehnung an Wild (1981), S. 190 f.): Berücksichtigung der vertikalen Interdependenzen zwischen den Plänen verschiedener Ebenen der Planhierarchie (vertikale Koordination), Einbeziehung der Sachinterdependenzen zwischen den Bereichsplänen einerseits und den Abteilungsplänen andererseits (horizontale Koordination), Entlastung der Unternehmungsleitung, Nutzung der in den Bereichen und Abteilungen verfügbaren Informationen, Vermeiden von Willensbarrieren der Bereichs- und Abteilungsleiter sowie akzeptable Komplexität des Planungsprozesses. Die Forderung nach vertikaler Koordination verlangt, dass alle Abteilungs- und Bereichspläne an den Unternehmungszielen ausgerichtet, d. h. die vertikalen Interdependenzen im Planungsprozess berücksichtigt werden. Die horizontale Koordination bezieht sich auf die Abstimmung der Pläne einer Ebene der Planhierarchie über Bereichs- oder Abteilungsgrenzen hinweg. Die mit der Dezentralisation der Planung erzielte Entlastung der Unternehmungsleitung sollte nicht durch Belastungen im Planungs- und Abstimmungsprozess kompensiert werden. Die ablehnende Haltung gegenüber Plänen, die vorgegeben werden, bildet Barrieren, die das Arbeitsverhalten der Bereichs- und Abteilungsleiter im Prozess der Erstellung, Durchsetzung und Realisation der Pläne beeinträchtigen können. Ursache dieser Barrieren ist der Verlust an Autonomie und damit verbunden die Erwartung der Bereichs- und Abteilungsleiter, ihre Pläne nicht mehr durchsetzen und realisieren zu können. Die Komplexität des Planungsprozesses wird durch den Umfang der Kommunikationserfordernisse sowie der Rückkopplungs- und Abstimmungsprozesse bestimmt. Sie ist maßgebend für den Arbeitsaufwand und die Zeitdauer der Entwicklung und Durchsetzung der Pläne. [1] Top-down-Planung Bei diesem Verfahren beginnt die Planung auf der Ebene der Unternehmungsleitung mit der Erstellung des Unternehmungsplans. Dieser wird den Bereichsleitern vorgegeben, die jeweils einen Bereichsplan für ihren Verantwortungsbereich formulieren, indem sie den Unternehmungsplan differenzieren, detaillieren und präzisieren. Die durch die Bereichsleiter formulierten Bereichspläne werden den Abteilungsleitern vorgegeben. Dieser Prozess setzt sich fort, bis die unterste Ebene der Managementhierarchie erreicht ist, auf der noch geplant wird (vgl. z. B. Wild (1981), S. 191 ff.). Den Ablauf der Top-down-Planung zeigt Abb. 5.10. <?page no="230"?> 230 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Unternehmungsleitung Bereichsleitungen Abteilungsleitungen Top-down-Planung Bottom-up-Planung Abb. 5.10: Ablauf der Top-down- und der Bottom-up-Planung Auf jeder Ebene der Managementhierarchie werden die erstellten Pläne der jeweils nachfolgenden Ebene vorgegeben. Mit dieser Vorgabe wird die jeweils untergeordnete Ebene verpflichtet, die Pläne der übergeordneten Ebene zu konkretisieren. Ausgangspunkt der Planung ist das Unternehmungsziel. Auf jeder Ebene der Managementhierarchie werden Pläne mit Bereichszielen und Handlungen zur Erreichung dieses Unternehmungsziels entwickelt. Die Bereichs- und die Abteilungspläne sind damit auf die Unternehmungsziele ausgerichtet, d. h., sie sind vertikal koordiniert. Die Bereichs- und Abteilungspläne werden jeweils unabhängig erstellt. Ein Beitrag zur horizontalen Koordination dieser Pläne kann deshalb nur durch die Planung auf der jeweils übergeordneten Ebene und die Vorgabe eines Plans mit der Aufforderung zur horizontalen Koordination geleistet werden. Da der Detaillierungsgrad des Unternehmungsplans und der Bereichspläne gering ist, wird ein Bedarf an horizontaler Koordination u. U. nicht erkannt. Die Vorgabe von Plänen bewirkt deshalb nur eine partielle Abstimmung der Pläne einer Ebene der Planhierarchie. Die Prüfung der Realisierbarkeit des Unternehmungsplans erfordert es, dass die Unternehmungsleitung die Bereichs- und Abteilungspläne bis zu einem gewissen Grad konkretisiert. Das beansprucht entsprechende Planungskapazitäten bei der Unternehmungsleitung. Nur bei Vorgabe von Unternehmungsplänen ohne Überprüfung der Realisierbarkeit kann die Unternehmungsleitung entlastet werden. Die Vorgabe nicht realisierbarer Unternehmungspläne löst jedoch arbeits- und zeitaufwändige Rückkopplungsprozesse aus, die dem Entlastungseffekt bei dezentraler Planung entgegenwirken. Die Unternehmungsleitung verfügt nicht über die für die Planung notwendigen Informationen. Diese müssen vielmehr durch die Bereichs- und Abteilungsleiter bereitgestellt und von der Unternehmungsleitung ausgewertet werden. Die Realisierbarkeit und Qualität der von der Unternehmungsleitung vorgegebenen Unternehmungspläne hängen davon ab, inwieweit die Bereitstellung der erforderlichen Informationen durch die Bereichsleiter und ihre Auswertung durch die Unternehmungsleitung gelingt. Den Bereichs- und Abteilungsleitern werden weitgehend detaillierte Pläne vorgegeben, so dass ihnen nur ein geringer Handlungsspielraum bleibt. Durch diesen Verlust an Autonomie und die aufwendige Kommunikation, um der Unternehmungsleitung <?page no="231"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 231 die für die Planung erforderlichen Informationen verfügbar zu machen, erwarten die Bereichs- und Abteilungsleiter Pläne, die nicht realisierbar sind. Es bestehen Barrieren, die eine unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung der Bereichs- und Abteilungsleiter an die Unternehmungsleitung bewirken und ihr Arbeitsverhalten im Prozess der Durchsetzung und Realisation der Pläne beeinträchtigen können (vgl. z. B. Töpfer (1976), S. 112). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der Top-down-Planung die Sachinterdependenzen zwischen den Plänen einer Ebene in der Planhierarchie nicht berücksichtigt werden. Die Unternehmungsleitung kann nicht entlastet und die für die Planung erforderlichen Informationen in den Bereichen und Abteilungen nur sehr begrenzt ausgewertet werden. Die Top-down-Planung kann lediglich zur Ausrichtung der Bereichs- und Abteilungspläne an den Unternehmungszielen beitragen. Das verlangt jedoch nach umfangreichen Kommunikations-, Rückkopplungs- und Abstimmungsprozessen, d. h., einer arbeits- und zweitaufwändigen Planung. Für die Koordination dezentraler Entscheidungen durch die Vorgabe von Plänen ist dieses Planungsverfahren jedoch grundsätzlich geeignet. [2] Bottom-up-Planung Bei der Bottom-up-Planung beginnt die Planung auf der untersten Ebene der Managementhierarchie. Die detaillierten Abteilungspläne werden von den Bereichsleitern abgestimmt und zu Bereichsplänen integriert. Die Bereichspläne werden anschließend an die Unternehmungsleitung weitergeleitet. Ihre Aufgabe ist es, die Bereichspläne abzustimmen und zum Unternehmungsplan zu integrieren. Im Gegensatz zur Top-down-Planung bilden die Abteilungspläne den Ausgangspunkt, das Unternehmungsziel und der Unternehmungsplan das Endergebnis der Planung (vgl. Wild (1981), S. 194 ff.). Den Ablauf der Bottom-up-Planung zeigt die vorige Abb. 5.10. Die Unternehmungsleitung beschränkt sich bei diesem Verfahren weitgehend auf die Integration der Bereichspläne, ohne selbst zu planen (vgl. Töpfer (1976), S. 113). Sie wird damit weitgehend entlastet. Die Planung vollzieht sich vor allem auf der mittleren und unteren Ebene der Managementhierarchie ohne Vorgaben eines Unternehmungsplans, der die Unternehmungsziele festschreibt. Damit verbunden ist die Gefahr, dass sich die Bereichs- und Abteilungsleiter bei der Planung an den Zielen und Plänen oder den Engpässen der Vorperiode orientieren. Die Planung wird auf die Fortschreibung der Pläne aus den Vorperioden reduziert. Der Planung fehlt die langfristige Perspektive, künftige Probleme werden damit zu spät erkannt. Die Ziele in den Bereichs- und Abteilungsplänen können teilweise unverträglich sein und nicht zu einem gemeinsamen Ziel konvergieren. Das aus Bereichs- und Abteilungsplänen hergeleitete Ergebnis muss als Unternehmungsziel akzeptiert werden, das von den Vorstellungen der Unternehmungsleitung jedoch deutlich abweichen kann. Die Bereichs- und Abteilungspläne werden bei der Bottom-up-Planung nicht an einem gemeinsamen Ziel ausgerichtet, d. h., sie sind nicht vertikal koordiniert (vgl. Töpfer (1976), S. 113). Die Pläne einer Ebene der Managementhierarchie werden auf der übergeordneten Ebene zusammengefasst und abgestimmt. Da Vorgaben der Unternehmungsleitung fehlen, ist keine horizontale Abstimmung auf das Unternehmungsziel möglich. Abteilungspläne verschiedener Bereiche können unverträglich sein, was arbeits- und zeitaufwändige Rückkopplungen erforderlich machen kann. <?page no="232"?> 232 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Die Abteilungs- und Bereichsleiter erhalten keine Vorgaben und verfügen damit über den größtmöglichen Handlungsspielraum. Die Planung liegt vor allem bei den Bereichs- und Abteilungsleitern, die auch für die Realisation der Pläne verantwortlich sind (vgl. Horváth (1989), Sp. 643). Die Informationen in den Bereichen und Plänen werden bei der Planung ausgewertet und die Pläne sind auf Realisierbarkeit geprüft. Aufwändige Kommunikationsprozesse entfallen. Barrieren im Prozess der Durchsetzung und Realisation der Pläne werden vermieden (vgl. Wild (1981), S. 194 ff.; Töpfer (1976), S. 113 f.). Die Bottom-up-Planung entlastet die Unternehmungsleitung und führt zu realisierbaren Plänen, denen jedoch die langfristige Perspektive fehlt. Nur in arbeits- und zeitaufwändigen Rückkopplungs- und Abstimmungsprozessen können die Pläne horizontal koordiniert werden. Es werden keine Pläne erstellt, die den Bereichs- und Abteilungsleitern zur vertikalen Koordination ihrer Entscheidungen vorgegeben werden können. Mit einem Planungssystem, das der Koordination dezentraler Entscheidungen durch die Vorgaben von Plänen dient, ist diese Variante der Hierarchiedynamik nicht geeignet. [3] Gegenstromplanung Zwischen den Plänen aufeinanderfolgender Ebenen einer Planhierarchie bestehen vertikale Interdependenzen. Diese bewirken zum einen, dass bei der Unternehmungsplanung die Handlungsmöglichkeiten nicht ohne Kenntnis der Bereichs- und Abteilungspläne beurteilt werden können. Zum anderen verhindern vertikale Interdependenzen, dass bei der Bereichs- und Abteilungsplanung ohne Wissen über den durch den Unternehmungsplan festgelegten Handlungsrahmen und die Unternehmungsziele weder Bereichsziele noch Handlungsmöglichkeiten entwickelt und bewertet werden können. Mit der Gegenstromplanung soll dieses logische Zirkelproblem aufgelöst werden. Die Gegenstromplanung kombiniert die Top-down- und die Bottomup-Planung, um die Vorteile der beiden Ansätze zu verbinden und ihre Nachteile zu vermeiden. Es werden zwei Varianten unterschieden (vgl. Töpfer (1976), S. 275): die Gegenstromplanung mit Anstoß von oben und die Gegenstromplanung mit Anstoß von unten. Beim Anstoß von oben beginnt der Planungsprozess bei der Unternehmungsleitung, die einen vorläufigen Unternehmungsplan formuliert. Dieser legt die Planbestandteile so detailliert fest, wie es nötig und ohne Detailplanung möglich ist. Dieser vorläufige Unternehmungsplan wird den Bereichsleitern vorgegeben, die ihn differenzieren, detaillieren, präzisieren und auf Realisierbarkeit prüfen. Dazu werden Bereichspläne zur Umsetzung des Unternehmungsplans entwickelt. Dieser Prozess setzt sich bis zur untersten Ebene der Managementhierarchie fort, auf der noch geplant wird. Wird bei der Bereichs- und Abteilungsplanung festgestellt, dass der Unternehmungsplan nicht realisierbar ist, wird er an die Unternehmungsleitung zurückgegeben. Es wird ein Rückkopplungsprozess in Gang gesetzt, der sich über mehrere Ebenen der Management- und Planhierarchie erstrecken kann. Liegen die Abteilungspläne vor, beginnt der Rücklauf. Die Abteilungspläne werden hierzu an die Bereichsleiter weitergeleitet. Ihre Aufgabe ist es, die Abteilungspläne horizontal zu koordinieren, zu korrigieren und zu einem abgestimmten Bereichsplan zusammenzufassen. Werden Abweichungen vom vorläufigen Bereichsplan oder Unverträglichkeiten zwischen den Abteilungsplänen festgestellt, werden die Abteilungspläne an die Ab- <?page no="233"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 233 teilungsleiter zurückgereicht. Dieser Prozess setzt sich bis zur Unternehmungsleitung fort. Der Planungsprozess endet mit der endgültigen Festlegung des Unternehmungsplans und der Unternehmungsziele durch die Unternehmungsleitung (vgl. Wild (1981), S. 196 ff.). In analoger Weise läuft die Gegenstromplanung mit Anstoß von unten ab. Den Ablauf der Gegenstromplanung zeigt Abb. 5.11. Unternehmungsleitung Bereichsleitungen Abteilungsleitungen (1) (2) (1) (2) A B A1 A2 B1 B2 Anstoß von oben Anstoß von unten Abb. 5.11: Ablauf der Gegenstromplanung Die Gegenstromplanung erfüllt die Anforderungen. Lediglich die Forderung nach horizontaler Koordination wird nur eingeschränkt erfüllt. Durch den Top-down-Vorlauf liegen Unternehmungsziele als gemeinsame Ziele zur horizontalen Koordination der Bereichs- und der Abteilungspläne vor. Der Bottom-up-Rücklauf erlaubt die Identifikation von Abstimmungserfordernissen. Die horizontale Koordination vollzieht sich durch die Zusammenfassung und Abstimmung der Abteilungspläne durch die Bereichsleiter und der Bereichspläne durch die Unternehmungsleitung. Abgestimmt werden jedoch nur die Abteilungspläne eines Linienzweigs (z. B. die Abteilungspläne A1 und A2). Unverträglichkeiten zwischen den Abteilungsplänen verschiedener Linienzweige (z. B. Abteilungspläne A1 und B2) können erst von der Unternehmungsleitung erkannt werden und lösen dann langwierige Abstimmungsprozesse aus. [4] Varianten der Hierarchiedynamik bei partizipativer Planung Bei der Top-down- und der Bottom-up-Planung sowie der Gegenstromplanung kann es zu arbeits- und zeitaufwändigen Rückkopplungs- und Abstimmungsprozessen kommen. Die Ursache dieser gemeinsamen Schwäche ist der hohe Dezentralisationsgrad der Planung. Die drei Varianten sehen nur die Vorgabe der Pläne ohne jede Form der Partizipation vor. Varianten der Hierarchiedynamik bei partizipativer Planung sind (vgl. Scholz (1984), S. 96 f.): die Gegenstromplanung mit Pufferebene und die Gegenstromplanung mit Planungskomitee. Bei der Gegenstromplanung mit Pufferebene werden auf der mittleren Ebene der Managementhierarchie Planungsgruppen (Linking Pins) gebildet, in denen die Unternehmungsleitung, der Bereichsleiter und die ihm unterstellten Abteilungsleiter ver- <?page no="234"?> 234 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne treten sind (vgl. Abb. 5.12). In jede dieser Gruppen werden der vorläufige Unternehmungsplan und die vorläufigen Abteilungspläne der dem Bereichsleiter unterstellten Abteilungen eingebracht (1). Die vorläufigen Pläne werden durch die Gruppe koordiniert, korrigiert und zu einem abgestimmten Bereichsplan zusammengefasst, den die Gruppe endgültig festlegt. Da die Unternehmungsleitung in jeder Planungsgruppe mitwirkt, können auch die Bereichspläne horizontal koordiniert werden. Die Bereichspläne werden schließlich von der Unternehmungsleitung zum Gesamtplan zusammengefasst. Von den Abteilungsleitern werden sie in Abteilungspläne differenziert (2). Unternehmungsleitung Bereichsleitungen Abteilungsleitungen (2) (2) (1) Pufferebene (1) Abb. 5.1 2 : Gegenstromplanung mit Pufferebene Unternehmungsleitung Bereichsleitungen Abteilungsleitungen Komitee Abb. 5.13: Gegenstromplanung mit Planungskomitee Planungskomitees unterscheiden sich von Planungsgruppen dadurch, dass in ihnen neben der Unternehmungsleitung auch alle Bereichs- und Abteilungsleiter vertreten sind. Bei der Gegenstromplanung mit Planungskomitee werden zeitgleich, aber in getrennten Planungsprozessen von der Unternehmungsleitung ein vorläufiger Unternehmungsplan, von den Bereichsleitern jeweils ein vorläufiger Bereichsplan und von den Abteilungsleitern jeweils ein vorläufiger Abteilungsplan entwickelt. Die vorläufigen Pläne werden durch das Planungskomitee koordiniert, korrigiert und end- <?page no="235"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 235 gültig festgelegt. Der endgültige Unternehmungsplan wird der Unternehmungsleitung, die endgültigen Bereichs- und Abteilungspläne den Bereichs- und Abteilungsleitern zur Realisation und Kontrolle vorgegeben. Abb. 5.13 zeigt den Ablauf der Gegenstromplanung mit Planungskomitee. Planungssequenz bei bereichsübergreifender Koordination Bei der Top-down-Planung und der Gegenstromplanung kann die horizontale Koordination der Bereichs- und Abteilungspläne über die Planungssequenz geregelt werden. Den Bereichsleitern (Abteilungsleitern) wird durch das Planungssystem eine Variante der Planungssequenz als Planungsverfahren vorgegeben, nach dem die Bereichspläne (Abteilungspläne) entwickelt werden sollen. Anders als bei zentraler Planung werden jedoch Pläne horizontal koordiniert, die in verschiedenen Verantwortungsbereichen erstellt werden. Für die horizontale Koordination über Abteilungsgrenzen hinweg werden die Regelungen zur Planungssequenz um Prinzipien der hierarchiefreien Koordination der Planungshandlungen in den Verantwortungsbereichen ergänzt. Die hierarchiefreie Koordination der Bereichspläne vollzieht sich durch Kommunikation, d. h. den Informationsaustausch zwischen den Bereichsleitern (vgl. Frese (1989), Sp. 915). Prinzipien der hierfreien Koordination sind die Selbstabstimmung und die Gruppenabstimmung (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 98 f.). Bei der Koordination durch Selbstabstimmung stimmen die Bereichsleiter ihre Pläne durch interdependenzbezogene Kommunikation ab (vgl. Frese u. a. (2016), S. 196). Für die Gruppenabstimmung wird ein Planungskollegium gebildet, das mit den Bereichsleitern besetzt ist und die Aufgabe hat, die Bereichspläne abzustimmen. [1] Sequentielle Planung Die Prioritäten zur Festlegung der Reihenfolge, in der die Bereichspläne erstellt werden, sind im Planungssystem festgelegt. Der Planungs- und Abstimmungsprozess beginnt mit dem Bereichsplan mit der höchsten Priorität. Der Bereichsleiter erstellt einen vorläufigen Bereichsplan. Die Plangrößen aus diesem vorläufigen Bereichsplan werden dem Bereichsleiter als Prämisse oder Restriktion übermittelt, der den Bereichsplan mit der unter den verbleibenden Bereichsplänen höchsten Priorität verantwortet. Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis für alle Verantwortungsbereiche ein vorläufiger Bereichsplan erstellt worden ist. In Abstimmungsrunden werden Bereichspläne modifiziert, bevor jeder Bereichsleiter endgültig über seinen Bereichsplan entscheidet. [2] Parallele Planung Bei paralleler Planung erstellen die Bereichsleiter zeitgleich in getrennten Planungsprozessen vorläufige Bereichspläne. Zur Abstimmung der vorläufigen Bereichspläne werden Planungskollegien eingerichtet. Ein Planungskollegium ist eine aus den Bereichsleitern gebildete, meist dauerhafte Mehrpersoneneinheit zur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben durch nicht ständige Zusammenarbeit, die der horizontalen Koordination der Bereichspläne dient (vgl. Kosiol (1976), S. 158; Krüger (1994), S. 55). <?page no="236"?> 236 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Nach den übertragenen Aufgaben werden Informations-, Beratungs- und Entscheidungskollegien unterschieden. In Informationskollegien finden sich die Bereichsleiter nur zum gegenseitigen Informationsaustausch über die vorläufigen Bereichspläne zusammen. Es sollen Erkenntnisse über Abstimmungserfordernisse gewonnen werden, die Bereichsleiter zur Modifikation der vorläufigen Bereichspläne nutzen können. Beratungsgremien betreiben Meinungsbildung, d. h., Bereichspläne werden angepasst, bis ein abgestimmter Gesamtplan vorliegt. Die endgültige Entscheidung über die Bereichspläne liegt nicht beim Planungskollegium selbst, sondern beim jeweils zuständigen Bereichsleiter. Beschließen die Bereichsleiter gemeinsam über die vorläufigen Bereichspläne, liegt ein Entscheidungskollegium vor (vgl. Kosiol (1972), S. 161 ff.). Koordination bei zeitlicher Differenzierung Notwendigkeit einer Flexibilisierung der Planung Grundfunktionen der Planung sind u. a. die Nutzung von Chancen, die Verringerung von Risiken sowie die Erhöhung der Flexibilität. Durch ihre Zukunftsorientierung ermöglicht es die Planung, künftige Herausforderungen vor Eintritt der auslösenden Unternehmungs- und Umweltbedingungen zu identifizieren und damit frühzeitig Handlungen zur Chancennutzung und Risikoabwehr zu entwickeln und auch realisieren zu können. Diese Grundfunktionen können jedoch nur bei einem hinreichend langen Planungszeitraum erfüllt werden. Mit der Länge des Planungszeitraums nimmt die Komplexität des Planungsprozesses zu. Um den Arbeits- und Zeitaufwand der Planung in Grenzen zu halten, wird die Planung zeitlich differenziert. Zwischen den Plänen, die sich auf jeweils eine Planperiode während des Planungszeitraums beziehen, bestehen dynamische Interdependenzen. Um den mit diesen Interdependenzen verbundenen Bedarf an Plankoordination decken zu können, sollten zu Beginn des Planungszeitraums alle Pläne gemeinsam nach einer Variante der Planungssequenz erstellt und abgestimmt werden. Zu Beginn des Planungszeitraums sollten deshalb auch Pläne für immer weiter in der Zukunft liegende Planperioden erstellt werden. Für den Plan der ersten Planperiode kann der Umweltzustand bekannt sein, d. h., er kann unter Sicherheit erstellt werden. Bei der Planung nachfolgender Planperioden ist meist nicht sicher, welcher von mehreren möglichen Umweltzuständen eintreten wird, d. h., diese Pläne werden unter Unsicherheit erstellt. Während des Planungszeitraums werden durch die operativen Informationssysteme kontinuierlich Daten erfasst, die durch die Managementunterstützungssysteme für die Zwecke der Planung aufbereitet und bereitgestellt werden. Die Auswertung bereitgestellter Informationen kann Abweichungen von den Prämissen zum erwarteten Umweltzustand sichtbar machen, die den Plänen nachfolgender Planperioden zugrunde liegen. Solche Abweichungen können die Erreichung der Planziele gefährden. Damit aktuelle Pläne realisiert werden, sollten die Pläne nachfolgender Planperioden erst dann entwickelt werden, wenn der im Zeitpunkt der Realisation tatsächlich vorliegende Umweltzustand tatsächlich bekannt ist. Zwischen den Forderungen nach Abstimmung zeitlich-horizontal differenzierter Pläne und ihrer Aktualität bei der Realisation besteht ein Dilemma (vgl. Laux/ Lier- <?page no="237"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 237 mann (2005), S. 47 ff.). Dieses Dilemma kann weder mit einer starren noch mit einer anschließenden Planung aufgelöst werden (vgl. Abb. 5.14). Bei starrer Planung werden zu Beginn des Planungszeitraums die Pläne aller Planperioden nach einer Variante der Planungssequenz erstellt und abgestimmt, so dass die dynamischen Interdependenzen zumindest teilweise berücksichtigt werden können. Ergebnis einer starren Planung ist eine Folge unveränderlicher Pläne, deren Aktualität während des Planungszeitraums kontinuierlich abnimmt (vgl. Hax/ Laux (1972), S. 320; Adam (1996), S. 299). Die anschließende Planung zeichnet sich dadurch aus, dass jeder Plan erst zu Beginn seiner Planperiode erstellt wird. Anders als bei der starren Planung wird damit nicht nur zu Beginn des Planungszeitraums geplant, sondern vor Beginn jeder einzelnen Planperiode während des Planungszeitraums. Dadurch kann die Realisation aktueller Pläne gewährleistet werden. Bei der Planung kann jedoch nur eine Richtung der dynamischen Interdependenzen berücksichtigt werden. Abstimmungsrunden wie bei der starren Planung sind nicht möglich, da Pläne vorheriger Planperioden bereits realisiert sind (vgl. Gaitanides (1989), Sp. 2262 f.). Die durch die Pläne vorheriger Planperioden geschaffene Ausgangssituation für die Erstellung eines weiteren Plans kann deshalb in ungünstigen Situationen bewirken, dass vorteilhaftere Handlungsmöglichkeiten nicht mehr zulässig sind oder überhaupt keine zulässigen Handlungsmöglichkeiten gefunden werden können. starre Planung anschließende Planung Planperioden Planperioden t 1 t 2 t 3 t 1 t 2 t 3 t 1 Planungszyklus t 1 t 2 t 3 Abb. 5.14: Starre und anschließende Planung Eine Lösung für das beschriebene Dilemma wird in einer Flexibilisierung der Planung gesehen, d. h. in der Möglichkeit der Anpassung der Pläne nachfolgender Perioden bei Zugang von Informationen, die Abweichungen vom angenommenen Umweltzustand aufzeigen. Eine flexibilisierte Planung ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Die Pläne aller Planperioden werden zu Beginn des Planungszeitraums gemeinsam, jedoch in getrennten Planungsprozessen erstellt und abgestimmt. Die Pläne nachfolgender Perioden werden bei Bedarf an veränderte Unternehmungs- und Umweltbedingungen angepasst. Bei der Erstellung der Pläne zu Beginn des Planungszeitraums wird für jede Planperiode der Eintritt eines möglichen Umweltzustands angenommen. Die Pläne werden unter der Prämisse des angenommenen Umweltzustands erstellt und abgestimmt. Zur <?page no="238"?> 238 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Sicherung der Zielerreichung werden während des Planungszeitraums regelmäßig Prämissenkontrollen durchgeführt. Werden Abweichungen von den zu Beginn des Planungszeitraums angenommenen Unternehmungs- und Umweltbedingungen identifiziert, werden die Pläne nachfolgender Perioden angepasst. Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Planung Bei der Konfiguration des Planungssystems sind zur Flexibilisierung der Planung für folgende Gestaltungsparameter anforderungsgerechte Regelungen zu entwickeln: die Art der zeitlichen Differenzierung und Verkettung der Pläne, der Detaillierungsgrad der Pläne nachfolgender Planperioden, die Planungssequenz oder Entwicklungsfolge sowie die Anpassungsrhythmik. Bei zeitlich-horizontaler Differenzierung wird zu Beginn des Planungszeitraums für jede Planperiode ein Plan entwickelt. Wird zeitlich-vertikal differenziert, werden während des Aufstellungszeitraums ein kurzfristiger Plan für eine Planperiode sowie ein mittel- und ein langfristiger Plan entwickelt, die sich über mehrere Planperioden erstrecken. Bei Verkettung dieser Pläne nach dem Prinzip der Schachtelung werden neben einem kurzfristigen Detailplan ein mittel- und ein langfristiger Globalplan mit abnehmendem Detaillierungsgrad entwickelt. Die längerfristigen Pläne geben den Rahmen vor, in dem während des Planungszeitraums die kurzfristigen Pläne für die Planperioden zu formulieren sind. Zu Beginn des Planungszeitraums wird für die erste Planperiode ein kurzfristiger Detailplan erstellt. Für die nachfolgenden Planperioden können bei zeitlich-horizontaler Differenzierung mehrere kurzfristige Detail- oder Globalpläne entwickelt werden. Bei zeitlich-vertikaler Differenzierung können ein mittelfristiger und ein langfristiger Globalplan erstellt werden. Werden für die nachfolgenden Planperioden Globalpläne entwickelt, kann der Arbeits- und Zeitaufwand für die Planung und die Anpassung von Plänen verringert werden. Da in Globalplänen keine sachlichen und zeitlichen Einzelheiten der Handlungen festgelegt werden, wird bei diesem Vorgehen auch der Umfang der bei der Planung zu berücksichtigenden dynamischen Interdependenzen reduziert. Für die Detaillierung und Präzisierung der Globalpläne zu Beginn nachfolgender Planperioden während des Planungszeitraums können die jeweils aktuellen Informationen genutzt werden. Bei zeitlich-horizontaler Differenzierung können die Pläne zu Beginn des Planungszeitraums nach dem Prinzip der sequentiellen Planung, der parallelen Planung oder der Gruppenplanung erstellt und abgestimmt werden. Bei zeitlich-vertikaler Differenzierung und Verkettung der Pläne nach dem Prinzip der Schachtelung entsteht eine Planhierarchie, für die eine Entwicklungsfolge der Pläne festzulegen ist. Diese definiert die Reihenfolge, in der die kurz-, mittel- und langfristigen Pläne erstellt werden sollen. Als Varianten der Entwicklungsfolge werden genannt (vgl. Wild (1981), S. 174 ff.): die induktive (zeitlich-progressive Planung) Entwicklung, die deduktive (zeitlich-retrograde Planung) Entwicklung sowie die Gegenstromplanung. <?page no="239"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 239 Bei induktiver Entwicklung beginnt die Planung mit dem kurzfristigen Plan. Auf dem kurzfristigen Plan aufbauend wird der mittelfristige Plan erstellt. Dieser bildet wiederum die Grundlage für die Formulierung des langfristigen Plans. Der kurzfristige Plan wird damit ohne Kenntnis des langfristigen Planungsproblems erstellt, das erst im Rahmen der langfristigen Planung festgestellt werden kann. Mit dem kurzfristigen Plan können damit Bedingungen geschaffen, die den Handlungsspielraum für die mittel- und langfristige Planung ungünstig beeinflussen. Handlungen zur Vorbereitung der Lösung langfristiger Probleme werden bei der kurzfristigen Planung nicht erarbeitet. Das kann bei der mittel- und langfristigen Planung zu zeitlichen oder sachlichen Handlungszwängen führen (vgl. Wild (1981), S. 174 f.; Gaitanides (1989), Sp. 2268). Beispiel zur induktiven Entwicklung der Pläne In einer Unternehmung mit saisonal schwankender Nachfrage wird das Produktionsprogramm eines Jahres wie folgt geplant: Für den ersten Monat werden die Produktionsmengen jedes Produkts festgelegt. Für den 2.-5. Monat werden die Mengen für jede Produktgruppe geplant, für den Rest des Jahres wird nur noch über die Gesamtmenge entschieden. Bei induktiver Entwicklung der Teilpläne wird bei der kurzfristigen Planung nur die Lücke zwischen der Nachfrage und den Produktionskapazitäten des ersten Monats betrachtet, die mittelfristige Planung beschäftigt sich mit der Lücke zwischen der Nachfrage und den Produktionskapazitäten während des 2. und des 5. Monats usw. Das Gesamtproblem ist kein Gegenstand der Planung. Das Problem eines Nachfrageüberhangs während der zweiten Jahreshälfte kann damit nicht über einen kontinuierlichen Aufbau der Lagerbestände gelöst werden. Werden die Pläne deduktiv entwickelt, werden die mittelfristigen Pläne auf der Basis der langfristigen und die kurzfristigen auf der Grundlage der mittelfristigen Pläne erstellt. Die kurzfristigen Pläne werden erst erstellt, wenn die Anforderungen aus der mittel- und der langfristigen Planung bekannt sind. Der kurzfristigen Planung liegt damit das Problem der langfristigen Planung zugrunde. Die aktuellen Probleme der aktuellen Planperiode werden dagegen vernachlässigt (vgl. Wild (1981), S. 175 f.; Gaitanides (1989), Sp. 2267 f.). Beispiel zur deduktiven Entwicklung der Pläne Bereits zu Beginn wird die Gesamtnachfrage während des gesamten Jahres betrachtet. Das Problem eines Nachfrageüberhangs in der zweiten Jahreshälfte kann damit über einen kontinuierlichen Aufbau der Lagerbestände gelöst werden. Es kann jedoch die Situation auftreten, dass die nachgefragten Mengen der Produkte einer Produktgruppe die Mengen übersteigen, die der kurzfristigen Planung aus dem mittelfristigen Plan als Restriktion vorgegeben worden sind. Die langfristige Orientierung der Planung sowie die Berücksichtigung der aktuellen Problemlage können durch eine Kombination von induktiver und deduktiver Entwicklung erreicht werden. Bei dieser als Gegenstromplanung bezeichneten Vorgehensweise wird der langfristige Plan erstellt, um den kurzfristigen an ihm ausrichten zu können. Gleichzeitig wird jedoch der kurzfristige Plan für die aktuellen Probleme der nächsten Planperiode erstellt, der an die Erfordernisse der langfristigen Pläne angepasst werden kann (vgl. Gaitanides (1989), Sp. 2268). <?page no="240"?> 240 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Mit der Anpassungsrhythmik wird festgelegt, wann Pläne kontrolliert und angepasst werden. Es werden vier Varianten der Anpassungsrhythmik unterschieden (vgl. Wild (1981), S. 177 f.): Überprüfung Die Pläne nachfolgender Planperioden werden lediglich kontrolliert, auf eine Anpassung der Pläne wird jedoch verzichtet. Konkretisierung Ein Globalplan wird in einen Detailplan überführt. Änderung Bestandteile der Pläne nachfolgender Perioden werden neu festgelegt, um die Erreichung der Planziele bei veränderten Unternehmungs- und Umweltbedingungen sicherzustellen. Fortschreibung Für die Planperiode, die sich an den Planungszeitraum anschließt, wird ein neuer Plan erstellt. Die Fortschreibung bewirkt, dass die Länge des Planungszeitraums konstant und die langfristige Orientierung der Planung erhalten bleibt. Verfahren für die flexible Planung Verfahren einer flexibilisierten Planung sind die Varianten für die rollende Planung bei zeitlich-horizontaler Differenzierung sowie die Varianten der revolvierenden Planung bei zeitlich-vertikaler Differenzierung und Verkettung der kurz-, mittel- und langfristigen Pläne nach dem Prinzip der Schachtelung. Die Varianten der Verfahren unterscheiden sich in der Ausprägung mindestens eines der für die Flexibilisierung der Planung relevanten Gestaltungsparameter eines Planungssystems. [1] Rollende Planung Bei rollender Planung, für die sich auch die Bezeichnung „gleitende Planung“ findet, werden zu Beginn des Planungszeitraums die Pläne aller Planperioden gemeinsam, aber in getrennten Planungsprozessen nach einer Variante der Planungssequenz (sequentielle, parallele Planung, Gruppenplanung) erstellt und abgestimmt. Bei der Planung wird für jede Planperiode ein möglicher Umweltzustand angenommen, der als Prämisse in den jeweiligen Plan eingeht. Für die erste Planperiode wird ein Detailplan, für die nachfolgenden Planperioden werden Globalpläne entwickelt. Nach Ablauf der ersten Planperiode wird unter Berücksichtigung der zusätzlichen Informationen über die Unternehmungs- und Umweltentwicklung der Globalplan der zweiten Planperiode konkretisiert, d. h., er wird mit aktuellen Informationen in einen Detailplan überführt. Die übrigen Globalpläne bleiben unverändert und werden nicht an den aktuellen Umweltzustand angepasst. Weiterhin werden mehr oder weniger regelmäßig neue Globalpläne für Planperioden erstellt, die der letzten Planperiode im Planungszeitraum folgen. Der Plan wird damit fortgeschrieben. Abb. 5.15 zeigt den Ablauf der rollenden Planung bei fünf Planperioden (vgl. Gaitanides (1989), Sp. 2263 f.). <?page no="241"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 241 Planperioden des Planungszeitraums t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 t 7 t 8 t 1 DP GP GP GP GP t 2 DP GP GP GP GP t 3 DP GP GP GP GP t 4 DP GP GP GP GP t 5 DP GP GP GP GP DP = Detailplan GP = Globalplan Abb. 5.15: Rollende Planung Im Beispiel der Abb. 5.15 stimmen der Konkretisierungs- und der Fortschreibungsrhythmus überein. Nach Ablauf jeder Planperiode wird ein Globalplan in einen Detailplan transformiert und ein neuer Globalplan für eine Planperiode nach dem Planungszeitraum erstellt. t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 HJ 1 HJ 2 HJ 1 HJ 2 HJ 1 HJ 2 HJ 1 HJ 2 HJ 1 HJ 2 HJ 1 HJ 2 t 1/ 0 DP DP GP GP GP t 1/ 1 DP DP GP GP GP t 2/ 0 DP DP GP GP GP t 2/ 1 DP DP GP GP GP t 3/ 0 DP DP GP GP GP • • • • • • Abb. 5.16: Rollende Vierjahresplanung Planungszyklus Planungszyklus Planperioden des Planungszeitraums <?page no="242"?> 242 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Abb. 5.16 zeigt eine rollende Vierjahresplanung. Die Detailplanung ist jeweils in zwei Halbjahrespläne differenziert. Nach Ablauf eines Halbjahres wird der Globalplan des Folgejahres für die erste Jahreshälfte konkretisiert. Fortgeschrieben wird der Vierjahresplan immer erst nach Ablauf eines ganzen Jahres (vgl. Troßmann (1992), S. 124). Durch die regelmäßige Fortschreibung der Planung können bereits während des Planungszeitraums Erkenntnisse zu den Herausforderungen des nächsten Planungszeitraums gewonnen und für die Konkretisierung der Pläne genutzt werden. Eine weitere Variante der rollenden Planung ist die Blockplanung. Bei diesem Planungsverfahren werden zu Beginn des Planungszeitraums für alle Planperioden Detailpläne erstellt. Die Pläne nachfolgender Planperioden werden nicht regelmäßig nach Ablauf einer Planperiode geändert, sondern nur, wenn Abweichungen vom angenommenen Umweltzustand eine Änderung der Pläne erforderlich machen. Um Pläne unter Berücksichtigung künftiger Herausforderungen anpassen zu können, wird die Planung bei jeder Anpassung zusätzlich über das Ende des Planungszeitraums hinaus fortgeschrieben. Es werden neue Detailpläne für die künftigen Planperioden während eines Zeitraums erstellt, der dem entspricht, der seit der letzten Anpassung verstrichen ist. Nach jeder Anpassung stimmt die Länge des Planungszeitraums wieder mit der des ursprünglichen Planungszeitraums überein (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 52 f.; Gaitanides (1989), Sp. 2264). Bei der rollenden Planung werden die Pläne aller Planperioden zu Beginn des Planungszeitraums gemeinsam, wenn auch in getrennten Planungsprozessen erstellt und abgestimmt. Die dynamischen Interdependenzen zwischen den Plänen werden bei der Planung damit zumindest teilweise berücksichtigt. Die Konkretisierung der Pläne und die Fortschreibung der Planung werden nach Ablauf einer oder mehrerer Planperioden durchgeführt. Dadurch kann zwar die durch die Pläne früherer Planperioden geschaffene Ausgangssituation in die Konkretisierung und Fortschreibung einbezogen werden, nicht jedoch die Wirkungen dieser Anpassungen auf die Konkretisierung und Fortschreibung in nachfolgenden Planperioden. Bei der Konkretisierung und Fortschreibung wird damit nur eine Wirkungsrichtung der dynamischen Interdependenzen einbezogen. Die rollende Planung sieht nur die Konkretisierung der Globalpläne unter Berücksichtigung des aktuellen Informationsstands vor. Die Aktualität der Pläne im Zeitpunkt ihrer Realisation kann nur begrenzt sichergestellt werden, da der Globalplan selbst nicht hinterfragt wird. Zur Sicherung der Aktualität der Pläne bietet es sich an, nach Ablauf des Planungszeitraums neu zu planen. Das schließt nicht aus, dass die bei der Fortschreibung der Pläne erstellten Globalpläne für Planperioden des nächsten Planungszeitraums als Vorlage für die Neuplanung verwendet werden. [2] Revolvierende Planung Zum Einsatz gelangt die revolvierende Planung bei zeitlich-vertikaler Differenzierung der Planung und der Verkettung des kurzfristigen, des mittelfristigen und des langfristigen Plans nach dem Prinzip der Schachtelung. Die revolvierende Planung sieht nach Ablauf einer Planperiode nicht nur die Konkretisierung, sondern auch die Änderung des mittel- und langfristigen Plans vor. Sie weist die folgenden Merkmale auf (vgl. Szyperski/ Winand (1980), S. 56; Gaitanides (1989), Sp. 2265 f.): <?page no="243"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 243 Die Pläne werden für einen angenommenen Umweltzustand deduktiv entwickelt, d. h., die Planung beginnt mit dem langfristigen Plan. Der mittelfristige wird aus dem langfristigen und der kurzfristige aus dem mittelfristigen Plan abgeleitet. Nach Ablauf einer Planperiode werden der langfristige und der mittelfristige Plan kontrolliert, geändert und konkretisiert. Durch Konkretisierung eines Abschnitts des mittelfristigen Plans wird ein neuer kurzfristiger Plan erstellt und der mittelfristige Plan um eine Planperiode fortgeschrieben. Für den langfristigen Plan wird ein Globalplan für die dem Planungszeitraum folgende Planperiode erstellt. Bei der revolvierenden Planung werden die Pläne deduktiv entwickelt, geändert und fortgeschrieben. In die Planung wird deshalb nur eine Wirkungsrichtung der dynamischen Interdependenzen einbezogen. Bei Abweichungen vom angenommenen Umweltzustand werden der mittel- und der langfristige Plan geändert. Ihre Aktualität kann damit während des gesamten Planungszeitraums aufrechterhalten werden. Abb. 5.17 zeigt den Ablauf der revolvierenden Planung bei drei Planungsstufen. t 1 t 5 t 4 t 3 t 2 L M K Planperioden t 1 t 2 t 3 Planungszyklus L M K L M K Abb. 5.17: Ablauf der revolvierenden Planung <?page no="244"?> 244 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Bei dezentraler Planung werden der strategische Plan von der Unternehmungsleitung, die taktischen Pläne von den Bereichsleitern und die operativen Pläne von den Abteilungsleitern erstellt. In diesem Fall sieht die revolvierende Planung vor, dass zu Beginn des Planungszeitraums die strategischen, taktischen und operativen Pläne nach dem Top-down-Verfahren erstellt werden. Haben die Pläne einen Planungszyklus von einem Jahr, werden sie in einem jährlichen Rhythmus geändert, konkretisiert und fortgeschrieben. Die Strategie wird jährlich an substanzielle Veränderungen angepasst, aus denen sich neue Chancen oder Risiken für die Unternehmung ergeben (vgl. Colley u. a. (2007), S. 137 f.). Weiterhin werden die strategischen Handlungsfelder, die strategischen Maßnahmenprogramme und das strategische Kennzahlensystem für das nächste Jahr konkretisiert und fortgeschrieben. Bei der Änderung, der Konkretisierung und der Fortschreibung der strategischen und taktischen Pläne für die nächste Planperiode wird bei einem Planungszyklus von einem Jahr wie folgt vorgegangen: Im ersten Quartal des laufenden Jahrs werden die Unternehmung und ihre Umwelt nach bereits eingetretenen oder zu erwartenden Veränderungen analysiert. Auf der Basis der Ergebnisse dieser Analyse wird im zweiten Quartal der strategische Plan geändert, um den festgestellten Veränderungen zu entsprechen. Zur Herleitung der strategischen Maßnahmenprogramme werden die in den strategischen Handlungsfeldern aktuell umzusetzenden Handlungen konkretisiert. Die strategischen Maßnahmenprogramme werden der taktischen Planung für das nächste Jahr vorgegeben. Die taktische Planung wird im dritten Quartal durchgeführt. In jedem Jahr wird der taktische Plan um ein Jahr verlängert, damit er sich stets über eine konstante Zahl von Planperioden (z. B. 3 Jahre) erstreckt. Der taktische Plan wird erstellt, indem das erweiterte strategische Maßnahmenprogramm konkretisiert wird. Im vierten Quartal wird ein neuer operativer Plan für das nächste Jahr erstellt. Bei der operativen Planung wird ein zeitlich abgegrenzter Teilbereich des taktischen Plans differenziert und konkretisiert (vgl. Colley u. a. (2007), S. 138 f.). Aufgaben des Controlling bei der Koordination durch Pläne Koordinations- und Informationsversorgungsaufgaben Zur Umsetzung seiner Koordinations- und Informationsfunktion hat das Controlling bei der Koordination durch Pläne systemgestaltende und prozessunterstützende Aufgaben zu erbringen. Abb. 5.18 nennt die Leistungen, die es durch die Erfüllung dieser Aufgaben bei der Koordination durch Pläne zu erbringen hat, sowie die Verrichtungen zur Leistungserbringung. Diese Verrichtungen sind in den Kapiteln 3 und 4 bereits erläutert worden. In den folgenden Abschnitten werden sie inhaltlich konkretisiert. Eine systemgestaltende Aufgabe des Controlling ist es, die Koordinationssysteme der Unternehmung zu gestalten, zu implementieren und zu prüfen. Elemente des Koordinationssystems bei der Koordination durch Pläne sind das Planungs- und das Kontrollsystem, die das Controlling im Rahmen seiner systemgestaltenden Aufgaben zu konfigurieren, zu implementieren und zu prüfen hat (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 37; Weber/ Schäffer (2022), S. 291 f.; Troßmann (2018), S. 96, 121 ff.). Diese systemgestaltende Aufgabe des Controlling umfasst jedoch nur die Systeme zur Erstellung von Plänen, die Bereichsleitern zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden, sowie zur Kontrolle dieser Pläne. <?page no="245"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 245 Aufgaben Funktionen koordinierende Aufgaben informationsversorgende Aufgaben systemgestaltende Aufgaben Bereitstellen eines Planungs- und Kontrollsystems Initialisieren des Prozesses zur Konfiguration des Planungs- und Kontrollsystems Aktivieren der Planungsträger Gestaltung des Planungs- und Kontrollsystems Dokumentation der Regelungen des Planungs- und Kontrollsystems in einem Planungs- und Kontrollhandbuch Implementierung des Planungs- und Kontrollsystems Prüfen des Planungs- und Kontrollsystems Sicherstellen einer Anpassung des Informationssystems Herleitung und Bewertung des Informationsbedarfs bei der Planung und Kontrolle aus den Regelungen des Planungs- und Kontrollsystems Erarbeitung eines Informationsversorgungskonzepts für die Planung und Kontrolle und Auslösen der Anpassung des Informationssystems durch eine Initiative Begleitung der informationstechnischen Umsetzung Schaffen von Akzeptanz für das angepasste Informationssystem Überwachen und Anpassung des Informationssystems prozessunterstützende Aufgaben Sicherung der Plankoordination Anpassungsaufgaben Lenkungsaufgaben − Kontrollaufgaben − Abstimmungsaufgaben Entlastungsaufgaben Prozessunterstützende Informationsversorgung problemspezifische Informationsversorgung der Planungs- und Kontrollträger im Planungs- und Kontrollprozess informationsbezogene Beratung der Planungs- und Kontrollträger im Planungs- und Kontrollprozess Abb. 5.18: Aufgaben des Controlling bei der Koordination durch Pläne Die Formalisierung der Planung und Kontrolle ist die explizite Regelung der Bestandteile des realen Planungssystems der Unternehmung, deren Eigenschaften sowie der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen. Das Ausmaß, in dem das reale Planungssystem der Unternehmung durch die expliziten Regelungen des Planungs- und Kontrollsystems festgelegt ist, kommt in seinem Organisationsgrad zum Ausdruck. Ein Planungs- und Kontrollsystem mit einem geringen Organisationsgrad hat den Vorteil der Flexibilität. Es belässt Regelungslücken, die vom Controlling im Rahmen seiner Anpassungsaufgaben vor oder während eines Planungs- und Kontrollprozesses situationsbezogen zu schließen sind (vgl. Wild (1981), S. 158). Andererseits ermöglicht die Formalisierung des Planungs- und Kontrollsystems die Standardisierung der Planung, der Pläne, der Planungsprozesse, der Kontrolle und der Informationsbasis. Das bedeutet, dass gleichartige Pläne in gleicher Weise erstellt und kontrolliert werden. Mit der Standardisierung werden Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das Controlling die Pläne im Rahmen seiner Lenkungsaufgaben auf die gemeinsamen Ziele ausrichten und abstimmen kann. Bei unbeständigen Unternehmungs- und Umwelt- <?page no="246"?> 246 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne bedingungen kann ein flexibleres Planungs- und Kontrollsystem mit einem geringen Organisationsgrad vorteilhaft sein. Mit zunehmenden Anforderungen an die Flexibilität des Planungs- und Kontrollsystems nimmt der Umfang der systemgestaltenden Aufgaben des Controlling ab, während seine prozessunterstützenden Aufgaben an Bedeutung gewinnen. Der Umfang der prozessunterstützenden Aufgaben des Controlling hängt damit von den Anforderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen an die Flexibilität des Planungs- und Kontrollsystems und damit dem Organisationsgrad des Planungs- und Kontrollsystems ab (vgl. Horváth (1995), Sp. 215). Aufgaben des Controlling bei der Planung An der Planung sind zahlreiche Planungsträger auf allen Hierarchieebenen beteiligt. Die Neugestaltung eines Planungssystems ist deshalb ein komplexes Vorhaben. Die gegenüber dem bestehenden Planungssystem überlegene Leistungsfähigkeit eines neuen Planungssystems wird sich erst nach einem längeren Umstellungszeitraum zeigen. Die Folge sind erhebliche Barrieren bei grundlegenden Veränderungen bestehender Planungssysteme. Planungssysteme erweisen sich deshalb als nur begrenzt veränderbar. Zur Aufrechterhaltung seiner Leistungsfähigkeit sollte die kontinuierliche Verbesserung der Planungssysteme den Schwerpunkt der systemgestaltenden Aufgaben bei der Bereitstellung von Planungssystemen bilden (vgl. Troßmann (2018), S. 96 ff.). Seine prozessunterstützenden Aufgaben führt das Controlling parallel zum Planungsprozess bis zur Realisation des jeweiligen Plans aus. Die einschlägige Literatur betont, dass die materielle inhaltliche Ausgestaltung der Pläne die Aufgabe des Managements ist (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 290). Die Beteiligung des Controlling an der Planung dient ausschließlich der Plankoordination und der Sicherstellung der Informationsversorgung der Manager bei der Erfüllung ihrer ursprünglichen Planungsaufgabe (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 61, 185). Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling bei der Planung können damit nur abgeleiteten Planungsaufgaben sein. Prozessunterstützende Aufgaben des Controlling bei der Planung sind die Anpassungs-, die Lenkungs- und Entlastungsaufgaben sowie die problemspezifische Informationsversorgung. Zweck der Anpassungsaufgabe ist es, die Regelungen des Planungssystems für den unter den aktuell vorliegenden Unternehmungs- und Umweltbedingungen durchzuführenden Planungsprozess zu konkretisieren und zu aktualisieren. Im Rahmen seiner Lenkungsaufgabe werden vom Controlling situationsspezifische Handlungsanweisungen erarbeitet und durchgesetzt, um Störungen im Planungsprozess entgegenzuwirken und Fehler in den Plänen zu korrigieren. Dazu führt das Controlling Kontroll- und Abstimmungsaufgaben aus. Das Management kann dem Controlling auch Befugnisse für ursprüngliche Planungsaufgaben übertragen. Diese bilden den Gegenstand der Entlastungsaufgaben. Die Leistung des Controlling bei der problemspezifischen Informationsversorgung besteht darin, die Planungsträger mit allen Informationen, Methoden und Modellen zu versorgen, die im Planungsprozess benötigt werden, durch das Informationsversorgungssystem jedoch nicht bereitgestellt werden. <?page no="247"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 247 [1] Abstimmungsaufgaben Bei dezentraler Planung werden auf mindestens zwei Ebenen der Managementhierarchie und in mehreren Verantwortungsbereichen Pläne erstellt. Zur Plankoordination werden (vorläufige) Pläne an Manager einer anderen Hierarchieebene oder eines anderen Verantwortungsbereichs weitergegeben. Die (vorläufigen) Pläne sind Vorgaben, die vom Empfänger des jeweiligen Plans zu differenzieren und zu konkretisieren sind. Sie können jedoch auch Plangrößen enthalten, die als Prämissen oder Restriktionen in die Planung des Planempfängers eingehen (sequentielle Planung). Es können zunächst auch vorläufige Pläne isoliert erstellt und anschließend aufeinander abgestimmt und zu einem Gesamtplan zusammengefasst werden (parallele Planung). Voraussetzungen für die koordinierende Wirkung der Weitergabe oder der Zusammenfassung der Pläne sind zum einen die vollständige Dokumentation aller Bestandteile jedes Plans und zum anderen die formale und zeitliche Abstimmung der Planungsprozesse auf allen betroffenen Ebenen der Managementhierarchie und in allen Verantwortungsbereichen. Zweck der formalen Abstimmung ist die Angleichung der Planung in den Verantwortungsbereichen. Sie betrifft die überschneidungsfreie Abgrenzung der Planungsobjekte der von den Bereichsleitern zu erstellenden Pläne, die Vereinheitlichung der Planungszeiträume, der Planperioden und der Definition von Plangrößen sowie die einheitliche Interpretation der Planungsprämissen. Durch die zeitliche Abstimmung wird sichergestellt, dass die Bereichspläne in der durch das Planungssystem vorgegebenen Reihenfolge erstellt werden und jeder Bereich die Vorgaben so frühzeitig erhält, dass zu Beginn der jeweiligen Planperiode alle Bereichspläne endgültig beschlossen sind. Zu diesem Zweck erstellt das Controlling einen Terminplan mit zeitlichen Vorgaben für jede Ebene der Managementhierarchie und jeden Verantwortungsbereich. Bei sequentieller und paralleler Planung sowie bei der Gegenstromplanung mit Pufferebene oder mit Planungskomitee kommt es zu Abstimmungsrunden. Das Controlling bereitet die inhaltliche Abstimmung vor, indem es die vollständig dokumentierten vorläufigen Pläne zu einem vorläufigen Gesamtplan zusammenfasst, Abweichungen von den gemeinsamen Zielen ermittelt und den Abstimmungsbedarf aufzeigt. Anschließend initialisiert und moderiert es die Abstimmungsrunden der Planer (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 292). Die flexibilisierte Planung bei zeitlicher Differenzierung unterstützt das Controlling durch die zeitliche Abstimmung des Planungsprozesses. Aus der im Planungssystem festgelegten Anpassungsrhythmik leitet es einen Terminplan her und initialisiert in jeder Planperiode des Planungszeitraums die Anpassung der Pläne. Zudem stellt es sicher, dass bei der Anpassung der Pläne aktuelle Informationen zu den Unternehmungs- und Umweltbedingungen vorliegen, die den anzupassenden Plänen zugrunde liegen. Das setzt die vollständige Dokumentation der Prämissen voraus, die durch das Controlling sicherzustellen ist. [2] Kontrollaufgaben Prozessunterstützende Kontrollaufgaben des Controlling sind die Planungskontrollen. Sie sind eine abgeleitete Planungsaufgabe und bilden einen Bestandteil des Planungsprozesses. Sie werden parallel zum Planungsprozess vor der Durchsetzung und Realisation der Pläne durchgeführt. Planungskontrollen sind von der Vorgaben- <?page no="248"?> 248 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne kontrolle zu unterscheiden, die eine Aufgabe des Managements ist und für die das Controlling das Kontrollsystem schafft. Bei der Vorgabenkontrolle handelt es sich um eine Realisationskontrolle, die nach der Durchsetzung der Pläne, parallel oder auch erst nach Abschluss der Planrealisation durchgeführt wird (vgl. Maune (1980), S. 52). Für die Planungskontrolle nimmt das Controlling in Gesprächen mit den Planern, die parallel zum Planungsprozess geführt werden, die Rolle eines bewusst kritischen und risikoscheuen Gesprächspartners ein. Es stellt kritische Fragen, gegen die Manager ihre Pläne und ihre Vorgehensweise bei der Planung verteidigen müssen (vgl. Weber/ Schäfer (2022), S. 291). Die Planungskontrolle gliedert sich in die Planinhaltskontrolle und die Kontrolle des Planungsprozesses. Mit Planinhaltskontrollen sollen Planabweichungen durch Fehler bei der Planung reduziert werden, die durch Könnensbegrenzungen der Planer oder die Ausrichtung der Pläne an ihren individuellen Zielen verursacht werden (vgl. Weber/ Schäfer (2022), S. 290). Kontrolliert werden die Ergebnisse jeder einzelnen Planungsphase sowie die Ergebnisse aller Planungsprozesse. In jeder Planungsphase jedes Planungsprozesses wird die Informationsauswertung hinsichtlich Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit überprüft. In diesem Zusammenhang wird auch kontrolliert, ob die Ergebnisse einer Planungsphase in den nachfolgenden Planungsphasen oder weitergegebene Pläne korrekt interpretiert worden sind. Als Sachverhalte, die in den einzelnen Planungsphasen vom Controlling betrachtet werden sollten, können genannt werden: Zielbildung Das Controlling überprüft, ob das erarbeitete Zielsystem vollständig ist, die Ziele operational formuliert und konsistent sind. Durch die Analyse der Interdependenzrelationen zwischen den Zielen (konfliktäre, komplementäre oder neutrale Ziele) sowie der Vereinbarkeit der Ziele mit der Mittelausstattung, den Kompetenzen und der Qualifikation der betroffenen Mitarbeiter wird die Realisierbarkeit der Ziele geprüft (vgl. Wild (1981), S. 57 ff.). Problemfeststellung Die Kontrollen des Controlling betreffen die Richtigkeit des bei der Lageanalyse festgestellten Ist-Zustands, die Realitätsnähe und die vollständige Dokumentation der Prämissen, die der Lageprognose zugrunde liegen, sowie die Relevanz der festgestellten Probleme für das entwickelte Zielsystem. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass Probleme bearbeitet werden, denen kein Ziel gegenübersteht. Hinterfragt werden zudem die Bewertung der Dringlichkeit der Probleme, die Beurteilung ihrer Bedeutung für das Gesamtproblem sowie die zwischen den Problemen bestehenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen (vgl. Troßmann (2018), S. 79 ff.). Alternativensuche Die Ergebnisse der Alternativensuche werden darauf hin analysiert, ob zwischen den Handlungsmöglichkeiten in den Plänen verschiedener Verantwortungsbereiche Interdependenzen bestehen, die während der Abstimmungsrunden zu berücksichtigen sind. Die Handlungsmöglichkeiten werden zudem einer Zulässigkeits- und Vollständigkeitsanalyse unterzogen. Zulässig sind Handlungsalternativen, wenn sie keine Restriktionen verletzen oder gegen Voraussetzungen der Problem- <?page no="249"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 249 lösung verstoßen. Vollständigkeitsanalysen klären, ob die Handlungsmöglichkeiten inhaltlich vollständig und geeignet sind, die festgestellten Probleme umfassend zu lösen. Geprüft wird weiterhin, ob alle aussichtsreichen Handlungsmöglichkeiten generiert worden sind (vgl. Wild (1981), S. 85 ff.). In diesem Zusammenhang hat das Controlling darauf zu achten, dass Alternativen erst dann aus der Betrachtung ausgeschlossen werden, wenn sie sich als ungeeignet erwiesen haben. Es kann zudem auf Handlungsmöglichkeiten aufmerksam machen, die sich in der Vergangenheit als besonders vorteilhaft erwiesen haben (vgl. Troßmann (2018), S. 81). Bewertung und Auswahl Das Controlling hat sicherzustellen, dass die Bewertung streng zielbezogen durchgeführt wird, d. h., jedem Bewertungskriterium ein Ziel gegenübersteht und jedes Ziel des Zielsystems bei der Bewertung berücksichtigt wird. Abschließend ist die Auswahl der zu realisierenden Handlungsmöglichkeit kritisch zu hinterfragen. Die Planer werden auf identifizierte Planungsfehler und ihre Konsequenzen hingewiesen. Es sind die Träger der ursprünglichen Planungsaufgaben, die über die Wiederholung einzelner Planungsphasen zur Korrektur festgestellter Planungsfehler entscheiden. Um die Koordination der Pläne zu unterstützen, sollten zum einen Pläne kontrolliert werden, die als Prämisse oder Restriktion in die Planung anderer Verantwortungsbereiche (Planungssequenz) eingehen oder für die Zwecke der Planung an Manager anderer Hierarchieebenen (Hierarchiedynamik) weitergegeben werden. Zum anderen sollten auch die vorläufigen Pläne vor der Zusammenfassung zu einem Gesamtplan zur Vorbereitung von Abstimmungsrunden einer Planinhaltskontrolle unterzogen werden. Nach Abschluss aller Planungsprozesse und Abstimmungsrunden sollte die Konsistenz der Pläne für die Verantwortungsbereiche analysiert werden. Bei der Kontrolle der Planungsprozesse wird das Zustandekommen der Pläne kritisch hinterfragt. Kontrolliert wird, ob im Planungsprozess die Regeln des Planungssystems sowie die Vorgaben des Controlling zur formalen und zeitlichen Abstimmung eingehalten worden sind (vgl. Frese (1987), S. 189). Die Ergebnisse der Planungskontrolle können für den Zweck der kontinuierlichen Verbesserung des Planungssystems ausgewertet werden. Durch diese Kontrollen können beispielsweise Erkenntnisse zur Verbesserung der im Planungssystem festgeschriebenen Reihenfolge gefunden werden, in der Pläne bei sequentieller Planung erstellt werden (vgl. Troßmann (2018), S. 97). Aufgaben des Controlling bei der Kontrolle Gestaltungsparameter eines Kontrollsystems Als Element des Koordinationssystems bei der Steuerung durch Pläne regelt das Kontrollsystem die Kontrolle der Pläne, die zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Aus der engen Beziehung zwischen Planung und Kontrolle folgt, dass beide Systeme in hohem Maße aufeinander abgestimmt sein sollten. Regelungen des Planungssystems werden parallel zum Planungsprozess an die Erfordernisse der Unternehmungs- und Umweltbedingungen <?page no="250"?> 250 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne angepasst. Es können deshalb nur in begrenztem Umfang dauerhafte Regelungen für die Kontrolle entwickelt werden. Das Kontrollsystem belässt damit viele Regelungslücken, die vom Controlling prozessunterstützend zu schließen sind. Im Konfigurationsprozess zur Bereitstellung eines Kontrollsystems werden Regelungen für seine Gestaltungsparameter festgelegt, implementiert und geprüft. Sie betreffen die Bestandteile realer Kontrollsysteme, ihre Eigenschaften sowie die zwischen diesen Bestandteilen bestehenden Beziehungen. Bestandteile realer Kontrollsysteme sind die Kontrollobjekte, die Kontrollaufgaben, die Kontrollträger, die Kontrollprozesse, die Kontrollberichte, die Struktur, die Informationsbasis sowie die technische Infrastruktur (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 261). Das Kontrollobjekt jeder Vorgabenkontrolle ist das Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen, das durch die Vorgaben koordiniert werden soll. Bei der Koordination durch Pläne bilden das Entscheiden und Handeln bei der Realisation der den Bereichsleitern vorgegebenen Pläne das Kontrollobjekt. Abgegrenzt werden kann das Kontrollobjekt durch die Pläne, die zum Zweck der Entscheidungskoordination vorgegeben werden (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 261). Die Leistung, die durch Ausführung der Kontrollaufgaben zu erbringen ist, kann als das Generieren von Informationen über Abweichungen von den in den Plänen festgeschriebenen Größen zur Sicherung der Erreichung der gemeinsamen Ziele gekennzeichnet werden. Nach der Art der zu erbringenden Leistung werden ursprüngliche und abgeleitete Kontrollaufgaben abgegrenzt. Die Nutzung der Informationen über festgestellte Abweichungen im Sinne einer Sicherung des in den Plänen festgelegten Willens ist die Leistung der ursprünglichen Kontrollaufgaben. Diese sollen dazu beitragen, dass die Plankorrektur-, die Anpassungs-, die Verhaltensbeeinflussungs- und die Lernfunktion der Kontrolle erfüllt und damit die Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen zur Realisation aktueller und künftiger Pläne im Einklang mit den gemeinsamen Zielen getroffen werden (vgl. Brink (1992), Sp. 1149 f.). Die abgeleiteten Kontrollaufgaben dienen der Planung, Steuerung und Unterstützung der Ausführung ursprünglicher Kontrollaufgaben. Abb. 5.19 fasst die Verrichtungen zur Erfüllung der ursprünglichen und der abgeleiteten Kontrollaufgaben zusammen. ursprüngliche Kontrollaufgaben abgeleitete Kontrollaufgaben Beurteilung festgestellter Abweichungen Auswahl derjenigen Abweichungen, die weiterverfolgt werden sollen Mitteilung und Durchsprache festgestellter Abweichungen mit den Bereichsleitern Entwicklung und Durchsetzung von Korrektur- und Anpassungsmaßnahmen Präzisierung des Kontrollproblems durch Festlegung der Kontrollgrößen und Kontrollzeitpunkte Ermittlung der Vergleichswerte Gegenüberstellung der Vergleichswerte Feststellung der Abweichungen Identifikation relevanter Abweichungen Prognose der Abweichungskonsequenzen Analyse von Ursachen, Einflussgrößen, Herkunftsbereich und Verantwortlichen Aufbereitung der Kontrollergebnisse Erstellen und Übermittlung des Kontrollberichts Abb. 5.19: Verrichtungen zur Erfüllung der Kontrollaufgaben <?page no="251"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 251 Träger der Kontrollaufgaben ist der Manager, der den endgültigen Beschluss über die Pläne gefasst hat, die den Bereichsleitern zur Realisation vorgegeben worden sind. Abgeleitete Kontrollaufgaben können Stabsstellen oder Servicestellen (z. B. dem Rechnungswesen) zugeordnet werden. Den Bereichsleitern können auch Ausführungs- und Entscheidungskompetenzen für ursprüngliche Kontrollaufgaben übertragen werden (vgl. Frese (1987), S. 207 f.). Kontrollberichte fassen die in den Kontrollprozessen generierten Kontrollinformationen sowie die Ergebnisse der Entscheidungen zu den Reaktionen auf festgestellte Abweichungen zusammen. Sie informieren über die festgestellten Abweichungen, ihre Relevanz für die Zielerreichung und ihre Ursachen sowie über die Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 261). Bei der Konfiguration eines Kontrollsystems sind für seine formalen, inhaltlichen, organisatorischen und methodischen Gestaltungsparameter alternative Ausprägungen zu erarbeiten, hinsichtlich der Ziele des Koordinationssystems zu bewerten und die gewählten Ausprägungen in Regelungen zu transformieren. Abb. 5.20 nennt inhaltliche und organisatorische Gestaltungsparameter eines Kontrollsystems (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 264; Troßmann (2018), S. 123). inhaltliche Gestaltungsparameter Kontrollumfang Kontrollgrößen Toleranzgrenzen zeitlicher Bezug organisatorische Gestaltungsparameter aufbauorganisatorische Parameter − Zuordnung der Kontrollobjekte zu Kontrollträgern − Zuordnung der Kontrollaufgaben zu Kontrollträgern ablauforganisatorische Parameter − Regelmäßigkeit und Häufigkeit − Kommunikationsprozess Abb. 5.20: Gestaltungsparameter eines Kontrollsystems Die Regelungen zum Kontrollumfang legen die Pläne sowie die Planbestandteile fest, die kontrolliert werden sollen. Ausprägungen des Kontrollumfangs sind die Voll- und die Teilkontrolle. Die Vollkontrolle erstreckt sich über alle Pläne, die zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden, sowie alle ihre Bestandteile. Der Regelfall sind Teilkontrollen, bei denen nur ausgewählte Planbestandteile kontrolliert werden. Als Kriterium zur Auswahl der Planbestandteile, deren Kontrolle durch das Kontrollsystem vorgeschrieben werden soll, werden genannt (z. B. Siegwart/ Menzl (1978), S. 26 ff.): der Nutzen von Erkenntnissen über Abweichungen und ihre Ursachen, die Bedeutung von Abweichungen für die Ergebnisse der in den Plänen festgeschriebenen Handlungsmöglichkeiten, die Wahrscheinlichkeit von Abweichungen, die Interdependenzen, über die ein Plan mit anderen Plänen verbunden ist, sowie der durch das Planungssystem definierte Bedarf an Kontrollinformationen. Ein Beispiel für das letzte Kriterium ist der Bedarf an Informationen aus Prämissenkontrollen bei der rollenden und revolvierenden Planung. <?page no="252"?> 252 5 Koordinationssysteme für die Koordination durch Pläne Das Kontrollsystem legt für jeden Plan und jeden Planbestandteil, der kontrolliert werden soll, Kontrollgrößen und die Art ihrer Ermittlung fest. Toleranzgrenzen geben für die Differenz zwischen den Vergleichswerten einer Kontrollgröße einen absoluten oder prozentualen Wert vor. Abweichungen, die über diesen Wert hinausgehen, sind relevant und genauer zu betrachten. Mit den Regelungen zum zeitlichen Bezug der Kontrollen wird bestimmt, ob für die Pläne und Planbestanteile Endkontrollen oder begleitende Kontrollen durchgeführt werden sollen. Nach der Zuordnung der Kontrollaufgaben werden unterschieden (vgl. Treuz (1974), S. 84): Eigenkontrollen, Fremdkontrollen sowie Mischformen aus Eigen- und Fremdkontrolle. Bei Eigenkontrolle, die auch als Selbstkontrolle bezeichnet wird, liegen alle Kompetenzen für die Kontrollaufgaben bei den Bereichsleitern, denen die Pläne zur Realisation vorgegeben werden. Der kontrollierte Bereichsleiter führt bei dieser Kontrollform die Kontrollen entsprechend der Regelungen des Kontrollsystems selbst durch. Es liegt im Ermessen der Bereichsleiter, ob sie Kompetenzen, z. B. für die abgeleiteten Kontrollaufgaben, an Stabs- oder Servicestellen in ihrem Verantwortungsbereich delegieren. Die Eigenkontrolle hat den Vorteil höherer Effizienz, da Informationen zu Kontrollgrößen unmittelbar ausgewertet und nicht erst übermittelt werden müssen. Die Informationen und Erfahrungen, über die der Bereichsleiter verfügt, sowie seine Kenntnisse über die Schwachstellen in seinem Verantwortungsbereich vereinfachen die Abweichungsanalyse. Dadurch kann schneller auf Abweichungen reagiert werden. Die Anforderungsvielfalt und Ganzheitlichkeit der Aufgaben der Bereichsleiter und ihre Autonomie nehmen bei Übertragung der Kompetenzen für Kontrollaufgaben zu. Das kann ihre Arbeitszufriedenheit und Motivation erhöhen. Eigene Fehler können direkt erkannt, leichter akzeptiert und künftig vermieden werden. Diesen Vorteilen der Eigenkontrolle stehen Gefahren gegenüber, die in Willens- und Könnensbegrenzungen des Bereichsleiters begründet sind: Kontrollen können unterlassen und festgestellte Abweichungen können falsch interpretiert werden, Abweichungsanalysen können fehlerhaft sein, beabsichtigte Fehler werden nicht aufgedeckt und es können manipulierte Kontrollergebnisse übermittelt werden (vgl. Thieme (1982), S. 154 ff.; Küpper u. a. (2013), S. 389). Mit Fremdkontrollen können diese Gefahren vermieden und eine größere Neutralität und Objektivität der Kontrollen erreicht werden. Bei dieser Kontrollform werden die Kontrollaufgaben von der Unternehmungsleitung wahrgenommen, die den Bereichsleitern die Pläne zur Realisation vorgeben. Dabei können sie von Stabs- oder Servicestellen unterstützt werden, die abgeleitete Kontrollaufgaben ausführen. Fremdkontrollen sind durch die organisatorische Trennung der Planung und der Realisation der Pläne gekennzeichnet. Damit verbunden sind ungünstige Auswirkungen auf die Effizienz, die Schnelligkeit, mit der auf drohende oder bereits eingetretene Abweichungen reagiert werden kann, sowie auf die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Bereichsleiter (vgl. Thieme (1982 (1982), S. 153; Treuz (1974), S. 99 f.). Mischformen aus Fremd- und Eigenkontrolle sind durch die Teilnahme oder Beteiligung der Bereichsleiter an der Kontrolle der Pläne durch die Unternehmungsleitung gekennzeichnet (vgl. Thieme (1982), S. 151 f.). Bei Teilnahme verfügen Bereichsleiter <?page no="253"?> 5.2 Koordinationsbezogene Verfahrensregeln im Planungssystem 253 zumindest über Kompetenzen für die abgeleitete Kontrollaufgabe oder auch Mitwirkungsrechte bei ursprünglichen Kontrollaufgaben. Sie können jedoch auch an den Beschlüssen der Unternehmungsleitung während der Kontrollprozesse beteiligt sein. Während eines Kontrollprozesses werden u. a. Informationen zu den Kontrollgrößen, den Abweichungen und ihren Ursachen sowie zu Korrektur- und Anpassungsmaßnahmen ausgetauscht. Schließlich sind die Kontrollberichte zur Korrektur aktueller Pläne, zur Anpassung der Pläne für nachfolgende Planperioden oder zur Planung für den nächsten Planungszeitraum an das Management zu übermitteln. Die Regelungen des Kontrollsystems zum Kommunikationsprozess legen für den Austausch dieser Informationen das auslösende Ereignis (z. B. zeitlicher Rhythmus, Toleranzüberschreitung, Abruf), die Sender, die Empfänger, die Inhalte und die Form der Informationen sowie das Medium der Übertragung fest (vgl. Frese (1987), S. 210 ff.). Bei der Konfiguration des Kontrollsystems ist es eine Aufgabe des Controlling, diese Regelungen in Anforderungen an das Informationsangebot zu transformieren und in das Informationsversorgungskonzept zu übernehmen. Prozessunterstützende Aufgaben im Kontrollprozess In der Literatur (z. B. Weber/ Schäffer (2022), S. 293) und in der Wirtschaftspraxis wird die Kontrolle häufig als eine Kernaufgabe des Controlling gesehen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 265). Es findet sich jedoch auch die Gegenposition, nach der das Controlling nicht kontrolliert, sondern das Management bei der Kontrolle nur unterstützt (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 94). Die prozessunterstützende Aufgabe des Controlling im Kontrollprozess besteht darin, das Managements bei seiner ursprünglichen (willenssichernden) Kontrollaufgabe zu unterstützen, indem es Verrichtungen zur Erfüllung der abgeleiteten Kontrollaufgabe ausführt. Den Schwerpunkt dieser Aufgaben bilden die Anpassungsaufgabe und die problemspezifische Informationsversorgung. Die Leistung, die das Controlling durch die Anpassungsaufgabe zu erstellen hat, ist die Ausrichtung des Kontrollsystems an den Erfordernissen der zu kontrollierenden Pläne sowie der Unternehmungs- und Umweltentwicklung. Diese Leistung wird durch die Präzisierung des Kontrollsystems sowie die Identifikation relevanter Abweichungen erbracht. Das Kontrollproblem ist durch das Kontrollziel, das Kontrollobjekt, die Kontrollgrößen sowie die Kontrollzeitpunkte gekennzeichnet. Diese Merkmale sind für die zu kontrollierenden Pläne festzulegen. Sind diese Merkmale bereits durch das Kontrollsystem definiert, ist zu überprüfen, ob sie den aktuellen Erfordernissen genügen. Gegebenenfalls sind die Regelungen des Kontrollsystems zu korrigieren oder zu aktualisieren. Ebenso sind für die Identifikation relevanter Abweichungen die im Kontrollsystem festgelegten Toleranzgrenzen zu überprüfen und anzupassen. Die Informationsversorgungsaufgabe des Controlling im Kontrollprozess zielt darauf, das Management bei der Wahrnehmung seiner ursprünglichen Kontrollaufgabe mit der Bereitstellung von Informationen über Abweichungen und ihre Ursachen zu unterstützen. Verrichtungen zur problemspezifischen Informationsversor- <?page no="254"?> 254 1 gung sind die Ermittlung der Vergleichswerte, die Gegenüberstellung der Vergleichswerte, die Feststellung der Abweichungen, die Prognose der Abweichungskonsequenzen, die Abweichungsanalyse, die Aufbereitung der Kontrollergebnisse sowie die Erstellung und Übermittlung des Kontrollberichts. Als zentrale Aufgabe des Controlling wird die Abweichungsanalyse genannt (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 265). Die Ergebnisse einer rein rechnerischen Aufspaltung einer festgestellten Abweichung in Teilabweichungen können weitgehend routinemäßig durch das Informationsversorgungssystem bereitgestellt werden. Mit diesen Informationen kann nur auf Probleme aufmerksam gemacht werden. Die problemspezifische Informationsversorgungsaufgabe des Controlling ist es, Daten und Informationen zur Erklärung festgestellter Teilabweichungen zu erfassen und auszuwerten (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 294). <?page no="255"?> 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Koordination als Budgetfunktion Kennzeichnung der Budgetierung Funktionen der Budgetierung Der Budgetierung und den Budgets werden in der Literatur verschiedene Inhalte zugeordnet (vgl. Busse von Colbe (1989), Sp. 176). Zur Budgetierung wird teilweise nur die Erstellung von Budgets gezählt (z. B. Atkinson u. a. (2012), S. 420; Eisenführ (1992), Sp. 363). Vielfach wird unter Budgetierung jedoch die Erstellung, die Durchsetzung und die Kontrolle von Budgets verstanden (z. B. Weber/ Schäffer (2022), S. 310; Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 125). Budgets werden in der Literatur einerseits mit Plänen gleichgesetzt, die Ziele und Handlungen zur Zielerreichung festlegen. Andererseits werden sie als überwiegend quantitative, meist monetäre Plangrößen verstanden, die das Ergebnis eines Planungsprozesses sind. Es kann sich hierbei zum einen um den speziellen Prozess der formalzielorientierten Planung handeln. Danach sind Budgets formalzielorientierte, in monetären Größen formulierte Pläne. Diese stehen Maßnahmenplänen gegenüber, also sachzielorientierten Plänen, durch die Handlungen zur Zielerreichung festgelegt werden. Budgets gibt es entsprechend auf allen Ebenen der Planhierarchie sowie für alle Fristigkeiten. Zum anderen kann es sich bei einem Budget um das Ergebnis einer Phase im Prozess der Unternehmungsplanung handeln. Budgets sind nach dieser Abgrenzung als quantitative Zusammenstellung der monetären Konsequenzen von Plänen der Unternehmung zu verstehen. Vertreter des Management Control verstehen unter einem Budget eine monetäre Plangröße zur Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans, die sich auf eine Planperiode im Planungszeitraum dieses Plans bezieht. Festgelegt wird diese Plangröße in einem Prozess, in dem der langfristige Unternehmungsplan für die Planperiode differenziert, detailliert und präzisiert wird (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 335 ff.; Merchant/ van der Stede (2023), S. 285 ff.; Hope/ Fraser (2003) , S. 4 f. ). Abb. 6.1 verdeutlicht die Unterschiede in der Abgrenzung von Budgets. Budgets als Pläne Marettek (1974), Sp. 1031: „Insoweit ist das durch Budgetierung entstehende Budget das materielle Ergebnis eines gesamtbetrieblichen Planungsvorganges.“ Budgets als formalzielorientierte Pläne Horváth/ Seiter/ Gleich (2024), S. 124: Ein Budget ist … ein formalzielorientierter, in wertmäßigen Größen formulierter Plan, der einer Entscheidungseinheit für eine bestimmte Zeitperiode mit einem bestimmten Verbindlichkeitsgrad vorgegeben wird. <?page no="256"?> 256 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Budgets als Zusammenstellung der monetären Konsequenzen eines Plans Horngren u. a. (2014), S. 24: “A budget is a quantitative expression of a plan of action and an aid to coordinating und implementing plans.” Atkinson u. a. (2012), S. 420: “A Budget is a quantitative expression of the planned money inflows and outflows that reveals whether the current operating or business plan will meet the organization’s financial objectives.” Groot/ Selto (2013), S. 143: “A budget is a quantitative expression of planned money inflows and outflows driven by projected business activities that are guided by short term and long term organisational objectives." Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 149: “After deciding on which actions and projects will be planned for next year, responsibility centre managers and controllers can start the budget preparation process. A budget is a financial plan for one single year with a summary of expected costs and revenues planned for that year.” Wild (1974), S. 325: „Ein Budget wird definiert als schriftliche Zusammenfassung aus der Unternehmungsplanung abgeleiteter (und mit ihr abgestimmter) in Geldeinheiten bewerteter (quantifizierter) Soll- Ergebnisse der geplanten Aktivitäten (Soll-Vorgaben) bestimmter Organisationseinheiten (= Verantwortungsträger) für einen bestimmten Zeitraum (Budgetbzw. Planperiode).“ Budget als monetäre Plangröße zur Umsetzung eines langfristigen Plans Drury (2020), S. 9, 385: “The budget is a financial plan for implementing the decisions that management has made.” “Budgeting is concerned with the implementation of the long-term plan for the year ahead.” Abb. 6.1: Begriff des Budgets in der Literatur Die Unterschiede in der Abgrenzung folgen aus der Vielfalt der Funktionen, die durch Budgets und die Budgetierung erfüllt werden sollen. Als Budget- oder Budgetierungsfunktionen werden in der Literatur am häufigsten die Koordination, die Motivation, die Vorgabe und die Kontrolle genannt. Es finden sich jedoch weitere Funktionen, wie z. B. die Planung, die Performance-Bewertung und die Kommunikation (vgl. z. B. Küpper u. a. (2013), S. 435 f.; Drury (2019), S. 218 ff.). Bei der Koordination durch Budgets handelt es sich um ein Prinzip der Entscheidungskoordination, bei dem die Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter durch die Vorgabe von Budgets begrenzt werden, die ressourcenorientierte Restriktionen oder implizite Verhaltensnormen zum Inhalt haben. Wie bei der Koordination durch Pläne sieht auch die Koordination durch Budgets vor, dass die Unternehmungsleitung einen globalen Unternehmungsplan für einen längeren, in mehrere Planperioden gegliederten Planungszeitraum erstellt. 6 Für die Handlungen, die zur Realisation der 6 Dieser Plan kann mehr oder weniger umfangreich sein. Im Folgenden wird er deshalb sehr allgemein als „langfristiger Unternehmungsplan“ bezeichnet. Er umfasst zumindest den Teil des strategischen Plans, der die Strategien der Unternehmung detailliert und präzisiert, also die den strategischen Handlungsfeldern zugeordneten strategischen Initiativen und die strategischen Maßnahmenprogramme (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 335). Der langfristige Unternehmungsplan kann auch den <?page no="257"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 257 finanziellen Unternehmungsziele während des Planungszeitraums wahrzunehmen sind, gibt dieser Unternehmungsplan nur einen Handlungsrahmen vor. Anders als bei der Koordination durch Pläne wird den Bereichsleitern kein Plan mit Handlungen vorgegeben, die während der Planperiode zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans auszuführen sind. Mit einem Budget werden einem Bereichsleiter nur die finanziellen Wirkungen seines Entscheidens und Handelns zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans vorgegeben, die in seinem Verantwortungsbereich während der Planperiode mindestens erreicht oder nicht überschritten werden sollen. Bei der Entscheidungskoordination als Budgetfunktion haben die Budgets monetäre Plangrößen für die Planperiode zur Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans zum Inhalt. Vorgaben für Bereichsleiter zur Koordination des Entscheidens und Handelns in ihren Verantwortungsbereichen werden nicht nur geplant, sondern auch durchgesetzt und kontrolliert. Unter Budgetierung werden deshalb neben der Budgeterstellung auch die Budgetdurchsetzung und die Budgetkontrolle gefasst. Bei der Entscheidungskoordination als Funktion der Budgets sollte die Budgetierung folgende weitere Funktionen erfüllen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 382 f.): Anpassung des langfristigen Unternehmungsplans (Planfunktion), bereichsübergreifende Entscheidungskoordination, Zuordnung von Verantwortung sowie Verhaltensbeeinflussung. Der langfristige Unternehmungsplan wird vor Beginn seines Planungszeitraums mit den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Informationen über die Unternehmungs- und Umweltentwicklung erstellt. Budgets werden vor Beginn jeder Planperiode dieses Planungszeitraums formuliert, d. h. meist einige Zeit nach Beginn des Aufstellungszeitraums des langfristigen Unternehmungsplans. Die Budgeterstellung bietet die Gelegenheit, aktuelle Informationen auszuwerten und den langfristigen Unternehmungsplan an Abweichungen von der angenommenen Unternehmungs- und Umweltentwicklung anzupassen. Sie erfordert es zudem, den langfristigen Unternehmungsplan für die Planperiode zu detaillieren und zu präzisieren. Werden bei begleitenden Kontrollen des langfristigen Unternehmungsplans bereits realisierte oder erwartete Abweichungen festgestellt, von denen eine Gefährdung des finanziellen Unternehmungsziels ausgeht, können bei der Budgeterstellung Handlungen zur Sicherung der Zielerreichung eingeplant werden. Die Vorgabe von Budgets trägt in erster Linie zur vertikalen Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen bei. Die Budgetierung fördert jedoch auch die horizontale Koordination der Entscheidungen verschiedener Verantwortungsbereiche. Bei Zusammenfassung der Budgets zu einem Gesamtbudget können Inkonsistenzen zwischen Budgets der Verantwortungsbereiche offengelegt und korrigiert werden. Eine solche Inkonsistenz liegt beispielsweise vor, wenn einer deutlichen Erhöhung des Werbebudgets keine Erhöhung des Produktionsbudgets gegenübersteht. Zudem kann die Kommunikation zwischen den Managern bei der Budgettaktischen Plan einbeziehen. Der taktische Plan kann andererseits auch durch die Erstellung eines Investitionsbudgets ersetzt werden. <?page no="258"?