Entgeltmanagement
Betriebliche Grundlagen und moralische Gerechtigkeitslücke
0527
2019
978-3-7398-0456-9
978-3-8676-4893-6
UVK Verlag
Wilhelm Schmeisser
Stella Cordts
Philipp George
Rico Schnur
Monique Zimmermann
Ein attraktiver Arbeitsplatz, eine angemessene Vergütung, ein Zuschuss zur Kantine, Gleitzeit, Anerkennung und Wertschätzung sind wichtige Motivationsfaktoren zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Auf der anderen Seite steht für Arbeitgeber die wirtschaftliche Komponente, denn Löhne und betriebliche Sozialleistungen stellen für das Unternehmen Kosten dar. Die Optimierung von Entlohnungssystemen hat damit für beide Seiten einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert.
Nach einer kompakten Darstellung der Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung gehen die Autoren auf die steuerrechtlichen und verwaltungstechnischen Voraussetzungen zur Implementierung eines geeigneten Entgeltsystems ein. Dadurch lässt sich eine geeignete Datenbasis für das Personalcontrolling, die Personalstatistik und auch die Personalkostenplanung entwickeln. Doch die Autoren lassen es in diesem Buch nicht bei einer reinen deskriptiven Darstellung der betriebswirtschaftlichen Sicht, sondern gehen vielmehr auch auf politisch-ethische und moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle sowie Steuerhinterziehung von Eliten ein.
<?page no="0"?> Schmeisser | Cordts | George | Schnur | Zimmermann ISBN 978-3-86764-893-6 Auch als E-Book Ein attraktiver Arbeitsplatz, eine angemessene Vergütung, ein Zuschuss zur Kantine, Gleitzeit, Anerkennung und Wertschätzung sind wichtige Motivationsfaktoren zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Auf der anderen Seite steht für Arbeitgeber die wirtschaftliche Komponente, denn Löhne und betriebliche Sozialleistungen stellen für das Unternehmen Kosten dar. Die Optimierung von Entlohnungssystemen hat damit für beide Seiten einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert. Nach einer kompakten Darstellung der Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung gehen die Autoren auf die steuerrechtlichen und verwaltungstechnischen Voraussetzungen zur Implementierung eines geeigneten Entgeltsystems ein. Dadurch lässt sich eine geeignete Datenbasis für das Personalcontrolling, die Personalstatistik und auch die Personalkostenplanung entwickeln. Doch die Autoren lassen es in diesem Buch nicht bei einer reinen deskriptiven Darstellung der betriebswirtschaftlichen Sicht, sondern gehen vielmehr auch auf politisch-ethische und moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle sowie Steuerhinterziehung von Eliten ein. Schmeisser et al. Entgeltmanagement Entgeltmanagement www.uvk.de Betriebliche Grundlagen und moralische Gerechtigkeitslücke 52893_Schmeisser-Entgelt_Umschlag.indd 1 24.04.2019 10: 17: 53 <?page no="2"?> Wilhelm Schmeisser, Stella Cordts, Philipp George, Rico Schnur, Monique Zimmermann Entgeltmanagement Betriebliche Grundlagen und moralische Gerechtigkeitslücke UVK Verlag · München <?page no="3"?> Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser war Professor für Finanzierung, Investition , Personalwirtschaft und Unternehmensführung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Die Koautoren sind dort freie Mitarbeiter/ innen. Stella Cordts, Rico Schnur und Monique Zimmermann sind Bachelor of Arts. Philipp George ist Master of Arts. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-86764-893-6 (Print) ISBN 978-3-7398-0455-2 (ePUB) ISBN 978-3-7398-0456-9 (ePDF) © UVK Verlag München 2019 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG Einbandgestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz Coverfoto: © iStockphoto - AmazingDream Printed in Germany UVK Verlag Nymphenburger Strasse 48 · 80335 München Tel. 089/ 452174-65 www.uvk.de Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG Dischingerweg 5 · 72070 Tübingen Tel. 07071/ 9797-0 www.narr.de <?page no="4"?> Vorwort oder: Methodologische Vorüberlegungen zum Einkommens-, Lohn- und Entgeltmanagementsystem Hierbei handelt es sich gleichzeitig um eine vorläufige, kritische Analyse einzelner Bausteine, Aspekte und Thesen dazu. Thesen Seit Jahrhunderten bis heute werden Eliten reicher, Arme ärmer, u.a. weil Eliten sich die Natur und den Boden in ihren und anderen Ländern fast zum Nulltarif aneignen und der Steuerproblematik durch Steueroasen und selbst erlassenen Gesetzen entziehen. Staaten wie Luxemburg, Irland, Malta, Niederlande, Griechenland usw. schaffen sich Steueroasen in der Europäischen Union. Durch eigenes politisches Handeln der faktischen Verweigerung, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, um sich daraus zu finanzieren. Sie sorgen durch europäische rechtliche Regelungen für eine steuerrechtliche Immunität. Steuerpflichtige, Unternehmen und Privatpersonen können deshalb mit „Recht“ behaupten, man nehme nur die Gesetze in Anspruch und verstoße nicht gegen sie. Das Entgeltmanagement wird dadurch zum Brennglas einer moralischen Gerechtigkeitslücke, die weltweit, europaweit und in Deutschland die Menschen immer mehr bewegt. Prämissen 1. Die Philosophie der „sozialen Marktwirtschaft“ nach Müller-Armack schafft einen Rahmen von Bausteinen eines „idealen Entgeltmanagements für Mitarbeiter und Unternehmen“, das sich im engeren Sinne seit über 150 Jahren praktisch in Deutschland z.B. im Einkommensteuergesetz und in der Sozialgesetzgebung entwickelt hat. 2. In der sozialen Markwirtschaft wird von einem Erfolgsmodell „Industriebetrieb“ ausgegangen, das von einem Unternehmer bzw. Management geleitet wird und damit zur Arbeitsbeschaffung der Mitarbeiter, zu deren Einkünfte, Löhne und dessen Entgeltmanagement beiträgt. 3. Unternehmen dienen somit als Voraussetzung dafür, um Geschäftsideen und Geschäftsmodelle zu kreieren, Arbeit zu schaffen, zu organisieren und Anreize (Entgelte) sowohl für Routinetätigkeiten als auch innovative Beiträge (Erfindungen und betriebliche Verbesserungsvorschläge) für die Mit- <?page no="5"?> 6 Vorwort arbeiter zu gewähren. Das Residualeinkommen (Gewinn, Cashflow) des Unternehmers und der obersten Manager stellt die „Belohnung“ bzw. das Motiv dar, Unternehmen zum Erfolg zu bringen. 4. Der Taylorismus/ Fordismus und REFA haben auf der Produktionsebene im Industriebetrieb sehr frühzeitig ein zweckmäßiges, anreizorientiertes Lohnsystem entwickelt. Dieses System bildet auch später die Grundlage für das heutige Tarifsystem. Für das Management, die oberen Managementebenen bis zum Vorstand hinauf fehlt jedoch bis heute ein derartiges „objektives System“ das individuelle Leistungsmessung und -beurteilung erlaubt. 5. Für den Vorstand und für die Manager hat man für den variablen Teil des Entgelts Prämien und Aktienoptionsprogramme entwickelt, die aber manipulierbar und für leistungswirtschaftliche Beurteilungen für „Eliten“ in Industriebetrieben, Banken etc. nicht geeignet erscheinen. Hier sind dringend Nachbesserungen erforderlich. Es muss ein Corporate Management-Ansatz entwickelt werden, wie gute Unternehmensführung beurteilt werden kann, bzw. es müssen Leistungskriterien entwickelt werden, wie unternehmerische „Eliten“ (Vorstand, Aufsichtsrat, obere Führungskräfte) entlohnt werden, ohne dass diese sich selbst bewerten, Vetternwirtschaft, Bestechung oder Steuerhinterziehung betreiben und sich ungerechtfertigte Bonuszahlungen gegenseitig selbst gewähren. 6. Der arbeitsteilige Organisationsprozess im Industriebetrieb schafft Arbeit und Entgelt durch Massenproduktion und Massenabsatz. Unternehmerische Ziele sind dabei, die Produktivität zu steigern, Personalkosten zu senken sowie Innovationen / Geschäftsideen mittels Humankapital zu suchen und in wertorientierte Geschäftsmodelle zu überführen. Diese Zielerreichung kreiert Entgeltmanagement. Neuartige Probleme wird es in Zukunft von Industrie 4.0 geben, wenn nur wenige Mitarbeiter für die Produktion und für den Absatz erforderlich sind und Arbeitgeber bereits jetzt Tarifflucht begehen. 7. Zurzeit wird die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit im Betrieb durch die Personalstatistik und die Personalkostenplanung im Rahmen von Kostenträgerrechnungen sichergestellt. 8. Der Return on Investment wird durch die Kostenträgerrechnungen, den dynamischen Investitionsrechnungen, der Unternehmensbewertung usw. kontrolliert. Der Return on Investment setzt den Verkauf der Produkte und Innovationen des Geschäftsmodells voraus, wenn Entgelte an Mitarbeiter bezahlt werden sollen. 9. Seit über 150 Jahre wird im Rahmen des Entgeltsystems die soziale Sicherheit der Mitarbeit gewährleistet, z.B. durch die Krankenversicherung und durch die gesetzliche und betriebliche Altersversorgung (Erhaltung der Existenzsicherung im Alter und Erhaltung des relativen, bisherigen Lebensstandards). 10. Unternehmen sind aus Sicht der Mitarbeiter und Manager Organisationen, die Beiträge in Form von Geschäftsideen/ Innovationen und Mitarbeit im leistungswirtschaftlichen Bereich des Industriebetriebes von ihnen fordern, <?page no="6"?> Vorwort 7 um international wettbewerbsfähig zu bleiben, und dafür erhalten sie ein Entgelt. 11. Der strategische und operative Leistungsbereich des Industriebetriebes muss leistungsorientiert, im Sinne eines Corporative Governance-Ansatzes ausgerichtet und entgeltbar sein. Auch der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Manager als „Eliten“ dürfen sich nicht über externe und interne (rechtliche) Regeln zum Entgelt hinwegsetzen (Bestechung, Steuerhinterziehung betreiben), und müssen sich an ihrer Leistung messen lassen. 12. Der Utilitarismus, ethisches Handeln im Unternehmen ohne religiöse Begründung, in seiner einfachsten Formulierung besagt, dass die moralisch richtige Handlung oder Politik jene sei, die für die Mitglieder einer Gesellschaft das größte Glück, Wohl oder Nutzen („Lebensstandard“) erzeugt, z.B. den Mindestlohn oder das höchste Gehalt. Versuche, dies aus der neoklassischen Theorie oder Keynesianische Theorie abzuleiten, sind nicht möglich. Problematische Begründungen des Utilitarismus sind: (a) Eine Analyse des menschlichen Wohls oder Nutzens, die zu einem Entgeltmanagement führen müsste, ist bisher gescheitert. (b) Eine Anweisung zur Maximierung des so bestimmten Nutzens, die jeder Person das gleiche Gewicht gibt (z.B. auf dem Arbeitsmarkt, so dass sich daraus das Entgelt im Gleichgewicht befindet und z.B. deshalb den Mindestlohn ablehnt), existiert ebenfalls nicht. (c) Zur liberalen Gleichheit gehört die These, dass niemand grundsätzlich dem Willen anderer (Unternehmer, Königen, Priester, Eliten etc.) unterworfen ist und dass sie nie Eigentum (Sklave etc.) oder Untertan eines anderen auf dieser Welt sind. Dies existiert in der Realität ebenfalls nicht. (d) Wegen der Ungewissheit bezüglich Risiken (Krankheit, Alter, Unfall etc.) und der Knappheit der Ressourcen (Umwelt, Natur, Infrastruktur des Staates) sind die Menschen, unbeschadet ihrer moralischen Gleichheit, bereit, dem Staat bestimmte Machtbefugnisse zu übertragen, sofern er sie treuhänderisch zum Schutz der Menschen vor den Ungewissheiten und der Knappheit der Natur anwendet und sie in das Entgeltmanagement integriert (z.B. Abgaben, Steuern). <?page no="8"?> Inhaltsübersicht Vorwort .......................................................................................................................... 5 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 17 Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................. 20 Kapitel 1 Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung ................................ 23 Kapitel 2 Verwaltungstechnische und steuerrechtliche Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements ............................. 53 Kapitel 3 Motivationstheorien als eine Grundlage von Geschäftsideen und Innovationen und als Rahmen eines Entgeltmanagements ........... 127 Kapitel 4 Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung ........ 167 Kapitel 5 Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität im Rahmen des Entgeltmanagements .................. 179 Kapitel 6 Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme ................. 211 Kapitel 7 Variables Entgelt für Führungskräfte, Shareholder Value Ansatz und Aktienoptionsprogramme............................................................ 241 Kapitel 8 Politisch-ethisch-moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle.......... 301 Kapitel 9 Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt - eine Analyse Beispiel der Panama Papers ................................................. 305 Kapitel 10 Exkurs: Geschichtliche Entwicklung des Klientelismus in Griechenland.......................................................................................... 325 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 339 Index............................................................................................................................ 365 <?page no="10"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................................................................................... 5 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... 17 Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................. 20 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung ................. 23 Lohnsteuer...................................................................................................... 24 Lohnsteuer - Lohnsteuerklassen ............................................................... 28 Lohnsteuerliche Abzüge - Nettolohnrechnung....................................... 29 Begrenzt LSt-freie Lohnarten ..................................................................... 33 LSt-freie Lohnarten ...................................................................................... 34 Freibeträge - Hinzurechnungsbeträge ...................................................... 36 Altersentlastungsbetrag nach § 24 a EStG................................................ 38 Zusammenfassung Lohnsteuergrundlagen .............................................. 40 Unterteilung des Lohnsteuertarifs und Besteuerung von sonstigen Bezügen (§ 34 Abs. 2 EStG, § 24 Nr. 1 EStG, R 39 b. 2 LStR) ................. 41 Pauschalierung der Lohnsteuer und Besteuerung................................... 43 Kinderfreibeträge § 32 Abs. 6 EStG ........................................................... 45 Solidaritätszuschlag (SolZ) - Solidaritätszuschlagsgesetz ..................... 47 Kirchensteuer (Ki.-St.).................................................................................. 48 Zusammenfassung ........................................................................................ 50 Kapitel 2: Verwaltungstechnische und steuerrechtliche Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements............. 53 Grundsätzliches............................................................................................. 54 Theoretische Grundlagen und terminologische Abgrenzungen........... 55 Grundsätze der Personalaktenführung ..................................................... 64 Aufbewahrungspflichten ............................................................................. 66 Digitale Personalakte ................................................................................... 69 Grundlagen .................................................................................................... 69 Rechtliche Voraussetzungen ....................................................................... 71 Implementierung........................................................................................... 78 Cloud- und ASP-Lösungen .......................................................................... 85 <?page no="11"?> 12 Inhaltsverzeichnis Vorteilhaftigkeit der e-Personalakte gegenüber der konventionellen Personalakte................................................................................................... 86 Nachteile und Probleme............................................................................... 89 Wirtschaftlichkeit ......................................................................................... 91 Zwischenfazit ................................................................................................ 94 Elektronische Entgeltabrechnung .............................................................. 95 Grundsätzliche Schritte der Entgeltrechnung.......................................... 96 Softwareeinsatz in Hinblick auf gesetzliche Vorgaben ........................ 100 Auslagerung der Entgeltabrechnung....................................................... 106 Betrachtung der Wertschöpfung.............................................................. 106 Zwischenfazit .............................................................................................. 107 Personalinformationssysteme................................................................... 108 Grundsätzliches........................................................................................... 108 Ziele und Einführungsgründe................................................................... 108 Aufgaben ...................................................................................................... 109 Formale Funktionen ................................................................................... 110 Architektonische Grundlagen .................................................................. 110 Einsatzfelder im Bereich der Personalverwaltung ................................ 114 Implementierung und Akzeptanz des PIS ............................................... 118 Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ......................................................... 120 Fazit ............................................................................................................... 121 Anlagen ........................................................................................................ 124 Anlage 1: Personalstammdatei ................................................................. 124 Anlage 2: Gliederung der Personalakte................................................... 125 Anlage 3: Beispiel für eine Berechtigungsmatrix .................................. 126 Kapitel 3: Motivationstheorien als eine Grundlage von Geschäftsideen und Innovationen und als Rahmen eines Entgeltmanagements ........................................................................................................ 127 Bedeutung und Einordnung des Vertriebs ............................................. 128 Aufgabe des Vertriebs im Unternehmen................................................. 128 Abgrenzung des Vertriebs zu anderen Funktionsbereichen ..................... 129 Grundlagen der Motivation....................................................................... 130 Motivation als Ergebnis eines Prozesses................................................. 131 <?page no="12"?> Inhaltsverzeichnis 13 Motiv - Anreiz - Motivation .................................................................... 132 Volition ......................................................................................................... 132 Formen der Motivation .............................................................................. 133 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung ............................... 134 Inhaltstheorien ............................................................................................ 135 Prozesstheorien ........................................................................................... 141 Incentive-Schemen als Determinante der Motivation im Vertrieb .... 145 Begriffliche Klärung und Funktionen von Incentives .......................... 146 Incentive Schemen in der vertrieblichen Praxis .................................... 148 Dominanz und Risiken monetärer Anreizsysteme................................ 149 Bedeutung der Entgeltgerechtigkeit für die Leistungsmotivation ..... 151 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme im Rahmen der Unternehmensentwicklung im Vertrieb .......................................... 154 Anforderungen an die Gestaltung betrieblicher Anreizsysteme im Vertrieb ................................................................................................... 155 Anforderungskatalog für optimierte Anreizsysteme............................ 155 Probleme bei der Gestaltung und Implementierung von Anreizsystemen........................................................................................... 157 Klassische Balanced-Scorecard-basierte Anreizsysteme ...................... 159 Flexible und individuelle Anreizsysteme als Schlüssel zum Unternehmenserfolg................................................................................... 164 Risiken und Gefahren individueller und flexibler Anreizsysteme ..... 165 Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung ..................................................................................................... 167 Grundlagen der Personalstatistik............................................................. 169 Aufgaben und Anforderungen der Personalstatistik ............................ 170 Bereiche der Personalstatistik .................................................................. 171 Kennzahlen in den unterschiedlichen Bereichen der Personalstatistik ......................................................................................................... 172 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität im Rahmen des Entgeltmanagements....... 179 Entgeltmanagement.................................................................................... 180 Tarifliche Hürden ....................................................................................... 183 Klassische Entgeltformen .......................................................................... 184 <?page no="13"?> 14 Inhaltsverzeichnis Neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung ............... 187 Berechnungsbeispiele................................................................................. 193 Tariferhöhung von 3,5% zum 01.04. eines Jahres (Laufzeit 1 Jahr) .... 193 Tarifliche Urlaubsverlängerung um einheitlich einen Tag.................. 196 Kosten einer tariflichen Arbeitszeitverkürzung von 40 Std./ Woche auf 38,5 Std./ Woche .................................................................................... 198 Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung ............................................................................................................... 200 Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ................................. 201 Kosten eines Arbeitsunfalls....................................................................... 202 Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes ............................................... 203 Personalzusatzkosten eines Arbeiters im Verhältnis zum Entgelt ..... 205 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme... 211 Shareholder Value als Philosophie der Aktienoptionsprogramme .... 212 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes ........ 212 Dimensionen des Shareholder Value-Ansatzes ..................................... 213 Shareholder Value als Finanzgröße ......................................................... 213 Value als Handlungsmaxime .................................................................... 214 Discounted-Cash-Flow-Methode.............................................................. 214 Überblick über die verschiedene DCF-Ansätze ..................................... 214 Entitybzw. WACC-Ansatz (Bruttoverfahren) ..................................... 216 Ermittlung der Free Cashflows (FCF) ...................................................... 218 Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten (WACC) ............................. 219 Adjusted Present Value-Ansatz ................................................................ 220 Equity-Ansatz (Nettoverfahren) ............................................................... 222 Economic-Value-Added-Methode ........................................................... 224 Einführung und Berechnung des EVA .................................................... 224 Basiselemente des EVA.............................................................................. 227 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ ..... 231 Ermittlung des Unternehmenswert ......................................................... 233 DCF & EVA im Vergleich .......................................................................... 234 Das Preinreich-Lücke-Theorem ............................................................... 235 6.4.1 Unterschiedliche Ausgangsstellung .......................................................... 234 <?page no="14"?> Inhaltsverzeichnis 15 Zahlenmäßiger Vergleich des DCF- und EVA-Methoden.................... 236 Stellungnahme zu den beiden Methoden................................................ 238 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte, Shareholder Value Ansatz und Aktienoptionsprogramme .................................................. 241 Principal Agent Theorie ............................................................................ 243 Anforderungen an Anreiz- und Vergütungssysteme in Deutschland .. 245 Der Deutsche Corporate Governance Kodex ......................................... 246 VorstAG - Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung ..... 248 Economic Value Added (EVA)-Ansatz .................................................... 249 Systematik und Grundgedanke ................................................................ 249 EVA als Bezugsgröße eines wertorientierten Anreiz- und Vergütungssystems .................................................................................... 267 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung . 273 Zielsetzungen von Aktienoptionsprogrammen ..................................... 273 Kategorisierung von Aktienoptionsprogrammen für die variable Vergütung .................................................................................................... 277 Kriterien zur Ausgestaltung von Aktienoptionsprogrammen ............ 285 Finanzierungsmöglichkeiten von Aktienoptionsprogrammen ........... 291 Kritik am Einsatz von Aktienoptionsprogrammen im Rahmen der variablen Vergütung............................................................................ 292 Aktienoptionen und ihre Fehlanreize...................................................... 293 Geringe Hebelwirkung von Aktien ......................................................... 295 Vorschlag einer wertorientierten Vergütung zur Förderung einer guten Corporate Governance mit Grundlage des EVA-Konzepts ...... 296 Anreize zur Förderung einer operativen Wertsteigerung ................... 298 Bonusbank für eine nachhaltige Verbesserung ..................................... 299 Aktienprämien als langfristiges Vergütungsinstrument...................... 300 Kapitel 8: Politisch-ethisch-moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle ..................................................................................................... 301 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt - eine Analyse am Beispiel der Panama Papers .................................. 305 Einleitung ..................................................................................................... 306 Steuerhinterziehung ................................................................................... 306 Zum Offshore System ................................................................................ 307 <?page no="15"?> 16 Inhaltsverzeichnis Erwähnenswerte Leaks .............................................................................. 307 Panama Papers ............................................................................................ 309 „Betroffene“ ................................................................................................. 309 Reaktionen ................................................................................................... 314 Auswirkungen ............................................................................................. 314 Volkswirtschaftlich..................................................................................... 315 Betriebswirtschaftlich ................................................................................ 316 Moral............................................................................................................. 319 Entlohnung .................................................................................................. 321 Fazit und Ausblick ...................................................................................... 323 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Entwicklung des Klientelismus in Griechenland........................................................................................ 325 Determinanten des griechischen Klientelismus .................................... 326 Zur geschichtlichen Entwicklung der finanziellen und politischen Abhängigkeit Griechenlands .................................................................... 327 Entstehung des Klientelismus in Griechenland ..................................... 330 Dysfunktionale Einflüsse auf Griechenlands Wirtschaftspolitik ....... 331 Makroökonomische Regime westlicher Industrienationen ................. 332 Zur Ausprägung des griechischen Wirtschaftsregimes ....................... 334 Zusammenfassung der Ergebnisse........................................................... 337 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 339 Index............................................................................................................................ 365 <?page no="16"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Einkommenssteuer und Lohnsteuer ........................................................................24 Abb. 2 Unterteilung Lohnsteuerrecht ...................................................................................25 Abb. 3 Übersicht - Auswahl lohnsteuerpflichtige Lohnarten.........................................26 Abb. 4 Beispielrechnung Ermittlung zu versteuerndes Einkommen .............................27 Abb. 5 Zuwendungen des Arbeitgebers ...............................................................................28 Abb. 6 Einordung der Lohnsteuerklassen............................................................................29 Abb. 7 Zusammensetzung Vorsorgepauschale ...................................................................32 Abb. 8 Automatisch berücksichtige lohnsteuerliche Abzüge..........................................33 Abb. 9 Arbeitgeberzuschüsse zu Beiträgen aus freiwilligem und privat versicher- 'tem Arbeitnehmer .......................................................................................................34 Abb. 10 Überblick über die Höhe der lohnsteuerfreien Zuschläge ..................................35 Abb. 11 Beispiel zur Ermittlung von steuerpflichtigen und steuerfreien Arbeitslohn .................................................................................................................................36 Abb. 12 Freibeträge auf Antrag ................................................................................................37 Abb. 13 Übersicht Hinzurechnungsbeträge...........................................................................37 Abb. 14 Beispielrechnung steuerliche Auswirkungen Eintragung eines Frei-/ Hinzurechnungsbetrages .......................................................................................................38 Abb. 15 Beispielrechnung Altersentlastungsbetrag.............................................................40 Abb. 16 Arten von Freibeträgen und Freigrenzen ...............................................................40 Abb. 17 Bemessungsgrundlage zur Steuerberechnung.......................................................41 Abb. 18 Unterteilung des Lohnsteuertarifes..........................................................................41 Abb. 19 Begriffserläuterung Einmalzahlungen.....................................................................42 Abb. 20 Rechenschema sonstiger Bezug ................................................................................43 Abb. 21 Rechenschema zur Ermittlung der pauschalen Lohnsteuer am Beispiel eines einmalig gezahlten Urlaubsgeldes .................................................................43 Abb. 22 Ausgewählte Beispiele zur Pauschalierung der Lohnsteuer...............................44 Abb. 23 Beispiel steuerliche Behandlung von Kinderfreibeträgen...................................47 Abb. 24 Kirchensteuersätze.......................................................................................................49 Abb. 25 Ermittlung Kirchensteuer konfessionsverschiedener Paare ...............................50 <?page no="17"?> 18 Abbildungsverzeichnis Abb. 26 Gesetzliche lohnsteuerliche Abzüge ........................................................................51 Abb. 27 lohnsteuerliche Abschlussarbeiten...........................................................................52 Abb. 28 Funktionen der Personalwirtschaft ..........................................................................56 Abb. 29 Bedeutungszunahme von HR-Prozessen in Bezug auf die Digitalisierung 2015 .................................................................................................................................58 Abb. 30 Beispiel einer Kosten-Nutzen-Analyse Teil 1 ........................................................80 Abb. 31 Beispiel einer Kosten-Nutzen-Analyse Teil 2. .......................................................81 Abb. 32 Kosten der Einführung der digitalen Personalakte...............................................93 Abb. 33 Darstellung des Kostenverlaufs. ...............................................................................94 Abb. 34 Allgemeine Schritte der Entgeltrechnung ..............................................................96 Abb. 35 Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nach steuerlicher und sozialer Gesetzgebung ..............................................................................................................101 Abb. 36 Umfrage zur Nutzung von Human Resources Software in deutschen Unternehmen 2012.....................................................................................................122 Abb. 37 Modell der innerbetrieblichen Wertkette .............................................................130 Abb. 38 Arbeitsmotivation von Mitarbeitern als zentrale Voraussetzung für das Erreichen der Unternehmensziele ..........................................................................131 Abb. 39 Zusammenhang von Motiv, Motivation, Anreiz und Verhalten .....................132 Abb. 40 Grundmodell der klassischen Motivationspsychologie. ....................................135 Abb. 41 Bedürfnispyramide von Abraham Maslow...........................................................136 Abb. 42 Einflussfaktoren auf die Arbeitseinstellung nach Herzberg .............................139 Abb. 43 Motivation als Produkt aus Valenz, Instrumentalität und Erwartung. ..........141 Abb. 44 Instrumente der Mitarbeitermotivation ................................................................147 Abb. 45 Komponenten von Anreizsystemen.......................................................................148 Abb. 46 Häufig genannte Gründe für einen Arbeitgeberwechsel ..................................150 Abb. 47 Kern- und Randprinzipien der Entgeltgerechtigkeit ..........................................151 Abb. 48 Anforderungen an Anreizsysteme .........................................................................156 Abb. 49 Vier Perspektiven der Balanced Scorecard nach Kaplan/ Norton ....................160 Abb. 50 Teilnehmende Unternehmen an der Studie .........................................................161 Abb. 51 Erfolgswirkung von Anreizsystemen - Strategieumsetzung ...........................162 Abb. 52 Erfolgswirkung von Anreizsystemen - Kenngrößen.........................................163 Abb. 53 Beispiele für gesetzlich vorgeschriebene Datensammlungen aus Personal- und Sozialbereich .......................................................................................................170 Abb. 54 Ergebnisbericht Most Wanted - die Arbeitgeberstudie 2014 ...........................181 <?page no="18"?> Abbildungsverzeichnis 19 Abb. 55 Zusammensetzung des Entgelts..............................................................................182 Abb. 56 Grundgedanke Akkordlohn .....................................................................................184 Abb. 57 Betriebliche Projektwirtschaft - Eine Vermessung............................................187 Abb. 58 Zusammenhang zwischen Vergütung und Qualifikation .................................188 Abb. 59 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze.................................................215 Abb. 60 Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added ..................................227 Abb. 61 Ermittlungsschema des NOPAT .............................................................................228 Abb. 62 Ermittlungsschema des investierten Kapitals ......................................................229 Abb. 63 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ ..................232 Abb. 64 Organe der Aktiengesellschaft ................................................................................243 Abb. 65 Zusammenhang zwischen der internen Rendite der operativen Prozesse und dem Kapitalkostensatz ......................................................................................251 Abb. 66 Konversionen zur Ermittlung des Economic Model...........................................252 Abb. 67 Operating Conversions.............................................................................................254 Abb. 68 Funding Conversions ................................................................................................256 Abb. 69 Tax Conversions. Quelle...........................................................................................257 Abb. 70 Shareholder Conversions ...........................................................................................259 Abb. 71 Ermittlung der Erfolgsgröße NOPAT ....................................................................261 Abb. 72 Ermittlung der Vermögensgröße Capital..............................................................262 Abb. 73 Werttreiberbaum und Handlungsfelder des Managements..............................272 Abb. 74 Kategorisierung von Aktienoptionsprogrammen ...............................................278 Abb. 75 Hebelwirkung von Aktien und Aktienoptionen im Vergleich.........................296 Abb. 76 Elemente eines wertorientierten Vergütungssystems .......................................297 Abb. 77 Auszahlungsschema unter Verwendung der Bonusbank..................................299 Abb. 78 Die weltweiten Steuerparadiese. ............................................................................306 Abb. 79 Informationsmenge der Panama Papers im Vergleich zu anderen Leaks......309 Abb. 80 Ausgaben des Bundeshaushaltes 2015...................................................................315 Abb. 81 Einnahmen des Bundeshaushaltes 2015................................................................316 Abb. 82 Unternehmensbesteuerung von Kapitalgesellschaften 2015 ............................317 Abb. 83 Vergütung der 30 DAX Vorstandsvorsitzenden für 2015..................................322 <?page no="19"?> Abkürzungsverzeichnis AktG Aktiengesetz AO Abgabenordnung ASP Application Service Provider BBG Bundesbeamtengesetz BBiG Berufsbildungsgesetz BDSG Bundesdatenschutzgesetz BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch CAP Gewinnlimitierung CAPM Capital Asset Pricing Model DB Durchführungsbestimmungen DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex DEÜV Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung dpi dots per inch (Maßeinheit für Auflösungen) DV Datenverarbeitung e-Akte elektronische Akte EBIT Earnings Before Interest and Taxes (Gewinn vor Zinsen und Steuern) EBV Entgeltbescheinigungsverordnung EDV elektronische Datenverarbeitung EGT Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ELStAM Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale ELSTER Elektronische Steuererklärung ERP Enterprise-Resource-Planning ESS Employee Self Service EStG Einkommenssteuergesetz EVA Economic Value Added eXTraeinheitliches XML-basiertes Transportverfahren Standard GDPdU Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz <?page no="20"?> Abkürzungsverzeichnis 21 GoBS Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme HCM Human Capital Management HGB Handelsgesetzbuch HR Human Resources IFRS International Financial Reporting Standards ISO International Organization for Standardization (Internationale Organisation für Normung) IT Informationstechnik ITSG Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich LStAM Lohnsteuerabzugsmerkmale LStDV Lohnsteuer-Durchführungsverordnung NachwG Nachweisgesetz NOPAT Net Operating Profit after Tax PDF/ A Portable Document Format (Langzeitarchivformat) PIS Personalinformationssystem ROI Return on Investment SEC Securities and Exchange Commission (amerikanische Börsenaufsicht) SEPA Single Euro Payments Area (Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum) SGB Sozialgesetzbuch SOX Sarbanes-Oxley Act US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles VorstAG Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung WACC Weighted Average Cost of Capital ZPO Zivilprozessordnung <?page no="22"?> Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung <?page no="23"?> Lohnsteuer Allgemein sind Steuern monetäre Geldleistungen, die keiner Gegenleistung für eine besondere Leistung bedürfen. Sie beruhen auf gesetzlich geregelten Tatbeständen und dienen der Einnahmengenerierung des Staates. Bund, Länder und Gemeinden finanzieren damit das öffentlich-rechtliche Gemeinwesen, z.B. für Bildung oder für Infrastruktur (vgl. § 3 AO, Nickenig, 2015, S. 6). Mit Ertragssteuern, also Steuern, die aus wirtschaftlich erreichtem Einkommen und Erträgen resultieren, belastet der Staat Vermögenszuwächse innerhalb eines bestimmten Veranlagungszeitraumes. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen wird in den Ertragssteuern berücksichtigt. Steuerpflichtige erzielen durch wirtschaftliches Handeln ein bestimmtes Ergebnis, das einem bestimmten Steuersatz unterworfen wird. Die sog. Einkommenssteuer erfasst das erwirtschaftete Einkommen von natürlichen Personen am Markt. Die Körperschaftssteuer hingegen belastet das Einkommen von juristischen Personen (vgl. Jesgarzewski, Schmittmann, 2016, S. 28). Die Lohnsteuer stellt eine besondere Erhebungsform der Einkommenssteuer dar. Sie ist keine eigene Steuerart, sondern ein regelmäßiger Steuerabzug vom inländischen Arbeitslohn für Einkünfte aus nichtselbstständige Arbeit ist (vgl. § 2 (1) Nr. 4 EStG und 19 EStG, Werner, 2017, S. 9). Im Einkommenssteuerrecht wird der sozialrechtliche Begriff des Arbeitsentgeltes durch den Arbeitslohn beschrieben (vgl. Kiepe 2014, S. 334). Entscheidende Rechtsgrundlagen zur Bestimmung des lohnsteuerpflichtigen Arbeits- Abbildung 1: Einkommenssteuer und Lohnsteuer, (vgl. § 2 EStG, § 19 (1) EStG, Dillberger / Fest, 2016, S. 6) • Land- und Forstwirtschaft • Gewerbebetrieb • selbstständiger Arbeit • nichtselbstständiger Arbeit • Kapitalvermögen • Vermietung und Verpachtung • sostige Einkünfte (vgl. § 22 EStG) Der Einkommenssteuer unterliegende Einkünfte aus (vgl. § 2 EStG) • Gehälter • Löhne • Tantiemen • andere Bezüge • Kapitalvermögen • Vermietung und Verpachtung • sostige Einkünfte (vgl. § 22 EStG) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ( vgl. § 19 (1) EStG) <?page no="24"?> 1.1 Lohnsteuer 25 lohnes und zum Lohnsteuerabzugsverfahren ergeben sich aus dem Einkommenssteuergesetz (EStG), den Lohnsteuer-Durchführungsverordnungen (LStD) und den jährlichen amtlichen Lohnsteuer-Hinweisen. Die Bundesregierung erlässt mit Zustimmung des Bundesrates Verwaltungsanweisungen in den sog. Lohnsteuer-Richtlinien (LStR), die weiterhin maßgebend sind (vgl. Werner 2017, S. 9). Lohnsteuerrecht wird in materielles und in formelles Lohnsteuerrecht unterteilt, siehe nachfolgende Abbildung. Die Lohnsteuer gehört zu den Quellensteuern. Das heißt, die Steuererhebung wird bereits mit Entstehung der Einkünfte erhoben (vgl. Jesgarzewski, Schmittmann, 2016 S. 28, Braun, 2010, S. 107), also monatlich bei der Einkommenserzielung beim Arbeitgeber (vgl. Kiepe, 2014, S. 3). Wird der Steuerpflichtige zur Einkommenssteuer veranlagt, verrechnet das Finanzamt die bereits abgeführte Quellensteuer mit der zu zahlenden Einkommensteuer. Übersteigt die vorher abgeführte Lohnsteuer die Einkommensteuerschuld, bekommt der Steuerpflichtige den zu viel gezahlten Betrag vom Finanzamt erstattet. Nach §§ 2 I 1 Nr. 4-7, 19 EStG sind alle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern (vgl. Dillberger/ Fest 2015, S. 6). Hierbei ist zu beachten, dass unter Umständen nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten ein Erwerbstätiger als abhängiger Beschäftigter eingestuft wird, obwohl er arbeitsrechtlich kein Arbeitnehmer sein muss, z.B. Telearbeiter, Beamte. Im Zweifelsfall bedarf es einer Einzelfallentscheidung, nach den Abgrenzungskriterien des Arbeitnehmerbegriffs und Dienstvertrag, besonders im Grad der persönlichen Abhängigkeit vom Arbeitgeber (vgl. Definition Arbeitnehmerbegriff). Zu diesem Zweck ist auch ein Anfrageverfahren zur Statusklärung bei der Deutschen Rentenversicherung hilfreich, die rechtsverbindliche Klarheit schafft (vgl. Straub, Wagner, 2008, S. 5 ff, S. 35 ff.). Zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit zählen alle laufend und einmal gezahlten Einnahmen, die ein Arbeitnehmer aus einem gegenwertigen (aktivem) oder früheren (inaktivem) Dienstverhältnis erhält (vgl. § 8 Abs. 1 / § 19 Abs. 1 EStG). Zu den Einnahmen zählen nicht nur Geldwerte, sondern auch Güter (z.B. Werkseinkauf), die dem Steuerpflichtigen zufließen (vgl. § 11 EStG Überschusseinkunftsarten → Beachtung Zuflussprinzip = Zeitpunkt, wann eine Zahlung erfolgt). Diese Einnahmen des Arbeitnehmers spiegeln sich in den verschiedenen Lohnarten in der Entgeltabrechnung wieder. (vgl. 8 EStG, Nickenrig 2015, S. 36). Im Abrechnungssystem sind die Lohnarten hinterlegt nach lohnsteuerpflichtigen, Abbildung 2: Unterteilung Lohnsteuerrecht (vgl.: Braun et al. 2012, S. 97) • materielles Lohnsteuerrecht • Abgrenzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit • § 19 EStG • formelles Lohnsteuerecht • Erhebung der Lohnsteuer als Einkommenssteuer auf diese Einkünfte (Arbeitgeber) • §§ 38 ff. EStG Unterteilung Lohnsteuerrecht <?page no="25"?> 26 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung begrenzt lohnsteuerpflichtigen und steuerfreien Lohnarten (vgl. Jenak, 2016, S. 41). Nach dem Einkommenssteuergesetz heißen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nichts Anderes als steuerpflichtiger Arbeitslohn. Maßgebend zur Ermittlung des allgemeinen Steuertarifs sind die lohnsteuerpflichtigen Lohnarten (= steuerpflichtiger Arbeitslohn = Steuerbrutto). Nachstehende Abbildung zeigt eine Auswahl an lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn. Abbildung 3: Übersicht - Auswahl lohnsteuerpflichtige Lohnarten, (vgl. Jenak, 2016, S. 41, Kiepe 2014, S. 333 ff.) Im Steuerbrutto sind die lohnsteuerpflichtigen Bezüge enthalten, die Ausgangsgröße für die lohnsteuerlichen Abzüge ist. Steuerfreie Lohnarten fließen nicht ins Steuerbrutto ein. Die Lohnsteuerabzüge werden in der EDV nach der hinterlegten Steuerformel (Formeltarif) ausgerecht. Das Steuerbrutto in der Nettolohnabrechnung des Arbeitnehmers wird auf dem Entgeltabrechungsformular ausgedruckt. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, mit der Durchführung des Lohnsteuerabzugsverfahrens, gegenüber dem Finanzamt, die Einkünfte des Arbeitnehmers richtig zu besteuern. Folgendes Beispiel soll erläutern, dass Einkünften ggf. Ausgaben gegenüberstehen, die mit den Einnahmen subtrahiert werden müssen. Im Regelfall handelt es sich dabei um Werbungskosten, also um Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, die die Steuerlast schmälern (vgl. §§8, 9 EStG, § 20 EStG, Nickenig 2015, S. 36f.) • Löhne / Gehälter / Fixum • Ausbildungsvergütung • Stundenlohn (Normallohn), Überstundenlohn + z.B. 25 % Zuschlag • Entgeltzahlungen an Feiertagen, im Krankheitsfall • Urlaubsentgelt • Zulagen (z.B. Erschwernis- oder Ladezulage) Laufende Zahlungen • Weihnachts-/ Jubiläumszuwendungen / Urlaubsgeld • private Nutzung eines Firmen-PKW (Pauschalierung Lohnsteuer) • Fahrtkosten-/ Mietzuschüsse, verbilligter Wareneinkauf / Mittagessen • Reisekostenpauschale • Gratifikationen (= Sonderzuwendungen) • Geburts- / Heiratsbeihilfen • Tantieme (= Umsatz- und Gewinnbeteiligungen) Vorteile / Sachbezüge aus aktivem Dienstverhältnis • Wartegelder, Ruhegelder • Witwen- / Waisengelder • Betriebsrenten Bezüge / Vorteile aus passivem Dienstverhältnis <?page no="26"?> 1.1 Lohnsteuer 27 Ausgangsrechnung: Einkünfte = Einnahmen ./ . Ausgaben (Werbungskosten) Ein Arbeitnehmer erhält ein Bruttojahreseinkommen von 40.000,- €. Seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und 1. Tätigkeitsstätte betragen jährlich 2000,- €, private gezahlte Weiterbildung 1000,- € → Im Ergebnis: Einnahmen = 40.000,- € → Einkünfte = 40.000,- € - Werbungskosten (2000,- € + 1000,- €) = 37.000,- € → Zu versteuernde Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit = 37000,- € Abbildung 4: Beispielrechnung Ermittlung zu versteuerndes Einkommen, (vgl. Nickenig, 2015, S. 36f) Im Rahmen der Entgeltabrechnung, im Regelbesteuerungsverfahren, ergeben sich folgende Arbeitgeberpflichten: Ermittlung der Lohnsteuerlast Einbehaltung des Lohnsteuerbetrags vom Bruttolohn (= Lohnsteuerabzugsverfahren) (vgl. Kiepe, 2014, S. 23) Anmeldung und fristgerechte Zahlung einer Lohnsteuervorauszahlung auf die Einkommenssteuer an das Finanzamt. (vgl. Wünsche, 2015, S. Aufzeichnungspflichten, z.B. für korrekt bezahlte Mindestlöhne und der sich ergebenden Steuerlast (vgl. Straub, 2008, S. 741 f.) Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO): - 6 Jahre: Lohnkonten des Arbeitnehmers und Sammellohnkonten - 10 Jahre: Lohnkonten, die mit seinen Geschäftsbüchern des Unternehmens zusammen aufbewahrt müssen - 6 Jahre: Lohnabrechnungsunterlagen und Lohnlisten, die für die Besteuerung relevant sind (vgl. Höf-Bausenwein, 2015, S. 123) Grundsätzlich gilt, alles was Arbeitslohn ist, ist steuerpflichtig und in der Regel auch sozialversicherungspflichtig. Ausnahmen sind z.B. gezahlte Abfindungen, die lohnsteuerpflichtig, aber sozialversicherungsfrei gestellt sind (vgl. § 53 Abs. 4a EStG, BSG Urteil v. 21.02.1990, 12 RK 20/ 88). Einige Arbeitslohnbestandteile hat der Gesetzgeber ausdrücklich lohnsteuerlich freigestellt, z.B. Sachbezüge, die im weiteren Verlauf näher erläutert werden. Nicht zum Arbeitslohn gehören dagegen Leistungen des Arbeitgebers, die im allgemeinen betrieblichen Interesse erbracht werden, z.B. die Bereitstellung von Aufenthaltsräumen oder einer Gemeinschaftsküche. Des Weiteren sind Aufmerksamkeiten an den Arbeitnehmer, die einen Wert von monatlich 40,- € brutto nicht übersteigen und für persönliche Arbeitnehmerereignisse aufgebracht werden, kein Arbeitslohn im eigentlichen Sinn und deswegen auch nicht steuerpflichtig, z.B.: Blumenstrauß zum Geburtstag Geschenk zur Geburt, Hochzeit etc. <?page no="27"?> 28 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Abbildung 5: Zuwendungen des Arbeitgebers (vgl. Kiepe, 2014, S. 330 ff.) Lohnsteuer - Lohnsteuerklassen Die Faktoren zur Ermittlung des Steuerbruttos ergeben sich aus den Lohnsteuerabzugsmerkmalen, entsprechend der Lohnsteuerbescheinigung: Art der Steuerklasse Anzahl der Kinder Steuerfreibeträge Kirchensteuer / Konfession des Arbeitnehmers Weitere Merkmale der Lohnsteuerkarte: Lohnsteuergemeinde, Finanzamt (vgl. Jung 2017, S. 669 ff.) Ein Arbeitnehmer ist verpflichtet, zu Beginn der Tätigkeitsaufnahme die Lohnsteuerbescheinigung zum Lohnsteuerabzugsverfahren beim Arbeitgeber vorzulegen (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 EStG), andernfalls ist er mit der Lohnsteuerklasse 6 anzumelden (vgl. Schmeisser, 2012, S. 24). Es werden sechs Lohnsteuerklassen unterschieden. Durchführungsrichtlinien zum Lohnsteuerabzug sind gesetzlich im § 38b EStG geregelt. Die Arbeitnehmer werden in sechs unterschiedliche Formeltarife eingeteilt, siehe Abbildung 6. Verheiratete heißt auch eingetragene Lebenspartnerschaften und gleichgeschlechtliche Paare, die dem Ehesplitting unterliegen können. Ein sog. Gnadensplitting bedeutet, dass Verwitwete, deren Ehepartner verstorben ist, im Todesjahr noch von der günstigeren Lohnsteuerklasse (LSt-Kl. III) Gebrauch machen kann. Grundsätzlich eignen sich die Lohnsteuerklassen IV für beide Partner bei ca. gleichem Arbeitslohn. Die Lohnsteuerklassen III- und V-Kombination scheint bei einem Verdienstunterschied von 40 % zu 60 % günstig. Dabei erhält der „Besserverdienende“ die Lohnsteuerklasse III mit dem doppelten Freibetrag und der „Schlechterverdienende“ die Lohnsteuerklasse V (Jenak, 2016. S. 43). • kein Arbeitslohn • Aufmerksamkeiten für persönliche Ereignisse • Zuwendungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse • Arbeitslohn • steuerfrei aufgrund besonderer gesetzlicher Regelungen • SFN-Zuschläge • 44,-€ Freigrenze • steuerpflichtiger Arbeitslohn Zuwendungen des Arbeitgebers <?page no="28"?> 1.1 Lohnsteuer 29 Abbildung 6: Einordung der Lohnsteuerklassen (Werner, 2017, S. 12 ff.) Lohnsteuerliche Abzüge - Nettolohnrechnung In der Entgeltabrechnung wird die Lohnsteuer automatisch nach einer hinterlegten Steuerformel (unterteilt in Steuerklassen), die einen Lohnsteuertarif abbildet, berechnet. Es besteht eine Einkommenssteuerpflicht für natürliche Personen (Menschen von Geburt bis Tod), deren Wohnsitz § 8 AO oder gewöhnliche Aufenthalt § 9 AO im Inland § 1 (1) S. 2 EStG, der Bundesrepublik Deutschland, ist (vgl. Nickenig, 2015, S. 19). Zusätzlich hängt die Einkommensbesteuerung von der persönlichen Lebenssituation ab. Das Bundesministerium für Finanzen erkennt deshalb unterschiedliche lohnsteuerliche Abzüge an, die ins Abrechnungssystem jährlich <?page no="29"?> 30 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung eingespielt werden. Diese sog. Freibeträge sind in erster Linie Jahresfreibeträge und können sich z.B. je nach Alter oder Familienstand ergeben. Freibeträge werden vom Bruttolohn automatisch abgezogen und wirken sich steuermindernd aus. Sie führen u.U. dazu, dass in den einzelnen Steuerklassen erst ab einer bestimmten Höhe der Einkünfte ein Lohnsteuerabzug anfällt. Die wichtigsten Freibeträge werden im Folgenden erläutert (vgl. Kiepe, 2014, S. 149): Grundfreibetrag Im Regelsteuertarif nach § 32 a EStG werden 5 Progressionsstufen der Besteuerung unterschieden. Diese Abstufung basiert darauf, dass ein Steuerpflichtiger mit steigendem Einkommen, zunehmend leistungsfähiger wird und damit eine höhere Steuerlast trägt. Das zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse verfügbare Einkommen ist grundsätzlich steuerfrei (Existenzminimum). Jeder Euro mehr wird dann mit einem bestimmten ansteigenden Steuersatz besteuert. Aus diesem Grund wird Einkommen (Stand 2017): bis zur Höhe von 8820 € (Nullzone / Grundfreibetrag für Ledige) bzw. 17.640 € für Verheiratete keinem Steuersatz unterworfen. Nach dem Sozialstaatsprinzip stellt dieser Betrag das Existenzminimum dar und ist somit von der Besteuerung komplett freizustellen; von 8.821 € bis 54.057 € einem Steuersatz von 15 - 42 % (sog. untere und obere Progressionszone) unterworfen; ab 54.058 € mit 42 % (sog. untere / 1. Proportionalzone) und ab 256.304 € mit 45 % (sog. obere / 2. Proportionalzone / Reichensteuer) besteuert (vgl. Dillberger/ Fest: 2016, S. 136 ff., http: / / www.lohn-info.de/ lohn steuerzahlen.html). Zu beachten ist, dass ein Grundfreibetrag nicht in den Lohnsteuerklassen V und VI anfällt. Die Erteilung der Lohnsteuerklasse V kommt nur in Verbindung mit der Lohnsteuerklasse III vor. Da in der Lohnsteuerklasse III der doppelte Grundfreibetrag hinterlegt wurde, entfällt dieser dann in der Lohnsteuerklasse V. Die Lohnsteuerklasse VI wird für Arbeitnehmer mit mehreren Beschäftigungsverhältnissen erteilt. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer eine Lohnsteuerklasse besitzt, in dem ein Grundfreibetrag bereits berücksichtigt wurde und er eine zusätzliche Lohnsteuerklasse VI für eine weitere Beschäftigung erhält. Steuerliche Abzüge umfassen weiterhin einen Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Er ist pauschaler Werbungskostenabzug von jährlich 1000,-€ (Kiepe, 2014, S. 140). Als Werbungskoten werden Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen bezeichnet (vgl. § 11 EStG). Sie minimieren die Steuerlast bei Einkünften des Arbeitnehmers (siehe Abbildung 4 Einnahmen- Ausgaben-Rechnung). Es handelt sich um beruflich veranlasste notwendige Ausgaben, z.B. Fahrtkosten. Das Finanzamt erkennt in der Regel einen Pauschbetrag ohne Nachweis an, um einen bestimmten Teil des Einkommens steuerfrei zu stellen. Wenn die Ausgaben über dem Pauschbetrag liegen, können diese meistens zusätzlich geltend gemacht werden. Sind die Ausgaben niedriger, wird auf jeden Fall der Pauschbetrag vom zu versteuernden Einkommen abgezogen (vgl. Nickenig, 2016, S. 46 ff.). Voraussetzung für einen <?page no="30"?> 1.1 Lohnsteuer 31 weiteren Abzug ist, dass die Werbungskosten den Werbungskostenpauschbetrag überschreiten und entsprechende Nachweise vorhanden sind. Das bedeutet, dass nur wenn die absetzbaren Werbungskosten einen Betrag von 1000 € überschreiten, lohnt sich eine Angabe im Rahmen der Steuererklärung. Der Pauschbetrag wird nicht in der Lohnsteuerklasse VI gewährt, da diese Lohnsteuerklasse mindestens ein zweites Dienstverhältnis voraussetzt, in dem er zur Anwendung gekommen ist. In den Lohnsteuerklassen I bis IV ist der automatisch hinterlegt (vgl. Kiepe, 2014, S. 150). Sonderausgaben Weitere automatisch zu berücksichtigende lohnsteuerliche Abzüge stellen Sonderausgaben dar. Ein Sonderausgabenabzug darf nur vorgenommen werden, wenn es sich nicht um Aufwendungen für Betriebsausgaben (vgl. § 4 IV EStG) und Werbungskosten (§ 9 EStG) handelt. Es sind Aufwendungen zur privaten Lebensführung (vgl. § 12 EStG). Dazu zählen der Sonderausgabenpauschbetrag und die Vorsorgepauschale für Altersvorsorgeaufwendungen und sonstige Vorsorgeaufwendungen (vgl. Dillberger / Fest, 2016, 125 f.) Der Sonderausgabenpauschbetrag (vgl. §§ 10, 10a, 10b, 10c EStG) ist ein pauschaler Steuerabzug in Höhe von jährlich 36,-€. Er ist in den Steuerklassen I bis IV eingearbeitet (vgl. Werner 2017, S. 14). Solche Sonderausgaben umfassen: Unterhaltsleistungen an geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehepartner gezahlte Kirchensteuer, Kinderbetreuungskosten, Schulgeld Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung oder Spenden (vgl. Kiepe 2014, S. 150) Unter der Vorsorgepauschale für Altersvorsorgeaufwendungen und sonstige Vorsorgeaufwendungen versteht der Gesetzgeber Aufwendungen, die im Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden, für: Basisversorgung der Vorsorgeaufwendungen, z.B. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zum berufsständigen Versorgungswerk, landwirtschaftliche Alterskasse, Beiträge für eine Rürup-Rentenversicherung übrige Versorgungsaufwendungen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, zur Unfallversicherung, zur Haftpflichtversicherung, zur privat abgeschlossenen Lebensversicherung (abgeschlossen vor 01.01.2005) Zusatzversorgung Beiträge zur Riester-Rentenversicherung (vgl. Dillbergeber / Fest, 2016, S. 125 ff., § 10 I, Nr. 2 und Nr. 3 EStG f.) Zusammengefasst sind es Aufwendungen des Arbeitnehmers für Altersvorsorge und für sonstige Risiken im Arbeitsalltag bei: Krankheit oder Pflegebedürftigkeit Arbeitslosigkeit Unfall <?page no="31"?> 32 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Haftpflicht Tod, die als Sonderausgaben ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 und Absatz 4 EStG) werden. Über die Vorsorgepauschale hinaus werden im Lohnsteuerabzugsverfahren keine weiteren Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt. (vgl. BMF-Schreiben zur Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren vom 26.11.2013). Der Arbeitgeber muss gesondert, anhand des Versicherungsstatus des Arbeitnehmers, im jeweiligen Abrechnungsmonat prüfen, ob die Voraussetzungen zum Vorsorgeabzug gegeben sind. Dabei ist Vorsorgepauschale typisierend und losgelöst von der Berechnung der tatsächlich abzuführenden Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zu betrachten und in den jeweiligen Versicherungszweigen gesondert zu prüfen. Die Vorsorgepauschale umfasst anschließende Versicherungszweige und die Berechnungsgrundlage aus der Nettolohnrechnung: Teilbetrag zur Rentenversicherung (§ 39b, Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 a EStG) Voraussetzung Arbeitnehmer, die: • gesetzlich rentenversichert sind und ein Arbeitnehmeranteil entrichtet wird • oder wegen Versicherungspflicht in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der GKV befreit sind (vgl. § 6 Abs. 1 Nr.1 SGB VI) • Beachtung unterschiedliche BBG Ost und West = Arbeitslohn × Rentenversicherungsbeitrag × 50% × Faktor (Stand 2017: 68%) Teilbetrag zur Krankenversicherung (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 b EStG) Voraussetzung Arbeitnehmer: • inländisch gesetzlich krankenversichert und • Arbeitnehmeranteil zur GVK zu entrichten = Arbeitslohn × Arbeitnehmeranteil des ermäßigten Krankenversicherungbeitragssatzes (Stand 2017: 14,0%*) *Beachtung kassenindividueller Zusatzbeiträge maßgebend für Lohnabrechnung Teilbetrag zur Pflegeversicherung (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 c EStG) Voraussetzung Arbeitnehmer: • inländisch gesetzlich pflegeversichert • auch wenn gesetzlich krankenversichert und privat pflegeversichert • Beachtung BBG 52200,-€ Mindestvorsorgepauschale = Arbeitslohn × Arbeitnehmeranteil des Pflegeversicherungsbeitrages *Beachtung Zusatzbeiträge für Kinderlose und Sachsen PV-Beitragssatz maßgebend für Lohnabrechnung Abbildung 7: Zusammensetzung Vorsorgepauschale (vgl. Kiepe 2014, S. 141 ff., Werner 2017, S. 279 f.) <?page no="32"?> 1.1 Lohnsteuer 33 Für das Jahr 2017 beträgt die Vorsorgepauschale 68 % vom Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung (vgl. Werner 2017, S. 279 f.). In der Kranken- und Pflegeversicherung ist eine Mindestvorsorgepauschale, die unabhängig ob gesetzlich oder privatversichert ist, anzusetzen (vgl. § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Satz 2 letzter Teil EStG): Mindestvorsorgepauschale 12% vom Arbeitslohn höchstens 1900,-€ in den Steuerklassen I, II, IV, V, VI höchstens 3000,-€ in der Steuerklasse III Der Arbeitgeber ist nach § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 15 EStG verpflichtet, den berücksichtigen Teilbetrag der Vorsorgepauschale in die Lohnsteuerbescheinigung einzutragen, sodass der Arbeitnehmer in der Einkommenssteuererklärung erkennen kann, ob eine zu hohe, im Vergleich zu den tatsächlichen Aufwendungen, Vorsorgepauschale angesetzt wurde (vgl. Werner 2017, S. 286) Ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird nur in der Lohnsteuerklasse II gewährt (§ 24 b EStG). Diesen können alleinstehende Mütter und Väter bekommen, deren Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehört, die Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag haben - entweder über die jährliche Einkommensteuererklärung oder über einen Lohnsteuerermäßigungsantrag. Für das Jahr 2017 beträgt er 1908 €. Dieser erhöht sich für jedes weitere Kind um 240 €. Die abschließende Übersicht fasst automatisch berücksichtigte LSt- Abzüge zusammen. Abbildung 8: Automatisch berücksichtige lohnsteuerliche Abzüge (vgl. dazu Jenak, 2016, S. 147 ff.) Begrenzt LSt-freie Lohnarten Begrenzt lohnsteuerfreie Lohnarten beschreiben Leistungen des Arbeitgebers, die bis zu einem bestimmten Höchstbetrag keiner Lohnsteuer unterliegen und ab einem weiteren Euro voll steuerlich abzugsfähig sind. Zu berücksichtigen sind Arbeitgeberzuschüsse zu Beiträgen aus freiwilligem und privat versichertem Arbeitnehmer: • Grundfreibetrag: Ledige 8820,-€; Verheiratete 17640,-€ (nicht in Steuerklasse V und VI gewährt) • Werbungskostenpauschale: 1000,-€ (nicht in Steuerklasse VI) • Vorsorgepauschale für Altersvorsorgeaufwendungen und sonstige Vorsorgeaufwendungen (alle Steuerklassen) • 68 % vom Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung • Arbeitnehmerbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: (nur in Steuerklasse II) in Höhe von 1908,-€, für jedes weitere Kind erhöht sich dieser Betrag um jeweils 240,-€ Automatisch berücksichtigte LSt-Abzüge <?page no="33"?> 34 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Abbildung 9: Arbeitgeberzuschüsse zu Beiträgen aus freiwilligem und privat versichertem Arbeitnehmer (vgl. Jenak, 2016, S. 69) Für das Jahr 2017 sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung begrenzt lohnsteuerfrei: Krankenversicherung : monatlicher AG-Zuschuss (2017): → 317,55 € mit Krankengeldanspruch (Regelfall) → 304,50 € ohne Krankengeldanspruch (z. B. Altersvollrentner) Pflegeversicherung: monatlicher AG-Zuschuss (2017): 55,46 € Bei allein zu tragenden Zusatzbeiträgen erhalten freiwillig und privat Versicherte zu diesen Beitrags- und Prämienanteilen keinen Arbeitgeberzuschuss. Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung freiwillig Versicherter sind im Beitragsnachweis gesondert aufzuführen (vgl. Jenak, 2016, S. 69, Werner 2017, S. 183 f.). LSt-freie Lohnarten Steuerfreie Lohnarten auf Basis des Grundlohnes (laufender Arbeitslohn), beschreiben Leistungen, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, für die er aber keinerlei steuerliche Abzüge an den Staat leisten muss. Es handelt es sich gemäß § 3 EStG u.a. um Leistungen aus einer Krankenversicherung, Pflegeversicherung oder aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Aber auch das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz gehört zu den lohnsteuerfreien Einkünften. Das wohl bekannteste Beispiel für eine solche Lohnart ist die Reisekostenerstattung - hier kann der Arbeitgeber nach Bundesreisekostengesetz mögliche Wegstreckenentschädigungspauschalen (vgl. § 5 BRKG) steuerfrei erstatten. Weitere Beispiele sind: • Krankenversicherung = die Hälfte des Höchstbetrages, der sich bei Versicherungspflicht (ohne Zusatzbeitrag) ergeben hätte • Pflegeversicherung = die Hälfte des Höchstbetrages der gesetzlichen Pflgeversicherung (ohne Beitragszuschlag für Kinderlose 0,25 %) Arbeitnehmer (AN) ist bei einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) versichert • Krankenversicherung = die Hälfte des Höchstbetrages, der sich bei Versicherungspflicht (ohne Zusatzbeitrag) ergeben hätte, höchstens jedoch die Hälfte des AN an die PKV tatsächlich zu zahlenden Beitrag • Pflegeversicherung = die Hälfte des Höchstbetrages, der gesetzlichen Versicherungspflicht (ohne Beitragszuschlag für Kinderlose 0,25 %), höchstens jedoch die Hälfte, die der AN für die Pflegeversicherung bei der Versicherung zu zahlen hat Arbeitnehmer ist bei einer privaten Krankenversichrung (PKV) versichert <?page no="34"?> 1.1 Lohnsteuer 35 Aufmerksamkeiten bis 40 € inkl. Mehrwertsteuer → Sachzuwendungen (z.B. Blumen, Weinpräsente, Bücher, Getränke zum kostenlosen Verzehr) Warengutscheine (innerhalb der 44-Euro-Freigrenze) Auslagenersatz Mutterschaftsgeld (AG-Zuschuss) Unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen sind Zuschläge für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit lohnsteuerfrei gestellt (vgl. § 3b EStG). Die Abbildung 10 zeigt einen Überblick über die Höhe der jeweils freien Zuschläge. Grundsätzlich wird vom Grundlohn ausgegangen, also dem laufenden Arbeitslohn, dem einem Arbeitnehmer für den jeweiligen Arbeitszeitraum zusteht. Gegebenenfalls sind Durchschnittslöhne, bei z.B. Urlaub, zu berücksichtigen. Dabei sind bestimmte Zeiträume zu beachten. Als Nachtarbeit wird die Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr definiert. Als Sonntagsarbeit wird die Zeit von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr des jeweiligen Tages definiert. Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen umfasst die Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr des jeweiligen Tages (vgl. § 3b EStG). Darüber hinaus regelt der Gesetzgeber Fälle, wenn die Arbeit zu einem früheren Zeitpunkt als um 0.00 Uhr aufgenommen wurde. In dieser Zeit gilt für Nachtarbeit für den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 4.00 Uhr des Folgetages ein erhöhter Zuschlagssatz in Höhe von 40%. Im Falle von Sonn- und Feiertagsarbeit gilt für den Zeitraum von 20 - 04 Uhr des Folgetages auch die jeweilige Regelung für Sonn- und Feiertage (vgl. § 3b EStG). Abbildung 10: Überblick über die Höhe der lohnsteuerfreien Zuschläge (vgl. Jenak, 2016, S. 119, Werner 2017, S, 252 f.) Die zu zahlende Höhe der SFN-Zuschläge wird in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen geregelt. Doch nur die nach § 3 EStG gezahlten Zuschläge unterliegen der Steuerfreiheit. Das heißt, ein Arbeitgeber kann immer höhere Zuschläge zahlen, diese unterliegen dann aber der Steuerpflicht. Des Weiteren sind zur Ermittlung der Lohnsteuerpflicht bzw. SV- • Zuschuss zum Mutterschaftsgeld • Zuschläge SFN • Nachtarbeit • 25 % für Nachtarbeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr • 40 % Nachtarbeit von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr, wenn die Nachtarbeit vor 0.00 Uhr aufgenommen wurde • 50 % Sonntagszuschlag von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr • 125 % an gesetzlichen Feiertagen, Ostern, Pfingstsonntag von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr und am 31.12 ab 14.00 Uhr • 150 % am 24.12. ab 14.00 Uhr; am 25.12. und 26.12., 01.05. (sog. hohe Feiertage) von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr • Begrenzter Stundengrundlohnsatz bis 50,- € steuerfrei, bis 25,- € sv-frei Lohnsteuerfreie Lohnarten <?page no="35"?> 36 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Pflicht bestimmte Obergrenzen des Stundenlohnes zu berücksichtigen. Wird ein Grundlohn in der Sozialversicherung von 25 € und in der Lohnsteuer 50 € überschritten, sind die SFN-Zuschläge, die auf den überschreitenden Teil des Stundenlohns entfallen, dem sozialversicherungsrechtlichen bzw. steuerpflichtigem Arbeitsentgelt zuzurechnen und damit steuer- und beitragspflichtig (vgl. § 3b EStG). Das beigefügte Beispiel listet steuerfreie und steuerpflichtige Stundenlöhne dar: Ein Arbeitnehmer erhält für 10 Stunden einen Stundenlohn von 20 € am Sonntag → 10 Stunden x 20 € x 50 % = 100 € LSt-frei, SV-frei Ein Arbeitnehmer erhält für 10 Stunden einen Stundenlohn von 60 € am Sonntag → 10 Stunden x 60 € x 50 % = 300 € → 10 Stunden x 60 € x 50 % = 300 € → Steuerfrei: 10 Stunden x 50 € x 50 % = 250 € → SV-frei: 10 Stunden x 25 € x 50 % = 125 € → D.h. steuerpflichtig: 300 € - 250 € = 50 € → D.h. sv-pflichtig: 300 € - 125 € = 175 € Abbildung 11: Beispiel zur Ermittlung von steuerpflichtigen und steuerfreien Arbeitslohn (Werner 2017, S, 253) Abschließend können zwischen den verschiedenen Branchen Unterschiede zu den lohnsteuerfreien Lohnarten auftreten. So kann beispielsweise eine feststehende Berufsbekleidung beim Polizisten steuerfrei abgerechnet werden, bei einem Verkäufer im Einzelhandel wiederum nicht. Steuerfreiheit besteht häufig lediglich bis zu einem bestimmten Betrag (Werner, 2017, S. 124). Freibeträge - Hinzurechnungsbeträge Neben den automatisch berücksichtigen Freibeträgen können zusätzlich nach § 39 a EStG steuerlich abziehbare Aufwendungen auf Antrag geltend gemacht werden. Freibeträge und Hinzurechnungsbeträge können für ein Jahr auf Antrag bei Wohnsitzfinanzamt vom Arbeitnehmer eingetragen werden, um die monatliche Steuerlast zu mindern bzw. zu erhöhen. Beginn der Antragsfrist ist der 01. Oktober des Vorjahres für das der Freibetrag gelten soll. Die Antragsfrist endet am 30. November des Kalenderjahres, in dem der Freibetrag gilt. Das Finanzamt muss die Freibeträge ab dem Monat der Antragstellung gleichmäßig auf die folgenden Monate verteilen. Zu unterscheiden sind Freibeträge mit beschränkter und unbeschränkter Höhe. Die folgende Übersicht zeigt einen ergänzenden Überblick zu Freibeträgen: <?page no="36"?> 1.1 Lohnsteuer 37 Abbildung 12: Freibeträge auf Antrag (in Anlehnung an Jenak, 2016, S. 47, Kiepe 2014, S. 165 f.) Sie markieren die Höhe, bis zu der ein bestimmtes Einkommen steuerfrei bleibt. Alles, was darüber liegt, unterliegt der Versteuerung. Durch einen Freibetrag minimiert sich der lohnsteuerpflichten Arbeitslohn. Freibeträge müssen jedes Kalenderjahr neu beantragt werden. Es wird dabei zwischen unterschiedlichen Arten von Freibeträgen unterschieden. Zu erwähnen sind noch einmal Sonderausgaben „im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a und des § 10b, soweit sie den Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 Euro übersteigen“ (vgl. § 39 a EStG). Diese Freibeträge werden nur eingetragen, wenn die Summe der Aufwendungen abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrages 600,00 € übersteigen (vgl. Kiepe, 2014, S. 167). Abbildung 13: Übersicht Hinzurechnungsbeträge (vgl. Jenak, 2016, 46) Ein Hinzurechnungsbetrag stellt das Gegenstück zum Freibetrag dar. Er erhöht die Lohnsteuer für bestimmte Arbeitnehmergruppen (antragspflichtig). Sinnhaft kann sich ein Hinzurechnungsbetrag bei Arbeitnehmern von mehreren Arbeitsverhältnissen mit geringem Arbeitslohn erweisen. Gerade im ersten Dienstverhältnis werden die Steuerfreibeträge nicht voll ausgeschöpft. Im • Freibeträge ohne Beschränkung • Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene • Bestimmte Beträge nach dem Berlinförderungsgesetz oder nach § 7 Fördergebietsgesetz • Negative Einkünfte • Kinderfreibeträge für Kinder, wo kein Anspruch auf Kindergeld besteht • Freibeträge mit Besschränkung • Werbungskosten, die den Pauschbetrag von 1000,-€ übersteigen, d.h. durch den Beruf veranlasste Aufwendungen, z.B. Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, selbst gezahlte Fortbildungsmaßnahmen • Sonderausgaben, die den Pauschbetrag von 36,-€ übersteigen, z.B. Unterhaltszahlungen an geschiedene Ehegatten • Außergewöhnliche Belastungen, z.B. Ausgaben für Medikamente, Ärzte Freibeträge auf Antrag, sog. „steuerlich abziehbare Aufwendungen“ nach § 39a EStG, § 37 EStG • Erhöhen Lohnsteuer für bestimmte Arbeitnehmergruppen Studenten, Rentner, Azubi, die mehrere Arbeitsverhältnisse mit geringem Arbeitslohn ausüben Lohnsteuererstattung erfolgt erst nach Ablauf des Kalenderjahres im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung • auf 2. Arbeitsverhältnis Hinzurechnungsbetrag eintragen reduziert / vermindert LSt-Abzug in LSt-Klasse VI sofortige Entlastung bei monatlicher Lohnabrechnung Hinzurechnungsbeträge (seit 01.01.2000: Gegenteil von Freibetrag) <?page no="37"?> 38 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung zweiten Arbeitsverhältnis hingegen (Lohnsteuerklasse VI) fällt ab dem ersten Euro Arbeitslohn Lohnsteuer an (vgl. Werner 2017, S. 11). Liegt nun der Jahresarbeitslohn des ersten Arbeitsverhältnisses unterhalb des zu versteuerndem Jahreseinkommens und fällt in den jeweiligen Steuerklassen (I bis V) keine Lohnsteuer an, so kann dieser Betrag dem zweiten Arbeitsverhältnis hinzugeschrieben werden (vgl. Jenak 2016, S. 47). Dieser wirkt sich dann als eine Art Freibetrag im zweiten Beschäftigungsverhältnis aus. Voraussetzung ist, dass es sich um einen korrespondierenden Hinzurechnungsbetrag handelt. Das bedeutet, dass die Höhe des Freibetrages in der Lohnsteuerklasse im ersten Dienstverhältnisses gleich hoch dem Hinzurechnungsbetrag zweiten Dienstverhältnisses ist (vgl. Werner 2017, S. 11). Die die Höhe des Freibzw. Hinzurechnungsbetrages kann im Rahmen der maßgebenden Eingangsstufe per Antrag festgelegt werden. Arbeitslohn Lohnsteuer Ki-St. 8 % SolZ 5,5 % 1. Dienstverhältnis (St.-Kl. I) 450,00 € - - - 2. Dienstverhältnis (St.-Kl. VI) 430,00 € 49,33 € 3,94 € - Abzüge 49,33 € 3,94 € AG 1 (St.-Kl. I) 880,00 € - - - Hinzurechnungsbetrag: 430,00 € AG 2 (St.-Kl. VI) 0,00 € - - - Freibetrag: 450,00 € Abzüge 0,00 € 0,00 € Abbildung 14: Beispielrechnung steuerliche Auswirkungen Eintragung eines Frei- / Hinzurechnungsbetrages (Jenak, 2016, S. 47) Altersentlastungsbetrag nach § 24 a EStG Arbeitnehmer, die im Vorjahr das 64. Lebensjahr vollendet haben, erhalten ab Januar des Folgejahres einen Altersentlastungsbetrag, der Einkünfte zu einem bestimmten Prozentsatz steuerfrei stellt (vgl. Dillberger/ Fest 2015, S. 122). Das sind Personen, die vor dem 02.01.1952 geboren sind (vgl. Kiepe, 2014, S. 180). Der steuerpflichtige Arbeitslohn ist um den (täglichen, monatlichen oder jährlichen) Altersentlastungsbetrag zu kürzen, bevor die Lohnsteuer (Tag, Monat, Jahr) bestimmt wird. Für den Abzug des Altersentlastungsbetrags ist eine aktive Tätigkeit Voraussetzung. Er darf nicht von Vorsorgebezügen abgezogen werden. Der Arbeitgeber prüft, ob dem Arbeitnehmer ein Entlastungsbetrag zusteht. In der Regel weist die EDV, anhand der Stammdaten (Geburtsdatum), darauf hin, ob ein Altersentlastungsbetrag ggf. zu berücksichtigen ist. Der Lohnsteuerliche Auswirkung Eintragung eines Frei-/ Hinzurechnungsbetrages <?page no="38"?> 1.1 Lohnsteuer 39 Altersentlastungsbetrag ist bis zu einem Höchstbetrag im Kalenderjahr ein nach einem Prozentsatz ermittelter Betrag des Arbeitslohns ab dem ersten Anspruchsjahr laut beigefügter Tabelle (§ 24 a EStG Satz 5 Altersentlastungsbetrag). Tabelle 1: Übersicht Altersentlastungsbetrag (vgl. Jenak 2016, S. 199) Er ist dann beim Arbeitnehmer immer gleich anzusetzen. 1975 wurde er eingeführt und verringert sich seit 2005 jahrgangswiese (im Höchstbetrag und Prozentsatz) in dem Maß wie die Besteuerung von Renten (Werner, 2017, S. 273). Er schafft damit einen Ausgleich zwischen den Einkünften, die nicht wie z.B. Rentenzahlungen aus den Sozialversicherungen und Versorgungsbezüge anderweitig berechtigt sind. Damit dem vollzogenen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung seine sachliche Berechtigung verliert, wird er ab dem Jahr 2040 wird vollständig abgeschmolzen sein (vgl. Dillberger/ Fest 2015, S. 122 f.). Der Betrag ist auf volle Euro abzurunden und wird mit Ablauf eines Lebensjahres des Tages vollendet, der dem Tag der Wiederkehr des Geburtstages vorangeht (vgl. Kiepe, 2014, S. 179). Im Jahr 2017 beträgt er 20,8% und maximal 988,-€ (Werner, 2017, S. 273). Folgendes Beispiel dient zur Verdeutlichung: Arbeitnehmer feiert im Oktober 2016 seinen 64. Geburtstag. Er verdient monatlich 2000,-€ und ist in der Steuerklasse I Der Arbeitnehmer erhält ab Januar 2017 einen Altersentlastungsbetrag 2000,-€ x 20,8 %; aber max. 988,-€ / 12 Monate 2000,-€ x 20,8 % = 416,-€; aber max. 82 € monatlich (volle Beträge abgerundet) Beispiel Steuerersparnis Altersentlastungsbetrag <?page no="39"?> 40 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung 2000,-€ - 82 € = 1918 € Somit muss der Arbeitnehmer ab Januar 2017 nur noch 1918,-€ versteuern Lohnsteuer aus 2000,-€ in der LSt.-Kl. I: 196,50 € Lohnsteuer aus 1918,-€ in der LSt.-Kl. I : 178,08 € monatliche Steuerersparnis: 18,42 € Abbildung 15: Beispielrechnung Altersentlastungsbetrag (vgl. Kiepe, 2014, S. 180) Bei sonstigen Bezügen kommt nur ein Abzug zur Anwendung, wenn er sich bei Berechnung des maßgebenden Jahresarbeitslohns nicht ausgewirkt hat (vgl. Kiepe, 2014, S. 179, vgl. Abbildung 16). Zusammenfassung Lohnsteuergrundlagen Zusammenfassend werden unterschiedliche Freibeträge und Freigrenzen in der lohnsteuerlichen Betrachtung unterschieden. Abbildung 16: Arten von Freibeträgen und Freigrenzen (vgl. Kiepe 2014, S. 165 ff.). Bei Freibeträgen wird nur der überschreitende Betrag steuerpflichtig, der Teil bis zur Höhe des Freibetrages bleibt steuerfrei. Im Unterschied zu Freigrenzen wird der gesamte Betrag steuerpflichtig, wenn der Betrag die Freigrenze überschritten hat. Nicht ausgeschöpfte monatliche Beträge sind nicht in andere Monate übertragbar. Abschließende Abbildung verdeutlicht die Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Lohnsteuer unter Berücksichtigung von Frei- und Hinzurechnungsbeträgen. <?page no="40"?> 1.1 Lohnsteuer 41 Steuerbrutto monatliche Freibeträge (automatischer Abzug) monatliche Freibeträge (nicht automatischer Abzug) + Hinzurechnungsbeträge = Bemessungsgrundlage für Steuerberechnung Abbildung 17: Bemessungsgrundlage zur Steuerberechnung (vgl. Jenak, 2016, S. 47) Unterteilung des Lohnsteuertarifs und Besteuerung von sonstigen Bezügen (§ 34 Abs. 2 EStG, § 24 Nr. 1 EStG, R 39 b. 2 LStR) Bei den Lohnarten sind unterschiedliche Steuertarife hinterlegt. Die Abbildung zeigt eine Unterteilung in die verschiedenen Lohnsteuertabellen. Abbildung 18: Unterteilung des Lohnsteuertarifes (vgl. Jenak, 2016, S. 47) Grundsätzlich werden Tagestabellen bei Teillohnzeiträumen verwendet. Die laufenden Bezüge werden über Monatstabellen abgerechnet und Jahrestabellen kommen bei Einmalzahlungen zur Anwendung. Auf Einmalzahlungen wurde bereits im Sozialversicherungsteil Bezug genommen. Der Vollständigkeit halber wird nun die lohnsteuerliche Betrachtung vorgenommen. Einmalzahlungen sind Zuwendungen des Arbeitgebers, die nicht ausschließlich Lohn für Arbeitsleistung im gezahlten Lohnzahlungszeitraum darstellen müssen (Kiepe, 2014 S. 333, § 23a Absatz 1 Satz 1 SGB IV). Im Steuerrecht werden Einmalzahlungen sonstige Bezüge genannt (Werner 2017, S. 218) <?page no="41"?> 42 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Abbildung 19: Begriffserläuterung Einmalzahlungen (vgl. Kiepe 2014, S. 333) Die Lohnsteuer bei sonstigen Bezügen ist zu dem Zeitpunkt einzubehalten, in dem sie zufließen. Die individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind an dem Tag, an dem die Einmalzahlung zufließt, entscheidend. Bei sonstigen Bezügen kommen Jahreslohnsteuertabellen zur Anwendung. Das heißt, dass der Arbeitgeber in dem Monat, wo zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn (Monatstabelle) zwei getrennte Lohnsteuerberechnungen durchzuführen sind (Kiepe, 2014, S. 335). Die Abrechnungsdaten müssen in den Lohnkonten und in der Lohnsteuerbescheinigung getrennt ausgewiesen sein (vgl. Jenak, 2016, S. 53). Sonstige Bezüge sind das Gegenstück zum laufenden Arbeitslohn, der eine regelmäßige Zahlung darstellt. Sie dienen einem besonderen Anlass oder zu einem bestimmten Zweck. Dazu gehören: Abfindungen und Entschädigung steuerliche Sachzuwendungen aus besonderen Anlässen 13. und weitere Monatsgehälter Erholungs-, Geburts- und Heiratsbeihilfen Gratifikationen, Prämien, Tantieme Jubiläumszuwendungen zusätzliches, über die Lohnfortzahlung hinausgehendes Urlaubsgeld Urlaubsabgeltung Weihnachtszuwendungen Nachzahlungen von Arbeitslohn über mehrere Kalenderjahre Nachzahlungen/ Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag nicht auf das Jahr der Zahlung bezieht (z.B. Nachzahlungen im März für die Monate November bis Februar) → liegen auch dann vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (Werner 2017, S. 218). Nachfolgend werden das Abrechnungsschema und ein Beispiel zur Veranschaulichung der Abrechnung gezeigt. Bisher abgerechneter Jahresarbeitslohn + zu erwartender laufender Arbeitslohn (Restjahr) einschl. Jahresbetrag Sachbezüge / geldwerte Vorteile ./ . (ggf.) Jahresfreibetrag lt. ELStAM und Jahresaltersentlastungsbetrag + (ggf.) Jahreshinzurechnungsbetrag lt. ELStAM Einmalzahlungen im Steuerrecht sonstige Bezüge R 39b, Abs.2 LStR 2011 im Sozialversicherungsrecht Einmalige Zuwendungen § 23a Abs. 1 SGB IV <?page no="42"?> 1.1 Lohnsteuer 43 = voraussichtlicher Jahresarbeitslohn ohne sonstigen Bezug, daraus Jahreslohnsteuer + sonstiger Bezug = voraussichtlicher Jahresarbeitslohn mit sonstigem Bezug, daraus Jahreslohnsteuer Abbildung 20: Rechenschema sonstiger Bezug (vgl. Jenak, 2016 S. 53) Steuerliche Merkmale III + Gehalt Januar bis zum Monat, in dem der Einmalbezug gezahlt wird z.B. Urlaubsgeld in 04/ 2017 Januar bis April 12.000,- € + Geschätztes Gehalt Folgemonate bis Jahresende Mai bis Dez. 24.000,- € = Voraussichtlicher Jahresarbeitslohn 36.000,- € + Sonstiger Bezug (z.B. Urlaubsgeld in 04/ 2017) 2.000,- € = Voraussichtlicher Jahresarbeitslohn inkl. sonstiger Bezug 38.000,- € Jahreslohnsteuer mit sonstigen Bezug 2.856,- € Jahreslohnsteuer ohne sonstigem Bezug 2.396,- € = Differenzbetrag Lohnsteuer für sonstigen Bezug 460,- € x 9 % Kirchensteuer (ermäßigt) 41,40 € x 5,5 % SolZ 25,30 € Abbildung 21: Rechenschema zur Ermittlung der pauschalen Lohnsteuer am Beispiel eines einmalig gezahlten Urlaubsgeldes (vgl. Jenak 2016, S. 47) Freibeträge für Kinder kommen bei sonstigen Bezügen nicht zur Anwendung (Jenak, 2016, S. 43 ff.) Pauschalierung der Lohnsteuer und Besteuerung Der Arbeitgeber kann unter bestimmten gesetzlichen Lohnbestandteilen eine Pauschalbesteuerung durchführen. Dabei wird der Arbeitgeber zum Steuerschuldner und die Arbeitslohnbestandteile sind für den Arbeitnehmer steuerlich abgegolten (Steuerersparnis für den Arbeitnehmer). Eine pauschalierte Lohnsteuer wird mit einem bestimmten Prozentsatz vom steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers abgezogen. Sie wird vom Arbeitgeber abgeführt und nicht vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers abgezogen. Eine Pauschalierung der Lohnsteuer löst u.U. Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (§ 1 Abs.1 SvEV) aus. Die Lohnsteuerklassen und Kinderfreibeträge werden bei der pauschalierten Lohnsteuer nicht berücksichtigt. Bei der pauschalierten Lohnsteuer werden ermäßigte Kirchensteuersätze je nach Bundesland und Konfessionszugehörigkeit angesetzt (z.B. 7%, gesonderte Tabelle). Der übliche Prozentsatz von 5,5 % Solidaritätszuschlag ist zusätzlich zum Abzug zu bringen. Für folgende ausgewählte Beispiele ist eine Pauschalierung der Lohnsteuer möglich. <?page no="43"?> 44 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Abbildung 22: Ausgewählte Beispiele zur Pauschalierung der Lohnsteuer (vgl. Jenak, 2016, S. 59 f.) Voraussetzungen für die Pauschalversteuerung in Höhe von 2 % ist eine nach SV-Recht entgeltgeringfügige Beschäftigung (vgl. § 8 I SGB IV). Das regelmäßige Arbeitsentgelt in Höhe von 450,- € monatlich und max. zweimaliges Übersteigen des Betrages pro Jahr darf nicht überschritten werden. Des Weiteren ist vom Arbeitgeber der pauschale KV-Pflichtbetrag (15 %) anzuwenden. Die Beiträge sind an die Minijobzentrale abzuführen. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, kann pauschal mit 20 % vom Arbeitsentgelt versteuert werden. Beiträge zur Direktversicherung oder Pensionskasse für Altverträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden, werden mit 20 % pauschaliert (vgl. Werner 2017, S. 239). Für Aushilfskräfte, die gelegentlich, nicht regelmäßig, wiederkehrend beschäftigt sind, kann ein LSt.-Pauschalsatz in Höhe von 25 % des Arbeitslohnes durch den Arbeitgeber angesetzt werden, vorausgesetzt, die Beschäftigung dauert höchstens 18 zusammenhängende Tage und der Stundenlohn übersteigt nicht mehr als Ø 12,- € bzw. 68,- € je Arbeitstag. Ebenfalls mit 25 % LSt.- Pauschalsatz dürfen für Essenszuschüsse und Verpflegungsmehraufwendungen angesetzt werden. Mahlzeiten/ Essenszuschüsse (Sachzuwendungen → geldwerter Vorteile) stellen grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Typische Sachbezüge sind: Überlassung von Firmenfahrzeugen für die private Nutzung (siehe Fahrtkostenzuschuss) verbilligtes oder kostenfreies Mittagessen zinslose oder verbilligte Arbeitgeberdarlehen Belegschaftsrabatte, Belegschaftseinkauf Entscheidend für die Bewertung der Mahlzeiten und zur Ermittlung des Vorteils sind die Sachbezugswerte gemäß R. 8.1 Abs. 7 LStR. Der Wert für ein Mittagessen in 2017 beträgt 3,17 € je Mahlzeit. Der Verrechnungswert für eine Essenmarke z.B. in einer Werkskantine, darf den amtlichen Sachbezugswert einer Mahlzeit um nicht mehr als 3,10 € übersteigen (Werner, 2017, S. 297). Für das Jahr 2017 darf somit der Wert der Essenmarke 6,27 € (3,17 € + 3,10 €) nicht übersteigen (vgl. Werner 2016, S. 194). Eine Pauschalierung in Höhe von 25 % für Verpflegungsmehraufwendungen (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG) • Geringfügige Beschäftigung nach SV-Recht = 2% Pauschsteuer • Direktversicherung und Pensionskassen (Altzusagen) = 20 % LSt- Pauschalsatz • Fahrkostenzuschüsse, geldwerter Vorteil (Wohnung - 1. Tätigkeitsstätte) = 15 % LSt-Pauschalsatz • Aushilfskräfte (gelegentlich, nicht regelmäßig, wiederkehrend beschäftigt, Dauer höchstens 18 zusammenhängende Tage, Arbeitslohn je Std. höchstens 12,-€ = 25 % LSt-Pauschalsatz • Essenszuschüsse und Verpflegungsmehraufwendungen = 25 % LSt- Pauschalsatz • Pauschalierung bei Sachbezügen (§ 37b EStG) = 30 % LSt-Pauschalsatz Auswahl Anwendung Pauschaler Lohnsteuer <?page no="44"?> 1.1 Lohnsteuer 45 ist nur zulässig anlässlich einer Auswärtstätigkeit und im Rahmen der doppelten Haushaltsführung eines Arbeitnehmers. Dabei sind die steuerfreien Pauschbeträge zu berücksichtigen und ggf. gegenzurechnen: 24,- € bei einer Abwesenheitsdauer von 24 Stunden 12,- € bei einer Abwesenheitsdauer von weniger als 24 Stunden, aber mindestens 8 Stunden 12,- € am Anreise- und Abreisetag mehrtätige beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit begrenzt auf 3 Monate am gleichen Ort Generell darf die Vergütung für Verpflegungsmehraufwendungen die gesetzlichen Pauschbeträge nicht mehr als 100 % übersteigen (vgl. Jenak, 2016, S. 59) Der Arbeitgeber kann nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG die Lohnsteuer für Fahrtkostenzuschüsse mit einem Pauschalsteuersatz von 15 % erheben. Zuschüsse zu den Fahrtkosten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, soweit diese Zuschüsse den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer andernfalls als Werbungskosten geltend machen könnte (0,30 €/ Entfernungskilometer, jeden Monat an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte). Die pauschaliert besteuerten Fahrtkostenzuschüsse sind sozialversicherungsfrei und bleiben unberücksichtigt bei den Verdienstgrenzen von Aushilfskräften und geringfügig entlohnten Beschäftigten (Jenak, 2016, S. 59; Werner 2017, S. 302). Eine Pauschalierung der Lohnsteuer (25%) von sonstigen Bezügen (vgl. § 40 Abs. 1 EStG) und dem ermäßigtem Ki.-St.-Satz, ist möglich, wenn: der Arbeitgeber sonstige Bezüge in größerem Maße seinen Mitarbeitern gewährt; sonstige Bezüge von maximal 1.000 Euro pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr gewährt werden; die pauschale Lohnsteuer durch den Arbeitgeber übernommen wird. (Auf den Arbeitnehmer abgewälzte pauschale Lohnsteuer gilt als zugeflossener Arbeitslohn und mindert nicht die Bemessungsgrundlage. Es ist ein Nettosteuersatz anzuwenden.); der Arbeitgeber die Besteuerungsart beim Betriebsstätten-Finanzamt beantragt hat und den Antrag zur Berechnung beigefügt hat, aus der sich der durchschnittliche Steuersatz unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Jahresarbeitslöhne und der durchschnittlichen Jahreslohnsteuer in jeder Steuerklasse für diejenigen Arbeitnehmer ergibt, denen die Bezüge gewährt werden, unter Beachtung von ggf. Frei- und Hinzurechnungsbeträgen (Werner 2017, S. 295) Kinderfreibeträge § 32 Abs. 6 EStG Steuerliche Freibeträge für Kinder umfassen den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Erziehungs-, Betreuungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes. Einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag besteht für Kinder: <?page no="45"?> 46 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung ab Geburtsmonat bis zum 18. Lebensjahr bis zum 25. Lebensjahr, wenn sich das Kind noch in Ausbildung oder Studium befindet über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn das Kind behindert und außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (http: / / www.kindergeld.org/ kinderfreibetrag.html, vgl. Kiepe 2014, S. 164). Kinderfreibeträge finden seit 1996 keine Berücksichtigung mehr in der Lohnsteuer, wenn im laufenden Kalenderjahr staatliches Kindergeld gezahlt wird (vgl. Werner, 2017, S. 15). Aber sie wirken sich mindernd auf den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuerlast aus. Die Zahl der Kinderfreibeträge, wird beim Bundeszentralamt für Steuern gebildet und einer zentralen Datenbank gespeichert. Unter der Identifikationsnummer des Arbeitnehmers als elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) werden sie dem Arbeitgeber als individuelle Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers, zur Verfügung gestellt (Jenak, 2016, S. 43, vgl. Kiepe, 2014, S. 164). Für das Jahr 2017 beträgt er 7048,- € je Kind und wird auf das gezahlte Kindergeld angerechnet. Dieser Betrag, der den jährlichen Grundbedarf eines Kindes abdecken soll, setzt sich zusammen aus: Einem Festbetrag von derzeit 2.640 Euro für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf Und einem jährlich variierenden Betrag für das sachliche Existenzminimum eines Kindes in Höhe von 4.608 Euro (Stand 2017) (http: / / www.kindergeld.org/ kinderfreibetrag.html). Das Kindergeld ist eine monatliche steuerliche Ausgleichszahlung, das die Grundversorgung eines in Deutschland lebenden Kindes gewährleisten soll. Der Kinderfreibetrag dagegen wird nicht ausgezahlt und wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Der Freibetrag kann sich steuermindernd auf die Einkommensteuerlast auswirken. Die monatlichen Kindergeldzahlungen stellen dabei eine Vorausleistung auf den Kinderfreibetrag zum Jahresende dar. Im Rahmen der Einkommenssteuerklärung werden Lohnsteuern mit der Höhe der Kindergeldzahlungen verglichen: Gezahltes Kindergeld < steuermindernder Freibetrag (ergebende Steuerersparnis) → Rückerstattung der Differenz Gezahltes Kindergeld > steuermindernder Freibetrag (ergebende Steuerersparnis) → keine Rückforderung oder nachträgliche Kürzung des gezahlten Kindergeldes Das Finanzamt prüft, ob eine Kindergeldzahlung oder die Eintragung eines Freibetrages im Rahmen der Günstigkeitsprüfung besser für den Steuerpflichtigen ist. Es kann zu halben Kinderfreibeträgen kommen. Jedes Elternteil hat einen Anspruch einen halben Freibetrag für ein gemeinsames Kind. Ein Kinderfreibetrag wird berücksichtigt mit 0,5 bei unverheirateten Eltern oder Ehepaaren, wo nur einer von beiden eine verwandtschaftliche Beziehung ersten Grades zu <?page no="46"?> 1.2 Solidaritätszuschlag (SolZ) - Solidaritätszuschlagsgesetz 47 diesem Kind hat. Das ist der Fall in den Lohnsteuerklassen I-IV. In den Steuerklassen III und IV können auch Kinderfreibeträge von 1,0 hinterlegt sein. Das ist bei verheirateten Ehepaaren, die beide eine verwandtschaftliche Beziehung ersten Grades zu diesem Kind haben und sich steuerlich zusammenveranlagen (Kiepe, 2014, S. 164). Es kann zudem sein, wenn ein Elternteil vor Beginn des Kalenderjahres verstorben ist oder wenn auf Antrag eines Elternteils (LSt-Kl. II) der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag übertragen worden ist, gilt auch für jedes zu berücksichtigende Kind der Zähler 1,0 (Jenak, 2016, S. 43). In den Lohnsteuerklassen V und VI werden keine Kinderfreibeträge berücksichtigt. Die Erteilung der LSt.-Kl. V wird in Kombination mit der LSt.Kl. III vergeben, in der bereits der doppelte Kinderfreibetrag berücksichtigt wurde. Die LSt.-Kl. VI wird nur bei einem zweiten Arbeitsverhältnis vergeben, das bedeutet dass ein Kinderfreibetrag schon in einer andere LSt.-Kl. des Arbeitnehmers belegt wurde. Verheiratetes Paar hat 2 Kinder im Alter von 5 und 10 Jahren, ein Ehegatte ist in Steuerklasse III, der andere in Steuerklasse V. Wie ist der Eintrag der Kinderfreibeträge hinterlegt? → Steuerklasse III: 2,0 Kinderfreibetrag („besser Verdienender“, Steuerminderung) → Steuerklasse V: 0 Kinderfreibetrag („geringer Verdienende“) Verheiratetes Paar hat 2 Kinder im Alter von 5 und 10 Jahren, beide befinden sich in Steuerklasse IV. Wie ist der Eintrag der Kinderfreibeträge hinterlegt? → Steuerklasse IV: 2,0 → Steuerklasse IV: 2,0 → zusammenveranlagt Abbildung 23: Beispiel steuerliche Behandlung von Kinderfreibeträgen (vgl. Jenak, 2016, S. 43) Solidaritätszuschlag (SolZ) - Solidaritätszuschlagsgesetz Der Solidaritätszuschlag wird in allen Bundesländern seit 01.01.1995 erhoben und stellt keine eigene Steuerart dar. Er ist eine Ergänzungsabgabe i. S. d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG und beträgt 5,5 %. Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ist die Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn, unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen. Bruchteile in Cent bleiben unbeachtet (Jenak, 2016, S. 57). Ursprünglich diente der Betrag zur Finanzierung der Ausgaben der Wiedervereinigung. Er gehört zu den Annexsteuern, deren Bemessungsgrundlage eine andere Steuerschuld ist. Es handelt sich um Zuschlagssteuern, die das Erwerbseinkommen von Einkommens- und Körperschaftssubjekten zusätzlich belasten (vgl. Jesgarzewski / Schmittmann, 2015, S. 28 f.). Beispiel zur Ermittlung von Kinderfreibeträgen <?page no="47"?> 48 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Unterteilung des Solidaritätszuschlags keine Beitragserhebung = Nullzone (§ 3 Abs. 4 SolZG) Nullzone Steuerklasse III Steuerklasse I, II, IV, V, VI Monat 162,00 € 81,00 € Tag 5,40 € 2,70 € Übergangszone oder gemilderter Solidaritätszuschlag (Günstigkeitsprinzip) Die volle Beitragserhebung in Höhe von 5,5 % der Bemessungsgrundlage kommt erst zur Anwendung, wenn 20% des Unterschiedsbetrages zwischen der Lohnsteuer und Nullzone keinen niedrigeren SolZ ergeben. (z.B.: Gehalt 2868,- €; LSt.-Kl. III/ 1,5) Lohnsteuer in LSt.-Kl. III 174,50 € a) 174,50 € x 5,5% = 9,59 € b) 174,50 € - 162,- € (Nullzone in Steuerklasse III) = 12,50 € 12,50 € x 20% = 2,50 € Solidaritätszuschlag Die Nullzone bzw. Übergangszone kommen bei sonstigen Bezügen nicht zur Anwendung. Hier gilt ein genereller Beitragssatz in Höhe von 5,5 % von der Lohnsteuer. Kirchensteuer (Ki.-St.) Die Kirchensteuer ist eine Geldbzw. Beitragsleistung, die von erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften zur Finanzierung kirchlicher Aufgaben von ihren Mitgliedern erhoben wird (vgl. Peterson, 2010, S. 42). Ist eine Kirche Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV eine anerkannte Körperschaft des Öffentlichen Rechts, darf sie Kirchensteuerbeträge erheben. In Deutschland zählen aktuell neun zu anerkannten Religionsgemeinschaften (vgl. Jesgarzewski / Schmittmann, 2015, S. 29). Abbildung 25: Anerkannte Religionsgemeinschaften (vgl.: https: / / www.vlh.de.wissen-service/ steuer-abc/ kirchensteuer-was-muss-ichwissen-was-kann-ich-absetzen.html) Katholische Kirche Evangelische Landeskirchen Altkatholische Kirche Jüdische Kultusgemeinden Israelitische Religionsgemeinschaften Freireligiöse Gemeinden Französische Kirche zu Berlin Mennonitengemeinde in Hamburg-Altona Unitarische Religionsgemeinschaft Freier Protestanten in Rheinland-Pfalz <?page no="48"?> 1.3 Kirchensteuer (Ki.-St.) 49 Die gezahlte Kirchensteuer ist zugleich als Sonderausgabe im Rahmen der Einkommensteuer abzugsfähig und reduziert damit zugleich ihre Bemessungsgrundlage, § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG (vgl. Jesgarzewski, Schmittmann 2014/ 2016, S. 63) Kirchensteuern sind die wichtigste Einnahmequelle zur Finanzierung kirchlicher Arbeit. Wie der Solidaritätszuschlag gehört sie zu den Annexsteuern und folgt somit auch den Grundbesteuerungsprinzipien nach Leistungsfähigkeit (Akzessorietät) der Einkommenssteuer. Unter dem Begriff „Kirchensteuer“ sind unterschiedliche Kirchensteuergesetze der Länder und Kirchensteuerordnungen zusammengefasst (vgl. Jenak, 2016, 43). Die Kirchensteuer ist: eine echte Steuer nach Abgabenordnung § 3 AO, eine Ergänzungsabgabe als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer), (vgl. Jesgarzewski, Schmittmann 2014/ 2016, S. 29) „Als Kirchensteuer vom Einkommen, nach Maßgabe des Grundsteuermessbetrages, als Kirchensteuer vom Vermögen, als (Orts- oder Gemeinde-)Kirchgeld und als besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe“ (Peterson, 2010, S. 42) Die Kirchensteuer wird prozentual von der angefallenen Lohnsteuer des laufenden Arbeitslohns, unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen erhoben. Die Prozentsätze sind in den Bundesländern unterschiedlich. Maßgebend für die Höhe der Kirchensteuer ist der Sitz der lohnsteuerlichen Betriebsstätte. Das heißt, dass ein Arbeitnehmer, der in Sachsen wohnt und bei einem Arbeitgeber, dessen lohnsteuerliche Betriebsstätte in Bayern liegt, arbeitet, hat der Arbeitgeber einen Kirchensteuersatz in Höhe von 8 % (Bayern) von der Lohnsteuer abzuführen (vgl. Kiepe, 2014, S. 192 ff.). Seit 2015 werden Mindestbetrags-Kirchensteuern nicht mehr erhoben. Zur Ermittlung der Kirchensteuer sind die Kinderfreibeträge in den Lohnsteuertabellen bereits berücksichtigt. Die Kirchensteuerdaten sind in den ELStAM-Daten hinterlegt und werden mittels DEÜV-Meldungen vom Arbeitgeber abgerufen (vgl. Jenak, 2016, S. 43). Abbildung 24: Kirchensteuersätze (vgl. Jenak, 2016, S. 199) Bundesland KSt.-Satz Bundesland KSt.-Satz Baden-Württemberg 8% Niedersachsen 9% Bayern 8% Nordrhein-Westfalen 9% Berlin 9% Rheinland-Pfalz 9% Brandenburg 9% Saarland 9% Bremen 9% Sachsen 9% Hamburg 9% Sachsen-Anhalt 9% Hessen 9% Schleswig-Holstein 9% Mecklenburg-Vorpommern 9% Thüringen 9% <?page no="49"?> 50 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Wenn Ehegatten unterschiedlichen Konfessionen angehören, wird in den meisten Bundesländern jeweils zur Hälfte zwischen diesen Konfessionen die Kirchensteuer aufgeteilt. Dieses Verfahren wird Halbteilungsgrundsatz genannt. Die Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Bremen weichen vom Halbteilungsgrundsatz ab. Hier geht die volle Kirchensteuer an die Religionsgemeinschaft des Arbeitnehmers. Folgendes Beispiel veranschaulicht, wie das Entgeltprogramm bei konfessionsverschiedenen Paaren rechnerisch vorgeht. Ehefrau LSt.-Kl. IV evangelisch (ev) Ehemann LSt.-Kl. IV katholisch (rk) fiktive LSt.: 493,50 € fiktive LSt.: 622,75 € Baden-Württemberg: Kirchensteuersatz 8% Kirchensteuer: 39,48 € Kirchensteuer: 49,82 € ev: 19,74 € rv: 19,74 € rk: 24,91 € ev: 24,91 € Abbildung 25: Ermittlung Kirchensteuer konfessionsverschiedener Paare, eigene Darstellung (vgl. Kiepe 2014, S. 195 ff. Rechenbeispiel Halbteilungsgrundsatz) Bei konfessionsverschiedenen Ehen, bei denen, mit Ausnahme der Länder Bayern, Bremen und Niedersachsen, der Halbteilungsgrundsatz zur Anwendung kommt, ist unbedingt darauf zu achten, dass im Entgeltprogramm die Konfession des Ehepartners ausgewiesen wird. Gehört der Ehepartner des Arbeitnehmers der gleichen Konfession an oder ist er konfessionslos, darf dieser aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers ausgewiesen werden. Gleiches gilt, wenn nur der Ehepartner einer kirchensteuerberechtigten Religionsgemeinschaft angehört, weil dann beim Arbeitnehmer kein Kirchensteuerabzug zur Anwendung kommt. Bei geringfügigen Beschäftigungen wird ein pauschaler Kirchensteuersatz in Höhe von 2 % erhoben. Die Kirchensteuer wird in die jeweiligen Konfessionen aufgegliedert und gemeinsam mit der Lohnsteuer vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt (vgl. Jung 2017, S. 669 ff.). Zusammenfassung Der Input (Buttoentgelt) eines Mitarbeiters kann je nach Entgeltform monatlich abweichen. Gehaltsempfänger, z.B. Auszubildende oder Empfänger von Betriebsrenten, erhalten i.d.R. einen feststehenden Bruttobetrag. Bei Lohnempfängern, die auf Basis von Zeitlöhnen oder Akkordlöhnen Entgelt empfangen oder Provisionen bzw. Prämien beziehen, wird das Bruttoentgelt jeder Abrechnungsperiode neu ermittelt. Einbezogen werden alle bezahlten Leistungen und Zeiten entsprechend gesetzlichen, tariflichen oder betrieblichen Vergütungsmaßgaben. Bei z.B. Abwesenheiten wie Urlaub oder Krankheit werden Durchschnittslohnermittlungen vorgenommen. Um dann nach o.g. Grafik zum Nettoentgelt / Auszahlungsbetrag zu gelangen, müssen die steuerlichen (und sozialversicherungspflichten) Abzüge ermittelt werden. <?page no="50"?> 1.4 Zusammenfassung 51 Bruttoentgelt × Lohnsteuersatz Errechnete Lohnsteuer × Kirchensteuer Errechnete Lohnsteuer × Solidaritätszuschlag Abbildung 26: Gesetzliche lohnsteuerliche Abzüge, eigene Darstellung (vgl.: Schmeisser 2008, S. 23, Hentschel, 1997, S. 63) Aus den Lohnsteuerabzugsmerkmalen, mittels ELStAM, ergeben sich die Faktoren des Steuerbruttos. Die gewonnenen Daten werden im Abrechnungsprogramm aufbereitet nach Mitarbeiterabrechnung, Steuerabrechnung und Sozialversicherungsrechnung. Das Unternehmen verpflichtet sich zur Einbehaltung und zur Abführung der Lohn- und Kirchensteuer an das Betriebsstättenfinanzamt, also dem zuständigen Finanzamt in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte des Unternehmens befindet (vgl. Ennemoser, 2015, S. 14). Die Lohnsteueranmeldung wird monatlich, vierteljährlich oder jährlich wiederholt Jung 2017, S. 669 f.). Eine Zahlungs-Schonfrist (Banküberweisung) beträgt nur noch 3 Tage (vgl. § 240 Abs. 3 Satz 1 AO, § 108 Abs. § AO). Fällt der dritte Tag nicht auf einen Arbeitstag, sondern auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so ist der nächstfolgende Werktag maßgebend“ (http: / / www.lohn-info.de/ lohnsteuer anmeldung.html#vordruckmuster, vgl. Jung 2017, S. 669 ff.). Folgende Abschlussarbeiten, unter lohnsteuerlichen Gesichtspunkten, schließen das Thema Lohnsteuer ab: Annexrechnung Kirchensteuer Solidaritätszuschlag Ergebnis = Lohnsteuer Rechfaktoren Steuertarif - Lohnsteuerklassen Bemessungsfaktor Progressionsvorbehalte Zeitfaktor Kalendertage Monat Jahr Berechnungsgrößen zu versteuernder Arbeitslohn Abzugsverfahren Frei-/ Pauschalbrutto Input Steuerbrutto <?page no="51"?> 52 Kapitel 1: Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung Abbildung 27: lohnsteuerliche Abschlussarbeiten, eigene Darstellung (vgl. http: / / www.lohn-info.de/ lohnsteueranmeldung.html#vordruckmuster) <?page no="52"?> Kapitel 2: Verwaltungstechnische und steuerrechtliche Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements <?page no="53"?> Grundsätzliches Der digitale Wandel ist ein Phänomen, das mittlerweile fast alle Lebensbereiche beeinflusst. Angefangen bei mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets, deren Nutzung heute die Regel ist, geht es über Dienstleistungen oder Konsumgüter, die über das Internet gebucht bzw. gekauft werden, bis hin zu 3D-Druckern, die komplexe Bauteile erschaffen oder intelligenten Robotern, die die Produktion automatisieren. Dies sind nur einige Beispiele für die digitale Transformation. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung werden immer öfter die Begriffe Industrie 4.0 und Arbeitswelt 4.0 genannt. Der Ursprung für die Bezeichnung 4.0 ist die Entwicklung der Industriegesellschaft, die mit der Elektrifizierung (Stufe 1) startete, mit der Massenfertigung (Stufe 2) sowie der Softautomation (Stufe 3) ihren Lauf nahm und nun mitten in der vierten Stufe Big Data steckt. 1 Big Data ist eine Bezeichnung für große Mengen an Daten, die nahezu aus allen Gebieten stammen und mit speziellen Lösungen gespeichert, verarbeitet und ausgewertet werden sowie durch eine Vernetzung zu komplett neuartigen Nutzen führen können. 2 Doch der darauf basierende digitale Wandel stellt nach Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in seiner Rede beim nationalen IT-Gipfel 2015 vor allem für die Gesellschaft und die Wirtschaft in den kommenden Jahren die zentrale Herausforderung im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit dar. Das Digitalisierungstempo der deutschen Wirtschaft ist offensichtlich im internationalen Vergleich rückläufig. Das ist nur ein Grund zum Aufholen der deutschen Wirtschaft und besonders für ein Drittel aller deutscher Unternehmen, die noch nicht mal eine Digitalisierungsstrategie haben. 3 Ein anderer Grund zum Anzug des Digitalisierungstempos, sind die Chancen, die die digitale Transformation in allen Bereichen eines Unternehmens mit sich bringt, wie die Steigerung der Innovationsfähigkeit und Flexibilität sowie die Vereinfachung von Arbeitsabläufen. Die Digitalisierung ist insofern auch ein bedeutendes Thema der Personalarbeit und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen muss sich das Personalmanagement damit beschäftigen, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Strategie und Organisation hat. Damit sind insbesondere die sich verändernden Jobprofile in Hinblick auf die Personalplanung oder die neuen Wege im Recruiting sowie in der Personalentwicklung gemeint, also zusammenfassend, das strategische Personalmanagement. 4 Zum anderen ist die Digitalisierung von Prozessen innerhalb des Personalbereichs mittels neuer IT-Technologien nicht zu vernachlässigen. Aufgrund dessen werden die Möglichkeiten der Digitalisierung von Prozessen des Personalbereichs, insbesondere der Personalverwaltung, und die daraus resultierenden Chancen im Fokus stehen. 1 Vgl. Becker (2015), S. 14 2 Vgl. Bendel (o.J.), Stichwort: Big Data 3 Vgl. Gabriel (2015), 3min 01sec bis 4min 55sec 4 Vgl. Rößler (2015), S. 20 f. <?page no="54"?> 2.1 Grundsätzliches 55 Theoretische Grundlagen und terminologische Abgrenzungen Digitalisierung Der Begriff der Digitalisierung beschreibt die Umwandlung von analogen Daten und Informationen in ein digitales Medium bzw. die Übertragung auf ein digitales Medium. Ohne Zweifel kommen Unternehmen schon lange nicht mehr ohne die Unterstützung durch den Computer aus. Jedoch geht die Bedeutung der Digitalisierung in der heutigen Zeit weit darüber hinaus. 5 Es ist vielmehr ein Überbegriff für alle Formen der Informations- und Kommunikationstechnologien, die in einem Betrieb zum Einsatz kommen. 6 Die Digitalisierung betrifft allerdings nicht nur den einzelnen Betrieb, sondern die ganze Wirtschaftswelt. Durch eine immer umfassendere Vernetzung der Wirtschaftseinheiten und der Gesellschaft ist es unumgänglich, den digitalen Wandel zu ignorieren. Er steht für die Fähigkeit zur Sammlung und Analyse von Daten und Informationen sowie für die daraus resultierenden Entscheidungen und Handlungen. 7 Nach einer Studie von Ernst & Young zum Thema Digitalisierung gaben fast 70 Prozent der Unternehmen an, dass digitale Technologien inzwischen eine große oder sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell spielen. Außerdem sehen 64 Prozent der Unternehmen die Digitalisierung der Wirtschaft als Chance für das eigene Unternehmen. 8 Sie bringt bspw. neue Potenziale bezüglich der Arbeitsgestaltung und -organisation mit sich. Das ist durch den Einsatz von intelligenten Tools und Technologien sowie durch den Zugang zu weltweit verteilten Informationen und Ressourcen möglich. Aufgrund dieser neuen Möglichkeiten verändert bzw. erneuert sich die Prozessgestaltung und als Konsequenz wird derer Effizienz und Effektivität deutlich erhöht. 9 Ein Beispiel für die Digitalisierung führt in die Produktion: Industrie 4.0 vernetzt Mensch und Maschine in der Produktion mit intelligenten Informations- und Kommunikationstechnologien. Doch nicht nur in diesem Bereich stellt die Digitalisierung ein großes Thema dar: Die deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. stellte die Digitalisierung in ihrer Studie Megatrends 2015 als den Megatrend vor, der innerhalb der letzten fünf Jahre einen beachtlichen Bedeutungszuwachs vermerkte. Knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen denken, dass die Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeit starke oder sehr starke Auswirkungen auf das Personalmanagement hat. 10 5 Vgl. Hamidian/ Kraijo (2013), S. 5 6 Vgl. Funken/ Schulz-Schaeffer (2008), S.15 7 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie u.a. (Hrsg.) (2015), S. 3 8 Vgl. Ernst & Young (Hrsg.) (2015), S. 14 und 29 9 Vgl. Münchner Kreis (Hrsg.) (2013), S. 2 und 11 10 Vgl. Beyer (2015), S. 4-6 <?page no="55"?> 56 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Personalverwaltung 2.1.1.2.1 Aufgaben der Personalverwaltung Die Personalverwaltung, auch Personaladministration genannt, ist eine der verschiedenen Funktionen der Personalwirtschaft, wie in Abbildung 28 veranschaulicht wird. Sie ist damit eine klassische Hauptaufgabe der Personalwirtschaft und stellt die Summe aller administrativen, routinemäßigen Aufgaben bezogen auf die Mitarbeiter dar. 11 Zu den Aufgaben einer Personalverwaltung sind in der Literatur unterschiedliche Ansätze bezüglich der Unterscheidung verschiedener Aufgabengebiete zu finden. Aufbauend auf Berthel, Becker sowie Jung kann folgende Unterscheidung vorgenommen werden: (1) Organisation der Personaldaten Hierunter fallen die Erfassung, Speicherung, Aktualisierung und die rechtzeitige Bereitstellung der Personaldaten, sodass die Möglichkeit der optimalen Kommunikation im Personalbereich mit den Mitarbeitern besteht. (2) Operationalisierung der Personaldaten Bei der Operationalisierung der Personaldaten handelt es sich um die Verarbeitung und Auswertung der Personaldaten, um diese messbar zu machen und daraus wiederum Informationen zu gewinnen. Dazu werden verschiedene Methoden zur Erstellung und Analyse von Personal- und Betriebsstatistiken angewandt. Sowohl die Organisation als auch die Operationalisierung von Personaldaten werden durch den Einsatz von Personalinformationssystemen als Instrument der Personalverwaltung vereinfacht. (3) Administration der Personalbewegung Die Administration von Personalbewegungen umfasst die Vorbereitung und Abwicklung von Einstellungen, Versetzungen und Austritten von Mitarbeitern und die damit verbundene Kommunikation mit internen und externen Stellen. 11 Vgl. Jung (2011), S. 4-6 Abbildung 28: Funktionen der Personalwirtschaft; in Anlehnung an Olfert (2015), S. 34 ff.. <?page no="56"?> 2.1 Grundsätzliches 57 (4) Administration der Entgeltabrechnung und -auszahlung Entgeltbezogene Aufgaben sind größtenteils Routineaufgaben wie das Erstellen von Entgeltabrechnungen und Lohnbescheinigungen, der Zahlungsverkehr mit Banken, Finanzämtern und Sozialversicherungen. 