Businesswissen Geschäftsmodelle
Innovationen auslösen
0711
2016
978-3-7398-0101-8
978-3-8676-4708-3
UVK Verlag
Wilhelm Schmeisser
Dora Höhne
Jan Hutzler
Hanh Nguyen Tran
Beschreiben Führungskräfte, wie ein Unternehmen funktioniert, so wird häufig von Geschäftsmodellen gesprochen. Und auch in einem Insolvenzfall wird oftmals das (falsche oder veraltete) Geschäftsmodell als Ursache genannt. Doch was ist ein Geschäftsmodell? Welche sind die relevanten Dimensionen für die Beschreibung von Geschäftsmodellen?
Das Buch erklärt praxisnah und in kompakter Form, was Geschäftsmodelle kennzeichnet und was ihren Erfolg ausmacht: von den Grundlagen über die Einordung in das Strategische Management bis hin zur Bewertung. Geschäftsmodelle müssen sich sowohl in einem Businessplan als auch in einer Verbesserung der Wettbewerbssituation wiederfinden. Deshalb schauen sich die Autoren die wirksamsten Geschäftsmodelle der (Auto-) Industrie genauer an: Die Massenproduktion (Ford) und Lean Management (Toyota).
Das vorliegende Buch ist insbesondere für Unternehmen relevant, die ihr bestehendes Geschäftsmodell überarbeiten oder ein neues Geschäftsmodell
entwickeln möchten beziehungsweise müssen. Es richtet sich ebenso an Studierende der Wirtschaftswissenschaften.
<?page no="2"?> Wilhelm Schmeisser, Dora Höhne, Jan Hutzler, Hanh Nguyen Tran BUSINESSWISSEN GESCHÄFTSMODELLE <?page no="3"?> Wir widmen dieses Buch Herrn Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Universität St. Gallen <?page no="4"?> Wilhelm Schmeisser, Dora Höhne, Jan Hutzler, Hanh Nguyen Tran BBUUSSIINNEESSSSWWIISSSSEENN GGEESSCCHHÄÄFFTTSSMMOODDEELLLLEE Innovationen auslösen 2., erweiterte Auflage UVK Verlagsgesellschaft mbH • Konstanz mit UVK/ Lucius • München <?page no="5"?> Die erste Auflage erschien bei utb. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-86764-708-3 (Print) ISBN 978-3-7398-0100-1 (EPUB) ISBN 978-3-7398-0101-8 (EPDF) © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016 Umschlaggestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 • 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 • Fax 07531-9053-98 www.uvk.de <?page no="6"?> uvk.de VVoorrwwoorrtt Geschäftsmodell ist wahrscheinlich einer der neuesten, in der unternehmerischen Praxis zurzeit am häufigsten verwendete und umstrittenste Begriff des Strategischen Managements. Bei Praktikern hört man öfter derartige Aussagen: Das Unternehmen hat ein gut laufendes Geschäftsmodell oder das Geschäftsmodell ist nicht zukunftsfähig und führt in die Insolvenz. Es fällt auf, dass der Praktiker selbst aber nicht sagen kann, was er unter einem Geschäftsmodell genau versteht. Eine ähnliche Analyse kann man von der wissenschaftlichen Literatur des Strategischen Managements konstatieren. Nachdem 2010 die Dissertation von Osterwalder zum Canvas-Modell bzw. Geschäftsmodell herausgekommen ist, versuchen sich Wissenschaftler daran, Geschäftsmodelle zu erklären, zu definieren und mit Inhalten des Strategischen Managements aufzufüllen. Daraus ergeben sich drei Zielsetzungen des Buches. Mit Hilfe der Geschäftsmodell-Innovation „Auto“ wird das intuitive Geschäftsmodell „Innovation“ mit einem Businessplan beschrieben und mit Hilfe des inkrementalen Strategieforschungsansatzes von Quinn erklärt. Zweitens wird das Geschäftsmodell als Axiom des Strategischen Managements definiert und mit Hilfe wissenschaftlicher Prämissen einem Falsifikationstest im Sinne des kritischen Rationalismus unterzogen. Das wertorientierte Geschäfts-Prozess-Modell „Auto“ wird dann am Beispiel der Massenproduktion des Modells T bei Ford/ Taylor 1911-14 sowie bei Toyota mit dem Toyota-Produktions-System ab 1955 bis heute bzw. Lean-Management verifiziert. Grundlagen des Geschäftsmodells Stellen Sie sich folgende Aufgabenstellungen vor: Sie sollen ein Gründungsgeschäftsmodell (Business Model Framework) beschreiben, analysieren und gestalten können. Sie sollen ein innovatives, neu ausgerichtetes und/ oder prozessorientiertes Geschäftsmodell (Canvas-Modell) beschreiben, analysieren und gestalten können. Sie sollen die Planung und die ökonomische Logik eines Geschäftsmodells verstehen können, d.h. den organisatorischen und strategischen Ansatz, der oft eher zufällig, deklaratorisch beim Geschäfts- <?page no="7"?> 6 Vorwort uvk.de modell erfolgt, dann aber faktisch sich als Geschäftsmodell herauskristallisiert. Sie sollen ein intuitives und ein wertorientiertes Geschäftsmodell beschreiben, analysieren und gestalten können. Sie sollen wissen, dass das Geschäftsmodell als Gründungsidee eines Business-Plans, aber auch als Ausgangspunkt bzw. als Axiom eines Strategischen Managements bei einem Konzern betrachtet werden kann. Beim Axiom setzt ein Strategisches Management eine innovative Gestaltung des Geschäftsmodells voraus, d.h. die volkswirtschaftliche Nicht-Determiniertheit und damit die Gestaltung des Marktes. Mit Hilfe der Gestaltung des Unternehmens, der Technologie, der Organisation, der Strategie usw. kann ein Geschäftsmodell geplant und entwickelt werden. Sie sollen verstehen, dass das Strategische Management sich mit und durch das Geschäftsmodell als generelle Unternehmensführung oder Unternehmenspolitik sowie als allgemeine, internationale Betriebswirtschaft erweisen kann. Sie sollen wissen, dass die internationale Betriebswirtschaftslehre wertorientiert den Erfolg von (Konzern-)Unternehmen danach beurteilt, ob das Geschäftsmodell des Konzerns stimmig ist mit dem Corporate Governance-Ansatz, dem Konzernportfolio, den Strategien, den Organisationsstrukturen und mit dem internen und externen Rechnungswesen (z.B. IFRS). Erst dadurch wird das Geschäftsmodell wertorientiert, d.h. durch einen Shareholder Value-Ansatz messbar, beschreibbar, analysierbar und als veränderbar erklärt. Das wertorientierte Geschäftsmodell wird, in Anlehnung an Müller-Stewens und Lechner, im Strategischen Management in Verbindung zum operativen Management folgende Fragen beantworten können: Welche innovativen Geschäftsfelder/ Leistungen sollen welchen Kunden angeboten werden? Wie und in welchen internationalen Strukturen und Prozessen auf der Grundlage von welchen Strategien sollen die Geschäftsfelder/ Leistungen entwickelt, gefertigt/ produziert, montiert und vermarktet werden? Wie gewinnt, pflegt, erhält und erweitert das Unternehmen die dazugehörigen Kunden mit welchen Geschäftsfeldern? <?page no="8"?> Vorwort 7 uvk.de Aufgrund welcher Wettbewerbskräfte, Erfolgsfaktoren, Wertschöpfungsmodelle, Working Capital-Management-Ansätze, Lean-Managementprozesse usw. konkretisieren/ implementieren die Unternehmen ihr wertorientiertes Geschäftsmodell/ ihre Ertragsmechanik im Rechnungswesen bzw. im IFRS-Jahresabschluss? Ein (intuitives) Geschäftsmodell ist die größte strategische Herausforderung für ein zu gründendes Unternehmen und/ oder sich neu orientierendes (Konzern-)Unternehmen, um für seine Geschäftsfelder kundenorientierte Bedarfe und Gelegenheiten zu erkennen und betriebswirtschaftlich zu implementieren, und um sie schließlich wertorientiert/ gewinnorientiert beim „Kunden“ zu vermarkten. Benz entwickelte vor ca. 130 Jahren das erste Auto als intuitives Geschäftsmodell bzw. Innovation, in dem Benz statt der Pferde vor der Kutsche einen Motor anbrachte; Taylor und Ford entwickelten zwischen 1910 bis 1914 mit dem Modell T ein wertorientiertes Geschäftsmodell „Volksauto“ (Innovations-Prozess-Geschäftsmodell), da sie dadurch die Massenproduktion in der Automobilindustrie einführten, u.a. mittels Fließband, Scientific Management, Plankostenrechnung, und dadurch den Massenkonsum ermöglichten, da das Auto Modell T an mehr als 16.000.000 Konsumenten in den USA verkauft wurde. Abb. 1: Magisches Dreieck von Gassmann (in Anlehnung der Geschäftsmodelle von Timmons und Gassmann u.a.) <?page no="9"?> 8 Vorwort Herrn Dr. Jürgen Schechler von der UVK-Verlagsgesellschaft danken wir für die erneut gute Zusammenarbeit. Berlin/ Nürnberg, im Juni 2016 Die Verfasser <?page no="10"?> IInnhhaallttssüübbeerrssiicchhtt 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff............................................................................................... 17 2 Wissenschaftliche Logik, methodologische Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell im Rahmen des Strategischen Managements ......................................................... 75 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells in die Logik der Theorien zum Strategischen Management ................... 83 4 Strategies for Change - Logical Incrementalism by James Brian Quinn (1980) ................................................................................... 91 5 Zur organisatorischen Implementierung eines wertorientierten Geschäfts-Prozess-Modells am Beispiel Toyota .......................... 101 6 Bewertung von Geschäftsmodellen ............................................. 163 <?page no="12"?> uvk.de IInnhhaallttssvveerrzzeeiicchhnniiss Vorwort ..................................................................................................................5 Abbildungsverzeichnis ....................................................................................... 15 Tabellenverzeichnis ........................................................................................... 16 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff .. 17 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell als Denkmodell eines Business-Planes .............................................................. 21 1.2 Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells .................................................................................. 28 1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes ......... 31 1.4 Beispiel einer Finanzplanung im Rahmen eines Businessplans in Anlehnung an die KfW-Anleitung/ Deutsche Ausgleichsbank für Gründer .................................................................................................. 36 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen ..................................... 47 1.5.1 Grundpfeiler ............................................................................... 48 1.5.2 Bausteine ................................................................................... 49 1.5.3 Gesamtübersicht........................................................................ 64 1.6 Geschäftsmodellgestaltung .................................................................. 66 1.6.1 Mobilisieren ................................................................................ 66 1.6.2 Verstehen ................................................................................... 68 1.6.3 Gestalten .................................................................................... 70 1.6.4 Implementieren .......................................................................... 72 1.6.5 Durchführen ............................................................................... 72 1.6.6 Gesamtübersicht zu den Gestaltungsphasen eines Geschäftsmodells ...................................................................... 73 2 Wissenschaftliche Logik, methodologische Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell im Rahmen des Strategischen Managements................................................................... 75 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells in die Logik der Theorien zum Strategischen Management .................................... 83 <?page no="13"?> 12 Vorwort uvk.de 4 Strategies for Change - Logical Incrementalism by James Brian Quinn (1980) .............................................................................................. 91 4.1 Zur Logik des Inkrementalismus........................................................... 92 4.2 Toyota: Ein Beispiel des Logischen Inkrementalismus........................ 96 5 Zur organisatorischen Implementierung eines wertorientierten Geschäfts-Prozess-Modells am Beispiel Toyota..................................101 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept ........ 102 5.1.1 Zur Logistik und den Logistiksystemen .................................. 102 5.1.2 Entscheidung zum wertorientierten Geschäftsmodell ........... 121 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungs- und Überwachungsinstrument hilft leistungswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Risiken zu kalkulieren und verbessert damit wertorientierte Geschäftsmodelle ................................................................................ 122 5.3 Auswirkungen des Working Capital auf die Bilanz und den operativen Cashflow ...................................................................................... 148 5.3.1 Working Capital als Teil des Cashflows .................................. 148 5.3.2 Indirekter Cashflow .................................................................. 149 5.4 Zusammenhang zwischen Working Capital und Return on Investment (RoI)............................................................................................. 150 5.5 Wertorientiertes Geschäftsmodell und Shareholder-Value- Ansatz ................................................................................................... 153 5.6 Wert- und risikoorientierte Unternehmensführung ............................ 154 5.7 Einführung eines Risikomanagementsystems bei einem wertorientierten Geschäftsmodell ...................................................... 155 5.8 Unternehmensbewertung nach dem Shareholder-Value-Ansatz ...... 157 5.9 Zusammenhang zwischen Working Capital und EVA......................... 158 6 Bewertung von Geschäftsmodellen .......................................................163 6.1 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes ........ 169 6.1.1 Dimensionen des Shareholder Value-Ansatzes ..................... 171 6.1.2 Shareholder Value als Finanzgröße ........................................ 171 6.1.3 Value als Handlungsmaxime ................................................... 172 6.2 Discounted Cash Flow-Methode ......................................................... 172 6.2.1 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze .................... 173 <?page no="14"?> Vorwort 13 6.2.2 Entitybzw. WACC-Ansatz (Bruttoverfahren) ........................... 175 6.2.3 Ermittlung der Free Cash Flows (FCF) ..................................... 177 6.2.4 Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten (WACC) ................. 178 6.2.5 Adjusted Present Value-Ansatz................................................ 181 6.2.6 Equity-Ansatz (Nettoverfahren) ............................................... 183 6.3 Economic Value Added-Methode ........................................................ 186 6.3.1 Berechnung des EVA................................................................ 186 6.3.2 Basiselemente des EVA ........................................................... 189 6.3.3 Berechnung der Gewinngröße (NOPAT) .................................. 190 6.3.4 Berechnung der Vermögensgröße (Kapital C) ........................ 191 6.3.5 Berechnung des Kapitalkostensatzes (WACC) ....................... 192 6.3.6 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ ...................................................................................... 193 6.3.7 Ermittlung des Unternehmenswerts ....................................... 196 Literaturverzeichnis .......................................................................................199 Index ..............................................................................................................209 <?page no="16"?> uvk.de AAbbbbiilldduunnggssvveerrzzeeiicchhnniiss Abb. 1 Magisches Dreieck von Gassmann................................................7 Abb. 2 Die vier Felder des Business Model Canvas ..............................22 Abb. 3 Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells ..................23 Abb. 4 Magisches Dreieck von Gassmann..............................................33 Abb. 5 Geschäftsmodell in Anlehnung an Schallmo .............................34 Abb. 6 Geschäftsmodell in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur .35 Abb. 7 Baustein CS im BMC .....................................................................51 Abb. 8 Baustein VP im BMC.....................................................................53 Abb. 9 Baustein CH im BMC ....................................................................54 Abb. 10 Baustein CR im BMC.....................................................................56 Abb. 11 Baustein RS im BMC .....................................................................58 Abb. 12 Baustein KR im BMC ....................................................................59 Abb. 13 Baustein KA im BMC ....................................................................61 Abb. 14 Baustein KP im BMC ....................................................................62 Abb. 15 Alle Bausteine zusammen mit CS im BMC ................................64 Abb. 16 Canvas-Modellbestandteile mit Definitionen.............................65 Abb. 17 Transformierte Gesamtdarstellung zum BMC ..........................65 Abb. 18 Transformierte Gesamtdarstellung Geschäftsmodell Apple iTunes ...............................................................................................67 Abb. 19 Empathie-Karte ..............................................................................69 Abb. 20 Blue-Ocean-Strategie und BMC...................................................71 Abb. 21 Theorien zum Strategischen Management .................................84 Abb. 22 („Intuitives“) Geschäftsmodell „Canvas“................................ 165 Abb. 23 Axiom: Vom Canvas-Modell/ Startup zum intuitiven Geschäftsmodell Industriebetrieb............................................. 166 Abb. 24 Einsatz der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes ........................................................................ 167 <?page no="17"?> 16 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff Abb. 25 Bewertung von Geschäftsmodellen: Zusammenhang zwischen Buchhaltung und dem sonstigen Rechnungswesen .... 167 Abb. 26 Bewertung von Geschäftsmodellen im Industriebetrieb: vom intuitiven zum wertorientierten Geschäftsmodell......... 168 Abb. 27 Bewertung von Geschäftsmodellen.......................................... 169 Abb. 28 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze ................... 174 Abb. 29 Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added..... 189 Abb. 30 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ .......................................................................................... 194 TTaabbeelllleennvveerrzzeeiicchhnniiss Tab. 1 Investitions- und Finanzierungsplan .............................................34 Tab. 2 Monatliche Umsatzerlöse des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre .................................................................. 34 Tab. 3 Monatliche Kosten des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre ..................................................................................35 Tab. 4 Ermittlung der Anlaufverluste im 1. Geschäftsjahr....................35 Tab. 5 Ermittlung der jählichen Abschreibungskosten ..........................36 Tab. 6 Monatliche Gewinn- und Verlustvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre ........................................36 Tab. 7 Monatliche Liquiditätsvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre ...........................................................37 Tab. 8 Kapitalbedarfsplanung des Reis-Burger-Restaurants .................41 Tab. 9 Finanzierungsplan des Reis-Burger-Restaurants .........................44 Tab. 10 Umsatz- und Rentabilitätsvorschau des Reis-Burger- Restaurants ........................................................................................ 45 Tab. 11 Grundpfeiler und Bausteine in Anlehnung an Osterwalder ......48 Tab. 12 Gestaltungsprozess in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur ...............................................................................................73 Tab. 13 Ermittlungsschema des NOPAT................................................ 190 Tab. 14 Ermittlungsschema des investierten Kapitals ........................... 191 <?page no="18"?> 11 GGeesscchhääffttssmmooddeellll: : AAnnnnäähheerruunngg aann eeiinneenn pprraaxxiiss-oorriieennttiieerrtteenn BBeeggrriiffff <?page no="19"?> 18 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Businesspläne bei Neugründungen von Unternehmen werden seit über 30 Jahren von Banken von jungen Unternehmern gefordert. Hintergrund und Intention der Banken war und ist, die Gründerunternehmen zu zwingen, Rechenschaft vor der Bank, aber auch vor sich selbst zu geben, ob ihr Geschäftsmodell, ihre Innovation, ihre Gründungsidee nachhaltig betriebswirtschaftlich tragbar ist und damit für die Banken risikoloser finanzierbar wird. Nach Magretta, J. (2002, p. 87) sind „Business models are stories that explain how enterprises work. A good business model answers Peter Drucker’s age old questitions: Who is the customer? And what does the customer value? It also answers the fundamental questions every manager must ask: How do we make money in this business? What is the underlying economic logic that explains how we can deliver value to customers at an appropriate cost? “ 1 Für Timmons ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell nicht allein von der kreativen Ideenfindung oder „kreativen Zerstörung“ eines bisherigen Geschäftsmodells nach Schumpeter abhängig (z.B. klassische Buchhandlung durch Amazon), sondern das zu planende Geschäftsmodell wird vom Zusammenspiel dreier maßgeblicher Faktoren geprägt, und zwar von den Chancen (engl. „Opportunities“), den „Ressourcen“ und der Gruppe (engl. „Teams“) unter der Leitung eines Entrepreneurs sowie die Entwicklung des Businessplans. „Finding a good idea is the first step in the process of converting an entrepreneur´s creativity into an opportunity…“ 2 , konstatiert Timmons. Timmons versteht sein Modell als ein Prozess-Geschäftsmodell, dass die Verbindung alle Erfolgsfaktoren erfordert. Der Entrepreneur erkennt die Marktchancen und koordiniert das Zusammenspiel der Ressourcen, um die Chancen zu evaluieren. Letztlich ist es der Entrepreneur, der eine Gruppe/ Unternehmen aufbaut, die Person, die sicherstellt, damit die Marktchancen durch die richtige Kombination der Ressourcen dauerhaft genutzt werden können. 3 1 Vgl. Magretta, J. (2002), Why business models matter, in: Harvard business review, 5, p. 86-93 2 Timmons / Spinelli (2004), p. 84 3 Vgl. Geibel, Richard C. (2009/ 10), S. 13 <?page no="20"?> 19 uvk.de [1] Entrepreneur Aufgabe des Entrepreneur (bzw. des Gründers) ist es, durch Kommunikation, Führung und Kreativität die Antriebskräfte des Geschäftsmodells aufeinander abzustimmen und ein in sich ausbalanciertes „Organisations-System“ zu erschaffen und zu erhalten. Diese „Kräfte“ bzw. Faktoren tragen damit zum Erfolg der Unternehmensgründung bei. [2] Chancen Es geht bei der Chancen oder „Opportunities“ um die Identifizierung von Marktchancen sowie um die Entwicklung von Geschäftsideen und deren Umsetzung. Die Marktchancen basieren auf der Marktnachfrage bzw. Kundenorientierung (market demand oder market pull), der Marktgröße, der Marktstruktur (market structure and size) sowie der Erzielung von Gewinnmargen. [3] Ressourcen Für die Ressourcen steht zunächst nur ausreichendes Kapital zur Verfügung. Die weiteren betriebswirtschaftlichen Elemente bzw. Faktoren sind die Mitarbeiter mit ihrem operativen und strategischen Know-how und dem Businessplan als Leitfaden. [4] „Gruppe“ Die Gruppe wird im Timmons-Modell in einen Lead-Entrepreneur und das Management Team unterteilt. Dem Entrepreneur wird die Aufgabe zugewiesen, dass die Gruppe, die Ressourcen und die Chancen zu einem im Gleichgewicht befindlichen System formt. 4 Durch die Anwendung von Kreativität bewältigt die Gruppe die Mehrdeutigkeit und die Unsicherheiten, die sich aus den Chancen ergeben. Gleichzeitig bietet die Gruppe/ Organisation der Führungskraft das Geschäftsmodell an, um den Einsatz von Ressourcen zu koordinieren und in Beziehung zum Kapitalmarkt zu treten. Eine gute Gruppe ist eher geeignet bzw. erfolgreich, Ideen zu finden, diese für den Markt zu entwickeln und umzusetzen. Eine Gruppe ist effizienter, die evtl. nur aus einem Entrepreneur besteht, der nur von seiner Idee überzeugt ist, dem aber das richtige Verständnis für den Markt oder das kaufmännische Betreiben eines Unternehmens fehlt. 5 4 Vgl. Ripsas, S. (2004), S. 5 5 Quelle: https: / / startupbloggers.wordpress.com/ page/ 3/ . Abruf am 04.11.2014 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff <?page no="21"?> 20 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Hier wird deshalb ein Business-Plan vom zukünftigen Unternehmer/ Manager gefordert, um dieses Know-how zu überprüfen. Zum Businessplan eines kreativen bzw. intuitiven Geschäftsmodells: „Ein Businessplan ist ein schriftlich ausgearbeitetes Unternehmenskonzept, das von der Geschäftsidee bis zur Vertriebsstrategie alle grundlegenden Aspekte einer geplanten Existenzgründung beinhaltet.“ 6 Für die Erstellung eines Businessplans ist es notwendig, sich die kundenorientierten Anforderungen herauszuarbeiten und die Anforderungen der Kapitalgeber an den Businessplan hervorzuheben. Es sind also zwei Adressaten im Businessplan zu berücksichtigen: Externe Adressaten: Kapitalgeber oder evtl. staatliche Institutionen, Verbände etc. Interne Adressaten: Gesellschafter bzw. die Gründer selbst, Mitarbeiter etc. Zunächst wird der Businessplan den potenziellen Kapitalgebern vorgestellt. Aus dem Blickwinkel der Kapitalgeber muss die kreative Idee profitabel (wertorientiert) umgesetzt werden. Dafür benötigen die Kapitalgeber eine überzeugende Darstellung des Unternehmenskonzepts (Geschäftsmodells). Kapitalgeber können neben den Banken, Venture- Capital-Gesellschaften, große Industrieunternehmen oder private Investoren sein. Neben der Informationsbereitstellung für die Kapitalgeber (externe Adressaten), erfüllt der Businessplan jedoch auch interne Aufgaben für das Gründerteam. Einerseits dient der Businessplan im Rahmen der Gründungsvorbereitung als Orientierung und Kontrollinstrument, andererseits jedoch, nachdem die Gründung erfolgt ist, als Planungsleitfaden bzw. als „Drehbuch des Geschäftsmodells“ für die ersten Geschäftsjahre. 7 Es gibt keine Standardform für Businesspläne. Trotzdem beinhaltet ein Businessplan (Prozesskette eines Entrepreneurship) mindestens folgende Aspekte: Kurzfassung (Executive Summary): Unternehmenskonzept, Erfolgsfaktoren, wirtschaftliche Zielgrößen und Kapitalbedarf 6 Malek/ Ibach (2004), S. 358 7 Vgl. Kern, Martin; S. 6ff. <?page no="22"?> 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell 21 uvk.de Beschreibung des Gründungsvorhabens: Gründungsperson, Produktion und Leistungserstellung, Marktübersicht (Markteinschätzung, Wettbewerber, Standortwahl) und Zukunftsaussichten Marketing-Plan: Unternehmensstrategie und Marketing-Mix (Produkt, Preis, Vertrieb, Kommunikation) Management-Plan: Personal, Organisation und gesellschaftsrechtliche Aspekte Finanzplan, Investitionsplan, Liquiditätsplan, Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanzplan der ersten Monate, Quartale und ersten Jahre 8 Zu dem Modell von Timmons lässt sich der ergänzende Ansatz von Füglistaller, Müller und Volery (2008) gut hinzufügen (vgl. Füglistaller u.a.: „Entrepreneurship. Modelle - Umsetzung - Perspektiven“). Sie sehen auch den Unternehmer, die unternehmerischen Gelegenheiten (Opportunity), Ressourcen, Organisation und Umwelt als Schlüsselelemente eines Entrepreneurship und definieren ebenso Entrepreneurship als Prozess. Für sie bietet ihr Entrepreneurship-Ansatz die Möglichkeiten, neue unternehmerische Gelegenheiten zu identifizieren, zu evaluieren und betriebswirtschaftlich-profitabel zu nutzen. Unternehmerische Gelegenheiten bedeuten für sie „ kkaa u uffmmää nnnniisscchh kkl laa s sssiisscch h“, dass neue Produkte und Dienstleistungen zu höheren Preisen als zu ihren Produktionskosten eingeführt und verkauft werden können. 9 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell als Denkmodell eines Business-Planes Während der Businessplan internen und externen Planungszwecken dient, richtet sich das Canvas-Geschäftsmodell an den internen Planungs- und Gestaltungsprozess. Als Instrument der Planung greift das Geschäftsmodell den axiomatischen, innovativen Impuls der kreativen und intuitiven Geschäftsidee auf, konkretisiert diesen und trägt damit zur erfolgreichen Umsetzung der Idee bei. 10 “A business model describes the ra- 8 Vgl. Denis A. De (2005), S. 103ff. 9 Vgl. Füglistaller, U./ Müller, C./ Volery, T. (2008), S. 13 10 Vgl. Freiling (2006), S. 213 <?page no="23"?> 22 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de tionale of how an organization creates, delivers, and captures value”. 11 Ein Analysetool von Geschäftsmodellen stellt das intuitive Canvas-Geschäftsmodell (engl. “Business Model Canvas”) dar. Das intuitive Canvas-Geschäftsmodell gilt als eine Methode des strategischen Managements, die von Alexander Osterwalder, Yves Pigneur und 470 weiteren Personen aus 45 Ländern entwickelt wurde. Die Funktion des CANVAS-Modells beschreibt die Planung, die Dokumentation und die weiteren Entwicklungsschritte bis zur Kontrolle bestehender Geschäftsmodelle oder, axiomatisch betrachtet, den archimedischen Ausgangspunkt der Generierung neuer Geschäftsmodelle. Es dient dazu, Unternehmen dabei zu unterstützen, Ihre Aktivitäten besser zu verstehen, zu koordinieren, mögliche Synergien zwischen Geschäftsfeldern eines Geschäftsmodells herauszustellen und wertorientiert gestaltbar zu machen. 12 WWIIEE? ? (Wertschöpfungsarchitektur) WWAASS? ? (Value Proposition) WWEER R? ? (Kunden) WWAAR RUUMM? ? (Kosten / Erträge) Abb. 2: Die vier Felder des Business Model Canvas 13 Die vier Felder des Geschäftsmodells Canvas sind: „Wer“-Komponente: Wer sind die wichtigsten Kunden? Und wie können diese Kunden erreicht werden? Welche Eigenschaften oder Bedürfnisse haben die Kunden? „Was“-Komponente als Wertangebot: Welche Produkt- oder Dienstleistungspakete werden den verschiedenen Kundensegmenten angeboten? Welche Werte vermittelt das Unternehmen seinen Kunden? Welche der Probleme bzw. Bedürfnisse werden mithilfe des Wertangebotes gelöst bzw. befriedigt? Welche Vertriebskanäle werden genutzt? 11 Osterwalder, Alexander (2004), S. 14 12 Vgl. Kapteyn, S. 2 13 in der Anlehnung von Kapteyn, S. 3 <?page no="24"?> 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell 23 uvk.de „Wie“-Komponente als Wertschöpfungsarchitektur: Wie realisiert die Organisation über die Wertschöpfungstätigkeiten das Geschäftsmodell? Welche Wertschöpfung soll selbstständig werden und welche soll von Partnern erbracht werden? „Warum“-Komponente: Wodurch werden Kosten verursacht und wie werden die Erträge durch das Geschäftsmodell erzielt? Welche Einnahmen realisiert die Organisation? Welche Kostenstrukturen entstehen in den Funktionen des Unternehmens? 14 Die vier Bereiche/ Felder des intuitiven Geschäftsmodells werden wertorientiert weiterentwickelt und bieten eine Visualisierung jedes Geschäftsmodells in den verschiedensten Branchen unter Berücksichtigung von neun Bausteinen an (vgl. Abb. 3). Abb. 3: Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells 15 (1) Customer Segments (CS) - Kundensegmente Der erste Baustein der Canvas-Modells wird als Herzstück eines jeden Geschäftsmodells verstanden. Dieser Baustein steht für die Kundenori- 14 Vgl. Freiling (2006), S. 215ff. 15 In Anlehnung an Osterwalder (2010), S. 18f. <?page no="25"?> 24 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de entierung verschiedener Kundensegmente einer jeden Organisation, die ein Unternehmen erreichen will. Die sogenannte Kundensegmentierung richtet sich nach Bedürfnissen, Verhaltensweisen und anderen Eigenschaften bzw. Merkmalen aus, die die Kunden haben. Die Kundensegmente können durch unterschiedliche Kanäle erreicht, über unterschiedliche Kundenbeziehungen zum Unternehmen gefördert oder nach verschiedenen Ausprägungen der Kaufkraft eingeteilt werden. Nach Osterwalder und Pigneur (2010) existieren verschiedene Arten von Kundensegmenten: Massenmarkt - keine Unterscheidung von Kundensegmenten Marktsegmente - zwei oder mehr teilweise zusammenhängende Kundensegmente Nischenmärkte - sehr scharf definierte Kundensegmente diversifizierte Segmente - zwei oder mehr nicht-korrelierte Segmente mehrseitige Plattformen (oder „Multi-sided“-Märkte) - zwei oder mehrere voneinander abhängende Kundensegmente 16 (2) Value Propositions (VP) - Wertangebote Dieser Baustein kann als Fortführung und Konkretisierung der Bedürfnisse-Idee verstanden werden. Wertangebote beschreiben die Produkte oder Dienstleistungen und stellen einen spezifischen Nutzen für den Kunden dar. Mit Hilfe des Nutzenversprechens versucht das Unternehmen Kundenprobleme zu lösen oder Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Jedes Wertangebot schließt einige der folgenden Elemente ein: Preis oder Liefergeschwindigkeit (quantitatives Angebot) Gestaltung oder spezielle Kundenanpassung (qualitatives Angebot) Kostenreduzierung oder Risikoreduktion für die Kunden Leistungsoptimierung (Verbessern von Produkt- oder Serviceleistungen) Neuheit (vollkommen neues Angebot) durch das Geschäftsmodell Designs oder der Marke/ Status (vom Produkt) Anwenderfreundlichkeit oder Arbeitserleichterung für die Kunden 17 16 Vgl. Osterwalder (2010), S. 21 und Kapteyn, S. 5 17 Vgl. Osterwalder (2010), S. 23ff. und Kapteyn, S. 5, 6 <?page no="26"?> 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell 25 uvk.de (3) Channels (CH) - Kanäle Die Wertangebote werden dem Kunden durch Kommunikations-, Distributions- oder Vertriebs-Kanäle einfacher und schneller zugänglich gemacht, z.B. Online-Handel. Deswegen beschreibt dieser Baustein, über welche Kanäle ein Unternehmen mit den Kunden kommuniziert und auf welchen Vertriebswegen der Kunde am einfachsten erreicht werden kann. Es existieren fünf Kanaltypen: Verkaufsabteilung, Internetverkauf, eigene Filiale, Partnerfiliale und Großhändler. Diese Kanaltypen lassen sich zum einen als direkte oder indirekte Vertriebskanäle charakterisieren und zum anderen in eigene und Partnerkanäle (Outsourcing) untergliedern. Außerdem gibt es auch fünf Kanalphasen: Aufmerksamkeit, Bewertung, Kauf, Vermittlung und kognitive Dissonanzen, die nach dem Kauf des Produktes befriedigt werden müssen. Die Abstimmung der Kanäle auf die Phasen des Kundenkaufs ist die Herausforderung für ein Unternehmen, das die Kundenorientierung und -erfahrung mit dem Geschäftsmodell primär beachten will, um den Umsatz dadurch zu maximieren sowie die Profitabilität bzw. damit die Wertorientierung des Geschäftsmodells abzusichern. (4) Customer Relationships (CR) - Kundenbeziehung Dieser Baustein beschreibt die Beziehung, die ein Unternehmen zu einem Kunden bzw. zu Kundensegmenten entwickelt. Die Beziehungen des Unternehmens müssen mit jedem Kundensegment hergestellt und unterhalten werden. Die Kundenbeziehungen haben im Geschäftsmodell des Unternehmens erheblichen Einfluss auf die Kundenerfahrungen und umfassen die Kundenakquise, die Kundenpflege, die Kundenbindung und die Verkaufssteigerungsmöglichkeiten. Die Art der Beziehungen kann zum einen durch eine persönliche Betreuung zwischen dem Kunden und einem Kundenberater via Telefon, Point of Sale oder E-Mail erfolgen; zum anderen ermöglicht die Kundenbeziehung auch durch die Selbstbedienung oder der automatisierten Dienstleistungen (durch den Mix mehrerer Optionen im Rahmen der Selbstbedienung im automatisierten E-Business-Prozess) sowie beim Kauf von Produkten im Rahmen von Social Media-Tools. Weitere Kauf-Gemeinschaften und Kauf-Mitbeteiligungen (Co-Kreation) sind auch zwei Arten der Kundenbeziehung. 18 18 Vgl. Osterwalder (2010), S. 29 <?page no="27"?> 26 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de (5) Revenue Streams (RS) - Einnahmequellen Dieser Baustein steht für die Einkünfte (Einnahmen, Einzahlungsströme) des Unternehmens pro Kundensegment und resultiert aus erfolgreich den Kunden angebotenen Value Propositions. Dabei hilft es dem Unternehmen zu wissen, für welche Werte (Gebrauchs- und Zusatznutzen) am Produkt, Dienstleistung, Geschäftsmodell die Kunden wirklich zu zahlen bereit sind und wofür sie aktuell bezahlen. Mögliche Einnahmequellen können aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, Benutzungsgebühren, Mitgliedsbeiträgen, Verleihgebühren, Vermietungen, Leasing, Lizenzgebühren, Maklergebühren und Gebühren für Werbung resultieren. 19 Ohne einen Revenue-Stream (grundlegende Prämisse) ist ein wertorientiertes Geschäftsmodell nicht lauffähig. (6) Key Resources (KR) - Schlüssel-Ressourcen Schlüssel-Ressourcen sind notwendig, um die Nutzenversprechen des Unternehmens gegenüber seinen Kunden einzulösen und seine Kundenbeziehungen zu realisieren. Beispiele für Schlüssel-Ressourcen sind: physische Ressourcen (Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge usw.) nicht-physische Ressourcen (z.B. Schutzrechte, Patente, Lizenen usw.) Human Resources (Humankapital, das sich auf Kompetenzen der Mitarbeiter stützt) finanzielle Ressourcen (Gründungskapital, Working Capital, Kapitalerhöhungsoptionen, mezzanine Finanzierung, Leasing, Factoring etc.) 20 (7) Key Activities (KA) - Schlüssel-Aktivitäten Dieser Baustein Schlüssel-Aktivitäten beschreibt die wichtigsten Aktivitäten eines Unternehmens, die zur Umsetzung eines Geschäftsmodells erforderlich sind. Die Aktivitäten umfassen das Schaffen eines Wertangebotes, das Erreichen von Märkten, den Aufbau von Kundenbeziehun- 19 Vgl. Osterwalder (2010), S. 31ff. 20 Vgl. Kapteyn, S. 7, 8 <?page no="28"?> 1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell 27 uvk.de gen zur Generierung von Einnahmen. Betroffene Aktivitäten finden sich z.B. in den Bereichen: Beschaffung, Produktion und Logistik Problemlösung durch montagegerechte Konstruktion und Produkte Plattform / Netzwerk durch Online-Handel 21 (8) Key Partnerships (KP) - Key-Partnerschaften Manche Aktivitäten oder Ressourcen werden von außerhalb der Organisation bezogen durch die Lieferanten. Aus diesem Grund steht dieser Baustein für das Netzwerk aus Zulieferern und strategischen Partnern, die erst das Geschäftsmodell ermöglichen. Es gibt unterschiedliche Typen und Motivationen für Partnerschaften. Typen sind u.a.: strategische Partnerschaft zwischen „Nicht-Wettbewerbern“ strategische Partnerschaft zwischen Wettbewerbern Joint Ventures, um neue Geschäftsfelder im Ausland zu erschließen Käufer-Lieferanten-Beziehungen in der Halbteile- und Systemteilefertigung durch gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, um Montageprozesse in der Produktion zu beschleunigen und zu Kosten zu reduzieren. Motivationen für Partnerschaften können sein: Erzielung Economies of Scale and Scope Realisation von Erfahrungskurveneffekten Risikoreduktion Zugang zu bestimmten Ressourcen oder Dienstleistungen 22 (9) Cost Structure (CS) - Kostenstruktur Die wirtschaftlichen Bestandteile eines Geschäftsmodells resultieren aus einer bestimmten Kostenstruktur. Die Kostenstruktur beinhaltet alle Kosten, die bei der Umsetzung eines Geschäftsmodells entstehen. Bei 21 Vgl. Osterwalder (2010), S. 37 22 Vgl. Kapteyn, S. 8 <?page no="29"?> 28 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de dieser Struktur wird analytisch zwischen dem kostenorientierten und wertorientierten Geschäftsmodell unterschieden. Beim kostenorientierten Geschäftsmodell liegt der Fokus auf die Minimierung von Kosten, während man sich beim wertorientierten Geschäftsmodell auf die Wertschöpfung und die Ertragskomponenten konzentriert, um hochwertige Angebote an die Kunden zu offerieren, und um damit möglichst große Umsätze zu erzielen. Mischformen dieser beiden Modelle sind selbstverständlich möglich und häufig vorhanden. Im Wesentlichen setzt sich die Kostenstruktur eines Geschäftsmodells aus Fixkosten und variablen Kosten zusammen. Eine Break-Even- Analyse gibt vorläufig Auskunft darüber, ab wann (ab welcher verkauften Menge bzw. Umsatz) das Unternehmen in die Gewinnzone kommt. 23 1.2 Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells Nach Bruhn liegt eine Kundenorientierung vor, wenn eine Unternehmung, z.B. die britische HSBC-Bank, mit Hilfe ihrer schweizerischen Tochtergesellschaft verstärkt dazu übergeht, ihr deklaratorisches klassisches Bankgeschäftsmodell mit „… ihre Aktivitäten an den spezifischen Bedürfnissen des einzelnen Kunden auszurichten.“ 24 Das „faktische“ Bankgeschäftsmodell der HSBC-Tochter in der Schweiz wird dann zum Modell der Steuerhinterziehung und zum Geldwäschemodell krimineller Kunden. Bruhn konkretisiert die Ausführungen und definiert die Kundenorientierung umfassend als: „…die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten an den Kundenbedürfnissen, die bei der Planung und Erstellung der unternehmerischen Leistung Berücksichtigung finden, mit dem Ziel, langfristige stabile und ökonomisch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren.“ 25 Als Ziele des Geschäftsmodells des Unternehmens lassen sich die Bedürfnisbefriedigung, vorteilhafte Kundenbindung und damit einhergehende ökonomische Erfolge konsta- 23 Vgl. Kapteyn, S. 9f. 24 Bruhn, Manfred (2013) Relationship Marketing, S. 2 25 Bruhn, Manfred (2009) Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensführung, in: Hinterhuber, Hans, H., Matzler, Kurt (Hrsg.) (2009): Kundenorientierte Unternehmensführung, S. 37 <?page no="30"?> 1.2 Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells 29 uvk.de tieren. Die genannte Etablierung von vorteilhaften Kundenbeziehungen bei Geschäftsmodellen lässt gleichzeitig eine Einordnung der Kundenorientierung in den Bereich des Beziehungsmarketings und somit des strategischen Managements zu. Beziehungsmarketing und Kundenorientierung Beziehungsmarketing verfolgt das Ziel, durch eine individuelle und bedürfnisgerechte Kundenorientierung eine hohe Kundenzufriedenheit und somit eine profitable Kundenbindung zu erreichen. 26 Nachfolgend werden die Erfolgsgrößen und deren Wechselwirkung zur Erfolgskette beschrieben. Der ökonomische Erfolg kann durch den Kundenwert erklärt werden. 27 Dieser kann beispielsweise mit Hilfe einer ABC-Analyse die relativen Wertgrößen (Umsätze, Kosten, Deckungsbeiträge, Stand des Zeitabschnittes des Produktes im Marktlebenszyklus) der einzelnen Kunden im Hinblick auf die Gesamtheit ermittelt werden. Auf Grundlage von vergangenen Kundenwerten kann auch auf die zukünftigen Werte geschlossen werden. So kann die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kunden aus der Perspektive des Anbieters ermittelt werden. 28 Der ökonomische Erfolg kann demnach mit wertvollen Kunden generiert werden und einen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Kundenbindung von wertvollen Kunden ist von nicht profitablen Kunden zu trennen. Die Kundenbindung kann an zwei wesentlichen Verhaltensweisen des Kunden festgestellt werden. Die erste Verhaltensweise ist das „faktische Verhalten“ des Kunden. Darunter fallen u.a. der Wiederkauf des Produkts, der Zusatzkauf (Cross-Buying), die Weiterempfehlung und die erhöhte Preisakzeptanz in der Gegenwart. Die zweite Verhaltensweise ist die „Verhaltensabsicht“. Hierunter fallen die ermittelten beabsichtigten 26 Vgl. Bruhn, Manfred (2009) Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensführung, in: Hinterhuber, Hans; Matzler, Kurt (Hrsg.) (2009): Kundenorientierte Unternehmensführung, S. 38 27 Bruhn, Manfred (2009) Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensführung, in: Hinterhuber, Hans; Matzler, Kurt (Hrsg.) (2009): Kundenorientierte Unternehmensführung, S. 39 28 Vgl. Meffert, Heribert, Burmann, Christoph, Kirchgeorg (2008): Marketing, S. 139-141 <?page no="31"?> 30 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Wiederkäufe, Zusatzkäufe, Weiterempfehlungen und die Toleranz von Preiserhöhungen in der Zukunft. Zu beachten ist eine begriffliche Abgrenzung der Kundenbindung zur Kundenloyalität. Bruhn und Homburg stellen dazu heraus, dass die Kundenbindung auf Nachfrager- und Anbieterseite existiert, während die Kundenloyalität die Nachfrageperspektive bei der Bindung in den Fokus hebt (d.h. eine verringerte Wechselbereitschaft des Kunden zu anderen Unternehmen beim Kauf spezieller Produkte). 