> 258 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets erstellung die Abstimmungserfordernisse zwischen den Verantwortungsbereichen verdeutlichen. Ein genehmigtes Budget setzt die Bereichsleiter davon in Kenntnis, für welche finanziellen Ziele sie verantwortlich sind. Mit der Zuweisung dieser Verantwortung sind die Bereichsleiter befugt, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen ihres Budgets über die erforderlichen finanziellen Mittel zu verfügen. Zudem sind sie verpflichtet, für das Einhalten und Erreichen der Budgets gegenüber der Unternehmungsleitung persönlich Rechenschaft abzulegen (vgl. Hauschildt (1969), Sp. 2311). Die Budgetierung bietet mehrere Ansatzpunkte zur Beeinflussung des Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter. Mit Budgets wird nur festgelegt, was zu erreichen ist. Anders als mit Plänen wird nicht festgelegt, wie es zu erreichen ist. Durch die Vorgabe monetärer Plangrößen werden den Bereichsleitern größere Handlungsspielräume überlassen. Die höhere Autonomie fördert die Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft der Bereichsleiter. Die Partizipation der Bereichsleiter an der Budgeterstellung erhöht die Akzeptanz sowie die erlebte Verantwortung für die Budgets mit positiven Wirkungen auf die intrinsische Motivation, die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter. Schließlich können Budgets als Normwerte für die Performance-Beurteilung herangezogen werden. Das ermöglicht es zum einen, den Bereichsleitern regelmäßig Rückmeldung über die Effektivität ihrer Arbeit zu geben. Zum anderen können die Ergebnisse der Performance-Beurteilung für die Bemessung von Prämien oder Sanktionen genutzt werden, um das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter an den finanziellen Zielen des langfristigen Unternehmungsplans auszurichten (vgl. Pfaff (2002), Sp. 233). Merkmale von Budgets Budgets zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen werden meist für ein Jahr vorgegeben. Sie verpflichten die Bereichsleiter, während der Planperiode einen festgelegten Beitrag zur Erreichung der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Ziele zu leisten. Sie versetzen zudem die Unternehmungsleitung in die Lage, die Zielbeiträge (Performance) der Verantwortungsbereiche zu kontrollieren und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen. Ein Budget enthält neben einer Aussage zum Zielbeitrag, den der Verantwortungsbereich erbringen soll, auch Angaben zum langfristigen Unternehmungsplan, zu den für die Planperiode präzisierten finanziellen Unternehmungszielen sowie zu Form, Inhalt und Rhythmus der Berichterstattung über die geleisteten Zielbeiträge. Ein Budget ist ein schriftlich festgelegter Planwert einer monetären Budgetgröße, der einem Verantwortungsbereich zur Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans für die Planperiode vorgegeben wird (in Anlehnung an Wild (1981), S. 39). Ein Budget, das zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen beitragen soll, lässt sich durch folgende Merkmale kennzeichnen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 380): Zukunftsbezug, monetäre Budgetgröße, Vorgabecharakter der Plangröße, Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans, Perioden- und Bereichsbezug sowie Verbindlichkeit. <?page no="259"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 259 [1] Zukunftsbezug Mit einem Budget wird der langfristige Unternehmungsplan in monetäre Plangrößen für die Verantwortungsbereiche umgesetzt (vgl. Streitferdt/ Eberhardt (2004), Sp. 105 f.). Budgets spiegeln damit den Zukunftsbezug des langfristigen Unternehmungsplans wider. Sie basieren auf einer Schätzung des Potenzials des Verantwortungsbereichs, unter den künftig erwarteten Unternehmungs- und Umweltentwicklungen zur Erreichung der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Unternehmungszielen beitragen zu können. Im Einzelfall kann an die Stelle der Schätzung dieses Potenzials ein im Verantwortungsbereich erstellter Plan mit den Handlungen treten, die während der Planperiode zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans realisiert werden sollen. Ein solcher Plan ist jedoch kein konstituierendes Merkmal eines Budgets (vgl. Eisenführ (1992), Sp. 363). [2] Monetäre Budgetgröße Anders als mit einem Plan werden mit einem Budget keine Handlungen vorgegeben, sondern der Planwert einer monetären Budgetgröße. Als Budget kann ein fixer oder ein satisfizierender Planwert der Budgetgröße vorgegeben werden. Ein fixer Planwert sollte möglichst exakt erreicht werden. Mit einem satisfizierenden Planwert wird entweder eine Untergrenze festgelegt, die mindestens erreicht, besser jedoch übertroffen werden sollte, oder eine Obergrenze, die möglichst nicht ausgeschöpft werden sollte (vgl. Troßmann (2018), S. 201). Weiterverarbeitungsprozess Input/ Mitteleinsatz Process/ Leistungserstellungsprozess Outcome/ Ergebnis Processing Systems Receiving System Output/ Leistung Input/ Mitteleinsatz Abb. 6.2: IPOO-Modell Der Inhalt der monetären Budgetgröße wird von der Art des Verantwortungsbereichs bestimmt, dem das Budget vorgegeben wird. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, wird auf das Input-Process-Output-Outcome-Modell (IPOO-Modell) zur Messung der Produktivität der Forschung und Entwicklung einer Unternehmung zurückgegriffen (vgl. Brown/ Svenson (1988), S. 11 f.; Möller/ Menninger/ Robers (2011), S. 39 ff.). Es beruht auf zwei Annahmen zum Aufbau einer Unternehmung: (1) In Unternehmungen gibt es leistungserstellende Bereiche (Processing-Systems), die zur Erstellung von Produkten zusammenarbeiten. Jeder dieser Bereiche setzt Einsatzgüter (Input) in Prozesse (Process) ein, um Leistungen (Output) zu erstellen. (2) Erstellt werden die Leistungen für leistungsverwertende Bereiche der Unternehmung (Receiving System). In diesen Bereichen werden die Leistungen in Prozessen unter Einsatz weiterer Mittel weiterverarbeitet, verwendet oder am Markt verwertet, um <?page no="260"?> 260 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets ein Ergebnis (Outcome) zu erzielen (vgl. Abb. 6.2). Als Bereiche werden im Folgenden die Verantwortungsbereiche angenommen, in denen die Prozesse zur Leistungserstellung und -verwertung vollzogen werden. Cost und Service Center sind leistungserstellende und die Revenue Center leistungsverwertende Bereiche. Cost und Service Center sind für die Wirtschaftlichkeit oder die Kosten der Leistungserstellung verantwortlich. Ihnen werden deshalb monetäre Planwerte für den Mitteleinsatz als Budget vorgegeben. Als Budgetgrößen eignen sich Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand oder Kosten. Revenue Center sind für das Marktergebnis als Outcome verantwortlich. Es wird ihnen deshalb ein monetärer Planwert für die abgesetzte Menge als Budget vorgegeben. Als Budgetgröße geeignet sind Einzahlungen, Einnahmen, Ertrag oder Erlös. Wird auch der Mitteleinsatz für die Leistungsverwertung einbezogen, hat die Budgetgröße den Nettoerlös zum Inhalt, der sich als Differenz aus dem Marktergebnis und dem bewerteten Mitteleinsatz für die Leistungsverwertung ergibt. Nach der Budgetgröße, für die ein monetärer Wert als Budget vorgegeben wird, werden drei Arten von Budgets unterschieden (vgl. Troßmann (2018), S. 202): inputbezogene Budgets (Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand, Kosten) outcomebezogene Budgets (Einzahlungen, Einnahmen, Ertrag, Erlös/ Umsatz) und ergebnisbezogene Budgets (z. B. Einnahmen-, Einzahlungsüberschuss, Nettoerlös, Deckungsbeitrag). Von der Plangröße hängt es ab, ob mit einem Budget eine ressourcenorientierte Restriktion (inputbezogene Budgets) oder eine implizite Verhaltensnorm (outcome-, ergebnisbezogenes Budget) vorgegeben wird. Ressourcenorientierte Restriktionen können durch Einschränkungen bei den Leistungen (z. B. Qualitätsminderungen) eingehalten werden, die jedoch negative Wirkungen für die Realisation der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten Ziele haben können. Drohenden Abweichungen von den impliziten Verhaltensnormen kann mit übermäßigem Ressourceneinsatz (z. B. zusätzlichen Werbemaßnahmen) begegnet werden. Um die Zielerreichung zu gewährleisten, werden die monetären Plangrößen eines Budgets deshalb um Output- oder Inputkomponenten in der Form einer verbalen Aufgabenbeschreibung, einer Restriktion oder eines Ziels erweitert. Sie konkretisieren den durch den langfristigen Unternehmungsplan festgelegten Handlungsrahmen und begrenzen die Handlungsmöglichkeiten in den Verantwortungsbereichen. Diese Komponenten haben den Charakter von Nebenbedingungen, während der Planwert die Wunschhöhe der monetären Budgetgröße ist und damit eher als Ziel zu verstehen ist. Inputbezogene Budgets geben einem Verantwortungsbereich den in der Periode zulässigen Mitteleinsatz vor. Ergänzt werden inputbezogene Budgets durch eine Outputkomponente in der Form einer verbalen Aufgabenbeschreibung, einer Restriktion oder eines Ziels. Beispiele zur Outputkomponente eines inputbezogenen Budgets Verbale Aufgabenbeschreibung: Entwicklungskostenbudget als inputbezogenes Budget mit dem Produktkonzept als Outputkomponente, das die Anforderungen an das mit den bewilligten finanziellen Mitteln zu entwickelnde Produkt vorgibt. <?page no="261"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 261 Restriktion: Kostenpläne einer flexiblen Plankostenrechnung (Fertigungsgemeinkostenbudget) als inputbezogenes Budget; die Outputkomponente ist die aus der geplanten Produktionsmenge hergeleiteten Planbeschäftigung, die mindestens zu erbringen ist (vgl. Kilger (1993), S. 57 ff.). Ziele: Werbekostenbudget als inputbezogenes Budget mit dem Absatzmengen- oder Umsatzziel als Outputkomponente, das mit den durch das Werbebudget bewilligten finanziellen Mitteln erreicht werden soll. Durch outcomebezogene Budgets wird den Verantwortungsbereichen das in einer Periode zu erzielende Marktergebnis vorgegeben. Ergänzt wird es um eine Inputkomponente, die den Mitteleinsatz für die Realisation des anzustrebenden Marktergebnisses begrenzt (z. B. Anzahl der Verkaufsmitarbeiter). Ein Umsatzbudget kann z. B. um die bewilligten Vertriebskosten als Inputkomponente ergänzt werden. Mit ergebnisbezogenen Budgets wird eine Differenz aus Marktergebnis und den in den Leistungsverwertungsprozess eingesetzten finanziellen Mitteln vorgegeben, wie z. B. der Nettoerlös (vgl. Troßmann (2018), S. 198, 201 f.). [3] Vorgabecharakter der Plangrößen Die Plangrößen der Budgets beruhen auf Schätzungen des Potenzials der Verantwortungsbereiche, zur Realisation der finanziellen Unternehmungsziele der Periode beitragen zu können. Die Plangrößen sind jedoch nicht das Ergebnis einer Prognose. Als Vorgabegrößen spiegeln sie Ziele des Managements wider. Mit der Plangröße wird die Performance vorgegeben, die ein Verantwortungsbereich während der Planperiode zu erbringen hat. Diese Performance kann das Marktergebnis (Umsatz, Erträge) oder die Effizienz der Leistungserbringung (Kosten für die zur Realisation des Marktergebnisses notwendige Ausbringung) betreffen. Nach der Zielsetzungstheorie sollten die Plangrößen genau spezifiziert sein und ein herausforderndes, aber realisierbares Niveau haben (vgl. Locke/ Latham (2002), S. 705 f.). Um die mit der Plangröße vorgegebene Performance zu erbringen, ist aktives Handeln erforderlich, um die Effektivität oder Effizienz des Verantwortungsbereichs in einem erreichbaren Ausmaß über das bislang erreichte Niveau zu steigern. [4] Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans Mit einem Budget werden die zulässigen oder angestrebten monetären Konsequenzen derjenigen Handlungen festgelegt, die in einem Verantwortungsbereich zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans ausgeführt werden. Mit der Vorgabe der Budgets werden den Bereichsleitern die Befugnisse für Entscheidungen über Handlungen zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans im Rahmen ihres Budgets übertragen. [5] Perioden- und Bereichsbezug Ein Budget gibt den Beitrag zur Realisation der finanziellen Unternehmungsziele vor, den ein Verantwortungsbereich in einer Planperiode während des Planungszeitraums des langfristigen Unternehmungsplans zu leisten hat. In der Regel hat die Planperiode eine Länge von einem Jahr. Neben der monetären Plangröße unterscheiden sich Budgets auch durch diesen Perioden- und Bereichsbezug von Plänen, die handlungsbezogen sind. Sie legen die monetären Konsequenzen der zu realisierenden Handlungen fest, ohne sie einzelnen Perioden oder Verantwortungsbereichen zuzurechnen. <?page no="262"?> 262 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets [6] Verbindlichkeit Die Budgets der Verantwortungsbereiche werden von der Unternehmungsleitung geprüft und genehmigt. Dadurch werden sie zu einem verbindlichen und eindeutigen Anhaltspunkt dafür, was von den Bereichsleitern in der nächsten Planperiode erwartet wird. Struktur eines Budgetsystems Zu Beginn jeder Planperiode innerhalb des Planungszeitraums des langfristigen Unternehmungsplans wird für jeden Verantwortungsbereich, dem zur Entscheidungskoordination Budgets vorgegeben werden sollen, ein Budget erstellt. Diese Budgets werden in der Regel sukzessive geplant und nach einer Variante der Planungssequenz aufeinander abgestimmt. Ein Budgetsystem gibt vor, welche Budgets in jeder Planperiode zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans sukzessive erstellt und wie sie aufeinander abgestimmt werden sollen. Die Budgets der Verantwortungsbereiche in einem Profit Center oder einer Unternehmung mit funktionaler Organisation sind die Betriebsbudgets. Jedes Betriebsbudget gibt den Beitrag vor, den der Verantwortungsbereich durch die Erstellung oder Verwertung des Leistungsprogramms zur Erreichung der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Ziele zu leisten hat. Betriebsbudgets sind u. a. das Absatzbudget, das Produktionsbudget, das Beschaffungsbudget, das Forschungs- und Entwicklungsbudget sowie das Verwaltungs- und Vertriebsbudget. Jedes dieser Budgets kann in mehrere Teilbudgets gegliedert werden, wie z. B. das Produktionsbudget in ein Materialkosten-, ein Fertigungslohnkosten- und ein Fertigungsgemeinkostenbudget. Als Budgetgrößen werden Kosten und Erlöse oder Aufwand und Ertrag verwendet. Die Betriebsbudgets werden ausgehend vom langfristigen Unternehmungsplan sukzessiv nach dem Prinzip der sequentiellen Planung, der parallelen Planung oder einer Variante der Gruppenplanung entwickelt. Werden die Plangrößen der Betriebsbudgets aller Verantwortungsbereiche in ein Erfolgsbudget übernommen, kann der für die Planperiode erwartete Periodenerfolg ermittelt werden. Neben die Betriebsbudgets tritt das Investitionsbudget der Unternehmung. Es legt die Verteilung der Investitionsmittel der Unternehmung für die Planperiode auf die Investitionsvorhaben in den Verantwortungsbereichen zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans fest. Beispiele für Investitionsvorhaben sind Werbekampagnen, der Ausbau der Produktionskapazität, die Digitalisierung des Controlling und die Entwicklung eines neuen Produkts. Aus den Planwerten der Betriebsbudgets und des Investitionsbudgets werden das Finanzbudget und die Planbilanz erstellt. Das Finanzbudget ist eine zeitlich differenzierte Aufstellung der in der Planperiode erwarteten Zahlungsüberschüsse (z. B. ein Finanzmittelbedarf), in die zusätzlich zu den Planzahlen der Budgets Prognosen der zeitlichen Verteilung der Ein- und Auszahlungen sowie die voraussichtlichen Zahlungsüberschüsse aus geplanten Finanzierungsmaßnahmen einfließen. Die Plan- <?page no="263"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 263 bilanz stellt das Gesamtergebnis des Budgetierungsprozesses dar. Die im Erfolgs- und im Finanzbudget sowie die in der Planbilanz festgestellten Ergebnisse werden den im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Zielen gegenübergestellt. Werden die angestrebten finanziellen Ziele nicht erreicht, werden die Betriebsbudgets und das Investitionsbudget angepasst. Sind alle Budgets untereinander abgestimmt und kann erwartet werden, dass die finanziellen Ziele der Periode erreicht werden, bilden das Erfolgsbudget, das Finanzbudget und die Planbilanz das Masterbudget der Unternehmung. In das Masterbudget, das meist jährlich erstellt wird, fließen die Plangrößen aller Betriebsbudgets und des Investitionsbudgets ein. Es weist den Erfolg und den Zahlungsüberschuss der Unternehmung aus, der in der Planperiode durch die Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans in den Verantwortungsbereichen erwartet werden kann (vgl. Horngren u. a. (2014), S. 295; Atkinson u. a. (2012), S. 538). Nachfolgende Abb. 6.3 zeigt die Entwicklung des Masterbudgets bei sequentieller Planung der Betriebsbudgets (vgl. Atkinson u. a. (2012), S. 423). Die durchgezogenen Pfeile markieren die Reihenfolge, in der die Betriebsbudgets erstellt werden, und die Betriebsbudgets in die Plangrößen anderer Budgets eingehen (vgl. Streitferdt/ Eberhardt (2004), Sp. 107 f.). Die gestrichelten Pfeile stehen für den Abgleich des Finanz- und Erfolgsbudgets sowie der Planbilanz mit den finanziellen Zielen des langfristigen Unternehmungsplans, der eine Anpassung der Budgets auslösen kann. Potenzial der Budgetierung für die Entscheidungskoordination Problembereiche der Koordination durch Budgets In Plänen werden Ziele sowie die Handlungen zur Zielerreichung festgelegt. Die Sachinterdependenzen sowie die vertikalen und dynamischen Interdependenzen zwischen den in den Plänen festgelegten Handlungen sind zumindest in Ansätzen bekannt. Durch die Plankoordination werden diese Handlungen vertikal und horizontal koordiniert. Durch die Vorgabe dieser Pläne wird der Entscheidungsspielraum der Bereichsleiter derart begrenzt, dass überwiegend nur noch diejenigen Handlungsmöglichkeiten zulässig sind, die auf die gemeinsamen Ziele abgestimmt und ausgerichtet sind. Mit Budgets wird nur der Planwert einer monetären Größe vorgegeben, die den Ressourceneinsatz oder das Marktergebnis betreffen kann. Sie lassen offen, wie die Planwerte eingehalten oder erreicht werden sollen. Die Entscheidungen über die Handlungen zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans werden erst anschließend in den Verantwortungsbereichen getroffen. Mögliche Interdependenzen zwischen Handlungen in den Verantwortungsbereichen können bei der Budgetplanung nicht erkannt und berücksichtigt werden. Bei der Vorgabe von Budgets bleiben bei den Bereichsleitern größere Entscheidungsspielräume als bei der Vorgabe durch Pläne. Die Unterschiede der Koordination durch Pläne und Budgets werden am Beispiel der Investitionsentscheidungen in den Verantwortungsbereichen veranschaulicht (vgl. Troßmann (2018), S. 199). <?page no="264"?> 264 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Absatzbudget Budget der Lagerendbestände Produktionsbudget Materialkostenbudget Fertigungslohnbudget Fertigungsgemeinkosten budget Herstellkosten der abgesetzten Produkte FuE-Budget Vertriebsbudget Erfolgsbudget Verwaltungsbudget Planbilanz Finanzbudget Langfristiger Plan Investitionsbudget Finanzielle Unternehmungsziele Handlungsrahmen Beschaffungsbudget Betriebsbudets Masterbudget Abb. 6.3: Herleitung des Masterbudgets <?page no="265"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 265 Beispiel zur Koordination durch Pläne und Budgets Bei partizipativer paralleler Planung der Investitionen in den Verantwortungsbereichen erarbeitet jeder Bereichsleiter für seinen Verantwortungsbereich einen Investitionsplan. Jeder dieser Investitionspläne erläutert und bewertet die Investitionsvorhaben, die in der Planperiode realisiert werden sollen. Übersteigt der zur Realisation der geplanten Investitionsvorhaben erforderliche Finanzbedarf die für die Planperiode verfügbaren Investitionsmittel, besteht zwischen den Investitionsplänen ein Restriktionenverbund. Die Unternehmungsleitung entwickelt durch den Vergleich der in den Investitionsplänen der Verantwortungsbereiche festgelegten Investitionsvorhaben das für die Erreichung der Unternehmungsziele optimale Investitionsprogramm. In diesem Investitionsprogramm sind für jeden Verantwortungsbereich die Investitionsvorhaben festgelegt, die im Planungszeitraum realisiert werden sollen. Bei der Koordination durch Budgets erarbeitet die Unternehmungsleitung auf der Grundlage des langfristigen Unternehmungsplans ein Investitionsbudget. Mit dem Investitionsbudget werden die Investitionsmittel der Planperiode vorab pauschal auf die Verantwortungsbereiche verteilt, d. h. ohne Kenntnis der in den Verantwortungsbereichen geplanten Investitionsvorhaben. Die Entscheidungen über die mit den bewilligten Mitteln zu realisierenden Investitionsvorhaben werden anschließend in den Verantwortungsbereichen getroffen. Ohne Kenntnis geplanter Handlungen kann der Entscheidungsspielraum der Bereichsleiter nicht derart gezielt begrenzt werden, dass vor allem nur noch diejenigen Handlungsalternativen zulässig sind, die auf die gemeinsamen Ziele abgestimmt und ausgerichtet sind. Es ist deshalb möglich, dass die für die Erreichung des Unternehmungsziels besten Handlungsmöglichkeiten eines Verantwortungsbereichs außerhalb seines Budgets liegen und damit unzulässig sind. Beispiel zu den Problemen bei der Koordination durch Budgets Bei Erarbeitung der Investitionsbudgets entscheidet die Unternehmungsleitung über die Verteilung der Investitionsmittel der Planperiode auf die Verantwortungsbereiche. Diese Entscheidung wird ohne Kenntnis der Verwendung bewilligter Investitionsmittel in den Verantwortungsbereichen getroffen. Die Verteilung der Investitionsmittel kann damit die Realisation eines Investitionsvorhabens in Verantwortungsbereich A verhindern, das einen höheren Beitrag zur Zielerreichung leistet als ein Investitionsvorhaben in Verantwortungsbereich B, das mit den zugewiesenen Investitionsmitteln realisiert werden kann. Zur Unterstützung der Unternehmungsleitung bei der Budgetplanung erstellen und übermitteln Bereichsleiter regelmäßig Berichte über die Unternehmungs- und Umweltbedingungen in ihrem Verantwortungsbereich. Nach der Genehmigung der Budgets berichten die Bereichsleiter regelmäßig über drohende und bereits eingetretene Abweichungen von den Plangrößen in den Budgets und deren Ursachen. Ihre Informationsvorteile ermöglichen es den Bereichsleitern, die Informationen für diese Berichte zu schönen, zu filtern und zu verzerren. In die Berichte werden nur Informationen übernommen, die einen positiven Eindruck vom Potenzial des Verantwortungsbereichs vermitteln, zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele beitragen zu können. Informationen über ungünstige Sachverhalte werden dagegen ausgeblendet, <?page no="266"?> 266 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets wie z. B. Informationen über erwartete Abweichungen von Planwerten oder drohende Risiken (vgl. Goebel/ Weißenberger (2016), S. 73). Durch die Übermittlung manipulierter Informationen erlangen Bereichsleiter Einfluss auf die Budgetierung, den sie zur Erreichung ihrer individuellen Ziele nutzen können. Besteht zwischen den individuellen Zielen der Bereichsleiter und den Zielen des langfristigen Unternehmungsplans ein zumindest partieller Zielkonflikt, liegen Verhaltensinterdependenzen vor. Verhaltensinterdependenzen eröffnen Bereichsleitern Freiräume für ein Arbeitsverhalten, das dem Erreichen ihrer individuellen Ziele dient. Ein solches Arbeitsverhalten der Bereichsleiter verhindert, dass die Funktionen der Budgetierung realisiert werden. Es wird deshalb als dysfunktionales Arbeitsverhalten bezeichnet (vgl. Göpfert (1993), Sp. 599). Einige Formen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens bei der Vorgabe von Budgets oder anderer impliziter Verhaltensnormen sind (vgl. Schreyögg/ Koch (2020), S. 301 f.; Hope/ Fraser (2003), S. 12 ff.): Etatdenken (Budgetverschwendung) Dieses Arbeitsverhalten, das auch als „Dezemberfieber“ bezeichnet wird, zeichnet sich durch Verschwendung der mit inputbezogenen Budgets bewilligten Ressourcen zum Ende der Planperiode aus. Bewilligte Ressourcen, die zum Ende der Planperiode noch nicht verbraucht sind, werden kurzfristig eingesetzt, obwohl sie für die Leistungserstellung und -verwertung nicht erforderlich sind. Durch Ausschöpfen der Budgets sollen kritische Fragen der Unternehmungsleitung zum Ressourcenbedarf und Kürzungen der Budgets nachfolgender Planperioden vermieden werden. Dieses Arbeitsverhalten wird durch die Orientierung der Budgeterstellung am Ressourcenverbrauch der Vorperioden ausgelöst. Partikularistisches Denken (Ressortegoismus) Ein Merkmal dieses Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter ist die einseitige Orientierung ihrer Entscheidungen an den Budgets, d. h., die Bereichsleiter vernachlässigen die interdependenzbedingten Wirkungen ihrer Entscheidungen auf die Ergebnisse anderer Verantwortungsbereiche. Ein weiteres Merkmal ist das Vermeiden jeder Zusammenarbeit, die für andere Verantwortungsbereiche vorteilhafter sein könnte, wie z. B. die Weitergabe von Wissen. Ausgelöst wird dieses Arbeitsverhalten durch die Verwendung der Werte der Budgetgrößen für die Performance-Messung und -Beurteilung sowie für die Bemessung von Prämien. Dadurch verschärft die Budgetierung die Konkurrenz der Bereichsleiter um Ressourcen und Investitionsmittel. Denken in Minimalanforderungen Dieses Arbeitsverhalten der Bereichsleiter lässt sich durch die fehlende Bereitschaft beschreiben, Chancen aus Abweichungen von den Prämissen der Budgetplanung zu nutzen. Ursache dieses Arbeitsverhaltens ist zum einen die Erwartung, dass Leistungen über dem Budget zu höheren Anforderungen an die Performance in nachfolgenden Planperioden führen. Zum anderen gefährden die mit der Chancennutzung verbundenen Risiken das Erreichen oder Einhalten des Budgets. Die Erwartung einer negativen Performance-Bewertung bei Budgetabweichungen lässt keine Bereitschaft zur Chancennutzung aufkommen. Orientierung an kurzfristigen finanziellen Zielen Ausdruck dieses Arbeitsverhaltens ist das Ausführen von Handlungen, die dro- <?page no="267"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 267 hende negative Budgetabweichungen zulasten der langfristigen Ziele verhindern. Beispiele für solche Handlungen sind das Verschieben von Personalentwicklungsmaßnahmen, Werbekampagnen und Produktentwicklungsprojekten in Folgeperioden sowie die kurzfristige Verkaufsförderung mit ungünstigen Folgen für die Kundenzufriedenheit (z. B. Lieferverzögerungen, schlechte Produktqualität). Bei unerwarteten Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen verzichten Bereichsleiter darauf, die Unternehmungsleitung über drohende negative Budgetabweichungen und die Notwendigkeit einer Anpassung der Budgets zu informieren. Um einer schlechten Performance-Bewertung zu entgehen, werden die Bereichsleiter über ein an den kurzfristigen finanziellen Zielen ausgerichtetes Handeln die Ist-Werte an die Planwerte der Budgetgrößen annähern und damit möglicherweise die Erreichung des langfristigen Unternehmungsziels gefährden. Aufbau von Budgetreserven (Budgetary Slacks) Bei diesem Arbeitsverhalten der Bereichsleiter wird in den Berichten an die Unternehmungsleitung der Ressourcenbedarf zu hoch oder der realisierbare Output zu niedrig angegeben. Mit diesem Arbeitsverhalten sollen Reserven für die Erreichung individueller Ziele gebildet werden, z. B. eine Verringerung des Arbeitsdrucks durch Planwerte, die einfacher zu erreichen sind, oder die Realisation von Vorhaben, die bei einem Vergleich mit konkurrierenden Vorhaben in anderen Verantwortungsbereichen nicht genehmigt würden. Die Auswertung dieser Berichte führt zu einer fehlerhaften Beurteilung des Potenzials der Verantwortungsbereiche zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele beitragen zu können. Die Folgen können eine Fehlallokation der Investitionsmittel bei der Erstellung der Investitionsbudgets sowie Fehler bei der Abstimmung der Betriebsbudgets sein. Gründe für dieses Arbeitsverhalten sind die Nutzung der Werte der Budgetgrößen für die Performance-Messung und -Beurteilung sowie die Erwartung der Bereichsleiter, dass inputbezogene (output-, ergebnisbezogene) Budgets pauschal gekürzt (erhöht) werden (vgl. Datar/ Rajan (2018), S. 240). Empire Building Mit diesem Begriff wird ein Arbeitsverhalten von Bereichsleitern vor allem im Verwaltungsbereich der Unternehmung bezeichnet, das den Ausbau oder zumindest die Erhaltung des Leistungsprogramms ihres Verantwortungsbereichs bewirkt. Es äußert sich in der verzerrten Berichterstattung über die Nachfrage anderer Verantwortungsbereiche nach der erstellten Verwaltungsleitung. Ursache dieses Arbeitsverhaltens ist eine Unternehmungskultur, die das Ansehen und den Einfluss der Bereichsleiter an die Höhe seines Budgets und die Anzahl der ihm unterstellten Mitarbeiter knüpft (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 302 f.). Das Ausmaß, in dem sich Bereichsleiter dysfunktional verhalten, hängt zum einen von der Ausgestaltung des Budgetierungssystems der Unternehmung ab (vgl. Schreyögg/ Koch (2020), S. 302 f.). Bei der Gestaltung des Budgetierungssystems ist es die Aufgabe des Controlling, die Wirkungen auf das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter in die Bewertung alternativer Regelungen einzubeziehen. Um dysfunktionales Arbeitsverhalten zu verhindern, kann das Budgetierungssystem um ein Anreizsystem ergänzt werden, das die Bereichsleiter zu einer unverzerrten Berichterstattung motiviert (vgl. Pfaff (2002), Sp. 237). <?page no="268"?> 268 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Budgetierungssystem als Koordinationssystem Das Koordinationssystem bei der Koordination über Budgets wird hier als Budgetierungssystem bezeichnet. Es umfasst die generellen Regelungen zur Aufgabenverteilung und Aufgabenerfüllung bei der Erstellung, Durchsetzung und Kontrolle von Budgets, die zur Koordination des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Abb. 6.4 nennt Gestaltungsparameter, für die bei der Konfiguration eines Budgetierungssystems Regelungen zu entwickeln sind. inhaltliche Gestaltungsparameter Budgetsystem − Umfang der Budgetierung − Budgetobjekte − Differenzierungsgrad und Art der Differenzierung Budgetgrößen Toleranzgrenzen organisatorische Gestaltungsparameter aufbauorganisatorische Parameter − Verteilung der Budgetierungsaufgaben auf Budgetierungsträger − Zuordnung der Befugnisse zu Budgetierungsträgern − Zuweisung von Befugnissen zu den Budgetnehmern ablauforganisatorische Parameter − Sequenz der Budgeterstellung − Rhythmik der Berichterstattung − Anpassungsrhythmik − Ableitungsbasis der Budgets − Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Budgetkontrollen Hierarchiedynamik methodische Gestaltungsparameter Zuordnung von Budgetierungstechniken zu Budgets Zuordnung von Methoden der Abweichungsanalyse zu Budgets Abb. 6.4: Gestaltungsparameter eines Budgetierungssystems Ein Budgetsystem gibt für jeden Verantwortungsbereich die Budgets vor, die in einer Planperiode zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans erstellt werden sollen. Die Verantwortungsbereiche, für die Budgets erstellt werden sollen, bestimmen den Umfang der Budgetierung. Die Tatbestände in den Verantwortungsbereichen (z. B. Funktionen, Prozesse, Projekte), deren monetären Konsequenzen im Budget erfasst werden, bilden das Budgetobjekt. Die Differenzierung der Budgets ist dadurch gekennzeichnet, dass einem Verantwortungsbereich nicht ein Gesamtbudget vorgegeben wird, sondern mehrere Teilbudgets, von denen jedes einzelne erreicht oder eingehalten werden sollte. Das Gesamtbudget eines Verantwortungsbereichs kann objekt- oder wirkungsbezogen differenziert werden. Bei objektbezogener Differenzierung wird das Budgetobjekt des Verantwortungsbereichs in mehrere Budgetteilobjekte gegliedert, für die dem Bereichsleiter jeweils ein Teilbudget vorgegeben wird. Wird die Budgetgröße in Kosten- oder Erlösarten gegliedert, für die jeweils ein Teilbudget erstellt und vorgegeben wird, liegt eine wirkungsbezogene Differenzierung vor. Die Gliederung des Produktionsbudgets in ein Materialkosten-, ein Fertigungslohn- und ein Fertigungsgemeinkostenbudget sowie das Absatzbudget in ein Umsatz- und ein Vertriebskostenbudget sind Beispiele für eine wirkungsbezogene Differenzierung des Gesamtbudgets eines Verantwortungsbereichs. <?page no="269"?> 6.1 Koordination als Budgetfunktion 269 Bei der Gestaltung des Budgetierungssystems ist für jedes Budget im Budgetsystem eine Budgetgröße festzulegen. Zur Definition einer Budgetgröße sind der Inhalt, der Maßstab und die Berechnung der Budgetgröße zu präzisieren. Als Inhalt kann sich eine input-, eine outcome- oder eine ergebnisbezogene Größe eignen. Nach dem Maßstab werden absolute und relative Budgetgrößen unterschieden. Relative Budgetgrößen werden vor allem für marktnahe Verantwortungsbereiche vorgeschlagen. Von einer absoluten Budgetgröße unterscheiden sie sich dadurch, dass der Planwert um den Wert einer Referenzgröße ergänzt wird. Einem Vertriebsbereich wird nicht mehr der absolute Umsatz als Planwert vorgegeben, sondern der Marktanteil als Quotient aus dem Umsatz der Unternehmung und dem der Branche. Referenzwerte können neben Werten zur Marktentwicklung auch Vorjahreswerte, Werte eines wichtigen Wettbewerbers oder eines anderen Verantwortungsbereichs in der Unternehmung sein (vgl. Gleich/ Greiner/ Hofmann (2006), S. 31, 34). Der Vorteil relativer Budgetgrößen wird in der Vorgabe selbstadjustierender Planwerte gesehen, d. h. von Plangrößen, die sich selbst an die Unternehmungs- und Umweltentwicklung anpassen (vgl. Weber/ Lindner/ Hirsch (2004), S. 64). Mit diesen Vorgaben soll folgendem dysfunktionalen Arbeitsverhalten entgegengewirkt werden (vgl. Rieg (2015), S. 170): Es soll zum einen verhindert werden, dass die sich bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung bietenden Chancen nicht genutzt werden (Denken in Minimalanforderungen). Zum anderen soll das Festhalten an Planwerten verhindert werden, die nach Veränderung von Unternehmungs- und Umweltbedingungen nicht mehr realisierbar sind, und zu Handlungen zur Einhaltung der Budgets unter Vernachlässigung der langfristigen Ziele motivieren (Orientierung an kurzfristigen Zielen). Bei der Gestaltung der Aufbauorganisation der Budgetierung ist zwischen den Budgetnehmern, den Budgetgebern und den Trägern der Budgetierungsaufgaben zu unterscheiden. Budgetnehmer sind die Manager auf der mittleren und unteren Hierarchieebene, die für das Erreichen der Budgets verantwortlich sind, d. h. Bereichs- und Abteilungsleiter. Die Manager, denen gegenüber die Budgetnehmer Rechenschaft abzulegen haben, sind die Budgetgeber (vgl. Eisenführ (1992), Sp. 363). Träger der Budgetierungsaufgaben sind Budgetgeber, Budgetnehmer, Stabsstellen und Servicestellen, wie z. B. das Rechnungswesen, denen Budgetierungsaufgaben zugeordnet sind. Analog zur Planung und Kontrolle können ursprüngliche und abgeleitete Budgetierungsaufgaben unterschieden werden. Abb. 6.5 nennt Verrichtungen, die bei der Erfüllung dieser Aufgaben auszuführen sind. ursprüngliche Budgetierungsaufgabe abgeleitete Budgetierungsaufgabe Präzisieren der Unternehmungsziele für die Planperiode Auswerten der Informationen Erarbeiten der Prämissen für die Budgetierung Konkretisieren des Handlungsrahmens für die Planperiode Veranlassen der Budgeterstellung Motivieren zur Budgeterstellung Terminieren der Budgetierungsprozesses Erarbeiten von Vorgehensweisen der Budgetierung Bereitstellen von Informationen <?page no="270"?> 270 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Führen von Budgetverhandlungen Vornahme von Budgetkorrekturen Beschlussfassung über die Budgets Anpassung von Budgets während der Planperiode Beurteilung festgestellter Budgetabweichungen Mitteilung und Durchsprache festgestellter Budgetabweichungen Entwicklung von Korrektur- und Anpassungsmaßnahmen Einsatz von Budgetierungstechniken zur Herleitung von Budgetentwürfen Planungskontrolle der Budgeterstellung Sammeln und Kommentieren von Budgetentwürfen Aufbereiten der Budgetentwürfe Dokumentieren der Budgets Ermittlung der Vergleichswerte für die Budgetkontrolle Gegenüberstellung der Vergleichswerte und Feststellung der Abweichungen Identifikation relevanter Abweichungen Abweichungsanalyse Aufbereitung der Kontrollergebnisse Erstellung und Übermittlung von Kontrollberichten Abb. 6.5: Verrichtungen zur Erfüllung der Budgetierungsaufgaben Träger der ursprünglichen Budgetierungsaufgabe sowie der zugehörigen Ausführungs-, Entscheidungs-, Anordnungs- und Kontrollkompetenzen sind die Budgetgeber. Bei zentraler Budgetierung sind die Kompetenzen für die ursprüngliche Budgetierungsaufgabe bei der Unternehmungsleitung konzentriert. Alle Budgets im Budgetsystem werden von der Unternehmungsleitung geplant, durchgesetzt und kontrolliert, d. h., neben den Bereichsbudgets auch die Abteilungsbudgets usw. Die Unternehmungsleitung ist damit für alle Budgets im Budgetsystem der Budgetgeber. Von dezentraler Budgetierung soll gesprochen werden, wenn den Managern jeder Hierarchieebene die Kompetenzen für die Budgetierung der Verantwortungsbereiche derjenigen Bereichsleiter übertragen worden sind, die ihnen direkt unterstellt sind. In diesem Fall sind die Bereichsleiter die Budgetgeber für die Abteilungsbudgets, gleichzeitig jedoch auch Budgetnehmer für die Bereichsbudgets. Partizipative Budgetierung ist gegeben, wenn ein Budgetgeber die Budgetnehmer durch Übertragung von Anhörungs-, Vorschlags-, Beratungs- oder Mitentscheidungsrechten für ursprüngliche Budgetierungsaufgaben in den Budgetierungsprozess einbezieht. Von dieser Form der Budgetierung geht ein positiver Einfluss auf die Realitätsnähe der geplanten Budgets, ihre Akzeptanz bei den Budgetnehmern sowie die Performance in den Verantwortungsbereichen aus (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 342). Mit der Vorgabe von Budgets werden den Budgetnehmern Befugnisse für Entscheidungen zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans im Rahmen des Budgets übertragen. In der Regel werden Entscheidungsbefugnisse übertragen. Um seinen Entscheidungsspielraum stärker zu begrenzen, können dem Budgetnehmer für genau spezifizierte Entscheidungen in seinem Verantwortungsbereich auch nur Vorschlags-, Anhörungs-, Beratungs- oder Mitentscheidungsbefugnisse übertragen werden. <?page no="271"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 271 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem Koordinationsbezogene Verfahrensregeln Begrenzung zulässiger Handlungsmöglichkeiten Indem es die zulässigen Handlungsmöglichkeiten des Bereichsleiters mehr oder weniger deutlich begrenzt, kann die koordinierende Wirkung eines Budgets gestaltet werden. Beeinflusst werden kann der Raum der zulässigen Handlungsmöglichkeiten, den Budgets belassen, durch ihren Differenzierungsgrad, die Befugnisse, die dem Budgetnehmer mit der Vorgabe der Budgets übertragen werden, sowie durch die Abgrenzung des Umfangs der Budgetierung. Der Differenzierungsgrad definiert die Budgetobjekte in einem Verantwortungsbereich, für die jeweils ein Teilbudget erstellt wird. Die Befugnisse, die dem Budgetnehmer übertragen werden, können von Beratungsrechten über Mitentscheidungsrechte bis zu Entscheidungskompetenzen reichen. Der Umfang der Budgetierung kann auf ausgewählte Tätigkeitsbereiche des Verantwortungsbereichs begrenzt werden, so dass nicht alle Tätigkeitsbereiche des Verantwortungsbereichs über Budgets gesteuert werden. Beispiel zur Differenzierung von Budgets Dem Leiter des Absatzbereichs wird kein Umsatzbudget für das gesamte Leistungsprogramm vorgegeben. Es werden Umsatzteilbudgets für kleinere Bezugsobjekte vorgegeben, z. B. für Produktgruppen, Produkte oder sogar Produktvarianten. Zur Koordination des Entscheidens und Handelns in einem Verantwortungsbereich kann der Raum zulässiger Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter dadurch begrenzt werden, dass nicht ein Gesamtbudget vorgegeben wird, sondern ein in mehrere Teilbudgets differenziertes Budget. Einem höheren Differenzierungsgrad der Budgets steht immer ein größerer Aufwand bei der Budgetierung gegenüber, aber auch ein verringerter Entscheidungsspielraum der Bereichsleiter (vgl. Streitferdt/ Eberhardt (2004), Sp. 112). Diese Wirkung eines zunehmenden Differenzierungsgrads folgt daraus, dass die Möglichkeiten der Budgetnehmer abnehmen, die bewilligten Ressourcen oder vorgegebenen Marktergebnisse auf die Handlungsfelder in ihrem Verantwortungsbereich zu verteilen. Mit Teilbudgets wird dem Bereichsleiter die Verteilung der bewilligten Ressourcen oder der zu erreichenden Marktergebnisse auf seine Handlungsfelder vorgegeben. Mit der Differenzierung ihrer Budgets werden damit die Befugnisse der Bereichsleiter beschnitten, über ihre Handlungsschwerpunkte zu entscheiden. Durch Differenzierung der Budgets werden dem Budgetnehmer zwar die Befugnisse für die Verteilung der Ressourcen oder die Zuordnung der Marktergebnisse zu Handlungsfeldern entzogen. Er kann jedoch nach wie vor darüber entscheiden, wie die bewilligten Ressourcen verwendet und vorgegebene Marktergebnisse erreicht werden sollen. Dieser Entscheidungsspielraum kann begrenzt werden, indem einem Budgetnehmer mit der Vorgabe des Budgets eingeschränkte Entscheidungsbefugnisse übertragen werden. Möglich ist es auch, auf die Differenzierung der Budgets zu verzichten und die Befugnisse der Budgetnehmer auf nach Art und Umfang genau spezifizierte Entscheidungen zu begrenzen. Beispiele zu eingeschränkten Entscheidungsbefugnissen Durch Differenzierung des Investitionsbudgets für den Produktionsbereich wird ein Digitalisierungsbudget abgegrenzt. Zur Koordination der Entschei- <?page no="272"?> 272 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets dungen über Digitalisierungsmaßnahmen in der Unternehmung werden dem Produktionsleiter als Budgetnehmer mit der Vorgabe des Digitalisierungsbudgets nur Antragsrechte für Entscheidungen über die Mittelverwendung übertragen. Digitalisierungsmaßnahmen können damit erst nach Zustimmung der Unternehmungsleitung durchgeführt werden. Entscheidungen von Maßnahmen zur Digitalisierung im Produktionsbereich mit einem Investitionsmittelbedarf von über 50.000 € erfordern die Freigabe durch die Unternehmungsleitung. Eine andere Art, den Spielraum eines Bereichsleiters für Entscheidungen über die Mittelverwendung oder die Realisation des vorgegebenen Marktergebnisses einzuschränken, ist die Begrenzung des Umfangs der Budgetierung. Für Tätigkeitsfelder eines Verantwortungsbereichs, die nicht budgetiert werden, können die Entscheidungsbefugnisse bei der Unternehmungsleitung verbleiben. Die Entscheidungen für diese Tätigkeitsfelder können auch nach einem anderen Prinzip der Entscheidungskoordination gesteuert werden. Beispiel zur Begrenzung des Budgetobjekts In einer Unternehmung werden Entscheidungen über Projekte zur Digitalisierung in den Verantwortungsbereichen nicht über Investitionsbudgets gesteuert, sondern von der Unternehmungsleitung getroffen. Es ist auch denkbar, diese Entscheidungen über Pläne zu koordinieren. Abstimmung der Budgets Die Verfahrensregeln zur Budgetabstimmung sollen sicherstellen, dass die Budgets der Planperiode am langfristigen Unternehmungsplan und den in ihm festgeschriebenen finanziellen Unternehmungszielen ausgerichtet sind. Dazu sollte das Masterbudget ein vor dem Hintergrund des finanziellen Unternehmungsziels zufriedenstellendes Ergebnis ausweisen. Neben diese vertikale Abstimmung tritt die horizontale Abstimmung, um Inkonsistenzen zwischen den Budgets zu vermeiden oder zu erkennen und auszuräumen. Beispiele für solche Inkonsistenzen sind ein erhöhtes Werbebudget, dem ein unverändertes Produktionsbudget gegenübersteht, oder ein Absatzbudget, das mit den gegebenen Produktionskapazitäten nicht realisierbar ist. Die vertikale und horizontale Abstimmung der Budgets wird vor allem über folgende Gestaltungsparameter geregelt: die Ableitungsbasis der Budgets und die Planungssequenz. Nach der Ableitungsbasis werden die zielbezogene und die engpassbezogene Ableitung der Budgets unterschieden, die in der Literatur auch als retrograde und progressive Budgetierung bezeichnet werden (vgl. Marettek (1974), Sp. 1032 f.). Die Ableitungsbasis bei der zielbezogenen Budgetierung sind die aus dem langfristigen Unternehmungsplan hergeleiteten finanziellen Unternehmungsziele der Planperiode. Unter Berücksichtigung der Absatzobergrenze werden die Umsatzbudgets für den Absatzbereich geplant. Aus den finanziellen Unternehmungszielen und den geplanten Umsatzbudgets werden Obergrenzen für die Kosten oder den Aufwand der Periode hergeleitet, die bei der Planung der inputbezogenen Budgets als Restriktionen zu berücksichtigen sind. Während des Budgetierungsprozesses können sich die finanzi- <?page no="273"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 273 ellen Unternehmungsziele der Planperiode unter den gegebenen Unternehmungs- und Umweltbedingungen als nicht realisierbar erweisen. Bereits geplante Budgets müssen korrigiert werden, um sie am festgestellten Engpass auszurichten. Wird ein Engpass vermutet, bietet es sich deshalb an, engpassbezogen zu budgetieren. Bei der engpassbezogenen Budgetierung bilden die Budgets desjenigen Verantwortungsbereichs den Ausgangspunkt der Budgetierung, der den Engpass bildet. Häufig ist der Absatzmarkt die Ursache für einen Engpass, aber auch der Beschaffungsmarkt und die Kapazitäten in den Verantwortungsbereichen können der Realisation der finanziellen Unternehmungsziele entgegenstehen. Bildet die Absatzobergrenze den Engpass, werden zu Beginn des Budgetierungsprozesses zunächst wieder die Umsatzbudgets für den Absatzbereich geplant. Anders als bei der zielbezogenen Budgetierung werden die Obergrenzen für die Kosten oder den Aufwand der Periode nicht aus dem finanziellen Unternehmungsziel hergeleitet, sondern von der Unternehmungsleitung festgelegt, z. B. durch Verhandlungen mit den betroffenen Bereichsleitern. Das finanzielle Ergebnis der Unternehmung ist bei dieser Form der Budgetierung keine Zielgröße, sondern ergibt sich am Ende des Budgetierungsprozesses als Restgröße (vgl. Dambrowski (1986), S. 65). Sowohl bei der zielbezogenen als auch bei der engpassbezogenen Budgetierung sind die inputbezogenen Budgets derart aufeinander abzustimmen, dass die Summe der Planwerte über alle Budgets die Obergrenze für die Kosten oder den Aufwand der Periode nicht übersteigt. Diese Abstimmung der Budgets wird durch die Planungssequenz geregelt. Varianten der Planungssequenz sind wie auch bei der Planung die serielle und die parallele Planung sowie die parallele und serielle Gruppenplanung. Anders als bei der Planung werden jedoch keine Handlungen abgestimmt, sondern monetäre Planwerte. Beispielsweise bildet bei der sequentiellen Planung die Obergrenze der Kosten der Periode abzüglich der Planwerte der bereits erstellten Budgets die Restriktion für die Planung des in der Reihenfolge nachfolgenden Budgets. Verfahrensregeln zum Ablauf des Budgetierungsprozesses Partizipation im Budgetierungsprozess Der Budgetierungsprozess umfasst die Budgeterstellung, die Budgetdurchsetzung und die Budgetkontrolle. Er beginnt, nachdem der langfristige Unternehmungsplan an die Unternehmungs- und Umweltbedingungen angepasst und fortgeschrieben sowie für die Planperiode konkretisiert worden ist. Nach dem Partizipationsgrad, d. h. den Befugnissen der Budgetnehmer im Budgetierungsprozess, werden für den Ablauf des Budgetierungsprozesses drei Varianten unterschieden, die in der Literatur als Top-down-Budgetierung, Bottom-up-Budgetierung und Gegenstrombudgetierung bezeichnet werden (vgl. z. B. Schreyögg/ Koch (2020), S. 305 f.). Diese Varianten unterscheiden sich dadurch, wie Budgetgeber und Budgetnehmer zusammenwirken, unabhängig davon, ob zentral oder dezentral budgetiert wird (vgl. Abb. 6.6). Sie sollten nicht mit den Varianten der Hierarchiedynamik verwechselt werden, die bei dezentraler Budgetierung vorgeben, wie die Budgets über die Ebenen der Managementhierarchie hinweg erstellt werden. Die Varianten des Budgetierungsprozesses, die nach dem Partizipationsgrad abgegrenzt werden, sollen hier deshalb wie folgt bezeichnet werden (ähnlich bei Pfaff (2002), Sp. 236 f.): <?page no="274"?> 274 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets retrograde Budgetierung UL: Budgeterstellung Budgetentwurf Anpassung Prüfung Zusammenfassung Beschluss C: BL: progressive Budgetierung Budgetrichtlinien Vorgabe Zusammenfassung Beschluss Budgeterstellung BL: C: UL: Budgetentwurf iterative Budgetierung Budgetrichtlinien Budgeterstellung Zusammenfassung Budgetentwurf Prüfung Überarbeitung Überarbeitung Entwurf BL: C: UL: Beschluss UL = Unternehmungsleitung; C = Controlling; BL = Bereichsleiter Abb. 6.6: Partizipation im Budgetierungsprozess retrograde Budgetierung, progressive Budgetierung sowie iterative Budgetierung. Bei der retrograden Budgetierung erarbeitet die Unternehmungsleitung (Budgetgeber) auf der Grundlage des aktualisierten und konkretisierten langfristigen Unternehmungsplans ein vorläufiges Masterbudget oder Rahmendaten für die Budgetplanung. In Abstimmung mit der Unternehmungsleitung entwickelt das Controlling Entwürfe für die Budgets im Budgetsystem der Unternehmung und leitet diese an die Bereichsleiter (Budgetnehmer). Nach einer Realisierbarkeitsprüfung können die Bereichsleiter die Budgetentwürfe akzeptieren oder detailliert und gut begründet über Probleme berichten, die der Realisierbarkeit der Planwerte in den Budgetentwürfen entgegenstehen, sowie notwendige Korrekturen der Planwerte vorschlagen. Es ist die Aufgabe des Controlling, diese Berichte auszuwerten, die Budgets gegebenenfalls anzupassen und zum Masterbudget zusammenzufassen. Bei Abweichungen vom vorläufigen Masterbudget oder den vorgegebenen Rahmendaten fasst die Unternehmungsleitung den endgültigen Beschluss über die Budgets oder verweist sie zur Korrektur zurück an das Controlling. Das Wissen und die Informationsvorteile der Bereichsleiter werden bei der retrograden Budgetierung nicht genutzt. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass Bereichsleiter die Budgets akzeptieren und sich verpflichtet fühlen, die Planwerte zu erreichen oder einzuhalten. In einem retrograd ablaufenden Budgetierungsprozess verfügen die Bereichsleiter nur über Anhörungs- und Beratungsbefugnisse. Die fehlende Partizipation wirkt sich ungünstig auf die Motivation und das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter aus (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 342). Sie werden ihre Informationsvorteile nutzen, um die bei Budgetkontrollen festgestellten Abweichungen von den Planwerten zu begründen und zu rechtfertigen (vgl. Hope/ Fraser (2003), S. 13). <?page no="275"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 275 Der Prozess der progressiven Budgetierung beginnt damit, dass die Unternehmungsleitung den Bereichsleitern Budgetrichtlinien vorgibt. Mit den Budgetrichtlinien werden die Bereichsleiter über die für ihre Verantwortungsbereiche relevanten Aussagen zu den einzelnen Bestandteilen des langfristigen Unternehmungsplans informiert. Auf der Grundlage der Budgetrichtlinien erarbeitet jeder Bereichsleiter Entwürfe für die Budgets seines Verantwortungsbereichs. Das Controlling stimmt die Budgetentwürfe in Zusammenarbeit mit den Bereichsleitern ab und fasst sie zum Masterbudget zusammen. Bei dieser Variante des Budgetierungsprozesses verfügen die Bereichsleiter über die Befugnis zur Beschlussfassung über die Budgets für ihre Verantwortungsbereiche. Bei der Unternehmungsleitung verbleiben nur Anordnungsbefugnisse für die Budgetrichtlinien. Die Schwächen der retrograden Budgetierung können bei dieser Variante des Budgetierungsprozesses vermieden werden. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die von den Bereichsleitern erarbeiteten Planwerte Budgetreserven enthalten. Zudem besteht die Gefahr, dass die im Masterbudget ausgewiesenen Ergebnisse nicht im Einklang mit den finanziellen Zielen der Unternehmung stehen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 342 f.). Um die Schwächen der retrograden und der progressiven Budgetierung zu umgehen, ihre Stärken jedoch nutzen zu können, wird in der Unternehmungspraxis häufig iterativ budgetiert. Bei dieser Variante beginnt der Budgetierungsprozess wie bei der progressiven Budgetierung mit der Vorgabe von Budgetrichtlinien durch die Unternehmungsleitung und der Planung von Budgetentwürfen durch die Bereichsleiter. In Budgetverhandlungen zwischen der Unternehmungsleitung und den Bereichsleitern werden die Budgetentwürfe jedoch angepasst und von der Unternehmungsleitung genehmigt. Der Nachteil der iterativen Budgetierung ist der erhebliche Aufwand durch die Anpassung und erneute Abstimmung der Budgets (vgl. Pfaff (2002), Sp. 237). Phasen im Prozess der iterativen Budgetierung Als Phasen im Prozess der iterativen Budgetierung können genannt werden (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 388 ff.; Drury (2020), S. 389 f.): [1] Erarbeitung der Budgetrichtlinien Die Budgetrichtlinien umfassen zum einen die finanziellen Unternehmungsziele für die Planperiode sowie Aussagen zu den im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten Handlungen, wie z. B. geplante Änderungen im Produktionsprogramm und bei den Zielmärkten, der Ausbau oder die Einschränkung bestimmter Aktivitätsbereiche (z. B. Verbesserung des Kundendienstes, Verkürzung der Antwortzeiten bei Reklamationen) sowie geplante Effizienzsteigerungen. Zum anderen enthalten sie Aussagen zu den Prämissen des langfristigen Unternehmungsplans, wie z. B. zur Preis- und Personalentwicklung. Ergänzt werden diese Aussagen um Angaben zu Engpässen in der Unternehmung, die Einfluss auf die Produktions- und Absatzmengen und damit auf das erzielbare Marktergebnis haben, wie z. B. Absatzobergrenzen, fehlende Produktionskapazitäten oder Lieferprobleme bei Bauteilen. Die Budgetrichtlinien werden vom Controlling erarbeitet und anschließend von der Unternehmungsleitung genehmigt. Vor der Genehmigung durch die Unternehmungsleitung können die vom Controlling erarbeiteten Budgetrichtlinien den Bereichsleitern zur Prüfung der Vollständigkeit und der Richtigkeit vorgelegt werden. Die genehmigten Budgetrichtlinien werden den Bereichsleitern vorgegeben. <?page no="276"?> 276 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets [2] Erarbeitung von Budgetentwürfen Auf der Grundlage der Budgetrichtlinien werden in den Verantwortungsbereichen durch die Bereichsleitungen mit Unterstützung des Controlling Entwürfe für die Budgets erarbeitet. Dazu werden in einem ersten Schritt die Wird-Werte der Budgetgrößen für den Ist-Zustand im Verantwortungsbereich und seinem Umfeld prognostiziert. In einem zweiten Schritt werden diese Werte an die mit den Budgetrichtlinien vorgegebenen Rahmendaten angepasst. [3] Budgetverhandlungen Um die Bereichsleiter in den Budgetierungsprozess einzubeziehen, verhandelt die Unternehmungsleitung als Budgetgeber mit jedem Bereichsleiter über die Budgetentwürfe. Damit der positive Einfluss der Partizipation auf das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter wirksam wird, sollte die Unternehmungsleitung die Budgetentwürfe nicht verändern, ohne die Argumente der Bereichsleiter zur Begründung ihrer Entwürfe zu bewerten. Zu herausfordernde Planwerte sollten vermieden werden, damit es nicht zu einer Orientierung an den kurzfristigen Unternehmungszielen zulasten der langfristigen Ziele kommt. Neben der Partizipation ist die Identifikation und Elimination von Budgetreserven ein weiterer Zweck der Budgetverhandlungen. [4] Abstimmung und Überprüfung der Budgets Nach Abschluss der Budgetverhandlungen analysiert das Controlling die Zulässigkeit und die Abstimmung der Budgets. Zweck dieser Analyse ist es, Verstöße gegen Restriktionen und Vorgaben aus den Budgetrichtlinien sowie Inkonsistenzen zwischen Budgets zu erkennen. Das Controlling fasst die Budgets zusammen und erstellt das Masterbudget. Die Ergebnisse des Masterbudgets werden den finanziellen Zielen der Planperiode gegenübergestellt. Werden Abstimmungsmängel oder Zielabweichungen festgestellt, verweist das Controlling die Budgets zur Anpassung zurück an die Bereichsleiter. Die angepassten Budgets werden vom Controlling erneut überprüft und u. U. erneut an die Bereichsleiter zur Anpassung zurückverwiesen. Dieser Prozess endet, wenn die Budgets abgestimmt und die im Masterbudget ausgewiesenen Ergebnisse von der Unternehmungsleitung akzeptiert werden. [5] Genehmigung und Vorgabe des Budgets Genehmigt werden die Budgets von der Unternehmungsleitung. Anschließend werden sie den Bereichsleitungen vorgegeben. Mit der Vorgabe der Budgets verbunden ist die Übertragung der Kompetenzen an die Bereichsleitungen, Entscheidungen zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans innerhalb des Budgets zu treffen. Varianten der Budgetkontrolle und -anpassung Mit begleitenden Budgetkontrollen soll festgestellt werden, ob die Planwerte der Budgetgrößen am Ende der Planperiode erreicht werden. Sie werden parallel zur Planperiode monatlich oder quartalsweise durchgeführt, um Abweichungen von den Planwerten der Budgetgrößen frühzeitig erkennen und Anpassungsmaßnahmen einleiten zu können. Dazu werden regelmäßig Forecasts erstellt, d. h., die zum Ende der Planperiode erwarteten Wird-Werte der Budgetgrößen werden prognostiziert, die anschließend den Planwerten gegenübergestellt werden. Für relevante Budgetabweichungen werden die Ursachen analysiert. Sind die Ursachen beeinflussbar, werden Entscheidungen über Handlungen zu ihrem Abbau ge- <?page no="277"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 277 troffen, durchgesetzt und realisiert. Abweichungen können auch dadurch verursacht sein, dass eine andere als die erwartete Umweltsituation eingetreten ist. Um dysfunktionales Arbeitsverhalten zu vermeiden, kann in diesem Fall eine Anpassung der Planwerte der Budgets erforderlich werden. Durch eine Anpassung kann verhindert werden, dass Chancen einer günstigen Entwicklung nicht genutzt werden (Denken in Minimalanforderungen). Zum anderen können Bereichsleiter davon abgehalten werden, nicht realisierbare Planwerte mit nachteiligen Wirkungen für die Zielerreichung in nachfolgenden Planperioden anzustreben (vgl. Drury (2020), S. 391). Jede Anpassung eines Budgets erfordert die Abstimmung mit einer Vielzahl von Detailbudgets. Um den Aufwand für die Budgetierung zu verringern, werden Budgets nur ausnahmsweise angepasst, d. h. nur bei erheblichen Abweichungen von der angenommenen Unternehmungs- und Umweltsituation (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 345). Ein Verfahren der Budgetierung, das die regelmäßige Anpassung durch Detaillierung der Budgets nachfolgender Perioden unter Verwendung von Informationen über die aktuelle Unternehmungs- und Umweltsituation vorsieht, ist das rollierende (rolling) Forecast. Dieses auch als rollierende Budgetierung bezeichnete Verfahren (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 350 f.) wird für Situationen mit volatilen Umweltbedingungen vorgeschlagen. Für die regelmäßige Anpassung wird die Planperiode in Teilperioden gegliedert, z. B. in vier Quartale, und Detail- und Globalbudgets erstellt. Zu Beginn der Planperiode werden Teilbudgets eines Verantwortungsbereichs nur für das erste Quartal detailliert geplant und verbindlich vorgegeben (Detailbudgets). Für die vier folgenden Quartale werden nur kritische Budgets mit einem geringeren Detaillierungsgrad erstellt (Globalbudgets). Während des ersten Quartals werden mit Informationen zur aktuellen Unternehmungs- und Umweltsituation die erwarteten Werte der Budgetgrößen prognostiziert. Diese Wird-Werte werden stets für einen gleichbleibend langen Zeitraum von z. B. einem Jahr prognostiziert. Mit den Prognoseergebnissen werden alle Teilbudgets des zweiten Quartals detailliert geplant und verbindlich vorgegeben sowie die Grobbudgets für das 2. Quartal der nächsten Planperiode erstellt. Nach jeder Budgetanpassung sind jeweils ein verbindliches Detailbudget für das nächste Quartal und vier Globalbudgets für die folgenden Quartale gegeben (vgl. Leyk (2006), S. 84 f.). Rollierende Forecasts haben den Vorteil, dass verbindliche Budgets stets auf aktuellen Informationen über die Unternehmungs- und Umweltsituation beruhen und nicht auf Informationen, die zum Ende der letzten Planperiode generiert worden und damit bis zu einem Jahr alt sind (vgl. Leyk (2006), S. 85 f.). Der geringere Detaillierungsgrad der Budgetierung verringert den Aufwand für die Prognose der erwarteten Werte der Budgetgrößen und die Anpassung der Budgets. Anders als beim traditionellen Forecast werden nicht die am Ende der Planperiode erwarteten Werte der Budgetgrößen prognostiziert, sondern stets die am Ende eines kompletten Jahres erwarteten Werte (vgl. Abb. 6.7). Dadurch bleibt der Zeitraum für Entscheidungen zur Anpassung an erwartete Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation konstant, während er bei traditionellen Forecasts im Verlauf der Planperiode kontinuierlich kürzer wird (vgl. Gleich/ Greiner/ Hofmann (2006), S. 30). <?page no="278"?> 278 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Traditionelles Forecast 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Budget Forecast 2., 3. und 4. Quartal Ist Forecast 1 Forecast 3. und 4. Quartal Ist Forecast 2 Forecast 4. Quartal Ist Forecast 3 Rollendes Forecast Quartal/ Jahr 1/ 1 2/ 1 3/ 1 4/ 1 1/ 2 2/ 2 3/ 2 4/ 2 Ende Vorjahr DB GB GB GB GB Neu Ende 1. Quartal DB GB GB GB GB Neu Ende 2. Quartal DB GB GB GB GB Neu Ende 3. Quartal DB GB GB GB GB Neu DB = Detailbudget; GB = Globalbudget Abb. 6.7: Prognose der Wird-Werte bei traditionellem und rollierendem Forecast Budgetierungsverfahren für inputbezogene Betriebsbudgets Anwendungsfelder der Budgetierungsverfahren Sowohl bei der zielals auch bei der engpassbezogenen Budgetierung wird eine Obergrenze für die Kosten der Periode geplant, die als Restriktion in die Planung inputbezogener Budgets eingeht. Budgetierungsverfahren geben vor, wie bei der Planung inputbezogener Budgets unter Berücksichtigung der Obergrenze für die Kosten der Periode vorgegangen werden soll, um herausfordernde, aber realisierbare Planwerte zu bestimmen. Ergebnis dieser Verfahren sind vorläufige Planwerte, die anschließend unter Verwendung einer Variante der Planungssequenz abzustimmen und vom Budgetgeber zu genehmigen sind. Die Verschiedenartigkeit der Budgetobjekte in einer Unternehmung bringt es mit sich, dass eine Vielzahl von Budgetierungsverfahren vorgeschlagen worden ist. Grundlage für die Ermittlung vorläufiger Planwerte können der Output der Planperiode oder der Input vorheriger Planperioden sein. Nach dieser Ausgangsbasis werden zwei Klassen von Budgetierungsverfahren abgegrenzt, die output- und die inputbezogenen Verfahren. Outputbezogene Budgetierungsverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass bei der Ermittlung vorläufiger Planwerte für die Budgets vom <?page no="279"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 279 geplanten oder erwarteten Output der Planperiode ausgegangen wird. Bei inputbezogenen Budgetierungsverfahren bildet der bisherige Input die Grundlage für die Herleitung einer vorläufigen Plangröße. Die Eignung output- und inputbezogener Budgetierungsverfahren hängt von den Eigenschaften der Prozesse ab, die in dem durch das Budgetobjekt abgegrenzten Tätigkeitsfeld des Verantwortungsbereichs vollzogen werden (vgl. Göpfert (1993), S. 595). Zwei relevante Eigenschaften dieser Prozesse sind der Marktbezug und die Art des Prozessablaufs. Aus diesen Eigenschaften können vier Typen von Prozessen abgegrenzt werden (vgl. Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 127 ff.). Abb. 6.8 nennt für jeden Prozesstyp eine Klasse geeigneter Budgetierungsverfahren. Prozessablauf Marktbezug bekannt nicht bekannt direkte Prozesse des primären Leistungsbereichs Typ I (Produktionsbereich) flexible outputbezogene Budgetierung Typ II (Absatzbereich) outputbezogene Budgetierung Prozesse des Gemeinkostenbereichs Typ III (Beschaffung, Personalwesen, Rechnungswesen) inputbezogene Budgetierung Typ IV (Management; Forschung und Entwicklung) Ressourcenallokation Abb. 6.8: Budgetierungsverfahren für verschiedene Prozesstypen Unternehmung Primärer Leistungsbereich Sekundärer Leistungsbereich Direkter Leistungsbereich Indirekter Leistungsbereich Gemeinkostenbereich Abb. 6.9: Leistungsbereiche der Unternehmung Nach dem Marktbezug werden die Prozesse des primären und sekundären Leistungsbereichs unterschieden. Die Prozesse des primären Leistungsbereichs dienen der Leistungserstellung und -verwertung und stehen in direktem Zusammenhang mit der Marktaufgabe der Unternehmung. Nach dem Produktbezug werden diese Prozesse dem direkten oder dem indirekten Leistungsbereich zugeordnet (vgl. Abb. 6.9). Die Prozesse des direkten Leistungsbereichs haben Produktions- und Vertriebsaufgaben zum Gegenstand, wirken unmittelbar auf die Produkte ein und tragen zur Erstellung und Verwertung der Marktleistung bei. Der indirekte Leistungsbereich erbringt <?page no="280"?> 280 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Dienstleistungen für den direkten Leistungsbereich (z. B. Beschaffung, Arbeitsvorbereitung, Instandhaltung). Der sekundäre Leistungsbereich umfasst Prozesse, die keinen Bezug zur Marktaufgabe haben, d. h. die Verwaltungsprozesse der Unternehmung (vgl. Kosiol (1972), S. 75 f.). Die indirekten Prozesse des primären Leistungsbereichs sowie die Prozesse des sekundären Leistungsbereichs bilden zusammen den Gemeinkostenbereich der Unternehmung. Die Prozesse der Leistungsbereiche unterscheiden sich in der Messbarkeit ihres Outputs. Der Output direkter Prozesse des primären Leistungsbereichs kann zumindest monetär über das Marktergebnis der Produkte erfasst werden (Erlös, Ertrag). Die Prozesse des Gemeinkostenbereichs erbringen immaterielle Leistungen, die nicht auf dem Absatzmarkt verwertet werden. Ihr Output kann deshalb nicht monetär gemessen werden. Wiederholen sich diese Prozesse identisch, kann der Output über die Zahl der Prozesswiederholungen erfasst werden. Der Output neuartiger, einmaliger oder sich nicht identisch wiederholender Prozesse kann nicht quantitativ bestimmt werden. Ist der Ablauf eines Prozesses bekannt, kann der Ressourcenverbrauch für den zu erbringenden Output bestimmt werden. Bei einmaligen oder neuartigen Prozessen ist der Prozessablauf nicht bekannt. Unbekannt ist er auch bei sich wiederholenden Prozessen, sofern auch nicht beherrschbare Faktoren auf den Prozessablauf und damit auf den Ressourcenverbrauch einwirken. Ein Beispiel für einen solchen nicht beherrschbaren Faktor ist das Verhalten der Kunden in Verkaufsprozessen. Nur bei sich mehr oder weniger identisch wiederholenden Prozessen, ist der Prozessablauf bekannt. Bei Prozessen des Typs I ist der Output immer monetär und bei materiellen Leistungen auch quantitativ (Stückzahl, Gewicht, Fläche) bestimmbar. Der bekannte Prozessablauf ermöglicht es, den Ressourcenverbrauch des geplanten oder erwarteten Outputs zu ermitteln. Das ermöglicht es, mit einem outputbezogenen Budgetierungsverfahren vorläufige Planwerte für mehrere erwartbare Werte des Outputs zu bestimmen, z. B. in der Form einer Kostenfunktion. Budgets mit dieser Eigenschaft werden als flexibel bezeichnet (vgl. Göpfert (1993), Sp. 593). Sie können während des Abstimmungsprozesses ohne großen Aufwand an jede Veränderung des Outputs angepasst werden. Bei der Budgetkontrolle kann der Ist-Wert einer inputbezogenen Budgetgröße dem an den tatsächlichen Output angepassten Planwert gegenübergestellt werden. Der Ablauf von Prozessen des Typs II ist nicht bekannt. Der Input vorheriger Planperioden eignet sich damit nicht als Grundlage für die Herleitung vorläufiger Planwerte für Absatzkostenbudgets. Prozesse des Typs II zeichnen sich dadurch aus, dass der Output monetär messbar ist. Für die Herleitung der Planwerte eignen sich outputbezogene Budgetierungsverfahren. Diese sehen vor, dass für den Absatzbereich zunächst Handlungen geplant werden, mit denen der mit dem Umsatzbudget festgelegte Outcome erzielt werden kann. Aus dem Ressourcenbedarf dieser Handlungen wird schließlich ein vorläufiger Planwert für das Absatzkostenbudget hergeleitet. Durch den fehlenden Marktbezug ist der Output der Prozesse des Typs III zwar nicht monetär bestimmbar, über die Anzahl der Prozesswiederholungen kann er dennoch quantitativ erfasst werden. Der bekannte Prozessablauf ermöglicht es, den Ressourcenbedarf des geplanten oder erwarteten Outputs zu ermitteln. Vorläufige Plangrößen können damit grundsätzlich mit einem outputbezogenen Budgetierungsverfahren ermittelt werden. Prozesse des indirekten Leistungsbereichs haben jedoch keinen direkten Bezug zu den Produkten der Unternehmung. Es fehlt damit der Zusammen- <?page no="281"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 281 hang zwischen dem durch das Umsatzbudget festgelegten Outcome der Unternehmung und dem zu seiner Umsetzung erforderlichen Output der Prozesse des indirekten Leistungsbereichs. Der Output der Prozesse des Typs III kann damit zwar quantitativ erfasst werden, er kann jedoch nicht auf der Grundlage des Outcomes der Unternehmung prognostiziert oder geplant werden. Der vorläufige Planwert einer inputbezogenen Budgetgröße wird deshalb in der Regel mit einem inputbezogenen Verfahren ermittelt. Bei Prozessen des Typs IV kann der Output nicht monetär und auch nicht mit einer anderen Maßgröße bestimmt werden. Der Prozessablauf ist ebenfalls nicht bekannt. Der vorläufige Planwert einer inputbezogenen Budgetgröße kann damit weder mit einem erwarteten oder geplanten Output noch mit dem Input vorheriger Planperioden begründet werden. Festgelegt werden sie durch Entscheidungen zur Ressourcenallokation. Kennzeichnung von Budgetierungsverfahren In Abb. 6.8 wird jedem Prozesstyp eine Klasse von Budgetierungsverfahren zugeordnet. Als Verfahren für die flexible outputbezogene Budgetierung wird die flexible Plankostenrechnung betrachtet. Zur inputbezogenen Budgetierung wird der Aufbau einer Fortschreibungsbudgetierung skizziert. Abschließend werden heuristische Methoden für die Ressourcenallokation erläutert. [1] Flexible Plankostenrechnung Die Ermittlung vorläufiger Planwerte flexibler Budgets für Prozesse des Typs I industrieller Produktionsbereiche ist ein Rechnungsziel der flexiblen Plankostenrechnung auf Voll- oder Teilkostenbasis. Mit Verfahren der analytischen Kostenplanung wird der mit erwarteten Preisen bewertete Güterverbrauch geplant, der bei wirtschaftlicher Erstellung der geplanten Leistung unter den gegebenen Bedingungen anfallen würde (vgl. Friedl (2010), S. 308 f.). Die geplante Leistung ist das Produktionsprogramm der Unternehmung, d. h. die Art und Menge der von einer Unternehmung während der Planperiode herzustellenden Produkte. Es wird auf der Grundlage des Absatzprogramms und geplanter Veränderungen der Bestände an Zwischen- und Endprodukten geplant. Vorläufige Plangrößen für die Materialkosten- und Fertigungslohnkostenbudgets werden mit den im Produktionsprogramm festgelegten Produktionsmengen und den in Stücklisten und Arbeitsplänen festgelegten Produktionskoeffizienten geplant. Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht dieses Vorgehen zur Ermittlung der vorläufigen Planwerte (gekürzt und modifiziert entnommen aus Drury (2020), S. 391 ff.). Beispiel zur Berechnung vorläufiger Planwerte für das Materialkosten- und Fertigungslohnbudget Eine Unternehmung produziert aus den Materialarten X und Y die Produkte Alpha und Sigma. Alpha wird in Fertigungsstelle 1 und Sigma in Fertigungsstelle 2 produziert. Für die Budgetperiode liegen die folgenden Daten vor: Erwartete Materialpreise und Lohnsätze 1,80 €/ kg 4,00 €/ kg - Preis für Materialart X - Preis für Materialart Y - Lohnsatz 3,00 €/ Min. <?page no="282"?> 282 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Produkt Einsatzgut Produkt Alpha Produkt Sigma Produktionskoeffizient der Materialart X 10 kg/ St. 8 kg/ St. Produktionskoeffizient der Materialart Y 5 kg/ St. 9 kg/ St. Produktionskoeffizient der Arbeitskraft 10 Min./ St. 15 Min./ St. Produktionskoeffizienten (Materialmenge/ Fertigungszeit für eine Produkteinheit) Produktionsmengen und Lagerbestände Materialbestände Die Produktionsmengen im Produktionsprogramm bilden zusammen mit dem Plan für die Lagerbestände die Grundlage für die Planung des Materialkostenbudgets. Zu seiner Bestimmung ist zunächst der Brutto-Materialbedarf zu ermitteln, der sich als Produkt aus Produktionskoeffizienten für die Materialkosten und geplanten Produktionsmengen ergibt. Materialart Bestände Materialart X Materialart Y Anfangsbestand 8.500 kg 8.000 kg Endbestand 10.200 kg 1.700 kg Produkt Daten Produkt Alpha Produkt Sigma Absatzmengen 8.500 St. 1.600 St. geplanter Endbestand 1.870 St. 90 St. Anfangsbestand 170 St. 85 St. Produktionsmengen 10.200 St. 1.605 St. Kostenstelle Material Fertigungsstelle 1 (Alpha) Fertigungsstelle 2 (Sigma) Summe Bruttobedarf der Materialart X 102.000 kg 12.840 kg 114.840 kg Bruttobedarf der Materialart Y 51.000 kg 14.445 kg 65.445 kg <?page no="283"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 283 Materialart X Materialart Y Brutto-Materialbedarf 114.840 kg 65.445 kg + geplanter Materialendbestand 10.200 kg 1.700 kg − geplanter Materialanfangsbestand 8.500 kg 8.000 kg = Netto-Materialbedarf 116.540 kg 59.145 kg × Stückpreis 1,80 €/ kg 4,00 €/ kg = Beschaffungswert 209.772 € 236.580 € Budgetvorgabe 446.352 € Fertigungsstelle 1 Fertigungsstelle 2 Produktionsmenge 10.200 St. 1.605 St. × Produktionskoeffizient der Arbeitskraft 10 Min./ St. 15 Min./ St. = Fertigungszeit 102.000 Min. 24.075 Min. × Lohnsatz 3,00 €/ Min. 3,00 €/ Min. = Lohnkosten 306.000 € 72.225 € Budgetvorgabe 378.225 € Für das Materialkostenbudget ergibt sich damit: Für das Fertigungslohnbudget ist aus den Produktionsmengen und den Produktionskoeffizienten für die Arbeitskraft die für die Fertigung des Produktionsprogramms erforderliche Fertigungszeit zu ermitteln und anschließend mit den Lohnsätzen zu bewerten. Vorläufige Planwerte für die Ermittlung flexibler Fertigungsgemeinkostenbudgets können den Kostenplänen für die Fertigungskostenstellen entnommen werden. Sie enthalten zum einen Angaben zu dem für die Planbeschäftigung geplanten Verbrauch und den erwarteten Preisen der Einsatzgüter. Aus diesen Werten werden die nach Kostenarten gegliederten Plangemeinkosten der Fertigungsstelle während der Planperiode ermittelt. Die Kostenpläne einer flexiblen Plankostenrechnung weisen die fixen und variablen Plangemeinkosten der Kostenstellen in der Regel getrennt aus. Weitere Angaben sind die der Planung zugrunde liegende Planbeschäftigung sowie der Plankostenverrechnungssatz für die variablen Kosten. Abb. 6.10 zeigt verkürzte Kostenpläne der beiden Fertigungsstellen für das Beispiel zur Berechnung vorläufiger Planwerte für das Materialkosten- und Fertigungslohnbudget. <?page no="284"?> 284 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Planperiode: Fertigungsstelle 1 Kostenarten Plangemeinkosten Gesamtkosten variable Kosten fixe Kosten Hilfslöhne und Gehälter 55.600 € 30.600 € 25.000 € Energie 25.300 € 15.300 € 10.000 € Instandhaltung 16.500 € 5.100 € 11.400 € Abschreibung 25.000 € − 25.000 € Summe 122.400 € 51.000 € 71.400 € Planbeschäftigung: 102.000 Fertigungsminuten Plankostenverrechnungssatz für die variablen Kosten: 0,50 €/ Min. Planperiode: Fertigungsstelle 2 Kostenarten Plangemeinkosten Gesamtkosten variable Kosten fixe Kosten Hilfslöhne und Gehälter 17.222,50 € 7.222,50 € 10.000 € Energie 2.907,50 € 2.407,50 € 500 € Instandhaltung 3.206,50 € 2.407,50 € 799 € Abschreibung 20.000,00 € − 20.000 € Summe 43.336,50 € 12.037,50 € 31.299 € Planbeschäftigung: 24.075 Fertigungsminuten Plankostenverrechnungssatz für die variablen Kosten: 0,50 €/ Min. Abb. 6.10: Kostenpläne zum Beispiel Die Beschäftigung einer Kostenstelle ist ihre quantitativ erfasste Ausbringung. Quantifiziert wird die Beschäftigung mit einer Bezugsgröße. Beispiele für Bezugsgrößen sind die Fertigungszeit, Längen-, Flächen- und Kubikmaße in der Produktion, die Anzahl der Bestellungen in der Beschaffung und die Anzahl der Buchungen in der Buchhaltung (vgl. Friedl (2010), S. 136 ff.). In Abb. 6.10 wird die Beschäftigung über die Fertigungszeit erfasst. Die Planbeschäftigung der Fertigungsstelle wird aus den Produktionsmengen und den Produktionskoeffizienten der Arbeitskräfte ermittelt. Der Plankostenverrechnungssatz wird als Quotient aus den variablen Plangemeinkosten und der Planbeschäftigung ermittelt und gibt die variablen Plangemeinkosten der Fertigungsstelle pro Fertigungsminute an. Mit dem Plankostenverrechnungssatz und den fixen Plankosten können die Kostenfunktionen der Fertigungsstellen ermittelt werden. Sie geben die Plankosten der Periode in Abhängigkeit der über die Fertigungszeit erfassten Planbeschäftigung an, wobei i x für die Planbeschäftigung der Fertigungsstelle i steht. Fertigungsstelle 1: = ⋅ + 1 1 K 0, 5 x 71.400 Fertigungsstelle 2: 2 2 K 0, 5 x 31.299 = ⋅ + <?page no="285"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 285 Mit diesen Kostenfunktionen können im Abstimmungsprozess die Planwerte des Fertigungsgemeinkostenbudgets für jede Änderung des Umsatzbudgets ohne großen Aufwand berechnet werden. [2] Fortschreibungsbudgetierung für die inputbezogene Budgetierung Inputbezogene Budgetierungsverfahren zur Herleitung vorläufiger Planwerte für Budgets der Prozesse des Typs III sind die Verfahren der Fortschreibungsbudgetierung. Bei diesen Verfahren wird zur Ermittlung der Planwerte vom Plan- oder vom Ist-Wert der Budgetgröße der Vorperiode oder einem Durchschnittswert der Plan- oder Ist-Werte mehrerer Vorperioden ausgegangen. Dieser Wert der Budgetgröße wird anschließend an Veränderungen der Umwelt- (z. B. Konjunktur-, Preis- und Lohnentwicklung) und der Unternehmungsbedingungen (z. B. Anforderungen des langfristigen Unternehmungsplans, Rationalisierungsmaßnahmen) angepasst. Geplant wird bei der Fortschreibungsbudgetierung nur die Veränderung gegenüber der Vorperiode. Plan- und Ist-Werte der Vorperioden werden keiner Analyse unterzogen (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 448). Für eine differenzierte Ermittlung eines vorläufigen Planwerts kann das Gesamtbudget des Verantwortungsbereichs in mehrere Teilbudgets differenziert werden. Jedes dieser Teilbudgets wird unabhängig von den anderen fortgeschrieben. Vorgeschlagen wird u. a. die Differenzierung des Gesamtbudgets in ein Grund-, ein Maßnahmen- und ein Anpassungsbudget zu gliedern. Das Grundbudget umfasst die Kosten für Handlungen, die zur Aufrechterhaltung eines geordneten Geschäftsbetriebs erforderlich und damit nicht abbaubar sind. Die Kosten für Handlungen, die über dieses Mindestniveau hinausgehen, bilden das Maßnahmenbudget. Für diese Maßnahmen sind neben den Kosten auch die angestrebten Ziele anzugeben. Anders als das Grundbudget steht dieses Budget zur Disposition. Veränderungen des Grundbudgets und des Maßnahmenbudgets gegenüber den Werten aus den Vorjahren sind im Anpassungsbudget zusammenzufassen und zu begründen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 142). Die Werte der Budgetgrößen in den Vorperioden und damit der für diese Planperioden bewilligte oder realisierte Einsatz von Ressourcen gelten bei der Fortschreibungsbudgetierung als genehmigt. Sie müssen nicht begründet werden und werden auch nicht näher analysiert. Ineffizienzen in den Verantwortungsbereichen können nicht erkannt werden. Der durch diese Ineffizienzen verursachte Mehrverbrauch an Ressourcen wird für jede Planperiode erneut bewilligt. Neben einer ineffizienten Leistungserstellung und -verwertung in den Verantwortungsbereichen begünstigt die Fortschreibungsbudgetierung zudem dysfunktionales Arbeitsverhalten. Die Orientierung an Werten der Budgetgrößen vergangener Planperioden kann ein Anlass für Etatdenken der Bereichsleiter sein. Budgetreserven können u. a. aufgebaut werden, indem Bereichsleiter nicht oder unvollständig über Mittel berichten, die nach dem Abbau von Ineffizienzen oder Veränderungen ihres Leistungsprogramms nicht länger benötigt werden. Zudem besteht bei der Fortschreibungsbudgetierung die Gefahr von Empire Building. Sie folgt daraus, dass der Output nicht näher untersucht wird. Zudem lässt sich der Output der Prozesse des Typs III durch den fehlenden Marktbezug nicht mit der Marktnachfrage begründen. <?page no="286"?> 286 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets [3] Heuristische Methoden für die Ressourcenallokation Im Kern ist das Erstellen von Budgets für Prozesse des Typs IV eine Ressourcenallokationsaufgabe. Für spezifische Allokationsprobleme sind analytische Ansätze entwickelt worden, z. B. für die Planung von Werbebudgets und FuE-Budgets. Diese Ansätze führen zu optimalen Lösungen, stellen jedoch hohe Anforderungen an die Erfassung, Aufbereitung und Auswertung von Daten und die Qualifikation der Mitarbeiter. In der Unternehmungspraxis gelangen deshalb vor allem heuristische Methoden für die Ressourcenallokation zur Anwendung. Sie basieren auf Plausibilitätsüberlegungen oder Erfahrungen in der Vergangenheit. Sie verursachen nur einen geringen Aufwand, führen jedoch bestenfalls zu zufriedenstellenden Lösungen (vgl. Reinecke/ Janz (2007), S. 130 f.). Bekannte Heuristiken für die Erstellung von Werbe- und FuE-Budgets sind (vgl. Homburg (2020), S. 833 f.; Corsten u. a. (2016), S. 323 ff.): die Prozentmethode, die Restwertmethode, die Wettbewerbermethode, die kapazitätsorientierte Methode und die Ziel-Mittel-Methode. Die Prozentmethode sieht vor, den vorläufigen Planwert der Budgetgröße als prozentualen Anteil am Umsatz oder Gewinn der Vorperiode oder an einem gleitenden Durchschnitt einer dieser Größen während eines längeren Zeitraums zu bestimmen. Bei Anwendung der Restwertmethode ergibt sich der vorläufige Planwert als Residualwert nach Abzug der vorläufigen Planwerte aller anderen inputbezogenen Budgets von der ermittelten Obergrenze für die Kosten der Planperiode. Das kennzeichnende Merkmal der Wettbewerbermethode ist die Orientierung am Aufwand der Wettbewerber für das Budgetobjekt. Der vorläufige Planwert kann am Aufwand eines einzelnen Wettbewerbers, einer Gruppe von Wettbewerbern oder an einem Branchendurchschnitt ausgerichtet werden. Insbesondere bei der Prozent- und der Restwertmethode kann der vorläufige Planwert der Budgetgröße mehrerer aufeinanderfolgender Perioden mehr oder weniger stark schwanken. Um die Kapazitäten des betroffenen Verantwortungsbereichs nicht regelmäßig an veränderte Budgets anpassen zu müssen, können diese Methoden mit der kapazitätsorientierten Methode kombiniert werden. Nach dieser Methode wird der vorläufige Planwert der Budgetgröße in einer Höhe festgelegt, die den Fortbestand der personellen, materiellen und sonstigen Kapazitäten im Verantwortungsbereich sichert. Sie kann als eine Variante der Fortschreibungsbudgetierung verstanden werden. Die erläuterten Methoden orientierten sich bei der Erstellung der Budgets für die Planperiode vor allem an den Handlungen vergangener Perioden und ihren finanziellen Konsequenzen. Mit den durch Budgets bewilligten Mitteln soll der langfristige Unternehmungsplan umgesetzt werden. Die Anforderungen, die dieser Plan an einen Verantwortungsbereich stellt, finden nur bei der Ziel-Mittel-Methode Berücksichtigung. Bei dieser Methode werden zunächst Handlungen geplant, die im Verantwortungsbereich zur Erreichung der Periodenziele ausgeführt werden sollen. Zur Herleitung des vorläufigen Planwerts der Budgetgröße wird unter Berücksichtigung der im Verantwortungsbereich vorhandenen Kapazitäten der Mittelbedarf zur Ausführung dieser Handlungen prognostiziert. <?page no="287"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 287 Verfahren zur Planung von Kostensenkungsvorgaben Allgemein kann unter Ineffizienzen ein Ressourcenmehrverbrauch für ein vorgegebenes Arbeitsergebnis verstanden werden, d. h., ein Ressourcenverbrauch, der ohne Einschränkung des Arbeitsergebnisses abgebaut werden kann. Aus der internen Perspektive ist das Arbeitsergebnis die Leistung einer Stelle, eines Bereichs oder der Unternehmung. Wird das Arbeitsergebnis aus einer externen Perspektive betrachtet, handelt es sich um den Nutzen dieser Leistung für den Kunden. Ineffizienzen können in der Ausführung des Leistungserstellungs- und -verwertungsprozesses, in den strukturellen Rahmenbedingungen der Unternehmung oder im Kundennutzen der Leistung begründet sein (vgl. Friedl (2019), S. 16 ff.). Beispiele für Ineffizienzen Ausführungsbedingte Ineffizienzen: Ausschuss, Nacharbeit, geringe Produktionsgeschwindigkeit, Fehler bei der Verfahrenswahl Strukturbedingte Ineffizienzen: veraltete Maschinen, fehlendes Kostenbewusstsein der Mitarbeiter, Engpässe Kundenbedingte Ineffizienzen: Produkte mit einer höheren als der von den Kunden gewünschten Funktionalität und Qualität (Overengineering), quantitative Überproduktion, Rüst- und innerbetriebliche Transportprozesse Das Entstehen von Ineffizienzen wird durch die Fortschreibungsbudgetierung begünstigt und kann auch durch Budgets mit den Planwerten einer flexiblen Plankostenrechnung nicht verhindert werden. Planwerte einer flexiblen Plankostenrechnung werden unter der Annahme der wirtschaftlichen Erstellung einer vorgegebenen Leistung unter den gegebenen strukturellen Rahmenbedingungen geplant. Das Ausmaß ausführungsbedingter Ineffizienzen ist jedoch kaum vollständig bekannt (vgl. Friedl (2019), S. 20). Die Kosten, die für die angenommene wirtschaftliche Leistungserstellung geplant werden, schließen damit regelmäßig auch einen Mehrverbrauch durch ausführungsbedingte Ineffizienzen ein. Bei der Kostenplanung wird von den gegebenen Produkten, Prozessen und Potenzialen ausgegangen, die nicht auf Ineffizienzen analysiert werden. Die mit einer flexiblen Plankostenrechnung ermittelten Planwerte der Budgetgrößen umfassen damit den durch struktur- und kundenbedingte Ineffizienzen verursachten Ressourcenmehrverbrauch. Aus den im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Unternehmungszielen kann für die Planperiode ein Wirtschaftlichkeitsziel hergeleitet werden. Es definiert den Beitrag, der in der Planperiode zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele durch den Abbau von Ineffizienzen erzielt werden soll. Wird erwartet, dass die Summe der vorläufigen Planwerte inputbezogener Budgets die über das Umsatzbudget bestimmte Kostenobergrenze überschreitet, tritt neben dieses strategische auch ein operatives Wirtschaftlichkeitsziel. Es gibt das Ausmaß der Kostensenkung vor, das bei dem durch das Umsatzbudget vorgegebenen Leistungsprogramm erforderlich ist, um die Unternehmungsziele der Periode erreichen zu können. Um die Erreichung des strategischen und operativen Wirtschaftlichkeitsziels zu gewährleisten, sind die Planwerte der inputbezogenen Budgets um eine Kostensenkungsvorgabe zu verringern. Das setzt die Planung herausfordernder, aber realisierbarer Vorgaben für die Kostensenkung in den Verantwortungsbereichen voraus. Die vorläufigen Planwerte der inputbezogenen Budgets werden anschließend um die ermittelten Kostensenkungsvorgaben reduziert. <?page no="288"?