12 In der Literatur findet man je nach Auffassung weitere Aufgabenbereiche der Personalverwaltung, wie die Mitarbeiterbetreuung, entwicklungsbezogene Aufgaben oder das Personalcontrolling. Die Notwendigkeit der Personalverwaltung durch die Personalabteilung ergibt sich durch interne Gründe, wie die rationelle und standardisierte Abwicklung von Massenvorgängen (Gehaltsabrechnungen) und die Unterstützung der Personalleitung oder der Führungskräfte. Externe Gründe sind vor allem gesetzliche und behördliche Beweggründe, der Bedarf aufgrund von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen oder Anforderungen durch Verbände und Sozialversicherungsträger. 13 2.1.1.2.2 Bedeutung der Personalverwaltungsarbeit Bis etwa in die 1950er-Jahre 14 waren in der Personalabteilung eher Verwaltungsaufgaben vordergründig, wobei mittlerweile Gestaltungsaufgaben einen beachtlichen Teil ausmachen. 15 Das sind Aufgaben wie die Personalplanung, -beschaffung, -entwicklung, -entlohnung oder Personalführung, die einen strategischen Charakter aufweisen. Sie sind klar von den Verwaltungsaufgaben abzugrenzen. 16 Berthel und Becker verstehen hingegen die Personalverwaltung als Servicefunktion oder Sekundäraufgabe, die die Primäraufgaben des Personalmanagements unterstützt. 17 Unterlegt wird diese Meinung durch den Paradigmenwechsel in der Personalarbeit, die Orientierung, die sich immer mehr in Richtung Human-Resource- Business-Partner-Modell (HR-Business-Partner-Modell) verändert. Dieses veröffentlichte Dave Ulrich 1997 in seinem Buch Human Resource Champion. Danach soll zum einen die konsequente Ausrichtung auf mehr strategische Arbeit mit Beteiligung an den geschäftspolitischen Entscheidungen im Unternehmen erfolgen. Der Personaler soll also als strategischer Partner von Unternehmensführung und Fachbereichen suchen und nicht mehr nur als interner Dienstleister wirken. Zudem zielt dieses Modell auf die Erhöhung des Wertschöpfungsbeitrages aus dem Personalbereich ab und möchte die administrativen Tätigkeiten in diesem reduzieren. 18 12 Vgl. Jung (2011), S. 656; Berthel/ Becker (2013), S. 645-651 13 Vgl. Olfert (2015), S. 549 14 Vgl. Jung (2011), S. 3 15 Vgl. Olfert (2015), S. 549 16 Vgl. ebd. 17 Vgl. Berthel/ Becker (2013), S. 645 18 Vgl. Rüttger (2014), S. 16; Zisgen (2014), S. 30 <?page no="57"?> 58 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Die Umsetzung ist in der Realität jedoch bei vielen Unternehmen gescheitert. Gründe dafür sind mangelnde Ressourcen wie einerseits die Zeit, die für wertschöpfende Arbeit nötig wäre und der Zugang zu Managementinformationen mit dem Ziel der Erfolgskontrolle. 19 Anderseits sehen viele Unternehmen die Personalarbeit immer als reinen Kostenverursacher. 20 Trotz des strittigen Beitrages der Personalarbeit in Unternehmen, lässt sich diese Meinung empirisch bestätigen, wie dies die Studie von Kienbaum (siehe Abbildung 29) belegt, in der 187 Personalverantwortliche führender Unternehmen im deutschsprachigen Raum befragt wurden. Abbildung 29: Bedeutungszunahme von HR-Prozessen in Bezug auf die Digitalisierung 2015; in Anlehnung an Kienbaum (Hrsg.) (2015), S. 40. Danach schreiben nur sieben Prozent der Befragten dem HR-Prozess Personaladministration und -abrechnung im Rahmen der voranschreitenden Digitalisierung einen Bedeutungsgewinn zu. Am bedeutungsvollsten erachten die Befragten Führung und Kultur-Management, Organisationsentwicklung und Transformation Management sowie HR-Prozesse und Systemmanagement bzw. interne Digitalisierung. Trotzdem bleibt die Personalverwaltungsarbeit ein unterstützender Aufgabenbestandteil des Personalmanagements und dient als Datenbasis und als Grundlage für verschiedenster, unerlässlich Personalprozesse und derer korrekter 19 Vgl. Rüttger (2014), S. 16 20 Vgl. Krings (2015), S. 1 65% 59% 48% 46% 37% 37% 35% 28% 26% 22% 20% 13% 13% 9% 7% 2% Führung und Kultur-Management Organisationsentwicklung und Transformations-… HR-Prozesse und Systemmanagement / interne… Strategische Personalplanung Employer Branding / Sourcing Learning / Aus- und Weiterbildung Rekrutierung und Onboarding HR-Strategie und Controlling HR-Kommunikation Gesundheitsmanagement Karriere- und Nachfolgeplanung Mitbestimmungs- und Gremien-Management Performancemanagement / Zielvereinbarungsprozess HR-Berichtwesen Personaladministration und -abrechnung Compensation und Benefits Anteil der Befragten <?page no="58"?> 2.1 Grundsätzliches 59 Durchführung. Als Konsequenz ist es erforderlich, die Optimierung routinemäßiger Aufgaben hinsichtlich Effizienz und Effektivität anzustreben, um das Teilziel der Reduzierung von Administrationsaufgaben im Rahmen des HR- Business-Partner-Modells zu erreichen. Um dem Ziel des HR-Business-Partner-Modells näher zu kommen, bedarf es einem Hilfsmittel, was in diesem Fall die Digitalisierung ist. Insbesondere durch die Nutzung von Technologien gilt es den Aufwand dieser Tätigkeiten zu reduzieren sowie Nutzenpotenziale restlos auszuschöpfen. Dementsprechend ist eine Betrachtung der Thematik der Personalverwaltungsarbeit und derer Digitalisierung, trotz des Bedeutungsverlustes der Personaladministration, ohnehin sinnvoll. Hervorzuheben ist überdies die Vermittlungsfunktion der Personalverwaltung, die als zentrale Drehscheibe sowohl internen Abteilungen als auch zu externen Stellen im Unternehmen dient, wenn es sich um personelle Maßnahmen in einem Unternehmen handelt. 21 Personaldaten im Unternehmen 2.1.1.3.1 Personaldaten Eine Definition von Personalbzw. Beschäftigtendaten existiert im Gesetz nicht. Allerdings deckt sich der Begriff der personenbezogenen Daten, bezogen auf ein Arbeitsverhältnis, mit Personaldaten. Personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Damit sind Daten gemeint, die einen Bezug zur Person selbst herstellen oder die mittels Zusatzdaten auf einen Bezug zur Person schließen lassen. 22 Dazu gehören neben dem Namen u.a. „Geschlecht, Familienstand, Schul- und Berufsabschlüsse, Sprachkenntnisse [und] gesundheitliche Verhältnisse“ 23 , die zweifelsohne unter den Schutz des BDSG fallen. Daneben gibt es besonders sensible Daten, die daher einen höheren Schutz bedürfen. Das sind nach § 3 Abs. 9 BDSG besondere Arten personenbezogener Daten wie „Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.“ 2.1.1.3.2 Stammdaten Das besondere Merkmal von Stammdaten ist, dass diese in der Regel über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. 24 Erhoben werden sie einerseits durch den vom Arbeitnehmer auszufüllenden Personalfragebogen, da sich die Daten vor allem auf seine persönlichen Verhältnisse beziehen 25 sowie durch die Nutzung der im Rahmen der Bewerbung angegebenen Daten. Weitere 21 Vgl. Jung (2011), S. 656-657 22 Vgl. Hoss (2014), S. 69 23 Diller/ Schuster (2008), S. 929 24 Vgl. Schmeisser/ Clermont (1999), S. 79 25 Vgl. ebd. <?page no="59"?> 60 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Personalstammdaten, steuer- oder sozialversicherungsrechtlicher Art, können mittlerweile durch elektronische Kommunikation mit den Finanzämtern und den Sozialversicherungsträgern zur Verfügung gestellt werden. Die Speicherung der Personalstammdaten erfolgt zumeist in der Personalstammdatei, die eine Art der Datenorganisation ist. 2.1.1.3.3 Relevanz von Personaldaten Ohne Frage sind Daten aus verschiedenen Unternehmensbereichen für ein effektives Personalmanagement notwendig 26 , da sich auf deren Basis entscheidungsrelevante Informationen gewinnen lassen. Allerdings liegen zum Entscheidungszeitpunkt nur selten alle benötigten Daten und Informationen vor. Das könnte auf begrenzte Ressourcen zurückzuführen sein, 27 wie eine unzureichende Mitarbeiteranzahl, mangelnde finanzielle Mittel oder fehlendes Know-how, das mitunter wichtige Hilfsmittel sind, um ein effektives Datenmanagement im Personalmanagement durchführen zu können. Besonders relevant für die Personalverwaltung sind Arbeitnehmerdaten, die für sämtliche personalwirtschaftliche Aufgaben erforderlich und darüber hinaus gesetzlich vorgeschrieben sind, wie z.B. die Entgeltabrechnung, die Ausführung der gesetzlich vorgesehenen Meldungen an die Sozialversicherungsträger oder die Aufzeichnung von Fehlzeiten. 28 Ohne ein gewisses Mindestmaß an Personaldaten wäre es der Personalverwaltung nicht möglich, externen Anforderungen gerecht zu werden, intern das Personal des Unternehmens hinreichend zu betreuen und zu verwalten 29 oder aus den Arbeitnehmerdaten wertvolle Informationen für das strategische Personalmanagement zu gewinnen. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, die Personaldaten strukturiert zu organisieren und zu verwalten. Organisation von Personaldaten 2.1.1.4.1 Personalakte Eine Personalakte ist ein zentrales und hilfreiches Instrument zur Organisation von Datenmengen in der Personalabteilung. Darin wird die ausführliche Sammlung von Unterlagen, die für die Person und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin 30 bedeutend sind, aufbewahrt als Beweismittel z.B. bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vor Arbeitsgerichten. 31 26 Vgl. Jung (2011), S. 657 27 Vgl. Berthel/ Becker (2013), S. 230 28 Vgl. Steckler u.a. (2010), S 306 29 Vgl. Olfert (2015), S. 557 30 Die weibliche Form sämtlicher Begriffe ist im weiteren Verlauf des vorliegenden Buches der männlichen Form gleichgestellt. Lediglich aus Gründen der Vereinfachung und der besseren Lesbarkeit ist die männliche Form gewählt worden. 31 Vgl. Jung (2011), S. 663 <?page no="60"?> 2.1 Grundsätzliches 61 2.1.1.4.2 Personalkartei Ein besonderes Merkmal der Personalkartei ist die stichwortartige Übersicht der wichtigsten Daten eines Mitarbeiters, wobei die Anordnung meist nach Stellenplan erfolgt. Da sie ein Handwerkszeug für den Personalsachbearbeiter ist, wird die Personalkartei stets am Arbeitsplatz benötigt. Waren die Informationen früher auf echten Karteikarten geführt, so sind diese Kurzinformationen, wie in der heutigen Zeit üblich, als Datei über die elektronische Datenverarbeitung geführt. 2.1.1.4.3 Personaldatei Die Speicherung in Form einer Personaldatei erfolgt, wenn Personaldaten über Datenverarbeitungsanlagen weiterverarbeitet werden. Sie bilden die wesentliche Grundlage für Personalinformationssysteme. Im Folgenden werden die verschiedenen Arten der Personaldatei vorgestellt. Eine Personalstammdatei besteht aus vielen Informationseinheiten über den Mitarbeiter in einem Unternehmen. Diese werden als Datenelemente bezeichnet und bilden in der Gesamtheit eine Grundlage mit Daten, die für die Personalaktivitäten erforderlich sind. Vorteilhaft ist bei dieser Art der Organisation die Sortierbarkeit des Datenbestandes nach bestimmten Kriterien und die Möglichkeit zur Suche nach bestimmten Schlagwörtern. Aus diesem Grund ist besonders wichtig, die Datenelemente eindeutig zu definieren und somit die Datenkonsistenz zu sichern. Außerdem ist unbedingt zu analysieren, welche Informationen überhaupt benötigt und auch verwendet werden, um aus Kostengründen die überflüssige Datenspeicherung zu verhindern. 32 Eine Arbeitsplatzstammdatei enthält alle Informationen, die für Personalplanung, -beschaffung und -beurteilung bedeutend sind. Sie erfasst stellenbezogene, mitarbeiterbezogene und beurteilungsbezogene Daten. Die Arbeitsplatzstammdatei wird mit der Personalstammdatei verknüpft, indem z.B. die entsprechende Personalnummer mit dem Personalstammplatz zusammen gespeichert wird. 33 Das Merkmal einer Führungsdatei ist die Speicherung von Informationen über die Gesamtheit der Belegschaft bzw. über bestimmte Gruppen der Belegschaft. Die Daten bilden die Grundlage für Statistiken über Belegschaftszahlen, Personalzugänge, Fluktuation oder Personalkosten. 34 2.1.1.4.4 Verarbeitung von Personaldaten Insbesondere für Verwaltungs- und Führungsaufgaben bietet die Datenverarbeitung im Rahmen der Personalwirtschaft eine große Unterstützung an. Das Datenverarbeitungssystem soll möglichst viele relevante Informationen liefern, die für die betriebliche Personalarbeit benötigt werden. Zu den wichtigsten Einzelaufgaben, die durch das Datenverarbeitungssystem unterstützt wer- 32 Vgl. Jung (2011), S. 666 f. 33 Vgl. ebd., S. 668 34 Vgl. ebd. <?page no="61"?> 62 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements den, zählen die Abwicklung der Entgeltabrechnung, die Einrichtung und Führung von Personalakten und Personalstatistiken sowie die Bearbeitung von Mitarbeiteranträgen und allgemeine Abwicklungsaufgaben, wie die Administration der Personalbewegung. 35 Das hauptsächliche Ziel der Personaldatenverarbeitung ist, die „Daten und Informationen transparent, aktuell, fehlerfrei, aussagekräftig, wirtschaftlich und unter Sicherung der Vertraulichkeit anderen Abteilungen und externen Institutionen zur Verfügung zu stellen.“ 36 Es handelt sich dabei um eine Kombination aus Sachzielen, ökonomischen Zielen und sozialen Zielen. Insbesondere steht die Verbesserung der Arbeitssituation der Personalsachbearbeiter im Vordergrund, wobei diese von Routinetätigkeiten entlastet werden sollen. Außerdem wird die Reduzierung von Personal- und Verwaltungskosten angestrebt, was durch die Rationalisierung von Arbeitsabläufen und dem Wegfall manueller Tätigkeiten erreicht werden soll. Durch die Personaldatenverarbeitung ist des Weiteren eine höhere Transparenz und Systematik im Personalbereich möglich. Erreichbar ist das durch die Standardisierung personalwirtschaftlicher Abläufe. Zudem kann durch die Personaldatenverarbeitung eine höhere Aktualität und Genauigkeit von Informationen gewährleistet werden, was eine Verbesserung der Informationsbasis für personalwirtschaftliche Aufgaben darstellt. 37 Personalakte Zur Vorbereitung auf das Thema der digitalen Personalakte, ist es nötig, einen Überblick über die konventionelle Personalakte zu verschaffen, was mit den Ausführungen des folgenden Kapitels angestrebt wird. Auf der Basis der genannten theoretischen Grundlagen über Personaldaten werden dafür grundlegende Begriffe erläutert, Inhalte und Formen der Akte vorgestellt und die allgemeinen Grundsätze der Personalaktenführung aufgezeigt. 2.1.1.5.1 Personalaktenbegriff Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Personalakte ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorhanden, jedoch kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 07.09.1988 (5 AZR 625/ 87 - DB 1989 S. 284) der Zweck der Personalakte beschrieben werden. Demnach sollen Personalakten ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über den Werdegang des Arbeitnehmers geben. Daneben existiert jedoch eine Definition im Bundesbeamtengesetz, welche nach § 106 BBG folgendermaßen lautet: „Zur Personalakte gehören alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit ihrem oder seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten).“ 38 35 Vgl. Jung (2011), S. 660 36 Jung (2011), S. 661 37 Vgl. Jung (2011), S. 662 38 Vgl. Bartosch (2010), S. 17 <?page no="62"?> 2.1 Grundsätzliches 63 2.1.1.5.2 Formeller und materieller Personalaktenbegriff Für die Personalakte im formellen Sinn ist entscheidend, dass die darin enthaltenen Unterlagen als Personalakte geführt und als solche bezeichnet werden, wobei neben dieser weitere Schriftstücke an einem anderen Ort im Unternehmen untergebracht werden könnten. Das ist nach der oben genannten Entscheidung des BAG jedoch nicht zulässig, da hierbei nicht die Vollständigkeit gewährleistet werden kann. 39 Dahingegen bestehen Personalakten im materiellen Sinne aus einer Sammlung aller Urkunden und gegebenenfalls automatisiert geführter Vorgänge, die mit dem Arbeitsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen und das persönliche und dienstliche Verhältnis eines Arbeitnehmers betreffen. Dabei sind der Ort und die Form der Schriftstücke sowie die Bezeichnung der Daten unerheblich, das heißt, dass die Personalaktendaten ebenfalls in weiteren Akten, wie z.B. in Karteien oder Personalinformationssystemen enthalten sind, und eben nicht nur in der eigentlichen Personalakte im formellen Sinne zu finden sind. 40 2.1.1.5.3 Begriff der einfachen und der qualifizierten Personalakte Zur Führung von Personalakten ist der Arbeitgeber im privaten Arbeitsverhältnis nach dem Gesetz nicht verpflichtet, 41 jedoch ergibt sich aus § 2 Nachweisgesetz zumindest eine grundlegende Verpflichtung. Arbeitsverhältnisse müssen danach mit den wesentlichen Vertragsbedingungen in schriftlicher Form festgehalten werden. Daneben sind vom Arbeitgeber bestimmte steuerrechtliche, sozialrechtliche sowie handelsrechtliche Regelungen zu beachten, die ebenfalls ein Mindestmaß an Unterlagen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, bedürfen. 42 Daraus ergibt dich der Begriff der einfachen Personalakte, die Dokumente enthält, zu dessen Aufbewahrung eine gesetzliche oder tarifliche Pflicht besteht. Alle über diesen Pflichtteil hinaus aufbewahrten mitarbeiterbezogenen Unterlagen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, bezeichnet man als qualifizierte Personalakte. 43 Mithilfe dieser Erweiterung der Pflichtbestandteile ist es möglich ein systematisches Gesamtbild über den Mitarbeiter zu erhalten und daraus entscheidungsrelevante Informationen zu gewinnen. Inhalt und Formvorschriften der Personalakte Der Inhalt der Personalakte besteht im Wesentlichen aus wissenswerten Daten zur Person des Arbeitnehmers wie „Personenstand, Berufsbildung, berufliche[r] Entwicklung (beruflicher Werdegang), Fähigkeiten, Leistungen, Anerkennungen, Beurteilungen, Arbeitsunfälle, Krankheitszeiten, Urlaubsvertretungen, Unterlagen über Weiterbildungsmaßnahmen, Abmahnungen oder 39 Vgl. Bartosch (2010), S. 17; Gola (2015), S. 6 40 Vgl. Gola/ Wronka (2013), S. 28 f. 41 Vgl. Olfert (2015), S 557 42 Vgl. Bartosch (2010), S. 18 43 Vgl. Kos (2007), S. 17; Olfert (2015), S. 558 <?page no="63"?> 64 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Betriebseinbußen“. 44 Des Weiteren gehören der Personalakte folgende Unterlagen an: „Bewerbungsunterlagen einschließlich Lebenslauf und Zeugnisse[n], Personalfragebogen (§ 94 BetrVG), ärztliche[n] Beurteilungen, Eignungstest, …, der Arbeitsvertrag …, Beurteilungen und Zeugnisse jeder Art, Lohn- und Gehaltsveränderungen … sowie der gesamte Schriftwechsel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Dritten …“ 45 Zur besseren Übersichtlichkeit ist es ratsam, eine Gliederung in Sachgebiete vorzunehmen. 46 Dem Arbeitgeber ist es selbst überlassen, wie er Personalakten führt, d.h. es existieren keine Formvorschriften. Es steht ihm frei, die oben genannten Dokumente in einer Akte, in mehreren Akten mit sachlicher Gruppierung oder in einer Sammelakte abzulegen. Außerdem sind mitunter Unterlagen über Arbeitnehmer, von denen der Arbeitgeber keine Kenntnis hat, wie z.B. Aufzeichnungen durch den Werkschutz, Bestandteil der Personalakte, die Sonder- und Nebenakten genannt werden. Daraus lässt sich ableiten, dass es unwesentlich ist, wo diese geführt werden. 47 Formen der Personalakten Welcher technischen Form sich der Arbeitgeber bei der Personalaktenführung bedient, kann er eigenverantwortlich entscheiden. Dabei kann die Personalakte konventionell mit der Ablage in Ordnern, in einem Archiv, digital über ein elektronisches System als digitale Personalakte 48 oder in einem Personalinformationssystem 49 aufbewahrt werden. Grundsätze der Personalaktenführung In der Privatwirtschaft ergeben sich die Vorschriften zur Führung von Personalakten durch die Rechtsprechung des Arbeitsgerichts, da es in den Gesetzen des Arbeitsrechts keine bestimmten Vorgaben gibt. So führen Gola und Wronka vier Grundsätze der Personalaktenführung auf: Transparenz, Richtigkeit, Zuverlässigkeit und Vertraulichkeit. Bartosch ergänzt diese zudem um den Grundsatz der Vollständigkeit. 50 Transparenz Mit dem Grundsatz der Transparenz ist das Recht des Arbeitnehmers zur Einsichtnahme in seine Personalakte gemeint (§ 83 BetrVG). Der Betroffene soll und kann dadurch sicherstellen, dass keine unzulässigen oder unrichtigen Daten über ihn gesammelt werden. 51 44 Bartosch (2010), S. 19 45 Bartosch (2010), S. 19 46 Siehe Anlage 2 47 Vgl. Bartosch (2010), S. 21 48 Siehe Kapitel 5 49 Siehe Kapitel 6 50 Vgl. Gola/ Wronka (2013), 33-39 51 Vgl. Bartosch (2010), S. 43; Gola/ Wronka (2013), S. 33 <?page no="64"?> 2.1 Grundsätzliches 65 Richtigkeit Wenn der Arbeitgeber Mitarbeiterdaten sammelt, können die Betroffenen verlangen, dass die Schriftstücke zutreffend und sachlich korrekt sind. Durch den Grundsatz der Richtigkeit wird sichergestellt, dass das Persönlichkeitsrecht nicht angegriffen wird. Demzufolge hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Korrektur oder Entfernung unzutreffender bzw. unzulässiger Daten (§ 35 BDSG). Des Weiteren besteht für ihn Anspruch darauf, Erklärungen zum Inhalt der Akte abzugeben und diese aufnehmen zu lassen (§ 83 Abs. 2 BetrVG). 52 Vollständigkeit Der Grundsatz der Vollständigkeit steht in einem engen Zusammenhang mit dem Grundsatz der Richtigkeit. Es besteht, anders als im öffentlichen Bereich, keine Pflicht überhaupt Personalakten zu führen und ebenfalls keine Pflicht zur vollständigen Führung. Trotzdem könnte die Unvollständigkeit der Personalakte eventuell zu einem unzutreffenden oder inkorrekten Bild eines Betroffenen führen. Dies wäre der Fall, wenn der Arbeitgeber willkürlich beschließt, relevante Angaben zur Person oder zum Werdegang der Personalakte auszuschließen. 53 Außerdem muss der Arbeitgeber gewährleisten, dass der Arbeitnehmer in alle über ihn geführten Unterlagen Einsicht bekommen kann. Dieser muss also in Kenntnis darüber gesetzt werden, an welcher Stelle welche Daten über ihn gesammelt werden. Dementsprechend dürfen keine Unterlagen über ihn ohne sein Wissen existieren. 54 Zulässigkeit Diesem Grundsatz liegt der Anspruch auf das Persönlichkeitsrecht zugrunde, was durch den Arbeitgeber bewahrt werden muss. Dadurch ist die Aufnahme der Personaldaten hinsichtlich des Persönlichkeitsrechts begrenzt, da nur die Daten, die zur Erfüllung des Beschäftigungsverhältnisses von Bedeutung sind, genutzt werden dürfen. Unzulässige Unterlagen befinden sich in der Personalakte, soweit unrichtige Daten enthalten sind oder auch richtige Daten, die aber aufgrund gesetzlicher Vorschriften nicht der Aufnahme berechtigt sind. 55 Das sind u.a. Daten über „…rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben, strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten“, wenn deren „Richtigkeit von der verantwortlichen Stelle nicht bewiesen werden kann“ (§ 35 Abs. 2 BDSG). 52 Vgl. Gola/ Wronka (2013), S. 33 f. 53 Vgl. ebd., S. 34 f. 54 Vgl. Bartosch (2010), S. 40 f. 55 Vgl. ebd., S. 42 f.; Gola/ Wronka (2013), S. 36 f. <?page no="65"?> 66 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Vertraulichkeit Betriebsintern sowie betriebsextern darf das Vertraulichkeitsgebot nicht missachtet werden. Trotz fehlender Gesetzesvorschrift im privaten Arbeitsverhältnis lassen sich Aussagen zum Grundsatz der Vertraulichkeit aufgrund von Rechtsprechungen tätigen. So hat der Arbeitgeber die Pflicht, Personalakten des Arbeitnehmers mit Sorgfalt zu verwahren, die Vertraulichkeit über bestimmte Informationen zu bewahren und für einen vertraulichen Umgang durch die Sachbearbeiter, deren Kreis möglichst klein gehalten werden soll, zu sorgen. Grundlage stellt hierbei wieder das Persönlichkeitsrecht dar. 56 Dabei sind sensible Daten, also bspw. Daten über den gesundheitlichen Zustand einer Person, mit besonderem Schutz vor missbräuchlicher Verwendung bzw. separat in Unterakten gekennzeichnet aufzubewahren, wobei der zugriffsberechtigte Personenkreis ebenfalls festzulegen ist. 57 Daneben sind bei der Übermittlung von Personaldaten an dritte Stellen Vertraulichkeitspflichten zu beachten. Das gilt bspw. bei der Einsicht für Revisionen sowie bei der Steuerprüfung, also allgemein bei Kontrollen durch Prüfungsinstanzen. Bei der Lohnsteueraußenprüfung sind z.B. steuerlich relevante Unterlagen von steuerlich irrelevanten Daten, wie Lebenslauf oder Daten über den Gesundheitszustand etc., zu trennen. 58 Aus dem Grundsatz der Vertraulichkeit resultiert darüber hinaus das Gebot der Datensicherung. Aufbewahrungspflichten Eigentlich besteht keine gesetzliche Pflicht Personalakten überhaupt zu führen. Genauso existieren keine Rechtsvorschriften über den Aufbewahrungszeitraum von Personalakten. Ungeachtet dessen bildet das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers, bei dem ein bestehendes Arbeitsverhältnis vorliegt, die allgemeine Grundlage für die Dauer der Aufbewahrung von Personalunterlagen. Demzufolge beginnt der Aufbewahrungszeitraum mit der Einstellung und endet mit dem Austritt aus dem Unternehmen. 59 Personalaktenführung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses Mit einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz bekommt ein Unternehmen bereits eine große Masse an Bewerberdaten mit Lebensläufen und Zeugnissen übermittelt. Die Sammlung dieser Daten wird als Bewerberakte bezeichnet, die deutlich von Personalakten abzugrenzen ist, denn der Stellenbewerber gehört noch nicht zum Personalstamm. In dem Zeitraum vor der Entscheidung über eine Zu- oder Absage, kann der Arbeitgeber diese beliebig nutzen, wobei 56 Vgl. BVerwG Urt. v. 28.08.1986, Az.: BVerwG 2 C 51.84; BAG Urt. v. 15.07.1987, Az.: 5 AZR 215/ 86; Gola/ Wronka (2013), S. 38 57 Vgl. BAG Urt. v. 15.07.1987, Az.: 5 AZR 215/ 86; Bartosch (2010), S. 49 f. 58 Vgl. Gola/ Wronka (2013), S. 39 59 Vgl. Bartosch (2010), S. 43 f. <?page no="66"?> 2.1 Grundsätzliches 67 das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers ebenfalls in diesem vorvertraglichem Verhältnis nicht missbraucht werden darf. Wird ein Bewerber eingestellt, dient die Bewerberakte als Grundlage für die Personalakte. Bei einer Absage kann der Bewerber über die Aufbewahrung oder Vernichtung der erfragten Daten selbst entscheiden. 60 Personalaktenführung nach Ende des Arbeitsverhältnisses Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses kann die Personalakte abgeschlossen werden und Unterlagen, die dem Arbeitnehmer gehören, sind zurück in dessen Besitz zu übergeben (wie z.B. der Sozialversicherungsausweis). 61 Es sind ausschließlich bestimmte Unterlagen, die nach entsprechenden Vorschriften die Aufbewahrung auch nach der Durchführung des Arbeitsverhältnisses verlangen, wie Unterlagen sozialversicherungs-, handels- oder steuerrechtlicher Art. 62 Darunter fallen Unterlagen, wie Quittungsbelege über den Arbeitslohn gem. § 257 Handelsgesetzbuch (HGB), Lohnberechnungsunterlagen, z.B. Gehaltsabrechnungen nach § 147 Abgabenordnung (AO), sozialversicherungsrechtliche Nachweise nach § 28 f Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) sowie Reisekostenabrechnungen und Krankengeldzuschussunterlagen. 63 Hierfür liegen die Aufbewahrungspflichten nach verschiedenen Gesetzesgrundlagen größtenteils zwischen sechs und zehn Jahren. 64 Darüber hinaus empfiehlt Bartosch, Dokumente solange zu erhalten, bis eventuelle Ansprüche verfallen oder verjähren, da in diesem Fall bestimmte Unterlagen als Beweis herangezogen werden können. Dies könnte u.a. der Fall sein, wenn durch die betrieblichen Altersvorsorge Ansprüche bestehen. Eine allgemeine Empfehlung für die Aufbewahrung von Dokumenten, die unter Umständen noch wichtig werden könnten, ist eine Dauer von bis zu zehn Jahren nach Ende des Arbeitsverhältnisses geboten. 65 Formen der Aufbewahrung Zwar findet man im Gesetz keine Verbote für die Übertragung von Schriftstücken in die digitale Form. Trotzdem müssen bestimmte Unterlagen der Personalakte im Original aufbewahrt werden, weil das Gesetz in diesen Fällen die Schriftform fordert. Nach § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemäß ist eine eigenhändige Unterschrift notwendiger Bestandteil einer Urkunde. Allerdings gilt in vielen Fällen auch die elektronische Form als rechtswirksam, wie § 126 a BGB deutlich macht. Zu beachten ist dabei, das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen, die allerdings in der Praxis noch keine weite Verbreitung findet. 66 60 Vgl. BAG Urt. v. 06.06.1984, Az.: 5 AZR 286/ 81; Bartosch (2010), S. 44 f. 61 Vgl. Bartosch (2010), S. 46 62 Vgl. Kos (2007), S. 54 63 Vgl. Diller/ Schuster (2008), S. 931 f. 64 Vgl. Kos (2007), S. 90-96, zit. nach Dauen (2002), S. 24-114 65 Vgl. Bartosch (2010), S. 46 f. 66 Vgl. Kiesche/ Wilke (2010), S. 7 <?page no="67"?> 68 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Gesetzeswidrig ist die digitale Form bei der Festlegung der Arbeitsverhältnisse nach § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz (NachwG), bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder bei einem Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB), bei der Niederschrift eines Berufsausbildungsvertrags (§ 11 Berufsbildungsgesetz), bei der Ausstellung eines Zeugnisses (§ 630 BGB) sowie bei Unterlagen der Personalakte, zu denen in Tarifverträgen die schriftliche Form festgelegt wurde. Das ist insbesondere bei der Verwendung der digitalen Personalakte bedeutend, weil neben der digitalen Datei zusätzlich das Original sicher aufbewahrt werden muss. 67 Andere Dokumente, wie Buchungsbelege, müssen durch die bildliche Wiedergabe aufbewahrt werden, d.h. dass das ursprüngliche Original bildhaft wiedergegeben werden muss. 68 Unerheblich ist die Form der Aufbewahrung unter anderem bei Abrechnungsunterlagen, bei denen die inhaltliche Wiedergabe genügt. 69 Beweiswert elektronischer Dokumente Nur eine Urkunde im Original ist nach der Zivilprozessordnung (ZPO) ein glaubhaftes Beweismittel. Ausdrucke von eingescannten elektronischen Dokumenten, wie auch einfache Kopien von Papierdokumenten, entsprechen somit hinsichtlich des Beweiswertes vor Gericht, nicht annähernd dem Original. Sie sind nach § 371 ZPO ein Objekt des Augenscheins und unterliegen damit im Fall einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung der freien Beweiswürdigung des Richters. 70 In einem Prozess könnte der Gegner die Korrektheit des digitalen Dokuments bestreiten oder sogar behaupten, dass ein originales Dokument nie existierte. Dies betrifft die Erklärungen, die einer vertraglichen oder gesetzlichen Schriftform bedürfen. 71 So wie ein Papierdokument mit einer Unterschrift oder einem Stempel als Sicherheitsmerkmal ausgestattet ist, können elektronische Dokumente mit einer elektronischen Signatur als Sicherheitsmerkmal versehen sein. Wird das Papierdokument in ein elektronisches Dokument transformiert, also gescannt, gehen die Sicherheitsmerkmale dabei jedoch verloren. Das gescannte Dokument kann dann erst nachträglich mit einer elektronischen Signatur gesichert werden. In dieser Zwischenzeit kann sowohl das Papierdokument vor der Transformation als auch das digitale Dokument nach der Transformation, aber vor der Integritätssicherung, manipuliert werden. Diese Veränderung ist jedoch in dem digitalen Dokument schwer erkennbar. 72 67 Vgl. Kos (2007), S. 53; Kiesche/ Wilke (2010), S. 7 68 Vgl. Kos (2007), S. 54; zit. nach Zepf (2002), S. 18 69 Vgl. Kos (2007), S. 54 70 Vgl. ebd. 71 Vgl. Diller/ Schuster (2008), S. 932 72 Vgl. Roßnagel/ Wilke (2006), S. 2145 <?page no="68"?> 2.2 Digitale Personalakte 69 Wenn ein gescanntes Dokument nach der Transformation eine qualifizierte elektronische Signatur erhält, ist dies von der scannenden Stelle eine Erklärung darüber, dass Ausgangs- und Zieldokumente übereinstimmen, wozu die besonderen Beweiserleichterungen nach §§ 371 a Abs. 1 und 2 ZPO anwendbar sind. Diese gelten allerdings nur für die Erklärung der Übereinstimmung im Moment des Einscannens. Das bedeutet, dass die Integrität des Ausgangsdokumentes und somit auch des Zieldokumentes damit nicht in der Erklärung enthalten ist, sondern dass es nur eine Übereinstimmungserklärung ist. 73 Deshalb ist es zweckmäßig, bedeutsame Schriftstücke bei der Einführung der digitalen Akte zusätzlich im Original aufzubewahren, auch jene, die mit elektronischer Signatur versehen sind. Dagegen steht jedoch der Sinn einer digitalen Personalakte, dennoch trägt die Aufbewahrung des Originals zur Reduzierung von Prozessrisiken bei. 74 Digitale Personalakte Hier geht es um die Frage, in welcher Weise eine digitale Personalakte eine Unterstützung für die Personalverwaltungsarbeit bieten kann und welchen Anteil sie zur Steigerung des Wertbeitrags zur Personalarbeit leisten kann. Um diese Fragen zu beantworten, werden zunächst die Grundlagen zur Nutzung und Funktionsweise vermittelt und die rechtlichen Voraussetzungen der digitalen Personalakte untersucht. Danach wird versucht, die Implementierung möglichst praxisnah zu beschreiben, um anschließend die Vor- und Nachteile zu beleuchten und die Wirtschaftlichkeit der digitalen Akte zu analysieren. Grundlagen Verbreitung Die Digitalisierung setzt sich in vielen Unternehmensbereichen immer weiter durch, Unternehmensprozesse ändern sich aufgrund dessen und erzielen daraus große Vorteile, sowohl in organisatorischer als auch in finanzieller Hinsicht. 75 Im Personalmanagement strebt man durch den Einsatz moderner Informationstechnologien eine Optimierung der Personalprozesse an. Dabei nimmt bei der operativen Personalarbeit eine Position ein, die zwar ein elementarer Grundbaustein für sämtliche Prozesse ist, allerdings eher als Unterstützungsfunktion für personalstrategische Aufgaben angesehen wird, so eine Kernaussage des HR-Business-Partner-Modells. Mit anderen Worten, wird der Personalverwaltungsarbeit nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt, dann möge sie ohne hohen Aufwand uneingeschränkt funktionieren und im besten Fall auf ein Minimum reduziert werden. 73 Vgl. Roßnagel/ Wilke (2006), S. 2148 74 Vgl. Diller/ Schuster (2008), S. 932 75 Vgl. Grötsch (2014), S. 48 <?page no="69"?> 70 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Noch immer herrscht in vielen Personalabteilungen eine Papierflut, die durch die konventionelle Aktenführung mit unzähligen Dokumenten in Papierform bedingt ist. Durchschnittlich wird sogar jedes Dokument fünf Mal kopiert, wovon dann 45 Prozent der Kopien im Papierkorb landen. 76 Darüber hinaus beanspruchen in vielen Personalabteilungen Aufgaben wie die Eingabe von Daten, die Prozesskoordination und das Nacharbeiten immer noch drei Viertel der Arbeitszeit, wobei zwischen zehn und 30 Prozent aller Dokumentenzugriffe erfolglos sein sollen, bspw. aufgrund von falscher Ablage oder Verlust. 77 Es steht also außer Frage, dass die Aufgaben der Personalaktenführung sehr zeitraubend und aufwendig sind und aus diesem Grund möglichst reduziert werden sollten. Um dies zu gewährleisten, gilt es Optimierungspotenziale manuell geführter Prozesse zu identifizieren. Durch Technologielösungen ist es realisierbar, diese Prozesse zu verschlanken und somit Kapazitäten für bedeutendere Aufgaben in der Rolle des HR-Business-Partners zu schaffen. Insbesondere wird in diesem Zusammenhang die digitale Personalakte, oder auch elektronische Personalakte, genannt und als zentrale Schlüsseltechnologie angesehen. 78 In einer Studie zur digitalen Personalakte im Jahr 2009 gaben 24,3 Prozent der 259 befragten Personalverantwortlichen von Großunternehmen an, dass die Einführung der digitalen Personalakte bereits erfolgt ist und 26,3 Prozent gaben an, dass die Einführung geplant sei. Daraus kann man auf ein deutliches Interesse der Unternehmen zum Thema Digitalisierung schließen, das eventuell mit der Unzufriedenheit über die bisherige Situation bezüglich des Daten- und Personalaktenmanagements einhergeht. Immerhin haben mittlerweile 20 bis 30 Prozent der mittelständischen Unternehmen das Optimierungspotenzial erkannt und sich für die Nutzung der digitalen Personalakte entschlossen. 79 Funktionsweise und Ziele Bei der digitalen Personalakte handelt es sich um eine Personalakte, bei der alle Dokumente in elektronischer Form archiviert sind. 80 Die digitale Personalakte entspricht der beschriebenen Zusammensetzung der konventionellen Personalakte. Die Verwaltung der Personaldaten erfolgt allerdings mittels einer Software, einem sogenannten Dokumentenmanagementsystem. Dadurch besteht nicht nur die Möglichkeit, Dokumente und Daten zu verwalten oder abzurufen, sondern es können ebenfalls Daten ausgewertet werden. In diesem Fall dient die Personalakte als Personalinformationssystem bzw. als dessen Grundbaustein. Die elektronische Personalakte weist aus technischer Sicht drei Arten von Informationen auf, nämlich die Primärinformationen, die Metainformationen 76 Vgl. Furkel (2014), S. 42 77 Vgl. ebd. 78 Vgl. Rüttger (2014), S. 16 79 Vgl. Furkel (2014), S. 42 80 Vgl. Scholz (2014), S. 445 <?page no="70"?> 2.2 Digitale Personalakte 71 sowie die Protokoll- und Bearbeitungsinformationen. Den Inhalt des Dokuments beschreiben die Primärinformationen. Diese können zum einen in Form eines gescannten Dokuments oder einer einfachen Textdatei, als unstrukturierte Information erscheinen. Sie können zum anderen in Form einer Tabelle, die aus einer Datenbank oder schon vorhandenen IT-Systemen stammt, als strukturierte und auswertbare Information vorliegen. Mit den Metainformationen können die Dokumente verwaltet werden. Hierbei handelt es sich um Attribute, die das Dokument beschreiben wie Aktenzeichen, Stichwörter zum Dokumenteninhalt, Personalnummer oder Barcodes. Das Versehen der Daten mit Attributen nennt man auch Indizierung und hat den Sinn, das entsprechende Dokument schnell und gezielt wiederzufinden. Durch diese Indizes besteht außerdem die Möglichkeit zu erfassen, wo das Dokument hinterlegt ist. Sind bestimmte Dokumente durch rechtliche Vorgaben ebenfalls im Original im Aktenschrank aufzubewahren, kann dies durch Metainformationen angezeigt werden. Letztlich sind es die Protokoll- und Bearbeitungsdaten, die der Nachvollziehbarkeit eines Vorgangs dienen. Durch sie werden der momentane Bearbeitungsstatus, das Zugriffsprotokoll und der physikalische Ablageort auf dem Archivserver ersichtlich. 81 Zum einen ist die Idee durch die digitale Personalakte eine höhere Transparenz sowie die Automatisierung der Personalprozesse zu schaffen, zum anderen würden diese stark beschleunigt werden, wenn die Handhabung mit der Software einfach und zuverlässig gestaltet ist. Neben diesem beachtlichen Zeitgewinn und dem Ausbleiben der Aktenlagerung zielt der Einsatz der digitalen Personalakte zweifelsohne auf Kosteneinsparungen. Mit der Einführung sind jedoch ferner Herausforderungen verbunden, wie die Integration der digitalen Personalakte in die bestehenden HR-Systeme. Darüber hinaus gilt die Sicherheit als wichtiges Ziel, denn in dieser Hinsicht hat die Einhaltung des Datenschutzes sowie weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen oberste Priorität. Des Weiteren müssen sich Personalverantwortliche bewusst sein, dass die Einführung immer mit Investitionen und einem Projekt verbunden ist. 82 Rechtliche Voraussetzungen Im Gesetz ist die Verwaltung von Arbeitnehmerdaten nur unvollständig aufgeführt. Der Zweck der ordnungsgemäßen Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses ist Grundlage für die Entscheidung, welche Arbeitnehmerdaten erfragt und in Akten dokumentiert werden dürfen. Die gesetzliche Grenze des Fragerechts des Arbeitgebers über die Daten, die er aufnehmen darf, bestimmt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 GG hervor geht. 83 Des Weiteren bestimmen das Betriebsverfassungsgesetz sowie das Bundesdatenschutzgesetz grundlegende Vorschriften über den Umgang mit perso- 81 Vgl. Mülder (2000), S. 104; Kos (2007), S. 31 f.; Geiling (2012), S. 51 82 Vgl. Mülder (2015), Absatz 1 83 Vgl. Steckler u.a. (2010), S. 307 <?page no="71"?> 72 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements nenbezogenen Daten sowie auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Dieses soll sicherstellen, dass eine digitale Personalakte keine Inhalte diskriminierender Art oder womöglich Anzeichen für eine Benachteiligung aufweist. 84 Diese und weitere gesetzliche Bestimmungen, die im Folgenden analysiert werden müssen, dienen dem Schutz der sensiblen und vertraulich zu behandelnden Mitarbeiterdaten, wodurch die Software der digitalen Personalakte erheblichen gesetzlichen Reglementierungen unterliegt. 85 Betriebsverfassungsrechtliche Regelungen 2.2.2.1.1 Einsichtsrecht Nach dem Betriebsverfassungsgesetz gem. § 83 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitnehmer während seines Beschäftigungsverhältnisses jederzeit das Recht auf Einsichtnahme in seine Personalakte ohne Nachweis besonderer Interessen. Er hat die Möglichkeit ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen (§ 83 Abs. 1 S. 2 BetrVG), das nach § 79 BetrVG der Geheimhaltung verpflichtet ist. Außerdem kann der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 2 BetrVG auf Verlangen schriftliche Erklärungen zum Inhalt der Personalakte einfordern, wobei die Unterlagen nicht herausgegeben werden dürfen. 2.2.2.1.2 Digitale Personalakte als technische Einrichtung § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG regelt die Mitbestimmung des Betriebsrates zur „Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“. Digitale Personalakten oder Personalinformationssysteme sind solche technische Einrichtungen, die jedoch in der Regel keine Aussagen über die Leistung oder das Verhalten des Mitarbeiters umfassen. 86 Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass bei einer multifunktionalen Personalinformationsverarbeitung, woraus Daten zur Kontrolle der Leistung und des Verhaltens der Mitarbeiter entstehen könnten, durchaus ein Anspruch der Mitbestimmung durch den Betriebsrat besteht. 2.2.2.1.3 Allgemeine Beurteilungsgrundsätze Die Zustimmung des Betriebsrats ist gem. § 94 Abs. 2 BetrVG auch bei der Aufstellung von allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen von Mitarbeitern notwendig. Eine digitale Personalakte ist in erster Linie eine reine Sammlung personenbezogener Daten, die keine allgemeinen mitbestimmungspflichtigen Beurteilungsgrundsätze beinhaltet. Davon ist allerdings zu sprechen, wenn mithilfe der elektronischen Verarbeitung von Personaldaten, zur Entstehung einer elektronischen Personaldatenbank beigetragen wird. Sollten damit Personalentscheidungen vorstrukturiert werden, handelt es sich um allgemeine 84 Vgl. Kiesche/ Wilke (2010), S. 8 85 Vgl. Amberg/ Haushahn (2009), S. 5 86 BAG, Urt. v. 22.10.1986, Az.: 5 AZR 660/ 85 <?page no="72"?> 2.2 Digitale Personalakte 73 Beurteilungsgrundsätze, welche durch den Betriebsrat mitbestimmungspflichtig sind. Ein Beispiel hierzu ist die Erarbeitung von Regelungen über Voraussetzungen für eine Beförderung aus den Personaldaten. 87 2.2.2.1.4 Kontrollfunktion des Betriebsrates Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist es die Aufgabe des Betriebsrates, über die Durchführung oder Einhaltung der zugunsten des Arbeitnehmers geltenden Gesetze zu wachen. Demzufolge gilt die Überwachungspflicht hinsichtlich der Anwendung des BDSG, aber auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht. Außerdem hat der Betriebsrat Informationsansprüche (§ 80 Abs. 2 BetrVG), sollte der Arbeitgeber die Einführung der digitalen Personalakte beabsichtigen. 88 Regelungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz Das BDSG hat gem. § 1 Abs. 1 den Zweck, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Es differenziert drei Aspekte der Datenverarbeitung (§ 3 BDSG): (1) Die Erhebung bzw. die Beschaffung der personenbezogenen Daten (Abs. 3), (2) die Verarbeitung, was das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten umfasst (Abs. 4) und (3) die Nutzung, was das Gesetz als Verwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt, beschreibt (Abs. 5). 2.2.2.2.1 Zulässigkeit zur Datenverarbeitung Zu beachten ist außerdem die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung, und -nutzung. Nach § 4 Abs. 1 BDSG besteht diese einerseits, wenn es eine Vorschrift des BDSG erlaubt oder auch eine Vorschrift aus anderen Gesetzen. Andererseits ist es zulässig Daten zu verarbeiten, wenn ein bestimmter Zweck der Datenverarbeitung nicht vom Gesetz gedeckt ist, aber sich der Arbeitgeber eine Einwilligung der Betroffenen eingeholt hat. 1) Einwilligung Wenn der Arbeitgeber eine Einwilligung des Beschäftigten nach § 4 a BDSG einholen möchte, ist dies u.a. durch eine Klausel im Arbeitsvertrag möglich. Dies stellt aber für die Einführung der digitalen Personalakte in der Praxis eine Schwierigkeit dar, denn die Einwilligung soll nicht nur von neu eintretenden Mitarbeitern vorliegen, sondern ebenfalls von der bestehenden Belegschaft. Dies würde einerseits eine hohe Überzeugungskraft sowie einen großen Verwaltungsaufwand beanspruchen und andererseits kann Widerstand bei denjenigen Angestellten entstehen, die grundsätzlich nicht bereit sind, ihre Einwilligungserklärungen in diesem Kontext abzugeben. 89 87 Diller/ Schuster (2008), S. 928 88 Vgl. Hilderink (2010), S. 46; Gola/ Wronka (2013), S. 429-431 89 Vgl. Diller/ Schuster (2008) S. 929 <?page no="73"?> 74 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements 2) Betriebsvereinbarung Eine Betriebsvereinbarung stellt nach § 4 Abs. 1 BDSG eine „andere Rechtsvorschrift“ dar und dient ebenfalls als eine Grundlage für die Zulässigkeit zur Verarbeitung von personenbezogener Daten, wodurch sie gleichzeitig das vorrangige Instrument für die Einführung der digitalen Personalakte darstellt. 90 Die Beteiligung des Betriebsrates ist durchaus empfehlenswert, da dies womöglich die Akzeptanz zur Einführung einer digitalen Personalakte fördert. 91 3) Zulässigkeit nach § 32 BDSG Eine gesetzliche Erlaubnis ist zudem in § 32 Abs. 1 BDSG gegeben: Die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung ist nur für Erfordernisse der Begründung, Durchführung und Beendigung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig. Diese Daten und Informationen sind Bestandteile der Personalakte. Darunter fallen auch personenbezogene Daten, die nicht automatisiert verarbeitet werden bzw. in oder aus einer nicht automatisierten Datei genutzt oder verarbeitet werden (Abs. 2). Folgernd ist es unerheblich, ob die Bearbeitung und Nutzung mit Datenverarbeitungssystemen (DV-Systemen), wie bei Personalinformationssystemen, digital oder manuell erfolgt. 92 4) Zulässigkeit nach § 28 BDSG Darüber hinaus erhebt der Arbeitgeber jedoch auch Daten, die nicht unter die Zweckbestimmung des § 32 Abs. 1 BDSG fallen. Sie unterliegen somit nicht dem arbeitsrechtlichen Datenschutz. Die gesetzliche Differenzierung zu der eben genannten Zweckbestimmung ist § 28 BDSG zu entnehmen: Die Datenverarbeitung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig, wenn es zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist, soweit das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers bewahrt wird. Da es sich hierbei um Vorgänge außerhalb des eigentlichen Beschäftigungsverhältnisses handelt, haben unter dieser Bestimmung fallende Daten keine Personalaktenqualität. Sie berühren die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwar, jedoch fehlt der unmittelbare Zusammenhang mit dem Inhalt und dem Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses, der in § 32 Abs. 1 BDGS gefordert ist. Dazu gehören Betriebsdaten, die häufig aus den Bereichen Produktion oder Vertrieb stammen, wie z.B. Daten über die Registrierung eines Nutzers einer Maschine oder des Bearbeiters eines Arbeitsvorgangs. Jene Daten werden als Sachakten oder beschäftigungsfremde Daten geführt. Oftmals gehören dazu auch Dokumente über interne Planungen, die als Entscheidungsgrundlage behilflich sein sollen, wie Vorbereitungen zur Personalplanung oder Entwürfe von Mitarbeiterbeurteilungen etc. 93 Vor der Datenerhebung ist dementsprechend die Zweckbestimmung festzulegen und folgend auf Zulässigkeit zu prüfen, d.h. die Erforderlichkeit der Ver- 90 Vgl. Diller/ Schuster (2008), S. 929 f. 91 Vgl. ebd., S. 932 92 Vgl. Bartosch (2010), S. 35 93 Vgl. Gola/ Wronka (2013), S. 30 f. <?page no="74"?> 2.2 Digitale Personalakte 75 wendung der Daten für die beabsichtigte Zweckbestimmung ist festzustellen. Dies veranschaulicht Golas Beispiel über die Erhebung der Bankverbindungsdaten bei der Bewerbung. Für den Zweck der Begründung des Arbeitsverhältnisses ist dafür kein Erfordernis festzustellen (§ 32 Abs. 1 BDSG). Wenn der Arbeitgeber diese Daten jedoch für die Rückerstattung der Reisekosten an den Bewerber benötigt, ist dies eine Zweckbestimmung nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG, die somit zulässig ist. 94 2.2.2.2.2 Einsichtsrecht Im Bundesdatenschutzgesetz findet sich eine Rechtsgrundlage zur Einsichtnahme. Nach § 34 Abs. 1 BDSG hat der Betroffene Anspruch auf Auskunft zu seiner Person gespeicherten Daten sowie über deren Herkunft oder Empfänger. Das geht über das personalaktenrechtliche Einsichtsrecht nach § 83 BetrVG hinaus, denn die Daten müssen nicht unmittelbar aus der Personalakte stammen. 95 2.2.2.2.3 Anspruch auf Berichtigung, Löschung und Sperrung Neben dem Einsichtsrecht in die Personalakte, hat der Arbeitnehmer mit § 35 Abs. 5 S. 1 BDSG das Recht auf Widerspruch gegen die Verarbeitung seiner Daten. Danach dürfen personenbezogene Daten „…nicht für eine automatisierte Verarbeitung oder Verarbeitung in nicht automatisierten Dateien erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, soweit der Betroffene dieser bei der verantwortlichen Stelle widerspricht und eine Prüfung ergibt, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen wegen seiner besonderen persönlichen Situation das Interesse der verantwortlichen Stelle an dieser Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt“. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer das Recht auf Entfernung und Berichtigung, falls nicht richtige Daten vorliegen sowie das Recht auf Sperrung, wenn sich die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Daten nicht feststellen lässt. 2.2.2.2.4 Datensicherheit Das Gesetz sieht zur Gewährleistung der Datensicherheit vor, personelle Maßnahmen zu ergreifen. Mitarbeiter der Personalverwaltung, die Umgang mit Arbeitnehmerdaten haben, ist es nach § 5 BDSG verwehrt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Sie sind also auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Bedingt durch die Aufgaben der Personalarbeit betrifft der Umgang mit Personaldaten nahezu alle Mitarbeiter des Personalbereichs, die angemessen hinsichtlich der Wahrung des Datengeheimnisses zu unterweisen sind. 96 Dabei sollen konkrete und tätigkeitsspezifische Informationen darüber vermittelt werden, was die Pflicht zur Wahrung des Datengeheimnisses beinhaltet. 97 Ebenfalls sind die betroffenen Mitarbeiter über drohende Schadensersatzanforderungen sowie über eventuelle arbeits- und 94 Vgl. Gola (2011), S. 68 95 Vgl. Bartosch (2010), S. 54 96 Vgl. Hoss (2014), S. 69 97 Vgl. Simitis (2011), § 5 Rn. 28 <?page no="75"?> 76 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements strafrechtliche Sanktionen aufzuklären. 98 Außerdem ist es aus Beweiszwecken empfehlenswert, Unterschriften der Mitarbeiter über die Durchführung der Aufklärung einzuholen. 99 Des Weiteren regelt das Gesetz die Schaffung der Datensicherheit durch Kontrollmaßnahmen. Nach § 9 BDSG müssen die Arbeitgeber technische und organisatorische Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Ausführung der Vorschriften des BDSG zu gewährleisten. Dafür ist in der dazugehörigen Anlage eine Auflistung folgender Maßnahmen zu berücksichtigen: Zutrittskontrolle, Zugangskontrolle, Zugriffskontrolle, Weitergabekontrolle, Eingabekontrolle, Auftrags-kontrolle und Verfügbarkeitskontrolle. Ziel dabei ist die Sicherung der Personaldatenverarbeitung gegen eventuellen Missbrauch der Daten, Verlust oder auch Schädigung. Dafür ist es z.B. notwendig, bei Datenverarbeitungsanlagen ein Zugangskontrollsystem einzuführen und die Benutzerberechtigung mittels Passwörtern zu überwachen, sowie bei konventioneller Aufbewahrung gesicherte Archive oder Stahlschränke einzurichten. 100 Des Weiteren ist zu beachten, dass Maßnahmen nur erforderlich sind, wenn ihr Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht. Durch diese Klausel ist es möglich abzuwägen, um keine unverhältnismäßigen Investitionen tätigen zu müssen. 101 2.2.2.2.5 Betrieblicher Datenschutzbeauftragter Unternehmen, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten, sind dazu verpflichtet, einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen (§ 4 f Abs. 1 BDSG). Diese Pflicht gilt allerdings erst, wenn mehr als neun Mitarbeiter mit der automatisierten Datenverarbeitung beschäftigt sind oder mindestens 20 Personen personenbezogene Daten manuell verarbeiten. Infolgedessen zählen hierzu nicht nur die Mitarbeiter des Personalbereichs, sondern auch Beschäftigte aus anderen Unternehmensbereichen, z.B. aus dem Kundenmanagement, da wo unter anderen Kundendaten verarbeitet werden. Somit wird die Grenze zur Pflicht einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, schnell erreicht. Der Datenschutzbeauftragte ist, neben dem Betriebsrat, für die Überwachung des Datenschutzes nach den gesetzlichen Vorschriften im Betrieb verantwortlich. Darüber hinaus hat er dafür Sorge zu tragen, datenschutzrechtliche Vorgaben so aufzubereiten, dass sie unternehmensindividuell anwendbar sind. 102 Er kann aus eigenen Reihen des Unternehmens berufen sein oder als externer Berater die benötigte Unterstützung bieten 103 und muss zur Erfüllung seiner Aufgaben Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzen (§ 4 f Abs. 2 BDSG). Dem- 98 Vgl. Hoss (2014), S. 69 99 Vgl. Gola/ Schomerus, (2015), § 5 Rn. 11; Simitis (2011), § 5 Rn. 28 100 Vgl. Steckler u.a. (2010), S. 313 f. 101 Vgl. Hoss (2014), S. 70 102 Vgl. Hoss (2014). S. 72, zit. nach Hoss (2013) 103 Vgl. Hoss (2014), S. 72 <?page no="76"?> 2.2 Digitale Personalakte 77 entsprechend soll der Datenschutzbeauftragte Rechtskenntnisse zum BDSG besitzen, technisches Wissen (über z.B. Datenverarbeitungsanlagen und Datensicherungstechniken) haben und über Kenntnisse zur Organisation des Unternehmens hinsichtlich des Personalmanagements und deren Aufgabenbereich bezüglich der Verarbeitung von personenbezogener Daten verfügen. 104 Seine Aufgabe darüber hinaus ist es, Mitarbeiter und Geschäftsleitung bezüglich des Datenschutzes hinreichend zu schulen und zu beraten. 105 Weitere gesetzliche Regelungen In allen Bereichen wirtschaftlichen Handels sind Dokumentationsvorschriften anzutreffen, die nach bestimmten Regeln und Standards in Büchern und Aufzeichnungen zu führen sind. Das Handelsgesetzbuch (HGB) und die Abgabenordnung (AO) enthalten zum Beispiel weitere Vorschriften zu Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§§ 238, 239 und 257 HGB und §§ 145, 146 und 147 AO). 106 Hinzu kommen die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU). Die Verwaltungsanweisungen der GoBS regeln, unter welchen Voraussetzungen die Finanzverwaltung den Einsatz von Informationstechnik (IT) für steuerliche Buchungsverfahren gestattet und welche Aufzeichnung und Aufbewahrung bzw. Dokumentation, bezogen auf den DV-Einsatz, von der Finanzverwaltung erwartet wird. Die GDPdU vermitteln im Wesentlichen Vorschriften zur Technik betrieblicher Aufzeichnungen mit dem Ziel der effizienteren elektronischen Betriebsprüfung. Dabei werden die Aufzeichnungspflichten nicht erweitert, sondern Unternehmen verpflichtet, Daten mit steuerlichen Auswirkungen digital in strukturiert auswertbarer Form aufzuzeichnen. 107 Außerdem sind die schon im Zusammenhang mit der konventionellen Personalakte angesprochenen Gesetzesvorschriften des BGB und der ZPO in Hinblick auf die Vorschriften der IT-Dokumentation zu beachten. Darüber hinaus werden, durch nationale und internationale Compliance-Regelungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) sowie des Sarbanes-Oxley Act (SOX), Unternehmensleitungen verpflichtet, mittels internen Kontrollsystemen auszuschließen, dass ein falsches Bild zu Lage und Risiken des Unternehmens vermittelt wird. Diese Gesetze dienen unter anderem der revisionssicheren Archivierung für elektronische Archivsysteme und der Verfahrensdokumentation. 108 104 Vgl. Steckler u.a. (2010), S. 314 105 Vgl. Hoss (2014). S. 72, zit. nach Hoss (2013) 106 Vgl. Bartosch (2010), S. 119 f. 107 Vgl. Odenthal (2011), S. 19 108 Vgl. Kos (2007), S. 48 und 51; Bartosch (2010), S. 120 <?page no="77"?> 78 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Implementierung Bei der Implementierung der digitalen Personalakte müssen sich Verantwortliche bewusst sein, dass damit ein Projekt verbunden ist, die eine gründliche Planung erfordert. Das Projektteam muss so aufgestellt sein, dass alle fachspezifischen Inhalte durch die Kenntnisse der Mitglieder abgedeckt sind, sodass Mitarbeiter des Personalbereichs, der IT sowie der Datenschutzbeauftragte und externe Spezialisten hinzugezogen werden. Außerdem kann ein Betriebsratsmitglied eingebunden werden, da ohnehin Informations- und zum Teil auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gelten. Der Projektzeitraum liegt in der Regel, je nach Unternehmensgröße, zwischen sechs Monaten und einem Jahr, wobei der zeitliche Ablauf detailliert geplant sein soll. 109 Informations- und Planungsphase 2.2.3.1.1 Ist-Situation In der Phase der Informationssammlung muss als erstes eine Analyse des Ist- Zustandes über den Umgang mit Personalakten erarbeitet werden. Dazu muss eine Informationssammlung zu folgenden Aspekten erfolgen: Anzahl der Personalakten Ort der Aufbewahrung Personalaktenstruktur und Inhalt sowie die ungefähre Seitenanzahl Anzahl der täglichen Zugriffe auf die Personalakte und Dauer der Beschaffung sowie der Bearbeitung bzw. Informationsgewinnung Zentrale oder dezentrale Organisation des Unternehmens und der Personalverwaltung Inhalte und Nutzung von bestehenden Personalinformationssystemen. 