29 Die Beeinflussung der Wechselbereitschaft aus Nachfragerperspektive erfolgt demnach durch die Kundenzufriedenheit. „Ein hohes Maß an Zufriedenheit ist die Grundlage für eine langfristige Kundenbindung …“ 30 So wird eine logische Verbindung zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung hergestellt. Es wird auch die Relevanz der beiden Erfolgsgrößen innerhalb der Erfolgskette deutlich. Doch wie können Kunden zufrieden gestellt werden? Woran machen Kunden ihre Zufriedenheit fest? Demnach ist die Kundenzufriedenheit eine Empfindung eines Kunden, und zwar hinsichtlich der Erfüllung seiner Erwartungen. Folgende Beispiele an Erwartungshaltungen von Kunden können erhoben werden: Qualität, Design und Bandbreite der angebotenen Produkte, Freundlichkeit, Auftreten, Kompetenz, Service, Beratung, Beschwerdehandhabung der Mitarbeiter gegenüber dem Kunden, Einhaltung der Lieferzeit und Liefertreue. 31 „Während Kundenorientierung eine umfassende Berücksichtigung der Kundenerwartungen bezeichnet, zeigt die Kundenzufriedenheit auf, inwiefern der Kunde seine Erwartungen durch das Unternehmen erfüllt sieht. Eine hohe Kundenorientierung ist somit die Voraussetzung für eine hohe Kundenzufriedenheit.“ 32 29 Vgl. Bruhn, Manfred, Homburg, Christian (2013): Handbuch Kundenbindungsmanagement, S. 97 30 Meffert, Heribert, Burmann, Christoph, Kirchgeorg (2008): Marketing, S. 127 31 Vgl. Müller-Stewens, Günter, Lechner, Christoph (2011): Strategisches Management, S. 627 32 Bruhn, Manfred (2009) Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensführung, in: Hinterhuber, Hans; Matzler, Kurt (Hrsg.) (2009): Kundenorientierte Unternehmensführung S. 38-39 <?page no="32"?> 1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes 31 uvk.de 1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes Zur Beschreibung und Erfassung des Begriffs Geschäftsmodell werden die Einzelbegriffe Geschäft und Modell herausgestellt. Dazu kann die Dissertation von Osterwalder herangezogen werden. Ein Geschäft beschreibt er wie folgt: „…the term business in the expression business model relates to the activity of buying goods and services and earning money.“ 33 Die Beschreibung eines Modells erfolgt mit der Aussage: „…the term model relates to „…a re-presentation of something as a simple description of the object which might be used in calculations.” 34 Nach der ersten Annäherung und Erfassung der Fragmente eines Geschäftsmodells, wird der Versuch unternommen den Gesamtbegriff Geschäftsmodell zu erfassen. Mit Hilfe von fünf Definitionen sollen Gemeinsamkeiten herausgebildet werden. Becker und Ulrich bieten eine vorläufige abstrakte Definition an: „Demnach ist ein Geschäftsmodell die (vereinfachte, strukturähnliche oder strukturgebende) Abbildung von ausgewählten Aspekten der Ressourcentransformation des Unternehmens sowie einer Austauschbeziehung mit anderen Marktteilnehmern.“ 35 Die Autoren Gassmann/ Frankenberger/ Csik führen dazu Folgendes aus: „Ein Geschäftsmodell ist darüber definiert, wer die Kunden sind, was verkauft wird, wie man es herstellt und wie man einen Ertrag realisiert.“ 36 Müller-Stewens und Lechner stellen heraus, dass Geschäftsmodelle über die Wertketten hinaus aufgebaut sind und dadurch Erweiterungen erfahren. Ihre Definition lautet: „Ein Geschäftsmodell kann definiert werden als ein Design von vernetzten Aktivitäten, welches ein bestimmtes Nutzenversprechen realisieren will, um eine Wertschöpfung zu erzielen“. 37 Schallmo erweitert die Definitionen und führt sehr umfassend aus: „Ein Geschäftsmodell ist die Grundlogik eines Unternehmens, die beschreibt, welcher Nutzen auf welche Weise für Kunden und Partner gestiftet wird. 33 Osterwalder, Alexander (2004): Dissertation “The Business Ontology“, S. 14 34 Osterwalder, Alexander (2004): Dissertation “The Business Ontology“, S. 14 35 Becker, Wolfgang, Ulrich, Patrik (2013): Geschäftsmodelle im Mittelstand, S. 13 36 Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 264 37 Müller-Stewens, Günter, Lechner, Christoph (2011): Strategisches Management, S. 376 <?page no="33"?> 32 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Ein Geschäftsmodell beantwortet die Frage, wie der gestiftete Nutzen in Form von Umsätzen an das Unternehmen zurückfließt. Der gestiftete Nutzen ermöglicht eine Differenzierung gegenüber Wettbewerbern, die Festigung von Kundenbeziehungen und die Erzielung eines Wettbewerbsvorteils...“ 38 Mit Hilfe der Erfassung der Bausteine des CANVAS-Modells kann ein grobes Verständnis dafür entwickelt werden, was ein Geschäftsmodell ausmacht. Um die komplexen Hintergründe der Bestandteile strukturiert darzustellen, haben sich in der Literatur die übergeordneten Begriffe Dimensionen und Elemente herausgebildet. Sie sollen eine umfassende Beschreibung von Geschäftsmodellen ermöglichen. Die Ausführungen von Gassmann/ Frankenberger/ Csik lassen keine eindeutige begriffliche Trennung zwischen den Dimensionen und Elementen zu. Einerseits wird von den Elementen eines Geschäftsmodells gesprochen, andererseits werden diese Elemente aber in externe und interne Dimensionen aufgeteilt. 39 Zu den externen Dimensionen zählen die Autoren den Kunden. Mit der Frage „Wer sind unsere Zielkunden? “ 40 Sollen relevante Kundensegmente identifiziert werden? Die zweite externe Dimension ist das Nutzenversprechen und soll die Frage klären, was angeboten beziehungsweise verkauft werden soll. Die erste interne Dimension beschreibt verschiedene Prozesse und Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette. Hier soll die Frage beantwortet werden, wie die Leistung erstellt werden soll. Die vierte und letzte interne Dimension erörtert die Ertragsmechanik. Hier werden die finanziellen Aspekte wie Kosten und Umsatz beschrieben. 41 Gassmann/ Frankenberger/ Csik bieten, wie in Abbildung 4 zu sehen, das Konstrukt des Geschäftsmodells als magisches Dreieck an. 38 Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation: S. 22-23 39 Vgl. Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 5-7 40 Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 6 41 Vgl. Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 6-7 <?page no="34"?> 1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes 33 uvk.de Abb. 4: Magisches Dreieck von Gassmann (in Anlehnung der Geschäftsmodelle von Timmons und Gassmann u.a. 42 ) Schallmo ergänzt seine Definition mit fünf Dimensionen und dreizehn Elementen. Er beschreibt sie wie folgt: Die erste ist die Kundendimension mit den Elementen Kundensegmente, Kundenkanäle und Kundenbeziehungen. Die zweite Dimension ist die Nutzendimension mit den Elementen Leistungen und Nutzen. Die Wertschöpfungsdimension ist die dritte Dimension und beinhaltet das Ressourcenelement, das Fähigkeitselement und das Prozesselement. Die Partnerdimension als vierte Dimension beschreibt die Elemente Partner, Partnerkanäle und Partnerbeziehungen. Die fünfte und letzte Dimension ist die Finanzdimension. Sie beinhaltet die Umsätze und Kosten als Elemente. 43 In Abbildung 5 werden die Zusammenhänge der Geschäftsmodell- Dimensionen und -Elemente dargestellt. Die erfasste Definition von Osterwalder und Pigneur dient den Unternehmensführungen zwar als kompakte Beschreibung, reicht jedoch nicht zur vollständigen Erläuterung des Geschäftsmodells. Osterwalder schafft 42 Vgl. Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 6 43 Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation, S. 119 <?page no="35"?> 34 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Abb. 5: Geschäftsmodell in Anlehnung an Schallmo 44 jedoch eine ganzheitliche Beschreibung des Geschäftsmodells mit Hilfe der ergänzenden Definition: „A business model is a conceptual tool that contains a set of elements and their relationships and allows expressing a company's logic of earning money. It is a description of the value a company offers to one or several segments of customers and the architecture of the firm and its network of partners for creating, marketing and delivering this value and relationship capital, in order to generate profitable and sustainable revenue streams.” 45 Ein Geschäftsmodell ist demnach ein konzeptionelles Werkzeug, das untereinander in Beziehung stehende Elemente enthält, und drückt das Grundprinzip aus, wie eine Organisation Geld verdient. Es beschreibt die Wertangebote für ein oder mehrere Kundensegmente, die Unternehmensinfrastruktur und dem Netzwerk an Partnern, mit denen die Herstellung, Vermarktung und Verteilung dieses Wertes möglich wird, sowie den Kundenbeziehungswert, um profitabel zu sein und nachhaltig Einnahmen zu generieren. 44 Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation, S. 119 45 Osterwalder, Alex. (2004): Dissertation “The Business Model Ontolgy“, S. 15 <?page no="36"?> 1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes 35 uvk.de Infrastruktur-Management Produkte Kunden-Schnittstelle Schlüsselpartner (KP - Key Partner) „Der Baustein Schlüsselpartnerschaften beschreibt das Netzwerk von Lieferanten und Partnern, die zum Gelingen des Geschäftsmodells beitragen.“ Wertangebote (VP - Value Propositions) „Der Baustein Wertangebote beschreibt das Paket von Produkten und Dienstleistungen, das für ein bestimmtes Kundensegment Wert schöpft.“ Kundenbeziehungen (CR - Customer Relations) „Der Baustein Kundenbeziehungen beschreibt die Arten von Beziehungen, die ein Unternehmen mit bestimmten Kundensegmenten eingeht.“ Schlüsselaktivitäten (KA - Key Activities) „Der Baustein Schlüsselaktivitäten beschreibt die wichtigsten Dinge, die ein Unternehmen tun muss, damit sein Geschäftsmodell funktioniert.“ Kanäle (CH - Channels) „Der Kanäle-Baustein beschreibt, wie ein Unternehmen seine Kundensegmente erreicht und anspricht, um ein Wertangebot zu vermitteln.“ Schlüsselressourcen (KR - Key Resources) „Der Baustein Schlüsselressourcen beschreibt die wichtigsten Wirtschaftsgüter, die für das Funktionieren eines Geschäftsmodells notwendig sind.“ Kundensegmente (CS - Customer Segments) „Der Baustein Kundensegmente definiert die verschiedenen Gruppen von Personen, die ein Unternehmen erreichen und bedienen will.“ Finanzielle Aspekte Kostenstruktur (CS - Cost Structure) „Der Baustein Kostenstruktur beschreibt alle Kosten, die bei der Ausführung eines Geschäftsmodells anfallen.“ Einnahmequellen (RS - Revenue Streams) „Der Baustein Einnahmequellen steht für die Einkünfte, die ein Unternehmen aus jedem Kundensegment bezieht (Umsatz minus Kosten gleich Gewinn.“ Abb. 6: Geschäftsmodell in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur 46 Zur Veranschaulichung filtert Abbildung 6 die Dimensionen und Elemente aus der Arbeitsdefinition heraus. Osterwalder und Pigneur stellen die Dimensionen als wichtige Unternehmensbereiche dar. 47 In seiner Dissertation spricht Osterwalder von Grundpfeilern. 48 Aufgrund des zusammengesetzten „Konstruktes“ Geschäftsmodell scheint die Verwendung der Dimensionen als Grundpfeiler und die Elemente als Bausteine sinnvoll und sachlogisch. Die umfassende Definition von Osterwalder kann den Unternehmen als Grundlagendefinition dienen. Sie stellt einen Beitrag zur Vereinheitlichung der Sprache und die Grundlage für ein einheitliches Geschäftsmodellverständnis für ein Strategisches Management dar. Eine Beschrei- 46 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 19 ff. 47 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 19 48 Vgl. Osterwalder, Alex. (2004): Dissertation „The Business Model Ontology“, S. 43, Tab. 16 <?page no="37"?> 36 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de bung, was ein Geschäftsmodell ist, im konkreten Fall ist, wird vom Gründungsunternehmer erarbeitet und kann für die Erfassung des eigenen Geschäftsmodells verwendet werden. 1.4 Beispiel einer Finanzplanung im Rahmen eines Businessplans in Anlehnung an die KfW-Anleitung / Deutsche Ausgleichsbank für Gründer Tabelle 1: Investitions- und Finanzierungsplan INVESTITIONSPLAN FINANZIERUNGSPLAN Anlageinvestitionen Grundstückskosten…………………...........………. Bau-/ Umbaukosten ………………………….…....... Einrichtung/ Inventar ………………………………... Maschinen.……………………………………………….. Kraftfahrzeug ……………………………………………. Umlaufvermögen Warenerstausstattung/ Warenlager…………… Anlaufverluste (s. Tabelle 4) ……………………… Sonstiges Umlaufvermögen ……………………… Sonstige Investitionen (z.B. Kaution, Gründungskosten, Mietvorauszahlungen)………………………………. € € € € € € € € € Eigenmittel Barmittel …………………………………. Sachwerte ……………………………….. Kredite Privatkredite ……………………………. Bankkredite …………………………….. Sonstige Kredite ………………………. € € € € € Gesamtinvestitionen ………………………………… € Finanzierung insgesamt …………… € Die Gesamtsumme der obigen Finanzierungsquellen muss als „Finanzierung insgesamt“ die Gesamtinvestitionen decken, d.h. die Summen müssen links und rechts gleich sein! Tabelle 2: Monatliche Umsatzerlöse des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre (in €) Monat/ Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1.Jahr insgesamt 2.Jahr insgesamt 3.Jahr insgesamt Prod./ Dienstl. A: ..……………… Menge Preis Umsatz B: ..….………….. Menge Preis Umsatz C: ..…………..…. Menge Preis Umsatz Gesamtumsatz A + B + C Bei Ihren Planungen bitte möglichst in € rechnen oder Wechselkurs angeben! Bitte nehmen Sie eine getrennte Schätzung Ihrer Umsatzerlöse vor, sofern sich Ihre Umsatzsparten (Produkte/ Dienstleistungen) erheblich unterscheiden. Die Umsatzerlöse eines Computer-Betriebes, der Hand- und Software vertreibt und PC-Schulungen durchführt, lassen sich z.B.in die Umsatzsparten “A: Vertrieb von Hardware“, “B: Vertrieb von Software“ und „C: PC-Schulungen“ untergliedern. <?page no="38"?> uvk.de Tabelle 3: Monatliche Kosten des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre (in €) Monat/ Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1.Jahr insgesamt 2.Jahr insgesamt 3.Jahr insgesamt Kostenart 1. Waren-/ Materialaufwand 2. Personalaufwand (ohne Unternehmerlohn) 3. Miete/ Pacht 4. Energiekosten u.ä. (Strom, Heizung, Wasser, Abwasser) 5. Wartung u. Reparaturen (von Gebäuden, Maschinen usw.) 6. Werbung 7. Kfz-Kosten (Benzin, Öl, Reparaturen, Steuer, Versicherung) 8. Bürokosten (Telefon, Porto, Papier, Reinigung) 9. Buchführung, Steuerberatung 10. Beiträge, V ersicherungen (z.B. IHK, Feuerversicherung) 11. Zinsen für Kredite 12. Sonstige Kosten (z.B. Reisekosten, Verpackungen) Kosten insgesamt (ohne Abschreibung) Bei Ihren Planungen bitte möglichst in Euro rechnen oder Wechselkurs angeben! Tabelle 4: Ermittlung der Anlaufverluste im 1. Geschäftsjahr (in €) Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Umsatzerlöse (s. Tabelle 2) ./ .* Kosten (s. Tabelle 3) ./ . Unternehmerlohn = Anlaufverluste/ Überschuss Akkumulierte Anlaufverluste/ Überschüsse * “./ .“ ist ein Buchhalterzeichen und steht für Minus (-) Beispiel: Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Umsatzerlöse (s. Tabelle 2) 1000 1200 1400 1600 1700 1800 1900 2100 2100 2100 2400 2500 ./ . Kosten (s. Tabelle 3) 1300 1300 1300 1300 1300 1400 1400 1400 1400 1500 1500 1500 ./ . Unternehmerlohn 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 = Anlaufverluste/ Überschuss - 500 -300 -100 +100 +200 +200 +300 +500 +500 +400 +700 +800 Akkumulierte Anlaufverluste/ Überschüsse - 500 - 800 - 900 -800 -600 -400 -100 +400 +900 +1300 +2000 +2800 37 1.4 Beispiel einer Finanzplanung <?page no="39"?> 38 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Tabelle 5: Ermittlung der jährlichen Abschreibungskosten Investitionsgut (s. Tabelle 1) Anschaffungswert (in Euro) Lebensdauer (in Jahren) Abschreibungsprozentsatz Jahresabschreibung …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ …………………….. …………………….€ ………………….. …………………….. …………………….€ Summe …………………….€ Faustregel: Gebäude halten 50 Jahre = 2 % des Anschaffungswertes als Abschreibungskosten pro Jahr. Maschinen halten 10 Jahre = 10 % Abschreibungen pro Jahr. Autos, Computer, Büromöbel halten 5 Jahre = 20% Abschreibungen pro Jahr. Tabelle 6: Monatliche Gewinn- und Verlustvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre (in €) Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1.Jahr insgesamt 2.Jahr insgesamt 3.Jahr insgesamt Umsatzerlöse (s. Tabelle 2) ./ . Kosten (s. Tabelle 3) ./ . Abschreibungen (s. Tabelle 5) = Gewinn/ Verlust (vor Gewinnsteuern) ./ . Gewinnsteuer = Gewinn nach Steuern <?page no="40"?> 1.4 Beispiel einer Finanzplanung 39 uvk.de In der Gründungsphase stellt die Planung der Finanzen einen weiteren Aufgabenschwerpunkt für den Entrepreneur dar. „Die Finanzplanung sollte einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfassen. In der Regel bietet es sich an, zu Beginn (z.B. die ersten vier bis acht Quartale) detailliert zu planen und gegen Ende des Planungszeitraums eine gröbere Jahresplanung zu erstellen.“ 49 Die Finanzplanung dient dazu, den Investitionsplan (auch Kapitalbedarfsplan genannt) zu ermitteln. Hier kann also ermittelt werden, wie viel Liquidität (Liquiditätsplanung) dem Unternehmen in den einzelnen Perioden fehlt, bzw. wie viel Überschüsse erwirtschaftet werden (Plan-Gewinn- und Verlustrechnung). In der Regel wird sich hier in den ersten Quartalen oder im ersten Jahr ein Defizit ergeben, welches den Kapitalbedarfsplan darstellt. Um diesen Bedarf an Gesamtinvestitionen zu decken, bestehen mehrere Möglichkeiten im Finanzierungsplan (die selbstverständlich auch gleichzeitig genutzt werden können): Beteiligungskapital, staatliche Fördermittel, Kredite, usw. Als Schlusspunkt wird die Planbilanz vorgestellt. 49 Vgl. in Anlehnung an KfW- und Ausgleichsbank-Anleitung im Internet Tabelle 7: Monatliche Liquiditätsvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre (in €) Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1.Jahr insgesamt 2.Jahr insgesamt 3.Jahr insgesamt Umsatzerlöse (s. Tab. 2) Eigenkapital (s. Tab. 1) Bankkredit (s. Tab. 1) Privatkredit (s. Tab. 1) SUMME EINNAHMEN Anlageinvestition (s. Tab. 1) Warenerstausstattung (s. Tab. 1) Betriebskosten (s. Tab. 3) Sonst. Umlaufvermögen (s. Tab. 1) Sonstige Investitionen(s. Tab. 1) Tilgung Bankkredit Tilgung Privatkredit Gewinnsteuer Unternehmerlohn SUMME AUSGABEN* CASH-FLOW (Einnahmen./ . Ausgaben) AKKUMUL. CASH-FLOW * Ohne Abschreibungen <?page no="41"?> 40 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de (1) Investitionsplan Ein Investitionsplan − auch Kapitalbedarfsplan genannt − gibt Auskunft über die Höhe des Kapitals, das dem Unternehmen für Investitionen und zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit zur Verfügung stehen muss. Zur Ermittlung des Kapitalbedarfes hat sich der Entrepreneur die Fragen zu beantworten, wofür und wie viel Kapital benötigt wird, wann es zur Verfügung stehen soll und wie lange die finanziellen Mittel im Unternehmen voraussichtlich gebunden sein werden. 50 Im Rahmen einer Existenzgründung müssen Anlagevermögen, Umlaufvermögen und sonstige Investitionen finanziert werden. Langfristiges Anlagevermögen: Grundstücke, Gebäude, Maschinen oder Kraftfahrzeuge. Kurzfristiges Umlaufvermögen: Material- und Warenlager, Personalkosten, Beratungskosten (z.B. Steuerberater), Miete, Marketing, Versicherungen und Sonstige (Energiekosten, Kommunalabgaben, Müllgebühren etc.) Gründungskosten: Genehmigungen, Handelsregister-Eintrag, Kaution usw. In Tabelle 8 wird der Investitionsplan und damit der Kapitalbedarfsplan für ein Reis-Burger-Restaurant berechnet. Kapitalbedarfsplan Investitionen Grundstück / Gebäude 0,00 € Bau- und Umbaumaßnahmen 0,00 € Betriebsausstattung und Büroeinrichtung 10.000,00 € Fahrzeuge 20.000,00 € Erstausstattung Marketing (inkl. Werbematerial und Kosten der Markterschließung) 500,00 € Erstausstattung Büromaterial (inkl. Geschäftsunterlagen und Verpackungsmaterial) 500,00 € Waren- und Materiallager 30.000,00 € Sonstiges 0,00 € Investitionsbedarf: 61.000,00 € 50 Vgl. Klandt (2006), S. 259 <?page no="42"?> 1.4 Beispiel einer Finanzplanung 41 uvk.de Betriebsmittel für 1 Monat für 3 Monate 1. Personalkosten (ohne Unternehmerlohn) 4.440,00 € 13.320,00 € 2. Sonstige Betriebsausgaben Miete, Pacht (inkl. Heiz- und Nebenkosten) 2.450,75 € 7.352,25 € betriebliche Kfz-Kosten (inkl. Steuer und Versicherung) 85,00 € 255,00 € Instandhaltung (Gebäude, Maschinen und Werkzeuge) 200,00 € 600,00 € sonstige Reisekosten 0,00 € 0,00 € Telekommunikation 45,00 € 135,00 € Marketing und Werbung 100,00 € 300,00 € Büromaterial inkl. Porto 0,00 € 0,00 € Betriebliche Versicherungen 65,00 € 195,00 € Beiträge und Gebühren 0,00 € 0,00 € Nebenkosten des Geldverkehrs 0,00 € 0,00 € Buchführung und lfd. Beratungskosten 80,00 € 240,00 € Sonstiges 60,00 € 180,00 € 3.085,75 € 9.257,25 € 3. Zinsen 100,00 € 300,00 € Liquiditätsreserve: 22.877,25 € Gründungskosten Existenzgründungsberatung 0,00 € Eintragungen (Gewerbeanmeldung, Handelsregister, Notar, sonstige Anmeldungen und Genehmigungen) 1.500,00 € Weiterbildung 0,00 € Kautionen 0,00 € Patent-, Lizenz- und Franchisegebühren 0,00 € Einmalige Gründungskosten: 1.500,00 € Sicherheitsreserve (10 %) 8.537,73 € Gesamtkapitalbedarf: 93.914,98 € Tab. 8: Kapitalbedarfsplanung des Reis-Burger-Restaurants 51 51 Darstellung mit Hilfe von Excel-Vorlage von http: / / www.gruenderdomain.de/ <?page no="43"?> 42 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de (2) Finanzierungsplan Das Ergebnis des Finanzierungsplans beantwortet die Frage, woher die finanziellen Mittel kommen sollen, damit der im Investitionsplan ermittelte Kapitalbedarf gedeckt werden kann. Zur Deckung des Kapitalbedarfs stehen dem Entrepreneur zuerst seine Eigenmittel als Innenfinanzierung zur Verfügung. Die Eigenmittel können als Barmittel, Sacheinlagen (Fahrzeug, Personal Computer oder Maschinen) oder als immaterielle Güter (Lizenzen und Patente) erfolgen. 52 Daneben sind viele Gründungsvorhaben so kapitalintensiv, dass eine Durchführung ohne zusätzliches Kapital nicht möglich ist. Weitere Möglichkeiten durch Außenfinanzierung sind: Beteiligungskapital, staatliche Fördermittel oder Fremdkapital. Beteiligungskapital: Die Beteiligungsgesellschaften wie z.B. Venture-Capital-Gesellschaften oder private Investoren (Business Angels) sind am Unternehmen beteiligt und partizipieren am Erfolg der Unternehmung. Sowohl die Venture-Capital-Gesellschaften (VCG) als auch die privaten Investoren (BA) stellen Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial (Wertsteigerung: 40-100% p.a. bei VCG und >15% bei Business Angels) zeitlich begrenztes, eigenkapitalähnliches Risikokapital zur Verfügung. 53 Business Angels kann in den frühen Gründungsphasen den (geringeren) Kapitalbedarf schließen, wenn auf dem freien Kapitalmarkt (Banken, Venture-Capital-Gesellschaften) noch Vorbehalte gegenüber dem Unternehmen bestehen. Auch in der Wachstumsphase stehen sie jungen Unternehmen mit Rat und finanziellen Mitteln zur Seite. Venture-Capitalist wollen sich ebenfalls Einfluss auf die Finanzsituation und das operative Geschäft einer Existenzgründung bewahren. „Sie bieten aber auch Hilfestellung bei kurzfristigen Krisen an und vermitteln ggf. Kontakte. Jedoch verfolgen Venture-Capital- Gesellschaften im Gegensatz zu den Business Angels ausschließlich monetäre Ziele und bieten Kapitalbeträge von i.d.R. > 50.000 Euro an.“ 54 Für die Existenzgründung bietet sich eine Zusammenarbeit mit Venture Capital- Gesellschaften in späteren Phasen des Gründungsprozesses an. 52 Vgl. Deutsche Ausgleichsbank (1995), S. 7 53 Vgl. Malex, Miroslaw/ K. Ibach, Peter (2004), S. 387 54 Quelle: http: / / www.daswirtschaftslexikon.com/ d/ spin-off/ spin-off.htm. Abruf 08.12.2014 <?page no="44"?> 1.4 Beispiel einer Finanzplanung 43 uvk.de Staatliche Fördermittel: In den frühen Gründungsphasen (Early Stage) können Kredite, Darlehen, Bürgschaften oder Zuschüsse aus verschiedenen Existenzgründungsprogrammen mit Zinsen, Gewinnbeteiligung sowie Aufschlag von 10-12% p.a. beantragt werden. 55 „Diese werden von unterschiedlichen Hierarchieebenen der Öffentlichen Hand, der Europäischen Union bis zu Kommunalen Organisationen angeboten. Über Investitionszuschüsse können Fördermittel aus bundesweiten bzw. regionalen Strukturförderungsprogrammen beantragt werden.“ 56 z.B. die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) mit ihrer Tochter, der Technologie-Beteiligungsgesellschaft (TBG). Im Unterschied zu den Zuschüssen stellen Investitionszulagen eine steuerfreie Möglichkeit der Gründungsfinanzierung dar. Fremdkapital: Dies kann in klassischer Form von Darlehen oder Bankkrediten erfolgen. Diese i.d.R. langfristig ausgelegten Finanzierungsmittel sind häufig mit hohen Sicherungsauflagen verbunden. Diese Finanzierungsart kann in allen Finazierungsphasen mit den Zinsen 4-10% p.a. genutzt werden. 57 Trotzdem stehen sie Unternehmensgründern häufig erst in späteren Phasen des Gründungsprozesses zur Verfügung. Eine Mustergliederung für einen entsprechenden Finanzierungsplan des Reis-Burger-Restaurants wird in der Tabelle 9 veranschaulicht. Finanzierungsplan Eigenkapital Bankguthaben 50.000,00 € Sacheinlagen 0,00 € Aktivierte Eigenleistungen 0,00 € Eigenmittel: 50.000,00 € Fremdkapital langfristig 30.000,00 € kurzfristig 0,00 € Fremdmittel: 30.000,00 € 55 Vgl. Malex, Miroslaw/ K. Ibach, Peter (2004), S. 388 56 Quelle: http: / / www.daswirtschaftslexikon.com/ d/ spin-off/ spin-off.htm. Abruf 08.12.2014 57 Vgl. Malex, Miroslaw/ K. Ibach, Peter (2004), S. 387 <?page no="45"?> 44 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Finanzierungsmittel insgesamt: 80.000,00 € Gesamtkapitalbedarf: 93.914,98 € Überbzw. Unterdeckung: -13.914,98 € Tab. 9: Finanzierungsplan des Reis-Burger-Restaurants 58 (3) Wirtschaftlichkeitsabschätzung „Eine Wirtschaftlichkeitsabschätzung muss folgende Fragen beantworten: Mit welchem Umsatzerlösen kann man rechnen? Welche Kosten werden anfallen? Lassen sich mit dem Vorhaben Gewinne erzielen? Ab wann und in welcher Höhe? Sind die voraussichtlichen Zahlungsmitteleingänge und die Ausgaben in Höhe und zeitlicher Verteilung so aufeinander abstimmbar, dass das junge Unternehmen immer zahlungsfähig ist? “ 59 Damit die oben genannten Fragen beantwortet können, muss der Entrepreneur zunächst eine möglichst realistische Umsatzerlös- und Kostenschätzung vornehmen. Aus diesen Schätzungen lassen sich anschließend die Liquiditätsplanung sowie die Gewinn- und Verlustrechnung ermitteln. Die Umsatzerlöse ergeben sich aus „Absatzmenge × Preis“ der verkauften Produkte in einem bestimmten Zeitabschnitt (Monat, Quartal oder Jahr). Die Kosten sind laufender Aufwand in Geld (z.B. in Euro) für Material, Energie, Personal, Abschreibung, Zinsen, Kredit etc. Nicht zu den Kosten gehören z.B. das Investitionskapital, Vorratslagern oder Tilgung. 60 Bei den monatlichen Kosten für den Unterhalt der Gastronomie müssen folgende Posten berücksichtigt werden (Kalkulationsbeispiel mit Richtwerten): 61 Wareneinsatz 30% Personal 17% 58 Darstellung mit Hilfe von Excel Vorlage von http: / / www.gruenderdomain.de/ 59 Deutsche Ausgleichsbank (1995), S. 8 60 Vgl. Deutsche Ausgleichsbank (1995), S. 9 61 Lieferheld GmbH (2013): Checkliste für Finanzierung und Investitionen, Kostenkalkulation und Preiskalkulation, S. 3. Quelle: www.lieferheld.de <?page no="46"?> 1.4 Beispiel einer Finanzplanung 45 uvk.de Energiekosten und Betriebskosten 16% Miete/ Pacht 10% Zinsen/ AfA (Absetzung für Abnutzung) 6% Werbung und Verwaltung (Buchhaltung) 4% Steuern/ Abgaben 2% Die Umsatzerlösschätzung des Reis-Burger-Restaurants basiert auf der Preisliste. Die Gründerin rechnet pro Gast mit einem Durchschnittsverzehr in Höhe von 8,30 Euro. Im ersten Geschäftsjahr wird ein Besuchervolumen von durchschnittlich 60 Personen täglich erwartet, das ergibt einen Umsatz von ca. 500 Euro pro Tag. Die Umsatz- und Rentabilitätsvorschau wird in der Tabelle 10 präsentiert. Umsatz- und Rentabilitätsprognosen 2014 2015 2016 2017 Umsatz 120.000,00 € 144.000,00 € 168.000,00 € 192.000,00 € variable Kosten/ Wareneinsatz 30.000,00 € 35.000,00 € 40.000,00 € 45.000,00 € Rohertrag I 90.000,00 € 109.000,00 € 128.000,00 € 147.000,00 € - Personalkosten (ohne Unternehmerlohn) 53.280,00 € 66.720,00 € 66.720,00 € 66.720,00 € Rohertrag II 36.720,00 € 42.280,00 € 61.280,00 € 80.280,00 € sonstige Betriebsausgaben 37.029,00 € 37.029,00 € 37.029,00 € 37.029,00 € Cashflow -309,00 € 5.251,00 € 24.251,00 € 43.251,00 € - Zinsen 1.200,00 € 1.200,00 € 1.200,00 € 1.200,00 € - Abschreibung 0,00 € 3.000,00 € 3.000,00 € 3.000,00 € Ergebnis vor Steuern pro Jahr -1.509,00 € 1.051,00 € 20.051,00 € 39.051,00 € pro Monat -125,75 € 87,58 € 1.670,92 € 3.254,25 € Anzahl Monate im 1. Geschäftsjahr: 12 Tab. 10: Umsatz- und Rentabilitätsvorschau des Reis-Burger-Restaurants 62 62 Darstellung mit Hilfe von Excel Vorlage von http: / / www.gruenderdomain.de/ <?page no="47"?> 46 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de (4) Liquiditätsplanung Liquiditätsplanung oder auch Cash-Flow-Planung erfasst die Zahlungsströme (Ein- und Auszahlungen) im Zeitablauf und ermöglicht damit die Feststellung, in welchem Zeitraum eine Kaptalüberbzw. -Unterdeckung vorliegt. Die Liquiditätsplanung leitet sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ab aber im Gegensatz dazu werden hier auch die Investitionskosten und die Finanzierungsmittel betrachtet. 63 Da im Rahmen der Tragfähigkeitsprüfung zum Gründungszuschuss keine Liquiditätsplanung und kein Betriebsmittelplan erforderlich sind, wird diese Liquiditätsreserve alternativ, so wie in der vorliegenden Tabelle 8, direkt im Kapitalbedarfsplan berechnet. 64 (5) Plan-Gewinn- und Verlustrechnung Die Gewinn- und Verlustrechnung hingegen betrachtet alle Erträge und Aufwendungen. Sie ist eine Erfolgsrechnung, das heißt, alle prognostizierten Geschäftsvorfälle, die zum Erfolg des Unternehmens beitragen, finden sich in der Gewinn- und Verlustrechnung wieder. Und auf ihrer Basis können Aussagen hinsichtlich der Rentabilität des Unternehmens getroffen werden. Als Ergebnis wird hier das „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ bzw. der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag ermittelt. 65 (6) Planbilanz Während sich die Gewinn- und Verlustrechnung auf den Zeitraum eines Geschäftsjahres bezieht, beruhen die aus der Bilanz abgeleiteten Kennzahlen auf Stichtagswerten. Die Bilanz enthält die Aufstellung sämtlicher Vermögensgegenstände (auf der Aktivseite) und der Finanzierungsmittel (Eigenkapital und Fremdkapital) auf der Passivseite. Das heißt, sie ist eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital des Unternehmens. Sie zeigt das Reinvermögen (Eigenkapital) als Saldo von Vermögen und Schulden des Unternehmens. Dem gegenüber erfasst die Gewinn- und Verlustrechnung die während des Jahres durch Aufwendungen und Er- 63 Vgl. Deutsche Ausgleichsbank (1995), S. 10 64 http: / / www.gruenderdomain.de/ fileadmin/ pdf_daten/ Bearbeitungstipps-fuer- Finanzplanung-zum-Gruendungszuschuss.pdf. Abruf am 11.12. 2014 65 Vgl. Kern, Martin, S. 11 <?page no="48"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 47 uvk.de träge im Zusammenhang mit den Geschäften des Unternehmens entstehenden Vermögensänderungen, mit Ausnahme von Vermögensänderungen, die durch Kapitalein- und -auszahlungen der bzw. an die Gesellschafter entstehen. 66 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen Die Entwicklung eines Geschäftsmodells kann als eine aktive inhaltliche Veränderung der Grundpfeiler und Bausteine des Canvas-Geschäftsmodells verstanden werden. 67 Diese Veränderung lässt innovative Geschäftsmodelle entstehen, mit denen die Logik der Branche erneuert werden kann. 68 Für Gassmann/ Frankenberger/ Csik ist eine Geschäftsmodellinnovation entstanden, nach dem mindestens zwei Bausteine verändert wurden. 69 Haben sich die innovativen Geschäftsmodelle durchgesetzt beziehungsweise etabliert, stellen sie ein angepasstes Geschäftsmodell dar. Unternehmensführungen müssen in die Lage versetzt werden, weiterhin Mehrwerte zu schaffen um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Veränderungen der Bausteine fassen die gesamte Anpassung von Geschäftsmodellen etwas zu kurz. Im Rahmen der Geschäftsmodellforschung haben sich konzeptionelle Ansätze zur Anpassung von Geschäftsmodellen herauskristallisiert. Als ein zentraler Ansatz wird das Business Model Canvas (BMC) von Osterwalder und Pigneur angesehen. 70 Es bietet sich als einfaches und verständliches Geschäfts-Prozess- Modell-Konzept mit hoher Praxisorientierung an. 71 Die an der Universität Lausanne angefertigte Dissertation: „The business model ontology, a proposition in a design science approach”, stieß auf reges Interesse. 72 66 Hans Böckler Stiftung (09.2010), S. 37 67 Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation: S. 97-100 68 Vgl. Müller-Stewens, Günter, Lechner, Christoph (2011): Strategisches Management, S. 401 69 Vgl. Gassmann, Oliver, Frankenberger, Karolin; Csik, Michaela (2013): Geschäftsmodelle entwickeln, S. 7 70 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation 71 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 19, S. 46 72 Osterwalder, Alexander (2004): Dissertation “The Business Model Ontology“ <?page no="49"?> 48 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Daraufhin wurde das Handbuch Business Model Generation in Zusammenarbeit mit 470 Akteuren aus 45 Ländern entwickelt. 73 Es erschien, in der deutschen Fassung, im Jahre 2011 und wurde zum Managementbuch des Jahres 2011 gekürt. Canvas ist die englische Bezeichnung für Leinwand oder Segeltuch. 74 Mit Hilfe dieser Leinwand soll ein Geschäftsmodell visualisiert, beschreibbar, analysierbar und anpassbar gemacht werden. Das BMC stellt somit ein Instrument des strategischen Managements dar. 75 Es hilft die Komplexität von Unternehmen stark zu vereinfachen, damit ein Geschäftsmodell simpel, treffend und intuitiv aufgebaut werden kann. 76 Als Voraussetzung für die Gestaltung des individuellen, intuitiven Geschäftsmodells können sich Unternehmen beispielhaft an den Grundpfeilern und Bausteinen orientieren. 1.5.1 Grundpfeiler Grundpfeiler Bausteine Beschreibung Kundenschnittstelle Kundensegmente Identifikation der Zielkunden, Lieferkanäle und Produkte, sowie das Herstellen und Erhalten von Kundenbeziehungen Kundenbeziehung Kanäle Produkte Wertangebote angebotene Werte in der Branche/ Geschäftsumfeld Infrastrukturmanagement Schlüsselressourcen Bildung von Unternehmens-Netzwerken zur Lösung von infrastrukturellen und logistischen Problemstellungen Schlüsselaktivitäten Schlüsselpartner finanzielle Aspekte Einnahmequellen Identifikation von Einnahme- und Kostenstrukturen unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells Kosten Tab. 11: Grundpfeiler und Bausteine in Anlehnung an Osterwalder 77 73 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, Deckblatt 74 Vgl. Duden (2009): Begriff „Canvas“, S. 306 75 Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation, „Ausgangsbasis und Zuordnung“, S. 85 76 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 203 77 Vgl. Osterwalder, Alexander (2004): Dissertation “The Business Model Ontology“, S. 43, Tab. 16 <?page no="50"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 49 uvk.de Aufbauend auf der (Harvard) Balanced Scorecard von Kaplan und Norton, bildet Osterwalder vier Grundpfeiler seines Geschäftsmodells. 78 Eine quantitative Verbesserung erfährt die Harvard Balanced Scorecard durch durch die Berliner Balanced Scorecard (vgl. hierzu unten das wertorientierte Geschäftsmodell als Erweiterung des intuitiven Geschäftsmodells) 79 . 1.5.2 Bausteine Die einzelnen Bausteine des Geschäftsmodells werden anhand des Buchs „Business Model Generation“ von Osterwalder und Pigneur erläutert und bilden die inhaltliche Grundlage zur Anpassung von Geschäftsmodellen. 80 Die detaillierten Erläuterungen dienen dem Unternehmen als Ideenspender und unterstützen es bei der strukturierten Geschäftsmodellgestaltung. Die Erläuterungen werden durch grafische Darstellungen ergänzt, um Unternehmen die Visualisierung des Geschäftsmodells zu verdeutlichen. Im Anschluss erfolgt eine Gesamtdarstellung. Osterwalder und Pigneur teilen ihre Leinwand in zwei Teile. Die rechte Leinwandhälfte stellt den Wert und die linke Hälfte die Effizienz dar. 81 Mit Bearbeitung der Bausteine beginnen die Autoren auf der rechten Seite des BMC (Kundensegmente) und arbeiten sich bis zur Kostenstruktur auf der linken Seite vor. Hier ist erkennbar, dass die Kundenorientierung einen zentralen Stellenwert erfährt. (1) Baustein Kundensegmente (CS - Customer Segments) Zunächst müssen sich Unternehmen darüber im Klaren sein, für welche Kunden sie eine Leistung erbringen und in Zukunft erbracht werden soll. Die Ermittlung erfolgt dabei über eine Segmentierung. Besondere Beachtung findet die Herausbildung der Verschiedenartigkeit der einzelnen Kundensegmente. Die Differenzierung der Segmente erfolgt nach den folgenden Beispielkriterien: individuelle Angebote, unterschiedliche 78 Vgl. Osterwalder, Alexander (2004): Dissertation “The Business Model Ontology“, S. 42-43, Tab. 15 79 Vgl. Schmeisser/ Clausen (2009) 80 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 22-45 81 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 53 <?page no="51"?> 50 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Distributionskanäle, unterschiedliche Beziehungen, Bereitschaft für das Angebot zu bezahlen bei unterschiedlicher Rentabilität. Werden Gemeinsamkeiten festgestellt, gehören diese Kunden in das gleiche Segment. Das Ziel der Segmentierung ist, die Bedürfnisse, innerhalb der festgelegten Kundensegmente herauszufiltern und letztlich zu befriedigen. Während beispielsweise Geschäftsmodelle den Massenmarkt (Kunden mit geringer Differenzierung der Bedürfnisse) bedienen, werden im Nischenmarkt auf sehr individuelle und spezialisierte Bedürfnisse eingegangen. Auch innerhalb eines Marktes kann nach unterschiedlichen Bedürfnissen und den daraus resultierenden Notwendigkeiten unterschieden werden. Das können beispielsweise Vermögensunterschiede bei Kunden einer Bank oder individuelle Präferenzen aus der Handwerkskunst sein. 82 Geschäftsmodelle mit diversifizierten Kundensegmenten erfüllen absolut unterschiedliche Bedürfnisse. Diese Unternehmen haben häufig ein bestehendes Geschäftsmodell, bei dem weitere Werte, unabhängig von vorhandenen Kundensegmenten, geschaffen werden. Kundensegmente können auch voneinander abhängig ein. In diesem Fall sprechen Osterwalder und Pigneur von Multi-sided Markets. Beide Kundensegmente sind notwendig, damit das Geschäftsmodell realisierbar ist. Diese Abhängigkeit wird bei kostenlosen Zeitungen deutlich. Die Abhängigkeit besteht von der Menge der Leser und von der davon abhängigen Anzeigenschaltung. Bei der Bearbeitung des Bausteins Kundensegmente müssen folgende Fragen gestellt werden: 83 [1] Wem soll der geschaffene Wert zur Verfügung stehen? [2] Wer sind die wichtigsten und profitabelsten Kundensegmente? In Abbildung 3 und unten in Abbildung 7 wird der Baustein Kundensegmente als Teil und Ausgangspunkt des gesamten Geschäftsmodellkonstrukts (BMC) dargestellt. 82 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 23-25 83 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 23-25 <?page no="52"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 51 uvk.de Abb. 7: Baustein CS im BMC 84 (2) Baustein Wertangebote (VP - Value Propositions) Wertangebote können Produktpakete oder Dienstleistungspakete sein, die als Nutzen für den Kunden angeboten werden. Die spezifischen Bedürfnisse und Probleme der Kundensegmente werden als Ausgangspunkt für Wertangebote identifiziert. Das Wertangebot kann neuartig oder im Vergleich zu anderen Angeboten ähnlich sein. Neue Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass die Nachfrage erst durch das Angebot ausgelöst wurde oder wird. Bei ähnlich angebotenem Wert kann eine Differenzierung durch Leistungs- oder Produktoptimierung erreicht werden. 85 Eine wesentliche Bedeutung haben Wertangebote die mit den individuellen Präferenzen der Kundensegmente abgestimmt wurden. Osterwalder und Pigneur erwähnen auch die Zunahme von Massenanpassung und Beteiligung der Kunden. Ein Beispiel ist die Firma Lego: Kunden haben die Möglichkeit die eigenen Wünsche einzureichen. Diese Wunschmodelle werden 84 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_previe w. pdf, S. 20 85 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 26-27 <?page no="53"?> 52 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de dann produziert und allgemein zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden die Kunden am Verkauf des Legomodells beteiligt. Das ist ein gutes Beispiel wie ein Geschäftsmodell hinsichtlich des Wertangebots erweitert werden kann. 86 Weitere gängige Wertangebote sind die Erleichterung von Arbeiten (zum Beispiel die Übernahme von Wartung) oder Designvorteil, Preisvorteil, Verfügbarkeitsvorteile oder Anwenderfreundlichkeitsvorteile gegenüber den Wettbewerbern. Es kann auch ein Mehrwert für den Kunden dadurch entstehen, wenn sein Markenwunsch befriedigt oder der Status bestätigt wird. Diese Nachfragen können durch Trends ausgelöst werden. Risikominimierung in Form von Garantien kann ebenso zu zusätzlichen Nutzen führen. Die zentralen Fragen zur Bearbeitung des Bausteins Wertangebote sind: 87 [1] Welcher Mehrwert oder Nutzen entsteht für den Kunden? [2] Ist das Problem des Kunden bekannt und kann bei der Lösung geholfen werden? [3] Werden die wirklichen Kundenbedürfnisse befriedigt, wenn ja welche? [4] Welche Arten von Nutze werden jedem Kundensegment angeboten? Abbildung 8 zeigt das erweiterte Konstrukt des Geschäftsmodells sowie die Anordnung von Wertangeboten und Kundensegmenten. (3) Baustein Kanäle (CH - Channels) Die Kommunikations-, Distributions- und Verkaufskanäle stellen die zentralen Brücken zu den Kunden dar. An diesen Stellen sollte besonders sensibel und kundenorientiert gearbeitet werden. Da hier die ersten Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht werden. Die Auswahl der Kanäle soll möglichst ausgewogen sein und zwischen direkten und indirekten Kanaltypen differenzieren. Die direkten Kanaltypen werden von den wertschaffenden Unternehmen selbst und die indirekten Kanaltypen von Partnern betreut. Beispiele für direkte Kanäle sind eine interne Verkaufsabteilung oder der Internetverkauf. Zu den indirekten Kanälen zählen eigene Filialen, 86 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 27 87 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 27-29 <?page no="54"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 53 uvk.de Abb. 8: Baustein VP im BMC 88 Partnerfilialen oder Großhändler. Die Betreuung erfolgt in fünf Kanalphasen. In der ersten Kanalphase kann ein Unternehmen auf den Wert für den Kunden aufmerksam machen und selbst positiv ausstrahlen. Die Bewertung des Wertes durch den Kunden, in der zweiten Phase, sollte mit Hilfestellung unterstützt werden. Wenn es zum Kauf kommen soll, sollte in der dritten Phase die Möglichkeit geschaffen sein, spezifische Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen. 89 Erfolgt der Kauf, sollte dem Kunden in der vierten Phase das Wertangebot auch vermittelt werden. Die fünfte Phase sollte die Nachsorge des Kunden beinhalten. Die Kernfragen, die zur Bearbeitung des Bausteins Kanäle beantwortet werden müssen, sind: 90 [1] Über welche Kanäle soll der Kunde bzw. sollen die Kundensegmente erreicht werden? 88 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_previ ew.pdf, S. 22 89 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 30-31 90 Vgl. Osterwalder, Alexander, Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 30-31 <?page no="55"?> 54 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de [2] Wie werden die Kunden bzw. die Kundensegmente aktuell und in Zukunft erreicht? [3] Wie sind die Kanäle in die eigene Organisation integriert? [4] Welche von den Kanälen funktionieren im Ablauf und welche nicht? [5] Welche Kanäle sind kosteneffizient und was sind die Ursachen? [6] Wie können die Kanäle in die Kundenabläufe integriert werden? In Abbildung 9 wird die Verbindung zwischen dem Wertangebot und den Kundesegmenten durch die Kanäle verdeutlicht. Abb. 9: Baustein CH im BMC 91 (4) Baustein Kundenbeziehungen (CR - Customer Relations) Kundenbeziehung erfahren ihre Motivation aus einer Erzielung von verbesserter und erhöhter Kundenakquise, Kundenpflege und Verkaufssteigerung. Die Kundenbeziehungen können von persönlich bis automatisiert reichen. Als Grundlage zur Anpassung dieses Bausteins muss klar sein welche Art von Beziehung ein Unternehmen zu den einzelnen Kundensegmenten aktuell hat und zukünftig haben will. Zu beachten ist, 91 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_previ ew.pdf, S. 26 <?page no="56"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 55 uvk.de dass, die Erfahrungen die der Kunde mit dem Unternehmen macht, durch die Art von Kundenbeziehung beeinflusst wird. 92 Die verschiedenen Arten von Kundenbeziehungen haben Osterwalder und Pigneur wie folgt kategorisiert: Persönliche Unterstützung, individuelle persönliche Unterstützung, Selbstbedienung, automatisierte Dienstle ist un ge n, C om mu ni tys u nd M it be tei li gu ng . Persö nl ic he Un ter st üt zu ng zeichnet sich durch menschliche Interaktionen aus. Für viele Kunden ist ein verkaufsbegleitender Ansprechpartner unerlässlich. Die individuelle persönliche Unterstützung versteht sich in diesem Zusammenhang als besondere Betreuung für einen speziellen Kunden. Kunden erfahren bei der Selbstbedienung nur eine indirekte Beziehung, da die Leistung anonym zur Verfügung gestellt wird. 93 Eine automatisierte Dienstleistung kann, durch persönliche Online- Profile der Kunden, individuelle Dienstleistungen anbieten und damit virtuell persönliche Beziehungen darstellen. Mit Hilfe von Communitys kann eine Beziehung aufgebaut werden in dem sich Kunden auch miteinander austauschen können. Unternehmen können innerhalb der Communitys gezielt auf Kunden eingehen und deren Bedürfnisse erfahren. 