> 288 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Für die Planung von Vorgaben zur Kostensenkung stehen folgende Ansätze zur Verfügung (vgl. Atkinson (2002), Sp. 1380 f.): Theoriebasierter Ansatz Theorien, die zur Planung von Vorgaben zur Kostensenkung herangezogen werden, sind vor allem das Lernkurven- und das Erfahrungskurvenkonzept (vgl. Coenenberg (1970), S. 114 f.; Betz (1995), S. 613 ff.). Bei Anwendung des Erfahrungskurvenkonzepts zur Planung von Vorgaben zur Kostensenkung wird aus der Lernrate, der kumulierten Produktionsmenge zu Beginn des Planungszeitraums und den jährlichen Produktionsmengen im Planungszeitraum die zu erzielende durchschnittliche jährliche Kostensenkungsrate zur Realisation des Erfahrungskurveneffekts berechnet. Mit der theoriebasierten Planung wird nur die bisherige Kostenentwicklung fortgeschrieben. Theoriebasierte Vorgaben sind deshalb zwar realisierbar, aber nicht herausfordernd. Unternehmungsorientierter Ansatz Bei der unternehmungsorientierten Planung werden die Vorgaben aus vermuteten Ineffizienzen hergeleitet. Für die Schätzung des Umfangs der Ineffizienzen werden zwei Vorgehensweisen vorgeschlagen, die systematische Suche nach Ineffizienzen sowie die Auswertung von Erfahrungen. Der mit den Vorgaben geforderte Beitrag zur Erreichung der Wirtschaftlichkeitsziele wird durch den Umfang der identifizierten Ineffizienzen bestimmt. Die Vorgaben sind realisierbar, aber gehen nicht über das bisher erreichte Niveau hinaus und sind damit nicht herausfordernd. Verhandlungsorientierter Ansatz Der verhandlungsorientierte Ansatz sieht vor, dass die Vorgaben zwischen Unternehmungsleitung und den Bereichsleitern ausgehandelt werden. Dieser Ansatz beruht auf der Annahme, dass die Unternehmungsleitung in den Verhandlungen die Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsziels vertritt und die Bereichsleiter Kenntnisse über abbaubare Ineffizienzen einbringen. Er kann deshalb grundsätzlich zu realisierbaren Vorgaben mit einem herausfordernden Niveau führen. Wettbewerberorientierter Ansatz Merkmal der wettbewerberorientierten Planung von Vorgaben zur Kostensenkung ist die Erfassung und Auswertung von Kosten- und Leistungsinformationen über andere Unternehmungsbereiche (z. B. Filialen, Funktionsbereiche anderer Profit Center) oder andere Unternehmungen. Die nach diesem Ansatz geplanten Vorgaben sind realisierbar. Ob ihr Niveau herausfordernd ist, hängt von dem Kosten- und Leistungsniveau beim Vergleichspartner ab. Marktorientierter Ansatz Grundlage der Planung nach dem marktorientierten Ansatz ist das Marktergebnis, das mit einer definierten Leistung erzielt werden kann. Aus diesem Marktergebnis und dem mit der Leistung angestrebten Beitrag zum finanziellen Unternehmungsziel wird die Vorgabe für den Mitteleinsatz hergeleitet. Bei der Planung der Vorgaben werden keine Informationen über den Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess ausgewertet. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorgaben realisierbar sind. <?page no="289"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 289 Die Verfahren zur Planung von Kostensenkungsvorgaben zum Zweck der Budgetierung können in die Klasse der ausführungsbezogenen und der strukturbezogenen Verfahren gegliedert werden (in Anlehnung an Anderson (2007), S. 484). Zweck der ausführungsbezogenen Verfahren ist die Planung von Kostensenkungsvorgaben, die durch den Abbau ausführungsbedingter Ineffizienzen realisiert werden können. Sie werden periodisch, parallel zum Budgetierungsprozess eingesetzt. Die vorläufigen Planwerte der Budgetgrößen werden um die mit diesen Verfahren ermittelten Kostensenkungsvorgaben gekürzt. Mit strukturbezogenen Verfahren sollen struktur- und kundenbedingte Ineffizienzen identifiziert und Handlungen zum Abbau dieser Ineffizienzen durch Veränderungen der Produkte, Prozesse oder Potenziale erarbeitet werden. Der Zeitraum für die Durchführung der geplanten Handlungen und die Realisation der Kostensenkungen kann sich über mehrere Planperioden erstrecken. Eine mit diesen Verfahren geplante Kostensenkungsvorgabe muss entsprechend auf mehrere Planperioden verteilt werden. Strukturbedingte Verfahren werden nicht periodisch angewendet. Erst nachdem sich durch Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen erneut struktur- oder kundenbedingte Ineffizienzen gebildet haben, wird erneut eine Analyse mit einem strukturbezogenen Verfahren durchgeführt. Bekannte Verfahren zur Unterstützung der Planung von Kostensenkungsvorgaben für die Budgetierung sind das Kaizen Costing, das Benchmarking, die wertanalytischen Verfahren und das Zero-Base-Budgeting. Für jedes dieser Verfahren sind mehrere Varianten vorgeschlagen worden. Im Folgenden wird nur die Grundidee jedes dieser Verfahren gekennzeichnet (zu einer ausführlichen Darstellung vgl. z. B. Friedl (2019), S. 91 ff., 152 ff., 308 ff.). [1] Kaizen Costing Beim Kaizen Costing handelt es sich um ein ausführungsbezogenes Verfahren zur Planung von Kostensenkungsvorgaben für die kontinuierliche Verbesserung (vgl. Monden/ Lee (2000), S. 230). Die kontinuierliche Verbesserung ist ein stetiger, von allen Führungskräften und Mitarbeitern getragener Prozess der Erarbeitung und Realisation kleiner, unzusammenhängender Verbesserungen der Leistungserbringung zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele der Periode. Mit Kostensenkungsvorgaben für die Verantwortungsbereiche sollen Bereichsleiter und Mitarbeiter zur aktiven Mitwirkung an Verbesserungsaktivitäten angehalten und damit die Realisation der finanziellen Unternehmungsziele der Planperiode gesichert werden (vgl. Monden (1999), S. 333 f.). Das Verfahren kombiniert den marktorientierten mit dem verhandlungsorientierten Ansatz zur Planung von Kostensenkungsvorgaben und eignet sich für Prozesse des Typs I und III. Mit dem marktorientierten Ansatz wird die in der Unternehmung zur Erreichung des finanziellen Unternehmungsziels der Planperiode erforderliche Kostensenkung ermittelt. Bestimmt wird sie als Differenz zwischen der ermittelten Obergrenze der Kosten der Periode und der Summe der vorläufigen Planwerte der Budgetgrößen aller Verantwortungsbereiche. In einem komplexen, langwierigen und auf Konsens bedachten Prozess werden für die Verantwortungsbereiche auf allen Hierarchieebenen der Unternehmung Kostensenkungsvorgaben ausgehandelt, deren Summe die erforderliche Kostensenkung ergibt. Die Planwerte in den Budgets dieser Verantwortungsbereiche werden um die ermittelte Kostensenkungsvorgabe verringert. <?page no="290"?> 290 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets [2] Benchmarking Das Benchmarking ist ein strukturbezogenes Verfahren, das auf dem wettbewerberorientierten Ansatz zur Planung von Kostensenkungsvorgaben beruht. Eingesetzt werden kann es für Prozesse des Typs I und III. Die Grundidee des Benchmarking ist es, einen Bezugspunkt für die Beurteilung der eigenen Effizienz durch den Vergleich mit einem Leistungsführer zu schaffen. Als Leistungsführer kann die beste Organisationseinheit innerhalb der Unternehmung, der beste Wettbewerber, der Beste in der Branche oder der Weltbeste sein. Der Leistungsführer muss nicht aus der eigenen Branche kommen. Gerade ein Vergleich mit Leistungsführern anderer Branchen kann vollständig neue Erkenntnisse liefern, da sie bereits Lösungen installiert haben können, die in der eigenen Branche erst diskutiert werden. Beim Benchmarking sollen durch einen Leistungsvergleich die für die finanziellen Unternehmungsziele relevanten Kosten- und Leistungsunterschiede und ihre Ursachen quantifiziert werden. Zur Messung der Kosten- und Leistungsunterschiede und der auf sie wirkenden Einflussfaktoren werden Leistungsindikatoren und Treiberindikatoren definiert. Leistungsindikatoren sind Kennzahlen zur Erfassung von quantitativen, qualitativen und zeitlichen Merkmalen der Ausbringung und des Mitteleinsatzes, die für die Steigerung der Wirtschaftlichkeit von hervorgehobener Bedeutung sind. Kennzahlen zur Abbildung der Faktoren mit ausgeprägtem Einfluss auf diese Merkmale sind Treiberindikatoren. Es werden Daten erhoben, um die Werte der Leistungs- und Treiberindikatoren für die Unternehmung und den Vergleichspartner zu ermitteln. Die Werte der Leistungsindikatoren der Unternehmung werden denen des Vergleichspartners gegenübergestellt, um bestehende Kosten- oder Leistungslücken zu identifizieren. Zur Analyse der Ursachen der Kosten- und Leistungslücken werden zum einen die Treiberindikatoren verglichen und zum anderen Einflussfaktoren identifiziert, die das Vergleichsergebnis verfälschen könnten. Diese Faktoren können in unterschiedlichen Brancheninhalten, Fertigungstiefen, Marktbedingungen, Kostensituationen oder in länderspezifischen Unterschieden begründet sein. Auf der Grundlage der festgestellten Kosten- und Leistungslücken sowie der identifizierten Ursachen dieser Lücken werden Kostensenkungsvorgaben für die betroffenen Verantwortungsbereiche erarbeitet. [3] Wertanalytische Verfahren Wertanalytische Verfahren sind für Prozesse des Typs III vorgeschlagen worden. Das bekannteste Verfahren ist die Gemeinkostenwertanalyse. Es ist ein strukturbezogenes Verfahren, mit dem die Kostensenkungsvorgabe nach dem unternehmungsbezogenen Ansatz ermittelt wird. Ziel der Gemeinkostenwertanalyse ist eine deutliche Kostensenkung in den betrachteten Verantwortungsbereichen. Erreicht werden soll dieses Ziel zum einen durch den Abbau unnötiger oder überflüssiger Leistungen der Verantwortungsbereiche und zum anderen durch die Erhöhung der Effizienz bei der Erstellung unverzichtbarer Leistungen. Nach Abschluss einer Gemeinkostenwertanalyse sollen nur noch die Leistungen erstellt werden, die unbedingt notwendig sind, und zwar so gut wie nötig und so kostengünstig wie möglich. Bei der Durchführung einer Gemeinkostenwertanalyse werden die Leistungen eines Verantwortungsbereichs erfasst und vom Leistungsersteller zusammen mit dem Leistungsempfänger einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Für Leistungen mit einem ungünstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnis werden Maßnahmen zum Leistungsabbau oder zur Steigerung der Effizienz der Leistungserstellung erarbeitet. Um die <?page no="291"?> 6.2 Verfahrensregeln im Budgetierungssystem 291 Mitarbeiter zu motivieren, eine große Zahl von Einsparungsideen zu generieren, wird allen Verantwortungsbereichen das sehr anspruchsvolle Kostensenkungsziel von 40 % der Gesamtkosten vorgegeben. Diese Vorgabe soll bewirken, dass die Suche nach Einsparungsideen nicht vorschnell abgebrochen wird, als unantastbar angesehene Leistungen hinterfragt und auch unkonventionelle Einsparungsideen entwickelt werden. Bewertet werden die Einsparungsideen nicht von den Arbeitsgruppen, die sie erarbeitet haben, sondern von einem Analyseteam. Arbeitsgruppen und Analyseteams erarbeiteten aus den positiv bewerteten Einsparungsideen Kostensenkungsmaßnahmen. Über die Maßnahmen, die realisiert werden sollen, entscheidet die Unternehmungsleitung. Auf der Grundlage der von der Unternehmungsleitung genehmigten Kostensenkungsmaßnahmen werden die vorläufigen Planwerte der Budgetgrößen aller betroffenen Verantwortungsbereiche angepasst. [4] Zero-Base-Budgeting Das Zero-Base-Budgeting ist ebenfalls ein strukturbezogenes Verfahren, das auf dem unternehmungsbezogenen Ansatz basiert. Für die Analyse wird jeder Verantwortungsbereich in Entscheidungseinheiten gegliedert. Das sind inhaltlich zusammenhängende Verrichtungen und können als Leistungen des Verantwortungsbereichs interpretiert werden. Beispiele für Entscheidungseinheiten einer Abteilung für Qualitätsprüfung sind „Wareneingangsprüfung“, „Lager-Materialprüfung“, „Stichprobenprüfung der bereitgestellten Montageteile“ und „Funktionsprüfung der Bauteile“ (vgl. Troßmann (2018), S. 216). Für jede Entscheidungseinheit wird nicht nur das aktuelle Leistungsniveau betrachtet, es werden in der Regel folgende Leistungsniveaus in die Analyse einbezogen: Leistungsniveau 1: Es handelt sich um das Minimalniveau, das zur Erhaltung eines geordneten Geschäftsbetriebs zwingend notwendig ist. Leistungsniveau 2: Dieses gibt das gegenwärtige Leistungsniveau wieder. Leistungsniveau 3: Es stellt das Leistungsniveau dar, das für die Erreichung der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten Unternehmungsziele wünschenswert ist. Abb. 6.11 zeigt ein Beispiel für die Leistungsniveaus der Entscheidungseinheit „Wareneingangsprüfung“ in der Abteilung für Qualitätsprüfung (vgl. Troßmann (2018), S. 217). Für jede Entscheidungseinheit wird für jedes Leistungsniveau ein Entscheidungspaket definiert, das u. a. Angaben zu den Aufgaben der Entscheidungseinheit beim jeweiligen Leistungsniveau, dem wirtschaftlichsten Verfahren zur Leistungserbringung, den Konsequenzen einer Ablehnung des Entscheidungspakets sowie den zur Durchführung des Entscheidungspakets einmalig und laufend erforderlichen Mitteln enthält. LN Verrichtungen der Wareneingangsprüfung 1 Sichtprüfung auf äußere Beschädigungen Beschädigung der Trägerpaletten Verletzung der äußeren Schrumpffolie Knautsch- und Quetschstellen der Paketverpackung Risse, Kratzer, farbliche Veränderungen Feuchtigkeitsschäden (Feuchtstellen, Trockenschäden), … <?page no="292"?> 292 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets 2 Zusätzlich zu Leistungsniveau 1: Sichtprüfung aller Pakete an den Palettenkanten auf Unversehrtheit im Zweifelsfall: Öffnen von Gebinden und ggf. Einzelpaketen genauere Prüfung der identifizierten Einzelpakete mit nicht einwandfreier Verpackung in jedem Fall genauere Prüfung von mindestens jeweils einem Einzelpaket aus drei verschiedenen Paletten auf Unversehrtheit, … 3 Zusätzlich zu Leistungsniveau 2: allgemeine Unversehrtheitsprüfung der ohnehin zur Mengenprüfung herausgegriffenen Einzelpakete in jedem Fall Unversehrtheitsprüfung von mindestens jeweils einem Einzelpaket aus jeder dritten Palette, zufällig ausgewählt aus Gebinden an den Palettenkanten Temperatur- und Feuchtigkeitsprüfung durch Fernmessstab im Inneren von mindestens drei Paletten im Verdachtsfall: genauere Prüfung von Einzelpaketen aus dem Inneren einer Palette, … Abb. 6.11: Leistungsniveaus (LN) der Entscheidungseinheit „Wareneingangsprüfung“ In einem mehrstufigen, partizipativen Prozess wird die Priorität aller Entscheidungspakete der Verantwortungsbereiche bestimmt. Entscheidungspakete einer Entscheidungseinheit mit einem niedrigeren Leistungsniveau haben im Vergleich zu den Entscheidungspaketen der gleichen Entscheidungseinheit mit einem höheren Leistungsniveau stets eine höhere Priorität. Das Ergebnis dieses Prozesses ist eine Rangordnung der Entscheidungspakete. In diese Rangordnung wird in Höhe der Kostenobergrenze der Periode der Budgetschnitt eingefügt. Er trennt die zu realisierenden Entscheidungspakte von denen, die nicht realisiert werden können. Liegt nur das Leistungsniveau 1 einer Entscheidungseinheit über dem Budgetschnitt, werden künftig eine Reihe von Verrichtungen nicht mehr ausgeführt und der vorläufige Planwert der Budgetgröße entsprechend reduziert. Liegt auch das Leistungsniveau 2 über dem Budgetschnitt, werden alle Verrichtungen wie bisher ausgeführt. Sofern auch das Leistungsniveau 3 über dem Budgetschnitt liegt, sollen künftig zusätzlich auch die für die Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans wünschenswerten Verrichtungen ausgeführt werden. Der vorläufige Planwert der Budgetgröße wird um die für das erhöhte Leistungsniveau erforderlichen Mittel erhöht. Die Ergebnisse des Zero-Base-Budgeting zeigen damit, wie die Obergrenze der Kosten der Periode zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans auf die Verantwortungsbereiche zu verteilen ist. <?page no="293"?> 6.3 Weiterentwicklung der traditionellen Budgetierung 293 Weiterentwicklung der traditionellen Budgetierung Kritik an der traditionellen Budgetierung Insbesondere während der 1990er Jahre ist die Budgetierung in Wissenschaft und Unternehmungspraxis kritisch diskutiert und ihre Zukunft hinterfragt worden (vgl. z. B. Hansen/ Otley/ van der Stede (2003), S. 95; Horváth (2003), S. 4). Gegenstand der Kritik war die sogenannte traditionelle Budgetierung, die in den 1920er Jahren, zur Beeinflussung des Arbeitsverhaltens der Manager und zur Bemessung von Belohnungen eingeführt worden ist. Gestaltet worden ist sie für eine Unternehmungs- und Umweltsituation des Industriezeitalters, die durch Stabilität, Planbarkeit und das Menschenbild nach der Theorie X gekennzeichnet ist (vgl. Bogsnes (2016), S. 5, 63). Die Theorie X beschreibt die in Unternehmungen arbeitenden Menschen u. a. als mit wenig Ehrgeiz ausgestattet und nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen. Sie streben nach Sicherheit und möchten geführt werden (vgl. McGregor (1986), S. 27 f.). Nach dem Konzept der traditionellen Budgetierung wird von der Unternehmungsleitung zunächst eine Mission festgelegt. Auf der Grundlage des in der Mission festgelegten Unternehmungsauftrags werden in der strategischen Planung die strategische Stoßrichtung und die Unternehmungsziele festgelegt. Der strategische Plan bildet den Rahmen für den Budgetierungsprozess, der iterativ durchgeführt wird. Nach Genehmigung der Budgets werden von den Bereichsleitern regelmäßig Berichte eingefordert, um die Erreichung und Einhaltung der Budgets zu kontrollieren. Treten Abweichungen auf, werden neue Weisungen erteilt. Belohnungen werden für das Erreichen der im Budget festgelegten Planwerte bemessen (vgl. Fraser/ Hope (2001), S. 438). Mit der traditionellen Budgetierung werden die Bereichsleiter damit in einer sehr straffen Form gesteuert. Die Annahmen, die dem Konzept der traditionellen Budgetierung zugrunde liegen, treffen im Informationszeitalter nicht mehr zu. Die Unternehmungsumwelt weist die in Abb. 6.12 genannten Eigenschaften auf, die mit dem Akronym „VUCA“ bezeichnet werden (vgl. Bennet/ Lemoine (2014a), S. 2 ff., (2014b), S. 27). Zudem ist vom Menschenbild nach der Theorie Y auszugehen. Nach dieser Theorie verfügen Mitarbeiter über das für die Aufgabenerfüllung notwendige Maß an Selbstkontrolle und Eigeninitiative, so dass auf Kontrollen verzichtet werden kann. Sie besitzen Einfallsreichtum und die Kreativität, um Probleme der Unternehmung zu lösen, und streben danach, Verantwortung zu übernehmen (vgl. McGregor (1986), S. 36 f.). Eigenschaft Erläuterung Beispiel Volatility Volatilität, Unbeständigkeit Relativ unbeständiger Wandel; Informationen sind verfügbar und die Situation ist verständlich, aber Veränderungen sind häufig oder gelegentlich unvorhersehbar Preisschwankungen nach einem krisenbedingten (Naturkatastrophen, Pandemien) Ausfall von Lieferanten Uncertainty Unsicherheit Ursachen und Wirkungen werden verstanden, aber es ist nicht bekannt, ob ein Ereignis relevante Veränderungen bewirken wird Auswirkungen der bevorstehenden Produkteinführung eines Wettbewerbers auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung <?page no="294"?> 294 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Complexity Komplexität Viele miteinander verbundene Teile, die ein kompliziertes Netz aus Informationen und Prozessen bilden; oft vielgestaltig und verworren, aber nicht unbedingt mit Veränderungen verbunden Vielzahl von Märkten mit Unterschieden in den rechtlichen Grundlagen, Zolltarifen und kulturellen Werten Ambiguity Mehrdeutigkeit Ursache und Wirkung werden nicht verstanden und es gibt keinen Präzedenzfall für Vorhersagen darüber, was zu erwarten ist Eintritt in neue oder aufstrebende Märkte; Einführung von Produkten, die außerhalb des Kerngeschäfts liegen Abb. 6.12: Merkmale der VUCA-Welt Die Schwächen der traditionellen Budgetierung, die in der Unternehmungspraxis am häufigsten genannt werden, sind in Abb. 6.13 aufgelistet (vgl. Neely/ Sutcliff/ Heynes (2001), S. 1 ff.; Bogsnes (2016), S. 2 f.). Die Vielzahl der Argumente kann zu folgenden Problembereichen zusammengefasst werden (vgl. Hansen/ Otley/ van der Stede (2003), S. 97; Anthony u. a. (2014), S. 348): hoher Zeit- und Arbeitsaufwand der Budgetierung, fehlende Aktualität der Budgets sowie Gefahr dysfunktionalen Arbeitsverhaltens. Die Budgetierung ist ein zeit- und arbeitsaufwändiger Prozess, der einen hohen Anteil der Kapazität im Management und Controlling bindet. Für den Arbeits- und Zeitaufwand verantwortlich ist der Differenzierungsgrad der Budgets. Über den Differenzierungsgrad der Budgets wird der Handlungsspielraum der Bereichsleiter zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen gestaltet. Der Arbeits- und Zeitaufwand für die Budgetierung kann damit nur zulasten ihrer Koordinationsfunktion verringert werden. Andererseits kann der hohe Arbeits- und Zeitaufwand für die Budgetierung mit der Vernachlässigung der strategischen Planung einhergehen (vgl. Kopp/ Leyk (2004), S. 6). Der Budgetierungsprozess beginnt bereits in der zweiten Hälfte der vorherigen Planperiode. Während der Planperiode können die Annahmen bereits überholt sein, auf denen die Budgets beruhen. Der für die Budgetierung notwendige Arbeits- und Zeitaufwand verbietet die regelmäßige Aktualisierung der Budgets. Dem für die Budgetierung erforderlichen Zeitaufwand steht damit nur unter der Bedingung eines stabilen und gut zu prognostizierenden Verlaufs der Umweltentwicklung ein hinreichender Nutzen gegenüber. Alle Formen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter bei der Budgeterstellung, der Berichterstattung an die Unternehmungsleitung und der Entscheidungsfindung während der Planperiode behindern die Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans. Ursachen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter sind folgende Merkmale der traditionellen Budgetierung: die Vorgabe ausschließlich monetärer Planwerte, der Bereichsbezug der Vorgaben sowie die Ausrichtung der Performance-Bewertung an der Erreichung der vorgegebenen Planwerte. Eine weitere Ursache dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter ist der Einsatz inputbezogener Budgetierungsverfahren. <?page no="295"?> 6.3 Weiterentwicklung der traditionellen Budgetierung 295 Kritik nach Neely/ Sutcliff/ Heyns (2001) Kritik nach Bogsnes (2016) Die Budgeterstellung ist zeitaufwendig und verursacht hohe Kosten Budgets schränken die Anpassungsfähigkeit der Unternehmung ein und sind oft ein Hindernis für Veränderungen Budgets sind selten strategisch ausgerichtet und oft widersprüchlich Budgets leisten einen geringen Wertbeitrag, insbesondere durch die zeitaufwändige Erstellung Budgets stärken die vertikale Befehls- und Kontrollstruktur Budgets konzentrieren sich auf Kostensenkung und nicht auf Wertschöpfung Budgets spiegeln nicht die neu entstehenden Netzwerkstrukturen wider, die Unternehmungen einführen Budgets fördern dysfunktionales Arbeitsverhalten Budgets werden zu selten erstellt und aktualisiert, in der Regel jährlich Budgets beruhen auf unbegründeten Annahmen und Vermutungen Budgets fördern Ressortegoismus und behindern den Wissensaustausch Budgets vermitteln Mitarbeitern den Eindruck unterschätzt zu werden schwache Verbindungen zur Strategie hoher Zeitaufwand für die Budgetierung Fördern unethischen Arbeitsverhaltens Annahmen der Budgeterstellung sind schnell überholt vermitteln die Illusion, den Unternehmungsprozess unter Kontrolle zu haben Entscheidungen werden zu früh getroffen, d. h. ohne aktuelle Informationen Entscheidungen werden auf zu hohen Ebenen der Managementhierarchie getroffen verhindern häufig, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden führen häufig dazu, dass falsche Maßnahmen ergriffen werden die Welt endet am 31. Dezember (Etatdenken) Verwenden einer für die Performance- Bewertung ungeeigneten Sprache Abb. 6.13: Schwächen der traditionellen Budgetierung Prinzipien des Beyond Budgeting Ausgelöst durch die Kritik an der traditionellen Budgetierung sind mehrere Lösungsansätze vorgeschlagen worden, die von einer reinen Verschlankung der Budgetierung über die Neugestaltung der Budgetierung bis zum vollständigen Verzicht auf die herkömmliche Budgetierung reichen. Ansätze zur Neugestaltung der Budgetierung sind das Better Budgeting, das Advanced Budgeting (vgl. Leyk/ Koop (2004), S. 15 ff.; Weber/ Linder (2008), S. 21 ff.) und die moderne Budgetierung (vgl. Gleich u. a. (2013), S. 36 ff.). Unter diesen Bezeichnungen werden Vorschläge zur Verbesserung einzelner Aspekte der Budgetierung zusammengefasst. Sie zielen vor allem darauf, die Budgetierung zu vereinfachen und die Aktualität der Budgets während der Planperiode zu sichern. Die Schwächen der traditionellen Budgetierung haben einige Unternehmungen veranlasst, vollständig auf Budgetierung zu verzichten. In einer Reihe von Fallstudien zur Planung und Steuerung in diesen Unternehmungen sind Vorgehensweisen identifiziert worden, die sich für die Steuerung der Bereichsleiter ohne Budgets als geeignet erwiesen haben. Die gewonnenen Erkenntnisse sind in zwölf Prinzipien des <?page no="296"?> 296 6 Koordinationssysteme für die Koordination durch Budgets Beyond Budgeting zusammengefasst worden, die 2002 erstmals in einer frei zugänglichen Form veröffentlicht worden sind. Seither sind diese Prinzipien mehrfach überarbeitet worden (Bogsnes u. a. (2016), S. 11 ff.). Sie bieten Unternehmungen Ideen und Orientierungshilfen bei der Lösung ihrer Planungs- und Steuerungsprobleme und werden in Unternehmungen sehr unterschiedlich umgesetzt (vgl. Bogsnes (2016), S. 69 ff.). Abb. 6.14 gibt die zwölf Prinzipien des Beyond Budgeting wieder, wie sie im März 2023 veröffentlicht worden sind. Die Überschrift „Performance. The Right Way“ bringt die zentrale Aussage des Beyond Budgeting zum Ausdruck: Beyond Budgeting verändert die Art, wie Performance definiert und erbracht wird. Die Art dieser Veränderungen wird durch die zwölf Prinzipien vorgegeben, die in sechs Führungsprinzipien und sechs Prinzipien zum Steuerungsprozess gegliedert sind (vgl. Bogsnes (2023), S. 5). Die Prinzipien zum Steuerungsprozess betreffen die Definition der Performance, die Führungsprinzipien dagegen die Art, wie diese Performance erbracht werden soll. Beyond Budgeting: Performance. The Right Way Führungsprinzipien Steuerungsprozesse 1. Purpose (Sinn und Zweck): Mitarbeiter für kühne und edle Ziele begeistern und inspirieren; nicht für kurzfristige finanzielle Ziele 7. Ziele: Ziele setzen, die Orientierung bieten, herausfordernd und relativ sind; Vermeiden starrer und kaskadierter Ziele 2. Werte: Führen durch gemeinsame Werte und gesundes Urteilsvermögen; nicht durch detaillierte Regeln und Vorschriften 8. Forecast (Prognose): Prognose zu einem schlanken und unverzerrten Prozess machen; nicht zu einer starren und politischen Übung 3. Transparenz: Informationen für Selbstregulierung, Innovation, Lernen und Kontrolle zugänglich machen; nicht einschränken 9. Ressourcenallokation: Stärken des Kostenbewusstseins; Ressourcen nach Bedarf planen und bereitstellen, nicht durch detaillierte jährliche Mittelzuweisungen 4. Autonomie: Mitarbeitern vertrauen und Handlungsspielräume gewähren; auch dann, wenn jemand sie missbraucht 10. Performance Evaluation (Performance-Bewertung): Performance ganzheitlich bewerten, um korrigierende Eingriffe zu steuern; nicht nur auf der Grundlage von Messungen und nicht nur für Belohnungen 5. Organisation: Fördern eines starken Zugehörigkeitsgefühls und Einrichten eigenverantwortlicher Teams; Vermeiden hierarchischer Strukturen und von Bürokratie 11. Belohnungen: Gemeinsame Erfolge im Vergleich zum Wettbewerb belohnen, nicht im Vergleich zu vereinbarten Zielvorgaben 6. Kunden: Ausrichten der Arbeit jedes Mitarbeiters an den Bedürfnissen der Kunden; Vermeiden von Zielkonflikten 12. Koordination: Steuerungsprozesse dynamisch gestalten und an Unternehmungszyklen und Ereignissen ausrichten; nicht am Kalenderjahr Abb. 6.14: Prinzipien des Beyond Budgeting - 2023 <?page no="297"?> 6.3 Weiterentwicklung der traditionellen Budgetierung 297 Die Prinzipien zum Steuerungsprozess sehen vor, von absoluten, zu Beginn der Planperiode festgelegten Planwerten zu relativen Zielvorgaben überzugehen. Sie werden gebildet, indem der Planwert auf einen internen oder externen Benchmark bezogen wird. Die Vorgaben werden am Ende der Planperiode angepasst, um die tatsächliche Unternehmungs- und Umweltentwicklung berücksichtigen zu können. Dadurch kann ein Ausrichten der Anstrengungen und der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen an veralteten Vorgaben verhindert werden. Relative Zielvorgaben können die Motivation der Bereichsleiter steigern, da das Anspruchsniveau auch bei Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen erhalten oder realisierbar bleibt. In die Performance-Bewertung der Bereichsleiter sollen neben monetären Kennzahlen auch nichtmonetäre Kennzahlen einbezogen werden, die mit dem langfristigen Unternehmungsplan abgestimmt sind. Belohnungen sollen nicht nach dem Erreichen der Vorgaben bemessen werden. Die Grundlage für die Bemessung von Belohnungen sollen subjektive Performance-Bewertungen bilden, deren Schwerpunkt auf der Gruppenperformance und nicht auf der individuellen Performance liegt. Belohnungen sollen Bereichsleiter motivieren, unvorhergesehene Chancen mit Vorteilen für die Erreichung der langfristigen Ziele zu nutzen, die von den Zielvorgaben nicht erfasst werden. Um sich bietende Chancen nutzen zu können, werden die Mittel zu Beginn der Planperiode nicht vollständig budgetiert. Vielmehr sollen sie den Verantwortungsbereichen bei Bedarf kurzfristig zur Verfügung gestellt werden (vgl. Hansen/ Otley/ van der Stede (2003), S. 101 ff.). Die Abkehr von absoluten Vorgaben und die Abschaffung einer budgetbasierten Performance-Bewertung kennzeichnet die Veränderungen bei der Definition der Performance, die Verantwortungsbereiche erbringen sollen und tatsächlich erbracht haben. Die durch die Führungsprinzipien beschriebenen Veränderungen bei der Leistungserbringung haben eine radikale Dezentralisation zum Gegenstand, um die Bereichsleiter in die Lage zu versetzen, Entscheidungen im Sinne des langfristigen Unternehmungsplans zu treffen. Bereichsleitern sollen Handlungsspielräume eingeräumt werden, um durch schnelle Entscheidungen zur Anpassung an Veränderungen der Unternehmungs- und Umweltsituation die Flexibilität der Unternehmung zu steigern. Die Erweiterung der Handlungsspielräume soll es ihnen zudem ermöglichen, sich mit anderen Managern für innovative Projekte in multifunktionalen Teams innerhalb und außerhalb der Unternehmung zu engagieren (vgl. Fraser/ Hope (2001), S. 439). Die Entscheidungen sollen durch kultur- und personenorientierte Steuerungsmechanismen an den Zielen der Unternehmung ausgerichtet werden, die über Werte und Normen sowie Personalwahl und Weiterbildung Einfluss auf das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter nehmen. Die Wirksamkeit kultur- und personenorientierter Steuerungsmechanismen für das Vermeiden dysfunktionaler Verhaltensweise konnte in empirischen Studien bereits bestätigt werden (vgl. Goebel/ Weißenberger (2016), S. 90). Das erste Führungsprinzip fordert, in der Unternehmung einen Purpose zu verankern. Darunter ist ein Zweck der unternehmerischen Tätigkeit zu verstehen, der über die Gewinnerzielung hinausgeht und auf einen Nutzen für die Gesellschaft zielt (vgl. Grabner/ Speckbacher (2021), S. 74). Dem Purpose wird eine Sinnvermittlungs-, Orientierungs- und Identifikationsfunktion zugeschrieben. Er soll Managern auf allen Ebenen eine Vorstellung vom wünschenswerten Handeln vermitteln sowie von dem gesellschaftlichen Beitrag, der gemeinsam zu erbringen ist (vgl. Weißenberger/ Schat- <?page no="298"?> 298 1 tevoy (2021), S. 7). Der übergeordnete Zweck ihrer Arbeit soll Bereichsleiter motivieren, Chancen zu identifizieren und zu nutzen (vgl. Quinn/ Thakor (2018), S. 81). Beispiele für den Purpose von Unternehmungen IKEA: To create a better everyday life for the many of people. Mastercard: A world beyond cash. Tesla: To accelerate the world’s transition to sustainable energy. Google: To organize the world’s information and make it universally and useful. Conoco Phillips: Use our pioneering spirit to responsibly deliver energy to the world. <?page no="299"?> 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Koordinationsfunktion von Zielvorgaben Kennzeichnung der Koordination durch Zielvorgaben Abgrenzung des Anwendungsbereichs Die Koordination durch Zielvorgaben ist ein Koordinationsverfahren, das die zulässigen Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter über implizite Verhaltensnormen begrenzt. Dieses Prinzip der Entscheidungskoordination liegt auch der Koordination durch Budgets zugrunde. Die impliziten Verhaltensnormen bei der Koordination durch Budgets sind die outcome- oder ergebnisbezogenen Budgets oder die Ziele, die inputbezogene Budgets als Outputkomponente ergänzen. Sie werden den Verantwortungsbereichen zur Umsetzung der Handlungen vorgegeben, die im langfristigen Unternehmungsplan festgeschrieben sind. Dieser Koordinationsmechanismus eignet sich für Situationen, in denen die auszuführenden Handlungen bereits weitgehend festliegen und die zulässigen Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter erheblich eingeschränkt sind (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 496). Bei der Koordination durch Zielvorgaben hat die implizite Verhaltensnorm den Beitrag zum Inhalt, den der Verantwortungsbereich während der Periode zur Realisation der finanziellen Unternehmungsziele leisten soll. Zielvorgaben werden direkt aus den finanziellen Unternehmungszielen hergeleitet, sie können aber auch das Ergebnis von Verhandlungen der Unternehmungsleitung mit der Bereichsleitung sein. Ein Plan, der die Handlungen während der Planperiode festschreibt, wird nicht erstellt. Die Zielvorgabe ist damit die Form impliziter Verhaltensnormen, die den zulässigen Handlungsspielraum der Bereichsleiter am wenigsten begrenzt (vgl. Frese (1987), S. 279). Die Koordination durch Zielvorgaben eignet sich für Situationen, in denen Bereichsleitern die Möglichkeit gegeben werden soll, selbst über die Handlungen in ihrem Verantwortungsbereich zu entscheiden, um ihre Erfahrungen und spezifischen Fachkenntnisse nutzen zu können (vgl. Troßmann (2018), S. 137). Anwendungsbereich dieses Koordinationsverfahrens sind vor allem Profit und Investment Center. Profit-Center-Leitern werden Entscheidungsbefugnisse übertragen, durch die sie substantiellen Einfluss sowohl auf die Erlöse als auch auf die Kosten ihres Verantwortungsbereichs haben. Profit-Center-Leiter tragen deshalb die Verantwortung für den Bereichserfolg. Über Investitionsvorhaben entscheidet weiterhin die Unternehmungsleitung. Dazu kann sie z. B. über die von den Profit-Center-Leitern eingereichten Investitionsanträge entscheiden und die finanziellen Mittel zur Realisation der genehmigten Investitionsvorhaben über Investitionsbudgets zur Verfügung stellen. An Investment-Center-Leiter werden zusätzlich Befugnisse für Investitionsentscheidungen delegiert. Investment-Center-Leiter sind deshalb auch für das Kapital verantwortlich, das eingesetzt worden ist, um den Bereichserfolg zu erwirtschaften. Voraussetzungen für die Implementierung von Profit und Investment Centern sind <?page no="300"?> 300 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele der direkte Zugang der Verantwortungsbereiche zu einem Absatzmarkt und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit der Bereichsergebnisse von Entscheidungen in anderen Verantwortungsbereichen. Ein direkter Zugang zu einem Absatzmarkt muss gegeben sein, damit dem Verantwortungsbereich ein Marktergebnis (z. B. Umsatz) zugeordnet werden kann. Sind die Entscheidungen verschiedener Verantwortungsbereiche über Sachinterdependenzen verbunden, sind die Bereichsergebnisse auch von Entscheidungen in den jeweils anderen Verantwortungsbereichen abhängig. Um die Bereichsleiter für ihr jeweiliges Bereichsergebnis verantwortlich machen zu können, sollten zwischen den Entscheidungen verschiedener Verantwortungsbereiche möglichst wenige Sachinterdependenzen bestehen. Diese Voraussetzung der Unabhängigkeit der Bereichsergebnisse von Entscheidungen in anderen Verantwortungsbereichen ist tendenziell in divisional organisierten Unternehmungen am weitesten realisiert (vgl. Frese (1987), S. 283 ff.). Die Koordination durch Zielvorgaben wird in den folgenden Abschnitten für eine Unternehmung mit folgenden Merkmalen erläutert (vgl. Abb. 7.1): Die Unternehmung ist divisional organisiert, weist also auf der zweiten Ebene eine Objektspezialisierung auf. Objekte können Produkte, Kunden oder Regionen sein. Die durch die Objektspezialisierung abgegrenzten Geschäftsbereiche sind als Profit oder Investment Center ausgestaltet und keine selbständig bilanzierenden Unternehmungen mit Verantwortung für die Kapitalstruktur. Die Geschäftsbereiche sind nach dem Verrichtungsprinzip in Funktionsbereiche gegliedert. Verrichtungen, die für mehrere oder alle Geschäftsbereiche ausgeführt werden, sind zur Realisation von Economies of Scale oder Economies of Scope Zentralbereichen zugeordnet. Unternehmungsleitung Geschäftsbereich A Geschäftsbereich C FuE Absatz Produktion Geschäftsbereich B FuE Absatz Produktion FuE Absatz Produktion Personal Beschaffung Finanzen/ Rechnungswesen IT Zentralbereiche Abb. 7.1: Beispiel für den Anwendungsbereich der Koordination durch Zielvorgaben <?page no="301"?> 7.1 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben 301 Inhalte der Zielvorgaben Grundlage der Planung von Zielvorgaben für Profit oder Investment Center sind zunächst die kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele. Diese haben die finanziellen Ergebnisse zum Inhalt, die mit der aktuellen Generation der Produkte im Sach- und Dienstleistungsprogramm erwirtschaftet werden sollen. Eine erwünschte Stabilisierung oder Verbesserung der finanziellen Ergebnisse kann über eine Erhöhung bestehender Marktanteile, die Profilierung im Wettbewerb, die Erweiterung der Produktpalette um Varianten oder das Erschließen neuer Absatzregionen oder Kundengruppen realisiert werden (vgl. Coenenberg/ Salfeld/ Schultze (2015), S. 111). Den Inhalt der Zielvorgaben für einen Verantwortungsbereich bildet das finanzielle Bereichsergebnis, d. h. der Beitrag, den der Verantwortungsbereich zur Realisation der kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele der Periode leisten soll. Mit Zielvorgaben wird weiterhin der Beitrag festgelegt, den ein Verantwortungsbereich zur Erreichung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele leisten soll. Ausgangspunkt der Planung dieser Zielvorgaben bilden der normative Rahmen der Unternehmung mit den langfristigen finanziellen und den strategischen Unternehmungszielen sowie den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien. Die langfristigen finanziellen Unternehmungsziele geben die Entwicklung der finanziellen Ergebnisse in den Perioden des langfristigen Planungszeitraums vor. Als Beispiele für diese Ziele können genannt werden: Erhöhung des Erfolgs nach Steuern um jährlich 8 %, Steigerung des Erfolgs je Aktie um jährlich 4 %, Erhöhung der Dividenden um jährlich 2 % und Wachstum des Shareholder Value um jährlich 2 % (vgl. Thompson u. a. (2022), S. 32). In der laufenden, wie auch in nachfolgenden Perioden des langfristigen Planungszeitraums sind Voraussetzungen zu schaffen, um die langfristigen finanziellen Unternehmungsziele realisieren zu können. Die Zielvorgaben, mit denen das Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen an den langfristigen finanziellen Zielen ausgerichtet werden soll, haben deshalb das Erfolgspotenzial zum Inhalt, das in den Perioden des langfristigen Planungszeitraums generiert und in finanzielle Ergebnisse transformiert werden soll. Das Erfolgspotenzial einer Unternehmung ist die in einer spezifischen Form aggregierte Gesamtheit ihrer künftigen finanziellen Ergebnisse (vgl. Richter (2002), Sp. 411). Geprägt wird das Erfolgspotenzial der Unternehmung durch folgende Eigenschaften (vgl. Richter (2002), Sp. 412 f.): Unsicherheit Die Ergebnisse der Unternehmung während des langfristigen Planungszeitraums sind von der künftigen Entwicklung der Umweltbedingungen abhängig, die von der Unternehmung nicht oder nur in Grenzen beeinflussbar ist. Künftige Ergebnisse sind folglich nicht sicher prognostizierbar. Es sind deshalb erwartete künftige Ergebnisse, die das Erfolgspotenzial der Unternehmung determinieren. Notwendigkeit der Gestaltung durch das Management Erfolgspotenziale werden generiert, indem heute neue Produktgenerationen entwickelt oder neue Tätigkeitsfelder aufgebaut werden, in denen mittelfristig <?page no="302"?> 302 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele finanzielle Ergebnisse erwirtschaftet werden können (vgl. Coenenberg/ Salfeld/ Schultze (2015), S. 111 f.). Eine weitere Quelle des Erfolgspotenzials sind immaterielle Werte (vgl. Möller/ Gamerschlag (2009), S. 9), die Verantwortungsbereiche befähigen, Zukunftsfelder zu erschließen, in denen langfristig finanzielle Ergebnisse generiert werden können. Zur Gestaltung des Erfolgspotenzials sind deshalb heute die für künftige Erfolge relevanten immateriellen Werte aufzubauen (vgl. Coenenberg/ Salfeld/ Schultze (2015), S. 124 f.). Immaterielle Werte sind nichtmonetäre Ressourcen mit fehlender oder relativ unbedeutender physischer Substanz, die bis zu einem gewissen Grad durch die Unternehmung beeinflussbar sind und einen wirtschaftlich relevanten Vorteil gegenüber Wettbewerbern ausmachen. Nach den wirtschaftlichen Eigenschaften werden drei Kategorien immaterieller Werte abgegrenzt, das Beziehungskapital, das Organisationskapital sowie das Humankapital. Die Merkmale dieser Kategorien immaterieller Werte werden in Abb. 7.2 erläutert (vgl. Roos/ Pike (2019), S. 1 ff.). Beziehungskapital Abgrenzung: Gesamtheit der Beziehungen der Unternehmung oder ihrer Mitarbeiter zu Stakeholdern Beeinflussbarkeit: Kann von der Unternehmung nicht kontrolliert, sondern allenfalls beeinflusst werden Beispiele: Kundenloyalität, gemeinsame Normen und Werte, zuverlässige Lieferantenbeziehungen Organisationskapital Abgrenzung: Nicht physische Ergebnisse menschlicher Anstrengungen, über die eine Unternehmung verfügen kann Beeinflussbarkeit: Ist Eigentum der Unternehmung und kann von der Unternehmung kontrolliert und auf einem Markt veräußert werden Beispiele: Marken, geistiges Eigentum, Software, Organisations- und Prozessstrukturen, Standortvorteile Humankapital Abgrenzung: Eigenschaften der Mitarbeiter, die durch keine Kombination technischer Einrichtungen, Software oder Informationen ersetzt werden können Beeinflussbarkeit: Kann nur durch den jeweiligen Mitarbeiter selbst kontrolliert werden Beispiele: Kompetenzen (z. B. Führungsqualitäten), Fachkenntnisse, Erfahrungen, Motivation, Loyalität, zwischenmenschliche Fähigkeiten Abb. 7.2: Kategorien immaterieller Werte Erfordernis von Investitionen für die Gestaltung Die Entwicklung neuer Produktgenerationen, die Erweiterung der Tätigkeitsfelder und der Aufbau immaterieller Werte erfordern hohe Investitionen. Diese Investitionen in den Aufbau der Erfolgspotenziale der Unternehmung zeichnen sich dadurch aus, dass sie erst mittel- oder langfristig zu finanziellen Ergebnissen führen. <?page no="303"?> 7.1 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben 303 Zielvorgaben für die Koordination Elemente von Zielvorgaben Eine Zielvorgabe zur Entscheidungskoordination legt die Performance fest, die ein Verantwortungsbereich während der nächsten Periode erbringen soll. Jede Zielvorgabe wird aus drei Elementen gebildet: den Zielkriterien, den Kennzahlen als Performance-Maße sowie den Vorgabewerten für die Performance-Maße (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 33 ff.; Bourne/ Bourne (2023), S. 8 f.). [1] Zielkriterien Die Zielkriterien sind eher allgemein gehaltene Aussagen über die Performance des Verantwortungsbereichs, die erreicht werden soll. Zielkriterium für die kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele ist das Bereichsergebnis in der Form eines Deckungsbeitrags, eines Erfolgs, eines Cashflows oder einer Rentabilität. Das Bereichsergebnis kann um Zielkriterien ergänzt werden, die nur einzelne seiner Bestandteile betreffen, wie z. B. Kosten, Erlös oder Kapitalbindung im Verantwortungsbereich. Für die Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele sollen Verantwortungsbereiche zum Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung beitragen. Die Zielkriterien sollten deshalb Merkmale des Erfolgspotenzials zum Inhalt haben, die durch Entscheidungen und Handlungen im Verantwortungsbereich realisiert werden sollen. Alternativ können diese Zielkriterien auch Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials und ihrer Einflussgrößen betreffen, die zum Aufbau des Erfolgspotenzials verändert werden sollen. Ein solches System von Zielkriterien ist Ausdruck eines Konstrukts aus Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials und ihren Einflussgrößen, d. h. aus Faktoren mit Einfluss auf die künftigen Ergebnisse der Unternehmung. Es basiert auf einem Kausalmodell, das die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen diesen Faktoren und den finanziellen Ergebnissen künftiger Perioden abbildet (vgl. Lebas/ Euske (2007), S. 127, 135). Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials der Unternehmung, die durch die Verantwortungsbereiche beeinflusst werden können, sind vor allem das Umsatzwachstum und die operative Exzellenz. Beschreiben lässt sich die operative Exzellenz durch Spitzenleistungen bei Produkten und Prozessen. Aus ihr folgen Effizienz- und Effektivitätssprünge zur Stärkung der Umsatzrentabilität (vgl. Coenenberg/ Salfeld/ Schultze (2015), S. 143). Die Zielkriterien zu Einflussgrößen der Bestimmungsfaktoren beschreiben, wie die angestrebte Änderung des Erfolgspotenzials erreicht werden soll und welche Fähigkeiten dazu in den Verantwortungsbereichen aufzubauen sind. Abb. 7.3 nennt Beispiele für Einflussgrößen der Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials der Unternehmung sowie die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen diesen Größen. <?page no="304"?> 304 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Ergebnisse künftiger Perioden Erfolgspotenzial der Unternehmung Umsatzwachstum operative Exzellenz Produkteigenschaften Servicequalität Preis Verkaufsprozesse Produktqualität Flexibilität Produktinnovationen Prozessinnovationen immaterielle Werte Prozessstrukturen Standortvorteile Kultur des Wandels Mitarbeiterqualifikation Mitarbeitermotivation Potenziale der IT Abb. 7.3: Beispiele zu Bestimmungsfaktoren und Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial Zielvorgaben zur Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele können finanzielle und mit den Einflussgrößen auf die Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials auch nichtfinanzielle Zielkriterien zum Inhalt haben. Die Tätigkeitsfelder, in denen das Umsatzwachstum erzielt werden soll, und die Art der Spitzenleistungen, die zum Aufbau von Wettbewerbs-, Erlös- oder Kostenvorteilen realisiert werden sollen, sind in den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien festgelegt. Es sind deshalb die Unternehmungs- und die jeweilige Geschäftsfeldstrategie, aus denen die Zielkriterien für diejenigen Ziele hergeleitet werden, die den Verantwortungsbereichen zur Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele vorgegeben werden. [2] Kennzahlen als Performance-Maße Die durch die Zielkriterien eher allgemein beschriebene Performance, die von den Verantwortungsbereichen gefordert wird, kann nicht direkt beobachtet oder gemessen werden (vgl. Lebas/ Euske (2007), S. 137). Es sind deshalb Kennzahlen zu definieren, um die Ziele quantifizieren und den Erreichungsgrad vorgeben und beurteilen zu können. Mit der Auswahl und Definition der Kennzahlen zur Performance-Messung wird festgelegt, welche Aspekte der Zielkriterien gemessen werden. Bereichsleiter orientierten sich bei ihren Entscheidungen und Handlungen an den Kennzahlen. Die Ziele können deshalb nur erreicht werden, wenn die Kennzahlen das Entscheiden und Handeln der Bereichsleiter in die durch die Zielkriterien festgelegte Richtung lenken (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 24 f.). Kennzahlen für die Performance-Messung und -Beurteilung sollten deshalb präzise formuliert sein. Abb. 7.4 erläutert Merkmale eines Performance-Maßes, über die bei der Definition der Kennzahlen zu entscheiden ist (vgl. Neely u. a. (1997), S. 1136 ff.). Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials Einflussgrößen auf die Bestimmungsfaktoren <?page no="305"?> 7.1 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben 305 Bezeichnung Die Bezeichnung der Kennzahl sollte möglichst präzise zum Ausdruck bringen, was gemessen werden soll. Zielbezug Es ist anzugeben, auf welches Zielkriterium sich die Kennzahl bezieht. Zweck Der Zweck ist festzulegen, der mit der Messung des jeweiligen Aspekts des Zielkriteriums verfolgt wird. Berechnung des Kennzahlenwerts Es ist festzulegen, wie der Kennzahlenwert zu berechnen ist. Häufigkeit der Ermittlung des Ist-Kennzahlenwerts Es ist zum einen zu bestimmen, wie häufig der Ist-Wert der Kennzahl ermittelt werden soll. Es ist zudem festzuhalten, mit welcher Häufigkeit die Performance des Verantwortungsbereichs mit dieser Kennzahl beurteilt werden soll. Datenquellen Es sind die Quellen der Daten zur Berechnung der Ist-Werte der Kennzahl festzulegen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Ist-Werte in jeder Periode in gleicher Weise berechnet werden und damit ein Zeitvergleich möglich ist. Verantwortung für die Ermittlung des Ist-Werts der Kennzahl Damit der Ist-Wert der Kennzahl in jeder Periode in gleicher Weise berechnet wird, sollte ein Mitarbeiter bestimmt werden, der auf Dauer für die Berechnung verantwortlich ist. Verantwortung für das Erreichen des Vorgabewerts der Kennzahl Es sind die Empfänger der durch die Performance-Messung und -Beurteilung generierten Informationen sowie die Führungskraft festzulegen, die bei relevanten Abweichungen für die Erarbeitung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen verantwortlich ist. Abb. 7.4: Merkmale von Kennzahlen zur Performance-Messung [3] Vorgabewerte für die Performance-Maße Vorgabewerte sind die Planwerte der Kennzahlen, durch die das Niveau der für die Planperiode erwünschten Performance festgelegt wird. Sie werden zu Beginn jeder Periode geplant und am Ende der Periode dem festgestellten Ist-Wert der Kennzahl gegenübergestellt. Grundlage für die Planung der Vorgabewerte sind die Analyse der aktuellen Performance, der relevanten Unternehmungs- und Umweltbedingungen sowie die Prognose der Wirkungen der erwarteten Entwicklung dieser Bedingungen auf die Performance. Nach dem Niveau der Vorgabewerte werden unterschieden: ambitionierte Vorgabewerte, Mindeststandards oder realistische Vorgabewerte. Ambitioniert sind herausfordernde, aber erreichbare Vorgabewerte. Der Mindeststandard ist das Basisniveau, das auf Dauer mindestens erreicht werden soll. Realistische Vorgabewerte spiegeln das Niveau der Performance wider, das wahrscheinlich erreicht wird. Erst durch die Vorgabewerte ergibt sich die von der Zielsetzungstheorie geforderte spezifische Zielvorgabe, die eine bessere Performance erwarten lässt als allgemeine, vage Vorgaben, wie z. B. Verbesserung der Vorjahreswerte. Kennzahlen für die Performance-Messung Es sind vor allem monetäre Kennzahlen, mit denen die Performance der Verantwortungsbereiche für die Realisation der finanziellen Unternehmungsziele gemessen wird. Für kurzfristige finanzielle Unternehmungsziele eignen sich als Perfor- <?page no="306"?> 306 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele mance-Maße periodenbezogene Erfolgs- und Rentabilitätsgrößen, die aus Daten des Rechnungswesens gebildet werden, sowie Kennzahlen zu einzelnen Bestandteilen dieser Größen, wie z. B. finanzielle Größen für den Güterverbrauch (z. B. Kosten, Aufwendungen) oder das Marktergebnis (z. B. Erlöse, Erträge). Diese Größen bilden die Klasse der traditionellen Kennzahlen. Als Performance-Maße für Zielkriterien, die sich auf den Beitrag eines Verantwortungsbereichs zum Erfolgspotenzial der Unternehmung beziehen, werden der ökonomische Erfolg, wertorientierte Kennzahlen und mehrdimensionale Kennzahlensysteme vorgeschlagen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 386, 397 f., 441 ff.). [1] Ökonomischer Erfolg Ein möglicher Maßstab für das Erfolgspotenzial der Unternehmung ist der Shareholder Value als Barwert aller künftigen Gewinnausschüttungen an die Eigentümer (vgl. Richter (2002), Sp. 414). Eine monetäre Kennzahl zur Erfassung des während einer Periode erwirtschafteten Beitrags zum Shareholder Value ist der ökonomische Erfolg (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 440). Der ökonomische Erfolg (Economic Income) einer Periode t entspricht der Summe aus der Gewinnausschüttung der Periode t (GA t ) und dem Zuwachs des Kapitalwerts aller erwarteten künftigen Gewinnausschüttungen, d. h. der Differenz des am Ende und zu Beginn der Planperiode ermittelten Barwerts (BWGA) der erwarteten künftigen Gewinnausschüttungen (vgl. Laux (2006), S. 98, 117 ff.; Diedrich (2002), Sp. 406): ( ) t t t 1 t öE GA BWGA BWGA + = + − [2] Wertorientierte Kennzahlen An die Stelle des ökonomischen Erfolgs treten vielfach wertorientierte Kennzahlen als Performance-Maß. Die Kennzahlenwerte dieser Erfolgs- oder Rentabilitätsgrößen werden wie auch bei den traditionellen Kennzahlen aus Daten des Rechnungswesens ermittelt. Von den traditionellen unterscheiden sich die wertorientierten Kennzahlen dadurch, dass sie aus Bestimmungsfaktoren des Shareholder Value mit dem Ziel gebildet werden, die Wirkungen der Entscheidungen mit Einfluss auf den Shareholder Value möglichst vollständig zu erfassen (in Anlehnung an Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 367). Wertorientierte Kennzahlen werden aus Daten des Rechnungswesens gebildet und sind geeignet, die Wirkungen der Entscheidungen mit Einfluss auf den Shareholder Value zusammenzufassen. Aus Ansätzen zur Berechnung des Shareholder Values sind die in Abb. 7.5 genannten und als Werttreiber bezeichneten Bestimmungsfaktoren des Shareholder Value hergeleitet worden (vgl. Rappaport (1999), S. 67 f.). Das in der Abbildung dargestellte Shareholder-Value-Netzwerk zeigt auch die zwischen dem Shareholder Value und den Werttreibern bestehenden Beziehungen. Zur Herleitung der Werttreiber wird der <?page no="307"?> 7.1 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben 307 Shareholder Value in drei Wertkomponenten gegliedert, den Brutto-Cashflow, den Diskontierungssatz und das Fremdkapital. Für jede dieser drei Wertkomponenten werden Werttreiber bestimmt. Für den Brutto-Cashflow sind das die Größen, aus denen der Free Cashflow berechnet wird. Hinzu kommt die Dauer der Wertsteigerung, d. h. der Zeitraum, in dem eine Investition eine über den Kapitalkosten liegende Rentabilität erzielt. Die Werttreiber werden drei Entscheidungsbereichen des Managements zugeordnet, den Entscheidungen zur Leistungserstellung und -verwertung, den Investitions- und den Finanzierungsentscheidungen (vgl. Rappaport (1999), S. 68 f.). Profit-Center- Leiter haben die Kompetenzen für die Entscheidungen über die Leistungserstellung und -verwertung. Die Investment-Center-Leiter haben zusätzlich auch die Befugnis, über Investitionen in ihren Verantwortungsbereichen zu entscheiden. Die Befugnisse für Finanzierungsentscheidungen werden in der Regel nicht an Bereichsleiter delegiert (vgl. Günther (1997), S. 264 f.). Wertorientierte Kennzahlen werden aus ausgewählten Werttreibern aller Entscheidungsbereiche gebildet. Zwischen den wertorientierten Kennzahlen und dem ökonomischen Erfolg existiert kein eindeutiger oder gesicherter Zusammenhang. Der ökonomische Erfolg der Periode kann mit wertorientierten Kennzahlen nur näherungsweise gemessen werden. Shareholder Value Brutto-Cashflow Diskontierungssatz Fremdkapital Dauer der Wertsteigerung Umsatzwachstum Kapitalkosten Umsatzrentabilität (Operative Exzellenz) Steuersatz Investitionen in das Anlagevermögen Investitionen in das Net Working Capital Leistungserstellung und -verwertung Finanzierung Investition Wertkomponenten Werttreiber Entscheidungsbereiche Abb. 7.5: Shareholder-Value-Netzwerk [3] Mehrdimensionale Kennzahlensysteme Werden einem Verantwortungsbereich Ziele zu den Bestimmungsfaktoren und Einflussgrößen des Erfolgspotenzials der Unternehmung vorgegeben, ist für die Messung und Beurteilung der finanziellen und nichtfinanziellen Zielkriterien ein mehrdimensionales Kennzahlensystem zu bilden. In diesen Kennzahlensystemen <?page no="308"?> 308 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele treten neben monetäre zusätzlich auch nichtmonetäre Kennzahlen, die über Instrumentalrelationen mit den monetären Kennzahlen verbunden sind. Die Instrumentalrelationen sind Ursache-Wirkungs-Beziehungen, die zwischen den monetären und den nichtmonetären Kennzahlen bestehen. Die Funktion der monetären Kennzahlen in einem mehrdimensionalen Kennzahlensystem ist die Vorgabe und Messung der finanziellen Ziele des Verantwortungsbereichs, d. h. des Beitrags, den er während der Periode zur Erreichung der kurz-, mittel- und langfristigen finanziellen Unternehmungsziele leisten soll oder geleistet hat. Als monetäre Kennzahlen können traditionelle oder wertorientierte Kennzahlen berücksichtigt werden. Die nichtmonetären Kennzahlen eines mehrdimensionalen Kennzahlensystems sind Performance-Maße für die nichtfinanziellen Ziele zu den Einflussgrößen auf die Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials der Unternehmung, die dem Verantwortungsbereich vorgegeben werden. In ein mehrdimensionales Kennzahlensystem gehen deshalb nur solche nichtmonetären Kennzahlen ein, die direkt oder indirekt, d. h. über andere nichtmonetäre Kennzahlen, auf die finanziellen Ziele des Verantwortungsbereichs wirken. Jede nichtmonetäre Kennzahl eines mehrdimensionalen Kennzahlensystems sollte deshalb über Instrumentalrelationen direkt oder indirekt mit den monetären Kennzahlen verbunden sein. Das mehrdimensionale Kennzahlensystem eines Verantwortungsbereichs ist eine Menge monetärer Kennzahlen zur Vorgabe und Messung seiner finanziellen Ziele sowie nichtmonetärer Kennzahlen als Performance-Maße für die nichtfinanziellen Ziele zu Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen direkt oder indirekt mit den finanziellen Zielen verbunden sind. Die Instrumentalrelationen zwischen den monetären und nichtmonetären Kennzahlen ermöglichen es, die Effizienz und die Effektivität der Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen zu beurteilen. Die Effektivität ist Ausdruck der Wirksamkeit der Entscheidungen und Handlungen für den Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung und die finanziellen Ziele des Verantwortungsbereichs. Die Mittel für Investitionen in den Aufbau des Erfolgspotenzials sind begrenzt. Jeder Beitrag zur Entwicklung des Erfolgspotenzials sollte deshalb mit dem geringstmöglichen Ressourceneinsatz realisiert werden. Das Verhältnis der Wirkungen der Entscheidungen und Handlungen für den Aufbau des Erfolgspotenzials und den für diese Wirkung erforderlichen Investitionen ist Ausdruck ihrer Effizienz. Funktionen der Zielvorgaben Zielvorgaben mit einem mindestens zu erreichenden Anspruchsniveau können die zulässigen Handlungsmöglichkeiten in den Profit oder Investment Centern derart beschränken, dass über alle Verantwortungsbereiche hinweg die finanziellen Ziele der Unternehmung erreicht werden. Zielvorgaben sind damit geeignet, den Bedarf an vertikaler Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen zu decken. <?page no="309"?> 7.1 Koordinationsfunktion von Zielvorgaben 309 Entscheidungen der Geschäftsbereiche einer divisional organisierten Unternehmung sind regelmäßig über Sachinterdependenzen verbunden, die einen Bedarf an horizontaler Koordination zwischen den Entscheidungen verschiedener Geschäftsbereiche begründen. Ursachen dieser Sachinterdependenzen sind Lieferbeziehungen zwischen den Geschäftsbereichen, die Zusammenfassung dezentraler Service Center zu Zentralbereichen sowie Konkurrentenverflechtungen oder Marktinterdependenzen zwischen den Geschäftsbereichen. Lieferbeziehungen zwischen den Geschäftsbereichen treten u. a. auf, wenn ein Geschäftsbereich ein Produkt herstellt, das am Markt angeboten, aber auch als Bauteil an einen anderen Geschäftsbereich geliefert wird. Durch diese Lieferbeziehungen entsteht ein Prozessverbund zwischen den Geschäftsbereichen. Einzelne Tätigkeiten, die in mehreren oder allen Geschäftsbereichen ausgeführt werden, können zur Realisation von Economies of Scale oder Economies of Scope einem Zentralbereich zugeordnet werden. Ein Zentralbereich ist ein auf einige Verrichtungen spezialisierter Service Center (Forschung und Entwicklung, Beschaffung, IT, Personalwesen, Controlling), das gleichartige Dienste für mehrere Geschäftsbereiche erbringt. Reichen die quantitativen Kapazitäten des Zentralbereichs nicht aus, um die Nachfrage der Geschäftsbereiche zu decken, besteht zwischen den Geschäftsbereichen ein Restriktionenverbund. Konkurrentenverflechtungen sind gegeben, wenn gleich mehrere Geschäftsbereiche mit einer anderen Unternehmung tatsächlich oder möglicherweise im Wettbewerb stehen (vgl. Porter (1992), S. 449). Sie sind die Ursache für einen Zielverbund zwischen den Entscheidungen der Geschäftsbereiche. Orientieren sich mehrere Geschäftsbereiche an der gleichen Kundengruppe, bestehen zwischen ihren Entscheidungen Marktinterdependenzen. Sie können als Ziel- oder Restriktionenverbund in Erscheinung treten (vgl. Frese u. a. (2019), S. 93). Zielvorgaben sind nicht geeignet, den durch Sachinterdependenzen zwischen den Geschäftsbereichen ausgelösten Bedarf an horizontaler Koordination zu decken. Zur horizontalen Koordination zwischen den Geschäftsbereichen sind Zielvorgaben um Lenkpreise oder andere Koordinationsverfahren zu erweitern, wie z. B. die Koordination durch Planung. Die Koordination durch Zielvorgaben ist ein Verfahren zur vertikalen Koordination, das zur Ausrichtung des Entscheidens und Handelns in den Geschäftsbereichen an den Unternehmungszielen Kennzahlen nutzt, um den Geschäftsbereichen die für die nächste Planperiode des langfristigen Planungszeitraums erwünschte Performance vorzugeben sowie die von ihnen erbrachte Performance regelmäßig zu messen (Performance Measurement) und zu bewerten (Performance Evaluation). Die Koordinationsfunktion der Zielvorgaben ist auf die vertikale Koordination begrenzt. Für die vertikale Koordination sollten die Zielvorgaben eine Reihe von Funktionen zur Unterstützung der Unternehmungsleitung und der Bereichsleiter erfüllen. Abb. 7.6 nennt die Funktionen der Zielvorgaben (in Anlehnung an Bourne/ Bourne (2023), S. 19 ff.). <?page no="310"?> 310 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Koordinationsfunktion der Zielvorgaben Lernfunktion Verhaltensbeeinflussungsfunktion Kommunikationsfunktion Vorgabefunktion Beurteilungsfunktion Double Loop Learning Planungsfunktion Single Loop Learning Unternehmungsleitung Bereichsleitung Abb. 7.6: Funktionen von Zielvorgaben Zielvorgaben bezwecken die Beeinflussung der Bereichsleiter, die eine Ausrichtung ihres Arbeitsverhaltens an den Unternehmungszielen bewirkt. Diese Verhaltensbeeinflussungsfunktion kann in eine Kommunikations-, eine Vorgabe- und eine Beurteilungsfunktion gegliedert werden. Mit Zielvorgaben soll die Richtung der für die Erreichung der Unternehmungsziele notwendigen Entwicklung der Performance des Verantwortungsbereichs kommuniziert werden (vgl. z. B. auch Kaplan/ Norton (1997), S. 10 f.). Sie sollen die Beiträge konkretisieren, die Verantwortungsbereiche zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele erbringen sollen. Mit den Vorgabewerten der Kennzahlen wird den Bereichsleitern ein mindestens zu erreichendes Niveau der Performance ihres Bereichs verbindlich vorgegeben und die Verantwortung für das Erreichen der geforderten Performance übertragen. Bereichsleiter richten ihre Pläne und Entscheidungen an den Zielvorgaben aus und nutzen sie als gemeinsame Ziele für die bereichsinterne Koordination. Am Ende einer Planperiode dienen sie als Normwerte für die Kontrolle ihrer Pläne und Entscheidungen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 194). Für die Unternehmungsleitung sind die Zielvorgaben die Normwerte für die Beurteilung der Performance der Verantwortungsbereiche oder Bereichsleiter. Die Performance-Maße können als Beurteilungsgrößen in der Bemessungsgrundlage von Anreizsystemen verwendet werden, die Bereichsleiter zur Sicherung oder Steigerung der Performance ihres Verantwortungsbereichs motivieren sollen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 36 f.; Bourne/ Bourne (2011), S. 6). Performance-Maße haben als Problemindikatoren bei der Problemfeststellung im Prozess der Unternehmungsplanung eine Planungsfunktion. Daten zu realisierten Kennzahlenwerten erlauben eine erste globale Beurteilung der aktuellen Performance der Verantwortungsbereiche. Durch den Vergleich dieser Daten mit den Vorgabewerten können zum einen Verantwortungsbereiche identifiziert werden, deren Performance nicht den Erwartungen genügt und das Erreichen der Unternehmungsziele gefährdet. Zum anderen kann das Ausmaß bestehender Problemlücken bemes- <?page no="311"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 311 sen werden. Die Performance-Maße können zudem detailliertere Analysen zur Identifikation kritischer Handlungsfelder für die Investitionsplanung der Unternehmungsleitung und zur Bewertung der von Bereichsleitern gestellten Investitionsanträge ermöglichen (vgl. Frese (1987), S. 289; Bourne/ Bourne (2023), S. 22 f.). In den Verantwortungsbereichen sollten Zielvorgaben das Single-Loop-Lernen unterstützen. Abweichungen zwischen den Vorgabewerten und den am Ende einer Planperiode ermittelten Ist-Werte der Performance-Maße können auf Fehler bei der Entscheidungsfindung oder -realisation in den Verantwortungsbereichen zurückgehen. Es können zum einen falsche Handlungen ausgeführt oder richtige Handlungen ergriffen, aber fehlerhaft oder unvollständig ausgeführt worden sein. Erkenntnisse über solche Fehler können in den Verantwortungsbereichen bei der Problemfeststellung in Planungs- und Entscheidungsprozessen für die Folgeperiode genutzt werden. Auch fehlerhafte Zielvorgaben können eine Ursache von Abweichungen der Istvon den Vorgabewerten der Performance-Maße sein. Um sie zu erkennen, sollte die Unternehmungsleitung am Ende einer Periode die Unternehmungsziele und die Zielvorgaben vor dem Hintergrund veränderter Unternehmungs- und Umweltbedingungen kritisch hinterfragen, die Eignung der Kennzahlen zur Operationalisierung der Ziele und die Realisierbarkeit der Vorgabewerte überprüfen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollten in die Planung der Zielvorgaben für die Folgeperiode einfließen. Sie können auch Anlass geben, die Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen (vgl. Bourne/ Bourne (2023), S. 23 f.). Zielvorgaben können damit auf der Ebene der Unternehmungsleitung auch das Double-Loop-Lernen unterstützen. Anforderungen an Zielvorgaben Überblick über die Anforderungen Die Implementierung von Profit und Investment Centern ist mit der Erwartung verbunden, dass die Vorteile einer weitgehenden Entscheidungsautonomie der Bereichsleiter die Wahrscheinlichkeit erhöhen, die Ziele der Unternehmung zu erreichen. Die Koordination durch Zielvorgaben soll verhindern, dass die Vorteile der Entscheidungsdezentralisation durch die negativen Wirkungen möglicher Verhaltensinterdependenzen sowie der zwischen den Geschäftsbereichen bestehenden Sachinterdependenzen kompensiert werden. Dazu müssen die Zielvorgaben geeignet sein, ihre Verhaltensbeeinflussungs-, Planungs- und Lernfunktionen zu erfüllen. Aus diesen Funktionen folgen die in Abb. 7.7 genannten Anforderungen an die Zielvorgaben (vgl. Merchant/ van der Stede (2024), S. 37 ff., 118 ff.). Die mit den Zielvorgaben verfolgten Funktionen geben vor, ob die Economic Performance oder die Managerial Performance gemessen werden sollte. Mit der Messung der Economic Performance (Performance des Verantwortungsbereichs) werden Informationen für die Planung der Unternehmungsleitung zur weiteren Entwicklung der Verantwortungsbereiche generiert, die ein Wachstum, die Stabilisierung, ein Schrumpfen oder die Desinvestition des Geschäftsbereichs vorsehen kann. Informationen über die Managerial Performance (Performance des Bereichsleiters) wertet die Unternehmungsleitung für die Beurteilung der Bereichsleiter und die Bemessung ih- <?page no="312"?> 312 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele rer Prämien aus. In den Verantwortungsbereichen werden diese Informationen zur Planung, Entscheidungsfindung und Kontrolle genutzt (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 194; Drury (2020), S. 518). Anforderungen an Zielvorgaben Klarheit der Zielvorgaben Kongruenz Vollständigkeit Zielbindung Hoher Spezifikationsgrad Effizienz Controllability der Zielvorgaben Kongruenz zwischen Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen Bereinigung der Abweichungen von nicht kontrollierbaren Einflüssen Effektivität und Effizienz der Performance-Messung Genauigkeit Verständlichkeit Aktualität Objektivität Abb. 7.7: Anforderungen an Zielvorgaben Bei der Performance-Messung mit monetären Kennzahlen ist die Economic Performance eines Verantwortungsbereichs das Bereichsergebnis, das er als unabhängige Unternehmung erwirtschaften würde, die Managerial Performance ist der vom Bereichsleiter zu verantwortende Teil des Bereichsergebnisses. Eine empirische Studie hat gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmungen die Economic und die Managerial Performance mit unterschiedlichen Kennzahlen messen (vgl. Drury/ El-Shishini (2010), S. 29). Die Trennung zwischen Economic und Managerial Performance beruht auf dem aus der Organisationstheorie stammenden Prinzip der Controllability. Es besagt, dass Bereichsleiter nur für die Erlöse, die Kosten und den Kapitaleinsatz verantwortlich gemacht werden sollten, die sie kontrollieren können. 7 „Kontrollieren“ wird in diesem Zusammenhang im Sinne von „beherrschen“ verwendet. Unter „kontrollierbar“ wird verstanden, dass die Erlöse, die Kosten oder der Kapitaleinsatz ausschließlich durch den jeweiligen Bereichsleiter beeinflussbar sein sollten. In seiner engsten Fassung verlangt das Prinzip der Controllability, dass Bereichsleiter nicht für negative oder positive Abweichungen von der Zielvorgabe 7 Im Folgenden wird von Kosten und Erlösen gesprochen. Es kann sich jedoch auch um Aufwand und Ertrag handeln. <?page no="313"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 313 verantwortlich gemacht werden sollten, sofern sie die verursachenden Faktoren nicht kontrollieren können (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 38). Das Prinzip der Controllability wird mit folgenden Nachteilen der Zuweisung von Verantwortung für Teile des Bereichsergebnisses begründet, die von den Bereichsleitern nicht kontrollierbar sind: (1) Es kann davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter nicht risikoneutral, sondern tendenziell risikoavers sind. Werden risikoaverse Mitarbeiter für die finanziellen Wirkungen von Faktoren verantwortlich gemacht, die sie nicht kontrollieren können, ist das von ihnen zu tragende Risiko über höhere Gehälter oder Belohnungen abzugelten. Andernfalls sind höhere Kosten durch Schwierigkeiten bei der Gewinnung engagierter und talentierter Mitarbeiter, eine erhöhte Personalfluktuation sowie eine schlechtere Arbeitsmoral zu erwarten. (2) Risikoaverse Mitarbeiter können Handlungen ergreifen, die Risiken vermindern, selbst wenn sie sich nachteilig auf das Erreichen der Unternehmungsziele auswirken. (3) Abweichungen, die auf nicht kontrollierbare Faktoren zurückgehen, lösen Diskussionen zur Rechtfertigung des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen aus. Diese verursachen unnötige Spannungen und gefährden die Akzeptanz der Zielvorgaben in den Verantwortungsbereichen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 502 f.; Drury/ El-Shishini (2010), S. 23). Umsetzung des Prinzips der Controllability Grad der Controllability Der Grad der Controllability wird durch das Ausmaß bestimmt, in dem Bereichsleiter die Verantwortung für folgende Bestandteile des Bereichsergebnisses tragen (vgl. Drury/ El-Shishini (2010), S. 7): die Bereichsgemeinkosten sowie die finanziellen Wirkungen nicht kontrollierbarer Faktoren. Bereichsgemeinkosten zeichnen sich dadurch aus, dass sie für mehrere Geschäftsbereiche gemeinsam anfallen. Für die Bereichsleiter gelten sie als nicht kontrollierbar, wenn sie weder Einfluss auf die Menge der Leistung haben, für die diese Kosten anfallen, noch auf die Höhe der Kosten für diese Leistung. Als Beispiele für nicht kontrollierbare Bereichsgemeinkosten können die Kosten für die Unternehmungsleitung und die Verwaltung auf Unternehmungsebene (z. B. Rechnungswesen, interne Revision, Unternehmungsplanung, Public und Investor Relations) sowie Steuern und Zinsen genannt werden. Die Bereichsgemeinkosten für Leistungen, die Zentralbereiche für mehrere Geschäftsbereiche gemeinsam erbringen (z. B. IT, Forschung und Entwicklung, Weiterbildung), können beeinflussbar oder sogar kontrollierbar sein. Beeinflussbar sind diese Bereichsgemeinkosten, sofern die Bereichsleiter zwar auf die Menge der erstellten Leistung, nicht jedoch auf die Kosten für diese Leistung Einfluss nehmen können. Kann der Bereichsleiter die Leistung vom Zentralbereich beziehen, aber auch extern beschaffen, hat er Einfluss auf die Mengen- und die Wertkomponente der Kosten für diese Leitung. In diesem Fall sind die Bereichsgemeinkosten für die vom Zentralbereich bezogenen Leistungen kontrollierbar (vgl. Drury (2020), <?page no="314"?> 314 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele S. 519 f.). Abb. 7.8 zeigt die Arten der Bereichsgemeinkosten nach dem Grad der Beeinflussbarkeit durch die Bereichsleiter. Arten von Bereichsgemeinkosten Umfang der Beeinflussbarkeit Beispiele nicht kontrollierbare Bereichsgemeinkosten Mengen- und Wertkomponente der Leistung sind nicht beeinflussbar Kosten der Unternehmungsleitung, der Verwaltung auf Unternehmungsebene (z. B. Rechnungswesen) beeinflussbare (teilweise kontrollierbare) Bereichsgemeinkosten Mengenkomponente ist über die beanspruchte Menge der Leistung beeinflussbar Wertkomponente der Leistung ist nicht beeinflussbar Kosten für Leistungen der Zentralbereiche kontrollierbare Bereichsgemeinkosten Mengen- und Wertkomponente der Leistung sind beeinflussbar Kosten für Leistungen, die extern beschafft oder von einem Zentralbereich bezogen werden können Abb. 7.8: Arten von Bereichsgemeinkosten nach der Beeinflussbarkeit Faktoren, die Einfluss auf die Bereichsergebnisse haben, von den Bereichsleitern jedoch nicht kontrollierbar sind, werden zu folgenden Kategorien zusammengefasst (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 503 ff.): Markt und Wettbewerb, höhere Gewalt sowie Sachinterdependenzen. Faktoren der Kategorie „Markt und Wettbewerb“ sind die Nachfrage der Kunden und damit verbunden die Absatzpreise, Veränderungen des Kundengeschmacks oder der Bedürfnisse der Kunden, Boykottaufrufe, Handlungen der Wettbewerber, Gesetze und Vorschriften, Inflation, Beschäftigung, Konsumklima und Wechselkurse. Diese Faktoren sind jedoch auch Ursachen für Chancen und Risiken der Unternehmung. Es ist deshalb die Aufgabe der Bereichsleiter auf Änderungen dieser Faktoren zu reagieren und Handlungen vorzunehmen, um sich bietende Chancen zu nutzen und drohende Risiken abzuwenden. Die Faktoren selbst sind für die Bereichsleiter nicht kontrollierbar. Die Bereichsleiter haben jedoch Einfluss auf die finanziellen Wirkungen der Veränderungen bei diesen Faktoren. Die Bereichsleiter sollten deshalb grundsätzlich für Zielabweichungen verantwortlich gemacht werden, die durch diese Faktoren verursacht worden sind. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden außergewöhnliche Veränderungen bei Faktoren mit bedeutendem Einfluss auf das Bereichsergebnis. Unvorhersehbare Ereignisse, die einmalig und schwerwiegend sind, gehören zu der als „höhere Gewalt“ bezeichneten Kategorie der von den Bereichsleitern nicht kontrollierbaren Faktoren. Zu ihnen zählen Stürme, Fluten, Erdbeben, Unruhen und Streiks, Terroranschläge, Pandemien, Diebstähle sowie nicht fahrlässig verursachte Brände, Unfälle oder Ausfälle bei wichtigen Anlagen. Auch diese Ereignisse können <?page no="315"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 315 Chancen bieten, die von den Bereichsleitern genutzt werden sollten. Ihre Aufgabe ist es auch, auf solche Ereignisse zu reagieren, um ihre Wirkungen auf das Erreichen der Unternehmungsziele zu begrenzen und den Verantwortungsbereich an eine veränderte Situation anzupassen. Durch die Stärkung der Resilienz können Bereichsleiter ihre Verantwortungsbereiche auf solche Ereignisse vorbereiten. Dennoch ist es üblich, Bereichsleiter für die finanziellen Wirkungen dieser Ereignisse nicht verantwortlich zu machen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 504). Resilienz Resilienz ist die Fähigkeit des Geschäftsbereichs, potenzielle Bedrohungen wahrnehmen, negative Ereignisse effektiv bewältigen und sich laufend an ändernde Bedingungen anpassen zu können (vgl. Duchek (2020), S. 220). Sachinterdependenzen bewirken, dass Entscheidungen und Handlungen in anderen Verantwortungsbereichen Einfluss auf das Bereichsergebnis des Geschäftsbereichs haben. Beziehen die Verantwortungsbereiche Leistungen von Zentralbereichen oder anderen Geschäftsbereichen, liegt ein Prozessverbund vor. Können diese Leistungen nicht aus anderen Quellen beschafft werden, kann ein Bereichsleiter die finanziellen Wirkungen der Ineffizienzen in den liefernden Verantwortungsbereichen sowie die Mängel der bezogenen Leistungen und ihrer Bereitstellung nicht kontrollieren. Reichen die Kapazitäten der liefernden Verantwortungsbereiche nicht aus, den Bedarf des Geschäftsbereichs zu decken, kann der Leiter dieses Geschäftsbereichs nicht für die finanziellen Wirkungen des durch diesen Engpass verursachten Produktionsrückgangs verantwortlich gemacht werden. Auch Interventionen der Unternehmungsleitung zur horizontalen Koordination der Handlungen verschiedener Geschäftsbereiche sind von den Bereichsleitern nicht beeinflussbare Faktoren. Der Grad der Controllability kann zwischen folgenden Extremen variieren (vgl. Drury/ El-Shinini (2010), S. 7): Engste Fassung Die Bereichsleiter werden weder für die Bereichsgemeinkosten noch für die finanziellen Wirkungen verantwortlich gemacht, die auf nicht kontrollierbare Faktoren zurückgehen. Weiteste Fassung Die Bereichsleiter tragen die Verantwortung für die gesamten Bereichsgemeinkosten und für die finanziellen Wirkungen zumindest einiger ausgewählter nicht kontrollierbarer Faktoren. Varianten des Prinzips der Controllability, die zwischen diesen beiden Extremen liegen, finden sich bei Merchant/ van der Stede ((2023), S. 506, 513): Prinzip der Lenkung der Aufmerksamkeit Bereichsleitern sollte die Verantwortung für die Teile der Bereichsgemeinkosten und die finanziellen Wirkungen derjenigen von ihnen nicht kontrollierbaren Faktoren übertragen werden, auf die ihre Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Prinzip der Beeinflussbarkeit Bereichsleiter sollten für die Teile der Bereichsgemeinkosten und die finanziellen Wirkungen der nicht kontrollierbaren Faktoren verantwortlich gemacht werden, die sie maßgeblich beeinflussen können. <?page no="316"?> 316 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Unabhängig von der Variante kann das Prinzip der Controllability bei der Messung oder der Beurteilung der Managerial Performance umgesetzt werden. Zur Umsetzung dieses Prinzips bei der Performance-Messung werden in die Performance- Maße nur Größen einbezogen, für die der Bereichsleiter verantwortlich gemacht werden soll, d. h., die er kontrollieren kann, die er beeinflussen kann oder auf die seine Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Bei der Umsetzung im Rahmen der Performance-Beurteilung am Ende der Periode werden Abweichungen ermittelt, die um Einflüsse bereinigt sind, für die der Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden soll (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 506). Controllability bei der Performance-Messung Als monetäre Kennzahlen zur Performance-Messung können für den Bereichserfolg die in Abb. 7.9 genannten Erfolgsgrößen herangezogen werden (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 260 ff.). Diese Erfolgsgrößen können direkt als Performance-Maße verwendet werden oder einen Bestandteil einer komplexeren Kennzahl bilden, z. B. einer Rentabilitätsgröße. Die Erfolgsgrößen unterscheiden sich im Umfang, in dem vom Bereichsleiter nicht beeinflussbare Bereichsgemeinkosten auf den Geschäftsbereich verrechnet und von seinen Erlösen subtrahiert werden. Erlöse des Geschäftsbereichs − variable Kosten des Geschäftsbereichs = Deckungsbeitrag des Geschäftsbereichs − fixe Bereichseinzelkosten des Geschäftsbereichs = direkter Bereichserfolg − verrechnete beeinflussbare fixe Bereichsgemeinkosten = beeinflussbarer Bereichserfolg − verrechnete nicht beeinflussbare Bereichsgemeinkosten = Bereichserfolg des Geschäftsbereichs vor Zinsen und Steuern − Ertragssteuern = Periodenüberschuss des Geschäftsbereichs (Net Income) Abb. 7.9: Erfolgskennzahlen für die Performance-Messung Zur Messung der Economic Performance wird der beeinflussbare Bereichserfolg vorgeschlagen. Als Kennzahl zur Messung der Managerial Performance eignet sich grundsätzlich jede der genannten Erfolgsgrößen. [1] Deckungsbeitrag der Geschäftsbereiche Die Manager von Profit Centern verfügen nicht über die Befugnis, um Investitionsentscheidungen treffen zu können. Teile der fixen Kosten, die für die Leistungserstellung und -verwertung in ihren Verantwortungsbereich anfallen, sind von den Bereichsleitern deshalb nicht kontrollierbar. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Performance der Manager von Profit Centern über den Deckungsbeitrag des Geschäftsbereichs zu messen. <?page no="317"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 317 Für die Bereichsleiter sind nur die durch die Investitionsentscheidungen der Unternehmungsleitung determinierten fixen Kosten nicht kontrollierbar, wie z. B. die Abschreibungen auf abnutzbare Anlagegüter. Andere Kategorien der fixen Kosten, wie z. B. die Personalkosten der Service und Revenue Center in den Profit Centern, sind von den Profit-Center-Leitern zumindest beeinflussbar. Die Messung der Performance über den Deckungsbeitrag des Geschäftsbereichs motiviert die Bereichsleiter nicht zur Steigerung oder Sicherung der Effizienz im Gemeinkostenbereich ihres Verantwortungsbereichs. Als Folge kann in den Gemeinkostenbereichen Empire Building auftreten, das die Erreichung der Unternehmungsziele gefährdet. [2] Direkter Bereichserfolg Werden vom Deckungsbeitrag eines Geschäftsbereichs seine fixen Bereichseinzelkosten subtrahiert, ergibt sich der direkte Bereichserfolg. Die fixen Bereichseinzelkosten sind diejenigen fixen Kosten, die ausschließlich für den jeweiligen Geschäftsbereich anfallen und für diesen auch getrennt erfasst werden, wie z. B. die Abschreibungen der im Geschäftsbereich eingesetzten abnutzbaren Anlagegüter und die Gehälter der ausschließlich im jeweiligen Geschäftsbereich tätigen Mitarbeiter. Der direkte Bereichserfolg ist Ausdruck des Betrags, den der Geschäftsbereich zur Deckung der Kosten der Unternehmungsleitung, der Verwaltung auf Unternehmungsebene und der Zentralbereiche leistet. Profit-Center-Leiter können fixe Bereichseinzelkosten, die Wirkungen der Investitionsentscheidungen der Unternehmungsleitung sind, nicht kontrollieren. Über die Verrechnung dieser Kosten werden für den Bereichsleiter jedoch die Wirkungen seines Handelns auf die Bereitschaftskosten seines Bereichs sichtbar. Es handelt sich hierbei um die Kosten für das Vorhalten der Kapazitäten für die Leistungserstellung und -verwertung, die unabhängig von ihrer Nutzung anfallen (vgl. Drury/ El-Shishini (2010), S. 22). Die Bereichsgemeinkosten der Zentralbereiche kann der Bereichsleiter zumindest über die von seinem Geschäftsbereich beanspruchte Leistungsmenge beeinflussen. Bei Verwendung des direkten Bereichserfolgs für die Performance-Messung verursacht der Verbrauch von Leistungen der Zentralbereiche aus der Sicht der Bereichsleiter jedoch keine Kosten. Die Bereichsleiter werden damit nicht zum effizienten Umgang mit den Leistungen der Zentralbereiche motiviert. [3] Beeinflussbarer Bereichserfolg Diese Erfolgsgröße ist definiert als Differenz aus dem direkten Bereichserfolg und den beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten. Letztere fallen für mehrere Geschäftsbereiche gemeinsam an, sind aber durch die Bereichsleiter bis zu einem gewissen Grad beeinflussbar. Zu dieser Kostenkategorie zählen vor allem die Kosten der Zentralbereiche, die von den Bereichsleitern über die beanspruchten Leistungen beeinflusst werden können. Der beeinflussbare Bereichserfolg ist als der Überschuss der Erlöse über die vom Bereichsleiter beeinflussbaren Kosten zu interpretieren. Die Verantwortung für den beeinflussbaren Bereichserfolg motiviert die Bereichsleiter zum effizienten Umgang mit allen Ressourcen, über deren Verwendung im Geschäftsbereich entschieden wird. Für den Vergleich mit Unternehmungen der gleichen Branche eignet sich der beeinflussbare Bereichserfolg jedoch nicht, da die vom Bereichsleiter nicht <?page no="318"?