110 Aus diesen Informationen lassen sich Verbesserungspotenziale für die elektronische Akte identifizieren sowie Antworten darüber ableiten, ob die Digitalisierung überhaupt sinnvoll für das jeweilige Unternehmen ist. Oftmals ist dies von der Unternehmensgröße und dementsprechend von der Anzahl der Personalakten abhängig, denn je größer das Unternehmen ist, desto schneller amortisieren sich die Kosten. 2.2.3.1.2 Soll-Situation Aus den Verbesserungspotenzialen sind Ziele und Anforderungen, also die Soll-Situation, der digitalen Personalakte abzuleiten. In der Marktstudie von Amberg und Haushahn von 2009 waren von Unternehmen, die die e-Akte bereits eingeführt haben bzw. die Einführung planten, folgende Faktoren am ausschlaggebendsten: effizientere Abläufe, Optimierung des Workflows, standortunabhängiger Zugriff und eine qualitative Verbesserung der Personalarbeit. 111 109 Vgl. Bartosch (2010), S. 129 110 Vgl. Kos (2007), S. 76-79; HS - Hamburger Software (Hrsg.) (2012), S. 6 111 Vgl. Amberg/ Haushahn (2009), S. 37 und 54 f. <?page no="78"?> 2.2 Digitale Personalakte 79 Grundlegend ist zu klären, ob die e-Akte als Datenbasis für die Steuerung von Personalprozessen dienen soll, also in ein bestehendes System integriert werden soll, oder lediglich als komfortable Archivierungsmöglichkeit mit Auswertungsfunktionen nutzen soll, eine sogenannte Insellösung. Mit dieser isolierten Form sind allerdings weniger Einsparungen und Arbeitserleichterungen möglich. 112 Daneben muss klar definiert werden, ob nur Akten der aktiven Mitarbeiter gescannt werden sollen oder auch die der ausgeschiedenen Mitarbeiter, was die Anzahl der Akten enorm steigern würde. 113 Hinsichtlich der bestimmten Anforderungswünsche muss sorgfältig nach Softwareanbietern recherchiert werden, die diese umsetzen können. Dabei muss zwischen On-Premise-Lösungen, also dem Kauf der Software, und Cloud-Lösungen bzw. ASP-Lösungen (Application Service Provider) gewählt werden. Bei letzteren wird die Software über das Internet für einen bestimmten Zeitraum gemietet, wobei die Daten in einem externen Rechenzentrum liegen. 114 Des Weiteren ist es empfehlenswert, eine Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen. Dies kann sich als schwierig erweisen, da der Nutzen, der das Personalaktensystem mit sich bringt, überwiegend nicht monetär bewertbar ist. Dazu sind verschiedene Anbieter um unverbindliche Angebote zu erbeten, mittels der ein Grobkonzept über die zu erwartenden Kosten und den zu erwartenden Nutzen erstellt werden können. Die Analyse soll als unterstützende Entscheidungsgrundlage zur Durchführung des Projektes dienen. Beispielhaft ist in Abbildung 30 der erste Schritt einer Kosten-Nutzen-Analyse aufgeführt. Dabei werden die Kosten der Papierakte den Kosten der digitalen Akte gegenübergestellt um den Gesamtnutzen pro Jahr zu ermitteln. Zudem erfolgt eine Aufstellung der Kostenbestandteile um die Gesamtkosten zu ermitteln. 115 Gesamtnutzen pro Jahr Gesamtkosten Papierakte E-Akte externe Kosten Personalkosten Differenz Hardware (Scanner)* 1.500 € Akte neu anlegen 400 € 400 € 0 € Software* 40.000 € Ablage/ Recherche Aktivakten 12.000 € 6.500 € -5.500 € Dienstleistungen* 20.000 € Ablage/ Recherche Altakten 4.000 € 0 € -4.000 € zzgl. 19 % MWST 11.685 € 112 Vgl. Bartosch (2010), S. 127-129 113 Vgl. Eggert (2014b), S. 13 114 Vgl. ebd., S. 12 115 Vgl. Kos (2007), S. 82 f. <?page no="79"?> 80 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Zwischensumme Personalkosten pro Jahr 16.400 € 6.900 € -9.500 € Langzeitarchiv noch zu ermitteln Sachmittelkosten Differenz Scankosten** 5.000 € Personalhefter 800 € 0 € -800 € Summe der Anschaffungskosten 78.185 € Altaktenarchivraumkosten pro Jahr 1.200 € 100 € -1.100 € Zwischensumme Sachmittelkosten pro Jahr 2.000 € 100 € -1.900 € Interne Kosten Gesamtkosten pro Jahr 18.400 € 7.000 € -11.400 € Personalkosten zur Aufbereitung der Akten 9.858 € Gesamtnutzen pro Jahr 11.400 € Jährliche Kosten Wartungskosten* 5.000 € * Unverbindliches Angebot des Anbieters X zzgl. 19 % MWST 950 € ** Preis für externen Scandienstleister Summe der jährlichen Kosten 5.950 € Abbildung 30: Beispiel einer Kosten-Nutzen-Analyse Teil 1; in Anlehnung an Kos (2007), S. 83. Im zweiten Schritt der Kosten-Nutzen-Analyse erfolgt die Ermittlung der jährlichen Kosten, um den Gewinn bzw. Verlust pro Jahr zu berechnen, wie Abbildung 31 zeigt. In dem vorliegenden Beispiel geht ein jährlicher Verlust von 2.547 € hervor. Da die meisten Verbesserungen einer digitalen Personalakte jedoch nicht monetär bewertbar sind, sind diese zu vernachlässigen. 116 Gewinn/ Verlust Externe Kosten Nutzungsdauer in Jahren Kosten pro Nutzungsjahr Hardware (Scanner)* 1.785 € 5 357 € Software* 47.600 € 10 4.760 € Dienstleistungen* 23.800 € 10 2.380 € Scankosten** 5.000 € 10 500 € Summe 78.185 € 7.997 € 116 Vgl. Kos (2007), S. 85 f. <?page no="80"?> 2.2 Digitale Personalakte 81 Kosten pro Nutzungsjahr 7.997 € Wartungskosten pro Jahr 5.950 € Summe Kosten pro Jahr 13.947 € Summe Nutzen pro Jahr 11.400 € * unverbindliches Angebot des Anbieters X Gewinn/ Verlust pro Jahr - 2.547 € ** Preis für externen Scandienstleister Abbildung 31: Beispiel einer Kosten-Nutzen-Analyse Teil 2; in Anlehnung an Kos (2007), S. 85. Register- und Berechtigungsstruktur Das digitale Aktensystem muss in Hinblick auf individuellen unternehmensspezifischen Anforderungen angepasst werden, was durch die Erstellung einer Register- und Berechtigungsstruktur möglich ist. 117 2.2.3.2.1 Registerstruktur Die Registerstruktur der Papierakte kann dabei übernommen werden, soll allerdings auf eine sachgerechte Gliederung geprüft und unter Umständen neu angepasst werden. Vorab muss eine Klassifizierung der Dokumentenarten vorgenommen werden, nach der die Dokumente letztlich in das entsprechende Register sortiert werden können. Unterregister sind hilfreich, um die Genauigkeit und Übersichtlichkeit zu verbessern, allerdings bringen sie auch mehr Zeitaufwand bei der Zuordnung von Dokumenten mit sich. 118 2.2.3.2.2 Berechtigungsstruktur Die Erarbeitung einer sinnvollen Berechtigungsstruktur ist aufgrund von datenschutzrechtlichen Vorgaben besonders relevant. Folgende Fragen sind dabei zu beantworten: 1. Welcher Mitarbeiter darf auf welche Personalakten zugreifen? 2. Welcher Mitarbeiter darf welche Systemfunktion nutzen? 3. Welche Personenkreise sollen einen temporären Zugriff erhalten? 119 117 Vgl. Bartosch (2010), S. 129 118 Vgl. ebd., S. 129 f. 119 Vgl. ebd., S. 131 <?page no="81"?> 82 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Es können zum einen relative Berechtigungen nach Sachgebieten vergeben werden. 120 Beispielsweise könnten so dem Sachbearbeiter der Entgeltabrechnung nur Zugriffsberechtigungen für die Dokumente gegeben sein, die die Gehaltsabrechnung betreffen. 121 Einer Führungskraft wird die Einsicht in die Akten seines Teams gewährt. 122 Oder Personalsachbearbeiter dürfen nur auf Akten einer bestimmten Mitarbeitergruppe zugreifen, z.B. regionalabhängig. 123 Außerdem kann es im Einzelfall notwendig sein, individuelle Berechtigungen zu vergeben. Das Einsichtsrecht des Mitarbeiters in seine eigene Personalakte ist ebenfalls zu beachten. Dabei darf ein Personalsachbearbeiter in seiner Akte nur lesen, wenn gerade er auch für die Mitarbeitergruppe zuständig ist, der er zugehört. Das wäre der Fall, wenn der Personalsachbearbeiter für die Personalakten der Mitarbeiter des Personalbereichs zuständig ist. Im Zusammenhang mit der Einsicht in die eigene Personalakte können temporäre Zugriffsrechte zugeteilt werden, die für einen bestimmten Zeitraum vergeben werden, wenn ein Mitarbeiter seinen Einsichtswunsch äußert. Ebenso kann die temporäre Berechtigung für die Einsicht von bestimmten Führungskräften fachliche und/ oder disziplinarisch nützlich sein. 124 Mit den Systemfunktionen soll geregelt werden, wer in Personalakten lesen, ändern, löschen oder drucken darf. Zu beachten ist, dass der mit der digitalen Personalakte arbeitende Personenkreis nach § 9 BDSG allerdings so klein wie möglich zu halten ist. Die Vergabe von Zugriffberechtigungen sollen einem Administrator, am besten einem Personalverantwortlichen, übertragen werden. 125 Überführung der Papierakten in die digitale Form Die Erstverscannung der Papierakten ist bei der Einführung der digitalen Akte ein einmaliger Vorgang. Es muss abgewogen werden, ob dieser Arbeitsschritt unter hohen Kosten für Equipment und zeitlichem Aufwand selbst von den Mitarbeitern des Unternehmens vorgenommen oder ob ein spezialisierter Scandienstleister hinzugezogen wird, der entweder vor Ort scannt oder die Dokumente in seinen eigenen Räumlichkeiten in die digitale Form überführt. 126 Mit letzterer Alternative werden die Mitarbeiter im eigenen Unternehmen entlastet. Bedeutend für diese Entscheidung ist meist die Anzahl der zu scannenden Akten. Da bei mehreren tausend Scans durch die richtige Wahl des Scan-Partners erhebliche Einsparungen möglich sind, muss die Entscheidung sorgfältig und unter Beachtung von Zertifizierungen getätigt werden. 127 120 Vgl. Kos (2007), S. 71 121 Vgl. Eggert (2014a), S. 11 122 Vgl. o.V. (2011), S. 68 123 Vgl. BTQ Kassel (Hrsg.) (2010), S. 3 124 Vgl. Kos (2007), S. 71 f. 125 Vgl. Bartosch (2010), S. 132; siehe Anlage 3 126 Vgl. Bartosch (2010), S. 132 f. 127 Vgl. Birner (2015), Abschnitt 5 <?page no="82"?> 2.2 Digitale Personalakte 83 2.2.3.3.1 Erfassung der Bestandsakten Vor dem Scanvorgang müssen die Akten im ersten Schritt aufbereitet werden. Dabei soll die Akte nach der festgelegten Registerstruktur sortiert werden, wobei jedes Register mit einem entsprechenden Barcode gekennzeichnet wird. Dieser wird beim Einscannen erfasst, sodass die Dokumente automatisch ihrem Bestimmungsregister zugeordnet werden. 128 Zudem empfiehlt Bartosch, die Akten vorher anhand einer Negativliste aller Vorgänge, die nicht mehr benötigt werden, zu entfernen bzw. die Papierakte also aufzuräumen. 129 Dahingegen hat es sich nach Eggert in der Praxis bewiesen, die komplette Akte zu scannen und später im Rahmen der Attribuierung die unnötigen Seiten per Mausklick zu löschen, was schneller und einfacher ist. 130 Im zweiten Schritt der Digitalisierung, dem Scanvorgang selbst, muss eine 100-prozentige Überwachung und eine Qualitätssicherung durchgeführt werden, sodass eine vollständige Digitalisierung erfolgen kann. Dabei werden die Papierdokumente in die digitale Form überführt, auf ein Speichermedium, wie eine Datenbank, gespeichert und in das Personalaktensystem übergeben. Mittels des Barcodes werden die Dokumente sofort zur entsprechenden Personalakte zugeordnet. Es ist vorher zu klären, in welchem einheitlichen Format und mit welcher Auflösung die Speicherung erfolgen soll und welches Speichermedium verwendet werden soll. Dabei hat sich in der Praxis das rechtssichere, unveränderbare Format PDF/ A durchgesetzt, die im Rahmen der ISO Norm für Langzeitarchive definiert wurde. Die erprobteste Auflösung liegt bei 200 dpi, wobei ein günstiges Verhältnis zwischen Lesbarkeit und Größe des Dokuments besteht. 131 Das Indizieren und Attribuieren erfolgt in der dritten Stufe des Digitalisierungsprozesses, um jedem Dokument ein eindeutiges Identifikationsmerkmal zu geben. Dabei wird jedes Dokument mit einem unveränderbaren Index, wie der Personalnummer, versehen. Danach werden die Dokumente mit Attributen, wie Dokumentenart, Datum, etc., ausgestattet. 132 2.2.3.3.2 Erfassen der laufenden Vorgänge Durch Personalbewegungen ist es nötig, ständig neue Dokumente in die Personalakte abzulegen. Auch bei der laufenden Tagesablage ist, abhängig vom Volumen der relevanten Dokumente, festzulegen, ob das Scannen im Unternehmen mit einem Arbeitsplatzscanner bzw. einem zentralen Scanarbeitsplatz erfolgt oder ob Outsourcing die bessere Alternative darstellt. Die beste Lösung bei der laufenden Digitalisierung ist das Integrieren in ein Workflowsystem. 133 128 Vgl. Bartosch (2010), S. 132 129 Vgl. ebd., S. 133 130 Vgl. Eggert (2014b), S. 13 131 Vgl. Bartosch (2010), S. 134; Eggert (2014b), S. 13 132 Vgl. Eggert (2014b), S. 13 133 Vgl. ebd. <?page no="83"?> 84 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Sicherheitsmechanismen Die Dokumente einer digitalen Personalakte müssen vor unberechtigten Zugriffen durch mehrere, ineinandergreifende Sicherheitsmechanismen geschützt werden. Prinzipiell soll eine hochwertige Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Client und Server erfolgen. 134 Des Weiteren soll eine sekundengenaue Protokollierung aller Zugriffe sowie aller Änderungen in der Personalakte erfolgen, um die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. 135 Ein weiterer Faktor eines Sicherheitskonzepts sind Authentifizierungsverfahren. Hier ist das gängigste Verfahren die Identifikation per Abfrage des Benutzernamens mit dazugehörigem Passwort, das nach bestimmten Anforderungen zusammengesetzt wird sowie in bestimmten Abständen einer Erneuerung unterzogen werden muss. Außerdem werden gelegentlich Chipkartensysteme verwendet, die eine höhere Sicherheitsstufe aufweisen. Neben der Authentifizierung besteht dabei die Möglichkeit, ein elektronisch erzeugtes Dokument mit einer elektronischen Signatur zu versehen. 136 Verfahren der zukünftigen Authentifizierung, die allerdings im Bereich der digitalen Personalakten noch nicht verbreitet sind, können beispielsweise biometrische Verfahren sein, wie Fingerabdrucksysteme, Iris-Kontrollsysteme oder Stimm- und Gesichtskontrollsysteme. 137 Anbindung an bestehende Systeme Es ist zweckmäßig, die digitale Personalakte mit dem führenden Personalinformationssystem oder anderen Personaldatensystemen zu verbinden, also eine Schnittstelle zu bilden, um doppelte Stammdatenpflege und Inkonsistenzen zu vermeiden. 138 Werden sie in einem System eingepflegt oder erneuert, dann erfolgt eine automatische Synchronisierung im anderen Systemen. Mit der Integration können Dokumente und Daten der e-Akte dann aus allen Funktionen des Personalinformationssystems ohne Systembruch aufgerufen werden. 139 Ein losgelöstes Personalaktensystem ist nur bei Unternehmen sinnvoll, die lediglich ein reines Entgeltabrechnungssystem haben. 140 Bei Unternehmen mit einem Personalinformationssystem würde eine isolierte Aktenführung zu redundanten Daten führen, was generell unerwünscht ist. Ferner ist es notwendig, die digitale Personalakte an Microsoft-Office-Anwendungen anzubinden, da heutzutage zahlreiche Dokumente ausschließlich elektronisch vorliegen. So können die Dokumente gleich digital in die Akte archiviert werden. Dies ist u.a. ein wichtiges Thema bei der Gehaltsabrechnung, deren Bearbeitung zum größten Teil nur noch digital erfolgt. 141 134 Vgl. Kos (2007), S. 73 135 Vgl. Birner (2015), Abschnitt 4 136 Vgl. Bartosch (2010), S. 140 137 Vgl. Kos (2007), S. 74 f. 138 Vgl. Bartosch (2010), S. 140 139 Vgl. Grötsch (2014), S. 48 140 Siehe dazu das Interview mit Eggert in Furkel (2014), S. 43 f. 141 Vgl. Kos (2007), S. 66 <?page no="84"?> 2.2 Digitale Personalakte 85 Testphase und Schulungen Im Projekt der Einführung soll eine Testphase eingeplant werden, in der die fehlerfreie Funktion des Personalaktensystems überprüft und wenn nötig, mögliches Fehlverhalten der Software überarbeitet werden kann. Außerdem müssen die Mitarbeiter unbedingt geschult werden, um den sicheren und einfachen Umgang beim Arbeiten mit der e-Akte zu garantieren und somit die Akzeptanz der Mitarbeiter gegenüber der neuen digitalen Personalakte zu erreichen. Schließlich sollen die Mitarbeiter die elektronische Akte als Werkzeug zur Effizienzsteigerung und Prozessoptierung nutzen. 142 Cloud- und ASP-Lösungen Immer weiter verbreitet ist die Nutzung von Cloud Computing im Zusammenhang mit der elektronischen Personalakte. Dabei besteht die Möglichkeit, Daten zur Sicherung, Weiterverarbeitung und Aktualisierung in einer sogenannten Datenwolke, einer Cloud, im Internet abzulegen, die von einem externen Dienstleister unterhalten wird. In beiden Fällen, bei der Cloud-Lösung sowie bei der Application-Service-Provider-Lösung (ASP-Lösung), wird die Software also gemietet und die Daten werden auf einem externen Server gespeichert. Zum einen muss mit dieser Lösung als Software as a Service kein System installiert bzw. gewartet werden und andererseits haben die Unternehmen keinen Aufwand mehr mit Updates, Versionspflege, Sicherungskopien und Hardwarevoraussetzungen. Mit der e-Akte in der Cloud bzw. als ASP sind Datenabrufe ebenfalls flexibel und unabhängig vom Standort möglich, wobei ein großer Vorteil in der Kostenverteilung besteht: statt hoher Anschaffungskosten für die IT entstehen nur Betriebskosten, die kalkulierbar sind. Außerdem kann die Software nach Bedarf angepasst werden und es wird nur das bezahlt, was genutzt wird. 143 Allerdings sind bei einer offen internationalen Cloud-Lösung sowohl Software und Speicherkapazitäten räumlich auf Rechnern in unterschiedlichen Rechenzentren verteilt. Die Daten werden je nach Lastverteilung zwischen den Rechnern hin und her geschoben, sodass die Anwender nie wissen, wo sich die Daten befinden. Wenn sich der Speicherort gerade im Ausland befindet, ist das für die Personaler ein kritischer Zustand, da die datenschutzrechtlichen Regelungen eventuell nicht so streng sein könnten wie in Deutschland. 144 Bei einer ASP-Lösung oder einer Private Cloud hingegen, ist es dem Nutzer bekannt, in welchem Rechenzentrum die Daten verarbeitet werden. 145 Hinsichtlich des strengen deutschen Datenschutzrechts muss deshalb sichergestellt sein, dass sich die Daten in einem Rechenzentrum befinden, das innerhalb Deutschlands liegt, um die Datensicherheit nach deutschen Normen erfüllen zu können. 146 Zudem ist das Thema Datenschutz im Zusammenhang 142 Vgl. Birner (2015), Abschnitte 6 und 7 143 Vgl. Schmitt (2011), S. 12 144 Vgl. Pesch (2011), S. 30; Eggert (2014a), S. 12 145 Vgl. Eggert (2014a), S. 12 146 Vgl. Schmitt (2015), S. 71 <?page no="85"?> 86 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements mit der Verbindung zu den sensiblen Personaldaten besonders entscheidend. Meist wird durch eine gesicherte Virtual-Private-Network-Verbindung der Zugriff zum Server aufgebaut, der verhindern soll, dass Dritte auf die vertraulichen Dokumente zugreifen können. 147 Vorteilhaftigkeit der e-Personalakte gegenüber der konventionellen Personalakte Ortsunabhängiger Zugriff Mit der Einführung der digitalen Personalakte ist ein Zugriff unabhängig vom Standort des Zugriffsberechtigten oder des Speicherorts des Dokuments jederzeit und sofort realisierbar. Das heißt, ein Personalsachbearbeiter kann direkt von seinem PC auf die Dokumente der Personalakte zugreifen oder sogar mobil mittels Smartphone oder Tablet. Der Gang ins Archiv bleibt somit erspart. Dies wirkt sich dementsprechend auf die selbstständige Einteilung der Arbeitszeiten der Personalsachbearbeiter aus, im Home-Office mit flexiblen Arbeitszeiten zu arbeiten ist damit vorstellbar. Der Vorteil macht sich vor allem bei dezentral organisierten Unternehmen bemerkbar, denn hier müsste die konventionelle Personalakte zu einem anderen Standort geschickt werden, wenn sie dort benötigt werden würde. Außerdem ist es möglich, dass mehrere Nutzer zur selben Zeit die Akte einsehen können. 148 Sicherheit Im Vergleich zu einer Papierakte ist bei der digitalen Personalakte die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben einfacher realisierbar. Schon allein, weil die Personalakten nicht physisch existieren, sind grundlegende Sicherungsmaßnahmen gegen ungewollten Zutritt in die Archivräume sowie ungewollte Beschädigung durch unkontrollierbare Einflüsse wie Wasserschäden oder Brände nicht mehr so aufwändig. Daneben besteht ein Sicherheitsrisiko bereits, wenn der Mitarbeiter im täglichen Gebrauch Personalakten auf dem Schreibtisch offen liegen lässt und Besucher somit Einsicht bekommen könnten. 149 Aus technischer Sicht kann einerseits ein Berechtigungskonzept erarbeitet werden, wobei differenzierte Zugriffsrechte nach Dokumentengruppen und Mitarbeitergruppen vergeben werden, 150 sodass die Position und das Aufgabengebiet des Anwenders seine Rechte bestimmen. 151 So ist gewährleistet, dass die Daten vor unbefugtem Zugriff bewahrt werden und es besteht eine Übersicht darüber, die Mitarbeiter Akteneinsicht bekommen bzw. in welche Teile der Personalakte. Darüber hinaus ist in dem Berechtigungskonzept festzulegen, welcher Personenkreis was und wann in der e-Akte verändern, 147 Vgl. Schmitt (2015), S. 71 148 Vgl. Mülder (2015), Absatz 2; o.V. (2015), S. 16 f. 149 Vgl. Eggert (2014a), S. 11 150 Vgl. HS - Hamburger Software (Hrsg.) (2014), S. 5 151 Vgl. Krumm (2006), S. 48 <?page no="86"?> 2.2 Digitale Personalakte 87 löschen oder drucken darf bzw. wer nur zum Lesen berechtigt ist, wie z.B. der Beschäftigte selbst in seiner eigenen Akte. 152 Andererseits besteht eine höhere Datensicherheit durch die Verschlüsselung der Dateien, deren Entschlüsselung nur durch die Eingabe des richtigen Passwortes, also durch die Authentifikation des Mitarbeiters und dessen Autorisierung, erfolgen kann. 153 Zudem kann jeder Zugriff auf die Akte und jede Änderung nachvollzogen werden. Dies ist durch die automatische Protokollierung der Zugriffe möglich. 154 Ferner können keine unkontrollierbaren Kopien angefertigt werden 155 und das Transportrisiko beim Versenden der Akte entfällt. 156 Einsparung von Archivplatz Durch Wegfall der großen Mengen an physischen Personalakten wird für die Aktenlagerung nicht mehr so viel Platz benötigt. Damit sind auch Kosteneinsparungen zu verzeichnen, denn die früher in anderen Gebäuden oder Kellern gelagerten Archivschränke sind mit der digitalen Personalakte zum größten Teil nicht mehr nötig. 157 Dieser freie Raum kann effizienter genutzt werden und es entfallen unter Umständen sogar Mietkosten. Darüber hinaus entstehen nicht mehr derartige Fluten von Papier, was ebenso zu Kosteneinsparungen und zur Förderung der Nachhaltigkeit führt. Vollständigkeit und Strukturierung Bei der traditionellen Personalakte ist es oftmals ein Problem, dass die Dokumente der Personalakte an verschiedenen Orten (Schreibtischablage, Archivschränke oder digital auf dem Server) verstreut sind, weil sie vorübergehend oder dauerhaft entnommen wurden bzw. von Vorgesetzten nicht zurückgegeben wurden. Dies ist mit einer digitalen Personalakte wegen der zentralen und systematischen Speicherung nicht mehr möglich, sodass die Vollständigkeit immer gegeben ist. 158 Überdies ist eine bessere Übersichtlichkeit durch einen standardisierten Aufbau in der digitalen Personalakte erreichbar. Sie lässt sich durch eine Registerstruktur, angelehnt an die der traditionellen Akte, klarer und einheitlicher strukturieren. Innerhalb des Registers können die Dokumente dann nach verschiedenen Kriterien, wie Ablage- oder Löschdatum sowie Dokumentenart, sortiert werden. Dadurch fällt die Informationssuche leichter. 159 152 Vgl. BTQ Kassel (Hrsg.) (2010). S. 3 153 Vgl. ebd. 154 Vgl. Kiesche/ Wilke (2010), S. 6 155 Vgl. HS - Hamburger Software (Hrsg.) (2014), S. 5 156 Vgl. Eggert (2014a), S. 11 157 Vgl. Mülder (2015), Absatz 2 158 Vgl. Kiesche/ Wilke (2010), S. 6 159 Vgl. Eggert (2014a), S. 11 <?page no="87"?> 88 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Verringerung des Arbeitsaufwandes Personalsachbearbeiter werden durch die e-Akte von administrativen Aufgaben entlastet und Routineaufgaben werden reduziert. Durch die Möglichkeit des sofortigen Zugriffs auf die e-Akte kann so die Informationsbeschaffung und -verarbeitung in der Personalverwaltung viel schneller und komfortabler ablaufen, was sich auf grundlegende Prozesse der Personalarbeit innerhalb der Abteilung auswirkt. Sind Personalverantwortliche zum Beispiel auf der Suche nach einer bestimmten Qualifikation, die für die Besetzung einer Stelle in einem Projekt nötig ist, müssen nicht alle Akten durchgeschaut werden. Durch eine programmierbare Volltextsuche kann so gezielt nach Schlagwörtern, wie Qualifikationen, gesucht werden. Verloren geglaubte Dokumente sind durch die Suchfunktion schnell wiederzufinden. 160 Außerdem können mittels Reporting-Tools aus den Personalstammdaten unkompliziert grafische Auswertungen zur Personalstruktur oder Standortzugehörigkeit erstellt werden. 161 Aber auch Prozesse mit anderen Unternehmensbereichen oder externen Stellen, denen z.B. auf elektronischem Wege Auskünfte erteilt oder Meldungen angezeigt werden müssen, sind damit um ein vielfaches besser händelbar. Die Verwaltung der Akte gestaltet sich zudem digital einfacher und vermeidet doppelten Aufwand bei der Datenpflege sowie Inkonsistenz, wenn die Integration der digitalen Personalakte in bestehende zentrale Enterprise-Resource- Planning- (ERP) oder Human-Capital-Management-Systeme (HCM) erfolgt. Dadurch ist ebenfalls die Aktualität der Daten besser zu gewährleisten. Ist hier die Schnittstelle geschaffen, lassen sich insbesondere Workflows optimieren sowie Vorteile hinsichtlich Effizienz, Transparenz und Compliance erzielen, wie im Folgenden erläutert wird. 162 Bei der Workflow-Verwaltung können Aufgaben zu einem angegebenen Termin automatisch den zuständigen Benutzern zugestellt werden, was, als das grundlegende Element der Workflow-Verwaltung, die Wiedervorlage ist. 163 Es können mit verschiedenen Funktionen innerhalb der digitalen Personalakte mitarbeiterbezogene Aufgaben mit einem Termin angelegt werden, wie zum Beispiel eine Erinnerung zum Zeugnis erstellen, zwei Wochen vor Austritt. 164 Darüber hinaus ist es möglich, komplexere Arbeitsabläufe, wie Einstellungsprozesse, mit Checklisten im System zu hinterlegen. Dabei kann ein organisatorischer Prozessschritt nicht nur aus einer organisatorischen Aufgabe bestehen, nämlich die Bereitstellung des Arbeitsplatzes, sondern aus Aufgaben, die im Personalinformationssystem ausgeführt werden müssen, wie die Erfassung der Personalstammdaten. Per Notizfunktion besteht die Möglichkeit, jeden Prozessschritt für den Auftraggeber oder den nächsten Bearbeiter zu kom- 160 Vgl. Eggert (2014a), S. 11 161 Vgl. Rüttger (2014), S. 18 162 Vgl. o.V. (2011), S. 68 f. 163 Vgl. ebd. 164 Vgl. Furkel (2014), S. 43; zit. nach HS - Hamburger Software (Hrsg.) (2014) <?page no="88"?> 2.2 Digitale Personalakte 89 mentieren. Außerdem kann ein Prozess zu bestimmten Zeitpunkten oder in bestimmten Situationen automatisch ausgelöst werden. Hierfür wäre die automatische Löschung von temporären Dokumenten eine Verwendungsmöglichkeit. Die Funktion wäre dann so programmiert, dass ein Dokument gelöscht wird, wenn gesetzliche und betriebsintern festgelegte Aufbewahrungsfristen vorüber sind, wie z.B. bei dem Verfall einer Abmahnung. 165 Diese Anwendungsmöglichkeiten zeigen deutlich, dass Workflows mit einer digitalen Personalakte erheblich beschleunigt werden. Bei einer Anfrage musste der Personalsachbearbeiter diese erst aufnehmen, die Rückrufnummer notieren, die Akte suchen, je nach Situation die Zustimmung des Mitarbeiters einholen sowie die Berechtigung des Anfragenden prüfen, dann die Auskünfte zusammenstellen und schließlich die Anfrage beantworten. Mittels der digitalen Akte ist es dem HR-Mitarbeiter nun möglich, bei einer Anfrage sofort während des Telefonats alle Daten einzusehen sowie sich über bestehende Berechtigungen zu informieren und die Auskünfte unmittelbar am Telefon zu erteilen bzw. per internen Workflow oder E-Mail elektronisch zur Verfügung zu stellen. Damit wird einerseits das Servicelevel erhöht, und andererseits beansprucht die Bearbeitungszeit für eine Anfrage nur noch zehn Prozent gegenüber der Bearbeitungszeit mit der traditionellen Akte. 166 Kostenersparnis Aus all den genannten Vorteilen resultiert im besten Fall eine erhebliche Einsparung an Kosten. Diese entsteht einerseits durch die Reduzierung der Papier- und Druckkosten sowie durch den minimierten Platzbedarf oder die verringerte Archivausstattung (Archivschränke etc.). Zum anderen werden Personalkosten eingespart, da weniger Verwaltungsangestellte benötigt werden und diese sich durch den Zeitgewinn anderen Aufgaben widmen können. 167 Da aber mit der Digitalisierung auch Kosten verbunden sind, ist vorher genau zu prüfen, ob die Umstellung für das jeweilige Unternehmen rentabel sein wird bzw. ob die finanziellen Einsparungen, verbunden mit den anderen Vorteilen, den Kosten überwiegen. Nachteile und Probleme Viele Unternehmen scheuen den Schritt zur e-Akte, da bei ihnen die Angst vor Neuem und vor einem zu hohen Aufwand überwiegt. Ein anderer Grund stellt der schlecht quantifizierbare Nutzen dar, deren Ermittlung den Unternehmen schwer fällt. 168 Wenn die digitale Personalakte aber erst einmal eingeführt ist, können dabei auch Probleme auftreten, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Zwar ist die Sicherheit der elektronischen Personalakte durch verschiedene Sicher- 165 Vgl. o.V. (2011), S. 69 f. 166 Vgl. Rüttger (2014), S. 17 167 Vgl. Diller/ Schuster (2008), S. 928 168 Vgl. BTQ Kassel (Hrsg.) (2010), S. 1 <?page no="89"?> 90 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements heitsmechanismen größtenteils gegeben, doch besteht hier, wie bei jeder anderen Software, die Gefahr, dass unbefugte Zugriffe durch Sicherheitslücken möglich sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Unternehmensdaten, wozu auch personenbezogene Daten gehören, durch einen Hackerangriff eingesehen werden. Das könnte vor allem bei Cloud-Lösungen passieren, insbesondere wenn der Speicherort sich außerhalb Deutschlands befindet. Zudem kann es vorkommen, dass ein Server, auf dem die Daten gespeichert sind, ausfällt. Um das Problem aufzufangen, kann die Datenbereitstellung durch einen weiteren Server erfolgen, der physisch vom anderen getrennt ist. Aus Gründen der Zuverlässigkeit ist dies möglich, führt jedoch zu redundanter Datenspeicherung. 169 Des Weiteren sind einige datenschutzrechtliche Vorgaben nicht unbedingt einfach anzuwenden. Die digitale Personalakte birgt ein großes Risiko im Zusammenhang mit der Profilerstellung: die Möglichkeit des Missbrauchs zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter. Außerdem sind die Bestimmungen des Datenschutzes nicht durch automatisierte Einzelentscheidungen zu verletzen. 170 Außerdem ist unbedingt darauf zu achten, dass Dokumente, die der Schriftform durch das Gesetz erfordern, im Original aufbewahrt werden müssen. Ein erhebliches Risiko in diesem Zusammenhang besteht, da die elektronische Form vor Gericht keinen Beweiswert hat. Die Kosten- und Fehleranfälligkeit bei der Selektion der aufzubewahrenden Dokumente und der zu vernichtenden sollen somit nicht unterschätzt werden. Eine Alternative wäre, bei der Digitalisierung von Dokumenten Erklärungen mit Beweiswert zu erstellen, in denen versichert wird, dass bei der Digitalisierung ein von beiden Seiten unterzeichnetes Originalexemplar vorlag. Dies würde jedoch sehr hohe Kosten verursachen. 171 In diesem Zusammenhang kann man bemängeln, dass diese doppelte Aktenführung, wenn auch nur für einzelne Bestandteile der Personalakte, entgegen dem Sinn der digitalen Akte steht und somit gewisse Effizienzmerkmale, wie Platzersparnis und Einsparungen durch schnellere Suche, nicht in einem befriedigendem Maße ausgeschöpft werden können. Es ist außerdem fraglich, ob nicht dennoch eine Vielzahl von Dokumenten ausgedruckt wird, da der eine oder andere Personalsachbearbeiter nicht gern am Bildschirm liest und trotz digitaler Form immer wieder die Papierform bevorzugt. Das würde den Papieraufwand und somit die Kosten wieder erhöhen. 172 Hinzugefügt sei, dass große Herausforderungen, bezüglich der Einbindung in vorhandene IT-Landschaft, 173 also das führende Personalinformationssystem, bestehen. Sollte eine Insellösung geschaffen werden, kann es durchaus der Fall 169 Vgl. Brass/ Rüffer (2015), S. 25 170 Vgl. Mühlich (2015), 86 f. 171 Vgl. Weller (2011), S. 35 172 Vgl. ebd., S. 34 173 Vgl. o.V. (2015), S. 17 <?page no="90"?> 2.2 Digitale Personalakte 91 sein, dass die digitale Personalakte zu doppeltem Aufwand führt und somit der eigentliche Zweck der Effizienzsteigerung und Prozessbeschleunigung verfehlt wird. Wirtschaftlichkeit Auch wenn die Nutzenpotenziale einer digitalen Personalakte bekannt sind, ist es schwer den Return on Investment (ROI) eines Dokumentenmanagementsystem zu bestimmen, 174 jedenfalls findet man in der Literatur nur sehr vereinzelt Aussagen darüber. Das liegt an den hohen qualitativen Einsparpotenzialen, die schwer monetär abzubilden sind. Gewinne aus quantitativen Aspekten Bei einer Betrachtung der Potenziale der digitalen Personalakte zog die BEGIS GmbH die Eckdaten aus Analysen von sechs anonymisierten Unternehmen heran. 175 Darunter wurden Zahlen aus Personalbewegungen sowie Stammdatenänderungen etc. aufgenommen und daraus Durchschnittswerte für ein Beispielunternehmen gebildet (siehe Tabelle 2). absolut je Mitarbeiter Mitarbeiter 4.452 Stammdatenänderungen 9.656 2,2 Kapazität Personalbereich 32,5 Personelle Änderungen 4.603 1,0 Eintritte 466 Bezüge, Zulagen, Provisionen, Tantiemen 5.941 1,3 Austritte 601 Sonstige Personalaktenzugriffe 5.613 1,3 Kennzahlen Personalwachstum -3,0% Fluktuationsrate 13,5% Tabelle 2: Kennzahlen Beispielunternehmen; in Anlehnung an Besir (2014), S. 61. Die Dauer von alltäglichen administrativen Aufgaben der Personalverwaltung konnte aus Erfahrungswerten durch den Umgang mit der traditionellen Personalakte bestimmt werden. Dagegen wurde die Dauer dieser Aufgaben mit der digitalen Personalakte gesetzt. Bei der Betrachtung der Bearbeitung von Eintritt, also das Anlegen der Personalakte, Austritt und Zeugnis wurde die Dauer auf nahezu Null gesetzt, begründet mit der vollautomatischen Anlage der Personalstammdaten sowie automatischen Inaktivierung der Akte bei Erreichen des Austrittsdatums. Des Weiteren sind für die Zeugniserstellung 174 Stanisic-Petrovic (2005), S. 37 175 Vgl. Besir (2014), S. 61 f. <?page no="91"?> 92 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements erforderliche Belege durch die Stichwort- oder Volltextsuche sofort verfügbar. 176 Ob dies in der Praxis ohne Zeitaufwand umsetzbar ist, steht in Frage. Bei der Berechnung der Einsparungen hat die BEGIS GmbH eine Arbeitsstunde mit 30 € bewertet. Außerdem wurden administrative Aufgaben, wie die Ablage und Suche von Unterlagen, einbezogen sowie die Vorbereitung von Akten zur Einsicht, aber auch die digitale Zurverfügungstellung von Lohn- und Gehaltabrechnung und anderen Dokumenten für Mitarbeiter, wodurch die Druckkosten entfallen. Des Weiteren enthält die Rechnung u.a. Einsparungen durch Lagerkosten. Das Ergebnis der Berechnung macht deutlich, dass für das Beispielunternehmen in einem Jahr bis zu 100.000 € bzw. 22,50 € je Akte eingespart werden können. In Tabelle 3 ist die entsprechende Rechnung aufgeführt. 177 Themengebiete Menge Aufwand (Minute/ Stück) Einsparung pro Jahr in € Eintritte 30 7.000 Austritte, Zeugnisse 30 10.000 Stammdatenänderungen 4 19.000 Personelle Änderungen 4 9.000 Bezüge, Zulagen, Provisionen, Tantiemen 4 12.000 Belegzugriff / Suche 5 12.000 Automatischer Druck und Ablage (2 Dokumente p.a./ Mitarbeiter) 2 2 9.000 Materialkosten Druck (5 Seiten p.a./ Mitarbeiter) 5 3.000 Vorbereitung Einsicht Mitarbeiter (30 min/ Fall) 5% 30 3.000 Vorbereitung Einsicht Vorgesetzter (45 min/ Fall) 5% 45 5.000 Lagerfläche (5€ je Monat/ lfd. Meter Kosten) 11.000 Summe 100.000 Einsparung pro Akte und Jahr in € 22,50 Tabelle 3: Einsparungen durch digitale Personalakte des Beispielunternehmens; in Anlehnung an Besir (2014), S. 63. Gewinne aus qualitativen Aspekten Neben den aufgeführten, leicht messbaren Einsparpotenzialen gibt es weitere Erleichterungen, die allerdings schwieriger mit Zahlen belegt bzw. deren Ein- 176 Vgl. Besir (2014), S. 62 177 Vgl. ebd., S. 62-64 <?page no="92"?> 2.2 Digitale Personalakte 93 13,33% 10% 23,33% 60% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 500 bis 650 301 bis 500 101 bis 300 bis 100 Kosten in Tausend € sparungen effektiv berechnet werden können. Das sind beispielsweise die Vorteile des gemeinsamen und zeitgleichen Zugriffs oder die intelligente Suche, die zu einer Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, der Bearbeitungsqualität, der Geschwindigkeit und der Effizienz führen und dadurch auch zu einer Kostenreduktion. In Projekten wird diese weitere Verbesserung oftmals zwischen fünf bis 15 Prozent der Kapazität im Personalbereich angesetzt. In dem Beispiel werden weitere Einsparungen in Höhe 41.000 € pro Jahr errechnet, sodass die Einsparung im Gesamten bei 141.000 € bzw. 31,70 € pro Akte in einem Jahr liegt. Diese Effizienzsteigerung ist allerdings erst nach sechs bis neun Monaten spürbar und dann erst anzusetzen, da die neuen Verfahren der e-Akte erst einmal wirken müssen. 178 Kosten Die entstehenden Kosten einer digitalen Personalakte setzen sich aus den einmaligen Anschaffungskosten für Organisation, Server- und Archivsystem, Systemeinführung, Einrichtung der Zugänge sowie Digitalisierung der Bestandsakten und aus den laufenden Kosten für die Digitalisierung sowie Lizenz- und Wartungskosten der Software zusammen. 179 Die Studie von Amberg und Haushahn zeigt, wie die Einführungskosten der Unternehmen verteilt waren, wobei ein Großteil der Unternehmen Kosten von bis zu 100.000 € aufbringen mussten (siehe Abbildung 32). Für die Rechnung des Beispielunternehmens durch die Analyse der BEGIS GmbH wurde sich auf eine ASP-Lösung beschränkt, in der alle Betriebskosten im Stückpreis enthalten sind, um die Kosten unabhängig von der existierenden Infrastruktur des Unternehmens vergleichbar darzustellen. Dabei wurden die Einführungskosten bei ca. 70.000 € und die laufenden Kosten bei ca. 5.000 € pro Monat angesetzt. In Abbildung 34 wird ersichtlich, dass sich die Investitionen des fiktiven Beispielunternehmens nach circa 21 Monaten amortisieren, 178 Vgl. Besir (2014), S. 64 f. 179 Vgl. ebd., S. 65 f. Abbildung 32: Kosten der Einführung der digitalen Personalakte; in Anlehnung an Amberg / Haushahn (2009), S. 45. <?page no="93"?> 94 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements wobei die jährliche Einsparung danach 82.000 € beträgt (siehe Abbildung 33). Daraus ist zu schließen, dass die Einführung einer digitalen Personalakte, zumindest nach den Erfahrungen der BEGIS GmbH, kurzbis mittelfristig zu beachtlichen Kosteneinsparungen führt. 180 Anzumerken ist, dass in dem vorstehenden Beispiel von einem Großunternehmen mit einer Anzahl von über 4000 Mitarbeitern ausgegangen wurde. Es muss offen gelassen werden, ob ähnliche Kosteneinsparungen auch bei kleinen oder mittleren Unternehmen realisierbar sind, da keine vergleichbaren Studien existieren. Allerdings ist anzunehmen, dass die Wirtschaftlichkeit der digitalen Personalakte, hinsichtlich der Höhe der Einsparungen sowie des Amortisationszeitraums, individuell von verschiedenen Faktoren abhängig ist, wie z.B. von der Größe des Unternehmens oder vom individuellen Aufwand im Umgang mit der Personalakte. Wenn man aber davon aufgeht, dass in einem kleinen Unternehmen eine ASP-Lösung gewählt wird, bei welcher die Betriebskosten nach Stückpreis berechnet werden, dürfte der Gewinn prozentual vergleichbar sein. Zwischenfazit Insgesamt lässt sich feststellen, dass die digitale Personalakte große Potenziale hinsichtlich der Kostenreduktion sowie der qualitativen Verbesserung der Arbeitsweise und der Prozessoptimierung bietet. Insbesondere die Wirkungen der verbesserten Zugriffskontrolle, der effizienteren Aktenverwaltung und der schnellen Verfügbarkeit der Dokumente sowie der daraus resultierenden Beschleunigung und Vereinfachung der Arbeitsabläufe werden in der Praxis als positiv beurteilt. 181 Schlussfolgernd ist davon auszugehen, dass die genannten 180 Vgl. Besir (2014), S. 65 f. 181 Vgl. Amberg/ Haushahn (2009), S. 48 Abbildung 33: Darstellung des Kostenverlaufs; Besir (2004), S. 66. <?page no="94"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 95 Erleichterungen der administrativen Tätigkeiten mit dem Einsatz der digitalen Personalakte einen beachtlichen Anteil zur Steigerung des Wertbeitrags der Personalarbeit liefern. So kann durch die digitale Akte dem Modell des HR- Business-Partners einen Schritt näher gekommen und durch die freien Zeitinseln den personalstrategischen Themen Aufmerksamkeit gegeben werden. 182 Sowohl Großunternehmen als auch Klein- oder mittelständische Unternehmen können davon profitieren und durch den Einsatz der elektronischen Akte ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Wenn ein Unternehmen bereits ein Online- Bewerbungsportal nutzt bzw. die Bewerbungen auf anderer Weise (z.B. per E-Mail) digital eingereicht werden und das Dokument daher schon elektronisch vorliegt, was mittlerweile in der Mehrzahl der Unternehmen der Fall ist, dann stellt die digitale Personalakte eine logische Erweiterung der IT-Nutzung im Personalbereich dar. Somit würden die Vorteile der schon vorhandenen elektronischen Form der Unterlagen nicht ungenutzt bleiben. Bei einer Entscheidung für die digitale Personalakte gilt es allerdings, die vielfältigen Rechtsvorschriften zu beachten, das Einführungsprojekt sorgfältig zu planen und regelmäßig die Wirkung dieser Technologie hinsichtlich ihrer Effizienz und Effektivität zu kontrollieren. Elektronische Entgeltabrechnung Hier wird ein Überblick über die Entgeltabrechnung gegeben und der Einsatz einer Entgeltabrechnungssoftware in Hinblick auf die gesetzlichen Reglementierungen analysiert. Daneben wird versucht zu erörtern, inwiefern die Digitalisierung hier eine Möglichkeit darstellt, die administrativen Personalprozesse der Entgeltsystemabrechnungen zu optimieren und somit einen Anteil zur Wertbeitragssteigerung zu leisten. Dazu werden zunächst Grundlagen der Berechnung vermittelt, um anschließend in Bezug zum Technologieeinsatz die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung, oder auch Entgeltabrechnung genannt, ist eine zentrale Aufgabe der klassischen Personalarbeit und wird dem Bereich der Personalverwaltung zugeordnet. Sie umfasst die Ermittlung des Entgeltanspruchs der Mitarbeiter und alle weiterführenden Maßnahmen bis zur Auszahlung an die Mitarbeiter. 183 Anders als die digitale Personalakte ist die elektronische Entgeltabrechnung in der Personalverwaltung mittlerweile in annähernd allen Unternehmen Standard. Begründet ist die elektronische Form durch die Verarbeitung von Massendaten, die fehlerfrei und oftmals sehr kurzfristig verarbeitet werden müssen. Nur in sehr kleinen Unternehmen wird die Entgeltrechnung noch nach konventioneller Art durchgeführt. 184 182 Vgl. Rüttger (2014), S. 18 183 Vgl. Olfert (2015), S. 569 184 Vgl. Jung (2011), S. 669 f. <?page no="95"?> 96 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Bruttorechnung Nettorechnung Zahlungsrechnung Mitarbeiterabrechnung Steuerabrechnung Sozialversicherungsabrechnung Auswertungsrechnung Buchhaltung Kostenrechnung Controlling Grundsätzliche Schritte der Entgeltrechnung Die Entgeltberechnung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wodurch die Berechnung von hoher Komplexität ist. Das sind einerseits die unterschiedlichen Entgeltformen wie Lohn, Gehalt, Provision etc. sowie die verschiedenartigen Entgeltsysteme wie Zeit-, Akkord- oder Prämienlohn, die bei der Berechnung zu beachten sind. 185 Andererseits spielen die vielfältigen Rechtsvorschriften eine große Rolle, deren häufige Veränderungen folglich zu Änderungserfordernissen bei der Abrechnung führen. Die gesetzlichen Grundlagen der Entgeltabrechnung reichen vom Arbeitsvertrag über Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen bis hin zu Anforderungen, die sich aus dem Arbeits- und Sozialrecht ergeben. 186 Die Berechnung erfolgt in mehreren Arbeitsschritten, die in Abbildung 34 auf der folgenden Seite in vereinfachter Form veranschaulicht sind. Sie sind durch die verschiedenen Auszahlungsbeträge an Mitarbeiter und Institutionen erforderlich bzw. dienen als Informationsgrundlage für interne Zwecke. 187 Daher richtet sich die Systematik der Lohn- und Gehaltsabrechnung nach zwei großen Abrechnungsteilen. Zum einen ist das die personenbezogene Abrechnung, die zur Feststellung der Vergütungsgrundlage sowie des Auszahlungsbetrags nötig ist und damit den Schwerpunkt der Entgeltabrechnung darstellt. Das andere Aufgabengebiet, die sachbezogene Abrechnung, dient der Ermittlung und Abführung der Beiträge an externe Stellen sowie der Übermittlung der Daten an andere Unternehmensbereiche. 188 185 Vgl. Olfert (2015), S. 570 186 Vgl. Kiepe (2014), S. 7 187 Vgl. Jung (2011), S. 670 188 Vgl. Schmeisser/ Clermont (1999), S. 77 Abbildung 34: Allgemeine Schritte der Entgeltrechnung; in Anlehnung an Jung (2011), S. 670. <?page no="96"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 97 Grundlage für die Lohn- und Gehaltsabrechnung stellen Daten dar, welche für den Abrechnungsprozess vonnöten sind. Es werden Personalstammdaten und Bewegungsdaten genutzt, also Daten, die im Abrechnungsablauf unterschiedliche Werte annehmen können. Das sind Leistungs- und Zeitdaten, wie An- und Abwesenheitszeiten, Mehrarbeitszeiten und die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers, der über ein Zeiterfassungssystem oder auch manuell erfasst wird. Zudem sind sonstige Be- und Abzüge, also nicht regelmäßige Arbeitsentgelte, eine weitere Art der Bewegungsdaten, auf die im weiteren Verlauf des Kapitels noch einmal eingegangen werden. 189 Die Arbeitsabfolge der Entgeltberechnung wird in nachfolgenden Abschnitten kurz aufgezeigt. Es wird jedoch von einer genauen Betrachtung der Rechtsgrundlagen und der detaillierten Rechenschritte abgesehen. Bruttorechnung Im ersten Schritt der Rechnung wird das Bruttoentgelt des Arbeitnehmers für eine Periode, in der Regel für einen Monat, ermittelt. Eine Vergütung steht dem Arbeitnehmer aufgrund seiner erbrachten Arbeitsleistung zu, was durch den Arbeitsvertrag (vgl. § 611 Abs. 1 BGB) bedingt ist. Zum Bruttoentgelt gehören Zuwendungen, die der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber aufgrund seines Arbeitsverhältnisses erhält. Das können einmalige oder laufende Einnahmen sowie Zahlungen bzw. Vorteile durch Dritte sein, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis geleistet werden. 190 Die Höhe des Bruttolohns wird aus den Daten aller zu bezahlenden Leistungen und Zeiten bestimmt, die nach gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen und einzelvertraglichen Regelungen zu bewerten sind. 191 Zudem bestimmen An- und Abwesenheitszeiten sowie Arbeitsausfälle die Vergütung, wobei beachtet werden muss, ob ein Anspruch auf Vergütung besteht oder nicht und wie die Bewertung erfolgt. 192 Je nach Entgeltform kann das Bruttoentgelt jeden Monat differieren. Deshalb muss es für Lohnempfänger, die nach Zeit- oder Akkordlohn bzw. Mitarbeitern, die nach Prämien oder Provision bezahlt werden, in jeder Periode neu berechnet werden. Das bleibt bei Empfängern von Gehältern bzw. Zeitlohn mit Monatslohn erspart, da der Betrag über einen längeren Zeitraum konstant ist. 193 Des Weiteren sind mögliche Sonderzuwendungen (wegen „Betrieblicher Verbesserungsvorschläge“, Erfindungen, Software), die in den Bruttolohn eingehen können, zu beachten. Es sind nicht alle Entgeltbestandteile steuer- und sozialversicherungspflichtig, wie z.B. Berufskleidung, Mutterschaftsgeld oder 189 Vgl. Schmeisser/ Clermont (1999), S. 79 f. 190 Vgl. Boden (2009), S. 114 f. 191 Vgl. Jung (2011), S. 670 192 Vgl. Boden (2009), S. 145 193 Vgl. Jung (2011), S. 670 <?page no="97"?> 98 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Feiertagszuschlag. 194 Deshalb muss der Bruttolohn um Steuerfreibeträge reduziert werden, um den steuerpflichtigen Bruttolohn als Ausgangsbasis für die Nettorechnung zu erhalten. 195 Nettorechnung Im zweiten Schritt wird der aus der Bruttorechnung gewonnene Entgeltbetrag eines Mitarbeiters um die gesetzlichen Abzüge subtrahiert, um den Nettobetrag zu ermitteln, was die nachstehende Übersicht deutlich machen soll: Bruttoentgelt - Lohnsteuer - Solidaritätszuschlag - Kirchensteuer - Rentenversicherungsbeitrag - Krankenversicherungsbeitrag - Pflegeversicherungsbeitrag - Arbeitslosenversicherungsbeitrag = Nettoentgelt 196 Wenn auch die Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften und Bestimmungen bei der Berechnung des Nettobetrags essentiell ist: 197 Eine detaillierte Betrachtung der rechtlichen Grundlagen einzelner steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Abzüge wird aufgrund des geringen Bezugs im Hinblick auf das Thema Digitalisierung der Personalverwaltungsarbeit nicht aufgeführt. Erwähnt sei aber, dass man bei der Bruttorechnung besonders aufmerksam hinsichtlich Gesetzesänderungen sein muss, die häufig vorkommen und die Berechnung grundlegend verändern könnten. Für die Berechnung der Abzüge sind die Daten der Lohnsteuerabzugsmerkmale (LStAM) erforderlich, die im Folgenden auf Grundlage des Einkommenssteuergesetzes (EStG) kurz genannt werden: [1] Steuerklasse (§ 38 b Absatz 1 EStG) und Faktor (§ 39 f EStG), [2] Zahl der Kinderfreibeträge bei den Steuerklassen I bis IV (§ 38 b Abs. 2 EStG), [3] Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39 a EStG), [4] Höhe der Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung (§ 39 b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Bst. d EStG) für die Dauer von zwölf Monaten, wenn der Arbeitnehmer dies beantragt, [5] Mitteilung, dass der von einem Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Lohn- 194 Vgl. Olfert (2015), S. 571 195 Vgl. Scholz (2014), S. 446 196 Vgl. Olfert (2015), S. 572 197 Vgl. ebd. <?page no="98"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 99 steuer freizustellen ist, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt, [6] Mitteilung über die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft (Kirchensteuerabzugsmerkmal) (§ 51 a Abs. 2 und 2a EStG). 198 Zahlungsrechnung Bei der Zahlungsrechnung werden die aus der Nettorechnung ermittelten Daten für die Durchführung von drei verschiedenen Abrechnungen benötigt. Für die daraus resultierenden Beträge sind Zahlungen an externe Stellen zu leisten. 2.3.1.3.1 Mitarbeiterabrechnung Die Erstellung einer Entgeltabrechnung ist für jeden Mitarbeiter nötig. Der errechnete Nettobetrag muss nicht immer mit dem Zahlungsbetrag übereinstimmen, da er noch einer Korrektur bedarf, die sich aus mitarbeiterindividuellen Besonderheiten ergibt. Das sind beispielsweise. Erstattungen, wie Kindergeld oder Reisekostenerstattung oder Abzüge, wie vermögenswirksame Leistungen, Lohnpfändungen oder Vorschussrückzahlungen. In der Entgeltabrechnung sind alle gewonnenen Abrechnungsdaten der Periode auszuweisen. Sie kann zusätzlich die kumulierten Beträge des Kalenderjahres enthalten. 199 Anschließend muss die Auslösung der Zahlung des Entgeltes auf das Konto des Mitarbeiters erfolgen, was automatisch aus dem Abrechnungsprogramm erfolgen kann. 2.3.1.3.2 Steuerabrechnung Des Weiteren muss eine Steuerabrechnung erfolgen, da das Unternehmen die einbehaltenen Steuern nach § 38 Abs. 1 S. 1 EStG abführen muss. Die Lohnsteueranmeldung, die beim Finanzamt erfolgt, muss Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchsteuer ausweisen. Monatlich wird für die Zahlung ein Zahlungsbeleg angefertigt, jährlich sind Lohnsteuerbescheinigungen für jeden Mitarbeiter auszustellen. Die Meldungen an das Finanzamt sind elektronisch zu übermitteln. 200 2.3.1.3.3 Sozialversicherungsabrechnung Daneben hat der Arbeitgeber eine Sozialversicherungsabrechnung zu erstellen, da an die zuständigen Sozialversicherungsträger Beiträge abzuführen sind. Diese werden zur einen Hälfte vom Arbeitnehmer getragen und zur anderen Hälfte vom Arbeitgeber, weshalb zusätzlich der Arbeitgeberanteil zu bestimmen ist. Den Beitrag für die Unfallversicherung hat der Arbeitgeber allein zu tragen. 201 198 Vgl. Grahn (2013), S. 6 199 Vgl. Jung (2011), S. 671 200 Vgl. Olfert (2015), S. 573 201 Vgl. Jung (2011), S. 672 <?page no="99"?> 100 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Anschließend sind die ermittelten Beträge an die Versicherungsträger zu überweisen, was ebenfalls automatisch durch das Abrechnungsprogramm erfolgen kann. Auswertungsrechnung Gegensätzlich der Zahlungsrechnung, die für unternehmensexterne Zwecke erforderlich ist, dient die Auswertungsrechnung innerhalb des Unternehmens als Informationsquelle für andere Bereiche. 202 Informationen über die Entgeltabrechnung werden insbesondere von der Buchhaltung benötigt, da die Lohn- und Gehaltsabrechnung eine Nebenbuchhaltung von ihr ist. Die Ergebnisse werden benötigt, da die Gesamtsummen der Entgeltabrechnung verbucht werden müssen. 203 Darüber hinaus benötigt die Kostenrechnung die Personalkosten, um diese für ihre Erfordernisse, wie der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung, aufzubereiten. Für die weitere Auswertung stellt die Kostenrechnung die Ergebnisse den Verantwortlichen der einzelnen Kostenstellen zur Verfügung, damit die Kostenentwicklung verfolgt werden kann und damit die benötigten Informationen für die Plankostenrechnung oder die Budgetrechnung vorliegen. 204 Ein weiterer Unternehmensbereich, der die Ergebnisse der Entgeltrechnung benötigt, ist das Controlling. Dabei ist besonders die Zusammensetzung der Entgelte interessant, wodurch eine Aufgliederung in Überstunden, Lohnfortzahlungen oder Urlaubskosten möglich ist. 205 Softwareeinsatz in Hinblick auf gesetzliche Vorgaben Neben der Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnung obliegen dem Arbeitgeber gewisse Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten. 206 Durch diese gesetzlichen Vorgaben ist eine elektronische Übermittlung der steuer- und sozialversicherungsrelevanten Daten mittlerweile Pflicht. Eine zusammenfassende Übersicht der gesetzlichen Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten bei der Personalabrechnung ist in Abbildung 35 dargestellt. 207 Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nach steuerrechtlichen Regelungen Der Arbeitgeber ist schon seit 2005 im Rahmen des Projektes elektronische Steuererklärung (ELSTER) von Bund und Ländern zur elektronischen Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung sowie der Lohnsteueranmeldung ge- 202 Vgl. Olfert (2015), S. 574 203 Vgl. ebd. 204 Vgl. Jung (2011), S. 672 205 Vgl. ebd. 206 Vgl. Schmeisser/ Clermont (1999), S. 104 207 Für eine umfassende Sammlung zu Auskunfts-, Bescheinigungs- und Meldepflichten im Personalwesen siehe Hentschel/ Jaspers (2007) <?page no="100"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 101 Erklärungs- und Aufzeichungspflichten bei der Personalabrechnung steuerliche Gesetzgebung Lohnkonto § 41 EStG i.V.m. § 4 LStDV Lohnsteueranmeldung § 41a EStG Elektronische Lohnsteuerbescheinigung § 41b EStG Aufbewahrungsfrist: 6 Jahre § 41 Abs. 1 S. 9 EStG soziale Gesetzgebung Entgeltbescheinigung § 2 EBV i.V.m. § 108 GewO Beitragsnachweis § 28 f Abs. 3 SGB IV Meldungen zur Sozialversicherung § 28 a SGB IV Aufbewahrungsfrist: 4 Jahre § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV setzlich verpflichtet (vgl. §§ 41 a und 41 b EStG). Somit sind Softwarehersteller von Steuer-, Finanz-, Lohnbuchhaltungs- oder Abrechnungsprogrammen daran orientiert, Schnittstellen zur der als bundeseinheitlich Software entwickelten ELSTER-Clientsoftware zu schaffen. 208 Abbildung 35: Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nach steuerlicher und sozialer Gesetzgebung; in Anlehnung an Kiepe (2014), S. 607. Die LStAM, welche zur Berechnung des Nettobetrags nötig sind, wurden bis 2010 mit der Lohnsteuerkarte in Papierform von den Gemeinden zu den Arbeitgebern übermittelt. Seit 2011 sind nun mit der Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) die Finanzämter für die elektronische Übermittlung der LStAM zuständig. Die Speicherung der Daten über die Besteuerungsgrundlagen erfolgt in einer zentralen Datenbank, welche vom Bundeszentralamt für Steuern geführt wird. Dadurch können dem Arbeitgeber die ELStAM (Steuerklasse, Anzahl der Kinderfreibeträge, sonstige Freibeträge und Kirchensteuerabzugsmerkmal) per Abruf elektronisch zur Verfügung gestellt werden. 209 Der Arbeitgeber muss für den Datenabruf im ELStAM-Verfahren nur das Geburtsdatum, die steuerliche Identifikationsnummer des Arbeitnehmers und Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses angeben sowie die Auskunft geben, ob es 208 Vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern (Hrsg.) (o.J.b), Abschnitt 2 209 Vgl. Grahn (2013), S. 4 und 7 <?page no="101"?> 102 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements sich um das Haupt- oder um ein Nebenarbeitsverhältnis handelt. 210 Somit entfällt der Verwaltungsaufwand, der mit der Lohnsteuerkarte zu bewältigen war. Die ELStAM können durch eine Schnittstelle in der Abrechnungssoftware abgerufen werden und stehen dadurch zur automatischen Berechnung des Nettobetrages zur Verfügung. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sind die jeweils gültigen Sätze der Sozialversicherungsträger zu berücksichtigen. Diese und weitere gesetzliche Regelungen unterliegen häufigen Veränderungen. Dementsprechend ist gerade in bei der Berechnung des Nettobetrags sehr häufig mit Anpassungen der Software zu rechnen, um die Korrektheit des Betrages mithilfe regelmäßiger Updates sicherzustellen. 211 Ferner ist der Arbeitgeber verpflichtet, monatlich Veränderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale abzufragen, die ihm daraufhin mittels Änderungslisten durch die Finanzverwaltung mitgeteilt werden. Der Abruf erfolgt bei Lohnabrechnungsprogrammen in der Regel automatisch. 212 Zusätzlich hat der Arbeitgeber gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 EStG ein Lohnkonto für jeden Arbeitnehmer zu führen. Dies ist eine Sammlung aller Entgeltabrechnungen eines Arbeitnehmers für ein Kalenderjahr. Der Arbeitgeber muss außerdem eine Lohnsteueranmeldung an das Finanzamt übermitteln. Es sind dafür, nach der Entgeltabrechnung aller Mitarbeiter in einem Abrechnungszeitraum, die Entgeltdaten für die Abführung der einbehaltenen Steuerabzüge zusammenzustellen und zu übersenden (vgl. § 41 a Abs. 1 S. 1. Nr. 1 EStG). Dabei muss nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz nach der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung vorgegangen werden. 213 Ziel der Einführung des elektronischen Verfahrens ist eine sichere, schnellere und papierlose Kommunikation zwischen den Kommunen, Arbeitgebern und Finanzämtern. Die Arbeitgeber müssen somit nicht mehr regelmäßige Abgleiche der Daten der Papierlohnsteuerkarte mit den in der Entgeltabrechnung gespeicherten Daten durchführen, da die Daten bei Bedarf automatisch aktualisiert und übermittelt werden. 214 Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nach sozialversicherungsrechtlichen Regelungen Nach dem Gesetz hat der Arbeitgeber verschiedene Daten an die Sozialversicherungen zu melden. Rechtsgrundlage für die Meldepflicht ist § 28 a SGB IV. Meldetatbestände sind u.a. Aufnahme, Beendigung, Unterbrechung und Änderung eines Beschäftigungsverhältnisses, Änderungen im Versicherungsverhältnis, Änderungen persönlicher Verhältnisse und, unabhängig davon, das Ende des jeweiligen Kalenderjahrs (§ 28 a Abs. 1 und 2 SGB IV). Zu meldende Daten sind persönliche Daten des Mitarbeiters, wie Versicherungsnummer 210 Vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern (Hrsg.) (o.J.a), Abschnitt 5 211 Vgl. Jung (2011), S. 671; Olfert (2015), S. 572 212 Vgl. Grahn (2013), S. 30 213 Vgl. Kiepe (2014), S. 581-591 214 Vgl. Grahn (2013). S. 12 <?page no="102"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 103 und die Betriebsnummer, welche zur maschinellen Zuordnung der Meldedaten benötigt werden. Daneben sind die entsprechenden Schlüsselzahlen zum Abgabegrund, zur Personengruppe, zur Beitragsgruppe sowie zur Art der Tätigkeit anzugeben. 215 Die Anmeldung zur gesetzlichen Sozialversicherung ist vereinfacht und auf elektronische Datenverarbeitung umgestellt worden. 216 Die Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung, die Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV), enthält ebenfalls Regelungen zum Meldeverfahren zur Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Des Weiteren hat der Arbeitgeber die Entgeltdaten für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge in Beitragsnachweisen je Krankenkasse durch Datenübertragung zu übermitteln (vgl. § 28 f Abs. 3 S. 1 SGB IV). 217 Am Jahresende oder bei einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber eine Lohnsteuerbescheinigung für jeden Arbeitnehmer erstellen und diese elektronisch an das Finanzamt senden. Die elektronische Lohnsteuerbescheinigung soll dem Arbeitnehmer nach amtlich vorgeschriebenen Muster ausgehändigt oder digital bereitgestellt werden (§ 41 b Abs. 1 S. 1 bis 3 EStG). Diese Meldungen und Übermittlungen sollen durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemuntersuchten Entgeltabrechnungsprogrammen oder mittels maschineller Ausfüllhilfen erfolgen. Sie dürfen im automatisierten Verfahren nur noch aus maschinell geführten Entgeltabrechnungsprogrammen stammen und automatisiert ausgelöst werden. Zudem müssen die den Meldungen zugrundeliegenden Tatbestände maschinell erkannt werden. Die Abrechnungsprogramme für die elektronische Datenübertragung müssen daher eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, welche im Rahmen einer Systemuntersuchung geprüft werden. 218 Aus diesem Grund ist es notwendig, eine Abrechnungssoftware einzusetzen, die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Merkmale verarbeiten kann bzw. eine Software, die von der Informationstechnischen Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG) systemuntersucht und zugelassen ist. Mittels einer speziellen Übertragungssoftware bzw. einer im Entgeltabrechnungsprogramm integrierten Software kann die Datenübermittlung erfolgen, welche der Verschlüsselung der Daten vor der Übermittlung dient. Die Datenübermittlung sollte im eXTra-Standard (kurz für: einheitliches XMLbasiertes Transportverfahren) erfolgen, der ab 1.1.2016 verpflichtend ist. Die zuständige Datenannahmestelle sendet dem Arbeitgeber in einem Protokoll, ob alle Daten elektronisch verarbeitet werden konnten bzw. ob Fehler vorhanden sind, woraufhin erneute Meldungen zu erstellen sind. 219 215 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2015), S. 24 216 Vgl. Steckler u.a. (2011), S. 267 217 Vgl. Kiepe (2014), S. 592 218 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2015), S. 8 219 Vgl. AOK-Bundesverband GbR (Hrsg.) (2015), Absätze 2,3,7 und 8 <?page no="103"?> 104 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Gemäß § 108 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Entgeltbescheinigung in Textform erteilen. Sie umfasst die Dokumentation der monatlichen Abrechnung der Bezüge eines Mitarbeiters, in der die Zusammensetzung des Arbeitsentgeltes nach den Vorgaben der Entgeltbescheinigungsverordnung ersichtlich werden soll. 220 Anforderungen an die Software Nicht nur aus Grund der Pflicht zur elektronischen Übermittlung bestimmter Daten, ist der Einsatz von Software, zumindest für mittlere und große Unternehmen, unabdingbar. In den letzten Jahren wurden enorm viele gesetzliche Änderungen erlassen, die im Personalbereich eingeführt werden mussten und dazu kommen die jährlichen Änderungen von bestimmten Werten (z.B. Jahresarbeitsentgeltgrenze und Beitragsbemessungsgrenze des Sozialversicherungsrechts, Steuerprogression und Beitragssätze), die angepasst werden müssen. 221 Somit kann die komplexe Gesetzeslage, hinsichtlich der Entgeltabrechnung ohne entsprechende Programme und vor allem ab einer bestimmten Mitarbeiteranzahl, nur sehr schwer manuell bewältigt werden. Sie automatisiert den Prozess der Lohn- und Gehaltsabrechnung und alle dazugehörigen Aufgaben. 222 Aufgrund der häufigen Gesetzesänderungen muss die Entgeltabrechnungssoftware ständig und zeitnah jedes Jahr aktualisiert werden, weil die Änderungen des Öfteren im letzten Quartal des Jahres beschlossen werden und bereits ab dem Folgejahr gelten. Es liegt dementsprechend vor allem beim Hersteller der Lohnsoftware, diese Aktualisierungen einzuführen. Das Unternehmen muss sich allerdings darüber versichern, dass herstellerseitige Anpassungen erfolgen, da die Software andernfalls möglicherweise nicht mehr brauchbar ist. Zudem soll die Umsetzung geklärt sein, sowie Schnittstellen zu einem Zeiterfassungsmodul oder gegebenenfalls. die Möglichkeit der manuellen Zeiterfassung. 223 Daneben soll eine sichere und termingerechte Datenübermittlung an die Krankenkassen und Finanzämter in der Abrechnungssoftware sichergestellt sein. Um Fehler gering zu halten, wird schon bei der Datenerfassung eine automatische Plausibilitätsprüfung durchgeführt. Außerdem ist die Vermeidung von Medienbrüchen ein grundlegender Vorteil, die durch eine durchgängige, papierarme Prozessdurchführung der Software unterstützt wird. So können zeitaufwändige, manuelle Tätigkeiten bei der Sortierung, der Ablage, dem Druck sowie bei der Verteilung der Gehaltsunterlagen auf ein Minimum reduziert werden. 224 Die Software muss unbedingt die Funktion zur Erstellung von elektronischen Meldungen, Bescheinigungen und Beitragsnachweisen etc. mit sich bringen, 220 Vgl. Kiepe (2014), S. 577 221 Vgl. Knemeyer (2012), S. 48 222 Vgl. Huss-Medien GmbH (Hrsg.) (2008), S. 44 223 Vgl. ebd. 224 Vgl. Dörfler (2009), S. 55 <?page no="104"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 105 die Möglichkeit zur automatischen Erstellung von Entgeltbescheinigungen bieten 225 sowie gegebenenfalls deren automatischen Versand. Ein neuer Weg die Entgeltbescheinigung an den Arbeitnehmer zu vermitteln, ist der elektronische Versand. Dafür wurde eine modernste Verschlüsselungstechnik von einem Schweizer Unternehmen Swiss Post Solutions AG entwickelt, mit dem der Arbeitnehmer durch ein zweistufiges Registrierungsverfahren Zugang zu seiner vertraulichen Post erhält. Diese kann einfach an seine gewohnte E-Mail-Adresse gesendet werden, wobei diese Funktion in den bestehenden Prozess der HR- oder Abrechnungssoftware integriert wird. So werden Porto- und Druckkosten erheblich eingespart und der Verwaltungsaufwand wird minimiert. 226 Eine Schnittstelle zum System des Zahlungsverkehrs sollte die Software ebenfalls beinhalten. 227 Diese sorgt für den automatischen Zahlungstransfer, wobei die Konfiguration unter Berücksichtigung des SEPA-Verfahrens (Single Euro Payments Area) erfolgen muss. Zudem erleichtern Schnittstellen zur Finanzbuchhaltung und dem Rechnungswesen die Verbuchung, denn dadurch können die Daten direkt von der Lohnsoftware in das System dieser Unternehmensbereiche übertragen werden. 228 Sehr wichtig ist außerdem ein hoher Automatisierungsgrad, damit die zeitintensive manuelle Bearbeitung der Sachverhalte auf ein Minimum reduziert werden kann. 229 Letztlich soll das Abrechnungsprogramm möglichst alle benötigten Funktionen im Standard abdecken, damit Kosten für das Customizing eingespart werden können. Benutzerfreundlichkeit und eine einfache Struktur sind ebenso relevant, da dies einerseits die Akzeptanz der Mitarbeiter erhöht und andererseits die Abrechnung, im Fall Engpässen durch Krankheit oder Urlaub, nicht nur von einem bestimmten Mitarbeiter vorgenommen werden kann. 230 Trotz unterstützender Software, die viel automatisch erledigen kann, muss fast bei jedem zweiten Arbeitsverhältnis eine umfassende Prüfung der lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Sachverhalte erfolgen. Des Weiteren müssen immer wieder Entscheidungen über die Bewertung von besonderen lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Faktoren vorgenommen werden, wie Betriebsfeste, Geschenke, Sachbezüge oder geldwerte Vorteile. Diese Komplexität zeigt, dass die Entgeltabrechnung nicht nur eine einfache Eingabe von Daten ist, sondern dass die ständige Beobachtung hinsichtlich veränderter Sachverhalte sowie die Prüfung dieser in der Software, unabdingbar für Personalverwaltungsexperten sind. 231 225 Vgl. Romanowski (2006), S. 707 226 Vgl. Wermeyer (2014), S. 46 f. 227 Vgl. Romanowski (2006), S. 707 228 Vgl. Schmeisser/ Clermont (1999), S. 97 229 Vgl. Huss-Medien GmbH (Hrsg.) (2008), S. 45 230 Vgl. ebd., S. 45 f. 231 Vgl. Knemeyer (2012), S. 48 <?page no="105"?> 106 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Auslagerung der Entgeltabrechnung Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Auslagerung der Entgeltabrechnung oder zumindest Teile dieser, einen hoch spezialisierten Service bieten kann, den die Personalverwaltung eines Unternehmens oftmals allein nicht bewältigen kann. 232 Gründe für das Outsourcing sind die vielfältigen technischen und komplizierten gesetzlichen Anforderungen. Auch die Internationalisierung der Wirtschaft und die sich verändernde Altersstruktur, durch die die qualifizierten Entgeltabrechner in den Betrieben wegbrechen, sind Auslöser dafür. Immer mehr mittelständische Unternehmen denken daher über Outsourcing nach. So wird bis ins Jahr 2022 ein Outsourcing-Volumen von 30 bis 35 Prozent im Bereich der Entgeltabrechnung geschätzt. 233 Das hat den Vorteil, dass die Personalabteilung von Routineaufgaben entlastet wird und sie vom Spezialwissen des Dienstleisters profitieren kann, insbesondere bei Abrechnungsfällen, die nicht zum Tagesgeschäft gehören. Somit kann sich auf strategische Aufgaben konzentriert werden, die inzwischen immer größere Bedeutung haben. 234 Bei der Dienstleisterauswahl soll nach verschiedenen Kriterien gewählt werden, wie individuelle Servicetiefe, die für das Unternehmen angebracht sind. Des Weiteren sind Expertise, Datenschutz, Umgang mit Soft- und Hardware, Zugriffsrechte und Schulung der Mitarbeiter vorab zu berücksichtigen. 235 Zur Entscheidungsfindung kann der Vergleichsrechner von Hansalog Services herangezogen werden, der Interessenten hilft, einen Vergleich der Kosten zur Erstellung der Entgeltabrechnung mit den Kosten einer externen Lösung vorzunehmen. Dadurch lässt sich das eventuelle Einsparpotenzial ermitteln. 236 Eine Alternative bieten Cloud-Lösungen, welche auf wichtige Kernfunktionen reduziert sind und den Nutzer mit einem Assistenten schnell und einfach durch die Lohnabrechnung führen. Damit soll der Kernprozess nicht ausgelagert werden, aber bestimmte Teilprozesse können so einfacher händelbar sein. 237 Betrachtung der Wertschöpfung Wie andere Aufgaben der Personalverwaltung ist auch die Entgeltabrechnung eher eine der mühseligen Aufgaben für Personaler, die oftmals unterschätzt wird. Allerdings ist die richtige Durchführung durchaus komplex und setzt Expertenwissen voraus. 232 Vgl. Lötters (2015), S. 62 f. 233 Siehe dazu das Interview mit Csillag/ Meyer in Siemann (2012), S. 7 234 Vgl. Lötters (2015), S. 62 f. 235 Vgl. ebd. 236 Vgl. Lötters (2015), S. 64; Berechnung online unter: http: / / www.hansalogservices.de/ vergleichsrechner/ stage1 237 Siehe dazu das Interview mit Tandler in Siemann (2013), S. 6 <?page no="106"?> 2.3 Elektronische Entgeltabrechnung 107 Trotzdem kann man sich fragen, ob über die ordnungsgemäße Abwicklung der Entgeltabrechnung hinaus, um die Mitarbeiter zu entlohnen, ein Wertschöpfungsbeitrag entsteht. Hinsichtlich der Mitarbeiterbetreuung ist dies der Fall: Im Zusammenhang mit der Entgeltabrechnung entstehende Anfragen der Mitarbeiter machen zwei Drittel aller Mitarbeiteranfragen aus. Es kommt häufig vor, dass einfache Mitarbeiter, aber auch Vorstände und Geschäftsführer, Fragen zur Gehaltsabrechnung haben, weswegen ein guter Personaler das Thema beherrschen muss, um die Mitarbeiter entsprechend betreuen zu können. Dabei handeln die Fragen oftmals um Sachverhalte wie Pfändung, Scheidung, Schwangerschaft oder Altersteilzeit, deren finanzielle Konsequenzen dabei aufgezeigt werden sollen. Durch eine gute Beratung über diese Themen schafft ein Personaler damit einen Wert, indem er das Problem des Anfragenden schnell löst. Das führt zwar zu keiner monetären Wertsteigerung, aber zu einer Zufriedenheit des Mitarbeiters. 238 Hinzugefügt sei, dass die Entgeltabrechnung als wichtige Grundlage für weitere Bereiche dient, wie schon im Zusammenhang mit der Auswertungsrechnung aufgezeigt wurde. Diese Daten müssen im Personalinformationssystem für Auswertungen oder für die Personalkostenplanung zur Verfügung stehen, aber auch für andere Unternehmensbereiche. Ein Wertschöpfungsfaktor entsteht hierbei vor allem in strukturierteren Auswertungen, vereinfachten Prozessen und Abläufen sowie einer Verbesserung der Kommunikation, was durch die Nutzung von Software möglich ist. 239 Demgegenüber steht allerdings der Kostenfaktor, den eine Entgeltabrechnungssoftware bei der Einführung, aber auch im laufenden Prozess bei der Wartung und Anpassung, mit sich bringt. Darüber hinaus müssen die Mitarbeiter der Personalabteilung intensiv fortgebildet werden, um die Entgeltabrechnung ordnungsgemäß durchführen und die Software bedienen zu können. Zwischenfazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Bereich der Entgeltabrechnung einen hohen Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad aufweist. Dies ist nicht zuletzt durch die Gesetzgebung geprägt, die einen massiven Anstoß in die Richtung der elektronischen und digitalen Bearbeitung des Abrechnungsprozesses verrichtet. Es ist aber auch die Komplexität der Materie, die dazu führt, dass fast alle Unternehmen den Vorteil einer Entgeltabrechnungssoftware oder auch den Service eines Dienstleisters nutzen. Durch die Digitalisierung in diesem Bereich wird der Verwaltungsaufwand enorm sinken, es werden somit Personalkosten und Zeit gespart. Trotzdem gibt es auch auf diesem Feld weitere Optimierungspotenziale, wie die Papiereinsparung, die durch den elektronischen Versand der Entgeltabrechnung realisierbar wäre, aber noch nicht in vielen Unternehmen eingesetzt wird. Wünschenswert ist ferner eine höhere Zuverlässigkeit und Automation der Software, damit die Anzahl der manuellen Prüfungen durch den Sachbearbeiter reduziert werden können. 238 Vgl. Knemeyer (2012), S. 49 239 Vgl. ebd., S. 50 <?page no="107"?> 108 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Personalinformationssysteme Personalinformationssysteme (PIS) haben sich mittlerweile zu einem zentralen und einflussreichen Hilfsmittel im Rahmen der Personalwirtschaft entwickelt. Welche Rolle das PIS hinsichtlich der Personalverwaltungsarbeit einnimmt und welche Personalprozesse es unterstützen kann, wird im folgenden Kapitel dargelegt. Außerdem berücksichtigt dieser Abschnitt die Architektur sowie ausgewählte Aspekte der Einführung und die Wirtschaftlichkeit eines PIS. Auf gesetzliche Rahmenbedingungen wird dabei nicht eingegangen, da diese von den Ausführungen über die digitale Personalakte und die elektronische Entgeltabrechnung weitestgehend übertragbar sind und es somit ebenfalls ihrer rechtlichen Anwendung bei einem PIS bedarf. Grundsätzliches Ein computergestütztes PIS ist ein Instrument zur Erfassung, Speicherung, Verarbeitung, Weitergabe und Aufbereitung von Daten und Informationen, die nötig sind, um personalwirtschaftliche Aufgaben zu unterstützen bzw. zu automatisieren. Es dient der Erfüllung von Informationsbedürfnissen interner und externer Stellen. In Betrachtung aus technischer Sicht stellt das PIS eine im Dialogbetrieb genutzte Datenbank dar, die zur Pflege von Personalstammdaten dient und darüber hinaus durch Kombination verschiedener Datenfelder flexible Abfragen und Auswertungen von Personaldaten ermöglicht. 240 Grundsätzlich kann die Speicherung, Verarbeitung und Bereitstellung der Daten als Gegenstand eines PIS manuell oder rechnergestützt erfolgen, allerdings gewinnt nur die rechnergestützte Form eine wachsende Bedeutung in Theorie und Praxis. 241 Ziele und Einführungsgründe Analog der digitalen Personalakte oder der elektronischen Entgeltabrechnung, dient der Einsatz von Informationstechnik grundsätzlich der Rationalisierung und Vereinfachung administrativer Aufgaben. Dies ist genauso beim PIS das oberste Ziel. Außerdem kann die Qualität der Informationen und dessen Verarbeitung trotz anwachsender Datenmengen gesteigert werden. Durch den Einsatz von PIS soll zudem ermöglicht werden, umfangreichere, schnellere und bessere Personalinformationen zur Verfügung zu stellen, um daraus zeitnahe, fundierte Entscheidungen treffen zu können. 242 Durch die Unterstützung des PIS können insbesondere strategische Entscheidungen objektiver und rationeller ausfallen und auch von den Mitarbeitern des Unternehmens besser nachvollzogen werden, weil die Verfahren, die Art und die Gewichtung der Kriterien für den Entscheidungsprozess von dem PIS vorgeben sind. 243 240 Vgl. Mülder (2004), S. 1 241 Vgl. Drumm (2008), S. 130 242 Vgl. Olfert (2015), S. 565 243 Vgl. Jung (2011), S. 707 <?page no="108"?> 2.4 Personalinformationssysteme 109 Wenn man die Standardisierung der Informationen zur Vergleichbarkeit anstrebt, was zum Beispiel nötig ist, um Lösungen zur Entgeltsystemproblematik oder zum internationalen Personaleinsatz zu finden, ist ein PIS erforderlich. Ein weiterer Grund zur Einführung eines PIS besteht im Zuge der Globalisierung und der unternehmensinternen Dezentralisierung, die ein PIS in einem internationalen Unternehmen führbarer machen. Dazu kommt das Ziel der Prozessoptimierung durch den Einsatz eines PIS. Um wirtschaftlicher arbeiten zu können, bedarf es der Neugestaltung von Prozessen, was durch Business Process Reengineering möglich ist. Das Ziel der Prozessoptimierung ist die Vereinheitlichung und Vereinfachung von Geschäftsprozessen und die daraus resultierende Kosten- und Zeiteinsparung. 244 Aufgaben Vor allem wird durch den Einsatz eines PIS erhofft, dass sich die administrativen Aufgaben der Personalarbeit rationalisieren lassen und personelle Entlastungen bei Massenvorgängen und Routineaufgaben spürbar werden. Dieses System wird dann als Administrationssystem bezeichnet. Darüber hinaus gibt es Funktionen in PIS, die genutzt werden, um die dispositive Personalarbeit zu unterstützen und damit eine Verbesserung der Informationsbasis für Entscheidungs- und Planungsprozesse zu erlangen. Solch ein System nennt man Dispositionsbzw. Planungssystem, die Transparenz und Rationalität in Planungsprozessen schaffen und sowohl die Grundlage für kurzfristig erforderliche Entscheidungen als auch für strategische Grundlagen dienen können. 245 Administrative Aufgaben Ein Teil der Personalverwaltungsarbeiten wird mithilfe von PIS schon in vielen Unternehmen unterstützt. Das sind vor allem die Entgeltabrechnung und die Stammdatenverwaltung. Diese und weitere administrative Aufgaben sind durch Massenverarbeitung, hoher Formalisierung und ein periodisches Wiederkehren der Aufgabenstellung charakterisiert. Lösungen für diese Aufgaben bieten Standardsoftwareprodukte für Großrechneranlagen. Neben den beiden genannten Aufgabenfeldern werden weitere administrative Aufgaben unterstützt, wie die EDV-unterstützte Erstellung von Personalstatistiken inklusive der optischen Aufbereitung und die elektronische Ausführung des Meldewesens für Ämter und Sozialversicherung. Darüber hinaus kann mit einem PIS die Speicherung personenbezogener Daten sowie Daten aus gesetzlichen, tarifvertraglichen, arbeitsvertraglichen und betrieblichen Erfordernissen erfolgen, was im weitesten Sinne ein Teil der digitalen Personalakte ist. 246 Dispositive Aufgaben Im dispositiven Bereich besteht ein wachsender Informationsbedarf für die Entscheidungsunterstützung, der mit den immer komplexer werdenden Problemstellungen der Personalplanung einhergeht. Da zukünftiges Handeln im- 244 Vgl. Schmeisser/ Krimphove (2010), S. 202 245 Vgl. Jung (2011), S. 710 246 Vgl. ebd., S. 710 f. <?page no="109"?> 110 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements mer auf Basis von Planungsüberlegungen beruht, deren Grundlage Informationen und Daten sind, steigt der Informationsbedarf. Der Umfang und die Qualität der Informationsbasis bestimmt somit die Qualität der Planung. Dispositive Aufgaben sind einerseits auf der mittleren Unternehmensebene angesiedelt, andererseits sind es oftmals Aufgaben der Führungsebene, die nicht mehr durch routinemäßige Entscheidungen lösbar sind. Sie können allerdings schneller und flexibler durch den Einsatz eines PIS gelöst werden, da Ad-hoc- Abfragen möglich sind, die durch einen sofortigen Zugriff auf Informationen realisiert werden können. Das ist eine große Hilfe bei Planungs- und Entscheidungsprozessen. 247 Durch das dispositive PIS werden vor allem die Personalplanung, das Personalcontrolling und die Personalbetreuung unterstützt, die auf den Erfolg des Unternehmens erheblichen Einfluss haben. 248 Formale Funktionen Die formalen Funktionen eines PIS ergeben sich aus den Mindestanforderungen, die man an ein PIS stellt und aus den personalwirtschaftlichen Aufgaben, die damit bearbeitet werden sollen. Deshalb bilden die formalen Funktionen zugleich Verarbeitungsniveaus. Das unterste Niveau besteht aus Abfragesystemen, die Daten nach bestimmten Kriterien aussuchen und dem Benutzer anbieten. Danach folgen Berichtsysteme, die eine systematische Zusammenstellung der Daten bieten. Ein höheres Niveau haben Analysesysteme, durch die eine Auswertung der nach vorgegebenen Kriterien ausgewählten Daten erfolgen kann. Das nächsthöhere Niveau bilden Prognosesysteme, die zeitabhängige oder kausale Prognosen aus den gespeicherten Daten erstellen können. Entscheidungssysteme sind auf dem höchsten Niveau angesiedelt und können einfache (z.B. Veranlassungen nach dem Wenn-dann-Prinzip von Entscheidungstabellen) oder komplexere Entscheidungen (z.B. gestützt auf Operations Reasearch-Modelle) fällen, die dem Benutzer zur Beurteilung vorgelegt werden. 249 Architektonische Grundlagen Komponenten Ein PIS setzt sich aus den Komponenten Personaldatenbank, Arbeitsplatzdatenbank, Methoden- und Modellbank, elektronische Datenverarbeitungs- Anlagen (EDV-Anlagen) und Systemnutzern zusammen. 250 In der Personaldatenbank werden Personalstammdaten verwaltet. Daneben wird sie für die Lohn- und Gehaltsabrechnung benötigt. Die Grunddaten, die durch die Personaldatenbank verwaltet werden, sind persönliche Daten, Qua- 247 Vgl. Jung (2011), S. 711 248 Vgl. Olfert (2015), S. 566 249 Vgl. Drumm (2008), S. 131 250 Vgl. Jung (2011), S. 712 <?page no="110"?> 2.4 Personalinformationssysteme 111 lifikationsdaten, Beschäftigungsdaten und Entgeltstammdaten. Darüber hinaus werden die Grunddaten durch Bewegungsdaten ergänzt. Das sind Daten aus Lohnscheinen, Provisionsnoten, Dienstreiseabrechnungen oder Meldungen über Ausfallzeiten. Zudem handelt es sich bei Daten, die sich durch die gesetzlichen, tariflichen und sonstigen Vorschriften der Entgeltabrechnung ergeben, ebenfalls um Bewegungsdaten, die in der Personaldatenbank erfasst werden. 251 Die Arbeitsplatzdatenbank speichert arbeitsplatzbezogene Daten. Zur Gruppe dieser Daten gehören die Arbeitsplatznummer, der Arbeitsplatzinhalt, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung sowie physische und psychische Anforderungen. 252 In der Methoden- und Modellbank sind Verfahren und Algorithmen zur Weiterverarbeitung der gespeicherten Daten hinterlegt. Speziell sind das Computerprogramme zur Lösung personalwirtschaftlicher Probleme, wie Entgeltabrechnungs- und Reisekostenabrechnungsprogramme sowie Programme für Fehlzeiten-, Fluktuations- oder Prognoseberechnungen. 253 Die zentrale Recheneinheit und damit das Kernstück eines PIS sind die Datenverarbeitungsanlagen. Durch den Anschluss von weiteren Peripheriegeräten an die Datenverarbeitungsanlagen ist die Speicherung und die Ein- und Ausgabe möglich. Diese Geräteausstattung bezeichnet man in der Gesamtheit als Hardware. Sie wird durch die Software ergänzt, worunter man Programme versteht, die auf einer EDV-Anlage eingesetzt wird. Insbesondere ist das einerseits die Systemsoftware, die für die Steuerung der EDV-Anlage notwendig ist. Zum anderen wird die Anwendungssoftware genutzt, was Programme sind, die zur Lösung individueller Anwenderaufgabenstellungen eingesetzt werden. Das sind zum Beispiel Datenbanksysteme, die zur Errichtung von Personaldatenbanken nötig sind. 254 Die Systemnutzer werden in aktive und passive Benutzer unterteilt. Aktive Benutzer korrespondieren direkt mit den Daten und verändern oder verknüpfen die Daten durch den Einsatz von Methoden. Unter passiven Benutzern versteht man diejenigen, denen die Informationen lediglich zur Verfügung gestellt werden, um davon Kenntnis zu nehmen und diese folglich als Entscheidungsgrundlage nutzen zu können. Darüber hinaus wird zwischen den betrieblichen Anwendern, wie Personalabteilung, Management oder Betriebsrat und zwischen dem überbetrieblichen Anwender, wie Behörden, Sozialversicherung und Statistisches Bundesamt unterschieden. 255 251 Vgl. Jung (2011), S. 712 f. 252 Vgl. ebd., S. 713 253 Vgl. ebd. 254 Vgl. ebd., S. 713 f. 255 Vgl. ebd., S. 714 <?page no="111"?> 112 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Schichtenmodell der Systemarchitektur Die Architektur einzelner Systeme und die Architektur des gesamten Portfolios unterschiedlicher Systeme bestimmen die Funktionalität und die darauf basierenden Anwendungsmöglichkeiten eines PIS. Unter Systemarchitektur versteht man die Struktur von Softwaresystemen, die dementsprechend aus einzelnen Softwarekomponenten und aus deren Beziehungen untereinander besteht. Das Schichtenmodell bietet eine Strukturierungshilfe zur Beschreibung realer Systemarchitekturen. Die einzelnen Schichten korrespondieren dabei mit Diensten, die von einem einzelnen System oder einem Systemportfolio bereitzustellen sind. Die Schichten bauen aufeinander auf und die jeweils überlagerte Schicht greift auf Dienste bzw. Ergebnisse der jeweils vorgelagerten Schicht zu. 256 Im Folgenden werden die einzelnen Schichten mit den dazugehörigen Arten von Systeme erläutert. 2.4.5.2.1 Datenhaltungsschicht Die Datenhaltungsschicht ist die Basisschicht und dient der Speicherung, Verwaltung und Bereitstellung der persistenten Daten des Systems. Das sind codierte (Buchstaben, Zahlen, Sonderzeichen) oder uncodierte (Grafiken, Audio- und Videodokumente) Daten. Die Datenhaltungsschicht wird in drei verschiedene Teilsysteme untergliedert: das sind Datenbanksysteme, Data Warehouse- Systeme und Dokumentenmanagementsysteme. Ein Datenbanksystem ist eine Anwendung zur Speicherung, Verwaltung und Bereitstellung großer Datenmengen. Das Warehouse-System besteht aus Anwendungen zur Zusammenführung und Haltung von personalwirtschaftlichen Daten und anderen Daten aus verschiedenen Quellsystemen für Zwecke der Informationsversorgung und Entscheidungsfindung des Personalmanagements. Dazu kommt das Dokumentenmanagementsystem, das Anwendungen zur Erstellung (Digitalisierung), Indizierung, Archivierung, Auffindung, Weiterleitung und Vernichtung jeglicher Art von personalwirtschaftlichen Dokumenten bereitstellt, wie dies bereits im Zusammenhang mit der digitalen Personalakte erläutert wurde. 257 2.4.5.2.2 Anwendungsschicht Die nächste Schicht, die Anwendungsschicht dient zur Realisierung fachlicher Funktionalitäten eines Systems, wie der Verarbeitungslogik, dem Anwendungskern und der Geschäftslogik. Sie greift auf Dienste der Datenhaltungsschicht zurück. Dabei erfolgt ein Datenabruf aus der Datenhaltungsschicht, woraufhin die Verarbeitung, also die Funktionserfüllung erfolgt, deren Ergebnisse dann wieder in der Datenhaltungsschicht abgelegt werden. 258 Die Anwendungsschicht enthält verschiedene Systemarten, wie unterschiedliche Arten von Planungssystemen. Ein Personalbedarfsplanungssystem besteht aus Anwendungen zur Bestimmung zukünftiger qualitativer, quantitativer, 256 Vgl. Strohmeier (2008), S. 3 f. 257 Vgl. ebd., S. 4, 55, 69 und 81 258 Vgl. ebd., S. 4 f. <?page no="112"?> 2.4 Personalinformationssysteme 113 zeitlicher und örtlicher Personalbedarfe. Das Personaleinsatzplanungssystem stellt Anwendungen bereit, die zum kurzbis mittelfristigen Abgleich des quantitativen und qualitativen Personalbedarfs mit dem Personalbestand oder dem konkreten Personaleinsatz dienen. Darüber hinaus gibt es das Personalentwicklungsplanungssystem, das eine Anwendung zur Unterstützung der systematischen Entwicklung von Mitarbeitern, in Hinsicht auf ihre Qualifikationen und Interessen, aber auch entsprechend den Anforderungen im Unternehmen, darstellt. Das Personalkostenplanungssystem unterstützt das Personalmanagement bei der Prognose und Analyse von Personalkosten. 259 Beim Online Analytical Processing-System handelt es sich um Anwendungen zur entscheidungsorientierten, multidimensionalen und (dis-)aggregierenden Analyse von Daten. Dieses System und das Data Mining-System bilden zusammen den zentralen Kern der so genannten Business Intelligence-Systeme. So wird das Data Mining-System zur Identifizierung von gültigen, bislang unbekannten, potenziell nützlichen und verständlichen Mustern in Daten genutzt. 260 Daneben sind in der Anwendungsschicht Personalabrechnungssysteme angesiedelt, die Anwendungen zur automatisierten personen- und sachbezogenen Abrechnung von Löhnen und Gehältern sowie weiterer auszahlungsrelevanter Größen bieten. Des Weiteren gibt es Vergütungsmanagementsysteme, die zur Konzeption, Kommunikation und Administration von ganzheitlichen Entgeltkonzeptionen hilfreich sind. Das Arbeitszeitmanagementsystem ist konzipiert, um personenbezogene An- und Abwesenheitszeiten elektronisch zu erfassen, zu bewerten, zu planen und zu kontrollieren. Durch ein Zutrittsmanagementsystem werden Anwendungen bereitgestellt, die der Planung, Steuerung, Protokollierung und Kontrolle von Zutritten von Mitarbeitern und dritten Personen zu einzelnen Unternehmensbereichen dienen. 261 Bei dem Beschaffungsmanagementsystem handelt es sich um eine Anwendung zur Unterstützung der Personalbeschaffung. Testsysteme hingegen dienen im Rahmen der Personalauswahl und -entwicklung zur Eignungsdiagnostik, die mithilfe standardisierter Verfahren die Ausprägung verschiedener Leistungs- und Persönlichkeitsmerkmale messen können. Außerdem gibt es Szenariosysteme, die für Zwecke der Eignungsdiagnose und/ oder des Trainings ein komplexes Problem simulieren, das von einem Probanden bearbeitet und in Hinsicht auf die vorgegebenen Zielsetzungen möglichst gut gelöst werden sollen. Eng damit verbunden sind die Computer Based Training-Systeme, auch e-Learning-Systeme genannt, die Kenntnisse durch die Bereitstellung von Lerninhalten vermitteln sowie eine lernprozessbezogene Unterstützung von lernenden Anwendern bieten. Zur administrativen und didaktischen Unterstützung von Lernprozessen im Unternehmen verwendet man Learning Management-Systeme. Die individuelle Arbeitsleistung von Mitarbeitern steuert man mit Unterstützung eines HR Performance Management-Systems. 262 259 Vgl. Strohmeier (2008), S. 95, 107, 121 und 133 260 Vgl. ebd., S. 157 und 167 261 Vgl. ebd., S. 167, 179, 191 und 275 262 Vgl. ebd., S. 201, 215, 225, 235, 247 und 263 <?page no="113"?> 114 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Enterprise Resource Planning-Systeme sind unternehmensweite Anwendungen, die zentrale Unternehmensfunktionen, wie das Beschaffungs-, Produktions-, Finanz- und Personalmanagement, unterstützen. 263 2.4.5.2.3 Integrations- und Präsentationsschicht Die Integrationsschicht ist für die Dienstleistung der Kommunikation zwischen den ansonsten isolierten Einzelsystemen bzw. Komponenten der Anwendungsschicht nötig. Diese Schicht dient den Funktionsaufrufen im System und der Steuerung des Datentransports im Rahmen der systemübergreifenden Transaktionen. Sie ist eine fakultative Schicht, die nur bei nicht kompatiblen Einzelsystemen notwendig ist. Die Präsentationsschicht stellt die Anwenderoberfläche dar, auf der die Interaktion zwischen Anwender und Anwendungen stattfindet bzw. die Bereitstellung aller Funktionalitäten erfolgt. 264 Das Business Process Management-System unterstützt die Gestaltung, Ausführung und Steuerung von Geschäftsprozessen über verschiedene Anwender und Anwendungssysteme hinweg. Ein Portalsystem ist eine Integrations- und Präsentationsplattform, die unternehmensinternen und -externen Anwendern alle benötigten Anwendungen, Informationen und Interaktionen personalisiert und anforderungsgerecht zur Verfügung stellt. Systeme, die dazu dienen, Telefone als Endanwendergeräte mit Anwendungssystemen zu verbinden, nennt man Voice Response-Systeme. Daneben gibt es HR Service Center- Systeme, die spezialisierte Organisationseinheiten zur mediatisierten Bearbeitung administrativer Personalfunktionen systematisch unterstützen. Browsersysteme enthalten Anwendungen, durch die das Aufrufen, Anzeigen und Verwenden der Dienste und Anwendungen von Internetservern ermöglichen. 265 Einsatzfelder im Bereich der Personalverwaltung Eine weitverbreitete EDV-Lösung für das Personalmanagement ist SAP/ R3. Die konzeptionelle und methodische Struktur dieses Programmpakets ist eher einfacher gehalten und enthält bei weitem nicht die verschiedenen Anwendungssysteme, die im vorstehenden Abschnitt erläutert wurden. Es stehen eher die operativen Entscheidungen im Vordergrund und die Unterstützung strategischer Personalentscheidungen wird in der Realität weniger gegeben. Kernfunktionen von SAP/ R3 sind die Administration grundlegender HR- Prozesse in der Personalinformationsverwaltung, die Entgeltabrechnung sowie das gesetzliche Meldewesen, das Organisationsmanagement und die Zeitwirtschaft. 266 Die folgenden Ausführungen zeigen anhand von Beispielen, wie PIS insbesondere die Verwaltungsaufgaben der Personalwirtschaft in der betrieblichen Praxis unterstützen können. 263 Vgl. Strohmeier (2008), S. 289 264 Vgl. ebd., S. 5 265 Vgl. ebd., S. 305, 317, 329, 339 und 351 266 Vgl. Drumm (2008), S. 136; Jung (2011), S. 714 <?page no="114"?> 2.4 Personalinformationssysteme 115 Online-Abfragen und Reports Durch das PIS kann eine jederzeitige Abfrage, die so genannte Online-Abfrage, von selektierten Mitarbeiterdaten durchgeführt werden, was durch eine direkte und permanente Verbindung der Terminals der Personalabteilung mit der Zentraleinheit möglich ist. Schon vor der Installation des Systems sollte deshalb geklärt sein, nach welchen thematischen Gliederungen die Mitarbeiterdaten erfolgen sollen, wie eine gute Übersichtlichkeit in der Darstellung erreicht wird und wer eine Zugriffsberechtigung besitzen soll, was schon ausführlich im Zusammenhang mit der digitalen Personalakte erläutert wurde. 267 Reports hingegen sind Berichte, die vom PIS erstellt werden, um die Personalabteilung bei der Ausführung der ihr übertragenen Überwachungsfunktionen zu unterstützen. Sie können als Bildschirmmeldung oder als gedruckte Liste dargestellt werden, wobei man unter ereignisgebundenen, periodischen und aperiodischen Reports unterscheidet. 268 Bei ereignisgebundenen Reports besteht eine Verknüpfung an das Eintreten eines bestimmten Sachverhalts. So können Reports über Eintritte, Austritte, Adressänderungen oder auch Urlaubszeiten der Mitarbeiter im jeweiligen Jahr erstellt werden. Zum Beispiel kann durch einen Report eine Austrittsliste angefertigt werden, die von verschiedenen Abteilungen benötigt wird, wie etwa von der Entgeltabrechnung oder der Dokumenten-/ Arbeitsmaterialrückgabestelle. Periodische Reports werden zu definierten Zeitpunkten regelmäßig erzeugt. Das ist beispielsweise für die Erstellung von Entgeltabrechnungen, für regelmäßig durchzuführende Jahresabschlüsse sowie für Erstellung von Statistiken, wie Fluktuationsübersichten nötig. Bei aperiodischen Reports erfolgt die Erstellung individuell und vom jeweiligen Bedarf abhängig. Meistens dienen sie organisatorischen oder administrativen Zwecken, wie zur Anfertigung einer Adressenliste oder eines internen Telefonverzeichnisses. 269 Personalstatistik Ziel der Personalstatistik ist es, Ergebnisse zur Analyse und Kontrolle eines vergangenen Wirtschaftsraums zu liefern und daraus Prognosen und Trendberechnungen abzuleiten. Die Personalstatistik hat ist eine Informationsaufgabe, die den Stand oder die Veränderungen im Personalbereich aufzeigen soll. Hinzu kommen die Kontrollaufgaben, durch die zum Beispiel Ursachen für Fluktuation erkannt werden sollen und die Dokumentationsaufgabe, die der Bildung von Kennziffern oder der Trendanalyse dient. Darüber hinaus bedarf es der Personalstatistik zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Datenspeicherung im Personalbereich. Die wichtigste Aufgabe ist allerdings die Entscheidungshilfe, die eine Personalstatistik bietet. 270 267 Vgl. Jung (2011), S. 731 268 Vgl. ebd., S. 733 269 Vgl. ebd., S. 733 270 Vgl. ebd., S. 676 <?page no="115"?> 116 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Speziell für die systematische Personalplanung und das Personalcontrolling ist ein Mindestmaß an Daten aus dem PIS notwendig, die in Form von Statistiken von der Personalverwaltung aufbereitet werden, um die Grundlage für die Planungsüberlegungen zu schaffen. Dafür sind Stellenbesetzungsstatistiken und personenbezogene Statistiken nötig. Stellenbesetzungsstatistiken enthalten bspw. Angaben über die Anzahl der Stellen in der jeweiligen Art (gewerbliche Mitarbeiter, Angestellte, Aushilfen, Auszubildende), die Stellenbewertung mit Vergütungsbandbreite, die Qualifikation, welche für die jeweilige Stelle notwendig ist etc. Personenbezogene Statistiken beinhalten Daten über Personalzugänge und -abgänge, Betriebszugehörigkeit, Altersstruktur, Arbeitszeit, Fehlzeiten, Mitarbeitergruppen sowie die Zusammensetzung der Personalkosten. 271 Die Auswertung des Zahlenmaterials erfolgt zumeist unter der Verwendung von Kennzahlen, Indizien, Quoten, Tabellen und grafischen Darstellungen, wobei die visuelle Umsetzung der Daten insbesondere in Form eines Diagramms eine entscheidende Rolle hat. Die Erstellung ist durch die Nutzung der Daten aus dem PIS möglich. Durch die statistische Auswertung lassen sich die Informationen zusammentragen, welche als Hilfsmittel für das Management genutzt werden. Neben der Funktion als internes Informationsinstruments, ist die Personalstatistik auch ein externes Instrument, da durch die gesetzliche Verpflichtung auch Informationen an statistische Ämter, Sozialversicherungsträger und Arbeitsämter weitergeleitet werden müssen. 272 Beispiele für Personalstatistiken sind Auskünfte über die Personalstruktur, Personalbewegungen, Arbeits- und Ausfallzeiten, Personalaufwand und Sozialleistungen. 273 Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Mithilfe eines PIS kann bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses die Vielzahl der administrativen Aufgaben systematisch und beschleunigt bearbeitet werden. In diesem Zusammenhang ist die Erstellung eines Kündigungsschreibens eine grundlegende Aufgabe. Daneben müssen Kündigungsformulare ausgefüllt werden, die an andere Abteilungen, wie Lohnbüro, Betriebskrankenkassen, Empfang etc. verteilt werden. Zudem muss der genaue Austrittstermin bestimmt werden, eine Arbeitsorganisation für die Kündigungszeit bewerkstelligt sowie ein Nachfolger zur Besetzung der vakanten Stellen gefunden werden. Ferner muss eine Lohnabschlussrechnung veranlasst werden, bei der gegebenenfalls vorhandene Resturlaubstage sowie geleistete aber noch nicht vergütete Überstunden berücksichtigt werden sollten. Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist es außerdem wichtig ein Arbeitszeugnis auszustellen, das ebenfalls mithilfe des PIS erstellt werden kann. Darüber hinaus sind Änderungen in der Personalakte bzw. in der Personaldatei durchzuführen. Es müssen den Austritt betreffende Vermerke sein, wie der Austritts- 271 Vgl. Kador/ Pornschlegel (2004), S. 50 f. 272 Für eine umfassende Sammlung zu Auskunfts-, Bescheinigungs- und Meldepflichten im Personalwesen siehe Hentschel/ Jaspers (2007) 273 Vgl. Jung (2011), S. 677 und 682 <?page no="116"?> 2.4 Personalinformationssysteme 117 grund, die letzte Adresse oder Angaben über den nächsten Arbeitgeber, um eine eventuell notwendige Nachbetreuung zu ermöglichen. Die digitale Personalakte wird anschließend archiviert und für einen späteren Zugriff bereitgehalten. Des Öfteren sind spätere Zugriffe auf die Personalakte nötig, da Rückfragen von anderen Firmen entstehen, bei denen sich der ehemalige Mitarbeiter beworben hat. Zudem sind die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten, versicherungstechnische Fragen, statistische Auswertungen, wie Lohnvergleiche oder eine Wiederbewerbung, Gründe für den späteren Zugriff. 274 HR-Portale Eine weitere Form der IT-Nutzung, die auf eine Prozessoptimierung im Bereich der Personaladministration zielt, ist die Verlagerung von Datenerfassungs- und -pflegeaufgaben aus dem Personalbereich an die Mitarbeiter. 275 Bekannt ist dieser Ansatz, dessen zentraler Gedanke die möglichst effiziente Einbindung aller Beteiligten in die personalwirtschaftlichen Prozesse ist, unter den Begriffen Employee Self Service (ESS), HR- oder Mitarbeiterportal oder E- Adminstration. 276 Mitarbeiterportale sind eine logische Weiterentwicklung des Intranets und stellen eine speziell auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter ausgerichtete Informations- und Kommunikationsplattform dar. 277 Bei einem HR-Portal werden die Pflege der Personaldaten und der Abruf von Informationen an die Mitarbeiter abgegeben, was am Arbeitsplatz im Intranet vorgenommen wird bzw. bei Mitarbeitern in der Produktion, an eingerichteten PC-Terminals. Besonders sensible Daten sollten dabei gesperrt, Zugriffsberechtigungen vergeben und Verschlüsselungstechniken angewendet werden, um den Missbrauch zu verhindern. Der Datenerfassung durch den Mitarbeiter folgt eine Fehlerprüfung durch die Software, und zustimmungspflichtigen Anträgen folgt die Genehmigung durch einen Vorgesetzten. Das ESS bietet eine große Entlastung für die Personalverantwortlichen, da viele Routinevorgänge direkt per Web-Formular durch den Mitarbeiter eingegeben werden können, die ursprünglich zunächst per Formular erfasst und anschließend an die Personalabteilung weitergegeben werden mussten. 278 Angestellte können so Personalstammdaten, wie die Adresse oder Bankverbindung ändern, was die Datengenauigkeit erhöht, sich aber auch selbst Bescheinigungen wie die Verdienstabrechnung abrufen. Zudem sind verschiedene Antrags- und Genehmigungsverfahren über das Portal abzuwickeln, wie Anträge auf Abwesenheit (Dienstreise oder Urlaub), Anmeldungen zu Seminaren oder Verbesserungsvorschläge. Das verkürzt die Durchlaufzeiten und ergibt deutliche Einsparpotenziale. Darüber hinaus können Reiseanträge und Reisekostenabrechnungen unterstützt werden. Die Erfassung von bestimmten 274 Vgl. Jung (2011), S. 737 275 Vgl. Mülder (2003), S. 32 276 Vgl. Hartmann-Serve (2007), S. 14 277 Vgl. Fischer (2015), S. 362 278 Vgl. Mülder (2003), S. 32 <?page no="117"?> 118 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Daten und Belegen kann sogar unterwegs sofort durch den Reisenden erfolgen. 279 Darüber hinaus können durch ESS-Systeme interne Bewerbungen eingereicht werden, Personaleinsatzwünsche abgegeben und Schichtpläne bereitgestellt werden sowie die Kantinenbestellung und -abrechnung stattfinden. 280 Es kann auch Einsicht in die digitale Personalakte über das ESS erfolgen oder es können Seminarkataloge abgerufen werden, was ursprünglich zunächst über die Personalabteilung angefordert werden musste. 281 Der strategische Aufbau des Mitarbeiterportals und sein Ausbau sollen genauestens geplant werden. Dazu ist es ratsam, seine nutzerzentrierte Optimierung im Auge zu behalten, um die Nutzung zu gewährleisten und damit die Wertsteigerung des Intranets zu fördern. Wenn sich ein Unternehmen für eine kontinuierliche Erfolgskontrolle mit Analyselösungen entscheidet, profitiert es von Daten zu Besucherzahlen, Verweildauer, Klickpfaden und Suchverhalten. Schon daran können Unternehmen erkennen, ob die Nutzung des Intranets bzw. des Mitarbeiterportals den Zielvorgaben entspricht. 282 Implementierung und Akzeptanz des PIS Die Implementierung eines PIS bringt organisatorische Aufwendungen und verschiedene Voraussetzungen mit sich. Aus organisatorischer Sicht ist die Implementierung eines PIS die Installation eines technischen und funktional arbeitenden Datenverarbeitungssystems, das von den Benutzern und Betroffenen im vollen Umfang als sinnvolles Hilfsmittel akzeptiert werden soll. Die erfolgreiche Implementierung ist jedoch nur unter Einbeziehung von Betriebsräten, potenziellen Benutzern des Systems und Personalreferenten möglich. Oftmals ergeben sich nämlich Widerstände gegen ein PIS durch die Arbeitnehmervertretung, die Furcht vor dem Missbrauch von Daten hat. Zudem werden vom Betriebsrat Befürchtungen zur Entstehung eines gläsernen Mitarbeiters geäußert, der durch die Verknüpfung der innerhalb und außerhalb des Unternehmens gespeicherten Daten entstehen kann. Außerdem geht mitunter Kritik von den potenziellen Benutzern eines PIS oder generell von Mitarbeitern der Personalabteilung aus. Darunter fallen die Kritik an der erhöhten Kontrolle des Arbeitsplatzes, Angst vor dem Verlust von Einfluss durch die abnehmende Bedeutung von Spezialkenntnissen oder sogar die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, aufgrund der Rationalisierungseffekte sowie Widerstände und Verunsicherung insbesondere durch ältere Mitarbeiter, denen der Umgang mit mitunter Schwierigkeiten bereiten könnte. Insgesamt ist seitens der Benutzergruppe allerdings durch die fortschreitende Computertechnologie eine positive Einstellung gegenüber solch moderner Systeme zu verzeichnen. Auch das Management steht, zum Zwecke der rationellen Aufga- 279 Vgl. Hartmann-Serve (2007), S. 14 f. 280 Vgl. Boden (2009), S. 239 281 Vgl. Mülder (2003), S. 33 282 Vgl. Bennefeld (2012), S. 42 <?page no="118"?> 2.4 Personalinformationssysteme 119 benerfüllung, dem PIS grundsätzlich positiv gegenüber und hat, durch die entgegenströmenden Interessen und mit dem Ziel eines reibungslosen Ablaufs des Einführungsprojekts, bei der Implementierung des PIS eine entscheidende Rolle. 283 Es ist also nötig, die Akzeptanz seitens der verschiedenen Gruppen und damit eine rationelle und zukunftsorientierte Bearbeitung der personalwirtschaftlichen Aufgaben zu erreichen, was verschiedene Maßnahmen mit sich bringt. 284 Schon in der Planungsphase ist es erforderlich, den Betriebsrat zu informieren, da dieser nach § 80 Abs. 2 BetrVG Informations- und Beratungsrechte hat, die auch für die Implementierung eines PIS gelten. Dies ist besonders wichtig, um frühzeitig Akzeptanzbarrieren zu verhindern. Es sollten bei der Unterrichtung des Betriebsrats Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, wie die Systemdokumentation, der Nutzungsvertrag, der Datenkatalog, Masken und Listen sowie definierte Schnittstellen. Außerdem sollten dem Betriebsrat die Vorteile eines solchen Systems, wie die Objektivierung von Entscheidungen und eine bessere und schnellere Erteilung von Auskünften, verdeutlicht werden. Der Betriebsrat kann zwar ein PIS nicht verhindern, doch hat er nach § 87 Abs. 1 BetrVG Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Einführung und Anwendung technischer Anlagen geht, die Verhalten und Leistung von Mitarbeitern überwachen können. Dementsprechend ist der Konsens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung, wie üblich, in einer Betriebsvereinbarung festzuhalten. Zudem sind Schulungen für Führungskräfte und Personalreferenten anzubieten, welche in die Theorie und vor allem in die praktischen Möglichkeiten der Hard- und Softwarenutzung einführen sollen. Um frühzeitig Misstrauen gegenüber eines PIS abzubauen, ist es ratsam, den Betriebsrat nicht nur zu informieren, sondern auch zu beteiligen. In einer Projektgruppe können so Mitglieder des Betriebsrats und auch Personalreferenten zusammen an der Implementierung des PIS mitwirken. Zudem sollte nach der Einführung des PIS an eine Koordinierungsstelle für alle DV-technischen Fragen gedacht werden, die für die Klärung von Fehlern, für die Pflege von Tabellen und Schlüsselverzeichnissen, für das Erstellen von speziellen Auswertungen und Handbüchern und für die Durchführung von Schulungen zur Verfügung steht. 285 Darüber hinaus müssen aus technischer Sicht eventuell schon vorhandene Systeme berücksichtigt werden, wie zum Beispiel ein bewährtes Entgeltabrechnungssystem. Diese bewährten Altsysteme können durch Schnittstellen zu dem neuen PIS bestehen bleiben, während andere Bereiche durch neue PIS- Module unterstützt werden. 286 283 Vgl. Jung (2011), S. 720 f. 284 Vgl. ebd., S. 720 f. 285 Vgl. ebd., S. 720-722 286 Vgl. Mülder (2000), S. 100 <?page no="119"?> 120 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Betrachtung der Wirtschaftlichkeit Ob die Einführung eines PIS für einen Unternehmer sinnvoll ist, kann durch eine Kosten-Nutzen-Analyse festgestellt werden. Dafür müssen Kosten- und Nutzengrößen erfasst werden, die mit der Bedarfsanalyse, Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von Personalinformationen verbunden sind. Ziel dabei ist es, die zu treffenden Entscheidungen vorzubereiten, zu objektivieren und transparenter zu machen. In der Wirtschaftlichkeitsanalyse werden Kosten- und Nutzenelemente für jede mögliche PIS-Alternative gesondert zusammengefasst und einander gegenübergestellt. Daraus wird eine Präferenzordnung abgeleitet, der sich die Entscheidungsfindung anschließt. Grundsätzlich sollte für eine optimale Systemauswahl die Alternative mit dem günstigsten positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis gewählt werden, das entweder die geringsten Kosten je Nutzungseinheit verursacht oder den höchsten Nutzenwert je Kostengröße abwirft. 287 Kosten Eine sinnvolle Gliederung der Kostenelemente kann nach Aktivitäten und Entwicklungsphase erfolgen. In der Planungsphase fallen Personalkosten der Planung und Konzipierung von PIS-Alternativen bzw. Beratungskosten im Falle des Einsatzes von externen Experten an, die in die Berechnung eingehen müssen. Die Realisationsphase bringt Personalkosten für die Inbetriebnahme des PIS durch Systempersonal (Softwareentwicklung, Datenvorbereitung etc.) und für die Schulung von Mitarbeitern mit sich. Des Weiteren müssen Sachmittelkosten, wie zum Beispiel für die Hardware (Kauf, Miete, Leasing) und Raumkosten, berücksichtigt werden. In der Betriebsphase entstehen Personalkosten durch die Informationsgewinnung und für die Aktualisierung bzw. Wartung des PIS. Zudem müssen die laufenden Sachmittelbetriebskosten (Maschinenkosten, Mietkosten, Büromaterial) in die Berechnung eingehen. 288 Ein weiteres Verfahren zur Kostenberechnung ist die Unterscheidung in einmalige Anschaffungskosten und laufende Kosten, welches im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der digitalen Personalakte bereits erläutert wurde. Nutzen Wie auch bei der digitalen Personalakte stellt die Bewertung der Nutzenelemente eines PIS, insbesondere unter monetären Gesichtspunkten, ein großes Problem dar. Die Beschränkung auf die Bereitstellung von Informationen ist nicht sinnvoll, da ein PIS keine reine Datenbank ist, sondern um Handlungsempfehlungen und Interpretationen bereichert. Der funktionale Nutzen eines PIS liegt nämlich in den Erkenntnissen, die aus der Zusammenstellung der Daten in Auswertungen zu gewinnen sind, was schwer quantifizierbar ist. Hierbei sind Aktualität und Auswertungspotenzial die wesentlichen Größen. 287 Vgl. Jung (2011), S. 722 und 725 288 Vgl. ebd., S. 722 f. <?page no="120"?> 2.4 Personalinformationssysteme 121 Im Mittelpunkt steht als Nutzengröße der Erfolg der Unternehmensleitung in den personalwirtschaftlichen Funktionsbereichen. 289 In der Personalverwaltung besteht der Nutzen eines PIS insbesondere in der Verringerung der Fehlerhäufigkeiten bei der Erstellung von Personalstatistiken, Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie allgemein bei der Speicherung und Übertragung von Personaldaten jeglicher Art. Zudem besteht eine größere Konsistenz verschiedener Personalinformationen untereinander. Bei der Informationsgewinnung wird Zeit eingespart, und auch ein schnellerer Datenzugriff sowie eine schnellere Datenverarbeitung sind durch ein PIS möglich. Zudem sind im Regelfall eine bessere Wahrung der Vertraulichkeit und Einsparungen von Personalkosten durch die Automatisierung verschiedener Systeme im PIS zu verzeichnen. 290 Die Personalplanung profitiert von schneller möglichen Personalentscheidungen sowie von einem erweiterten und verbesserten Informationsfluss für Planungszwecke. In der Personalkontrolle gibt es durch ein PIS die Möglichkeit einer schnelleren und genaueren Abweichungskontrolle in Bezug auf Leistung und Personalfluss. 291 Mit der Einführung eines PIS entstehen große Chancen, die traditionellen, zeit- und kostenaufwändigen personalwirtschaftlichen Prozesse zu optimieren. Die erfolgreiche und wirtschaftliche Nutzung eines PIS setzt allerdings die gründliche Analyse und Optimierung der vorhandenen Prozesse in der Personalverwaltung voraus. So können insbesondere verwaltungstechnische Prozesse beschleunigt und der Informationsaustausch sowie die Kommunikation durch moderne IT-Lösungen verbessert werden. 292 Fazit Schließlich lässt sich feststellen, dass vorwiegend administrative Personalaufgaben durch die Nutzung eines PIS enorm unterstützt und optimiert werden und weniger dispositive Aufgaben auffallen. Das liegt daran, dass mit der Zunahme des dispositiven Charakters, Aufgaben schlecht strukturiert und damit für Lösungsalgorithmen weniger zugänglich sind. Diese sind eher in Methoden- und Modelldatenbanken enthalten, in denen nur Inhalte abgefragt und Auswertungen vorgenommen werden können. Experten-Systeme sollen dahingehen für schwach und gering strukturierte Entscheidungsprozesse Hilfestellung leisten. Sie sind die momentan in der Wirtschaft meist diskutierten Technologieanwendungen für künstliche Intelligenz, können aber die hohen Erwartungen der Personalarbeit noch nicht erfüllen und existieren nur für vereinzelte Anwendungen mit Experimentiercharakter. Somit dienen computergestützte PIS durch eine schnellere, präzisere und aktuellere Informations- 289 Vgl. Jung (2011), S. 724 290 Vgl. ebd. 291 Vgl. ebd., S. 724 f. 292 Vgl. Schmeisser/ Krimphove (2010), S. 217 f. <?page no="121"?> 122 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements 92% 88% 63% 53% 55% 50% 30% 90% 86% 66% 56% 42% 39% 27% 86% 83% 60% 52% 29% 18% 14% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Personalabrechnung Zeitwirtschaft Reisekosten Personaleinsatzplanung Personalverwaltung Bewerbermanagement Wissensmanagement Anteil der Befragten Über 2.000 Mitarbeiter 751 bis 2.000 Mitarbeiter 250 bis 750 Mitarbeiter versorgung lediglich zur Vorbereitung dispositiver personalwirtschaftlicher Entscheidungen. 