94 Eine Mitbeteiligung von Kunden am Unternehmen erfährt zunehmendes Interesse, da mehr Wert geschaffen, die Bekanntheit des Unternehmens gesteigert und Kundenbeziehungen nachhaltig erhalten werden können. An dieser Stelle wird auf das Beispiel von Lego (Baustein Wertangebote) verwiesen. Für Unternehmen ist nicht nur eine Art von Kundenbeziehung denkbar. In Abhängigkeit der Kundensegmente können auch mehrere Kundenbeziehungen Anwendung finden. 95 92 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 32 93 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 33 94 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 33 95 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 33 <?page no="57"?> 56 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Abb. 10: Baustein CR im BMC 96 Darauf aufbauend sollten Unternehmen die folgenden Fragen, zur Bearbeitung des Bausteins, berücksichtigen: 97 [1] Welche Kundenbeziehungsart wird von den Kundensegmenten erwartet? [2] Stimmt die Erwartung mit der aktuellen Beziehung überein? [3] Welche Kosten werden in den unterschiedlichen Arten von Beziehungen verursacht? [4] Welche Synergieeffekte entstehen mit den anderen Bausteinen? Abbildung 10 visualisiert die Verbindung zwischen dem Wertangebot und den Kundesegmenten durch die Kundenbeziehungen und Kanäle. 96 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_previ ew.pdf, S. 28 97 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 33 <?page no="58"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 57 uvk.de (5) Baustein Einnahmequellen (RS - Revenue Streams) Einnahmen sind die Grundlage der Überlebensfähigkeit für Unternehmen. Es muss die Zahlungsbereitschaft der Kundensegmente ermittelt und gefördert werden. Wenn Unternehmen wissen für welche Werte gezahlt wird, kann kundensegmentspezifisch eine oder mehrere Einnahmequellen generiert werden. Einnahmequellen sind beispielsweise der Verkauf von Waren oder Dienstleistungen, Erhebung von Gebühren, Vermietung oder Leasing, Einnahmen durch das zur Verfügung stellen von Rechten oder Lizenzen und Werbeeinnahmen. Die Einnahmeart kann einmalig (Transaktionseinnahme) oder fortlaufend (wiederkehrend) sein. 98 Unternehmen können die Einnahmen durch unterschiedliche Preisgestaltungen beeinflussen. Dazu zählen beispielsweise Listenpreise für individuelle Wertangebote. Weitere Festpreise können Abhängigkeiten aufweisen. Das sind zum Beispiel Abhängigkeiten von der Produktqualität, der Art des Kundensegments, oder die abzunehmende Menge. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit die Preise variabel zu gestalten. Beispiele dafür sind Verhandlungsmöglichkeit oder Auktionen. Ein variabler Preis kann auch der Echtzeitmarktwert sein. Er beschreibt eine Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage. Darüber hinaus nennen Osterwalder und Pigneur das Ertragsmanagement. Das bedeutet die Abhängigkeit der Preisgestaltung von Ressourcenknappheit. Das kann einerseits ein Lagerbestand und andererseits der Kaufzeitpunkt oder Zeitknappheit sein. 99 Zusammenfassend sollten Unternehmen die folgenden Fragen beantwortet können: 100 [1] Für welche Werte ist der Kunde aktuell und in Zukunft zahlungsbereit? [2] Wie wird aktuell gezahlt und wie möchte der Kunde zahlen? [3] Welchen Beitrag leisten die Einnahmequellen im Vergleich zum Gesamtumsatz? 98 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 34-36 99 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 36-37 100 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 35 <?page no="59"?> 58 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de In Abbildung 11 werden die Einnahmequellen verdeutlicht, die in Verbindung mit den anderen Bausteinen generiert werden können. Abb. 11: Baustein RS im BMC 101 (6) Baustein Schlüsselressourcen (KR - Key Resources) Um Wertangebote zu schaffen, ist jedes Unternehmen abhängig vom Vorhandensein von Schlüsselressourcen. Diese Schlüsselressourcen stellen somit die eine Existenzgrundlage dar. Für Unternehmen besteht die die Möglichkeit die Ressourcen selbst zu besitzen, auftragsspezifisch oder in vereinbarten Zyklen von Schlüsselpartnern zu beziehen oder zu leasen. Die Kategorisierung der Schlüsselressourcen haben Osterwalder und Pigneur wie folgt vorgenommen: Physische Schlüsselressourcen sind tendenziell kapitalintensiv. Zu nennen sind beispielsweise Wirtschaftsgüter, die zum Anlagevermögen gehören, und Vorräte aus dem Umlaufvermögen. Intellektuelle Schlüsselressourcen sind schwer imitierbar und 101 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_previ ew.pdf, S. 30 <?page no="60"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 59 uvk.de können Wettbewerbsvorteile darstellen. Beispiele sind Patente, Marken, Partnerschaften oder Kundenstammdaten. 102 Menschliche Schlüsselressourcen werden in jedem Unternehmen dringend benötigt. Durch vorhandene Kreativität und Wissen können sich Unternehmen in speziellen Branchen erhebliche Wettbewerbsvorteile ve rsch af fe n. D azu z äh lt g ut g es chu lt es P er so na l in a lle n Ab te il un ge n, Wissenschaftler oder physische Fähigkeiten. 103 Abb. 12: Baustein KR im BMC 104 Eine weitere Schlüsselressource kann die finanzielle Aufstellung sein. Wie der Volksmund treffend sagt: „Ohne Moos nix los! “. Beispiele für finanzielle Ressourcen sind das vorhandene Eigenkapital oder die Beschaffung von Fremdkapital. Nicht nur die Beschaffung ist hier von Interesse, auch der Umgang mit Kapital. Wettbewerbsvorteile können 102 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 38- 39 103 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 39 104 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_pre view.pdf, S. 34 <?page no="61"?> 60 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de auch geschaffen werden indem Finanzierungen zur Kundenbindung angeboten werden. Es können auch die Mitarbeiter motiviert und gebunden werden, indem Aktienoptionsprogramme angeboten werden. Zur Bearbeitung des Bausteins Schlüsselressourcen sollte die folgende Frage beantwortet werden können: 105 Welche Schlüsselressourcen müssen zur Verfügung stehen, um alle Bausteine des Geschäftsmodells zu versorgen? Abbildung 12 zeigt das erweiterte Konstrukt des Geschäftsmodells, um den Baustein der Schlüsselressourcen. (7) Baustein Schlüsselaktivitäten (KA - Key Activities) Die Schlüsselaktivitäten sind die Kerntätigkeiten eines Unternehmens, die es erfolgreich werden lässt. Diese wichtigen Handlungen schaffen Werte für die Kundensegmente. Das bedeutet dass sie die anderen Bausteine beeinflussen und so einen elementaren Beitrag leisten. Es wird nach Art des Geschäftsmodells in drei verschiedene Schlüsselaktivitäten kategorisiert: 106 In der Kategorie Produktion ist die Produktionsaktivität vorherrschend. Dazu zählen notwendige technische, maschinelle, handwerkliche, prozessuale und Steuerungsaktivitäten. Zusätzlich zu den eigentlichen Produktionstätigkeiten fallen auch Auslieferungsaktivitäten in diesen Bereich. Die Kategorie der Problemlösung enthält die Schlüsselaktivitäten zur Lösung von individuellen Kundenbedürfnissen. In dieser Kategorie fallen in der Regel Dienstleistungsunternehmen. Von zentraler Bedeutung ist der Erhalt von Wissen. Die letzte Kategorie steht für Geschäftsmodelle mit der Schlüsselressource Plattform oder Netzwerk. Der Fokus steht auf der Pflege und die Weiterentwicklung die Plattformen oder der Netzwerke. Denn die Unternehmen werben für die eigene Plattform und bieten über diese ihre Dienstleistungen an. Zur Bearbeitung des Bausteins Schlüsselressourcen sollte die folgende Frage beantwortet werden können: 107 105 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 39 106 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 40- 41 107 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 41 <?page no="62"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 61 uvk.de Welche Schlüsselaktivitäten sind erforderlich, um alle Bausteine des Geschäftsmodells zu versorgen? Abbildung 13 erweitert das Konstrukt Geschäftsmodell um den Baustein der Schlüsselaktivitäten. Abb. 13: Baustein KA im BMC 108 (8) Baustein Schlüsselpartnerschaften (KP - Key Partners) Geschäftsmodelle können durch Schlüsselpartner optimiert werden, Risiken und Unsicherheiten reduzieren oder zusätzliche Ressourcen und Aktivitäten einbeziehen. Somit stellen die Schlüsselpartnerschaften eine wesentliche Komponente dar, um den Geschäftserfolg zu sichern. Schlüsselpartner können Lieferanten, Partnerunternehmen oder ein Netzwerk von Partnern sein. In der Rolle der Käufer-Anbieter-Beziehung werden Geschäftsmodelle kostenorientiert optimiert. 109 Das kann gelingen, wenn Unternehmen nicht alle notwendigen Ressourcen und Aktivitäten selbst vorrätig haben oder selbst ausüben. Das Un- 108 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_pre view.pdf, S. 36 109 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 42 <?page no="63"?> 62 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de ternehmen kann sich auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren und gegebenenfalls Mengenvorteile ausnutzen. Die Minimierung von Risiken und Unsicherheiten kann durch den Zusammenschluss von konkurrierenden Unternehmen erfolgen. 110 Abb. 14: Baustein KP im BMC 111 Diese Partnerschaften entstehen häufig bei Projekten, bei denen ein einheitliches Format für die Kunden relevant ist. Ein Beispiel ist hier die geplante Einführung von einheitlichen Ladekabeln oder ein einheitliches Speichermedium (BluRayDisc). Zur Bearbeitung des Bausteins Schlüsselpartnerschaften müssen die folgenden Fragen beantwortet werden: 112 [1] Welche sind die aktuellen und zukünftigen Schlüsselpartner und Schlüssellieferanten für den Erfolg des Unternehmens? 110 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 42- 43 111 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ business modelgeneration_preview.pdf, S. 38 112 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 43 <?page no="64"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 63 uvk.de [2] Von welchen Partnern werden aktuell und in Zukunft die Ressourcen bezogen? [3] Von welchen Partnern werden welche Aktivitäten aktuell und in Zukunft ausgeführt? Abbildung 14 zeigt das erweiterte Konstrukt des Geschäftsmodells um den Baustein der Schlüsselpartnerschaften. (9) Baustein Kostenstruktur (CS - Cost Structure) Alle Aktivitäten des Geschäftsmodells verursachen Kosten. Die Wahl der Partner, die Ressourcenausstattung und Kundenpflege dienen als Beispiele für Ursachenforschung und Beeinflussungsmöglichkeiten. Die wichtigsten Kosten werden in der Kostenstruktur zusammengefasst. Bei Unternehmen, deren Hauptorientierung die Minimierung der Kosten ist, wird beispielsweise Outsourcing betrieben, Güter oder Dienstleistungen im Niedrigpreissegment angeboten und nach einem hohen Automatisierungsgrad gestrebt. Sollte die Hauptorientierung dagegen in der herausragenden Qualität des Produkts oder der Dienstleistung liegen, ist die Geschäftsmodell-Kostenstruktur wertorientiert. Zu identifizieren sind hier Potenziale bei Fix- und variablen Kosten. So können beispielsweise Vorteile durch eine hohe produzierte Menge (geringe Durchschnittskosten) entstehen. Weitere Vorteile können durch flexible Produktionsanlagen oder das Nutzen gleicher Kanälen für zusätzliche Güter oder Dienstleistungen. Zur Bearbeitung des Bausteins Kostenstruktur sollten die folgenden Fragen beantwortet werden können: 113 [1] Welche sind die wichtigsten geschäftsmodellspezifischen Kosten? [2] Wie hoch sind die Kosten der einzelnen Schlüsselbausteine? 113 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 44- 45 <?page no="65"?> 64 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de Abb. 15: Alle Bausteine zusammen mit CS im BMC 114 Abbildung 15 zeigt das gesamte Konstrukt des Geschäftsmodells, erweitert um den Baustein der Kostenstruktur. 1.5.3 Gesamtübersicht Inhaltlich wurde das Geschäftsmodell anhand der einzelnen Bausteine erläutert. Die Bausteine wurden visuell zu einem Gesamtkonstrukt zusammengesetzt und in Abbildung 16 zusammenfassend beschrieben. Osterwalder und Pigneur transformieren die zusammengesetzten Bausteine in eine Geschäftsmodell-Leinwand. Mit Hilfe dieser Leinwand (BMC) und den inhaltlichen Grundlagen der Bausteine werden nun die Unternehmen in die Lage versetzt, das eigene Geschäftsmodell zu visualisieren und zu gestalten. 114 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_pre view.pdf, S. 40 <?page no="66"?> 1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen 65 uvk.de Schlüsselpartner (KP - Key Partner) „Der Baustein Schlüsselpartnerschaften beschreibt das Netzwerk von Lieferanten und Partnern, die zum Gelingen des Geschäftsmodells beitragen.“ Schlüsselaktivitäten (KA - Key Activities) „Der Baustein Schlüsselaktivitäten beschreibt die wichtigsten Dinge, die ein Unternehmen tun muss, damit sein Geschäftsmodell funktioniert.“ Wertangebote (VP - Value Propositions) „Der Baustein Wertangebote beschreibt das Paket von Produkten und Dienstleistungen, das für ein bestimmtes Kundensegment Wert schöpft.“ Kundenbeziehungen (CR - Customer Relations) „Der Baustein Kundenbeziehungen beschreibt die Arten von Beziehungen, die ein Unternehmen mit bestimmten Kundensegmenten eingeht.“ Kundensegmente (CS - Customer Segments) „Der Baustein Kundensegmente definiert die verschiedenen Gruppen von Personen, die ein Unternehmen erreichen und bedienen will.“ Schlüsselressourcen (KR - Key Resources) „Der Baustein Schlüsselressourcen beschreibt die wichtigsten Wirtschaftsgüter, die für das Funktionieren eines Geschäftsmodells notwendig sind.“ Kanäle (CH - Channels) „Der Kanäle-Baustein beschreibt, wie ein Unternehmen seine Kundensegmente erreicht und anspricht, um ein Wertangebot zu vermitteln.“ Kostenstruktur (CS - Cost Structure) „Der Baustein Kostenstruktur beschreibt alle Kosten, die bei der Ausführung eines Geschäftsmodells anfallen.“ Einnahmequellen (RS - Revenue Streams) „Der Baustein Einnahmequellen steht für die Einkünfte, die ein Unternehmen aus jedem Kundensegment bezieht (Umsatz minus Kosten gleich Gewinn.“ Abb. 16: Canvas-Modellbestandteile mit Definitionen in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur 115 Abb. 17: Transformierte Gesamtdarstellung zum BMC 116 115 Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 23-44, S. 48 <?page no="67"?> 66 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de 1.6 Geschäftsmodellgestaltung Die Geschäftsmodellgestaltung muss so ausgerichtet sein, dass sie sich an die spezifischen Bedürfnisse der Unternehmung anpassen lässt. Es sollte mit diesem Gestaltungsprozess für jede Organisation, unabhängig von Branche oder Industriezweig, möglich sein, das eigene Geschäftsmodell anzupassen. Der Gestaltungsprozess erfolgt chronologisch in fünf Phasen, 117 und zwar in (1) „Mobilisieren“, (2) „Verstehen“, (3) „Gestalten“, (4) „Implementieren“ und schließlich die (5) und letzte Phase „Durchführen“. 1.6.1 Mobilisieren Das Ziel des “Mobilisierens“ ist die Schaffung von Voraussetzungen für ein erfolgreiches Geschäftsmodell-Gestaltungsprojekt. Dazu gehören Vorbereitungen in den Bereichen Projektplanung, Teambuilding und Vorabtest von Ideen. In der Projektplanung sollen möglichst der gesamte Gestaltungsprozess erfasst und die Projektziele festgelegt werden. Das Teambuilding stellt eine besondere Herausforderung dar, da hier Vielfältigkeit und Kreativität gefragt sind. Des Weiteren kann eine Kombination aus Mitarbeitern und Entscheidungsträgern den Erfolg beeinflussen. Im zusammengestellten Team sollte die einheitliche Sprache gefördert werden. 118 Als Ausgangslage für Unternehmen kann die Erstellung des eigenen Geschäftsmodells erfolgen. Die Leinwand bildet mit ihren Bausteinen die Grundlage der Visualisierung. Sie wird als PDF-Format zum Download angeboten und kann ausgedruckt werden. Die vorbereitete Leinwand soll nun, mit Hilfe von Klebezetteln oder Stiften, mit Inhalt gefüllt werden. Eine Modellierung ist auch digital möglich, wird aber gebührenpflichtig angeboten. 119 Am Beispiel von Apple iPod/ iTunes soll in Ab- 116 Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_pre view.pdf, S. 44 117 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 248-253 118 Vgl. Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation, „1. Mobilisieren“, S. 89 119 Vgl. Digitales Tool zur Bearbeitung des Canvas; abrufbar unter https: / / strategy zer.com/ <?page no="68"?> 1.6 Geschäftsmodellgestaltung 67 uvk.de bildung 18 aufgezeigt werden, wie ein Team die Leinwand mit Klebezetteln ausfüllen kann. Abb. 18: Transformierte Gesamtdarstellung Geschäftsmodell Apple iTunes 120 Im Rahmen der Visualisierung können sich bereits erweiterte Geschäftsmodellideen ergeben. Hier warnen Osterwalder und Pigneur vor einer Überschätzung der Ideenpotenziale. Als Gegenmittel wird die sogenannte „Kill-Thrill-Session“ als Vorabtest von Ideen empfohlen. Zunächst soll in einem Brainstorming die Idee mit Gegenargumentationen belastet werden. Im Anschluss sollen alle positiven Argumente auf das Team einwirken. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die Idee objektiver zu bewerten. 121 Es kann durchaus notwendig sein, Mitarbeiter oder Entscheidungsträger von der Geschäftsmodellentwicklung zu überzeugen. Das kann vorab oder während der Ideenbildung sein. Überzeugungsarbeit kann mit Hilfe von „Geschichten erzählen“ geleistet werden. Mit Hilfe einer Story, die in der Lage ist, den Mehrwert mitreißend, bildhaft und transparent für 120 Vgl. Vgl. Osterwalder, Pigneur (2009): Handbuch preview, online abrufbar unter: http: / / businessmodelgeneration.com/ downloads/ businessmodelgeneration_pre view.pdf, S. 46 121 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 255 <?page no="69"?> 68 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de alle Beteiligten darzustellen, kann das gelingen. Als Ansatzpunkte erwähnen Osterwalder und Pigneur das Einnehmen von anderen Perspektiven mit Hilfe einer Hauptperson. Als Beispiel kann das Einnehmen der Kundenperspektive dienen. Wenn in der Geschichte die „Figur“ Kunde, aus seiner Perspektive heraus, die Wünsche und Wertvorstellungen skizziert werden, können in diesem Atemzug die notwendigen Aktivitäten aus Sicht des Unternehmens abgeleitet werden. So kann einerseits der Status quo plausibel dargestellt werden, andererseits ein möglicherweise notwendiger Wandel begreifbar gemacht werden. 122 1.6.2 Verstehen In der zweiten Phase liegt der Schwerpunkt bei Analysetätigkeiten und Recherche des Geschäftsmodellumfelds. Diese Tätigkeiten zielen darauf ab, die Kunden, die Technologien, den Markt und die Expertise zu verstehen. Darauf aufbauend können Potenziale abgeleitet werden und in die Geschäftsmodellentwicklung einfließen. Osterwalder und Pigneur warnen an dieser Stelle jedoch vor einer sogenannten „Über-Recherche“. Es werden dennoch Techniken und Instrumente zur Erforschung angeboten. Hierzu zählen beispielsweise Befragungen, die SWOT-Analyse für alle einzelnen Bausteine des eigenen und konkurrierenden Geschäftsmodells und das Sammeln von Ideen und Meinungen. Aus diesen Bereichen können viele Informationen für die Darstellung alternativer Geschäftsmodelle gewonnen werden. Ein wesentlicher Bestandteil in dieser Phase „Verstehen“ ist die Erforschung des Kunden. 123 Es sollen potenzielle Kunden, deren Bedürfnisse und Probleme identifiziert werden. 124 Wie bereits in der Phase „Mobilisieren“ erwähnt, ist das Einnehmen der Kundenperspektive ein wichtiges Hilfsmittel zur Überzeugung von Mitarbeitern und Entscheidungsträgern. Der Perspektivenwechsel dient aber nicht nur dem Geschichten-Erzählen, es soll darüber hinaus ein tieferes Verständnis für den Kunden entwickelt werden. Dazu bieten Osterwalder und Pigneur in ihrem Buch die Nutzung einer Empathie-Karte. Entwickelt wurde die Empathie-Karte von der Firma 122 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 177-179, S. 253 123 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 253, S. 256-257 124 Vgl. Schallmo, Daniel (2013): Geschäftsmodell-Innovation, „2. Verstehen“, S. 89 <?page no="70"?> 1.6 Geschäftsmodellgestaltung 69 uvk.de für visuelles Denken XPLANE. 125 Dieses Instrument soll im Hinblick auf die kundenorientierte Anpassungsmöglichkeit von Geschäftsmodellen beleuchtet werden. Abbildung 19 zeigt die grafische Darstellung der Empathie-Karte mit den inhaltlichen Fragen. Im Anschluss wird die Anwendung der Empathie-Karte erläutert. Abb. 19: Empathie-Karte in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur 126 Der erste Schritt bei der Erarbeitung der Empathie-Karte ist die Zusammenstellung der Kundensegmente. Diese wurden bereits mittels Brainstorming in der Mobilisierungsphase zusammengetragen. Der nächste Schritt ist die Auswahl eines erfolgversprechenden Kunden. Dieser soll konkret benannt und mit detaillierten Informationen beschrieben werden. Im Anschluss daran kann die Empathie-Karte vom Team mit den Antworten auf Klebezetteln ausgefüllt werden. Nun kann eine Auswertung stattfinden. Es können spezifische Annahmen aus der Kundenperspektive vorgenommen werden und mit der Unternehmensperspektive verglichen werden. 127 125 Vgl. XPLANE: Empathie-Karten Entwicklung, Online-Kontakt unter http: / / www.xplane.com/ 126 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 134-137 127 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 135-137 <?page no="71"?> 70 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de 1.6.3 Gestalten In der Gestaltungsphase kommt es darauf an, gewonnene Ideen, Informationen und Erkenntnisse zu konkretisieren. Es soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, relevante Teile mit Erfolgspotenzial in die Praxis zu überführen. Mit Hilfe der Erschaffung von Prototypen kann es gelingen, diese Ideen und Informationen weiter zu erforschen und zu testen. Auf Grundlage des eigenen visualisierten Geschäftsmodells können neue gewagte oder erweiterte Leinwände gestaltet werden. 128 Die Visualisierung von Alternativen kann von der groben Aufzeichnung auf einer Serviette bis hin zu umfangreichen Pools von Modellen an der Wand reichen. Osterwalder und Pigneur weisen darauf hin, dass ein entstandener Geschäftsmodellprototyp nicht zwangsläufig das alte Geschäftsmodell ablösen muss. Es kommt vielmehr darauf an, die einzelnen Teile der Bausteine mit neuen Ideen oder angefertigten Tabellen zu bestücken. Es sollen die grundlegenden Teile durchdacht, erforscht und letztlich designt werden. Dieser Designstandpunkt soll von der Entscheidungsorientierung hin zur Optionsorientierung manövrieren. Beispiele können das Hinzufügen von neuen Kundensegmenten oder alternativen Schlüsselpartnern sein, um Geschäftsmodelloptionen zu erarbeiten. Mit Hilfe der SWOT-Analyse kann dann jede Option für die Gegenwart und Zukunft analysiert werden. Daraus entstehen neue Leinwände, auf denen die möglichen Visionen und Auswirkungen festgehalten werden können. Einerseits entstehen so Dokumentationen über den Gestaltungsprozess, andererseits die visuelle Grundlage für Diskussionen und Anregungen. 129 Die gefilterten und potenziellen Geschäftsmodellprototypen können mit Hilfe von Experten oder bei Kunden getestet werden. Hier kann die Technik „Geschichte erzählen“ zu Rate gezogen werden. Die Antworten, ob sie nun positiv oder negativ ausfallen, können zur weiteren Anpassung und Optimierung verwendet werden. 130 Zusätzlich wird die Blue-Ocean-Strategie von Kim und Mauborgne ins Feld geführt. 131 128 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 258 129 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 164-169 130 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 258 131 Vgl. Kim, W.Chan, Mauborgne, Renée (2005): Der Blaue Ozean als Strategie <?page no="72"?> 1.6 Geschäftsmodellgestaltung 71 uvk.de Abb. 20: Blue-Ocean-Strategie und BMC in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur 132 Osterwalder und Pigneur verbinden die Blue-Ocean-Strategie mit dem Business Model Canvas. Es soll als wirksames Konzept dienen, mit dem aktuelle Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellprototypen hinterfragt werden können. Mit diesem Werkzeug sollen für Kunden ein Mehrwert geschaffen und gleichzeitig Kosten reduziert werden. Für Kunden sollen mehr Vorteile entstehen und wertlose Merkmale am Produkt eliminiert werden. Zu untersuchen ist, wie die Unternehmen die einzelnen Fragmente untersuchen können, um herauszufinden wie die Kosten zu senken und gleichzeitig Wert zu schaffen ist. Dabei sind die folgenden Fragen zu beantworten: Welche bislang selbstverständlichen Faktoren sind zu eliminieren? Welche Faktoren sind weit unter dem Branchenstandard zu reduzieren? Welche Faktoren müssen weit über dem Standard hinaus aufgestockt werden? Welche Faktoren wurden in der Branche noch nie erzeugt? 133 132 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 232 133 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 230-232 <?page no="73"?> 72 1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff uvk.de 1.6.4 Implementieren In der Phase Implementieren soll der ausgewählte Prototyp Anwendung am Markt finden. Um das Gelingen zu sichern, wird den Unternehmen empfohlen einen Businessplan zu skizzieren. Wesentliche Tätigkeiten sollen aus den typischen Regeln eines Projektmanagements abgeleitet werden. Dazu zählen: die Einschätzung der Risiken und Gewinnerwartungen, die Umsetzung in Folge der Feedbacks aus der Testphase, die notwendige Integration in die Organisation. Grundlagen sind bereits in den vorangegangenen Phasen gelegt worden. Hierzu zählen die aktive Teilnahme und Sensibilisierung aller Beteiligten wie Kunden, Mitarbeiter und Entscheidungsträger. Das entwickelte Verständnis für Veränderungen kann auch, bei einer Umformung der Organisation und Umverteilung von Ressourcen, Konflikten entgegenwirken. Zusätzlich können mit Hilfe der Visualisierungen und dem „Geschichten erzählen“ bis dato Unbeteiligte sensibilisiert werden. 134 1.6.5 Durchführen In der Phase Durchführen sollen Unternehmen ihr Geschäft als ein dauerhaft zu überprüfendes Modell verstehen. Im Umgang mit Kunden kennen die meisten Unternehmen dieses Vorgehen. Über die Nachsorge und ein Beschwerdemanagement hinaus sollten Veränderungen frühzeitig aufgespürt werden und rechtzeitig Beachtung finden. Der gleiche Kontext kann auf die Steuerung des Geschäftsmodells übertragen werden. Eine eingerichtete Steuerungsstelle kann die Aufgabe erhalten, Geschäftsmodelle zu organisieren, zu verwalten und die Entwicklung nachzuverfolgen. Des Weiteren wird empfohlen, die gesammelten Geschäftsmodelle proaktiv zu kontrollieren. So können profitable Geschäftsbereiche aufgespürt werden. Mit deren Hilfe kann in zukunftsträchtige Geschäftsmodelle investiert werden. 135 134 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 253, S. 260-261 135 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, S. 253, S. 262-263 <?page no="74"?> 1.6 Geschäftsmodellgestaltung 73 uvk.de 1.6.6 Gesamtübersicht zu den Gestaltungsphasen eines Geschäftsmodells Für einen gesamten Überblick sind die Gestaltungsphasen in Tabelle 12 zusammenfasst und bilden die Stärken des Business Model Canvas ab. Phase: Mobilisieren Verstehen Gestalten Implementieren Durchführen Ziele: vorbereiten recherchieren und analysieren schaffen, testen, auswählen Einführung in die Praxis begleiten, anpassen, modifizieren Schwerpunkt: Voraussetzung schaffen vertiefen prüfen ausführen entwickeln Beschreibung: „Tragen Sie alle Elemente für eine erfolgreiche Geschäftsmodellgestaltung zusammen.“ „Schaffen Sie Bewusstsein für die Notwendigkeit eines neuen Geschäftsmodells, beschreiben Sie die Motivation für das Projekt und sorgen Sie für eine gemeinsame Sprache, um Geschäftsmodelle zu beschreiben, zu gestalten, zu analysieren und zu diskutieren.“ „Sie und das Team zur Geschäftsmodellgestaltung vertiefen sich in relevante Wissensbereiche: Kunden, Technologie und Umfeld.“ „Sie sammeln Informationen, interviewen Fachleute, studieren potenzielle Kunden und identifizieren Bedürfnisse und Probleme.“ „Verwandeln Sie die Informationen und Ideen der vorhergehenden Phase in Geschäftsmodellprototypen, die erforscht und getestet werden können.“ „Nach einer intensiven Prüfung der Geschäftsmodelle wählen Sie die befriedigendste Geschäftsmodellgestaltung aus.“ „Implementieren Sie die ausgewählte Geschäftsmodellgestaltung.“ „Schaffen Sie die Managementstrukturen, um Ihr Geschäftsmodell kontinuierlich zu überwachen, zu bewerten und anzupassen oder zu verändern.“ Tab. 12: Gestaltungsprozess in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur 136 136 Vgl. Osterwalder, Alex., Pigneur, Yves (2011): Business Model Generation, in Anlehnung an Grafik S. 253 <?page no="76"?> 22 WWiisssseennsscchhaaffttlliicchhee LLooggiikk" mmeetthhooddoollooggiisscchhee GGrruunndd-üübbeerrlleegguunnggeenn uunndd PPrräämmiisssseenn zzuumm GGeesscchhääffttssmmooddeellll iimm RRaahhmmeenn ddeess SSttrraatteeggiisscchheenn MMaannaaggeemmeennttss <?page no="77"?> 76 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell uvk.de Folgt man der Logik bekannter Lehrbücher wie die von Rowe, A. J. / Mason, R. O./ Dickel, K. E.(1985): Strategic Management and Policy, A Methodological Approach, Müller-Stewens, G./ Lechner, C. (2005): Strategisches Management, oder Hungenberg, H. (2012): Strategisches Management in Unternehmen, so fällt auf, dass sie immer bereits von einem (internationalen) Großunternehmen ausgehen, das bereits ein Geschäftsmodell besitzt und das jährlich evolutionär einen idealtypischen Entscheidungsprozess im Sinne des Strategischen Managements durchläuft, um sich nachhaltig wettbewerbsfähiger zu gestalten. Wie ein Geschäftsmodell als axiomatischer Ausgangspunkt eines idealtypischen Entscheidungsprozess je gefunden worden ist und wie das Geschäftsmodell permanent verbessert wurde, wird zwar in den obigen Büchern an verschiedenen Stellen angesprochen, doch fehlt der systematische und transparente Argumentationsstrang, der das Henne-Ei-Problem bzw. erst das Strategische Management und dann das Geschäftsmodell oder umgekehrt lösen hilft. Das Lehrbuch „Businesswissen Geschäftsmodelle“ setzt genau hier an, in dem es dem idealtypischen Entscheidungsprozess des Strategischen Managements folgt, aber das Geschäftsmodell als axiomatischen Ausgangspunkt für das Strategische Management wählt, um zu erklären, wie ein Unternehmen mehr oder weniger intuitiv zu einem Geschäftsmodell kommt, um es dann evolutionär zu einem wertorientierten Geschäftsmodell auszubauen, damit das Unternehmen weiter nachhaltig wettbewerbsfähig bleibt. Folgt man einem der bekanntesten idealtypischen Entscheidungsprozesse des Strategischen Managements von Steiner (1954) und Andrews (1971): The Concept of Strategy, so kann konstatiert werden, dass hier das Geschäftsmodell als Ausgangspunkt eines „Concept of Strategy“ fehlt. Im Folgenden werden deshalb für ein idealtypisches Strategiekonzept die Prämissen entwickelt, die ein Geschäftsmodell axiomatisch voraussetzt und begründen sowie einem Strategiekonzept vorausgehen muss. 1. Prämisse Die Geschäftsidee oder Innovation ist das A und O jeden Geschäftsmodells des Strategischen Managements. Dem Unternehmensgründer muss eine „intuitive, kreative Idee“, die innovationsfähig ist, eingefallen sein oder die Abteilung „Strategisches Management“ muss auf ein inno- <?page no="78"?> 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell 77 uvk.de vatives Geschäftsfeld, induziert aus dem eigenen Portfoliomanagement für die Konzernleitung, gestoßen sein, damit diese das Geschäftsmodell unternehmerisch erschließen kann. Nur mit dem Geschäftsmodell als Idee und Vision kann der Unternehmensgründer sein zukünftiges Unternehmen gründen (Benz) und betreiben bzw. kann ein Konzern (z.B. Autokonzern Mercedes-Benz) aufgrund seines Geschäftsmodells Auto und innovativer Geschäftsfelder (PKW, Sportwagen, LKW, Busse etc.) mittels Synergieeffekten wachsen. Damit wird das Geschäftsmodell ein axiomatischer Ausgangspunkt jedes Strategischen Managements. Exemplarische Unternehmen, denen das Geschäftsmodell-Innovation- Axiom ihres späteren Strategischen Managements diente: z.B. Daimler- Benz, Amazon, GASAG AG, Eon AG und IKEA (Core concept of Strategic Management) Daimler-Benz: Vor über 130 Jahren ersetzte der Ingenieur Benz die Pferde (PS gleich Pferdestärke) vor der Kutsche durch einen Verbrennungsmotor, der nun die Kutsche antrieb, und erfand damit das Auto als visionäres, intuitives Geschäftsmodell. Das Geschäftsmodell kommt damit grundsätzlich dem kundenspezifischen Konsumentenwunsch entgegen, von A nach B zu kommen bzw. zu fahren. Gottlieb Daimler entwickelte 1883-1885 mit W. Maybach den ersten schnelllaufenden Fahrzeugmotor und gründete 1890 die Daimler-Motoren-Gesellschaft, die 1926 mit den Benz-Werken zur Daimler-Benz-AG verschmolz. Erst jetzt beginnt die AG ein wertorientiertes Geschäftsmodell mit verschiedenen Geschäftsfeldern in ihrem Portfoliomanagement grundsätzlich zu entwickeln. Amazon: Die Geschäftsidee des Geschäftsmodells beruht aufgrund neuer virtueller Organisationsformen, IT-Technologie und möglicher IT- Geschäftsprozesse Bücher anders zu verkaufen, d.h. nicht mehr im präsenten Buchladengeschäft, sondern im „Online-Handel“. Selbst wer irgendwo in einem Dorf wohnt, in dem nur zweimal am Tag ein Bus hält, bestellt jedes nur schwer erhältliche Buch schnell mal bei Amazon, um dieses innerhalb von drei Tagen zu erhalten. GASAG AG: Mit der Liberalisierung des Gasmarktes in Deutschland durch das Energiewirtschaftsgesetz mussten bisherige monopolartige Unternehmen für ihr Unternehmen ein neues Geschäftsmodell entwickeln, um dem Ziel des Gesetzes „…eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche, leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas…“ zu <?page no="79"?> 78 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell uvk.de gewährleisten und im Sinne eines unverfälschten Wettbewerbs zu verwirklichen (§1 Abs. 1 ENWG 2005). Eon AG: Aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung, eine Energiewende einzuleiten und zu verwirklichen, sah sich die Eon AG im Dezember 2014 vor die Wahl gestellt, ihr bisheriges Geschäftsmodell neu auszurichten. Ab sofort will sie nur noch Strom mittels Solar- und Windenergie erzeugen, den Strom weiterleiten und mit dem Energiehaus den Konsumenten helfen. Das bisherige Geschäftsmodell, Strom mittels Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke zu erzeugen, wird eingestellt, und zwar in Form einer Bad-AG in Anlehnung an eine Bad-Bank. Die Atomkraftwerke möchte man in Form einer Stiftung der Bundesrepublik Deutschland überschreiben. IKEA: Die Idee des Geschäftsmodells von IKEA ist, eine „billige Wohnkultur für jedermann“ durch Einkaufs-, Produktions-, Logistik- und Verkaufscenter zu ermöglichen, unter Einbezug des Kunden, der die teuren Kosten (Montage- und Vertriebskosten) in der Wertschöpfungskette des Unternehmens freiwillig und motiviert übernimmt. Google: Mit dem Geschäftsmodell „Suchmaschine“ wird das Unternehmen als Social Media zu einem Hilfemittel aller potenziellen Kunden von allen nur möglichen Unternehmen weltweit genutzt. Zurzeit hat Google sich auf dem Gebiet der Suchmaschinen zu einem Weltmonopolisten entwickelt, das auch Unternehmen wie Microsoft ihm nicht streitig machen können. 2. Prämisse Mit einer grundlegenden Geschäftsidee und einem Businessplan bzw. einem intuitivem Geschäftsmodell wie das „Canvas“-Modell kann ein Unternehmen erst einmal seine improvisierte, betriebswirtschaftliche Lauffähigkeit beweisen, d.h. ein Unternehmen rechtlich gründen und über die Zeit betriebswirtschaftlich verbessern, damit es irgendwann notwendigerweise ein wertorientiertes Geschäftsmodell werden wird. 3. Prämisse Merkmale eines Wettbewerbsvorteils eines Unternehmens 3.1 Das intuitive, kundenspezifische Geschäftsmodell stiftet einen besonderen Wert für seine Kunden, weil es einen Preis- und Nutzen- Leistungsvorteil aufweist, der vom Kunden wahrgenommen und honoriert wird. <?page no="80"?> 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell 79 uvk.de 3.2 Das Geschäftsmodell weist mindestens einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerber auf, der vom diesem aufgrund des wertorientierten Geschäftsmodells nicht ohne weiteres eingeholt werden kann, weil er permanent im Sinne einer Lebenszyklus-Philosophie des Strategischen Managements variiert und weiterentwickelt wird, also nachhaltig ist. 3.3 Der innovative Wettbewerbsvorteil erzielt damit eine Zahlungsbereitschaft (Preis) bei den Kunden, der dauerhaft die Kosten des Leistungsangebotes übersteigen (z.B. aufgrund von potenziellen Economies of Scale, Economies of Scope und besonders aufgrund des Erfahrungskurveneffektes, wenn das Unternehmen in die Massenproduktion und Massenkonsum ihres Geschäftsmodells kommt). 3.4 Wenn die Unternehmung die Potenziale der Kostensenkung bereits von Anfang an im Lebenszyklus des Geschäftsmodells mittels des Erfahrungskurveneffektes durch Lernen beim Management und durch Effizienzsteigerungen in der Organisation verwirklichen kann, dann können die Kosten des Geschäftsmodells unterhalb des Preises der Konkurrenten liegen und eine Senkung des Angebotspreises für den Kunden erfolgen. 4. Prämisse Es wird ein erweitertes Grundverständnis des Strategischen Managements durch das Geschäftsmodell im Sinne des idealtypischen Entscheidungsprozesses gefördert. Nachdem ein intuitives Geschäftsmodell für ein Unternehmen gewählt wurde, sind dazu die Maßnahmen bzw. Strategien erforderlich. Grundsätzliche „Strategische Optionen“ sind für ein Geschäftsmodell der Market-Based-View von M. Porter „Where to compete“ and How do compete“ (sprich das Drei-Säulen-Modell von M. Porter mit den Wettbewerbskräften/ Branchenanalyse, generischen Strategien und Wertschöpfungskette) der Ressourced-Based-View, der insbesondere erst einmal die Stärken und Schwächen eines Geschäftsmodells in den Vordergrund hebt sowie den Technology-Based-View, der mittels eines Innovations-Management-Ansatzes einen inkrementalen Strategieansatz, im Sinne der permanenten Suche nach neuen Geschäftsmodellen und feldern angeht, und damit dem bürokratischen, fast starren idealtypischen Strategie-Management-Prozess ad absurdum führt. <?page no="81"?> 80 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell uvk.de Aus den Strategieoptionsmodellen entstehen bei deren entsprechender Implementierung im Unternehmen Wettbewerbsvorteile. Mittels innovativer Geschäftsfelder, Wertschöpfungsketten, Working-Capital-Management und Internationalisierung wird ein wertorientiertes Geschäftsmodell geschaffen und fortentwickelt. Prämisse 4.1 Für ein Automobilunternehmen beispielsweise bedeutet ein wertorientiertes Geschäftsmodell, über die Zukunft der PKW und Nutzfahrzeuge nachzudenken, um technologischer Marktführer bleiben zu können. Dazu ist es erforderlich, über die ganze Skala der internen und externen Wertschöpfungsketten im Sinne von Baukastensystemen für alle Modelle nachzudenken, und zwar von Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Service mit Finanzdienstleistungen, und evtl. Outsourcing bis hin zur Internationalisierung. Wertorientiert kann dazu das Working-Capital- Management dienen. Dabei ist das Beherrschen der maßgeblichen Schlüsseltechnologien unumgänglich. Prämisse 4.2 Automobilunternehmen verdanken beispielsweise ihre Stärke nicht zuletzt der Tatsache, dass sie mit Hilfe einer Stärken-Schwächen-Analysen und unterschiedlicher Zukunftsszenarien wie Hybridund/ oder Elektromotorgetrieben mit/ und digitalisierter Selbstfahrleitsystemen in den nächsten Autogenerationen als Geschäftsfelder rechtzeitig Vorsorge betreiben. Prämisse 4.3 Wenn Unternehmen Geschäftsmodelle und/ oder Geschäftsfelder rechtzeitig neu variiert oder definiert haben (Technology-Based-View-Ansatz und Market-Based-View-Ansatz), analog des inkrementalen Strategieansatzes von Quinn, verfügen sie zeitlich, informativ, materiellleistungswirtschaftlich und finanziell im Vergleich zu Wettbewerbern über Wettbewerbsvorteile (Resource-Based-View-Ansatz), die sich auf die Dauer wertorientiert auszahlen werden. 5. Prämisse Nur wenn die Überführung bei neuen Geschäftsmodellen und Geschäftsfeldern entlang der (internationalen) Wertschöpfungskette als Überführung besonders von wissensbasierten Humankapitals gelingt und sich dieses im Working-Capital-Management beispielsweise widerspiegelt, erfolgt eine wertorientierte Strategische Management-Ausrichtung. <?page no="82"?> 2 Logik, Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell 81 6. Prämisse In der Umstrukturierung/ Transformation des Geschäftsmodells in ein neues intuitives und später wieder in ein wertorientiertes liegt das eigentliche Risiko des Strategischen Managements. Die zeitlichen, organisatorischen Übergangsphasen der verschiedenen Change-Management-Ansätze und deren oder nicht ausreichende Kapitalstruktur können sowohl die strategische Implementierungsansätze verifizieren als auch das Unternehmen in die Insolvenz treiben. <?page no="84"?> 33 ZZuurr EEiinnoorrddnnuunngg ddeess aaxxiioommaattiisscchheenn GGeesscchhääffttssmmooddeellllss iinn ddiiee LLooggiikk ddeerr TThheeoorriieenn zzuumm SSttrraatteeggiisscchheenn MMaannaaggeemmeenntt <?page no="85"?> 84 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells uvk.de Einen guten Überblick zu den unterschiedlichsten Ansätzen zum Strategischen Management gibt Schreyögg (1994) in dem Buch „Unternehmensstrategie“. Einen ähnlich guten Überblick zur Strategieforschung findet man bei Müller-Stewens/ Lechner 2005, S. 61, Kapitel 2.1 Reflexion. Hier wird explizit gefragt, was man unter Strategie (ohne Geschäftsmodell) versteht. Abb. 21: Theorien zum Strategischen Management (in Anlehnung an Schreyögg, G., 1984) Für Müller-Stewens/ Lechner ragen zwei präskriptive Modelle in der Literatur zur „Strategischen Managementberatung“ besonders heraus: das sind das Strategiemodell der Harvard Business-School (Andreas 1987, p. 41) und die Strategische Planung, wie man sie bei der NASA finden kann, ohne dass diese beiden Modelle darüber Auskunft geben, für was hier Strategien entwickelt werden sollen. <?page no="86"?> 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells 85 uvk.de Strategie wird in der präskriptiven Strategieforschung als Resultat eines rationalen Entscheidungsprozesses der Strategiesuche, -findung und -implementierung im Unternehmen angesehen, ohne den expliziten Bezug, für wen und was eine Strategie zu entwickeln ist, zu benennen, nämlich z.B. für ein Geschäftsmodell des Unternehmens. Es fehlt daher der explizite Hinweis, dass Strategien nur für ein Geschäftsmodell und/ oder dessen Geschäftsfelder entwickelt werden können. Das Geschäftsmodell wäre und ist damit der archimedische Punkt bzw. Hebel oder das Axiom, um ein Strategisches Management sinnvoll analysieren und gestalten zu können. Müller-Stewens/ Lechner kritisieren wahrscheinlich implizit deshalb diesen präskriptiven Strategieforschungsansatz, ohne das Axiom Geschäftsmodell als fehlenden Bestandteil herauszukristallisieren, wie dies unten auszugsweise ihrem Buch Strategisches Management zu entnehmen ist, und zwar u.a. durch folgende Aspekte und Bemerkungen: „Kritisch ist u.a. (beim Harvard Business School-Modell, d. Verf.) zu bedenken, dass erstens die ausschließliche Fokussierung auf Entscheidungen zu einer theoretischen Verengung und Simplifizierung des Strategieprozesses führt.“ … „Zweitens ist die Beziehung zwischen Entscheidungen und Handlungen nicht nur eindimensional zu begreifen. Im Strategiemodell der Harvard Business School werden zunächst Entscheidungen getroffen (Formulierungen), die dann in Handlungen umgesetzt werden (Implementierung). Handlungen gehen jedoch oft Entscheidungen zeitlich und inhaltlich voraus, werden ex post erst rationalisiert oder schaffen Fakten, die es nachträglich zu verarbeiten gilt. Zudem sind nicht alle Strategien von Unternehmen auf explizite Entscheidungen zurückzuführen.