> 318 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele beeinflussbaren Kosten unberücksichtigt bleiben, aber bei der Berechnung des Erfolgs einer unabhängigen Unternehmung subtrahiert werden. [4] Bereichserfolg vor Zinsen und Steuern Der Bereichserfolg vor Steuern und Zinsen wird ermittelt, indem ein Anteil an den nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten auf den Geschäftsbereich verrechnet und vom beeinflussbaren Bereichserfolg subtrahiert wird. Die nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten umfassen die Kosten der Unternehmungsleitung sowie der Verwaltung auf Unternehmungsebene. Die nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten können nur willkürlich auf die Geschäftsbereiche verrechnet werden. Sie spiegeln deshalb keine Kosten wider, die für die einzelnen Geschäftsbereiche anfallen. Durch die willkürliche Verrechnung gibt der Bereichserfolg vor Steuern und Zinsen die Performance des Geschäftsbereichs oder des Bereichsleiters verzerrt wieder. Die Economic Performance sollte deshalb nicht über den Bereichserfolg vor Steuern und Zinsen, sondern über den beeinflussbaren Bereichserfolg gemessen werden (vgl. Drury (2020), S. 519). Trotz des Nachteils der willkürlichen Gemeinkostenverrechnung gibt es eine Reihe von Argumenten, die für die Einbeziehung verrechneter nicht beeinflussbarer Bereichsgemeinkosten in Kennzahlen für die Messung der Managerial Performance sprechen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 261; Drury/ El-Shishini (2010), S. 22): Bei den Bereichsleitern kann ein Bewusstsein für diejenigen Kosten geschaffen werden, die durch ihren beeinflussbaren Bereichserfolg zu decken sind. Durch die Vorgabe des Bereichserfolgs vor Zinsen und Steuern werden sie angehalten, über ihr Handeln und Entscheiden einen Beitrag zur Deckung dieser Kosten zu leisten. Durch die Verrechnung der nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten gewinnen die Bereichsleiter einen Überblick über die Kosten der Unternehmungsleitung und der Verwaltung auf Unternehmungsebene. Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass Bereichsleiter Druck auf die Unternehmungsleitung und die Leiter der Verwaltung auf Unternehmungsebene ausüben, um sie zur Erhöhung der Effizienz in ihren Bereichen zu bewegen. Auf diese Weise kann dem Empire Building in diesen Bereichen begegnet werden. In die Berechnung des Periodenüberschusses gehen die gesamten Kosten ein, die auch in unabhängigen Unternehmungen anfallen, wie z. B. die Kosten für das Rechnungswesen. Mit der Verrechnung der gesamten Bereichsgemeinkosten werden die Voraussetzungen für den Vergleich eines Geschäftsbereichs mit Unternehmungen der gleichen Branche geschaffen. Durch solche Vergleiche können Informationen generiert werden, die Aufschluss über das Ausmaß unerwünschter Wirkungen der Verhaltensinterdependenzen geben. [5] Periodenüberschuss (Net Income) Wird vom Bereichserfolg vor Zinsen und Steuern der auf den Geschäftsbereich entfallende Anteil an den Ertragssteuern der Unternehmung subtrahiert, ergibt sich der Periodenüberschuss (Net Income). Die Ertragssteuern der Unternehmung sind den Geschäftsbereichen nicht direkt zurechenbar und können nur willkürlich verrechnet werden. Die Entscheidungen mit Einfluss auf die Ertragssteuern werden überwiegend auf der Ebene der Unternehmungsleitung getroffen. Über ihre Entscheidungen <?page no="319"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 319 und Handlungen haben Bereichsleiter jedoch bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf die Ertragssteuern der Unternehmung. Mit der Vorgabe des Periodenüberschusses werden Bereichsleiter angehalten, bei der Entscheidungsfindung auch die Wirkungen ihrer Handlungen auf die Ertragssteuern zu berücksichtigen. Controllability bei der Performance-Beurteilung Das Prinzip der Controllability kann auch bei der Beurteilung der Managerial Performance am Ende der Periode umgesetzt werden. Dazu werden Abweichungen von der Zielvorgabe ermittelt, die um alle Einflüsse bereinigt sind, für die der Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden soll. In die Bemessungsgrundlage der Anreizsysteme für die Bereichsleiter sollte die bereinigte Abweichung als Beurteilungsgröße eingehen. Für die Bereinigung der Abweichungen um Einflüsse, für die Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden sollen, sind folgende Verfahren vorgeschlagen worden: die Elimination, die Abweichungsanalyse, die Flexibilisierung der Vorgabewerte, die relative Performance-Beurteilung sowie die subjektive Performance-Beurteilung (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 507 ff.). Für die Beurteilung der finanziellen Managerial Performance wird die Abweichung des Ist-Wertes vom Vorgabewert (Planwert) des Bereichsergebnisses ermittelt, z. B. des Bereichserfolgs des Geschäftsbereichs. Um eine Erfolgsabweichung um nicht beeinflussbare Effekte zu bereinigen, können der Ist-Wert oder der Planwert des Bereichserfolgs angepasst werden. Diesem Prinzip folgen die Elimination, die Flexibilisierung der Vorgabewerte und die relative Performance-Messung. Abweichungsanalysen folgen einem anderen Prinzip. Sie sehen die Berechnung der finanziellen Wirkungen nicht beeinflussbarer Effekte vor, die anschließend von der Erfolgsabweichung subtrahiert werden. Die subjektive Performance-Beurteilung kann als Kombination dieser Prinzipien zur Ermittlung einer bereinigten Erfolgsabweichung verstanden werden (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 261; Merchant/ van der Stede (2023), S. 507 ff.). [1] Elimination Es gibt mehrere Argumente, die für die Verrechnung nicht beeinflussbarer Bereichsgemeinkosten auf die Geschäftsbereiche und ihre Einbeziehung in den Bereichserfolg zur Performance-Messung sprechen. Zur Bereinigung der Erfolgsabweichung um Veränderungen bei diesen Kosten für die Performance-Beurteilung sieht die Elimination die Anpassung des Ist-Werts des Bereichserfolgs vor. Der Ist-Wert für die Performance-Beurteilung wird mit dem Planwert der nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten berechnet, der auch bei der Berechnung des Planerfolgs des Geschäftsbereichs verwendet worden ist (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 261). Dieses Verfahren eignet sich nicht nur für die Bereinigung der Erfolgsabweichung um Änderungen bei den nicht beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten, sondern auch zur Korrektur um die finanziellen Wirkungen von Weisungen der Unternehmungsleitung. Bei Profit Centern können mit dieser Methode Erfolgsabweichungen um Veränderungen bei den Abschreibungen auf abnutzbare Anlagegüter bereinigt werden, die durch Investitionsentscheidungen der Unternehmungsleitung verursacht worden sind. [2] Abweichungsanalyse Zweck der Abweichungsanalyse ist es, Informationen über die Ursachen festgestellter Erfolgsabweichungen zu generieren. Dazu wird die Erfolgsabweichung in Teil- <?page no="320"?> 320 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele abweichungen gespalten. Eine Teilabweichung ist der Teil der Erfolgsabweichung, der durch eine Abweichung bei einer einzelnen Bestimmungsgröße des Bereichserfolgs verursacht worden ist. Mit den Informationen einer Abweichungsanalyse können zum einen die Performance-Beurteilung auf der Ebene der Unternehmungsleitung (Beurteilungsfunktion) und zum anderen das Single-Loop-Lernen auf der Ebene der Bereichsleitungen unterstützt werden. Für die Performance-Beurteilung werden Teilabweichungen für diejenigen Bestimmungsgrößen berechnet, für deren Wirkungen die Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden sollen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 507). Eine Abweichungsanalyse wird in folgenden Schritten durchgeführt (vgl. Govindarajan u. a. (2014), S. 507): Gliederung der Erfolgsabweichung in Abweichungen bei ausgewählten Bestandteilen des Bereichserfolgs, Auswahl der Bestimmungsgrößen des Bereichserfolgs, für die Teilabweichungen ermittelt werden sollen, Berechnung der Teilabweichungen sowie Bereinigung der Erfolgsabweichung durch Subtraktion der Teilabweichungen, für die der Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden soll. Erfolgsabweichung Erlösen Herstellkosten Variablen Herstellkosten Fixen Herstellkosten Erlösen Region 1 Erlösen Region M ... Abweichungen bei Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten Abweichungen bei Beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten Nicht Beeinflussbaren Bereichsgemeinkosten ... Fertigungsgemeinkosten Materialeinzelkosten ... Erlösen Produkt 1/ K Erlösen Produkt M/ 1 ... Erlösen Produkt 1/ 1 Erlösen Produkt M/ N ... Abweichungen bei Materialeinzelkosten für intern bezogene Bauteile Materialeinzelkosten für extern bezogene Bauteile Abweichungen bei Abb. 7.10: Hierarchie von Abweichungen bei Bestandteilen des Bereichserfolgs Das Ergebnis des ersten Schrittes ist eine Hierarchie von Abweichungen bei Bestandteilen des Bereichserfolgs. Beginnend mit der für einen Geschäftsbereich ermittelten Erfolgsabweichung an der Spitze der Hierarchie werden die Kosten- und Erlösabweichungen durch den Vergleich der jeweiligen Ist- und Planwerte ermittelt. Die Abweichungen der nachfolgenden Hierarchieebenen werden wieder durch die Gegen- <?page no="321"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 321 überstellung der Ist- und Planwerte einzelner Kosten- und Erlöskategorien ermittelt, bis auf der untersten Ebene die Kostenabweichungen bei ausgewählten Einsatzgütern und die Erlösabweichungen bei einzelnen Produktgruppen oder Produkten bestimmt worden sind. Für die Unterstützung der Performance-Beurteilung sollten die Abweichungen für Bestandteile des Bereichserfolgs getrennt ausgewiesen werden, die von den vom Bereichsleiter nicht zu verantwortenden Wirkungen betroffen sind. Vorige Abb. 7.10 zeigt ein Beispiel für eine Hierarchie von Abweichungen. Für die Performance-Beurteilung werden die Teilabweichungen der Bestimmungsgrößen berechnet, für deren finanziellen Wirkungen der Bereichsleiter nicht verantwortlich gemacht werden soll. Beispiele sind das Marktvolumen und der Branchenpreis auf der Erlösseite sowie die Einsatzgüterpreise bei Störungen der Lieferketten auf der Kostenseite. Die Berechnung der Teilabweichungen setzt voraus, dass aus der Planung des Bereichserfolgs die erwarteten Werte (Planwerte) für die interessierenden Bestimmungsgrößen bekannt sind. Für die Berechnung der Teilabweichungen ist eine Vielzahl von Methoden vorgeschlagen worden, wie z. B. die kumulative und die addierende Methode, die in Lehrbüchern zur Kostenrechnung ausführlich behandelt werden (vgl. z. B. Friedl (2010), S. 259 ff.). [3] Flexibilisierung der Vorgabewerte Zur Bereinigung der Erfolgsabweichung am Ende der Planperiode kann dem Ist-Wert des Bereichserfolgs auch ein Planwert gegenübergestellt werden, der an eine Veränderung der interessierenden Bestimmungsgröße des Bereichserfolgs angepasst worden ist. Dieser angepasste Planwert wird als Soll-Wert oder auch als ex-post-Planwert des Bereichserfolgs bezeichnet. Der Soll-Wert wird unter der Annahme ermittelt, dass bereits zum Planungszeitpunkt Kenntnisse über die Ist-Werte der interessierenden Bestimmungsgrößen vorgelegen haben, wie sie am Ende der Planperiode gegeben sind. Dazu wird am Ende der Planperiode nachträglich ein neuer Vorgabewert für den Bereichserfolg geplant, der sich vom ursprünglichen (ex ante-)Planwert durch die Verwendung der Ist-Werte der interessierenden Bestimmungsgrößen unterscheidet. Für die Berechnung des Soll-Werts des Bereichserfolgs müssen wie auch bei der Abweichungsanalyse die Planwerte der interessierenden Bestimmungsgrößen bekannt sein. Beispiele zur Flexibilisierung der Vorgabewerte Verursacht eine Störung der Lieferketten bei einem dominanten Einsatzgut eine außergewöhnliche Preissteigerung, wird der Bereichserfolg nachträglich mit den aktuellen Preisen dieses Einsatzguts erneut geplant und dem Ist-Wert des Bereichserfolgs gegenübergestellt. Zur Bereinigung der Erfolgsabweichung bei einem Absatzeinbruch infolge eines politischen Exportverbots wird am Ende der Planperiode der Bereichserfolg nochmals ohne die Erlöse geplant, die durch das Exportverbot weggefallen sind. Hat das Exportverbot auch zu einem Preisverfall auf dem Absatzmarkt geführt, werden in die Berechnung der Soll-Werte des Bereichserfolgs auch die aktuellen Absatzpreise einbezogen. [4] Relative Performance-Beurteilung Auch bei dieser Methode wird zur Bereinigung einer Erfolgsabweichung der Planwert durch einen angepassten Wert ersetzt. Dem Ist-Wert gegenübergestellt wird <?page no="322"?> 322 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele nicht der Planwert, sondern der Ist-Wert eines Vergleichspartners. Bei diesem kann es sich um einen anderen Geschäftsbereich der Unternehmung handeln oder um eine andere Unternehmung. Als Vergleichspartner gewählt werden sollten nur andere Geschäftsbereiche oder Unternehmungen, deren Leistungsprogramm dem des betrachteten Geschäftsbereichs sehr ähnlich ist. Auf die Vergleichspartner sollten zudem möglichst ähnliche nicht kontrollierbare Faktoren wirken. [5] Subjektive Performance-Beurteilung Bei dieser Methode wird der Istdem Planwert des Bereichserfolgs gegenübergestellt. Die ermittelte Abweichung wird von der Unternehmungsleitung ohne jede weitere rechnerische Bereinigung unter Berücksichtigung ihrer Kenntnisse über die Situation während der Planperiode beurteilt. Diese Methode zur Bereinigung des Bereichserfolgs ist mit der Gefahr einer ungerechten, inkonsistenten oder verzerrten Bewertung verbunden. Eine Ursache für solche Fehlurteile kann sein, dass sich die Unternehmungsleitung bei der Beurteilung am Erfolg anderer Geschäftsbereiche oder Unternehmungen orientiert, die nicht die Voraussetzungen für eine relative Performance-Beurteilung erfüllen. Hinzu kommt, dass Handlungen im Geschäftsbereich am Ende der Planperiode bei Kenntnis der Entwicklung aller Bestimmungsgrößen des Bereichserfolgs anders beurteilt werden als bei den Entscheidungen, die während der Planperiode ohne diese Kenntnisse zu treffen waren (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 510 ff.). Klarheit der Zielvorgaben Damit Zielvorgaben ihre Vorgabefunktion erfüllen können, sollten sie klar formuliert sein. Dazu sollten Zielvorgaben kongruent, spezifisch und vollständig sein. Zudem sollten sich die Bereichsleiter an die Zielvorgaben gebunden fühlen. Zielvorgaben sind kongruent, wenn sie die Unternehmungsziele geeignet abbilden (vgl. Troßmann (2018), S. 138). Sie sollten die Bereichsleiter in einer Weise beeinflussen, die eine Ausrichtung ihrer Entscheidungen und Handlungen an den Unternehmungszielen bewirkt. Kongruenz sollte zum einen zwischen den Unternehmungszielen und den Zielkriterien der Zielvorgaben bestehen und zum anderen zwischen den Zielkriterien der Zielvorgaben und den Kennzahlen, die als Performance-Maße gewählt werden. Nur diese doppelte Kongruenz stellt sicher, dass die gemessene Performance, der zur Erreichung der Unternehmungsziele notwendigen Performance entspricht (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 34, 118 f.). Nach der Zielsetzungstheorie führen spezifische Vorgaben zu besseren Ergebnissen als vage Zielvorgaben, wie z. B. „Verbesserung des Bereichserfolgs des Vorjahres“. Vage formulierte Ziele werden aus der Sicht der Bereichsleiter durch ein breites Spektrum der Performance erfüllt, auch solche, die unter den Möglichkeiten des Geschäftsbereichs liegen. Spezifische Zielvorgaben legen die erwartete Performance eindeutig fest (vgl. Locke/ Latham (2002), S. 706). Die Zielsetzungstheorie besagt auch, dass der Einfluss der Zielvorgaben auf die Performance eines Geschäftsbereichs vom Grad der Zielbindung abhängt (vgl. Locke/ Latham (2002), S. 714). Die Zielbindung ist die Intensität, mit der sich der Bereichs- <?page no="323"?> 7.2 Anforderungen an Zielvorgaben 323 leiter mit der Zielvorgabe identifiziert und er sich verpflichtet fühlt, sie zu erreichen. Beeinflusst werden kann die Zielbindung durch die Partizipation der Bereichsleiter bei der Festlegung der Zielvorgaben durch die Unternehmungsleitung (vgl. Künzli (2019), S. 667 f.). Sie hängt weiterhin davon ab, inwieweit die Zielvorgaben von den Bereichsleitern als kontrollierbar, erstrebenswert und erreichbar wahrgenommen werden (vgl. Troßmann (2018), S. 142). Die Zielkriterien und Kennzahlen der Zielvorgaben determinieren den Umfang der Performance-Messung. Größen mit Einfluss auf die Erreichung der Unternehmungsziele, die nicht in die Performance-Messung eingehen, werden von den Bereichsleitern bei der Entscheidungsfindung vernachlässigt oder überhaupt nicht berücksichtigt. Eine Zielvorgabe ist deshalb nur dann vollständig, wenn sie alle Größen mit Einfluss auf das Erreichen der Unternehmungsziele einbezieht, die durch das Entscheiden und Handeln im betrachteten Geschäftsbereich erkennbar in Richtung der erwünschten Performance verändert werden können. Effektivität und Effizienz der Performance-Maße Effektive Performance-Maße (Kennzahlen) zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei den Bereichsleitern das gewünschte Verhalten bewirken. Kennzahlen sollten deshalb nicht nur zielkongruent sein und dem Prinzip der Controllability entsprechen, sondern auch verständlich sein und eine genaue, objektive und zeitnahe Performance-Messung ermöglichen. Performance-Maße sollten zudem eine effiziente Performance-Messung zulassen, d. h., die Kosten, um die Daten für die Feststellung der Ist-Werte zu generieren, sollten in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Performance-Messung und -Beurteilung stehen (vgl. Merchant/ van der der Stede (2023), S. 38). Die Ergebnisse der Performance-Messung sollten genau sein, d. h. möglichst frei von zufälligen oder systematischen Fehlern. Die Genauigkeit der Performance-Messung mit einer Kennzahl wird durch ihre Validität und Reliabilität bestimmt. Die Validität der Messung steht für die Übereinstimmung zwischen dem gemessenen Ist-Wert und dem wirklichen Wert der Kennzahl und ist ein Maß für systematische Fehler bei der Performance-Messung. Beispiele für Performance-Maße, mit denen die Performance nicht valide gemessen werden kann, sind die aus Daten des externen Rechnungswesens gebildeten Kennzahlen. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (z. B. Grundsatz der Vorsicht) sind Ursachen systematischer Fehler bei der Performance-Messung. Reliabilität ist die Zuverlässigkeit der mit einer Kennzahl gemessenen Performance. Interpretiert werden kann sie als Grad, zu dem die Messung frei von Zufallsfehlern ist. Die Reliabilität äußert sich darin, dass jede Wiederholung der Performance-Messung mit dieser Kennzahl unter unveränderten Rahmenbedingungen zu identischen Messergebnissen führt (vgl. Homburg (2020), S. 278 f.). Rechtliche Vorschriften, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und auch andere Rechnungslegungsstandards gewährleisten, dass die Performance-Messung mit rechnungswesenbasierten Kennzahlen weitgehend reliabel ist. Objektivität ist gegeben, wenn mehrere Personen, die unabhängig voneinander die Messung vornehmen, zum gleichen Ergebnis kommen. Sie muss frei von persönlichen Meinungen, Befindlichkeiten, Gefühlen, Vorlieben und Interpretationen sein. Kennzahlen für die Performance-Messung sollten deshalb möglichst eindeutig sein <?page no="324"?> 324 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele und keine Freiräume bei der Auswertung und Interpretation lassen (vgl. Homburg (2020), S. 278). Um die Objektivität zu wahren, sollte die Performance-Messung nicht den Bereichsleitern überlassen werden. Der zeitliche Abstand zwischen den Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen und der Messung der daraus resultierenden Performance ist für die Aktualität der generierten Informationen maßgebend. Mit der Bereitstellung aktueller Informationen über die Performance werden die Voraussetzungen geschaffen, um das Entscheiden und Handeln in den Bereichen frühzeitig korrigieren zu können (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 39 f.). Die Verständlichkeit bezieht sich auf zwei Eigenschaften einer Kennzahl zur Performance-Messung. Die Bereichsleiter sollten zum einen verstehen, welche Wirkungen ihrer Entscheidungen und Handlungen mit der Kennzahl gemessen werden. Weiterhin sollte ihnen zumindest in groben Zügen bekannt sein, wie zu entscheiden und zu handeln ist, um den Ist-Wert der Kennzahl zu beeinflussen. Mit Kennzahlen, die nicht verständlich sind, lässt sich das Verhalten der Bereichsleiter nicht in die gewünschte Richtung lenken (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 40). Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße Kennzeichnung traditioneller Kennzahlen Arten traditioneller Kennzahlen Als „traditionell“ werden monetäre Kennzahlen bezeichnet, die aus unkorrigierten Daten des Rechnungswesens gebildet werden. Zu den traditionellen Kennzahlen zählen zum einen Erfolgsgrößen und zum anderen Kennzahlen, die Erfolgsgrößen und Größen für diejenigen Mittel miteinander verknüpfen, die eingesetzt worden sind, um den Erfolg zu erwirtschaften. Auf Unternehmungsebene werden zur Berechnung traditioneller Kennzahlen der Jahresüberschuss als Erfolgsgröße und eine Größe für den Kapitaleinsatz herangezogen. Aus diesen Größen können Rentabilitätskennzahlen und Kennzahlen zum Residualerfolg gebildet werden. Allgemein handelt es sich bei einer Rentabilitätskennzahl um eine Beziehungszahl, die eine Erfolgsgröße in Beziehung zu einer Einflussgröße auf den erwirtschafteten Erfolg setzt. Einige häufig verwendete Rentabilitätskennzahlen sind die Eigenkapitalrentabilität, die Gesamtkapitalrentabilität und die Umsatzrentabilität. Die Eigenkapitalrentabilität ist der Quotient aus dem Jahresüberschuss und dem Eigenkapital. Sie ist eine für die Eigenkapitalgeber relevante Kennzahl und kann als die prozentuale Verzinsung des von den Eigentümern der Unternehmung eingesetzten Kapitals interpretiert werden. Die aus der Sicht der Eigen- und Fremdkapitalgeber relevante Rentabilitätskennzahl ist die Gesamtkapitalrentabilität. Zähler dieser Beziehungszahl ist die Summe aus dem den Eigentümern zustehenden Jahresüberschuss und den Zinsen, die den Gläubigern zukommen, d. h. der Jahresüberschuss vor Zinsen (Earnings before interest, EBI). Die Summe aus dem Eigenkapital und dem Fremdkapital, d. h. das Gesamtkapital, bildet den Nenner dieser Kennzahl. Die Umsatzrentabilität setzt den Jahresüberschuss ins Verhältnis zu dem Umsatz, mit dem er erzielt worden ist (vgl. z. B. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 812 f.). <?page no="325"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 325 Eigenkapitalrentabilität: Jahresüberschuss EKR Eigenkapital = Gesamtkapitalrentabilität: Jahresüberschuss Zinsen GKR Eigenkapital Fremdkapital + = + Umsatzrentabilität: Jahresüberschuss UR Umsatz = Kennzahlen zum Residualerfolg (Residual Income, RI) sind absolute Kennzahlen, die als Differenz aus einer Erfolgsgröße und den Kosten des Kapitals berechnet werden, das eingesetzt worden ist, um den Erfolg zu erwirtschaften. Ermittelt werden die Kapitalkosten als absoluter Betrag durch Multiplikation des eingesetzten Kapitals mit dem Kapitalkostensatz. Für die Berechnung des Residualerfolgs stehen die Netto- und die Bruttomethode zur Verfügung (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 486). Nach der Nettomethode wird der Residualerfolg als Differenz aus dem Jahresüberschuss ( JÜ) und der von den Eigentümern geforderten Verzinsung (k e ) des Eigenkapitals (EK) berechnet. Bei Berechnung des Residualerfolgs nach der Bruttomethode werden von der Summe aus dem Jahresüberschuss und den Zinsen (Z), die den Fremdkapitalgebern zufließen, die Kosten des Gesamtkapitals subtrahiert. Ermittelt werden die Kosten des Gesamtkapitals aus dem Gesamtkapital (GK) und einem Gesamtkapitalkostensatz (k g ). Residualerfolg nach der Nettomethode: = − ⋅ N e RI JÜ k EK Residualerfolg nach der Bruttomethode: = + − ⋅ B g RI JÜ Z k GK Auf der Ebene der Verantwortungsbereiche ist die Zusammensetzung des eingesetzten Kapitals aus Eigen- und Fremdkapital nicht bekannt. Auch werden die Entscheidungen zur Finanzierung der Investitionen in den Verantwortungsbereichen in der Regel von der Unternehmungsleitung getroffen. Die Performance-Maße sollten deshalb um den Einfluss von Veränderungen der Kapitalstruktur bereinigt werden. Als Performance-Maße in den Zielvorgaben für Verantwortungsbereiche eignen sich deshalb vor allem die Gesamtkapitalrentabilität und der nach der Bruttomethode berechnete Residualerfolg (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 812 f.). Für die Gesamtkapitalrentabilität als Performance-Maß für die Verantwortungsbereiche ist die Bezeichnung „Return on Investment (ROI)“ geläufig (vgl. Datar/ Rajan (2018), S. 914). Berechnet werden die Performance-Maße für die Verantwortungsbereiche aus einer Erfolgsgröße für den Bereichserfolg, dem gebundenen Vermögen des Verantwortungsbereichs und dem Gesamtkapitalkostensatz. Der Gesamtkapitalkostensatz wird von der Unternehmungsleitung vorgegeben und kann an die spezifischen Risi- <?page no="326"?> 326 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele ken des jeweiligen Verantwortungsbereichs angepasst sein (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 282; Merchant/ van der Stede (2023), S. 397). Return on Investment des Verantwortungsbereichs: Bereichserfolg ROI Gebundenes Vermögen = Residualerfolg des Verantwortungsbereichs: g RI Bereichserfolg k Gebundenes Vermögen = − ⋅ Über die Finanzierung des zur Erwirtschaftung des Bereichserfolgs eingesetzten Kapitals liegen regelmäßig keine Informationen vor. Es ist deshalb nicht möglich, den Verantwortungsbereichen Teile aus dem Eigen- und dem Fremdkapital zuzuordnen. Es bietet sich deshalb an, in Performance-Maßen für Verantwortungsbereiche eine aktivisch ermittelte Größe für den Kapitaleinsatz zu verwenden (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze (2015), S. 346). Diese werden aus dem Wert der Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens zu Beginn der Periode oder bei einer längeren Planperiode aus einem Durchschnittswert der Vermögensgegenstände zu Beginn und am Ende der Periode ermittelt (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 810). In Performance-Maße wird jedoch nicht das gesamte, sondern nur das gebundene Vermögen des Verantwortungsbereichs einbezogen (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 264). Das gebundene Vermögen eines Verantwortungsbereichs ist die Summe aus dem Anlagevermögen und dem Working Capital des Verantwortungsbereichs. Das Working Capital eines Verantwortungsbereichs wird als Differenz aus dem Umlaufvermögen und dem unverzinslichen Fremdkapital (z. B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Kundenanzahlungen) ermittelt. Anders formuliert handelt es sich beim gebundenen Vermögen um das Gesamtvermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals. Abb. 7.11 verdeutlicht die Zusammensetzung dieser Vermögensgröße am Beispiel des gebundenen Vermögens der Unternehmung. Langfristiges Fremdkapital (Anleihen, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Working Capital Gesamtkapital Gesamtvermögen Gebundenes Vermögen Umlaufvermögen Eigenkapital Anlagevermögen Passiva Gebundenes Kapital Aktiva Kundenanzahlungen Abb. 7.11: Zusammensetzung des gebundenen Vermögens der Unternehmung <?page no="327"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 327 Der Bereichserfolg in den Performance-Maßen ist eine Erfolgsgröße vor Abzug der Zinsen für das langfristige Fremdkapital. Über verminderte Absatzpreise (Kundenanzahlungen) und erhöhte Einsatzgüterpreise (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) sind die Kosten für das unverzinsliche Fremdkapital über geringere Erlöse und höhere Kosten bereits bei der Ermittlung des Bereichserfolgs berücksichtigt worden. Durch die Verwendung des gebundenen Vermögens in den Performance- Maßen sollen Verzerrungen bei der Performance-Beurteilung durch die ungleiche Berücksichtigung der Kosten für das langfristige Fremdkapital und das unverzinsliche Fremdkapital vermieden werden (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 478 f.). Als weiterer Grund für die Verwendung des gebundenen Vermögens in den Performance-Maßen ist zu nennen, dass das unverzinsliche Fremdkapital nicht von der Unternehmungsleitung eingesetzt, sondern in den Verantwortungsbereichen durch den Umsatzprozess generiert wird. Das gebundene Vermögen ist damit Ausdruck für das von der Unternehmungsleitung in den Verantwortungsbereichen investierte Kapital (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 275). Für die Beurteilung der Bereichsleiter sollte die Managerial Performance ermittelt werden. Das verlangt, dass sowohl der Bereichserfolg als auch das gebundene Vermögen auf der Grundlage der gewählten Variante des Prinzips der Controllability ermittelt werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 393). Berechnung des gebundenen Vermögens Bereichsleiter orientieren sich bei ihren Entscheidungen und Handlungen an den Performance-Maßen. Diese werden neben der Zusammensetzung des Bereichserfolgs auch von der Berechnung des gebundenen Vermögens bestimmt. Es gibt eine Vielzahl von Varianten zur Berechnung des gebundenen Vermögens, die sich unterschiedlich auf die Performance-Maße und damit mittelbar auf das Verhalten der Bereichsleiter beim Aufbau und der Nutzung des gebundenen Vermögens auswirken (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 267 f.). Die Varianten der Berechnung des gebundenen Vermögens unterscheiden sich in den berücksichtigten Vermögensgegenständen, der Bewertung dieser Vermögensgegenstände sowie der Berücksichtigung von Abschreibungen (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 807 ff.). [1] Berücksichtigte Vermögensbestandteile Die Befugnisse der Investment-Center-Leiter können auf Entscheidungen über Investitionen in Lagerbestände, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Maschinen und technische Anlagen begrenzt sein. Bei der Unternehmungsleitung verbleiben in diesem Fall die Entscheidungen über Betriebsgebäude, entgeltlich erworbene Patente, liquide Mittel (Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten) und Wertpapiere des Umlaufvermögens. Das in diesen Bestandteilen des gebundenen Vermögens investierte Kapital ist durch die Bereichsleiter nicht kontrollierbar, jedoch durchaus maßgeblich beeinflussbar. Nach dem Prinzip der Beeinflussbarkeit sollten diese Vermögensgegenstände deshalb in die Kennzahlen zur Messung der Managerial Performance einbezogen werden (vgl. Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 113 f.). Nicht immer können die durch die Bereichsleiter beeinflussbaren Vermögensgegenstände den Verantwortungsbereichen direkt zugerechnet werden. Als Beispiele kön- <?page no="328"?> 328 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele nen gemeinsam für mehrere Verantwortungsbereiche gehaltene Bestände an Einsatzgütern genannt werden oder Maschinen und Gebäude, die durch mehrere Verantwortungsbereiche genutzt werden. Der Wert gemeinsamer Vermögengegenstände kann nach der Inanspruchnahme auf die Verantwortungsbereiche verrechnet werden (vgl. Bruggemann/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 113 ff.). Wird beispielsweise davon ausgegangen, dass die liquiden Mittel von den Erlösen abhängen, können die einem Verantwortungsbereich zuzurechnenden liquiden Mittel wie folgt berechnet werden: Liquide Mittel der Unternehmung Erlöse des Verantwortungsbereichs Erlöse der Unternehmung ⋅ . Um das Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen in eine bestimmte Richtung zu lenken, können weitere Vermögensgegenstände aus den Performance- Maßen entfernt oder hinzugefügt werden. Beispielsweise kann in den Performance- Maßen das gebundene Vermögen um Leerkapazitäten bereinigt werden, sofern sie anderen Verantwortungsbereichen mit einem entsprechenden Kapazitätsbedarf zur Verfügung gestellt werden. Dadurch werden Bereichsleiter motiviert, für ihre Leerkapazitäten nach anderen Nutzungsmöglichkeiten zu suchen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 281). [2] Bewertung der Vermögensgegenstände Im Rechnungswesen werden die Gegenstände des Anlagevermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet. Steigende Preise für Gegenstände des Anlagevermögens schlagen sich deshalb erst zum Zeitpunkt der Wiederbeschaffung im Wert des gebundenen Vermögens nieder, d. h. mit einer relativ großen zeitlichen Verzögerung. Diese zeitliche Verzögerung ist umso kürzer, je älter die Vermögensgegenstände sind. Auf die Bereichserfolge wirken sich steigende Preise über absatzpreisbedingte Erhöhungen der Erlöse und beschaffungspreisbedinge Kostensteigerungen relativ kurzfristig aus. In Zeiten steigender Preise kommt es deshalb zu einem Anstieg der Ist-Werte des Return on Investment und des Residualerfolgs, die ihre Ursache in inflationsbedingten Preissteigerungen haben und nicht in einer Verbesserung der tatsächlichen Performance. Bei der Performance-Beurteilung kommt es damit zu inflationsbedingten Verzerrungen. Diese werden zusätzlich verstärkt, wenn die Performance-Beurteilung auf einem Vergleich mit der Performance eines Verantwortungsbereichs beruht, dessen Anlagevermögen eine andere Altersstruktur aufweist. Bei starker Geldentwertung kann es deshalb bei der Ermittlung der Ist- Werte der Kennzahlen für die Performance-Messung vorteilhaft sein, das Anlagevermögen mit den Wiederbeschaffungspreisen zu bewerten (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 811 f.). [3] Berücksichtigung der Abschreibungen Der Berechnung des gebundenen Vermögens für die Performance-Messung kann der Netto- oder der Bruttowert der Gegenstände des Anlagevermögens zugrunde gelegt werden. Der Bruttowert eines Gegenstands des Anlagevermögens im Zeitpunkt der Performance-Messung ist der Ausgangswert zu Beginn der Nutzungsdauer, d. h. die Anschaffungskosten, die Herstellungskosten oder der Wiederbeschaffungspreis ohne Berücksichtigung vorgenommener Abschreibungen. Der Bruttowert bleibt während der gesamten Nutzungsdauer des Anlagegegenstands konstant. <?page no="329"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 329 Der Nettowert ist die Differenz aus dem Ausgangswert und der Summe aller Abschreibungsbeträge während der bisherigen Nutzungsdauer, d. h. der Buchwert des Anlagegegenstands im Zeitpunkt der Performance-Messung. In jeder Periode während der Nutzungsdauer sinkt der Nettowert des Anlagegegenstands um den jeweiligen Abschreibungsbetrag. Wie das folgende Beispiel zeigt, werden dadurch in jeder Periode der Nutzungsdauer höhere Ist-Werte der Performance-Maße ausgewiesen. Die Erhöhung der Ist-Werte der Performance-Maße ist nicht Ausdruck einer Steigerung der tatsächlichen Performance, sondern geht allein auf den durch Abschreibungen sinkenden Nettowert des Anlagevermögens zurück. Die Ist-Werte bleiben dagegen konstant, wenn das gebundene Vermögen aus den Bruttowerten der Vermögensgegenstände ermittelt wird. Beispiel zur Berücksichtigung von Abschreibungen Ein Investment Center erwirtschaftet mit einer Anlage in jeder Periode einen Bereichserfolg vor Abschreibung in Höhe von 180 T€. Die Anschaffungskosten der Anlage liegen bei 500 T€. Die Anlage wird während ihrer Nutzungsdauer von 5 Jahren linear abgeschrieben. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Ist- Werte für die Performance-Maße während der Nutzungsdauer der Maschine bei Ermittlung des gebundenen Kapitals mit dem Brutto- und dem Nettowert der Anlage. Unterscheiden sich die Verantwortungsbereiche der Unternehmung in der Altersstruktur ihres Anlagevermögens, schränken die Abschreibungseffekte bei Berechnung der Kennzahlenwerte mit dem Nettowert der Vermögensgegenstände den Informations- Entwicklung des Brutto- und des Nettowerts der Maschine Periode Größen Beginn Jahr 1 Ende Jahr 1 2 3 4 5 Bereichserfolg vor Abschreibung − 180 T€ 180 T€ 180 T€ 180 T€ 180 T€ Abschreibung − 100 T€ 100 T€ 100 T€ 100 T€ 100 T€ Bereichserfolg nach Abschreibung − 80 T€ 80 T€ 80 T€ 80 T€ 80 T€ Bruttowert der Anlage 500 T€ 500 T€ 500 T€ 500 T€ 500 T€ 500 T€ Nettowert der Anlage 500 T€ 400 T€ 300 T€ 200 T€ 100 T€ − Ist-Werte der Performance-Maße bei einem Kapitalkostensatz von 10 % Ende Jahr Ist-Werte 1 2 3 4 5 ROI bei Bewertung mit dem Bruttowert 16 % 16 % 16 % 16 % 16 % ROI bei Bewertung mit dem Nettowert 16 % 20 % 26,67 % 40,0 % 80 % RI bei Bewertung mit dem Bruttowert 30 T€ 30 T€ 30 T€ 30 T€ 30 T€ RI bei Bewertung mit dem Nettowert 30 T€ 40 T€ 50 T€ 60 T€ 70 T€ <?page no="330"?> 330 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele gehalt interner Betriebsvergleiche für die Performance-Beurteilung ein. Abschreibungseffekte können deshalb Fehlentscheidungen der Unternehmungsleitung bei der Verteilung der Investitionsmittel auf die Verantwortungsbereiche zur Folge haben. Bei Berechnung des gebundenen Vermögens aus den Nettowerten erhöht jeder Austausch eines älteren durch einen neueren Anlagegegenstand das gebundene Vermögen und verringert den Ist-Wert der Performance-Maße. Bei Berechnung des gebundenen Vermögens aus den Nettowerten des Anlagevermögens werden Investment-Center- Leiter motiviert, ihre Maschinen und technischen Einrichtungen über die optimale Nutzungsdauer hinaus zu nutzen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 396). Die Wirkungen von Abschreibungen auf die Performance-Messung und -Beurteilung sind bisher am Beispiel eines einzelnen Anlagegegenstands gezeigt worden. Ob Abschreibungseffekte tatsächlich auftreten, hängt von mehreren Faktoren ab. Sie treten auf, wenn einem Verantwortungsbereich nur wenige Anlagengegenstände zugeordnet sind oder sogar nur eine Großanlage. Verfügt ein Verantwortungsbereich über einen großen Anlagenbestand aus vielen einzelnen Anlagegütern sehr unterschiedlichen Alters, nähern sich die Ist-Werte der Performance-Maße durch den kontinuierlichen Ersatz alter Anlagegegenstände einem konstanten Wert an. Es kommt damit nicht zu Abschreibungseffekten. Neben der Struktur des Anlagevermögens wird der Umfang des Abschreibungseffekts auch vom Umgang mit den über den Umsatzprozess zurückgewonnenen Abschreibungsbeträgen bestimmt. Fließen diese den Verantwortungsbereichen zu, steht der Abnahme des Anlagevermögens durch Abschreibungen eine Zunahme des finanziellen Anlage- und Umlaufvermögens gegenüber und der Abschreibungseffekt wird abgeschwächt (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 807 ff.). Es sind Abschreibungsverfahren vorgeschlagen worden, die eine nicht durch Abschreibungseffekte verzerrte Performance-Messung ermöglichen. Aus Kostengründen wird meist darauf verzichtet, das Anlagevermögen für den Zweck der Performance-Messung anders als im Rechnungswesen zu bewerten. In diesem Fall sollten bei der Performance-Bewertung erkennbare Abschreibungseffekte korrigiert werden. Spezifische Grenzen der Rentabilitätskennzahlen In das externe Rechnungswesen gehen nur die an die Fremdkapitalgeber geleisteten Zinszahlungen als Aufwand ein. In die Berechnung des Return on Investment mit einer Ergebnisgröße vor Zinsen, die aus Daten des Rechnungswesens ermittelt wird, gehen damit keinerlei Kosten für das im Verantwortungsbereich eingesetzte Kapital ein. Die Werte des Return on Investment sind damit unabhängig von den Kosten für das Fremd- und das Eigenkapital. Ein positiver Ist-Wert des Return on Investment gibt dadurch keine Auskunft darüber, inwieweit die Zahlungsansprüche der Fremd- und Eigenkapitalgeber befriedigt werden können. Die Performance-Beurteilung der Verantwortungsbereiche mit dem Return on Investment kann deshalb Fehlurteile der Unternehmungsleitung zur Folge haben und dazu führen, dass Bereichsleiter ihre Investitionsentscheidungen nicht im Sinne der Unternehmungsziele treffen. [1] Performance-Beurteilung durch die Unternehmungsleitung Als Vorteil der Rentabilitätskennzahlen wird in der Literatur regelmäßig die Möglichkeit des Vergleichs der Performance von Verantwortungsbereichen verschiedener <?page no="331"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 331 Größe genannt (vgl. z. B. Anthony u. a. (2014), S. 264; Merchant/ van der Stede (2023), S. 394). Gegen diese Aussage ist einzuwenden, dass anders als bei den Kennzahlen zum Residualerfolg in Rentabilitätskennzahlen die Kosten des eingesetzten Kapitals nicht berücksichtigt werden (vgl. z. B. Troßmann (2013), S. 74 ff.). Mit Rentabilitätskennzahlen kann die Performance-Beurteilung auf der Basis eines Betriebsvergleichs deshalb Fehlurteile und fehlerhafte Entscheidungen der Unternehmungsleitung über die Verteilung der Investitionsmittel auf die Verantwortungsbereiche zur Folge haben (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 828 f.). Im folgenden Beispiel weist der Return on Investment des Investment Centers A einen höheren Ist-Wert auf und damit eine bessere Performance als Investment Center B. Wird der Residualerfolg als Performance-Maß verwendet, wird bei einem Kapitalkostensatz von 10 % für Investment Center B die höhere Performance ausgewiesen. Bei einem Gesamtkapitalkostensatz von 15 % ergibt sich für beide Investment Center eine Performance in identischer Höhe. Für jeden höheren Kapitalkostensatz ist der Residualerfolg des Investment Centers A höher als der des Investment Centers B. Beispiel zur Performance-Beurteilung mit Rentabilitätskennzahlen [2] Investitionsentscheidungen der Bereichsleiter Wird die Performance eines Investment Centers mit Rentabilitätskennzahlen gemessen und beurteilt, orientieren sich Bereichsleiter bei ihren Investitionsentscheidungen an den Wirkungen der Vorhaben auf die Rentabilität ihres Verantwortungsbereichs. Zielvorgaben mit Rentabilitätskennzahlen als Performance-Maß motivieren Bereichsleiter, nur diejenigen Investitionsvorhaben zu realisieren, die den Return on Investment ihres Investment Centers erhöhen. Entscheidungen der Bereichsleiter, die den Return on Investment ihres Investment Centers erhöhen, müssen jedoch nicht zwingend auch den finanziellen Unternehmungserfolg erhöhen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 395 f.), d. h., zwischen den Zielvorgaben für den Verantwortungsbereich und den Unternehmungszielen kann ein organisatorisch bedingter Zielkonflikt bestehen. Zielvorgaben mit Rentabilitätskennzahlen können damit nicht sicherstellen, dass Bereichsleiter ihre Investitionsentscheidungen im Sinne der Unternehmungsziele treffen. Im nachfolgenden Beispiel haben die Bereichsleiter A, B und C über ein Investitionsvorhaben mit einem Return on Investment von 15 % zu entscheiden. Bei einem Gesamtkapitalkostensatz von 10 % liegt der Residualerfolg des Vorhabens bei 400 T€. Verantwortungsbereich Performance-Maß Investment Center A Investment Center B Bereichserfolg 1.000 T€ 4.000 T€ gebundenes Vermögen 5.000 T€ 25.000 T€ ROI 20 % > 16 % RI mit k g = 10 % 500 T€ < 1.500 T€ RI mit k g = 15 % 250 T€ = 250 T€ RI mit k g = 16 % 200 T€ > 0 T€ <?page no="332"?> 332 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Das Investitionsvorhaben erhöht den Unternehmungserfolg und ist aus der Sicht der Unternehmungsleitung vorteilhaft. Die Realisation des Investitionsvorhabens erhöht den Return on Investment des Investment Centers A von 10 % auf 11,2 %, der Return on Investment des Investment Centers B und der des Investment Centers C würden dagegen von 20 % auf 18 % und von 24 % auf 21,8 % sinken. Nur der Bereichsleiter des Investment Centers A würde sich für das Investitionsvorhaben entscheiden. Die Bereichsleiter der beiden anderen Investment Center würden das Investitionsvorhaben dagegen nicht realisieren, obwohl es für die Erreichung der Unternehmungsziele vorteilhaft ist. Liegt der Gesamtkapitalkostensatz bei 18 %, ist der Residualerfolg des Investitionsvorhabens negativ. Aus der Sicht der Unternehmungsleitung ist das Investitionsvorhaben abzulehnen. Da die Realisation des Investitionsvorhabens den Return on Investment des Investment Centers A erhöht, würde sich der Bereichsleiter dennoch für das Investitionsvorhaben entscheiden. Die Zielkonflikte zwischen Bereichs- und Unternehmungszielen bei Verwendung von Rentabilitätskennzahlen als Performance-Maß werden dadurch verursacht, dass die Kosten des Kapitaleinsatzes für Investitionsvorhaben nicht berücksichtigt werden und die Werte der Rentabilitätskennzahlen damit unabhängig von der Höhe des Gesamtkapitalkostensatzes sind. Bei Verwendung des Residualerfolgs als Performance- Maß verbessern (verschlechtern) Investitionsvorhaben mit positivem (negativem) Residualerfolg die gemessene Performance jedes Investment Centers und werden (nicht) realisiert. Konflikte zwischen Bereichs- und Unternehmungszielen treten damit nicht auf. Beispiel zu den Investitionsentscheidungen der Bereichsleiter Daten zum Return on Investment der Investment Center Investment Center A B C Bereichserfolg 2.500 T€ 5.000 T€ 6.000 T€ gebundenes Vermögen 25.000 T€ 25.000 T€ 25.000 T€ ROI 10 % 20 % 24 % RI mit k g = 10 % 0 T€ 2.500 T€ 3.500 T€ RI mit k g = 18 % - 2.000 T€ 500 T€ 1.500 T€ Daten zum Investitionsvorhaben Kapitalkostensatz 10 % 18 % Erfolg 1.200 T€ Kapitaleinsatz 8.000 T€ ROI 15 % RI 400 T€ - 240 T€ <?page no="333"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 333 Anders als bei Rentabilitätskennzahlen werden bei der Berechnung der Kennzahlen zum Residualerfolg nach der Bruttomethode die Kosten sowohl für das Fremdkapital als auch für das Eigenkapital berücksichtigt. Bei positivem Residualerfolg können damit die Zahlungsansprüche aller Kapitalgeber befriedigt werden. Fehlurteile der Unternehmungsleitung und Fehlentscheidungen der Bereichsleiter wie sie bei der Performance-Messung mit dem Return on Investment auftreten können, werden bei Nutzung des Residualerfolgs als Performance-Maß vermieden. Schwächen traditioneller Kennzahlen Erscheinungsformen des Myopia-Effekts Als Performance-Maße weisen traditionelle Kennzahlen eine Reihe von Vorteilen auf: Unternehmungen sind zur Buchführung sowie zur Erstellung und Publikation des Jahresabschlusses verpflichtet. Die Daten für die Berechnung der Ist-Werte traditioneller Kennzahlen liegen deshalb vor und müssen nicht eigens für die Performance-Messung generiert werden. Die Performance-Messung mit traditionellen Kennzahlen verursacht damit nur geringe Kosten. Durch die kontinuierliche Erfassung der Daten für das Rechnungswesen können zudem zeitnah aktuelle Ist-Werte für die Performance-Beurteilung berechnet werden. Rechnungslegungsstandards und die regelmäßige Rechnungsprüfung durch Dritte gewährleisten zudem ein hohes Maß an Objektivität der Performance-Messung (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 388 f.). Diesen Vorteilen traditioneller Kennzahlen stehen einige Nachteile gegenüber (vgl. Speckbacher/ Bischof (2000), S. 796 f.; Kunz/ Pfeiffer (2002), Sp. 104): Vergangenheitsorientierung Monetäre Kennzahlen informieren vor allem über die finanziellen Wirkungen der Entscheidungen und Handlungen der Vergangenheit. Beispielsweise fallen die finanziellen Ertrags- oder Erlöswirkungen der Entscheidungen und Handlungen zum Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung erst in nachfolgenden Perioden an. Fehlentwicklungen sind damit erst spät erkennbar und korrigierbar. Intransparenz Monetäre Kennzahlen sind hoch aggregiert, d. h., sie fassen die Wirkungen einer Vielzahl unternehmungsinterner und -externer Einflussgrößen zusammen. Diese können sich gegenläufig entwickeln und damit auch gegenseitig kompensieren, so Wirkungen des Investitionsvorhabens auf den Return on Investment der Investment Center Investment Center A B C Bereichserfolg 3.700 T€ 6.200 T€ 7.200 T€ gebundenes Vermögen 33.000 T€ 33.000 T€ 33.000 T€ ROI ≈ 11,2 % ≈ 18,8 % ≈ 21,8 % RI mit k g = 10 % 400 T€ 2.900 T€ 3.900 T€ RI mit k g = 18 % - 2.240 T€ 260 T€ 1.260 T€ <?page no="334"?> 334 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele dass Fehlentwicklungen nicht erkennbar sind. Zudem sind die Ursachen von Fehlentwicklungen nicht ermittelbar und auch nicht lokalisierbar. Die Ergebnisse einer Performance-Messung mit monetären Kennzahlen informieren damit nicht, wie das finanzielle Ergebnis eines Verantwortungsbereichs zustande gekommen ist, wie Fehlentwicklungen korrigiert und welche finanziellen Ergebnisse in künftigen Perioden erwartet werden können. Gegen die Verwendung traditioneller Kennzahlen als Performance-Maß spricht die fehlende Kongruenz mit den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen. Grund für die fehlende Kongruenz ist u. a. die Vergangenheitsorientierung der Daten aus dem Rechnungswesen. Der im Rechnungswesen ausgewiesene Erfolg ist Ausdruck des durch wirtschaftlich relevante Aktivitäten während der Rechnungsperiode transformierten Erfolgspotenzials der Unternehmung, das durch Investitionen in Vorperioden geschaffen worden ist. Die Daten des Rechnungswesens informieren nur über die Transformation bestehender Erfolgspotenziale in Erfolge, nicht jedoch über den Aufbau des Erfolgspotenzials. Grund für die Vergangenheitsorientierung der Daten zur Berechnung der Werte traditioneller Kennzahlen sind u. a. folgende Merkmale des Rechnungswesens (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 389): Vorsichtsprinzip als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung Das Vorsichtsprinzip konkretisiert sich inhaltlich u. a. im Realisationsprinzip. Es besagt, dass Erfolge erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie durch Umsätze verwirklicht sind. Erfolgsmöglichkeiten dürfen ebenso wie Wertsteigerungen bei Vermögenswerten nicht ausgewiesen werden. Mit den Daten des Rechnungswesens werden damit die Erfolge, die aus den während der Rechnungsperiode für den Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung getätigten Investitionen künftig erwartet werden, nicht abgebildet. Weitgehendes Aktivierungsverbot für immaterielle Werte Für entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände besteht Aktivierungspflicht. Sind diese Gegenstände selbst erstellt, können sie nur ausnahmsweise und bei Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen zu Herstellungskosten aktiviert werden. Selbsterstellte Marken, Druckmittel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Werte des Anlagevermögens dürfen nach § 248 Abs. 2 HGB nicht aktiviert werden (vgl. Schruff/ Haaker (2009), S. 51 ff., 64 f.). Diese Regelungen haben zur Folge, dass die während einer Rechnungsperiode für den Aufbau immaterieller Werte eingesetzten Finanzmittel im Rechnungswesen der Unternehmung ausschließlich als Aufwand berücksichtigt werden. Die Erfolge, die für künftige Rechnungsperioden erwartet werden, finden dagegen keine Berücksichtigung. Jede Investition in immaterielle Werte verringert damit den Bereichserfolg. Zielvorgaben mit traditionellen Kennzahlen als Performance-Maß motivieren Bereichsleiter deshalb zur kurzfristigen Ergebnisoptimierung bei Vernachlässigung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele. Dieser als „Management Myopia“ bezeichnete Effekt (Kurzsichtigkeitseffekt) ist eine kaum vermeidbare Begleiterscheinung der Koordination durch Zielvorgaben mit traditionellen Kennzahlen als Performance-Maß (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 391 f.). <?page no="335"?> 7.3 Traditionelle Kennzahlen als Performance-Maße 335 Der Myopia-Effekt beschreibt ein dysfunktionales Arbeitsverhalten der Bereichsleiter, das durch die kurzfristige Ergebnisoptimierung unter Vernachlässigung der Folgen für die Entwicklung der Ergebnisse künftiger Perioden geprägt ist. Es können zwei Erscheinungsformen des Myopia-Effekts unterschieden werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 391 f.): die Tendenz zur Unterinvestition (Investment-Myopia) und die kurzfristige Anpassung der Aufwendungen und Erträge (Operating Myopia). Der Myopia-Effekt in der Erscheinungsform einer Tendenz zur Unterinvestition entsteht durch das folgende dysfunktionale Arbeitsverhalten der Bereichsleiter: Investitionsvorhaben, die für die Umsetzung der Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien sowie die Erreichung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele vorteilhaft wären, werden zugunsten eines höheren Bereichsergebnisses der aktuellen Periode verschoben, im Umfang reduziert oder sogar unterlassen. Von diesem Effekt betroffen sind vor allem Investitionen in immaterielle Werte, da die eingesetzten Finanzmittel den Bereichserfolg und damit auch den Return on Investment und den Residualerfolg verringern. Sofern in das Performance-Maße das gebundene Nettovermögen eingeht, sind auch Investitionen in materielle Vermögensgegenstände vom Myopia-Effekt betroffen. Durch diese Investitionen erhöht sich das gebundene Vermögen und der Return on Investment und der Residualerfolg sinken. Zielvorgaben mit traditionellen Kennzahlen als Performance-Maß behindern damit Investitionen für die Sicherung und den Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung. Eine weitere Erscheinungsform des Myopia-Effekts sind Entscheidungen und Handlungen zur kurzfristigen Anpassung der Aufwendungen und Erträge (Kosten und Erlöse) an das zur Erreichung der Zielvorgaben erforderliche Niveau, die jedoch zulasten der Effektivität und Effizienz der Leistungserstellung und -verwertung in nachfolgenden Perioden gehen. Als Beispiele für solche Entscheidungen und Handlungen können genannt werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 391 f.): Annahme von Aufträgen trotz ausgelasteter Kapazitäten Entstehender Zeitdruck kann zu Lieferverzögerungen und Qualitätsmängeln führen und die Kundenzufriedenheit beeinträchtigen. Lieferanten, die zu kurzfristigen Lieferungen und Leistungen gedrängt werden, werden ihre dadurch verursachten Mehrkosten in höhere Preise umsetzen. Verschieben der Wiederbesetzung von Stellen in die Folgeperiode und Personalabbau über bestehende Leerkapazitäten hinaus Überstunden und Zeitdruck, die dadurch entstehen, können die Motivation der Mitarbeiter verschlechtern, Fehlzeiten der Mitarbeiter erhöhen und bewährte Mitarbeiter veranlassen, die Unternehmung zu verlassen. Befristete Preisnachlässe zur kurzfristigen Erhöhung der Nachfrage Bestellungen, die nur vorgezogen worden sind, fehlen in der Folgeperiode. Reaktionen der Wettbewerber oder Kundenerwartungen können dazu führen, dass die ursprünglichen Preise künftig nicht mehr durchsetzbar sind. <?page no="336"?> 336 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Ansätze zur Vermeidung des Myopia-Effekts Es hat sich eine Vielzahl von Ansätzen herausgebildet, mit denen dem Myopia-Effekt begegnet werden kann (vgl. Abb. 7.12). Eine Klasse dieser Ansätze sieht vor, die traditionellen Kennzahlen als Performance-Maße beizubehalten. Der Myopia-Effekt wird abgeschwächt, indem durch eine Gewichtung der Ziele der Druck zur kurzfristigen Ergebnisoptimierung verringert wird, die Performance für längere Zeiträume beurteilt wird oder Investitionsentscheidungen nach anderen Prinzipien an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen ausgerichtet werden. Andere Ansätze setzen dagegen an den Performance-Maßen selbst an. An die Stelle der traditionellen Kennzahlen treten bei diesen Ansätzen wertorientierte Kennzahlen oder mehrdimensionale Kennzahlensysteme (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 434 ff.). Ansätze zur Vermeidung des Myopia-Effekts Ansätze ohne Anpassung der Performance-Maße Veränderung der Zielgewichtung Getrennte Koordination der Investitionsentscheidungen Modifikation der Performance-Beurteilung Ansätze mit Anpassung der Performance-Maße Mehrdimensionale Kennzahlensysteme Wertorientierte Kennzahlen Direkte Messung der Wertänderung Abb. 7.12: Ansätze zur Vermeidung des Myopia-Effekts Es gibt zwei mögliche Vorgehensweisen, um durch die Veränderung der Zielgewichtung den Druck auf die Bereichsleiter zur kurzfristigen Ergebnisoptimierung zu verringern. Zum einen kann bei der Performance-Beurteilung das Gewicht der traditionellen Kennzahlen durch die Berücksichtigung von Indikatoren für das langfristige finanzielle Ergebnis verringert werden, z. B. von Indikatoren für den Marktanteil oder Innovationen. Zum anderen können bei den Bereichsleitern durch weniger herausfordernde Zielvorgaben Reserven (Slacks) für die Planung und Umsetzung von Investitionen zum Aufbau von Erfolgspotenzialen geschaffen werden. Damit diese Freiräume auch tatsächlich für diesen Zweck genutzt werden, sind ergänzende Maßnahmen erforderlich, wie z. B. die regelmäßige Beurteilung der nichtmonetären Performance (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 437). Eine Ursache des Myopia-Effekts ist, dass sich Entscheidungen zum Aufbau immaterieller Werte auf die Bereichsergebnisse mehrerer Rechnungsperioden auswirken. Wird die Performance eines Verantwortungsbereichs nicht jährlich, sondern z. B. für <?page no="337"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 337 drei Jahre gemessen und beurteilt, wird den kurzfristigen Wirkungen einer Entscheidung zum Aufbau immaterieller Werte auf den Aufwand oder die Kapitalbindung immer auch ein Teil ihrer längerfristigen Wirkungen auf den Ertrag gegenübergestellt. Ein weiterer Vorschlag ist die relative Performance-Beurteilung. Hierzu werden die Ist-Werte der traditionellen Kennzahlen nicht mit den intern festgelegten Vorgabenwerten verglichen, sondern mit den Ist-Werten unternehmungsinterner oder -externer Vergleichspartner (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 437 ff.). Die Koordination über Zielvorgaben kann auf Entscheidungen begrenzt werden, die auch ein Profit-Center-Leiter treffen würde. Die Investitionsentscheidungen der Investment-Center-Leiter werden in diesem Fall über andere Koordinationsprinzipien an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen ausgerichtet, wie z. B. über die Koordination durch Pläne oder Budgets. Voraussetzung der Koordination mit verschiedenen Koordinationsprinzipien ist die Trennung zwischen den Aufwendungen, die für die Erreichung der Zielvorgaben anfallen, und denjenigen für den Aufbau des Erfolgspotenzials. Bei getrennter Koordination der Investitionsentscheidungen werden in die Performance-Messung und -Beurteilung nur die Aufwendungen für die Erreichung der kurzfristigen Ergebnisziele einbezogen. Die Bereichsleiter erstellen Investitionsanträge für den Aufbau des Erfolgspotenzials, die der Unternehmungsleitung vorgelegt werden. Die Entscheidung über die Investitionsanträge trifft die Unternehmungsleitung. Für die genehmigten Investitionsvorhaben werden Investitionsbudgets gebildet. Meist können die Aufwendungen für die Erreichung der kurzfristigen Ergebnisziele und die für den Aufbau von Erfolgspotenzialen jedoch nicht eindeutig abgegrenzt werden. Das eröffnet Bereichsleitern Spielräume, um über die Verwendung der eingesetzten Finanzmittel nicht wahrheitsgemäß zu berichten. Beispielsweise können Teile der laufenden Aufwendungen für das Marketing zur Erreichung der Zielvorgaben den Vorhaben zur Akquisition von Neukunden für den Aufbau von Erfolgspotenzialen zugeordnet werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 439). Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung Direkte Messung der Wertänderung Eine Kennzahl zur direkten Messung der während der Periode erwirtschafteten Wertänderung ist der ökonomische Erfolg (ÖE t ) (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 440). Berechnet werden kann er als Summe der Mittel, die in der Periode zur Ausschüttung an die Eigenkapitalgeber zur Verfügung stehen (MAE), und des während der Periode erwirtschafteten Zuwachses des Shareholder Values (SV): t t t 1 t öE MAE ( SV SV ) + = + − . Der Shareholder Value zur Messung des Erfolgspotenzials kann mit Verfahren ermittelt werden, die für die Unternehmungsbewertung entwickelt worden sind. Die Grundidee dieser Verfahren ist es, den Barwert der künftigen Zahlungsströme an die Eigentümer oder derjenigen Überschüsse zu ermitteln, die der Unternehmung entziehbar und von den Eigentümern konsumtiv verwendbar sind (vgl. Mandl/ Rabel (2002), Sp. 2010; Drukarczyk/ Schüler (2021), S. 119). Bei diesen Verfahren handelt es sich zum einen um das Ertragswertverfahren und zum anderen um die Discounted- <?page no="338"?> 338 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) mit den Entity-Ansätzen (Bruttoverfahren) und dem Equity-Ansatz (Nettoverfahren). Mit dem Discounted-Cashflow-Verfahren wird der Shareholder Value aus den der Unternehmung für die Ausschüttung entziehbaren Überschüssen berechnet. Ermittelt werden die Überschüsse mit einer verfahrensspezifisch gestalteten Cashflow-Rechnung (zu einem Überblick vgl. Mandl/ Rabel (2002), Sp. 2009; Matschke/ Brösel/ Toll (2024), S. 749 ff.). Entity-Ansatz des Discounted-Cashflow-Verfahrens Zur Ermittlung des Shareholder Value sehen diese Ansätze ein zweistufiges Vorgehen vor. In einem ersten Schritt wird der Unternehmungswert aus der Perspektive aller Kapitalgeber ermittelt, d. h. der Marktwert des Gesamtkapitals. Dazu werden die der Unternehmung entziehbaren Überschüsse diskontiert, die zur Befriedigung der Zahlungsansprüche der Eigen- und der Fremdkapitalgeber zur Verfügung stehen. Um zum Shareholder Value zu gelangen, wird in einem zweiten Schritt der Marktwert des Fremdkapitals vom Marktwert des Gesamtkapitals subtrahiert (vgl. Weber u. a. (2017), S. 33 ff.). Zu den Entity-Ansätzen zählen der WACC (Weighted Average Cost of Capital)-, der APV (Adjusted Present Value)- und der Capital-Cashflow-Ansatz (vgl. Drukarczyk/ Schüler (2021), S. 109 ff.). Mit dem WACC-Ansatz wird der Marktwert des Gesamtkapitals durch Diskontierung der Free Cashflows (FCF) berechnet, d. h., der Geldbeträge, die zur Befriedigung der Zahlungsansprüche aller Kapitalgeber zur Verfügung stehen. Abb. 7.13 zeigt die Berechnung des Free Cashflows (vgl. Mandl/ Rabel (2002), Sp. 2011; Matschke/ Brösel/ Toll (2024), S. 768). Diskontiert werden die Free Cashflows mit dem Weighted Average Cost of Capital (WACC). Equitiy-Ansatz des Discounted-Cashflow-Verfahrens Mit diesem Ansatz, der dem Grundgedanken des Ertragswertverfahrens entspricht, wird der Shareholder Value direkt bestimmt, also ohne Umweg über den Marktwert des Gesamtkapitals der Unternehmung. Diskontiert wird der Flow to Equity (FTE), d. h. der Geldbetrag, der für die Gewinnausschüttung an die Eigentümer zur Verfügung steht. Die Zusammensetzung des Flows to Equity zeigt Abb. 7.13. Der Flow to Equity jeder Periode des betrachteten Zeitraums wird mit dem Eigenkapitalkostensatz diskontiert. Zur Berechnung des Free Cashflows und des Flows to Equity wird von dem im externen Rechnungswesen ermittelten Ergebnis vor Zinsen und Steuern ( Jahresüberschuss zuzüglich Steuern und Zinsen) ausgegangen. Davon werden die Steuern subtrahiert, die bei vollständiger Eigenfinanzierung zu leisten wären, d. h. die Steuern vor Abzug der Steuerersparnis für gezahlte Fremdkapitalzinsen. Die Cashflows werden damit unter der Annahme vollständiger Eigenfinanzierung berechnet. Nach Korrektur der nicht zahlungswirksamen Aufwendungen und Erträge ergibt sich der Brutto-Cashflow. Er entspricht dem zahlungsnahen Teil des Periodenerfolgs. Werden vom Brutto-Cashflow die Beträge subtrahiert, die für Investitionen in das Net Working Capital benötigt werden, folgt der operative Cashflow, d. h. der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit. Vom operativen Cashflow ist der Betrag zur Finanzierung von Investitionen in das Anlagevermögen abzuziehen, um zum Free Cashflow (FCF) zu gelangen. Interpretiert werden kann der Free Cashflow als der Zahlungsmittelüberschuss, der durch die laufende Geschäftstätigkeit generiert und um alle zahlungswirksamen Investitionen in das Anlagevermögen und das Net <?page no="339"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 339 Working Capital korrigiert worden ist. Dieser Zahlungsmittelüberschuss kann an die Eigenkapital- und die Fremdkapitalgeber zur Befriedigung ihrer Zahlungsansprüche (Entnahmen/ Dividenden, Zinsen, Tilgung) ausgezahlt werden. Werden vom Free Cashflow die Zahlungen für den Kapitaldienst an die Fremdkapitalgeber subtrahiert und die Steuerersparnisse für die Fremdkapitalzinsen addiert, ergibt sich der Flow to Equity (FTE). Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) − Steuern bei (fiktiver) reiner Eigenfinanzierung = Ergebnis vor Zinsen +/ − Abschreibungen / Zuschreibungen +/ − Bildung / Auslösung langfristiger Rückstellungen = Brutto-Cashflow −/ + Erhöhung / Minderung des Net Working Capital 1 = operativer Cashflow −/ + Investitionen / Desinvestitionen in das Anlagevermögen = Free Cashflow (FCF) + Steuerersparnis aus der Absetzbarkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield) − Zinsen − Tilgung von Fremdkapital = Flow to Equity (FTE) 1 Net Working Capital = Vorräte + Forderungen - Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen - Anzahlungen von Kunden (zur Abgrenzung des Working Capital zum Net Working Capital vgl. Schierenbeck/ Wöhle (2016), S. 807) Abb. 7.13: Vereinfachtes Konzept zur Ermittlung der Cashflows Der WACC-Ansatz zur Berechnung des Shareholder Value sieht als Kapitalkostensatz zur Diskontierung der Free Cashflows den Weighted Cost of Capital (WACC) vor, d. h. den gewichteten Durchschnitt des Eigenkapital- und des Fremdkapitalkostensatzes. Gewichtet werden diese Kostensätze mit dem Anteil des Marktwerts des jeweiligen Kapitalbestandteils am Marktwert des Gesamtkapitals. Nach der amerikanischen Textbook Formular (Lehrbuchformel) wird der WACC wie folgt berechnet (vgl. Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 346 f.): EK FK MEK MFK k r (1 s) r MGK MGK = ⋅ + − ⋅ ⋅ mit: k = WACC, r EK = Eigenkapitalkostensatz (risikoangepasste Renditeforderung der Eigenkapitalgeber), r FK = Fremdkapitalkostensatz (Renditeforderung der Fremdkapitalgeber), MEK = Marktwert des Eigenkapitals, MFK = Marktwert des Fremdkapitals, MGK = Marktwert des Gesamtkapitals, s = Ertragssteuersatz auf Unternehmungsebene. Bei der Berechnung der Free Cashflows werden die steuermindernden Wirkungen der Fremdkapitalzinsen nicht berücksichtigt. Vom EBIT werden deshalb zu hohe Steuern subtrahiert. Mit dem Schema der Cashflow-Rechnung in Abb. 7.13 wird deshalb ein zu geringer Free Cashflow ermittelt. Um diese Verzerrungen auszuglei- <?page no="340"?> 340 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele chen, werden die Steuerersparnisse aus der steuerlichen Absetzbarkeit der Fremdkapitalzinsen in die Berechnung des WACC einbezogen, indem der Fremdkapitalkostensatz um den Ertragssteuersatz s verringert wird. Als Fremdkapitalkostensatz r FK wird der gewichtete Durchschnitt der Kapitalkostensätze aller Bestandteile des in der Unternehmung gebundenen Fremdkapitals verwendet. Gewichtet werden die Zinssätze mit dem Anteil des jeweiligen Bestandteils am gesamten Fremdkapital (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 864). Der Marktwert des Fremdkapitals MFK ist der mit dem Fremdkapitalkostensatz ermittelte Barwert der Zahlungen, die für Zinsen, Tilgung und Nebenkosten der Fremdkapitalbeschaffung noch zu leisten sind (vgl. Bieg/ Kußmaul (2000b), S. 199 f.). Schwieriger ist die Ermittlung des Marktwerts des Eigenkapitals MEK, da dieser erst nach der Ermittlung des Shareholder Value bekannt ist. Die Ermittlung des Shareholder Value setzt jedoch die Kenntnis des WACC voraus. Zur Lösung dieses Zirkulationsproblems kann ein Iterationsverfahren durchgeführt oder von einer konstanten Kapitalstruktur ausgegangen werden (vgl. Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 346 f.), z. B. von einer geplanten Kapitalstruktur, die in künftigen Perioden bestehen bleibt (vgl. Rappaport (1999), S. 45). Der Eigenkapitalkostensatz r EK soll die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber widerspiegeln. Ermittelt wird er, indem auf den Zinssatz für eine risikolose Anlagealternative der Eigenkapitalgeber ein Zuschlag für das Risiko vorgenommen wird, dem der Cashflow (FCF oder FTE) unterliegt. Der Risikozuschlag kann z. B. auf der Basis des Capital Asset Pricing Model (CAPM) ermittelt werden (vgl. Weber u. a. (2017), S. 40). Mit der Cashflow-Rechnung wird nur der während der aktuellen Periode erwirtschaftete Cashflow (FCF oder FTE) ermittelt. Für jede der nachfolgenden Perioden ist der jeweilige Cashflow zu prognostizieren. Dazu wird der Prognosezeitraum in zwei Phasen gegliedert. Phase 1 ist der Detailprognosezeitraum, der sich über die ersten drei bis fünf Jahre erstreckt. Für jedes dieser Jahre werden die Größen in der Cashflow- Rechnung unter Berücksichtigung der Pläne für bereits getätigte Investitionen sowie der Pläne folgender Perioden differenziert prognostiziert. Für die sich anschließende Phase 2 wird der Cashflow unter der Pauschalannahme prognostiziert, dass der Cashflow konstant bleibt oder mit einer konstanten Rate wächst (vgl. Matschke/ Brösel/ Toll (2024), S. 768). Als Cashflow kann z. B. der Durchschnitt der Cashflows während des Detailprognosezeitraums oder der Cashflow der letzten Periode des Detailprognosezeitraums angenommen werden. Für den Detailprognosezeitraum ist ein einfaches Rechenschema vorgeschlagen worden, das die Werttreiber des Shareholder-Value-Netzwerks zur Schätzung der Free Cashflows für jede einzelne Periode der 1. Phase nutzt (vgl. Rappaport (1999), S. 40 ff.). Es basiert auf folgenden vereinfachenden Annahmen (vgl. Troßmann (2018), S. 274): Der Umsatz wächst mit der konstanten Rate w U . = Umsatz der Periode w U Umsatz der Vorperiode Es besteht ein konstanter Zusammenhang zwischen dem Ergebnis vor Zinsen und Steuern sowie dem Umsatz der Periode, der durch die Umsatzrentabilität (r U ) abgebildet wird. <?page no="341"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 341 U Ergebnis vor Zinsen und Steuern der Periode r Umsatz der Periode = Ein konstanter Zusammenhang besteht weiterhin zwischen der Umsatzsteigerung der Periode und den betrieblichen Zusatzinvestitionen in das Anlagevermögen und in das Umlaufvermögen, der durch die Zusatzinvestitionsraten in das Umlauf- und das Anlagevermögen erfasst wird (ZIR AV , ZIR UV ). Unter den Zusatzinvestitionen wird der Überschuss der Investitionsausgaben über die Abschreibungen der Periode verstanden. UV UV UV Investitionsausgaben - Abschreibungen der Periode ZIR Umsatzsteigerung der Periode = AV AV AV Investitionsausgaben Abschreibungen der Periode ZIR Umsatzsteigerung der Periode − = Mit diesen Annahmen wird ein konstanter Zusammenhang zwischen dem Free Cashflow der Periode und dem Umsatz der Vorperiode unterstellt. Mit diesem Zusammenhang wird der Free Cashflow einer Periode des Detailprognosezeitraums wie folgt geschätzt: t t 1 U U t 1 U UV t 1 U AV Ergebnis vor Zinsen Zusatzinvestitionen Zusatzinvestitionen in das Umlaufvermögen in das Anlagevermögen t 1 U U FCF U (1 w ) r (1 s) U w ZIRU U w ZIR U (1 w ) r (1 − − − − = ⋅ + ⋅ ⋅ − − ⋅ ⋅ − ⋅ ⋅ = ⋅ + ⋅ ⋅ [ ] U UV AV s) w (ZIR ZIR ) − − ⋅ + Der Barwert der Free Cashflows in den Jahren der Phase 2 wird als Residual- oder Restwert bezeichnet. Es kann angenommen werden, dass die Unternehmung in Phase 2 entweder verkauft oder bis in die Unendlichkeit fortgeführt wird. Bei Liquidation ist zum prognostizierten Cashflow der letzten Periode vor dem Verkauf der Unternehmung derjenige Cashflow zu addieren, der den Eigentümern aus dem Verkauf der Unternehmung zufließt. Wird die Unternehmung fortgeführt, kann der Restwert als Barwert einer ewigen Rente berechnet werden. Bei Annahme eines konstanten Cashflows während Phase 2 wird der Restwert (RW) zu Beginn der Phase 2 bei Fortführung der Unternehmung wie folgt aus dem für die erste Periode der Phase 2 angenommenen Cashflow (FCF T+1 ) berechnet: T 1 T FCF RW k + = . Dieser Restwert bezieht sich auf den Beginn der Phase 2. Um den Shareholder Value zu berechnen, ist der Restwert auf den Beginn der Phase 1 abzudiskontieren. Nach dem Entity-Ansatz wird der Shareholder Value damit wie folgt berechnet (vgl. Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 345): T t T 1 0 t T t 1 Barwert des Barwert der FCF im Restwerts Detailprognosezeitraum FCF FCF SV MFK (1 k ) k (1 k ) + = = + − + ⋅ + ∑ mit SV 0 = Shareholder Value (Marktwert des Eigenkapitals) zu Beginn des Planungszeitraums; FCF t = Free Cashflow der Periode t; FCF T+1 = Free Cashflow, der für die erste Periode der Phase 2 angenommen wird; k = gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz (WAAC); MFK = Marktwert des Fremdkapitals; T = Anzahl der Jahre in Phase 1 <?page no="342"?> 342 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Beispiel zur Berechnung des Shareholder Value In einer Periode liegen folgende Daten vor: Umsatz der Vorperiode des Planungszeitraums: U 0 = 1.000 T€ Wachstumsrate des Umsatzes: w U = 0,12 Umsatzrentabilität: r U = 0,3 Zusatzinvestitionsrate in das Umlaufvermögen: ZIR UV = 0,15 Zusatzinvestitionsrate in das Anlagevermögen: ZIR AV = 0,2 Gewinnsteuersatz: s = 0,35 Kapitalkostensatz: k = 0,1 Marktwert des Fremdkapitals: MFK = 420 T€ Aus diesen Daten ergibt sich der folgende konstante Zusammenhang zwischen dem Free Cashflow einer Periode und dem Umsatz der Vorperiode: [ ] t t 1 t 1 FCF U (1 0, 12) 0, 3 (1 0, 35) 0, 12 (0, 2 0, 15) U 0, 1764 − − = ⋅ + ⋅ ⋅ − − ⋅ + = ⋅ Für die Free Cashflows der drei Perioden des Detailprognosezeitraums ergeben sich damit folgende Werte: Periode 1: 1 FCF 1.000 T€ 0, 1764 176, 40 T€ = ⋅ = Periode 2: 2 FCF 1.000 T€ (1 0, 12) 0, 1764 197, 57 T€ = ⋅ + ⋅ = Periode 3: 2 3 FCF 1.000 T€ (1 0, 12) 0, 1764 221, 28 T€ = ⋅ + ⋅ = Als Free Cashflow der ersten Periode der zweiten Phase wird der Durchschnitt der Free Cashflows der drei Perioden angenommen. Weiterhin wird von der Fortführung der Unternehmung ausgegangen. Mit diesen Annahmen wird der Restwert wie folgt berechnet: 1 (176, 40 T€ 197, 57 T€ 221, 28 T€) 3 RW 1.984, 17 T€ 0, 1 ⋅ + + = = Der Shareholder Value der Periode beträgt damit 1 2 3 3 Marktwert des Fremdkapitals Barwert der Free Cashflows im Barwert des Detailprognosezeitraum Restwerts 176, 40 T€ 197, 57 T€ 221, 28 T€ 1.984, 17 T€ SV 420 T€ 1, 1 1, 1 1, 1 1, 1 1.560, 63 T€ = + + + − = Neben dem während der Periode erwirtschafteten Cashflow hängt der ökonomische Erfolg der Periode überwiegend von den prognostizierten Wirkungen der Entscheidungen und Handlungen während dieser Periode auf den Cashflow künftiger Perioden ab. Der Cashflow künftiger Perioden kann nur auf der Grundlage von Annahmen prognostiziert werden, die kaum fundiert gesetzt werden können. Die Prognosen sind deshalb außerordentlich anfällig für systematische und zufällige Fehler. Es ist zudem <?page no="343"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 343 nicht die Unternehmungsleitung, die über die Informationen, Fachkenntnisse und Erfahrungen für diese Prognosen verfügt. Veränderungen des Erfolgspotenzials können nur unter Mitwirkung der Bereichsleiter und damit nicht objektiv festgestellt werden. Der ökonomische Erfolg ist deshalb nicht als Performance-Maß für Zielvorgaben geeignet, die das Entscheiden und Handeln der Bereichsleiter an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen ausrichten sollen (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 440). Wertorientierte Kennzahlen als Performance-Maß Besonderheiten wertorientierter Kennzahlen Ein bedeutender Nachteil der Performance-Messung und -Beurteilung mit traditionellen Kennzahlen ist der Myopia-Effekt, der u. a. Investitionen in den Aufbau von Erfolgspotenzialen der Unternehmung verhindert oder zumindest behindert. Weitere Schwächen traditioneller Kennzahlen sind inflations- und abschreibungsbedingte Verzerrungen der Performance-Messung, die Fehlentscheidungen sowohl der Unternehmungsleitung als auch der Bereichsleitungen zur Folge haben können. Bei der Performance-Messung mit Rentabilitätskennzahlen kommt es zu solchen Fehlentscheidungen, da bei der Berechnung der Kennzahlenwerte die Kosten des eingesetzten Kapitals nicht oder nicht vollständig berücksichtigt werden. Abb. 7.14 zeigt eine Zusammenstellung von Kritikpunkten, die in der Literatur gegen die Verwendung traditioneller Kennzahlen als Performance-Maße vorgebracht und zur Entwicklung wertorientierter Kennzahlen beigetragen haben (vgl. Kunz/ Teuscher (2007), S. 2). Schwächen traditioneller Kennzahlen Manipulierbarkeit und eingeschränkte Auswertbarkeit durch eine Vielzahl von Bilanzansatz- und Bewertungswahlrechten Periodisierung von Investitionsausgaben über Abschreibungen ohne Berücksichtigung der ökonomischen Realität begrenzte Auswertbarkeit für die Identifikation von Investitionserfordernissen zur Implementierung von Strategien und damit zum Aufbau von Erfolgspotenzialen Vergangenheitsorientierung durch Abbildung finanzieller Wirkungen der in der Vergangenheit getroffenen Investitionsentscheidungen fehlender Aussagegehalt für die Beurteilung des Beitrags zum Aufbau des Erfolgspotenzials spezielle Schwächen der Rentabilitätskennzahlen keine Berücksichtigung von Kosten des Eigenkapitals fehlende Berücksichtigung finanzieller und leistungswirtschaftlicher Risiken Abb. 7.14: Schwächen traditioneller Kennzahlen Wertorientierte Kennzahlen sind periodenbezogene Kennzahlen für den Residualerfolg oder die Rentabilität eines Verantwortungsbereichs, die aus korrigierten Daten des Rechnungswesens unter Einbeziehung der Kosten sowohl des Fremdals auch des Eigenkapitals gebildet werden. Sie informieren damit über Erfolge und Rentabilitäten, die über die Kosten des Gesamtkapitals hinausgehen. Zweck der Korrekturen <?page no="344"?> 344 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele ist es, die Daten des Rechnungswesens an die ökonomische Realität anzupassen, um dadurch die Schwächen traditioneller Kennzahlen zu vermeiden. Die in der Unternehmungspraxis häufig verwendeten Konzepte zur Bestimmung wertorientierter Kennzahlen sind der EVA-Ansatz (Economic Value Added) und der CFROI-Ansatz (Cashflow Return on Investment). Der EVA-Ansatz wurde maßgeblich von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co. entwickelt, während der CFROI-Ansatz ein Konzept der Boston Consulting Group ist. Mit jedem dieser Konzepte kann jeweils eine Kennzahl für den Residualerfolg, eine Rentabilitätskennzahl sowie eine Kennzahl für das Erfolgspotenzial hergeleitet werden, die ineinander überführt werden können (vgl. Kunz/ Teuscher (2007), S. 28). Performance-Maße nach dem EVA-Ansatz Der Economic Value Added (EVA) ist eine vergangenheitsorientierte, periodenbezogene Kennzahl für den Residualerfolg, der aus der normalen Geschäftstätigkeit eines Verantwortungsbereichs oder der Unternehmung resultiert. Erfolgswirkungen betriebsfremder Handlungen und außergewöhnlicher Vorgänge werden nicht einbezogen. Berechnet wird der EVA als Überschuss eines modifizierten Betriebsergebnisses über die Kosten, die für das betriebsnotwendige Gesamtkapital angefallen sind. Die Größen, aus denen der EVA berechnet wird, sind der Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) als angepasstes Betriebsergebnis, das Net Operating Asset (NOA) als betriebsnotwendiger Kapitaleinsatz und die Weighted Average Capital of Cost (WACC) als Gesamtkapitalkostensatz. Nach dem EVA-Konzept ist der Residualerfolg (EVA) einer Periode t wie folgt definiert: ( ) t t t t 1 WACC WACC t 1 t 1 Überrendite, Spread NOPAT EVA NOPAT NOA k k NOA NOA − − − = − ⋅ = − ⋅ Der Quotient aus dem NOPAT und dem NOA ist eine Rentabilitätskennzahl. Wird von dieser Rentabilitätskennzahl der Gesamtkapitalkostensatz (WACC) subtrahiert, ergibt sich eine Residualrendite, die als Spread bezeichnet wird. Ein positiver (negativer) EVA/ Spread besagt, dass die Renditeanforderungen der Eigen- und der Fremdkapitalgeber übererfüllt (nicht erfüllt) worden sind und aus der Sicht der Eigenkapitalgeber ein Gewinn (Verlust) erzielt worden ist (vgl. Weber/ Schäffer (2022), S. 191). Die Größen zur Berechnung des Economic Value Added werden durch Anpassung der Daten aus der Bilanz und der GuV-Rechnung hergeleitet. Aus der Vielzahl möglicher Anpassungen (Adjustments, Conversions) sollten nur diejenigen tatsächlich vorgenommen werden, die Einfluss auf das Entscheidungsverhalten der Bereichsleiter haben sowie die Kommunizierbarkeit und die Verständlichkeit der berechneten Kennzahlenwerte, ihre Vergleichbarkeit zwischen Unternehmungen und Verantwortungsbereichen und die Wirtschaftlichkeit der Performance-Messung und -Bewertung nicht beeinträchtigen (vgl. Hostettler/ Stern (2007), S. 41). Nach ihrem Zweck werden die Anpassungen in vier Klassen gegliedert (vgl. Hostettler (2002), S. 97 ff.): <?page no="345"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 345 Operating Conversion Zweck dieser Anpassungen ist es, einerseits ein Bereichsergebnis auszuweisen, das durch die normale Geschäftstätigkeit erwirtschaftet worden ist, sowie andererseits das dazu eingesetzte betriebsnotwendige Vermögen. Dazu sind aus dem Jahresüberschuss die nicht betriebsbedingten Erträge und Aufwendungen und aus dem bilanzierten Vermögen die nicht betriebsnotwendigen Bestandteile zu eliminieren. Funding Conversion Mit diesen Anpassungen sollen versteckte Finanzierungsformen aufgedeckt werden, um die Finanzierungsmittel vollständig zu erfassen. Versteckte Finanzierungsformen sind vor allem Miet- und Leasingaufwendungen. Diese werden zum Jahresüberschuss addiert und mit ihrem Kapitalwert für die Laufzeit dem bilanzierten Vermögen zugerechnet. Durch diese Anpassungen soll die Finanzierung durch Miete und Leasing zu Konditionen verhindert werden, die ungünstiger sind als die für die Aufnahme von Fremdkapitel durch die Unternehmungsleitung. Zudem soll die Vergleichbarkeit mit Verantwortungsbereichen sichergestellt werden, die Vermögensgegenstände kaufen und nicht mieten oder leasen. Tax Conversion Im Jahresüberschuss werden Steuern in einer Höhe ausgewiesen, die aus dem Jahresüberschuss und dem Gesamtvermögen folgt. Die Absicht hinter den Tax Conversions ist es, die Höhe der Steuerbelastung an die betrieblichen Erträge und Aufwendungen sowie das betriebsnotwendige Vermögen anzupassen. An die Stelle der im Jahresabschluss ausgewiesenen Steuern treten deshalb die Cash Operating Taxes (COT). Bei diesen handelt es sich um die mit einem Pauschalsteuersatz ermittelten fiktiven Steuern, die bei reiner Eigenfinanzierung und ausschließlich betrieblicher Tätigkeit zu leisten wären (vgl. Hostettler (1997), S. 102 f., 153 ff.). Shareholder Conversion Diese Anpassungen zielen auf betriebsnotwendige Vermögensgegenstände, die in der Bilanz nicht oder mit unzutreffenden Wertansätzen erfasst sind. Sie sollen zu dem aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber vollständigen Ausweis des betriebsnotwendigen Kapitals führen. Sie zielen zum einen auf Aufwendungen mit Investitionscharakter, d. h. Aufwendungen für Werte, deren Nutzungsdauer sich über mehrere Perioden erstreckt. Investitionscharakter haben z. B. Aufwendungen für die Weiterbildung von Mitarbeitern, nicht aktivierungsfähige Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und Aufwendungen für Restrukturierungen. Sie werden aus dem Jahresüberschuss eliminiert und dem Vermögen hinzugerechnet, um anschließend über die Nutzungsdauer abgeschrieben zu werden. Zum anderen werden stille Rücklagen oder Lasten aufgelöst, die sich aus zu niedrigen oder zu hohen Wertansätzen von Anlagen, Gebäuden oder Grundstücken ergeben. Die Anpassungen sind inhaltlich und zeitlich konsistent vorzunehmen. Um inhaltlich konsistent zu sein, sind die Wirkungen einer Anpassung vollständig zu berücksichtigen, d. h., es sind sowohl die Konsequenzen für den Jahresüberschuss als auch die für das betriebsnotwendige Vermögen zu berücksichtigen. Beispielsweise sinkt mit der Korrektur der Aufwendungen mit Investitionscharakter die Summe der Aufwendungen der Periode. Gleichzeitig sollte das betriebsnotwendige Vermögen um den entsprechenden Betrag erhöht werden. Die zeitliche Konsistenz verlangt z. B., dass die durch die Korrektur der Aufwendungen mit Investitionscharakter entstehen- <?page no="346"?> 346 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele den Vermögenspositionen und Abschreibungen auch in den Folgeperiode berücksichtigt werden (vgl. Weber u. a. (2017), S. 47). Zur Berechnung des Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) wird von dem um Steuern und Zinsen korrigierten Jahresüberschuss (EBIT) ausgegangen. Abb. 7.15 zeigt das Schema zur Ermittlung des NOPAT mit Beispielen für die verschiedenen Conversions (vgl. z. B. Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 371). Berechnungsschema Beispiele für Anpassungen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) +/ − Korrekturen aufgrund der Operating Conversion + Miet- und Leasingraten sowie Abschreibungen auf nicht betriebsnotwendiges Vermögen; - Erträge aus nicht betriebsnotwendigen Beteiligungen +/ − Korrekturen aufgrund der Funding Conversion + Miet- und Leasingaufwand auf betriebsnotwendiges Vermögen; - Abschreibungen auf betriebsnotwendige Miet- und Leasingobjekte −/ + Korrekturen aufgrund der Shareholder Conversion + Aufwendungen mit Investitionscharakter; - Abschreibungen auf Aufwendungen mit Investitionscharakter; + Effekte aus der Auflösung stiller Rücklagen − Cash Operating Taxes (COT) fiktive Steuern auf das Betriebsergebnis bei reiner Eigenfinanzierung der Unternehmung = NOPAT Abb. 7.15: Schema zur Berechnung des Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) Das Net Operating Asset (NOA) wird aus der Bilanzsumme zu Beginn einer Periode hergeleitet. Dabei sind die bei der Berechnung des NOPAT vorgenommenen Anpassungen zu berücksichtigen. Abb. 7.16 zeigt die Vorgehensweise bei der Berechnung des NOA auf (vgl. z. B. Bieg/ Kußmaul (2000a), S. 370). Berechnungsschema Beispiele für Anpassungen Bilanzsumme +/ − Korrekturen aufgrund der Operating Conversion - aktiviertes, nicht betrieblich genutztes Vermögen (z. B. marktgängige Aktien, Anlagen im Bau) +/ − Korrekturen aufgrund der Funding Conversion + Aktivierung nicht bilanzierten Vermögens (z. B. gemietete oder geleaste Objekte) abzüglich der Abschreibungen; - nicht zinstragende kurzfristige Verbindlichkeiten (z. B. Lieferantenkredite, Kundenanzahlungen, kurzfristige Rückstellungen) −/ + Korrekturen aufgrund der Shareholder Conversion + aktivierte Aufwendungen mit Investitionscharakter abzüglich der Abschreibungen; + Auflösung stiller Reserven; - Auflösung stiller Lasten +/ − Korrekturen aufgrund der Tax Conversion Bereinigung um latente Steuern = NOA Abb. 7.16: Schema zur Berechnung des Net Operating Asset (NOA) Im Rahmen der Shareholder Conversions werden Aufwendungen für den Aufbau von Erfolgspotenzialen aus dem Bereichserfolg eliminiert, dem betriebsnotwendigen Vermögen des Verantwortungsbereichs zugerechnet und danach über die Nutzungsdauer <?page no="347"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 347 abgeschrieben. Der NOPAT einer Periode wird dadurch nur mit einem Teil der Aufwendungen mit Investitionscharakter belastet. Gleichzeitig steigen jedoch das NOA und damit die Kapitalkosten mit negativen Wirkungen auf den Economic Value Added. Diese Abnahme des EVA fällt weniger gravierend aus, als es ohne diese Korrekturen der Fall wäre. Damit kann bei Verwendung des EVA als Performance-Maß der investitionsbedingte Myopia-Effekt abgeschwächt werden. Investitionen in materielle Güter erhöhen das NOA und damit die Kosten des eingesetzten Kapitals, die den EVA sinken lassen. Das kann zur Folge haben, dass wie auch bei Verwendung traditioneller Kennzahlen Investitionen nicht getätigt werden, obgleich sie hinsichtlich der langfristigen Unternehmungsziele vorteilhaft sind. Schließlich können mit dem Economic Value Added als Performance-Maß auch die durch Inflations- und Abschreibungseffekte verursachten Verzerrungen der Performance-Messung und -Beurteilung nicht verhindert werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 397). Die im Rahmen der Conversions vorgenommenen Anpassungen beeinträchtigen die Objektivität und die Verständlichkeit der Kennzahlenwerte. Ein weiterer Nachteil des EVA-Konzepts ist der hohe Aufwand für die Dokumentation, die zur Sicherung der zeitlichen Konsistenz der Anpassungen erforderlich ist. Hinzu kommen Kosten für Unternehmungsberater und die Schulung der Mitarbeiter bei der Implementierung dieses komplexen Konzepts (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 398 f.). Performance-Maße nach dem CFROI-Ansatz Der CFROI-Ansatz sieht die Berechnung einer vergangenheitsorientierten, periodenbezogenen cashflowbasierten Rentabilitätsgröße vor. Mit dieser als Cashflow Return on Investment (CFROI) bezeichneten Rentabilitätsgröße wird der Cash Value Added (CVA) berechnet, ein aus einem Cashflow ermittelter Residualerfolg (vgl. Lewis (1994), S. 124 f.). Mit den Kennzahlen dieses Ansatzes sollen abschreibungs- und inflationsbedingte Verzerrungen weitgehend vermieden und die Nutzungsdauer des gebundenen Kapitals berücksichtigt werden (vgl. Stelter (1999), S. 233). Vom EVA-Konzept unterscheidet sich dieser Ansatz vor allem dadurch, dass an die Stelle einer Erfolgsgröße eine Cashflow-Größe tritt, ein Nettowert des Vermögens durch einen Bruttowert ersetzt wird und Zinseffekte zurückfließender Abschreibungen einbezogen werden. Berechnet wird der CFROI aus dem Brutto-Cashflow (BCF), der ökonomischen Abschreibung (öA) und der Bruttoinvestitionsbasis (BIB) der Periode (vgl. Stelter (1999), S. 233 f.). Der Brutto-Cashflow und die Bruttoinvestitionsbasis werden aus Daten der GuV-Rechnung und der Bilanz hergeleitet. Dabei können der Jahresüberschuss und das buchmäßige Vermögen analog zu den Conversions des EVA-Konzepts korrigiert werden (vgl. Weber u. a. (2017), S. 63 ff.). t t t t 1 BCF öA CFROI BIB − − = Die mit dem Brutto-Cashflow ermittelte Rentabilität des eingesetzten Kapitals (CFROI) wird dem nach dem WAAC-Ansatz ermittelten Gesamtkapitalkostensatz gegenübergestellt. Wird die Differenz, d. h. der Spread, mit der Bruttoinvestitionsbasis <?page no="348"?> 348 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele multipliziert, ergibt sich der Cash Value Added (vgl. Stelter (1999), S. 237 f.). Bei positivem Cash Value Added sind die Rückgewinnung des eingesetzten Kapitals sichergestellt und die Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber übererfüllt, d. h., aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber ist ein Gewinn erwirtschaftet worden. ( ) ( ) t t WACC t 1 t t WACC t 1 CVA CFROI k BIB BCF öA k BIB − − = − ⋅ = − − ⋅ Mit dem CFROI soll eine Rentabilität für die typische Geschäftstätigkeit ermittelt werden. Für die Berechnung des Brutto-Cashflows (BCF) sind deshalb aus dem Jahresüberschuss zunächst alle außerordentlichen und aperiodischen Aufwendungen und Erträge zu eliminieren, d. h. die Erfolgswirkungen von Sondereffekten (vgl. Lewis (1994), S. 41). Weiterhin sind wie beim EVA-Ansatz die Miet- und Leasingaufwendungen sowie die Aufwendungen mit Investitionscharakter zu aktivieren (vgl. Kunz/ Teuscher (2007), S. 48 ff.). Abb. 7.17 skizziert das Schema zur Berechnung des Brutto-Cashflows. Mit dieser Cashflow-Rechnung sollen nicht die Bewegungen im Bestand der liquiden Mittel erfasst werden. Ziel ist es vielmehr, einen von Eigenkapitalgebern typischerweise erwarteten Cashflow zu ermitteln, weshalb auch die Veränderungen der Rückstellungen nicht einbezogen werden sollten (vgl. Lewis (1994), S. 211). Ergebnis nach Steuern +/ − außerordentliche und aperiodische Aufwendungen und Erträge +/ − Abschreibungen / Zuschreibungen + Zinsen + Miet- und Leasingaufwendungen + Aufwendungen mit Investitionscharakter + … = Brutto-Cashflow Abb. 7.17: Zusammensetzung des Brutto-Cashflow nach dem CFROI-Konzept Für die Ermittlung der ökonomischen Abschreibung wird die Bruttoinvestitionsbasis (BIB) in die abschreibbare und die nicht planmäßig abschreibbare Aktiva untergliedert. Abb. 7.18 zeigt die Zusammensetzung dieser Teile der Bruttoinvestitionsbasis mit den wichtigsten Anpassungen. Bewertet werden die Gegenstände des Anlagevermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die Inflationsanpassung wird pauschal für alle abschreibbaren Vermögensgegenstände vorgenommen. Durch sie sollen inflationsbedingte Verzerrungen der Performance-Messung vermieden werden (vgl. Kunz/ Teuscher (2007), S. 50 ff.). Bruttoinvestitionsbasis (BIB) + + + bilanzierte immaterielle Vermögensgegenstände Sachanlagen (ohne Grundstücke) Inflationsanpassung für abnutzbare Sachanlagen kapitalisierte Miet- und Leasingaufwendungen + + + + Finanzanlagen Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände Wertpapiere des Umlaufvermögens Schecks, Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten … <?page no="349"?> 7.4 Kennzahlen zur wertorientierten Performance-Messung 349 + + Aufwendungen mit Investitionscharakter … + + - Vorräte Grundstücke nicht verzinsliche Verbindlichkeiten = nicht planmäßig abschreibbare Aktiva = abschreibbare Aktiva Abb. 7.18: Zusammensetzung der Bruttoinvestitionsbasis Der CFROI wird unter der Annahme berechnet, dass über den Nutzungszeitraum des abschreibbaren Teils der Bruttoinvestitionsbasis hinweg ein konstanter Brutto-Cashflow erwirtschaftet wird. Berechnet wird dieser Nutzungszeitraum, indem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Teils der Bruttoinvestitionsbasis durch die jährliche lineare Abschreibung dividiert werden. Weiterhin wird angenommen, dass die über den Umsatz zurückfließenden Abschreibungen zu dem nach dem WACC-Ansatz ermittelten Gesamtkapitalkostensatz angelegt werden können. Unter diesen Annahmen wird die ökonomische Abschreibung für die abschreibbare Aktiva berechnet. Die ökonomische Abschreibung ist der Betrag, der in jeder Periode zum Gesamtkapitalkostensatz angelegt werden muss, um bis zum Ende des Nutzungszeitraums das ursprünglich eingesetzte Kapital in Höhe des abschreibbaren Teils der Bruttoinvestitionsbasis (BIB a ) zurückgewinnen und Ersatzinvestitionen finanzieren zu können (vgl. Stelter (1999), S. 235). Ermittelt wird die ökonomische Abschreibung mit dem Endwertfaktor (EWF) für den Gesamtkapitalkostensatz und die Nutzungsdauer (N) der abschreibbaren Aktiva der Bruttoinvestitionsbasis (BIB a ). a BIB öA EWF = mit ( ) N N WACC N t WACC WACC t 1 1 k 1 EWF (1 k ) k − = + − = + = ∑ Endwertfaktor und ökonomische Abschreibung Der Zeitstrahl zeigt die Zeitpunkte, zu denen die ökonomische Abschreibung in jeder Periode des Nutzungszeitraums angelegt wird, die über den Umsatz in die Unternehmung zurückgeflossen ist. öA öA öA öA öA 1 0 2 3 4 N ... ... Die zurückgeflossenen ökonomischen Abschreibungen werden zum Gesamtkapitalkostensatz angelegt. Die Summe aus den ökonomischen Abschreibungen und den durch die Anlage generierten Zinsen am Ende des Nutzungszeitraums ist der Endwert der ökonomischen Abschreibungen. Berechnet wird er, indem die ökonomischen Abschreibungen auf das Ende der Nutzungsdauer aufgezinst und addiert werden. Der Abschreibungsbetrag öA ist in der Höhe festzulegen, die einen Endwert der ökonomischen Abschreibung auf dem Niveau des abschreibbaren Teils der Bruttoinvestitionsbasis ergibt: <?page no="350"?> 350 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele ( ) ( ) ( ) N N 1 0 N t a WACC WACC WACC t 1 BIB öA 1 k öA 1 k öA 1 k − − = = ⋅ + + + ⋅ + = ⋅ + ∑ Durch Umformen dieser Gleichung ergibt sich folgender Ausdruck für die ökonomische Abschreibung: ( ) a N N t WACC t 1 BIB öA 1 k − = = + ∑ Die Summe im Nenner ist gleich dem Endwertfaktor. Es ergibt sich damit der oben angegebene Ausdruck (zum Endwertfaktor vgl. z. B. Kruschwitz (2018), S. 47 ff.). Die ökonomische Abschreibung ist eine fiktive Abschreibung, die neben dem Abschreibungsbetrag für die Wertminderung der abschreibbaren Aktiva einer Periode des Nutzungszeitraums als weiteren Bestandteil die Zinsen aus der Anlage der zurückfließenden Abschreibungen umfasst. Die Kapitalanlage aus den zurückgeflossenen Abschreibungen und die Zinsen aus dieser Kapitalanlage wachsen im Verlauf des Nutzungszeitraums an. Die ökonomische Abschreibung wird als Durchschnittswert über alle Perioden des Nutzungszeitraums ermittelt, der aus Abschreibungen und Zinsen in gleichbleibender Höhe gebildet wird. Da die ökonomische Abschreibung eine Zinskomponente umfasst, wird effektiv weniger als das im abschreibbaren Teil der Bruttoinvestitionsbasis gebundene Kapital abgeschrieben. Nach dem CFROI-Ansatz werden die Kapitalkosten für die Ermittlung des Residualerfolgs (CVA) aus dem Bruttowert des Vermögens hergeleitet, d. h. aus einer nicht durch Abschreibungen verringerten Kapitalbasis. Diese Vorgehensweise folgt aus der Annahme, dass die über den Umsatzprozess zurückgeflossenen Abschreibungen zum Kapitalkostensatz reinvestiert werden. Während des gesamten Nutzungszeitraums weist die Bruttoinvestitionsbasis damit eine konstante Höhe auf. Die mit der Anlage zurückgeflossener Abschreibungen erzielten Zinsen gehen in die Performance-Messung ein, indem über die ökonomische Abschreibung eine um diese Zinsen verringerte Abschreibung vom Brutto-Cashflow subtrahiert wird. Als Residualerfolg wird nach dem CFROI- Konzept der Teil des Brutto-Cashflows ausgewiesen, der über die Gesamtkapitalkosten sowie den Betrag (ökonomische Abschreibung) hinausgeht, der in der Periode für die Wiedergewinnung des zu Beginn des Nutzungszeitraums eingesetzten Kapitals zum Gesamtkapitalkostensatz angelegt werden muss. Da von dem während des Nutzungszeitraums konstant bleibenden Bruttowert des gebundenen Vermögens (BIB) abgeschrieben wird, und für die Zinsen ein konstanter Durchschnittswert berücksichtigt wird, können bei der Performance-Messung und -Bewertung Verzerrungen durch Abschreibungseffekte vermieden werden. Darüber hinaus weisen die Kennzahlen des CFROI-Ansatzes die Stärken und Schwächen der Kennzahlen des EVA-Ansatzes auf. Beispiel zum CFROI-Ansatz Ein Investment Center erwirtschaftet mit einer Bruttoinvestitionsbasis von 500 T€, die einen abschreibbaren Teil in Höhe von 400 T€ einschließt, in jeder Periode des Nutzungszeitraums von 5 Jahren einen Brutto-Cashflow von 180 T€. Die abschreibbaren Anlagegüter werden linear abgeschrieben. Es ist ein Gesamtkapital- <?page no="351"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 351 kostensatz von 10 % ermittelt worden. Die ökonomische Abschreibung beträgt: ( ) 5 400 T€ öA 65, 52 T€ 1 0,1 1 0,1 = = + − Die Ist-Werte des CFROI und des CVA liegen bei 180 T€ 65, 52 T€ CFROI 100 22, 9 % 500 T€ − = ⋅ = ( ) CVA 180 T€ 65, 52 T€ 0,1 500 T€ 64, 48 T€ = − − ⋅ = Die folgende Tabelle zeigt für alle Perioden des Nutzungszeitraums die ökonomische und die lineare Abschreibung sowie den Zinsbestandteil der ökonomischen Abschreibung als Differenz aus der linearen und der ökonomischen Abschreibung. Als Endwert der ökonomischen Abschreibungen während des Nutzungszeitraums ergibt sich der abschreibbare Teil der Bruttoinvestitionsbasis. 5 5 t öA t 1 EW 65, 52 T€ 1,1 400 T€ − = = ⋅ = ∑ Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung Kennzeichnung der mehrdimensionalen Performance-Messung Elemente eines Performance-Measurement-Systems Wird die Performance der Verantwortungsbereiche nur mit monetären Kennzahlen gemessen und beurteilt, behindert der Myopia-Effekt die Entwicklung von Wachstumsfeldern und die Erschließung von Zukunftsfeldern für die Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele. Um die Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen nicht nur an den kurzfristigen, sondern auch an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen auszurichten, sollten Zielvorgaben auch den Beitrag festlegen, der heute zum Aufbau von Erfolgspotenzialen für Wachstums- und Zukunftsfelder geleistet werden soll. Es sind folgende Fragen, die durch Periode 1 2 3 5 5 öA 65,52 T€ 65,52 T€ 65,52 T€ 65,52 T€ 65,52 T€ lineare Abschreibung 80 T€ 80 T€ 80 T€ 80 T€ 80 T€ Zinsbestandteil der öA 14,48 T€ 14,48 T€ 14,48 T€ 14,48 T€ 14,48 T€ <?page no="352"?> 352 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele die Zielvorgaben beantwortet werden sollten (vgl. Kaplan/ Norton (1993), S. 134; Anthony u. a. (2014), S. 397): Welcher Beitrag zur Erreichung der kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele soll in den Kern- und den Wachstumsfeldern erwirtschaftet werden? Welche Performance soll in den Wachstumsfeldern realisiert werden, um in den Folgeperioden die zur Erreichung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele erforderlichen finanziellen Ergebnisse erwirtschaften zu können? Welche Performance soll für die Erschließung von Zukunftsfeldern erbracht werden, um auch in zukünftigen Perioden die für das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele erforderlichen finanziellen Ergebnisse generieren zu können. Beantwortet werden können diese Fragen, sofern den Verantwortungsbereichen neben finanziellen Zielen auch nichtfinanzielle Ziele zu Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung vorgegeben werden. Die geordnete Gesamtheit dieser finanziellen und nichtfinanziellen Zielvorgaben für einen Verantwortungsbereich bildet den Inhalt eines Performance-Measurement-Systems (vgl. Franco-Santos/ Lucianetti/ Bourne (2012), S. 81). Ihr Zweck ist es, die Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen sowohl an den kurzfristigen als auch an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen auszurichten (vgl. Bourne/ Bourne (2023), S. 25). Neben den Zielvorgaben und einem Bezugssystem kann ein Performance-Measurement-System folgende weitere Elemente haben (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 13 ff.; Speckbacher/ Bischof/ Pfeiffer (2003), S. 363 ff.): Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielen, Initiativen zur Umsetzung der Zielvorgaben und Verknüpfungen mit einem Anreizsystem. Jede finanzielle und jede nichtfinanzielle Zielvorgabe wird durch ein Zielkriterium, eine oder mehrere Kennzahlen als Performance-Maße sowie Vorgabewerte für die Kennzahlen beschrieben. Finanzielle Ziele geben das finanzielle Ergebnis der Periode vor, das der Verantwortungsbereich für die kurzfristigen finanziellen Unternehmungsziele erwirtschaften soll. Nichtfinanzielle Zielvorgaben haben Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung zum Inhalt. Ein nichtfinanzielles Ziel ist eine Aussage zu dem erwünschten Zustand einer Einflussgröße auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung, der zur Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele als Ergebnis der Entscheidungen und Handlungen im Verantwortungsbereich während der aktuellen Periode eintreten soll. Nichtfinanzielle Ziele werden vorgegeben, um in nachfolgenden und zukünftigen Perioden finanzielle Ergebnisse erwirtschaften zu können. Jedes nichtfinanzielle Ziel sollte deshalb direkt oder indirekt über Ursache-Wirkungs-Beziehungen mit einem finanziellen Ziel verbunden sein. Sie sollten Bestandteile einer Ursache-Wirkungs-Kette sein, an deren Ende ein finanzielles Ziel steht (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 60). Die über die Ursache-Wirkungs-Beziehungen mit den finanziellen Zielen <?page no="353"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 353 verbundenen nichtfinanziellen Ziele informieren, wie die finanziellen Ziele nachfolgender und zukünftiger Perioden realisiert werden sollen. Die Ursache-Wirkungs- Beziehungen besagen jedoch nur, dass mit der Realisation nichtfinanzieller Ziele ein Beitrag zur Realisation finanzieller Ziele geleistet wird. Sie sagen nichts darüber aus, wann die finanziellen Wirkungen eintreten werden. Zur Analyse der Ursachen von Abweichungen bei den finanziellen Zielen sind Abweichungen bei nichtfinanziellen Zielen der Periode damit nur begrenzt geeignet. Die Kennzahlen eines Performance-Measurement-Systems bilden ein mehrdimensionales System aus Ergebnis- und Treiberkennzahlen, die über Instrumentalrelationen verbunden sind. Diese bilden die zwischen den Zielen bestehenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen ab. Zu den Ergebniskennzahlen (Lagging Indicators, Spätindikatoren) zählen u. a. die monetären Kennzahlen zur Messung der finanziellen Ziele. Jede Ergebniskennzahl ist über Instrumentalrelationen mit Treiberkennzahlen (Leading Indicators, Frühindikatoren für die finanziellen Ergebnisse nachfolgender und künftiger Perioden) verbunden. Treiberkennzahlen stehen für Ziele zu den Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 397). Das Bezugssystem ist die Gesamtheit der Regelungen für den Aufbau und die Gestaltung des Performance-Measurement-Systems. Die Regelungen betreffen die Auswahl, Ordnung und Darstellung der Zielvorgaben und aller weiteren Elemente des Performance-Measurement-Systems. Sie klären die Art und Weise, wie die Aufmerksamkeit der Bereichsleiter auf die Ziele gelenkt werden soll, die für das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele relevant sind, wie z. B. durch die Anbindung an ein Anreizsystem (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 13 f.). Den in Wissenschaft und Unternehmungspraxis erarbeiteten Konzepten für Performance-Measurement-Systeme liegt jeweils ein Bezugssystem zugrunde, das die Grundzüge für die Herleitung und Ordnung der Zielvorgaben festlegt. Sie geben Fragen vor, die bei der Auswahl der im Performance-Measurement-System zu berücksichtigenden Ziele zu beantworten sind (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 9; Neely/ Kennerley/ Adams (2007), S. 155). In einem Performance-Measurement-System können für jede Zielvorgabe zusätzlich Initiativen genannt werden, die zu ihrer Realisation angestoßen werden sollen (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 13 ff.). Durch die Festlegung von Initiativen werden die Bereichsleiter zusätzlich auch angeleitet, wie Zielvorgaben erreicht werden sollen. Beim Einsatz von Performance-Measurement-Systemen nähert sich die Koordination durch Zielvorgaben damit der Koordination durch Pläne an (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 416 f.). Das Performance-Measurement-System (PMS) eines Verantwortungsbereichs ist die durch ein Bezugssystem geordnete Gesamtheit seiner finanziellen und nichtfinanziellen Zielvorgaben, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbunden und um Initiativen zur Realisation der Zielvorgaben ergänzt sein können. <?page no="354"?> 354 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Vorteile der mehrdimensionalen Performance-Messung Als Vorteile der Performance-Messung und -Bewertung mit Performance-Measurement-Systemen können genannt werden (vgl. Merchant/ van der Stede (2003), S. 443 f.): die Frühzeitigkeit der Problemerkennung, die Erhöhung der Verständlichkeit und die Flexibilität. Als nichtmonetäre Kennzahlen eines Performance-Measurement-Systems sollten Frühindikatoren der finanziellen Ergebnisse folgender und zukünftiger Perioden gewählt werden. Frühindikatoren machen die Wirkungen der Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen für das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele sehr viel früher sichtbar als monetäre Kennzahlen. Abweichungen bei nichtfinanziellen Zielvorgaben weisen darauf hin, dass der vom Verantwortungsbereich geforderte Beitrag zum Erfolgspotenzial der Unternehmung nicht geleistet worden ist. Dadurch können Probleme beim Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung identifiziert werden, noch bevor sie sich in den finanziellen Ergebnissen niederschlagen. Performance-Measurement-Systeme erhöhen die Verständlichkeit der Zielvorgaben und geben die Richtung des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen für den Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung sehr viel detaillierter vor als finanzielle Zielvorgaben. Werden die Zielvorgaben zusätzlich um Initiativen ergänzt, kann bei den Bereichsleitern jedoch der Eindruck entstehen, dass ihre Entscheidungsautonomie eingeschränkt wird (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 444). Ein weiterer Vorteil der Performance-Measurement-Systeme ist ihre Flexibilität. Bei Änderungen der Unternehmungsziele oder der Unternehmungs- und Umweltbedingungen kann die Gewichtung der Ziele angepasst werden. Bleiben die finanziellen Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück, können einzelne Elemente des Performance-Measurement-Systems verändert werden, um die Richtung der Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen zu korrigieren. Diesen Vorteilen steht jedoch die Gefahr eines Information Overload gegenüber. Ab einer gewissen Zahl von Zielvorgaben in einem Performance-Measurement-System übersteigen die für die Performance-Beurteilung bereitgestellten Informationen die Informationsverarbeitungskapazität der Manager. Wird diese Information- Overload-Schwelle überschritten (vgl. Volnhals/ Hirsch (2008), S. 51), richten Bereichsleiter ihre Aufmerksamkeit auf Kennzahlen mit einem hohen Gewicht, auf vertraute Kennzahlen oder auf solche, die in der Unternehmung überwiegend genutzt werden, während andere Kennzahlen in den Entscheidungsprozessen der Verantwortungsbereiche nicht hinreichend berücksichtigt werden. Wird monetären Kennzahlen das höchste Gewicht beigemessen, kann es dazu kommen, dass nichtmonetäre Kennzahlen vernachlässigt werden und der Myopia-Effekt auftritt (vgl. Merchant/ van der Stede (2023), S. 444). <?page no="355"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 355 Performance-Measurement-Systeme zur Strategieimplementierung Problembereiche der Strategieimplementierung Performance-Measurement-Systeme sind ursprünglich als Reaktion auf die Schwächen der Performance-Messung und -Beurteilung mit ausschließlich monetären Kennzahlen entwickelt worden (vgl. Kaplan/ Norton (1992), S. 71). Inzwischen wird in Performance-Measurement-Systemen auch ein Instrument zur Unterstützung der Strategieimplementierung gesehen (vgl. Kaplan/ Norton (2001), S. 5). Die Strategieimplementierung scheitert in der Unternehmungspraxis vielfach. Dafür verantwortlich sind folgende Probleme, denen mit dem Einsatz von Performance-Measurement-Systemen begegnet werden soll (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 184 f.; Kunz/ Pfeiffer (2002), Sp. 104): Fehlender Konsens über die Strategieinhalte Managern und Mitarbeitern in den Verantwortungsbereichen werden die Inhalte der Strategien nicht hinreichend vermittelt. Es bleiben Interpretationsspielräume, die dazu führen, dass voneinander abweichende Ziele verfolgt werden. Fehlende Koordination zwischen strategischer, taktischer und operativer Planung Die Zielvorgaben der den Bereichsleitern unterstellten Manager, Teams und Mitarbeiter werden nicht aus den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen und Strategien hergeleitet. Diese Zielvorgaben orientieren sich weiterhin an den kurzfristigen finanziellen Zielen des Verantwortungsbereichs. Mangelnde Ausrichtung von Planung und Budgetierung an strategischen Erfordernissen Die Verantwortungsbereiche erarbeiten die taktischen und operativen Pläne sowie die Budgets getrennt von der strategischen Unternehmungsplanung. Eine in den strategischen Plänen festgelegte Verlagerung der Prioritäten spiegelt sich damit nicht in den Plänen und Budgets der Verantwortungsbereiche wider. Unvollständiges Feedback Die Performance unterer Ebenen der Managementhierarchie wird über Budgetabweichungen erfasst. Damit wird nur der Beitrag zu den kurzfristigen finanziellen Unternehmungszielen gemessen und analysiert. Ein Feedback zum Fortschritt bei der Strategieimplementierung und zur Wirksamkeit der Strategie für das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele kann nicht abgeleitet werden. Bei der Strategieimplementierung kommt Performance-Measurement-Systemen eine Koordinationsfunktion zu, die das Ausrichten des Entscheidens und Handelns der Manager auf allen Hierarchieebenen an den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele bezweckt. Performance- Measurement-Systeme mit dieser Koordinationsfunktion werden in der Literatur auch als „integriert“ (vgl. Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 191) oder als „Performance-Management-Systeme“ (vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 409 f.) bezeichnet. <?page no="356"?> 356 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Integrierte Performance-Measurement-Systeme umfassen die Zielvorgaben, die zur Ausrichtung des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen an den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele relevant sind. Funktionen integrierter Performance-Measurement-Systeme Integrierte Performance-Measurement-Systeme werden bei der Strategieimplementierung für die in Abb. 7.19 genannten Funktionen eingesetzt (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 8 ff., (2001), S. 8 ff., (2008), S. 21 ff; Neely/ Adams (2001), S. 12 f.; Horváth/ Gleich/ Seiter (2024), S. 119). Funktionen integrierter Performance-Measurement-Systeme bei der Strategieimplementierung Konsensbildungsfunktion Operationalisierungsfunktion Planungsfunktion Kommunikationsfunktion Integrationsfunktion − Zielsetzungsfunktion − Budgetierungsfunktion Funktion des strategischen Lernens Abb. 7.19: Funktionen bei der Strategieimplementierung Eine Strategie basiert auf einem Katalog von Hypothesen zu den Beziehungen zwischen den erwünschten Ergebnissen, die in den langfristigen Unternehmungszielen festgeschrieben sind, und den vermuteten Einflussgrößen auf das Erfolgspotenzial der Unternehmung (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 143 f.). Diese können in einem Performance-Measurement-System über Ursache-Wirkungs-Beziehungen transparent dargestellt werden. Mit integrierten Performance-Measurement-Systemen können die Strategien der Unternehmung damit umfassend abgebildet werden. Durch die Zusammenarbeit bei der Entwicklung integrierter Performance-Measurement-Systeme bildet sich im Management ein einheitliches Strategieverständnis heraus. Die Abbildung der Strategie durch die Performance-Measurement-Systeme der Verantwortungsbereiche dient damit der Konsensbildung zwischen den beteiligten Managern. Performance-Measurement-Systeme operationalisieren die Strategie zum einen durch die Zielvorgaben für die Verantwortungsbereiche. Weiterhin können in einem Performance-Measurement-System für jede Zielvorgabe Initiativen festgelegt werden, die zur Zielerreichung angestoßen werden sollen. Die Zielvorgaben und Initiativen zeigen auf, wie die Strategie umgesetzt und die langfristigen Unternehmungsziele erreicht werden sollen. Durch die Ergänzung der Zielvorgaben um Initiativen bieten Performance-Measurement-Systeme eine geeignete Grundlage für eine differenzierte Analyse des Investitionsmittelbedarfs der Strategieimplementierung in den Verantwortungsbereichen. Performance-Measurement-Systeme unterstützen damit die Investitionsplanung der Unternehmungsleitung für die Strategieimplementierung. Ein Performance-Measurement-System ist als Abbildung der Strategie ein geeignetes Kommunikationsinstrument, um die Strategieinhalte verständlich zu vermitteln <?page no="357"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 357 und zu beschreiben. Nach Übermittlung des Performance-Measurement-Systems kennen die Mitarbeiter die Strategieinhalte, die Zielvorgaben und Initiativen und damit die Performance, die von ihrem Verantwortungsbereich zur Implementierung der Strategie und der Realisation der langfristigen Unternehmungsziele erwartet wird. Für die Strategieimplementierung sind die langfristigen Unternehmungsziele mit den operativen Entscheidungen und Handlungen zu verknüpfen. Diese Integrationsfunktion erfüllen Performance-Measurement-Systeme über ihre Zielsetzungs- und Budgetierungsfunktion. Um das operative Entscheiden und Handeln in den Verantwortungsbereichen an den langfristigen Unternehmungszielen auszurichten, werden die kurzfristigen Erfolgsziele der Abteilungen, Teams, Projekte und Mitarbeiter um nichtfinanzielle Ziele ergänzt, die aus den Zielvorgaben und Initiativen des Performance-Measurement-Systems hergeleitet werden. Diese nichtfinanziellen Ziele geben der Organisationseinheit oder dem Mitarbeiter vor, was während des nächsten Monats oder Vierteljahres für die Umsetzung der Strategie geleistet werden soll. Um die Leistungsprämien der Mitarbeiter und Teams mit den langfristigen Unternehmungszielen zu verknüpfen, können diese nichtfinanziellen Ziele in die Bemessung der Belohnungen einbezogen werden (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 272). Die Budgetierungsfunktion verlangt, dass neben die traditionellen operativen Budgets zusätzlich strategische Budgets treten. Mit diesen werden den Abteilungen und Projekten die finanziellen Mittel bewilligt, die für die Umsetzung der in den Performance-Measurement-Systemen festgelegten Initiativen erforderlich sind. Durch strategische Budgets soll verhindert werden, dass Handlungen zur Strategieimplementierung vernachlässigt werden, um kurzfristige Erfolgsziele erreichen zu können (vgl. Kaplan/ Norton (2001), S. 14). Die Zielvorgaben eines Performance-Measurement-Systems eignen sich als Zwischenziele für die strategische Durchführungskontrolle. Für die strategische Prämissenkontrolle werden über die Ursache-Wirkungs-Beziehungen Annahmen der strategischen Planung offengelegt. Ein in der Unternehmung kommuniziertes Performance-Measurement-System kann Manager und Mitarbeiter beim Erkennen strategisch relevanter Änderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen für die strategische Überwachung unterstützen (vgl. Kaplan/ Norton (2001, S . 277). Wird ein Performance-Measurement-System für die strategische Kontrolle genutzt, werden Informationen gewonnen, mit denen für die strategische Planung gelernt werden kann. Mit diesen Informationen unterstützt werden kann sowohl das Single-Loop-Lernen als auch das Double-Loop-Lernen. Im Prozess des Single-Loop-Lernens wird analysiert, ob Versäumnisse oder Fehler bei der Strategieimplementierung die Ursache für festgestellte Abweichungen bei den finanziellen Zielen sind. Dazu werden die Vorgabe- und Ist-Werte derjenigen Frühindikatoren gegenübergestellt, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen mit den verfehlten Ergebniskennzahlen verbunden sind. Ursachen dieser Abweichungen können sein: die mit dem Performance-Measurement-System vorgegebenen Initiativen sind nicht oder nicht vollständig umgesetzt worden, die vorgegebenen Initiativen waren ungeeignet oder die Performance-Maße haben in den Verantwortungsbereichen zu einem anderen als dem erwarteten Arbeitsverhalten geführt. Im Prozess des Single- Loop-Lernens können Erkenntnisse über notwendige Korrekturen bei der Strategieimplementierung oder erforderliche Anpassungen des Performance-Measurement- Systems generiert werden (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 259). <?page no="358"?> 358 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Sind zwar die Vorgabewerte der Frühindikatoren, nicht jedoch die finanziellen Ziele erreicht worden, kann ein Prozess des Double-Loop-Lernens zur Überprüfung der Richtigkeit der entwickelten Strategien initiiert werden. Mit der strategischen Prämissenkontrolle und der strategischen Überwachung können Änderungen bei Unternehmungs- und Umweltbedingungen identifiziert werden, die das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele gefährden. Mit den Informationen zu den Ist- Werten der Kennzahlen kann die Richtigkeit der bei der Strategieentwicklung angenommenen und durch das Performance-Measurement-System offengelegten Ursache- Wirkungs-Beziehungen überprüft werden. Ein Ergebnis dieses strategischen Lernprozesses kann sein, dass die Strategie richtig ist und nur Annahmen über die Geschwindigkeit der Strategieimplementierung oder einzelne Ursache-Wirkungs-Beziehungen angepasst werden müssen. Bei jeder dieser Anpassungen sollte auch das Performance- Measurement-System aktualisiert werden. Es kann sich jedoch auch ergeben, dass eine Modifikation der Strategie oder die Entwicklung einer gänzlich neuen Strategie notwendig ist (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 260; Bourne u. a. (2000), S. 757 f.). Anforderungen an integrierte Performance-Measurement- Systeme Um den Funktionen bei der Strategieimplementierung dienen zu können, sollten Performance-Measurement-Systeme die Strategien der Unternehmung vollständig, genau und für alle Manager und Mitarbeiter verständlich abbilden. Zusätzlich zu diesen generellen Anforderungen an Zielvorgaben (vgl. Abb. 7.7) treten weitere Merkmale, die Performance-Measurement-Systeme zur Unterstützung der Strategieimplementierung aufweisen sollten. Diese betreffen zum einen die nichtfinanziellen Zielvorgaben und zum andern den Einsatz von Performance-Measurement-Systemen in weiteren Organisationseinheiten, die an der Strategieimplementierung beteiligt sind. [1] Anforderungen an nichtfinanzielle Zielvorgaben Nichtfinanzielle Zielvorgaben sollten wie alle Zielvorgaben klar, beeinflussbar, effektiv und effizient sein. Sie sollten zusätzlich auch strategiebezogen, d. h. aus den langfristigen finanziellen Zielen und Strategien hergeleitet sein. Jedes nichtfinanzielle Ziel sollte Glied einer Ursache-Wirkungs-Kette sein, die mit einem finanziellen Ziel endet. Als Performance-Maße für die nichtfinanziellen Ziele sind Frühindikatoren für die finanziellen Ergebnisse nachfolgender und künftiger Perioden zu wählen. Die meist nichtmonetären Kennzahlen sollten alle relevanten Aspekte der Strategien abbilden und über Instrumentalrelationen verbunden sein, welche die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielen wiedergeben. Für die Performance-Messung und die strategische Kontrolle sind aktuelle und bedarfsgerechte Berichte über die Ist-Werte der nichtmonetären Kennzahlen zeitnah und effizient bereitzustellen. Kennzahlen, deren Ist-Werte nur mit Informationen aus Befragungen ermittelt werden können, sind deshalb als Performance-Maße für nichtfinanzielle Ziele ungeeignet, z. B. für Ziele zur Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit (vgl. Bruggeman/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 199 f.). Um einen Information Overload zu vermeiden, sollte die Anzahl der Kennzahlen im Performance-Measurement-System strikt begrenzt sein. Es wird empfohlen, in ein Performance-Measurement-System nicht mehr als 20 Kennzahlen einzubeziehen (vgl. Anthony (2018), S. 398; Bruggemann/ Hoozée/ Slagmulder (2018), S. 199). <?page no="359"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 359 [2] Erweiterung der mehrdimensionalen Performance-Messung Um die Entscheidungen und Handlungen des Managements in allen Verantwortungsbereichen und auf allen Hierarchieebenen an den langfristigen finanziellen Unternehmungszielen und Strategien ausrichten zu können, sollten Performance- Measurement-Systeme nicht nur für die Profit- und Investment-Center erarbeitet werden, sondern auch für die Gesamtunternehmung und die Zentralbereiche (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 161). Auf Unternehmungsebene werden durch die Portfolio-Strategien, die Entwicklungsstrategien und die Produkt-Markt-Strategien die Tätigkeitsfelder der Unternehmung definiert und ihre Entwicklung festgelegt. Darüber hinaus gibt die Horizontalstrategie der Unternehmung vor, wie die Zusammenarbeit zwischen den Geschäftsbereichen zu gestalten ist, um Verbundvorteile realisieren zu können (zu diesen Strategien vgl. z. B. Friedl (2020), S. 103 ff.). Es werden drei Typen von Horizontalstrategien unterschieden, die sich sowohl auf die vorhandenen als auch auf die Auswahl neuer Tätigkeitsbereiche beziehen (vgl. Porter (1992), S. 413 ff.): Strategie der materiellen Verflechtung Verbundvorteile sollen generiert werden, indem einzelne Verrichtungen in den Geschäftsbereichen zentralisiert und gemeinsam ausgeführt werden. Ein Beispiel für diese Strategie ist die Einrichtung von Zentralbereichen. Strategie der immateriellen Verflechtung Verbundvorteile sollen durch die gemeinsame Nutzung immaterieller Werte realisiert werden, z. B. durch den Transfer von Wissen und Erfahrungen. Strategie der Koordination der Geschäftsfelder Stehen mehrere Geschäftsbereiche denselben Konkurrenten oder Kundengruppen gegenüber, soll durch die Abstimmung ihrer Strategien und Ziele verhindert werden, dass die Entscheidungen und Handlungen eines Bereichs Nachteile für andere Geschäftsbereiche zur Folge haben. Die Unternehmungsstrategien werden durch die Zielkriterien, Performance- Maße, Vorgabewerte und Initiativen des Performance-Measurement-Systems der Unternehmung abgebildet, um Klarheit und Konsens über die Inhalte dieser Strategien zu schaffen. Das Performance-Measurement-System der Unternehmung wird an die Geschäftsbereiche, Zentralbereiche und sonstigen Bereiche weitergeleitet. Es bildet die Grundlage für die Umsetzung der Horizontalstrategie durch strategisch relevante Entscheidungen und Handlungen in den Verantwortungsbereichen (vgl. Kaplan/ Norton (2008), S. 154 ff.). Mit den Performance-Measurement-Systemen der Unternehmung und der Geschäftsbereiche kann den Zentralbereichen ein klares Bild von den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien vermittelt werden. Jeder Zentralbereich der Unternehmung sollte mit seiner Strategie festlegen, wie er mit einer über dem Niveau externer Dienstleister liegenden Performance die Geschäftsbereiche bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen und zur Implementierung der Horizontalstrategie beitragen kann. Für die Zentralbereiche haben sich Strategien durchgesetzt, die zum einen operative Exzellenz bei den Basisdienstleistungen anstreben, um diese zu niedrigen Kosten bei hoher Verlässlichkeit anbieten zu können. Zum anderen sehen diese Strategien für einige kritische Dienstleistungen die Entwicklung innovativer Lösungen vor, die zur <?page no="360"?> 360 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele erfolgreichen Umsetzung der Geschäftsfeldstrategien beitragen. Die entwickelte Strategie wird anschließend in Zielkriterien, Performance-Maße, Vorgabewerte und Initiativen des Performance-Measurement-Systems des Zentralbereichs übersetzt, das an alle Mitarbeiter des jeweiligen Zentralbereichs kommuniziert werden sollte (vgl. Kaplan/ Norton (2006), S. 114 ff.). Zentralbereiche werden nicht eingerichtet, um Erfolge zu erwirtschaften. Sie sollen vielmehr die Geschäftsbereiche dabei unterstützen, Umsätze zu generieren und Erfolge zu erwirtschaften. Die finanziellen Ziele in den Performance-Measurement-Systemen der Zentralbereiche beziehen sich deshalb auf die Kosten der bereitgestellten Dienstleistungen und die Einhaltung der Budgets. Am Ende der Ursache-Wirkungs- Kette des Performance-Measurement-Systems treten neben diese finanziellen Zielvorgaben nichtfinanzielle Linkage-Zielvorgaben. Diese definieren den Beitrag, den der Zentralbereich zur Implementierung der Unternehmungsstrategie leisten soll, wie z. B. den Aufbau eines Führungskräfteentwicklungsprogramms, durch das der Zentralbereich „Personal“ die Fähigkeit der Unternehmung verbessern kann, durch Akquisition zu wachsen (vgl. Kaplan/ Norton (2006), S. 130 ff.). Konzepte integrierter Performance-Measurement-Systeme Perspektiven ausgewählter Konzepte Konzepte für ein Performance-Measurement-System bieten Unternehmungen einen Rahmen, der bei der Entwicklung des unternehmungsspezifischen Performance-Measurement-Systems inhaltlich zu konkretisieren ist. Es gibt Aspekte der Unternehmung vor, die bei der Auswahl der Zielkriterien für die Erarbeitung der Zielvorgaben aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und durchdrungen werden sollten. Die zu betrachtenden Aspekte betreffen u. a. den Input, die Prozesse, den Output und den Outcome (vgl. Möller/ Wirnsperger/ Gackstatter (2015), S. 78). Der Blickwinkel auf diese Aspekte kann nach innen, nach außen oder in die Zukunft gerichtet sein (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 164). Aspekte der Unternehmung, die betrachtet werden sollen, und der Blickwinkel, aus dem sie betrachtet werden sollen, werden zu Perspektiven kombiniert. Jede Perspektive wird mit einem Titel versehen und durch Fragen präzisiert. Für eine anschauliche und bildhafte Präsentation des Performance-Measurement-Systems werden die Zielvorgaben nach diesen Perspektiven geordnet und zu Gruppen zusammengefasst. Ein Konzept für ein Performance-Measurement-System kann als Vorschlag zu den Perspektiven verstanden werden, die bei der Auswahl der Ziele zur Analyse der Unternehmung und ihres Umfeldes eingenommen sowie zur anschließenden Ordnung der Zielvorgaben herangezogen werden können. Es ist eine Vielzahl von Konzepten für Performance-Measurement-Systeme vorgeschlagen worden (vgl. zu einem Überblick Neely/ Kennerley/ Adams (2007), S. 144 ff.; Baum/ Coenenberg/ Günther (2013), S. 414 ff.; Gleich (2021), S. 93 ff.). Konzepte integrierter Performance-Measurement-Systeme sind vor allem die Balanced Scorecard und das Performance Prism. Die beiden Konzepte unterscheiden sich vor allem in den Perspektiven, aber auch in den Phasen im Prozess der strategischen Planung und Kontrolle, die sie unterstützen sollen. <?page no="361"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 361 [1] Konzept der Balanced Scorecard Die Balanced Scorecard ist ein Performance-Measurement-System, das die Strategieimplementierung mit folgenden Funktionen unterstützen soll (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 8 ff.): Klären der Vision und der Strategie sowie ihre Übersetzung in Zielkriterien für die Zielvorgaben der Verantwortungsbereiche zu den langfristig zu erreichenden finanziellen und nichtfinanziellen Unternehmungszielen sowie die zwischen ihnen bestehenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen Erarbeiten von Kennzahlen als Performance-Maße für die Zielkriterien und Erarbeitung von Initiativen zu ihrer Realisation Festlegen von Vorgabewerten zu den Kennzahlen für den langfristigen Planungszeitraum, aber auch für jede Periode dieses Planungszeitraums als Meilensteine für die langfristig zu erreichenden Ziele Kommunizieren der langfristig zu erreichenden finanziellen und nichtfinanziellen Unternehmungsziele, Strategien und Zielvorgaben Verbessern des strategischen Feedbacks und Lernens durch strategische Kontrollen Vision und Strategie Kundenperspektive Lern- und Entwicklungsperspektive Interne Prozessperspektive Finanzperspektive Wie sollen wir gegenüber Shareholdern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben? Wie können wir immaterielle Werte aufbauen, um unsere Vision zu verwirklichen? Bei welchen Prozessen müssen wir die Besten sein, um unsere Shareholder und Kunden zu befriedigen? Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu verwirklichen? Abb. 7.20: Perspektiven im Konzept der Balanced Scorecard Die Balanced Scorecard ergänzt die finanziellen Zielvorgaben zu den finanziellen Ergebnissen, die in der Planperiode erwirtschaftet werden sollen, um nichtfinanzielle Zielvorgaben zu den Einflussgrößen auf die finanziellen Ergebnisse nachfolgender und zukünftiger Perioden. Abgeleitet werden die Zielvorgaben aus der Vision und der Strategie der Unternehmung (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 7 f.). Die mit der Bezeichnung dieses Konzepts angesprochene Ausgewogenheit fordert, dass eine ausgeglichene Mischung zwischen kurz- und langfristigen Zielen, monetären und nicht- <?page no="362"?> 362 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele monetären Kennzahlen, Ergebnis- und Treiberkennzahlen sowie zwischen nach innen und außen gerichteten Perspektiven anzustreben ist (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. VII). Abb. 7.20 nennt die Perspektiven einer Balanced Scorecard sowie die Fragen zur Herleitung und Ordnung der Ziele (vgl. Kaplan/ Norton (1996), S. 76). Das Konzept der Balanced Scorecard unterscheidet die folgenden Perspektiven (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 23 ff.: Finanzperspektive Aus dieser nach innen gerichteten Perspektive werden die finanziellen Zielvorgaben für das Erreichen der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele entwickelt. Sie geben vor, welches finanzielle Ergebnis in den Kern- und Wachstumsfeldern erwirtschaftet werden soll, die durch Entscheidungen und Handlungen früherer Perioden aufgebaut oder während der Planperiode entwickelt worden sind. Die Ist-Werte der Kennzahlen sollen darüber Auskunft geben, ob die Implementierung der Strategie eine grundsätzliche Verbesserung der finanziellen Ergebnisse bewirkt. Kundenperspektive Diese nach außen gerichtete Perspektive verlangt, den Wert des Outputs der Unternehmung oder des Verantwortungsbereichs für den Kunden zu analysieren. Mit den aus dieser Perspektive hergeleiteten Zielvorgaben wird festgelegt, wie aktuelle Kunden an die Unternehmung gebunden, potenzielle Kunden in Kernfeldern, neue Kunden in Wachstumsfeldern und zukünftige Kunden in Zukunftsfeldern gewonnen werden sollen, um die langfristigen finanziellen Unternehmungsziele zu realisieren. Interne Prozessperspektive Diese Perspektive verlangt, dass bei der Analyse diejenigen Prozesse identifiziert werden, die für die Ziele der Kundenperspektive und die Erwartungen der Eigenkapitalgeber kritisch sind. Die herzuleitenden Ziele sollen vorgeben, welche neuen Prozesse zusätzlich implementiert und wie die Leistungen bestehender Prozesse verbessert werden sollten. Es sind die Bedürfnisse und Erwartungen externer Anspruchsgruppen, die bei der Planung dieser Ziele maßgebend sind. Die interne Prozessperspektive ist damit bis zu einem bestimmten Grad nach außen gerichtet. Lern- und Entwicklungsperspektive Aus dieser zukunftsgerichteten Perspektive werden die immateriellen Werte der Unternehmung betrachtet. Die herzuleitenden Ziele sollen aufzeigen, welche Kompetenzen, Fähigkeiten zur Veränderung und Informationsversorgungssysteme aufgebaut werden sollten, um die Zielvorgaben der übrigen Perspektiven für die Wachstums- und Zukunftsfelder realisieren zu können. Die zu implementierende Strategie kann Abweichungen von diesem Schema der Perspektiven erforderlich machen. Beispielsweise können die Lern- und Entwicklungsperspektive in eine Innovations- und eine Entwicklungsperspektive unterteilt oder weitere Perspektiven eingeführt werden, wie z. B. eine Zulieferer- oder Nachhaltigkeitsperspektive (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 33). [2] Konzept des Performance Prism Das Konzept der Balanced Scorecard sieht die Unterstützung der Strategieimplementierung vor, nicht jedoch der Strategieentwicklung (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 36). Das Konzept des Performance Prism bezieht sich dagegen zusätzlich auch auf die Strategieentwicklung. Dieses Konzept ist Ende der 1990er Jahre als Reaktion auf <?page no="363"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 363 Schwächen der Balanced Scorecard entwickelt worden. Die Kritik am Konzept der Balanced Scorecard, die bei der Entwicklung des Konzepts aufgegriffen worden ist, betrifft vor allem die Herleitung der Ziele aus der Strategie und die unvollständige Berücksichtigung der Stakeholder. Mit den Kennzahlen eines Performance-Measurement-Systems soll die Wirksamkeit der Entscheidungen und Handlungen für die Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele beurteilt werden. Nach den Vertretern des Performance Prism ist eine Strategie nur eine Liste von Verbesserungsmaßnahmen und Initiativen des Managements, die keine langfristigen finanziellen Unternehmungsziele vorgibt. Strategien geben danach nur den Weg zur Erreichung der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele vor, nicht jedoch die Ziele selbst. Bei diesem Verständnis von ihren Inhalten ist die Strategie als Basis für die Planung von Zielvorgaben ungeeignet (vgl. Neely/ Adams (2001), S. 10 f.). Stattdessen sieht das Konzept der Performance Prism die Herleitung der Zielvorgaben aus den Bedürfnissen und Wünschen der Stakeholder vor. Das Performance Prism ist ein stakeholderzentriertes Konzept (vgl. Neely/ Kennerley/ Adams (2002), S. 151), das die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Unternehmung und ihren Stakeholdern in das Zentrum des Performance-Measurement-Systems stellt. Diese Beziehungen bestehen darin, dass die Unternehmung die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Stakeholder erfüllen sollte (SWANS = Stakeholder Wants and Needs), zur Realisation der langfristigen Unternehmungsziele jedoch gleichzeitig Beiträge von den Stakeholdern benötigt werden (OWANS = Our Wants and Needs). Als Stakeholder werden nicht wie im Konzept der Balanced Scorecard nur die Shareholder, die Kunden und die Mitarbeiter in die Überlegungen einbezogen, sondern zusätzlich auch Lieferanten, Händler sowie Behörden und der Gesetzgeber. Abb. 7.21 nennt einige Beispiele für die Bedürfnisse und Wünsche dieser Stakeholder sowie die Wünsche der Unternehmung an die Stakeholder (vgl. Neely/ Adams (2001), S. 9). Stakeholder-Zufriedenheit Bedarf und Wünsche der Stakeholder (SWANS) Stakeholder Stakeholder-Beiträge Bedarf und Wünsche der Unternehmung (OWANS) Liefergeschwindigkeit, Qualität, kostengünstig und einfach Kunden und Händler Vertrauen, Verbundenheit, Erfolg und Wachstum Sinn (Purpose), Fürsorge, Qualifikation und Bezahlung Mitarbeiter Engagement, Loyalität, Ideen und Meinungen Vertrauen, Verbundenheit, Erfolg und Wachstum Lieferanten Liefergeschwindigkeit, Qualität, kostengünstig und einfach gesetzmäßiges Handeln, Gerechtigkeit, Sicherheit und Ehrlichkeit Behörden und Gesetzgeber Rechtssicherheit, Regeln, Vernunft, Klarheit, Beratung Rendite, Informationen, Glaubhaftigkeit Shareholder Eigenkapital, Fremdkapital, Unterstützung, Eingehen von Risiken Abb. 7.21: Beispiele für SWANS und OWANS <?page no="364"?> 364 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Strategie Welche Strategie soll implementiert werden, um den Wünschen und Bedürfnissen der Schlüssel-Stakeholder zu entsprechen. Prozesse Welche für den Erfolg kritischen Prozesse werden für die Implementierung der Strategie benötigt? Fähigkeiten und Ressourcen Welche Fähigkeiten und Ressourcen werden benötigt, um die kritischen Prozesse effektiv ausführen und verbessern zu können? Abb. 7.22: Perspektiven im Konzept des Performance Prism Das Konzept des Performance Prism sieht fünf Perspektiven zur Ableitung der Ziele für ein Performance-Measurement-System vor, die den Seiten des in Abb. 7.22 dargestellten Prismas zugeordnet sind (vgl. Neely/ Adams/ Kennerley (2002), S. 161; Neely/ Adams (2001), S. 8). Diese im Konzept als „Facetten“ bezeichneten Perspektiven sind (vgl. Bourne/ Bourne (2011), S. 19 f.): Stakeholder-Zufriedenheit Zur Planung der Zielvorgaben sind die Stakeholder der Unternehmung sowie ihre Bedürfnisse und Wünsche zu identifizieren. Strategie Für die Entwicklung der Zielvorgaben ist zu klären, mit welcher Strategie die Bedürfnisse und Wünsche der für die Unternehmung kritischen sowie der wichtigen, jedoch nicht kritischen Stakeholder erfüllt werden sollen. Prozesse Es sind Prozesse und ihre Leistungen zu identifizieren, die für die Strategieimplementierung zur Realisation der langfristigen Unternehmungsziele geschaffen werden sollen. Fähigkeiten und Ressourcen Es sind Zielvorgaben zu den Fähigkeiten und Ressourcen zu entwickeln, die aktuell und künftig benötigt werden, um die für die Strategieimplementierung notwendigen Prozesse effektiv ausführen zu können. Fähigkeiten werden als eine Kombination aus Mitarbeitern, Verfahren, Technologien und Infrastruktur der Unterneh- Zufriedenheit der Stakeholder Beitrag der Stakeholder Wer sind die Schlüssel-Stakeholder und welche Wünsche und Bedürfnisse haben sie? Welche Beiträge werden von den Stakeholdern benötigt, um die benötigten Fähigkeiten und Ressourcen zu entwikkeln und zu erhalten? <?page no="365"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 365 mung definiert, deren Besonderheiten die Unternehmung in die Lage versetzen, Werte für die Stakeholder zu schaffen. Stakeholder-Beitrag Bei der Entwicklung eines Performance-Measurement-Systems nach dem Konzept des Performance Prism ist schließlich festzulegen, welche Beiträge die Unternehmung von ihren Stakeholdern benötigt, um die für die Strategieimplementierung erforderlichen Fähigkeiten aufbauen und aufrechterhalten zu können. Inhalte der Perspektiven einer Balanced Scorecard Nach dem Konzept der Balanced Scorecard sollen Ziele aus jeder Perspektive eine Ursache-Wirkungs-Kette bilden, die mit einem Ziel der Finanzperspektive endet (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 42 f.). Den Zielvorgaben der Finanzperspektive kommt damit eine Doppelrolle zu: Sie geben zum einen Ergebnisse vor, die von der Implementierung der Strategie erwartet werden. Zum anderen dienen sie als Endziele für die Zielvorgaben aller anderen Perspektiven (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 46). Durch diese Verknüpfung wird herausgestellt, dass die Erreichung der nichtfinanziellen Ziele des Geschäftsbereichs das Erreichen der finanziellen Ziele bewirken soll (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 60). Generell sind die Performance-Maße für die nichtfinanziellen Ziele in den Perspektiven Treiberkennzahlen, die über Instrumentalrelationen direkt oder indirekt mit den Ergebniskennzahlen der Finanzperspektive verbunden sind. Sie können jedoch zusätzlich auch den Charakter nichtmonetärer Ergebniskennzahlen innerhalb der Perspektive haben. Bei diesen Ergebniskennzahlen handelt es sich um Kennzahlen zu nichtfinanziellen, allgemeinen Zielen (Kernzielen), die viele Strategien gemeinsam haben und deshalb häufig Verwendung finden. Diese nichtmonetären Ergebniskennzahlen einer Perspektive werden innerhalb der Perspektive um Treiberkennzahlen ergänzt. Die Treiberkennzahlen werden speziell für den jeweiligen Geschäftsbereich entwickelt und spiegeln die Besonderheiten der Geschäftsfeldstrategie wider. Sie vermitteln, wie die nichtmonetären Ergebniskennzahlen erreicht werden sollen (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 144 f.). Neben die Ergebnis- und Treiberkennzahlen einer Perspektive können diagnostische Kennzahlen treten. Ihr Zweck ist es, unerwünschte Vorgehensweisen zur Erreichung der Zielvorgaben zu verhindern (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 158). [1] Finanzperspektive Die Ziele der Finanzperspektive haben die Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotenzials (Werttreiber) des Shareholder-Value-Netzwerks zum Inhalt, also das Ertragswachstum, die Wirtschaftlichkeit sowie die Finanz- und Vermögensstruktur. Die Ziele zu jedem Werttreiber werden aus der für den Verantwortungsbereich festgelegten Portfolio-Strategie hergeleitet. Unterschieden werden Investitionsstrategien, Abschöpfungsstrategien sowie Desinvestitionsstrategien (zu diesen Strategien vgl. z. B. Friedl (2020), S. 104 f., 139). Abb. 7.23 nennt Beispiele für Zielkriterien zu den Werttreibern bei den verschiedenen Portfolio-Strategien (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 50). <?page no="366"?> 366 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Werttreiber Strategie Ertragswachstum Wirtschaftlichkeit Finanz-/ Vermögensstruktur Investitionsstrategie Umsatzwachstumsrate je Marktsegment Anteil des Umsatzes mit neuen Produkten und Kunden am Gesamtumsatz Ertrag pro Mitarbeiter Investitionen (in Prozent des Umsatzes) Investitionen in FuE (in Prozent des Umsatzes) Abschöpfungsstrategie Anteil des Umsatzes aus neuen Anwendungen am Gesamtumsatz Rentabilität von Kunden und Produktlinien Kostenvorteile gegenüber Wettbewerbern Kostensenkungsraten Anteil der indirekten Kosten am Umsatz Working Capital Return on Capital Employed (ROCE) 1 Anlagenauslastungsgrad Desinvestitionsstrategie Rentabilität von Kunden und Produktlinien Anteil der unprofitablen Kunden Kosten einer Produkteinheit oder eines Vorgangs Amortisation operativer Cashflow 1 Quotient aus dem Betriebserfolg und dem investierten Kapital abzüglich des zinsbringenden (Finanz-)Vermögens (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 480) Abb. 7.23: Zielkriterien zu den Wertsteigerungstreibern bei den Portfolio-Strategien Investitionsstrategien werden für Geschäftsfelder verfolgt, die auf Wachstumsmärkten tätig sind. Um in folgenden und zukünftigen Perioden zur Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele beitragen zu können, sind heute erhebliche Investitionen für die Entwicklung neuer Produkte, Kapazitätserweiterungen, den Aufbau von Vertriebsnetzen und die Kundenpflege zu tätigen. Schwerpunkt der finanziellen Ziele ist das Wachstum des Umsatzes in neuen Märkten, mit neuen Produkten und neuen Kunden, um Finanzmittel für die Investitionen zu erwirtschaften, die für das angestrebte Wachstum zu tätigen sind. Auf Kernmärkten werden Abschöpfungsstrategien verfolgt, auf denen der Marktanteil zumindest gehalten werden soll. Investitionen werden für den Abbau von Engpässen, Kapazitätserweiterungen und Rationalisierungsmaßnahmen getätigt. Das Zielkriterium ist die Erwirtschaftung einer exzellenten Rendite des eingesetzten Kapitals mit traditionellen oder wertorientierten Kennzahlen als Performance-Maße. Am Ende des Lebenszyklus eines Kernmarkts wird eine Desinvestitionsstrategie ergriffen. In dieser Situation sollen nur Investitionen mit klar definierten kurzen Amortisationszeiten getätigt werden, mit denen die weitere Nutzung des vorhandenen Potenzials gesichert werden soll. Neue Potenziale sollen nicht mehr geschaffen werden. Das Zielkriterium ist es, die für Investitionen eingesetzten Finanzmittel wieder zurückzugewinnen. Vorgegeben werden können eine Steigerung des operativen Cashflows und die Senkung des Nettoumlaufvermögens (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 47 f.). <?page no="367"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 367 [2] Kundenperspektive Für die Entwicklung der Kundenperspektive sind in einem ersten Schritt die Kunden- und Marktsegmente zu identifizieren, in denen Wettbewerbsvorteile erlangt werden sollen. Diese Segmente sind die Quellen der Erträge für die Realisation der Ziele in der Finanzperspektive (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 62 ff.). Für jedes der identifizierten Kunden- und Marktsegmente werden Ergebniskennzahlen für Ziele aus der Gruppe allgemeiner Ziele (Kernziele) gebildet. Diese Gruppe enthält die in Abb. 7.24 genannten Zielkriterien. Sie bilden zusammen die durch die verbindenden Pfeile skizzierte Kausalkette (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 66 ff., (2004), S. 34 ff.). Marktanteil Kundenbindung Kundenrentabilität Kundenakquisition Kundenzufriedenheit Anteil am Kundenbudget Marktanteil Anteil der Unternehmung an dem über den Umsatz/ Absatz gemessenen Marktvolumen Kundenakquisition Ausmaß, in dem neue Kunden angezogen oder gewonnen werden Kundenbindung Dauerhaftigkeit der Beziehung zu einem Kunden Anteil am Kundenbudget prozentualer Anteil der Unternehmung an den gesamten Ausgaben eines Kunden innerhalb des relevanten Wettbewerbsumfelds Kundenzufriedenheit Ausmaß, in dem den Erwartungen der Kunden hinsichtlich ausgewählter Leistungsmerkmale zumindest entsprochen wird Kundenrentabilität Gegenüberstellung des während der Geschäftsbeziehung mit einem Kunden erzielten Bruttoerfolgs (z. B. Deckungsbeitrag) und der für die Akquisition, Pflege und Bedienung des Kunden eingesetzten Mittel Abb. 7.24: Allgemeine Ziele (Kernziele) der Kundenperspektive Die Treiberkennzahlen definieren diejenigen Eigenschaften des Leistungsangebots des Geschäftsbereichs an die Kunden, mit denen die Ergebniskennzahlen erreicht werden sollen. Die Eigenschaften des Leistungsangebots, die sich als Treiberkennzahlen der Kundenperspektive eignen, können in folgende Kategorien gegliedert werden: Produkt- und Serviceeigenschaften, Preis, Verkaufsprozess (z. B. Vorrätigkeit, Beratung, schnelle Reaktion, Vertragstreue) sowie Image und Reputation (vgl. Kaplan/ Norton (1997), S. 71 ff., (2004), S. 36). Die Kombination aus Produkten, Service, Preis, Verkaufsprozessen und Image für das ausgewählte Marktsegment wird durch den (Kunden-)Wertbeitrag beschrieben. Er gibt vor, wie sich die Unternehmung mit ihrer Leistung für die Kunden von den Wettbewerbern abheben soll. Typen von Kundenwertbeiträgen sind die Kostenführung, <?page no="368"?> 368 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele die Produktführung, die komplette Kundenlösung sowie die Systembindung, die aus hohen Kosten eines Systemwechsels oder Netzwerkeffekten resultieren kann (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 36 ff.). [3] Interne Prozessperspektive Die Ziele der Finanz- und Kundenperspektive geben Ergebnisse vor, die erreicht werden sollen, wie z. B. die Erhöhung des Shareholder Value durch Produktivitätssteigerungen oder Umsatzwachstum, das über einen Anstieg des Marktanteils durch Kundenakquisition, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung generiert werden soll. Inhalt der internen Prozessperspektive sind Zielvorgaben zu den Leistungen der Prozesse, die für das angestrebte Umsatzwachstum und die erforderliche Verbesserung der Produktivität kritisch sind. Kritisch können bereits bestehende Prozesse sein, deren Leistung verbessert werden sollte, aber auch neue zusätzliche Prozesse, die zur Umsetzung des Kundenwertbeitrags zu implementieren sind. Die Performance-Maße für die Ziele der kritischen Prozesse sind Treiberkennzahlen der in der Finanz- und Kundenperspektive festgelegten Zielvorgaben und sind aus den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien herzuleiten (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 11). Sie geben vor, durch welche außergewöhnlichen Leistungen innerhalb der Unternehmung der in der Kundenperspektive festgeschriebene Kundenwertbeitrag umgesetzt und die Erwartungen der Anteilseigner erfüllt werden sollen. Abb. 7.25 zeigt die Gliederung der internen Prozesse einer Unternehmung in folgende Cluster (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 39): Produktions- und Logistikprozesse Zu diesem Cluster zählen die grundlegenden operativen Prozesse zur Herstellung der Produkte des Leistungsprogramms und ihrer Auslieferung an die Kunden. Diese Prozesse sind für die operative Exzellenz der Unternehmung maßgebend (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 87). Kundenmanagementprozesse Die Prozesse in diesem Cluster dienen dazu, langfristige und profitable Beziehungen zu Kunden aufzubauen und zu erweitern. Sie befähigen die Unternehmung zur Erreichung der Zielvorgaben der Kundenperspektive (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 95, 114). Innovationsprozesse Zweck der Prozesse dieses Clusters ist es, neue Produkte für neue Kundensegmente oder Märkte hervorzubringen. Diese Prozesse reichen von der Ideengenerierung über die Ideenkonkretisierung für neue Produkte bis zu ihrer Einführung in den Markt. Sie sollen die Unternehmung in die Lage versetzen, Wettbewerbsvorteile zu schaffen, indem innovative Produkte, die den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden entsprechen, schnell und effizient auf den Markt gebracht werden (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 123). Nachhaltigkeitsprozesse Die Prozesse dieses Clusters bezwecken die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung durch eine Steigerung der ökologischen Leistung (z. B. Verringerung der Luft- und Wasserverschmutzung, des Energie- und Wasserverbrauchs), der Leistung für die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter, der Diversität bei den Beschäftigten sowie der Investitionen in die Gesellschaft. Kritisch sind diese Prozesse, <?page no="369"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 369 sofern Verstöße gegen gesetzliche Mindestanforderungen hohe Strafen, kostspielige Gerichtsverfahren oder sogar Stilllegungen zur Folge haben oder höhere Standards erreicht werden sollen, um einen Ruf als attraktiver Arbeitgeber aufzubauen oder das Image bei Kunden oder Investoren zu verbessern (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 149 ff.). Cluster interner Prozesse interne Prozesse Produktions- und Logistikprozesse Entwicklung und Erhalt von Lieferantenbeziehungen Produktion von Sach- und Dienstleistungen Vertrieb und Auslieferung der Produkte an die Kunden Risikomanagement Kundenmanagementprozesse Auswählen von Kunden Akquirieren von Kunden Binden von Kunden Ausweiten von Kundenbeziehungen Innovationsprozesse Identifizieren von Chancen für neue Sach- und Dienstleistungen Management des Forschungs- und Entwicklungsportfolios Entwickeln neuer Produkte Markteinführung der neuen Produkte Nachhaltigkeitsprozesse Management von Risiken aus ökologischen und sozialen Herausforderungen Kommunikation und Zusammenarbeit mit Stakeholdern Überwachung und Reporting Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen Abb. 7.25: Systematik interner Prozesse Jeder kritische interne Prozess ist ein strategisches Thema, das durch eine Kombination von Zielen beschrieben wird. Die Identifikation strategischer Themen ermöglicht es den Verantwortungsbereichen, ihre Entscheidungen auf wenige kritische Prozesse zu konzentrieren. Über die strategischen Themen kann zudem die Verantwortung der Funktionsbereiche für die Strategieimplementierung klar und nachvollziehbar offengelegt werden, indem die Verantwortung jeweils demjenigen Funktionsbereich zugeordnet wird, der über die zur Bearbeitung des strategischen Themas erforderlichen Kompetenzen verfügt. Beispiel für die strategischen Themen einer Differenzierungsstrategie Eine Unternehmung im Bereich der Spitzentechnologie verfolgt eine Differenzierungsstrategie, die eine Erweiterung des Leistungsprogramms um maßgeschneiderte Kundenproblemlösungen zum Inhalt hat. Zur Implementierung dieser Strategie sind sieben kritische Prozesse als strategische Themen identifiziert worden (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 44 f.): <?page no="370"?> 370 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Kundenmanagementprozesse zur Schaffung neuer Kundenpartnerschaften Themen: [1] Verkauf von Problemlösungen, [2] Beziehungsmanagement Produktions- und Logistikprozesse durch die sichergestellt werden soll, dass die Produkte innerhalb eines kurzen, vom Kunden geforderten Zeitraums bereitgestellt werden können Themen: [3] Just-in-time-Produktion, [4] Flexible Produktion Innovationsprozesse für das erforderliche technische Know-how Themen: [5] Interne Produktentwicklung, [6] Technologiepartnerschaften Nachhaltigkeitsprozesse für den Aufbau des Rufs als dominierender Arbeitgeber durch Stärkung von Institutionen, die zur Verbesserung der Lebensqualität der Mitarbeiter beitragen Thema: [7] Aufbau einer Einbindung der Unternehmung in die Gemeinschaft Die Cluster unterscheiden sich in der Zeitspanne, bis die Einführung oder Verbesserung der Leistung kritischer Prozesse auf die Ziele der Kunden- oder Finanzperspektive wirken. Leistungssteigerungen bei Produktions- und Logistikprozessen führen kurzfristig (6-12 Monate) zu Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen. Ein Umsatzwachstum infolge der verbesserten Leistung kritischer Kundenmanagementprozesse ist mittelfristig (12-24 Monate) zu erwarten. Länger (24-48 Monate) dauert es, bis sich die Leistungen der Innovationsprozesse auf den Wertbeitrag für die Kunden und die Ziele der Finanzperspektive auswirken. Durch die Gestaltung kritischer Nachhaltigkeitsprozesse kann z. B. ein Ruf als attraktiver Arbeitgeber aufgebaut, das Image als zuverlässiger Anbieter begründet, Gerichtsverfahren vermieden oder Stilllegungen abgewendet werden. Die Leistungen dieser Prozesse wirken sich erst langfristig auf die Ziele der Finanz- und Kundenperspektive aus. Um kurz-, mittel- und auch langfristig finanzielle Ergebnisse erwirtschaften zu können, sollte eine Strategie mindestens ein strategisches Thema aus jedem der vier Cluster zum Inhalt haben (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 11 f., 42 f.). [4] Lern- und Entwicklungsperspektive Die Zielvorgaben der Lern- und Entwicklungsperspektive beschreiben die immateriellen Werte, die entwickelt werden sollten, um die außergewöhnlichen Leistungen der kritischen internen Prozesse zu realisieren, die zur Erreichung der Ziele in der Finanz- und Kundenperspektive erforderlichen sind (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 12 f., 49). Folgende immateriellen Werte, die Bestandteile des Human- und des Organisationskapitals sind, haben sich für die Implementierung vieler Strategien als grundlegend erwiesen: die strategischen Kompetenzen der Mitarbeiter, die Verfügbarkeit strategischer Informationen zur Unterstützung der Mitarbeiter und die Fähigkeit der Unternehmung, den für die Implementierung der Strategien erforderlichen Veränderungsprozess einleiten und aufrechterhalten zu können. Die Determinanten der Fähigkeit zur strategischen Veränderung sind die Kultur, die Führung, die Ausrichtung und das Wissensmanagementsystem. Abb. 7.26 gibt einen <?page no="371"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 371 Überblick über die immateriellen Werte, die sich als Treiber der Leistungen kritischer interner Prozesse erwiesen haben (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 12 f., 184 f.). immaterieller Wert Erläuterung strategische Kompetenzen Fähigkeiten, Fachwissen und Begabungen, die erforderlich sind, um die für die Realisation der Ziele der Finanz- und der Kundenperspektive kritischen internen Prozesse zu implementieren und auszuführen strategische Informationen Technologische Infrastruktur (zentrale Großrechner, Kommunikationsnetzwerke sowie Fachwissen der Manager für die effektive und effiziente Nutzung dieser Infrastruktur) sowie Informationsangebote (Information, Wissen, digitale Technologien) zur Unterstützung der für die Realisation der Ziele der Finanz- und Kundenperspektive kritischen Prozesse Fähigkeit zur strategischen Veränderung Kultur: Verinnerlichung der für die Strategieimplementierung relevanten Teile des normativen Rahmens Führung: Verfügbarkeit qualifizierter Führungskräfte auf allen Hierarchieebenen, um die Unternehmung in die von der Strategie vorgegebene Richtung zu lenken Ausrichtung: Verknüpfung der individuellen Ziele sowie der Team- und Abteilungsziele mit den langfristigen Unternehmungszielen Wissensmanagementsysteme: Austausch des für die Strategieimplementierung notwendigen Wissens über Bereichsgrenzen hinweg Abb. 7.26: Immaterielle Werte der Lern- und Entwicklungsperspektive Formen der Darstellung einer Balanced Scorecard Performance-Measurement-Systeme haben die Funktion, die Strategie abzubilden, um sie allen Mitarbeitern der Unternehmung klar und verständlich zu vermitteln. Mit dem Performance-Measurement-System sollen die Mitarbeiter über die Performance informiert werden, die von ihrem Verantwortungsbereich zur Implementierung der Strategien und zur Realisation der langfristigen finanziellen Unternehmungsziele erwartet wird. Für diese Kommunikationsfunktion werden zur Darstellung der Inhalte aller Elemente einer Balanced Scorecard zwei sich ergänzende Instrumente genutzt (vgl. Kaplan/ Norton (2008), S. 92): die Strategy Map und die BSC-Matrix. Mit der Strategy Map wird die Strategie über die Zielkriterien aller Perspektiven und die Annahmen zu den zwischen den Zielkriterien bestehenden Ursache-Wirkungs- Beziehungen abgebildet. Der Zweck dieser Abbildung ist es, die Strategie zu kommunizieren und zu vermitteln, welche immateriellen Werte für außergewöhnliche Leistungen bei den kritischen Produktions- und Logistik-, Kundenmanagement-, Innovations- und Nachhaltigkeitsprozessen aufzubauen sind, um die erwünschten Ergebnisse der Kunden- und Finanzperspektive erreichen zu können (vgl. Kaplan/ Norton (2000), S. 168). Die Strategy Map wird ausgehend von den strategischen Themen entwickelt, also den kritischen internen Prozessen sowie der zugehörigen Zielkrite- <?page no="372"?> 372 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Finanzperspektive Verbesserung der Kostenstruktur Erhöhung des Kundenwerts Ausweitung der Umsatzmöglichkeiten Steigerung der Vermögensnutzung Langfristiger Shareholder Value Wirtschaftlichkeitsstrategie Wachstumsstrategie Kundenperspektive Kundenwertbeitrag Preis Verfügbarkeit Qualität Auswahl Funktionalität Service Partnerschaft Marke Kunden- und Serviceeigenschaften Kundenbeziehung Image interne Prozessperspektive Lern- und Entwicklungsperspektive Abb. 7.27: Vorlage zur Entwicklung einer Strategy Map <?page no="373"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 373 rien. Nach oben werden die Zielkriterien mit den Zielkriterien der Kunden- und der Finanzperspektive und nach unten mit denen der Lern- und Entwicklungsperspektive über die angenommenen Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbunden (vgl. Kaplan/ Norton (2008), S. 93 f.). Die Strategy Map ist die visuelle Darstellung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielkriterien aller Perspektiven der Balanced Scorecard. Mit der Strategy Map soll die Strategie vollständig und systematisch als zusammenhängendes System der Zielkriterien zu den erwünschten Ergebnissen und denjenigen internen Prozessen und immateriellen Werten abgebildet werden, die das Ergebnis am stärksten beeinflussen. Für die vollständige und systematische Darstellung der Strategie als System von Zielkriterien ist das in Abb. 7.27 abgebildete Schema einer Strategy Map vorgeschlagen worden (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 10). Dieses Schema kann auch als Checkliste für die Überprüfung der Vollständigkeit der Strategie und ihrer Abbildung genutzt werden (vgl. Kaplan/ Norton (2000), S. 176). Die BSC-Matrix ist eine übersichtliche Darstellung der nach den Perspektiven der Balanced Scorecard gegliederten Zielvorgaben des Performance-Measurement-Systems für die in der Strategy Map genannten Zielkriterien. Eine BSC-Matrix nennt zu jedem Zielkriterium der Strategy Map die Kennzahlen zur Performance-Messung, die Vorgabewerte zu den Kennzahlen, die Initiativen sowie die Budgets zur Umsetzung der Initiativen (vgl. Schlemminger (2022), S. 482 f.). Die Abbildungen 7.28 und 7.29 zeigen den Auszug aus der Strategy Map und der BSC- Matrix einer Fluggesellschaft zu dem strategischen Thema „Schneller Turnaround im Bodenbereich“ (vgl. Kaplan/ Norton (2004), S. 47). <?page no="374"?> 374 7 Koordinationssysteme für die Koordination über Ziele Strategy Map Prozess: Produktions- und Logistikprozesse strategisches Thema: Turnaround im Bodenbereich Finanzperspektive Ergebnis und RONA Pünktlicher Service Weniger Flugzeuge Umsatzwachstum Mehr Kunden anziehen und finden Die niedrigsten Preise Schneller Ground Turnaround Strategische Kompetenzen: Flugabfertiger Strategische Informationen: Personaleinsatzplanung Fähigkeit zur Veränderung: Ausrichtung des Bodenpersonals Kundenperspektive interne Prozessperspektive Lern- und Entwicklungsperspektive Abb. 7.28: Auszug aus einer Strategy Map <?page no="375"?> 7.5 Kennzahlensysteme zur mehrdimensionalen Performance-Messung 375 BSC-Matrix Prozess: Produktions- und Logistikprozesse Strategisches Thema: Turnaround im Bodenbereich Budget … € … € … € … € … € … € … € Initiativen CRM System implementieren Qualitätsmanagement Kundenloyalitätsprogramm Optimierung der Durchlaufzeiten Training des Bodenpersonals Einführung eines Personaleinsatzplanungssystems Kommunikationsprogramm Aktienbeteiligungsplan für die Mitarbeiter Vorgabewerte 30 % 20 % 5 % 70 % Jährliche Steigerung um 12 % Platz 1 Platz 1 30 Minuten 90 % 1. Jahr: 70 %, 2. Jahr: 100 % 100 % 100 % 100 % Kennzahlen Marktwert Umsatz/ Sitz Leasingkosten/ Flugzeug Anzahl Stammkunden Anzahl Kunden FAA-Rating für pünktliche Ankunft Kundenranking Bodenzeit Pünktlicher Abflug strategische Jobbereitschaft Verfügbarkeit des Informationssystems strategisches Bewusstsein Anteil am Bodenpersonal mit Aktien der Gesellschaft Zielkriterien Ergebnis und RONA Umsatzwachstum weniger Flugzeuge mehr Kunden binden und anziehen pünktliche Flüge die niedrigsten Preise schneller Turnaround im Bodenbereich die notwendigen Fähigkeiten entwickeln das Unterstützungssystem entwickeln das Bodenpersonal an der Strategie ausrichten Perspektive Finanzperspektive Kundenperspektive Interne Prozessperspektive Lern- und Entwicklungsperspektive Abb. 7.29: Auszug aus der zugehörigen BSC-Matrix <?page no="377"?> 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Koordinationsfunktion von Lenkpreisen Abgrenzung des Koordinationsproblems Die Koordination durch Zielvorgaben ist ein Prinzip der Entscheidungskoordination zur Ausrichtung der Entscheidungen in den Geschäftsbereichen divisional organisierter Unternehmungen an den finanziellen Unternehmungszielen. Die Entscheidungen der Geschäftsbereiche sind jedoch auch über Sachinterdependenzen verbunden, die einen Bedarf an horizontaler Entscheidungskoordination begründen. Zur Dekkung dieses Koordinationsbedarfs ist die Koordination durch Zielvorgaben um ein weiteres Koordinationsprinzip zu ergänzen. Werden die Sachinterdependenzen durch regelmäßige Lieferbeziehungen zwischen den Verantwortungsbereichen begründet, eignen sich Lenkpreise zur horizontalen Koordination der Entscheidungen. In divisional organisierten Unternehmungen treten regelmäßige Lieferbeziehungen zwischen Verantwortungsbereichen vor allem in folgenden Formen auf: Lieferbeziehungen zwischen Geschäftsbereichen und Lieferbeziehungen zwischen Zentralbereichen und Geschäftsbereichen. Durch Lieferbeziehungen entsteht zwischen den Entscheidungen der liefernden und abnehmenden Geschäftsbereiche ein Prozessverbund. Verantwortungsbereiche können ihre Sach- oder Dienstleistungen sowohl anderen Geschäftsbereichen als auch unternehmungsexternen Kunden anbieten. Reicht die Kapazität des liefernden Verantwortungsbereichs nicht aus, die Nachfrage der Geschäftsbereiche und der unternehmungsexternen Kunden zu decken, besteht zwischen den Entscheidungen jedes abnehmenden und des liefernden Verantwortungsbereichs zusätzlich ein Restriktionenverbund. Es sind nur die Entscheidungen über die Lieferbeziehungen zwischen den Verantwortungsbereichen divisional organisierter Unternehmungen, die über Lenkpreise horizontal koordiniert werden können. Gegenstand der Entscheidungen über die innerbetrieblichen Lieferbeziehungen sind das Produktionsprogramm des liefernden Verantwortungsbereichs Festgelegt werden die Mengen der Sach- oder Dienstleistungen, die während der Planperiode produziert werden sollen. das Absatzprogramm des liefernden Verantwortungsbereichs Entschieden wird über die Mengen der Sach- oder Dienstleistungen, die an die internen Abnehmer in der Unternehmung geliefert und an die externen Abnehmer am Markt verkauft werden sollen. das Produktionsprogramm des abnehmenden Verantwortungsbereichs Bestimmt werden die Mengen der Sach- oder Dienstleistungen, die produziert werden sollen und den Bedarf an den Sach- und Dienstleistungen des liefernden Verantwortungsbereichs determinieren. <?page no="378"?> 378 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben das Beschaffungsprogramm des abnehmenden Verantwortungsbereichs Inhalte dieser Entscheidungen sind die Mengen der Sach- oder Dienstleistungen, die vom liefernden Verantwortungsbereich oder von unternehmungsexternen Lieferanten bezogen werden sollen. Für die Produktion der Sach- und Dienstleistungen fallen im liefernden Verantwortungsbereich Kosten an. Die abnehmenden Geschäftsbereiche generieren durch die Verwertung dieser Sach- und Dienstleistungen in ihrem Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess Erlöse. Bei der Verrechnung innerbetrieblicher Lieferbeziehungen werden dem liefernden Verantwortungsbereich für die erbrachten Leistungen Erlöse zugerechnet, die abnehmenden Geschäftsbereiche werden mit Kosten der gelieferten Leistungen belastet. Werden innerbetriebliche Leistungen verrechnet, beeinflussen die Entscheidungen eines Verantwortungsbereichs, Leistungen unternehmungsintern zu beziehen oder unternehmungsintern zu liefern, sein Bereichsergebnis. Innerbetriebliche Lieferbeziehungen können über Kostenumlagen oder Verrechnungspreise verrechnet werden (vgl. Friedl (2019), S. 75 f.). Bei der Kostenumlage werden die Kosten des liefernden Verantwortungsbereichs nachträglich über eine Bezugsgröße auf die abnehmenden Verantwortungsbereiche verrechnet. Verrechnungspreise sind von der Unternehmung vorab selbst festgelegte oder ausgehandelte Wertansätze für Leistungen, die zwischen rechnerisch abgegrenzten Bereichen innerhalb der Unternehmung ausgetauscht werden (vgl. z. B. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 723). Während die Kostenumlage eine Aufgabe des Rechnungswesens ist, wird mit Verrechnungspreisen ein interner Markt gebildet (vgl. Frese u. a. (2019), S. 147). Bei ihren Entscheidungen über die Beschaffung, die Produktion und den Absatz der mit Verrechnungspreisen bewerteten Sach- und Dienstleitungen werden Bereichsleiter das mit den Zielvorgaben festgelegte Bereichsergebnis anstreben. Die Unternehmungsleitung kann über die Höhe der Verrechnungspreise Einfluss auf die Bereichsleiter nehmen, der die horizontale Koordination der Entscheidungen über die innerbetrieblichen Lieferbeziehungen hinsichtlich der finanziellen Unternehmungsziele bewirkt. Die Verrechnungspreise sind hierzu in einer Höhe festzulegen, bei der die Entscheidungen der Bereichsleiter über die Lieferbeziehungen sowohl das Bereichsergebnis als auch das finanzielle Unternehmungsziel optimieren (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 285 f.). Verrechnungspreise mit dieser Koordinationsfunktion werden als Lenkpreise bezeichnet. Lenkpreise sind Verrechnungspreise, die in divisional organisierten Unternehmungen genutzt werden, um Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen über interne Lieferbeziehungen zu beeinflussen und horizontal zu koordinieren (vgl. Hax (1965), S. 130; Anthony u. a. (2014), S. 291). Der Bedarf an horizontaler Koordination kann bei allen Lieferbeziehungen zwischen zwei oder mehreren Verantwortungsbereichen einer divisional organisierten Unternehmung auftreten. Im Folgenden werden nur Lenkpreise zur horizontalen Koordination der Entscheidungen über die Lieferbeziehungen zwischen Profit Centern betrachtet. Die Kompetenzen für Investitionsentscheidungen werden nicht an Profit- Center-Leiter delegiert, sondern verbleiben bei der Unternehmungsleitung. Es wer- <?page no="379"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 379 den deshalb nur Lenkpreise zur horizontalen Koordination von Entscheidungen bei gegebenen Kapazitäten in Profit Centern erläutert. Entsprechend wird für das finanzielle Bereichsziel ein kurzfristiges Erfolgsziel angenommen, wie z. B. ein Deckungsbeitragsziel. Funktionen der Lenkpreise Die Koordinationsfunktion der Lenkpreise ist die horizontale Koordination der Entscheidungen der Bereichsleiter über die Lieferbeziehungen zwischen Profit Centern. Für die bereichsübergreifende horizontale Koordination dieser Entscheidungen der Bereichsleiter sollten Lenkpreise folgende Funktionen erfüllen (vgl. Datar/ Rajan (2018), S. 882, 886): die Lenkungsfunktion, die Erfolgszuweisungsfunktion, die Verhaltensbeeinflussungsfunktion und die Autonomiefunktion. Für Verrechnungspreise werden in der Literatur weitere Funktionen genannt, wie z. B. die Abrechnungs- und die Planungsfunktion sowie die Vereinfachung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Diese Funktionen stehen in keiner Beziehung zur horizontalen Koordination der Entscheidungen zwischen Profit Centern und werden hier deshalb nicht betrachtet. [1] Lenkungsfunktion der Lenkpreise Die Lenkungsfunktion der Lenkpreise fordert, dass Entscheidungen in den liefernden und abnehmenden Profit Centern über die zwischen ihnen bestehenden Lieferbeziehungen an den Unternehmungszielen ausgerichtet werden. Um die Lenkungsfunktion erfüllen zu können, sollten Lenkpreise folgenden Anforderungen genügen (vgl. Hax (1965), S. 130): Optimieren Mitarbeiter in den Profit Centern bei ihren Entscheidungen über intern angebotene oder nachgefragte Mengen des mit dem Lenkpreis bewerteten Zwischenprodukts ihre finanziellen Bereichsziele, optimieren sie zugleich auch das finanzielle Unternehmungsziel. Entscheidungen in den Profit Centern über interne Lieferbeziehungen führen zum Ausgleich der angebotenen und der nachgefragten Menge des mit dem Lenkpreis bewerteten Zwischenprodukts. Im folgenden Beispiel wird veranschaulicht, dass nur Lenkpreise innerhalb eines abgegrenzten Intervalls die Lenkungsfunktion erfüllen. Beispiel zur Lenkungsfunktion der Lenkpreise Ein abnehmendes Profit Center A produziert ein Endprodukt 2. Es kann am Absatzmarkt zu einem Stückpreis von p 2 = 200 € abgesetzt werden. Für eine Einheit dieses Endprodukts wird eine Einheit des Zwischenprodukts 1 benötigt (a 12 = 1), das im liefernden Profit Center L gefertigt wird. Einen externen Markt soll es für dieses Zwischenprodukt nicht geben. Die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts 1 betragen 100 €, die variablen Kosten des Endprodukts 2 liegen ohne die Kosten des Zwischenprodukts bei 60 €. <?page no="380"?> 380 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Bei einem Lenkpreis von p v = 150 €/ St. ist der Stückdeckungsbeitrag des liefernden Profit Centers L positiv. d 1L = 150 € - 100 € = 50 € Profit Center L ist damit bereit, innerhalb seiner Kapazitätsgrenzen jede Menge zu liefern, die nachgefragt wird. Bei diesem Lenkpreis ist der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 aus der Sicht des abnehmenden Profit Centers A negativ. d 2A = 200 € - 60 € - 150 € = - 10 € Jede von Endprodukt 2 produzierte und abgesetzte Mengeneinheit verringert den Bereichserfolg des abnehmenden Profit Centers um 10 €. Das abnehmende Profit Center wird deshalb Endprodukt 2 nicht produzieren und Zwischenprodukt 1 nicht beziehen. Für die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung über die Produktions- und Absatzmengen in den Profit Centern sind die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts 1 relevant und nicht der Lenkpreis. Der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 wird deshalb wie folgt berechnet: d 2Z = 200 € - 60 € - 100 € = 40 €. Er ist positiv, d. h., die Unternehmungsleitung würde sich für die Produktion von Endprodukt 2 entscheiden. Die dezentralen Entscheidungen der Bereichsleiter stimmen damit nicht mit der zentralen Entscheidung der Unternehmungsleitung überein. Der Lenkpreis in Höhe von 150 € erfüllt die Lenkungsfunktion nicht. Erfüllt wird die Lenkfunktion nur von Lenkpreisen, die folgenden Bedingungen genügen: v p 100 0 − ≥ (Profit Center L produziert und liefert das Zwischenprodukt 1 an das abnehmende Profit Center) und v 200 60 p 0 − − ≥ (Profit Center A bezieht das Zwischenprodukt 1 vom liefernden Profit Center und produziert das Endprodukt 2). Damit erfüllen alle Lenkpreise im Intervall zwischen 100 € und 140 € die Lenkungsfunktion. [2] Erfolgszuweisungsfunktion Werden innerbetriebliche Lieferbeziehungen über Lenkpreise verrechnet, wird dem liefernden Profit Center der Wert der erbrachten Leistung gutgeschrieben und das abnehmende Profit Center entsprechend belastet. Der in den beiden Profit Centern ausgewiesene Bereichserfolg hängt damit vom Niveau des Lenkpreises ab, mit dem die Liefermengen bewertet werden. Der Bereichserfolg ist bei der Koordination der Entscheidungen in Profit Centern durch Zielvorgaben ein Maß für die Performance- Messung und -Bewertung. Die Effektivität und Effizienz der Koordination durch Abb. 8.1: Beispiel zur Lenkungsfunktion der Lenkpreise <?page no="381"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 381 Zielvorgaben setzen voraus, dass Lenkpreise die Erfolgszuweisungsfunktion erfüllen. Diese fordert für Lenkpreise ein Niveau, das zu einer leistungsgerechten Zurechnung der finanziellen Erfolge aus innerbetrieblichen Lieferbeziehungen auf die beteiligten Profit Center führt (vgl. Kloock (1992), Sp. 2566). Unter dem leistungsgerechten Erfolg eines Profit Centers wird der Bereichserfolg verstanden, welcher der Unternehmung bei Wegfall des Profit Centers entgehen würde (vgl. Frese/ Glaser (1980), S. 118 f.). [3] Verhaltensbeeinflussungsfunktion Lieferbeziehungen zwischen den Profit Centern einer divisional organisierten Unternehmung unterliegen nur ausnahmsweise den Wettbewerbsbedingungen, wie sie auf externen Märkten gegeben sind. Damit auch bei fehlendem Wettbewerbsdruck eine effiziente und effektive Leistungserstellung und -verwertung gewährleistet wird, haben Lenkpreise auch eine Verhaltensbeeinflussungsfunktion. Um diese zu erfüllen, sollten Lenkpreise in einer Höhe festgelegt werden, die Manager und Mitarbeiter zu einem effizienten Arbeitsverhalten und Leistungssteigerungen im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess in den Profit Centern motivieren. Beispiele für diese Leistungssteigerungen sind die Steigerung der Qualität und die Intensivierung der Suche nach günstigeren Beschaffungsquellen oder neuen Absatzmärkten (vgl. Frese (1995), S. 948). [4] Autonomiefunktion Lenkpreise sollen die horizontale Koordination der Entscheidungen in den Profit Centern über ihre Lieferbeziehungen gewährleisten, ohne dadurch die Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter zu begrenzen. Die Bereichsleiter, die für ihren Bereichserfolg verantwortlich sind, sollen frei von Eingriffen oder Vorgaben der Unternehmungsleitung über die Lieferbeziehungen zu anderen Profit Centern und externen Märkten entscheiden können (vgl. hierzu Datar/ Rajan (2018), S. 793). Ermittlung von Lenkpreisen Lenkpreissysteme geben vor, wie die Lenkpreise für die Bewertung der Lieferbeziehungen zwischen den Profit Centern divisional organisierter Unternehmungen ermittelt werden sollen. Die Lenkungsfunktion fordert, dass bei der Gestaltung des Lenkpreissystems der Unternehmung dem Grundprinzip für die Festlegung von Lenkpreisen gefolgt werden sollte. Das Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung besagt, dass Lenkpreise in weitgehender Übereinstimmung mit den Preisen beim Kauf des Zwischenprodukts oder seinem Verkauf auf dem externen Markt festgelegt werden sollten. Existiert kein externer Markt, sollten die Lenkpreise mit den Grenz- und den Opportunitätskosten des Zwischenprodukts ermittelt werden (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 231). Aus diesem Grundprinzip folgt die Unterscheidung zwischen den marktpreisorientierten Lenkpreisen und den kostenorientierten Lenkpreisen, zu denen die grenz- <?page no="382"?> 382 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben kostenorientierten Lenkpreise und die opportunitätskostenorientierten Lenkpreise zählen. Diese Lenkpreise genügen den Anforderungen der Lenkungsfunktion. Sind die Entscheidungen der Profit Center zu ihren Lieferbeziehungen über Sachinterdependenzen verbunden, führen diese Lenkpreise jedoch zu keinem leistungsgerechten Erfolgsausweis. Die Lenkungsfunktion und die Erfolgszuweisungsfunktion werden von einem Lenkpreis nur unter der Bedingung gemeinsam erfüllt, dass die Entscheidungen des liefernden und des abnehmenden Profit Centers über ihre internen Lieferbeziehungen nicht über Sachinterdependenzen verbunden sind. Für diesen Zielkonflikt zwischen der Lenkungs- und der Erfolgszuweisungsfunktion, der bereits von Schmalenbach erkannt worden ist, finden sich in der englischsprachigen Literatur die Bezeichnungen „transfer pricing conflict“ (vgl. Drury (2020), S. 555) und „transfer pricing conundrum“ (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 454). Dieser Zielkonflikt wird hier als Dilemma der Lenkpreissysteme bezeichnet (vgl. Frese (1995), Sp. 950). Cost-plus-Lenkpreise Duale Lenkpreise Profit Sharing Arten von Lenkpreisen Lenkrpeise zur Auflösung des Dilemmas der Lenkpreissysteme Lenkpreise nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung Marktpreisorientierte Lenkpreise Rechnungswesenorientierte Lenkpreise Verhandlungsorientierte Lenkpreise Kostenorientierte Lenkpreise Grenzkostenorientierte Lenkpreise Opportunitätskostenorientierte Lenkpreise Kombinierte Lenkpreise Erweiterte kostenorientierte Lenkpreise Vollkostenorientierte Lenkpreise Zweistufige Lenkpreise Vorgabe der Lenkpreise durch die Unternehmungsleitung Gelenkte Verhandlungen Freie Verhandlungen Das Dilemma der Lenkpreissysteme besagt, dass die Lenkungs- und die Erfolgszuweisungsfunktion der Lenkpreise nicht gemeinsam erfüllt werden können, sofern die Entscheidungen des liefernden und des abnehmenden Profit Centers über die internen Lieferbeziehungen durch Sachinterdependenzen verbunden sind (vgl. Schmalenbach (1948), S. 182). Zur Auflösung dieses Dilemmas sind in Wissenschaft und Unternehmungspraxis mehrere Ansätze zur Bestimmung von Lenkpreisen vorgeschlagen worden. Sie werden aus Marktpreis- oder Kostendaten gebildet, in Verhandlungen ermittelt oder von der Unternehmungsleitung vorgegeben. Abb. 8.2 zeigt einen Überblick über die Arten von Lenkpreisen. Abb. 8.2: Arten von Lenkpreisen <?page no="383"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 383 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung Marktpreisorientierte Lenkpreise Anwendungsbedingungen marktpreisorientierter Lenkpreise Marktpreisorientierte Lenkpreise werden in Höhe des Marktpreises für das Zwischenprodukt auf dem unternehmungsexternen Markt festgelegt. Bei diesem Ansatz zur Bestimmung von Lenkpreisen wird der Marktmechanismus in geradezu idealer Weise auf die Unternehmung übertragen. Die Lenkungs-, die Erfolgszuweisungs-, die Verhaltensbeeinflussungssowie die Autonomiefunktion werden von marktpreisorientierten Lenkpreisen nur unter folgenden Bedingungen erfüllt (vgl. Datar/ Rajan (2018), S. 886, 900): Es existiert ein externer Markt für Güter, die das Zwischenprodukt vollständig substituieren können. Der Markt für das Zwischenprodukt weist die Merkmale eines vollkommenen Markts auf. Diese Merkmale sind − die Existenz eines einheitlichen Marktpreises, − die Unabhängigkeit des Marktpreises von den Absatz- und Beschaffungsentscheidungen der Profit Center sowie − die unbegrenzte Aufnahme- und Bereitstellungskapazität des Markts für das Zwischenprodukt. Es gibt keinerlei Verbundeffekte, d. h., zwischen internen und externen Lieferbeziehungen existieren keine Unterschiede. Das liefernde und das abnehmende Profit Center haben unbeschränkten Zugang zu dem Markt für das Zwischenprodukt. Das folgende Beispiel veranschaulicht, dass marktpreisorientierte Lenkpreise für ein Zwischenprodukt, das auf einem vollkommenen externen Markt gehandelt wird, sowohl die Lenkungsals auch die Erfolgszuweisungsfunktion erfüllen. Beispiel zu marktpreisorientierten Lenkpreisen Profit Center L stellt ein Zwischenprodukt 1 her, das auf einem vollkommenen externen Markt mit einem Stückpreis von p m = 120 € gehandelt wird. Aus dem Zwischenprodukt 1 wird im abnehmenden Profit Center ein Endprodukt 2 produziert, das zu einem Stückpreis von p 2 = 200 € auf dem Absatzmarkt verkauft wird. Für eine Einheit des Endprodukts 2 wird jeweils eine Einheit des Zwischenprodukts 1 benötigt. Die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts 1 betragen 100 €, die des Endprodukts 60 €. Das liefernde und das abnehmende Profit Center haben freien Zugang zum externen Markt für das Zwischenprodukt (vgl. Abb. 8.3). Das liefernde Profit Center erzielt sowohl bei externer als auch interner Verwertung des Zwischenprodukts einen Stückdeckungsbeitrag in Höhe von 1 L d 120 € 100 € 20 € = − = . Das liefernde Profit Center ist deshalb bereit, die maximal mögliche Menge des Zwischenprodukts 1 zu produzieren. Es ist bei der Entscheidung zwischen der internen und externen Verwertung des Zwischenprodukts indifferent. <?page no="384"?> 384 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Das abnehmende Profit Center erzielt für sein Endprodukt 2 sowohl bei internem als auch bei externem Bezug des Zwischenprodukts 1 einen Stückdeckungsbeitrag in Höhe von 2 L d 200 € 60 € 120 € 20 €. = − − = Das abnehmende Profit Center produziert damit die mit den gegebenen Kapazitäten maximal mögliche Menge des Endprodukts und ist bei der Entscheidung zwischen dem internen und dem externen Bezug des Zwischenprodukts indifferent. Aus der Sicht der Unternehmungsleitung setzt sich der Stückdeckungsbeitrag einer abgesetzten Einheit des Endprodukts 2 bei gleichzeitiger externer Verwertung des Zwischenprodukts aus dem Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 bei externem Bezug des Zwischenprodukts sowie dem realisierten Stückdeckungsbeitrag des Zwischenprodukts 1 bei externer Verwertung zusammen. Der Stückdekkungsbeitrag des Zwischenprodukts 1 wird realisiert, da es nicht intern verwertet, sondern extern veräußert wird. Der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 beträgt aus Sicht der Unternehmungsleitung damit e2 Z d ( 120 € 100 €) ( 200 € 60 € 120 €) 40 € = − + − − = . Wird das Zwischenprodukt 1 intern verwertet, beträgt der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 aus der Sicht der Unternehmungsleitung i 2 Z d 200 € 60 € 100 € 40 € = − − = . Der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 ist bei externer Veräußerung des Zwischenprodukts 1 positiv und mit dem bei interner Verwertung des Zwischenprodukts 1 identisch. Bei zentraler Entscheidung durch die Unternehmungsleitung werden von den Produkten 1 und 2 die mit den vorhandenen Kapazitäten maximalen Mengen produziert und abgesetzt. Die Unternehmungsleitung ist bei ihren Entscheidungen zwischen der externen und der internen Verwertung des Zwischenprodukts indifferent. Bei Verrechnung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit marktpreisorientierten Lenkpreisen stimmen unter den genannten Bedingungen die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung und die dezentralen Entscheidungen der Bereichsleiter der beiden Profit Center überein, d. h., die Lenkungsfunktion ist erfüllt. Der Grund hierfür ist, dass interne Lieferbeziehungen und externe Marktbeziehungen in beiden Profit Centern zu Erfolgen in gleicher Höhe führen. Die Entscheidungen eines Profit Centers haben damit keinen Einfluss auf den Bereichserfolg des jeweils anderen Profit Centers, da diesem stets eine Marktbeziehung als erfolgsidentische Abb. 8.3: Beispiel zu marktpreisorientierten Lenkpreisen <?page no="385"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 385 Alternative zur Verfügung steht. Die Entscheidungen der beiden Profit Center über ihre Lieferbeziehungen sind damit unter den genannten Bedingungen nicht über Sach-interdependenzen verbunden. Es besteht kein Bedarf an horizontaler Koordination und die Entscheidungen können unabhängig voneinander getroffen werden (vgl. hierzu auch Drury (2020), S. 796; Kloock (1992), Sp. 2560). Wie das folgende Beispiel zeigt, erfüllt ein vom Marktpreis abweichender Lenkpreis auch unter den Bedingungen eines vollkommenen Markts die Lenkungsfunktion nicht. Beispiel zu einem vom Marktpreis abweichenden Lenkpreis Wird vom vorhergehenden Beispiel abweichend ein Lenkpreis von p v = 125 €/ St. angenommen, erzielt das liefernde Profit Center bei interner Verwertung des Zwischenprodukts einen Stückdeckungsbeitrag von 25 €, bei externer Verwertung dagegen nur einen Stückdeckungsbeitrag von 20 €. Das liefernde Profit Center präferiert deshalb die interne Verwertung des Zwischenprodukts. Für das abnehmende Profit Center hat der interne Bezug des Zwischenprodukts einen Kostennachteil in Höhe von 5 €, so dass der Bereichsleiter den externen Bezug präferiert. Die intern angebotene übersteigt damit die intern nachgefragte Menge des Zwischenprodukts. Da sich der Lenkpreis nicht auf die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung auswirkt, ist diese weiterhin zwischen internen und externen Lieferbeziehungen indifferent. Bei einem vom Marktpreis abweichenden Lenkpreis fallen die dezentralen Entscheidungen in den Profit Centern und die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung auseinander. Die Verrechnung innerbetrieblicher Lieferbeziehungen mit marktpreisorientierten Lenkpreisen führt unter den genannten Bedingungen sowohl beim liefernden als auch beim abnehmenden Profit Center zu Bereichserfolgen, die mit denen bei externer Verwertung oder externem Bezug des Zwischenprodukts übereinstimmen. Mit dem Wegfall eines der beiden Profit Center würde der Unternehmungserfolg jeweils um den für das wegfallende Profit Center ausgewiesenen Bereichserfolg sinken. Die Erfolgszuweisungsfunktion ist damit erfüllt. Da unter den genannten Bedingungen bei Bewertung der internen Lieferbeziehungen mit marktpreisorientierten Lenkpreisen die Entscheidungen der liefernden und abnehmenden Profit Center nicht über Sachinterdependenzen verbunden sind, tritt das Dilemma der Lenkpreissysteme nicht auf. Beide Profit Center sind dem Druck des Wettbewerbs auf dem Markt ausgesetzt, so dass sie zur effektiven und effizienten Leistungserstellung und -verwertung motiviert sind. Die Verhaltensbeeinflussungsfunktion ist damit ebenfalls erfüllt. Bei der Bewertung interner Lieferbeziehungen mit marktpreisorientierten Lenkpreisen werden von der Unternehmungsleitung weder Preise vorgegeben noch Mengen der Zwischen- und Endprodukte festgelegt. Die Handlungsmöglichkeiten der Bereichsleiter bei ihren Entscheidungen über ihre Lieferbeziehungen werden nicht eingeschränkt. Damit erfüllen marktpreisorientierte Lenkpreise auch die Autonomiefunktion (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 736). Marktpreisorientierte Lenkpreise bei Verbundeffekten Bei interner Verwertung des Zwischenprodukts können Verbundeffekte auftreten. Verbundeffekte sind Zielbeiträge, die nur bei internen Lieferbeziehungen realisiert werden. Sie können als Verbundvorteile oder -nachteile in Erscheinung treten. Verbundeffekte können monetär erfassbar, aber auch nicht monetär erfassbar sein. Bei- <?page no="386"?> 386 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben spiele für monetär erfassbare Verbundeffekte sind eingesparte Absatz- oder Beschaffungsnebenkosten. Nicht monetär erfassbar sind Qualitätsunterschiede und abweichende Lieferzeiten. Verbundeffekte haben zur Folge, dass zumindest ein Profit-Center-Leiter bei seinen Entscheidungen über die Lieferbeziehungen nicht mehr zwischen der internen und der externen Alternative indifferent ist. Beispiel zu Lenkpreisen bei monetär erfassbaren Verbundvorteilen Abweichend von der in Abb. 8.3 dargestellten Lieferbeziehung soll nun angenommen werden, dass bei externer Verwertung des Zwischenprodukts im liefernden Profit Center Absatznebenkosten in Höhe von 10 €/ St. anfallen, die bei interner Verwertung nicht entstehen, d. h., es existiert ein monetär erfassbarer Verbundvorteil. Bei externer Verwertung des Zwischenprodukts 1 beträgt der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 aus Sicht der Unternehmungsleitung e2 Z d ( 120 € 100 € - 10 € ) ( 200 € 60 € - 120 €) 30 € = − + − = , da das Zwischenprodukt für die Produktion des Endprodukts 2 zum Preis von p m = 120 € vom Markt bezogen wird und im liefernden Profit Center durch den Verkauf einer Einheit des Zwischenprodukts ein Stückdeckungsbeitrag von 10 € realisiert wird. Wird das Zwischenprodukt 1 dagegen intern verwertet, beträgt der Stückdeckungsbeitrag für Endprodukt 2 aus Sicht der Unternehmungsleitung i 2 Z d 200 € 60 € 100 € 40 € = − − = , da die Absatznebenkosten nicht anfallen. Die Unternehmungsleitung würde damit entscheiden, dass beide Profit Center die bei den gegebenen Kapazitäten maximale Menge produzieren und der Bedarf des abnehmenden Profit Centers am Zwischenprodukt 1 intern gedeckt wird. Wird der Marktpreis als Lenkpreis herangezogen, ist das abnehmende Profit Center bei seiner Entscheidung zwischen dem internen und dem externen Bezug des Zwischenprodukts weiterhin indifferent. Das liefernde Profit Center erreicht bei externer Verwertung einen Stückdeckungsbeitrag von e 1L d = 120 € - 100 € - 10 € = 10 €, bei interner Verwertung beträgt dieser i 1 L d 12 0 € 100 € 2 0 € = − = . Die interne Verwertung ist für das liefernde Profit Center damit vorteilhafter. Bei jedem Niveau des Lenkpreises aus dem Intervall v 12 0 € 10 € 110 € p 12 0 € − = < < wird die von der Unternehmungsleitung erwünschte interne Deckung des Bedarfs des abnehmenden Profit Centers realisiert. Bei diesem Lenkpreis ist für das liefernde Profit Center die interne Verwertung vorteilhafter, da im Vergleich zur externen Verwertung ein höherer Stückdeckungsbeitrag erzielt wird. Für das abnehmende Profit Center weist das Zwischenprodukt bei internem Bezug einen geringeren Stückpreis auf als bei externem Bezug. <?page no="387"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 387 Beispiel zu Lenkpreisen bei monetär erfassbaren Verbundnachteilen Im Folgenden soll angenommen, dass die Absatznebenkosten in Höhe von 10 €/ St. nur bei interner Verwertung anfallen, d. h., es tritt ein monetär erfassbarer Verbundnachteil auf. In dieser Situation werden folgende Entscheidungen getroffen: Zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung externe Verwertung: e2Z d (120 € 100 €) ( 200 € 60 € 120 €) 40 € = − + − − = interne Verwertung: i 2Z d 200 € 60 € 100 € 10 € 30 € = − − − = Die Unternehmungsleitung präferiert die externe Verwertung des Zwischenprodukts. Dezentrale Entscheidungen Entscheidungen des liefernden Profit Centers externe Verwertung: e 1L d 120 € 100 € 20 € = − = interne Verwertung: i 1L d 120 € 100 € 10 € 10 € = − − = Entscheidungen des abnehmenden Profit Centers externer Bezug: e2A d 200 € 60 € 120 € 20 € = − − = interner Bezug: i 2A d 200 € 60 € 120 € 20 € = − − = Das liefernde Profit Center zieht die externe Verwertung vor. Das abnehmende Profit Center ist bei seinen Entscheidungen zwischen internem und externem Bezug des Zwischenprodukts indifferent. Die von der Unternehmung präferierte externe Verwertung des Zwischenprodukts wird realisiert, wenn der Lenkpreis ein Niveau aus dem folgenden Intervall aufweist: v 120 € p 120 € 10 € 130 € < < + = . Wie die Beispiele zeigen, erfüllen Lenkpreise auf dem Niveau des Marktpreises die Lenkungsfunktion bei monetär erfassbaren Verbundeffekten nicht. Die Unternehmungsleitung zieht bei einem marktpreisorientierten Lenkpreis ebenso wie eines der beiden Profit Center jeweils eine Alternative vor. Der jeweils andere Profit Center ist dagegen bei seinen Entscheidungen zwischen internen und externen Lieferbeziehungen indifferent. Erfüllt wird die Lenkungsfunktion jedoch von einem Lenkpreis, der ein Niveau aus dem Intervall aufweist, das durch den Marktpreis und den um den Verbundeffekt korrigierten Marktpreis begrenzt ist. Setzt sich der Verbundeffekt aus verschiedenen monetär erfassbaren Verbundvorteilen und -nachteilen zusammen, wird dieser korrigierte Marktpreis wie folgt berechnet: Marktpreis - externe Absatznebenkosten (Verbundvorteil) absatzseitige Verbundeffekte + interne Absatznebenkosten (Verbundnachteil) - interne Beschaffungsnebenkosten (Verbundnachteil) beschaffungsseitige Verbundeffekte + externe Beschaffungsnebenkosten (Verbundvorteil) = korrigierter Marktpreis <?page no="388"?> 388 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Ein absatzseitiger Verbundvorteil wie im ersten Beispiel würde bei Wegfall des abnehmenden Profit Centers entfallen. Es wäre deshalb leistungsgerecht, den Verbundvorteil dem abnehmenden Profit Center zuzuweisen. Analog dazu wäre im zweiten Beispiel das abnehmende Profit Center mit dem Verbundnachteil zu belasten. Bei Bewertung interner Lieferbeziehungen mit einem korrigierten Marktpreis, der die Lenkungsfunktion erfüllt, wird stets jedem Profit Center ein Teil des Verbundeffekts zugewiesen. Im ersten Beispiel wird dem abnehmenden Profit Center ein umso höherer Anteil an dem Verbundvorteil zugerechnet, je näher der Lenkpreis an der unteren Intervallgrenze liegt. Bei Verbundeffekten erfüllen Lenkpreise in Höhe eines korrigierten Marktpreises damit zwar die Lenkungsfunktion, nicht jedoch die Erfolgszuweisungsfunktion. Haben Verbundeffekte nicht den Charakter von Sondereinzelkosten, d. h., sind sie Bestandteile der Vertriebs- oder Materialgemeinkosten der beteiligten Profit Center, ergeben sich durch die Gemeinkostenverrechnung bei der Ermittlung des Lenkpreises Freiräume für Manipulationen. Von Verbundeffekten können damit ungünstige Wirkungen auf die Akzeptanz eines Lenkpreises ausgehen (vgl. hierzu z. B. auch Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023) 543 f.). Kostenorientierte Lenkpreise Grenzkostenorientierte Lenkpreise Kostenorientiert werden Lenkpreise bestimmt, wenn das Zwischenprodukt nicht am Markt gehandelt wird oder die Voraussetzungen für marktpreisorientierte Lenkpreise nicht gegeben sind, weil z. B. der Marktzugang mindestens eines Profit Centers begrenzt ist oder kein geeigneter Marktpreis ermittelt werden kann. Reichen die Kapazitäten des liefernden Profit Centers aus, um die Nachfrage nach seinen Zwischenprodukten zu decken, sind nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung grenzkostenorientierte Lenkpreise zu ermitteln. Die grenzkostenorientierten Lenkpreise sind die Grenzkosten des Zwischenprodukts bei der unternehmungszieloptimalen Produktionsmenge. Betrachtet wird die in Abb. 8.4 dargestellte Situation, in der es keinen externen Markt für das Zwischenprodukt 1 gibt, das liefernde Profit Center jedoch über ausreichende Kapazitäten verfügt, um den Bedarf des abnehmenden Profit Centers an dem Zwischenprodukt zu decken (vgl. zum Folgenden auch Kloock (1992), Sp. 2557 f.). Abb. 8.4: Lieferbeziehungen bei Fehlen eines externen Markts für das Zwischenprodukt <?page no="389"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 389 Die Unternehmungsleitung entscheidet sich für die Produktion der Menge des Zwischenprodukts 1 und des Endprodukts 2, welche die Funktion des finanziellen Unternehmungsziels [1] Z 2 A 2 A 2 L 1 G ( x ) E ( x ) K ( x ) K ( x ) = − − unter den folgenden Nebenbedingungen maximiert: 2 x 0 ≥ , 1 x 0 ≥ und 1 2 x a x = ⋅ , wobei a die Menge des Zwischenprodukts 1 ist, die zur Produktion einer Einheit des Endprodukts 2 erforderlich ist. Zur Bestimmung des unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramms ist der Nullpunkt der ersten Ableitung zu ermitteln. [2] ' ' ' ' ' ' ' Z A 2 A 2 L 2 A 2 A 2 L 2 G E ( x ) K ( x ) a K ( a x ) 0 E ( x ) K ( x ) a K ( a x ) = − − ⋅ ⋅ = ⇔ = + ⋅ ⋅ Das optimale Produktionsprogramm aus der Sicht der Unternehmungsleitung ist diejenige Produktionsmenge 2 x des Endprodukts und die zu ihrer Realisation erforderliche Produktionsmenge des Zwischenprodukts 1 2 x a x = ⋅ , für die der Grenzerlös des Endprodukts 2 gleich seinen Grenzkosten ist. Für die dezentralen Entscheidungen in den Profit Centern werden die optimalen Produktionsmengen durch die Optimierung der folgenden Funktionen für die finanziellen Bereichsziele mit p v als Lenkpreis ermittelt: [3] L 1 v 1 L 1 G ( x ) p x K ( x ) = ⋅ − mit 1 x 0 ≥ und [4] A 2 A 2 A 2 v 2 G ( x ) E ( x ) K ( x ) p a x = − − ⋅ ⋅ mit 2 x 0 ≥ und 1 2 x a x = ⋅ . Die bereichszieloptimale Produktionsmenge 2 ˆ x des Endprodukts und die zu ihrer Realisation erforderliche Produktionsmenge des Zwischenprodukts 1 2 ˆ ˆ x a x = ⋅ ergeben sich wieder als Nullpunkt der ersten Ableitung der beiden Zielfunktionen: [5] ' ' ' ' L v L 1 v L 1 v L 2 ˆ ˆ ˆ G p K ( x ) 0 p K ( x ) p K ( a x ) = − = ⇔ = ⇔ = ⋅ und [6] ' ' ' ' ' A A 2 A 2 v A 2 A 2 v ˆ ˆ ˆ ˆ G E ( x ) K ( x ) a p 0 E ( x ) K ( x ) a p = − − ⋅ = ⇔ = + ⋅ . Wird für den Lenkpreis p v in Gleichung [6] die Gleichung [5] eingesetzt, ergibt sich folgender Ausdruck: [7] ' ' ' A 2 A 2 L 2 ˆ ˆ ˆ E ( x ) K ( x ) a K ( a x ) = + ⋅ ⋅ . Bei einem Lenkpreis in Höhe der Grenzkosten des Zwischenprodukts bei seiner bereichszieloptimalen Produktionsmenge 1 ˆ x (vgl. Gleichung [5]) ist das bereichszieloptimale Produktionsprogramm des abnehmenden Profit Centers diejenige Produktionsmenge des Endprodukts 2 ˆ x , bei der sein Grenzerlös gleich seinen Grenzkosten ist (vgl. Gleichung [6]), d. h. die Produktionsmenge des Endprodukts im unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramm 2 x . Für das Endprodukt gilt damit 2 2 ˆ x x = . Da 1 2 2 1 ˆ ˆ x a x a x x = ⋅ = ⋅ = ist, stimmen auch die unternehmungszieloptimale und die bereichszieloptimale Produktionsmenge des Zwischenprodukts überein. Bei Fehlen eines externen Markts für das Zwischenprodukt und ausreichenden Kapazitäten des liefernden Profit Centers zur Deckung der gesamten Nachfrage nach dem Zwischenprodukt erfüllt der grenzkostenorientierte Lenkpreis die Lenkungsfunktion. <?page no="390"?> 390 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben In die Berechnung grenzkostenorientierter Lenkpreise werden die Kosten des liefernden Profit Centers einbezogen, die durch die Produktion einer weiteren Einheit des Zwischenprodukts gegenüber dem unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramm zusätzlich anfallen. Die Ermittlung grenzkostenorientierter Lenkpreise setzt damit die Kenntnis des aus der Sicht der Unternehmungsleitung optimalen Produktionsprogramms voraus. Damit können die dezentralen Entscheidungen mit dem grenzkostenorientierten Lenkpreis erst getroffen werden, wenn die zentrale Entscheidung bekannt ist (vgl. Kloock (1992), Sp. 2558). Die Vorteile der Dezentralisation werden bei dieser Vorgehensweise nicht wirksam, da die dezentralen Entscheidungen eine zentrale Entscheidung voraussetzen. Mit grenzkostenorientierten Lenkpreisen werden den Profit Centern mittelbar auch die Produktionsmengen vorgegeben. Grenzkostenorientierte Lenkpreise erfüllen damit nicht die Autonomiefunktion. Beim Fehlen eines externen Markts wird durch die Übertragung der Kompetenzen für Entscheidungen über die Lieferbeziehungen an die Bereichsleiter und den Einsatz grenzkostenorientierter Lenkpreise nur eine Scheinautonomie oder Autonomieillusion geschaffen (vgl. Frese/ Glaser (1980), S. 122; Kloock (1992), Sp. 2558). Beispiel zu grenzkostenorientierten Lenkpreisen Die Kosten- und Erlösfunktionen des liefernden und des abnehmenden Profit Centers weisen die folgende Struktur auf: 2 L 1 1 1 K ( x ) 0, 5x 2x 1.500 = + + 2 A 2 2 2 K ( x ) 0, 2x 8x 1.000 = + + 2 A 2 2 2 E ( x ) 200x 0, 3x = − mit 1 2 x x = , d. h., für eine Einheit des Endprodukts 2 wird eine Einheit des Zwischenprodukts 1 benötigt. Der grenzkostenorientierte Lenkpreis p v wird über die Bestimmung des unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramms ermittelt: 2 2 2 Z 2 2 2 2 2 2 2 22 2 G ( x ) 200x 0, 3x 0, 2x 8x 1.000 0, 5x 2x 1.500 x 190x 2.500 Max ! = − − − − − − − = − + − → 'Z 2 2 G ( x ) 2x 190 0 = − + = 1 2 x x 95 St. = = sind die optimalen Produktionsmengen des Zwischen- und des Endprodukts aus der Sicht der Unternehmungsleitung. Daraus ergibt sich ein grenzkostenorientierter Lenkpreis in Höhe von ' v L p K (95) 95 2 97 € = = + = , mit dem die dezentralen Entscheidungen der Profit Center getroffen werden. Entscheidung des liefernden Profit Centers: 2 L 1 1 1 1 G ( x ) 97x 0, 5x 2x 1.500 Max ! = − − − → 'L 1 1 1 G ( x ) 95 x 0 x 95 = − = = <?page no="391"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 391 Entscheidung des abnehmenden Profit Centers: 2 2 A 2 2 2 2 2 2 22 2 'A 2 2 2 G ( x ) 200x 0, 3x 0, 2x 8x 1.000 97x 0, 5x 95x 1.000 Max ! G ( x ) x 95 0 x 95 = − − − − − = − + − → = − + = = Die zentrale Entscheidung stimmt mit den dezentralen Entscheidungen überein und das interne Angebot entspricht der internen Nachfrage. Die Lenkungsfunktion ist damit erfüllt. Bei linearen Kostenfunktionen sind die Grenzkosten konstant und stimmen mit den variablen Stückkosten des Zwischenprodukts überein. Der grenzkostenorientierte Lenkpreis kann deshalb auch ohne Kenntnis des unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramms ermittelt werden. 8 Die Funktion des finanziellen Bereichserfolgs des liefernden Profit Centers weist bei linearen Kostenfunktionen und Verrechnung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit grenzkostenorientierten Verrechnungspreisen folgende Struktur auf: L v 1 vL 1 f 1 vL 1 vL 1 fL fL G p x k x K k x k x K K = ⋅ − ⋅ − = ⋅ − ⋅ − = − . Das liefernde Profit Center erleidet damit unabhängig von der intern verwerteten Produktionsmenge des Zwischenprodukts einen Verlust in Höhe seiner fixen Kosten (K f1 ). Das liefernde Profit Center ist damit bereit, dem abnehmenden Profit Center jede Menge des Zwischenprodukts zu liefern. Die angebotene und nachgefragte Menge des Zwischenprodukts werden zum Ausgleich gebracht. Mit dem grenzkostenorientierten Lenkpreis in Höhe der variablen Stückkosten des Zwischenprodukts sowie linearen Erlös- und Kostenfunktionen lautet die Funktion des finanziellen Bereichserfolgs des abnehmenden Profit Centers folgendermaßen: A 2 2 vA 2 vL 2 f 2 2 2 f 2 G p x k x k a x K d x K = ⋅ − ⋅ − ⋅ ⋅ − = ⋅ − Ist der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts (d 2 ) als Differenz aus dem Absatzpreis des Endprodukts, den variablen Stückkosten des abnehmenden Profit Centers sowie den variablen Stückkosten für das Zwischenprodukt nicht negativ, wird das abnehmende Profit Center diejenige Menge des Endprodukts produzieren und verwerten, die der Absatzmarkt abnimmt. Für die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung wird das unternehmungszieloptimale Produktionsprogramm ermittelt. Die Funktion des finanziellen Unternehmungsziels Z 2 2 vA 2 vL 2 f 1 f 2 2 2 f 1 f 2 G p x k x k a x K K d x K K = ⋅ − ⋅ − ⋅ ⋅ − − = ⋅ − − zeigt, dass sich auch die Unternehmungsleitung bei einem nicht negativen Stückdekkungsbeitrag des Endprodukts dafür entscheidet, die Absatzobergrenze des Endprodukts zu produzieren und extern zu verwerten. Damit ist diese Entscheidung identisch mit den Entscheidungen der Profit Center und die Lenkungsfunktion ist erfüllt. 8 Im Folgenden werden stets lineare Erlös- und Kostenfunktionen unterstellt. <?page no="392"?> 392 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Beispiel zum grenzkostenorientierten Lenkpreis bei linearer Kostenfunktion Bei der in Abb. 8.5 dargestellten Situation betragen die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts 100 €. Es ergibt sich damit ein grenzkostenorientierter Lenkpreis in Höhe von p v = 100 €/ St. Dezentrale Entscheidungen: Der Stückdeckungsbeitrag des Zwischenprodukts 1 beträgt d 1L = 100 € - 100 € = 0. Das liefernde Profit Center ist damit grundsätzlich bereit, jede Menge des Zwischenprodukts zu liefern. Der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 beträgt d 2A = 200 € - 60 € - 100 € = 40 €. Das abnehmende Profit Center produziert damit vom Endprodukt jede Menge, die vom Absatzmarkt abgenommen wird. Die zur Produktion erforderliche Menge des Zwischenprodukts wird vom liefernden Profit Center bezogen. Zentrale Entscheidung: Der Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts 2 beträgt aus Sicht der Unternehmungsleitung d 2Z = 200 € - 60 € - 100 € = 40 €. Die Unternehmungsleitung entscheidet sich damit ebenfalls für die Produktion der am Markt absetzbaren Menge des Endprodukts und der dazu erforderlichen Menge des Zwischenprodukts. Werden die innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit grenzkostenorientierten Lenkpreisen bewertet, weist das liefernde Profit Center stets einen Verlust in Höhe der fixen Kosten auf. Existiert für das Zwischenprodukt kein externer Markt, wird das finanzielle Unternehmungsergebnis durch beide Profit Center gemeinsam erwirtschaftet. Dem liefernden Profit Center wird deshalb ein zu hoher und nicht leistungsgerechter Verlust zugerechnet (z. B. Datar/ Rajan (2018), S. 889). Grenzkostenorientierte Lenkpreise erfüllen die Erfolgszuweisungsfunktion damit nicht. Die Ermittlung grenzkostenorientierter Lenkpreise verlangt die Auflösung der Kosten des liefernden Profit Centers in die fixen und variablen Bestandteile. Für die Kostenauflösung sind das buchtechnische und das mathematische Verfahren, die Ist- Kosten auswerten, und das Verfahren der planmäßigen Kostenauflösung vorgeschlagen worden, dem Plankosten zugrunde liegen. Das Ergebnis der Kostenauflösung hängt vom betrachteten Zeitraum ab, da mit der Länge des Zeitraums der Anteil der Abb. 8.5: Beispiel zum grenzkostenorientierten Lenkpreis bei linearen Funktionen <?page no="393"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 393 variablen Kosten zunimmt (vgl. Kilger (1993), S. 351 ff.). Durch die Wahl des Verfahrens zur Kostenauflösung, die Ermittlung der Ist- und Plankosten sowie die Festlegung des zu betrachtenden Zeitraums eröffnen sich Freiräume für Manipulationen, aus denen Probleme für die Akzeptanz grenzkostenorientierter Lenkpreise folgen können. Grenzkostenorientierte Lenkpreise erfüllen die Lenkungsfunktion nicht, wenn im liefernden Profit Center die Kapazitäten nicht ausreichen, um die Nachfrage der abnehmenden Profit Center decken zu können, d. h., mindestens ein Zwischenprodukt knapp ist und für das abnehmende Profit Center einen Engpass bildet. Beispiel zu grenzkostenorientierten Lenkpreisen bei einem Engpass In einem Profit Center L werden in den Produktionsstellen 1 und 2 die Zwischenprodukte 1 und 2 gefertigt. Beide Zwischenprodukte werden von den Profit Centern A1 und A2 für die Produktion der Endprodukte 3 und 4 verwendet. Die Ziffern an den Pfeilen zu den internen Lieferbeziehungen in Abb. 8.6 stehen für die Produktionskoeffizienten. Sie geben an, welche Menge des jeweiligen Zwischenprodukts für die Produktion einer Einheit des zugehörigen Endprodukts benötigt wird. Mit der Kapazität der Produktionsstelle 1 sollen maximal 1.000 Stück des Zwischenprodukts 1 gefertigt werden können. Bei Bewertung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit grenzkostenorientierten Lenkpreisen werden von der Unternehmungsleitung und in den Profit Centern folgende Entscheidungen getroffen (zur Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms bei einem Engpass vgl. z. B. Friedl (2010), S. 340 ff.): Zentrale Entscheidung: Die beiden Endprodukte weisen aus der Sicht der Unternehmungsleitung folgende Stückdeckungsbeiträge auf: 3Z d 40 €/ St. 5 €/ St. 2 St. 2 €/ St. 7 St. 3 €/ St. 10 €/ St. = − − ⋅ − ⋅ = 4Z d 48 €/ St. 7 €/ St. 6 St. 2 €/ St. 3 St. 3 €/ St. 20 €/ St. = − − ⋅ − ⋅ = Grundlage der Entscheidung der Unternehmungsleitung sind die relativen Dekkungsbeiträge der beiden Endprodukte: Abb. 8.6: Beispiel zu grenzkostenorientierten Lenkpreisen bei einem Engpass <?page no="394"?> 394 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben 3 Z 10 € / St. rd = = 5 € / St. 2 St. 4Z 20 € / St. rd 3, 33 € / St. 6 St. = = Sind für die beiden Endprodukte keine Absatzobergrenzen wirksam, ergibt sich das folgende optimale Produktionsprogramm: 3Z x 500 = und 4Z x 0 = Dezentrale Entscheidungen: Die Zwischenprodukte weisen bei grenzkostenorientierten Lenkpreisen aus der Sicht des liefernden Profit Centers folgende Stückdeckungsbeiträge auf: 1L d 2 €/ St. 2 €/ St. 0 = − = 2L d 3 €/ St. 3 €/ St. 0 = − = Das liefernde Profit Center wird 1.000 Einheiten von Zwischenprodukt 1 (Kapazitätsgrenze) produzieren, von Zwischenprodukt 2 wird die nachgefragte Menge produziert. Das abnehmende Profit Center A1 erzielt für das Endprodukt 3 einen Stückdeckungsbeitrag in Höhe von 10 €. Für Profit Center A2 ergibt sich für das Endprodukt 4 ein Stückdeckungsbeitrag in Höhe von 20 €. Damit ist nicht nur Profit Center A1 bereit, das Endprodukt 3 zu produzieren, sondern auch Profit Center A2 ist bestrebt, das Endprodukt 4 zu produzieren. Das liefernde Profit Center ist bei seiner Absatzentscheidung zwischen der Lieferung an Profit Center A1 und der an Profit Center A2 indifferent. Bei einem Engpass im liefernden Profit Center wird bei dezentralen Entscheidungen in den Profit Centern und Bewertung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit grenzkostenorientierten Lenkpreisen nicht das unternehmungszieloptimale Produktionsprogramm realisiert. Bei Engpässen erfüllen grenzkostenorientierte Lenkpreise die Lenkungsfunktion damit nicht. Bei Bewertung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen mit grenzkostenorientierten Lenkpreisen wird beim liefernden Profit Center unabhängig von der produzierten und erwarteten Menge des Zwischenprodukts stets ein Bereichsverlust in Höhe der fixen Kosten ausgewiesen. Der Bereichsleiter wird damit nicht zu einer effektiven Leistungserstellung und -verwertung motiviert. Liegen die tatsächlichen variablen Stückkosten über dem grenzkostenorientierten Lenkpreis, wird am Ende der Periode sogar ein Verlust ausgewiesen, der über dem Niveau der fixen Kosten liegt. Der Bereichsleiter des liefernden Profit Centers ist deshalb motiviert, die Effizienz der Leistungserstellung und -verwertung zu steigern. Das abnehmende Profit Center ist dem Wettbewerbsdruck des Absatzmarktes für das Endprodukt ausgesetzt und deshalb zu einer effizienten und effektiven Leistungserstellung und -verwertung motiviert. Die Verhaltensbeeinflussungsfunktion ist damit nur teilweise erfüllt. <?page no="395"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 395 Opportunitätskostenorientierte Lenkpreise Der Anwendungsbereich opportunitätskostenorientierter Lenkpreise 9 lässt sich durch zwei Merkmale kennzeichnen: für die Zwischenprodukte des liefernden Profit Centers existieren mehrere Verwertungsmöglichkeiten und die interne und externe Nachfrage nach diesen Zwischenprodukten übersteigt die Produktionsmengen, die mit den Kapazitäten des liefernden Profit Centers produziert werden können, d. h., mindestens ein Zwischenprodukt ist knapp. Mit opportunitätskostenorientierten Lenkpreisen soll sichergestellt werden, dass sich die beteiligten Bereichsleiter für diejenige Zuordnung der Produktionsmengen der knappen Zwischenprodukte zu den Verwendungsmöglichkeiten entscheiden, die das finanzielle Unternehmungsziel optimiert. Für diesen Zweck werden in die opportunitätskostenorientierten Lenkpreise neben den Grenzkosten des Zwischenprodukts auch seine Opportunitätskosten einbezogen. Opportunitätsorientierte Lenkpreise sind die Summe aus den Grenzkosten des Zwischenprodukts und seinen Opportunitätskosten bei der unternehmungszieloptimalen Produktionsmenge. Unter Opportunitätskosten werden generell die Deckungsbeiträge verstanden, die dadurch entgehen, dass bei begrenzten Kapazitäten im liefernden Profit Center der Bedarf nicht aller Verwendungsmöglichkeiten des knappen Zwischenprodukts in vollem Umfang gedeckt werden kann. Für Zwischenprodukte, die in ausreichenden Mengen zur Deckung des Bedarfs aller Verwendungsmöglichkeiten produziert werden können, entgehen keine Deckungsbeiträge, ihre Opportunitätskosten nehmen damit den Wert Null an. Die Opportunitätskosten eines knappen Zwischenprodukts sind der Dekkungsbeitrag, der dadurch entgeht, dass der Bedarf der besten unter den Verwendungsmöglichkeiten, die bei ansonsten optimaler Verwendung infolge von Engpässen nicht bedient werden können, nicht oder nicht vollständig gedeckt werden kann. Zur Berechnung der Opportunitätskosten ist zunächst das optimale Produktions- und Absatzprogramm aus der Sicht der Unternehmungsleitung zu ermitteln. Die Einbeziehung der für dieses Produktions- und Absatzprogramm ermittelten Opportunitätskosten in den grenzkostenorientierten Lenkpreis bewirkt, dass bei den dezentralen Entscheidungen in den Profit Centern nur für diejenigen Verwendungsmöglichkeiten des knappen Produkts, die in diesem optimalen Programm enthalten sind, kein negativer Stückdeckungsbeitrag ausgewiesen wird. 9 Für diese Lenkpreise finden sich in der Literatur auch folgende Bezeichnungen: Knappheitspreise (vgl. Conenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 762 ff.), nutzenorientierte (vgl. Hax (1981), Sp. 1692 f.) oder entscheidungsfeldorientierte (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 525) Lenkpreise. <?page no="396"?> 396 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Ist nur ein Produkt des liefernden Profit Centers knapp, werden die Opportunitätskosten bei linearen Kosten- und Erlösfunktionen aus dem relativen Deckungsbeitrag der besten aller alternativen Verwendungen des Zwischenprodukts berechnet, bei denen die Nachfrage infolge begrenzter Kapazitäten nicht oder nicht vollständig realisiert werden kann (vgl. Hax (1981), Sp. 1692). Alternative Verwendungen können sein: der Verkauf des Zwischenprodukts des liefernden Profit Centers auf dem externen Markt oder die Lieferung an abnehmende Profit Center, die aus dem Zwischenprodukt ein Endprodukt produzieren und verwerten. Die Opportunitätskosten werden damit entweder aus dem Stückdeckungsbeitrag des Zwischenprodukts oder aus dem Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts des abnehmenden Profit Centers berechnet (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 762). Die Berechnung der opportunitätskostenorientierten Lenkpreise bei einem knappen Zwischenprodukt des liefernden Profit Centers wird für die Abb. 8.6 dargestellten Lieferbeziehungen erläutert. Beispiel zum opportunitätskostenorientierten Lenkpreis bei einem Engpass Fall 1: Zwischenprodukt 1 kann für die Produktion der Endprodukte 3 und 4 verwendet werden. Die relativen Deckungsbeiträge dieser alternativen Verwendungen betragen 3Z 10 € / St. 40 € / St. 5 € / St. 2 St. 2 € / St. 7 St. 3 € / St. rd 5 € / St. 2 St. 2 St. − − ⋅ − ⋅ = = = 4Z 20 € / St. 48 € / St. 7 € / St. 6 St. 2 € / St. 3 St. 3 € / St. rd 3, 33 € / St. 6 St. 6 St. − − ⋅ − ⋅ = = = und das optimale Produktions- und Absatzprogramm aus der Sicht der Unternehmungsleitung lautet 3Z x 500 St. = und 4Z x 0 St. = Die beste aller Verwendungen des Zwischenprodukts 1, deren Nachfrage bei ansonsten optimaler Verwendung nicht vollständig realisiert werden kann, ist die Bereitstellung für die Produktion des Endprodukts 3 im Profit Center A1. Für jede Einheit des Zwischenprodukts 1, die nicht dieser Verwendung zugeführt wird, verringert sich die Produktionsmenge des Endprodukts 3 im abnehmenden Profit Center A1 um 0,5 Stück, d. h., es entgeht ein Deckungsbeitrag in Höhe von 5 €. Die Opportunitätskosten betragen in dieser Entscheidungssituation damit 5 €. Für die berechneten Opportunitätskosten ergeben sich folgende opportunitätskostenorientierte Lenkpreise: v1 p 2 € / St. 5 € / St. 7 € / St. = + = , da es sich um das knappe Zwischenprodukt handelt, v 2 p 3 € / St. 0 € / St. 3 € / St. = + = , da Zwischenprodukt 2 nicht knapp ist. Mit diesem Lenkpreis weisen die Zwischenprodukte aus Sicht des liefernden Profit Centers folgende Stückdeckungsbeiträge auf: 1L d 7 € / St. 2 € / St. 5 € / St. = − = 2L d 3 € / St. 3 € / St. 0 € / St. = − = Das liefernde Profit Center wird damit 1.000 Stück des Zwischenprodukts 1 (Kapazitätsgrenze) produzieren, von Zwischenprodukt 2 wird die nachgefragte Menge <?page no="397"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 397 produziert. Für die Stückdeckungsbeiträge der Endprodukte 3 und 4 ergeben sich aus Sicht der abnehmenden Profit Center A1 und A2 folgende Stückdeckungsbeiträge: 3A d 40 € / St. 5 € / St. 2 St. 7 € / St. 7 St. 3 € / St. 0 € / St. = − − ⋅ − ⋅ = 4 A d 48 €/ St. 7 €/ St. 6 St. 7 €/ St. 3 St. 3 €/ St. 10 €/ St. = − − ⋅ − ⋅ = − Das abnehmende Profit Center A2 vergrößert seinen Verlust mit jeder abgesetzten Einheit seines Endprodukts 4 um 10 € und wird die Produktion einstellen. Das abnehmende Profit Center A1 wird dagegen 500 Stück des Endprodukts 3 produzieren. Die dezentralen Entscheidungen führen damit zu dem aus der Sicht der Unternehmungsleitung optimalen Produktionsprogramm. Fall 2: Von der bisher betrachteten Situation abweichend soll nun davon ausgegangen werden, dass von Endprodukt 3 maximal 200 Stück abgesetzt werden können. Bei Endprodukt 4 soll die Absatzobergrenze weiterhin nicht wirksam sein. Zur Ermittlung des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms wird zunächst Endprodukt 3 mit der Absatzobergrenze eingeplant, d. h. x 3 = 200 Stück. Es verbleiben 1.000 St. 2 200 St. 600 St. − ⋅ = des Zwischenprodukts 1, die für die Produktion des Endprodukts 4 verwendet werden können. Produziert werden können 600 St./ 6 = 100 Stück. Das unternehmungszieloptimale Produktions- und Absatzprogramm lautet damit: 1Z 2Z x 1.000 St.; x 1.700 St. = = 3Z 4Z x 200 St.; x 100 St. = = Die begrenzte Kapazität in Produktionsstelle 1 des liefernden Profit Centers bewirkt, dass in diesem Fall die Nachfrage nach Endprodukt 3 vollständig realisiert werden kann, nicht jedoch die nach Endprodukt 4. Die opportunitätskostenorientierten Lenkpreise betragen damit v1 1 1 p 2 € / St. 3 € / St. 5 € / St. 3 3 = + = und v 2 p 3 € / St. 0 € / St. 3 € / St. = + = Mit diesen Lenkpreisen ergeben sich für die Zwischenprodukte aus Sicht des liefernden Profit Centers folgende Stückdeckungsbeiträge: 1L 1 1 d 5 € / St. 2 € / St. 3 € / St. 3 3 = − = 2L d 3 € / St. 3 € / St. 0 € / St. = − = Das liefernde Profit Center wird 1.000 Stück von Zwischenprodukt 1 produzieren, von Zwischenprodukt 2 wird wieder die nachgefragte Menge produziert. Die Stückdeckungsbeiträge der Endprodukte 3 und 4 aus der Sicht der abnehmenden Profit Center A1 und A2 betragen damit 3A 1 1 d 40 € / St. 5 € / St. 2 St. 5 € / St. 7 St. 3 € / St. 3 € / St. 3 3 = − − ⋅ − ⋅ = 4 A 1 d 48 €/ St. 7 €/ St. 6 St. 5 €/ St. 3 St. 3 €/ St. 0 €/ St. 3 = − − ⋅ − ⋅ = <?page no="398"?> 398 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Aus der Sicht der abnehmenden Profit Center ist der Stückdeckungsbeitrag jedes der beiden Endprodukte nicht negativ. Beide Profit Center werden ihr Endprodukt produzieren und verwerten. Das liefernde Profit Center steht damit der Nachfrage beider Profit Center gegenüber. Bei der Entscheidung über die Verwertung des knappen Zwischenprodukts ist das liefernde Profit Center zwischen der Lieferung an Profit Center A1 und der an Profit Center A2 indifferent. Der grenzkostenorientierte Lenkpreis lenkt das knappe Zwischenprodukt damit zwar in die Verwendungsmöglichkeiten, die auch im unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramm enthalten sind. Das liefernde Profit Center wird jedoch nicht zwingend die unternehmungszieloptimale Verteilung der Produktionsmenge des knappen Zwischenprodukts auf diese Verwendungsmöglichkeiten realisieren. Sind zwei oder mehrere Zwischenprodukte knapp, werden die Opportunitätskosten aus den Dualen berechnet, die sich bei der Lösung des linearen Planungsmodells zur Bestimmung des unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramms bei Anwendung der Simplex-Methode ergeben (vgl. Hax (1965), S. 155 ff.). Beispiel zum opportunitätskostenorientierten Lenkpreis bei mehreren Engpässen Betrachtet werden wieder die Lieferbeziehungen aus Abb. 8.6. Im Folgenden sei zusätzlich angenommen, dass in Produktionsstelle 2 des liefernden Profit Centers nur 1.700 Stück des Zwischenprodukts 2 produziert werden können. Das lineare Planungsmodell zur Bestimmung des optimalen Produktions- und Absatzprogramms für die zentrale Entscheidung der Unternehmungsleitung lautet damit folgendermaßen: Z = 10x + 20x Max! 3 4 → 2x 6x 1.000 3 4 + ≤ 7x 3x 1.700 3 4 + ≤ x , x 0 3 4 ≥ Wird das lineare Planungsmodell mit der Simplex-Methode gelöst, ergibt sich folgendes End-Tableau: Das unternehmungszieloptimale Produktionsprogramm lautet damit: x 3 = 200 Stück und x 4 = 100 Stück. Um dieses Produktionsprogramm realisieren zu können, hat das liefernde Profit Center folgende Mengen der Zwischenprodukte 1 und 2 zu produzieren: x 11 = 2 · 200 St. = 400 St., x 12 = 6 · 100 St. = 600 St., x 21 = 7 · 200 St. = 1.400 St. und x 22 = 3 · 100 St. = 300 St., BV x 3 x 4 x 5 x 6 b i x 3 1 0 -1/ 12 1/ 6 200 x 4 0 1 -7/ 36 -5/ 90 100 Z 0 0 275/ 90 5/ 9 4.000 <?page no="399"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 399 wobei x ij die Menge des Zwischenprodukts i ist, die das liefernde Profit Center zur Realisation des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms für das abnehmende Profit Center A j bereitstellen soll. x 5 und x 6 sind die Schlupfvariablen, die als nicht genutzte Menge der knappen Zwischenprodukte 1 (x 5 ) und 2 (x 6 ) interpretiert werden können. Die Duale dieser Schlupfvariablen sind positiv, d. h., die Mengen der Zwischenprodukte, die mit den Kapazitäten im liefernden Profit Center produziert werden können, werden bei Realisation des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms vollständig verbraucht. Jedes der beiden Zwischenprodukte bildet im abnehmenden Profit Center einen Engpass. Die Duale w i (i = 5, 6) sind die Deckungsbeiträge, die entgehen, wenn eine Einheit des jeweiligen Zwischenprodukts i (i = 1, 2) nicht der Realisation des optimalen Produktionsprogramms zugeführt wird. Es ergeben sich damit folgende opportunitätskostenorientierte Lenkpreise: v1 275 p 2 € / St. € / St. 5, 0556 € / St. 90 = + = v 2 5 p 3 € / St. € / St. 3, 556 € / St. 9 = + = Bei diesen Lenkpreisen sind die Stückdeckungsbeiträge der Zwischenprodukte 1 und 2 aus der Sicht des liefernden Profit Centers positiv: 1L 5 275 d 5 € / St. 2 € / St. € / St. 90 90 = − = 2L 5 5 d 3 € / St. 3 € / St. € / St. 9 9 = − = Das liefernde Profit Center ist damit bereit, beide Produkte zu produzieren. Aus der Sicht der abnehmenden Profit Center ergibt sich mit den opportunitätskostenorientierten Lenkpreisen für die beiden Endprodukte jeweils ein Stückdekkungsbeitrag von Null. Das liefernde Profit Center steht damit der Nachfrage der beiden abnehmenden Profit Center gegenüber und wird die Produktionsmengen seiner Zwischenprodukte bereichszieloptimal auf die abnehmenden Profit Center verteilen. Durch die vorgegebene Struktur der Endprodukte 3 und 4 wird vom abnehmenden Profit Center A1 ein Produktpäckchen a nachgefragt, das 2 Stück des Zwischenprodukts 1 und 7 Stück des Zwischenprodukts 2 umfasst. Das Produktpäckchen b, das vom abnehmenden Profit Center A2 nachgefragt wird, setzt sich aus 6 Stück von Zwischenprodukt 1 und 3 Stück von Zwischenprodukt 2 zusammen. Die Entscheidungsvariablen λ a und λ b sind die Mengen der beiden Produktpäckchen, die an die Profit Center A1 und A2 geliefert werden. Unter Berücksichtigung der berechneten Lenkpreise ergeben sich für die beiden Produktpäckchen folgende Stückdeckungsbeiträge: aL 275 5 d 2 € / St. 7 € / St. 10 € / St. 90 9 = ⋅ + ⋅ = bL 275 5 d 6 € / St. 3 € / St. 20 € / St. 90 9 = ⋅ + ⋅ = <?page no="400"?> 400 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Da beide Zwischenprodukte knapp sind, wird das liefernde Profit Center zur Bestimmung der bereichszieloptimalen Mengen der beiden Produktpäckchen die Zielfunktion L a b Z 10 20 = λ + λ unter Berücksichtigung der beiden folgenden Restriktionen optimieren: a b 2 6 1.000 λ + λ ≤ a b 7 3 1.700 λ + λ ≤ a b , 0 λ λ ≥ Die optimale Lösung dieses linearen Planungsproblems lautet: a 200 λ = und b 100 λ = . An das abnehmende Profit Center A1 (A2) werden 400 (600) Stück des Zwischenprodukts 1 und 1.400 (300) Stück des Zwischenprodukts 2 geliefert. Damit wird auch bei dezentralen Entscheidungen über die Lieferbeziehungen das unternehmungszieloptimale Produktionsprogramm realisiert. Unter Berücksichtigung der berechneten opportunitätskostenorientierten Lenkpreise erzielen die abnehmenden Profit Center A1 und A2 für die Endprodukte 3 und 4 folgende Stückdeckungsbeiträge: 3A 5 5 d 40 € / St. 5 € / St. 2 5 € / St. 7 3 € / St. 0 € / St. 90 9 = − − ⋅ − ⋅ = 4 A 5 5 d 48 € / St. 7 € / St. 6 5 € / St. 3 3 € / St. 0 € / St. 90 9 = − − ⋅ − ⋅ = Wie die Beispiele zeigen, werden die Opportunitätskosten, die für die Bestimmung opportunitätskostenorientierter Lenkpreise erforderlich sind, auf der Basis des zentral ermittelten unternehmungszieloptimalen Produktionsprogramms der Unternehmung berechnet (vgl. hierzu auch Hax (1965), S. 164). Ist das unternehmungszieloptimale Produktionsprogramm der Unternehmung bekannt, erübrigt sich die Bestimmung von Lenkpreisen zur horizontalen Koordination dezentraler Entscheidungen über das Produktions- und Absatzprogramm in den Verantwortungsbereichen (vgl. Hax (1965), S. 160 f.). Für dieses Problem findet sich in der Literatur die Bezeichnung „Dilemma der pretialen Lenkung“ (vgl. z. B. Laux/ Liermann (2005), S. 386). Das Dilemma der pretialen Lenkung besagt, dass die opportunitätskostenorientierten Lenkpreise für die dezentralen Entscheidungen über das Produktions- und Absatzprogramm der Profit Center nicht ohne Kenntnis des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms ermittelt werden können, sich die Ermittlung dieser Lenkpreise bei Kenntnis des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms jedoch erübrigt. Da die Ermittlung opportunitätskostenorientierter Lenkpreise die zentrale Bestimmung des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms voraussetzt, verfügen die Profit Center nur über Scheinautonomie, d. h., die Autonomiefunktion erfüllen opportunitätskostenorientierte Lenkpreise nicht (vgl. hierzu auch Drury (2020), S. 568). In der Literatur wird angemerkt, dass auf der Basis opportunitätskostenorientierter Lenkpreise Entscheidungen über Zusatzaufträge, die während <?page no="401"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 401 der Planperiode eingehen, dezentral in den Profit Centern getroffen werden können, so dass ein Teil der Entscheidungsautonomie der Profit Center erhalten bleibt (vgl. Hax (1981), Sp. 1695 f.). Die Annahme von Zusatzaufträgen kann jedoch zu einer Veränderung des unternehmungszieloptimalen Produktions- und Absatzprogramms führen und damit über die geänderten Duale auch Lenkpreise in veränderter Höhe zur Folge haben. Dezentrale Entscheidungen über Zusatzaufträge verlangen deshalb immer eine Überprüfung der Optimalität der zentralen Lösung. Die Profit Center sind damit auch bei Entscheidungen über Zusatzaufträge nicht autonom. Als Ansatz zur Bestimmung opportunitätskostenorientierter Lenkpreise ohne zentrale Ermittlung des optimalen Produktions- und Absatzprogramms der Unternehmung werden in der Literatur u. a. auch Dekompositionsverfahren diskutiert (vgl. Hax (1965), S. 170 f.). Zweck dieser Verfahren sind die Erhöhung der Entscheidungsautonomie der Profit Center sowie die Nutzung der Vorteile dezentraler Entscheidungen. Bei Verwendung opportunitätskostenorientierter Lenkpreise weisen die beteiligten Profit Center folgende Bereichserfolge auf: Das liefernde Profit Center generiert mit dem Zwischenprodukt, das nicht knapp ist, einen Deckungsbeitrag in Höhe von Null. Ein abnehmendes Profit Center kann mit den Endprodukten, in die knappe Zwischenprodukte eingehen, keine positiven Deckungsbeiträge erwirtschaften. Mit den knappen Zwischenprodukten kann das liefernde Profit Center positive Deckungsbeiträge erwirtschaften. Opportunitätskostenorientierte Lenkpreise erfüllen die Erfolgszuweisungsfunktion damit nicht (vgl. Coenenberg (1973), S. 380). Da der Ausweis positiver Dekkungsbeiträge mindestens ein knappes Zwischenprodukt voraussetzt, werden die Bereichsleiter liefernder Profit Center durch opportunitätskostenorientierte Lenkpreise motiviert, Kapazitäten zu verknappen, um Engpässe zu schaffen (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 767). Die Verhaltensbeeinflussungsfunktion erfüllen opportunitätskostenorientierte Lenkpreise damit nicht. Ansätze zur Auflösung des Dilemmas der Lenkpreissysteme Erweiterte kostenorientierte Lenkpreise Vollkostenorientierte Lenkpreise Kostenorientierte Lenkpreise erfüllen die Lenkungsfunktion. Bei Verrechnung der innerbetrieblichen Lieferbeziehungen über diese Lenkpreise wird bei den liefernden Profit Centern jedoch stets ein Verlust in Höhe der fixen Kosten ausgewiesen. 10 Um den Ausweis von Verlusten zu vermeiden, werden in die Berechnung erweiterter kostenorientierter Lenkpreise neben den variablen Stückkosten weitere Kostenbestandteile oder sogar Gewinnbestandteile einbezogen. 10 Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Kapazitäten in den liefernden Profit Centern ausreichen, um die gesamte Nachfrage nach den Zwischenprodukten zu decken. <?page no="402"?> 402 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Zur Kalkulation von Lenkpreisen auf Vollkostenbasis werden dem Zwischenprodukt neben seinen variablen Stückkosten auch fixe Stückkosten des liefernden Profit Centers zugerechnet: x K k p f v v + = wobei k v = variable Stückkosten des Zwischenprodukts, K f = fixe Kosten des liefernden Profit Centers, x = Produktionsmenge des Zwischenprodukts. Die über vollkostenorientierte Lenkpreise verrechneten Kosten des liefernden Profit Centers setzen sich aus variablen und fixen Kosten des liefernden Profit Centers zusammen. Aus Sicht des abnehmenden Profit Centers haben diese Kosten jedoch den Charakter variabler Kosten. Die für die Entscheidung der Profit Center relevanten Kosten umfassen damit Teile der fixen Kosten des liefernden Profit Centers, während die Unternehmungsleitung bei ihren Entscheidungen nur die variablen Stückkosten des liefernden Profit Centers berücksichtigt (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 236). Vollkostenorientierte Lenkpreise können die Lenkungsfunktion damit nicht erfüllen. Beispiel zu vollkostenorientierten Lenkpreisen Betrachtet wird die Situation aus Abb. 8.5 zu den grenzkostenorientierten Lenkpreisen bei linearen Kostenfunktionen. Bei einer Produktionsmenge von 20 Stück des Zwischenprodukts beträgt der vollkostenorientierte Lenkpreis v 1.500 € p 100 €/ St. 175 €/ St. 20 St. = + = Aus der Sicht des abnehmenden Profit Centers sind die über diesen Lenkpreis verrechneten Kosten des Zwischenprodukts ein Bestandteil der variablen Kosten. Der Stückdeckungsbeitrag, den das abnehmende Profit Center seinen Entscheidungen über das Endprodukt zugrunde legt, wird wie folgt berechnet: 2 d 200 € / St. 60 € / St. 175 € / St. 35 € / St. = − − = − Das abnehmende Profit Center entscheidet sich damit gegen die Produktion des Endprodukts. Aus Sicht der Unternehmungsleitung sind nur die variablen Kosten des liefernden Profit Centers relevant. Der Stückdeckungsbeitrag, den die Unternehmungsleitung für zentrale Entscheidungen über das Endprodukt auswertet, beträgt 2 d 200 € / St. 60 € / St. 100 € / St. 40 € / St. = − − = Die Unternehmungsleitung entscheidet sich damit für die Produktion des Endprodukts. Ob vollkostenorientierte Lenkpreise die Verhaltensbeeinflussungsfunktion erfüllen, hängt von den Kosten ab, aus denen sie berechnet werden. Ermittelt werden können vollkostenorientierte Lenkpreise aus Ist-Kosten oder Plankosten. Bei Berechnung der Lenkpreise mit Ist-Kosten werden dem liefernden Profit Center die tatsächlich angefallenen Kosten erstattet. Das liefernde Profit Center wird damit auch <?page no="403"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 403 von Mehrkosten aus bestehenden Unwirtschaftlichkeiten entlastet. Ein vollkostenorientierter Lenkpreis, der mit Ist-Kosten ermittelt wird, motiviert die Mitarbeiter des liefernden Profit Centers damit nicht zur wirtschaftlichen Leistungserstellung und -verwertung (vgl. Wagenhofer (2002), Sp. 2078). Zudem tritt das Problem auf, dass Daten zu den Ist-Kosten erst am Ende der Periode vorliegen (vgl. Schmalenbach (1948), S. 170). Das abnehmende Profit Center müsste seine Entscheidungen während der Periode entsprechend auf der Grundlage erwarteter Lenkpreise treffen (vgl. Horngren u. a. (2014), S. 427). Die getroffenen Entscheidungen könnten sich jedoch am Ende der Periode bei Kenntnis der tatsächlich realisierten Kosten als Fehlentscheidungen herausstellen. Gelingt es dem liefernden Profit Center, durch eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit seine Ist-Kosten unter das Niveau seiner Plankosten zu senken, werden bei Bewertung der internen Lieferbeziehungen mit vollkostenorientierten Lenkpreisen, die aus Plankosten ermittelt worden sind, höhere Kosten verrechnet als tatsächlich angefallen sind. Der Bereichsleiter des liefernden Profit Centers kann auf diesem Weg den Bereichsverlust unter das Niveau der fixen Kosten senken. Vollkostenorientierte Lenkpreise, die mit Plankosten ermittelt werden, motivieren die Mitarbeiter des liefernden Profit Centers zur wirtschaftlichen Leistungserstellung und -verwertung (vgl. Anthony u. a. (2014), S. 294). Unter der Annahme, dass die gesamte produzierte Menge des Zwischenprodukts verwertet wird, weist die Erfolgsrechnung des liefernden Profit Centers einen Erfolg von Null aus. Vollkostenorientierte Lenkpreise ermöglichen nur eine Deckung der Kosten des liefernden Profit Centers. Da beim Fehlen eines externen Markts für das Zwischenprodukt das finanzielle Unternehmungsergebnis von beiden Profit Centern gemeinsam erwirtschaftet wird, führen vollkostenorientierte Lenkpreise nicht zum Ausweis leistungsgerechter Erfolge. Vollkostenorientierte Lenkpreise erfüllen damit nicht die Erfolgszuweisungsfunktion. Die Höhe vollkostenorientierter Lenkpreise hängt von der Produktionsmenge des Zwischenprodukts ab. Die Produktionsmenge ist jedoch erst am Ende der Periode bekannt. Werden die innerbetrieblichen Lieferbeziehungen über vollkostenorientierte Lenkpreise auf der Basis von Plankosten verrechnet, entsteht bei einer Abweichung der tatsächlich realisierten von der geplanten Produktionsmenge eine Beschäftigungsabweichung. Die Akzeptanz vollkostenorientierter Lenkpreise auf der Basis von Plankosten hängt auch vom Umgang mit dieser Beschäftigungsabweichung ab. Die Beschäftigungsabweichung ist die Differenz der Plankosten des liefernden Profit Centers und der über den Lenkpreis auf das abnehmende Profit Center verrechneten Kosten. p i p p L 1 i x L 1 L p p 1 1 Verrechnete Kosten K x K K x 1 K x x ∆ = − ⋅ = − ⋅ wobei x K ∆ = Beschäftigungsabweichung, p L K = Plankosten des liefernden Profit Centers, p 1 x = geplante Produktionsmenge des Zwischenprodukts, i 1 x = realisierte Menge des Zwischenprodukts. <?page no="404"?> 404 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Übersteigt die Ist-Produktionsmenge des Zwischenprodukts die geplante Produktionsmenge (Überbeschäftigung), wird die Beschäftigungsabweichung über die Lenkpreise auf das abnehmende Profit Center verrechnet, d. h., die verrechneten Kosten liegen über den Plankosten des liefernden Profit Centers. Im Falle der Unterbeschäftigung werden nicht die gesamten Plankosten auf das abnehmende Profit Center verrechnet. Die Akzeptanz vollkostenorientierter Lenkpreise verlangt, dass diese Beschäftigungsabweichung am Ende der Periode auf das Profit Center verrechnet wird, das sie zu verantworten hat. Zu verantworten hat die Beschäftigungsabweichung z. B. das abnehmende Profit Center, wenn die geplante Menge des Endprodukts nicht abgesetzt werden konnte und deshalb die Produktionsmenge und die Nachfrage nach dem Zwischenprodukt reduziert wurden. Konnte die geplante Menge als Folge von Produktionsproblemen im liefernden Profit Center nicht erreicht werden, ist das liefernde Profit Center für die Beschäftigungsabweichung verantwortlich, die diesem damit zuzurechnen ist. Werden im liefernden Profit Center mehrere Produkte hergestellt, können die fixen Gemeinkosten nicht verursachungsgerecht auf das Zwischenprodukt verrechnet werden. Die Verrechnung fixer Gemeinkosten ist nur willkürlich möglich und eröffnet damit Freiräume für Manipulationen mit negativen Folgen für die Akzeptanz der Lenkpreise. Cost-plus-Lenkpreise Cost-plus-Lenkpreise sind vorgeschlagen worden, da vollkostenorientierte Lenkpreise beim liefernden Profit Center zwar zur Kostendeckung, nicht jedoch zu Erfolgen führen. Cost-plus-Lenkpreise berücksichtigen neben den variablen und fixen Stückkosten auch einen Gewinnzuschlag. Der Erfolg, der dem liefernden Profit Center zugerechnet wird, kann als Anteil an seinen Kosten oder als angemessene Verzinsung des in diesem Profit Center eingesetzten Kapitals ermittelt werden (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 236). Aus der Sicht des abnehmenden Profit Centers haben die Kosten, mit denen es über Cost-plus-Lenkpreise belastet wird, den Charakter variabler Kosten. Diese Kosten setzen sich jedoch aus den variablen Kosten der Zwischenprodukte, einem Anteil an den fixen Kosten des liefernden Profit Centers sowie Erfolgsbestandteilen zusammen. Die Unternehmungsleitung, die nur die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts in ihre Entscheidungen einbezieht, und das abnehmende Profit Center legen ihren Entscheidungen damit Kosten in unterschiedlicher Höhe zugrunde. Die Lenkungsfunktion kann von Cost-plus-Lenkpreisen damit nicht erfüllt werden. Cost-plus-Lenkpreise bewirken lediglich eine Verlagerung von Erfolgen des abnehmenden Profit Centers auf das liefernde Profit Center. Das Ausmaß der Gewinnverlagerung ist ausschließlich von der Höhe des Gewinnzuschlags abhängig. Cost-plus- Lenkpreise erfüllen damit die Erfolgszuweisungsfunktion nicht. Die Aussagen zur Verhaltensbeeinflussungsfunktion und zur Akzeptanz vollkostenorientierter Lenkpreise gelten auch für die Cost-plus-Lenkpreise. Cost-plus- Lenkpreise wirken sich zudem ungünstig auf die Motivation der Leiter des abnehmenden Profit Centers aus, verkaufsfördernde Maßnahmen zu ergreifen. Durch den steigenden Bedarf an Zwischenprodukten als Folge solcher Maßnahmen werden im höherem Umfang Erfolge auf das liefernde Profit Center verlagert, während die Kosten der verkaufsfördernden Maßnahme beim abnehmenden Profit Center verbleiben (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 558). <?page no="405"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 405 Kombinierte Lenkpreise Zweistufige Lenkpreise Die Kritik an den erweiterten kostenorientierten Lenkpreisen hat dazu geführt, dass kombinierte Lenkpreise vorgeschlagen worden sind. Von den erweiterten kostenorientierten unterscheiden sich die kombinierten Lenkpreise dadurch, dass innerbetriebliche Leistungen nicht länger mit einem einheitlichen Lenkpreis verrechnet werden. Es werden vielmehr mehrere Möglichkeiten der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung parallel genutzt. Bei zweistufigen Lenkpreisen wird das abnehmende Profit Center mit den variablen Stückkosten des Zwischenprodukts und einem periodischen Betrag belastet. Der periodische Betrag setzt sich aus einem Anteil der fixen Kosten des liefernden Profit Centers und einem Gewinnzuschlag zusammen. Die vom abnehmenden Profit Center zu tragenden fixen Kosten werden nach dem Anteil an der Kapazität des liefernden Bereichs berechnet, der durch den gemeldeten Bedarf an dem Zwischenprodukt beansprucht wird (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 236). Mit erweiterten kostenorientierten Lenkpreisen werden ebenfalls fixe Kosten der liefernden Profit Center in Abhängigkeit der gelieferten Menge des Zwischenprodukts auf das abnehmende Profit Center verrechnet. Durch die Einbeziehung in den Lenkpreis haben sie für die abnehmenden Profit Center den Charakter variabler Kosten. Kommen zweistufige Lenkpreise zur Anwendung, werden die abnehmenden Profit Center periodisch mit mengenunabhängigen Anteilen an den fixen Kosten der liefernden Profit Center belastet. Die verrechneten fixen Kosten der liefernden Profit Center haben damit auch für die abnehmenden Profit Center den Charakter fixer Kosten. In die dezentralen Entscheidungen der abnehmenden Profit Center werden deshalb auch nur die variablen Stückkosten der Zwischenprodukte einbezogen. Unternehmungsleitung und abnehmendes Profit Center legen ihren Entscheidungen über die zu produzierende Menge des Endprodukts damit relevante Kosten in gleicher Höhe zugrunde. Die zweistufigen Lenkpreise können die Lenkungsfunktion damit grundsätzlich erfüllen. Voraussetzung für die Erfüllung der Lenkungsfunktion ist jedoch, dass die Bereichsleiter der abnehmenden Profit Center wahrheitsgemäß über ihren Bedarf an dem Zwischenprodukt und damit über den Kapazitätsbedarf berichten. Weicht die tatsächliche Nachfrage des abnehmenden Profit Centers von seinem gemeldeten Bedarf ab, entstehen Beschäftigungsabweichungen. Sind einige Profit Center überbeschäftigt (der tatsächliche übersteigt den gemeldeten Bedarf am Zwischenprodukt), andere unterbeschäftigt, müssen während der Planperiode die zugeordneten, jedoch nicht beanspruchten Mengen des Zwischenprodukts in die optimale Verwendung gelenkt werden. Für das liefernde Profit Center gibt es keine Anreize, nach alternativen Verwendungsmöglichkeiten zu suchen, da auch die nicht beanspruchten Produktionsmengen des Zwischenprodukts von den abnehmenden Profit Centern vergütet werden (vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 761). Um diesem Problem zu begegnen, werden zwei Varianten zweistufiger Lenkpreise vorgeschlagen: die flexiblen zweistufigen Lenkpreise und die zweistufigen Lenkpreise mit Verrechnung von Nutzkosten. <?page no="406"?> 406 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Der flexible zweistufige Lenkpreis sieht die Überlassung der von einem unterbeschäftigten Profit Center nicht beanspruchten Menge des Zwischenprodukts gegen Erstattung eines entsprechenden Anteils des periodischen Betrags an Profit Center mit einem höheren als dem gemeldeten Bedarf an dem Zwischenprodukt vor (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 457). Die nachträglich verrechneten Anteile an den periodischen Beträgen sind aus der Sicht des Profit Centers, das die Kapazitäten übernimmt, variable Kosten. Sie werden deshalb bei den dezentralen Entscheidungen berücksichtigt. Aus der Sicht der Unternehmungsleitung sind diese nachträglich verrechneten Anteile an den periodischen Beträgen weiterhin fixe Kosten. Die Entscheidungen der Profit Center und der Unternehmungsleitung zur Überlassung von Zwischenprodukten und ihrer Verwertung stimmen deshalb nicht zwangsläufig überein (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 556 f.). Die Erfüllung der Lenkungsfunktion ist damit nicht sichergestellt. Die Absicht hinter zweistufigen Lenkpreisen mit der Verrechnung von Nutzkosten ist es, das Verhalten der Bereichsleiter liefernder Profit Center beim Umgang mit Beschäftigungsabweichungen zu beeinflussen. Bei dieser Variante zweistufiger Lenkpreise werden nur die Nutzkosten des liefernden Profit Centers über den periodischen Betrag verrechnet. Das ist derjenige Anteil an seinen fixen Kosten, der seinem Beschäftigungsgrad entspricht. Definiert sind die Nutzkosten des liefernden Profit Centers (NK L ) wie folgt: i L f L L Kap L x NK K x = ⋅ wobei fL K = fixe Kosten des liefernden Profit Centers, i L x = realisierte Produktionsmenge des liefernden Profit Centers, Kap L x = Produktionsmenge des liefernden Profit Centers, die mit der gegebenen Kapazität realisiert werden kann. Sind die Kapazitäten nicht ausgelastet, d. h. Kap i L L x x < , wird über den periodischen Betrag nur ein Teil der fixen Kosten auf die abnehmenden Profit Center verrechnet. Bei zweistufigen Lenkpreisen mit Verrechnung von Nutzkosten ist das liefernde Profit Center deshalb motiviert, alternative Verwendungen für die nicht beanspruchten Kapazitäten zu finden (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), 556 f.). Die kostenlose Überlassung nicht beanspruchter Mengen des Zwischenprodukts, mit der den Problemen bei der nachträglichen Verrechnung fixer Kosten entgegengewirkt werden könnte, motiviert abnehmende Profit Center dazu, einen geringen Bedarf an Zwischenprodukten zu berichten. Die Absicht hinter dieser nicht wahrheitsgemäßen Berichterstattung ist es, zu einem späteren Zeitpunkt eine den gemeldeten Bedarf übersteigende Menge des Zwischenprodukts zu den variablen Stückkosten beziehen zu können, d. h. ohne mit einem höheren periodischen Betrag belastet zu werden. Dadurch können Engpässe entstehen, die bei zentraler Entscheidung nicht entstanden wären. Die Lenkungsfunktion ist damit auch bei dieser Variante zweistufiger Lenkpreise nicht erfüllt. <?page no="407"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 407 Beispiele zu zweistufigen Lenkpreisen Betrachtet werden die in Abb. 8.7 dargestellten Lieferbeziehungen. Das liefernde Profit Center verfügt über eine Kapazität von 100 Stück des Zwischenprodukts. Das abnehmende Profit Center A1 hat einen Bedarf von 40 Stück des Zwischenprodukts gemeldet, das abnehmende Profit Center A2 einen Bedarf von 50 Stück. Es ist ein Gewinnzuschlag in Höhe von 10 % der variablen Kosten festgelegt worden. Zweistufiger Lenkpreis Lenkpreis: v p 100 € / St. = Periodischer Betrag des abnehmenden Profit Centers A1: 1.800 € 0, 1 100 € / St. 40 St. 1.200 € 40 St. 50 St. + ⋅ ⋅ = + Das abnehmende Profit Center A2 wird mit einem periodischen Betrag von 1.500 € belastet. Über die periodischen Beträge wird das liefernde Profit Center von seinen fixen Kosten vollständig entlastet und es wird ihm ein Gewinn von 100 €/ St. ⋅ 0,1 ⋅ 90 St. = 900 € zugerechnet. Zweistufiger Lenkpreis mit der Verrechnung von Nutzkosten Lenkpreis: v p 100 € / St. = Periodischer Betrag des Profit Centers A1: 1.800 €/ St. 0 , 1 100 € / St . 40 St. 1.120 € 100 St. + ⋅ ⋅ = Das abnehmende Profit Center wird mit einem periodischen Beitrag von 1.400 € belastet. Mit den periodischen Beträgen wird dem liefernden Profit Center weiterhin ein Gewinn von 900 € zugerechnet. Es wird jedoch nur von 1.620 € seiner fixen Kosten entlastet. 180 € der fixen Kosten werden von den abnehmenden Profit Centern nicht erstattet. Das abnehmende Profit Center A1 erhält einen Zusatzauftrag für sein Endprodukt, für den 20 St. des Zwischenprodukts benötigt werden. Im abnehmenden Pro- Abb. 8.7: Beispiel zu zweistufigen Lenkpreisen <?page no="408"?> 408 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben fit Center A2 fällt die Nachfrage nach dem Endprodukt geringer als erwartet aus. Der Bedarf sinkt auf 40 St. Der zusätzliche Bedarf des abnehmenden Profit Centers A1 kann zum einen durch das liefernde Profit Center, das über Leerkapazitäten im Umfang von 10 Stück verfügt, und zum andern durch die Übernahme vom Profit Center A2 gedeckt werden. Für die vom Profit Center A2 übernommene Menge ist der periodische Betrag anteilig zu erstatten. Flexibler zweistufiger Lenkpreis Die fixen Kosten des liefernden Profit Centers sind bereits zu Beginn der Periode über die periodischen Beträge vollständig verrechnet worden. Das liefernde Profit Center stellt die zusätzliche Menge von 10 Stück des Zwischenprodukts deshalb zum Lenkpreis bereit. Für die 10 Stück des Zwischenprodukts zur Deckung des zusätzlichen Bedarfs wird das abnehmende Profit Center A1 jedoch mit 1.800 € / St. 0, 1 100 € / St. 10 St. 300 € 90 St. + ⋅ ⋅ = des periodischen Betrags des abnehmenden Profit Centers A2 belastet. Darüber hinaus hat es für jede Einheit des Produkts die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts zu tragen. Zweistufiger Lenkpreis mit Verrechnung der Nutzkosten Bei dieser Variante des zweistufigen Lenkpreises sind zusätzlich auch die Leerkosten des liefernden Profit Centers in die Berechnung des periodischen Betrags einzubeziehen, mit dem das abnehmende Profit Center A1 für den höheren Bedarf von 20 St. des Zwischenprodukts zusätzlich belastet wird. 1.800 € / St. 0, 1 100 € / St. 20 St. 560 € 100 St. + ⋅ ⋅ = Zweistufige Lenkpreise führen beim liefernden Profit Center zum Ausweis eines Erfolgs. Dieser ist unabhängig von der gelieferten Menge, da der Umfang der Fixkostenverrechnung zu Beginn der Planperiode auf der Basis des gemeldeten Bedarfs für das Zwischenprodukt festgelegt wird (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 238). Der ausgewiesene Erfolg hängt ausschließlich vom festgelegten Gewinnzuschlag ab und ist nicht leistungsgerecht. Die Erfolgszuweisungsfunktion wird durch zweistufige Lenkpreise nicht erfüllt. Werden vom liefernden Profit Center mehrere Zwischenprodukte gefertigt, müssen die fixen Gemeinkosten den Zwischenprodukten zugerechnet werden. Die Gemeinkostenverrechnung eröffnet Freiräume für die Manipulation der Lenkpreise mit negativen Folgen für ihre Akzeptanz. Profit Sharing Der Einsatzbereich zweistufiger Lenkpreise erstreckt sich auf abnehmende Profit Center, die vom liefernden Profit Center regelmäßig Zwischenprodukte beziehen, da nur unter dieser Voraussetzung der Bedarf an Zwischenprodukten prognostiziert werden kann. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, können die innerbetrieblichen Lieferungen über das Profit Sharing (Gewinnaufteilung) verrechnet werden. Bei Anwendung dieses Verfahrens wird zunächst ein Lenkpreis aus den variablen Stückkosten des Zwischenprodukts gebildet. Nach Verwertung der vom abnehmenden <?page no="409"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 409 Profit Center aus den bereitgestellten Zwischenprodukten produzierten Endprodukte auf dem Absatzmarkt wird dem liefernden Profit Center ein Teil des erzielten Dekkungsbeitrags gutgeschrieben. Ermittelt wird dieser Deckungsbeitrag, indem vom Erlös die variablen Kosten und die Vertriebskosten der verwerteten Endprodukte abgezogen werden (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 238; Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 761). Beim Profit Sharing handelt es sich um eine Variante des zweistufigen Lenkpreises. Der periodische Beitrag wird beim Profit Sharing jedoch nicht zu Beginn der Planperiode auf der Grundlage des von den abnehmenden Profit Centern gemeldeten Bedarfs ermittelt und dem liefernden Profit Center zugerechnet. Dieser wird vielmehr erst am Ende der Planperiode aus dem tatsächlichen Bedarf der abnehmenden Profit Center ermittelt und an den liefernden Profit Center entrichtet. Abweichungen zwischen tatsächlichem und gemeldetem Bedarf der abnehmenden Profit Center, die durch die nachträgliche Verrechnung des periodischen Beitrags bei zweistufigen Lenkpreisen Probleme bereiten, treten beim Profit Sharing nicht auf. Lenkpreise nach dem Profit Sharing erfüllen damit die Lenkungsfunktion (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 238). Bei Anwendung des Profit Sharing wird beim liefernden Profit Center ein Erfolg ausgewiesen, der in seiner Höhe von zwei Einflussgrößen abhängt: dem Verhältnis, in dem der mit dem Endprodukt erwirtschaftete Deckungsbeitrag auf den liefernden und den abnehmenden Profit Center verteilt wird, und den vom abnehmenden Profit Center erzielten Deckungsbeitrag, der von den Absatzmengen und dem erzielten Absatzpreis bestimmt wird. Der beim liefernden Profit Center ausgewiesene Erfolg kann von diesem nicht beeinflusst werden. Die Erfolgszuweisungsfunktion wird beim Profit Sharing damit nicht erfüllt. Zusätzliche Deckungsbeiträge, die das abnehmende Profit Center durch effizienz- und effektivitätssteigernde Maßnahmen (z. B. Werbemaßnahmen für das Endprodukt) erwirtschaftet, werden beim Profit Sharing dem liefernden Profit Center anteilig zugerechnet. Die Kosten dieser Maßnahmen hat das abnehmende Profit Center jedoch in voller Höhe zu tragen. Die Bereichsleiter abnehmender Profit Center sind damit nicht motiviert, die Effektivität und Effizienz ihrer Bereiche zu steigern. Auf der Seite der abnehmenden Profit Center erfüllt das Profit Sharing die Verhaltensbeeinflussungsfunktion damit nicht. Auf der anderen Seite hängt der für das liefernde Profit Center ausgewiesene Erfolg von der Effektivität und der Effizienz im abnehmenden Profit Center ab. Beim Profit Sharing kann es dadurch zu Problemen mit der Akzeptanz des Lenkpreises im liefernden Profit Center und Konflikten zwischen dem liefernden und dem abnehmenden Profit Center kommen (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 238 f.). Duale Lenkpreise Duale Lenkpreissysteme sehen die Lösung des Dilemmas der Lenkpreissysteme in unterschiedlichen Lenkpreisen für die liefernden und abnehmenden Profit Center. 