293 Auch die Studie von Haufe-Lexware, in der 209 Personalverantwortliche mittelständischer und großer deutscher Unternehmen im Jahr 2012 zur Nutzung von Human Resource Software befragt wurden, unterstützt diese Feststellung. Die folgende Abbildung 36 zeigt, dass insbesondere administrative Aufgaben des Personalbereichs mit Software unterstützt werden und dispositive weniger. Die Unterstützung strategischer Aufgaben ist der Studie nicht zu entnehmen. Abbildung 36: Umfrage zur Nutzung von Human Resources Software in deutschen Unternehmen 2012; in Anlehnung an Haufe-Lexware (Hrsg.) (2013), S. 12. Die Funktion der strategischen Personalarbeit lässt sich dahingegen in ersten Linie nur durch die freien Kapazitäten unterstützen, welche mit der Nutzung des PIS für Personalverwaltungsaufgaben entstehen, nicht aber selbst mit der entsprechenden Software bearbeitet werden können. Auch in diesem Bereich besteht großes Potenzial. In den vorstehenden Ausführungen wurde festgestellt, dass die Personalverwaltungsarbeit mittels des PIS erheblich unterstützt werden kann. Prozesse, wie die Einstellung oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, werden durch Workflows im PIS wesentlich beschleunigt und die Personalabteilung 293 Vgl. Jung (2011), S. 727; Berthel/ Becker (2013), S. 653 <?page no="122"?> 2.4 Personalinformationssysteme 123 durch integrierte HR-Portale zusätzlich entlastet. Außerdem kann die vorbereitende Funktion für dispositive Entscheidungen durch das PIS ungemein unterstützt werden und damit ein Anteil zur Steigerung des Wertbeitrags der Personalarbeit erbracht werden. All diese Erleichterungen führen zur Optimierung der administrativen Prozesse und zu deren Rationalisierung. Doch erst wenn alle existierenden digitalen HR-Systeme, also sowohl die digitale Personalakte als auch das Abrechnungsprogramm und alle weiteren HR- Systeme, miteinander verbunden werden und Schnittstellen geschaffen werden, ist es möglich, alle Potenziale dieses Systems im vollen Umfang auszuschöpfen. Zudem ist es vorstellbar, dass kommende Technologieschübe für Weiterentwicklungen und neue Möglichkeiten für HR-Software sorgen. Daneben werden sich mit der Zeit die Anforderungen an die Systeme verändern. Aus diesen Gründen sollte ein PIS so flexibel konstruiert sein, dass diese Anpassungen und Weiterentwicklungen realisierbar sind. <?page no="123"?> Anlagen Anlage 1: Personalstammdatei 294 1. Persönliche Daten 3. Daten zum Entgelt Name, Vorname Lohn-/ Gehaltsart Geschlecht, Alter Summe Monatsgehalt Geburtsort, Geburtsland Gehalterhöhungen Nationalität Überstundensatz Wehr-/ Zivildienst Urlaubsgeld Kranken-/ Rentenversicherungscode Gratifikationen Schul-/ Hochschul- und Weiterbildung Prämien Daten zu Kindern Unfallversicherungsbeiträge Adresse Pensionskassenbeitrag Private Telefonnummer Gesetzliche Rentenversicherung 2. Firmeninterne Daten Arbeitslosenversicherung Eintrittdatum Darlehensrückzahlungen Anstellungsart Vermögenswirksame Leistungen Persönliches Kurzzeichen 4. Zeitdaten Kostenstelle Betriebszugehörigkeit Abteilung Zeiten früherer Anstellung Arbeitsplatznummer Jubiläumsdaten Personalnummer Fehlzeiten durch Interne Telefonnummer - Krankheit Leistungsbeurteilung - Berufsunfall Betriebskrankenkasse - Geschäftliche Abwesenheit Kontonummer für Gehaltsüberweisung - Wehr-/ Zivildienst Gehaltsklasse/ Spesenklasse - Mutterschutz Parkplatznummer - Unbezahlten Urlaub Austrittdatum Ansprüche auf Ferienzeiten 294 Vgl. Jung (2011), S. 666 124 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements <?page no="124"?> 2.5 Anlagen 125 Anlage 2: Gliederung der Personalakte 295 Personalakte 1. Angaben über die persönlichen Daten - Personalbogen (evtl. mit Lichtbild) - Bewerbungsschreiben - Zeugnisse über den Bildungs- und beruflichen Werdegang - Polizeiliches Führungszeugnis - Ärztliches Zeugnis - Persönliche Veränderungen, z.B. Heirat, Wohnungswechsel 2. Vertragliche Vereinbarungen - Einstellungsschreiben mit vereinbartem Lohn/ Gehalt - Original des Arbeitsvertrags - Zusätzliche Vereinbarungen z.B. über Zusatzleistungen (Deputate, Dividende) - Gewährung statusabhängiger Leistungen (Einrichtung des Arbeitszimmers) - Benutzung bestimmter betrieblicher Einrichtungen - Änderung der Bezüge oder der Tätigkeit - Zusätzliche Vereinbarungen zum Arbeitsvertrag, z.B. Konkurrenzklausel 3. Tätigkeit - Versetzungen - Abordnungen - Beförderungen - Disziplinarmaßnahmen - Tätigkeitsbereiche - Beurteilungen - Weiterbildungsmaßnahmen 4. Bezüge - Grundentgelt - Prämien/ Zulagen - Vorschüsse - Darlehen und Beihilfen - Lohnsteuer - Sozialversicherungen - Krankenversicherungen - Sonstige Versicherungen 5. Abwesenheit - Registrierung der Krankentage - Urlaub 6. Allgemeiner Schriftverkehr - Jeder Schriftverkehr, soweit er nicht zu den Ordnungsmerkmalen 1-5 im direkten oder indirekten Zusammenhang steht, z.B. Arbeitsamt, Sozialversicherungsträger, Bundeswehr 295 Vgl. Jung (2011), S. 664 <?page no="125"?> 126 Kapitel 2: Voraussetzungen zur Implementierung eines Entgeltmanagements Anlage 3: Beispiel für eine Berechtigungsmatrix 296 Rolle/ Funktion Einsichtsrecht in Register Ändern/ Attributieren Dokumente verschieben Drucken Löschen Lesen Notiz erstellen Mitarbeiterfoto einfügen Wiedervorlage Ablagekorb Temporäre Berechtigungsvergabe Volltextrecherche Administrator Personalsachbearbeiter Betroffener Vorgesetzter 296 Vgl. Bartosch (2010), S. 131, zit. nach Grentzer (2008) <?page no="126"?> Kapitel 3: Motivationstheorien als eine Grundlage von Geschäftsideen und Innovationen und als Rahmen eines Entgeltmanagements <?page no="127"?> Bedeutung und Einordnung des Vertriebs Der Vertrieb ist eine entscheidende Schnittstelle im Unternehmen, da sich der Erfolg oder auch Misserfolg durch die erzielten Umsätze in keiner anderen Abteilung so direkt und unmittelbar zeigt wie im Vertrieb. 297 Der Vertrieb bzw. Verkauf der Produkte oder der Dienstleistungen ist eine überlebensnotwendige unternehmerische Aufgabe, damit eine fundamentale Funktion des Wirtschaftens und dient als grundsätzliche Voraussetzung ein Entgeltmanagement durchführen zu können. 298 Die direkte oder indirekte Verbundenheit vieler Geschäftsbereiche mit dem Vertrieb und deren Auswirkungen zeigen sich mit dem Verkauf von Dienstleistungen oder Produkten. 299 Durch seine Nähe zum Kunden erfährt der Vertrieb die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden unmittelbar und schneller als alle anderen Geschäftsbereiche des Unternehmens. In Dienstleistungsunternehmen hat neben dem Vertrieb nur noch die leistungserbringende Einheit den unmittelbaren Kundenkontakt. Aus diesem Grund ist der Vertrieb ein bedeutender und mitunter der relevanteste strategische Akteur in der Unternehmenspolitik und Entgeltmanagements. 300 Denn die veraltete Ansicht vieler Unternehmen, speziell im Mittelstand, dass sich ein gutes Produkt oder eine Dienstleistung quasi „von selbst“ und mehr oder weniger ohne Vertriebsaktivitäten verkauft, bestätigte sich in den seltensten Fällen. Daraus schlossen zukunftsorientierte Unternehmen, dass ein leistungsstarker Vertrieb ein bedeutender Wettbewerbsfaktor ist und richteten zunehmend ihr Augenmerk auf den Vertrieb. 301 Aufgabe des Vertriebs im Unternehmen Die grundlegende Bedeutung der Vertriebsorganisation erklärt die Stellung des Vertriebs und ihren operativen Charakter in Unternehmen. Der Vertrieb und die Mitarbeiter vermitteln über den persönlichen Kontakt zum Kunden die Leistung des Unternehmens und übernehmen zudem eine repräsentative Rolle. Sie beraten den Kunden, analysieren den Bedarf und entwickeln gemeinsam mit ihm Lösungskonzepten, mit dem Ziel, das eigene Angebot so attraktiv für den Kunden zu gestalten, dass es zu einem Vertragsabschluss kommt und sie ein entsprechendes Entgelt erzielen. Durch sein professionelles Auftreten vermittelt der Vertriebsmitarbeiter das Image, die Unternehmenskultur, die Marktstellung als auch das Geschäftsgebaren des Unternehmens. Unterstützende Kommunikationsinstrumente, die der Vertrieb im Zusammenhang mit dem Verkaufsprozess und dem Vertragsabschluss mit dem potenziellen Kunden einsetzen kann, sind u. a. Werbung, Messen und Prospekte. Diese 297 Vgl. Böttcher, G., Weichen stellen im Vertrieb, 2013, S. V 298 Vgl. Winkelmann, P., Marketing und Vertrieb, 2010, S. 282. (zit. nach Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1984.) 299 Vgl. Aygen, N., Die Besten für den Vertrieb, 2012, S. 11 300 Vgl. Böttcher, G., Weichen stellen im Vertrieb, 2013, S. V 301 Vgl. Detroy, E./ Behle, C./ vom Hofe, R., Handbuch Vertriebsmanagement, 2007, S. 17 <?page no="128"?> 3.1 Bedeutung und Einordnung des Vertriebs 129 helfen ihm, sein Angebot gegenüber Wettbewerbern zu verteidigen und die Entscheidung des Kunden zu Gunsten des eigenen Produkts bzw. der Dienstleistung zu lenken. 302 Damit umfasst der Vertrieb alle Tätigkeiten, Instrumente und Systeme zur Umsatzgenerierung (Gewinnung von Aufträgen), zur Kundensicherung (Pflege der bestehenden Kundenbeziehungen) und zur Entgeltabsicherung. 303 Besonders im Direktvertrieb ist es eine der Hauptaufgaben, neben der Neukundengewinnung, die Pflege und der Ausbau des schon bestehenden Kundenstamms. Der direkte Vertrieb wird insbesondere zur Distribution erklärungsbedürftiger Investitionsgüter gewählt, womit in diesen Märkten höhere Anforderungen an den Vertrieb gestellt sind. 304 Direktvertrieb umfasst hierbei nach Winkelmann den Vertrieb durch den eigenen Außendienst oder über Absatzhelfer sowohl im B2Cals auch im B2B-Bereich, das heißt, dass der Absatzweg ausschließlich in der Hand der Unternehmung liegt. 305 Das Wachstum, die Erhaltung eines Unternehmens und das Entgelt für alle Mitarbeiter kann auf lange Sicht nur sichergestellt werden, wenn die Hauptaufgaben durch einen leistungsstarken Vertrieb erfüllt werden. Dies fordert von den Vertriebsmitarbeitern und der Vertriebsorganisation ein hohes Maß an Geschick und Können als auch hohe Motivation ein. 306 Abgrenzung des Vertriebs zu anderen Funktionsbereichen Bei der Abgrenzung des Vertriebs zu anderen Funktionsbereichen eines Unternehmens erfordert die Betrachtung der Wertschöpfungskette nach Porter. Sie veranschaulicht die Werterstellung der Unternehmung und der Produkte in organisatorischer Hinsicht und stellt die dazu nötigen Aktivitäten und ihre Verknüpfungen im Leistungs- und Entgeltgefüge eines Industrieunternehmens dar. Die innerbetriebliche Wertkette gliedert die insgesamt neun strategisch relevanten Aktivitäten eines Unternehmens in fünf primäre und vier unterstützende Aktivitäten. 307 Im Leistungsgefüge eines Unternehmens gehört der Vertrieb nach dem Modell der Wertschöpfungskette von Porter zu einer der Primäraktivitäten und liefert damit direkt einen wertschöpfenden Beitrag. Dies bestätigt, dass die Leistungsverwertung, der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen, eine fundamentale Funktion des Wirtschaftens jedes Unternehmens ist und demnach zu einer der überlebensnotwendigen Aufgaben gehört. 308 302 Vgl. Maas, M., Praxiswissen Vertrieb, 2012, S. 18 ff. 303 Vgl. Winkelmann, P., Marketing und Vertrieb, 2010, S. 287 304 Vgl. Maas, M. Praxiswissen Vertrieb, 2012, S. 19 305 Vgl. Winkelmann, P., Marketing und Vertrieb, 2010, S. 289 306 Vgl. Maas, M., Praxiswissen Vertrieb, 2012, S. 19 307 Vgl. Kotler, P./ Keller, K./ Bliemel, F., Marketing-Management, 2007, S. 75 308 Winkelmann, P., Marketing und Vertrieb, 2010, S. 282. (zit. nach Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1984.) <?page no="129"?> 130 Kapitel 3: Motivationstheorien Abbildung 37: Modell der innerbetrieblichen Wertkette Quelle: Porter, M., Wettbewerbsvorteile, 2010, S. 67. Kein anderer Unternehmensbereich wie der Vertrieb hat diesen direkten Kontakt und damit Einfluss auf den Kunden und seine Wünsche. Dies kann den Verkaufserfolg eines Vertriebsmitarbeiters deutlich beeinflussen und seine Zielerreichung, für die er vollständig und alleine verantwortlich ist, unterstützen. Die eindeutige Zuordnung der Erfolge auf den Einzelnen, die selten anderen Funktionen des Unternehmens direkt zugeordnet werden können, fördert die ergebnisorientierte Arbeitsweise des Vertriebs und unterstützt die unternehmerische Einstellung. 309 Grundlagen der Motivation Die Motivation der Arbeitnehmer eines Unternehmens ist Voraussetzung für produktive Arbeit in Industriebetrieben, die auf eine gerechte Entlohnung dafür hoffen. Bereits vor mehr als einhundert Jahren, als Gesamtarbeitsaufgabe „Auto produzieren“ in kleinste Arbeitsschritten aufgliedert wurden (Taylorismus), um die Leistungsquote der Arbeitnehmer zu steigern und die Produktivität zu sichern, zeigten sich nach anfänglichen Erfolgen doch recht bald die Nachteile für die Arbeitnehmer und folglich für das Unternehmen. Bei den Arbeitsgestaltungsmaßnahmen wurden Aspekte der kreativen Arbeit vollkommen außer Acht gelassen, sodass die Arbeitsqualität und Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeitern sank und folglich die Fehlzeiten und die Fluktuation anstiegen. Dies führte zu einer aus der Erfahrung der Hawthorne-Studien heraus, auf die resultierende verstärkte Konzentration auf die treibende Kraft für produktive Arbeit, die in der Arbeitsmotivation der Mitarbeiter gesehen wurde. 310 309 Vgl. Maas, M., Praxiswissen Vertrieb, 2012, S. 20 ff. 310 Vgl. Kleinbeck, U./ Kleinbeck, T., Arbeitsmotivation, 2009, S. 14 f. <?page no="130"?> 3.2 Grundlagen der Motivation 131 Abbildung 38: Arbeitsmotivation von Mitarbeitern als zentrale Voraussetzung für das Erreichen der Unternehmensziele Quelle: in Anlehnung an Kleinbeck, U./ Kleinbeck, T., Arbeitsmotivation, 2009, S. 18. Die Abbildung 38 verdeutlicht, dass die Motivation der Arbeitnehmer ein zentraler Bestandteil zum Erreichen der Ziele eines Unternehmens ist. Neben den eigenen Leistungsvoraussetzungen wie die Fähig- und Fertigkeiten und den durch das Unternehmen bereitzustellenden technischen Gegebenheiten, unterstützt die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer das Arbeitshandeln. Daraus resultiert, dass die Arbeitsbedingungen und -prozesse im Unternehmen so gestaltet werden müssen, dass die Motivation der Arbeitnehmer erhöht werden kann und dadurch produktivitätsorientiertes Handeln im Unternehmen sichergestellt wird. 311 Motivation als Ergebnis eines Prozesses Niermeyer/ Seyffert vertreten die Auffassung, dass Motivation eine Charaktereigenschaft jedes Menschen sei. Bei jenen Menschen sei die Motivation seit der Geburt genetisch und umweltbezogen unterschiedlich stark ausgeprägt. Jedoch bedeutet das, dass jeder einzelne Mensch sein Leben lang nur einen einzigen und nahezu konstanten Motivationszustand besäße und dieser Zustand sich nicht beeinflussen ließe. Wie aber lässt sich dann erklären, dass manche Menschen im Beruf trotz ausreichender Bezahlung nicht motiviert sind und nur das Nötigste leisten, in ihrer Freizeit hingegen mit großem Engagement, viel Zeitaufwand und unentgeltlich andere Projekte energisch verfolgen? Aus Erfahrungen und Beobachtungen kann konstatiert werden, dass Motivation keine angeborene Eigenschaft ist. Motivation ist das Ergebnis eines Prozesses, auf den viele Faktoren einwirken, die zudem miteinander verknüpft sind. 312 311 Vgl. Kleinbeck, U./ Kleinbeck, T., Arbeitsmotivation, 2009, S. 17 f. 312 Vgl. Niermeyer, R./ Seyffert, M, Motivation, 2009, S. 10 <?page no="131"?> 132 Kapitel 3: Motivationstheorien Motiv - Anreiz - Motivation Der in Abbildung 39 dargestellte Zusammenhang der verschiedenen Faktoren auf die Motivation verdeutlicht, dass gewisse Anreize in einer Situation und die Motive einer Person das menschliche Verhalten beeinflussen. Abbildung 39: Zusammenhang von Motiv, Motivation, Anreiz und Verhalten Quelle: in Anlehnung an Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, S. Personalmanagement, 2013, S. 178 (nach Rheinberg, F., Motivation, 2008, S. 70) Motive werden als Handlungsziele verstanden, die von einer entsprechenden Person als bedeutend eingestuft werden und dadurch die Aktivität bzw. das Handeln hervorrufen. Es kann daher konstatiert werden, dass Motive die Ursache des Verhaltens sind. 313 Die Motivation definiert nun die Richtung, Intensität und Dauer des Verhaltens. Aufgrund dieser Überlegung entsteht Motivation immer durch die Wahrnehmung von Anreizen in einer bestimmten Situation durch eine Person, wodurch Motive aktiviert werden und dies zu einem bestimmten Verhalten führt. Motivation wird daher als Interaktion zwischen motivierter Person und motivierender Situation verstanden. 314 Durch diese Wechselwirkung können durch die verschiedenen Individuen und ihre jeweiligen Motive unterschiedliche Verhaltensweisen entstehen trotz gleicher Anreize. Ähnliche Motive machen sich demnach durchaus in unterschiedlichem Verhalten bemerkbar und verschiedene Motive können gleiches oder ähnliches Verhalten hervorrufen. 315 Da nun eine motivierende Situation die Bedürfnisse des Menschen beeinflusst, gilt sie als wichtiger Einflussfaktor. Als positive Anreize, sogenannte „Incentives“, werden jene Situationen bezeichnet, die in der Lage sind, Motive bzw. Bedürfnisse anzusprechen, die infolgedessen eine Motivation erzeugen. 316 Volition Forschungen in der Handlungspsychologie haben ergeben, dass das Vorhandensein ausgeprägter Motivation nicht ausreicht, um ein Handlungsziel zu erreichen. Bei der Handlungsdurchführung treten oft Störungsfaktoren oder 313 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 363 (zit. nach Heckhausen, H., Motivation und Handeln, 1989, S. 9.) 314 Vgl. Wiedmann, S., Erfolgsfaktoren der Mitarbeiterführung, 2006, S. 13 315 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 14 316 Vgl. Wiedmann, S., Erfolgsfaktoren der Mitarbeiterführung, 2006, S. 13 <?page no="132"?> 3.2 Grundlagen der Motivation 133 Ablenkungen auf, sodass die Handlungsdurchführung auch nicht logischerweise mit Begeisterung verbunden ist. Im Kontext der Arbeit bedeutet dies, dass die tägliche Arbeit dem Arbeitnehmer keine Freude bereitet. Umso wichtiger ist dann der Wille des Handelnden. 317 Der unbedingte Wille eines Handelnden, ein Ziel trotz aller Hindernisse und Widrigkeiten zu erreichen, wird als Volition bezeichnet. 318 Volition bekommt dann eine wichtige Bedeutung, wenn die Interaktion zwischen Anreiz (z.B. Geld) und Motiv keine Wirkung in Form von Motivation erzeugt, um eine Handlung zur Zielerreichung anzuregen. 319 Formen der Motivation Eine Klassifizierung der Intention von Handlungen unterscheidet daher zwei Formen von Motivation: Intrinsische und extrinsische Motivation. 320 Die intrinsische Motivation beschreibt ein Verhalten, das aus eigenem Antrieb heraus geschieht. Intrinsische Arbeitsmotivation entsteht durch das direkte Interesse einer Person an einer Tätigkeit oder Arbeit. 321 Daher werden intrinsische Arbeitsmotive durch die Tätigkeit selbst befriedigt. 322 Extrinsisch motiviertes Verhalten hingegen ist eine Reaktion auf Anreize aus der Umwelt, spezifisch im Arbeitskontext aus der Unternehmung geschaffener Anreize, d. h. durch externe Belohnungen materieller oder immaterieller Art. 323 Extrinsische Arbeitsmotive werden im Vergleich zu intrinsischen Motiven durch die Begleitumstände und Folgen der Tätigkeit befriedigt. 324 Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht der intrinsischen und extrinsischen Arbeitsmotive und die verschiedenen Anreize bei Arbeitnehmern. Im Arbeitskontext können die Motive von Arbeitnehmern durch die Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber aktiviert werden. Dabei ist zu beachten, dass sich Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Motive unterscheiden und Anreize daher individualisiert sein müssen. Motive können nur aktiviert werden, sofern die individuellen Anreize den Motiven entsprechen und 317 Vgl. Kumlin, R. Chancen und Risiken leistungsorientierter Vergütungssysteme, 2010, S. 16 (zit. nach Achtziger/ Gollwitzer, 2006, S. 278; von Rosenstiel, 2007, S. 243) 318 Vgl. Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, P., Personalmanagement, 2013, S. 179 (zit. nach Scheffer/ Kuhl, 2010, o. S.) 319 Vgl. Nerdinger, F. W., Motivation und Handeln in Organisationen, 1995, S. 13 320 Vgl. Wiedmann, S., Erfolgsfaktoren der Mitarbeiterführung, 2006, S. 15 321 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 363 (zit. nach Jost, P., Organisation und Motivation, 2000, S. 98) 322 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, P., Personalmanagement, 2013, S. 176 (zit. nach Brief, A. P./ Aldag, R. J., The intrinsic-extrinsic dichtomy: Toward conceptual clarity, 1977) 323 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 14 324 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, P., Personalmanagement, 2013, S. 176 (zit. nach Brief, A. P./ Aldag, R. J., The intrinsic-extrinsic dichtomy: Toward conceptual clarity, 1977) <?page no="133"?> 134 Kapitel 3: Motivationstheorien folglich Verhaltensintentionen auslösen. 325 Für die dauerhafte Beeinflussung des Arbeitsverhaltens und der Arbeitsleistung dürften auf lange Sicht die intrinsischen Arbeitsmotive speziell im Falle inhaltlich selbst bestimmter, abwechslungsreicher und anspruchsvoller Arbeiten beachtlicher sein als die extrinsischen Arbeitsmotive. 326 Arbeitsmotive Merkmale Anreize extrinsisch Wunsch nach bspw. Sicherheit Geld Geltung materiell: Lohn/ Gehalt Prämien/ Boni Renten, Kredite Statussymbole immateriell: Lob und Anerkennung Beförderung Auszeichnungen sozial: Interaktionsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Arbeit intrinsisch Wunsch nach bspw. Leistung Kontakt Macht und Einfluss (im Unternehmen) Sinngebung und Selbstverwirklichung psychische und physische Betätigung Arbeitsinhalt: Selbstständigkeit Lernmöglichkeit Aufstieg Feedback über eigene Leistung Beispiele für extrinsische und intrinsische Arbeitsmotive und Anreize Quelle: in Anlehnung an Rosenstiel, L. v., Motivation im Betrieb, 2010, S. 54. Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung Für die Gestaltungsaspekte der Arbeitsorganisation und für die Mitarbeiterbindung und -führung sind die Einflussgrößen für das menschliche Verhalten bei der Arbeit von grundlegender Bedeutung. Die Erklärung der Beweggründe menschlichen Verhaltens und Erlebens ist die Aufgabe der Psychologie. Die Psychologie versucht mit entsprechenden Theorien Antworten zu liefern und 325 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, P., Personalmanagement, 2013, S. 176 (zit. nach Nerdinger, F. W., Motivierung. In: Schuler, H., Lehrbuch der Personalpsychologie, 2006, S. 385-407) 326 Vgl. Rosenstiel, L. v., Motivation im Betrieb, 2010, S. 52 <?page no="134"?> 3.3 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung 135 Zusammenhänge zu erklären. 327 In Anbetracht ihrer großen Bedeutung werden daher im Folgenden einige ausgewählte Motivationstheorien dargestellt und kritisch gewürdigt. Es wird dabei zwischen Inhaltstheorien und Prozesstheorien unterschieden. Abbildung 40 veranschaulicht die Abgrenzung zwischen den Inhalts- und Prozesstheorien. Abbildung 40: Grundmodell der klassischen Motivationspsychologie Quelle: In Anlehnung an Brandenberg, A., Anreizsysteme zur Unternehmensteuerung, 2002, S. 76 (nach Rheinberg, 1995, S. 69). Die Inhaltstheorien sind hierbei die weitaus bekannteren. Inhaltstheorien klären die qualitative Ausprägung der Motivstruktur von Menschen bzw. mit der Existenz von Motiven, d. h., dass die Frage „Was bewirkt Verhalten? “ gestellt wird. Zu ihnen gehört neben dem Motivationsmodell von Maslow, das seit vielen Jahrzehnten durch seine Einfachheit und Plausibilität eine herausragende Rolle in der Motivationspsychologie spielt, auch Herzbergs Zwei- Faktoren-Theorie, die ebenso einfach ist und derzeit eine Renaissance erlebt. 328 Zu den unterschiedlichen Varianten der Prozesstheorien zählen die VIE-Theorie von Vroom und die Equity-Theorie von Adams. Sie beantworten unterschiedliche Fragen hinsichtlich der Art und des Managements der Motivation in Organisationen, treffen Aussagen über das Zusammenwirken der Faktoren, die die Motivation auslösen und sind daher komplementäre Ansätze zum Verstehen der Motivation. 329 Inhaltstheorien Bedürfnispyramide von Abraham Maslow Die Motivationstheorie von Abraham Maslow ist das klassische Modell für die inhaltstheoretische Begründung der Motivation und stellt in der wissenschaftlichen Literatur und in der betrieblichen Praxis den verbreitetsten Ansatz der 327 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 386-393 328 Vgl. ebd.; Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 14 329 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, P., Personalmanagement, 2013, S. 192 <?page no="135"?> 136 Kapitel 3: Motivationstheorien Arbeitsmotivation dar. Jedoch war er ursprünglich nicht als Teil der Arbeitsmotivationstheorie entwickelt worden, sondern entstand eher auf Grundlage langjähriger klinischer Erfahrungen des Psychologen Maslow mit seinen klinischen Patienten. Die motivationstheoretischen Überlegungen wurden aufgrund der Einfachheit, Deutlichkeit und Verständlichkeit auf die Arbeitsmotivation in Unternehmen übertragen. 330 Maslows Motivationspyramide basiert auf der Grundannahme, dass jeder Mensch nach der Befriedigung spezieller Bedürfnisse strebt und dadurch motiviert wird. Da diese speziellen Bedürfnisse eine unterschiedliche Dringlichkeit ihrer Befriedigung aufweisen, lassen sie sich hierarchisch in einer Pyramide anordnen (Abbildung 41). 331 Abbildung 41: Bedürfnispyramide von Abraham Maslow Quelle: In Anlehnung an Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagement, 2011, S. 372. Die physiologischen Bedürfnisse oder auch Grundbedürfnisse bilden das Fundament der Pyramide und sind auf die unmittelbare Selbst- und Arterhaltung ausgerichtet. Sie liegen in der physischen Natur des Menschen. Beispielhaft seien hier die Bedürfnisse wie Hunger und Durst, Ruhe, Bewegung oder auch Sexualität genannt. 332 Auf die Arbeitswelt übertragen, wäre die Verrichtung 330 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 14 (zit. nach McGregor, D., The Human Side of Enterprise, 1960) 331 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 14 332 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 372.; Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 277 <?page no="136"?> 3.3 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung 137 einer Arbeit, um ein Einkommen zu erzielen, dass die elementaren Grundbedürfnisse deckt, ein physiologisches Bedürfnis. 333 Die nächste Ebene der Bedürfnispyramide bilden die Sicherheitsbedürfnisse. Sie konzentrieren sich auf den Schutz vor möglichen Gefahren und Bedrohungen. Die Bedürfnisse nach Sicherheit werden z.B. durch Sicherung des Arbeitsplatzes durch Schutz bei Krankheit und Unfällen, aber auch durch einen sicheren Arbeitsplatz ohne Verletzungsrisiko befriedigt. Es wird stets nach Geborgenheit, Ordnung und Gefahrlosigkeit gestrebt. 334 Die sozialen Bedürfnisse äußern sich im Wunsch nach zwischenmenschlichen Beziehungen in Form von Liebe, Freundschaft, Gemeinschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl. Im Arbeitsleben wird dieses Bedürfnis durch Kommunikation und Interaktion mit anderen Kollegen oder durch Akzeptanz innerhalb eines Teams befriedigt. 335 Das Bedürfnis nach Wertschätzung ist einerseits das Bedürfnis nach Anerkennung durch Mitmenschen im Sinne von einem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, sozialem Ansehen oder Anerkennung; andererseits ist es aber auch das durch die Person selbst hervorgerufene Bedürfnis nach Wertschätzung in Form von positiver Selbsteinschätzung oder Selbstvertrauen in das eigene Können und Wissen. 336 Aus beruflicher Sicht ist insbesondere die Bestätigung eigener Erfolge und Leistungen gemeint. 337 Die Spitze der Bedürfnispyramide bilden die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung. Der Mensch strebt, nach der Befriedigung aller vorangegangenen Bedürfnisse, nach einer Tätigkeit bzw. Beschäftigung, die nicht nur seinen Kompetenzen entspricht, sondern auch seine persönlichen Neigungen als auch eine Entfaltung der eigenen Anlagen und Kreativität erlaubt. Selbstverwirklichung würde demnach für einen Arbeitnehmer wie das erfolgreiche Einbringen eigener Ideen, Vorstellungen und Verbesserungen des Arbeitsumfeldes sein. 338 Maslow unterscheidet zudem zwischen Defizitbedürfnissen und Wachstumsbedürfnissen (Abbildung 41). Defizitbedürfnisse können für einen bestimmten Zeitraum weitestgehend befriedigt werden, sind anschließend aber nicht mehr wirksam. Des Weiteren können höhere Defizitbedürfnisse dem Modell nach erst dann aufkommen und befriedigt werden, wenn das jeweils niedrigere Bedürfnis ansatzweise befriedigt ist. Die Wachstumsbedürfnisse, die auf die Entfaltung der im Menschen verankerten Möglichkeiten ausgelegt sind, sollen 333 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 15 334 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 74.; Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 277 335 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 16 336 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 372 337 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 277 338 Vgl. Wöhe, G., Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 171.; Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 277 <?page no="137"?> 138 Kapitel 3: Motivationstheorien nach Maslow jedoch erst dann das Verhalten bestimmen, wenn alle Defizitbedürfnisse als angemessen befriedigt wahrgenommen werden. 339 Für das Personalmanagement würde dies bedeuten, dass zunächst tatsächlich aktive Bedürfnisse der Mitarbeiter zu identifizieren sind, um dann entsprechend Anreize setzen zu können, die diese Bedürfnisse dann befriedigen. Umgekehrt hieße das dann auch, dass Anreize keine Wirkung zeigen, wenn sie sich auf irrelevant empfundene Bedürfnisse beziehen. Demnach bedeutet beispielsweise die Verbesserung der sozialen Bedürfnisse für einen Mitarbeiter kaum etwas, wenn er seine Sicherheitsbedürfnisse noch nicht ausreichend befriedigt sieht. 340 Kritisch zu bewerten sind an dem Modell von Abraham Maslow vor allem, dass weder die Bedürfnisschichtung noch die Reihenfolge der Bedürfnisbefriedigung in empirischen Untersuchungen gestützt werden konnten. Ferner sind einige Aussagen von Maslow nicht stichhaltig, da einfache Gegenfragen bzw. -beispiele sie widerlegen können. 341 Auch die ungenaue Abgrenzung der verschiedenen Bedürfnisklassen ist ein Kritikpunkt an Maslows Modell. Es ist kaum nachvollziehbar, inwiefern sich soziale Bedürfnisse von den Wertschätzungsbedürfnissen abgrenzen. Ebenso ist der Begriff Selbstverwirklichung nur vage bestimmt. Weiterhin vernachlässigt der Ansatz situative Faktoren der Arbeitsmotivation wie z. B. Geschlecht und Alter, Karrierephase und Qualifikation oder auch die Arbeitsmarktlage. Diese Faktoren beeinflussen die verhaltensaktivierende Wirkung bei einem bestimmten Bedürfnis. Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen die Vernachlässigung des Einflusses von schichtspezifischen und kulturabhängigen Faktoren. 342 Insbesondere die Reihenfolge der Bedürfnisse weicht je nach Kultur voneinander ab. 343 Ein Entgeltmanagement wird auch nicht in Erwägung gezogen. Nichtsdestotrotz gibt Abraham Maslows Theorie eine erste Orientierungshilfe, um die Motive der Menschen ansatzweise zu verstehen. Letztlich sollen Führungskräfte sich bewusst werden, dass sie die Motive ihrer Mitarbeiter identifizieren und auf diese eingehen sollen. 344 Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg Wie die Inhaltstheorie von Maslow geht auch die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg von speziellen, zu befriedigenden Grundbedürfnissen beim Menschen aus. Jedoch basiert die Theorie von Herzberg nicht auf intuitiver, unstrukturierter Beobachtungen und teils spekulativen Annahmen, sondern auf einer empirisch überprüften Studie. In der Pittsburgh-Studie wurden über 200 Ingenieure und Buchhalter über angenehme und unangenehme Arbeitssituati- 339 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 277 340 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 16 341 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 373 342 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 16 f. 343 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 17 (zit. nach Hofstede, G., Culture’s Consequences, 2001) 344 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 278 <?page no="138"?> 3.3 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung 139 onen in teilstrukturierten Interviews befragt. 345 Ursprünglich thematisierte die Studie die Arbeitszufriedenheit, gleichwohl sich die Ergebnisse ebenfalls für die Arbeitsmotivation interpretieren ließen. 346 Die Studie führte zu dem Schluss, dass recht selten dieselben Ursachen bzw. Faktoren im direkten Kontext mit guten und schlechten Arbeitserlebnissen zusammenhängen. Daraus folgte, dass die Faktoren, die zu Arbeitszufriedenheit führen, von jenen Faktoren, die Arbeitsunzufriedenheit auslösen, zu trennen sind und demnach zwei unabhängig voneinander bestehende Dimensionen sind. Entsprechend dazu gibt es zwei unterschiedliche Arten von Anreizen, die Herzberg als Motivatoren und Hygienefaktoren definiert. 347 Abbildung 42: Einflussfaktoren auf die Arbeitseinstellung nach Herzberg Quelle: In Anlehnung an Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 18 (nach Herzberg, F., 1966, S. 57.) 345 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 74 f..; Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 17 346 Vgl. Ursin, B., Leistungsvergütung, 2006, S. 121 347 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 74 f..; Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 17 <?page no="139"?> 140 Kapitel 3: Motivationstheorien Mit Motivatoren, auch Satisfaktoren, Kontentfaktoren oder intrinsische Faktoren genannt, kann Arbeitszufriedenheit erreicht werden. D. h., dass sie fähig sind, im Individuum Motivation aufzubauen und somit eine gute Arbeitsausführung zu bewirken. Zu den Motivatoren zählen beispielweise die Arbeitsleitung, der Arbeitsinhalt oder die wahrgenommene Verantwortung. 348 Hygienefaktoren, auch Frustratoren, Kontextfaktoren oder extrinsische Faktoren genannt, können lediglich Arbeitsunzufriedenheit bei dem Arbeitnehmer verhindern. Sie stehen jedoch nicht unmittelbar mit der Arbeit im Kontext, sondern stellen nur negative oder positive Anreize der Arbeitsausführung dar. Folglich geht von ihnen keine Wirkung auf die Motivation aus. Auffällig ist, dass sie in ihrer positiven Ausprägung als Selbstverständlichkeit angesehen werden und ihre negative Ausprägung direkt zu Arbeitsunzufriedenheit führt. Zu den Hygienefaktoren zählen etwa die Unternehmenspolitik, der Arbeitslohn oder auch die Überwachung der Arbeit (Abbildung 42). 349 Im Unterschied zur Motivationstheorie von Maslow sind die Befriedung der Motivations- und Hygienebedürfnisse bei Herzberg nicht voneinander abhängig. Dabei ist zunächst zu sagen, dass die Hygienebedürfnisse den Grundbedürfnissen der Maslowschen Bedürfnispyramide entsprechen und die Motivationsbedürfnisse den Bedürfnissen der höheren Ebenen gleichen. Nach Herzberg sind demnach Menschen bei Nichterfüllung eines Bedürfnisses nicht gezwungenermaßen unzufrieden und umgekehrt bei Befriedigung eines Bedürfnisses nicht gleich zufrieden. Für die Personalentlohnung im Unternehmen bedeutet dies, dass ihre Arbeitnehmer über Satisfaktoren motiviert werden können und Frustratoren sie bestenfalls nicht unzufrieden stimmen. 350 Die Zwei-Faktoren-Theorie vernachlässigt, wie auch schon die Motivationstheorie von Maslow, die situativen Bedingungen, wie z. B. das Alter oder die Karrierephase des Arbeitnehmers. Diese rufen aber eine unterschiedliche Reaktion der Individuen hervor und dürfen daher nicht außer Acht gelassen werden. 351 Zudem haben Untersuchungen gezeigt, dass gelegentlich Verknüpfungen zwischen Hygienefaktoren und Motivatoren bestehen. Das heißt, dass z.B. Beförderung bzw. beruflicher Aufstieg, die als Motivatoren gelten, meistens mit einem höheren Arbeitsentgelt, einem Hygienefaktor, einhergehen und damit in Verbindung stehen. 352 Nichtsdestotrotz und unabhängig von der wissenschaftlichen Untermauerung der Theorie von Herzberg sind für die Führungspraxis folgende Punkte von besonderer Bedeutung: Zum einen führen die Ergebnisse zu dem Schluss, dass Geld als Anreizfaktor hauptsächlich als Hygienefaktor einzuordnen ist. Daraus folgt, dass ein mangelhaftes Entgelt gewiss zu einer extremen Demotivation führt, aber viel bzw. immer mehr Geld nicht dauerhaft als Motivator wirken kann. Zum anderen gibt es Befunde, nach denen die Motivatoren Belohnung und Anerkennung sowie anspruchsvol- 348 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 17 349 Vgl. ebd.; Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 283 350 Vgl. Ursin, B., Leistungsvergütung, 2006, S. 122 f. 351 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 18 352 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 284 <?page no="140"?> 3.3 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung 141 le, abwechslungsreiche Arbeitsaufgaben dauerhaft wirken und damit die Behauptung in der gängigen Praxis zu viel Lob schadet‘ widerlegen. Ebenfalls überraschend ist, dass die Faktoren Beziehung zu Kollegen oder das Betriebsklima günstigstenfalls als Hygienefaktor, aber kaum als beständiger Motivator wirken. Das ist auffällig, da Arbeitnehmer sich schneller und häufiger über schlechte Kollegen und ein schlechtes Betriebsklima beschweren als im Umkehrschluss positive Situationen hervorheben. 353 Prozesstheorien VIE-Theorie von Victor Vroom Die Valenz-Instrumentalität-Erwartungstheorie von Vroom beschäftigt sich mit der Dynamik der Motivation, also wodurch menschliches Verhalten erfolgt und gehört damit zu einer der Prozesstheorien in der Motivationsforschung. Vroom nimmt in seiner Theorie an, dass Individuen nur dann handeln, wenn für sie ein Wert geschaffen wird und sie entsprechend diejenige Handlungsalternative wählen, die subjektiv den erwarteten Nutzen maximiert. 354 In seiner Theorie unterscheidet Vroom zu allererst zwischen Handlungen und Handlungsergebnissen. Nach seiner Unterscheidung dienen Handlungsergebnisse nicht dem Selbstzweck, sondern der Erreichung von persönlichen Zielen. Handlungen hingegen sind auf die Handlungsergebnisse, die ein Arbeitnehmer im und für das Unternehmen zu erreichen versucht, gerichtet. Ferner sind die Handlungsergebnisse keineswegs mit den persönlichen Zielen identisch. Des Weiteren definiert Vroom Motivation als Stärke der Handlungstendenz, welche mathematisch mithilfe der Faktoren Valenz, Instrumentalität und Erwartung errechnet werden kann. 355 Vereinfacht wird die Theorie in Abbildung 43 dargestellt. Abbildung 43: Motivation als Produkt aus Valenz, Instrumentalität und Erwartung Quelle: in Anlehnung an Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 21; George, J./ Jones, G., Understanding and Managing organizational behavior, 2007, S. 193. 353 Vgl. Scholz, C., Grundzüge des Personalmanagements, 2011, S. 375 354 Vgl. Ursin, B., Leistungsvergütung, 2006, S. 123 f. 355 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 281 <?page no="141"?> 142 Kapitel 3: Motivationstheorien Die Valenz beschreibt die subjektiv empfundene Relevanz persönlicher Bedürfnisse für einen Menschen. Einfach ausgedrückt, ist sie die Wertigkeit, die das Handlungsergebnis hat (Lohnt es sich dieses Handlungsergebnis zu erreichen? ). Nach Vrooms Theorie ist sie jedoch nicht konstant, sondern personenabhängig und differenziert im Zeitablauf. Das heißt, dass die Valenz unterschiedlicher Bedürfnisse von situativen Faktoren wie der Karrierephase abhängt. 356 Die Instrumentalität drückt aus, inwiefern die betroffene Person das Handlungsergebnis, das sowohl günstige als auch ungünstige Auswirkungen haben kann, für geeignet erachtet. 357 Die Erwartung kann in zwei Formen unterschieden werden. Zum einen gibt es die Handlungs-Ergebnis-Erwartung, die die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass ein gewünschtes Ergebnis durch eine bestimmte Handlung erreicht wird, definiert. Je höher die Qualifikation des Arbeitnehmers zur Ausübung seiner Tätigkeit und je präziser und realisierbarer die Leistungsziele formuliert sind, desto höher ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass ein gewünschtes Ergebnis durch eine bestimmte Handlung erreicht wird. Zum anderen wird die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass die mit der Arbeitszielerreichung verbundene Belohnung vom Unternehmen auch tatsächlich gewährt wird, als Ergebnis-Folge-Erwartung bezeichnet. Beeinflusst wird die Wahrscheinlichkeit maßgeblich von dem zeitlichen Rahmen zwischen Aufgabenerfüllung und Belohnung. 358 Die Arbeitsmotivation eines Arbeitnehmers ergibt sich demnach aus dem Produkt von Valenz, Instrumentalität und Erwartungen und ist die zentrale Aussage der Theorie von Vroom. Logisch betrachtet kann folglich keine Arbeitsmotivation entstehen, wenn einer der Faktoren nicht gegeben ist. Für das Personalmanagement ergeben sich dadurch die in Tabelle 5 zusammengefassten Implikationen. Theorie-Faktor Arbeitnehmer Implikationen für das Personalmanagement Valenz Wie wichtig sind die Ziele, die man mit meinen Arbeitsergebnissen erzielen kann? Identifikation der Bedürfnisse der Arbeitnehmer Instrumentalität Welche meiner Ziele kann man mit verschiedenen Leistungsgraden erreichen? Ausrichtung des Anreizsystems auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer Handlungs-Ergebnis- Erwartung Kann man die gewünschte Leistung erreichen? Personalauswahl Personalentwicklung Klärung der Leistungsziele 356 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 21 357 Vgl. Bröckermann, R., Personalwirtschaft, 2009, S. 282 358 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 21 <?page no="142"?> 3.3 Ausgewählte Theorien der Motivationsforschung 143 Ergebnis-Folge- Erwartung Werde ich tatsächlich die versprochenen Belohnungen erhalten? Enge Kopplung von Leistung und Anreizen Strikte Einhaltung von Belohnungsversprechen Implikationen der VIE-Theorie für das Personalmanagement Quelle: in Anlehnung an Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 22. Die VIE-Theorie unterliegt der Kritik, dass der Mensch als rational kalkulierendes Wesen betrachtet wird, das allein im Sinne seines Selbstinteresses agiert. Die Komplexität der menschlichen Motive wird dieser Einschätzung nach in keiner Weise gerecht. 359 Ferner wird kritisiert, dass die Anwendbarkeit der VIE-Theorie in der Praxis auf der Stufe ausführender Tätigkeiten nur beschränkt möglich ist. Begründet wird dies mit den häufig fehlenden Alternativen, zwischen denen die Arbeitnehmer aufgrund der unterschiedlichen Valenzen und Erwartungen entscheiden könnten. Fragwürdig erscheinen des Weiteren die von Vroom behauptete Unabhängigkeit der Faktoren und die Unklarheit über die Kompensation verschiedener positiver und negativer Handlungsergebnisse miteinander. Beispielhaft soll hier das Lob des Vorgesetzten mit dem Neid der Kollegen genannt sein. Nichtsdestotrotz liefert die VIE-Theorie von Vroom einen wesentlichen Anteil zum besseren Verständnis der Arbeitsmotivation, zumal er den in den Inhalttheorien vernachlässigten Faktor der Erwartung miteinbezog. 360 Equity-Theorie von Jean S. Adams Die Equity-Theorie von Adams (1963) oder Gerechtigskeitstheorie basiert auf der Annahme, dass Menschen ihre Ergebnisse und ihre Beiträge in ein Verhältnis setzen, um abwägen zu können, ob dieses Verhältnis zueinander fair bzw. gerecht erscheint. 361 Eine Übersicht der in diesem Zusammenhang gemeinten Ergebnisse und Beiträge liefert die nachfolgende Tabelle. Die Motivation wird bei der Equity-Theorie nicht durch die objektive Höhe der Ergebnisse (Ertrag) und Beiträge (Aufwand) bestimmt, sondern durch den subjektiven Vergleich eines Ergebnis-Beitrags-Verhältnisses eines Arbeitnehmers (A) mit dem Ergebnis-Beitrags-Verhältnis einer Referenzperson (B). Im Arbeitskontext handelt es sich bei dieser Referenzperson meistens um einen Kollegen, im Privatbereich hingegen kann die Referenzperson durchaus u. a. die eigene Person in anderen Situationen sein. Neben der Subjektivität ist der Vergleich zweier abhängiger Ergebnis-Beitrags-Verhältnisse zudem relativ. 362 Folgende Konstellationen können im Vergleich hervorgehen. 359 Vgl. Nerdinger, F. W., Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit, 2011, S. 402 (zit. nach Cropanzano, R., Goldman, B. & Folger, R., Self-interest: Defining and understanding a human motive, 2005, S. 985-991) 360 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 23 361 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, S. Personalmanagement, 2013, S. 186 f. 362 Vgl. ebd., S. 186 <?page no="143"?> 144 Kapitel 3: Motivationstheorien Ergebnisse Definition: Aspekte, die ein AN von seinem AG erwartet Beiträge Definition: Aspekte, die ein AN glaubt einzubringen Entgelt (Lohn/ Gehalt) Zusätzliche Leistungen Arbeitszufriedenheit Status Beförderungs-/ Karrieremöglichkeiten Arbeitsplatzsicherheit etc. Training Ausbildung Arbeits-/ Berufserfahrung Arbeitseinsatz Arbeitsleistung Zeit etc. Übersicht der Ergebnisse und Beiträge in der Equity-Theorie Quelle: in Anlehnung an Schmeisser, W. / Andresen, M. / Kaiser, S., Personalmanagement, 2013, S. 185. a. ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) A < ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) B → Erträge erhöhen oder Aufwand senken b. ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) A > ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) B → Erträge senken oder Aufwand erhöhen c. ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) A = ⎝⎛ Ertrag Aufwand ) B → kein Handlungsbedarf In den ersten beiden Fällen bestehen Ungleichgewichte und damit Handlungsbedarf für den Arbeitnehmer (A). Im ersten Fall wird der Arbeitnehmer durch das niedrigere Ertrags-Aufwand-Verhältnis im Vergleich zum Verhältnis der Referenzperson (B) benachteiligt. Die Theorie sieht hier zwei mögliche Handlungsvarianten für den Arbeitnehmer, um die Benachteiligung ausgleichen zu können. Zum einen kann er versuchen, den Ertrag zu erhöhen, indem er mehr Entgelt fordert, zum anderen kann er den Aufwand minimieren, indem er weniger Arbeitseinsatz zeigt. Wenn beide Varianten nicht zielführend sind, besteht für den Arbeitnehmer theoretisch noch die Möglichkeit, folgende andere Handlungsalternativen einzusetzen, um ein Ertrags-Aufwand-Gleichgewicht zur Referenzperson zu erhalten: Verzerrung der Selbstwahrnehmung, d. h., dass im beispielhaft genannten ersten Fall der eigene Ertrag höher oder der eigene Aufwand als niedriger eingeschätzt wird, sodass wieder ein Gleichgewicht entsteht. Verzerrung der Fremdwahrnehmung, d. h. analog, dass der Ertrag oder der Aufwand der Referenzperson höher bzw. tiefer eingeordnet wird. Bestimmung einer anderen Referenzperson mit einem gleichen oder schlechteren Ertrag-Aufwand-Verhältnis als dasjenige des Arbeitnehmers (A). Letztlich Kündigung oder Verlassen des Unternehmens im Vergleichszustand, um die Ungerechtigkeitssituation aufzulösen. Zur Gerechtigkeitstheorie von Adams wurden meistens empirische Arbeiten in Bezug auf die Referenzperson und die Einstufung der Entgeltkomponente <?page no="144"?> 3.4 Incentive-Schemen als Determinante der Motivation im Vertrieb 145 durchgeführt. 363 So wurde empirisch nachgewiesen, dass die ausgewählte Referenzperson häufig das gleiche Geschlecht aufweist und in der Tendenz bereits länger im Unternehmen tätig ist. Höher qualifizierte und hierarchisch besser stehende Personen vergleichen sich häufiger mit Referenzpersonen außerhalb der eigenen Organisation. Des Weiteren wiesen die Frauen gemäß den empirischen Befunden prinzipiell eine höhere Zufriedenheit hinsichtlich ihrer Vergütung auf als Männer. 364 In der Praxis scheint jedoch das Gefühl der Unterbezahlung, das heißt die Beiträge sind höher als die Ergebnisse, öfter aufzutreten als das Gefühl der Gerechtigkeit oder gar der Überbezahlung. Für das Personalmanagement ist in Anbetracht der deutlich intensiveren Reaktionen auf den Effekt einer Unterbezahlung, in Form von Leistungssenkung oder gar Kündigung, sehr bedenklich und muss folglich durch ein transparentes und gerechtes Verhältnis zwischen Ergebnis und Beitrag vermieden werden. 365 Ferner soll insbesondere die Personalentlohnung, aufgrund der Subjektivität der Bewertungen, einer differenzierten Überprüfung der Bedürfnisse der Arbeitnehmer durch z.B. Befragungen unterzogen werden. 366 Die Motivation der Arbeitnehmer ist also am höchsten, wenn Gerechtigkeit empfunden wird. Dazu müssen vor allem Ergebnisse auf Leistungen basieren. Die Equity-Theorie bewies auch empirisch, dass ein gerechtes Gehalt besser und motivierender ist als ein nach der VIE-Theorie von Vroom hohes Gehalt. 367 Die Erkenntnisse aus den Motivationstheorien helfen nun im Folgenden die Problematik von Incentive-Schemen auf die Motivation mit besonderem Bezug auf den Vertrieb zu verstehen. Incentive-Schemen als Determinante der Motivation im Vertrieb Eine der bekanntesten Theorien zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Teilhaber und Geschäftsführer oder in diesem Fall Vorgesetzter und Vertriebsmitarbeiter ist die Prinzipal-Agent-Theorie. Hierbei beauftragt der Prinzipal (Teilhaber oder Arbeitgeber) den Agenten (Führungskraft oder Arbeitnehmer) damit, das Geschäft in seinem Sinne zu führen. Jedoch kann der Prinzipal nicht hundertprozentig davon ausgehen, dass der Agent in seinem Sinne handelt. Vielmehr muss er sogar davon ausgehen, dass der Agent opportunistisch handelt und andere für ihn wichtigere Ziele verfolgt. Um dieser Problematik vorzubeugen, haben sich in der Praxis Anreizsysteme durchgesetzt wie 363 Vgl. Ursin, B., Leistungsvergütung, 2006, S. 134 f. (zit. nach Greenberg, 1988, o.S.; Kulik und Ambrose, 1992, o. S.) 364 Vgl. Ursin, B., Leistungsvergütung, 2006, S. 134 f. (zit. nach Graham und Welbourne, 1999, S. 1027) 365 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, S. Personalmanagement, 2013, S. 188 (zit. nach Greenberg, J., 1989; Peters, van den Bos, Bobocel, 2004) 366 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 20 367 Vgl. Schmeisser, W./ Andresen, M./ Kaiser, S. Personalmanagement, 2013, S. 188 (zit. nach Judge, Piccolo, Podsakoff, Shaw, Rich, 2010) <?page no="145"?> 146 Kapitel 3: Motivationstheorien das strittige Aktienoptionsprogramm, um das Verhalten des Agenten positiv zu beeinflussen. 368 Begriffliche Klärung und Funktionen von Incentives „Incentives“ sind die von einem Unternehmen seinen Arbeitnehmern angebotenen Maßnahmen, die eine höhere Bereitschaft zur Leistungssteigerung auslösen sollen. 369 Der Begriff Incentive kann mit „Anreiz“ übersetzt werden, sodass es sich bei Incentive-Schemen um Anreizsysteme handelt. Häufig werden unter Incentive aber auch nur ausgewählte Formen des Anreizes verstanden. Darunter zählen u. a. Sachprämien wie Elektronikartikel, die umstrittenen Vergnügungsreisen und Events oder Sonderurlaube. 370 Hier konzentriert sich der Beitrag jedoch auf die zuvor genannte Definition von Incentive- Schemen als ganzheitliche Anreizsysteme. Die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer mit Anreizen positiv zu beeinflussen, muss ein Ziel einer jeden Organisation sein. Dabei richtet sich das Interesse nicht ausschließlich auf das gesamte Repertoire an verfügbaren Verhaltensformen der Arbeitnehmer. Vielmehr fokussiert sich das Unternehmen auf jene, die sich eignen die Unternehmensziele zu erreichen. Darüber hinaus sollen Anreize, bei der Mitarbeitergewinnung und dann vor allem -bindung wirken. Sogenannte Eintritts- und Bleibeanreize müssen geboten werden, um möglichen Fluktuationsproblemen des Unternehmens Rechnung zu tragen. In erster Linie gilt es jene Arbeitnehmer zu halten, die mit ihrer Leistung einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten. Denn vielfach fluktuieren vor allem die leistungsstarken Arbeitnehmer zu anderen Unternehmen, deren Anreize ihre Bedürfnisse besser befriedigen. So basieren Fluktuationsentscheidungen häufig auf Unzufriedenheit mit dem bestehenden Arbeitsverhältnis. Weiterhin haben Anreize die Funktion, Fehlzeiten der Arbeitnehmer zu minimieren. Denn die Existenz eines Arbeitsverhältnisses impliziert nicht automatisch, dass der vertraglich gebundene Arbeitnehmer auch regelmäßig erscheint. Da physische Abwesenheit der Arbeitnehmer ebenso beachtliche Kosten bewirkt, gilt es Anreize zu schaffen, die die Bedürfnisse der Arbeitnehmer so befriedigen, dass sie nicht der Arbeit fernbleiben. Anzumerken ist, dass diese Anreize nicht das gesamte Spektrum der Fehlzeiten abdecken, da zwischen krankheitsbedingter oder motivational bedingter Abwesenheit grob unterschieden werden muss. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass „echtes“ krankheitsbedingtes Fehlen kaum von „unechtem“, durch Demotivation hervorgerufenem krankheitsbedingten Fehlen zu unterscheiden ist. Zuletzt soll noch die bedeutende Funktion von Anreizen, die Steigerung der Motivation der Arbeitnehmer, genannt sein. Die Motivation ist deshalb so relevant, weil die Entscheidung, Mitglied einer ausgewählten Organisation zu sein und folglich die damit mehr oder weniger verbundene Pflicht, am Arbeitsplatz zu erscheinen, nicht zwangsläufig impliziert, dass ein aus unter- 368 Vgl. Pepper et al., Gefahren langfristiger Anreizsysteme, 2012, S. 51 369 Vgl. Duden, Incentive, www.duden.de 370 Vgl. Spier, S., Bonbons für die Mitarbeiter, 2010, S. 54 <?page no="146"?> 3.4 Incentive-Schemen als Determinante der Motivation im Vertrieb 147 nehmerischer Sicht befriedigendes Leistungsverhalten gezeigt wird. Es reicht demnach nicht aus, die physische Präsenz eines Arbeitnehmers mit Anreizen sicherzustellen. In demselben Maße wie physische Präsenz ist ebenfalls die psychische Präsenz unentbehrlich. 371 Grundsätzlich lassen sich die Anreizsysteme zur Motivationssteigerung in monetäre und nicht-monetäre Anreize unterteilen. Abbildung 44: Instrumente der Mitarbeitermotivation Quelle: in Anlehnung an Wöhe, G., Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 172.; Brandenberg, A., Anreizsysteme zur Unternehmenssteuerung, 2011, S. 37. Die Abbildung 44 zeigt eine Übersicht über die Einteilung der Anreize in die unterschiedlichen Kategorien. Jedoch ist anzumerken, dass nicht alle Anreize eindeutig und starr einer Kategorie zuzuordnen sind. Dies trifft beispielweise auf den Fall der Beförderung zu, die meistens eine Gehaltserhöhung zur Folge hat. 372 371 Vgl. Schanz, G., Motivationale Grundlagen der Gestaltung von Anreizsystemen, 1991, S. 8-13 372 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 72 <?page no="147"?> 148 Kapitel 3: Motivationstheorien Incentive-Schemen in der vertrieblichen Praxis In keinem anderen Bereich im Unternehmen ist die Anreizkultur so eminent und vielfältig wie im Vertrieb. Die Spanne praktizierter Anreizsysteme zur Motivation und zur Ausrichtung der Arbeitnehmer auf die Unternehmensziele ist breit gefächert. Die Vertriebsmitarbeiter sollen mit enormen Verdienstmöglichkeiten durch erfolgsabhängige Vergütung, Statussymbole oder sonstige Sachpreise zu Höchstleistungen angetrieben werden. Erstaunlicherweise erhält man auf die Frage zu bestehenden Anreizsystemen im Unternehmen oftmals nur Auskünfte zu Entlohnungssystemen. Die Vielfalt an Anreizsystemen wird entweder nicht genutzt oder nicht angegeben. Jedoch sind neben dem Entlohnungssystem noch weitere Formen wesentlich. Wie bereits definiert, umfassen Anreizsysteme ja die Gesamtheit aller Maßnahmen eines Unternehmens, die zur Leistungssteigerung anreizen sollen. Eine Auswahl möglicher Formen betrieblicher Anreizsysteme liefert die Abbildung 45. 373 Abbildung 45: Komponenten von Anreizsystemen Quelle: in Anlehnung an Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 296. Eine Unterscheidung der Anreize ergibt sich aus den zwei Arten der Motivation menschlichen Handelns. Aus diesem Grund werden Anreize nach ihrer Wirkungsweise entsprechend in extrinsische und intrinsische Anreize gegliedert, die zudem noch unterschiedliche Motivationswirkungen haben. Intrinsische Anreize haben vor allem eine langfristige Motivationswirkung, wohingegen extrinsische Anreize eher einen kurzfristigen Motivationseffekt bewirken. 374 373 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 295 374 Vgl. ebd., S. 296 <?page no="148"?> 3.4 Incentive-Schemen als Determinante der Motivation im Vertrieb 149 Zu den zentralen intrinsischen Anreizen zählen demnach alle Anreize, die sich unmittelbar auf die Tätigkeit oder ihre Ausübung beziehen. Dazu gehört die Arbeit an sich, die der Arbeitnehmer im besten Fall als interessant, herausfordernd und lohnend empfindet, sodass er der Arbeit gerne und von sich aus nachgeht. Auch zugestandene Verantwortung, Handlungsspielräume, Erfolgserlebnisse bei der Arbeit und das Kompetenzerleben sind intrinsische Anreize für Arbeitnehmer. Dem gegenüber stehen die extrinsischen Anreize, die sich auf die äußeren Umstände der eigentlichen Arbeit beziehen und eine Art Belohnung darstellen. Extrinsischen Anreize können aufgrund dessen nur durch bestimmtes Handeln und daraus resultierender Ergebnisse erworben werden. So gehört die Vergütung mit all ihren Teilaspekten wie fixe und variable Gehaltsbestandteile, Prämien, Erfolgsbeteiligungen, Provisionen oder Sonderzahlungen zu den klassischen extrinsischen Anreizen. Jedoch besitzen sie einen eher kurzfristig angelegten Wirkungscharakter (Abbildung 45) und müssen daher nach ihrer Gewährung von Zeit zu Zeit neu gesetzt werden, um eine Anreizwirkung zu entfalten. 