“ (Müller- Stewens/ Lechner 2005, S. 63) Bei den Kritiken zum Modell der Strategischen Planung berufen Müller- Stewens und Lechner sich auf Mintzberg (1994), nämlich, „…dass bereits die Idee einer strategischen Planung mehreren Trugschlüssen unterliegt: Erstens, dass die Zukunft prinzipiell prognostizierbar ist und dieses Problem dann auch nicht gelöst werden kann, wenn man sich noch so intelligenter Prozeduren bedient. … Zweitens kommt es durch eine strategische Planung zur Kluft zwischen abstrakten Strategieformulierungen einerseits, die meist durch eine kleine Schar von Topmanagern und Pla- <?page no="87"?> 86 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells uvk.de nern erstellt werden, und den vielen kleinen, wichtigen Details andererseits, wie sie nur an der operativen Basis gewonnen werden können.“ … (Müller-Stewens/ Lechner 2005, S. 65) Sie weisen noch auf empirische Widersprüche von Studien zum Strategischen Management hin, die sich aber durch die Kritikpunkte von Mintzberg erklären lassen. Einen anderen Zugang und ein anderes Verständnis vom Strategischen Management erhält man, wenn man sich deskriptiv dem Strategiephänomen zuwendet, nach Müller-Stewens/ Lechner über die „Initiativen“ im Rahmen des „General Management Navigator-Ansatzes bzw. des St. Gallener Modells“. Demnach hängt eine zu entwickeln Strategie oft von ein zu entwickelndes Projekt, der Allokation von Ressourcen im Unternehmen auf der Produkt- und Geschäftsebene und der Haltung und der Macht der Manager auf der Ebene der Divisionsleitung ab. Die Divisionsleitung ist sich der Tatsache voll bewusst, dass mit der richtigen strategischen Projektwahl ihre Karriere weitergeht. D.h. sind sie bei der innovativen Projektwahl erfolgreich, so verbessert sich ihre Position, scheitern sie, so verschlechtern sich ihre Aufstiegsmöglichkeiten, im Extremfall scheiden sie aus dem Unternehmen aus. Bei der Auswahl des innovativen Projektes stehen technische und ökonomische Kriterien im Vordergrund neben Machtfragen und politisch Verhandlungsrunden, welches Projekt letztendlich ausgewählt wird. Zu beobachten ist außerdem, dass neben den erlaubten Projekten, die innerhalb des vorgegebenen Rahmens des „Strategischen Managements“ durch den Vorstand sich bewegen, innovative Geschäftsfelder durch Maßnahmen des operativen Managements sich drängen, die die beabsichtigte Strategie erst zu einer nicht realisierten und dann zu einer emergenten Strategie werden lässt. Quinn nennt dieses Phänomen den logischen Inkrementalismus der Strategiebildung, wenn letztlich realisierte, emergente Strategien durch ein Durchwursteln innerer Entscheidungen und Machtkämpfe von Managern und nicht vorausschaubaren externen Ereignissen zu einem breit geteilten, handlungsleitenden Konsens im Unternehmen kommt. Die deskriptive Strategieforschung sieht also die Strategie u.a. als einen politischen Verhandlungsprozess über die Ressourcenallokation unter Managern an, die dabei emergent (plötzlich, unabsichtlich) eine neue Strategie entwickeln. <?page no="88"?> 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells 87 uvk.de Für Müller-Stewens/ Lechner ist somit die Strategieformulierung ein erklärungsbedürftiges Phänomen. Sie verweisen auf Kirsch (1997, S. 482), für den Strategien im Unternehmen deshalb ein erklärungsbedürftigtes Phänomen sind, da nicht ohne weiteres eine Strategie als gegeben vorausgesetzt werden kann, sondern Strategieformulierung eher als ein evolutionärer, unternehmenskultureller und politischer Lernprozess zu rekonstruieren und damit zu verstehen ist. Folgt man dem Bezugsrahmen des „General Management Navigator“, dann zeichnen sich Strategien durch ihre Gestaltbarkeit aus, was bei Müller-Stewens/ Lechner und Schreyögg zu einem entscheidenden Kritikansatz an die deskriptive Strategieforschung führt: „… das Emergenzprinzip, welches mehrere Modelle betonen, ist, wie Schreyögg (1999, S. 399 f.) treffenderweise bemerkt, kein Handlungsprinzip und daher für Strategiezwecke unbrauchbar … Ohne Orientierungsprinzip verliert die Idee der strategischen Steuerung jeden Sinn. Es ist also notwendig, eine neue strategische Steuerungsidee zu entwickeln, in die sich die Arbeiten der empirischen Prozessforschung einarbeiten lassen. Eine Steuerungsidee, die offen ist für das Abweichende wie auch für das Zufällige, die die Macht des Ungeplanten nicht systematisch negiert, sondern zu integrieren versucht.“ Eine Gestaltung der strategischen Initiativen steht also vor der „delikaten“ Aufgabe, zwar einerseits interventionistisch tätig sein zu müssen und dies auch zu wollen, andererseits dabei jedoch die eigenen Möglichkeiten nicht zu überschätzen und eigendynamischen, emergenten Prozessen Raum zu schaffen und zu integrieren. Ein dritter Weg Weg zwischen einer synoptischen Totalplanung und einem sich evolutionär entfaltenden „muddling through“ ist zu finden. (Müller-Stewens/ Lechner 2005, S. 77 f.) Die Autoren dieses Buches danken Müller-Stewens/ Lechner und Schreyögg für die oben genannten Suchkriterien, die sie darin bestärken, axiomatisch der präskriptiven und deskriptiven Strategieforschung das Geschäftsmodell voranzustellen und zwar mit folgenden kritischen Argumenten: (1) Das intuitive Geschäftsmodell verkörpert einen zufälligen (emergenten), ungeplanten und nicht systematischen Charakter, ist aber ein erstes strukturelles Orientierungsprinzip, um neue strategische Steuerungsideen zu entwickeln, vorläufig zu bewerten oder zu verwerfen (vgl. Falsifi- <?page no="89"?> 88 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells uvk.de kationsprinzip der Stückwerktechnologie im Sinne Poppers Erkenntnistheorie des kritischen Rationalismus). (2) Das intuitive Geschäftsmodell entspricht damit auch der Logik des Inkrementalismus nach Quinn und der evolutionären Strategieformulierung nach Kirsch und Müller-Stewens, und lässt sich damit der deskriptiven Strategieforschung axiomatisch zuordnen. (3) Mit dem intuitiven Geschäftsmodell wird das „Strategische Management“ zum erklärungsfähigen Phänomen, das zuerst deskriptiv und später bei praktischer Bewährung mehr präskriptiv inhaltlich und zeitlich strukturiert werden kann, z.B. mittels der Ansätze des Technology-Based- Approach oder des Market-Based-Approach. (4) Mit dem wirtschaftlichen Erfolg des intuitiven Geschäftsmodells kann dieses axiomatisch zum wertorientierten Geschäftsmodell überführt werden, und damit ist auch ein dritter Weg zwischen präskriptiver Strategieforschung (synoptischer Totalplanung) und deskriptiver Strategieforschung (evolutionären muddling through) denkbar und möglich. (5) Ähnlich der variierenden Überlegungen von Chandler „Strategy follows Structure“ kann am Beispiel Fords mit der Einführung des Fließbandes, der Wissenschaftlichen Unternehmensführung von Taylor, der Massenproduktion von Modell T usw., aber auch anhand der Erfolgsgeschichte von Toyota, von Amazon usw. mittels Fallstudien, empirisch-historisch nachgewiesen werden. Das intuitive Geschäftsmodelle wird dabei Auslöser eines späteren wertorientierten Geschäftsmodells, und erst damit wird eine spätere präskriptive Strategieforschung in Unternehmen ermöglicht. (6) Mit Geschäftsmodellen kann man eine empirische, falsifizierende Strategieforschung andenken, evtl. auch mit neuen statistischen Forschungswegen, die die Strategieforschung auch inhaltlich voranbringt. Bei den Geschäftsmodellen stellt sich sofort die Frage, ob man sich mehr den präskriptiven, idealtypischen strategischen Entscheidungsprozessen zuwendet oder mehr den empirischen, deskriptiven Strategischen Management-Modellen den Vorzug gibt. Beim wertorientierten Geschäftsmodell spricht vieles für eine präskriptive Systematik und mathematische Entscheidungslogik beim Strategischen Management. Bei neuen, intuitiven Geschäftsmodellen spricht dagegen eher manches dafür, deskriptive Ansätze eines Technology- Based-Approaches von Pfeiffer und Ropohl (vgl. dazu Schmeisser 2013, <?page no="90"?> 3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells 89 S. 1 ff.) oder von James Brian Quinn „Strategies for Change - Logical Incrementalism“ (1980) beim Strategischen Management zu wählen, da diese zumindest versuchen, unbürokratisch zu beschreiben, wie „Neues“ in ein Geschäftsmodell eines Unternehmens „eingefangen“ werden kann. <?page no="92"?> 44 SSttrraatteeggiieess ffoorr CChhaannggee -- LLooggiiccaall IInnccrreemmeennttaalliissmm bbyy JJaammeess BBrriiaann QQuuiinnnn ((11998800)) Ein Paradigma für das intuitive (kreative), strategische Geschäftsmodell <?page no="93"?> 92 4 Strategies for Change uvk.de Hier wird für das intuitive strategische Geschäftsmodell bewusst der Ansatz der inkrementalen Strategieforschung von Quinn gewählt, da dafür gewisse Thesen gelten können: (1) Die klassische Literatur zum Strategischen Management wählt den logischen, umfassenden, strukturierten Entscheidungsprozess im Unternehmen, wobei das „wertorientierte Geschäftsmodell“ darin nur ein „Bestandteil“ ist, unter der Prämisse, dass das Geschäftsmodell, die Innovation und damit das neue, intuitive Geschäftsmodell bereits gefunden worden sind ( vgl. dazu z.B. Hungenberg, 2012). (2) Es bietet sich an, den deskriptiven Strategieansatz von Quinn zu präferieren, da er eher versucht (a) im Sinne des Innovationsmanagementansatzes (vgl. Schmeisser/ Krimphove/ Hartmann/ Hentschel, 2013) voranzuschreiten, um das intuitive Geschäftsmodell als Suche nach einer geschäftlichen Gelegenheit im Sinne einer Innovation zu erfüllen; und (b), weil die Suche nach dem intuitiven Geschäftsmodell bei großen, international tätigen Unternehmen durch alle Mitarbeiter und Manager erfolgen muss und soll, da die geschäftliche Gelegenheit u.a. sofort ein Massengeschäft mit einer Massenproduktion versprechen muss, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. (c) Damit kann später das intuitive Geschäftsmodell in ein wertorientiertes Geschäftsmodell überführt werden. 4.1 Zur Logik des Inkrementalismus Zweifellos baut die Logik des Inkrementalismus von Quinn grundsätzlich auf Poppers Buch „Logik der Forschung“ (1934) des wissenschaftstheoretischen „Kritischen Rationalismus“ auf. Quinn (1980, 1995) untersuchte in mehreren Unternehmen deren Innovationsprozesse und fand dabei ein „Erfolgsmuster“, das er als logischen Inkrementalismus charakterisierte. „Wissenschaft kann für Popper nichts anderes sein als Versuch und Irrtum (trial and error), kühnes Entwerfen von Theorien und erbarmungslose Kritik daran. Zugleich mit seiner Kritik an der Induktions-Methode lieferte Popper aber auch ein positives Argument. In der Fehlbarkeit unseres Vermutungswissens liegt zugleich die Möglichkeit des Fortschritts. Wir brauchen nicht enttäuscht zu sein, wenn unsere Theorien <?page no="94"?> 4.1 Zur Logik des Inkrementalismus 93 uvk.de falsifiziert werden, sondern wir können aus unseren Fehlern lernen.“ (Poller, H.: Die Philosophen und ihre Kerngedanken, München 2011, S. 462) „So entwickelte er eine Methode, die er „Stückwerk-Technologie“ (piecemeal engineering) nennt. Methoden, die sich bewusst als „Stückwerk“ und „Herumbasteln“ verstehen, sind nach Poppers Vorstellung in Verbindung mit kritischer Analyse das beste Mittel zur Erlangung praktischer Resultate.“ (Poller, H.: Die Philosophen und ihre Kerngedanken, München 2011, S. 463) Genau in dieser Art und Weise einer Stückwerk-Technologie sieht Quinn die Vorgehensweise der Strategiesuche und -auswahl eines Innovationsmanagements bei internationalen Großunternehmen. Ausgangsthesen von Quinn aus seiner Untersuchung sind: [1] Die Planungsaktivitäten des (präskriptiven) Strategischen Managements sind sehr bürokratisch und starr. Sie dienen dem Top-Management bei einer gegebenen Portfolio Selection Theory eher zur Erlangung größerer zentraler Kontrolle über die Business-Units in Form der Segmentberichterstattung eines Konzernabschlussberichtes eines gegebenen oder gegebener wertorientierter Geschäftsmodelle, anstatt kreativer Wahlmöglichkeiten innovativer, kreativer, intuitiver Geschäftsmodelle, die zukünftiges, strategisches unternehmerisches Handeln und damit auch das Konzern-Portfoliomanagement stimulieren sollten. [2] Quinn stellt in seinen Untersuchen fest, dass die meisten bedeutenden Entscheidungen - in der Diktion des Buches: Wandel der Geschäftsmodelle und der Geschäftsfelder - außerhalb formaler Planungsstrukturen bzw. des präskriptiven Strategischen Managements erfolgen. Bei seinen Studien in ausgewählten Unternehmen konstatierte er, dass dies in Form eines politischen Change-Management- Ansatzes erfolgte, der als rechtlich-politischen Organisationsansatz (vgl. Schmeisser/ Reiss/ Rolf/ Popp: Organisation, München 2014, S. 240 ff.) in der Literatur diskutiert wird. Unveränderliche Ziele, Strategien oder Management-Prinzipien kann es bei diesem Organisationsansatz nicht geben. „Das Top-Management wird in diesem Prozess nicht als die allein treibende und entscheidende Kraft angesehen, sondern wird eher zu einem Katalysator der Ideen und Ge- <?page no="95"?> 94 4 Strategies for Change uvk.de stalter des Kontexts, innerhalb dessen die Initiativen (der Suche nach intuitiven Geschäftsmodellen, d. Verf.) entstehen, zusammentreffen und offiziell (im Sinne des präskriptiven Strategischen Managements, d. Verf.) verabschiedet werden.“ (Müller-Stewens/ Lechner 2005, S. 71). [3] Aus Quinns Sicht entwickelt die Strategische-Management-Literatur laufend (präskriptive) Planungsmodelle, die, wie es sich die Modell- Designer vorgestellt haben, entscheidungslogisch, „vollständig“ und systematisch nicht funktionieren. Für Quinn sind diese präskriptiven Strategiemodelle sogar fragwürdig und destruktiv, da sie das unternehmerische Handeln bei der Suche nach Innovationen und intuitiven Geschäftsmodellen selbst im Rahmen von Portfoliomanagement-Ansätzen behindern. Quinn grenzt deshalb den Strategievom Taktikbegriff ab, ohne diese zu definieren, wie dies z.B. Porter mit seiner Kostenführerschaft und Differenzierungsstrategie unternimmt, obwohl ihm der Strategiewechsel als Outpacing-Strategie (vgl. Hungenberg, 2012, S. 216) geläufig ist. Für Quinn ist in komplexen, unternehmerischen Organisationen kaum eine vollständige Aussage über eine Strategie zu finden, die auch nachhaltig verfolgt wird. Für Quinn können Strategien entweder a priori als vorläufiges Statement durch das Management erfolgen, um taktisches Handeln in Form betriebswirtschaftlicher Aktionen (des Marketings, der Forschung und Entwicklung, des Logistiksystems etc.) zu lenken, oder a posteriori als Ergebnisse machtpolitischer Entscheidungsprozesse im Unternehmen angesehen werden. Eine realisierte, oft nicht formulierte Strategie zeichnet sich nach Quinn durch bestimmte Taktiken im Management z.B. beim Automobilhersteller Ford aus (Taylor und Ford haben das Fließband zur Herstellung des Modells T im Jahr 1911 eingeführt, dazu das Scientific Management, die analytische Vollkostenrechnung, Personalauswahlverfahren und Anlernverfahren bei den Mitarbeitern etc.). Von einer „gezielten und bewussten“ Strategie sprachen weder Ford noch Taylor. Quinn vertritt die Meinung, dass oft die Existenz einer Strategie nur für einen objektiven Beobachter erkennbar ist, dagegen für die ausführenden Manager und die unternehmerischen Organe einer Corporate Governance-Unternehmensführung noch nicht augenscheinlich ist, da sie sich durch ihre Taktiken und Aktionen in einem Trial- und Error-Prozess eines Herumprobierens, <?page no="96"?> 4.1 Zur Logik des Inkrementalismus 95 uvk.de im Sinne der Stückwerktechnologie-Ansatzes von Popper bewegen. Erst mit Porters Ansatz konnte man nachträglich erklären, warum der Ansatz von Ford und Taylor mit der Massenproduktion und Massenkonsum beim Modell T zwischen 1911−1914 bzw. sogar bis 1918 dermaßen effizient und erfolgreich in den USA war. Sie hatten intuitiv das Geschäftsprozessmodell Auto-Produzieren (Canvas-Geschäftsmodell) verändert, und zwar von der Einzelfertigung von Autos zur Massenproduktion, mit ihren Taktiken, Aktionen und Maßnahmen wie Fließband, Scientific Management etc., haben sie die Kostenführerschaft als wertorientierte Strategie verwirklicht, u.a. mittels der Erfahrungskurve, Penetration-Low-Price-Strategy etc., um einen Massenmarkt für Autos zu entwickeln. In den 1920er-Jahren hat dann General Motors unbewusst eine Outpacing-Strategie hin zur Differenzierungsstrategie verwirklicht, da nur durch neue Geschäftsfelder, basierend auf innovativen Produktentwicklungen als auch -varianten, die sich abzeichnenden Kundenwünsche eines sich anbahnenden (Massen-)Marketings mit einer Segmentierung der Kunden erfolgreich zu bedienen war. Seit Porters Drei-Säulen-Ansatz mit Wettbewerbsanalyse/ Branchenanalyse, generischen Strategien und Wertschöpfungskette und seines internationalen Diamantenansatzes versucht das präskriptive Strategische Management, gegebene intuitive Geschäftsmodelle in wertorientierte Geschäftsmodelle zu implementieren. Dabei hat die präskriptive Strategieforschung dem Innovationsmanagement mit dem intuitiven Geschäftsmodell als Axiom nicht die notwendige und herausragende, voraussetzende Stellung zuerkannt. [4] Critical strategic issues: Quinn fand bei seinen Studien zum Innovationsmanagement heraus, dass effektive Strategien aus einer Serie von Taktiken und Aktionen von Subsystemen eines internationalen Unternehmens herauswachsen. Problematisch ist dabei, dass jedem Subsystem Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Logistik, Produktion, Absatz, Finanzen, Personal etc. unterschiedliche Zielsetzungen, Informationsbedarfe, Zeitvorstellungen und Konfliktpotentiale zu anderen Subsystemen und kooperationsweiter, gesamtbetrieblicher Wichtigkeit zugrunde liegen, um daraus eine zufällig intuitive oder nachhaltig wertorientierte Geschäftsmodellstrategie zu entwickeln. Historisches Beispiel einer inkrementellen Stückwerktechno- <?page no="97"?> 96 4 Strategies for Change uvk.de logie bietet dazu Toyoto als japanisches und weltweites strategisches Erfolgsmodell im Automobilbereich an. 4.2 Toyota: Ein Beispiel des Logischen Inkrementalismus Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es den Japanern verboten, eine eigene Automobilindustrie aufzubauen, und gleichzeitig verbietet die nationale Regierung, dass sich ausländische Unternehmen in Japan mit über 20 % an einem Unternehmen einkaufen. Nach Quinn bestimmen innere und äußere Ereignisse (precipitating events) des Unternehmens, auf die das Management zwar keinen Einfluss hat, aber ökonomische, taktische Betätigungsfelder einräumt, die über die Zeit ein Geschäftsmodell „Autos zu produzieren“ wieder intuitiv dies Toyota ermöglicht. Solche externen Ereignisse sind einmal der Koreakrieg, der es Japan und damit Toyota ermöglicht, Lastwagen und Jeeps für die US-Army zur militärischen logistischen Unterstützung im Koreakrieg zu liefern. Zum anderen interne Management-Überlegungen, dass man Lizenzen bei englischen Automobilunternehmen aufnimmt und alle Einzelteile des Autos kauft, um es in Japan zu montieren, sowie um die georderten Autos auf Bestellung zielgerichtet zu verkaufen. In den nächsten 20 Jahren entwickelt Toyota alle inkrementellen essentiellen, emergenten Subsysteme, Ziele, Taktiken und beabsichtigten Strategien, die das Unternehmen heute zur Nummer 1 im globalen Wettbewerb in der Automobilindustrie gemacht haben. Zuerst das Just-in-Time- oder Kanban-System, in dem die englischen Zulieferanten der Einzelteile für das Auto durch japanische Zulieferer ersetzt wurden (vgl. Schmeisser/ Reiss/ Rolf/ Popp, 2014, Kapitel 2, S. 35 ff.). Für Toyotas Innovationsmanagement dienten die amerikanische Automobilindustrie und der deutsche VW-Käfer (Rabbit) der 1950er-Jahre, der in US-Amerika einen 10%-igen Marktanteil erzielte, als Grundlage für die Entwicklung des Corolla. Dieses intuitive Geschäftsmodell von Toyota konnte dann Schritt für Schritt in ein wertorientiertes Geschäftsmodell überführt werden. Nach Quinn wird der Inkrementalismus auch bei der Produktentwicklung angewendet, da weder der Produzent noch der Käufer eines neuen Produktes, hier des Corolla, dessen Vielfältigkeit in der Einsetzbarkeit und Verbesserungsmöglichkeit genau abschätzen können. Man hält sich vorerst mit endgültigen Produktionstechniken, Montagewerkhallen, Entwicklungs- und Designentscheidungen beim Endprodukt „Auto Corolla“ zurück, um die vielen Kinder- <?page no="98"?> 4.2 Toyota: Ein Beispiel des Logischen Inkrementalismus 97 uvk.de krankheiten durch ein Feedback von Kunden, Mitarbeitern und Managern auf allen Hierarchiestufen als gegenseitiges Feedback sich zu Nutze zu machen. Das (Produkt-)Ergebnis Auto erzwingt weitere Taktiken, wenn das innovative Automobil Corolla, mit einer Innenausstattung in Form von Teppichböden und doppelt so großen Motor wie der VW- Käfer, nur zum gleichen oder niedrigeren Preis wie der VW-Käfer auf den US-amerikanischen Markt wettbewerbsfähig verkauft werden kann. Es werden deshalb dazu ein Qualitätsmanagementsystem, ein Baukastensystem für die Produktvarianten und Zulieferer, ein Target-Costing- System und eine Prozesskostenrechnung für die Penetration-Strategie, ein Quality-Circle-System als gruppenorientiertes Vorschlagswesen als taktische Aktionen und anderes mehr entwickelt. Es werden also vielfältige Taktiken und Aktionen von den einzelnen Subsystemen des Unternehmens Toyota entwickelt, die nun eine andere Strategie verfolgen, wie sie ursprünglich angedacht wurde. Dem Suchprozess nach intuitiven Geschäftsmodellen liegen Erfindungen, der Entwurf von Produkten, Innovationsverfahren und organisatorische Veränderungen zugrunde. Das Unternehmen möchte sich dabei stückweise der technischen Lösung annehmen und sich sukzessive den Bedürfnissen der Kunden anpassen, um den Innovationserfolg zu sichern. Die inkrementale Logik erfordert es, bei der Entwicklung des innovativen Geschäftsmodells so lange wie möglich alle Informationen und sich stellende Bedingungen in den Entwicklungsprozess der Innovation bzw. des neuen Geschäftsfeldes einfließen zu lassen, erst dann werden verbindliche Entscheidungen über Fabrikation, Automationsgrad, Ausrüstung und Werkstoffe gefällt. Dieser Inkrementalismus in der Entwicklung intuitiver Geschäftsmodelle steht im Gegensatz zur präskriptiven Planungslogik des Strategischen Managements, die zwar bestechend für Formalisten des mathematischen Portfoliomanagementansatzes und/ oder für Budget-Bürokraten in Spezialabteilungen des Vorstandes sind, aber in ihren Ergebnissen sehr kontraproduktiv sind, da ein essentieller Erfinder- und Innovationsanreiz verloren geht. Die Formalisten der Strategischen-Management-Abteilung sind mehr mit der Erstellung von Plänen und deren Überprüfung beschäftigt, als neue unternehmerische Gelegenheiten eines Geschäftsmodells zu entdecken und dieses intuitiv und später wertorientiert im operativen Bereich einzulösen. <?page no="99"?> 98 4 Strategies for Change uvk.de Quinn möchte beim Such- und Auswahlprozess von Geschäftsmodellen, Geschäftsfeldern und Innovationen nicht ganz auf präskriptive Planungsmodelle verzichten, sondern sie geschickt in den den Inkrementalismus einfügen. Denn selten formulieren formale Planungssysteme des Strategischen Managements eine zentrale Strategie der Unternehmung. Formale Planungssysteme tragen vielmehr dazu bei, dass ein Netzwerk von internen und externen Informationen, die sonst nicht oder schwer erhältlich gewesen wären, zusammengetragen wird; dass der Zeithorizont der Manager über das „Tagesgeschäft“ erweitert wird und sie ihre Arbeit in einem weit gefassten Rahmen sehen. Dass ihre Arbeit durch integrierte Lebenszyklen des Geschäftsmodells geprägt wird, die Umsätze/ Erträge und Aufwendungen/ Kosten langfristig variabel sind, und zwar durch die potentielle Erfahrungskurve, und dass von ihnen immer wieder kreative, organisatorische Wettbewerbsvorteile in ihrem Bereich als taktische Maßnahmen zu entwickeln erwartet wird; dass den Managern auf allen Hierarchiestufen durch ein präskriptives Strategisches Management ein „vorläufiger“ Zukunftsfaden für die Einbettung des eigenen Bereiches vermittelt wird, so dass Manager bessere Kurzzeit-, Interims- und taktische Entscheidungen treffen können; dass ihnen positive und sichere Zukunftseinschätzungen vermittelt werden, so dass sie motiviert und gewillt sind, Verpflichtungen (commitments) einzugehen, die jenseits ihres Kurzzeithorizonts liegen, und letztlich dadurch die Manager zu Langzeit-Spezialstudien stimuliert werden, die bisherige Geschäftsmodelle, Geschäftsfelder, Produkte in Frage stellen und eine große Bedeutung für spezifische strategische Entscheidungen an Schlüsselpunkten bei der Suche nach intuitiven, neuen Geschäftsmodellen haben können. Logischer Inkrementalismus verbindet formale Informationssammlungen und Strategische Analysen mit internen Wachstumsmöglichkeiten durch eigene Forschung und Entwicklung mit externen Wachstumsmöglichkeiten durch Mergers & Acquisitionsoptionen, Bewusstseinsbildung bei allen Mitarbeitern und Managern, Schaffung von Konsens und Koalitionsbildung in der Unternehmens-organisation sowie andere verhaltens- <?page no="100"?> 4.2 Toyota: Ein Beispiel des Logischen Inkrementalismus 99 uvk.de und machtdynamische Aktionen des Managements, um immer wieder eine nachhaltige, wettbewerbsorientierte und wertorientierte Strategie zu erhalten. Erfolgreiche Geschäftsmodelle und deren Strategien schätzen permanent die Zukunftsentwicklung der Unternehmung ein, sind durch die vielen kleinen Beiträge aller Mitarbeiter den auftretenden Ereignissen frühzeitig gewappnet und verschmelzen Organisationsänderungen und Ressourcen in eine neue Ausgewogenheit der Strategie zwischen wertorientierter Dominanz und intuitiver, unternehmerischer Risikoneigung. Der Inkrementalismus geht von folgenden Thesen bei der Suche nach neuen Geschäftsmodelle, Geschäftsfeldern und Innovationen aus: Jeder Mensch sichtet Frühwarnindikatoren, Signale und Kennzahlen über Bedrohungen oder Möglichkeiten über seine eigene fachliche und persönliche „Wertebrille“. Somit ist der Vorstand eines internationalen Unternehmens aufgefordert, grobe Zielsetzungen vorzugeben, in dem geschäftliche Möglichkeiten, intuitive Geschäftsmodelle oder potentielle Gefahren gesucht werden können, ohne dass etwas übersehen wird. Dafür muss ein Netzwerk von Mitarbeitern, Kunden, externen Beratern sichergestellt werden, damit diese sich durch die unterschiedlichen „Brillen“ ergänzen. Müller-Stewens spricht hier von Suchfeldern, die mittels eines Radarsystems gescannt, gefiltert und bewertet werden müssen. Da das Netzwerk Kunden, Mitarbeiter und Manager aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen neue Geschäftsmodelle aufspüren sollen und können, liegt daran, dass jeder Mensch die Welt ein wenig anders sieht. Erfolgreiche Unternehmen haben natürlich viele formal-strukturierte, horizontal-abtastende Planungs- und Meldesysteme, die sie auf drohende Änderungen in der Umwelt aufmerksam machen. Allerdings kommen die frühesten Signale für einen strategischen Wandel selten oder nie von diesen Quellen. Stattdessen treten sie auf diffusen und informellen Wegen auf. Selten weiß ein Manager sofort, welche genaue Aktion oder Taktik ein diffuses Signal oder komplexes Problem von ihm verlangt. Top-Manager und gute Manager selber beschreiben häufig intuitive Geschäftsmodelle mit anfänglichen Bedürfnissprüngen potentieller Kunden mit folgenden Begriffen: „Etwas, mit dem man sich schwer tut“; ein allgemeines Gefühl aus analytischen Kennzahlen, dass das Unternehmen etwas Neues braucht; „Wir alle können ein Problem sich entwickeln sehen, aber wir wissen nicht, was es für das Unternehmen bedeutet oder <?page no="101"?> 100 4 Strategies for Change was wir genau daraus für Konsequenzen ziehen müssen und was wir als nächsten Schritt tun müssen.“ Effektive strategische Manager versuchen permanent drohende Gefahren und erfolgversprechende Möglichkeiten für ihr Unternehmen aufzusp ür en. S ie b es chä ft ig en s ic h ak ti v mi t ve rs chi ed en en t ech ni sc hen , po lit ischen, rechtlichen, sozialen und weiteren intellektuellen Problemen. Sie lesen viel, hören zu und suchen nach Signalen und Optionen jenseits ihrer formalen Meldestrukturen, um auf diesen informellen Wegen wirtschaftliche Betätigungsfelder und Erfolge für ihr Unternehmen zu finden. Wenn ein intuitives Geschäftsmodell gefunden ist, wird überprüft, ob dieses in ein wertorientiertes Geschäftsfeld mittels des strategischen und operativen Managements implementiert werden kann. <?page no="102"?> 55 ZZuurr oorrggaanniissaattoorriisscchheenn IImmpplleemmeennttiieerruunngg eeiinneess wweerrttoorriieennttiieerrtteenn GGeesscchhääffttss--PPrroozzeessss--MMooddeellllss aamm BBeeiissppiieell TTooyyoottaa <?page no="103"?> 102 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de These 1: Die Grundlagen des Lean-Managements sind in Form von Just-in-Timebzw. Kanban-Systemen für die Gestaltung spezialisierter Logistiksysteme für ein industrielles Geschäftsprozessmodell und für die Handhabung wertorientierter, leistungswirtschaftlicher Risiken im Rahmen eines Working-Capital-Managements angemessen. 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept Die obige These unterstellt, dass die Grundlagen des Lean-Managements in Form von Just-in-Time (Kanban-System) für die Gestaltung spezialisierter Logistiksysteme und für die Handhabung deren operative Risiken angemessen sind. Für ein zu implementierendes Geschäftsmodell werden der Aufbau und die Prozesse eines Logistiksystems darum zuerst vorgestellt. Es wird die Entstehung der Prinzipien des Lean-Managements anhand des Toyota-Produktionssystems erläutert. Aus diesen Methoden kann ein Konzept für einen Industriebetrieb entwickelt werden, das die leistungswirtschaftlichen/ operativen Risiken im Working- Capital-Management transparent macht und minimiert. 5.1.1 Zur Logistik und den Logistiksystemen Logistik aus prozessorganisatorischer Sicht ist für die Versorgung des Empfangspunktes mit dem richtigen Produkt, im richtigen Zustand, zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit minimalen Kosten verantwortlich. 137 Nach Küpper 138 umfasst Logistik den Material- und Warenfluss von der Beschaffung über die Produktion bis zum Vertrieb. Neben der räumlichen und zeitlichen Gütertransformation gehört auch der Informationsfluss zu den Aufgaben der Logistik und erzielt die Integration der Bewegungs-, Lagerungs- und Umschlagsaktivitäten von den Lieferanten bis zu den Kunden. Eine andere Definition besagt, dass Logistik zur Gestaltung von Logistiksystemen und zur Steuerung der darin fließenden Prozesse verwendet wird. Die Integration der Kunden und Lieferanten in der logistischen Planung, Steuerung und Kontrolle wird als Logistiksys- 137 Vgl. Pfohl (2010), S. 21 138 Vgl. Küpper (1997), S. 389 <?page no="104"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 103 uvk.de tem oder Logistikkette bzw. Supply Chain bezeichnet. In dem Logistiksystem fließen Material und Informationen nebeneinander. 139 Das Logistiksystem ist wie ein Netzwerk aufgebaut, das aus Knoten (Lagerort) und Kanten (Transportwege) besteht. Logistiksysteme sorgen dafür, dass die in dem Netzwerk ablaufenden Objekte (Sachgüter, Energie , In fo rm ati one n, M en sc hen ) zw is che n Kn ot e n un d Kan te n rä um lic h und zeitlich verteilt werden. 140 Es sind mehrere Einflussfaktoren, die die Gestaltung und Steuerung von Logistiksystemen beeinflussen können. Die neuen Trends sind unter anderem die Reduzierung der Fertigungstiefe, Steigerung der Produktkomplexität und Reduzierung des Produktlebenszyklus. Problematisch ist dabei die Steigerung der Variantenzahl wegen individueller Kundenanforderungen an das Fertigprodukt „Auto“ und gleichzeitig wegen der rapiden technologischen Entwicklungen in den Subsystemteilen des Automotors. Aus diesen oben benannten Gründen sind Logistiksysteme so zu gestalten, zu dimensionieren, zu organisieren, zu realisieren, zu betreiben und zu beschaffen und zu einem Logistiknetzwerk zu verbinden, dass die Realisierung der Logistikanforderungen optimal ermöglicht werden. Grundlagen des Lean-Managements Das Wort Lean kann im Deutschen mit „schlank“ übersetzt werden. Lean-Management bedeutet nicht, dass in einem Unternehmen mehr Arbeit mit weniger Personal für weniger Geld geleistet wird, sondern, dass die überflüssigen Tätigkeiten und Prozesse eliminiert und die Verschwendungen abgebaut werden. Lean-Management wird häufig mit den Eigenschaften des Toyota- Produktionssystems (TPS) als Erfolgsmodell im Automobilbereich identifiziert; aus diesem Grund werden weiterhin Lean-Management, Lean Thinking, Lean-Produktion und JiT synonym verwendet. 141 139 Vgl. Huth (2003), S. 58 140 Vgl. Gudehus (2007), S. 549 141 Vgl. Womack/ Jones (1994), S. 18 <?page no="105"?> 104 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de In der Literatur gibt es keine einheitliche Definition von Lean (schlankem) Management. Es wird sowohl eine Unternehmensphilosophie als auch das Organisations- und Führungsprinzip darunter verstanden. James P. Womack und Daniel T. Jones haben das Lean-Denken folgenderweise beschrieben: „…verbanne Verschwendungen, und schöpfe Reichtum für deine Unternehmung…“, und zwar nach dem Motto „…richte wertschöpfende Prozesse in bester Reihenfolge aus und führe diese Prozesse fortwährend … immer effektiver aus.“ 142 Wildemann ist der Meinung, dass Lean-Management „…nicht nur Kundenorientierung und radikales Cost Cutting über alle Bereiche hinweg bedeutet…“, sondern den Aufbau „…eines schlanken Gesamtkonzepts, das auf die Unternehmensstrategie und an diese flexibel anpassbar ist. Somit wird gesundes, profitables und nachhaltiges Wachstum ermöglicht.“ Liker beschreibt den Begriff als eine Philosophie, die die Verschwendungen in dem ganzen Produktionsprozess durch die Reduktion der Bearbeitungszeit der Kundenbestellungen bis zur Auslieferung eliminiert. Kauper und Hartmann bezeichnen Lean-Produktion als eine Philosophie, die nach der Beseitigung von Verschwendungen in allen Unternehmenszweigen durch JiT, Kundenorientierung und enge Zusammenarbeit mit den Zulieferern strebt. Diese Anschauung hat sich auf alle Betriebsprozesse ausgeweitet und hat demzufolge zum Ausdruck von Lean-Management geführt. Die „Lean“-Denkweise selber existierte schon, bevor Toyota sein System ausgebaut hat. 1913 hat Henry Ford seine ersten T-Modelle mit der Verwendung von Fließbändern produziert. Damit hat er die Massenproduktion ins Leben gerufen und das organisatorische Fluss-Prinzip mittels Fließband revolutioniert, das bis heute ein Hauptmerkmal der Automobilindustrie und des Lean-Management ist. Mit Hilfe des Fließbandes wurden alle Komponenten von einer Arbeitsstelle zu der nächsten automatisch weitergeleitet. Auf diese Weise wurde die Produktionszeit eines Autos stark reduziert. Obwohl der „Fließ“-Prozess, die Standardisierung der Arbeitsabläufe für die Massenproduktion, perfekt angemessen waren, waren die Schwachstellen des Systems trotz des Anfangserfolgs schon am Anfang der 1920er-Jahre zu erkennen. Man konnte auf die Nachfrage nach diversifizierten Modellen und kürzeren Lieferzeiten nicht reibungslos und 142 Vgl. Womack/ Jones (1996), S. 15 <?page no="106"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 105 uvk.de auch nicht flexibel reagieren. Weitere Schwierigkeiten steckten darin, dass Qualitätsprobleme nur am Ende der Fertigung kontrolliert und behoben wurden. Erhebliche Lagerkosten entstanden dadurch, dass die Anfertigung nicht nach dem Kundenbedarf erfolgte. 143 Die Ford-Fabrik in Highland Park, Detroit, war sehr schnell mit diesen Problemen konfrontiert. Nachdem der Markt gesättigt war, hatten sich riesige Vorräte angehäuft. Für die Herstellung individueller Produkte hätte Ford große Investitionen gebraucht, weil die Ausstattung der Produktionsanlagen es nicht ermöglichte, die Produktion flexibel und schnell umzubauen. General Motors versuchte dieses Phänomen mit der Installation von neuen Fertigungsanlagen für jedes Modell zu lösen. General Motors war sehr lange erfolgreich, weil die Firma mit den neuen Anlagen kundenindividuelle Produkte herstellen konnte und damit ein neues Geschäftsmodell etablierte. 144 Die Ölkrise im Jahr 1973 hatte die meisten Länder betroffen. Die Rezession hatte nachhaltige Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Kleine und ökonomische Autos waren gefragt. Das fokussierte Fertigungsprinzip der Massenproduktion konnte auf diese neuen Herausforderungen nicht flexibel reagieren. Alle amerikanischen und europäischen Autohersteller litten unter Stagnation. Toyota hat trotz der Krise seine Produktivität und den Export gesteigert. Die japanische Expansion hat das Interesse amerikanischer und europäischer Experten geweckt, da hier sich ein neues Geschäftsmodell in der Automobilindustrie abzeichnete. Es wurde diskutiert, wie und warum der japanische Hersteller, der seit 1957 nach Amerika exportierte, so produktiv bleiben konnte. Um den japanischen Erfolg verstehen zu können, werden im Folgenden die wesentlichen Elemente des Toyota-Produktionssystems (TPS) dargestellt, das zum Pionier des Lean-Managements geworden ist. 145 Im Jahr 1985 haben James P. Womack, Daniel T. Jones, Daniel Roos und eine Vielzahl von Wissenschaftlern und Fachleuten eine fünfjährige Studie (International Motor Vehicle Program) über die damalige Situati- 143 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 25f. 144 Vgl. Ohno (1993), S. 28f. 145 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 25f. und Ohno (1993), S. 28f. <?page no="107"?> 106 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de on und die zukünftigen Aussichten der Automobilindustrie gestartet. Die Ergebnisse der Forschung haben sie in dem Buch „Die zweite Revolution in der Autoindustrie“ publiziert. Sie haben die Massen- und die von Toyota entwickelte Lean-Produktion als zwei Geschäftsmodelle verglichen und deren Charakteristika analysiert. Demnach kann Lean-Management vom Beschaffungs-, Logistik- und Produktionsmanagementsystem der Toyota Motor Corporation abgeleitet werden. Die Autoren sind davon überzeugt, dass das richtige Verstehen des Lean-Managements eine Lösung für die neuen Herausforderungen liefert. 146 TPS als Baustein des Lean-Managements In den 1930er-Jahren haben Sakichi Toyoda und sein Sohn Kiichiro ein System unter Berücksichtigung der Änderungen in den USA und der Bedürfnisse des japanischen Marktes aufgebaut. Kiichiro hat während seines Aufenthalts in den USA bei Ford und in Europa viel über Produktions- und Managementtechniken gelernt. Er hat sich die Qualitätsmanagementpraktiken und die Methoden der Automatisierung angeeignet. Während Ford die Kostenersparnisse in der Massenproduktion gesehen hat, stellte Toyota sie durch die Produktion kleiner Losgrößen und schnelle Umstellungen der Maschinen dar. 147 Aufgrund dieser Konzeption brauchte Toyota keine Bestände - weder in der Produktion, noch als Endprodukt - zu lagern. Dadurch entstanden keine weiteren Lager- und Personalkosten. Aus diesen Gründen und der sich kontinuierlich ändernden heimischen Nachfrage nach Vielfalt und kleineren Bestellungsmengen wurden die japanischen Autohersteller dazu gezwungen, ein flexibles und umwandelbares Produktionssystem zu entwickeln. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte hat Toyota ein schlankes Produktionssystem ausgearbeitet, das weltweit immer noch ein Vorbild in der Managementpraxis ist, aber inkrementale Taktiken und Maßnahmen entfaltete. 148 146 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 25f. 147 Vgl. Brunner (2008), S. 90 148 Vgl. Kauper/ Hartmann (1994), S. 9 <?page no="108"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 107 uvk.de Der Weg, um „schlank“ zu werden - ist die Vermeidung von Verschwendungen Ein relevanter Erfolgsfaktor bestand darin, dass Toyota erkannt hat, dass mit der Vermeidung von Verschwendungen „Wert“ hervorgebracht werden kann. Es war für Toyota von Anfang an sehr wichtig, was der Kunde wünscht. Die Geschäftsführung von Toyota hielt die Kundennachfrage bei jeder Prozessgestaltung im Auge. Infolgedessen wurde nach der Ausgestaltung solcher Prozesse gestrebt, die frei von Verschwendungen sind und zur Wertschöpfung führen. Die Prozessabläufe wurden in wertschöpfende (für die der Kunde zu zahlen bereit ist) und nicht wertschöpfende Prozesse aufgeteilt. Es gibt einige Tätigkeiten, wie zum Beispiel den Transport, die nicht wertschöpfend sind, aber für die Arbeitsprozesse benötigt werden. Die Größen solcher Funktionen müssen minimiert werden. Verschwendungen wie Reparatur oder Nacharbeit müssen komplett abgeschafft werden, weil sie keinen Wert für die Kunden haben, die deswegen auch nicht bereit sind, dafür zu bezahlen. Toyota legte großen Wert auf die Vermeidung von Verschwendung und Überbelastung von Menschen und Maschinen sowie auf das Verhindern von Unregelmäßigkeiten der Prozesse. Diese Zielsetzungen werden bei Toyota als die 3 Ms (muda, muri und mura) bezeichnet. 149 Im Folgenden wird geschildert, woraus die zu vermeidenden Verschwendungen resultieren können. Überproduktion bedeutet, dass mehr produziert als gebraucht wird. Wegen der Überproduktion entstehen Lagerkosten sowohl für Fertigprodukte als auch für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Automatisch werden dadurch weitere Kosten für den Transport, die Nachbearbeitung und Wartezeiten hervorgerufen. Diese Kosten binden Kapital, das man z.B. für weitere Investitionen verwenden könnte. Wenn nicht alle Fertigprodukte verkauft werden können, steigt die Wahrscheinlichkeit von Ausfallrisiken. Dieses Problem hat Toyota mit der Einführung von Kanban behoben. Wartezeiten können Störungen der Maschinen oder Operatoren auslösen, etwa wenn ein Operator auf seine Werkzeuge warten muss oder wenn er die Umstellung der Maschine zu langsam durchführt. Wartezeit ergibt sich auch, wenn der Arbeitnehmer nicht genügend ausgelas- 149 Vgl. Ohno (1993), S. 19f. <?page no="109"?> 108 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de tet ist. Toyota benutzte die Wartezeiten, um Arbeitnehmer weiterzubilden oder die Zeit für Instandhaltungsmaßnahmen zu nutzen. Transport führt zu Verschwendungen bei überflüssigen Bewegungen von Materialien oder deren Lieferung von einem Arbeitsplatz zum anderen. Unnötige Arbeitsprozesse können von unnötigen Tätigkeiten, schlechter Ausführung, oder bei den Produktionseinstellungen zu hoch eingeschätzter Toleranzgrenzen abgeleitet werden. Produktionsfehler ergeben sich durch maschinelle Störungen. Es kann sein, dass wegen der Störungen fehlerhafte Produkte angefertigt werden, die nachgebessert oder verschrottet werden müssen. Durch die Nachbesserung oder Reparatur werden die Wartezeiten und die Durchlaufzeiten erneut steigen. Wenn der Fehler erst von den Kunden entdeckt wird, kann es zum Rückgang der Aufträge und des Umsatzes führen. Unnötige Bewegungen resultieren meistens daraus, dass Werkzeuge, Materialien oder Unterlagen zu lange gesucht werden. Bestände führen zur Erhöhung der Lagerkosten und brauchen mehr Platz, um sie zu lagern. Sie behindern die Früherkennung von Problemen. Mit dem Eliminieren der Verschwendungen können nicht nur erstklassige Produkte hergestellt werden, sondern die Kosten können in großem Maß verringert werden. Bei Toyota sind Just-in-Time (JiT) und Jidoka (automatisierte Steuerung) die zwei wichtigsten Management-Tools, auf denen das Toyota-Produktionssystem aufgebaut wurde. Ein Weg, um „schlank“ zu werden - das Toyota-Produktionssystem Das Toyota-Produktionssystem ist ein umfassendes Produktionssystem, das auf die Gesamtheit von bester Qualität, null Fehlern, niedrigsten Kosten und kürzester Laufzeit abzielt. Bei Toyota liegt das Ziel in der Kostensenkung, denn wenn die Kosten sinken, dann kann ein höherer Gewinn erzielt werden. Die Formel lautet: Verkaufspreis = tatsächliche Kosten + Gewinn <?page no="110"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 109 uvk.de Ohnos Betrachtungsweise beruht auf dem Gedanken, dass der Zeitraum, der vom Auftrag bis zum Zahlungseingang vergeht, reduziert wird. Toyota versucht diese Zeitspanne zu verkürzen, indem alles Überflüssige abgeschafft wird. 150 Die Philosophie und der Systemaufbau werden in einem sogenannten Toyota House dargestellt. Das Toyota House umfasst Just-in-Time (Pull- Prinzip) und Jidoka, die Grundpfeiler des ganzen Systems. Weitere Elemente des Systems sind die Heijunka (Produktionsnivellierung), die Standardisierung und die kontinuierlichen Verbesserungsprozesse. Die Materialflusslehre beschäftigt sich mit der Anforderung, diskrete Objekte der Lieferkette mit den kürzesten Durchlaufzeiten und mit der geringsten Bestandshöhe in den Prozessen der Leistungssphäre sicherzustellen. 