11 In der Literatur wird eine Vielzahl dualer Lenkpreissysteme zur Auflösung des Dilemmas 11 Für diese Vorschläge findet sich in der Literatur auch die Bezeichnung „Gewinn-Pooling“ (Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 768). <?page no="410"?> 410 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben zwischen der Lenkungsfunktion und der Erfolgszuweisungsfunktion von Lenkpreisen vorgeschlagen. Einen Überblick über diese Vorschläge zu den Lenkpreisen des liefernden und des abnehmenden Profit Centers in dualen Lenkpreissystemen gibt Abb. 8.8. Die Vorschläge für duale Lenkpreissysteme weisen folgende Gemeinsamkeiten auf: Das abnehmende Profit Center wird mit Kosten des Zwischenprodukts belastet, um seine Entscheidungen über die Erstellung und Verwertung der Endprodukte an den finanziellen Unternehmungszielen auszurichten. Das liefernde Profit Center wird dagegen auf der Grundlage eines Lenkpreises für seine Lieferung vergütet, der zu einem Erfolgsausweis führt. Dadurch soll eine unternehmungszielorientierte Entscheidung zwischen interner und externer Verwertung der Zwischenprodukte herbeigeführt werden. Beitrag Lenkpreis des liefernden Profit Centers Lenkpreis des abnehmenden Profit Centers Anthony/ Govindarajan (2007), S. 239; Eccles (1985), S. 101 Marktpreis des Zwischenprodukts Vollkosten des Zwischenprodukts Atkinson u. a. (2012), S. 508 Absatzpreis des Endprodukts abzüglich der Fertigstellungskosten im abnehmenden Profit Center variable Kosten des Zwischenprodukts Coenenberg/ Fischer/ Günther (2016), S. 768 Summe aus den Vollkosten und einem Gewinnzuschlag zweistufiger Lenkpreis Datar/ Rajan (2018), S. 891 f. Summe aus den Vollkosten und einem Gewinnzuschlag Marktpreis des Zwischenprodukts Drury (2020), S. 555 f. Summe aus den variablen Stückkosten und einem Zuschlag variable Stückkosten des Zwischenprodukts Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 564 f. Absatzpreis des Endprodukts abzüglich der Fertigstellungskosten im abnehmenden Profit Center Vollkosten des Zwischenprodukts Frese (1995), Sp. 950 f. Marktpreis des Zwischenprodukts variable Kosten des Zwischenprodukts Kaplan/ Atkinson (1998), S. 460 Absatzpreis des Endprodukts abzüglich der Fertigstellungskosten im abnehmenden Profit Center Summe aus den variablen Stückkosten und den Opportunitätskosten des Zwischenprodukts Abb. 8.8: Vorschläge für duale Lenkpreissysteme In dualen Lenkpreissystemen, die für das liefernde Profit Center einen marktpreisorientierten und für das abnehmende einen grenzkostenorientierten Lenkpreis vorsehen, werden vor allem zwei Vorteile gesehen: der Ausweis eines leistungsgerechten Erfolgs beim liefernden Profit Center und die Förderung der vertikalen Integration, d. h. interner Lieferbeziehungen. Durch die Belastung des abnehmenden Profit Centers mit den variablen Stückkosten des Zwischenprodukts kann die Lenkungsfunktion erfüllt werden. Dem liefernden <?page no="411"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 411 Profit Center wird für sein Zwischenprodukt der Marktpreis gutgeschrieben. Dadurch wird ihm ein leistungsgerechter Erfolg zugewiesen (vgl. Frese (1995), S. 950 f.). In der Unternehmungspraxis kann es verschiedene Gründe für die vertikale Integration geben, z. B. Wettbewerbsvorteile des abnehmenden Profit Centers durch qualitative Vorteile beim internen Bezug der Zwischenprodukte oder die Auslastung der Kapazitäten im liefernden Profit Center. Erreicht werden kann die vertikale Integration durch die Begrenzung des Zugangs des liefernden oder des abnehmenden Profit Centers zum externen Markt für das Zwischenprodukt. Gegen eine solche Begrenzung spricht die Einschränkung der Entscheidungsautonomie der Profit Center. Zudem kann es zweckmäßig sein, dass liefernde Profit Center die Zwischenprodukte zusätzlich auch auf dem externen Markt absetzen, beispielsweise um sie durch die Konfrontation mit den Anforderungen des externen Markts zur effektiven und effizienten Leistungserstellung und -verwertung zu motivieren (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 234). Duale Lenkpreissysteme motivieren liefernde Profit Center zu internen Lieferbeziehungen, da sie anders als bei kostenorientierten Lenkpreisen nicht die externe Verwertung präferieren, sondern bei ihren Entscheidungen zwischen interner und externer Verwertung indifferent sind. Weiterhin zieht das abnehmende Profit Center den internen dem externen Bezug vor, da intern ein kostenorientierter, extern dagegen ein marktpreisorientierter Preis gilt (vgl. Eccles (1983), S. 153). Dieser Vorteil des internen Bezugs ergibt sich in der Regel daraus, dass das liefernde Profit Center dem Wettbewerbsdruck auf dem Absatzmarkt für das Zwischenprodukt ausgesetzt ist (vgl. hierzu auch Kaplan/ Atkinson (1998), S. 463). Im Vergleich zu Wettbewerbern, die das Zwischenprodukt vom externen Markt beziehen, ist das abnehmende Profit Center einem geringeren Kostendruck ausgesetzt. Für das abnehmende Profit Center gibt es damit keine Veranlassung, auf dem externen Markt nach günstigeren Bezugsquellen zu suchen oder das liefernde Profit Center zur wirtschaftlichen Leistungserstellung anzuhalten. Anders als das liefernde Profit Center wird das abnehmende Center nicht zu Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen motiviert. Duale Lenkpreise erfüllen die Verhaltensbeeinflussungsfunktion zwar für den liefernden, nicht jedoch für das abnehmende Profit Center. Der finanzielle Unternehmungserfolg ergibt sich bei dualen Lenkpreisen nicht mehr als Summe der Bereichserfolge. Es kann die Situation auftreten, dass für beide Profit Center Bereichsgewinne ausgewiesen werden, die Unternehmung jedoch Verluste erzielt. Für abnehmende Profit Center wird kein leistungsgerechter Bereichserfolg ausgewiesen. Die ausgewiesenen Bereichserfolge eignen sich damit nicht als Grundlage für Entscheidungen der Unternehmungsleitung über die langfristige Entwicklung der Profit Center. Um Fehlentscheidungen der Unternehmungsleitung zu vermeiden, ist ein aufwendiges Rechnungswesen erforderlich, das doppelt ausgewiesene Erfolge bei der Zusammenfassung der Bereichserfolge zum Unternehmungserfolg eliminiert. Duale Lenkpreise lösen Akzeptanzprobleme aus. Diese ergeben sich daraus, dass es für eine Leistung zwei Lenkpreise gibt, d. h. Unklarheit über den richtigen Lenkpreis besteht (vgl. hierzu auch Eccles (1983), S. 153 f.; Kaplan/ Atkinson (1998), S. 460). Beispiel zu dualen Lenkpreisen Betrachtet werden die in Abb. 8.9 dargestellten internen und externen Lieferbeziehungen. Für das liefernde Profit Center wird der Marktpreis des Zwischenprodukts <?page no="412"?> 412 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben als Lenkpreis (p vL ) herangezogen, für das abnehmende wird dagegen der grenzkostenorientierte Lenkpreis (p vA ) verwendet. Das liefernde Profit Center erhält den Stückpreis des Zwischenprodukts p vL = 120 € vergütet, während das abnehmende Profit Center mit den variablen Stückkosten p vA = 100 € belastet wird. Unter der Annahme, dass das abnehmende Profit Center in der Betrachtungsperiode 100 Stück des Endprodukts produziert und absetzt, werden bei den Profit Centern folgende Deckungsbeiträge ausgewiesen: DB L = 100 St.· (120 €/ St. - 100 €/ St.) = 2.000 € und DB A = 100 St. · (200 €/ St. - 60 €/ St. − 100 €/ St.) = 4.000 €. Die Summe der Deckungsbeiträge der beiden Profit Center beläuft sich auf insgesamt 6.000 €. Der Deckungsbeitrag der Gesamtunternehmung beträgt jedoch tatsächlich nur DB U = 100 St. · (200 €/ St. − 60 €/ St. − 100 €/ St.) = 4.000 €. Festlegung von Lenkpreisen durch Verhandlungen Die Ansätze zur Vermeidung des Dilemmas der Lenkpreissysteme geben Regeln zur Berechnung des Lenkpreises oder einzelner seiner Bestandteile vor. Lenkpreissysteme können jedoch auch auf solche Regeln verzichten und die Vorgabe des Lenkpreises durch die Unternehmungsleitung, gelenkte Verhandlungen oder freie Verhandlungen zwischen liefernden und abnehmenden Profit Centern zur Festlegung des Lenkpreises vorsehen (in Anlehnung an Küpper u. a. (2013), S. 518 f.). Bei der Vorgabe wird der Lenkpreis von der Unternehmungsleitung ohne Rückgriff auf einen Ansatz zur Bestimmung von Lenkpreisen festgelegt. Beispiele für diese Vorgaben (administered transfer prices) sind „Marktpreis abzüglich 10 %“ oder „Vollkosten plus 5 %“ (vgl. Atkinson u. a. (2012), S. 509). Bei gelenkten Verhandlungen kann die Unternehmungsleitung als gleichberechtigter Verhandlungspartner an den Verhandlungen zwischen den liefernden und den abnehmenden Profit Centern mitwirken. Denkbar ist auch, dass die Unternehmungsleitung einem zwischen den Profit Centern ausgehandelten Lenkpreis zustimmen muss (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 519). Bei freien Abb. 8.9: Beispiel zu dualen Lenkpreisen <?page no="413"?> 8.2 Ansätze nach dem Grundprinzip der Lenkpreisbestimmung 413 Verhandlungen greift die Unternehmungsleitung allenfalls bei Konflikten zwischen den Verhandlungspartnern ein. Für die Bestimmung von Lenkpreisen durch Verhandlungen sollten die Bereichsleiter beider Profit Center die Freiheit haben, das Angebot des jeweils anderen Profit Centers anzunehmen, aber auch abzulehnen. Damit der ausgehandelte Preis die Lenkungsfunktion erfüllt, müssen folgende Bedingungen vorliegen (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 461): Es gibt einen Markt für das Zwischenprodukt mit Preisen, die als Orientierungshilfe herangezogen werden können. Die Profit Center haben freien Marktzugang, d. h., sie sind unabhängig von internen Leistungen. Dem abnehmenden Profit Center liegen alle Informationen über den Markt des Zwischenprodukts vor. Eine prozessfremde Einheit vermittelt bei Konflikten und greift in den Verhandlungsprozess ein, wenn ein Lenkpreis ausgehandelt wird, der die Lenkungsfunktion nicht erfüllt. Verhandlungsorientierte Lenkpreise eignen sich deshalb vor allem für Situationen, in denen ein unvollkommener Markt für das Zwischenprodukt existiert. Gibt es keinen externen Markt für die Zwischenprodukte, sollte die endgültige Höhe der Lenkpreise durch Vorgaben festgelegt werden (vgl. Drury (2020), S. 558 f.). Verhandlungen führen zu einem Lenkpreis, der in einem Intervall mit folgenden Grenzen liegt: dem Mindestpreis, den das liefernde Profit Center zu akzeptieren bereit ist, als untere Grenze und dem Höchstpreis, den das abnehmende Profit Center zu zahlen bereit ist, als obere Grenze. Der Mindestpreis hat die Höhe des am externen Markt für das Zwischenprodukt erzielbaren Preises, sofern er die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts übersteigt. Ansonsten bestimmen die variablen Stückkosten des Zwischenprodukts die Höhe des Mindestpreises. Der Höchstpreis des abnehmenden Profit Centers wird durch den niedrigeren der beiden folgenden Werte bestimmt: dem niedrigsten Preis, der auf dem externen Markt für das Zwischenprodukt gefordert wird, und dem Stückdeckungsbeitrag des Endprodukts vor Abzug der Kosten für das Zwischenprodukt. Die Höhe des Lenkpreises hängt damit einerseits vom Verhandlungsgeschick der Verhandlungspartner ab und andererseits von den Preisen des Zwischenprodukts auf dem externen Markt (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023) 568 ff.; Atkinson u. a. (2012), S. 605 ff.). Grundlage freier Verhandlungen sind damit Informationen über die Marktpreise für das Zwischen- und Endprodukt sowie die Kosten der Profit Center. Freie Verhandlungen sind mit mehreren Vorteilen verbunden. Die Entscheidungsautonomie der Profit Center wird nicht begrenzt, da sie sowohl über den Preis als auch über die Mengen entscheiden (vgl. z. B. Datar/ Rajan (2018), S. 891). Weiterhin werden die Vorteile der Dezentralisation in vollem Umfang wirksam. Durch den Einfluss der Marktpreise der Zwischen- und Endprodukte auf das Verhandlungsergebnis werden die Bereichsleiter auch zur Steigerung der Effizienz und Effektivität in ihren <?page no="414"?> 414 8 Lenkpreise bei der Koordination durch Zielvorgaben Profit Centern motiviert (vgl. Küpper u. a. (2013), S. 518 f.). Verhandlungsorientierte Lenkpreise weisen aber auch eine Reihe von Nachteilen auf: Ihre Festlegung ist für die beteiligten Bereichsleiter und die Unternehmungsleitung mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden. Die Verhandlungen können zu Konflikten zwischen den Profit Centern führen. Der Bereichserfolg wird bei dieser Form der Lenkpreisbildung u. a. auch vom Verhandlungsgeschick der Mitarbeiter in den Profit Centern bestimmt. Die Erfolgszuweisungsfunktion ist damit nicht erfüllt. Es ist zudem nicht sichergestellt, dass ein verhandlungsorientierter Lenkpreis die Lenkungsfunktion erfüllt (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 460 f.). Bei Cost-plus-Lenkpreisen sind Gewinnzuschläge, bei zweistufigen Lenkpreisen periodische Beträge und beim Profit Sharing Schlüssel zur Verteilung der Deckungsbeiträge festzulegen. Bei der Gestaltung von Lenkpreissystemen nach diesen Ansätzen zur Bestimmung der Lenkpreise ist darüber zu entscheiden, ob diese Bestandteile der Lenkpreise durch die Unternehmungsleitung vorgegeben oder durch Verhandlungen zwischen den Profit Centern festgelegt werden sollen. Vorgaben schränken die Entscheidungsautonomie der Profit Center und damit die Akzeptanz der Lenkpreise ein, so dass Verhandlungen der Vorzug gegeben werden sollte (vgl. Drury (2020), S. 552 f.). <?page no="415"?> 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Kennzeichnung von Anreizsystemen Anreizsysteme im Controlling Notwendigkeit von Anreizsystemen Mit Budgets wird den Bereichsleitern der Planwert einer monetären Größe für den bewilligten Mitteleinsatz oder das zu erreichende Marktergebnis vorgegeben. Zielvorgaben haben das erwünschte finanzielle Bereichsergebnis zum Inhalt. Nur grob begrenzt durch die Output-Komponente, die Input-Komponente oder nichtmonetäre Kennzahlen belassen diese Vorgaben bei den Bereichsleitern erhebliche Freiräume für ihre Entscheidungen darüber, wie diese Vorgaben eingehalten oder erreicht werden sollen. Sind die Bedingungen für Verhaltensinterdependenzen gegeben, können die Bereichsleiter ihre Informationsvorteile nutzen, um ihre individuellen Ziele zu verfolgen. Ein Arbeitsverhalten, das an den individuellen Zielen des Mitarbeiters ausgerichtet ist, wird als „dysfunktional“ bezeichnet. Dimensionen des Arbeitsverhaltens sind das Leistungsverhalten und der Umgang mit allgemein akzeptierten Verhaltensregeln. Nach diesen Dimensionen können zwei Formen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter unterschieden werden: eine unzureichende Performance und die unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße (verzerrte) Berichterstattung an die Unternehmungsleitung. Die Performance eines Bereichsleiters ist unzureichend, wenn die über die Vorgaben geforderte Performance oder die bei den gegebenen Unternehmungs- und Umweltbedingungen mögliche Performance nicht erbracht wird. Sie tritt als Minderleistung beim Markt- oder Bereichsergebnis oder als Ressourcenmehrverbrauch in Erscheinung. Eine unzureichende Performance entsteht, wenn Bereichsleiter die Richtung, das Anstrengungsniveau (Intensität, Ausdauer) oder die Vorgehensweisen ihres Entscheidens und Handelns in ihren Verantwortungsbereichen nicht an den Vorgaben und Unternehmungszielen, sondern an ihren individuellen Zielen ausrichten. Bei der Planung der Budgets und der Zielvorgaben übermitteln Bereichsleiter Berichte über die Unternehmungs- und Umweltsituation an die Unternehmungsleitung. Bei der progressiven und der iterativen Budgetierung erarbeiten Bereichsleiter Budgetentwürfe, bei der retrograden Budgetierung berichten sie gegenüber der Unternehmungsleitung über die Realisierbarkeit und notwendige Korrekturen der Budgetentwürfe. Zielvorgaben können zwischen der Unternehmungsleitung und den Bereichsleitern ausgehandelt werden. Bei der Investitionsbudgetierung erarbeiten Bereichsleiter Investitionsanträge, die sie der Unternehmungsleitung zur Genehmigung vorlegen. Für die Kontrolle der Vorgaben berichten die Bereichsleiter regelmäßig oder am Ende der Planperiode über die Performance ihres Verantwortungsbereichs. Informationsvorteile ermöglichen es ihnen, über Datenmanipulationen in den Berichten, Budgetentwürfen, Investitionsanträgen oder Zielvereinbarungsgesprä- <?page no="416"?> 416 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen chen ihre individuellen Ziele zu verfolgen. Über eine verzerrte Berichterstattung können Bereichsleiter folgende Absichten verfolgen: den Aufbau von Reserven (Slacks) und Empire Building und das Verschleiern der Folgen eines dysfunktionalen Arbeitsverhaltens. Für den Aufbau von Slacks und Empire Building wird in den Berichten für die Planung der Betriebsbudgets und der Zielvorgaben pessimistisch über die Entwicklung der Unternehmungs- und Umweltbedingungen berichtet. In Budgetentwürfen und Zielvereinbarungsgesprächen werden der Ressourcenbedarf zu hoch und das wahrscheinlich zu erwartende Markt- und Bereichsergebnis zu niedrig angegeben. In den Investitionsanträgen für die Investitionsbudgetierung wird aus diesen Gründen zu optimistisch über die Investitionsvorhaben des Verantwortungsbereichs berichtet. Formen des dysfunktionalen Arbeitsverhaltens, das bei der Kontrolle der Vorgaben verschleiert werden soll, sind der Aufbau von Slacks, Empire Building, Etatdenken, Ressortegoismus sowie das Denken in Minimalanforderungen. Diese Formen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens treten sowohl bei der Vorgabe von Budgets als auch bei der Steuerung über Zielvorgaben auf. Um dysfunktionales Arbeitsverhalten zu verschleiern, werden die Informationen in den Berichten an die Unternehmungsleitung geschönt, gefiltert oder verzerrt. Es werden nur Informationen in die Berichte übernommen, die einen positiven Eindruck von der Performance des Verantwortungsbereichs vermitteln. Informationen über ungünstige Sachverhalte werden dagegen ausgeblendet. Belohnungen und Sanktionen sind eine ergänzende Maßnahme, um dysfunktionalem Arbeitsverhalten und seinem Einfluss auf die Realisation der Unternehmungsziele entgegenzuwirken (vgl. Pfaff (2002), Sp. 237 ff.) sowie Bereichsleiter zur Steigerung der Performance in ihren Verantwortungsbereichen zu motivieren (vgl. Hofman (2002), Sp. 77). Anreizsysteme regeln Anlass, Niveau und Ausschüttung der Belohnungen und Sanktionen, durch die Bereichsleiter motiviert werden sollen, die Budgets und Zielvorgaben zu erreichen und ihr Arbeitsverhalten an den Unternehmungszielen auszurichten. Funktionen von Anreizsystemen Anreizsysteme, die das Gewähren von Belohnungen oder das Verhängen von Sanktionen als ergänzende Maßnahme bei der Koordination durch Budgets und Zielvorgaben regeln, haben zunächst zwei Funktionen. Zum einen sollen Anreizsysteme Bereichsleiter zur unverzerrten Berichterstattung motivieren, um Fehlentscheidungen sowie Effektivitäts- und Effizienzverluste zu vermeiden. Zum anderen soll Einfluss auf die Bereichsleiter genommen werden, der eine Steigerung der Performance des Verantwortungsbereichs bewirkt. Abb. 9.1 fasst die Funktionen von Anreizsystemen zusammen. [1] Unverzerrte Berichterstattung als Funktion von Anreizsystemen Informationsvorteile ermöglichen es Bereichsleitern, über Datenmanipulationen in den Berichten, Budgetentwürfen, Investitionsanträgen und Zielvereinbarungsgesprächen ihre individuellen Ziele zu verfolgen, die im Konflikt zu den langfristigen Unternehmungszielen stehen können. Von diesem dysfunktionalen Arbeitsverhalten der Bereichsleiter können folgende Wirkungen ausgehen (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 775 ff.): <?page no="417"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 417 Funktionen von Anreizsystemen Steigerung der Performance in den Verantwortungsbereichen Unverzerrte Berichterstattung der Bereichsleiter gegenüber der Unternehmungsleitung Vermeiden von Effektivitäts- und Effizienzverlusten in den Verantwortungsbereichen Vermeiden von Fehlentscheidungen der Unternehmungsleitung bei der Ressourcenallokation Abb. 9.1: Funktionen von Anreizsystemen Fehlentscheidungen der Unternehmungsleitung bei der Ressourcenallokation oder Effektivitäts- und Effizienzverluste in den Verantwortungsbereichen. Bei der Investitionsbudgetierung können Bereichsleiter zur Realisation ihrer individuellen Ziele die Investitionsvorhaben in den Investitionsanträgen vorteilhafter darstellen, als diese tatsächlich sind. Infolge asymmetrischer Informationsverteilung kann die Unternehmungsleitung nicht beurteilen, ob die Investitionsanträge vollständig und wahrheitsgemäß sind. Es ist Bereichsleitern deshalb möglich, durch Datenmanipulationen die Bewilligung von Investitionsmitteln zur Realisation ihrer individuellen Ziele zu erreichen. Übersteigt der Investitionsmittelbedarf die in der Planperiode verfügbaren Investitionsmittel, besteht zwischen den Entscheidungen der Unternehmungsleitung über die Investitionsanträge zu den in den Verantwortungsbereichen geplanten Investitionsvorhaben ein Restriktionenverbund. Investitionsmittel, die auf der Grundlage verzerrter Berichte bewilligt worden sind, werden möglicherweise anderen Verantwortungsbereichen entzogen, die für die Erreichung der Unternehmungsziele vorteilhaftere Investitionsvorhaben geplant haben. Die verzerrte Berichterstattung der Bereichsleiter kann deshalb zur Folge haben, dass die Unternehmungsleitung mit ihren Entscheidungen über die Investitionsbudgets knappe Investitionsmittel nicht unternehmungszieloptimal auf die Verantwortungsbereiche verteilt. Bei der Planung von Betriebsbudgets und Zielvorgaben werden durch verzerrte Berichte Slacks aufgebaut und die Wirkungen dysfunktionalen Arbeitsverhaltens verschleiert. Durch Betriebsbudgets werden z. B. Umsätze vorgegeben, die während der Planperiode zu erreichen sind, oder Kosten, die bei der Leistungserbringung höchstens anfallen dürfen. Verzerrte Berichte können damit eine Minderleistung oder einen Ressourcenverbrauch, d. h. Effektivitäts- und Effizienzverluste verursachen oder verschleiern. Über Sachinterdependenzen kann die Minderleistung oder der Mehrverbrauch eines Verantwortungsbereichs Einfluss auf das Ergebnis anderer Verantwortungsbereiche haben. Verzerrte Berichte können damit auch die Koordinationsfunktion der Budgetierung beeinträchtigen. Bei der Koordination durch Ziel- <?page no="418"?> 418 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen vorgaben bedeuten Slacks, dass finanzielle und nichtfinanzielle Ziele vorgegeben werden, die unter dem realistischen Niveau liegen. Die Implementierung der Strategien wird dadurch unnötig verzögert und behindert, möglicherweise sogar verhindert. Die Wirkungen des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen auf den Aufbau des Erfolgspotenzials der Unternehmung und das Erreichen der finanziellen Unternehmungsziele bleiben hinter den Erwartungen zurück. Verzerrte Berichte bei der Planung von Zielvorgaben haben damit Effektivitätsverluste in den Verantwortungsbereichen zur Folge. [2] Performance-Steigerung als Funktion von Anreizsystemen Die Performance ist der Beitrag, den der Verantwortungsbereich oder der Bereichsleiter während der Planperiode bei der Realisation des vorgegebenen Sachziels zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele leisten soll oder geleistet hat. Voraussetzung für die Messung und Beurteilung der Performance ist die Definition von Performance-Maßen. Mögliche Performance-Maße sind die Budgetgrößen, die durch ergänzende Output-Komponenten vorgegebenen Ziele und die Kennzahlen in den Zielvorgaben. Investitionsbudgets sind inputbezogene Budgets, die um eine Output-Komponente ergänzt werden. Budgetgröße sind die Investitionsmittel, die für eine Planperiode bewilligt werden. Als Output-Komponente wird ein finanzielles Bereichsziel festgelegt, das mit der Verwendung der bewilligten Investitionsmittel für geplante Investitionsvorhaben realisiert werden soll. Mögliche Inhalte dieses finanziellen Bereichsziels sind der Bereichserfolg, der Return on Investment, der Residualerfolg, der Kapitalwert, der interne Zinsfuß oder ein Kostenvorteil. 12 Bei der Erstellung der Betriebsbudgets sind outcomebezogene Budgets, wie z. B. die Umsatzbudgets der Vertriebsbereiche, sowie inputbezogene Budgets zu planen. Beispiele für inputbezogene Budgets sind das FuE-Budget, das Fertigungsgemeinkostenbudget sowie das Werbebudget. Bei Vorgabe eines outcomebezogenen Budgets kann die Budgetgröße zur Performance-Messung herangezogen werden (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 773). Werden inputbezogene Budgets vorgegeben, kann die Performance des Verantwortungsbereichs über die Abweichung vom Planwert der Budgetgröße erfasst werden. Bei der Vorgabe von Zielen sind es die Kennzahlen in den Zielvorgaben, die als Performance-Maße herangezogen werden. Gestaltung von Anreizsystemen Wirkungsweise eines Anreizsystems Das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter kann nicht direkt beeinflusst werden, sondern nur mittelbar über die Gestaltung der Determinanten des Arbeitsverhaltens. Anreizsysteme wirken über das individuelle Wollen auf das Arbeitsverhalten. Quelle des individuellen Wollens ist die Motivation der Mitarbeiter. Anreizsysteme beeinflussen die Motivation, indem für das erwünschte Arbeitsverhalten Belohnungen in Aussicht gestellt und gewährt werden oder für unerwünschtes Arbeitsverhalten Sanktionen angedroht und verhängt werden, die Bedürfnisse oder Motive der Mitarbeiter aktivieren. 12 Im Folgenden wird das Bereichsergebnis als Performance-Maß angenommen. <?page no="419"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 419 Unter einem Anreizsystem wird die Gesamtheit genereller Regelungen zu den positiven und negativen Anreizen verstanden, durch die das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter an den Unternehmungszielen ausgerichtet werden soll. Positive Anreize sind Belohnungen für ein bestimmtes Arbeitsverhalten. Durch das Anreizsystem zu regeln sind das Arbeitsverhalten, für das Belohnungen gewährt werden, die Art und die Höhe der Belohnung sowie die Modalitäten für die Ausschüttung der Belohnung. Negative Anreize sind Sanktionen, die bei Auftreten unerwünschter Verhaltensweisen verhängt werden. Sie erfordern Regelungen zum Anlass für Sanktionen sowie zu ihrer Art und ihrem Ausmaß (vgl. Wild (1973), S. 47). Erfasst wird das Arbeitsverhalten über die Bemessungsgrundlage, mit der Bemessungsmethode wird die Höhe der Belohnung oder der Sanktion festgestellt. Abb. 9.2 zeigt die Grundvorstellung zur Wirkungsweise eines Anreizsystems (vgl. Kossbiel (2006), S. 579). Unternehmungsziele Anreize Bemessungsgrundlage Arbeitsverhalten Bemessungsmethode Anreizsystem Bedürfnisse Motive Abb. 9.2: Wirkungsweise eines Anreizsystems Anreizziel Kreis der Begünstigten Arten erwünschten oder unerwünschten Arbeitsverhaltens Belohnung Art der Belohnung Form der Vergütung (Auszahlung, Aktien, Aktienoptionen) Art der Sanktion Bemessungsgrundlage Beurteilungsgrößen − Inhalt (Budgetgrößen, monetäre und nichtmonetäre Kennzahlen) − Aussagentyp (Wird-, Plan-, Soll-, Ist-Werte) − Berechnung der Werte der Budgetgrößen und Kennzahlen − Datenquellen für die Berechnung der Werte Quelle der Normwerte der Beurteilungsgrößen Verknüpfung der Werte der Beurteilungsgrößen Gewichtung der Beurteilungsgrößen Rhythmus der Berichterstattung über die Beurteilungsgröße <?page no="420"?> 420 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Bemessungsmethode Zuordnung der Verantwortung für die Festsetzung der Belohnung Merkmale der Belohnungsfunktion − Höhe eines fixen Belohnungsbestandteils − Verlauf der Belohnungsfunktion − Anreizintervall Modalitäten der Ausschüttung Zeitpunkt der Beurteilung des Arbeitsverhaltens Zeitpunkte der Ausschüttung Abb. 9.3: Gestaltungsparameter eines Anreizsystems Begünstigte eines Anreizsystems für ergänzende Maßnahmen bei der Koordination durch Budgets und Zielvorgaben sind die Bereichsleiter. Ihr Arbeitsverhalten soll an den finanziellen Unternehmungszielen ausgerichtet werden. Bei der Gestaltung eines Anreizsystems sind Regelungen für die in Abb. 9.3 genannten Gestaltungsparameter zu entwickeln. [1] Anreizziel Das Anreizziel legt das Arbeitsverhalten fest, zu dem das Anreizsystem die Begünstigten motivieren soll. Mit einem Anreizsystem für die Koordination durch Budgets und Zielvorgaben sollten beide Dimensionen des Arbeitsverhaltens eines Bereichsleiters angesprochen werden, d. h. das Leistungsverhalten und der Umgang mit geltenden Regeln. Das Leistungsverhalten der Bereichsleiter äußert sich in der Performance ihrer Verantwortungsbereiche, die über Budgetgrößen oder Kennzahlen erfasst wird. Die Regel, die befolgt werden soll, ist die unverzerrte Berichterstattung an die Unternehmungsleitung. Die Informationen aus den Berichten werden von der Unternehmungsleitung für die Planung und Kontrolle von Vorgaben oder Investitionsentscheidungen genutzt. Eine verzerrte Berichterstattung ist Anlass für Sanktionen, z. B. durch die Verringerung einer für das Leistungsverhalten gewährten Belohnung. [2] Belohnung Als Belohnung eignen sich nur Anreize, die Bedürfnisse oder Motive der Mitarbeiter aktivieren und dadurch zielorientiertes Handeln auslösen. Dazu sollten sie die Befriedigung eines Bedürfnisses oder das Erreichen eines mit einem Motiv verknüpften individuellen Ziels des Begünstigten signalisieren. Eine Belohnung ist die Gesamtheit der um Sanktionen verminderten positiven Anreize, die dem Bereichsleiter für ein spezifiziertes Arbeitsverhalten in Aussicht gestellt und gewährt werden. Nach der Quelle des aktivierenden Anreizes werden intrinsische und extrinsische Motive differenziert. Intrinsische Motive werden durch das Handeln des Bereichsleiters bei der Aufgabenerfüllung aktiviert. Anreize zur Aktivierung intrinsischer Motive sind in Merkmalen der Aufgabe und des Arbeitsumfelds begründet. Extrinsische Motive werden durch die Folgen und Begleitumstände des Handelns des Bereichsleiters bei der Aufgabenerfüllung aktiviert. Nach ihrer Art werden materielle und immaterielle Anreize unterschieden. Während materiellen Anreizen ein monetärer <?page no="421"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 421 Wert zugeordnet werden kann, ist das bei immateriellen Anreizen nicht möglich. Abb. 9.4 nennt mögliche Motive der Bereichsleiter sowie Beispiele für Anreize, die diese Motive aktivieren können (vgl. Comelli/ Rosenstiel/ Nerdinger (2014), S. 10 ff.). Motive Anreize extrinsische Motive Einkommens- und Konsumziel Konsumwünsche Sicherheitsziel Bindungsziel (Zugehörigkeit, Akzeptanz) Geltungsziel (Status, Anerkennung, Wertschätzung) materielle Anreize variable Gehaltsbestandteile Zusatzleistungen (z. B. Sozialleistungen) Prämien (z. B. Eintrittskarten für Sportveranstaltungen, Reisen) Statussymbole (z. B. Dienstwagen, Büroausstattung) Beförderung immaterielle Anreize Personalentwicklungsmaßnahmen Versetzung an einen attraktiven Standort Übertragung weiterer Befugnisse und Ausdehnung der Verantwortung Anerkennung durch Vorgesetzte intrinsische Motive Wunsch nach Leistungserlebnissen Bedürfnis nach Demonstration eigener Fähigkeiten Wunsch nach Macht und Einfluss innerhalb der Unternehmung Wunsch nach Weiterqualifizierung und Selbstverwirklichung Bedürfnis nach Erfüllung ethischer Verpflichtungen Merkmale der Aufgabe und des Arbeitsumfelds als Anreiz Lernmöglichkeiten Bedeutsamkeit der Aufgabe Verantwortung für die Ergebnisse der eigenen Arbeit Feedback zur Performance Abb. 9.4: Beispiele für Anreize zur Aktivierung von Motiven Motive haben für jede einzelne Person charakteristische Ausprägungen (vgl. Nerdinger (2019), S. 464). Wirkungen auf das Arbeitsverhalten können von einem Anreizsystem deshalb nur dann ausgehen, wenn es der Heterogenität der Motive der Begünstigten durch vielfältige Anreizarten gerecht wird. Zudem können Motive im Laufe der Zeit befriedigt werden. Anreize, mit denen Bereichsleiter bisher aktiviert worden sind, werden dadurch unwirksam. Die Vielfalt, die Veränderlichkeit der Relevanz von Motiven sowie das Effizienzziel der Gestaltung von Koordinationssystemen setzen der Individualisierung des Anreizsystems enge Grenzen. Um dennoch Motive möglichst aller Begünstigten anregen zu können, werden als Belohnungen generalisierte Anreize oder Cafeteria-Systeme verwendet. Generalisierte Anreize sind Nominalgüter, d. h. Geld und alle Ansprüche auf Geld, da es vielfältig zur Bedürfnisbefriedigung und zum Erreichen individueller Ziele verwendet werden kann (vgl. Becker (1995), Sp. 38). Ein Cafeteria-System bietet den Mitarbeitern die Möglichkeit, zu einem selbst gewählten Zeitpunkt innerhalb eines gewährten Rahmens die zu ihren <?page no="422"?> 422 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Motiven passenden Belohnungen aus einem Angebot unterschiedlicher Anreize wählen zu können (vgl. Hungenberg/ Wulf (2021), S. 385). [3] Bemessungsgrundlage Zweck der Bemessungsgrundlage ist es, das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters zu erfassen. Um eine Belohnung zu erhalten oder eine Sanktion zu vermeiden, richtet der Bereichsleiter sein Arbeitsverhalten an der Bemessungsgrundlage aus. Die Bemessungsgrundlage ist damit entscheidend für die Verknüpfung der Unternehmungsziele mit den durch die Belohnungen aktivierten Bedürfnissen oder Motiven der Bereichsleiter (vgl. Hungenberg (2006), S. 359). Gebildet wird die Bemessungsgrundlage eines Anreizsystems aus den Werten der Beurteilungsgrößen, die aus dem realisierten Arbeitsverhalten der Bereichsleiter während einer Periode folgen, sowie Parametern zur Gewichtung dieser Werte für verschiedene Dimensionen des Arbeitsverhaltens. Damit ein an der Bemessungsgrundlage ausgerichtetes Arbeitsverhalten zur Erreichung der Unternehmungsziele beiträgt, sind bei der Gestaltung eines Anreizsystems Beurteilungsgrößen zu wählen, die über Instrumentalrelationen mit den Unternehmungszielen verbunden sind. Mögliche Inhalte der Beurteilungsgrößen der Anreizsysteme sind die Budgetgrößen und die Kennzahlen, die als Performance-Maße genutzt werden. Die Normwerte der Beurteilungsgrößen in der Bemessungsgrundlage sind in Abstimmung mit den finanziellen Unternehmungszielen festzulegen. Normwerte können Planwerte, Ist-Werte der Vorperioden oder der Leistungsführer sein. Die Bemessungsgrundlage von Anreizsystemen, die zur Performance-Steigerung motivieren sollen, enthält als Beurteilungsgrößen die Budgetgrößen, die Kennzahlen oder das Bereichsergebnis als Outputkomponente eines Investitionsbudgets zur Performance-Messung. Die Ist-Wert dieser Beurteilungsgrößen spiegeln das realisierte Arbeitsverhalten des Bereichsleiters wider. Belohnungen, die nach dem Ist-Wert für die Performance bemessen werden, motivieren Bereichsleiter zum Aufbau von Slacks. Im Prozess der Planung von Betriebsbudgets oder Zielvorgaben werden Bereichsleiter in ihren Berichten für die Unternehmungsleitung eine unter den jeweiligen Erwartungen liegende Performance melden. Die Folge einer in dieser Form verzerrten Berichterstattung sind Abweichungen der Ist-Werte von den berichteten, d. h. den Wird-Werten. Als Beurteilungsgrößen in der Bemessungsgrundlage eines Anreizsystems mit der Funktion, Bereichsleiter bei der Planung von Betriebsbudgets und Zielvorgaben zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung zu motivieren, eignen sich wieder die Performance-Maße. Das realisierte Arbeitsverhalten sollte jedoch nicht über den Ist-Wert, sondern über den berichteten Wert erfasst werden, d. h. den Wird-Wert der Beurteilungsgröße. Anreizsysteme für die Investitionsbudgetierung, die Belohnungen nach den Ist-Werten des Bereichsergebnisses bemessen, motivieren Bereichsleiter, Investitionsvorhaben in den Berichten an die Unternehmungsleitung zu optimistisch zu bewerten. Mit einer optimistischen Berichterstattung wird die Bewilligung von Investitionsmitteln angestrebt, um das Bereichsergebnis steigern zu können. Bei nicht wahrheitsgemäßer <?page no="423"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 423 Berichterstattung mindestens eines Bereichsleiters verhindert der Restriktionenverbund eine optimale Verteilung der Investitionsmittel auf die Verantwortungsbereiche. Bei der Investitionsbudgetierung kann sich eine verzerrte Berichterstattung in einem Unternehmungsergebnis niederschlagen, das unter dem mit den verfügbaren Investitionsmitteln erreichbaren Niveau liegt. Als Beurteilungsgröße eines Anreizsystems, das bei der Investitionsbudgetierung zur unverzerrten Berichterstattung gegenüber der Unternehmungsleitung motivieren soll, eignet sich deshalb eine Kennzahl für das Unternehmungsergebnis. Gebildet werden kann diese Kennzahl als Summe der Bereichsergebnisse aller Verantwortungsbereiche, die sie mit den bewilligten Investitionsmitteln realisiert oder für diese Mittel berichtet haben. Das Arbeitsverhalten wird über das Unternehmungsergebnis erfasst, das durch die nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung entgangen ist. Es handelt sich hierbei um die Opportunitätskosten der verzerrten Berichterstattung (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 778). Abb. 9.5 fasst zusammen, wie die Dimensionen des Arbeitsverhaltens in der Bemessungsgrundlage von Anreizsystemen für die Budgetierung abgebildet werden. Arbeits verhalten Bemessungsgrundlage Steigerung der Performance unverzerrte Berichterstattung bei der Planung von Betriebsbudgets / Zielvorgaben Investitionsbudgets Beurteilungsgröße Budgetgrößen, Kennzahlen, Bereichsergebnis als Maß für die Performance des Verantwortungsbereichs Budgetgrößen, Kennzahlen als Maß für die Performance des Verantwortungsbereichs Kennzahl für das aus den Bereichsergebnissen ermittelte Unternehmungsergebnis Wert der Beurteilungsgröße Ist-Wert Wird-Wert Opportunitätskosten (entgangenes Unternehmungsergebnis) Abb. 9.5: Bemessungsgrundlage und erwünschtes Arbeitsverhalten [4] Bemessungsmethode Die Regelung eines Anreizsystems zur Bemessungsmethode gibt vor, wie am Ende einer Planperiode die Höhe der um eine mögliche Sanktion verminderten Belohnung auf der Grundlage der ermittelten Werte der Bemessungsgrundlage festgesetzt wird. Es gibt folgende Methoden für die Bemessung einer Belohnung (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 529): die Berechnung mit einer Belohnungsfunktion, die subjektive Festsetzung durch die Unternehmungsleitung sowie die Kombination beider Methoden. Eine Belohnungsfunktion definiert eine funktionale Beziehung zwischen den festgestellten Werten der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Belohnung. Bei der Gestaltung eines Anreizsystems sind die Höhe eines fixen Bestandteils der Belohnung, der Verlauf der Belohnungsfunktion und das Anreizintervall festzulegen (vgl. <?page no="424"?> 424 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Hungenberg (2006), S. 360 f.). Der variable Teil einer Belohnungsfunktion kann degressiv, proportional oder progressiv verlaufen, er kann Sprung- und Knickstellen aufweisen. Das Anreizintervall definiert, für welche Werte der Bemessungsgrundlage eine variable Belohnung gewährt wird. Die Untergrenze dieses Intervalls gibt vor, ab welchem Wert der Bemessungsgrundlage eine variable Belohnung gewährt wird. Sie wird in Abstimmung mit den Normwerten der Beurteilungsgrößen festgelegt. Die Obergrenze ist derjenige Wert der Bemessungsgrundlage, bei dem die höchste Belohnung erreicht wird (vgl. Abb. 9.6). Abb. 9.6: Belohnungsfunktion Belohnungsfunktionen haben den Vorteil, dass die Höhe der Belohnung eines Bereichsleiters, die für den festgestellten Wert der Bemessungsgrundlage gewährt werden soll, eindeutig festliegt. Eine verzerrte Bemessung von Belohnungen aufgrund von Vorlieben, Vorurteilen oder Ressentiments der Unternehmungsleitung wird vermieden. Allerdings werden Bereichsleiter Aspekte ihres Arbeitsverhaltens vernachlässigen, die für das Erreichen der finanziellen Unternehmungsziele zwar bedeutsam sind, jedoch nicht über Beurteilungsgrößen in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 529). Die subjektive Festsetzung der Belohnung durch die Unternehmungsleitung bietet sich an, wenn das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters nicht, nur mit großem Aufwand oder nur sehr ungenau quantifiziert werden kann. Von Vorteil ist diese Methode auch dann, wenn ein Bereichsleiter nur geringen Einfluss auf die Performance seines Verantwortungsbereichs hat. Das ist z. B. der Fall, wenn die Performance überwiegend von Entscheidungen eines Vorgängers oder über Interdependenzen von anderen Bereichsleitern bestimmt wird. Kombinationen beider Methoden sehen die Bemessung einer Belohnung mit Hilfe einer Belohnungsfunktion vor. Es liegt jedoch im Ermessen der Unternehmungsleitung, die ermittelte Belohnung anzupassen (vgl. Kossbiel (1994), S. 83). Eine solche Anpassung ermöglicht es, Aspekte des Arbeitsverhaltens in die Bemessung der Belohnung einzubeziehen, die durch die Bemessungsgrundlage nicht erfasst werden, <?page no="425"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 425 wie z. B. die langfristigen Wirkungen von Entscheidungen oder nicht quantifizierbare Aspekte der Performance (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 529). [5] Modalitäten der Ausschüttung Das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter kann am Ende einer Planperiode bewertet und die Belohnung nach den festgestellten Werten der Bemessungsgrundlage ermittelt werden. Die Zielwirkungen der Entscheidungen, die in den Verantwortungsbereichen während der Planperiode getroffen und durchgesetzt worden sind, können bis in die nächste oder weitere künftige Planperioden hineinreichen. Werden in der Bemessungsgrundlage Beurteilungsgrößen genutzt, die aus Daten des Rechnungswesens ermittelt werden, kann das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter umso genauer beurteilt werden, je länger nach dem Ende der Planperiode die Performance seines Verantwortungsbereichs erfasst wird. Andererseits ist die Anreizwirkung von Belohnungen höher, wenn sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhalten gewährt werden (vgl. Kossbiel (1994), S. 83). Dieser Konflikt zwischen Beurteilungsqualität und Anreizwirkungen der Belohnung erfordert Regelungen zu den Modalitäten der Ausschüttung einer Belohnung (vgl. Hungenberg (2006), S. 361). Mit den Regelungen zu den Modalitäten der Ausschüttung wird festgelegt, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters beurteilt und zu welchen Zeitpunkten die Belohnung ausgeschüttet werden soll. Wird das Arbeitsverhalten unmittelbar nach dem Ende einer Planperiode beurteilt und die festgestellte Belohnung in voller Höhe ausgeschüttet, ist die Anreizwirkung am höchsten. Dieser Ausschüttungsmodus kann die Bereichsleiter jedoch motivieren, sich an den kurzfristigen finanziellen Unternehmungszielen zu orientieren, da die langfristigen Wirkungen von Entscheidungen zunächst nicht in die Beurteilung des Arbeitsverhaltens und damit in die Bemessung der Belohnung einfließen. Um die Performance des Verantwortungsbereichs und darüber die Belohnung zu erhöhen, werden Investitionsvorhaben in spätere Perioden verschoben oder sogar unterlassen, oder es werden Handlungen zur kurzfristigen Anpassung der Aufwendungen und Erträge vorgenommen (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 920.). Die Bemessung und Ausschüttung einer Belohnung auf der Grundlage einer unmittelbar nach dem Ende der Planperiode durchgeführten Performance-Messung und -Beurteilung ist eine Ursache des Myopia-Effekts. Dem Myopia-Effekt kann entgegengewirkt werden, wenn für die Bemessung der Belohnung das während mehrerer Planperioden gezeigte Arbeitsverhalten beurteilt wird (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 527). Die langfristigen Zielwirkungen der Entscheidungen gehen mit einem umso höheren Gewicht in die Bemessungsgrundlage ein, je länger dieser Zeitraum ist. Es kann damit eine höhere Qualität der Beurteilung erreicht werden. Gleichzeitig nimmt die Anreizwirkung der Belohnung ab, da die Belohnung für die Performance früher Perioden erst nach mehreren Perioden gewährt wird. Auch bei der Beurteilung des Arbeitsverhaltens während eines längeren Zeitraums ist grundsätzlich eine jährliche Ausschüttung von Belohnungen möglich. Dazu wird am Ende jeder Planperiode die Belohnung nach dem während mehrerer Planperioden gezeigten Arbeitsverhalten bemessen. Die Belohnung wird jedoch über meh- <?page no="426"?> 426 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen rere Planperioden verteilt ausgeschüttet. Werden beispielsweise vier Planperioden betrachtet, werden 25 % der am Ende der Planperiode bemessenen Belohnung ausgeschüttet (vgl. Abb. 9.7). In der darauffolgenden Planperiode werden wieder 25 % dieser Belohnung sowie 25 % der Belohnung der aktuell abgeschlossenen Planperiode ausgeschüttet. Ab dem vierten Jahr erhalten Bereichsleiter eine Belohnung, die sich aus jeweils 25 % der Belohnungen der letzten vier Planperioden zusammensetzt (vgl. Anthony/ Govindarajan (2007), S. 517). 1 2 3 4 5 6 7 Belohnung Periode 4 Abb. 9.7: Verzögerte Ausschüttung der Belohnung Der Konflikt zwischen Beurteilungsqualität und Anreizwirkung kann auch dadurch zumindest teilweise aufgelöst werden, indem Teile der Belohnung für das Arbeitsverhalten während der Planperiode und der Rest für das während eines längeren Zeitraums gezeigte Arbeitsverhalten gewährt werden. Die Belohnung wird nach dem Ende einer Planperiode bemessen. Ein Teil dieser Belohnung wird ausgeschüttet, der nicht ausgeschüttete Teil wird einem Konto gutgeschrieben. Zwischen Beurteilung und Ausschüttung von Teilen der Belohnung und dem Arbeitsverhalten besteht damit ein enger zeitlicher Zusammenhang, so dass von einer stärkeren Anreizwirkung ausgegangen werden kann. Nach einem vorgegebenen Rhythmus von z. B. vier Planperioden wird das Arbeitsverhalten während dieser vier Planperioden beurteilt. Auf der Grundlage dieser Bewertung werden die gutgeschriebenen Teile der Belohnung vollständig oder teilweise ausgeschüttet, die Ausschüttung unterbleibt, sofern die geforderte Performance nicht erbracht worden ist (vgl. Abb. 9.8). Bei Regelungen dieser Art ist zu klären, wie mit gutgeschriebenen Teilen der Belohnungen umzugehen ist, wenn der Bereichsleiter die Unternehmung verlässt (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 920). 1 2 3 4 Konto Belohnung Periode 4 Abb. 9.8: Verzögerte Ausschüttung nach periodenübergreifender Bewertung <?page no="427"?> 9.1 Kennzeichnung von Anreizsystemen 427 Anforderungen an ein Anreizsystem Belohnungen, die durch ein Anreizsystem für eine bestimmte Performance und das Befolgen allgemein akzeptierter Verhaltensregeln in Aussicht gestellt und gewährt werden, sollen das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter an den Unternehmungszielen ausrichten. Um den Zusammenhang zwischen Belohnung, Arbeitsverhalten und Unternehmungsziel herzustellen, sollten die Elemente eines Anreizsystems, d. h. die Bemessungsgrundlage, die Bemessungsmethode sowie die Belohnungen, mehreren Anforderungen genügen. Abb. 9.9 nennt diese Anforderungen, die als Hauptanforderungen an ein Anreizsystem bezeichnet werden. Komponente Hauptanforderungen an ein Anreizsystem Belohnung Aktivieren von Bedürfnissen und Motiven der Begünstigten Bemessungsgrundlage Controllability Anreizkompatibilität Bemessungsmethode Wesentlichkeit der Belohnung Abb. 9.9: Hauptanforderungen an ein Anreizsystem Die Forderung nach Anreizkompatibilität verlangt, dass ein Bereichsleiter nur dann eine Belohnung erhält, wenn sein Arbeitsverhalten den Erreichungsgrad der Unternehmungsziele erhöht (vgl. Laux/ Liermann (2005), S. 510). Zudem sollten sich die Werte dieser Beurteilungsgrößen bei zielentsprechendem Arbeitsverhalten in die eine Richtung, bei unerwünschten Verhaltensweisen in die andere Richtung verändern. Es sind deshalb Beurteilungsgrößen zu wählen, die über Instrumentalrelationen mit den Unternehmungszielen verbunden sind. Ein Bereichsleiter wird seine Belohnung nur dann als gerecht empfinden, wenn der Einfluss seines Arbeitsverhaltens auf die Bemessungsgrundlage eindeutig festliegen. Das verlangt, dass die Bemessungsgrundlage der Forderung der engsten Fassung des Prinzips der Controllability genügt, d. h. der Forderung nach der Ausschließlichkeit ihrer Beeinflussbarkeit durch den Bereichsleiter (vgl. Troßmann (2018), S. 242 f.). Nach diesem Prinzip sollte die Bemessungsgrundlage frei von Bereichsgemeinkosten und unabhängig von nicht kontrollierbaren Faktoren mit Einfluss auf die Zielerreichung sein, wie z. B. von der Entwicklung der Unternehmungsumwelt und dem Arbeitsverhalten der Bereichsleiter anderer Verantwortungsbereiche (vgl. Atkinson (2002), Sp. 1381 f.). Wird dem Prinzip der Controllability entsprochen, werden Bereichsleiter Informationen über Bereichsgemeinkosten und nicht kontrollierbare Faktoren nicht auswerten und bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigen. Sie werden deshalb auch nicht auf Veränderungen bei den Bereichsgemeinkosten und den nicht kontrollierbaren Faktoren reagieren. Auch wenn die Bereichsleiter die Bereichsgemeinkosten und die nicht kontrollierbaren Faktoren nicht oder nur begrenzt beeinflussen können, haben sie dennoch die Möglichkeit, durch ihr Arbeitsverhalten die Wirkungen von Veränderungen bei diesen Aspekten auf das Erreichen der Unternehmungsziele zu beeinflussen (vgl. Riegler (2000), S. 164). Das Prinzip der Controllability kann damit in einer konfliktären Beziehung zur Forderung nach Anreizkompatibilität stehen. <?page no="428"?> 428 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Informationsökonomische Analysen zeigen, dass auch die Wirkungen der Bereichsgemeinkosten und der nicht kontrollierbaren Faktoren in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden sollten, sofern sie über das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters informieren. Für die Beurteilung der Eignung einer Beurteilungsgröße für die Bemessungsgrundlage des Anreizsystems maßgebend sollte deshalb nicht die engste Fassung des Prinzips der Controllability sein, sondern der Informationsgehalt für die Beurteilung des Arbeitsverhaltens. Das Prinzip der Controllability sollte deshalb durch das Prinzip der Informativeness ersetzt werden (vgl. Reichelstein (2002), Sp. 1705). Damit ein Bereichsleiter sein Arbeitsverhalten an den Beurteilungsgrößen ausrichtet, sollte die Belohnung wesentlich sein. Das verlangt, dass bei Anpassung des Arbeitsverhaltens eine spürbar veränderte Belohnung gewährt wird (vgl. Riegler (2000), S. 167). Abhängig ist die Wesentlichkeit der Belohnung vom Verlauf der Belohnungsfunktion innerhalb des Anreizintervalls. Maßgeblich für die Wesentlichkeit ist auch die Bedeutung, die der Bereichsleiter dem Motiv beimisst, das durch die Belohnung aktiviert wird. Die Wesentlichkeit kann damit auch durch den Wechsel zu einer anderen Art der Belohnung gesteigert werden, die ein anderes und für den Bereichsleiter wichtigeres Motiv aktiviert (vgl. Troßmann (2018), S. 249). Neben die in Abb. 9.9 genannten Hauptanforderungen an ein Anreizsystem, die für den Wirkungszusammenhang zwischen Belohnung, Arbeitsverhalten und Unternehmungsziel maßgebend sind, treten Durchführungsanforderungen (vgl. Troßmann (2018), S. 242, 249). Zweck der Durchführungsanforderungen ist es, die Akzeptanz und die Anreizwirkungen des Anreizsystems sicherzustellen. Zu diesen Anforderungen zählen die intersubjektive Überprüfbarkeit der Bemessung einer Belohnung, die Transparenz des Anreizsystems, die Absicherung gegen Kollusion sowie der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Arbeitsverhalten und Belohnung. Die intersubjektive Überprüfbarkeit eines Anreizsystems ist gegeben, wenn Begünstigte und jede andere sachkundige Person bei der Bemessung der Belohnung für ein realisiertes Arbeitsverhalten zu identischen Ergebnissen gelangen. Das verlangt zum einen, dass die Beurteilungsgrößen operational definiert sind, die Werte der Beurteilungsgrößen eindeutig gemessen werden können und die Ergebnisse dieser Messung bekannt sind. Zum anderen ist eine Belohnungsfunktion erforderlich, die den Zusammenhang zwischen den ermittelten Werten der Bemessungsgrundlage und der Belohnungshöhe eindeutig festlegt. Ein Anreizsystem, das die subjektive Festsetzung der Belohnung durch die Unternehmungsleitung vorsieht, genügt nicht der Forderung nach intersubjektiver Überprüfbarkeit. Unter der Forderung nach Transparenz wird verstanden, dass die Bereichsleiter die Wirkungsweise des Anreizsystems verstehen, d. h., die Bereichsleiter kennen die Merkmale desjenigen Arbeitsverhaltens, für das eine Belohnung gewährt wird. Bei fehlender oder lückenhafter Kenntnis der Wirkungsweise kann das Anreizsystem zu dysfunktionalem Arbeitsverhalten motivieren. Bei Implementierung eines Anreizsystems sind deshalb die Beurteilungsgrößen, ihre Berechnung, die Quellen der Daten zu ihrer Berechnung sowie der Aufbau der Bemessungsgrundlage und der Belohnungsfunktion klar zu kommunizieren (vgl. Riegler (2000), S. 167). <?page no="429"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 429 Kollusion (von lateinisch collusio, „geheimes Einverständnis“) ist eine betrügerische Absprache, d. h. das unerlaubte Zusammenwirken mehrerer Personen mit der Absicht, einen Dritten zu schädigen. Ein Anreizsystem ist gegen Kollusion abgesichert, wenn es den Bereichsleitern nicht möglich ist, die Summe aller ausgeschütteten Belohnungen allein durch Absprachen ohne jede Veränderung ihres Arbeitsverhaltens zu erhöhen (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 49). Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme Überblick über Ansätze für Anreizsysteme Anreizsysteme für die Koordination durch Budgets oder Zielvorgaben haben zwei Funktionen. Sie sollen Bereichsleiter zur Steigerung ihrer Performance sowie zur unverzerrten Berichterstattung motivieren. Indem Bereichsleiter bei der Investitionsbudgetierung zur unverzerrten Berichterstattung motiviert werden, sollen Fehlentscheidungen der Unternehmungsleitung bei der Allokation der Investitionsmittel verhindert werden. Wird die unverzerrte Berichterstattung für die Planung und Kontrolle von Betriebsbudgets oder Zielvorgaben gesichert, werden Effektivitäts- und Effizienzverluste in den Verantwortungsbereichen vermieden. Für Anreizsysteme mit diesen Funktionen sind mehrere Ansätze vorgeschlagen worden. Nach dem Anwendungsbereich können die Ansätze in zwei Gruppen gegliedert werden: 13 Ansätze für Anreizsysteme zur Einflussnahme auf das Arbeitsverhalten bei Vorgabe von Investitionsbudgets: − Groves-Schema − Profit-Sharing-Schema Ansätze für Anreizsysteme zur Einflussnahme auf das Arbeitsverhalten bei Vorgabe von Betriebsbudgets oder Zielen: − Weitzman-Schema − Ansatz nach Osband und Reichelstein Diese Ansätze geben lediglich die Struktur der Bemessungsgrundlage und der Belohnungsfunktion vor. Die Art der Belohnung und die Beurteilungsgrößen werden nicht präzisiert und die Parameter der Belohnungsfunktion nicht quantifiziert. Für die Beurteilung dieser Ansätze sind damit nur die Anforderungen an die Bemessungsgrundlage und die Forderung nach Kollusionsfreiheit relevant, die von der Struktur der Bemessungsgrundlage bestimmt wird. Im Folgenden soll beurteilt werden, inwieweit die Ansätze zur Performance-Steigerung und zur unverzerrten Berichterstattung motivieren und gegen Kollusion abgesichert sind. Weiterhin wird analysiert, ob der Wert der Bemessungsgrundlage (Prinzip der Controllability) von nicht kontrollierbaren Faktoren abhängig ist oder ausschließlich durch das Arbeitsverhalten der Bereichsleiter bestimmt wird. 13 vgl. Groves/ Loeb (1979); Weitzman (1976); Reichelstein/ Osband (1984), Osband/ Reichelstein (1985), Reichelstein (1992) <?page no="430"?> 430 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Anreizsysteme bei Vorgabe von Investitionsbudgets Merkmale der Anwendungssituation Der Anwendungsbereich von Anreizsystemen für die Investitionsbudgetierung lässt sich durch die folgenden drei Merkmale beschreiben: Iterative Budgetierung Die Bereichsleiter sind über die Erarbeitung von Investitionsanträgen für ihren Verantwortungsbereich an der Erstellung der Investitionsbudgets beteiligt. Restriktionenverbund Der Bedarf der Verantwortungsbereiche an Investitionsmitteln übersteigt die verfügbaren Investitionsmittel. Zwischen den Entscheidungen der Unternehmungsleitung über die Investitionsvorhaben der Verantwortungsbereiche besteht damit ein Ressourcenverbund. Verhaltensinterdependenzen Bereichsleiter haben gegenüber der Unternehmungsleitung Informationsvorteile und verfolgen ihre individuellen Ziele, d. h., es liegen Verhaltensinterdependenzen vor. Der Prozess der iterativen Investitionsbudgetierung und der Bemessung einer Belohnung läuft in mehreren Phasen ab: Nach Vorgabe der Budgetrichtlinien durch die Unternehmungsleitung planen die Bereichsleiter ihre Investitionsvorhaben. Für jedes geplante Investitionsvorhaben wird ein Investitionsantrag erarbeitet, der Angaben zum erwarteten Investitionsmittelbedarf, dem prognostizierten Bereichsergebnis sowie den Annahmen enthält, die den Prognosen zugrunde liegen. Durch Manipulation der Daten in den Investitionsanträgen kann der Bereichsleiter seine Investitionsvorhaben vorteilhafter darstellen als sie tatsächlich sind. Werden manipulierte Investitionsanträge bewilligt, werden aufgrund des Restriktionenverbunds vorteilhaftere Investitionsanträge anderer Verantwortungsbereiche abgelehnt. Die nicht optimale Verteilung der Investitionsmittel hat zur Folge, dass ein mit den verfügbaren Investitionsmitteln grundsätzlich erreichbares Unternehmungsergebnis nicht realisiert wird. Das Ausmaß der Fehl-Allokation ist vom Spielraum der Bereichsleiter für Datenmanipulationen in seinen Investitionsanträgen abhängig. Wird mit dem Investitionsbudget ein Kapitalwertziel vorgegeben, wird der Spielraum für Datenmanipulationen durch folgende Faktoren bestimmt (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 904 f.): den Umfang qualitativer Angaben im Investitionsantrag (z. B. Angaben zur Flexibilität oder zu Umweltwirkungen) die Nutzungsdauer des Investitionsobjekts Mit der Länge der Nutzungsdauer des Investitionsobjekts nimmt die Unsicherheit über die finanziellen Wirkungen des Investitionsvorhabens zu. Dadurch wird es einfacher, die für das Investitionsvorhaben zu prognostizierenden Zahlungsreihen zu manipulieren. den Kalkulationszinssatz Mit dem Kalkulationszinssatz steigt der verzerrende Einfluss von Auszahlungen/ Einzahlungen, die in Richtung Ende/ Anfang der Nutzungsdauer des Investitionsobjekts verschoben werden. <?page no="431"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 431 die Bedeutung der Einzahlungen gegenüber den Auszahlungen Bestimmungsfaktoren der Auszahlungen liegen vielfach im Einflussbereich der Unternehmung. Für Auszahlungen sind deshalb genauere Prognosen möglich als für Einzahlungen, für die nur Absatz- und Umsatzerwartungen ausgewertet werden können. Die Prognose von Einzahlungen bietet deshalb größere Freiräume für die Manipulation von Daten in Investitionsanträgen. Die Investitionsanträge werden an die Unternehmungsleitung übermittelt. Sie entscheidet über die Investitionsanträge, d. h. über die Verteilung der knappen Investitionsmittel auf die Verantwortungsbereiche, und gibt die Investitionsbudgets vor. Die Bereichsleiter nutzen die bewilligten Investitionsmittel zur Umsetzung ihrer genehmigten Investitionsvorhaben, um die mit den Investitionsbudgets vorgegebenen finanziellen Bereichsziele zu realisieren. Am Ende der Planperiode wird das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters während der Planperiode durch die Bemessungsgrundlage abgebildet und mit der Belohnungsfunktion die Höhe der Belohnung bestimmt. Anreizsysteme nach dem Groves-Schema Das Groves-Schema sieht ein aus realisierten und berichteten Bereichsergebnissen aller Verantwortungsbereiche ermitteltes Unternehmungsergebnis als Beurteilungsgröße vor. In die Bemessungsgrundlage einer Belohnungsfunktion zur Bemessung der Belohnung des Leiters eines Verantwortungsbereichs i gehen ein: das realisierte Bereichsergebnis seines Verantwortungsbereichs und die Summe der Bereichsergebnisse aller anderen Verantwortungsbereiche, die von den jeweiligen Bereichsleitern für die tatsächlich bewilligten Investitionsmittel berichtet worden sind. Neben der mit einem Faktor gewichteten Bemessungsgrundlage geht ein fixer Belohnungsbestandteil in die Belohnungsfunktion ein. Nach dem Groves-Schema weist die Belohnungsfunktion die folgende Struktur auf (vgl. z. B. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 778): i 0i i ir i jp j) i j Bemessungsgrundlage J 0i i ir i ip i jp j j 1 Bemessungsgrundlage B B [ E ( m ) E ( m ] B [ E ( m ) E ( m ) E ( m )] ≠ = = + α ⋅ + = + α ⋅ − + ∑ ∑ B i = Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, B 0i = fixer Bestandteil der Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, E ir (m i ) = realisiertes Bereichsergebnis des Verantwortungsbereichs i bei Bewilligung von Investitionsmitteln in Höhe von m i , E jp (m j ) = berichtetes Bereichsergebnis des Verantwortungsbereichs j (j = 1, ..., J) für die bewilligten Investitionsmittel in Höhe von m j , α i = Gewichtungsfaktor des Verantwortungsbereichs i (0 ≤ α i ≤ 1). Die Umstellung des Ausdrucks für die Bemessungsgrundlage zeigt, dass sie aus dem um die Differenz zwischen dem realisierten und dem für die bewilligten Investitions- <?page no="432"?> 432 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen mittel berichteten Bereichsergebnis des Verantwortungsbereichs i korrigierten Unternehmungsergebnis besteht. Beim Unternehmungsergebnis handelt es sich um die Summe der Bereichsergebnisse aller Verantwortungsbereiche, die von den Bereichsleitern für die bewilligten Investitionsmittel berichtet worden sind. Bei optimistischer Berichterstattung über die Investitionsvorhaben seines Verantwortungsbereichs wird dem Bereichsleiter ein höheres Investitionsbudget bewilligt. Mit den zusätzlichen Investitionsmitteln kann ein höheres Bereichsergebnis mit positiven Wirkungen auf die Höhe der Belohnung realisiert werden. Die zu optimistische Berichterstattung hat zur Folge, dass vorteilhaftere Investitionsvorhaben anderer Verantwortungsbereiche nicht bewilligt werden. Die berichteten Bereichsergebnisse dieser nicht bewilligten Investitionsvorhaben fehlen im zweiten Term der Bemessungsgrundlage. Die damit verbundene Verringerung der Bemessungsgrundlage kann nicht durch die Erhöhung des Bereichsergebnisses kompensiert werden, da ein weniger vorteilhaftes zulasten eines vorteilhafteren Investitionsvorhabens bewilligt wird. Berichtet der Bereichsleiter pessimistisch, werden Investitionsvorhaben anderer Verantwortungsbereiche bewilligt, die weniger vorteilhaft sind. Die Summe der für die bewilligten Investitionsmittel berichteten Bereichsergebnisse nimmt damit zu. Diese Zunahme kann jedoch die Abnahme des realisierten Bereichsergebnisses des Bereichsleiters i nicht ausgleichen, da durch die pessimistische Berichterstattung vorteilhafte Investitionsvorhaben nicht bewilligt, Investitionsvorhaben anderer Verantwortungsbereiche jedoch bewilligt werden, die weniger vorteilhaft sind. Die höchste Belohnung erzielt der Bereichsleiter damit bei unverzerrter Berichterstattung (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 910 f.). Berichten andere Bereichsleiter optimistisch, profitiert Bereichsleiter i von den zu hoch berichteten Bereichsergebnissen anderer Verantwortungsbereiche im zweiten Term der Bemessungsgrundlage. Vorteilhaftere Investitionsvorhaben seines Verantwortungsbereichs werden jedoch nicht bewilligt, so dass sein realisiertes Bereichsergebnis sinkt. Berichtet auch der Bereichsleiter i optimistisch, kann er ein höheres Bereichsergebnis realisieren. Der Anstieg des realisierten Bereichsergebnisses reicht jedoch nicht aus, den Wegfall der zu hoch bewerteten Investitionsvorhaben in der Summe der von den anderen Bereichsleitern berichteten Bereichsergebnisse zu kompensieren. Berichtet Bereichsleiter i dagegen pessimistisch, werden die zu optimistisch bewerteten Investitionsvorhaben anderer Verantwortungsbereiche bewilligt, die bei unverzerrter Berichterstattung des Bereichsleiters i nicht bewilligt worden wären. Die Zunahme der Summe der von den anderen Bereichsleitern berichteten Bereichsergebnisse kann die Abnahme der realisierten Bereichsergebnisse durch den Wegfall der vorteilhafteren Investitionsvorhaben jedoch nicht kompensieren. Ein Bereichsleiter erzielt damit bei unverzerrter Berichterstattung auch dann die höchste Belohnung, wenn andere Bereichsleiter verzerrte Berichte übermitteln (vgl. Bamberg/ Trost (1998), S. 100 f.). Beispiel zum Groves-Schema Ein Bereichsleiter hat die Investitionsvorhaben A ‒ E geplant. In den anderen Verantwortungsbereichen der Unternehmung sind die Investitionsvorhaben 1 ‒ 7 geplant worden. Vereinfachend wird angenommen, dass alle Investitionsvorhaben Investitionsmittel in gleicher Höhe erfordern. Die verfügbaren Investitionsmittel reichen aus, um vier Investitionsvorhaben zu bewilligen und zu realisieren. Die <?page no="433"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 433 erwarteten und die berichteten Bereichsergebnisse zeigt die nachfolgende Tabelle. Die erwarteten Bereichsergebnisse sollen gleich den realisierten sein. Unverzerrte Berichterstattung des Bereichsleiters bei optimistischer Berichterstattung der anderen Bereichsleiter Auf der Grundlage der berichteten Bereichsergebnisse werden die Investitionsvorhaben D, E, 6 und 7 realisiert. Die Bemessungsgrundlage für die Belohnung des Bereichsleiters weist folgenden Wert auf: 108 + 110 + (110 + 112) = 440. Optimistische Berichterstattung des Bereichsleiters bei optimistischer Berichterstattung der anderen Bereichsleiter Berichtet der Bereichsleiter für Investitionsvorhaben C, D und E jeweils ein Bereichsergebnis von 112, werden die Investitionsvorhaben C, D, E und 7 bewilligt. Die Bemessungsgrundlage weist damit nur noch einen Wert von (105 + 108 + 110) + 112 = 435 auf. Pessimistische Berichterstattung des Bereichsleiters bei optimistischer Berichterstattung der anderen Bereichsleiter Berichtet der Bereichsleiter für Investitionsvorhaben D ein Bereichsergebnis von 106 und für Investitionsvorhaben E ein Bereichsergebnis von 109, werden die Investitionsvorhaben 5, E, 6 und 7 bewilligt. Die Bemessungsgrundlage weist damit einen Wert von 110 + (107 + 110 + 112) = 439 auf. Ein Bestandteil der Bemessungsgrundlage ist das realisierte Bereichsergebnis. Es ist Ausdruck der Performance des Bereichsleiters bei der Planung und Umsetzung seiner Investitionsvorhaben. Jede Steigerung seiner Performance erhöht die Belohnung des Bereichsleiters. Diese Aussage gilt auch für die Erhöhung des Bereichsergebnisses über das berichtete Bereichsergebnis hinaus. Eine Bemessungsgrundlage nach dem Groves-Schema motiviert die Bereichsleiter damit zur Performance-Steigerung (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 57). Neben dem realisierten Bereichsergebnis umfasst die Bemessungsgrundlage als weiteren Bestandteil die Summe der für die jeweils zugeteilten Investitionsmittel berichteten Bereichsergebnisse aller anderen Verantwortungsbereiche. Die Bemessungsgrundlage bildet damit nicht nur das Arbeitsverhalten des Bereichsleiters ab, sondern Bereichsleiter andere Verantwortungsbereiche Nr. erwartete Bereichsergebnisse Nr. erwartete Bereichsergebnisse berichtete Bereichsergebnisse A 101 1 100 102 B 103 2 100 104 C 105 3 100 106 D 108 4 100 106 E 110 5 100 107 6 100 110 7 100 112 <?page no="434"?> 434 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen auch die Art der Berichterstattung aller anderen Verantwortungsbereiche. Eine pessimistische Berichterstattung der anderen Bereichsleiter mindert die Belohnung des Bereichsleiters, eine optimistische Berichterstattung erhöht sie (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 912). Eine Bemessungsgrundlage nach dem Groves-Schema folgt damit nicht dem Prinzip der Controllability. Bereichsleiter können durch Absprachen höhere Belohnungen realisieren, ohne ihr Arbeitsverhalten zu verändern. Dazu müssen sich die Bereichsleiter verabreden, in ihren Investitionsanträgen höhere Bereichsergebnisse unter der Bedingung auszuweisen, dass sich die nach ihrer Vorteilhaftigkeit gebildete Rangfolge der Investitionsvorhaben aller Verantwortungsbereiche nicht verändert. Dadurch erhöht sich in der Bemessungsgrundlage die Summe der für die bewilligten Investitionsmittel berichteten Bereichsergebnisse. Die Summe der an die Bereichsleiter auszuschüttenden Belohnungen nimmt damit zu. Anreizsysteme nach dem Groves-Schema sind damit anfällig für Kollusion (vgl. Bamberg/ Trost (1998), S. 101 f.). Anreizsysteme nach dem Profit-Sharing-Schema Beim Profit-Sharing-Schema bildet wieder ein aus den Bereichsergebnissen aller Verantwortungsbereiche ermitteltes Unternehmungsergebnis die Beurteilungsgröße. Als Bemessungsgrundlage wird das realisierte Unternehmungsergebnis herangezogen. Ermittelt wird es als Summe der mit den bewilligten Investitionsmitteln realisierten Bereichsergebnisse aller Verantwortungsbereiche. Neben einem fixen Bestandteil wird ein Anteil an dem in dieser Weise ermittelten Unternehmungsergebnis als Belohnung gewährt. Die Belohnungsfunktion lautet damit wie folgt (vgl. Loeb/ Magat (1978), S. 112 f.): B i = B 0i + δ i ⋅ � E jr (m j ) J j=1 ������� Bemessungsgrundlage B i = Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, B 0i = fixer Bestandteil der Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, δ i = Anteil des Verantwortungsbereichs i am Unternehmungsergebnis, E jr (m j ) = realisiertes Bereichsergebnis des Verantwortungsbereichs j (j = 1, ..., J) bei Bewilligung von Investitionsmitteln in Höhe von m j . Eine optimistische oder pessimistische Berichterstattung eines Bereichsleiters über seine Investitionsvorhaben hat zur Folge, dass die Investitionsmittel nicht optimal auf die Verantwortungsbereiche verteilt werden. Das realisierte Unternehmungsergebnis bleibt damit unter dem mit den verfügbaren Investitionsmitteln möglichen Niveau. Damit fällt die Belohnung jedes Bereichsleiters geringer aus und nicht nur die Belohnung desjenigen Bereichsleiters, der nicht wahrheitsgemäß berichtet hat. Berichten andere Bereichsleiter optimistisch, werden Investitionsvorhaben anderer Verantwortungsbereiche, die weniger vorteilhaft sind, anstelle der vorteilhaften des betrachteten Bereichsleiters i bewilligt. Das realisierte Unternehmungsergebnis sinkt und damit auch die Belohnung des Bereichsleiters i. In dieser Situation kann er durch eine optimistische Berichterstattung erreichen, dass seine vorteilhafteren Investitionsvorhaben bewilligt werden und damit auch ein höheres Unternehmungsergebnis reali- <?page no="435"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 435 siert wird. Das bedeutet, bei verzerrter Berichterstattung anderer Bereichsleiter kann Bereichsleiter i seine Belohnung durch eine ebenfalls verzerrte Berichterstattung erhöhen. Da Investitionsmittel nur bei unverzerrter Berichterstattung aller Bereichsleiter optimal auf die Verantwortungsbereiche verteilt und die höchsten Belohnungen gewährt werden, motiviert ein Anreizsystem nach dem Profit-Sharing-Schema Bereichsleiter zur unverzerrten Berichterstattung (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 55). Mit dem realisierten Bereichsergebnis nimmt auch das Unternehmungsergebnis in der Bemessungsgrundlage und damit die Belohnung des Bereichsleiters zu. Ein Anreizsystem, das dem Profit-Sharing-Schema folgt, motiviert Bereichsleiter damit auch zur Performance-Steigerung (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 55). Anders als bei Anreizsystemen nach dem Groves-Schema erhöht sich bei Performance-Steigerungen eines Bereichsleiters auch die Belohnung aller anderen Bereichsleiter. Bereichsleiter erhalten damit auch bei minimaler Performance einen Anteil an den von den anderen Verantwortungsbereichen realisierten Bereichsergebnissen. Diese Free- Rider-Verhaltensweise kann beim Profit Sharing nicht verhindert werden (vgl. Troßmann (2018), S. 101 f.). Die Belohnung eines Bereichsleiters wird nach dem realisierten Unternehmungsergebnis bemessen. Ein Bereichsleiter hat keinen Einfluss auf die realisierten Bereichsergebnisse der anderen Verantwortungsbereiche, die Bestandteil des Unternehmungsergebnisses sind. Diese hängen ausschließlich vom Leistungsverhalten sowie der Berichterstattung der anderen Bereichsleiter ab. Das Profit-Sharing-Schema folgt damit nicht dem Prinzip der Controllability (vgl. Bamberg/ Trost (1998), S. 99 f.). Im Unterschied zum Groves-Schema werden im Profit-Sharing-Schema keine berichteten, sondern ausschließlich realisierte Bereichsergebnisse in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Absprachen, die ohne Veränderungen des Arbeitsverhaltens die insgesamt ausgeschütteten Belohnungen erhöhen, sind damit nicht möglich. Anreizsysteme nach dem Profit-Sharing-Schema sind damit gegen Kollusion abgesichert (vgl. Bamberg/ Trost (1998), S. 98 f.). Anreizsysteme bei Vorgabe von Betriebsbudgets und Zielen Anreizsysteme nach dem Weitzman-Schema Die Ansätze nach Weitzman sowie Osband/ Reichelstein für die Gestaltung von Anreizsystemen eignen sich für Situationen, in denen bei Verhaltensinterdependenzen Betriebsbudgets in einem iterativen Prozess geplant oder Zielvorgaben ausgehandelt werden. Die asymmetrische Informationsverteilung ermöglicht es Bereichsleitern, durch eine nicht wahrheitsgemäße oder unvollständige Berichterstattung Slacks zu bilden, um ihre individuellen Ziele zu verwirklichen. Slacks stören nicht nur die Koordinationsfunktion der Budgetierung, sondern sind auch für Effektivitäts- und Effizienzverluste in den Verantwortungsbereichen verantwortlich. Eine Funktion der Anreizsysteme nach diesen Ansätzen ist es deshalb, Bereichsleiter zu motivieren, unverzerrte Berichte an die Unternehmungsleitung zu übermitteln. Mit Anreizsystemen nach diesen Ansätzen sollen die Bereichsleiter weiterhin zur Steigerung ihrer Performance durch höhere Anstrengungen bei der Umsetzung der Vorgaben motiviert werden. <?page no="436"?> 436 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Entwickelt worden ist das Weitzman-Schema in der ehemaligen Sowjetunion, um Manager in der Planwirtschaft für die unverzerrte Berichterstattung an die zentrale Planung sowie für eine überdurchschnittliche Performance belohnen zu können. In marktwirtschaftlichen Unternehmungen werden Anreizsysteme nach dem Weitzman-Schema eingesetzt, um Außendienstmitarbeiter zu motivieren (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 773). Als Beurteilungsgröße sieht dieser Ansatz die als Performance- Maße verwendeten Budgetgrößen und Kennzahlen vor. In die Bemessungsgrundlage nach dem Weitzman-Schema gehen die realisierten und die berichteten Werte der Performance ein. Sie weist folgende Bestandteile auf: den berichteten Wert der Performance, die Abweichung zwischen realisiertem und berichtetem Wert der Performance sowie die Parameter zur Gewichtung dieser Werte. Die Belohnungsfunktion wird aus der Bemessungsgrundlage und einem fixen Bestandteil der Belohnung gebildet. Sie weist folgende Struktur auf, wobei für die Parameter zur Gewichtung der berichteten Performance und der Abweichung der berichteten von der realisierten Performance 0 < α < β < δ gilt. 0 i ip ir ip ir ip i 0 i ip ip ir ir ip B P ( P P ) für P P B B P ( P P ) für P P + β ⋅ + α ⋅ − ≥ = + β ⋅ − δ ⋅ − < B i = Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, B 0i = fixer Bestandteil der Belohnung des Leiters des Verantwortungsbereichs i, P ir = realisierte Performance des Verantwortungsbereichs i, P ip = berichtete Performance des Verantwortungsbereichs i. Bei optimistischer Berichterstattung über die Performance (P ir < P ip ) erhöht sich durch den Term β ⋅ P ip. der Wert der Bemessungsgrundlage. Da der optimistisch berichtete Wert für die Performance nicht realisiert werden kann, verringert der Term δ ⋅ (P ip − P ir ) den Wert der Bemessungsgrundlage. Die Bedingung β < δ für die Festlegung der Parameter stellt sicher, dass der Wert der Bemessungsgrundlage insgesamt abnimmt, die Belohnung bei optimistischen damit kleiner als bei unverzerrten Berichten ausfällt. Wird pessimistisch berichtet (P ir > P ip ), liegt die realisierte über der berichteten Performance. Aus der Bedingung α < β folgt, dass die Zunahme des zweiten Terms den durch die pessimistische Berichterstattung verringerten Wert des ersten Terms nicht kompensieren kann und der Wert der Bemessungsgrundlage abnimmt. Die höchste Belohnung kann nur bei unverzerrter Berichterstattung erreicht werden (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 773). Beispiel zum Weitzman-Schema Gegeben sei die folgende Belohnungsfunktion: ip ir ip ir ip i ip ip ir ir ip 120 0 , 5 P 0 , 35 ( P P ) für P P B 120 0 , 5 P 0 , 65 ( P P ) für P P + ⋅ + ⋅ − ≥ = + ⋅ − ⋅ − < Mit dieser Belohnungsfunktion wird für jede Kombination der in der Kopfspalte angegebenen realisierten und der in der Kopfzeile genannten berichteten Werte <?page no="437"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 437 für die Performance die Höhe der Belohnung ermittelt und in das zugehörige Feld der Matrix eingetragen: Die grau unterlegten Felder auf der Diagonale der Tabelle weisen die Belohnungen bei unverzerrter Berichterstattung (P ir = P ip ) aus. In jeder Zeile nimmt die Belohnung genau in diesem Feld den höchsten Wert an, d. h., bei jedem realisierten Wert für die Performance ist die Belohnung am höchsten, wenn der berichtete mit dem realisierten Wert der Performance übereinstimmt. Das Beispiel zeigt auch, dass die Belohnung für eine realisierte Performance umso geringer ausfällt, je weiter der berichtete Wert der Performance über oder unter dem realisierten liegt. Bilden die Berichte eine Grundlage für die Investitionsbudgetierung, motivieren Anreizsysteme nach dem Weitzman-Schema zu einer optimistischen und damit nicht wahrheitsgemäßen Berichterstattung. Eine optimistische Berichterstattung erhöht über den Term β ⋅ P ip den Wert der Bemessungsgrundlage. Es werden jedoch auch höhere Investitionsmittel bewilligt. Die höheren Investitionsmittel werden im Verantwortungsbereich genutzt, um zusätzliche Investitionsvorhaben umzusetzen. Diese haben zur Folge, dass anders als bei der Berichterstattung für die Planung von Betriebsbudgets oder Zielvorgaben bei optimistischer Berichterstattung auch der realisierte Wert der Performance zunimmt. Die Differenz im zweiten Term, der zu subtrahieren ist, fällt damit kleiner aus. Es stellt sich damit die Frage, ob der Wert der Bemessungsgrundlage und damit die Belohnung bei optimistischer Berichterstattung insgesamt sinkt oder steigt. Bei optimistischer Berichterstattung sei ∆ P ip die Differenz zwischen dem berichteten und dem erwarteten Wert der Performance, d. h. der Betrag, um den die Performance zu hoch berichtet wird. ∆ P ir sei der Betrag, um den der realisierte Wert der Performance durch die zusätzlich bewilligten Investitionsmittel steigt (vgl. Arbeitskreis „Finanzierung“ (1994), S. 918): Die optimistische Berichterstattung erhöht die Bemessungsgrundlage und damit die Belohnung, sofern β ⋅ ∆ P ip > δ ⋅ ( ∆ P ip − ∆ P ir ) gilt. P ip P ir 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 80 160 158,5 157 155,5 154 152,5 151 149,5 148 146,5 90 163,5 165 163,5 162 160,5 159 157,5 156 154,5 153 100 167 168,5 170 168,5 167 165,5 164 162,5 161 159,5 110 170,5 172 173,5 175 173,5 172 170,5 169 167,5 166 120 174 175,5 177 178,5 180 178,5 177 175,5 174 172,5 130 177,5 179 180,5 182 183,5 185 183,5 182 180,5 179 140 181 182,5 184 185,5 187 188,5 190 188,5 187 185,5 150 184,5 186 187,5 189 190,5 192 193,5 195 193,5 192 160 188 189,5 191 192,5 194 195,5 197 198,5 200 198,5 170 191,5 193 194,5 196 197,5 199 200,5 202 203,5 205 <?page no="438"?> 438 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Wird in diesem Ausdruck der realisierte Wert der Performance durch die relative Abweichung zwischen dem Zuwachs des berichteten und realisierten Werts der Performance ip ir ip ip P P x Pir (1 x) P P ∆ − ∆ = ⇔ ∆ = − ⋅ ∆ ∆ ersetzt, ergibt sich ip ip ip P P (1 x) P x x β β ⋅ ∆ > δ ⋅ ∆ − δ ⋅ − ⋅ ∆ ⇔ β > δ ⋅ ⇔ < δ Da 0 < β < δ gilt, gibt es für jede relative Abweichung, die zwischen 0 und 1 liegt, beliebig viele Werte für die Parameter β und δ , die bei optimistischer Berichterstattung zu einem Anstieg der Belohnung führen. Ein Anreizsystem nach dem Weitzman-Schema kann damit bei der Investitionsbudgetierung zu einer optimistischen Berichterstattung motivieren. In der Tabelle zur Belohnungsfunktion im Beispiel nimmt die Belohnung in jeder Spalte mit jeder Erhöhung des realisierten Wertes der Performance zu. Eine Erhöhung der realisierten Performance - auch über den berichteten Wert der Performance hinaus - führt zu einem Anstieg der Belohnung. Bereichsleiter werden damit auch zur Steigerung ihrer Performance durch eine erhöhte Anstrengung bei der Umsetzung der Vorgaben motiviert. Anreizsysteme nach dem Weitzman-Schema motivieren damit zur Erhöhung der Performance. In die Bemessungsgrundlage gehen keine berichteten oder realisierten Werte der Performance anderer Verantwortungsbereiche ein. Der Aufbau der Bemessungsgrundlage steht damit der Controllability durch den Bereichsleiter nicht entgegen. Das schließt jedoch nicht aus, dass die Bemessungsgrundlage eines Bereichsleiters über Sachsinterdependenzen zwischen den Entscheidungen verschiedener Verantwortungsbereiche von anderen Bereichsleitern beeinflusst werden kann. Mit dem berichteten Wert der Performance als Element der Bemessungsgrundlage besteht auch bei einem Anreizsystem nach dem Weitzman-Schema grundsätzlich die Gefahr der Kollusion. Absprachen zulasten der Unternehmungsleitung sind möglich, sofern der Parameter β in den Belohnungsfunktionen einzelner Bereichsleiter einen höheren Wert aufweist und die Bereichsleiter über innerbetriebliche Leistungsverflechtungen Teile der Performance (z. B. Bereichserfolg) zwischen den Verantwortungsbereichen verlagern können. Unter diesen Bedingungen können sich die Bereichsleiter absprechen, Teile ihres Bereichserfolgs auf Verantwortungsbereiche zu verlagern, für die eine Belohnungsfunktion mit einem hohen Wert des Parameters β vorgesehen ist, und eine höhere Belohnung über Seitenzahlungen untereinander aufzuteilen (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 51). Ansatz von Osband/ Reichelstein Ursprünglich ist der Ansatz von Osband/ Reichelstein entwickelt worden, um deutlichen Kostenüberschreitungen bei öffentlichen Aufträgen entgegenzuwirken (vgl. Reichelstein/ Osband (1984), S. 257). Anschließend ist dieser Ansatz in ein Anreizsystem für die Planung und Umsetzung von Betriebsbudgets und Zielvorgaben um- <?page no="439"?> 9.2 Beurteilung alternativer Ansätze für Anreizsysteme 439 formuliert worden. Als Beurteilungsgröße nutzt dieser Ansatz das Performance- Maß der Vorgabe des Verantwortungsbereichs. Bestandteile der Bemessungsgrundlage sind wie beim Weitzman-Schema der berichtete Wert der Performance und die Differenz aus realisiertem und berichtetem Wert der Performance. Zur Gewichtung dieser Elemente der Bemessungsgrundlage wird eine streng monoton steigende und strikt konvexe Funktion gebildet, die für jeden berichteten Wert der Performance einen gewichteten Wert dieser Größe für die Bemessungsgrundlage angibt. Mit dem fixen Bestandteil der Belohnung weist die Belohnungsfunktion eines Anreizsystems nach dem Ansatz von Osband/ Reichelstein die folgende Struktur auf (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 374): B i = B 0i + l(P ip ) + l ′ (P ip ) ⋅ (P ir − P ip ) ������������������� Belohnungsfunktion Die Abweichung des berichteten vom realisierten Wert der Performance wird mit dem Wert der ersten Ableitung der Funktion für den berichteten Wert der Performance gewichtet. Da die erste Ableitung der Funktion stets positiv ist, wird die gewichtete Abweichung addiert/ subtrahiert, wenn der realisierte den berichteten Wert der Performance übersteigt/ unterschreitet. Durch die Eigenschaften der Funktion wird ein hoher Wert der berichteten Performance stärker gewichtet als niedrigere Werte. Gleiches gilt für die Abweichung zwischen berichtetem und realisiertem Wert der Performance. Die Belohnungsfunktion nimmt ihr Maximum an, wenn P ip = P ir gilt, d. h., wenn Bereichsleiter unverzerrt über die Performance ihrer Verantwortungsbereiche berichten: i ip ip ir ip ip ip ip ir ip dB l '( P ) l ''( P ) P l ''( P ) P l '( P ) 0 dP P P = + ⋅ − ⋅ − = ⇔ = Bei der Investitionsbudgetierung wäre die realisierte Performance über die bewilligten Investitionsmittel vom berichteten Wert der Performance abhängig. Da dieser Einfluss in der Bemessungsgrundlage nicht abgebildet ist, motiviert das Anreizsystem bei der Investitionsbudgetierung nicht zur unverzerrten Berichterstattung. Das Anreizschema nach Osband/ Reichelstein ist für Situationen gestaltet worden, die durch Unsicherheit über die Performance und risikoneutrale Bereichsleiter gekennzeichnet sind. Es kann gezeigt werden, dass Bereichsleiter die höchste Belohnung erzielen, wenn sie unverzerrt den Erwartungswert der Performance ihres Verantwortungsbereichs berichten (vgl. Ewert/ Wagenhofer/ Rohlfing-Bastian (2023), S. 375). Beim Weitzman-Schema wird unter diesen Bedingungen dagegen über einen Wert berichtet, dessen Höhe von der Wahrscheinlichkeitsverteilung und den Werten der Parameter abhängt. Nur in Ausnahmen wird unverzerrt über den Erwartungswert der Performance berichtet (vgl. Kaplan/ Atkinson (1998), S. 774 f.). <?page no="440"?