375 Dominanz und Risiken monetärer Anreizsysteme Einige Untersuchungen von Anreizsystemen in der Vergangenheit ergaben, dass viele Unternehmen zumeist monetäre, extrinsische Anreizsysteme im Vertrieb einsetzen, um das Verhalten der Arbeitnehmer zu Gunsten der Unternehmensziele zu steuern. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass in den meisten Fällen unter „Anreizsysteme“ das Vergütungssystem verstanden wird. 376 Die weit verbreitete Meinung, dass Geld motiviert, herrscht immer noch vor, trotz des Wissens, dass es nicht nachhaltig wirkt. Die Zahlung von z.B. Boni erfreut den Arbeitnehmer für einen kurzen Zeitraum, jedoch schützt es weder ihn noch das Unternehmen vor einer erneuten Demotivation durch andere Gegebenheiten in kurzer Zeit. Wenn z. B. Ziele so formuliert sind, dass sie für den Arbeitnehmer nicht oder nur schwer erreichbar sind, die Work- Life-Balance aufgrund ausufernder Arbeitszeiten gestört ist oder der Arbeitnehmer stets überfordert ist, dann kann trotz extrinsischer Anreize Demotivation eintreten. 377 Ein weiteres Risiko birgt die Annahme, dass durch die ansteigende Zufuhr extrinsischer Anreize, die intrinsische Motivation der Arbeitnehmer stetig abnimmt. Die extrinsischen Anreize führen dazu, dass weniger intrinsische Motivation erforderlich ist, um bei einem Arbeitnehmer eine Handlung auszulösen. Zudem sei im Laufe der Zeit zu beobachten, dass eine Reaktion der Arbeitnehmer nur noch durch die wiederholte extrinsische Anreizung möglich ist und sich dadurch der Effekt der Abnutzung durch Gewöhnung einschleicht. 378 Die Wirkung von Anreizsystemen hängt jedoch ebenso von der Branche ab. Besonders im Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbereich, in dem sich bereits seit Langem hohe, erfolgsabhängige Vergütungsmodelle etabliert haben, hat sich der Gewohnheitseffekt bereits einge- 375 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 296 376 Vgl. ebd., S. 297 377 Vgl. Neumann, H., in: Brechtel, D., Schneller, höher, weiter, 2012, S. 52-54 378 Vgl. Degner, M., Incentives auf dem Prüfstand, 2009, S. 291 <?page no="149"?> 150 Kapitel 3: Motivationstheorien stellt, da dort materielle Anreize im Vertrieb immer weniger greifen. 379 Monetäre Anreize werden dadurch oftmals zu einem Hygienefaktor und damit zur Selbstverständlichkeit für den Arbeitnehmer. Ferner verlieren monetäre Anreize infolge des Gewohnheitseffektes teilweise ihre Anreizwirkung und es besteht die Gefahr, dass sich ihre Wirkung eher über Druck oder Verlustängste entfaltet. Der Arbeitnehmer wird demnach nicht durch den extrinsischen Anreiz motiviert, sondern bekommt im schlimmsten Fall eher Angst und fürchtet den Bonus nicht mehr zu erhalten. Diese Gefühle wirken sich dann negativ auf die Motivation und Leistung aus. 380 Eine Studie der global operierenden Unternehmensberatung Hay Group in Zusammenarbeit mit dem Online-Jobportal Stepstone im Januar 2012 zum Thema Arbeitsmotivation bestätigt, dass für die Motivation der Arbeitnehmer die Faktoren wie ein kollegiales Umfeld und ein erfüllender Job wichtiger sind als Entlohnung. Bei der Umfrage beteiligten sich über 18.000 Arbeitnehmer in ganz Deutschland. 381 Abbildung 46: Häufig genannte Gründe für einen Arbeitgeberwechsel Quelle: in Anlehnung an Hay Group (o. V.), Mitarbeiter, 2012, S. 1. Um ihre Arbeitnehmer langfristig zu mehr Leistung anzuspornen, müssen die Unternehmen heutzutage nicht mehr zwingend Geld in die Hand nehmen. Zufriedenheit mit z. B. dem Arbeitsklima oder der Tätigkeit ist für die meisten Arbeitnehmer wichtiger als die Entlohnung. Folglich sollen Unternehmen in ein positives Organisationsklima investieren und durch kompetente Führungskräfte die Motivation der Arbeitnehmer aufrechterhalten. Denn eine schlechte Arbeitsatmosphäre, ein unbefriedigender Job und eine schlechte 379 Vgl. Antolin, D., in: Brechtel, D., Schneller, höher, weiter, 2012, S. 54 380 Vgl. Brechtel, D., Schneller, höher, weiter, 2012, S. 54 381 Vgl. o. V., Hay Group, Mitarbeiter, 2012, S. 1 <?page no="150"?> 3.5 Bedeutung der Entgeltgerechtigkeit für die Leistungsmotivation 151 Führungskraft wurden in der Umfrage von den befragten Arbeitnehmern am häufigsten als Grund für einen Arbeitgeberwechsel genannt (Abbildung 46). Besonders vor dem Hintergrund des durch den demografischen Wandel verschärft verursachten Fachkräftemangels müssen Unternehmen mit Nachdruck auf ein positives Arbeitsklima achten, um ihre Arbeitnehmer zu halten und an das Unternehmen zu binden. Denn die Ergebnisse der Umfrage belegen des Weiteren, dass monetäre Anreize insbesondere in Form von einer Gehaltserhöhung die Arbeitnehmer (47 % der Befragten) nicht grundsätzlich motivieren. Und denjenigen, die sich durch eine Gehaltserhöhung motivieren lassen, gaben an, dass es einer Steigerung um mindestens 20 % bedarf, damit der Motivationseffekt überhaupt eintritt. Es lässt sich also zusammenfassen, dass Geld eher die Rolle eines Hygienefaktors als die eines echten Motivators spielt. 382 Bedeutung der Entgeltgerechtigkeit für die Leistungsmotivation Da bei Gestaltung und Optimierung von Anreizsystem die Gerechtigkeitsfrage eine wichtige Rolle spielt, wird im Folgenden die Entgeltgerechtigkeit und ihre Prinzipien zum besseren Verständnis erläutert. Unter Entgeltgerechtigkeit wird der Grundsatz leistungsgerechter Entlohnung verstanden. 383 Im Äquivalenzprinzip, bei dem es um die Forderung nach der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung geht, ist die ausgleichende Gerechtigkeit zu erkennen. Demnach soll der Grundsatz Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für den Vergleich von Entgelt und Leistung gelten. 384 Aus motivationstheoretischer Sicht ist die Entgeltgerechtigkeit von großer Bedeutung, da Ungerechtigkeiten unvermeidlich zu Arbeitsunzufriedenheit und Demotivation führen. Dies bestätigte bereits die Gerechtigkeitstheorie nach Adams. Abbildung 47: Kern- und Randprinzipien der Entgeltgerechtigkeit Quelle: in Anlehnung an Göbel, E., Unternehmensethik, 2013, S. 218 (nach Kößler, 2001, S. 133). 382 Vgl. Hay Group, Mitarbeiter, 2012, S. 2 383 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Äquivalenzprinzip, http: / / wirtschaftslexikon.gabler.de 384 Vgl. Scheidl, K., Entgeltgerechtigkeit, 1991, S. 263 <?page no="151"?> 152 Kapitel 3: Motivationstheorien Die Entgeltgerechtigkeit wird anhand der in Abbildung 47 dargestellten und ausgewählten Kriterien beurteilt. Es wird dabei zwischen drei Kern- (fett gedruckt) und fünf Randprinzipien unterschieden. 385 Die Anforderungsgerechtigkeit bezieht sich auf den Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit. Eine Festlegung des Gehaltes nach diesem Prinzip wäre demnach personenunabhängig und berücksichtigt demnach nur die Anforderung der Stelle. Folglich entspricht dieses Prinzip am meisten dem Grundprinzip „Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit“. 386 Das Kernprinzip der Marktgerechtigkeit bezieht sich auf den Arbeitsmarkt. Ein Unternehmen muss (arbeits-)marktgerecht zahlen, um Fachkräfte und Spezialisten für sich rekrutieren zu können. Denn auch der Arbeitsmarkt funktioniert in gewisser Weise nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. 387 Die letzte der drei Kernprinzipien, die Leistungsgerechtigkeit, fokussiert den vom Arbeitnehmer erbrachten Leistungsbeitrag. Dabei berücksichtigt die Leistungsgerechtigkeit eine Mehr- oder Minderleistung zur definierten Normalleistung aus REFA-Sicht bzw. nach der tayloristischen Sichtweise. Unternehmen sollen besonderen Wert auf das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit legen, da sie ein hohes Interesse an einer Steigerung der Leistung und somit Erhöhung der Produktivität haben. Daraus folgt, dass Unternehmen durch geeignete monetäre Anreizsysteme die Voraussetzungen dafür schaffen müssen und das Entgelt letztendlich zur Leistung anreizt. 388 Leider gilt das Leistungsprinzip nur auf der operativen Ebene, da sich die oberen Managementebenen mittels Aktienoptionsprogrammen davon geschickt verabschiedet haben. Die Bedarfsgerechtigkeit richtet sich an die gerechte Vergütung des Arbeitnehmers nach dem persönlichen Bedarf. Das Entgelt einer Vollzeitstelle soll daher mindestens die Existenz des Arbeitnehmers sichern (Vgl. Mindestlohn). Des Weiteren könnte es gerecht sein, demjenigen mehr zu geben der mehr, aufgrund einer großen Familie, benötigt. 389 An dieser Stelle ist dieser Ansatz jedoch zu hinterfragen, da ein lediger Arbeitnehmer ebenso viel benötigen könnte, wie jemand mit einer großen Familie, weil er beispielsweise einen anderen Lebensstil oder sonstige Verpflichtungen hat. Das Prinzip Verteilungsgerechtigkeit beschäftigt sich mit der Frage nach dem gerechten Verhältnis von Entgeltsumme und Gewinn. Der erarbeitete Mehrwert müsste demnach möglichst gerecht auf die Anteilseigener und auch auf die Arbeitnehmer aufgeteilt werden oder durch ein Steuersystem abgeschöpft und umverteilt werden. 390 385 Vgl. Welge, M./ Al-Laham, A., Strategisches Management, 2012, S. 279 (zit. nach Kößler, 2001, S. 133) 386 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 346 387 Vgl. Paul, J., Praxisorientierte Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2011, S. 419 (zit. nach Kolb, M., Personalmanagement, 1995, S. 152) 388 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 77 389 Vgl. Göbel, E., Unternehmensethik, 2013, S. 219 390 Vgl. ebd. <?page no="152"?> 3.5 Bedeutung der Entgeltgerechtigkeit für die Leistungsmotivation 153 Die Qualifikationsgerechtigkeit zielt auf die gerechte Entlohnung aufgrund des Arbeitsvermögens eines Arbeitnehmers, selbst, wenn er es zeitweise nicht einsetzen kann. D. h., dass das Potenzial des Arbeitnehmers honoriert wird, welches er dem Unternehmen zur Verfügung stellt. Nach diesem Prinzip sollen Personen mit höherer Qualifikation auch ein entsprechend höheres Entgelt erhalten. 391 Das Randprinzip Erfolgsgerechtigkeit hängt mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zusammen. Da die Wirkung eines einzelnen Arbeitnehmers am gesamten Unternehmenserfolg oftmals nicht direkt gemessen bzw. zugeordnet werden kann, sollen die Arbeitnehmer auch am Unternehmenserfolg beteiligt werden. 392 Die Erfolgsgerechtigkeit hängt in gewisser Weise mit der Leistungsgerechtigkeit zusammen, da davon auszugehen ist, dass der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens maßgeblich von den Arbeitnehmern erarbeitet wurde. 393 Die Sozialgerechtigkeit berücksichtigt soziale und sozialpolitische Faktoren. Zu diesen Faktoren zählen z. B. die Altersvorsorge, die Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Unfällen oder Kinder-/ Familienzulagen. 394 Nach Kolb wird die sozial gerechte Entlohnung als staatliche Aufgabe empfunden, d. h., dass der Staat durch die Steuergesetzgebung Einfluss darauf nehmen sollte. Kinderzuschläge o. ä. sind in der betrieblichen Praxis weniger verbreitet. Zudem wirken sie in gewisser Weise kontraproduktiv. Wenn Arbeitnehmer mit hohen Sozialleistungen bei der Personalauswahl aufgrund des Kostenfaktors benachteiligt oder gar nicht erst berücksichtigt würden. 395 Insbesondere das Kriterium der sozialen Gerechtigkeit verdeutlicht, dass die Bemessung des Entgelts aufgrund einzelner Gerechtigkeitsprinzipien stark von gesellschaftlichen Wertvorstellungen abhängt. Zudem fällt bei den genannten Kriterien auf, dass eine Anstrengungsgerechtigkeit fehlt. Wenn zwei Arbeitnehmer A und B die gleiche Leistung erbringen, die gleiche Qualifikation besitzen und in vergleichbaren familiären Verhältnissen leben, A sich aber deutlich mehr anstrengen muss als B, sollte angenommen werden, dass A aufgrund der Anstrengung und des Einsatzes mehr Entgelt bekommen müsste. Dem kann nicht entsprochen werden, da in der Literatur kein entsprechendes Kriterium genannt ist 396 und eine Bemessungsgrundlage für die Anstrengung schwer zu definieren sein wird. Trotz der vorhandenen Prinzipien der Entgeltgerechtigkeit ist noch nicht eindeutig geklärt, wie Gerechtigkeit durch ein Entgeltsystem erreicht werden kann, da keine präzise Gewichtung der Kriterien definiert werden kann. In der 391 Vgl. Göbel, E., Unternehmensethik, 2013, S. 219 392 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 78 393 Vgl. Göbel, E., Unternehmensethik, 2013, S. 219 394 Vgl. Thommen J. P., Personalmanagement, 2011, S. 78 395 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 346 396 Vgl. Paul, J., Praxisorientierte Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2011, S. 419 f. <?page no="153"?> 154 Kapitel 3: Motivationstheorien wissenschaftlichen Literatur gibt es für diese Problematik häufig Lösungsansätze, die mit dem ökonomischen Prinzip einhergehen. Demnach ist ein Entgeltsystem aus motivationstheoretischer Sicht dann optimal, wenn es die Arbeitnehmer möglichst so anreizt und motiviert werden, dass das Ziel Gewinnmaximierung auf lange Dauer erreichbar ist. Weiterhin ist es motivationsfördernd, wenn es von den Arbeitnehmern als gerecht empfunden wird. Jedoch ist dieses Empfinden subjektiv und personenabhängig, sodass darauf geachtet werden müsste, dass Entgeltsysteme auf ethisch akzeptablen, gesellschaftlichen und individuellen Wertvorstellungen basieren. Allerdings können diese Wertvorstellungen nicht ökonomisch-analytisch hergeleitet werden. 397 Eine Objektivierung der Problematik der Entgeltgerechtigkeit kann aber durch folgende Regeln annähernd erreicht werden: Berücksichtigung der Rand- und Kernprinzipien bei der Gestaltung und Ermittlung des Entgeltsystems Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer durch Messung und Vergleich ihrer Leistung anhand der Prinzipien Offenlegung der Prinzipien und Bemessungsgrundlagen zur Nachvollziehbarkeit bzw. Transparenz, d. h., dass jeder Arbeitnehmer den Zusammenhang zwischen dem Entgelt und seinem Leistungsbeitrag erkennen kann. 398 Abschließend kann konststiert werden, dass es angesichts der vielen und teilweise noch widersprüchlichen Prinzipien eine Illusion ist, einen allgemein gültigen Maßstab der Entgeltgerechtigkeit zu definieren. Nichtsdestotrotz dürfen Unternehmen nichts unversucht lassen, um ein möglichst gerechtes Entgeltsystem zu entwickeln und zu etablieren. Denn ein durch die Arbeitnehmer ungerecht empfundenes Entgeltsystem wirkt stark demotivierend und damit zwangsläufig schädigend für das Unternehmen. Ökonomisches Interesse und ethische Pflicht sollen an dieser Stelle zumindest teilweise koinzident sein. 399 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme im Rahmen der Unternehmensentwicklung im Vertrieb In Zeiten des demografischen Wandels und der Globalisierung steigt die Bedeutung der Human Resources und erhöht den Druck der Unternehmen zur Modernisierung bzw. Neugestaltung betrieblicher Anreizsysteme. 400 Bedingt durch den demografischen Wandel wird es in den kommenden Jahren immer schwieriger sein für die Unternehmen, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. 401 397 Vgl. Paul, J., Praxisorientierte Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2011, S. 419 f. 398 Vgl. Thommen, J. P., Personalmanagement, 2011, S. 78 399 Vgl. Göbel, E., Unternehmensethik, 2013, S. 220 400 Vgl. Grewe, A., Implementierung neuer Anreizsysteme, 2012, o. S. 401 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Schülerzahlen, 2013, www.destatis.de <?page no="154"?> Daher ist es umso wichtiger, die Funktionen der Anreizsysteme bestmöglich auszunutzen, um geeignetes Personal zu gewinnen, zu binden und zu motivieren, damit die Ziele des Unternehmens langfristig verfolgt werden können. Dieser Veränderungsdynamik müssen effektive und effiziente Systeme vorweggreifen, um ein erfolgreiches Werkzeug einer strategischen Personalpolitik zu sein. Demnach sollen Anreizsysteme ähnlich wie Produkte mit der gleichen Achtsamkeit weiterentwickelt werden, da sie ähnlichen Lebenszyklen unterworfen sind und stets die Chance zur Optimierung und/ oder Neuausrichtung liefern. 402 Anforderungen an die Gestaltung betrieblicher Anreizsysteme im Vertrieb Nach Bastian ist ungeachtet der prägnanten Motivations- und Anreizkultur im Vertrieb im Vergleich zu anderen Unternehmensbereichen keine bedeutungsvoll höhere Leistung oder Motivation zu verzeichnen. Dies ist ein Resultat aus dem signifikant häufigeren Einsatz extrinsischer-kurzfristiger Anreize durch die Führungskräfte zu Lasten der Motivation und damit auch Leistung der Arbeitnehmer. Dadurch erfolgt eine Degenerierung der Anreizsysteme mit dem eigentlichen Zweck der Motivation zu reinen Belohnungssystemen. 403 Der amerikanische Sozialpsychologe Alfie Kohn bewies in einer ganzen Reihe psychologischer Studien, dass Belohnungen nicht das effektivste Mittel sind, um Leistungssteigerungen zu generieren. 404 Daher ist es von besonderer Bedeutung, vor der Entwicklung oder Neuausrichtung eines Anreizsystems zu klären, welchen spezifischen Zwecken das System dienen soll, welchen Auflagen und Restriktionen das System unterliegt und vor allem welche Erwartungen an das System geknüpft werden. Es sind folglich Anforderungen zu formulieren, die festlegen, was das Anreizsystem leisten soll. 405 Anforderungskatalog für optimierte Anreizsysteme Damit Anreizsysteme angestrebte Ziele des Unternehmens und entsprechend darauf ausgerichtetes Handeln unterstützen, müssen sie nach bestimmten Anforderungen gestaltet werden. 406 Im besten Fall leiten sich diese Anforderungen aus den Zielen und Zwecken der Unternehmung als auch von den Präferenzen und Wünschen des Arbeitnehmers ab. 407 Die theoretische und praxisorientierte Literatur bietet eine breitgefächerte Auswahl zur Definition von Anforderungskatalogen. Als die zentralen Faktoren haben sich die in Abbildung 48 dargestellten Anforderungen herausgestellt. 402 Vgl. Grewe, A., Implementierung neuer Anreizsysteme, 2012, S. 2 (zit. nach Pothmann, 1999, S. 107; Armstrong/ Murlis, 1995, S. 53 ff.) 403 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 299 404 Vgl. Sprenger, R., Mythos Motivation, 2010, S. 73 405 Vgl. Becker, F., Anreizsystem für Führungskräfte, 1990, S. 18 406 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 301 407 Vgl. Becker, F., Anreizsystem für Führungskräfte, 1990, S. 18 3.6 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme 155 <?page no="155"?> 156 Kapitel 3: Motivationstheorien Abbildung 48: Anforderungen an Anreizsysteme Quelle: in Anlehnung an Grewe, A., Implementierung neuer Anreizsysteme, 2012, S. 13. Ein Anreizsystem soll für die Arbeitnehmer möglichst überschaubar und leicht nachvollziehbar gestaltet sein. Das gewährleistet dem Arbeitnehmer das Zustandekommen seiner Vergütung zu verstehen. Bei einem transparent gestalteten Anreizsystem kann sich der Arbeitnehmer dann nicht mehr benachteiligt oder ungerecht behandelt fühlen. Des Weiteren können Arbeitnehmer bei einem gut durchdachten und motivationsfördernden Anreizsystem, welches sie aufgrund der Transparenz verstehen, ihr Verhalten daran ausrichten und damit wirksam zum Unternehmenserfolg beitragen. 408 Die Gestaltung von Anreizsystemen unterliegt der Forderung nach Gerechtigkeit. Welche einzelnen Prinzipien zur Gerechtigkeit in Bezug auf das Entgelt als Anreizsystem gelten, wurde oben erörtert. Daher bleibt an dieser Stelle nur kurz zusammenzufassen, dass es keine absolute Gerechtigkeit gibt, da Gerechtigkeit subjektiv und personenabhängig ist. Umso wichtiger werden für ein annähernd optimales Anreizsystem die anderen Anforderungen wie vor allem die soeben erklärte Transparenz und eine stringente Anwendung, um zumindest dem objektiven Gerechtigkeitsempfinden gerecht zu werden. Unternehmen sollten daher den Anspruch haben, ein möglichst gerechtes Anreizsystem zu entwickeln und zu etablieren, um Demotivation durch Ungerechtigkeitsempfinden zu vermeiden. Ein weiteres bedeutendes Merkmal von Anreizsystemen ist die Flexibilität, d. h. die Anpassungsfähigkeit des Systems an sich verändernde Bedingungen. 409 Zu den möglichen Veränderungen zählen sich wandelnde gesellschaftliche 408 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 308 409 Vgl. Imberger, K., Wertorientierte Anreizsysteme, 2003, S. 147 (zit. nach Hentzel/ Kammel, Führungskräftevergütung, 1988, S. 41) Anforderungen an Anreizsysteme Transparenz Gerechtigkeit Flexibilität Wirtschaftlichkeit Leistungsorientierung <?page no="156"?> und demografische Rahmenbedingungen, sich ändernde Unternehmensziele und Besonderheiten einzelner Geschäftsbereiche. Diese Veränderungen müssen die Unternehmensleitung berücksichtigen und ihre Anreizsysteme möglichst regelmäßig überprüfen und anpassen. Dabei wirken sich besonders Steuerreformen, Änderungen im Gesellschaftsrecht oder Entwicklungen auf dem Markt gravierend aus. 410 Die Wirtschaftlichkeit eines Anreizsystems ergibt sich aus der Ausgewogenheit des Verhältnisses zwischen eingesetzten Kosten und dem damit hervorgerufenen Nutzen. 411 Nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip ist ein Anreizsystem jedoch erst dann wirtschaftlich, wenn der daraus entstehende Nutzen größer ist als die Kosten (Kosten-Nutzen-Analyse). Zu den Kosten eines Anreizsystems zählen die Zahlung der Vergütungen sowie Verwaltungs- und Kontrollkosten. Der Nutzen ist dann der angestrebte bzw. erzielte Zielwert (z. B. Unternehmenswert), welcher vorherbestimmt wird. Ein Anreizsystem genügt demnach genau dann dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, wenn der Nutzen aus einem gesteigerten Unternehmenswert die Kosten des Anreizsystems übertrifft. 412 Anreizsysteme besitzen die Eigenschaft der Leistungsorientierung, wenn sie bei unterschiedlicher Leistung angemessen zu Unterschieden in der Vergütung führen. 413 Eine Betrachtung der Leistungsorientierung von Anreizsystemen erfordert daher zunächst die Differenzierung von Teilaspekten: das Leistungsergebnis (Anteil an der Erbringung der betrieblichen Gesamtleistung, meist als quantitative Größe mess- und feststellbar), das Leistungsverhalten (Leistungsfähigkeit und -motivation der Arbeitnehmer im Zusammenspiel mit den Arbeitsbedingungen) und die Leistungsbedingungen (Unterscheidung zwischen personellen [Qualifikation der Arbeitnehmer] und sachlichen [Arbeits-] Bedingungen). Eine Differenzierung ist notwendig, da das Leistungsergebnis durch Einflüsse, die nicht im Einflussbereich des Arbeitnehmers liegen, positiv als auch negativ beeinflusst werden. 414 Probleme bei der Gestaltung und Implementierung von Anreizsystemen Neben den Vorteilen, wie der Einfluss auf die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber, die Arbeitnehmerbindung oder die Motivation sowie Leistungssteigerung, weisen Anreizsysteme selbst bei „optimaler“ Einhaltung der Anforderungen auch Nachteile bzw. Nebenwirkungen auf. 415 So kann ein 410 Vgl. Imberger, K., Wertorientierte Anreizsysteme, 2003, S. 147 411 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 308 412 Vgl. Imberger, K., Wertorientierte Anreizsysteme, 2003, S. 147 (zit. nach Elschen, Shareholder Value, 1991, S. 213) 413 Vgl. Kumlin, R., Chancen und Risiken leistungsorientierter Vergütungssysteme, 2010, S. 55 414 Vgl. Becker, F., Anreizsystem für Führungskräfte, 1990, S. 22 f. 415 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 346.; Kruse, K. O., Zur Flexibilisierung von strategische Anreizsystemen, 1996, S. 86 3.6 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme 157 <?page no="157"?> 158 Kapitel 3: Motivationstheorien Anreizsystem dazu führen, dass ein Arbeitnehmer als Empfänger der Anreize seine Handlungen verstärkt auf das Anreizsystems ausrichtet und damit nicht mehr unbedingt im Sinne des Unternehmens handelt. Wichtige Unternehmensziele, die nicht oder ungenügend über Anreize berücksichtigt werden, werden somit vernachlässigt oder durch das „Austricksen“ der Anreizsysteme sogar konterkariert. Solche Effekte, hervorgerufen durch fehlerhafte Gestaltung der Anreizsysteme, sollen nach Kruse als Dysfunktionalität oder Fehlsteuerung bezeichnet werden. Neben der Vernachlässigung einiger Ziele bei der Gestaltung von Anreizsystemen birgt auch eine ungeeignete Gewichtung oder Anhäufung von Zielgrößen eine Gefahr der dysfunktionalen Auswirkungen. Ebenso wird eine Fehlsteuerung durch die schwere Vorhersagbarkeit der Reaktion der Arbeitnehmer als Anreizempfänger auf das Anreizsystem begünstigt. Für das Unternehmen ist die Stärke der Motivation auf bestimmte Anreize oder generell die intrinsische Motivation der Arbeitnehmer für bestimmte Teilaufgaben schwer einschätzbar. Daher kann es trotz sorgfältiger Planung des Anreizsystems zu einer dysfunktionalen Reaktion kommen. 416 Insbesondere im Zusammenhang mit Vergütungsfragen kommt es, aufgrund der übermäßigen „Betroffenheit“ der Arbeitnehmer, bei der Implementierung und Anwendung von Anreizsystemen zu einer Vielzahl von Konflikten und Akzeptanzproblemen. Vor allem eine Erstimplementierung löst Ängste und Akzeptanzprobleme bei den Arbeitnehmern aus. Diese werden durch die mit der Einführung von Anreizsystemen verbundene Erfassung und Kontrolle von Leistungsergebnissen und -verhalten, die subjektive Bewertung durch Vorgesetzte, die Arbeitsverdichtung und den zunehmenden Stress ausgelöst. Infolge der hochkomplexen, situativ geprägten und stark personenabhängigen Faktoren der Anreizsysteme stellt sich die Lösung aller entgeltbezogenen Gerechtigkeitsfragen als wohl unmöglich dar. Die Suche nach dem „richtigen“ System, das sowohl von Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebern als gerecht empfunden wird, relativiert sich. 417 Es ist demnach eine extreme Herausforderung, Anreizsysteme zur Vertriebssteuerung anforderungsgerecht zu gestalten, um vor allem Demotivation bzw. Fehlsteuerungen zu vermeiden. Begründet wird dies mit der Unwahrscheinlichkeit, dass ein Anreizsystem den genannten Anforderungen in gleicher Weise gerecht werden kann. Ungeachtet dieser Problematik, die für Unternehmen schier unlösbar scheint, sollen bestehende und auch neue Anreizsysteme überprüft und in Frage gestellt werden. Ferner weist die Gestaltung von Anreizsystemen, trotz der in der Praxis unumgänglichen Kompromisse, aufgrund der Komplexität und der Erfahrung erhebliche Verbesserungspotentiale auf. Gleichermaßen müssen die spezifischen Situationen der jeweiligen Unternehmen, die Unternehmenskultur oder die gewählte Strategie, analysiert werden, um Dysfunktionalitäten bestehender Anreizsysteme zu vermeiden oder zu reduzieren. Sind bereits Dysfunktionalitäten identifiziert, muss eine Gewichtung dieser erfolgen, um bei der Neugestaltung eines Anreizsystems eine Konzentration auf die besonders schwerwiegenden Dysfunktionen zu erlauben. 418 416 Vgl. Kruse, K. O., Zur Flexibilisierung von strategische Anreizsystemen, 1996, S. 86 417 Vgl. Breisig, T., Entgelt nach Leistung und Erfolg, 2003, S. 266 f. 418 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 309 <?page no="158"?> Mangelnder Strategiebezug und mangelnde Abbildungskraft des Anreizsystems hinsichtlich der Vertriebsziele gehören zu den Problemen traditioneller Anreizsysteme und erfordern damit eine Erweiterung auf strategische Ziele des Unternehmens. 419 Klassische Balanced-Scorecard-basierte Anreizsysteme Die erfolgreiche Umsetzung festgelegter Strategien zählt zu einer der größten Herausforderungen für Unternehmen. Gut durchdachte und langfristig geplante Strategien führen nämlich nicht zwangsläufig zum erwünschten Erfolg, da oftmals ein Missstand zwischen den Strategieaussagen und der Umsetzung im laufenden Geschäft besteht. Anreizsysteme, die auf der Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan und Norton basieren, können wertvolle Hilfe leisten, diesen Missstand zu überwinden, besonders dann, wenn sie die Berliner Balanced Scorecard 420 präferieren. Zu dieser Erkenntnis kam die international tätige, unabhängige Managementberatung Horváth & Partner GmbH im Rahmen einer empirischen Studie im Jahr 2004. Aufbauend auf den Zielen in der BSC soll durch ein strategiekonformes Zielvereinbarungs- und Vergütungssystem das Verhalten der Arbeitnehmer auf die strategischen Ziele des Unternehmens gerichtet werden. Die nachhaltige Umsetzung der Strategie soll damit in den Fokus aller Arbeitnehmer rücken. 421 Kernkonzept der BSC Die Balanced Scorecard ist ein Konzept des Managements und der Unternehmenssteuerung und hat seit Ende der neunziger Jahre besonders nachhaltigen Einfluss auf die Unternehmensführung. Das Konzept des „ausgewogenen Berichtssystems“ entstand aus der Unzufriedenheit mit den bisherigen klassischen betriebswirtschaftlichen Steuerungskonzepten durch R.S. Kaplan und D. P. Norton. Sie bemängelten die rein finanzwirtschaftliche, allein quantitative und vergangenheitsorientierte Betrachtung von Kennzahlen, welche sich demnach weniger als zukunftsbezogene Steuerungskonzepte für die Unternehmensführung eigneten. Die BSC knüpft an dieser Stelle an und versucht über den Bereich des Finanzmanagements hinauszublicken durch Berücksichtigung qualitativer Fakten und Einbeziehung zukunftsorientiert-strategischer Kenngrößen. Die folgenden in Abbildung 49 dargestellten vier Perspektiven werden in der klassischen Form der BSC auf der Ebene des Gesamtunternehmens berücksichtigt: Finanzen, interne Prozesse, Lernen und Entwicklung (häufig auch Mitarbeiterperspektive genannt) sowie Kunden. Die Ziele und Kennzahlen der vier Perspektiven gehen aus der Vision und der unternehmensspezifischen Strategie hervor. 422 419 Vgl. Bastian, C., Mitarbeiterführung im Vertrieb, 1999, S. 309 420 Vgl. Schmeisser/ Clausen, 2009, ab Kapitel III 421 Vgl. Schwertner, K., Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 1 422 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 44 3.6 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme 159 <?page no="159"?> 160 Kapitel 3: Motivationstheorien Abbildung 49: Vier Perspektiven der Balanced Scorecard nach Kaplan/ Norton Quelle: in Anlehnung an Kaplan, R. / Norton, D., Balanced Scorecard, 1997, S. 9. Die BSC soll eine ausgewogene Mischung von Ergebnis-Kennzahlen, die sich in der Vergangenheit bewährten, und zukunftsorientierten Faktoren haben. Eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie soll damit in konkrete und möglichst messbare Faktoren umgesetzt werden. 423 Zwischen den vier Perspektiven der BSC bestehen Verknüpfungen. So werden die Finanzen einerseits durch die Umsatzerlöse und andererseits durch die Kosten, die durch interne Prozesse verursacht werden, bestimmt. Diese beiden Bereiche werden wiederum durch die Mitarbeiter (in der Balanced Scorecard unter der Dimension Lernen und Entwicklung gefasst) beeinflusst, die als sog. „Treiber“ gelten. Sie erzeugen im zufriedenen Zustand ebenfalls zufriedene Kunden sowie sicher beherrschte und ständig verbesserte Prozesse. Im Allgemeinen kann man im Kontext der BSC die vier Perspektiven nicht isoliert voneinander betrachten, sondern immer in Abhängigkeit von der Vision und den Strategien des Unternehmens. Da jedes Unternehmen andere Visionen und Strategien verfolgt, kann es keine universelle BSC geben, sondern jedes Unternehmen muss seine eigene BSC mit eigenen Messgrößen entwickeln. 424 423 Vgl. Breisig, T., Entgelt nach Leistung und Erfolg, 2003, S. 224 424 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 45 <?page no="160"?> Eine BSC ist wesentlich mehr als nur ein ausgewogenes Berichtssystem. Sie ist vielmehr durch ihren Kern der Strategiefindung und -umsetzung ein „ausgewogenes Managementkonzept“ und stellt letztlich den Mitarbeiter als Erfolgsfaktor in den Mittelpunkt. In der Theorie und Praxis ist die BSC auf oftmals unter dem Stichwort „Performance Management“ anzutreffen. 425 Ergebnisse einer Studie zu BSC-basierten Anreizsystemen Die Management Consultants von Horváth & Partners führten 2004 eine Untersuchung durch, an der 50 der umsatzstärksten Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus verschiedenen Branchen mit unterschiedlichen Rechtsformen und Unternehmensgrößen teilnahmen. Mehr als die Hälfte der an der Studie teilgenommenen Unternehmen führen die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (58 %) und haben einen Umsatz in der Größenordnung ab einer Milliarde Euro (54 %). 12 % der Unternehmen beschäftigen mehr als 5.000 Arbeitnehmer und 34 % beschäftigen mehr als 10.000 Arbeitnehmer. Hinsichtlich der untersuchten Branchen dominieren die Bereiche Elektro und Maschinenbau mit 20 % gefolgt von der Finanz- und Beratungsdienstleistungsbranche, der Automobil- und Transportbranche und der Eisen- und Stahlindustrie (Abbildung 50). 426 Abbildung 50: Teilnehmende Unternehmen an der Studie Quelle: Horváth & Partner GmbH, Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 2. 425 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 46 f. 426 Vgl. Schwertner, K., Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 1 3.6 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme 161 <?page no="161"?> 162 Kapitel 3: Motivationstheorien Die Studie ergab, dass in nahezu allen teilnehmenden Unternehmen Systeme der variablen Vergütung (98 %), Zielvereinbarungen (96 %) und Anreizsysteme, die eine flexible Arbeitszeit umfassen, eingesetzt werden. Deutlich weniger zum Einsatz kommen immaterielle Anreize, wie die flexible Beschäftigungsformen oder die Karrierepläne. Die BSC wird als Instrument der Operationalisierung von Strategien und zur strategischen Unternehmenssteuerung von der Hälfte der teilnehmenden Unternehmen eingesetzt. Im Rahmen der Studie haben Horváth & Partner zwei Varianten von Anreizsystemen differenziert. Zum einen sollen Anreizsysteme, deren Zielvereinbarungund/ oder variable Vergütungssysteme explizit an die BSC knüpfen, als BSC-basierte Anreizsysteme bezeichnet werden und zum anderen sollen jene Anreizsysteme, die auf anderen Managementkonzepten beruhen, anderweitige Anreizsysteme genannt werden. 427 Die Studie führte zu dem Ergebnis, dass BSC-basierte Anreizsysteme in der Praxis eine erfolgreiche Umsetzung der Unternehmensstrategie unterstützen. Die untersuchten Unternehmen, die BSC-basierte Anreizsysteme einsetzten, schätzten die Strategieumsetzung weitaus erfolgreicher ein als die Unternehmen, die lediglich die anderweitigen Anreizsysteme bevorzugten. BSC-basierte Anreizsysteme führten bei mehr als 95 % der Unternehmen zu einer „eher erfolgreichen“ oder „erfolgreichen“ Einschätzung. Im Vergleich dazu waren es bei den anderweitigen Anreizsystemen lediglich 70 % (Abbildung 51). 428 Abbildung 51: Erfolgswirkung von Anreizsystemen - Strategieumsetzung Quelle: Horváth & Partner GmbH, Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 2. Der positive Einfluss BSC-basierter Anreizsysteme auf das Unternehmen und ihre Arbeitnehmer spiegelt sich auch in den Unternehmensergebnissen wieder. Anwender BSC-basierter Anreizsysteme bestätigen die Ergebnisse der Befragung und sind in ihrem Markt- und Wettbewerbsumfeld erfolgreicher und entwickeln sich stetig positiv weiter. Im Gegensatz zu den Unternehmen mit anderweitigen Anreizsystemen entwickelt sich der Jahresüberschuss als auch das Umsatzwachstum bei Unternehmen mit BSC-basierten Anreizsystemen wesentlich erfolgreicher (Abbildung 52). 427 Vgl. Schwertner, K., Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 2 428 Vgl. ebd. <?page no="162"?> Abbildung 52: Erfolgswirkung von Anreizsystemen - Kenngrößen Quelle: Horváth & Partner GmbH, Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 2. Die aussichtsreiche Entwicklung der Unternehmen, die BSC-basierte Anreizsysteme im Einsatz haben, resultiert nicht zuletzt auch von der positiven Wirkung der Anreizsysteme auf nicht rein finanzielle Kenngrößen wie die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Fluktuationsrate. Zudem konnten die an die BSCbasierten Anreizsysteme gesetzten Erwartungen, besonders in Bezug auf die Arbeitnehmer wie die Erhöhung der Mitarbeitermotivation, Verbesserung der Produktivität und Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns, durchgängig erfüllt werden. Dies ist ebenso auf die Qualität der objektiven Beurteilung, die von dem Unternehmen und ihren Arbeitnehmern als positiver beurteilt wurde, zurückzuführen. 429 Das Herunterbrechen der Dimensionen der Scorecard zur Strategiefokussierung auf allen Ebenen und in allen Bereichen des Unternehmens verdeutlicht also den Arbeitnehmern den Beitrag ihrer Arbeit zur Umsetzung der Unternehmensstrategie. Dies führt im Idealfall zu höherer Transparenz sowie Orientierung und steigert die Identifikation der Arbeitnehmer mit dem Unternehmen und ihre Arbeitsmotivation. 430 Die Ergebnisse aus der Studie von Horváth & Partner führen zu der Schlussfolgerung, dass die Wahl des passenden Anreizsystems, neben zahlreichen weiteren Einflussfaktoren, die Entwicklung des Unternehmenserfolgs und den Erfolg der Strategieumsetzung wesentlich beeinflussen kann. Ein wichtiger und besonderer Vorteil BSC-basierter Anreizsysteme ist die konsequente Ausrichtung des Verhaltens aller Arbeitnehmer auf die Unternehmensstrategie. 429 Vgl. Schwertner, K., Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 3 430 Vgl. Breisig, T., Entgelt nach Leistung und Erfolg, 2003, S. 227 3.6 Bedeutung optimierter betrieblicher Anreizsysteme 163 <?page no="163"?> 164 Kapitel 3: Motivationstheorien Bei den Arbeitnehmern wird durch die Verknüpfung der persönlichen Ziele mit den Zielen des Unternehmens eine Anreizwirkung in Form von deutlich ausgeprägtem Zielbewusstsein und ein damit verbundenes Leistungsstreben hervorgerufen. Der Nutzen BSC-basierter Anreizsysteme ist sowohl für das Unternehmen als auch für die Arbeitnehmer eindeutig, sodass die Nutzung eines vollständigen und integrierten Anreizsystems aus Basis der BSC äußerst erfolgversprechend erscheint. 431 Flexible und individuelle Anreizsysteme als Schlüssel zum Unternehmenserfolg Wie bereits an früherer Stelle erwähnt, sind monetäre Anreizsysteme in der betrieblichen Praxis weit verbreitet. Jedoch haben sie keine langanhaltend positive Wirkung, wie auch Peter Winkelmann von der Fachhochschule Landshut in einem Interview in der AQUISA bestätigt: „Geld treibt Menschen an. Aber nicht nachhaltig.“ 432 Weiterhin meint er, dass Wertschätzungen mindestens ebenso wichtig seien. Führungskräfte, die glauben, ihren Arbeitnehmern keine wertschätzende Anerkennung gewähren zu müssen und stattdessen versuchen, ihre fehlende, beziehungsorientierte Führung mit Geld auszugleichen, seien auf dem falschen Weg. Denn nur mit Geld schaffen Unternehmen keine Arbeitnehmerzufriedenheit und folglich auch keine Kundenzufriedenheit 433 , die für das Unternehmen jedoch langfristig existenziell ist. Infolgedessen wird von wissenschaftlicher Seite vermehrt der Einsatz einer Kombination monetärer und nicht-monetärer Anreizsysteme empfohlen. Wertschätzung oder Aufstiegsmöglichkeiten stellen dabei wirksame nicht finanzielle Anreizmöglichkeiten dar, da diese den Personalverantwortlichen einen größeren Spielraum in der Anreizgestaltung bieten und eine flexiblere Reaktion auf wirtschaftliche Veränderungen im Unternehmen ermöglichen. 434 Ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung und beim Einsatz des Anreizsystems birgt also ein entscheidenes Verbesserungspotenzial. Anreizsysteme können damit nicht nur an sich wirtschaftlich verändernde Faktoren, sondern auch an die tatsächlichen Verhaltensweisen der Arbeitnehmer angepasst werden. Dadurch wird auch eine ganzheitliche Beurteilung der Führungskraft möglich und Aspekte, die ursprünglich nicht im Anreizsystem berücksichtigt wurden, können nun mit in die Bewertung einfließen. Eine individuelle Anpassung des Anreizsystems an den Arbeitnehmer gestattet zudem gleichzeitig die Verbesserung der Informationsbasis für das Anreizsystem. Arbeitnehmer werden durch die Partizipation bei der Anreizgestaltung besser involviert und dies verringert somit die Gefahr, dass er als Anreizempfänger in unvorhergesehener negativer Weise auf das Anreizsystem reagiert. Bei einer solchen Flexibilisierung bestehen natürlich auch Gefahren. U. a. kann das Abweichen vom festgelegten Anreizsystem als Willkür wahrgenommen 431 Vgl. Schwertner, K., Best Practice Anreizsysteme, 2005, S. 5 432 Winkelmann, P., Bonbons für die Mitarbeiter, 2010, S. 56 433 Vgl. Spier, S., Bonbons für die Mitarbeiter, 2010, S. 56 (zit. Winkelmann, P. im Interview) 434 Vgl. Gobeli et al., Anreizmanagement in virtuellen Teams, 2012, S. 259 <?page no="164"?> 3.7 Risiken und Gefahren individueller und flexibler Anreizsysteme 165 werden und dadurch eher Demotivation bewirken. Daher besteht in solchen Fällen grundsätzlich ein Erklärungsbedarf. 435 Zu einem der individualisierbaren Anreizsysteme zählt das sogenannte Cafeteria-System. Dabei ermöglichen Unternehmen ihren Arbeitnehmern zwischen verschiedenen immateriellen und materiellen Leistungen je nach ihren individuellen Präferenzen auszuwählen. Die Auswahl erfolgt unter Ausschöpfung eines zuvor individuell festgelegten Budgets aus einem vom Unternehmen zusammengestellten Angebot an Leistungen. 436 Bei diesen Leistungsangeboten können alle freiwilligen Sozialleistungen inbegriffen sein. Jedoch kann der Rahmen aber auch um Entgelt-, Arbeitszeitoptionen oder Weiterbildungsmöglichkeiten erweitert werden. 437 Cafeteria-Systeme müssen den Arbeitnehmern in einem periodisch wiederkehrenden Wahlturnus angeboten werden. Des Weiteren muss das individuelle Budget festgelegt werden. Dabei kann man sich am beruflichen oder sozialen Status des Arbeitnehmers orientieren aber auch am Durchschnittswert aller Arbeitnehmer. Bei der Ausgestaltung des Budgets gibt es verschiedene Varianten wie die Budgetgestaltung über Scheckhefte, als Geldbetrag oder als Äquivalenzziffern in Form von Prozenten oder Punkten. Diese spiegeln dann die einzelnen Leistungen wider. 438 Die mit der Einführung eines Cafeteria-Systems verbundene Individualisierung ermöglicht es jedem Arbeitnehmer, die Anreizkomponenten selbst zu wählen, die seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation am besten entsprechen. Der Vorteil eines Cafeteria-Systems für Unternehmen ergibt sich aus der Leistungs- und Zufriedenheitswirkung. Jedoch verursachen sie einen hohen Verwaltungsaufwand sowie eine hohen Informations- und Beratungsbedarf. 439 Risiken und Gefahren individueller und flexibler Anreizsysteme Der Mensch ist von Natur aus gut, gleichzeitig aber auch schwach, womit er recht schnell in Versuchung geraten kann. Besonders in Bezug auf üppige Zahlungen von Boni können Arbeitnehmer in eine Zwickmühle gelangen. Denn es gibt lediglich zwei Wege, um das vermeintlich motivierende Geld zu erhalten. Zum einen kann er seinen eigenen Leistungs-Output steigern oder zum anderen die Konkurrenz im eigenen Unternehmen bzw. in der eigenen Abteilung durch Mobbing oder andere Hinterhältigkeiten bis hin zu korruptem Verhalten schwächen. 440 Individualanreize können also das „Ellenbogen- 435 Vgl. Kruse, K. O., Zur Flexibilisierung von strategische Anreizsystemen, 1996, S. 88 436 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 198 437 Vgl. Kolb, M., Personalmanagement, 2010, S. 346 438 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 198 (zit. nach Schuster, 1991; Wagner/ Grawert/ Langemeyer, 1993; Langemeyer, 1999) 439 Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2010, S. 199 440 Vgl. VDI nachrichten (o. V.), Boni bergen die Gefahr der Sabotage, 2011, S. 17 <?page no="165"?> 166 Kapitel 3: Motivationstheorien denken“ der Arbeitnehmer verstärken und sich negativ auf das Teamdenken auswirken. 441 Weiterhin besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer, die das Gefühl haben falsch beurteilt zu werden, dem Unternehmen bewusst schaden. Dieses Gefühl ist vom Unternehmen kaum beeinflussbar, da jeder Mensch eine sehr persönliche Vorstellung von Fairness hat und sich jeder gern die Fairnessnorm heraussucht, die für ihn am vorteilhaftesten ist. Das birgt früher oder später ein hohes Konfliktpotenzial. Um die Wahrnehmung dieser Fairnessdifferenzen auszugleichen, wählen Arbeitnehmer dann u. U. nicht immer die richtigen Mittel. So können kleine Diebstähle oder die Bereitschaft „kleine Geschenke“ anzunehmen oder zu machen, die Folge sein. Aufgabe des Unternehmens ist es, Mechanismen zu finden, die diese Wahrnehmung der Fairnessdifferenzierung ausgleichen und vor allem unethisches Verhalten gar nicht erst entstehen zu lassen. 442 Ein relevanter Ansatz ist es die interne Kommunikation zu verbessern, um die unterschiedlichen Sichtweisen von Fairness deutlich zu machen und schlussendlich zu einem Konsens zu kommen. Dennoch steht das Unternehmen weiterhin vor der Problematik des Mobbings. In einer Laborstudie mit Studenten konnte dies nachgewiesen werden. Je höher ein Bonus war, desto höher war auch die produktive Anstrengung. Jedoch stiegen auch die Fälle der Sabotage und es wurden Informationen bewusst vorenthalten, falsche Auskünfte weitergegeben oder gar Daten gefälscht. Individualanreize sollen daher in Bereichen, in denen gute Zusammenarbeit und Spezialwissen einzelner Arbeitnehmer benötigt wird, mit Bedacht eingesetzt werden. 443 Dieser Fall zeigt, dass es in der Prinzipal-Agent-Beziehung eine Fehlsteuerung der möglichen Anreize seitens des Prinzipal gibt, die den Agenten dazu verleiten nicht rechtskonform. bzw. regelwidrig zu handeln. Daher sollen das Unternehmen und der Staat ethische Rahmenbedingungen schaffen, um unethisches Verhalten zu vermeiden. 444 Dazu sind Regeln und Richtlinien nötig und ein System wie das nachfolgend diskutierte Compliance-System, das Risiken und Gefahren, die Anreizsysteme mit sich bringen, ausgleicht. 441 Vgl. Kruse, K. O., Zur Flexibilisierung von strategische Anreizsystemen, 1996, S. 87 442 Vgl. VDI nachrichten (o. V.), Boni bergen die Gefahr der Sabotage, 2011, S. 17 443 Vgl. ebd. 444 Vgl. ebd. <?page no="166"?> Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung <?page no="168"?> Die Personalstatistik beschreibt und analysiert Daten, die für die Personalkostenplanung relevant sind. Im Folgenden wird daher zuerst auf die Personalstatistik eingegangen. Grundlagen der Personalstatistik Einerseits ist die Personalstatistik ein primär internes Informationsinstrument für die Personal- und Unternehmensleitung, den Vorgesetzten, den Betriebsrat sowie für die Belegschaft. Besonders für den Arbeitsbereich des Personalcontrollings ist die Personalstatistik ein wichtiges Instrument. Andererseits wird die Personalstatistik auch als ein externes Instrument genutzt, um Informationen an außerbetriebliche Stellen weiterzugeben, da für Unternehmen teilweise gesetzliche Verpflichtungen bestehen. 445 Zu den Institutionen, an denen die Unternehmung Informationen liefern muss, zählen: Statistische Ämter (Informationen zu Verdienst- und Beschäftigungsstrukturen) Sozialversicherungsträger (Berechnung und Hochrechnung der gesetzlichen Unfall-, Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge) Arbeitsämter (Informationen zur Anzeige von Einstellungen und Entlassungen, Meldung offener Stellen und Ausbildungsplätze; Zahl der Schwerbehinderten, Meldung der beschäftigten Arbeitnehmer). 446 Zusätzlich erhalten Kammern, Verbände, Gewerkschaften und andere externe Interessenten (z.B. Aufsichtsorgane des Unternehmens, Presse) personalstatistische Informationen. 447 Die Personalstatistik soll grundsätzlich Auskunft über die Personalstruktur, die Personalbewegungen, die Arbeits- und Ausfallzeiten, den Personalaufwand sowie die Sozialleistungen geben. Mit Hilfe eines Personalinformationssystems, das alle relevanten Personaldaten für die Verwaltung des Personals beinhaltet, werden die Statistiken erstellt. 448 Im Folgenden wird die Personalstatistik näher erläutert und einige Beispiele üblicher Kennzahlen, die meist der Personalstatistik entnommen werden, aufgezeigt. 445 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 527 446 Vgl. ebd., S. 528 447 Vgl. ebd., S. 529 448 Vgl. ebd., S. 530 <?page no="169"?> 170 Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung Aufgaben und Anforderungen der Personalstatistik Die Personalstatistik hat die Aufgabe, alle mit dem Personal anfallenden Daten zu verdichten und zu Kennzahlen zu verarbeiten. Damit wird ein schneller Überblick über die im Unternehmen herrschende Situation geschaffen. Aus diesem Grund dient die Personalstatistik u.a. der Personalplanung, der Personalpolitik und als Grundlage für das Personalcontrolling. Laut dem Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft(RKW) kann der Personalstatistik fünf Aufgaben zugeordnet werden. 449 Eine erste Aufgabe stellt die Bereitstellung von Informationen zum aktuellen Stand des Personals an die jeweiligen Bereiche des Unternehmens dar. Die nächste Aufgabe ist die Kontrollaufgabe, bei der die Unternehmensentscheidungen im personellen Bereich überprüft werden. Die erstellten Daten werden z.B. zur Einhaltung von festgelegten Zielen oder zur Ursachenforschung der Mitarbeiterfluktuation genutzt. Eine weitere Aufgabe der Personalstatistik ist die Entscheidungshilfe für die Personalplanung. Eine andere Aufgabe ist die Dokumentationsaufgabe. Bestimmte erfasste Daten stehen längerfristig zur Verfügung. So lassen sich z.B. Trends aufzeigen. Es werden aber nur Daten langfristig dokumentiert, die auch von zentraler Bedeutung sind. Gerade durch die gesetzlichen Vorschriften des Datenschutzes muss mit personalstatistischen Daten achtsam umgegangen werden. Die fünfte Aufgabe laut dem RKW bildet die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen. 450 In der folgenden Abbildung sind einige Beispiele aufgezeigt. Abbildung 53: Beispiele für gesetzlich vorgeschriebene Datensammlungen aus Personal- und Sozialbereich 451 449 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 526 450 Vgl. ebd., S. 526-527 451 Vgl. ebd., S. 528 <?page no="170"?> 4.3 Bereiche der Personalstatistik 171 Einige gesetzliche Bestimmungen, wie der Arbeitsschutz, der Mutterschaftsschutz sowie der Jugendarbeitsschutz, erfordern die Aufstellung einer Personalstatistik. In der Personalstatistik muss das Verhältnis zwischen dem Nutzen der gewonnenen Daten und dem Aufwand der Erstellung der Statistik angemessen sein. Wie in allen anderen Bereiche des Unternehmens muss die Wirtschaftlichkeit erfüllt sein. 452 Um die Personalplanung bestmöglich zu unterstützen, ist es notwendig, dass die Personalstatistik einige Anforderungen erfüllt. Eine Anforderung ist die Einfachheit und Übersichtlichkeit der bereitgestellten Daten. Nur relevante Informationen sollten verarbeitet werden und schnell zur Verfügung stehen. Eine weitere Anforderung ist, dass die Statistiken eindeutig sein müssen, um Missverständnisse zu vermeiden. Auch die Vergleichbarkeit muss berücksichtigt werden, um den Nutzen aus den Daten zu steigern und so viele Informationen wie möglich aus der jeweiligen Statistik zu gewinnen. Kontinuität ist eine weitere Anforderung an die Personalstatistik. D.h. auch um die Vergleichbarkeit zu gewähren, muss ein gewisser Standard für Grafiken und Formeln festgelegt werden. Eine letzte Anforderung stellt die Schnelligkeit dar. Je aktueller die Informationen sind, desto wertvoller sind sie und damit verbunden können sie besser von den jeweiligen Bereichen genutzt werden. 453 Bereiche der Personalstatistik Die Personalstatistik lässt sich in die fünf Bereiche Personalstruktur, Personalbewegung, Arbeits- und Ausfallzeiten, Personalaufwand sowie Sozialaufwand unterteilen: Die Personalstruktur beinhaltet alle mitarbeiterbezogenen Daten. Insbesondere Angaben über die demographische Zusammensetzung im Unternehmen (z.B. Alter, Geschlecht, Betriebszugehörigkeit) sowie Daten über den Arbeitsplatz (z.B. Abteilungszugehörigkeit, Stundenzahl und Position) fallen in diesem Bereich. 454 Alle sich verändernden Ereignisse, wie Einstellungen, Austritte, Beförderungen, Fortbildungsmaßnahmen, werden bei der Betrachtung der Personalbewegung ermittelt. 455 Arbeits- (z.B. Mehrarbeitszeiten wie Überstunden) und Ausfallzeiten (z.B. Krankheit, Fehlzeiten) werden erfasst, um so die effektive Arbeitszeit des jeweiligen Mitarbeiters berechnen zu können. Hintergrund ist, dass die vertragliche Arbeitszeit in der Praxis oft über- oder unterschritten wird. 456 452 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 530 453 Vgl. ebd., S. 530-531 454 Vgl. ebd., S. 560 455 Vgl. ebd., S. 566 456 Vgl. ebd., S. 571 <?page no="171"?> 172 Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung Wichtige Daten bei der Betrachtung des Personalaufwands bilden die Höhe des Aufwandes, die Verursacher sowie Leistungsdaten (z.B. Leistungsmenge und Qualität). 457 Der fünfte Bereich stellt der Sozialaufwand (z.B. betriebliche Sozialleistungen) dar, der aber auch dem Personalaufwand zugeordnet werden kann. 458 Kennzahlen in den unterschiedlichen Bereichen der Personalstatistik Die Personalstatistik bedient sich gewissen Kennzahlen für die Ermittlung der Arbeitsleistung, des Personalaufwands, der Arbeitszeit, die Arbeitsbewertung, die Personalentwicklung, die Fluktuation und die Arbeitszufriedenheit. Aussagefähig werden diese Kennzahlen durch den Vergleich mit Bezugswerten. Solche Bezugswerte können z.B. Vorjahres- oder Vormonatswerte, Planwerte oder Branchendurchschnittswerte sein. Im Folgenden wird auf einzelne Kennzahlen in den jeweiligen Bereichen der Personalstatistik, wie Personalstruktur, Personalbewegung, Arbeits- und Ausfallzeiten und Personalaufwand, eingegangen. Eine Aufstellung der Personalstruktur dient zur Veranschaulichung der Zusammensetzung der Belegschaft eines Unternehmens und kann nach folgenden Merkmalen durchgeführt werden: Arbeitnehmerart: Auszubildende, Arbeiter, leitende Angestellte, Praktikanten etc. Art des Vertragsverhältnisses: unbefristet/ befristet, Vollzeit/ Teilzeit, tariflich/ außertariflich etc. Qualifikation: ungelernt, angelernt, gelernt, Zusatzausbildung etc. Aufteilung nach Berufskategorien bzw. Funktionszuordnung: Assistenz, Ingenieur, Filialleiter, Disponent etc. Dauer der Betriebszugehörigkeit Alter, Familienstand und Geschlecht Entlohnungsform: Gehalt, Lohn, Ausbildungsvergütung Aufbauorganisatorische Merkmale: Standort, Bereiche, Abteilungen etc. Stellung im Unternehmen: obere/ mittlere/ untere Führungsebene, Projektlaufbahnebene etc. 459 Eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Personalstruktur kommt der altersmäßigen Zusammensetzung eines Unternehmens zu. 460 Um das Bestehen eines 457 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 578 458 Vgl. ebd., S. 582 459 Vgl. ebd., S. 560 <?page no="172"?> 4.4 Kennzahlen in den unterschiedlichen Bereichen der Personalstatistik 173 Unternehmens langfristig zu sichern, gehört es dazu, seine altersbedingten Abgänge zu kompensieren und darauf zu achten, dass nicht zu viele personelle Änderungen auf einen Zeitpunkt fallen. Andernfalls könnte der betriebliche Ablauf gestört werden. Einer personellen Über- oder Unterbesetzung in bestimmten Altersgruppen kann entgegengewirkt werden durch permanentes Überprüfen der Altersstruktur. Zu den wichtigsten Kennzahlen der Personalstruktur gehören die sogenannten Quoten: Quote (i) = durchschnittliche Anzahl der Gruppe (i) p. a. x 100 durchschnittlicher Personalbestand p. a. Z.B. lassen sich mit einer solchen Berechnung die Führungskräfte-, Teilzeit-, Angestellten-, Arbeiter-, Ausländer- und Auszubildendenquote berechnen. 461 Die Personalbewegungsstatistik zeigt Zu- und Abgänge im Personal auf. Abgänge setzen sich zusammen aus der natürlichen Fluktuation, z.B. infolge von Pensionierung oder Tod des Mitarbeiters und aus der Fluktuation durch Kündigungen bzw. einvernehmliche Trennungsvereinbarungen. Letztere sind aus personalpolitscher Sicht interessanter, weil sie sich beeinflussen lassen. 462 Der Anhang B zeigt eine Möglichkeit zur Unterstützung bei der Ursachenforschung der Fluktuation im Unternehmen. Insgesamt lässt sich die Personalbewegung in drei verschiedene Arten unterteilen: die außerbetriebliche, die zwischenbetriebliche und die innerbetriebliche Personalbewegung. Als außerbetriebliche Personalbewegung wird z.B. der Tod des Arbeitnehmers bezeichnet. Die zwischenbetriebliche Personalbewegung ergibt sich durch den Wechsel von Personal zu anderen Unternehmen und wird allgemein als Fluktuation bezeichnet. Kündigung spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Oft besteht die Schwierigkeit darin, die tatsächlichen Ursachen hierfür festzustellen. Bei der innerbetrieblichen Personalbewegung kommen unternehmensinterne Versetzungen, Umsetzungen, Anordnungen usw. zum Tragen. 463 Auch bei der Bewegung von Personal sind die Kennzahlen im Zuge der Vergleichbarkeit von Unternehmen von äußerster Wichtigkeit. Einige der ausgewählten Kennzahlen für die Bestimmung der Personalbewegung sind im Folgenden aufgezeigt. Bei außerbetrieblichen Abgängen ist die Fluktuationsquote eine geeignete Kennzahl, um die Bewegung des Personals darzustellen. Sie lässt sich laut dem RKW-Handbuch auf mehrere Wege berechnen. 464 460 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 562-563 461 Vgl. ebd., S. 561 462 Vgl. ebd., S. 566 463 Vgl. ebd. <?page no="173"?> 174 Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung Eine in der Literatur gängige Möglichkeit ist die Berechnung mit der BDA- Formel (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände). Laut dem RKW-Handbuch setzt sich diese wie folgt zusammen. 