151 JiT ist eine Systemphilosophie, die ermöglicht, dass das benötigte Material zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und Qualität am richtigen Ort zur Verfügung gestellt wird. JiT erfüllt die Voraussetzungen eines fließenden Materialflusses und einer flexiblen Produktion. Das Konzept beruht auf dem Gedanken, dass kurzfristige Kapazitäts- und Materialbedarfsplanung mit der aktuellen Fertigungs- und Auftragssituation synchronisiert werden. Eine JiT-Produktion erfolgt mit Hilfe von zwei Werkzeugen, und zwar mit dem Kanban- und dem Pull-System. Kanban ist eine Karte, die Informationen über die Produktmenge, Transportmittel und den Entnahme- und Ausgabeort sowie die Kartennummer und das Datum gibt. Sie sagt aus, wie viel Bestandsteile der jeweilige Montagearbeitsplatz benötigt. Kanban oder JiT werden von Werner et. al als Beschaffungsstrategie bezeichnet. Die Steuerung des Warenflusses erfolgt mit der Kanban- Karte retrograd. Die genauen Kundenbestellungen generieren die Produktion und nicht eine zentrale, geschätzte Produktionsplanung. Der Kanban-Ansatz funktioniert wie ein Supermarkt und basiert auf dem 150 Vgl. Ohno (1993), S. 15 151 Vgl. Arnold/ Furmans (2009), S. 3 <?page no="111"?> 110 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Holprinzip. Der Kunde nimmt die Ware aus dem Regal heraus. Die entnommene Menge wird signalisiert und nachgefüllt. Es gibt zwei Arten von Kanban-Karten: Einzelkanban werden zwischen produzierender und verbrauchender Stelle gebraucht. Bei dem Zweikartenkanban existiert eine Transportkanbankarte, die den Verbrauch zwischen Endmontage und Verbraucherstelle koordiniert, und eine Produktionskanbankarte, die innerhalb der Produktion den Materialaufwand bestimmt. Die Kanban-Philosophie verlangt die Erfüllung folgender Kriterien: 152 Die menschlichen und maschinellen Kapazitäten sind mit der Abrufmenge abgestimmt, um Kapazitätsengpässe zu vermeiden. Es werden nur vorgegebene Qualitätsteile eingebaut. Layoutgestaltung richtet sich nach dem Materialfluss. Hoher Grad der Auftragswiederholung (Serien-, Massenproduktion). Um Überproduktion zu vermeiden, darf nur die in Auftrag gegeben Menge hergestellt werden. Um Engpässe zu vermeiden, darf nur die tatsächlich benötigte Menge entnommen werden. Geringe Bedarfsschwankung, konstante Rüstlaufzeiten und kleine Losgrößen werden angestrebt. Die Produktionssynchronität wird bei der JiT-Philosophie wiedergegeben. Es sind die folgenden Voraussetzungen bei der Verankerung von JiT-Systemen zu beachten: enge Lieferantenbeziehung und Qualitätssicherheit der Lieferanten hoher Servicegrad adäquate Informationssysteme gemeinsame Bestandsführung kleine Losgrößen, hohe Prognosesicherheit gerechte Infrastruktur, Schaffung von Kapazitätsreserven Gemäß Gudehus werden weitere Voraussetzungen von dem System verlangt: Die Erfüllung des Fließ-Prinzips für Einzelprodukte mit wenig 152 Vgl. Werner (2000), S. 66ff. <?page no="112"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 111 uvk.de schwankenden Durchlaufzeiten, geringere Umrüstzeiten hoher Verfügbarkeit und große Fehlerfreiheit. 153 Pull-System Die benötigte Menge wird von dem vorherigen Montagearbeitsplatz angefertigt und von dem Karten ausgebenden Arbeitsplatz weiter verarbeitet. Das Prinzip nennt man Pull-System. Push-System In einem Push-System wird die Produktion durch die Bedarfsprognose und den Lagerbestand bestimmt. Aus der Prognose wird eine Produktionsplanung erstellt, die für den Ablauf der Produktion sorgt. Jeder Arbeitsplatz bearbeitet den Input des vorherigen Arbeitsplatzes. Der kontinuierliche Verlauf wird durch die Aufstellung von Beständen vor jedem Arbeitsplatz sichergestellt. Wenn in einem Arbeitsschritt Probleme auftauchen, können die anderen Arbeitsschritte eine Weile alleine weiterproduzieren. Im Gegensatz dazu wird der Prozessablauf in einem Pull-System nach der Nachfrage ausgerichtet. Jede Arbeitsstation produziert die genaue Menge, die von dem nachfolgenden Arbeitsplatz gebraucht wird. Auf dieser Weise entstehen keine Zwischenbestände und Zwischenlager. Im Pull-System kommt das One-Piece-Flow-Prinzip zustande. Bei dem One-Piece-Flow-Prinzip werden alle Arbeitsstationen in eine Reihenfolge aufgeteilt, die die schnellstmögliche Erfüllung des Kundenauftrages ermöglicht. Dieses Prinzip verringert die Lagerbestände zwischen den Arbeitsprozessen und vermindert die Durchlaufzeit. Die Anlagen können in U-Form aufgebaut werden, und dadurch können die Operatoren mehrere Maschinen steuern und versorgen. In der One-Piece-Flow- Produktion wird mit einer kontinuierlichen Taktzeit gearbeitet. Die Taktzeit entspricht der durchschnittlichen Produktnachfrage. Die Taktzeit kann mit der Kundennachfrage übereinstimmen. Die Taktzeit wird von der Tagesproduktion und dem Tagesproduktionsvolumen abgeleitet und wird bei der Bestimmung der Anzahl der Arbeitsstationen verwendet. 153 Vgl. Gudehus (2010), S. 232f. <?page no="113"?> 112 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Taktzeit = Tagesproduktion / Tagesproduktionsvolumen Anzahl der Arbeitsstationen = Gesamtproduktionszeit pro Einheit / Taktzeit Jidoka Jidoka ist die zweite Säule des TPS und ein relevantes Werkzeug zur Erkennung von Anomalitäten. Die Anlagen sind in der Lage, Produkt-, Maschinen- und Qualitätsfehler automatisch zu erkennen, die Fertigung zu stoppen und mit Lichtsignalen die Operatoren zu warnen. Durch diese Fähigkeit der Maschinen wird eine optimale Durchlaufzeit erreicht, weil keine weiteren Minuten durch die Nach- oder Ausschussarbeit verschwendet werden. Heijunka Heijunka ist mit Produktionsnivellierung und Auslastungsglättung äquivalent. Zu diesem Glättungsverfahren sind ein kontinuierlicher Fertigungsfluss, eine konstante Taktzeit und eine optimale Kapazitätsauslastung erforderlich. 154 Die Nachfrageschwankungen können bei der Kanban-Produktion zu Störungen führen, wenn auf einmal eine große Menge bestellt wird. Die Flexibilität des Systems hat Toyota durch schnelle Umrüstung, kleine Losgrößen und ausgebildete Fachkräfte sichergestellt. Standardisierung Unter dem Begriff werden die Standardisierung der Arbeitsschritte, der Arbeitsbeschreibung und der Materialversorgung verstanden. Mit einfacher Beschreibung und Visualisierung wird der Arbeitsverlauf transparent und nachvollziehbar. Ziel ist es, die Qualität und Sicherheit zu garantieren und die Aufgaben der Mitarbeiter und die Prozesse der Produktion zu bezeichnen. Die Festlegung dieser Normen erfolgt unter Mitwirkung und Einbeziehung der Mitarbeiter und nicht nur des Managements. Wenn eine Methode beispielsweise durch Verbesserungsvorschläge oder gesetzlich geändert wird, wird sie sofort standardisiert, für alle erreichbar und verbindlich. 154 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 158 <?page no="114"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 113 uvk.de Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (CIM) Die kontinuierlichen Verbesserungsprozesse bauen auf stabile und standardisierte Methoden auf. Gemäß CIM kann man die vorhandenen Ergebnisse immer verbessern. CIM benötigt eine aktive Teilnahme sowohl vom Managementteam als auch von den Mitarbeitern. Ein Vergleich: Massenproduktion und handwerkliche Herstellung - zwei wertorientierte Geschäftsmodelle Die Automobilindustrie ist die größte Industriebranche der Welt. Somit hat diese Branche auf die Herstellungsprozesse von Waren und Dienstleistungen und damit auch auf die Bevölkerung und deren Einkaufsgewohnheiten einen bedeutsamen Einfluss. Nach dem Ersten Weltkrieg hat Henry Ford mit der traditionellen handwerklichen Herstellung gebrochen und die Massenproduktion revolutioniert. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben Eiji Toyoda und Taiichi Ohno die Basis des Lean- Managements in Japan umgesetzt. 155 Die Lean-Produktion ist aus der Kombination der handwerklichen Herstellung mit der Massenproduktion heraus entstanden und durch die Vorteile der beiden Produktionssysteme geprägt. In der Lean-Produktion arbeiten ausgebildete und vielseitige Mitarbeiter in einem Team, die große Verantwortung, Freiheit und Kreativität haben. Im Gegensatz dazu stellen Massenunternehmen ungelernte Angestellte an, die für die Arbeit angelernt werden, wobei Kreativität, Freiheit und Verantwortung kaum eine Rolle spielen. Die handwerkliche und die Lean-Produktion benutzen flexible Werkzeuge. In der Lean-Produktion sind die Maschinen zunehmend automatisiert. Die Massenproduktion betreibt massive und teure Maschinen, die im Produktionsprozess sehr unflexibel einsetzbar sind. Die handwerkliche Produktion entspricht den Kundenanforderungen, aber es können keine großen Mengen hergestellt werden (z.B. bei Rolls Royce). Der Lean-Betrieb ist in der Lage, große Produktmengen kundenindividuell zu erstellen und die Produktion ohne Lagerbestände sicherzustellen. In der Massenproduktion werden auf Lager günstige Produkte ohne Vielfalt mit vielen Fehlermöglichkeiten erzeugt. Die handwerkliche und die Lean-Produktion streben nach hoher Qualität. 156 155 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 17 156 Vgl. Ohno (1993), S. 139 <?page no="115"?> 114 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Es gibt wesentliche Unterschiede beim Umgang mit den Kunden bei Lean- und Massenunternehmen. Toyota arbeitet immer noch sehr eng mit den Kunden zusammen und bezieht ihre Wünsche in die Produktentwicklung mit ein. Bei Toyota wird von dem Grundgedanken ausgegangen, dass Kunden, die schon einmal Mitglied der Unternehmensgemeinde geworden sind, nicht beim Konkurrenten kaufen dürfen. Wenn der Absatz zurückgeht, besuchen Toyota-Händler alle Haushalte ihres Bezirks, anstatt Werkrabatte zu gewähren, und versetzen ihre Produktionskräfte in den Vertrieb. Bei Toyota ist das ganze Händlersystem anders gestaltet. Toyota verfügt über einen konzentrierten Vertrieb mit wenigen Händlern und Lieferanten, die in das ganze System integriert sind. Toyota hat einen Bestand für drei Wochen, aber die meisten Autos werden in kürzerer Zeit verkauft. Im Gegensatz dazu hatte Ford mit den Endkunden wenig zu tun, seine Kunden sind die Händler. Bei den Händlern werden die Autos verkauft und gelagert, und sie haben dafür sofort zu zahlen. Hinzu kommt, dass Ford-Händler nur Produkte von Ford verkaufen dürfen. Trotzdem konnte keine Koordination zwischen Händlern und Produktplanung bei Ford beobachtet werden. Die Händler hatten wenig Anreiz, Informationen über die Kunden und Markterfordernisse mit dem Hersteller zu teilen. 157 Aus inkrementalen, strategischen Überlegungen heraus setzt das Lean- Management auf eine enge Zusammenarbeit sowohl mit Kunden als auch mit den Lieferanten. Voraussetzungen eines JiT-Systems Jedes Unternehmen muss seine Kosten senken, um auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn der Markt noch nicht gesättigt ist, können Unternehmen bei höherer Produktion - unter der Prämisse, dass das Unternehmen seine Erfahrungskurve verwirklicht - niedrigere Kosten aufweisen. Heutzutage, wenn kein großer Wachstumsanteil beim Unternehmen zu erwarten ist, ist es sehr schwierig, die Kosten zu senken. Toyota reduziert seine Kosten, indem die Verschwendungen eliminiert werden; das ist im Logistik- und Produktionsbereich einfacher als auf der Absatzseite und erhöht den Return on Investment sowie den Shareholder Value. 157 Vgl. Womack/ Jones/ Roos (1994), S. 179f. <?page no="116"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 115 uvk.de Der Weg, um schlank zu werden: 158 Massenproduzenten benötigen einen schlanken Konkurrenten (Benchmarking), um zu sehen, dass es tatsächlich funktioniert und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern möglich ist. Bessere Finanzierungssysteme (Kreditfinanzierung, Leasing bis Asset Back Securities), die die Gewährleistung des Kredits von operativen Verbesserungen abhängig machen. Massenunternehmen brauchen eine Krise, um sich ändern zu wollen. Ford wurde auch von einer solchen Krise im Jahr 1982 betroffen. Mit der Durchführung von organisatorischen Änderungen und Umstellung auf Teamgeist in der Arbeit hat sich Ford aus dieser Krise gerettet. Ein niedriger Arbeitslohn ist nicht der Schlüssel zum Erfolg, wie sich während der Weltwirtschaftskrise auf dem koreanischen Markt gezeigt hat. Gegenseitige Verpflichtungen sind die wichtigste Voraussetzung einer langfristigen Beziehung zwischen Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen. In einigen Branchen konnten schon sehr gute Ergebnisse zur Lieferzeitverkürzung nachgewiesen werden. Die Automobilindustrie und die Hersteller von Büromaschinen, Computern und Haushaltsgeräten gehören zu diesen Industriezweigen. Pro und Kontra Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile das JiT-System gegenübergestellt. Die Vorteile bestehen in der Reduzierung der Gesamtauftragsdurchlaufzeit Bestandsreduzierung, sowie Abbau von Beständen und damit die Auflösung von Lagern frühzeitigen Aufdeckung von Schwachstellen Senkung von Lager- und Handlingskosten Verringerung der Durchlauf-, Wartezeiten 158 Vgl. Ohno (1993), S. 35f. <?page no="117"?> 116 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Reduzierung von Fertigungsschwankungen Abnahme der Rüstzeiten Die Nachteile ergeben sich aus den folgenden Charakteristika: Gegenseitige Abhängigkeit Erhöhung der Transportkosten und ökologische Belastungen wegen der regelmäßigen Lieferungen Dadurch, dass JiT die Durchlaufzeit ohne Zeitpuffer plant, können keine weiteren Kosten, die sich durch die vorhandenen Zeitpuffer zur optimalen Kapazitätsauslastung ergeben, gesenkt werden Die eingehaltene Termintreue für die gesamte Durchlaufzeit sinkt mit dem Produkt der Termintreue der einzelnen Leistungsstellen Entlassung von Mitarbeitern 159 Leistungswirtschaftliche Risiken Die rasche Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, die hohen und individuellen Kundenansprüche und die Reduzierung des internationalen Baukastensystems mit Produktlebenszyklus-/ Produktvariantenverlängerungen und der Lieferzeiten sind mit erheblichem Steuerungs- und Planungsaufwand des Material- und Informationsflusses verbunden. Die neuen Trends bieten nicht nur neue Möglichkeiten, sondern bergen auch Risiken. Romeike/ Hager definieren Risiken wie folgt: Risiken, die die wertorientierten Geschäftsmodelle gefährden, „…sind die aus der Unvorhersehbarkeit der Zukunft resultierenden, durch zufällige Störungen verursachten Möglichkeiten, von geplanten Zielwerten abzuweichen. Risiken können daher auch als Streuung um einen Erwartungs- oder Zielwert betrachtet werden. 160 “ Huth kategorisiert die Risiken der Logistiksysteme nach ihren Ursachen in struktur- und umweltbezogenen Risiken. Demnach entstehen strukturbezogene Risiken durch die Ermittlung falscher Bedarfsmengen, Senkung der Fertigungstiefe und die Einbeziehung einer Vielzahl von Unternehmen. Unter umweltbezogenen Risiken können großenteils von 159 Vgl. Gudehus (2010), S. 232 160 Romeike/ Hager (2009), S. 81 <?page no="118"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 117 uvk.de den Kunden hervorgerufene Unsicherheiten gefasst werden. Produktionsverzögerungen und Unterbrechungen hemmen die Lieferbereitschaft und Lieferqualität. Die geringen Bestellmengen und die höheren Bestellhäufigkeiten beeinflussen die Auftragsabwicklung, Kommissionierung und Distribution stark, deshalb ist eine Anpassung an die Kundenanforderungen entscheidend. Die Aufrechterhaltung der Informations- und Kommunikationssysteme hat weiterhin große Bedeutung. Ein Absturz dieser Systeme kann erheblichen Schaden nach sich ziehen. 161 Die leistungswirtschaftlichen Risiken können nach Funktionsbereichen in Beschaffungs-, Produktions- und Absatzrisiken unterteilt werden. 162 Leistungswirtschaftliche Risiken führen bei 30% bis 40% Umsatzrückgang zur Unternehmensinsolvenz, deswegen muss großer Wert auf die innenbetrieblichen Prozesse gelegt werden. Hohe Lagerbestände, fehlendes Lieferantenmanagement, ineffektive Produktion, Fehlentscheidungen über Materialbereitstellung und Entwicklungsprogramme sind die meist aufgetretenen Insolvenzursachen. 163 Beschaffungsrisiken Die Erweiterung der Beschaffungsmärkte führt zu längeren Wiederbeschaffungszeiten. Die Beschaffungsrisiken, die sich auf das Lieferantenmanagement beziehen, hängen von unternehmensspezifischen Elementen wie etwa der Unternehmensgröße, Bedarfsarten sowie dem Grad der Globalisierung und der Lieferantenbeziehungen ab. Industrieunternehmen werden am meisten durch das Bedarfsdeckungs-, Liefer-, Transport- und Lagerrisiko betroffen. Bedarfsdeckungsrisiken werden angezeigt, wenn die Rohstoffe zu einem bereits bestellten Produkt nicht mehr verfügbar sind. Lieferrisiko tritt auf, wenn die bestellten Produktionsfaktoren nicht oder mangelhaft geliefert wurden sind. Transportrisiken resultieren aus Lieferungen, die wegen Transportschaden ausfallen oder zu spät ankommen. Lagerrisiken bezeichnen Risiken der Beschädigung oder Vernichtung von Produktionsfaktoren. Versorgungsengpässe werden meistens von der Logistik oder Disposition erkannt und verlangen operative Managemententscheidungen in Form von Eskalationsprojekten 161 Vgl. Huth (2003), S. 61f. 162 Vgl. Rogler (2002), S. 17 163 Vgl. Rogler (2002), S. 37 <?page no="119"?> 118 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de um die Produktion nicht zu gefährden. Sie können wegen Qualitätsproblemen oder Lieferausfällen entstehen. 164 Produktionsrisiken Als Produktionsrisiko wird die Summe der Verlustgefahren, die bei der Produktion auftreten, bezeichnet. Produktionsrisiken bestehen in Input-, Prozess- und Output-Risiken. Input-Risiken betreffen die Produktionsfaktoren, die untergehen oder beschädigt werden. Prozessrisiken entstehen, wenn der Produktionsprozess nicht störungsfrei abläuft. Output- Risiken beziehen sich auf die Produkte, wenn sie nicht hergestellt werden können, beschädigt sind oder wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Zwischen diesen drei Risikoarten bestehen Kausalitäten. Beispielsweise können Output-Risiken auf fehlerhafte Produktionsfaktoren oder auf Störungen im Produktionsprozess zurückgeführt werden. Output-Risiken können in Produktrisiken und Abfallrisiken untergliedert werden. Produktrisiken treten ein, wenn das erwünschte Produktionsergebnis nicht erreicht wird. Abfallrisiken treten bei unerwünschten Produktionsergebnissen auf. Das Produktmängelrisiko kann weiterhin unterteilt werden: Produktmengenrisiko besteht darin, dass nicht die geplante Menge produziert wird. Produktqualitätsrisiko ergibt sich, wenn nicht die geplante Qualität erreicht wird. Produktkostenrisiko entsteht, wenn nicht zu den geplanten Kosten hergestellt werden kann. Produktzeitrisiko ergibt sich aus der Nichterfüllung der Herstellungszeit. 165 Absatzrisiken Die Verkürzung des Produktlebenszyklus führt wegen der technologischen Modifikationen (Hybridmotoren, Elektromotoren) und Änderungen der Kundenansprüche zur Steigerung der Produktvarianten bis zu neuen intuitiven, strategischen Geschäftsmodellen (z.B. Elektromotoren 164 Vgl. Göpfer/ Braun/ Schulz (2013), S. 113f. 165 Vgl. Rogler (2002), S. 143f. <?page no="120"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 119 uvk.de und Digitalisierung von Autos). Diese Expansion der Märkte evtl. durch neue Geschäftsmodelle ist mit großem Koordinationsaufwand und Risikopotenzial verbunden. Durch die Nachfrageschwankungen und Produktindividualisierung entstehen (neue) Verkaufs-, Lager-, Transport- und Haftungsrisiken innerhalb der Absatzprozesse. 166 Ein Industriebetrieb wird mit Verkaufsrisiken konfrontiert, falls die hergestellten Produkte nicht in großer Zahl verkauft werden, wie zurzeit die Elektroautos. Sie unterscheiden sich von Verkaufsausfall- und Mängelrisiken. Die Ursachen eines Verkaufsausfalls können aus der Veraltung der Produkte, falsch eingeschätzter Nachfrageplanung oder gesetzlichem Verbot hergeleitet werden, aber auch weil noch der Preis, die Unterhaltung, Kinderkrankheiten des Motors und fehlende Elektrotankstellen das neue Geschäftsmodell „Elektroauto“ beeinträchtigen. Verkaufsmängelrisiken resultieren aus zeitlichen, qualitativen und quantitativen Faktoren sowie aus den Verkaufspreisänderungen. Wegen der hohen Wettbewerbsintensität können Produktpreise falsch eingeschätzt werden. Verkaufspreisrisiko tritt ein, falls die Marktpreise sich nach dem Vertragsabschluss ändern. Zeitrisiko ergibt sich z.B. aus einer verspäteten Lieferung. Qualitätsrisiko tritt bei solchen Produkten auf, die nicht den Kundenansprüchen entsprechen. Mengenrisiken werden durch Überproduktion verursacht. Diese Risikoarten sind voneinander nicht scharf abzutrennen. Verkaufszeitrisiko und Qualitätsrisiko können unter anderem gleichzeitig auftreten, wenn unpünktlich gelieferte Warenmengen nicht mit den Kundenwünschen übereinstimmen. Lagerrisiken werden wiederum in zwei Risikoarten - Lagermengen- und Lagerqualitätsrisiken - unterteilt. In dem ersten Fall reduziert sich die Lagermenge durch Diebstahl oder unübersichtliche Lagerhaltung. Eine mangelhafte technische oder organisatorische Beschaffenheit der Lagerausstattung und der An- und Auslieferungskonzepte kann zu Lagerqualitätsproblemen führen. Ein Industriebetrieb wird durch Transportrisiken im Sinne von komplettem Transportausfall betroffen. Transportmengenrisiken entstehen, wenn die ausgelieferte Warenmenge durch Diebstahl, Transportunfall oder unangemessene Warensicherung verloren geht. Transportqualitätsrisiken manifestieren sich, wenn falsche Systemteile das Autos während 166 Vgl. Rogler (2002), S. 235f. <?page no="121"?> 120 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de der Fahrt zerstören oder mindestens beschädigen. Verspätete Auslieferungen folgen aus Transportzeitrisiken, die meistens auf infrastrukturelle Mängel zurückzuführen sind. Handhabung leistungswirtschaftlicher Risiken Das Lieferrisiko lässt sich z.B. durch die Einbeziehung neuer Lieferanten reduzieren oder durch gezielte Lieferantenauswahl vermeiden. Volkswagen achtet sehr auf seine Lieferantenstrategie. Der Konzern initiiert alle zwei Jahre neue Ausschreibungen, wobei die Lieferanten ein neues Konzept mit wettbewerbsfähigen Preisen vorlegen müssen. Lieferantenverzögerungen und Ausfälle können schnell behoben werden, wenn eine Nachlieferung von anderen Produktionsstandorten des Lieferanten möglich ist. Falls die Ersatzlieferung nicht dringend ist, kann die Lieferung aus anderen Regionen erfolgen. Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass der Abnehmer den Ausfall (Insolvenz) von Zulieferern mit finanzieller oder materieller Unterstützung verhindern kann. Ein präventives Lieferantenmanagement kann im Gegensatz zu reaktivem Management langfristig und nachhaltig leistungs- und finanzwirtschaftliche Risiken, die auf Grund inadäquater Lieferleistungen zustande gekommen sind, handhaben. 167 Das Logistikkostenrisiko kann wegen einem falsch kalkulierten Projekt eintreten, wenn etwa das Ist-Ergebnis stark von dem Soll-Ergebnis auf Grund von während der Planung zunehmenden Materialkosten abweicht oder wegen hoher Lagerbestände. Bei der Änderung der Fertigungstiefe können weitere Risiken auftreten. „Die Fertigungstiefe gibt das Verhältnis von Eigenfertigung zu der Summe der Eigen- und Fremdfertigung wieder …“ Outsourcing hat den Vorteil, dass Qualitätsvorschriften und Logistikaufgaben sowie die damit verbundenen Risiken an den Lieferanten übertragen werden. Die Fremdfertigung kann aber auch misslingen, wenn z.B. die Lieferantenbeziehung neu ist und die Parteien sich noch nicht gut kennen. 168 Das Verkaufsausfall- und Verkaufsmängelrisiko kann mit Auftragsfertigung und Kooperation zwischen Herstellern und Abnehmern reduziert 167 Vgl. Göpfer/ Braun/ Schulz (2013), S. 113f. 168 Vgl. Jung (2010), S. 539 <?page no="122"?> 5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept 121 uvk.de werden. Die Auftragsfertigung setzt die Anpassung der Auftragsmenge und der Kapazitäten der Herstellungsprozesse voraus. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten und die Kapazitätsquerschnitte der Anlagen. Die Auftragsfertigung bzw. JiT-Fertigung ermöglicht eine kundenindividuelle Produktion und steigert die Kundenzufriedenheit. Das Lager- und Transportrisiko kann ebenfalls mit den JiT-Prinzipien verringert werden. Das Pull-Prinzip sowie die synchronisierte Anlieferung nach JiT und Just-in-Sequence verkleinern nicht nur die Risiken, sondern auch die Durchlaufzeit und den Lagerbestand. Das Lagerrisiko kann unter anderem durch das Outsourcing der Lagerung, der Kommissionierung und des Transports an eine Logistikdienstleistungsgesellschaft gesenkt werden. Der Lagerbestand und die dazu gehörigen Aufgaben werden an das Dienstleistungsunternehmen weitergegeben. 169 5.1.2 Entscheidung zum wertorientierten Geschäftsmodell Die Aussagen der zweiten These, dass die Grundlagen des Lean- Managements in Form von JiT (Kanban-System) für die Gestaltung spezialisierter Logistiksysteme und für die Handhabung von deren leistungswirtschaftlichen Risiken angemessen sind, können positiv beantwortet werden. Anhand des Toyota-Produktionssystems wurde gezeigt, dass das mit den Lean-Management-Methoden ausgestaltete Logistiksystem in der Lage ist, bei hohen Kundenanforderungen flexibel und kostengünstig zu produzieren. Toyota richtete alle Leistungsprozesse an den JiT-Prinzipien aus und hat dadurch ein neues wertorientiertes Geschäftsmodell entwickelt. Dadurch ist es ihm gelungen, die richtige Menge in der richtigen Qualität zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit minimalen Kosten zu beschaffen, zu produzieren und auszuliefern. Solche Systeme, die nach dem Pull-Prinzip und JiT-Lösungen gestaltet sind, richten sich nach den Kunden aus, die die Auslöser des Materialflusses sind. Wenn es einem Unternehmen gelingt, die Kundenwünsche zu erfüllen, entstehen weniger Kosten wegen Fehlmengen oder Lieferunterbrechungen. Daraus folgt, dass leistungswirtschaftliche Risiken nach den Kundenanforderungen zu planen sind, um die oben genannten Risiken zu vermeiden oder zu vermindern. 169 Vgl. Wildemann (2004) <?page no="123"?> 122 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungs- und Überwachungsinstrument hilft leistungswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Risiken zu kalkulieren und verbessert damit wertorientierte Geschäftsmodelle Die dritte These besagt, dass Working Capital Management die leistungswirtschaftliche Sphäre mit deren Risiken sowie mit den Risiken der finanzwirtschaftlichen Sphäre abstrakt monetär zu verknüpfen, zu steuern und zu kontrollieren weiß, und hilft damit, ein wertorientiertes Geschäftsmodell zu ermöglichen. In erster Linie werden das Working Capital und deren Steuerungsprozesse dargestellt. Um das Working Capital effektiver analysieren zu können, wird das Working Capital auf zwei Ebenen aufgeteilt. Erstens wird gezeigt, dass der Cash-Conversion-Zyklus auf finanzwirtschaftlicher Ebene die Beschaffung, Logistik, Produktion und den Absatz im leistungswirtschaftlichen Bereich eines Automobilunternehmens überlappt. Zweitens wird davon ausgegangen, dass die leistungswirtschaftlichen Prozesse durch Rationalisierungsmaßnahmen in der Organisation, Automation und Digitalisierung ein niedrigeres Working Capital benötigen. Bestimmung des Working Capital Die Unternehmensziele werden wegen der Globalisierung, des steigenden Wettbewerbs und des damit verbundenen Kostendrucks mit neuen Aspekten ergänzt. Neben Umsatzsteigerung, Gewinnmaximierung und der Betrachtung des Verschuldungsgrades werden Flexibilität, Kundenorientierung, Kapazitätsauslastung, Kapitalkosten, logistische Leistungen (JiT) und die wachsende Bedeutung des Working Capital angesehen. Die strengen Richtlinien von Basel II/ III stellen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen (Zulieferer der Automobilindustrie) eine große Herausforderung dar. Daher müssen sich Unternehmen umso mehr auf ein konstitutives Finanzmanagement konzentrieren. Die Änderungen der Vermögenswerte im Anlage- und Umlaufvermögen der Bilanz und kurzfristiger Verbindlichkeiten beeinflussen die Liquidität und Bonität eines Unternehmens. Einerseits führt die Abnahme der Vermögenswerte zur Kürzung der Verbindlichkeiten und Kapitalkosten, anderseits zur Verbesserung der Liquidität und Bonität. Eine effektive Kapitalausnutzung ist für den Return on Investment und dem Shareholder Value entscheidend. <?page no="124"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 123 uvk.de Investitionen in der Leistungssphäre berühren nicht nur das Anlagesondern auch das Umlaufsvermögen. Wenn eine neue Halle gekauft und in den Betrieb gesetzt wird, muss das Unternehmen mehr Bestände und Hilfsmittel beschaffen, um eine entsprechende Auslastung und Kostenstruktur zu erzielen. Wegen der Erhöhung der Produktion vermehren sich die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Gleichzeitig lösen Anlageerweiterungen Investitionen in das Anlagevermögen sowie mittel- und langfristige Kredite auf der Passivseite der Bilanz aus. Die Vermögens-, Finanz-, Liquiditäts- und Erfolgsanalysen spielen eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung einer Investition und der damit verbundenen Kapitalverwendung. Die Investitionsanalyse bzw. Vermögensanalyse liefert Informationen über die Art und Zusammensetzung sowie die Dauer und Vermögensbindung eines Unternehmens. Die Vermögensanalyse ermöglicht Aussagen über die finanzielle Stabilität und den Kapitalbedarf zu treffen. Die Vermögensstruktur und die Vermögensintensität weisen durch das Verhältnis der Vermögensgegenstände Ertrags- und Liquiditätspotenzial sowie Dispositionselastizität auf. Diese Relation erfolgt durch die Bildung von Kennzahlen, die eine Finanz- und Bonitätsanalyse vorwegnehmen. 170 Die drei relevantesten Kennzahlen sind: Anlageintensität = Anlagevermögen/ Gesamtvermögen Umlaufintensität = Umlaufvermögen/ Gesamtvermögen Working Capital = Umlaufvermögen kurzfristige Verbindlichkeiten Aus den Kennzahlen lassen sich zwei wesentliche Aussagen treffen, wobei branchenbezogene Einflüsse und unternehmensspezifische Parameter berücksichtigt werden müssen. Eine erhöhte Anlageintensität verursacht hohe Fixkosten, die nur dann gerechtfertigt sind, wenn dadurch eine bessere Kapazitätsauslastung gegeben ist. Sie bindet das Kapital langfristig und beschränkt die Flexibilität des Unternehmens. Die Umlaufintensität gibt Auskunft darüber, wie lange das Umlaufvermögen im Unternehmen gebunden ist. Eine hohe Umlaufintensität 170 Vgl. Coenenberg (2005), S. 985f. <?page no="125"?> 124 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de ermöglicht, dass das Umlaufvermögen mit kurzfristigem Fremdkapital finanziert wird, da es in der Regel eine kurze Verweildauer im Unternehmen hat. Eine hohe Umlaufintensität ermöglicht dem Unternehmen schnelle Reaktionen sowohl auf konjunkturelle Veränderungen als auch auf eine Veränderung der Beschäftigungslage. Hohe Lagerbestände tragen zu einer Steigerung der Umlaufintensität bei. Working Capital ist sowohl eine Bilanzals auch eine Liquiditätskennzahl und wird zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten verwendet. Als Liquiditätsgröße beeinflusst es den operativen Cashflow, weil dieser ein Teil der Innenfinanzierung ist. 171 Working Capital (auch als Netto-Umlaufvermögen genannt) ist ein Teil der Bilanz und wird als Differenz des Umlaufvermögens und kurzfristiger, nicht verzinslicher Verbindlichkeiten beschrieben. 172 Mit anderen Worten ist das Working Capital ein Teil des Umlaufvermögens, das für die operativen Prozesse im leistungswirtschaftlichen Bereich eines Industrieunternehmens relevant ist. Zu den Umsatz generierenden Vermögenswerten gehören kurzfristige Forderungen an Kunden, Lagerbestände und unfertige Produkte, die sich noch in der Fertigung befinden. Obwohl Working Capital ein gebundenes Kapital in Form von Forderungen und Vorräten ist, kann es trotzdem kurzfristig in liquides Geld umgewandelt werden. Das Verhältnis zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten ist aus finanzieller Sicht sehr wichtig, weil es viel über die Zahlungsfähigkeit, Rentabilität und die Liquidität des Unternehmens aussagt. Ein hohes Working Capital verringert die Liquidität und damit den Gewinn bzw. den RoI (Return on Investment) durch zu hohe Kapitalbindung. Wenn das Working Capital negativ ist, heißt es, dass ein Teil des Anlagevermögens aus kurzfristigen Verbindlichkeiten gedeckt wird. Dies darf normalerweise bzw. grundsätzlich nicht passieren, weil man damit gegen die goldenen Bilanzregeln verstößt. Um den goldenen Bilanzregeln zu folgen, muss das Working Capital positiv sein. Dementsprechend müssen das Anlagevermögen und die langfristig gebundenen Teile des Um- 171 Vgl. Schmeisser et. al. (2012), S. 98f. 172 Vgl. Bösch (2009), S. 14 und Krause/ Arora (2008), S. 61f. <?page no="126"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 125 uvk.de laufvermögens durch langfristiges Kapital finanziert werden. Obwohl diese langfristigen Finanzmittel normalerweise mit hohen Zinsenaufwendungen verbunden sind, muss das Working Capital trotzdem strategisch positiv hoch gehalten werden, da es langfristig Investitionen und damit Innovationen und neue Geschäftsmodelle erlaubt. Bei der sogenannten „restriktiven Unternehmenspolitik“ werden die Lager- und Liquiditätsreserve sowie die Zahlungsziele niedrig gehalten. Dadurch werden die Kapitalkosten und die Finanzierungskosten gesenkt. Diese Politik ist mit einigen Risiken begleitet. Weniger Lagerbestände und evtl. zusätzliche Verzögerungen bei Lieferengpässen können zum Produktionsstillstand führen. Wenn weniger Produkte geplant und dadurch weniger verkauft werden als der Kunde wünscht, werden sowohl die Kundenzufriedenheit als auch der Umsatz negativ beeinflusst. Weiterhin entstehen enorme Kosten durch die Aufnahme kurzfristiger Kredite. Im Gegensatz dazu wird bei einer „flexiblen Politik“ das Working Capital mit langfristigen Verbindlichkeiten (Krediten) finanziert (WC > 0). Mit der Erhöhung des Working Capital steigen zwar die Kapitalkosten, aber die Kosten der Unterdeckung werden gesenkt. 173 Daher ist es unumgänglich, die Höhe des Working Capital zu kontrollieren und zu steuern. Working Capital Management Das Working Capital Management verfolgt im wertorientierten Geschäftsmodell den Zweck, adäquate Maßnahmen zu ergreifen, um die Bilanzstruktur zu verbessern und kurz- und mittelfristig Liquidität zu generieren. Die Ziele des Working Capital Managements sind unter anderem die finanzielle Unabhängigkeit, die Verbesserung der Kreditfähigkeit sowie die Liquidität und die Reduzierung des Kapitalbedarfs durch die Planung, Steuerung und Überwachung des Working Capitals. Diese Zielsetzung besteht darin, ein Teil des Umlaufvermögens, der verzinslich durch kurzfristige Verbindlichkeiten finanziert wird, durch die Reduzierung des Working Capitals zu vermindern. Das auf dieser Weise freigesetzte Kapital kann für innovative Zwecke genutzt werden. Dadurch verbessern sich die Liquidität und Rentabilität des Unternehmens und die wertorientierte Wettbewerbsfähigkeit. 173 Vgl. Bösch (2009), S. 382ff. <?page no="127"?> 126 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Die Steuerung des Cash-Conversion-Zyklus und die Einleitung von Rationalisierungsmaßnahmen in Form von Lean-Management werden z.B. als geeignete Managementtechniken, bzw. inkrementale Techniken nach Quinn im Rahmen der deskriptiven Strategieforschung von Geschäftsmodellen, angesehen. Aufbau des Cash-Conversion-Zyklus Das Working Capital bindet Kapital in Form von Vorräten, Verbindlichkeiten und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Zur Gestaltung eines erfolgreichen Working Capital Managements, muss daher exakt ermittelt werden, wie lange es dauert bis das Geld als Auszahlungsstrom von der Beschaffung der Rohstoffe, über die Produktion und dem Absatz in effektiven Einzahlungsströmen in das Unternehmen auf das Bank- und Kassenkonto zurückfließt. Solange sich das Geld in gebundener Anlage- und Umlaufvermögensform innerhalb in der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes befindet, stehen dem Unternehmen keine frei verwendbaren Finanzmittel zur Verfügung. Die Bindungsdauer des Geldes bzw. der Cash-Conversion-Zyklus ist eine Abbildung der Zyklusdauer der Geldfreisetzung eines Logistik-Produktions- Absatzsystems eines Industriebetriebes und kann aus den Bilanzpositionen abgeleitet werden. Die Kapitalbindung ergibt sich aus der Summe der durchschnittlichen Reichweite der Lagerbestände (DIO) und den Außenbestandstagen der Forderungen (DSO) abzüglich der Außenbestandstage der Verbindlichkeiten (DPO). CCC = DIO + DSO - DPO Daraus folgt, dass die Prozesse der Beschaffung durch die Außenbestandstage der Verbindlichkeiten, die Vorgänge der Produktion durch die durchschnittliche Reichweite der Lagerbestände und der Verlauf des Absatzes durch die Außenbestandstage der Forderungen geregelt werden können. Außenstandstage der Verbindlichkeiten (DPO = Days Payables Outstanding) Die Kreditorenlaufzeit gibt an, wie viele Tage von der Rechnungsstellung der zugestellten Ware bis zu deren Rechnungsausgleich vergehen. Diese Kennzahl wird von der Kreditorenumschlaghäufigkeit abgeleitet. Die <?page no="128"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 127 uvk.de Umschlaghäufigkeit lässt sich aus dem Verhältnis des Jahresumsatzes und durchschnittlichen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen errechnen. Sein Kehrwert wird mit dem betrachteten Zeitraum, meistens ein Jahr multipliziert. Je höher dieser Wert ist, desto mehr Zeit hat das Unternehmen, seine Verbindlichkeiten auszugleichen und das Geld für andere betriebliche Zwecke zu nutzen. Er wird auch als Lieferantenkredit bezeichnet, aus dem sich neben den Bankkredit Unternehmen kurzfristig mitfinanzieren, um ihren RoI zu verbessern. Kreditorenlaufzeit = durchschnittliche Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen/ Jahresumsatz × 365 Tage Wenn ein Unternehmen innerhalb eines Wirtschaftsjahres 2013 einen Umsatz in Höhe von 50 Mio. € erwirtschaftet hat und es stehen 5,0 Mio. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in der Bilanz, dann beträgt die durchschnittliche Laufzeit der Lieferantenkredite 36,5 Tage. Durchschnittliche Lagerreichweite (DIO = Days Inventory Outstanding) Die Dauer der Vorräte umfasst die Tage, die von der Lieferung der Rohstoffe durch die Produktionsphase bis zur Produktübergabe/ Verkauf an den Kunden und Rechnungsstellung vergehen. Der Wert der Lagerreichweite errechnet sich aus der Multiplikation von 365 Tagen mit dem Reziprok des Lagerumschlags. Der Lagerumschlag zeigt die Häufigkeit der Lagerumsetzung und die Effektivität der Lagernutzung pro Periode an. Lagerreichweite = durchschnittlicher (Tages-) Bestand / durchschnittlicher (Tages-) Bedarf × 365Tage oder Lagerreichweite = durchschnittlicher Lagerbestandswert / Nettoumsatz oder <?page no="129"?> 128 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Herstellungskosten des Umsatzes × 365 Tage Je niedriger dieser Quotient ist, desto mehr Kapital wird freigesetzt. Wenn das oben beschriebene Unternehmen neben den 50 Mio. Jahresumsatz einen durchschnittlichen Vorratsbestand in Höhe von 5,3 Mio. dokumentiert, beläuft sich die Kapitalbindungsdauer der Lagerbestände auf 38,69 Tage. Ausstandstage der Forderungen (DSO = Days Sales Outstanding) Die Ausstandstage der Forderungen umgreifen die Zeitspanne zwischen der Rechnungsstellung und Eingang der Kundenzahlung. Der Wert der Forderungsreichweite ist von der Umschlaghäufigkeit der Forderungen abzuleiten. Sie gibt an wie oft ein Unternehmen seine Forderungen im Jahr umschlägt. Die Berechnungsformel lautet wie folgt: DSO = durchschnittlicher Bestand an Forderungen/ Jahresumsatz × 365 Tage Das Beispielunternehmen hat weiterhin 50 Mio. € Umsatz erzielt und sein Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen macht 5,1 Mio. aus. Damit haben die Kunden durchschnittlich 37,23 Tage ihre Verbindlichkeiten an das Unternehmen zu entrichten. Aus diesen drei Werten kommen wir zu der Kapitalbindung der Vermögenswerte bzw. dem Cash-Conversion-Zyklus. CCC = DIO + DSO - DPO = 38,69 Tage + 37,23 Tage - 36,5 Tage Anhand des Beispiels bindet das Unternehmen sein Kapital für 39,42 Tage. Je kleiner dieser Wert ist bzw. je weniger Tage es sind, desto schneller erhält das Unternehmen seine finanziellen investierten Mittel aus dem Umlaufvermögen zurück und erhöht damit seine Liquidität. Die Verkürzung der Kapitalbindungsdauer kann auf zwei verschiedene Weisen erfolgen, und zwar mit Hilfe des Cash Management, das die Zahlungs- und Mahnbedingungen definiert, als auch mit organisatorischen Rationalisierungsmaßnahmen, sowie mit Investitionen in die Automation. <?page no="130"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 129 uvk.de Steuerungsinstrumente des Working Capital in einem Industriebetrieb Das Working Capital Management setzt eine aktive Steuerung des gebundenen Kapitals voraus. Ein integriertes Working Capital Management besteht aus dem Management der Forderungen, Verbindlichkeiten und Vorräte. Darüber hinaus ist er ein Indikator der internationalen Beschaffungs- und Produktionsbedingungen in der Automobilbranche. Die Prozesse des Working Capital Managements dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden, weil es zwischen den einzelnen Prozessen Wechselwirkungen geben wird. 174 Gemäß Horváth et al. kann Cash Management in Forderungsmanagement und Management der Verbindlichkeiten unterteilt werden und soll das finanzielle Gleichgewicht sprich die Zahlungsfähigkeit (Liquidität) eines Unternehmens sicherstellen. Management der Verbindlichkeiten (Purchase-to-Pay) Das Management der Verbindlichkeiten berührt die von Lieferanten erzeugten Leistungen, unter anderem die RHB und unfertige Erzeugnisse. Sein Interesse besteht darin, die Rechnungen möglichst spät zu begleichen, wenig Eigenkapital zu benötigen und damit die Außenbestandstage der Verbindlichkeiten (DPO) zu verlängern. Kurzfristige Verbindlichkeiten gelten als nicht zu verzinsende Kredite (sieht man einmal opportunitätsmäßig von den entgangenen Skontoerträgen ab), die für ein Unternehmen günstiger sind als Eigenkapital oder schwer aufzunehmende Bankkredite (wegen Rating/ Basel II). Hinzukommt die Verschiebung der Zahlungen von kurzfristigen Verbindlichkeiten, die die evtl. notwendige Liquidität erhöht. Kritisch muss jedoch angemerkt werden, dass es dabei aber nicht zum Verstoß der Zahlungsbedingungen kommen darf, um nicht zum Mahnkunden zu werden oder unter Insolvenzverdacht zu fallen. Die Beschaffung fängt erst mit der Feststellung der Nachfrage an. Potenzielle Lieferanten müssen aufgesucht werden, damit die Produktion starten kann. 175 Die Lieferantenauswahl unterliegt bestimmten Kriterien, die unternehmensindividuell festgelegt werden. Bei der Lieferantenauswahl sind die gesamte Leistungsfähigkeit des Lieferanten, seine Logistikleistungen sowie hohe Qualitätsanforderungen zu prüfen. Die ge- 174 Vgl. Bösch (2009), S. 11 175 Vgl. Schulte (2009), S. 272 <?page no="131"?> 130 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de samte Lieferantenstrategie umfasst die Lieferantenbewertung, Auswahl und Kooperation mit den Lieferanten. 176 Die Vertragsgestaltung legt neben der Länge der Zahlungsziele die Art der Zahlung fest. Für Industrieunternehmen gibt es zurzeit keine gesetzliche Regelung über die Zahlungsformen. Der nächste Prozess beschreibt die Bedarfsanforderungen basierend auf der Kundennachfrage sowie der Auftragserstellung mit festgelegten Zahlungsbedingungen. Beim Wareneingang werden die Qualität und die Anzahl der bestellten Produkte kontrolliert. Das Rechnungsmanagement überprüft die inhaltliche und rechnerische Korrektheit der Rechnung 177 : Der Vergleich mit den tatsächlichen gelieferten Produkten sollte zeitnah mit der Abnahme der Lieferung erfolgen. Die Durchführung und Überwachung von Reklamationen ist die Aufgabe des Reklamationsmanagements. Das Zahlungsmanagement kümmert sich um die Zahlläufe und den Ausgleich der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Wichtige Kennzahlen des Managements der Verbindlichkeiten (Kreditorenmanagement) Mit Hilfe der folgenden Kennzahlen können die Prozesse des Purchaseto-Pay analysiert und besser ausgestaltet werden. Sie interpretieren struktur-, produktivitäts-, wirtschaftlichkeits- und qualitätsbezogene Aussagen. Eine strukturbezogene Kennzahl ist z.B. die Rahmenvertragsquote. Sie spiegelt das Ausmaß langfristiger Bindung und der Versorgungssicherheit wieder. Rahmenvertragsquote = Materialeinkaufsvolumen über Rahmenverträge × 100 / gesamtes Materialeinkaufsvolumen Ein hoher Wert ist auf die verstärkte Lieferantenpflege, Konzentration des Sortiments und bessere Beschaffungsplanung zurückzuführen. 176 Vgl. Pfohl (2010), S. 53 und Dickmann (2009), S. 334 177 Vgl. Schneider (2002) <?page no="132"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 131 uvk.de Die durchschnittliche Wiederbeschaffungszeit und die Lieferungsverzögerungsquote sind Ansätze zur Beurteilung von Qualitätskriterien. Durchschnittliche Wiederbeschaffungszeit = durchschnittliche Zeit für Bestellauflösung und Bestellabwicklung + durchschnittliche Lieferzeit + durchschnittliche Prüf- und Einlagerungsbzw. Bereitstellungszeit Sie bezeichnet die Zeitspanne der Beschaffung für die nicht vorhandenen Materialien. Lange Wiederbeschaffungszeiten wirken sich auf die Lieferbereitschaft und die Höhe der Warenbestände aus. Lange Lieferzeiten, nicht optimaler Materialfluss, ineffiziente Bestellabwicklung und unzureichendes Prüfverhalten können eine hohe Kapitalbindung verursachen. 