> 440 Teil 2: 9 Anreizsysteme für ergänzende Maßnahmen Pip Pir 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 80 114 113 110 105 98 89 78 65 50 33 90 130 131 130 127 122 115 106 95 82 67 100 146 149 150 149 146 141 134 125 114 101 110 162 167 170 171 170 167 162 155 146 135 120 178 185 190 193 194 193 190 185 178 169 130 194 203 210 215 218 219 218 215 210 203 140 210 221 230 237 242 245 246 245 242 237 150 226 239 250 259 266 271 274 275 274 271 160 242 257 270 281 290 297 302 305 306 305 170 258 275 290 303 314 323 330 335 338 339 Das folgende Beispiel zeigt die Belohnung, die sich aus einer Belohnungsfunktion für verschiedene Werte der berichteten und realisierten Performance ergibt. Es zeigt sich, dass die für einen realisierten Wert der Performance gewährte Belohnung am höchsten ist, wenn der realisierte mit dem berichteten Wert der Performance übereinstimmt, d. h. unverzerrt berichtet wird (grau unterlegte Felder auf der Diagonale). Beispiel zum Ansatz nach Osband/ Reichelstein Gegeben sei die folgende Belohnungsfunktion: i 2 ip ir ip ip 1 1 B 50 P P ( P P ) 100 50 = + ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ − Für diese Belohnungsfunktion ergeben sich die folgenden Werte für die Belohnung: Für einen berichteten Wert der Performance ergibt sich eine lineare Belohnungsfunktion, d. h., die Belohnung nimmt bei einem berichteten Wert der Performance bei steigendem Wert der realisierten Performance mit konstanter Steigung zu. Das Anreizschema nach Osband/ Reichelstein motiviert damit zur Steigerung der Performance. In die Belohnungsfunktion gehen keine Werte für die Performance der anderen Verantwortungsbereiche ein. Wie bei den Anreizsystemen nach dem Weitzman-Schema genügt die Bemessungsgrundlage der Forderung nach Controllability. Der Wert der Bemessungsgrundlage nimmt bei zunehmenden Werten der berichteten Performance überproportional zu. Ist es den Bereichsleitern möglich, über innerbetriebliche Lieferbeziehungen Teile der Performance (z. B. Bereichserfolg) zwischen den Verantwortungsbereichen zu verlagern, besteht auch bei Anreizsystemen nach Osband/ Reichelstein die Gefahr von Kollusion. Bereichsleiter können sich absprechen, Teile ihres Bereichserfolgs auf einige wenige Verantwortungsbereiche zu verlagern und die höheren Belohnungen über Seitenzahlungen untereinander aufzuteilen (vgl. Ossadnik/ Lange/ Morlock (1999), S. 53). <?page no="441"?> Literaturverzeichnis Adam, Dietrich: Planung und Entscheidung. 4. Aufl., Wiesbaden 1996. Ahn, Heinz: Effektivitäts- und Effizienzsicherung. Frankfurt/ M. u.a. 2003. Ahn, Heinz und Harald Dyckhoff: Zum Kern des Controlling: Von der Rationalitätssicherung zur Effektivitäts- und Effizienzsicherung. In: Controlling. Hrsg. von Ewald Scherm und Gotthard Pietsch. München 2004, S. 501-525. Anderson, Shannon W.: Managing Costs and Cost Structure throughout the Value Chain: Research on Strategic Cost Management. In: Handbook of Management Accounting Research. Band 2. 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Abweichungsbericht: Bericht, der nur dann erzeugt und übermittelt wird, wenn bei einer bestimmten Größe die Abweichung vom Soll-Wert die festgelegte Toleranzgrenze oder eine Veränderung den vorgegebenen Schwellenwert unter- oder überschreitet. Ad-hoc-Reporting: Sehr kurzfristige Erstellung und Bereitstellung individueller und bedarfsspezifischer Berichte. Administrationssysteme: Operative Informationssysteme, die den Güterverbrauch und die Güterentstehung im Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess der Unternehmung abbilden, dokumentieren und bewerten. Aufgabe ist die Verwaltung und Verarbeitung von Massendaten für die effektive und effiziente Erledigung von Routineaufgaben. Allgemein akzeptierte(n) Verhaltensregeln, Umgang mit: Erwünschtes Arbeitsverhalten, das über die im formalen Arbeitsvertrag festgelegten Pflichten hinausgeht, wie z. B. die Unterstützung von Kollegen bei arbeitsbezogenen Problemen, die Sorgfalt im Umgang mit dem Eigentum der Unternehmung sowie die Einbringung und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen (Dimension des Arbeitsverhaltens). Anreiz: Alle Merkmale einer Situation, die ein Motiv anregen können, indem sie Gelegenheiten oder Gefahren für das Erreichen eines mit dem Motiv verknüpften Ziels signalisieren. Anreizkompatibilität: Anforderung an ein Anreizsystem, die verlangt, dass ein Begünstigter nur dann eine Belohnung erhält, wenn er durch sein Arbeitsverhalten zur Erreichung der Unternehmungsziele beigetragen hat. Anreizsystem: Gesamtheit genereller Regelungen zu den positiven und negativen Anreizen, durch die das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter an den Unternehmungszielen ausgerichtet werden soll. Arbeitsverhalten: Verhalten des Mitarbeiters während der Zeit bei der Arbeit für die Unternehmung, für die er bezahlt wird. Arbeitsverhalten(s), Determinanten des: Sachverhalte, die für das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter maßgebend sind. Determinanten des Arbeitsverhaltens sind die situative Ermöglichung, das soziale Dürfen und Sollen, das persönliche Können und das individuelle Wollen. Arbeitsverhalten(s), Dimensionen des: Aspekte, nach denen verschiedene Formen des Arbeitsverhaltens abgegrenzt werden können. Zu den Dimensionen zählen <?page no="462"?> 462 Glossar das Leistungsverhalten und der Umgang mit allgemein akzeptierten Verhaltensregeln. Arbeitsverhalten, dysfunktionales: Arbeitsverhalten der Mitarbeiter, das dem Erreichen ihrer individuellen Ziele dient, der Erreichung der Unternehmungsziele jedoch schadet. Ausführungsentscheidung: Entscheidungsproblem, für das eine realisationsreife Handlung ausgewählt werden soll, d. h. eine Handlung, die ohne weitere Informationsgewinnungs- und Informationsverarbeitungsaktivitäten realisiert werden kann. Ausführungsplan: Pläne, die realisationsreif sind, d. h. so detailliert, dass die zur Realisation notwendigen Ressourcen und die auszuführenden Aktivitäten unmittelbar identifiziert werden können. Balanced Scorecard: Konzept für ein integriertes Performance-Measurement-System, das die Gliederung der Zielvorgaben in vier Perspektiven vorsieht. Diese Perspektiven sind die Finanzperspektive, die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive sowie die Lern- und Entwicklungsperspektive. Bedarfsbericht: Bericht, der auf Anforderung des Managements erstellt wird, um einen speziellen oder aktuellen Informationsbedarf zu decken. Belohnung: Gesamtheit der um Sanktionen verminderten positiven Anreize, die ein Anreizsystem dem Begünstigten für ein spezifiziertes Arbeitsverhalten in Aussicht stellt und gewährt. Belohnungsfunktion: Funktionale Beziehung zwischen dem für das realisierte Arbeitsverhalten festgestellten Wert der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Belohnung. Bemessungsgrundlage: Größe zur Erfassung des realisierten Arbeitsverhaltens des durch das Anreizsystem Begünstigten zur Festlegung der Höhe der Belohnung, die gewährt werden soll. Bemessungsmethode: Regelung eines Anreizsystems, die vorgibt, wie am Ende einer Periode die Höhe der um eine mögliche Sanktion verminderten Belohnung auf der Grundlage des für das tatsächliche Arbeitsverhalten ermittelten Wertes der Bemessungsgrundlage festgesetzt wird. Bereichsgemeinkosten, nicht kontrollierbare: Kosten für Leistungen, die für mehrere Geschäftsbereiche gemeinsam erbracht werden. Der abnehmende Bereichsleiter hat weder Einfluss auf die Menge der Leistung, für die diese Kosten anfallen, noch auf die Höhe der Kosten für diese Leistung. Bereichsleiter: Manager auf der mittleren und unteren Ebene der Managementhierarchie, denen die Leitungsbefugnisse für einen Verantwortungsbereich übertragen worden sind. Bericht: Informationen, die durch das Berichtswesen für eine spezifizierte Berichtsfunktion zusammengestellt, aufbereitet und übermittelt werden. Berichts- und Kontrollsysteme: Informationssysteme, die Daten aus den Administrations- und Dispositionssystemen extrahieren und zu Berichten mit Kontroll- und Steuerungsfunktion für das untere Management verarbeiten. <?page no="463"?> Glossar 463 Berichtswesen (Management Reporting): Institutionalisierte Prozesse für das Erzeugen und Übermitteln von Informationen in der Gestalt formaler Berichte für Manager mit dem Ziel, die Effektivität der Entscheidungsfindung und -koordination in der Unternehmung zu steigern. Betriebsbudget: Budget, das einem Verantwortungsbereich den Beitrag vorgibt, den er durch die Erstellung oder Verwertung des Leistungsprogramms zur Erreichung der im langfristigen Unternehmungsplan festgelegten finanziellen Ziele zu leisten hat. Betriebsbudgets sind u. a. das Umsatzbudget, das Produktionsbudget und das FuE-Budget. Beziehungszahl: Kennzahlen zu zwei verschiedenartigen, aber in einem sachlichen Zusammenhang stehenden Sachverhalten werden ins Verhältnis gesetzt, z. B. Stückkosten, Eigenkapitalrentabilität. Bottom-up-Planung: Verfahren der Planung bei sachlich-vertikaler Differenzierung der Planung. Es sieht vor, dass die Planung auf der untersten Ebene der Managementhierarchie beginnt und die Pläne, die auf einer Ebene der Managementhierarchie erstellt worden sind, auf der nächsthöheren Ebene abgestimmt und zu Bereichsplänen zusammengefasst werden. Budget: Schriftlich festgelegter Planwert einer monetären Budgetgröße, der einem Verantwortungsbereich für die Planperiode zur Umsetzung eines langfristigen Unternehmungsplans vorgegeben wird. Budget(s), Inputkomponente des: Ergänzung eines outcomebezogenen Budgets, die den für die Erreichung des Planwerts der Budgetgröße zulässigen Mitteleinsatz in der Form einer Restriktion oder eines Ziels vorgibt. Budget(s), Outputkomponente des: Ergänzung eines inputbezogenen Budgets, die den mit dem vorgegebenen Mitteleinsatz zu erzielenden Output in der Form einer verbalen Aufgabenbeschreibung, einer Restriktion oder eines Ziels vorgibt. Budget, ergebnisbezogenes: Budget mit einer monetären Budgetgröße für den Bruttoerfolg (z. B. Deckungsbeitrag, Nettoerlös). Budget, inputbezogenes: Budget mit einer monetären Budgetgröße für den Mitteleinsatz (z. B. Aufwand, Kosten). Sie geben einem Verantwortungsbereich den in der Periode zulässigen Mitteleinsatz vor. Budget, outcomebezogenes: Budget mit einer monetären Budgetgröße für das Marktergebnis (z. B. Ertrag, Erlös). Sie geben einem Verantwortungsbereich das in einer Periode zu erzielende Marktergebnis vor. Budgetierung: Prozess der Erstellung, Durchsetzung und Kontrolle von Budgets. Budgetierung, iterative: Auf der Grundlage der von den Budgetgebern vorgegebenen Budgetrichtlinien erstellen die Budgetnehmer Budgetentwürfe. In Budgetverhandlungen zwischen Budgetgeber und Budgetnehmer werden die Budgetentwürfe angepasst und vom Budgetgeber genehmigt. Budgetierung, progressive: Die Budgets werden von den Budgetnehmern erstellt. Die Budgetgeber verfügen nur über die Befugnis, Budgetrichtlinien vorzugeben. Budgetierung, retrograde: Die Budgets werden von den Budgetgebern erstellt. Die Budgetnehmer haben nur Anhörungsrechte. <?page no="464"?> 464 Glossar Budgetierungsverfahren: Legen fest, wie bei der Planung der Budgets vorgegangen werden soll, um die Planwerte zu bestimmen. Budgetrichtlinien: In der aktuellen Planperiode für den Verantwortungsbereich relevante Aussagen des langfristigen Unternehmungsplans, die den Budgetnehmern bei der progressiven und der iterativen Budgetierung zu Beginn des Budgetierungsprozesses von der Unternehmungsleitung vorgegeben werden. Business Intelligence & Analytics (BIA): Unternehmungsspezifisch konkretisierter IT-basierter Gesamtansatz zur Unterstützung aller Entscheidungen in der Unternehmung durch die Analyse von Daten verschiedener Formate aus verschiedenen Quellen zur Aufdeckung verborgener Zusammenhänge und von Entwicklungen, die bessere Einsichten in das eigene Geschäft und ein besseres Verständnis der Mechanismen relevanter Wirkungsketten ermöglichen. Cash Value Added (CVA): Wertorientierte Kennzahl für den Residualerfolg, die aus dem Cashflow Return on Investment (CFROI) hergeleitet wird. Cashflow Return on Investment (CFROI): Wertorientierte Kennzahl für die Rentabilität, die den um die ökonomische Abschreibung verminderten Brutto- Cashflow in Beziehung zum Bruttowert des Vermögens setzt. Berechnet werden diese Größen aus angepassten Daten des externen Rechnungswesens. Controlling: Gesamtheit der Aufgaben, die der Koordination differenzierter oder dezentralisierter Entscheidungen des Managements durch das Bereitstellen, Betreiben und Sichern von Koordinationssystemen sowie dem Sichern der Informationsversorgung des Managements dienen, um die Realisation der Unternehmungsziele zu gewährleisten. Controlling, Informationsversorgungsfunktion des: Sicherung der Versorgung des Managements mit Informationen, indem es den objektiven und den subjektiven Informationsbedarf des Managements, die Informationsnachfrage der Manager und das Informationsangebot des Informationsversorgungssystems in einem Ausmaß in Übereinstimmung bringt, das für die effektive und effiziente Entscheidungsfindung und -koordination erforderlich ist. Controlling, Koordinationsfunktion des: Sicherung der Entscheidungskoordination durch das Management auf allen Ebenen der Managementhierarchie, indem es Koordinationssysteme (präsituativ) bereitstellt und (situativ) betreibt, die den Koordinationsbedarf differenzierter und dezentralisierter Entscheidungen in einem für ein effektives und effizientes Management notwendigen Ausmaß dekken. Controlling-Aufgaben, systemgestaltende: Aufgaben des Controlling bei der Einführung und der Erhaltung eines effektiven und effizienten Koordinationssystems sowie der Entwicklung des (inhaltlichen) Informationsversorgungskonzepts und der Sicherstellung der informationstechnischen Umsetzung dieses Konzepts durch die Fachabteilungen. Controlling-Funktion: Klar umrissene Aufgabe des Controlling als Mittel zur Erfüllung einer betriebswirtschaftlichen Zwecksetzung. Controlling-Konzeption: Grundvorstellung zur Controlling-Funktion, die durch die spezifische Problemstellung des Controlling, den Ansatz zur Lösung dieser Problemstellung sowie die relevanten Unternehmungsziele klar abgegrenzt ist. <?page no="465"?> Glossar 465 Cost Center: Verantwortungsbereich, der mit Kompetenzen für Entscheidungen über den Prozess der Leistungserstellung ausgestattet und für die Wirtschaftlichkeit des Leistungserstellungsprozesses verantwortlich ist. Data Mart: Ausschnitt aus dem unternehmungsweiten zentralen Data Warehouse, der am Informationsbedarf und an der Informationsnachfrage eines Verantwortungs- oder Anwendungsbereichs ausgerichtet ist. Data Mining: Gruppe von Technologien und Anwendungen für die Identifikation bisher unbekannter Muster in den Daten des Data Warehouse. Data Warehouse: Ein von den Datenbeständen operativer Informationssysteme physikalisch getrenntes Informationssystem, das für alle Arten entscheidungsunterstützender IT-Systeme der Unternehmung einheitliche und konsistente zeitpunktbezogene Daten aus einem längeren Zeitraum themenbezogen bereithält. Data-Support-Systeme: Managementunterstützungssysteme, die das Management mit zeit- und sachgerechten Informationen in Form verdichteter und gefilterter Daten aus den operativen Informationssystemen und externen Datenquellen versorgen. Daten: Mit einer bestimmten Bedeutung versehene Zeichen. Decision-Support-System (DSS): Interaktive, IT-gestützte Systeme, die Manager in Planungs- und Entscheidungsprozessen mit Modellen zur Problemstrukturierung, Methoden zur Problemlösung und problembezogenen Daten bei der Lösung komplexer Entscheidungsprobleme mit Strukturdefekten unterstützen. Detailplan: Plan, der Angaben zu sachlichen und zeitlichen Einzelheiten der festgelegten Handlungen enthält. Dispositionssysteme: Operative Informationssysteme, die Mitarbeiter in den Funktionsbereichen bei regelmäßig zu treffenden Ausführungsentscheidungen zur Lösung gut strukturierter Entscheidungsprobleme mit Berechnungen oder Simulationen unterstützen. Double-Loop-Lernen: Ebene des Lernens, das der Korrektur der Pläne, Budgets oder Zielvorgaben sowie der gemeinsamen Ziele dient. DuPont-Kennzahlensystem: Definitionslogisches Kennzahlensystem mit dem Return on Investment als Spitzenkennzahl. Dürfen und Sollen, soziales: Wird durch die normativen, ethischen und organisatorischen Rahmenbedingungen geprägt, die das Handeln der Mitarbeiter im Unternehmen begrenzen oder lenken sollen ( Determinante des Arbeitsverhaltens). Economic Performance: Beitrag eines Verantwortungsbereichs, den er als unabhängige Unternehmung zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele erwirtschaften würde. Economic Value Added (EVA): Wertorientierte Kennzahl für den Residualerfolg der normalen Geschäftstätigkeit. Berechnet wird der EVA aus angepassten Daten des externen Rechnungswesens. Empire Building: Form dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter im Verwaltungsbereich, das auf den Ausbau oder zumindest die Erhaltung des Leistungsprogramms ihres Verantwortungsbereichs zielt. <?page no="466"?> 466 Glossar Entscheidung, Differenzierung der: Zerlegung des Entscheidungsproblems in mehrere Teilprobleme, über die getrennt entschieden wird. Entscheidung, horizontale Differenzierung der: Das Entscheidungsproblem einer durch vertikale Differenzierung geschaffenen Problemebene wird in gleichrangige Teilprobleme gegliedert. Entscheidung, sachliche Differenzierung der: Das Entscheidungsproblem einer durch vertikale Differenzierung geschaffenen Problemebene wird in gleichrangige Teilprobleme gegliedert, die Entscheidungen zu jeweils nur einem Teil der Verrichtungen oder Objekte verlangen, über die zur Lösung des Entscheidungsproblems der übergeordneten Problemebene zu entscheiden ist. Entscheidung, vertikale Differenzierung der: Das Entscheidungsproblem wird in Teilprobleme gegliedert, die eine Problemhierarchie bilden. Entscheidungen einer Ebene der Problemhierarchie werden durch die Entscheidungen zu den Entscheidungsproblemen der untergeordneten Problemebene detailliert. Entscheidung, zeitliche Differenzierung der: Das Entscheidungsproblem einer Problemebene wird in Teilprobleme aufeinanderfolgender Perioden innerhalb des Zeitraums gegliedert, über den sich das Entscheidungsproblem der übergeordneten Problemebene erstreckt. Entscheidungen, Dezentralisation von: Die Befugnisse für Entscheidungen der mittleren und unteren Ebene der Problemhierarchie werden an das mittlere oder untere Management übertragen. Entscheidungen, Zentralisation von: Die Entscheidungskompetenzen werden auf der obersten Ebene der Managementhierarchie konzentriert. Entscheidungsinterdependenzen: Sie bestehen zwischen zwei Entscheidungsproblemen, wenn bei gemeinsamer Entscheidungsfindung eine Handlung ausgewählt wird, mit der ein besseres Ergebnis erreicht werden kann als mit den bei getrennter Entscheidungsfindung ausgewählten Handlungen. Entscheidungskoordination: Abstimmung interdependenter Entscheidungen ( Entscheidungsinterdependenzen) hinsichtlich der gemeinsamer Ziele sowie das Ausrichten dezentraler Entscheidungen an diesen Zielen. Entscheidungskoordination, horizontale: Abstimmung differenzierter Entscheidungen hinsichtlich der gemeinsamen Ziele durch Einbeziehung der zwischen ihnen bestehenden Sachinterdependenzen in die Entscheidungsfindung. Entscheidungskoordination, vertikale: Ausrichten dezentraler Entscheidungen an gemeinsamen Zielen durch Abbau von Willens- und Könnensbegrenzungen, die Verhaltensinterdependenzen begründen können. Entscheidungsproblem: Es gibt mehrere, nicht gleichzeitig zu verwirklichende Handlungsmöglichkeiten, einen Ausgangszustand in einen angestrebten Endzustand zu überführen, von denen die zu realisierende nach Maßgabe von Zielen auszuwählen ist. Erfolgspotenzial: Aggregierte Gesamtheit der künftigen finanziellen Ergebnisse der Unternehmung. Ermöglichung, situative: Wird von hemmenden und begünstigenden äußeren Umständen der Arbeit geprägt ( Determinante des Arbeitsverhaltens). <?page no="467"?> Glossar 467 Etatdenken (Budgetverschwendung): Form dysfunktionalen Arbeitsverhaltens, das durch die Verschwendung der mit inputbezogenen Budgets bewilligten Ressourcen zum Ende der Planperiode gekennzeichnet ist. Executive-Information-System (EIS): Managementunterstützungssysteme mit der Aufgabe, Informationen für die strategische Planung und Kontrolle zu generieren und dem oberen Management bereitzustellen. Executive-Support-System (ESS): Kombination von Decision-Support-Systemen, die an die Anforderungen des oberen Managements angepasst sind, und Executive-Information-Systemen (EIS). Exzellenz, operative: Exzellenz durch Spitzenleistungen bei Produkten und Prozessen. Feinplan: Plan mit einem hohen Präzisionsgrad. Forecast, rollierendes: Verfahren der Budgetierung, das die regelmäßige Anpassung des Budgets durch Detaillierung des Budgets für die Folgeperiode und die Fortschreibung unter Verwendung von Informationen über die am Ende eines Prognosezeitraums konstanter Länge erwarteten Werte der Budgetgrößen vorsieht. Forecast, traditionelles: Verfahren der Budgetierung, bei dem regelmäßig nur die am Ende der Periode erwarteten Werte der Budgetgrößen prognostiziert werden. Fortschreibung eines Plans: Form der Anpassung eines Plans bei zeitlicher Differenzierung, die sich dadurch auszeichnet, dass für die Planperiode, die sich an den Planungszeitraum anschließt, ein neuer Plan erstellt wird. Die Fortschreibung bewirkt, dass die Länge des Planungszeitraums konstant bleibt. Fortschreibungsbudgetierung: Budgetierungsverfahren, bei dem das Budget einer Periode durch Anpassung des Budgets der Vorperiode an Veränderungen der Umwelt- und der Unternehmungsbedingungen hergeleitet wird. Führungsinformationssystem (FIS): Erzeugen Berichte für das obere Management. Gegenstromverfahren: Verfahren der Planung bei sachlich-vertikaler Differenzierung der Planung. Es sieht vor, die Top-down- und die Bottom-up-Planung zu kombinieren, um die Vorteile der beiden Ansätze zu verbinden und ihre Nachteile zu vermeiden. Gliederungszahl: Kennzahl, die über den Anteil von einem Ganzen informiert (z. B. Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital). Globalplan: Plan, der nur wenige Angaben zu zeitlichen und sachlichen Einzelheiten der festgelegten Handlungen enthält. Grobplan: Plan mit einem geringen Präzisionsgrad. Gruppenplanung: Verfahren der Planung bei sachlich-horizontaler Differenzierung der Planung. Sie sieht vor, dass die Planungsteilobjekte in Gruppen gegliedert werden. Die Planungsteilobjekte einer Gruppe werden parallel geplant. Die Planungsteilobjekte verschiedener Gruppen werden entweder sequentiell oder parallel geplant. Gruppenplanung, parallele: Verfahren der Gruppenplanung, bei dem die Planungsobjekte verschiedener Gruppen parallel geplant werden. <?page no="468"?> 468 Glossar Gruppenplanung, sequentielle: Verfahren der Gruppenplanung, bei dem die Planungsobjekte verschiedener Gruppen sequentiell geplant werden. Handlung: Bewusste, zielgerichtete Folge von Aktivitäten, durch die ein gegebener Zustand der Realität (Ausgangszustand) in einen veränderten Zustand (Endzustand) überführt wird. Hierarchiedynamik: Regelung des Planungssystems, die vorgibt, wie die Pläne der Planhierarchie über die Ebenen der Managementhierarchie hinweg erstellt, koordiniert, integriert und durchgesetzt werden. Hypercube: Erweitertes Konzept eines Tabellenkalkulationsblattes, das Daten zu einem Thema nach mehreren Dimensionen strukturiert. Indexzahl: Kennzahl, die über die Veränderung des Wertes einer Kennzahl gegenüber einem Basiswert dieser Kennzahl informiert. Als Beispiel kann der Umsatzindex als Quotient des Ist-Umsatzes der aktuellen Periode und des Ist-Umsatzes der Basisperiode genannt werden. Informationen: Der aus Daten gewonnene Zuwachs an zweckorientiertem Wissen. Informationsangebot: Die Gesamtheit der zu einem Zeitpunkt unmittelbar verfügbaren Informationen des formalen Informationssystems, der latent vorhandenen Informationen des informalen Informationssystems sowie der bis zu diesem Zeitpunkt zusätzlich beschaffbaren Informationen. Informationsasymmetrie: Bereichsleiter haben gegenüber der Unternehmungsleitung Informationsvorteile. Informationsbedarf: Die inhaltlich, qualitativ und quantitativ bezeichneten Informationen, die Manager in der Unternehmung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu einer festgelegten Zeit an einem bestimmten Ort benötigen. Informationsbedarf, objektiver: Gesamtheit der Informationen, die zur Erfüllung von Aufgaben unabhängig vom ausführenden Manager erforderlich sind. Informationsbedarf, subjektiver: Die von einem bestimmten Manager für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwendig und hinreichend erachteten Informationen. Informationsbedarfsanalyse: Ermittlung des Inhalts, der Menge und der Qualität derjenigen Informationen, die in einer bestimmten Position in der Managementhierarchie für die Bewältigung zugeordneter Entscheidungs- und Koordinationsaufgaben sowie für die Deckung der Informationsnachfrage des Managers in dieser Position hinreichend sind. Informationsbedarfsanalyse, angebotsorientierte Methoden der: Induktive Methoden der Informationsbedarfsanalyse, die als Informationsbedarf ein bereits vorhandenes, jedoch noch nicht systematisch genutztes Informationsangebot ermitteln. Informationsbedarfsanalyse, deduktive Methoden der: Methoden der Informationsbedarfsanalyse, die einen objektiven Informationsbedarf logisch oder hypothesenbasiert aus seinen Bestimmungsgrößen herleiten. Informationsbedarfsanalyse, induktive Methoden der: Methoden der Informationsbedarfsanalyse, die einen Informationsbedarf ohne Rückgriff auf die Bestimmungsgrößen des objektiven Informationsbedarfs ermitteln. <?page no="469"?> Glossar 469 Informationsbedarfsanalyse, nachfragerbasierte Methoden der: Induktive Methoden der Informationsbedarfsanalyse, mit denen ein subjektiver Informationsbedarf der Manager ermittelt wird. Informationsnachfrage: Die von den Managern bei der Ausführung ihrer Aufgaben verwendeten Informationen. Informationsstand: Teil des Informationsangebots eines Informationssystems, der mit einem Informationsbedarf und einer Informationsnachfrage übereinstimmt. Informationssystem, formales: Zweckorientiert und personenunabhängig gestaltetes und in Richtlinien dokumentiertes Informationssystem. Informationssystem, informales: Speicher, Dokumentationen, Archive und Datenquellen, die von Mitarbeitern beim Ausüben ihrer Aufgaben angelegt und genutzt werden. Der Inhalt ist nicht in Richtlinien dokumentiert und daher auch nicht allgemein bekannt. Informationssystem, operatives: Unterstützt alltägliche Geschäftsprozesse (z. B. Abrechnung, Disposition, Verwaltung) durch die Verarbeitung von Massendaten sowie Berechnungen und Simulationen für Ausführungsentscheidungen. Informationsversorgung, problemspezifische: Prozessunterstützende Controlling-Aufgaben zur Bereitstellung der in Entscheidungs- und Koordinationsprozessen benötigten Informationen, die über das Informationsangebot des formalen Informationssystems hinausgehen. Informationsversorgungskonzept: Zusammenfassung aller Anforderungen, denen ein zu gestaltendes Informationssystem zur Deckung des Informationsbedarfs des Managements genügen sollte. Informationsversorgungssystem: Teil des Informationssystems der Unternehmung mit der Funktion, den Informationsstand und die Informationsversorgung des Managements zu verbessern. Informationsteilsysteme sind die Berichtssysteme (Data-Support-Systeme) und die entscheidungsunterstützenden IT-Systeme (Decision-Support-Systeme, BI&A-Ansätze). Interdependenzen: Sie bestehen zwischen zwei Handlungen, wenn der Vollzug einer Handlung Einfluss auf das Ergebnis der anderen Handlung hat. Interdependenzen, dynamische: Interdependenzen zwischen den in Plänen aufeinanderfolgender Perioden festgelegten Handlungen. Interdependenzen, vertikale: Mittel-Zweck-Beziehungen (Instrumentalrelationen), die zwischen den in Plänen aufeinanderfolgender Ebenen einer Planhierarchie festgelegten Handlungen bestehen. Investitionsbudget: Budget, das die Verteilung der Investitionsmittel der Unternehmung auf die Verantwortungsbereiche für ihre Investitionsvorhaben zur Umsetzung des langfristigen Unternehmungsplans vorgibt. Investment Center: Verantwortungsbereich, der mit Kompetenzen für Entscheidungen über den Input, die Leistungserstellung, den Output und die Investitionen ausgestattet und für die Rentabilität des eingesetzten Kapitals oder den Residualerfolg verantwortlich ist. <?page no="470"?> 470 Glossar Kennzahl: Größe, die komprimiert in quantitativer Form über einen Sachverhalt informiert. Kennzahl, deskriptive: Kennzahl mit dem Zweck der benutzeradäquaten Bereitstellung von Informationen für die Planung und Kontrolle von Zielen, Handlungen und Vorgaben sowie für die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen der Managementhierarchie. Kennzahl, normative: Kennzahl, die als Vorgabe für Bereichsleiter, zur Messung des Zielbeitrags (Performance) der Unternehmung, der Bereiche, der Manager und der Mitarbeiter sowie als Beurteilungsgröße in den Bemessungsgrundlagen der Anreizsysteme genutzt wird. Kennzahlen, traditionelle: Periodenbezogene Erfolgs- und Rentabilitätsgrößen, die aus Daten des Rechnungswesens gebildet werden, sowie Kennzahlen zu einzelnen Bestandteilen dieser Größen, wie z. B. finanzielle Größen für den Güterverbrauch (z. B. Kosten, Aufwendungen) oder das Marktergebnis (z. B. Erlöse, Erträge). Kennzahlen, wertorientierte: Erfolgs- und Rentabilitätsgrößen, die aus Bestimmungsfaktoren des Shareholder Value mit dem Ziel gebildet werden, diejenigen Wirkungen der Entscheidungen möglichst vollständig zu erfassen, die Einfluss auf den Shareholder Value haben. Kennzahleninhalt: Sachverhalt, der durch die Kennzahl beschrieben wird, wie z. B. die Lieferbereitschaft. Kennzahlensystem: Eine Menge von Kennzahlen, die miteinander in Beziehung stehen oder sich ergänzen, um einen Sachverhalt vollständig zu erfassen. Kennzahlensystem, definitionslogisches: Kennzahlensystem mit einer Spitzenkennzahl oder wenigen Spitzenkennzahlen, aus denen durch mathematische Umformungen weitere Kennzahlen hergeleitet werden. Kennzahlensystem, empirisches: Kennzahlensystem mit Kennzahlen, bei denen es sich um Einflussgrößen der übergeordneten Kennzahlen handelt. Die Auswahl der Kennzahlen basiert auf Plausibilitätsüberlegungen oder der statistischen Auswertung empirischer Daten. Kennzahlensystem, mehrdimensionales: Kennzahlensystem mit monetären Kennzahlen zur Vorgabe und Messung der finanziellen Ziele eines Verantwortungsbereichs sowie nichtmonetären Kennzahlen als Performancemaße für die nichtfinanziellen Ziele der Unternehmung, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen direkt oder indirekt mit den finanziellen Zielen verbunden sind. Kennzahlenwert: Absolut- oder Verhältniszahl, die den Kennzahleninhalt einer Kennzahl beschreibt. Kernfelder: Tätigkeitsbereiche der Unternehmungen, in denen die finanziellen Ergebnisse erwirtschaftet werden. Es werden Produkte des Leistungsprogramms der Unternehmung auf Märkten mit geringem Wachstumspotential und mittelfristig stagnierenden oder sogar schrumpfenden Wachstumsraten angeboten. Kollusion: Absprachen zwischen mehreren Bereichsleitern mit der Absicht, die Summe aller ausgeschütteten Belohnungen ohne eine Veränderung des Arbeitsverhaltens zu erhöhen. <?page no="471"?> Glossar 471 Konfigurationsprozess: Gestaltung, Implementierung und regelmäßige Überprüfung und Sicherung eines modifizierten oder neuen Koordinationssystems. Können, persönliches: Fachkenntnisse des Mitarbeiters (Determinante des Arbeitsverhaltens). Kontrolle: Systematischer informationsverarbeitender Prozess zur Ermittlung, Beurteilung und Analyse erwarteter oder bereits eingetretener Planabweichungen durch den Vergleich des Normwertes mit dem zu kontrollierenden Wert einer Kontrollgröße. Kontrollobjekt: Aktivitäten oder Planbestandteile, die kontrolliert werden sollen. Kontrollsystem: Gesamtheit der generellen Regelungen zur Aufgabenverteilung und Aufgabenerfüllung bei der Kontrolle von Plänen, Budgets und Zielvorgaben, die zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Kontrollzeitpunkt: Zeitpunkt, zu dem Kontrollen durchgeführt werden sollen. Kontrollziele: Sach- und Formalziele, deren Realisation durch die Kontrolle gesichert werden soll. Koordination von Handlungen, horizontale: Abstimmung arbeitsteilig ausgeführter interdependenter Handlungen ( Interdependenzen) im Hinblick auf das Ziel der Unternehmung. Koordination von Handlungen, vertikale: Verringerung des Einflusses der individuellen Ziele auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter und Ausrichtung ihres Handelns an den Zielen der Unternehmung. Koordinationssystem: Gesamtheit der Regelungen, die den Ablauf der sich mehr oder weniger regelmäßig wiederholenden Steuerungsprozesse zur Sicherung der horizontalen und vertikalen Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen nach einheitlichen Prinzipien dauerhaft festlegen. Leistungsverhalten: Verhalten eines Mitarbeiters, das zum Vollzug der ihm zugewiesenen Aufgabe und zum Handlungsergebnis führt (Dimension des Arbeitsverhaltens). Lenkpreise: Verrechnungspreise, die in divisional organisierten Unternehmungen genutzt werden, um Entscheidungen in den Profit Centern über interne Lieferbeziehungen zu beeinflussen und horizontal zu koordinieren. Lenkpreis, zweistufiger: Das abnehmende Profit Center wird mit den variablen Stückkosten des Zwischenprodukts und einem periodischen Betrag belastet, der sich aus einem Anteil der fixen Kosten des liefernden Profit Centers und einem Gewinnzuschlag zusammensetzt. Lenkpreissystem, duales: Lenkpreissystem, das für die liefernden und abnehmenden Profit Center unterschiedliche Lenkpreise vorsieht. Lenkpreissystem: Gesamtheit der Regelungen zur Ermittlung der Lenkpreise für die Bewertung der Lieferbeziehungen zwischen den Profit Centern in divisional organisierten Unternehmungen. Lenkpreissysteme, Dilemma der: Die Lenkungs- und die Erfolgszuweisungsfunktion der Lenkpreise können nicht gemeinsam erfüllt werden, sofern zwischen den <?page no="472"?> 472 Glossar Entscheidungen des liefernden und des abnehmenden Profit Centers über die internen Lieferbeziehungen Sachinterdependenzen bestehen. Management Accounting: Versorgung des Managements mit finanziellen und nichtfinanziellen Informationen für die Entscheidungsfindung und das Management Control. Management Control: Übergreifende Managementfunktion, die der Koordination des Handelns der Manager der mittleren und unteren Hierarchieebenen durch Einsatz und Nutzung von Systemen dient, die das Handeln dieser Manager an den Zielen und Strategien der Unternehmung ausrichten sollen. Management, mittleres: Erhält Anweisungen von einer übergeordneten Managementebene und erteilt Mitarbeitern Anweisungen, die ebenfalls dem Personenkreis des Managements angehören (Bereichsleiter). Management, oberes: Erteilt Anweisungen, ihm werden jedoch keine Anweisungen erteilt (Unternehmungsleitung, Geschäftsführung, Vorstand). Management, unteres: Erhält Anweisungen von einer übergeordneten Managementebene und weist nur Mitarbeiter auf der Ausführungsebene der Unternehmung an (Gruppenleitung, Werkstattleitung). Management: Gesamtheit der Aufgaben zur Festlegung von Zielen und zur Sicherstellung der Zielerreichung durch Mitarbeiter und mit Mitarbeitern in einem arbeitsteilig ausgeführten Unternehmungsprozess. Managementhierarchie: Entsteht durch die Delegation von Leitungsbefugnissen an Mitarbeiter. Managementinformationssystem (MIS): Managementunterstützungssysteme für die mittlere Ebene der Managementhierarchie. Sie verarbeiten Daten aus den operativen Informationssystemen, um Informationen über die Ergebnisse der Verantwortungsbereiche und ihre Entwicklung zu generieren. Managementunterstützungssystem (MUS): Informationssysteme, die das Management unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik unterstützen. Managerial Performance: Teil des Beitrags eines Verantwortungsbereichs zur Erreichung der finanziellen Unternehmungsziele, der vom Bereichsleiter zu verantworten ist. Maßnahmen, ergänzende: Maßnahmen, die ergriffen werden, um Bereichsleiter zu bewegen, die Vorgaben zur horizontalen und vertikalen Entscheidungskoordination einzuhalten oder zu erreichen. Masterbudget: Zusammenfassung der Planwerte der Betriebs- und der Investitionsbudgets einer Planperiode in einem Erfolgsbudget, einem Finanzbudget und einer Planbilanz. Motiv: Klasse von Zielen, die einen zeitlich stabil positiv bewerteten Zustand beschreiben, für dessen Erreichen die Person bereit ist, in bestimmten Situationen Handlungen vorzunehmen. Motivation: Momentane aktivierende Ausrichtung auf einen Zielzustand, die entsteht, wenn in einer Situation ein Motiv der Person durch einen Anreiz aktiviert <?page no="473"?> Glossar 473 wird. Sie bezeichnet die Absicht der Person, zur Erreichung des Zielzustands zu handeln. Motivation, extrinsische: Diese Form der Motivation entsteht, wenn ein Motiv der Person durch eine Ergebnisfolge aktiviert wird, z. B. eine erwartete Beurteilung oder eine vertragsgemäße Belohnung. Motivation, instrinsische: Diese Form der Motivation entsteht, wenn ein Motiv durch die positive Reaktion der Person auf die Handlung selbst oder das Handlungsergebnis aktiviert wird. Diese Reaktion kann als Interesse, Neugierde oder Erfüllung positiver Herausforderungen empfunden werden. Myopia-Effekt: Form dysfunktionalen Arbeitsverhaltens der Bereichsleiter, das durch die kurzfristige Ergebnisoptimierung unter Vernachlässigung der Folgen für die Entwicklung der Ergebnisse künftiger Perioden gekennzeichnet ist. Nettoerlös: Differenz aus den Erlösen und den Kosten der Leistungsverwertung. Nutzungsprozess: Der bei Nutzung eines Koordinationssystems jährlich oder in kürzeren Zeitabständen zu durchlaufende Prozess der Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben für die Verantwortungsbereiche. OLAP (Online Analytical Processing): Gruppe von Technologien und Anwendungen zur schnellen, interaktiven, hypothesengestützten Auswertung großer, in mehrere Hypercubes strukturierter Datenbestände aus verschiedenen Perspektiven. Operational Data Store (ODS): Von den operativen Informationssystemen entkoppelte Datenspeicher, die das zentrale Data Warehouse und die Data Marts ergänzen und themenorientierte, vereinheitlichte, aktuelle Daten mit einem geringen Verdichtungsgrad aus einem kurzen Zeitraum bereithalten. Opportunitätskosten: Zielbeitrag, der dadurch entgeht, dass der Bedarf der besten unter denjenigen Verwendungsmöglichkeiten einer knappen Ressource, die bei ansonsten optimaler Verwendung infolge von Engpässen nicht genutzt werden können, nicht oder nicht vollständig gedeckt werden kann. Performance: Beitrag, den ein Verantwortungsbereich während einer Periode bei der Realisation des vorgegebenen Sachziels zur Erreichung finanzieller Unternehmungsziele leistet. Performance Prism: Stakeholderzentriertes Konzept für ein integriertes Performance-Measurement-System, das die Bedürfnisse und Wünsche der Stakeholder und ihre Beiträge zur Realisation der langfristigen Unternehmungsziele in das Zentrum des Systems stellt. Performance-Measurement-System (PMS): Geordnete Gesamtheit der finanziellen und nichtfinanziellen Zielvorgaben eines Verantwortungsbereichs, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbunden und um Initiativen zur Realisation der Zielvorgaben ergänzt sein können. Performance-Measurement-Systeme, integrierte: Performance-Measurement-System mit den Zielvorgaben, die zur Ausrichtung des Entscheidens und Handelns in den Verantwortungsbereichen an den Unternehmungs- und Geschäftsfeldstrategien zur Erreichung der langfristigen Unternehmungsziele relevant sind. <?page no="474"?> 474 Glossar Pläne, Ableitungsrichtung der: Regel des Planungssystems, durch die festgelegt wird, wie die Pläne einer Ebene der Planhierarchie aus dem Plan der übergeordneten Ebene hergeleitet werden oder die Erstellung dieses Plans beeinflussen. Planhierarchie: Ein hierarchisch geordnetes System von Plänen, das nach dem zeitlichen oder sachlichen Umfang der Planungsobjekte gegliedert ist. Das Planungsobjekt des Plans einer Hierarchieebene ist immer ein Bestandteil des Planungsobjekts eines Plans der übergeordneten Ebene. Plankoordination: Abstimmung und Ausrichtung der in den Plänen festgeschriebenen Ziele und Handlungen auf die gemeinsamen Ziele durch die Koordination bei der Planung. Planperiode (Geltungsdauer): Zeitintervall im Planungszeitraum, für das der Plan zu einem Planungsteilobjekt ( Planungsobjekt) erstellt wird, das bei der zeitlichen Differenzierung der Planung abgegrenzt worden ist. Planung ist ein systematisch und rational durchgeführter informationsverarbeitender Prozess zur Festlegung der Ziele sowie der Handlungen, die bei der im Planungszeitraum erwarteten Unternehmungs- und Umweltentwicklung zur Erreichung dieser Ziele ausgeführt werden sollen. Planung, Detaillierungsgrad der: Umfang, in dem im Plan Einzelheiten der Handlungen zur Zielerreichung festgelegt werden. Planung, dezentrale: Die Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe bei der Erstellung der Pläne für die Verantwortungsbereiche sind vollständig an die Bereichsleiter delegiert worden. Planung, Differenzierung der: Gliederung eines komplexen Planungsobjekts in mehrere Planungsteilobjekte, für die in Planungsprozessen, die zu einem gewissen Grad unabhängig voneinander durchgeführt werden, Pläne erstellt werden. Planung, horizontale Differenzierung der: Das Planungsobjekt des Plans einer Ebene der Planhierarchie wird in mehrere Planungsteilobjekte gegliedert, für die in getrennten Planungsprozessen gleichrangige Pläne erstellt werden, d. h. Pläne, die einer Ebene der Planhierarchie zugeordnet sind. Planung, parallele: Für die durch sachlich-horizontale Differenzierung der Planung abgegrenzten Planungsteilobjekte werden unabhängig voneinander Pläne erstellt, anschließend abgestimmt und zu einem Gesamtplan zusammengefasst. Planung, progressive: Variante der Ableichungsrichtung der Pläne, bei der die Bereichspläne ohne Kenntnis und Berücksichtigung des Unternehmungsplans erstellt werden. Planung, retrograde: Variante der Ableitungsrichtung der Pläne, bei der die Bereichspläne nach dem Kaskadenprinzip analytisch aus dem Unternehmungsplan hergeleitet und dabei horizontal differenziert werden. Planung, revolvierende: Verfahren der Planung, bei dem der kurz-, der mittel- und der langfristige Plan ( zeitlich-vertikale Differenzierung) nach dem Prinzip der Schachtelung verkettet sind. Zur Anpassung an die im Planungszeitraum eintretenden Änderungen der Unternehmungs- und Umweltbedingungen werden die Pläne aller Fristigkeitsstufen in einem vorgegebenen Rhythmus überprüft, detailliert, präzisiert oder fortgeschrieben. <?page no="475"?> Glossar 475 Planung, rollende: Verfahren der Planung, bei dem zu Beginn des Planungszeitraums die Pläne aller Planperioden ( zeitlich-horizontale Differenzierung) simultan geplant werden. Für die erste Planperiode wird ein Detailplan und für die nachfolgenden Planperioden werden Globalpläne erstellt. Die Globalpläne werden in den nachfolgenden Planperioden nach einem festgeschriebenen Rhythmus detailliert und fortgeschrieben. Planung, sachlich-horizontale Differenzierung der: Das Planungsobjekt des Plans einer Ebene der Planhierarchie wird in mehrere Tätigkeitsfelder aufgelöst, die sich in den Verrichtungen oder den Objekten unterscheiden, an denen Verrichtungen ausgeführt werden (z. B. Beschaffungsplan, Produktionsplan; Absatzplan Produkt 1, Absatzplan Produkt 2). Planung, sachlich-vertikale Differenzierung der: Das Planungsobjekt wird in mehrere Planungsteilobjekte aufgelöst, die sich im Umfang des Tätigkeitsfelds unterscheiden, das zu planen ist. Definiert wird ein Tätigkeitsfeld über die Verrichtungen und Objekte, an denen Verrichtungen ausgeführt werden (z. B. Produktionsplan der Unternehmung, Produktionspläne für die Werke). Planung, sequentielle: Die durch sachlich-horizontale Differenzierung abgegrenzten Planungsteilobjekte werden nacheinander in der Reihenfolge gesetzter Prioritäten geplant, wobei in jedem Plan die Ergebnisse des zuvor erstellten Plans als Restriktionen berücksichtigt werden. Planung, sukzessive: Die durch Differenzierung abgegrenzten Planungsteilobjekte werden in getrennten Planungsprozessen nacheinander oder parallel geplant. In einem Abstimmungsprozess werden die Pläne zu einem Gesamtplan zusammengeführt. Planung, vertikale Differenzierung der: Schrittweise Zerlegung eines komplexen Planungsobjekts in eine Folge von Planungsteilobjekten mit abnehmender Komplexität. Es entsteht eine Folge sukzessiv zu erstellender Pläne, die eine Planhierarchie mit mehreren Ebenen bilden. Planung, zeitlich-horizontale Differenzierung der: Das Planungsobjekt des Plans einer Ebene der Planhierarchie wird in Tätigkeitsfelder aufeinanderfolgender Planperioden des Planungszeitraums der übergeordneten Ebene der Planhierarchie gespalten (z. B. Produktionsplan für das 1. Quartal, Produktionsplan für das 2. Quartal usw.). Planung, zeitlich-progressive: Verfahren der Planung bei zeitlich-vertikaler Differenzierung und zeitlicher Verkettung der Pläne nach dem Prinzip der Schachtelung, bei dem die Planung mit dem kurzfristigen Plan beginnt. Planung, zeitlich-retrograder: Verfahren der Planung bei zeitlich-vertikaler Differenzierung und zeitlicher Verkettung der Pläne nach dem Prinzip der Schachtelung, bei dem die Planung mit dem langfristigen Plan beginnt. Planung, zeitlich-vertikale Differenzierung der: Ergebnis sind Pläne verschiedener Fristigkeit, z. B. kurzfristige und langfristige Pläne. Planung, zentrale: Die Kompetenzen für die ursprüngliche Planungsaufgabe sind bei der Unternehmungsleitung konzentriert. Planungsaufgabe, abgeleitete (Planungsmanagementaufgabe): Planung, Steuerung und Unterstützung der Ausübung ursprünglicher Planungsaufgaben. <?page no="476"?> 476 Glossar Planungsaufgabe, ursprüngliche (Planeraufgabe): Materielle inhaltliche Ausgestaltung der Pläne im Sinne der Willensbildung durch informationsverarbeitende Verrichtungen für ein Planungsobjekt. Planungskontrolle: Kontrolle, die Bestandteil des Planungsprozesses ist, d. h. vor der Durchsetzung des Plans stattfindet. Kontrollobjekte können der Plan als Ergebnis der Planung oder der Planungsprozess sein. Planungsobjekt: Tatbestand innerhalb eines abgegrenzten Zeitraums, der durch informationsverarbeitende Verrichtungen im Planungsprozess konkretisiert werden soll. Tatbestände können Ziele sein, die in einem Zeitraum erreicht werden sollen, oder Handlungen zur Zielerreichung, die in diesem Zeitraum durchgeführt werden sollen. Planungssequenz: Regelung des Planungssystems zur Abstimmung der Pläne auf die gemeinsamen Ziele bei sachlich-horizontaler Differenzierung der Planung. Planungssystem: Gesamtheit der generellen Regelungen zur Aufgabenverteilung und Aufgabenerfüllung bei der Erstellung von Plänen, die zur Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen vorgegeben werden. Planungszeitraum: Zeitspanne, für die geplant wird. Planungszyklus: Definiert den Zeitraum, der zwischen der Verabschiedung von Plänen der gleichen Art liegt. Der Planungszyklus definiert den Rhythmus, in dem ein Plan neu erstellt oder überarbeitet wird. Prämissenkontrolle: Kontrollen mit den Annahmen zur Unternehmungs- und Umweltentwicklung sowie zum Arbeitsverhalten der Mitarbeiter, die als Prämissen im Plan dokumentiert sind, als Kontrollobjekt. Präzisionsgrad eines Plans: Wird durch die Art der ausgewerteten Informationen (z. B. quantitative, qualitative Informationen) bestimmt. Prinzip der Beeinflussbarkeit: Erweiterte Fassung des Prinzips der Controllability. Bereichsleiter sollen für die Teile der Bereichsgemeinkosten und der finanziellen Wirkungen der nicht kontrollierbaren Faktoren verantwortlich gemacht werden, die sie maßgeblich beeinflussen können. Prinzip der Controllability: In seiner engsten Fassung verlangt es, dass Bereichsleiter nicht für negative oder positive Abweichungen von der Zielvorgabe verantwortlich gemacht werden sollten, sofern sie die verursachenden Faktoren nicht kontrollieren (beherrschen) können. Profit Center: Verantwortungsbereich, der mit Kompetenzen für Entscheidungen über den Input, die Leistungserstellung und den Output ausgestattet und für den Erfolg verantwortlich ist. Prozessverbund: Entscheidungsinterdependenzen zwischen Entscheidungen über Handlungen, die durch innerbetriebliche Lieferbeziehungen sequentiell verknüpft sind. Realisationszeitraum eines Plans: Zeitraum, in dem die im Plan festgelegten Handlungen zur Zielerreichung durchgeführt werden sollen. Reihung: Form der zeitlichen Verkettung von Plänen unterschiedlicher Fristigkeit ( zeitlich-vertikale Differenzierung der Planung), die durch die lückenlose und <?page no="477"?> Glossar 477 überschneidungsfreie Aneinanderreihung der Planperioden der kurz-, mittel- und langfristigen Pläne gekennzeichnet ist. Rentabilität: Beziehungszahl, die eine Erfolgsgröße in Beziehung zu einer Einflussgröße des Erfolgs setzt. Residualerfolg (Residual Income, RI): Absolute Kennzahl, die als Differenz aus einer Erfolgsgröße und den Kosten des Kapitals berechnet wird, das eingesetzt worden ist, um den Erfolg zu erwirtschaften. Restriktion, ressourcenorientierte: Verhaltensnorm, welche die für den Aufgabenvollzug zulässigen Handlungsmöglichkeiten eines Mitarbeiters begrenzt oder erweitert, indem ihm Verfügungsmöglichkeiten über Ressourcen entzogen oder eingeräumt werden. Restriktionenverbund: Entscheidungsinterdependenzen zwischen Entscheidungen über Handlungen, die mit denselben Ressourcen oder für denselben Markt vollzogen werden, sofern es bei der Inanspruchnahme der Ressourcen oder der Marktnachfrage zu mindestens einem Engpass kommt. Return on Investment (ROI): Beziehungszahl, die als Performancemaß für die Gesamtkapitalrentabilität eines Verantwortungsbereichs genutzt wird und den Bereichserfolg in Beziehung zum gebundenen Vermögen des Verantwortungsbereichs setzt. Revenue Center: Verantwortungsbereich, der mit Kompetenzen für Entscheidungen über die Gestaltung des Absatzprozesses und des Inputs ausgestattet und für die Erlöse verantwortlich ist. Sachinterdependenzen: Bestehen zwischen zwei Entscheidungen, wenn die Ausführung der durch eine Entscheidung ausgewählten Handlung den Ausgangszustand der alternativen Handlungen bei der anderen Entscheidung zielrelevant verändert. Schachtelung: Form der zeitlichen Verkettung von Plänen unterschiedlicher Fristigkeit ( zeitlich-vertikale Differenzierung der Planung), bei der der langfristige Plan den Planungszeitraum des mittel- und kurzfristigen Plans vollständig umschließt. Service Center: Verantwortungsbereich, der mit Kompetenzen für Entscheidungen über den Umfang und die Zusammensetzung des Inputs sowie den Prozess der Leistungserstellung ausgestattet und für die Ausgaben oder Kosten der Leistungserstellung verantwortlich ist. Shareholder Value: Möglicher Maßstab für das Erfolgspotential der Unternehmung, der als Barwert aller künftigen Zahlungen an die Eigentümer der Unternehmung berechnet wird. Single-Loop-Lernen: Ebene des Lernens, die der Anpassung der Entscheidungsfindung und des Handlungsvollzugs in den Verantwortungsbereichen dient. Slacks, Aufbau von: Form dysfunktionalen Arbeitsverhaltens im Prozess der Budgetierung oder der Planung von Zielvorgaben, durch das der Mitarbeiter Planwerte der Budget- oder Vorgabegrößen zu erreichen versucht, die Reserven für die Erreichung individueller Ziele enthalten. Standardbericht: Regelmäßig übermittelte Berichte, deren Inhalte, Form und Erscheinungstermine festliegen. <?page no="478"?> 478 Glossar Steuerung: Einflussnahme eines Managers auf die ihm unterstellten Manager durch Vorgaben zu Handlungen, Zielen oder Ressourcen sowie die Durchsetzung und Kontrolle dieser Vorgaben, um die horizontale und vertikale Koordination der Entscheidungen in den Verantwortungsbereichen zu bewirken. Steuerungsmechanismus: Geordnetes Gefüge aus Vorgaben, Regelungen und Methoden, mit denen das Management Einfluss auf einzelne Dimensionen und Determinanten des Arbeitsverhaltens der Mitarbeiter nimmt, um es an den Zielen und Strategien der Unternehmung auszurichten. Strategie: Legt die grundsätzlichen, langfristigen Vorgehensweisen fest, wie die Unternehmung ihre Stärken nutzt und mit ihren Schwächen umgeht, um bei den sich bietenden Chancen und den drohenden Risiken der Umwelt ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Strategieimplementierung: Umfasst (1) die Präzisierung und Detaillierung der Strategien auf der strategischen Ebene der Planung, (2) die Durchsetzung der Strategie sowie (3) die Planung von Handlungen auf den nachfolgenden Ebenen der Planhierarchie, um die Strategien der Unternehmung in tatsächliches Handeln zu überführen. Strategy Map: Visuelle Darstellung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielkriterien der Perspektiven der Balanced Scorecard. Stufung: Form der zeitlichen Verkettung von Plänen unterschiedlicher Fristigkeit ( zeitlich-vertikale Differenzierung der Planung), die durch eine teilweise Überlappung der Planperioden der kurz- und mittelfristigen sowie der mittel- und langfristigen Pläne gekennzeichnet ist. Systemgestaltung: Phase des Konfigurationsprozesses eines Koordinationssystems, in der die Regeln zur Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Vorgaben für die Steuerung der Bereichsleiter festgelegt werden. Top-down-Planung: Verfahren der Planung bei sachlich-vertikaler Differenzierung der Planung. Es sieht vor, dass die Unternehmungsleitung den Unternehmungsplan erstellt. Dieser wird den Bereichsleitern vorgegeben und von ihnen detailliert, präzisiert und differenziert. Dieser Prozess setzt sich fort, bis die unterste Ebene der Managementhierarchie erreicht ist, auf der noch geplant wird. Verantwortungsbereich: Stellen, Abteilungen und Bereiche, die einem Manager unterstellt sind. Manager verfügen in ihrem Verantwortungsbereich über Leitungsbefugnisse und sind für das Erreichen finanzieller Ziele verantwortlich. Verhaltensinterdependenzen: Entscheidungsinterdependenzen, die ihre Ursache in der direkten oder indirekten Abhängigkeit der Ergebnisse dezentraler Entscheidungen von Wollens- oder Könnensbegrenzungen bei Informationsvorteilen der Bereichsleiter haben. Verhaltensnormen: Allgemeine Anweisungen, die einem Mitarbeiter bestimmte Verhaltensweisen bei der Aufgabenerfüllung auf Dauer verbindlich vorschreiben, um sein Entscheiden und Handeln abzustimmen und an den gemeinsamen Zielen auszurichten. Verhaltensnormen, explizite: Verhaltennormen, die den Mitarbeitern Handlungen vorgeben, die sie ausführen dürfen. <?page no="479"?> Glossar 479 Verhaltensnormen, implizite: Verhaltensnormen, die den Mitarbeitern Ziele vorgeben, die sich erreichen sollen. Verkettung der Planung, zeitliche: Definiert die Zahl und die zeitliche Lage der Planperioden des langfristigen, des mittelfristigen und des kurzfristigen Plans im Planungszeitraum des Planungszyklus. Vermögen, gebundenes: Gesamtvermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals. Berechnet wird es als Summe aus dem Anlagevermögen und dem Working Capital. Vermögensgegenstand(s), Bruttowert eines: Ausgangswert des Vermögensgegenstands zu Beginn der Nutzungsdauer, d. h. die Anschaffungskosten, die Herstellungskosten oder der Wiederbeschaffungspreis ohne Berücksichtigung vorgenommener Abschreibungen. Vermögensgegenstand(s), Nettowert eines: Buchwert des Vermögensgegenstands im Zeitpunkt der Performancemessung, d. h. die Differenz aus seinem Ausgangswert zu Beginn der Nutzungsdauer und der Summe aller Abschreibungsbeträge während der bisherigen Nutzungsdauer. Verrechnungspreise: Von der Unternehmung vorab selbst festgelegte oder ausgehandelte Wertansätze für Leistungen, die zwischen rechnerisch abgegrenzten Bereichen innerhalb der Unternehmung ausgetauscht werden. Wachstumsfelder: Tätigkeitsfelder der Unternehmung, in denen auch mittelfristig finanzielle Ergebnisse erwirtschaftet werden. Es werden Produkte des Leistungsprogramms der Unternehmung auf Märkten mit hohen Wachstumsraten angeboten. Werte, immaterielle: Nichtmonetäre Ressourcen mit fehlender oder relativ unbedeutender physischer Substanz, die bis zu einem gewissen Grad durch die Unternehmung beeinflussbar sind und einen wirtschaftlich relevanten Vorteil gegenüber Wettbewerbern ausmachen. Immaterielle Werte sind das Beziehungskapital, das Humankapital und das Organisationskapital. Wissen: Vor dem Hintergrund erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten zweckorientiert vernetzte Informationen. Wollen, individuelles: Entsteht durch den Entschluss des Mitarbeiters, sein Arbeitsverhalten an einem konkreten, bewusst ausgewählten positiv bewerteten Zielzustand auszurichten und es bis zum Erreichen dieses Zustands aufrechtzuerhalten ( Determinante des Arbeitsverhaltens). Working Capital: Differenz aus dem Umlaufvermögen und dem unverzinslichen Fremdkapital (z. B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Kundenanzahlungen). Zentralbereich: Auf die Verrichtung spezialisierte Organisationseinheit in einer divisionalen Organisation, die gleichartige Leistungen für mehrere oder alle Geschäftsbereiche erbringt (z. B. IT, Personalwesen). Ziele, gemeinsame: Ziele, auf die Entscheidungen eines Verantwortungsbereichs einer Hierarchieebene ausgerichtet oder abgestimmt werden sollen. Es sind die den Bereichszielen direkt übergeordneten Ziele. Ziele, individuelle: Ziele eines Mitarbeiters, die er mit der Arbeit in der Unternehmung verfolgt (z. B. Entwicklungs-, Bildungs-, Einkommens- oder Karriereziele). <?page no="480"?> 480 Glossar Zielverbund: Entscheidungsinterdependenzen zwischen Entscheidungen über Handlungen, zwischen denen Verbundeffekte bestehen. Sie bewirken, dass der Zielbeitrag mindestens einer Handlung von der gemeinsamen, parallelen oder sukzessiven Durchführung einer anderen Handlung abhängt. Zielvorgabe: Werte der als Performancemaße der Bereichsziele verwendeten Kennzahlen, mit denen einem Geschäftsbereich die für die nächste Planperiode des langfristigen Planungszeitraums erwünschte Performance vorgegeben wird. Zukunftsfelder: Tätigkeitsbereiche der Unternehmung, in denen auf lange Sicht finanzielle Ergebnisse erwirtschaftet werden sollen. Es werden Projekte zur Entwicklung neuer Produkte für erfolgversprechende Märkte bearbeitet. <?page no="481"?> Stichwortverzeichnis A Abfragesystem 185 Abhängigkeit, arbeitsbezogene 24, 115, 219 Abrechnungssysteme, wertorientierte 153 Abschöpfungsstrategie 367 Abschreibung, ökonomische 349 ff. Abstimmung bei der Vorgabenplanung − formale 247 − inhaltliche 247 − kulturorientierte 28 − zeitliche 247 Abweichungsanalyse 61, 319 f. Abweichungsbericht 159, 185 Ad-hoc-Reporting 161, 179 Adjustments 344 f., 347 Administrationssystem 153 Akzeptanz 136 Alternative, 54, 69 − optimale 68 ff. Alternativenentwicklung 72 Alternativensuche 54, 248 Analyse, datentechnische Informationsbedarfsanalyse Analytics − descriptive 171 − diagnostic 171 − predictive 171 − prescriptive 171 Anpassungsmaßnahme 61 Anpassungsrhythmik 240 Anreiz 34, 419 ff. − generalisierter 421 − immaterieller 421 − materieller 420 f. Anreizintervall 424 Anreizkompatibilität 427 Anreizsystem(s) 267, 419 f. − Individualisierung des 421 − Groves-Schema 429, 431 f., 434 − Osband/ Reichelstein 429, 438 ff. − Profit-Sharing-Schema 434 f. − Weitzman-Schema 429, 436 ff. Anreizziel 420 Arbeitsverhalten(s) 25, 31, 103, 118 − Determinanten des 31, 40, 103, 128, 418 − Dimensionen des 25, 103, 415 − dysfunktionales 266 f., 285, 294, 335, 415 ff. Ausführungsaktivität 87 Ausführungsentscheidung 73 Ausführungsplan 45 f., 50 Ausführungssystem 87 Ausgangsziel 53 Ausschuss 28 Ausschüttung, Modalitäten der 425 Auswahl 249 B Balanced Scorecard 362 ff. Barriere 136 f., 191, 229 BCF Brutto-Cashflow Bedarfsberichte 159 Bedürfnisse 33 Beeinflussbarkeit, Prinzip der 315 Belohnung 420 − subjektive Festsetzung der 424, 428 − Wesentlichkeit der 428 Belohnungsfunktion 423 f., 428, 431, 434, 436, 439 <?page no="482"?> 482 Stichwortverzeichnis Bemessungsgrundlage 419, 422 f., 431, 436, 439 Bemessungsmethode 419, 423 Benchmarking 289 Beratungsgremium 236 Bereichseinzelkosten, fixe 317 Bereichserfolg − beeinflussbarer 317 − direkter 317 − vor Steuern und Zinsen 318 Bereichsgemeinkosten 313 f., 316 f., 427 f. − beeinflussbare 313 f., 317 − kontrollierbare 313 f. − nicht beeinflussbare 318 f. − nicht kontrollierbare 314 Bereichsplan 221 Berichte 158 − Funktionen der 159 f. Berichterstattung − unverzerrte 416 ff., 435 ff. − unvollständige oder nicht wahrheitsgemäße verzerrte − verzerrte 118, 231, 407, 415 f. − vollständige und wahrheitsgemäße unverzerrte Berichts- und Kontrollsysteme 153, 161 ff. Berichtsmerkmal 158 Berichtsmethode Informationsbedarfsanalyse Berichtswesen 157 f. − externes 157 − internes 157 Betriebsbudget 262, 417 f., 422, 435 Betriebsvergleich 59 Beurteilungsgröße 422 Bewertung 54, 72, 249 Beyond Budgeting 296 Beziehungskapital Immaterielle Werte BIA Business Intelligence & Analytics BIA-Ordnungsrahmen 173 f., 184 BIA-Portal 174 BIB Bruttoinvestitionsbasis Big-Data 177 f. Blockplanung 242 Brutto-Cashflow (BCF) Cashflow Bruttoerfolg 37 Bruttoinvestitionsbasis (BIB) 348 f. BSC Balanced Scorecard BSC-Matrix 373 BSP Business System Planung Budget(s) 30, 255 f., 258, 263 − Differenzierung des 271, 294 − ergebnisbezogenes 260 − flexibles 280, 283 − inputbezogenes 260 f., 278 − outcomebezogenes 260 f. − strategisches 358 Budgets, Funktionen der 256 ff. − Koordinationsfunktion 256 f., 417 f. − Verhaltensbeeinflussungsfunktion 257 f. Budgetabstimmung 272 Budgetary Slacks Slacks Budgetgeber 269 Budgetgröße 260 f., 269 − relative 269 Budgetierung 255, 257 − dezentrale 270 − engpassbezogene 273 − iterative 275, 430 − partizipative 270 − progressive 275 − retrograde 274 − rollierende 277 f. − traditionelle 293 f. − zentrale 270 − zielbezogene 272 <?page no="483"?> Stichwortverzeichnis 483 Budgetierungsaufgaben − abgeleitete 269 − Träger der 269 − ursprüngliche 269 f. Budgetierungsprozess 273 − retrograd ablaufender 274 Budgetierungssystem 267 f. Budgetierungsverfahren 278 f. − inputbezogenes 279, 281, 285 − outputbezogenes 278, 280 − Ressourcenallokation als 279, 281, 286 Budgetkontrolle, begleitende 276 Budgetnehmer 269 Budgetreserve Slacks Budgetrichtlinie 275 Budgetsystem 262, 268 Budgetverhandlung 276 Budgetverschwendung 266 Business Analytics 171 Business Intelligence 171 Business Intelligence & Analytics (BIA) 154, 171 f., 174 Business System Planung (BSP) 200 C Cafeteria-System 421 Cash Value Added (CVA) 347 f., 351 Cashflow (CF) − Brutto (BCF) 307, 338 f., 348 − Free 338 f. − operativer 338 f. Cashflow Return on Investment (CFROI) 344, 347, 351 CFROI Cashflow Return on Investment Controllability 427, 434 f., 438, 440 − Grad der 313, 315 − Prinzip der 312 ff., 319, 327 Controllership 21 Controlling 109 − Abstimmungsaufgabe des 138, 145 f. − Anpassungsaufgabe des 138, 144 f., 245 f., 253 − Entlastungsaufgabe des 138, 246 − Kontrollaufgabe des 138, 146, 247 − Lenkungsaufgabe des 138, 145 f., 245 f. − Problemlösungsansatz des 80, 108 − Problemstellung des 79, 107 − Ziele des 80, 108 f. Controlling-Aufgaben 187 − informationsbezogene Beratung als 194 − informationsversorgende 245 − koordinierende 245 − informationsversorgende 245 − problemspezifische Informationsversorgung als 193 f., 246, 253 − prozessunterstützende 138 f., 144, 192 ff., 244, 246 − systemgestaltende 137 ff., 143 f., 187 f., 208, 244 ff. Controlling-Funktion 79 − Informationsversorgungsfunktion 156 − Koordinationsfunktion 121 Controlling-Konzeption 79 ff., 106 − entscheidungsbezogene 107 ff. − führungsprozessorientierte 81, 92 ff. − führungssystembezogene 81, 91 − informationsorientierte 81 ff., − koordinationsorientierte 81, 87 ff., 92 − planungsbezogene 81, 84 f., 89 − planungs- und kontrollsystembezogene 81, 88 ff. − rationalitätsbezogene 92 ff. − reflexionsbezogene 81, 97 ff. − regelungsbezogene 81, 85 ff., 90 − systemgestützte 81, 82 ff. Conversion Adustments Cost Center 37, 260 Cost-plus-Lenkpreis 404 CVA Cash Value Added <?page no="484"?> 484 Stichwortverzeichnis D Dashboard 185 Data Lake 178 Data Mart 176 Data Mining 183 f. Data-Support-Systeme 154 f., 161 f. Data Warehouse 175 ff. Data Warehousing 177 Data-Warehouse-Konzepte 175 Daten 147 Datenbasis, integrierte 154 Datenbereitstellung 174 f. Datenwürfel 180 DCF Discounted Cashflow Decision-Support-System (DSS) 154, 168, 172 Delegation 35 Delegationsgrenze 123 Denken, partikularisitisches 266 Desinvestitionsstrategie 368 Detailbudget 277 Detailplan 213 f., 240 Dezentralisation von Entscheidungen 56, 75 f., 114, 117, 119 Differenzierung von Entscheidungen 73, 75, 111, 268 − horizontale 73 f., 111 ff. − sachliche 74, 218 − vertikale 73, 113 − zeitliche 75 Differenzierung der Planung − sachlich-horizontale 218 − sachlich-vertikale 215 f. − zeitlich-horizontale 218 f., 238 − zeitlich-vertikale 216, 238 Digitalisierung 105 Discounted-Cashflow (DCF) 338 Dispositionssystem 153, 168 Double-Loop-Learning 132 f., 311, 359 DSS Decision-Support-System Durchführungskontrolle 63 − strategische 64, 358 Durchsetzung 40, 123, 135 Dürfen und Sollen, soziales 31, 129 E Economic Value Added (EVA) 344, 347 Effektivitätsziele − ökonomische 140, 212 − soziale 140 Eigenkapitalkostensatz 340 Eigenkapitalrentabilität 324 f. Eigenkontrolle 252 EIS Executive-Information-System Empire Building 267, 285, 317 f., 416 Endkontrolle 63 Engpassorientierung, Prinzip der 226 Entscheidungen 25 f., 42, 72 − innovative 70 − übergeordnete 73 − untergeordnete 73 − Typen von 70 Entscheidungsbefugnisse 56, 75 Entscheidungsdelegation 56 Entscheidungsdezentralisation Dezentralisation von Entscheidungen Entscheidungsfindung 72 − programmierte 71 Entscheidungsinterdependenzen Interdependenzen Entscheidungskollegium 236 Entscheidungskompetenzen Entscheidungsbefugnisse Entscheidungskoordination 119 f., 205 − Prinzipien der 122, 125, 205 Entscheidungsmatrix 69 Entscheidungsmodell 68 <?page no="485"?> Stichwortverzeichnis 485 Entscheidungsproblem 26, 68 − gut strukturiertes 71 − komplexes 73 − mit Strukturdefekten 72, 195, 200 − schlecht strukturiertes 72 Entscheidungsprozess 70, 72 Entscheidungsregel 69 Entscheidungszentralisation Zentralisation von Entscheidungen Entscheidungsziele 68 Erfassungssysteme 153 Erfolg − leistungsgerechter 381 − ökonomischer 306 f., 337, 343 Erfolgsbudget 262 Erfolgspotenzial 301 f., 306 − Bestimmungsfaktoren des 303 Ergebnis 259 Ergebnisfolge 32 Ergebniskennzahlen 353 f., 366 Ergebniskontrolle 67 Ergebnismatrix 69 Ergebnisoptimierung, kurzfristige 334 Ergebnisziele 80 Ermöglichung, situative 31, 129 ESS Executive Support Systems Etatdenken 266, 285 EVA Economic Value Added Executive Support Systems (ESS) 154 Executive-Information-System (EIS) 153 f. Expertensystem 170 Exzellenz, operative 303, 369 F Faktoren, nicht kontrollierbare 313 ff., 428 Feinplan 214 Finanzbudget 262 FIS Führungsinformationssystem Flexibilität 44 Flow to Equity (FTE) 338 f. Forecast 276 − rollierendes 277 − rolling rollierendes Forecast − traditionelles 277 f. Formalisierung 56 Formalziel 23 Fortschreibungsbudgetierung 285 Free Cashflow (FCF) Cashflow Fremdentscheidung 34 Fremdkapitalkostensatz 340 Fremdkontrolle 35, 66 f., 252 Frühindikatoren Treiberkennzahlen FTE Flow to Equity Führung 22, 40, 58 Führungsinformationssystem (FIS) 154, 162, 166 Führungssystem 87 G Gegenstromplanung 224, 232 f., 235, 239 − mit Planungskomitee 234 f. − mit Pufferebene 233 f. Gemeinkostenbereich 280 Gemeinkostenwertanalyse 290 Gesamtkapitalkostensatz 325 Gesamtkapitalrentabilität 324 f. Geschäftsfeldstrategien 48 Gestaltungsnorm 30 Gliederungszahlen 165 Globalbudget 277 Globalplan 205, 213 f., 240 Grobplan 214 Groves-Schema Anreizsystem Gruppenabstimmung 28, 126, 235 <?page no="486"?> 486 Stichwortverzeichnis Gruppenplanung 227 − parallele 225, 228 − sequentielle 225, 227 f. H Handlung 25 Handlungsergebnis 25, 32 Handlungsfeld, strategisches 48 f. Handlungsfolgenkontrolle 67 Handlungskontrolle 67 Handlungspläne 29 f. Handlungsprogramm 29 Hierarchiedynamik 228, 233 Horizontalstrategie 360 House of Controlling 83 Humankapital Immaterielle Werte Hypercube 179 ff. I Immaterielle Werte 302, 334 f., 371 f. − Beziehungskapital 302 − Humankapital 302 − Organisationskapital 302 Indexzahlen 165 Indicator − lagging Ergebniskennzahl − leading Treiberkennzahl Ineffizienz 287 Information Overload 354, 358 Informationen 147 − asymmetrisch verteilte 118 − relevante 196 Informationsangebot 150 − objektives 151 − subjektives 151 Informationsbedarf 148 − nicht nachgefragter 155 f., 194 − objektiver 149, 195 f., 199 − subjektiver 149, 195 f. Informationsbedarfsanalyse 169, 188 f., 193, 195 f., 198 Informationsbedarfsanalyse, Methoden − angebotsorientierte 196 ff. − Aufgabenanalyse als 199 f. − Befragung als 198 − Beobachtung als 199 − Berichtsmethode als 199 − datentechnische Analyse als 197 − deduktive 196 f., 199 − Dokumentenanalyse als 197 − Fragebogen-Methode als 198 − induktive 196 f. − informationsbezogene Problemanalyse als 200 − Interview-Methode als 198 − kombinierte 197, 200 − Modellanalyse als 200 − nachfragerbasierte 196 ff. − Organisationsanalyse als 199 Informationsgenerierung 174, 184 Informationskollegium 236 Informationsnachfrage 150 − fehlgeleitete 155 f., 194 Informationssystem 150 − formales 151 f. − informales 151 − operatives 153 Informationsversorgung − problemspezifische Controlling- Aufgabe − routinemäßige 83 Informationsversorgungskonzept 142, 188, 190 f., 253 Informationsversorgungssystem 135, 142, 187 Informativeness, Prinzip der 428 Inhaltskontrolle 146 Inputkomponente 260 f. Input-Process-Output-Outcome-Modell 259 f. Instrumentalrelation 165, 308 Integrationsgrad 215 Interdependenzen 24, 111, 114 − Arten von 114 f., 214 ff. <?page no="487"?> Stichwortverzeichnis 487 − dynamische 219, 236, 242 − personelle 117 − vertikale 215, 221, 224 International Business Communication Standards 185 Investitionsantrag 118, 337, 415 ff., 430 Investitionsbudget 262, 418, 431 Investitionsbudgetierung 417, 422, 430, 437, 439 Investitionsstrategie 367 Investment Center 38, 299 ff. IPOO-Modell Input-Process-Output- Outcome-Modell Ist-Wert 59 K Kaizen Costing 289 Kaskadenplanung 224 KDD Knowledge Discovery in Databases Kennzahlen 30, 163 f. − absolute 164 − Arten von 164 f. − deskriptive 164 − diagnostische 367 − nichtmonetäre 308 − normative 164 − zur Performancemessung 304 f. − traditionelle 306, 324, 333, 343 − wertorientierte 306 f., 343 Kennzahlen, Funktionen der 163 f. − Informationsfunktion 164 − Koordinationsfunktion 164 Kennzahleninhalt 163 Kennzahlensystem 165 − definitionslogisches 165 f. − DuPont- 165 f. − empirisches 166 − mehrdimensionales 307 f. − strategisches 48, 50, 200 Kennzahlenwert 163 Kernfelder 45, 51 Knowledge Discovery in Databases (KDD) 184 Kollusion 429, 434 f. 438, 440 Kommission 28 Konfigurationsprozess 133 f., 136, 139 f., 142, 212, 250 Kongruenz zwischen Zielen 334 Können, persönliches 31, 128 Könnensbegrenzung 114, 131, 252 Kontrollaufgaben 250 − abgeleitete 250 − Träger der 251 − ursprüngliche 250 Kontrollbericht 251 Kontrolle 40, 59 f., 123 − begleitende 63 − auf institutioneller Ebene 61 − auf individueller Ebene 61, 66 − operative 65 − taktische 65 − strategische 64 ff., 358 Kontrolle, Funktionen der 61, 66 − Anpassungsfunktion 61, 132 − Beurteilungsfunktion 66 − Lernfunktion 62, 66 − Plankorrekturfunktion 61 − Prophylaxefunktion 67 − Verhaltensbeeinflussungsfunktion 62 Kontrollformen 62 ff. Kontrollgröße 60 Kontrollobjekt 60, 250 Kontrollproblem 60 Kontrollprozess 60 Kontrollsystem 208 Kontrollumfang 251 Kontrollzeitpunkt 60, 63 Kontrollziel 60 − der strategischen Kontrolle 64 Koordination durch − Budgets 126 f., 256, 299 <?page no="488"?> 488 Stichwortverzeichnis − Pläne 205 f. − Verfahren der Entscheidungsfindung 126 − Zielvorgaben 127 f., 299 f., 309, 377, 418 Koordination von Entscheidungen 119 f. − hierarchiefreie 126 − hierarchische 128 − horizontale 120, 206 − systembildende 88 − systemkoppelnde 88 − vertikale 120, 206, 229 Koordination von Handlungen 44 − hierarchiefreie 27 f. − hierarchische 27 ff. − horizontale 25, 44 − vertikale 25, 44 Koordination bei der Planung 206 − hierarchiefreie 235 − horizontale 229, 233 f. Koordination im Führungssystem 88 Koordinationsbedarf 24, 55 − personeller Verhaltensinterdependenzen Koordinationsfunktion der − Budgets 256 f. − Planung 44, 205 f. − Zielvorgaben 309 ff. Koordinationsorgan 28 Koordinationssystem(s) 120 ff., 135, 208 − Akzeptanz des 136 − Effektivität des 135 − Widerstand gegen das 136 Koordinationsverfahren 122, 125 Korrekturmaßnahmen 61 Kostenumlage 378 Kundenwertbeitrag 369 L Lageanalyse 53 Lageprognose 53 Leistungsbereich − direkter 279 − indirekter 279 − primärer 279 f. − sekundärer 280 Leistungsverhalten 25, 415 Leitungsbefugnis 34 f., 56 Leitungssystem 56 Lenkpreisbestimmung − erweiterte kostenorientierte 401 ff. − flexible zweistufige 406, 408 − grenzkostenorientierte 388 ff., 392 f. − Grundprinzip der 381 − kombinierte 405 − kostenorientierte 382, 388 ff. − marktpreisorientierte 382 ff. − opportunitätskostenorientierte 395 ff. − durch Verhandlungen 412 − vollkostenorientierte 402 ff. − zweistufige 405 ff. − zweistufige mit der Verrechnung von Nutzkosten 406 ff. Lenkpreise 127, 309, 378 f., 396 − Arten von 382 − duale 410 ff. − Funktionen von 379 ff. Lenkpreissysteme 381 − Dilemma der 382, 385 Lenkung, pretiale − Dilemma der 400 Lieferbeziehungen 377 − Verrechnung innerbetrieblicher 378 M Machine Learning 184 Management Accounting 105 f. Management Control 99 ff., 103, 120, 255 Management-Control-System 102 f., 120 Management Reporting Berichtswesen <?page no="489"?> Stichwortverzeichnis 489 Management 23 − mittleres 35 − oberes 35 − Problemstellung des 23 f., 26 − unteres 35, 160 Managementaufgaben − derivative 38 − originäre 38 − personenbezogene 38 f., 56 ff., 66 − sachbezogene 38 − strukturbezogene 38 Managementfunktionen 40 Managementhierarchie 35, 38, 52 Managementinformationen 148 Managementinformationssystem (MIS) 153 Managementprozess 40 − Phasen im 39 Management-Support-System (MSS) 172 Managementunterstützungssystem (MUS) 153 f. Marktwert − des Eigenkapitals 340 − des Fremdkapitals 340 Maßnahmen, ergänzende 31, 123, 128, 416 Maßnahmenkontrolle 63 Maßnahmenprogramm, strategisches 48 ff. Masterbudget 263 f. Methode der kritischen Erfolgsfaktoren 200 f. MIS Managementinformationssystem Mission 46 Mitarbeiterführung 58 Motiv 33, 420 f. Motivation 32 − extrinsische 34 − intrinsische 34 Motivationsprozess 33 MSS Management-Support-System Myopia-Effekt 335 f., 347, 353, 425 N Net Income 318 Net Operating Asset (NOA) 346 Net Operating Profit After Tax (NOPAT) 346 Net Working Capital 339 Nettoerlös 37, 260 f. NOA Net Operating Asset NOPAT Net Operating Profit After Tax Normwert 59 Nutzungsprozess 133 ff. O Objektentscheidung 34 ODS Operational Data Store OLAP Online Analytical Processing OLAP-Operation 182 Online Analytical Processing (OLAP) 179, 181 Operational Data Store (ODS) 176 Opportunitätskosten 395 f., 398, 400, 423 Optimalitätskriterium 69 Organisation 40, 54 ff. Organisationseinheit 55 Organisationsentscheidung 55 Organisationskapital Immaterielle Werte Organisationsstruktur 55 Outputkomponente 260 f. P Partizipation 129, 220 f. <?page no="490"?> 490 Stichwortverzeichnis Performance 36, 418 − economic 311 f., 316, 318 − managerial 311 f., 318 f. Performance Prism 364 f. Performance-Beurteilung 36 − relative 321 − subjektive 322 Performance-Maße 304 ff. Performance-Measurement-Systeme 353 ff., 372 − integrierte 356 ff., 362 − Konzepte für 361 f. Performance-Messung 36 Personaleinsatz 40, 57 f. Personalführung 22, 58 Planbilanz 263 Plandurchsetzung 40 Plan(s) 221 − Fortschreibung des 240 − operativer 45 − Präzisionsgrad des 46, 214 − Realisationsrisiko des 39 f. − strategischer 45 ff., 244 − taktischer 45 Pläne − Ableitungsrichtung der 233 − deduktive Entwicklung der 239 − Entwicklungsfolge der 238 − Fristigkeit der 216 − induktive Entwicklung der 239 − Integrationsgrad der 215 f. − interzyklische Verkettung der 217 − intrazyklische Verkettung der 215 − zeitliche Verkettung der 216 Planer Planungsträger Planfortschrittskontrolle 63 Plangrößen, selbstadjustierende 269 Planhierarchie 39, 45 f., 52, 64 ff., 125, 213 ff., 228 Planinhaltskontrolle 248 f. Plankoordination 219 f., 222, 236 Plankostenrechnung, flexible 281 Planperiode 214 Planung 39 f., 41 ff., 56, 72, 205 − Ausgleichsgesetz der 226 − Detaillierungsgrad der 46, 213 − dezentrale 221 f., 228, 244 − Differenzierung der 214 − Flexibilisierung der 237 ff., 247 − Formalisierung der 245 − operative 48, 50 ff., 244 − Organisationsgrad 245 − strategische 46 ff., 64 − taktische 48, 50 ff., 244 − zentrale 220 − Zentralisationsgrad der 219 Planung, Funktionen der 43 − doppelte Koordinationsfunktion 206 − Grundfunktionen 43, 205 − Koordinationsfunktion 43 f., 205 f. − spezielle Funktionen 43, 205 Planung, Verfahren der 235 − anschließende 237 − Bottom-up- 230 ff. − gleitende 240 − parallele 225, 227, 235 − partizipative 220 − progressive 224 − retrograde 224 − revolvierende 242 f. − rollende 240 ff. − sequentielle 225 ff., 235 − simultane 222 ff., 225 − starre 237 − sukzessive 223 − Top-down- 229 ff., 235 Planungsabteilung 211 Planungsaufgaben 209 − abgeleitete 210, 246 − ursprüngliche 210, 246 Planungsbeauftragter 211 Planungskollegium 211, 235 Planungskomitee 234 Planungskontrolle 62, 146, 247 f. Planungsmanagementaufgaben Planungsaufgaben, abgeleitete <?page no="491"?> Stichwortverzeichnis 491 Planungsobjekt 209, 214 Planungsprozesses 52 ff., 211 − Kontrolle des 249 Planungssequenz 223, 225 ff., 235, 273 Planungsstab 211 Planungssystem(s) 206 ff., 223 − Gestaltungsparameter des 212 ff. − reales 206 Planungsteam 211 Planungsträger 210 Planwert Vorgabewert Planungszeitraum 41, 209, 236 Planungszyklus 209 Planziele 53 Portal 185 Präferenzen 69 Präferenzwert 69 Prämissen 42, 53, 64 Prämissenkontrolle 63, 238 − strategische 64, 358 Primärkoordination 26 ff., 87, 120 − Prinzipien der 26 f. Problemfeldanalyse 53 Problemfeststellung 53, 248 Problemhierarchie 53 Problemidentifikation 72 Problemlücke 53 Profit Center 37, 299 ff. Profit Sharing 409 Profit-Sharing-Schema Anreizsystem Prozesskontrolle 146 Prozessverbund 115, 219, 309, 377 Purpose 46, 297 R Rahmen, normativer 46 Rationalität 92 Rationalitätsdefizite 93 Rationalitätssicherung − der Entscheidungsfindung 95 ff. − der Führung 92 ff. Realisationskontrolle 62, 248 Reihung 216 ff. Rentabilitätskennzahl 324 ff., 344, 347 Reporting Berichtswesen Residual Income Residualerfolg Residualerfolg (RI) 325 f., 344 Resilienz 315 Ressortegoismus 266 Ressourcenallokation 279, 281, 286 Restriktion, ressourcenorientierte 30 Restriktionenverbund 115, 219, 309, 377, 417, 430 Return of Investment (ROI) 165, 325 f. Revenue Center 37, 260 RI Residualerfolg Risiko 24 ROI Return of Investment Routineentscheidung 70 S Sachinterdependenzen 114 ff., 218 ff., 315 − Arten von 115 Sachziel 23, 54 Schachtelung 216 ff., 238 Schnittstelle 24 Schwerpunktplanung 213 Sekundärkoordination 120 Selbstabstimmung 27, 126, 235 Selbstkontrolle 67, 252 Self-Service Reporting 162 Service Center 37, 260 Shareholder Value 306, 337 ff., 342 Shareholder-Value-Netzwerk 306 <?page no="492"?> 492 Stichwortverzeichnis Single-Loop-Lernen 132 f., 311, 359 Slacks 267, 275 f., 285, 416 ff., 422 Soll-Wert Vorgabewert Spätindikatoren Ergebniskennzahlen Spezialisierung 55 Stakeholder 23 Standardbericht 158 f., 185 Steuerung − lose Form der 124 − straffe Form der 124, 293 Steuerungsmechanismen 102 f. − handlungsorientierte 103 − ergebnisorientierte 103 − kulturorientierte 104, 297 − personenorientierte 104, 297 Strategieentwicklung 46 ff. Strategien 47 f. Strategieimplementierung 46, 48 f., 356 f., 362 Strategieumsetzung Strategieimplementierung Strategisches Thema 370 ff. Strategy Map 373 ff. Strukturdefekte 72 Stufung 216 SUCCESS-Regelwerk 186 Systemgestaltung 133 f., 142 Systemimplementierung 134, 142 Systemprüfung 134, 143 T Teilkontrolle 251 Transaktionssysteme 153 Treiberkennzahlen 354, 365 f., 369 U Überwachung, strategische 64 f., 358 Umsatzrentabilität 324 f. Umweltzustand 69 Unternehmungskultur 28, 55 Unternehmungsprozess 23, 41 Unternehmungsziele 23 − finanzielle 45 − kurzfristig finanzielle 301, 303, 305 − lanfristig finanzielle 49, 301, 303 − langfristige 47 − strategische 47 V Verantwortung 36, 258 Verantwortungsbereich 36 Verbundeffekt 115 f., 385 ff. − Verbundnachteil 387 − Verbundvorteil 386 Verhaltensbeeinflussungsfunktion − der Budgets 257 f. − der Kontrolle 62 f. − der Lenkpreise 381 − der Planung 44 f. − der Vorgabenkontrolle 132 − der Zielvorgaben 310 Verhaltensinterdependenzen 117 ff., 222, 266, 318, 415, 430 Verhaltenskontrolle 67 Verhaltensnormen 28 f. − explizite 29, 44, 125 f., 205 − implizite 30, 125, 299 Verhältniszahlen 164 f. Vermögen, gebundenes 326 ff., 330 Verrechnungspreis 378 f. Vision 46 Volition 34 Vollkontrolle 251 Vollplanung 213 Vollzugsnorm 29 Vorgabenkontrolle 130 f., 134 f., 248 − Funktionen der 131 ff. − Korrekturfunktion der 131 − Lernfunktion der 132 − Verhaltensbeeinflussungsfunktion der 132 <?page no="493"?> Vorgabenplanung 135 Vorgabewerte 305 − Flexibilisierung der 321 VUCA-Umfeld 293 f. W WACC Weighted Cost of Capital Wachstumsfelder 45, 51 Weighted Cost of Capital 339 f. Weisung 29 Weisungsbefugnisse 35 Weitzman-Schema Anreizsystem Werte 46 − immaterielle immaterielle Werte Werttreiber 306 Widerstand 191 Willensbarrieren 137, 191 Willensbegrenzungen 252 Wird-Wert 59 Wirkungskontrolle 63 Wissen 147 Wissensbarriere 137, 191 Wollen, individuelles 31 f., 129 Wollensbegrenzungen 114, 131 Working Capital 326, 339 Z Stichwortverzeichnis 493 Zeitvergleich 59 Zentralbereich 300, 309 Zentralisation von Entscheidungen 56, 75 f. Zero-Base-Budgeting 291 Ziele − gemeinsame 108, 118 − individuelle 25 Zielanalyse 200 Zielausmaß 53 Zielbildung 53, 248 Zielfindung 72 Zielkriterium 53, 303 Zielmaßstab 53 Zielmerkmal 53 Zielobjekt 53 Zielplanung, strategische 46 f. Zielsystem 68 Zielverbund 115, 219, 309 Zielvorgaben 127, 299, 303 ff., 417 f., 422, 435 − nichtfinanzielle 352, 358 Zielvorgaben, Funktionen der 309 − Koordinationsfunktion 309 − Verhaltensbeeinflussungsfunktion 310 Zukunftsfelder 45 <?page no="494"?> Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehr- und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. Das Controlling ist Dreh- und Angelpunkt differenzierter und dezentraler Planungen und Entscheidungen in Unternehmen. Birgit Friedl hat mit diesem Lehrwerk eine umfassende und verständliche Basis für eine gezielte Prüfungsvorbereitung geschaffen. Durch die Zweiteilung des Stoffes in Grundlagen einerseits und Aufgaben und Instrumente andererseits können sich Dozierende und Studierende gezielt mit den für sie relevanten Teilbereichen befassen. Das Controlling ist ein noch junges Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre, das sich sehr rasch entwickelt. Ziel dieses Buches ist es nicht, einen Überblick über alle Entwicklungen zu geben. Es handelt sich vielmehr um eine Einführung, die sich an Studierende und alle Interessierten richtet, die sich-beruflich mit Fragen des Controlling beschäftigen. Betriebswirtschaftslehre utb.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem T itel ISBN 978-3-8252-8781-8 Controlling 3. A. Friedl Birgit Friedl Controlling 3. Auflage 2025-01-10_8781-8_Friedl_Lgeb_8528_PRINT.indd 1-3 2025-01-10_8781-8_Friedl_Lgeb_8528_PRINT.indd 1-3 10.01.25 14: 14 10.01.25 14: 14