178 Das Lean-Lieferantenmanagement basiert auf der Preisfestsetzung und gemeinsamen Kostenanalyse, auf einer guten Kooperation in der Forschung und Entwicklung sowie auf der kontinuierlichen Verbesserungen der Bau- und Systemteile. Die Vorteile der langfristigen Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Abnehmern bewirken einen hohen Qualitätsstandard und eine große Lieferantensicherheit. Eine Qualitätsprüfung wird meistens vom Unternehmen verlangt bzw. durchgeführt, um spätere Montageprobleme von vornherein auszuschließen. Wenn Abnehmer und Lieferanten vertraglich die Qualitätsanforderungen und die Abnahme der Lieferung garantieren, kann auch eine kurzfristige Versorgung mit der Kanban-Methode sichergestellt werden. Weil die Kanban-Disposition auf die Leistungserstellung ohne Bestandsreserven aufbaut, muss der Qualität hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden. Neben der Qualitätsgarantie der Lieferanten, legt die Produktion großen Wert auf automatisierte Kontrollfunktionen und auf die Motivation der Mitarbeiter bezüglich der Qualitätsaspekte. Eine JiT-Zulieferung oder Just-in- Sequence-Belieferung setzt eine produktionssynchronisierte Beschaffung voraus. Die Zulieferer verpflichtet sich, die bestellte Menge rechtzeitig in 178 Vgl. Schulte (2009), S. 640f. <?page no="133"?> 132 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de der richtigen Qualität bereitzustellen. Die Anlieferung wird durch die Produktion bestimmt, damit verringern sich die Bestände und Durchlaufzeiten. Durch die Bestandsabnahme wird sich das Working Capital verbessern. Das Management der Verbindlichkeiten kann das Working Capital durch Verlängerung der Außenbestandstage der Verbindlichkeiten (DPO) positiv beeinflussen. Weitere Instrumente des Verbindlichkeitsmanagements sind die Inanspruchnahme von Rabatt- und Skontovereinbarungen sowie die Nicht-Gewährung von Vorauszahlungen. Die volle Ausnutzung der Zahlungsziele und der Skontomöglichkeiten müssen in Erwägung gezogen werden, weil die Nichtausnutzung der Skontozahlungen Opportunitätskosten verbergen kann. Das folgende Beispiel zeigt, ob der Nutzen der Inanspruchnahme des Skontos die Vorteile des Lieferantenkredits übersteigen. Die jährliche Summe der Verbindlichkeiten beläuft sich auf 160.000 € bei einem Zahlungsziel von 90 Tage netto bzw. 3% Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen. Falls die Zahlung innerhalb von 10 Tagen erfolgt, muss das Unternehmen 155.200 € zahlen. Bei maximaler Ausnutzung des Lieferantenkredits bezahlt das Unternehmen den vollen Betrag und verzichtet damit auf den Skontobetrag in Höhe von 4.800 €. Aus dieser Überlegung lässt sich ein Zinssatz errechnen, der bei einer Kreditdauer von 60 Tagen den folgenden Wert ergibt. Es könnte dazu führen, anstatt des Lieferantenkredites einen kurzfristige Bankkredit aufzunehmen: Zinssatz = Skontobetrag × 100 × 365 / verminderter Betrag × Kreditdauer = 4.800 € × 100 × 365/ ( 155.200 € × 60 Tage) = 18,81 % Die Zinsen für einen Bankkredit betragen unter den gleichen Konditionen 12%. Nach der Umformulierung der oben benannten Formel ergibt sich einen Zinsbetrag in Höhe von: 155.200 € × 12% × 60 Tage/ (100 × 365 Tage) = 3061,47 € Die Differenz des Zins- und Skontobetrages führt zu einem Finanzierungsvorteil im Wert von 1738,53 €. <?page no="134"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 133 uvk.de Damit ist es wirtschaftlich vorteilhafter, die Skontozahlung auszunutzen. Die analytischen, betriebswirtschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass eine JiT-Zulieferung zur Verbesserung des Working Capital beiträgt. Das Management der Verbindlichkeiten sorgt für eine vollkommene Lieferantenstrategie und die Kontrolle und Steuerung der Prozesse mit ausreichenden Kennzahlen. Die Kapitalbindungsdauer eines Unternehmens kann mit der Ausnutzung der vollen Lieferantenkredite verbessert werden. Die Skontonutzung muss als Zahlungsalternative betrachtet werden. Bestandsmanagement (Total Supply Chain) Das Bestands- oder Vorratsmanagement strebt nach der Reduzierung der Bestände und sucht nach optimaler Vorgehensweise, um eine reibungslose Produktion zu ermöglichen. Im Folgenden werden verschiedene Methoden und Kennzahlen entwickelt, die zur Bestandsverminderung führen. Die Produktionsfaktoren werden mit der ABC- und XYZ- Analyse segmentiert. Dabei wird Lean-Produktion als eine erfolgreiche organisierbare Produktionstechnik angesehen. Die Prozesse der Produktion können mit Rationalisierungsmaßnahmen die Durchlaufzeiten mindern und verfolgen das Ziel, die Unternehmensleistung mit wenig Zeit- und Kostenaufwand zu steigern. Die Prozesse des Bestandsmanagements lassen sich durch das Total Supply Chain beschreiben. Die Supply-Chain-Strategie ist ein langfristiges Koordinationsprinzip des Unternehmens. Die Strategie umfasst die zu erwartenden Absatzmengen, den Aufbau der Logistiksysteme und die Entwicklung der Produktionsstrategie. 179 Die Absatzplanung berücksichtigt die Ressourcen, Leistungsprozesse und Ziele des Unternehmens und passt sie den aktuellen Marktbedingungen an. Von der Absatzplanung hängen die Work-in-Progress-, Lagerbestände und die menschlichen und maschinellen Kapazitäten ab. 180 179 Vgl. Eitelwein/ Wohlthat (2005), S. 421 180 Vgl. Peters/ Brühl/ Stelling (2005), S. 132 <?page no="135"?> 134 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Die Produktionsprogrammplanung ist für die Planung des Produktionsablaufes erforderlich. 181 Der Plan ist mit dem Vertrieb und mit der Beschaffung abzustimmen. Einige Schwierigkeiten ergeben sich dadurch, dass die Ziele der Produktion (hohe Kapazitätsauslastung) und des Vertriebs (kurze Lieferzeiten, hohe Liefertreue) voneinander stark abweichen. Die Planung mit Bevorratung sichert das Unternehmen gegen saisonale Schwankungen ab und ermöglicht kurzfristige Lieferungen trotz längere Beschaffungszeit und Produktionsdauer. Absatzrisiko und hohe Kapitalbindung sprechen gegen diese Strategie. 182 Die Zielsetzung des Lagermanagements besteht darin, die Einsatzfaktoren für die Produktion zu sichern, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und die Lagerbestände zu reduzieren. Hierfür ist die Einführung der JiT-Strategie zu bedenken. Die Warenprüfung misst die Qualität des Fertigproduktes am Produktionsende. Dieser Schritt ist bei der Lean-Produktion abgeschafft worden, weil diese Zeit keinen zusätzlichen Wert für den Kunden darstellt. Bei Toyota erfolgt die Qualitätsprüfung automatisiert. Die Maschinen sind fähig, die Qualitätsprobleme selbst zu erkennen und zu signalisieren. We il I ne ffiz ie nze n in F or m vo n ho he n Vo rrä te n un d la ng en D ur ch la uf zeiten erhöhte Kosten verursachen, müssen die Management- und Leistungsprozesse untersucht und verbessert werden. Die Optimierung der Bestände ist eine große Herausforderung für die Unternehmen. Sie haben sowohl auf die gesamte Supply Chain als auch auf finanzwirtschaftliche Entscheidungen signifikante Auswirkungen. Die Verringerung der Bestände kann durch das späte Erhalten der Lieferung bzw. die frühe Übergabe der Auslieferung an den Kunden durch die Gestaltung schlanker Produktionsprozesse bewirkt werden. Instrumente der Bestandsreduzierung Das Ziel des Bestandsmanagements ist die Reduzierung der Bestände, die ein hohes Kapital für das Unternehmen binden. Aus diesem Grund strebt das Unternehmen nach der Verringerung der Vorräte in allen Pro- 181 Vgl. Schulte (2009), S. 373 182 Vgl. Eitelwein/ Wohlthat (2005), S. 421 <?page no="136"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 135 uvk.de zessen des Unternehmens sowie unternehmensübergreifend in der ganzen, internationalen, internen und externen Supply Chain(-Kette). Die Sicherstellung der Bestandteile und die Verminderung der Kapitalkosten entfalten ein Konfliktpotenzial innerhalb des Unternehmens. Die Interessen des Einkaufs sind unter anderem die Bereitstellung ausreichender Bestände, die eine gleichmäßige Fertigung ermöglichen. Die Finanzabteilung visiert die Reduktion der Bestandsbindung an. Wenn mehr als die benötigten Bestände vorhanden sind, entstehen Lagerkosten. Falls die Bestände jedoch geringer sind als der Bedarf, werden Fehlmengenkosten verursacht. Infolgedessen ergeben sich die Kosten der Vorratshaltung aus Lagerkosten und Fehlmengenkosten. 183 Die Lagerkosten bestehen aus Raumkosten (Miete, Nebenkosten), Lagerbewirtschaftungskosten (Erhalt-, Instandhaltungs- und Pflegekosten), Zinskosten (Kapitalbindung) und sonstigen Kosten (Diebstahl, Verderb). Sie sind durch die Bestandsmenge, den Bestandswert und die Dauer der Vorratshaltung gekennzeichnet. Die Fehlmengenkosten unterteilen sich in mengenabhängige (Beschaffung teurer Ersatzteile), zeitabhängige (Produktionsstillstand) und sonstige Fehlmengenkosten (Opportunitätskosten). 184 Wegen des hohen Kostendrucks durch die Bestände müssen diese andauernd überwacht und kontrolliert werden. Dazu werden folgende Instrumente für die Analyse der Bestände eingesetzt. 185 ABC/ XYZ-Analyse Durchlaufzeitanalyse Rüstzeitanalyse ABC-Analyse Die Analyse beruht auf der Unterstellung, dass Materialen für das Unternehmen von unterschiedlicher Bedeutung sind. Die Klassifizierung kann unter anderem nach Artikel, Kunden und Lieferanten unternehmensspezifisch geschehen. Gemäß dieser Analyse erhalten 5-10% der „A“-Artikel ca. 70-80% des Einkaufsvolumens (Wert). 15-20% der B-Artikel machen 183 Vgl. Klepzig (2008), S. 127 und Werner (2000), S. 90 184 Vgl. Werner (2000), S. 91f. 185 Vgl. Hartmann (2011), S. 20f. <?page no="137"?> 136 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de 15-20% des Wertes, und die übrigen 70-80% der C-Artikel verursachen etwa 5-10% der Einkaufskosten aus. 186 A-Artikel haben für das Unternehmen eine erhebliche Auswirkung. Diese Komponenten werden kontinuierlich überwacht und analysiert und müssen bei der Einführung von JiT beachtet werden. Die C-Artikel sind fü r da s Un ter neh me n ni ch t so w ic ht ig , da dur ch lo hn t es s ic h ni ch t, d ie se Artikel zu untersuchen. XYZ-Analyse Sie geht von dem Verbrauchsverlauf der Vorräte aus und wird meistens mit der ABC-Analyse verknüpft. X-Güter unterliegen geringeren Bedarfsschwankungen. Sie sind mit JiT-Prinzipien gut abstimmbar. Die Vorhersagegenauigkeit der Y-Güter ist weniger zuverlässig. Y-Güter sind daher sehr von saisonalen, konjunkturellen und traditionellen Schwankungen abhängig. Der Bedarf an Z-Gütern ist sehr unberechenbar. Aus diesen Untersuchungen kann die Materialbeschaffung mit der ABC- und XYZ-Analyse kombiniert werden. Einzelbeschaffung kommt beim Abruf eines konkreten Bedarfs vor. Sie trägt das Fehlmengenrisiko und die Gefahr verspäteter Zugänge. Die Lagerkosten sind sehr gering. Die Vorratsbeschaffung reduziert das Beschaffungsrisiko auf Kosten höherer Vorräte. Wenn der Materialbedarf sich schlecht vorhersagen lässt, werden lieber mehr Bestände gekauft. Wegen der großen Bestellmenge erhält das Unternehmen bessere Lieferkonditionen (Rabatte, Boni und Skonti). Bei der bedarfsgerechten Fertigung werden die Nachfrage und die Beschaffung synchronisiert. In diesem Fall kann eine JiT-Anlieferung erfolgen. 187 Aus diesen Aussagen ist festzustellen, dass A-Teile mit X-Gütern eine synchronisierte JiT-Beschaffung ermöglichen. Diese Waren zeichnen sich durch einen hohen Wert und geringe Mengen aus. C-Teile sind für eine Vorratsbeschaffung geeignet. Ihre Preise sind niedrig. Die Verbrauchsverläufe sind unterschiedlich, deswegen passt die Beschaffung an den Y-Gütern am besten zu diesen Teilen. Für eine projektbezogene Vorratshaltung eignen sich A und B Teile. B-Teile sind einer fallweisen 186 Vgl. Arndt (2013), S. 85f. 187 Vgl. Hermut (2010), S. 94f. <?page no="138"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 137 uvk.de Beschaffung ausgesetzt. Der Verbrauch ist unregelmäßig und setzt den Einsatz von Z-Gütern aus. Durchlaufzeitanalyse Die Durchlaufzeit wird als die Dauer der Fertigungsprozesse von der Materialausgabe bis zur Ablieferung des Endprodukts angesehen. Diese Zeit ist durch die Transportzeit, Rüstzeit, Kontrolle und die Bearbeitungszeit der einzelnen Stationen geprägt. Die Materialdurchlaufzeit bindet Kapital und ist mit Zins-, Lagerkosten und Lagerrisiken verbunden. Auftragsdurchlaufzeit = Wartezeit + Rüstzeit + Leistungszeit + Verfahrenszeit. Die Auftragsdurchlaufzeit lässt sich durch die Eliminierung der Wartezeit verbessern. Unter Wartezeiten sind die folgenden Zeiten zu verstehen 188 : Ausfallzeiten wegen Störungen und Personalfehlern Nachbearbeitungszeiten wegen Fehlern und Mängelproblemen lange Materialbeschaffungszeit Unterbrechungs- und Blockierungszeit Wartezeiten wegen fehlender Daten oder Entscheidungen Pufferzeiten Wenn die Arbeitsprozesse mit Hilfe von Value Stream Mapping (VSM) aufgezeigt werden, kann der ganze Arbeitsablauf von Verschwendungen eliminiert und dadurch die Durchlaufzeit reduziert werden. Der Reifenhersteller Pirelli hat die Durchlaufzeit bei seiner Fabrik mit VSM von sechs Tagen auf 72 Minuten verkürzt und damit seiner Bestände sehr stark reduziert. 189 Die Synchronisierung und Flexibilisierung der betrieblichen Prozesse und der Disposition führen auch zur Verkürzung der Durchlaufzeiten. Bei einer synchronisierten Produktion werden die Prozesse aufeinander abgestimmt. Durch die Abstimmung verkürzen sich die Auftragsdurchlauf- und Transportzeiten. Die Wartezeiten werden komplett eliminiert. Dank der Flexibilisierung kann sich die Leistungserstellung dem schwan- 188 Value Stream Mapping ist ein Synonym für Wertstromanalyse 189 Vgl. Hermut (2010), S. 113 <?page no="139"?> 138 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de kenden Bedarf anpassen. Arbeitszeiten und die Aufwandsdauer der Transportmittel lassen sich besser planen. Ein weiterer Vorteil der Flexibilisierung besteht in der Vermeidung der Produktion auf Lager. Obwohl zu beachten ist, dass bei extremen Veränderungen des Bedarfs längere Lieferzeiten oder der Aufbau von Puffern nicht zu vermeiden sind. Beim Verhältnis zwischen Prozesskosten und Durchlaufzeiten ist eindeutig zu erkennen, dass sie voneinander sehr stark abhängen. Einerseits nehmen die Kosten mit extrem kurzer, anderseits mit zu langer Durchlaufzeit zu. Die Produktion von kleinen Losgrößen führt zum Kostenanstieg bei sinkender Durchlaufzeit. Zu lange Durchlaufzeiten binden Kapital in Form von Umlaufvermögen und Lagerkapazitäten. Sie sind meistens ein Indiz für fehlende Wirtschaftlichkeit oder einen schlecht ausgerichteten Prozessaufbau. Unternehmen haben durch die Durchlaufzeitverkürzung strategische Vorteile. Sie sind wettbewerbsfähiger und können die Preise bestimmen. Eine „optimale“ Durchlaufzeit ist schwer zu bestimmen, weil sie von vielen Faktoren, die nicht immer zu quantifizieren sind, abhängt: [1] Lieferzeitunabhängige Kosten [2] Kostensenkung durch besseren Ressourcennutzen [3] Kostensteigerung durch erhöhtes Umlaufvermögen, zusätzlicher Lagerplatz, verlorene Aufträge [4] Gesamtleistungskosten Rüstzeitenanalyse bei Maschinen Die Analyse der Rüstzeiten ermöglicht die Reduzierung von Beständen und Rüstkosten. Rüstkosten sind Einzelkosten für Umstellungsarbeiten bei CNC- und DNC-Maschinen vor Fertigungsbeginn. Rüstzeiten resultieren bzw. aus Werkzeugwechsel, Vorheizen, Reinigen und Programmieren der Maschinen. Es wird zwischen direkten und indirekten Rüstkosten unterschieden. Direkte Rüstkosten sind mit den Aktivitäten direkt verbunden und resultieren aus Material- und Werkzeugverzehr sowie den zurechenbaren Personalkosten. Indirekte Rüstkosten ergeben sich z.B. durch einen Maschinenausfall. Sie können als Opportunitätskosten betrachtet werden, weil in der Rüstzeit keine gewinnbringenden Produkte hergestellt werden können. <?page no="140"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 139 uvk.de Wenn es einem Unternehmen gelingt, die Durchlaufzeiten zu reduzieren, verringert sich der Wert der durchschnittlichen Lagerreichweite (DIO), also die Kapitalbindung. Strategien des Bestandsmanagements Das Bestandsmanagement hat den Vorteil, dass die Verkürzung der Bestände des Supply Chain zur Verringerung des Cash-Conversion-Zyklus und zu geringeren Kapitalkosten führt. Somit beeinflusst die Bestandsstrategie die gesamte Supply Chain(-Kette). Zu den Strategien des Bestandsmanagements zählen die Kooperationen mit dem externen Dienstleister und die Einführung von Just-in-Time-Verfahren. 190 Die Bestandszurechnung ermöglicht eine Bilanzverkürzung der Vorräte. Sie setzt sich aus einer späteren Übernahme der Zulieferung von dem Lieferanten und einer späteren Belieferung der Hersteller zusammen. Dies kann mit Hilfe von Konsignationslager, Verndor Managed Inventory (VMI) oder Supplier Managed Inventory (SMI) stattfinden. 191 Konsignationslager Ein Konsignationslager wird in der Nähe des Abnehmers oder Herstellers aufgebaut und von einem Dienstleister betrieben und versichert. Erst wenn der Abnehmer die Teile abruft, wird ihm eine Rechnung gestellt. Die Lieferanten haben Skalenvorteile durch Sammellagerungen, eine starke Bindung an die Hersteller und Planungsvorteile durch Kundenabrufe generierter Losgrößen. Folgende Vorteile ergeben sich für den Abnehmer: Reduzierung der Kapitalbindungskosten durch die Fakturierung nach der Entnahme der Ware Verfügungsmacht über die Vorräte und Versorgungssicherheit Arbeitsersparnis durch geringeren Abwicklungsaufwand Ein Konsignationslager ermöglicht es dem Abnehmer, hochwertige Produkte in sein Produktionsprogramm aufzunehmen. Dadurch wird er von dem Verkaufsrisiko und den Lagerkosten befreit, und der Dienstleister steigert seinen Umsatz. Dies verursacht positive Effekte für die ganze 190 Vgl. Metze (2010), S. 164 191 Vgl. Klepzig (2008), S. 127 <?page no="141"?> 140 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Supply Chain(-Kette). Die Verzögerung der Eigentumsübergabe verlagert die Risiken der Bestandsführung und des Working Capital auf den Lieferanten. Dies wirkt sich negativ auf die Supply Chain(-Kette) aus. 192 Vendor Managed Inventory oder verkäufergeführtes Bestandsmanagement Vendor Managed Inventory oder verkäufergeführtes Bestandsmanagement erzielt eine synchronisierte Bestandsplanung entlang der Wertschöpfungskette. Die Abnehmer stellen den Lieferanten ihre internen Betriebsinformationen über die Produktions- und Bestandsdaten zur Verfügung, und die Lieferanten sind bereit, mit dem Unternehmen gemeinsame komplexe strategische Lösungen anzustreben. Daraus erwächst eine enge Beziehung zwischen den beiden Partnern. Das Ziel ist eine schnelle, kostengünstige und sichere Reaktion auf Schwankungen der Nachfrage. Supplier Managed Inventory oder lieferantengeführtes Bestandsmanagement Supplier Managed Inventory oder lieferantengeführtes Bestandsmanagement wird oftmals mit VMI gleichgesetzt. Mit SMI wird die Materialversorgung des Abnehmers durch Vorlieferanten erfüllt. Der Vorlieferant ist für die Lagerbestände des Lieferanten zuständig. IAS schreibt vor, dass diejenigen, die die Verfügungsmacht haben, die Bestände bilanzieren müssen. Beide Vertragspartner profitieren von der Einführung des VMI 193 : Erhöhung des Servicegrades und der Sicherheit durch die schnelle Wahrnehmung der Nachfrageschwankungen Senkung der Bestände und Kapitalbindungskosten durch effektive Disposition Übergang der Produktions- und Distributionsaufgaben an den Lieferanten Die Vorteile der VMI/ SMI-Lagerung für die gesamte Supply Chain (-Kette) bestehen unter anderem darin, dass die Lagerstufen und die 192 Vgl. Metze (2010), S. 179 193 Vgl. Klepzig (2008), S. 128f. <?page no="142"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 141 uvk.de Bestandskosten reduziert werden. Die Prozessqualität verbessert sich durch die Vereinfachung der Geschäftsprozesse. Organisatorische Probleme, die bei der Gestaltung der Kooperation auftreten können, sind für die Supply Chain(-Kette) nachteilig. Wenn der Dienstleister fachlich nicht geeignet ist, den Anforderungen zu entsprechen, kann es zum Scheitern des Projekts führen. Wegen Abstimmungs- und Koordinationsarbeiten können die Transaktionskosten steigen und die Flexibilität kann gemindert werden. Forderungsmanagement (Order-to-Cash) Das Forderungsmanagement ist ein wesentlicher Bestandteil des Working-Capital-Managements und beinhaltet alle Maßnahmen zur Steuerung des Forderungsbestandes. Die Bedeutung des Forderungsmanagement ist auf häufige Liquiditätsengpässe, hohe Forderungsausfälle und langsame Auftragsabwicklungsdauer des Zahlungsverkehrs mit den Kunden zurückzuführen. 194 Forderungen erhöhen das gebundene Kapital und können die Liquidität gefährden, wenn sie nicht beglichen werden. Es können zahlreiche Gründe zu einem zweifelhaften und/ oder zu einen nicht einzubringenden Forderungsbestandes führen. Häufige Zahlungsschwierigkeiten treten wegen Liquiditätsbis Insolvenzproblemen beim Kunden auf. Andere Gründe sind u.a. wegen Reklamations- und Gewährleistungsansprüchen aufgrund von Produkthaftungsansprüchen, wenn technische Probleme bei Innovationen auftreten. Daher verfolgt das Forderungsmanagement das Ziel, die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen schnellstmöglich einzuziehen. Durch die Reduzierung der Forderungsbestände wird gebundenes Kapital freigesetzt und mit der Verbesserung der Prozesse die Kundenzufriedenheit gestärkt. Die Aufgaben eines aktiven Forderungsmanagements sind die kontinuierliche Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Kunden, die Überwachung der Fälligkeit der Zahlungsanforderungen und die Verstärkung der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den involvierten Bereichen Verkauf, Finanzierung, Buchhaltung und Mahnwesen. Die Ergebnisse der Bonitätsprüfung können die Konditionen und die Gewährung von Kreditlinien oder Skonti wesentlich 194 Vgl. Prümer (2005), S. 111f. <?page no="143"?> 142 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de beeinflussen. Zur Analyse der Bonität der Abnehmer werden externe Branchendaten, Jahresabschlussanalysen der Kunden oder eigene Schätzungen verwendet. Prozesse des Forderungsmanagements Das Forderungsmanagement kann wiederum in sieben Teilprozesse gegliedert werden, die bei der Erkennung und Bewertung von finanzwirtschaftlichen Risiken von Bedeutung sind. Die Kundenstrategie richtet sich sowohl auf Neukunden als auch auf die Kundenrückgewinnung sowie auf eine starke Kundenbindung aus. Der Vertrieb sorgt für die Vertragsgestaltung, schnelle Rechnungsstellung und die Suche nach Absicherungsalternativen (z.B. Export-Akkreditiv, Factoring). Die Fakturierung hat zeitnah mit der Lieferung zu erfolgen sowie inhaltlich und rechnerisch korrekt zu sein. Die Rahmenbedingungen werden zwischen Kunden und Unternehmen festgelegt. Das Kreditrisikomanagement zielt auf die Minimierung der Risiken durch die Kreditlinien beim kaufenden Kunden, des eingesetzten Kapitals durch Verkauf des Autos und der damit verbundenen Risiken durch das versicherte Produkt/ Auto. Die Ausfallrisiken und die Risiken der Verzögerung der Kreditrückzahlung werden anhand des Gesamtausfalls eines Kunden bewertet. Das Kreditrisikomanagement erfolgt durch die Bonitätsprüfung der Kunden, die Beurteilung des Kreditlimits beim Kunden sowie die Segmentierung der Kunden nach bestimmten Kriterien (Umsatz, Potenzial, Profitabilität, Unfallrisiko). Die Zahlungsbedingungen müssen folgende Kriterien beachten: Hohe Anzahlungen, Vorkassenzahlungen, Skonto Sicherheiten Verkürzung des Zahlungszeitraums Mahnwesen Die Gestaltung der Zahlungsbedingungen und eine präventive Bonitätsprüfung der Kunden dienen dazu, Zahlungsausfälle zu vermeiden bzw. zu begrenzen. Das Auftragsmanagement ist für die Annahme der Kundenaufträge und die Einlösung der Produktions- und Lieferantenaufträge verantwortlich. Das Rechnungswesen erstellt mit dem Warenversand die Rechnungen, <?page no="144"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 143 uvk.de wobei die Zahlungskonditionen von dem Kreditrisikomanagement festgelegt werden. Die Aufgaben des Kundenservices bestehen in einer schnellen und kostenschonenden Problemlösung, die die Kundenzufriedenheit verbessert. Ma ng el haf te L ie fe ru ng en od er f al sc h au sg es te ll te R ec hnu ng en k ön ne n zur Zahlungsverweigerung beim Kunden führen. Das Zahlungsmanagement ist für die Überwachung der Fälligkeit der Außenbestände und für ein effektives Mahnwesen zuständig. Zum Monitoring der Außenbestände sind die folgenden Maßnahmen empfehlenswert: Analyse der Forderungslaufzeit (DSO) oder der Umschlagsdauer der Forderungen Wahl der DSO-Kennzahlen Differenzierung nach Produktgruppen, Geschäftsbereichen, Regionen oder Kundengruppen Das Cash Management sorgt für die zeitnahe Verbuchung von Forderungen und Zahlungseingängen. 195 Die Forderungsbearbeitung und der Forderungseinzug kann extern durch den Verkauf von Forderungen an Inkasso-, Factoring- oder ABS- Gesellschaften erfolgen. Die Einbeziehung externer Finanzdienstleister setzt eine präventive Abwägung der Vor- und Nachteile der Kooperation zu Finanzdienstleistern voraus. Diese Vorgehensweisen haben den Vorteil, dass das Unternehmen rasch zur Liquidität und Kapitalfreisetzung kommt, aber Gewinneinbußen hinnehmen muss. Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile eines Asset Back Securities (ABS)-Unternehmens erläutert: Zum Nutzen von ABS-Transaktionen Neben der Mittelbeschaffung sind Liquiditätsgewinnung, Bilanzverbesserung und Risikomanagement aus Sicht des Unternehmens von ABS- Transaktionen anzusehen. Dem Unternehmen fließen aus dem Forderungsverkauf finanzielle Mittel zu. Es erhält aber nicht den Nettoverkaufspreis seiner Produkte, sondern muss Kosten- und Risikoabschläge 195 Vgl. Eitelwein/ Wohlthat (2005), S. 420f. <?page no="145"?> 144 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de hinnehmen. Das Unternehmen gewinnt jedoch einen direkten Zugang zum Kapitalmarkt. Die Kapitalstruktur verbessert sich beim Unternehmen mit den erhaltenen finanziellen Mitteln durch die ABS-Verbriefung, und es kann seine Ve rb in dl ic hk ei ten v er ri ng er n. D ami t ve rr in ge rt s ic h au ch de r Ver sc hu ldungsgrad des Unternehmens, der Zinsaufwand und die Gewerbesteuerbelastung sinken und die Kreditwürdigkeit kann gesteigert werden. Durch die verbesserte Liquidität kann das Unternehmen auch notwendige Investitionen finanzieren. Nachteile von ABS-Transaktionen Wenn die abgesicherte Forderungshöhe durch ABS-Verbriefung gering ist, lohnt es sich nicht ABS-Verträge abzuschließen. Die Finanzierungskosten hängen hauptsächlich von dem Volumen der laufenden, sicheren Forderungen ab. Mangelnde Standardisierung und gesetzliche Regelungen erschweren die Durchführung von ABS-Transaktionen, zudem ist deren Einführung bei Unternehmen aufgrund der Komplexität sehr zeitaufwendig. ABS-Transaktionen erfordern die Einbeziehung bestimmter Anforderungen und können damit zu negativen Auswirkungen auf das Kundenbeziehungsmanagement führen. Im Folgenden wird anhand eines Beispiels gezeigt, wie ein Unternehmen mit ausgewählten Instrumenten der Kreditpolitik sein Working Capital variieren kann und welche Auswirkungen bestimmte Zahlungskonditionen auf die Kosten und Erträge eines wertorientierten Geschäftsmodells haben. Erhöhung der Zahlungsziele für Neukunden Das Musterunternehmen ist im Industriebereich tätig. Es hat in 2013 einen Umsatz in Höhe von 20,00 Mio. € erwirtschaftet. Die Geschäftsebene geht davon aus, dass die Verlängerung der Zahlungsziele den Umsatz steigern kann. Es soll gezeigt werden, dass die Zusatzkosten der Zahlungszielverlängerung den Ertrag kaum oder nicht erhöht. Die Kreditvergabe in Form von neuen Zahlungszielen an die Kunden ist ein Teil der Kreditpolitik eines Unternehmens. Das Musterunternehmen wird sich für eine Erhöhung der Zahlungsziele für Neukunden von 32 auf 55 Tage entscheiden. Die Zahlungsfrist für Bestandskunden bleibt bei 32 Tagen. Die Firma rechnet mit einem Umsatzwachstum von 4%, wobei die Nettomarge mit 6% und die Kapitalkos- <?page no="146"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 145 uvk.de ten mit 10% gegeben sind. Der Zusatzertrag ergibt sich aus der Multiplikation von Umsatzsteigerung und Nettomarge: Ertrag = 20 Mio. € × 4% × 6% = 48.000 € Die Zusatzkosten werden durch die Multiplikation des Kapitalkostensatzes und der Änderung des Kapitalbedarfs errechnet. Der Kapitalbedarf betrifft die Forderungserhöhung, die durch die Verlängerung der Zahlungsziele bei Neukunden entsteht. Die Änderung der Forderungen kann von den DSO abgeleitet werden. DSO = durchschnittlicher Forderungsbestand × 365 Tage/ Umsatz Nach Auflösung der Formel ergibt sich für die Forderungsänderung ein Wert in Höhe von 120.548 € (55 × 800.000/ 365). Dementsprechend bedeutet dies einen zusätzlichen Kapitalbedarf, dessen Höhe mit der Multiplikation des Kapitalkostensatzes bei 12.055 € resultiert. Die Differenz des kalkulierten Zusatzertrags und der Zusatzkosten sollte positiv sein, damit es sich für das Unternehmen lohnt das Zahlungsziel zu erhöhen. In diesem Fall kann die Kreditvergabe durchgeführt werden, weil sich ein Mehrwertbetrag von 35.945 € ergeben hat. Änderung der Zahlungsziele für Neu- und Stammkunden Wenn eine Zahlungsfrist von 55 Tagen sowohl für Neukunden als auch für Bestandskunden eingeräumt wird, wird sich der Kapitalbedarf wie folgt ändern: Die Forderungen mit 32 Tagen Zahlungsfrist generieren einen Kapitalbedarf von 1.753.425 €. (= 32/ 365 × 20 Mio.) Die Forderungen mit 55 Tagen Zahlungsfrist führen zu einem Kapitalbedarf von 3.134.247 €. (= 55/ 365 × 20,8 Mio.) Dadurch beträgt die Differenz des Kapitalbedarfs 1.380.822 € und die Zusatzkosten belaufen sich auf 138.082 €. Der Zusatzertrag ändert sich nicht, deswegen kommt es zu einem negativen Ergebnis von 90.082 € und somit lohnt sich diese Kreditpolitik nicht. <?page no="147"?> 146 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Einführung von Skonto Das Musterunternehmen plant die Einführung von 2% Skonto bei einem frühzeitigen Zahlungseingang in 10 Tagen. Die Firma geht davon aus, dass 60 Prozent der Kunden diese Zahlungsart nutzen werden. Ob diese Politik sich bezahlt macht, kann anhand der folgenden Rechnung beurteilt werden. Die Kosten der Skontoeinführung lassen sich errechnen aus der Multiplikation des Jahresumsatzes, des Skontos und des prozentualen Anteils der Kunden, die die Skontoregelung ausnutzen: 20 Mio. € × 2% × 60% = 240.000 € Das Unternehmen gewinnt durch die Reduzierung der Außenstände. Die Höhe des Kapitalbedarfs bei den Forderungen (32 Tage) beläuft sich, wie schon oben ausgerechnet wurde, auf 1.753.425 €. Die Forderungen (10 Tage) betragen 547.945 € (= 10/ 365 × 20 Mio.) Wenn 60% der Kunden nach zehn Tagen ihre Rechnungen ausgleichen, ergeben sich die Forderungen nach Skontoregelung wie folgt: 40% × 1.753.425 € + 60% × 547.945 € = 1.030.137 € Die Differenz der Forderungen beträgt nach der Skontoeinführung 723.288 €. Bei 10% Kapitalkosten führt dies zu einer Ersparnis von 72.329 €. Da die Kosten der Einführung 240.000 € ausmachen, führt dies zu einen Verlust von 167.671 €. Eine vom European Payment-Index durchgeführte Studie untersucht das Zahlungsverhalten bei zwanzig europäischen Unternehmen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die meisten Unternehmen unabhängig von der Branchenzugehörigkeit einen hohen DIO- und DSO-Wert besitzen. Im Gegensatz dazu sind die DPO-Werte sehr niedrig. Diese Resultate verweisen auf weitere Verbesserungspotenziale hin. 196 Handhabung finanzwirtschaftlicher Risiken Finanzwirtschaftliche Risiken sind solche Verluste, die durch unsichere Zahlungen zustande kommen können. Diese Risiken wirken sich auf die Liquidität und Rentabilität des Unternehmens aus. Die finanzwirtschaftlichen Risiken werden in Marktpreis-, Schuldnerbonität- und Liquiditätsrisiken unterteilt. Marktpreisrisiken berühren die negativen Änderungen 196 Vgl. Atradius (2013), S. 3 <?page no="148"?> 5.2 Working-Capital-Management als Steuerungsinstrument 147 uvk.de der Marktpreise von Produkten und Dienstleistungen. Das Bonitätsrisiko besteht in der Gefahr der Nichteinhaltung von Zahlungszielen der Kunden (Ausfallrisiko). Das Liquiditätsrisiko betrifft das Unternehmen, wenn es nicht ausreichende Liquidität aufweist, um seinen Fortbestand zu sichern. Mit der Kontrolle und Überwachung der Prozesse des Managements der Verbindlichkeiten, Forderungen und Vorräte können die Risiken aus einem Zahlungsausfall vermeiden werden. Die Einleitung von dem JiT-Verfahren wird als Verbesserungspotenzial in allen Prozessen des Working Capital Managements angesehen, da schlanke Prozesse die Risiken der Beschaffung, Produktion und des Absatzes besser bewältigen können. Diese Risiken wirken sich auf die Liquidität und Rentabilität des Unternehmens aus. Beurteilung der Hypothese 3 für ein wertorientiertes Geschäftsmodell Nach der Einführung in die Thematik des Working Capital Management wurde darauf hingewiesen, dass die Steuerung des Working Capital zur Verstärkung der Innenfinanzierung und der Liquidität eines Unternehmens beitragen kann. Die Liquidität und auch die Kapitalbindung konnten mit dem Cash-Conversion-Zyklus beeinflusst werden. Die Managementbereiche der Forderungen, Verbindlichkeiten und Bestände sind mit dem Cash-Conversion-Zyklus verbunden. Das Management der Forderungen spiegelt sich im Vertrieb, das Management der Verbindlichkeiten in der Beschaffung und das Management der Bestände in der Produktion wider. Die Prozesse der Managementbereiche können rational mit den Lean-Management-Methoden und ausgewählten Kennzahlen effizient gesteuert, und die Risiken der Leistungs- und Finanzsphäre überwacht und eliminiert werden. Die Aussage der dritten These, nämlich dass das Working Capital Management die leistungswirtschaftliche Sphäre mit deren Risiken sowie mit den Risiken der finanzwirtschaftlichen Sphäre abstrakt monetär steuert und kontrolliert und damit das wertorientierte Geschäftsmodell maximiert, kann daher positiv beantwortet werden. Interdependenzen eines wertorientierten Geschäftsmodell-Managements Die letzte These stellt die folgenden Aussagen zur Diskussion: Wenn das Working Capital Management eine geringere Kapitalbindung ausweist und der Cash-Conversion-Zyklus beschleunigt wird, dann werden der RoI und der Shareholder Value erhöht. <?page no="149"?> 148 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Dadurch werden die Nebenbedingungen, dass die Risiken leistungs- und finanzwirtschaftlich gehandhabt werden können, auch erfüllt. Ein wertorientiertes Geschäftsmodell ist dann verwirklicht. Im letzten Kapitel werden die Auswirkungen des Working Capital auf die Bilanz und den operativen Cashflow sowie auf die Rentabilität dargestellt. Das Working Capital Management wird als Teil einer wert- und risikoorientierten Unternehmensführung gekennzeichnet, das die Anforderungen eines Economic Value Added Ansatzes als wertorientierten, controlling-orientierten Unternehmensbewertungsansatzes erfüllt. 5.3 Auswirkungen des Working Capital auf die Bilanz und den operativen Cashflow Die Verringerung des Working Capitals bewirkt eine Verkürzung der Bilanzsumme, die mit einer Steigerung der Eigenkapitalquote und die Verminderung des Zinsaufwandes sowie eine Verbesserung der Bonität eines Unternehmens einhergeht. Eine bessere Ratingklasse steigert die Kreditwürdigkeit des Unternehmens und ermöglicht es diesem Unternehmen, günstigere Kredite zu erhalten. 5.3.1 Working Capital als Teil des Cashflows Der Zusammenhang zwischen Working Capital und Cashflow besteht darin, dass Änderungen des Working Capital den operativen Cashflow bzw. den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit beeinflusst. Wenn das Working Capital zu einem bestimmten Zeitpunkt steigt, entstehen Auszahlungen für die Investition zu diesem Zeitpunkt. Dahingegen sinkt das Working Capital, wenn es zu investitionsbedingten Auszahlungen kommt. 197 Der Cashflow ist eine zahlungsstromorientierte Größe zur Beurteilung der Finanz- und Ertragskraft eines Unternehmens und ein Indikator für die nachhaltige Innenfinanzierung eines Betriebes. Somit ist er ein Hinweis dafür, dass die Unternehmung in der Lage ist, ohne Fremdmittel Investitionen durchzuführen zu können, Kredite zu tilgen oder Ausschüttungen/ Dividenden an Aktionäre auszuzahlen. Aus der Sicht dieser Betrachtung ist das Working Capital eine zahlungsstromorientierte Größe. 197 Vgl. Bösch (2009), S. 305f. <?page no="150"?> 5.3 Auswirkungen des Working Capital auf die Bilanz und den Cashflow 149 uvk.de Die Zahlungsströme werden nach Herkunft und Verwendung gemäß DRS 2.7, ISA7, 10 bis 17 in drei Bereiche aufgeteilt: Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit Cashflow aus der Investitionstätigkeit Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit 198 Laut des deutschen Rechnungslegungsstandards kann der Cashflow direkt oder indirekt ermittelt werden. Bei der direkten Methode geht man von den zahlungswirksamen Ein- und Auszahlungen aus, die nicht zu dem Investitions- oder Finanzierungsbereich gehören. Diese Einzahlungen werden zum Umsatz addiert, und die Auszahlungen werden vom Umsatz abgezogen. Diese Ermittlung ist meistens nicht durchführbar oder mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Die Einzahlung aus Verkauf von Waren und Dienstleistungen betrifft unter anderem den Umsatz abzüglich der noch nicht geleisteten Zahlungen. Die Trennung des Ertrags bzw. der Einzahlungen und des Aufwands bzw. der Auszahlungen ist ziemlich aufwändig. 5.3.2 Indirekter Cashflow Bei der Ermittlung des indirekten operativen Cashflows wird von der Gewinn- und Verlustrechnung ausgegangen. Die GuV basiert auf der Aufwands- und Ertragsstruktur. Erträge vermehren, Aufwendungen reduzieren den Unternehmensgewinn. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich ein Überschuss, wenn die Erträge größer als die Aufwendungen sind, sonst kommt es zum Fehlbetrag. Der Jahresüberschuss wird mit den zahlungsunwirksamen Aufwendungen und Erträgen sowie mit den Änderungen des Working Capital berechnet. Letzteres beinhaltet der indirekte Cashflow die zahlungsunwirksamen Erträge und die erfolgsunwirksamen Einzahlungen. 199 Der Zuwachs des Working Capital durch Forderungserhöhung (Warenverkauf auf Ziel, Herstellung von Fertigzeugnissen auf Lager) führt zu Erträgen in der GuV, aber nicht zu Einzahlungen. Umgekehrt führt eine Verringerung des Working Capital durch Erhöhung kurzfristiger Verbindlichkeiten zu Aufwand (durch die Verwendung der RHB-Stoffen, 198 Vgl. Baetge/ Kirsch/ Thiele (2004), S. 285 199 Vgl. Bösch (2009), S. 25f. <?page no="151"?> 150 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de die auf Kredit erworben wurden) in der Bilanz aber nicht zur Auszahlung führen. 200 Beim nicht-monetären Working Capital werden die Wertpapiere und der Kassenbestand außer Acht gelassen. Man fokussiert sich auf die Vorräte und Forderungen. Die Zunahme der Forderungen und die Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, die nicht dem Investitions- und Finanzierungsbereich zuzuordnen sind, entsprechen dem Anstieg des Working Capital, das zur Reduzierung des Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit führt. In diesem Fall werden Finanzmittel von Investition und Gewinnausschüttungen entnommen, um dem entstandenen Kapitalbedarf nachkommen zu können. Im Gegensatz dazu wird das Working Capital durch die Reduzierung der Forderungen und Bestände sowie durch die Vermehrung der Verbindlichkeiten reduziert. Wenn das Working Capital sinkt, werden liquide Mittel freigesetzt. Infolgedessen erhöhen sich der Wert des Cashflows und der Shareholder Value. 201 5.4 Zusammenhang zwischen Working Capital und Return on Investment (RoI) Rentabilität (RoI) ist das oberste Ziel eines Unternehmens aus Sicht des Shareholder-Value-Ansatzes. Sie zeigt die Fähigkeit eines Unternehmens an, inwieweit es seine Aufwendungen (Kosten) durch Erträge (Leistungen) abdecken kann, um langfristig liquide bleiben zu können. 202 Die Rentabilität setzt sich aus einer Ergebnisgröße (Jahresergebnis vor oder nach Steuer, ordentlicher Betriebserfolg, Cashflows) und einer auf das Ergebnis einwirkenden Einflussgröße (eingesetztes Kapital, Vermögen, Umsatz) zusammen. Die Wahl der Ergebnis- und Bezugsgrößen hängt von der jeweiligen Entscheidung der Unternehmenspolitik ab. Die Rentabilität kann aus Sicht des Eigenkapitalgebers, des Unternehmens oder Fremdkapitalgebers analysiert werden. Je nach Wahl können die Rentabilitätskennzahlen in verschiedene Kategorien eingeteilt werden: 200 Vgl. Walz/ Gramlich (2009), S. 282f. 201 Vgl. Schmeisser/ Clausen (2009), S. 298 202 Vgl. Schierenbeck (1995), S. 60 <?page no="152"?> 5.4 Zusammenhang zwischen Working Capital und RoI 151 uvk.de Gesamtkapitalrentabilität Eigenkapitalrentabilität Umsatzrentabilität Betriebsrentabilität Cashflow-Rentabilitäten Return on Investment (RoI) Ausgewählte Rentabilitätskennzahlen ermöglichen einen Branchen- und Soll-Ist-Vergleich der Erfolgslage sowie die Abbildung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier wird auf die Analyse des RoI eingegangen. Der RoI misst die nachhaltige Ertragskraft eines Unternehmens und spiegelt den Erfolg aus dem investierten Kapital wider. Der RoI wird als Kontroll- und Planungsinstrument angesehen. Er ergibt sich aus der Relation zwischen Gewinn und investiertem Kapital: 203 ROI = Gewinn/ Gesamtkapital Wenn der Quotient aus Gewinn/ Gesamtkapital mit dem Quotienten aus Umsatz/ Umsatz multipliziert und umgestellt wird, entsteht die folgende Formel: ROI = Gewinn/ Umsatz × Umsatz/ Gesamtkapital Die so entstandenen Quotienten sind die Umsatzrentabilität und der Kapitalumschlag und daraus folgt, dass der RoI die Multiplikation der beiden Quotienten ist. ROI = Umsatzrentabilität × Kapitalumschlag Zu der Analyse des RoI werden einerseits Daten aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), anderseits aus den Bilanzdaten verwendet. Die 203 Vgl. Schmeisser/ Clausen (2009), S. 299f. <?page no="153"?> 152 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de GuV eignet sich für die Messung der Umsatzrentabilität und die Bilanz für die Messung der Kapitalumschlagshäufigkeit. 204 Die Umsatzrentabilität gibt an, wie erfolgreich ein Unternehmen seine Leistungen veräußern konnte und wie kostengünstig es sie herstellen konnte. Der Kapitalumschlag bringt die Intensität der Verwendung der Ve rm ög en sge ge ns tä nd e bz w. d er In ve st it io ns ak ti vit äte n z um A usdr uc k. Daraus folgt, dass betriebliche Veränderungen in der betrieblichen Leistungssphäre des Industriebetriebes, wie Lean-Management, sich auf die Rechenwerke Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung auswirken, und damit auf die beiden Größen der Rentabilität. Die Senkung der Umsatzrentabilität (steigende Kosten, Rückfall des Umsatzes) beeinflusst die Rentabilität negativ. Demgegenüber verbessert sich die Rentabilität, wenn der Kapitalumschlag zunimmt. Dies kann durch die Reduzierung des Working Capitals erfolgen. Der Kapitalumschlag lässt sich durch die Relation des Umsatzes zum betriebsnotwendigen Vermögen (investiertes Kapital) berechnen und zeigt, wie oft das investierte Kapital durch den Umsatz umgeschlagen wurde. Wenn der Kapitalumschlag über dem Wert „1“ liegt und der Umsatz positiv ist, wirkt sich dies steigernd auf den RoI aus. Falls das Unternehmen einen negativen Umsatz aufweist, wird der Kapitalumschlag die Verlustwirkung der Kapitalrendite vergrößern. Infolgedessen muss die Kapitalumschlagshäufigkeit regelmäßig über die Investitionsaktivitäten und Wachstumsmöglichkeiten des Unternehmens kontrolliert werden. Anhand des DuPont-Schemas kann gezeigt werden, dass die Kapitalrendite nicht nur durch finanzwirtschaftliche, sondern auch durch leistungswirtschaftliche Faktoren wie Beschaffungspolitik, Organisation, Produktion etc. beeinflussbar ist. 205 Der RoI kann durch alle Variablen beeinflusst werden. Besonders bewirken die Verringerung der Vermögenswerte durch eine geringe Lagerhaltung des Umlaufvermögens oder der Verkauf von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen eine Erhöhung der Rentabilität. Daraus 204 Vgl. Schmeisser/ Clausen (2009), S. 12f. 205 Vgl. Schmeisser (2009), S. 301 <?page no="154"?> 5.5 Wertorientiertes Geschäftsmodell und Shareholder-Value-Ansatz 153 uvk.de folgt, dass die Rentabilität trotz sinkender Umsatzrendite über ein wertorientiertes Geschäftsmodell gesteigert werden kann, wenn das Unternehmen z.B. sein Logistik- und Produktionssystem verändert, die internationalen Wertschöpfungsprozesse in Niedriglohnländer verlagert und ein Lean-Management verfolgt. D.h. es müssen im Rahmen einer inkrementalen Strategieentwicklung alle Taktiken untersucht und eingeleitet werden, die den Kapitalumschlag erhöhen. Hierbei müssen alle Ursachen, die das gebundene Kapital senken, untersucht werden, solange es gelingt, das investierte Kapital ohne eine Gefährdung der Leistungsprozesse zu reduzieren. Anhand eines Musterunternehmens kann gezeigt werden, wie die Rentabilität sich durch Vorrats- und Forderungsverkürzungen erhöhen kann. Es wird davon ausgegangen, dass alle anderen Parameter konstant bleiben und nur diese beiden Faktoren sich ändern. Eine Reduzierung der Vorräte und Forderungen um 40% verursacht eine RoI-Steigerung um 1,57%. 5.5 Wertorientiertes Geschäftsmodell und Shareholder-Value-Ansatz Die wertorientierte Unternehmenssteuerung untersucht die Frage, inwieweit Wertbeiträge über die Kapitalkostensätze erwirtschaftet werden können. Die Überrenditen des EVA-Unternehmensbewertungsansatzes werden mittels wertorientierter Kennzahlen ermittelt, die für den Einsatz von Anreizsystemen und die Abstimmung von Zeitpräferenzen für ein inkremental-geführtes Management geeignet sind. Sie messen im Gegensatz zu den traditionellen Kennzahlen die Risiken und die Kapitalbindung und richten sich auf die strategische Zukunft des Unternehmens aus. Die wertorientierte Unternehmensführung basiert auf dem Shareholder- Value-Ansatz, der die Werttreiber eines Unternehmens identifiziert und die nachhaltigen Erfolgsursachen aufzeigt. 206 Das Ziel der wertorientierten Unternehmensführung besteht in der nachhaltigen Steuerung des Unternehmenswertes durch die Steigerung der Rentabilität (RoI). Neben den Rentabilitätskriterien sind dabei noch zwei 206 Vgl. Coenenberg/ Fischer/ Günther (2012), S. 837f. <?page no="155"?> 154 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de weitere Faktoren von Bedeutung, nämlich das Wachstum und das Risiko. Sobald die Rendite bei gleichem Risiko steigt, erhöht sich der Unternehmenswert. Falls das Risiko ohne Änderung der Rendite zunimmt, verschlechtert sich der Unternehmenswert. 207 5.6 Wert- und risikoorientierte Unternehmensführung Erfolgsfaktoren einer wertorientierten Unternehmensführung bestehen darin, dass Risiken in über den Kapitalkostensatz bei der Ermittlung des Unternehmenswerts (bzw. EVA) berücksichtigt werden. Unter risiko- und wertorientierter Unternehmensführung werden solche Entscheidungsprozesse verstanden, die in allen betrieblichen Prozessen, Funktionen und Bereichen eines Unternehmens die Risiken und Chancen abwägen. Risiken können die Fortführung eines Unternehmens gefährden. Aus diesem Grund ist das Bewusstsein und der Umgang mit Risiken für alle Mitarbeiter eine wesentliche Voraussetzung guter Unternehmensführung im Sinne eines wertorientierten Geschäftsmodells. Die Aufgabe des Risikomanagements besteht darin, Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen und zu planen, und zwar, in welchem Umfang Abweichungen auftreten können. Die inkrementale Logik eines Strategischen Managements nach Quinn bietet hierzu mindestens einen praktisch-theoretischen Ansatz, wie dies das Beispiel Toyota belegt. Die Abweichungen im strategischen Innovationsmanagementsystem oder im operativen Lean-Management-System bei Toyota haben in den letzten 80 Jahren immer wieder positive Ergebnisse (Chancen) und negative Auswirkungen (Risiken) aufgewiesen. Trotzdem konnte Toyota strategisch, risikoorientiert und inkremental seine intuitiven Geschäftsmodellen zu einem wertorientierten Geschäftsmodell sukzessive und simultan perfektionieren. Zum Schluss soll darum bei einem wertorientierten Geschäftsmodell noch die Einführung eines Risikomanagementsystems in Erwägung gezogen werden. 207 Vgl. Schmeisser/ Rönsch/ Zilch (2009), S. 4f. <?page no="156"?> 5.7 Einführung eines Risikomanagementsystems 155 uvk.de 5.7 Einführung eines Risikomanagementsystems bei einem wertorientierten Geschäftsmodell Die Aufgabe des Risikomanagements besteht darin, allen Mitarbeitern bewusst zu machen, dass leistungswirtschaftliche Prozesse neben Wachstumspotential mit Risiken verbunden sind, da ein erfolgreiches wertorientiertes Geschäftsmodell jederzeit wieder von einem überlegenen intuitiven Geschäftsmodell z.B. eines innovativen Wettbewerbers „überholt“ werden kann. Das Risikomanagement besteht aus den Prozessen der Risikoidentifikation, deren Analyse und Bewertung, sowie Handhabung und Überwachung der Risiken des derzeitigen wertorientierten Geschäftsmodells. Zur Risikoidentifikation müssen alle Risiken, die zur Leistungserstellung gehören, in einer Datenbank erfasst und nach potenziellen Risiken gesucht werden. Die meistverbreiteten Methoden zur Risikoanalyse sind Risiko-Workshops, die über bereits identifizierte und drohende Risiken aufklären und ihre Wirkungen zusammenfassen, evtl. eines wertorientierten Portfoliomanagements basierend auf dem Konzernabschluss unter Einbezug der Segmentberichterstattung, sowie der Fragestellung Mergers & Acquisitions oder eigene Forschungs- und Innovationsaktivitäten, FMEA (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse), die meist in Bezug auf die Neuentwicklung von Produkten und Produktionsschwachstellen benutzt wird, Checklisten, die Bestandteil vorgefertigter Fragebögen zur Erkennung allgemeiner leistungswirtschaftlicher Risiken sind, Lagerstruktur- und Umsatzanalysen, die die Bestandsarten, -höhen und Verbrauchsmengen erforschen. Dem Management sind die ABC- und XYZ-Analysen und deren Kombination als Analyseinstrument gegeben. Nach der Risikoidentifizierung erfolgt die Analyse und Bewertung von Risiken. Um Risiken steuern zu können, müssen sie bezüglich der potenziellen Schadenshöhe und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten bewertet werden. Die Risiken werden in zwei Kategorien unterteilt. Demzufolge können Risiken nach Ursachen oder Herkunft und Schadenshöhe kategorisiert werden. Weiterhin können Einzelrisiken getrennt und auch <?page no="157"?> 156 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de deren Kombinationen zusammen betrachtet werden. Zur Einordnung von Risiken sind Risikomatrizen, Risikoprofile und Risikomaps geeignet. Danach können Maßnahmen zur Risikohandhabung getroffen werden. Risiken mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit und hohem zu erwartendem Schaden sind vor allem zu berücksichtigen. Ein erfolgreiches Risikomanagement ist durch seine positiven Auswirkungen auf den Gewinn und den Cashflow gekennzeichnet. Das Risikomanagement vermittelt zwischen Kapitalgebern und Management die Risikopräferenzen, die durch den asymmetrischen Informationsgewinn entstehen, und hilft damit den Shareholder Value positiv zu beeinflussen. Insolvenz eines Teils des Unternehmens oder des Gesamtunternehmens, wenn das Geschäftsmodell im Sinne der Lebenszyklusphilosophie des Strategischen Managements die letzte Phase erreicht hat. Risikomanagement wirkt sich auf die Investitionsplanung eines neuen, intuitiven Geschäftsmodells vorteilhaft aus und stärkt die langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Die inkrementale, strategische Planbarkeit eines Unternehmens wirkt sich positiv auf den erwarteten Ertragsstand der Konzernbilanz aus. Durch die Senkung der risikobedingten Schwankungsbreite der Cashflows werden die Kapitalkosten gesenkt und kann zur Wertsteigerung des Unternehmenswertes führen. Eine langfristige Gewinnerzielung aufgrund eines wertorientierten Geschäftsmodells mit ausreichender Liquidität wirkt auf die Kapitalgeber und auf die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens positiv. Das Risikomanagement eröffnet die Möglichkeit, den nachhaltigen Unternehmenswert zu erhöhen und eine inkrementale Planungssicherheit zu garantieren. Zur Risikobewertung gehört die Analyse der ganzen, internationalen Wertschöpfungskette einer Unternehmung, um alle möglichen Risiken bewerten zu können. Der Wert eines Geschäftsmodells/ Produkts „Auto“ ergibt sich aus mehreren Komponenten, die sich in der Wertschöpfungskette auf unterschiedlichen Stufen befinden. Daher können in einem Industriebetrieb Risiken entlang der ganzen Wertschöpfungskette auftreten. <?page no="158"?> 5.8 Unternehmensbewertung nach dem Shareholder-Value-Ansatz 157 uvk.de Das Ziel der Risikohandhabung ist die Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit und des Ausmaßes der Schäden. Bei ursachenbezogenen Risiken wird nach solchen Maßnahmen gesucht, welche die Ursachen der Risiken beseitigen können. Bei wirkungsbezogenen Risiken werden die Verkürzung des Eintrittsschadens und eine Risikoprävention angestrebt. Eine kontinuierliche Risikoüberwachung muss eine schnelle Reaktion bei Schadenseintritt und die Verkürzung der Schadenshöhe sicherstellen. 5.8 Unternehmensbewertung nach dem Shareholder-Value-Ansatz Unternehmen müssen durch ihre Leistungserstellung im Rahmen eines Geschäftsmodells einen zusätzlichen Wert schaffen, der den Unternehmenserfolg aus ökonomischer Sicht vorantreibt. Unter Unternehmenserfolg wird die Erfüllung der Aufgaben, der Bedürfnisse der Kunden, der Mitarbeiter und der Eigentümer sowie der Gesellschaft verstanden. Unternehmen müssen mit dem Einsatz ökonomischer Faktoren nachhaltig Gewinn erzielen, und zwar in Form eines wachsenden Unternehmenswertes. Zur Messung des Unternehmenswerts haben sich verschiedene Methoden etabliert. Aus der Finanzwirtschaft hat sich das Konzept der Wertorientierung, des Shareholder Value nach Rappaport durchgesetzt, das sich an der Unternehmenswertsteigerung orientiert. Das Unternehmensbewertungskonzept geht von den Investitionsaktivitäten eines Unternehmens aus, das daraus seine erzielbaren Cashflows, die Kapitalkosten und das Risiko mathematisch in Beziehung setzt, um eine Messung der Performanz der Unternehmung normativ zu erzielen. Nach dem Shareholder-Value-Ansatz setzt sich der Unternehmenswert aus dem Wert des Eigenkapitals und des Fremdkapitals zusammen. Der Wert des Eigenkapitals wird als Shareholder Value bezeichnet und ist geeignet zur Messung des ökonomischen Werts einer Investition zu beurteilen. Dabei werden die zukünftigen Cashflows des Geschäftsmodells mit dem Kapitalkostenansatz diskontiert. Shareholder Value = Unternehmenswert - Fremdkapital Unternehmenswert = Gegenwartswert des betrieblichen Cashflows während der Prognosen/ Periode + Residualwert + Marktwert handelsfähiger Wertpapiere <?page no="159"?> 158 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de Die Effektivität des Unternehmens kann durch den Vergleich von aktuellem Wert mit dem zu erwartenden künftigen Shareholder Value gemessen werden. Das Shareholder-Value-Netzwerk veranschaulicht das Verhältnis zwischen der gegenwärtigen und strategischen Zielsetzung des Unternehmens, den Bewertungskomponenten und den finanziellen Werttreibern. 208 Die Steigerung des Shareholder Value hängt von den inkrementalen, strategischen Managemententscheidungen zu ihrem Geschäftsmodell ab. Im Rahmen der Financial Supply Chain wird der Shareholder Value durch das Management des Umlaufvermögens und der Kapitalverwendung sowie des Kapitalbedarfs bestimmt. Zur Entscheidungsfindung des Managements werden die Werttreiber analysiert und mit Hilfe der Bewertungskomponenten der Unternehmenswert ermittelt. Die Dauer der Wertsteigerung, die Umsatzwachstumsrate, die betriebliche Gewinnmarge, der Gewinnsteuersatz und die Investitionen ins Anlage- und Umlaufvermögen sowie die Kapitalkosten sind als Werttreiber anzusehen. 209 5.9 Zusammenhang zwischen Working Capital und EVA Das Economic-Value-Added-Konzept (EVA) vermittelt den ökonomischen Unternehmenswert eines Geschäftsmodells und wird als Differenz der Betriebsgewinns (nach Steuern, vor Zinsen) und der Kapitalkosten für Fremd- und Eigenkapital ausgedrückt. Bei dem EVA-Konzept errechnet sich der Unternehmenswert aus der Sicht der Eigenkapitalgeber. 210 Der EVA wird als Geschäftswertbeitrag bezeichnet. Um den Geschäftsbeitrag erhöhen zu können, müssen die Managementprozesse des Working Capital, aber auch das Innovationsmanagement gut beherrscht werden. Der Geschäftsbeitrag kann durch strategische Entscheidungen bzw. Reduzierung der Anlagevermögen beeinflusst werden. 211 208 Vgl. Rappaport (1999), S. 68 209 Vgl. Rappaport (1999), S. 68 210 Vgl. Schmeisser (2008), S. 148f. 211 Vgl. Klepzig (2008), S. 19 <?page no="160"?> 5.9 Zusammenhang zwischen Working Capital und EVA 159 uvk.de Wenn der EVA positiv ist, liegt der Gewinn höher als die Opportunitätskosten einer angestrebten Mindestverzinsung. Weist der EVA einen negativen Wert auf, sind die Opportunitätskosten höher als der Gewinn, was bedeutet, dass es nicht zur Verzinsung des Eigenkapitals kommt bzw. die Investitionen ins Anlage- und Umlaufvermögen die angestrebte Verzinsung nicht erreicht bzw. Vermögen vernichtet wird. Die Daten zur Berechnung des EVA-Konzeptes können dem Konzernjahresabschluss bzw. dem Rechnungswesen entnommen werden. Das EVA-Konzept liefert Informationen über die Steigerung des operativen Ergebnisses. Der EVA führt zur Wertsteigerung, falls die zu erwartende Rendite den Kapitalkostensatz übersteigt. Wenn der Kapitalkostensatz größer als die zu erwartende angestrebte Mindestrendite ist, signalisiert das EVA-Konzept, dass die Investitionen in das Working- Capital (insbes. Umlaufvermögen) profitabel sind. Aus den künftigen erwarteten Barwerten kann der Market Value Added (MVA) berechnet werden. 212 EVA ist eine periodenbezogene Größe und damit mit den Periodenergebnissen des Jahresabschlusses gut vergleichbar. Im Gegensatz dazu bezieht sich der MVA auf einem bestimmten, diskontierten Zeitpunkt. EVA = NOPAT - Kapital × c NOPAT ist der betriebliche Gewinn nach Abzug von Steuern und vor dem Abzug der Zinsen. Das Kapital in der Formel betrifft das betriebsnotwendige Vermögen (investiertes Kapital), das zum Erzielen des NOPAT unerlässlich ist. „c“ ist der gewichtete Kostensatz der Eigen- und Fremdkapitalkosten zu Marktwerten. Die Wertsteigerung kann einerseits durch Umsatzsteigerung des Preismanagements des Marketings, anderseits mit der Beeinflussung des betriebsnotwendigen Kapitals durch die Senkung des Working Capital des Kostenmanagements (Controllings) und des Finanzmanagements (Kapi- 212 Vgl. Krause/ Arora (2008), S. 115 <?page no="161"?> 160 5 Zur organisatorischen Implementierung uvk.de talkosten und Kapitalstruktur der Passivseite der Bilanz) hervorgerufen werden. Eine Steigerung des EVA resultiert aus der Verringerung des gebundenen Vermögens durch die Reduzierung der Vorräte, Verkürzung der Za hl un gs zi el e so wie d en E in be zu g vo n Ku nd en an za hl un ge n, f al ls a lle anderen Faktoren konstant bleiben. Daher stehen die Werttreiber des Working Capital in einer direkten Verbindung zu dem Unternehmenswert. Aus dem Gesamtbarwert aller künftig erwarteten Barwerte des EVA- Konzeptes kann der Market Value Added (MVA) errechnet werden. EVA ist eine periodenbezogene Größe und damit mit anderen Periodenergebnissen gut vergleichbar. Im Gegensatz dazu bezieht sich der MVA auf einen bestimmten strategischen Zeitpunkt. 213 EEn ntts sc chheeiidduunngg üübbeerr ddiiee HHyyp pootth hees see 44 Wenn das Working Capital durch das Management der Forderungen, Verbindlichkeiten und Vorräte reduziert werden kann, wird das gebundene Kapital abnehmen. Der Cash-Conversion-Zyklus kann mit der Steuerung der Kennzahlen des RoI, der Reichweite der Lagerbestände (DIO) und den Außenbestandstagen der Forderungen (DSO) sowie der Außenbestandstage der Verbindlichkeiten (DPO) verkürzt werden. Aus dem DuPont-System kann man ablesen, dass das Working Capital sowohl auf den Return on Investment als auch den Economic Value Added einwirkt. Infolgedessen kann die Reduzierung des Working Capital zur Steigerung der Rentabilität und des Unternehmenswertbeitrags des Geschäftsmodells führen. Weil der Shareholder Value sich aus der Differenz des Unternehmenswerts und Fremdkapitals zusammensetzt, nimmt der Shareholder Value des Eigenkapitals mit zunehmendem Gesamtunternehmenswert zu. Wertschöpfende Maßnahmen bzw. Lean-Management-Techniken befördern die Wertsteigerung und Handhabung der leistungs- und finanzwirtschaftlichen Risiken im bestehenden Geschäftsmodell. 213 Vgl. Metze (2010), S. 53 <?page no="162"?> 5.9 Zusammenhang zwischen Working Capital und EVA 161 Daraus folgt, dass die letzte Hypothese positiv beantwortet werden kann, die besagt: „Wenn das Working Capital Management eine geringe Kapitalbindung ausweist und der Cash-Conversion-Zyklus beschleunigt wird, dann werden der RoI und der Shareholder Value des Geschäftsmodells erhöht und es werden auch die Nebenbedingungen erfüllt, dass die Risiken leistungs- und finanzwirtschaftlicher Sphären des Industrieunternehmens gut inkremental gehandhabt werden können“. <?page no="164"?> 66 BBeewweerrttuunngg vvoonn GGeesscchhääffttssmmooddeelllleenn <?page no="165"?> 164 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Vier Thesen zur (Unternehmens-) Bewertung von Geschäftsmodellen aus betriebswirtschaftlich-methodologischer Sicht: vom „intuitiven Geschäftsmodell“ zum „wertorientierten Geschäftsmodell“: These 1 Um beurteilen zu können, ob eine Geschäftsidee / eine Innovation / ein intuitives Geschäftsmodell für ein späteres Unternehmen erfolgreich wird oder nicht, muss der potentielle Markt eingeschätzt werden. Um beim Beispiel in diesem Buch zu bleiben: Rudolf Diesel hat mit der Erfindung des Autos vor rund 140 Jahren den Wunsch der potentiellen Kunden nach unendlicher Mobilität geweckt, also einen Massenabsatzmarkt entdeckt. Die Identifizierung derartiger „Massenmärkte“ als Voraussetzung für ein erfolgreiches Geschäftsmodell mittels eines Business Plan wird eine Problematik in der Bewertung von Geschäftsmodellen bleiben. Das Canvas-Modell im Rahmen der Identifizierung des intuitiven Geschäftsmodells ist der zweite Baustein, ob es mit den notwendigen und hinreichenden betriebswirtschaftlichen Faktoren zu einer erfolgreichen Unternehmensgründung (Start-up) kommt. In der Betriebswirtschaft wird deshalb, in welcher Form auch immer, als Axiom aller methodologischen, betriebswirtschaftlichen Überlegungen von Geschäftsmodellen, Start-ups und intuitiven Geschäftsideen vom Canvas als Ausgangspunkt von potentiellen Erfolgsmodellen wie dem Industriebetrieb in der Bewertung ausgegangen (vgl. Abbildung 22). Aus dem intuitiven Geschäftsmodell Canvas, das man auch als eine Art Start-up-Gründung modern interpretieren kann, kann man zu allen Arten von innovativen Industrieunternehmen im Sinne von Schumpeter gelangen, um daraus später ein wertorientiertes Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Aus dem Canvas-Modell „Auto von Diesel“ folgen wertorientierte industrielle Unternehmen wie von Ford mit dem Modell T oder VW mit den Käfer und Toyota mit dem Corolla oder demnächst Tesla oder VW mit einem Auto mit Elektromotor und einer fahrerlosen Kabine. Ein Massenmarkt erlaubt eine Massenproduktion und damit ein wertorientiertes Geschäftsmodell. <?page no="166"?> 6 Bewertung von Geschäftsmodellen 165 uvk.de Abb. 22: („Intuitives“) Geschäftsmodell „Canvas“ (in Anlehnung an Osterwalder 2010) These 2 Entwicklung und Aufbau eines Unternehmens: Voraussetzungen von Geschäftsideen, damit sie nachhaltig und zu tragbaren, wertorientierten betriebswirtschaftlichen Geschäftsmodellen werden können, sind: Auf welchen technisch-naturwissenschaftlichen Überlegungen beruht die Geschäftsidee und welchen zukünftigen Nutzen befriedigt sie bei ihren potentiellen Kunden? Können diese durch permanent weitere Geschäftsideen, Grundbausteine wie Batterieherstellung usw. verbreitert werden, u.a. auch durch Patentstrategien? Wer ist der Unternehmer, wer sein Team, das diese Innovationsprozesse und technologischen Prozesse in einem zu gründenden Unternehmen vorantreiben und perfektionieren kann und will? Haben diese Gründer die Motivation, die Ausdauer und den Willen, dies durchzustehen? Start-up-Motivation von Gründern ist, ganz schnell reich zu werden („Get Rich Quick“) <?page no="167"?> 166 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Start-up-Gründer wollen sogenannte „Unicorns“-(Einhorn-)Unternehmen entwickeln, mit einer Mindestbewertung ihres Unternehmens von einer Milliarde Dollar. Für das Gründerteam setzt dies voraus, dass sie eine Geschäftsidee identifiziert haben, die eine Standardisierung, eine schwer imitierbare Marktstrategie durch Patentabsicherung, durch Massenproduktion und Massenabsatz absichern hilft, um so entsprechende Marktanteile, Umsätze und Cash Flows zu erzielen. Hintergrund der Unicorns-Philosophie ist, Marktführer in ihrer Branche zu werden, wie dies z.B. für Facebook, Tesla, Google oder Apple gilt (vgl. Abb. 23). Abb. 23: Axiom: Vom Canvas Modell/ Startup zum intuitiven Geschäftsmodell Industriebetrieb These 3 Eine Marktführerschaft muss angestrebt und erzielt werden, Skaleneffekte/ Erfahrungskurveneffekte und Synergieeffekte im Sinne des Portfoliomanagements müssen realisiert werden und durch ein umfassendes Rechnungswesen mittels Break-Even-Analyse, Target Costing, Prozesskostenrechnung und Stufendeckungsbeitragsrechnung verfolgt und belegt werden. Parallel müssen Investitionspläne entwickelt, Fabriken gebaut und Logistiksysteme durch viele kleine Teilprojekte angedacht und implementiert werden (Abb. 24 und 25). Metapher „Motor Unternehmen springt wegen Geschäftsidee an“ Bewertung des ERFOLGSMODELLS: Vom intuitiven zum wertorientierten Industriebetrieb Gewerbetreibende Industriebetriebe Handel von wertorientierten Geschäftsmodellen Kapitalmärkte und Banken • Gibt es eine tragfähige und nachhaltige Geschäftsidee (Z.B. Elektroauto Tesla) • Verkaufsfähige Idee, die gewinnbringend veräußert werden kann (erhöht den Lebensstandard der Konsumenten) Geschäftsidee ist durch neue Technologien, Werkstoffe, Materialien, Digitalisierung, Produktivitätssteigerungen erweiterbar bzw. durch komplementäre Geschäftsidee und Geschäftsmodelle zu verbessern • Absicherung der Massenproduktion und des Massenverkaufs im In- und Ausland • Faire Einkaufs- und Verkaufsbedingungen zur Kalkulationssicherheit • Gefahr, die Geschäftsmodelle durch politisch-volkswirtschaftliche Aktivitäten von Großunternehmen und/ oder Staaten zu verlieren (z.B. schützt Japan die japanische Automobilindustrie dadurch, dass sie Toyotas Massenproduktion und Massenabsatz durch Export absichert und durch eine restriktive Gesetzgebung die Gründung eines ausländischen Autobilmobilbetriebes, dessen Produktion und Absatz in Japan zu unterbinden versucht). • Absicherung von langfristigen, risikoorientierten, wertorientierten Geschäftsmodellen z.B. durch Börsengänge („Unicorns“), um dadurch Eigenkapital zu beschaffen und Investitionen in das Geschäftsmodell zu tätigen. <?page no="168"?> 6 Bewertung von Geschäftsmodellen 167 uvk.de Abb. 24: Einsatz der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes des wertorientierten Geschäftsmodells bei Massenproduktion und Massenabsatz und deren Auswirkungen auf das Rechnungswesen Abb. 25: Bewertung von Geschäftsmodellen Zusammenhang zwischen Buchhaltung und dem sonstigen Rechnungswesen Beschaffung Forschung und Entwicklung sowie Produktion Absatz Portfoliomanagement (BSC) und dessen monetäre Wirkungen auf Controlling Investition und Finanzierung Suche nach „Gesetzmäßigkeiten“ im Strategiebereich, um Kosten zu senken (Erfahrungskurve) Buchhaltung (Datenbasis) z.B. Skaleneffekte/ Erfahrungskurve Senkung der Kosten und der Preise, um Marktführer zu werden Buchhaltung Inventur/ Inventar Eröffnungsbilanz Aktiv-/ Passivkonten Eigenkapital Gewinn- und Verlustrechnung Privatkonten/ Gesellschafterkonten Abschlussbuchungen Inventur/ Inventar/ Schlussbilanz/ Eröffnungsbilanz Kosten- und Leistungsrechnung (Controlling) Finanzierung und Investition Kostenartenrechnung (Aufwendungen werden zu Kosten, Systematik der Kostenarten/ Modell: Break-Even-Analyse) Kostenstellenrechnung (Wirtschaftlichkeit der Kostenstelle) Kostenträgerrechnung (Preispolitik des Produkts) z.B. Innenfinanzierung Ableitung der Cashflows zu einer Kapitalflussrechnung z.B. Cash-Management/ Finanzplanung z.B. zukünftige Ein- und Auszahlungsströme zu prognostizieren Diskontierung von Cashflows zur Unternehmensbewertung und zur Sicherung der Außenfinanzierung durch Börsengang, um Eigenkapital zu beschaffen und Investitionen abzusichern unter Berücksichtigung der Steuern <?page no="169"?> 168 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de These 4 Es muss ein Shareholder Value für das Geschäftsmodell bei potentiellen Investoren geschaffen werden, um das Unternehmen erfolgreich an die Börse zu bringen. Nur dadurch ist die Eigenkapitalfinanzierung gesichert sowie die Finanzierung für die Investitionen für den Unternehmensaufbau, der wahrscheinlich über die nächsten 2 bis 10 Jahre dauert, um ein erfolgreiches Unternehmen auf der „grünen Wiese“ zu entwickeln. Hinzu kommt, dass nur durch den Börsengang und das Eigenkapital eine permanente Insolvenz in den nächsten Jahren während des Aufbaus des Unternehmens vermieden werden kann. Es kann zusätzliches Fremdkapital aufgenommen werden und Tilgung, Zinsen und Dividendenzahlungen (Cash Flows) können garantiert werden (Abb. 26 und 27). Abb. 26: Bewertung von Geschäftsmodellen im Industriebetrieb: Vom intuitiven Geschäftsmodell zum wertorientierten Geschäftsmodell Innovations- und st ra te gi eo ri en tie rt es V or ge he n Handel Börse (1) Geschäftsidee ausbauen durch Forschung und Entwicklung und Patentstrategien (2) Kauf von Geschäftsmodellen zur Komplementarität des eigenen Geschäftsmodells (3) Erlangen des Monopols oder einer oligarchischen Marktführerschaft durch permanente „Vernichtung der Konkurrenten im Wettbewerb“ (4) Verkauf des Geschäftsmodells an Wettbewerber • Sicherung von Rohstoffen, Materialien und immateriellen Wirtschaftsgüter durch Verträge • Import- und Exportschutz • Faire Import- und Exportgeschäfte (künstliche Preissenkung bei Stahl durch China, um weltweit ein altes Geschäftsmodell zu übernehmen) • Faire Währungsparitäten • Keine Staatsinterventionen (Steuererleichterung, Subventionen) Sicherung der Eigenkapitalfinanzierung durch Unternehmensbewertung, Portfoliomanagement und Börsengänge <?page no="170"?> 6.1 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes 169 uvk.de Abb. 27: Bewertung von Geschäftsmodellen Im Folgenden wird auf These 4 konkret eingegangen: Grundsätzliches zu Shareholder Value. 6.1 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes Die Idee der marktwertorientierten Unternehmensführung - allgemein auch als Shareholder Value-Ansatz, Wertmanagement-Ansatz, Wertsteigerungsansatz oder wertorientierte Unternehmenssteuerung charakterisiert - lässt sich bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts rekonstruieren. Besondere Bekanntheit gewann diese Idee aber im Jahre 1986 mit dem Erscheinen des Buches „Creating Shareholder Value“ von Alfred Wertorientiertes Geschäftsmodell z.B. Toyota Handel einschließlich Staatsaktivitäten Börse mit Staat • Geschäftsidee Corolla bei Toyota: VW-Käfer, aber gleicher Preis für den amerikanischen Markt, dreimal so großer Motor, Innenausstattung, bei gleicher Kostenstruktur • Massenabsatz durch Massenproduktion und Qualitätsmanagement im Innovationsprozessmanagement entwickeln • Strategie gemäß Portfoliomanagement, Lebenszyklus und Erfahrungskurve realisieren • Controlling mittels Stufendeckungsbeitragsrechnung, Target Costing und Prozesskostenrechnung • Implementierung in der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes • Inkrementales, strategisches Innovationsmanagement mittels agiler Wissens- und Organisationsstrukturen von Mitarbeitern • Absicherung von Toyotas Exportaktivitäten mittels staatlicher Unterstützung • Importquote von ausländischen Wettbewerbern niedrig halten, z.B. durch staatlichrechtliche Bestimmungen • Gründungsaktivitäten von ähnlichen Geschäftsmodellen durch staatlichrechtliche Bestimmung verhindern lassen • Staatshilfe und Steuerhilfe bei der Eigenfinanzierung • Börsengang als Mittel der Eigenkapitalbeschaffung, um Investitionen tätigen zu können sowie die Insolvenzproblematik permanent zu umgehen Canvas-Modell als Axiom eines intuitiven und wertorientierten Geschäftsmodells INDUSTRIEBETRIEBE <?page no="171"?> 170 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Rappaport, der den Discounted Cash Flow (DCF) dem Shareholder Value zugrunde legte. 214 Der Ausgangspunkt des Shareholder Value-Ansatzes beruht auf der grundsätzlichen Überzeugung, dass die Maximierung des Marktwerts des Unternehmens für die Anteilseigner die primäre Zielsetzung der Unterneh me ns le it un g se i: „ Co rp ora te M issio n St atem en ts p ro cl ai mi ng t ha t th e primary responsibility of management is to maximize shareholder’s total return via dividends and increases in the market price of the company’s shares around.“ 215 Nach diesem von Rappaport entworfenen Unternehmensleitbild fühlt sich die Unternehmensleitung unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der vertraglichen Vereinbarungen nur den Eigentümern des Unternehmens gegenüber verantwortlich. 216 Das Management hat sich bei seinen Entscheidungen an den finanziellen Zielen der Aktionäre auszurichten, die dann eine angemessene Rendite des zur Verfügung gestellten Kapitals erwarten. Um die Managementleistung besser zu bewerten, benutzt Rappaport den Discounted Cash Flow- Ansatz, ein finanzmathematisches Berechnungsverfahren auf der Grundlage diskontierter Einnahmenüberschüsse. Der Shareholder Value-Ansatz entwickelte sich aus der praktischen Erfahrung, dass die traditionellen buchhalterischen Kennzahlen aus der Sicht des Aktionärs (Shareholder) unzureichende Indikatoren für den Unternehmenserfolg sind. In der Kritik standen sowohl der Gewinn als Performance-Maß als auch die aus ihm abgeleiteten relativen Kennzahlen. Das sind z.B. die Rentabilität des Eigenkapitals (Return on Equity, ROE) und die Rentabilität des investierten Kapitals (Return on Investment, ROI). 217 Außerdem suchte man nach entsprechenden Anreizmechanismen, um die fortwährenden Interessenkonflikte zwischen Management und Anteilseignern zu beseitigen. 218 Diese Interessenkonflikte ergeben sich - damals wie heute - immer dann, „wenn der angestellte Manager als Agent eigene Ziele zu Lasten der Anteilseigner als seine 214 Vgl. Schmeisser (2010), S. 21 215 Rappaport, A.: Shareholder; (1986); S. 1 216 Vgl. Busse von Colbe, W.: Shareholder Value; (1997); S. 272 217 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 15 ff. 218 Vgl. Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung; (1995); S. 121 <?page no="172"?> 6.1 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes 171 uvk.de Principals verfolgt.“ 219 Der Shareholder Value-Ansatz kann demzufolge u.a. auch als Performance- und Entlohnungsmaßstab dienen, um die Entscheidungen der Führungskräfte wirksamer an den Interessen der Eigentümer auszurichten. 6.1.1 Dimensionen des Shareholder Value-Ansatzes Obwohl sich der Shareholder Value-Ansatz mittlerweile bei vielen Unternehmen als Zielsetzung durchgesetzt hat, wird er selten richtig verstanden, richtig angebracht oder - in der Unternehmensführung - richtig umgesetzt. Der Shareholder Value ist mehr zum Modebegriff geworden. Um ein eindeutiges Verständnis vom Shareholder Value-Ansatz zu bekommen, untergliedert Hostettler den Begriff in zwei Dimensionen: Shareholder Value verstanden als Finanzgröße; Shareholder Value verstanden als Handlungsmaxime. 220 6.1.2 Shareholder Value als Finanzgröße Als Finanzgröße beschreibt der Shareholder Value den Aktionärsnutzen, der sich primär aus dem Halten von Aktien an einem Unternehmen ergibt. Wenn man die Aktie als Objekt der Investition betrachtet, können für die Bewertung des Werts von Aktieninvestitionen die gleichen Kriterien wie für die Bewertung von Investitionsprojekten einbezogen werden. Der Aktieninhaber beurteilt sein Engagement demnach aus Sicht der ihm in der Zukunft zufließenden Zahlungen. Hostettler definiert den Shareholder Value als den Wert in Gegenwart aller zukünftigen Nettoeinnahmen des Investors (Aktionärs). Aus diesem Grund nimmt er zu gleicher Zeit eine Abgrenzung zwischen den „Nettoausschüttungen des Unternehmens“ und den „Nettoeinnahmen des Investors“ vor. 221 Die Definition Hostettlers ist daher breiter gefasst als die Auslegung, dass der Shareholder Value nur von Dividenden und Kurssteigerungen bestimmt wird. Unterstellt man die Existenz eines effizienten Kapitalmarkts, auf dem die Bezeichnung mit dem Barwert der künftigen Zahlungen bewer- 219 Vgl. Bischoff, J.: Shareholder Value-Konzept; (1994); S. 4 220 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 22 f. 221 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 23 <?page no="173"?> 172 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de tet wird, so entspricht der Shareholder Value auch dem Marktwert des Eigenkapitals. 222 Der Shareholder Value, im Falle von börsennotierten Unternehmen, ergibt sich einfach aus der Multiplikation des aktuellen Aktienkurses mit der Anzahl der Aktien. Werden Überbzw. Unterbewertungen durch de n Ak ti enm ar kt e rw ar te t, s o ka nn im R ah me n de r fu nd am en tal en An alyse der Aktien der Shareholder Value auf der Basis von Unternehmensdaten berechnet bzw. annähernd ermittelt werden. Diesbezüglich wird z.B. das unter dem Titel des Shareholder Value-Ansatzes bekannt gewordene Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF) verwendet. 6.1.3 Value als Handlungsmaxime Bei der Anwendung des Shareholder Value-Ansatzes als Handlungsmaxime steht die Frage im Vordergrund, welche Größen das Management beeinflussen soll, um den Shareholder Value zu maximieren, denn „Ansätze zur Steigerung des Shareholder Value gehen über eine reine Umsatz- oder Gewinnmaximierungsstrategie hinaus“. 223 In der Literatur werden zur Beantwortung dieser Frage verschiedene Möglichkeiten dargestellt. Nach Rappapport kann die Unternehmensführung den Shareholder Value mittels Entscheidungen im operativen Bereich, im Investitionsbereich und im Finanzierungsbereich effektiv beeinflussen. 224 Dazu können aus Kapitalmarktsicht noch die Bereiche der Informations- und Kommunikationsentscheidungen ergänzt werden. 225 6.2 Discounted Cash Flow-Methode Auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung wird in Deutschland traditionell das Ertragswertverfahren bevorzugt. Seit einigen Jahren wird im 222 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 1 223 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 27 224 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 67 f. 225 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 27 f. <?page no="174"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 173 uvk.de Zuge von grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen und der Internationalisierung der Kapitalmärkte in Deutschland zunehmend die Discounted Cash Flow-Methode für die Bewertung von Unternehmen herangezogen. Das Verfahren stammt ursprünglich aus der anglo-amerikanischen Bewertungspraxis und wird sowohl für die Unternehmensbewertung eingesetzt. Mit Verabschiedung der aktualisierten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertung des IDW ist die DCF-Methode in Deutschland gleichberechtigt neben dem Ertragswertverfahren für die Unternehmensbewertungen durch die Wirtschaftsprüfer anerkannt. 226 6.2.1 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze Die Grundidee der DCF-Methode liegt darin, den effektiven Wert einer Unternehmung aus den Barwerten zukünftig zu erwartende Rückflüsse, also Free Cash Flow zu ermitteln. 227 Die Cash Flows stellen erwartete Zahlungen an die Kapitalgeber dar, die je nach Verfahren unterschiedlich definiert sind. 228 Für die Höhe des Diskontierungssatzes sind die Renditeforderungen der Kapitalgeber maßgeblich, wobei die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber aus kapitalmarkttheoretischen Modellen (z.B. CAPM) abgeleitet werden. 229 Bei der Berechnung des Unternehmenswertes werden die Investitionstheorie und die moderne Kapitalmarkttheorie in das Kapitalwertkalkül integriert. Als Resultat der Unternehmensbewertung wird der Marktwert des Gesamtkapitals bzw. der auch als Shareholder Value bezeichnete Marktwert des Eigenkapitals berechnet. Innerhalb der DCF-Methode lassen sich unterschiedliche Modellansätze differenzieren, die sich je nach Definition der bewertungsrelevanten Cash Flows und der rechnerischen Erfassung der Steuervorteile (Tax Shields) der Fremdkapitalfinanzierung unterteilen lassen. Die Grundeinteilung des DCF-Methode findet nach dem Kriterium der Ermittlung des Eigenkapitalwertes in Entity- und Equity-Ansatz statt. Beim Entity-Ansatz wird der Gesamtunternehmenswert aus Eigen- und 226 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 357 227 Vgl. Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung; (2003); S. 359 ff. 228 Vgl. IDW, Standard; (2000); S. 837 229 Vgl. Mandl G., Rabel K.: Unternehmensbewertung; (1997); S. 286 <?page no="175"?> 174 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Fremdkapitalgeber ermittelt, und beim Equity-Ansatz der Unternehmenswert aus der Sicht der Eigenkapitalgeber. Üblich ist für Entity- Ansatz auch die Bezeichnung als Bruttomethode und für Equity-Ansatz die Bezeichnung als Nettomethode. Der Adjusted Present Value-Ansatz (APV) und der Ansatz mit gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) sind typische Bruttoverfahren. Der Unterschied dieser Ansätze liegt im Wesentlichen in der Berücksichtigung des Steuervorteils (Tax Shield) bei der Fremdkapitalfinanzierung 230 . Abbildung 28 stellt die verschiedenen Ansätze übersichtlich dar. Abb. 28: Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze 231 230 Vgl. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 557 f. 231 in Anlehnung an Schmeisser: Einführung in die Unternehmensbewertung, (2008), S. 134; Schultze, (2003), S. 30; Nowak, (200), S. 38 Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF-Methode) Bruttomethode (Entity-Ansatz) Nettomethode (Equity-Ansatz) Adjusted Present Value-Ansatz (APV-Ansatz) Weighted Average Cost of Capital (WACC-Ansatz) Berücksichtigung Tax Shield im Nenner: Free Cash Flow- Verfahren (FCF-Methode) Berücksichtigung Tax Shield im Zähler: Total Cash Flow- Verfahren (TCF-Methode) Berücksichtigung der separaten Komponenten Berücksichtigung im Zähler Wert bei vollständiger Eigenkapitalfinanzierung Marktwert des Steuervorteils Unternehmensgesamtwert Fremdkapitalwert Eigenkapitalwert <?page no="176"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 175 uvk.de Adjusted Present Value-Ansatz, Entitybzw. WACC-Ansatz und Equity- Ansatz führen bei identischen Annahmen über die Entwicklung des Bestandes des Fremdkapitals zum selben Ergebnis. Es ergeben sich für die einzelnen Verfahren unterschiedliche Unternehmenswerte wenn in der Realität diese Annahmen nicht erfüllt werden. 232 6.2.2 Entitybzw. WACC-Ansatz (Bruttoverfahren) Bei den Bruttoverfahren (Entity-Ansatz) wird der Eigenkapitalwert in zwei Schritten berechnet. Als erstes wird der Marktwert des Gesamtkapitals (𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) des zu bewertenden Unternehmens bestimmt. Im zweiten Schritt wird der Marktwert des Eigenkapitals (𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) ermittelt. Dazu wird von dem Marktwert des Gesamtkapitals (𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) der Marktwert des Fremdkapitals (𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) subtrahiert. Die Formeln (1), (2), (3) und (4) geben diesen Zusammenhang wieder und verdeutlichen zugleich die Berechnung der einzelnen Komponenten. Mit dem WACC-Ansatz, dem APV-Ansatz und dem TCF-Ansatz existieren drei Varianten der Bruttoverfahren, die sich in der Berücksichtigung des Tax Shield unterscheiden. Der Weighted Average Cost of Capital (WACC)-Ansatz ist das in der Praxis am weitesten verbreitete Bruttoverfahren. Mit dem WACC-Ansatz wird versucht, den Marktwert des Gesamtkapitals eines Unternehmens durch die Diskontierung der gesamten Kapitalgeber zur Verfügung stehenden Free Cash Flow (FCF) mit dem gewogenen durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) zu ermitteln. In diesem Ansatz werden im Diskontierungssatz die Steuerwirkungen des Fremdkapitals berücksichtigt. Im Hinblick auf die Art der Erfassung steuerlicher Aspekte wird zwischen zwei WACC-Ansatz-Varianten unterschieden: Steuerberücksichtigung im Nenner (FCF-Methode) und Steuerberücksichtigung im Zähler (TFC-Methode). 233 Die Zählergröße Free Cash Flow ist analog wie bei der des APV-Ansatzes und sichert somit die Finanzierungsneutralität. Einflüsse aus der Kapitalstruktur spiegeln sich in den Cash Flows des Fremdkapitals und im Kalkulationszinsfuß wider. Der Unterschied zum APV-Ansatz ist grundsätzlich die weniger trennscharfe Separierung der einzelnen Komponenten des Unternehmenswertes. 232 Vgl. Hachmeister, D.: Finanzierung; (1996); S. 260. 233 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 8 f. Mandl G., Rabel K.: Unternehmensbewertung; (1997); S. 38 ff., 316 ff., 334 f. <?page no="177"?> 176 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Der Gesamtkapitalwert ermittelt sich nach wie folgt: 234 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐶𝐶𝐹𝐹 (1 + 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 (𝑍𝑍𝑍𝑍𝑤𝑤𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑤𝑤𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ) 𝑡𝑡 𝑍𝑍 𝑡𝑡=1 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 𝐶𝐶𝐹𝐹,𝑇𝑇 (1 + 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ) 𝑇𝑇 (1) mit RW = Restwert n = Dauer der Detailplanungszeitraums T = Endzeitpunkt des Planungsraums. Danach erfolgt die Berechnung des Marktwerts des Fremdkapitals mit der folgenden Formel: 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 (1 + 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 (2) Im letzten Schritt erhält man den Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert), indem man das Fremdkapital vom Marktwert des Gesamtkapitals abzieht: 235 1 𝑈𝑈𝑅𝑅 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 (3) 2 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛ℎ 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 3 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 4 = ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (1+ 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 (𝑍𝑍𝑍𝑍𝑤𝑤𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑤𝑤𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 − ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 (1+𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 (4) 234 Vgl. Schmeisser, W.; Zündorf, H.; Eckstein, P.; Krimphove, D.: Einführung in die Unternehmensbewertung; (2008); S. 143. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 8 f. 235 Vgl. Schmeisser, W.; Zündorf, H.; Eckstein, P.; Krimphove, D.: Einführung in die Unternehmensbewertung; (2008); S. 143. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 8 f. <?page no="178"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 177 uvk.de mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛ℎ 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = Unternehmenswert nach WACC-Ansatz unter Berücksichtigung des FCF-Ansatzes 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = M arktwert des Eigenkapitals unter Berücksichtigung des FCF-Ansatzes 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Gesamtkapitals 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Fremdkapitals 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑖𝑖𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Free Cash Flow vor Zinsen in der Periode t 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 = Cash Flow an die Fremdkapitalgeber in Periode t 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 = risikoäquivalente Renditeforderung der Fremdkapitalgeber 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 (𝑖𝑖𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑖𝑖𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) = durchschnittlicher, gewogener Kapitalkostensatz inklusive Steuerwirkungen des Fremdkapitals (Tax Shield). 6.2.3 Ermittlung der Free Cash Flows (FCF) Sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der Unternehmenspraxis wird der Cash Flow auf unterschiedliche Weise definiert. Röösli definiert folgendermaßen: „Unter dem Free Cash Flow wird derjenige Cash Flow verstanden, der dem Unternehmen maximal entzogen werden könnte, ohne dessen Substanz zu beeinträchtigen.“ 236 Schultze beschreibt Free Cash Flows als betriebliche Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen frei vorhanden sind, um sie zur Befriedigung der Ansprüche der Investoren zu verwenden, nachdem alle nötigen Investitionen getätigt wurden. 237 In der Unternehmensbewertung stellt der Free Cash Flow das zentrale Element auf Basis eines ausgebauten DCF-Verfahrens dar. Deswegen ist eine genaue und ausführliche FCF-Planung unvermeidbar, um ein befriedigendes Endresultat zu erlangen. Der den Berechnungen der DCF- Verfahren zugrundeliegende Free Cash Flow unterscheidet sich vom 236 Röösli, B.: 1000 Fragen und Antworten zum Rechnungswesen; (2002); S. 247 237 Vgl. Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung; (2003); S. 89, S. 98 f. <?page no="179"?> 178 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de betrieblichen Cash Flow in diesem Sinne, dass dessen betrieblich bereits disponierte Bestandteile wieder entfernt werden. 238 Bei der Anwendung der DCF-Methode wird der Cash Flow vor Zinsen und Steuern mit der indirekten Methode auf Basis von Bilanzen-Plan sowie Plan-Gewinn und Verlustrechnungen erstellt. In Anlehnung an Vo l ka rt u nd H om me l wi rd f ol ge nd e Er mi ttl un g de s Fr ee Ca sh F lo w dargestellt: 239 Operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) - Steuern auf das Ergebnis = NNOOPPAATT + Abschreibungen/ Zuschreibungen - Investitionen ins Anlagevermögen - Investitionen ins Nettoumlaufvermögen = FFrreee e C Caa ssh h FFllooww ( (EEnnttiit tyy- -BBrru uttttoo)) +/ - Veränderungen des Net Working Capital +/ - Investitionen/ Desinvestitionen im Anlagevermögen == FFrreee e C Caa ssh h FFllooww ( (EEqquuiitty y- -NNeettt too) ) Der hergeleitete Free Cash Flow wird mittels des Bruttoverfahrens für die Berechnung des Wertes eines Unternehmens verwendet. Dabei muss beachtet werden, dass das Unternehmen zu hundert Prozent mit Eigenkapital finanziert wird. 6.2.4 Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten (WACC) Die gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten repräsentieren die risikoäquivalenten Renditeforderungen der Unternehmenseigner und der Fremdkapitalgeber. Sie werden mit den entsprechenden Eigenbzw. Fremdkapitalquoten zu Marktwerten gewichtet. Da die zur Berechnung benötigten freien Cash Flows unter der Annahme eines (fiktiven) unver- 238 Vgl. Pape, U.: Wertorientierte Unternehmensführung und Controlling; (1997); S. 102 239 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 308. Hommel, M.; Dehmel, I.: Unternehmensbewertung; (2013), S. 305 <?page no="180"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 179 uvk.de schuldeten Unternehmens ermittelt wurden, sind die Fremdkapitalkosten zusätzlich um die erzielbare Entlastung, die aus deren steuerlicher Abzugsfähigkeit entsteht (Tax Shield), zu kürzen. Bei unmittelbarer Typisierung ist ebenfalls die persönliche Ertragsteuerbelastung der Alternativinvestition in die Eigenkapitalkosten einzubeziehen. 240 Der Kapitalkostensatz 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 (𝑖𝑖𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑖𝑖𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ergibt sich aus den mit der Kapitalstruktur gewichteten Kosten für das Eigen- und Fremdkapital. Die Kapitalkostenformel unterstellt analog zum APV-Ansatz ein einfaches Gewinnsteuersystem. Die Berechnung des Kapitalkostensatzes wird nach der Formel (5) berechnet: 241 5 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 ( 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑖𝑖𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖 ) = 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐺𝐺 ∙ ( 1 − s ) ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 +𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 + 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 +𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 ∙ 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑤𝑤ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 6 = 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐺𝐺 ∙ ( 1 − s ) ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 + 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑅𝑅 ∙ 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑤𝑤ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 (5) mit 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 = R enditeforderung der Eigentümer eines verschuldeten Unternehmens s = Unternehmenssteuersatz Ein Vergleich der Formeln zur Ermittlung des Gesamtkapitalwertes (siehe Formel (1)) und der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten lässt erkennen, dass die gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten nur bei Kenntnis der Marktwerte des Eigen-und Fremdkapitals ermittelt werden können. Diese hängen ihrerseits jedoch wieder von den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten ab. Somit besteht beim WACC- Ansatz grundsätzlich ein Zirkularitätsproblem, das jedoch leicht durch mathematische Iteration behoben werden kann. 242 240 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 363 241 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 362 ff. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 570 ff. 242 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 365 <?page no="181"?> 180 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Die Berechnung des Unternehmenswertes ist relevant, falls es um den Kauf oder Verkauf des gesamten Unternehmens oder einzelner Unternehmensteile (Geschäftsmodell) geht. Für Investoren ist das im weitesten Sinne eine Anlage ihres Vermögens mit einer bestimmten Renditeerwartung. Aus diesem Grund ist es nötig, überhaupt einen WACC-Ansatz zu ermitteln. Weil es jedoch viele verschiedene Bewertungsmethoden gibt, die für die Ermittlung eines Unternehmenswertes herangezogen werden können, ist eine richtige Berechnung nahezu unmöglich. Es kann beim Börsengang lediglich eine Wert-Zone ermittelt werden. Die Anwendung des Bruttoverfahrens (Entity-Ansatz) auf Basis von Free Cash Flow ist mit gewissen Vor-und Nachteilen verbunden: VVo orrt teeiillee Es ist eine der international anerkannten Unternehmensbewertungsmethoden. Free Cash Flows sind als Grundlage der Unternehmensbewertung bestens geeignet, da sie unabhängig von der nationalen Rechnungslegung sind. 243 NNaacchhtte ei illee Es kann ein Zirkularitätsproblem bei der Berechnung der WACC entstehen. Es kann zu Bewertungsfehlern kommen, wenn in der Zukunft die Kapitalstruktur als konstant angenommen wird. Der Ansatz kann zu Ergebnisverzerrungen führen, wenn die tatsächliche Kapitalstruktur der Unternehmung mit der vorgegebenen Zielkapitalstruktur nicht übereinstimmt. 244 Die Planung des zukünftigen freien Cash Flows ist in der Praxis z.T. sehr kompliziert. 243 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 44 244 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 333 <?page no="182"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 181 uvk.de Auf den Gesamtwert einer Unternehmung hat der Restwert sehr große Auswirkung, i.d.R. ca. 80% des Gesamtwertes. 245 6.2.5 Adjusted Present Value-Ansatz Das Konzept APV ist für die Erfassung komplexer Steuerwirkungen und für die Bewertung von Unternehmen mit stark veränderlicher Kapitalstruktur geeignet. 246 Bei diesem Ansatz besteht die Idee in der Zerlegung und isolierten Bewertung der Zahlungsströme des Unternehmens. Der Unternehmenswert wird komponentenweise berechnet. Den grundsätzlichen Aufbau des APV-Ansatzes zeigen die Bewertungsformeln (6) und (7). Dabei ist die Formel (7) eine Spezifikation von (6). In diesem Zusammenhang wird ein Unternehmen unterstellt, das sich mit Eigen- und Fremdkapital finanziert, wobei ein einfaches Steuersystem mit dem Steuersatz s gilt. Zuerst wird die erste Komponente des APV-Ansatzes der Marktwert eines (theoretisch) unverschuldeten Unternehmens berechnet ( 𝑉𝑉 𝑢𝑢 ). Es wird eine vollständige Eigenfinanzierung aller operativen Tätigkeiten angenommen. Nachfolgend werden die Wertbeiträge der Fremdfinanzierung über die zweite Komponente berücksichtigt und mit 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 beschrieben. Es handelt sich um die Kaptalstruktur, für die sich das Unternehmen entschieden hat. Aus 𝑉𝑉 𝑢𝑢 und 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 ergibt sich der Marktwert des Gesamtkapitals ( 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ), der zur Ermittlung des eigentlichen Unternehmenswertes um den Marktwert des Fremdkapitals gemindert wird 247 : 7 8 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 9 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 10 = 𝑉𝑉 𝑢𝑢 + 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 (6) 245 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 44 246 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 9 247 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 9 f. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 365 f.. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 378 ff. <?page no="183"?> 182 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Mittels der Formel (7) ist erkennbar, welche Größen zur Bewertung mit Hilfe des APV-Ansatzes bekannt sein müssen: 11 12 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 13 = ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (1+𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑢𝑢𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑤𝑤ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 + ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑇𝑇𝑆𝑆 𝑡𝑡 (1+𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 − ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 ( 1+𝑖𝑖 𝐹𝐹𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 (7) mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = Unternehmenswert nach APV-Ansatz 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Eigenkapitals 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Gesamtkapitals 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Fremdkapitals 𝑉𝑉 𝑢𝑢 = Wert des unverschuldeten Unternehmens 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 = Wert des Tax Shields (Steuervorteil) aufgrund der Kapitalstruktur 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑖𝑖𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Free Cash Flow vor Zinsen in der Periode t (bei vollständiger Eigenfinanzierung) 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑇𝑇𝑆𝑆 𝑡𝑡 = Cash Flow aus dem Tax Shields (Steuervorteil) in Periode t 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 = Cash Flow an die Fremdkapitalgeber in Periode t 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑢𝑢𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 = Eigenkapitalrendite beim unverschuldeten Unternehmen 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 = risikoäquivalente Renditeforderung der Fremdkapitalgeber Der Adjusted Present Value-Ansatz hat folgende Vorteile: VVoorrtteeiillee Die Wertbeiträge der Finanzierungsseite werden anschaulich dargestellt. Bei der Bewertung werden die Steuereffekte mitberücksichtigt. 248 248 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 48 <?page no="184"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 183 uvk.de Aber auch einige Nachteile: NNaacchhtteeiillee Der Ansatz wird in der Praxis sehr selten angewendet. 249 Am Ende der Planungsperiode wird der Fortführungswert sehr beeinflusst. Die Anwendung des CAPM ist sehr kompliziert. 250 6.2.6 Equity-Ansatz (Nettoverfahren) Der Equity-Ansatz ist die einzige Variante innerhalb der DCF-Verfahren, die den Marktwert des Eigenkapitals direkt bestimmt. Es werden nur die Einnahmeüberschüsse diskontiert, die allein den Eigenkapitalgebern des Unternehmens zur Verfügung stehen und als „Flow to Equity“ oder Nettoverfahren bezeichnet werden. 251 Ermittlung der Cash Flows an die Eigenkapitalgeber Im Rahmen der Ermittlung der „Flow to Equity“ (FTE) werden die Free Cash Flows um die periodenspezifischen Zahlungen an die Fremdkapitalgeber verkürzt. Genau das unterscheidet den Equity-Ansatz vom WACC-Ansatz. Was bedeutet, dass bei der Berechnung die künftigen Fremdkapitalzinsen und die daraus resultierenden Steuerwirkungen zu berücksichtigen sind. Weiterhin sind Kreditaufnahmen hinzuzurechnen und Tilgungszahlungen abzuziehen. Kreditaufnahmen müssen die „Flow to Equity“ erhöhen, da zu beachten ist, dass die Cash Flows an die Eigenkapitalgeber in den Folgejahren durch die aus der Kreditaufnahme resultierenden Zins- und Tilgungsleistungen wieder verringert werden. 252 Der FTE berechnet sich wie folgt: 253 249 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 333 250 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 48 251 Vgl. Mandl G., Rabel K.: Unternehmensbewertung; (1997); S. 40, S. 367 252 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 415 ff. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 253 Vgl. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 582 <?page no="185"?> 184 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de 14 15 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = ( 𝑋𝑋 𝑡𝑡 − i ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 ) ∙ (1 − s) (8) mit 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = Flow to Equity (Netto-Cash Flow) in der Periode t 𝑋𝑋 𝑡𝑡 = Cash Flow X i = Zinsen 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 = Fremdkapital in der Periode t s = Steuersatz In Rückblick auf die Beziehung 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑖𝑖𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝑋𝑋 𝑡𝑡 ∙ (1 − s) ergibt sich die Verbindung zwischen freiem Cash Flow und Flow to Equity: 16 17 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑖𝑖𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 − i ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 ∙ (1 − s) (9) Ermittlung des Unternehmenswertes Die Cash Flows des Eigenkapitalgebers stehen beim Equity-Ansatz im Vordergrund. Deswegen wird der Wert des Eigenkapitals direkt durch die Diskontierung der für die Eigenkapitalgeber relevanten Cash Flows berechnet und es wird die Eigenkapitalrendite als Kapitalisierungszinsfuß genommen. Der Marktwert des Eigenkapitals beim Nettoverfahren errechnet sich unter Berücksichtigung des Barwertes des nicht betriebsnotwendigen Vermögens wie folgt: 254 18 19 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 20 = ∑ 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 ( 1+𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 + NBV (10) mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 = Unternehmenswert nach Equity-Ansatz (Nettoverfahren) 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = Flow to Equity (Netto-Cash Flow), der nur Eigentümern zur Verfügung steht in der Periode t, 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = Eigenkapitalrendite NBV = nicht betriebsnotwendige Vermögen 254 Vgl. Schacht, U.; Fackler, M. (Hrsg.): Praxishandbuch Unternehmensbewertung; (2009); S. 205 <?page no="186"?> 6.2 Discounted Cash Flow-Methode 185 uvk.de Auch wenn der Equity-Ansatz eine geringe Komplexität als der Entity- Ansatz hat, führt eben diese fehlende Trennung von Finanz- und Leistungsbereich zu dem Nachteil, dass der finanzielle und der operative Bereich schon im Bewertungskalkül miteinander vermischt werden und eine transparente Darstellung der Komponente der Bewertung nicht vorgenommen wird. Es ist zu konstatieren, dass der Equity-Ansatz der Ertragswertmethode sehr ähnlich ist. Der Diskontierungsfaktor wird beim Equity-Ansatz kapitalmarktorientiert bestimmt, im Gegensatz zu den subjektiv geprägten Renditeansprüchen der Investoren im Rahmen des Ertragswertverfahrens. Vor- und Nachteile des Nettoverfahrens (Equity-Ansatz) im Überblick: VVoorrtte eiillee Er ist leicht nachvollziehbar. Der Shareholder Value wird direkt berechnet. 255 Er wird mehr akzeptiert als der Entity-Ansatz, da er eine moderne Interpretation des Ertragswertverfahrens ist. 256 NNaacchhtte ei illee Für dessen Berechnung müssen die Veränderungen des Fremdkapitals in der Zukunft durch zusätzliche Investitionsausgaben bekannt sein. Gleiche Ergebnisse zwischen Entity- und Equity-Ansätzen sind in der Praxis schwerer zu erlangen als in der Theorie. 257 International wird dieser Ansatz weniger angewendet. 258 255 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 256 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 334 257 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 258 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 334 <?page no="187"?> 186 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de 6.3 Economic Value Added-Methode 6.3.1 Berechnung des EVA Die Economic Value Added (EVA)-Methode wurde von der amerikanischen Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co. im Jahre 1991 zur Führung und Bewertung von Unternehmungen entwickelt und veröffentlicht. 259 Gemäß Volkart besteht das Basiskonzept der EVA- Methode aus der Verbindung der Grundidee des Übergewinnverfahrens mit der DCF-Methode. Es werden nicht wie bei der DCF-Methode die Barwerte aller Cash Flows, sondern die Barwerte aller betrieblichen Übergewinne berechnet. 260 Nach Hostettler kann das Konzept EVA mit dem betrieblichen Übergewinn gleichgesetzt werden, da es sich bei der Gewinngröße um einen operativen Gewinn handelt. 261 Der betriebliche Übergewinn wird von Hostettler wie folgt definiert: „Der betriebliche Übergewinn entspricht der periodischen Saldogrösse von betrieblichen Erträgen, betrieblichen Aufwendungen und Eigen- und Fremdkapitalkosten des betrieblich gebundenen Vermögens.“ 262 Einerseits werden nur die betrieblichen Tätigkeiten berücksichtigt, um die unterschiedlichen Geschäftsrisiken zu trennen, was zu verschiedenen Kapitalisierungszinssätzen führt. Andererseits darf der Gewinn erst nach Berücksichtigung einer Mindestverzinsung für Fremd- und Eigenkapitalgeber verwendet werden. Ein Betrieb weist nur eine erfolgreiche Tätigkeit auf, sofern die Verzinsung des von den Eigentümern eingesetzten Kapitals größer ist als der Mindestzins. Es werden von der Unternehmung die Werte vernichtet, soweit die Rendite die von den Aktionären erwartete Mindestrendite in Höhe der Eigenkapitalkosten nicht erreicht wird. Die Rücksichtnahme der Mindestverzinsung der Eigenkapitalgeber wird durch Einbezug des WACC sichergestellt. Der Zweck einer Unternehmung muss darin bestehen, eine Rendite aus dem investierten Kapital zu erzielen, die höher liegt als der gewichtete Kapitalkostensatz. 263 259 Vgl. Groll, K.-H.: Kennzahlen für das wertorientierte Management; (2003); S. 55 260 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 316 f. 261 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 38 ff. 262 Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 38 263 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S.141 ff. <?page no="188"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 187 uvk.de Die Berechnung der EVA eines einzelnen Geschäftsjahres (t) erfolgt gemäß Formel (11). Sie besagt, dass der Economic Value Added eines Unternehmens sich aus der Differenz zwischen dem betrieblichen Gewinn (𝑁𝑁𝑁𝑁 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 ) und den investierten Kapitalkosten für das betrieblich gebundene Vermögen (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 · 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) berechnet. 264 21 22 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 − (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ∙ 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) (11) mit 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = der Economic Value Added eines Geschäftsjahres t 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 = Gewinn vor FK-Zinsen nach Steuern 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = steueradjustierter durchschnittlicher Kapitalkostensatz 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = investiertes Kapital (Gesamtkapital, entspricht Substanzwert) s = Steuersatz Mit der Hilfe von einzelnen EVA kann die Wertschaffung bzw. Wertvernichtung eines Unternehmens anhand des Market Value Added (MVA) bestimmt werden. Der MVA wird als Barwert aller zukünftig erzielten EVA bezeichnet und zeigt somit die langfristigen Unternehmensüberschüsse an. Im Gegensatz zum EVA, der als Erfolgsgröße die operative Performance einer Periode misst und generell ein internes Erfolgsmaß darstellt, entspricht der MVA der Prämie auf das eingesetzte Kapital, die der Kapitalmarkt (Börse) zum jeweiligen Zeitpunkt bereit ist zu bezahlen. Somit misst der MVA den Erfolg auf einen bestimmten Zeitpunkt, wohingegen der EVA den Erfolg eines Zeitraumes aufzeigt. 265 Der Marktwert (Market Value MV = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 Unternehmensgesamtwert) des betrieblichen Vermögens eines Unternehmens besteht aus dem ökonomischen Wert von Eigen- und Fremdkapital und lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: 23 24 𝑴𝑴𝑴𝑴 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 ( = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) 25 = 𝑴𝑴𝑴𝑴𝑴𝑴 + 𝑪𝑪 𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊 (12) 264 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 316 f. 265 Vgl. Salomon Smith Barney (1998), S. 3 <?page no="189"?> 188 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Der MVA errechnet sich aus der Differenz vom Marktwert (MV) des Unternehmens und dem eingesetzten Geschäftsvermögen ( 𝑪𝑪 𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊 ). 266 Anders ausgedrückt gibt der MVA an, welchen Wert ein Unternehmen über das eingesetzte Kapital hinaus geschaffen hat. 267 26 27 𝑴𝑴𝑴𝑴𝑴𝑴 = 𝑴𝑴𝑴𝑴 − 𝑪𝑪 𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊𝒊 (13) Es gibt zwei unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten des MVA. Zum einen wäre das der MVA ex ante und zum anderen der MVA ex post . Die Abweichung der beiden Varianten liegt im Zeitpunkt der Betrachtung. Mit ex ante wird der Zeitpunkt mit einer Sichtweise im Vornherein bezeichnet und mit ex post die Sichtweise im Nachhinein im Rahmen eines zu beurteilenden Ereignisses. 268 Bei der ex ante-Variante ist eine Planung und Vorausberechnung der GuVsowie der Bilanzdaten von Belang. Es muss eine Berechnung zukünftiger EVA-Werte erfolgen, die dann mit dem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) abgezinst werden. Der MVA ex ante ist somit der Barwert abgezinster EVA-Werte zum heutigen Zeitpunkt. Nachfolgende Formel (14) zeigt die Berechnung des MVA ex ante: 269 28 29 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑡𝑡𝑍𝑍 = 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 1 ( 1+𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 1 + 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 2 ( 1+𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 2 + ⋯ + 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑡𝑡 ( 1+𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 = ∑ 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑡𝑡 ( 1+𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 𝑛𝑛 𝑡𝑡=1 (1 4) Die zweite Berechnungsvariante ist von einer Marktbetrachtung geprägt. Beim MVA ex post wird der Marktwert des Unternehmens ermittelt und von diesem wird im Anschluss das investierte Kapital subtrahiert. Die nächste Formel (15) zeigt die Berechnung des MVA ex post : 30 31 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 − 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 (15) 266 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 31 267 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 155 268 Vgl. Lexexakt Rechtslexikon, ex ante/ ex post: http: / / lexexakt.de/ glossar/ exante.html 269 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 183 ff. <?page no="190"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 189 uvk.de mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 = Unternehmensgesamtwert (𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = investiertes Kapital In einem effizienten Kapitalmarkt gilt: 32 33 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑤𝑤𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍 = ∑ 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 ( 1+𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=1 34 = 𝑀𝑀𝑉𝑉 − 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 35 = 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 (16) Das Maß des Shareholder Value ist die Differenz zwischen dem Marktwert (MV) und dem eingesetzten Kapital (MVA) und nicht die Börsenkapitalisierung oder der Marktwert des Unternehmens. Ein positiver 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 bedeutet aus der Sicht eines Anteilbesitzers die Schaffung von Werten und ein negativer 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 deren Vernichtung. 270 6.3.2 Basiselemente des EVA Für die Berechnung der EVA werden eine Gewinngröße (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 ), eine Vermögensgroße (Kapital 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) sowie der Kapitalkostensatz (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) benötigt. Abb. 29 zeigt die Basiselemente des Economic Value Added. Abb. 29: Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added 271 270 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 31. 271 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 144 Operative Entscheidungen beeinflussen den NOPAT / Gewinn WACC S / Kapitalkostensatz Finanzierungsentscheidungen 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 / Kapital Investitionsentscheidungen Shareholder Value 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 − (𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ∙ 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑆𝑆 ) <?page no="191"?> 190 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de 6.3.3 Berechnung der Gewinngröße (NOPAT) Als Gewinngröße für die Berechnung des Economic Value Added-Konzepts dient der NOPAT. Der NOPAT stellt den betrieblichen Gewinn nach Korrektur durch die Anpassungen (Conversions) und nach Abzug der adjustierten Steuern dar, die einen Überschuss für sämtliche am Unternehmen beteiligten Kapitalgeber repräsentieren. 272 Der folgende Zusammenhang zeigt die Berechnung des NOPAT auf: Jahresüberschuss + Finanzierungsaufwendungen (nichtbetriebliche Aufwendungen) - Erträge aus nicht betriebsnotwendigen Finanzanlagen (nichtbetriebliche Erträge) = Betriebsergebnis nach Operating Conversion Vier Stufen der Datenverarbeitung +/ - Eliminierung von Zinsen aus Leasing- und Mietgeschäften = Betriebsergebnis nach Operating und Funding Conversion +/ - Eliminierung der Steuern aus nichtbetrieblichen Aufwendungen - Steuervorteil aus Fremdfinanzierung (Tax Shield) = Betriebsergebnis nach Operating, Funding und Tax Conversion +/ - Korrektur der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen = Betriebsergebnis nach Operating, Funding, Tax Conversion und Shareholder Conversion = NNOOPPAATT 36 37 Tab. 13: Ermittlungsschema des NOPAT 273 272 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 470 f. 273 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 30 <?page no="192"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 191 uvk.de 6.3.4 Berechnung der Vermögensgröße (Kapital C) Als Vermögensgröße charakterisiert das Economic Value Added-Konzept das betriebsnotwendige Kapital C . Die Vermögensgröße wird über die Aktivseite der Bilanz berechnet. Dies ist ausschließlich über die Aktivseite unter der Berücksichtigung der vier Conversions möglich, da nur bei den Vermögensobjekten und nicht bei den Finanzierungsobjekten der Passivseite zu erkennen ist, ob sie betrieblich genutzt werden oder nicht. Die Vermögensgröße zur Bestimmung der EVA wird Kapital C genannt und als Ausgangspunkt zur Berechnung dient die Bilanzsumme. Das investierte Kapital C stellt das betriebliche Kapital dar, das im operativen Prozess uneingeschränkt benötigt und benutzt wird, um den NO- PAT zu erwirtschaften. 274 Es wird folgendermaßen ermittelt: 38 Aktiva 39 +/ - Eliminierung der nicht betriebsnotwendigen Vermögenspositionen = Aktiva nach Operating Conversion Vier Stufen der Datenverarbeitung 40+/ - Hinzurechnung von Leasing- und Mietobjekten = Aktiva nach Operating und Funding Conversion 41+/ - Korrektur der latenten Steuern = Aktiva nach Operating, Funding und Tax Conversion 42+/ - Aktivierung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und Marketingaufwendungen = Aktiva nach Operating, Funding, Tax Conversion und Shareholder Conversion 43= iinnvveesst tiieerrttees s KKa a ppiittaa ll 44 45 Tab. 14: Ermittlungsschema des investierten Kapitals 275 Investiertes Kapital lässt sich in der Praxis durch die Summierung der einzelnen Komponenten des Kapitals, die die tatsächlichen Kosten ver- 274 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 147 f. 275 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 471 <?page no="193"?> 192 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de ursachen, feststellen. Die Berechnung des investierten Kapitals erfolgt folgendermaßen: 276 46 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 + 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑧𝑧𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑍𝑍𝑤𝑤ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐺𝐺 + 𝑖𝑖𝑤𝑤𝑍𝑍𝑙𝑙𝑙𝑙𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍𝑙𝑙𝑍𝑍 𝑅𝑅ü𝑤𝑤𝑘𝑘𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖𝑢𝑢𝑍𝑍𝑙𝑙𝑍𝑍𝑍𝑍 (17) 6.3.5 Berechnung des Kapitalkostensatzes (WACC ) Bei der Berechnung des (Gesamt-)Kapitalkostensatzes (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶) wird bei der EVA-Methode, analog wie bei der DCF-Methode, der gewogene Kapitalkostensatz mit Hilfe des Weighted Average Cost of Capital (WACC)-Ansatzes bestimmt. Das Ziel des Kapitalkostensatzes ist die Mindestrenditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber abzubilden. Er wird demzufolge aus den mit den jeweiligen Kapitalanteilen gewogenen Renditeforderungen der Eigen- und Fremdfinanzierung berechnet. Letztendlich wird im gewichteten Kapitalkostensatz auch der Vorteil der Steuer durch die Fremdfinanzierung (Tax Shield) beachtet. 277 Der Kapitalkostensatz 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 wird als gewichteter Durchschnitt aus Eigen- und Fremdkapitalkostensätzen ermittelt: 278 47 48 49 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐺𝐺 ∙ 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝐸𝐸𝐺𝐺+𝐹𝐹𝐺𝐺 + 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐺𝐺 ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝐸𝐸𝐺𝐺+𝐹𝐹𝐺𝐺 50 = 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ∙ 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝐺𝐺𝐹𝐹 + 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝐺𝐺𝐹𝐹 (18) mit 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = Kapitalkostensatz (gesamt) 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = Kapitalkostensatz des Eigenkapital 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 = Kapitalkostensatz des Fremdkapital EK = Eigenkapital FK = Fremdkapital GK = Gesamtkapital 276 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 59 277 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 148 278 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 472 <?page no="194"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 193 uvk.de Für die Berechnung der Eigenkapitalkosten wird ein Capital Asset Pricing Modell (CAPM) benutzt. Das CAPM wurde entwickelt, damit man auf dem Kapitalmarkt die Preisbildung für die risikobehaftete Kapitalanlagen erklären kann. Das Modell beschreibt für ein risikobehaftetes Wertpapier die Renditeerwartungen als die Summe aus dem Zinssatz einer risikolosen Kapitalmarktanlage und einer Risikoprämie. Die Risikoäquivalente Renditeforderung der Aktieninhaber stellt sich aus einem Risikozuschlag und einem sicheren Basiszinsfuß zusammen. Nach der CAPM-Methode ergibt sich der Risikozuschlag folgendermaßen: das Maß für das systematische Risiko 𝛽𝛽 des zu bewertenden Unternehmen wird mit der Entlohnung für die Risikoübernahme auf dem Kapitalmarkt (𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) multipliziert. Somit ergibt sich das Berechnungsschema für den Kapitalkostensatz des Eigenkapitals: 279 51 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = 𝛽𝛽 ∙ (𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) + 𝑣𝑣 𝑓𝑓 (19) mit 𝛽𝛽 = Betafaktor des zu analysierenden Unternehmens 𝑣𝑣 𝑚𝑚 = durchschnittliche Rendite des Aktienmarktes 𝑣𝑣 𝑓𝑓 = Rendite der risikofreien Anlage/ risikoloser Zins (𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) = Marktrisikoprämie 𝛽𝛽 ∙ (𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) = systematisches Risiko Die Fremdkapitalkosten werden mit den Fremdkapitalgebern vereinbarten Zinssätzen berechnet. Dabei wird für das Fremdkapital ein durchschnittlicher Zinssatz 𝑧𝑧, von dem der Steuervorteil durch die Fremdfinanzierung subtrahiert wird, angewendet. 280 52 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝑧𝑧 ∙ (1 − 𝑍𝑍) (20) 6.3.6 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ Das Economic Value Added-Konzept ist an den bilanziellen Größen angeknüpft und versucht diese durch die Konversionen (Anpassungen) 279 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 473, und Schacht, U.; Fackler, M. (Hrsg.): Praxishandbuch Unternehmensbewertung; (2009); S. 299 f. 280 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 472 <?page no="195"?> 194 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de in ökonomisch relevante Kennzahlen umzuwandeln. Die Anpassungen sind erforderlich, weil sich die Bilanz nur wenig dazu eignet, realistische Entscheidungen von der Leistung und dem Wert abzugeben. Das Ziel der Konversionen besteht darin, von der Sichtweise des „Accounting Model“ zum „Economic Model“ (siehe Abbildung 30) zu gelangen, also die bilanzielle Gewinngröße (NOPAT) in eine zahlungsstromorientierte Cash-Größe umzugestalten und das investierte Kapital C mit Marktwerten anzusetzen, die Zahlen aus dem „Accounting Model“ in das „Economic Model“ transformieren. Die Anpassungen müssen vor allem die Kriterien der Verständlichkeit, Wesentlichkeit, Greifbarkeit, Kommunizierbarkeit und Umsetzbarkeit erfüllen, dabei sollten sie sich auf wenige relevante Konversionen begrenzen. Somit hängt die Qualität des EVA-Konzepts von der Anzahl der vorgenommenen Anpassungen ab. Das Konzept des EVA ist positiv beurteilen, wenn es gelingt eine Kennzahl zu ermitteln, die dem tatsächlichen ökonomischen Gewinn am nähesten kommt. 281 Abb. 30: Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ 282 Auf Grund der Vielheit der vorstellbaren Anpassungen hat Hostettler eine Systematisierung der möglichen Konversationen vorgeschlagen. Er unterscheidet die Operating-, Funding-, Tax- und Shareholder-Konversionen. In Abbildung 30 und den darauf folgenden Ausführungen werden 281 Vgl. Groll, K.-H.: Kennzahlen für das wertorientierte Management; (2003); S. 61 f. 282 In Anlehnung an Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 152. Hommel, M.; Braun, I.: Unternehmensbewertung; (2005); S. 289 Operating Conversion Tax Conversion Funding Conversion Shareholder Conversion Accounting Model Economic Model <?page no="196"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 195 uvk.de die vier Stufen erläutert, über welche die nichtbetrieblichen, finanziellen, steuerlichen und bewertungstechnischen buchhalterischen Verzerrungen bereinigt werden. 283 Operating Conversion Zielsetzung der Operating Conversion ist sowohl die Gewinngröße aus der Erfolgsrechnung als auch die Vermögensgröße aus der Bilanz auf ihre betriebliche Relevanz kritisch zu prüfen. Bei der Erfolgsrechnung ist oft eine Gliederung nach betrieblichen bzw. nichtbetrieblichen Kriterien vorgeschrieben. Die Bilanz stellt aber eine wesentlich größere Herausforderung dar, da meistens eine Gliederung nach Verfügbarkeit bzw. Fristigkeit gewählt wurde. Daraus wird häufig nicht ersichtlich, welche Positionen eine betriebliche Relevanz genießen und welche von der zu verwendenden Vermögensgröße nicht berücksichtigt werden dürfen. 284 Funding Conversion Mit Hilfe der Funding Conversion wird die vollständige Erfassung aller wirtschaftlich relevanten Finanzierungsmittel sichergestellt. Das Ziel besteht darin, auch verborgene Finanzierungsmittel von Unternehmen zu berücksichtigen. Als zwei Hauptformen sind das Leasing- und das Mietgeschäft bekannt. 285 Tax Conversion Die Hauptperspektive dieser steuerlichen Anpassung besteht darin, dass zu bezahlende Steuern aus der Sicht des Investors eine Ausgabe darstellen, die dann den übrigen betrieblichen Aufwendungen gleichzusetzen ist. Um auf eine Gewinngröße nach Steuern zu kommen, wird eine theoretische Steuerbelastung des betrieblichen Gewinns festgestellt. Diese wird in der Literatur Tax Shield genannt, welches einen Beitrag des Wertes durch die Gewinnsteuereinflüsse darstellt. 286 283 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 97 ff. 284 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 152 285 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 153 286 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 395 f. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 153 <?page no="197"?> 196 6 Bewertung von Geschäftsmodellen uvk.de Shareholder Conversion Im Mittelpunkt der Shareholder Conversion stehen Ausgaben, welche auf Grund des Vorsichtsprinzips mancher Rechnungslegungsstandards nur unter gewissen Bestimmungen oder überhaupt nicht aktiviert werden dürfen, obwohl sie betriebswirtschaftlich eher als eine Investition zu interpretieren sind. Als Beispiel sind die Forschungs- und Entwicklungskosten zu nennen. Sie werden nicht mehr im Zeitpunkt der Entstehung im vollen Umfang als Aufwendungen der Erfolgsrechnung belastet, sondern aktiviert und über eine gewisse Nutzungsdauer abgeschrieben. 287 6.3.7 Ermittlung des Unternehmenswerts Es konnte gezeigt werden, wie man von den einzelnen prognostizierten EVA den zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden MVA ermitteln kann. Um endlich vom MVA zum effektiven Unternehmenswert zu kommen, wird die EVA-Methode als Element des Substanzwertes, der dem Kapital 𝐶𝐶 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 zum Zeitpunkt Null entspricht, miteinbezogen. Der Unternehmenswert ergibt sich somit aus der Summe des investierten Kapitals 𝐶𝐶 𝑇𝑇 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 , dem auf den Tag diskontierten MVA und einem Residualwert (RW). Dabei muss beachtet werden, dass der Unternehmenswert hier als Marktwert des gesamten Kapitals zu verstehen ist. 288 Bei der Unternehmensbewertung des EVA-Modells werden die periodenbezogenen Übergewinne nicht mehr pauschal angenommen, sondern nach dem Prognosehorizont (ca. 5 bis 10 Jahren) mittels eines Residualwertes (RW) ermittelt: 289 53 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝐴𝐴𝐴𝐴𝑇𝑇 𝑇𝑇+1 −(𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ∙ 𝐹𝐹 𝑇𝑇 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 ) 𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ∙ (1+𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 (21) mit 𝑅𝑅𝑅𝑅 = Residualwert 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇+1 = Gewinn vor FK-Zinsen nach Steuern 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = steueradjustierter durchschnittlicher Kapitalkostensatz 287 Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 153 f. 288 Vgl. Langguth, H.: Kapitalmarktorientiertes Wertmanagement; (2008); S. 163 289 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 317 <?page no="198"?> 6.3 Economic Value Added-Methode 197 uvk.de 𝐶𝐶 𝑇𝑇 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 = investiertes Kapital (Gesamtkapital, entspricht Substanzwert) T = Prognosehorizont s = Steuersatz. Der effektive Unternehmenswert lässt sich gemäß des EVA-Ansatzes als Brutto (22) und Netto (23) dementsprechend nach folgenden Formeln berechnen: 290 54 55 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 56 = 𝐶𝐶 0 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + ∑ 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑡𝑡 (1+𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 𝑇𝑇 𝑡𝑡=1 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 57 = 𝐶𝐶 0 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + MVA ex ante + 𝑅𝑅𝑅𝑅 (22) 58 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 59 = 𝐶𝐶 0 𝑖𝑖𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + ∑ 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 𝑡𝑡 (1+𝑀𝑀𝐴𝐴𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 𝑇𝑇 𝑡𝑡=1 + RW − FK (23) mit 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = Economic Value Added eines Geschäftsjahres t FK = Fremdkapital t = Geschäftsjahr Die EVA-Methode wurde mit Hilfe des Entity-Ansatzes berechnet, der zum Unternehmenswert-Brutto führt. Bei dieser Methode gelangt man mittels Subtraktion des Fremdkapitals vom Unternehmenswert-Brutto zum Unternehmenswert-Netto. Ein positiver EVA, also ein Wertzuwachs des Unternehmens, lässt sich nur erzielen, wenn das erreichte Geschäftsergebnis die berechneten Kapitalkosten übersteigt. Dies ist gleichbedeutend mit dem erfolgreichen Verdienen der Kapitalkosten und dem Schaffen eines Mehrwertes bzw. eines Vermögenszuwachses für die Investoren. Dementsprechend ist der 290 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 317 <?page no="199"?> 198 6 Bewertung von Geschäftsmodellen Unternehmenswert gestiegen. Wenn aber die berechneten EVA ein negatives Ergebnis aufweisen, wurden die Kapitalkosten nicht gedeckt, d.h. das eingesetzte Kapital wurde vernichtet und der Unternehmenswert ist dadurch gemindert worden. 291 291 Vgl. Mensch, G.: Finanz-Controlling, Finanzplanung und -kontrolle; (2008); S. 275. <?page no="200"?> uvk.de LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss Albach, Horst [Logistiksystem]: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Einführung, 3. Aufl., Wiesbaden: Dr. Th. 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[3.12.2013, 11: 28] <?page no="210"?> uvk.de IInnddeexx ABC-Analyse 135 Balanced Scorecard 49 Bestandsmanagement 139 Beziehungsmarketing 29 Businesspläne 18 Canvas 164 Canvas-Geschäftsprozessmodell, intuitives 21 Canvas-Modell 78 Capital Asset Pricing Modell 193 CAPM 193 Cash-Conversion-Zyklus 160 Discounted Cash Flow-Ansatz 170 Durchlaufzeitanalyse 137 Entity-Ansatz 173 Equity-Ansatz 174 Finanzplanung 36 Flow to Equity 183 Forderungsmanagement (Order-to-Cash) 141 Funding Conversion 195 Geschäftsfelder 77 Geschäftsidee 76 Geschäftsmodell 18, 28, 31, 32, 77, 79 -, axiomatisches 83 -, intuitives 7, 23, 78, 92 -, wertorientiertes 49, 77, 92, 153 Geschäftsmodell „Volksauto“ (Innovations-Prozess- Geschäftsmodell), wertorientiertes 7 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes 31 Geschäfts-Prozess-Modell 101 Humankapital 80 Inkrementalismus, logischer 92 Innovation 7, 76 Lean Management 102 Market Value 187 NOPAT 190 Operating Conversion 195 Portfoliomanagement 77 Prozess-Geschäftsmodell 18 Return on Equity 170 Return on Investment 170 Rüstzeitenanalyse 138 <?page no="211"?> 210 Index Shareholder Conversion 196 Shareholder-Value-Ansatz 154, 157, 170 Strategieansatz, inkrementaler 79 Toyota-Produktionssystem (TPS) 105 WACC-Ansatz 175 Working Capital 160 Working-Capital-Management 80 XYZ-Analyse 136 Zirkularitätsproblem 179 <?page no="212"?> www.uvk.de Für die Zukunft gewappnet Wie wird die technische Entwicklung der nächsten Jahre aussehen? Welche Erfindung bringt welche Wettbewerbsvorteile? Fragen wie diese sind für Entscheider in Unternehmen überlebenswichtig. Es gilt, in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft die Ideen und Produkte hervorzubringen, die im Markt der Zukunft bestehen können. Die Qualität des Innovationsmanagements entscheidet heute mehr denn je über den unternehmerischen Erfolg. Das »Handbuch Innovationsmanagement« erleichtert den Einstieg in das Thema und beleuchtet es aus unterschiedlichen Perspektiven. Forschung und Entwicklungsmanagement werden ebenso erläutert wie das Innovationsmarketing oder die personellen und organisatorischen Rahmenbedingungen des Innovationsprozesses. Wilhelm Schmeisser, Dieter Krimphove, Claudia Hentschel, Matthias Hartmann Handbuch Innovationsmanagement 424 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-421-1 <?page no="213"?> www.uvk.de E i n B u c h , d a s n i e m a n d e n m e h r r u h i g s c h l a f e n l ä s s t . Schöne neue Welt? Die Datensammelwut der Internetgiganten ist kein Geheimnis - und aufgrund dieser Datenbasis und neuer digitaler Produkte wie Haustechnik, Autoelektronik, Drohnen, digitaler Währungen etc. dringt die New Economy immer weiter in alle Systeme ein. Doch wie sieht eine Welt aus, in der Google, Facebook & Co. als gigantische globale Monopole agieren? Regieren sie längst die Welt? Arno Rolf und Arno Sagawe beschreiben den Weg in die digitale Welt - in die smarte Gesellschaft - und untersuchen auf spannende Weise, ob die digitale Transformation und stabile Gesellschaften überhaupt miteinander vereinbar sind. Arno Rolf, Arno Sagawe Des Googles Kern und andere Spinnennetze Die Architektur der digitalen Gesellschaft 2015, 278 Seiten, flex. Einb. ISBN 978-3-86764-590-4