465 Fluktuationsquote gesamt = Anzahl aller Abgänge p. a. x 100 durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer p. a. Neben der BDA-Formel hat sich die Schlüter-Formel in der Praxis ebenfalls durchgesetzt. 466 Fluktuationsquote gesamt = Anzahl aller Abgänge p. a. x 100 Personalbestand zu Beginn + Zugänge Vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie (ZVEI) wird die ZVEI- Formel empfohlen. Bei dieser Variante werden nicht, wie bei den anderen beiden zuvor genannten Berechnungen, alle Abgänge einer Periode berücksichtigt, sondern nur die ersetzten Abgänge einer Periode. 467 D.h. nur wenn die Stelle durch einen neuen Mitarbeiter besetzt wurde, kommt diese in Betrachtung. Fluktuationsquote gesamt = Ersetzte Abgänge p. a. x 100 durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer p. a. Ersetzte Abgänge = Zugänge + Abgänge − absolute Differenz zwischen Zugängen und Abgängen 2 Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die Berechnung der Fluktuationsquote nach den verschiedenen Formeln auf. Prämissen: Personalbestand am 31.12.2014 Personalbestand am 01.01.2015 Personalbestand am 31.12.2015 Durchschnittlicher Bestand 2015 Abgänge 2015 Zugänge 2015 2.260 Mitarbeiter (MA) 2.265 MA 2.200 MA 2.233 MA 540 MA 480 MA Fluktuationsquote nach BDA-Formel 540 x 100 2233 = 24,18% Fluktuationsquote nach Schlüter-Formel 540 x 100 2265 + 480 = 19,67% Fluktuationsquote nach ZVEI-Formel 480 x 100 2233 = 21,5% Unterschiedliche Ergebnisse der Fluktuationsquote 468 464 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 569 465 Vgl. ebd. 466 Vgl. ebd. 467 Vgl. ebd. 468 Vgl. in Anlehnung an Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 570 <?page no="174"?> 4.4 Kennzahlen in den unterschiedlichen Bereichen der Personalstatistik 175 Es wird deutlich, dass sich bei dem Einsatz der verschiedenen Formeln unterschiedliche Ergebnisse für die Fluktuationsquote ergeben. Um die Werte jedoch auch vergleichbar und aussagekräftig zu machen, muss zwingend, wie bei den Anforderungen der Personalstatistik beschrieben, die Kontinuität erfüllt sein. Folglich muss vorerst sichergestellt werden, dass auch die gleichen Berechnungsformeln zugrunde gelegt wurden, um die Quoten vergleichen zu können. Die Neueinstellungsquote ist wiederum bei außerbetrieblichen Zugängen eine entscheidende Kennzahl. Ermittelt wird sie mit folgender Formel: Neueinstellungsquote = Anzahl aller Zugänge der Periode(i) x 100 durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer der Periode (i − 1) Für innerbetriebliche Zu- und Abgänge wird z.B. die Versetzungsquote genutzt. Versetzungsquote = Anzahl innerbetrieblichen Versetzungen p. a. x 100 durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer p. a. Die Versetzungsquote kann auch detaillierte Auskunft geben, inwiefern sie die Versetzungsquote in den unterschiedlichen Abteilungen bestimmt oder nach der jeweiligen Art der Versetzung berechnet wird. 469 In Unternehmen kommt es häufig zu einer starken Diskrepanz zwischen vertraglich vereinbarter und tatsächlich geleisteter Arbeitszeit. Die vereinbarte Arbeitszeit wird oft durch Mehrarbeitszeiten (Überstunden) erhöht und durch Ausfallzeiten (Fehlzeiten) vermindert. Aus diesem Grund bildet die Errechnung der effektiven Arbeitszeit für ein Unternehmen die Grundlage zur weiteren Personalbedarfsplanung. Die effektive Arbeitszeit wird wie folgt ermittelt: Vertragliche Arbeitszeit - Feiertage (Wochentage) allgemeine bezahlte und/ oder unbezahlte Freistellung - Minderarbeitszeit durch allgemeine Umverteilung von Arbeitszeit + Mehrarbeitszeit (vom Arbeitgeber auferlegt bzw. festgelegt) = Soll-Arbeitszeit - Ausfallzeiten (bezahlte und unbezahlte) + Mehrarbeitszeiten (unerwartete Mehrarbeiten) = Ist-Arbeitszeit. 470 469 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 570 470 Vgl. ebd., S. 571 <?page no="175"?> 176 Kapitel 4: Personalstatistik als Datenbasis für Personalkostenplanung Das Verhältnis zwischen Ist- und Soll-Wert kann mit Hilfe der Quote der effektiven Arbeitszeit ermittelt werden. 471 Quote der effektiven Arbeitszeit = Ist − Arbeitszeit (Tage/ Std. ) Soll Arbeitszeit (Tage/ Stunden) Ausfallzeiten bzw. Fehlzeiten können folgende Gründe haben: Bezahlte gesetzliche Feiertage Urlaub Sonderurlaub und Zusatzurlaub (z.B. für Schwerbehinderte) Bildungsurlaub, Fortbildungsmaßnahmen Krankheit, Kuren und Heilverfahren Mutterschutz und Erziehungsurlaub Verspätungen Betriebsstörungen Streik, Aussperrung Arbeitsbefreiungen nach Gesetz, Verordnung oder Tarif (Arztbesuche, Ladungen vor Gericht, Krankheit des Kindes, Pflegefälle in der Familie etc.) Bundeswehr und Wehrübungen. 472 Bei der Betrachtung der Personalkosten sind sowohl die Entgelte als auch die Personalzusatzkosten (gesetzliche Sozialleistungen) und die freiwilligen Leistungen (z.B. Bildungskosten, Kantine, Beihilfen) wichtige Größen. Das Entgelt kann dabei z.B. nach verschiedenen Aufwandsarten (Löhne, Gehälter, Prämien, Zulagen, Erfolgs- und Kapitalbeteiligungen sowie Arbeitgeberanteile) ausgewertet werden. Eine Aufteilung kann jedoch auch nach den verschiedenen Verursachern des Aufwandes vorgenommen werden wie bspw. nach Auszubildenden, Arbeitern, Angestellten, nach Vollzeit- oder Teilzeitkräften, nach organisatorischen Einheiten oder nach regionalen Gesichtspunkten. 473 Einige Kennzahlen für die Betrachtung der Personalkosten sind im Folgenden aufgelistet: Anteil der Personalkosten an der Gesamtleistung = Personalkosten Gesamtleistung lt. Gewinn & Verlustrechnung Anteil des Entgelts an den Personalkosten = Entgelt (Löhne und Gehälter) Personalkosten gesamt Anteil der Zusatzkosten an den Personalkosten = Personalzusatzkosten Personalkosten gesamt 471 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 571 472 Vgl. ebd., S. 572 473 Vgl. ebd., S. 578 <?page no="176"?> 4.4 Kennzahlen in den unterschiedlichen Bereichen der Personalstatistik 177 Anteil der freiwilligen Leistungen an den Personalkosten = Freiwillige Leistungen Personalkosten gesamt Die Betrachtung der aufgeführten Anteile gibt entscheidenden Aufschluss darüber welchen Anteil die Personalkosten an der Gesamtleistung haben oder wie sich die Personalkosten prozentual zusammensetzen. 474 Von besonderer Aussagekraft sind die Kennzahlen, die Auskunft über die Entwicklung der jeweiligen Personalkosten pro Kopf für die verschiedenen Mitarbeitergruppen, organisatorischen Einheiten und Regionen geben. Dadurch können Vergleichsstatistiken aufgestellt werden, wie branchenspezifische Kostenvergleiche der Personalkosten. Einige Kennzahlen sind im Folgenden dargestellt. Personalkosten für Arbeiter = Personalkosten Arbeiter Personalkosten gesamt Entgelt für Arbeiter = Entgelt Arbeiter Entgelt gesamt Personalzusatzkosten für Arbeiter = Personalzusatzkosten Arbeiter Personalzusatzkosten gesamt Die Formeln können je nach dem jeweiligen Untersuchungsobjekte, wie der Mitarbeitergruppen (Arbeiter oder Angestellter), individuell angepasst werden. 475 Bestimmte Kennzahlen können ebenfalls eine Auskunft über die Entwicklung der Personalkosten pro Leistungseinheit für verschiedene Produkte, organisatorischen Einheiten und Regionen geben. Z.B. kann der Anteil der Personalkosten an der Gesamtleistung bestimmt werden. Durch Aktualisieren und Errechnen der Kennzahlen soll ein permanenter Vergleich mit den angestrebten Zieldaten erfolgen. Die wichtigsten Unternehmensziele in diesem Zusammenhang sind z.B. die Vorgaben, dass die Steigerungsrate des Umsatzes nicht durch die Steigerungsrate der Personalkosten übertroffen wird und dass die Zunahme des Personalbestandes nicht über der Steigerungsrate des Umsatzes liegt. 476 474 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1996), S. 458 475 Vgl. ebd. 476 Vgl. ebd., S. 524 <?page no="178"?> Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität im Rahmen des Entgeltmanagements <?page no="179"?> Entgeltmanagement Die Zusammenfassung aller materiellen Belohnungen, die Mitarbeiter für ihre Arbeitsleistungen vom Arbeitgeber erhalten, bezeichnet man als Entgeltsystem. 477 Die Grundlage bildet ein vertragliches Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Hauptpflicht des Arbeitgebers ist die Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung nach § 612 BGB. Im Gegenzug ist die Hauptpflicht des Arbeitnehmers die persönliche Arbeitspflicht nach § 613 BGB. Die Personalkosten stellen in vielen Unternehmen einen großen Kostenblock im Rahmen der Kostenträgerrechnung dar, der eher stetig steigt als konstant zu bleiben. 478 Die Kalkulation von Entgeltmanagementsystemen erhält einen immer höheren Stellenwert für viele Unternehmen im Rahmen von Tarifverhandlungen in Verbindung mit der Kostenträgerrechnung, um zu überprüfen, ob die Preise der Produkte noch zu halten ist oder ob eine Preisfindung ihrer Produkte neu erfolgen muss und ob damit die Wettbewerbsfähigkeit noch gegeben ist. Personalkostenplanung dient dazu, die Entgeltthematik strukturiert zu organisieren, zu steuern und zu kontrollieren, um als Personaldirektor und Unternehmensführung grundlegende Entscheidungen für den Personalbereich zu treffen. Viele Unternehmen erkennen mittlerweile, dass die Mitarbeiter und die damit verbundenen Vergütungen nicht nur ausschließlich nur Personalkosten darstellen, sondern mehr und mehr im Verbund der Kostenträgerrechnung beurteilt werden müssen, um die Erreichung des Hauptzieles internationale Wettbewerbsfähigkeit durch eine kundenorientierte Preispolitik ihrer Produkte und Dienstleistungen zu erzielen. Die Vergütungspolitik konzentriert sich deshalb heute auf eine geldliche Vergütung, die regelmäßig mit leistungsmotivierenden Faktoren behaftet ist. Das Entgelt ist aus Mitarbeitersicht aber auch ein Grund bei einem bestimmten Arbeitgeber zu bleiben. Aus Abbildung 54 kann entnommen werden, dass das Entgelt bei der Arbeitgeberwahl kein entscheidendes Kriterium sein muss. Die Grafik zeigt auf, dass sowohl bei den angegebenen Kriterien wie auch bei den tatsächlichen Entscheidungskriterien für die Arbeitgeberwahl das Entgelt als sehr niedrig eingestuft wird. Trotzdem bestimmt das Entgelt den Lebensstandard, hat Einfluss auf das gesellschaftliche Ansehen und bemisst die Wertschätzung der eigenen Leistung durch den Arbeitgeber. Letzteres wirkt sich stark auf die Motivation der Mitarbeiter im Unternehmen aus. Umso qualifizierter und leistungsstärker der Mitarbeiter ist, desto mehr muss sich dies im Entgelt widerspiegeln und andersrum genauso. Eine solche Entgeltdifferenzierung kann verhindern, dass Mitarbeiter überbezahlt werden. Auch schafft die Bezahlung nach Wertschätzung der Leistung bei der richtigen Umsetzung mehr Verständnis von unterschiedlichen Löhnen. 479 477 Vgl. Breisig (2003), S. 70 478 Vgl. Gutmann (2014), S. 211 479 Vgl. Ulmer (2013), S. 14 <?page no="180"?> 5.1 Entgeltmanagement 181 Abbildung 54: Ergebnisbericht Most Wanted - die Arbeitgeberstudie 2014 480 480 Vgl. McKinsey & Company, Inc. (2014) <?page no="181"?> 182 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Besonders durch eine enge Kopplung von Entgelt und zu erbringender Leistung soll der Mitarbeiter zu einem zielorientierten Arbeitsverhalten motiviert werden, das die Erreichung der Unternehmensziele gewährleistet (Anreiz- und Steuerungsfunktion). Auch für das Image des Arbeitgebers spielt das Entgelt eine wichtige Rolle. Dadurch wird die Personalbeschaffung und -fluktuation beeinflusst (Selektionsfunktion). 481 Um die beiden genannten Funktionen des Entgelts auch optimal einzusetzen, bedarf es eines gut konzipierten Entgeltmanagementsystems. Der Unterschied von einzelnen Entgeltmanagementsystemen ist, in welcher Gewichtung die einzelnen Komponenten des Entgelts ins Verhältnis gesetzt werden. 482 In Abbildung 55 ist die Zusammensetzung des Entgelts dargestellt. Abbildung 55: Zusammensetzung des Entgelts 483 Die Gesamtvergütung beinhaltet das fixe Gehalt, Nebenleistungen sowie Zusatzleistungen und Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge. Somit stehen genügend Möglichkeiten zur Verfügung, Entgeltflexibilisierungen einzubringen und weitere Entgeltmanagementsysteme in Betracht zu ziehen. 481 Vgl. Ulmer (2013), S. 12 482 Vgl. ebd., S. 41 483 Vgl. Berthel/ Becker (2013), S. 427 <?page no="182"?> 5.2 Tarifliche Hürden 183 Die Flexibilität der Entgeltgestaltung hat aber auch Einschränkungen. Weder die Höhe des Direktentgelts noch die Höhe der Personalzusatzkosten (mit Ausnahme der freiwilligen Sozialleistungen) können frei gestaltet werden. Zum einen bestimmen in vielen Branchen Tarifverträge die Entgeltstruktur und -höhe. Zum Anderen engen arbeitsrechtliche Regelungen den Gestaltungsspielraum ein. Des Weiteren gilt seit 2015 das Mindestlohngesetz in Deutschland. 484 Tarifliche Hürden Für die überbetriebliche Entgeltfindung sind in Deutschland die unterschiedlichen Tarifverträge für die jeweiligen Branchen nicht mehr wegzudenken. Solche tariflichen Regelungen schränken die Entgeltgestaltung in seiner Flexibilität ein. 485 Eine entscheidende Rolle spielt zum einen der Manteltarifvertrag und zum anderen der Lohn- und Gehaltstarifvertrag. Beim Manteltarifvertrag werden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien und wichtige Fragen zum Arbeitsverhältnis geregelt. Es befasst sich mit langfristigen allgemeineren Regelungen wie z.B. der Einstellungs- und Kündigungsbedingungen, Dauer des Urlaubs, Regelungen zu Krankheit, Zuschläge für Mehr- oder Schichtarbeit, Arbeitszeitregelungen, vermögenwirksame Leistungen und Bestimmungen zum Rationalisierungsschutz sowie zu den Arbeitsbedingungen. Der Manteltarifvertrag enthält noch keine konkreten Vergütungshöhen und keine Eingruppierung in Lohn- und Gehaltsgruppen. Dies erfolgt durch den Lohn- und Gehaltstarifvertrag. 486 Die derzeitigen Entgeltsysteme sind an vielen Stellen nicht mehr zeitgemäß. Mit dem neuen Entgelt-Rahmentarifvertrag (ERA) sollen diese Entgeltsysteme grundlegend neu gestaltet werden. Deshalb soll der ERA moderne Arbeitsbedingungen und zeitgemäße Anforderungen an alle Beschäftigten berücksichtigen. Bisher wurde die Unterscheidung vorgenommen, dass Angestellte Gehalt und Arbeiter Lohn beziehen. Diese Teilung wollen die Tarifvertragsparteien beseitigen, da sich die Tätigkeiten von Arbeitern und Angestellten immer weiter annähern. Eine unterschiedliche Entgeltfindung von Arbeitern und Angestellten war auf Dauer nicht mehr haltbar. Der Lohnrahmentarifvertrag und der Gehaltsrahmentarifvertrag sollen zum ERA zusammengeführt werden. Um ein höheres Maß an Entgeltgerechtigkeit zu erreichen, werden Angestellten- und Arbeitertätigkeiten zukünftig nach dem gleichen Maßstab bewertet und vergütet. 487 484 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2014) 485 Vgl. Breisig (2003), S. 330 486 Vgl. Popp (2005), S. 23 487 Vgl. Jung (2011), S. 597 <?page no="183"?> 184 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Klassische Entgeltformen Die klassischen Entgeltformen sind in drei Hauptlohnformen unterteilt. Zwei der drei typischen Hauptlohnformen sind der Akkordlohn und der Prämienlohn. Auf die dritte Form den Zeitlohn wird nicht näher eingegangen, weil er gegenüber den anderen beiden Lohnformen kein mögliches Lohnanreizsystem darstellt. Der Akkord- und Prämienlohn gelten als Leistungslohnsysteme, da eine Erhöhung der Leistung gesondert honoriert wird. Das bedeutet, ist die Leistungszeit gering und die Leistungsmenge hoch, kann ein höherer Lohn bzw. planmäßig und regelmäßig eine zusätzliche Prämie erwirtschaftet werden. 488 Diese Lohnformen sollen eine hohe Leistung jedes einzelnen Akkordlohnbzw. Prämienlohn-Mitarbeiters garantieren, da jeder Mensch bestrebt ist, einen möglichst hohen Lohn zu erhalten. Die folgende Abbildung soll den Grundgedanken des Akkordlohns grafisch darstellen. Leistungszuwachs = Lohnzuwachs Abbildung 56: Grundgedanke Akkordlohn 489 Sichtbar ist, dass der Lohn proportional zur Leistung steigt. Wird weniger geleistet, erhält der Arbeiter einen geringeren Lohn. Die Abhängigkeit von Lohn und Leistung wird somit grafisch deutlich. Ein Mitarbeiter erhält für seine Leistung monatlich einen meist tariflich vereinbarten Mindestlohn. Dieser Mindestlohn entspricht einer geregelten Normalleistung. Steigt die Leistung des Mitarbeiters über die Normalleistung, so erhöht sich proportional auch sein Lohn. 490 Die folgende Tabelle stellt einige Vor- und Nachteile des Akkordlohns dar. 488 Vgl. Breisig (2003), S. 48 489 Vgl. in Anlehnung an Verdienst- und Stückkostenverlauf beim Stücklohn (Wagner, Karl/ Bartscher, Thomas/ Nowak, Ulrich (2002), S. 198 490 Vgl. Femppel/ Zander (2005), S. 52 Lohn Leistung <?page no="184"?> 5.3 Klassische Entgeltformen 185 Vorteile Nachteile Mitarbeiter • leistungsgerechte und leistungsfördernde Entlohnung mit unmittelbarem Leistungs- Verdienst-Verhältnis • Gefahr der Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit • Akkordrisiko bringt Lohnschwankungen (Folge: es werden Sicherheitsreserven angelegt) Unternehmen • Vorplanung der Arbeitsabläufe, des Arbeitskräfte- und Betriebsmittelbedarfs, der Termine, Lohn- und Gemeinkosten • gut funktionierende Fertigungssteuerung • Aufdeckung betrieblicher Schwachstellen • Aufwand für Leistungspflege • Anpassen der Vorgabezeiten und Arbeitswerte an den technischen Fortschritt • Leistungszurückhaltung bei nicht mehr zutreffenden Akkorden • Qualitätseinbußen wegen zu hohem Arbeitstempo Vor- und Nachteile Akkordlohn Die Leistungsgerechtigkeit bewirkt, dass sich Mitarbeiter angemessen behandelt fühlen, da eine höhere Leistung honoriert wird. Des Weiteren werden Mitarbeiter zur höheren Leistung motiviert, da daraus ein höherer Lohn entsteht. Unternehmen müssen jedoch damit einhergehende Nachteile akzeptieren. Die Gefahr von Qualitätseinbußen aufgrund des höheren Arbeitstempos und dem daraus resultierenden Leistungsdruck sind nur einige der möglichen Nachteile dieser Lohnform. Durch Fehlinterpretationen der Mitarbeiter kann sich die Arbeitsmotivation ins negativ ausschlagen. 491 Diesem kann aber durch gezielte Personalführung entgegengewirkt werden. Der Akkordlohn hat seine Bedeutung jedoch in den letzten Jahren in der Praxis stetig verloren. 492 Neue Technologien in der Produktion bewirken, dass die Aufgaben der Mitarbeiter vor allem darin bestehen, hohe Qualität zu garantieren und die neuen Produktionstechnologien zu beherrschen, um diese steuern und koordinieren zu können. 493 Die zweite Lohnform, der Prämienlohn, ist ebenfalls leistungsabhängig. Hier wird jedoch im Vergleich zum Akkordlohn anstelle der schrittweisen Lohnerhöhung eine zusätzliche Prämie, eine sogenannte Leistungsprämie, für eine Mehrleistung des Arbeitnehmers gewährt. 494 Der Prämienlohn berücksichtigt 491 Vgl. Salamon (2013), S. 239 492 Vgl. ebd., S. 6 493 Vgl. Breisig (2003), S. 90-91 494 Vgl. Femppel/ Zander (2005), S. 52 <?page no="185"?> 186 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit nicht nur die reine erhöhte Mengenleistung, sondern bezieht auch andere Bezugsgrößen, wie eine einzuhaltende Qualität, mit ein. 495 Ein weiterer Unterschied zwischen Akkord- und Prämienlohn ist, dass abhängig vom Prämienvergütungsverfahren die Erweiterungsleistung / Mehrleistung zwischen Betrieb und Arbeitsnehmer mit Hilfe eines Verteilungsschlüssels aufgeteilt wird. Somit profitieren beide Partner von der Mehrleistung, da zum einen der Mitarbeiter eine Prämie für die Mehrleistung erhält und zum anderen der Betrieb die Lohnkosten pro Stück sinken lassen kann. Beim Akkordlohn bleiben die Lohnkosten pro Stück konstant, da die Mehrleistung dem Mitarbeiter komplett vergütet wird. 496 Mit dem Prämienlohn gehen Vorwie auch Nachteile einher, was die folgende Tabelle darstellt. Vorteile Nachteile Mitarbeiter • Motivationserhöhung der Mitarbeiter • bessere Identifikation mit ihrem Arbeitsergebnis • Demotivation bei den Mitarbeitern durch unangemessene Festsetzung der Prämienziele • fühlen sich ausgenutzt, Arbeitsunzufriedenheit • geringe Sicherheit Unternehmen • flexible Einsetzbarkeit • Leistungsverhalten der Arbeitnehmer kann gezielt gesteuert werden • Vermeidung von Überbelastung • falsche Festsetzung der Prämienziele • Image des Unternehmens leidet • aufwendige Abrechnung Vor- und Nachteile des Prämienlohnes Durch eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten ist der Prämienlohn vorteilhaft. Der Prämienlohn ist bei großen Projekten wie auch bei kleineren Vorhaben einsetzbar. Wie beim Akkordlohn wird auch hier die Motivation der Belegschaft gefördert. Mitarbeiter zeigen eine höhere Arbeitszufriedenheit, da ihre Mehrleistung honoriert wird. Jedoch entsteht die Gefahr, dass Unternehmen die Prämienziele falsch ansetzen. Werden diese zu hoch angesetzt, besteht die Gefahr einer Demotivation bei den Mitarbeitern, da die Ziele nie oder nur selten erreicht werden können. Antriebs- und Interessenlosigkeit können die Folge sein. Zusätzlich entsteht die Gefahr, dass Mitarbeiter sich ausgenutzt fühlen, was wiederrum negative Folgen auf das Image des Unternehmens haben und zur Arbeitsunzufriedenheit der Mitarbeiter führen kann. 497 Der Akkordlohn und der Prämienlohn haben sich über die letzten Jahre durch die tariflich festgelegte Mindestlohngarantie teilweise angeglichen. 495 Vgl. Jung (2008), S. 592 496 Vgl. Breisig (2003), S. 304-307 497 Vgl. ebd., S. 307-308 <?page no="186"?> 5.4 Neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung 187 Neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung Zwar sind die o.g. Vergütungsformen international anerkannt, jedoch sind sie aufgrund der steigenden Automatisierung nicht mehr überall anwendbar und bringen zusätzliche Nachteile für die Mitarbeiter mit sich. Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Entgeltmanagementsysteme ist eine Vergütung mit erfolgsorientierter Ausrichtung. Um Mitarbeiter im Unternehmen zur Erreichung des Hauptziels oder anderen Unternehmenszielen zu motivieren, bedarf es vergütungspolitischer Maßnahmen. Im Folgenden sollen einige neue Gestaltungsmöglichkeiten der Vergütung vorgestellt werden. Die Projektvergütung ist eine Alternative für Entgeltmanagementsysteme. In den letzten Jahren hat laut einer Studie der Anteil an Projektteams stetig zugenommen. 498 In der Abbildung 57 ist der Anteil betrieblicher Projektteams in verschiedenen Geschäftsbereichen dargestellt. Abbildung 57: Betriebliche Projektwirtschaft - eine Vermessung 499 Es wird deutlich, dass nahezu in allen Bereichen die Projektwirtschaft einen bedeutenden Charakter einnimmt. Mitarbeiter werden für ein Vorhaben zu einem Team vereint und haben die Aufgabe, klar definierte Ziele zu erreichen sowie Probleme zu lösen. Schon vor Beginn der Projektarbeit können Erfolgskriterien vereinbart werden, die 498 Vgl. Rump, Jutta/ Schabel, Frank/ Alich, David (2010) 499 Vgl. ebd. <?page no="187"?> 188 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit zusätzlich zum festen Gehalt gezahlt werden. Auch hier sollte das Risiko, Ziele nicht erreichen zu können, eliminiert bzw. minimiert werden, um mögliche Nachteile, wie das Nachlassen der Anreizwirkung, zu umgehen. 500 Eine weitere Möglichkeit für Vergütungssysteme ist das sogenannte Vergütungsassessment. Eine Gruppe bestehend aus Mitarbeitern erhält für ihre Tätigkeit die gesamte Vergütung und führt die Aufteilung der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung selbstständig durch. Alle Teammitglieder haben somit gleiches Stimmrecht und werden mit unternehmerischem Denken und Handeln infiziert. Teammitglieder, welche eine geringere Leistung als andere vorweisen, erhalten neben ihrer geringeren Vergütung Weiterbildungsmaßnahmen, um zukünftige Defizite zu beseitigen. Nachteile ergeben sich jedoch in der vermeintlich objektiven Wahrnehmung einzelner Teammitglieder. Kann sich das Team nicht auf eine gerechte Aufteilung der Gesamtvergütung einigen, entstehen Komplikationen untereinander und erschweren dahingehend die Teamarbeit. 501 Die Potenziallohnmethode ist ebenfalls eine Entgeltmanagementvariante, deren Grundgedanke in der Vergütungspolitik vieler Unternehmen verankert ist. Im Mittelpunkt der Lohnbestimmung stehen die vorhandene Qualifikationen eines Mitarbeiters und das zu erwartende Leistungspotenzial. Außer Acht wird dabei die Anforderung an die Stelle und die individuelle Leistung gelassen. Vorrangig sind die vorhandenen Qualifikationen, die zum Schluss auch die Faktoren für die Vergütungshöhe sind. 502 Die folgende Abbildung 58 macht den Zusammenhang zwischen Vergütung und Qualifikation deutlich. Qualifikationszuwachs = Vergütungszuwachs Abbildung 58: Zusammenhang zwischen Vergütung und Qualifikation Unter Qualifikationen werden in der Regel nicht die Teilnahme an kurzen Workshops wie zum Beispiel „5-stündiger Microsoft-Office-Excel-Kurs“ verstanden. Die Rede ist vielmehr von akademischen Titeln, wie „Master of Science“, Doktoren-Titel oder auch berufliche Auszeichnungen wie „Meister“ oder „Techniker“. 500 Vgl. Ulmer (2013), S. 187-189 501 Vgl. Breisig (2003), S. 139-140 502 Vgl. Drumm (2000), S. 570 Qualifikation Vergütung <?page no="188"?> 5.4 Neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung 189 Besitzen Mitarbeiter solche Qualifikationen bzw. Titel, steigt die Vergütung proportional mit Erhöhung der jeweiligen Qualifikationen wie auf Abbildung 58 zu erkennen ist. Voraussetzungen für eine qualifikationsabhängige Entlohnung ist die Festlegung eines Mindesteinkommens für die Mitarbeiter mit den geringsten Qualifikationen. Dadurch wird ein durchschnittlicher Lebensstandard der weniger stark qualifizierten Mitarbeiter sichergestellt. 503 Für Führungskräfte, die in der Regel einen hohen Qualifikationsstand haben, gibt es gesonderte Anreizsysteme, um das Entgelt zu gestalten. 504 Dieses Entgeltmanagementsystem bezieht sich überwiegend auf leitende Angestellte bzw. Angestellte in Führungspositionen. Da die meisten Führungskräfte zu den außertariflichen Angestellten zählen, gibt es variable Entgeltsysteme, die dazu beitragen sollen, dass sich die Führungskräfte mit dem Unternehmen identifizieren und motivieren können. Das unternehmerische Denken und Handeln soll somit gefördert werden. Durch ihre Führungspersönlichkeit sollen diese Eigenschaften wiederum an die Belegschaft weitergeben werden. Unzufriedene Führungskräfte können ihr Team, ihre Abteilung bzw. Belegschaft eher nur sehr unwahrscheinlich dauerhaft motivieren und zur erhöhten Leistung anhalten. Grundsätzlich besteht das Entgelt von Führungskräften aus verschiedenen Bestandteilen. Es stellt somit ein Vergütungspaket dar. Zum einen steht als größter Block das fixe Grundgehalt an erster Stelle. In den meisten Fällen ist dieses wie beim Potenziallohn qualifikationsorientiert. Dieses fixe Grundgehalt ist ein vertraglich fest vereinbarter monetärer Monatsbzw. Jahresgrundbetrag. Hinzu kommen alle anderen garantierten Bestandteile der Vergütung wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dieses fixe Grundgehalt ist der leistungsunabhängige Bestandteil des Vergütungspaketes und somit auch nicht an den Erfolg des Unternehmens gebunden. 505 In den meisten Fällen bestehen ca. 65-95 % der Gesamtvergütung aus fixem Grundgehalt. 506 Der zweite Baustein ist der variable Teil. Dieser ist häufig in zwei Teile, dem variablen Bestandteil und die Zusatzleistungen, unterteilt. Die variablen Bestandteile sind immer von der Leistung der Führungskraft abhängig. Damit ist jedoch nicht die mengenmäßige Leistung gemeint, sondern die Leistung und der damit einhergehende Erfolg. Diese variablen Bestandteile bestehen in der Regel aus Tantieme, Prämien oder Boni. In den meisten Fällen bestehen ca. 5 bis 35% der Gesamtvergütung aus dem variablen Grundgehalt. 507 Der Baustein „Zusatzleistungen“, der häufig im variablen Baustein integriert ist, wird in einigen Fällen gesondert aufgelistet. Diese Komponente des Vergütungs- 503 Vgl. Jung (2010), S. 977 504 Vgl. Femppel/ Zander (2005), S. 63 505 Vgl. ebd., S. 63-65 506 Vgl. Institut für Wirtschaftswissenschaften (2014) 507 Vgl. ebd. <?page no="189"?> 190 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit paketes beinhaltet Sach- oder Geldleistungen wie zum Beispiel Benefits. Als Benefits gelten der Dienstwagen oder gesonderte Regelungen zur Altersvorsorge. Unternehmen haben sogar die Möglichkeit, Unterschiede in der zeitlichen Ausrichtung der Zusatzleistungen vorzunehmen. Abhängig davon, welche Ziele mit den Anreizsystemen verfolgt werden sollen, gibt es in der Praxis unterschiedlich zeitlich ausgelegte Vergütungssysteme. So haben garantierte Tantieme kurzfristige fördernde Erfolgswirkungen auf die Führungskraft, während Aktienoptionsprogramme eine deutlich längere Wirkung versprechen. In der Praxis soll dennoch ein gutes Gleichgewicht zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Zusatzleistungen bestehen, um die Erreichung unterschiedlicher Unternehmensziele zu gewährleisten. Mit Hilfe dieser variablen Vergütungsbestandteile können Unternehmen Einfluss auf wirtschaftliche Situationen nehmen. Hat ein Unternehmen im Laufe des Jahres ökonomisch gewirtschaftet, so stehen diesem am Ende des Jahres finanzielle Mittel zur Verfügung, die auf die Belegschaft und Führungskräfte verteilt werden können. Aktienorientierte Entgeltsysteme, wie für Vorstände, gelten als zielorientierte Vergütungssysteme. Vorstände werden abhängig von der Lage der Gesellschaft sowie der Aufgaben, die die Vorstände für das Unternehmen erfüllen sollen, vergütet. 508 Des Weiteren sind sogenannte kennzahlenorientierte Entgeltmanagementsysteme eine Möglichkeit zur Vergütung von Führungskräften. Interne Kennzahlen wie zum Beispiel Cash Flow Return on Investment (CFROI) oder Discounted Cash Flow (DCF) werden herangezogen, um den variablen Bestandteil der Vergütungspakete zu ermitteln. 509 Das sogenannte Cafeteria-Modell stellt ein weiteres Entlohnungssystem dar. Mitarbeiter können Teile ihres variablen Entgeltpaketes individuell und flexible gestalten. Jedem Mitarbeiter steht ein Warenkorb an verschiedenen Zusatzleistungen zur Verfügung. Dieser Warenkorb kann durch Bausteine wie z.B. flexible Arbeitszeit, Dienstwagen oder Unternehmensaktien gefüllt werden. Allerdings ist hier zu erwähnen, dass individuelle Anpassungen der Lohnbestandteile immer unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften zu treffen sind. Das Unternehmen gibt Umfang und Dauer eines Budgetintervalls vor. Um ein Cafeteria-Modell im Unternehmen anbieten zu können, muss geprüft werden, ob dieser Ansatz überhaupt für das Unternehmen geeignet ist. Es bedarf einer detaillierten Analyse der Möglichkeiten im Unternehmen sowie der Interessen der Mitarbeiter. 510 Mögliche Probleme könnten die Ablehnung des Modells durch die Belegschaft sein. Unternehmen müssen mögliche Bausteine analysieren, die es anbieten möchte. Durch die immer größer werdende Bedeutung der Flexibilisierung in der Vergütungspolitik und sowie individuellen Entlohnungsbestandteile wurde ein 508 Vgl. Jung (2008), S. 899 509 Vgl. ebd. 510 Vgl. Wagner (2005), S. 141 <?page no="190"?> 5.4 Neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung 191 flexibles Entgeltmanagementsystem zum Wohle des Arbeitsnehmers und des Arbeitgebers entwickelt. Mit dem Cafeteria-Modell stehen beiden Parteien die Möglichkeiten offen, ihre Ansprüche individuell anzupassen. 511 Jeder Mitarbeiter fühlt sich in der Gestaltung seiner Lohnbestandteile gerecht behandelt. Das Personal, das in den letzten Jahren verstärkt an zentraler Bedeutung für die Zielerreichung eines Unternehmens zugenommen hat, erhält zunehmend größere Aufmerksamkeit in Bezug auf Herausforderungen wie z.B. Mitarbeiterzufriedenheit, Leistungserbringung oder Qualitätseinhaltung. Mitarbeiter sehen sich zunehmend in der Pflicht, sich beruflich stetig weiterzubilden, um im eigenen Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben. Aus- und Weiterbildung, die der wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen sowie technischen Entwicklung angepasst sind, müssen jederzeit in die Betrachtungsweise mit einbezogen werden. Mitarbeiter sollen nicht mehr reine Ausführungskräfte sein, sondern vielmehr eigenständig denkende und handelnde Mitunternehmer, die aus eigenem Interesse und Willen zu einer erhöhten Leistung bereit sind. Da sich jedoch nur die wenigsten Mitarbeiter durch solche Unternehmensansprüche motivieren lassen, bedarf es zunehmend variierender Entgeltmanagementsysteme. Da sich die Ansprüche vieler Mitarbeiter nicht mehr nur auf einen finanziellen Anreiz beziehen, müssen weitere Angebote als Entlohnungsformen in Betracht gezogen werden. Das Cafeteria-Modell wird diesen Ansprüchen gerecht und lässt sich international einsetzen. Durch dieses individuell maßgeschneiderte Modell lassen sich Mitarbeiter zu einer gleichbleibenden und sogar steigernden Leistung motivieren. 512 Wie oben schon angeführt, gibt es gewisse Voraussetzungen, für die Einführung eines Cafeteria-Modells in einem Unternehmen. Nur wenn alle beteiligten Abteilungen eines Unternehmens (Controlling, Marketing, strategisches Management und Human Resources) sich über die Einführung dieses Modells einig sind, kann dieses System in die Realisationsphase gehen. Eine Unternehmung muss beachten, dass das Angebot für die Mitarbeiter einen größeren Vorteil bringt. Nur so lassen sich Mitarbeiter durch dieses Modell motivieren. Haben die Mitarbeiter eher das Gefühl, nur Kompromisse mit der Wahl ihrer Zusatzleistung einzugehen, würde ein gegenteiliger Effekt entstehen. Vorteilhaft ist dieses Modell für Unternehmen, dessen Altersstruktur vielschichtig ist. Ein hoher Wettbewerb um Führungspositionen, Gehälter mit hohem variablem Anteil und flache Hierarchen in Unternehmen sind weitere Vorteile bzw. Voraussetzungen. 513 Um ein Cafeteria-System einzuführen, müssen sich die zuständigen Abteilungen über die Angebote und dessen finanziellen Umfang verständigen. Es ist zu klären, welchen Umfang das Budget eines Mitarbeiters haben soll und welche Angebote zur Verfügung stehen. Können finanzielle Mittel nicht für die ganze Belegschaft ausreichen, kann unter gewissen Umständen auch nur ein Teil der 511 Vgl. Wagner (2005), S. 140 512 Vgl. Femppel/ Zander (2005), S. 44-45 513 Vgl. Wagner (2005), S. 142 <?page no="191"?> 192 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Belegschaft mit dem Cafeteria-Modell verbunden werden. Z.B. gilt das Angebot nur für die oberen Führungskräfte aller Abteilungen, um dauerhafte Motivation der Führungspositionen zu gewährleisten. 514 Da die Führungskräfte in der Regel nicht ihr ganzes Gehalt zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts verwenden müssen, stellt diese Belegschaftsgruppe eine optimale Zielgruppe dar. Grundsätzlich muss als aller erstes der zu Verfügung stehende finanzielle Rahmen ermittelt werden. Alle einzelnen Kosten, die auf einen Mitarbeiter zukommen, müssen festgestellt werden. Mitarbeiter sehen somit, was sie das Unternehmen kosten. Das Unternehmen kann wiederrum Preise für die Angebote und daraufhin die höchstmöglichen Kosten ermitteln. Jeder Mitarbeiter erhält ein individuelles Budget, welches an sein Gehalt angepasst ist. 515 Jedes Unternehmen wird jedoch seine eigene individuelle Berechnung des Budgets vornehmen. Es gibt dafür kein vorgeschriebenes Verfahren. Die Abteilung des Unternehmens, die mit der Planung des Cafeteria-Modells beschäftigt ist, hat die Aufgabe alle Kosten zu erfassen und diese an die Geschäftsführung weiterzuleiten. Die Geschäftsleitung bestimmt wiederrum dann nach eigenen Kriterien, wie z.B. Kriterien der Unternehmensphilosophie oder strategische Ausrichtungen, welche Angebote bzw. Leistungen in das Portfolie eingehen. 516 Die meisten Unternehmen bieten den Mitarbeitern unterschiedliche Leistungen an. Diese Leistungen können in monetärer Form wie vermögenswirksame Leistungen oder Unternehmensaktien vorhanden sein. Es gibt jedoch auch Sachleistungen wie z.B. Rabatte für Privateinkäufe oder günstigere Flugreisen. Ebenso sind vermehrte Freizeitangebote oder Finanzleistungen wie Unternehmenskredite häufige Bestandteile eines Cafeteria-Modell-Angebotes. 517 Für viele Mitarbeiter ist die Altersvorsorge eine interessante Alternative. Unternehmen bieten unterschiedliche Varianten an wie die Altersvorsorge durch „Deferred Compensation“ 518 oder die Altersvorsorge über Direktversicherung. Hat ein Unternehmen Entscheidungen über mögliche Angebote getroffen, stellt sich die Frage, wie häufig ein Mitarbeiter Angebote wahrnehmen kann. Auch hier unterscheiden sich die Festlegungen der Unternehmen einer Branche. Turnusgemäß, jährlich, erhalten Mitarbeiter neue Entscheidungsmöglichkeiten. Jedoch muss beachtet werden, dass zwischen vergünstigten Einkaufsmöglichkeiten und der Bereitstellung eines Dienstwagens erhebliche zeitliche Unterschiede vorgenommen werden müssen. Andernfalls könnten für Unternehmen unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen. 519 514 Vgl. Ulmer (2013), S. 186 515 Vgl. Wagner (2005), S. 144 516 Vgl. ebd., S. 145 517 Vgl. ebd., S. 145-146 518 Vgl. ebd., S. 150 519 Vgl. ebd., S. 149 <?page no="192"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 193 Die Cafeteria-Modelle besitzen bezüglich des inhaltlichen Aufbaus differenzierte Optionen. So kann ein sogenannter „Kernplan“ 520 allen Cafeteria- Mitarbeitern gleiche Leistungen anbieten. Dies sind nicht austauschbare, meist tarifliche Leistungen. Zusätzlich werden den Mitarbeitern Pakete mit unterschiedlichen Optionen angeboten (Kreditaufnahme, Bargeld). Selbstverständlich gibt es auch ein total flexibles Modell. Mitarbeiter können vollkommen frei zwischen unterschiedlichen Optionen wählen. Dieses hochflexible Modell bietet zusätzlich absolute Individualität an. 521 Empfehlenswert ist eine Einführungsveranstaltung für das Cafeteria-Modell. Mitarbeiter müssen den Aufbau und Sinn dieses Systems verstehen. Häufig sind Finanz- und Aufklärungsgespräche notwendig. So muss dem Mitarbeiter klarwerden, welche Rechte und Pflichten ihm bei der Wahl eines Dienstwagens obliegen. Der Aufwand der Gesprächsführung ist von Option zu Option sehr groß. Entscheidet sich ein Mitarbeiter für vergünstigte Flugreisen, ist die Aufklärungsintensität deutlich geringer als bei der Wahl einer Unternehmensaktie oder eines Kredites. Berechnungsbeispiele In dem folgenden Kapitel werden Berechnungsbeispiele für Personalkosten, anhand gesetzlicher, tariflicher und betrieblicher Veränderungen, dargestellt. Bei den Veränderungen handelt es sich um eine Tariferhöhung, eine tarifliche Urlaubsverlängerung, eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung, eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die Kosten eines Arbeitsunfalles, die Kosten eines tariflichen Weihnachtsgeldes und der Personalzusatzkostenanteil eines Arbeiters im Verhältnis zum Entgelt. 522 Aufgrund der sehr guten Beispiele, die in der 2. Aufl. des RKW-Handbuchs „Personalplanung“ von S. 443 - 455 dargestellt werden, sind die folgenden unteren Berechnungsbeispiele stark an diesem orientiert. 523 Tariferhöhung von 3,5% zum 01.04. eines Jahres (Laufzeit 1 Jahr) Für die Berechnung einer Tariferhöhung von 3,5% zum 01.04. eines Jahres mit einer Laufzeit von einem Jahr, werden die Zahl der Tarifmitarbeiter (ohne personelle Veränderungen im betrachteten Zeitraum), Durchschnittsentgelte und durchschnittliche Entgeltzusammensetzung als Ausgangsdaten benötigt. 520 Vgl. Wagner (2005), S. 147 521 Vgl. ebd., S. 148 522 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 443 523 Vgl. ebd., S. 443-455 <?page no="193"?> 194 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Wie sich die Personalzusatzkosten durch die Tariferhöhung verändern wird in diesem Beispiel nicht berücksichtigt. 524 Mitarbeiterzahl Durchschnittsentgelt durchschnittliche Zusammensetzung Tarif zum Stichtag 01.04. ohne Mehrstunden tarifliches Grundgehalt tarifliche Leistungszulage übertarifliche Zulage 480 Arbeiter 160 Angestellte 16,50 €/ Std. 3.350,- €/ Monat 14,75 € 3.100,- € 1,05 € 200,- € 0,70 € Die Tarifmitarbeiter werden zwischen Arbeiter und Angestellte unterschieden. Die Arbeiter erhalten einen Lohn für geleistete Arbeitsstunden. Angestellte hingegen bekommen ein festgelegtes Monatsgehalt. Als erstes wird die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat ermittelt ohne die Tarifveränderung. 480 Arbeiter 160 Angestellte x 16,50 € Stundenlohn x 167,4 Std./ Monat = 1.325.808,- € x 3.350,- €/ Monat = 536.000,- € Die beiden errechneten Werte müssen dann addiert werden, um die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat vor der Tariferhöhung zu ermitteln. 1.325.808,- € + 536.000,- € = 1.861.808,- € Die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat vor der Tariferhöhung beträgt 1.861.808,- €. Als nächster Schritt wird berechnet, wie sich die Tariferhöhung monatlich auswirkt. Zuerst werden die tarifliche Grundlage und die tarifliche Leistungszulage, sowohl für die Arbeiter als auch die Angestellten, addiert. Für die Arbeiter ergibt sich folgender Wert: 14,75 € (tarifliche Grundlage) + 1,05 € (tarifliche Leistungszulage) = 15,80 € Für die Angestellten ergibt sich dieser Wert: 3.100,- € + 200,- € = 3.300,- € 524 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 443 <?page no="194"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 195 480 Arbeiter 160 Angestellte x 15,80 € x 167,4 Std./ Monat x 0,035 Faktor Tariferhöhung (3,5%) = 44.434,66 € x 3.300,- € x 0,035 Faktor Tariferhöhung (3,5%) = 18.480,- € Die beiden ermittelten Werte müssen addiert werden, um die effektive Auswirkung der Tariferhöhung pro Monat zu erhalten. 44.434,66 € + 18.480,- € = 62.914,66 € Die effektive Auswirkung der Tariferhöhung pro Monat beträgt 1.861.808,-€. Jetzt wird die Summe aus der Lohn- und Gehaltssumme pro Monat vor der Tariferhöhung und der effektiven Auswirkung nach der Tariferhöhung pro Monat berechnet. Mit der Berechnung wird die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat nach der Tariferhöhung ermittelt. 1.861.808,- € + 62.914,66 € = 1.924,722,66 € Die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat nach der Tariferhöhung beträgt 1.924,722,66€. Wie sich die Tariferhöhung prozentual ausgewirkt hat, lässt sich folgendermaßen berechnen: Tariferhöhung 62.914,66€ x 100% alte Lohn − und Gehaltssumme 1.861.808, −€ = 3,38% Auf der Basis der Lohn- und Gehaltsumme vor der Tariferhöhung, hat sich die Lohn- und Gehaltsumme nach der Tariferhöhung um 3,38% verändert. Für das jeweilige Kalenderjahr lässt sich die prozentuale Auswirkung der Tariferhöhung zum 01.04. wie folgt darstellen. Auswirkung im laufenden Jahr: 9 Monate entsprechen 75% eines Jahres 0,75% x 3,38% = 2,54% Folgebelastung für das nächste Kalenderjahr: 3 Monate entsprechen 25% eines Jahres 0,25% x 3,38% = 0,84% Effektive Gesamtbelastung = 3,38% Sollen die Arbeiter bzw. die Angestellten Mehrstunden im Monat leisten, lässt sich dies mit der Mehrstundenquote ermitteln. Mehrstundenquote = Mehrstunden pro Monat x 100 Normalarbeitszeit pro Monat <?page no="195"?> 196 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Durch das Hinzuaddieren eines Faktors für Mehrarbeitszuschläge auf die Mehrstundenquote, werden die Mehrstunden für die Lohn- und Gehaltsumme nach der Tariferhöhung berücksichtigt. Bei der folgenden Beispielrechnung zu der Mehrstundenquote werden durchschnittlich 10 Mehrstunden pro Arbeiter im Monat als Prämisse festgelegt. Der durchschnittliche Zuschlag beträgt in diesem Beispiel 30%. 10 Std. x 100% 167,4 Std. + 30% Zuschlag = 7,76% Alte Lohnsumme der Arbeiter 1.325.808,- € + Tariferhöhung 44.434,66 € = neue Lohnsumme der Arbeiter 1.370.242,66 € + 7,76% 106.330,83 € Lohnsumme der Arbeiter inkl. Mehrstunden 1.476.573,49 € Die Lohnsumme erhöht sich durch die Mehrstunden um 106.330,83 €. Tarifliche Urlaubsverlängerung um einheitlich einen Tag Für die Berechnung einer tariflichen Urlaubsverlängerung um einheitlich einen Tag, werden die Zahl der Tarifmitarbeiter (ohne personelle Veränderungen im betrachteten Zeitraum) und die Durchschnittsentgelte als Ausgangsdaten benötigt. 525 Mitarbeiterzahl Tarif Durchschnittsentgelte ohne Mehrstunden 480 Arbeiter 160 Angestellte 16,50 €/ Std. 3.350,- €/ Monat Zuerst werden die Lohn- und Gehaltskosten für die Entgeltfortzahlung pro Urlaubstag berechnet. 480 Arbeiter 160 Angestellte x 16,50 €/ Std. x 7,7 Std. = 60.984,- € x 3.350,- €/ Monat / 167,4 Std./ Monat X 7,7 Std. = 24.654,72 € Die beiden ermittelten Werte müssen addiert werden, um die Entgeltfortzahlung pro Urlaubstag zu erhalten. 60.984,-€ + 24.654,72 € = 85.638,72€ Die Entgeltfortzahlung pro Urlaubstag beträgt 85.638,72€. 525 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 445 <?page no="196"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 197 Als nächstes werden die Kosten für das zusätzliche Urlaubsgeld berechnet. In diesem Beispiel entspricht das zusätzliche Urlaubsgeld 50% vom durchschnittlichen Entgelt. 526 50% von 85.638,72 € = 42.819,36 € Die Kosten für das zusätzliche Urlaubsgeld sind in diesem Beispiel 42.819,36€. Jetzt lassen sich die Gesamtkosten für den zusätzlichen Urlaubstag berechnen mit Hilfe der Entgeltfortzahlung pro Urlaubstag und den Kosten für das zusätzliche Urlaubsgeld. Die Veränderung der Personalzusatzkosten wird hierbei nicht berücksichtigt. 527 85.638,72 € + 42.819,36 € = 128.458,08 € Die Gesamtkosten für den zusätzlichen Urlaubstag entsprechen 128.458,08€. Die prozentuale Mehrbelastung, aufgrund des zusätzlichen Urlaubstages, an der jährlichen Lohn- und Gehaltssumme wird im Folgenden berechnet. Monatliche Lohn- und Gehaltssumme aus Beispiel 1: 1.861.808,-€ x 12 Monate = Jahressumme 22.341.696,-€ Gesamtkosten Urlaubsverlängerung 128.458,08 € x 100% jährlichen Lohn − und Gehaltssumme 22.341.696, − € = 0,57% 0,57% machen die Gesamtkosten der Urlaubsverlängerung an den jährlichen Lohn- und Gehaltssumme aus. Für die Berechnung der prozentualen Ausfallzeit gemessen an der Nettoarbeitszeit vor Urlaubsverlängerung gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. 1. Variante: 365 Tage pro Jahr - 104 Samstage/ Sonntage - 11 Feiertage im Durchschnitt - 30 Urlaubstage vor Urlaubsverlängerung = 220 Netto-Arbeitstage Die errechneten Netto-Arbeitstage können pro Jahr variieren z.B. aufgrund der unterschiedlich fallenden Feiertage (z.B. Weihnachten). 1 zusätzlicher Urlaubstag x 100% 220 Netto − Arbeitstage = 0, 45 % 526 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 445 527 Vgl. ebd. <?page no="197"?> 198 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit 2. Variante: 365 Tage pro Jahr - 104 Samstage/ Sonntage - 11 Feiertage im Durchschnitt - 30 Urlaubstage vor Urlaubsverlängerung = 220 Netto-Arbeitstage - 12 Krankheitstage (entspricht einem durchschnittlichen Krankenstand von 5,3%) 528 - 3 Tage sonstige Fehlzeiten (z.B. Hochzeit, Umzug) = 205 Netto-Arbeitstage 1 zusätzlicher Urlaubstag x 100% 220 Netto − Arbeitstage = 0,49% Die zweite Variante ist bei der Berechnung der prozentualen Ausfallzeit genauer, da noch weitere mögliche Ausfallursachen (Krankheit und sonstige Fehlzeiten) berücksichtigt werden. Kosten einer tariflichen Arbeitszeitverkürzung von 40 Std./ Woche auf 38,5 Std./ Woche Für die Berechnung der Kosten einer tariflichen Arbeitsverkürzung von 40 Std./ Woche auf 38,5 Std./ Woche, werden die Zahl und die Struktur der Tarifmitarbeiter (ohne personelle Veränderungen im betrachteten Zeitraum) als Grundlage benötigt. Es ist von der folgenden Prämisse auszugehen, dass die Arbeits- und Fertigungsbedingungen gleichbleiben trotz der Arbeitszeitverkürzung. 529 In diesem Beispiel werden die 480 Arbeiter in 330 Fertigungsarbeiter sowie 150 Gemeinkostenarbeiter (davon 90 Vollzeit- und 60 Teilzeitbeschäftigte) aufgeteilt. Die 160 Angestellten unterscheiden sich in 150 Vollzeit- und 10 Teilzeitbeschäftigte. Die nominale Auswirkung der Arbeitszeitverkürzung wird wie folgt berechnet: Arbeitszeit vor Verkürzung 40 Std./ Woche x 100% Arbeitszeit nach Verkürzung 38,5 STd./ Woche − 100 = 3,9% Laut dieser Rechnung steigen die Personalkosten um 3,9% wenn eine tarifliche Arbeitsverkürzung von 40 Std./ Woche auf 38,5 Std./ Woche vollzogen wird. Bei der effektiven Auswirkung der Arbeitszeitverkürzung lassen sich die Mehrbelastungen beeinflussen, z.B. Rationalisierung oder Einstellung von Mitarbeitern. 528 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 446 529 Vgl. ebd., S. 447 <?page no="198"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 199 In der Fertigung wirkt sich die Arbeitszeitverkürzung am stärksten aus. Entweder werden 3,9% neue Fertigungsmitarbeiter benötigt oder das Unternehmen nimmt eine geringere Fertigungsmenge in Kauf. Die Stückkosten steigen in beiden Fällen. In dem weiteren Verlauf dieses Beispiel wird von ausgegangen, dass 3,9% neue Fertigungsarbeiter eingestellt werden. 530 Bei den Gemeinkostenarbeiter und Angestellten sind die möglichen Konsequenzen differenzierter zu betrachten. In diesem Beispiel werden von folgenden Prämissen für die Gemeinkostenarbeiter und für die Angestellten ausgegangen: Gemeinkostenarbeiter: 50% der ausfallenden Arbeitszeit wird durch zusätzliches Personal ersetzt; Teilzeitkräfte bleiben bei ihrer Arbeitszeit unverändert (mit dem Unterschied das die Arbeitszeit der Teilzeitkräfte teurer wird) Angestellte: 30% der ausfallenden Arbeitszeit wird durch Personalausweitung ausgeglichen; Teilzeitangestellte und Teilzeitarbeiter im Gemeinkostenbereich 531 Berechnung der Auswirkungen: Anzahl Mitarbeiter Faktor Auswirkung Arbeitszeitverkürzung % Fertigungsarbeiter Gemeinkostenarbeiter - Vollzeitbeschäftigte - Teilzeitbeschäftigte Angestellte - Vollzeitbeschäftigte - Teilzeitbeschäftigte 330 45 45 60 105 45 10 640 x 3,9% 0 x 3,9% x 3,9% 0 x 3,9% x 3,9% 1.287 175,5 234,0 175,5 39,0 1.911,0 1.911% 640 Mitarbeiter = 2, 99 % Die prozentuale Auswirkung auf die Personalkosten beträgt 2,99%. Die Veränderung der neuen durchschnittlichen monatlichen Stundenleistung lässt sich wie folgt berechnen: Tage pro Jahr (einschließlich Schaltjahr) 365,25 Tage / 12 Monate / 7 Wochentage × 38,5 Std./ Woche = 167,4 Std./ Monat 530 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 447 531 Vgl. ebd. <?page no="199"?> 200 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Trotz einer Arbeitsverkürzung von 40 Std./ Woche auf 38,5 Std./ Woche hat sich die durchschnittliche monatliche Stundenleistung nicht verändert. Aber dafür steigen die Personalkosten um 2,99%. Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung Für die Berechnung zur Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung, werden die Beitragssätze zu den einzelnen Sozialversicherungszweigen sowie die Lohn- und Gehaltsbandbreiten mit Häufigkeitsverteilung der Mitarbeiter (tariflich und außertariflich Beschäftigte) als Ausgangsdaten benötigt. Die Beitragsbemessungsgrenzen der Renten- und Arbeitslosenversicherung ändert sich in diesem Beispiel von 5.700,- € auf 6.000,- €. Bei der Krankenversicherung wird von einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen von 4.275,- € auf 4.500,- € ausgegangen 532 Bandbreiten in € Anzahl Mitarbeiter Durchschnittsentgelt in € 1. bis 4.274 2. 4.275 - 4.299 3. 4.300 - 4.500 4. 4.400 - 4.500 5. 4.501 - 5.699 6. 5.700 - 5.799 7. 5.800 - 5.899 8. 5.900 - 6.000 9. über 6.000 355 25 25 20 85 35 30 20 45 - (unterhalb Bemessungsgrenze) 4,280,- 4.360,- 4.420,- - (durchschnittliche Bem.Gr.) 5.735,- 5.845,- 5.930,- - (oberhalb Bemessungsgrenze) Um die Entgeltsummen zu berechnen, die von der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze betroffen sind und als Berechnungsbasis benötigt werden für die Beiträge zur Krankenversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung, wird wie folgt vorgegangen. Als erstes werden die Kosten der Krankenversicherung dargestellt: 25 Mitarbeiter x 5,- € = 125,- € 25 Mitarbeiter x 85,- € = 2.125,- € 20 Mitarbeiter x 145,- € = 2.900,- € 215 Mitarbeiter x 225,- € = 48.375,- € 53.525,- € Die Mitarbeiter, die aufgrund der Entgelthöhe von über 4.500€ die volle Beitragsbemessungserhöhung zu tragen haben, werden summiert (215 Mitarbeiter). Der Wert, mit denen die jeweiligen Mitarbeitergruppen multipliziert 532 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 448 <?page no="200"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 201 wird, berechnet sich mit den Durchschnittsentgelt der Bandbreite abzüglich der alten Beitragsbemessungsgrenze von 4275,-€. Wird von einem Beitragssatz von z.B. 14,6% für die Krankenversicherung ausgegangen, berechnen sich die Kosten der Krankenversicherung für den Arbeitgeber durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze wie folgt: Beitragssatz = 14,6%, davon Arbeitgeberanteil 50% = 7,3% von 53.525,- € = 3.907,33 € Die Kosten der Renten- und Arbeitslosenversicherung werden wie folgt ermittelt: 35 Mitarbeiter x 35,- € = 1.225,- € 30 Mitarbeiter x 145,- € = 4.350,- € 20 Mitarbeiter x 230,- € = 4.600,- € 45 Mitarbeiter x 300,- € = 13.500,- € 23.675,- € Die Mitarbeiter, die aufgrund der Entgelthöhe von über 6.000€ die volle Beitragsbemessungserhöhung zu tragen haben, entspricht in diesem Beispiel nur die letzte Bandbreitenstufe 9. in der obigen Tabelle. Der Wert, mit denen die jeweiligen Mitarbeitergruppen multipliziert wird, berechnet sich mit dem Durchschnittsentgelt der Bandbreite abzüglich der alten Beitragsbemessungsgrenze von 5.700,- €. Wird von einem Beitragssatz für die Rentenversicherung von 18,7% und für die Arbeitslosenversicherung von 3% ausgegangen, berechnen sich die Kosten der Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Arbeitgeber durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze wie folgt: Beitragssatz Rentenversicherung = 18,7% Beitragssatz Arbeitslosenversicherung = 3% 21,7% davon Arbeitgeberanteil 50% = 10,85% von 23.675,- € = 2.722,63 € Aufgrund der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung erhöhen sich die Personalkosten um insgesamt 5934,13 € (=3.211,50 € + 2.722,63 €). Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Für die Berechnung der Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, werden der Krankenstand in % (unterschieden nach Arbeitern und Angestellten), die Zahl der Mitarbeiter und das Durchschnittsentgelt als Ausgangsdaten benötigt. 533 533 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 448 <?page no="201"?> 202 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Mitarbeiterzahl Durchschnittsentgelt Durchschnittlicher Krankenstand 480 Arbeiter 160 Angestellte 16,50 €/ Std. 3.350,- €/ Monat 5,0% 3,5% Die Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall berechnen sich wie folgt: 480 Arbeiter 160 Angestellte x 16,50 €/ Std. x 167,4 Std./ Monat x 0,05 Faktor Krankenstand = 66.290,40,- € x 3.350,- €/ Monat x 0,035 Faktor Krankenstand = 18.760,- € Die beiden errechneten Werte müssen dann addiert werden, um die Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, zu ermitteln. 66.290,40,-€ + 18.760,-€ = 85.050,40€ Die Lohn- und Gehaltssumme pro Monat vor der Tariferhöhung beträgt 85.050,40€. Mit dem errechneten Wert kann die prozentuale Belastung der Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, in Anbetracht der monatliche Lohn- und Gehaltssumme (aus Beispiel 1), berechnen werden. 85.050,40€ x 100% 1.861.808, −€ = 4,57% Die prozentuale Belastung der Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Bezug auf der monatliche Lohn- und Gehaltssumme beträgt 4,57%. Kosten eines Arbeitsunfalls Eine Beispielrechnung für die Ermittlung der Kosten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. In dieser Tabelle wird je nach Arbeitsplatz berechnet, wie viel Kosten ein Arbeitsunfall beträgt. Es wird ebenfalls gezeigt, zu welcher Kostenart, wie die Einzel-, Gemein- oder Gesamtkosten, die jeweiligen betrieblichen Unfallkosten gezählt werden. <?page no="202"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 203 E i n z e k o s t e n Betriebliche Unfallkosten Maschinenarbeitsplatz in € Handarbeitsplatz in € Verwaltungsarbeitsplatz in € G e s a m t k o s t e n 1. Personalkosten pro Unfalltag 157,65 157,65 281,75 2. Arbeitsplatzkosten pro Unfalltag 152,48 144,03 120,15 3. Direkte Unfallkosten pro Unfalltag 1,16 1,16 1,16 25,92 25,92 5,16 5,16 155,61 155,61 155,61 7. Summe (1. bis 6.) 497,98 489,53 558,67 G e m e i n k o s t e n 8. Berufsgenossenschaftsbeitrag (beeinflussbarer Gesamtkostenanteil) 121,49 121,49 121,49 9. Krankenversicherungskosten 367,31 367,31 367,31 10. Summe (8+9.) 488,80 488,80 488,80 11. Summe (7. + 10.) 986,78 978,33 1.047,47 Kosten eines Arbeitsunfalls 534 Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes Am Beispiel eines Tarifvertrages der Metallindustrie wird der Ablauf einer Kostenrechnung zum tariflichen Weihnachtsgeld dargestellt. 535 Folgende Zahlungsstaffelungen sind nach dem Tarifvertrag vorgesehen: nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit 20% nach 12 Monaten Betriebszugehörigkeit 30% nach 24 Monaten Betriebszugehörigkeit 40% nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit 50% eines Monatsverdienstes. 536 534 Vgl. Schneider (1986), zitiert nach Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 450 535 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium 25der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 451 536 Vgl. ebd. <?page no="203"?> 204 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Für die Berechnung der Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes, werden die Dienstzeitstruktur, die Zahl der Mitarbeiter und das Durchschnittsentgelt(gleichmäßig in den unterschiedlichen Dienstzeitgruppen) als Ausgangsdaten benötigt. 537 Mitarbeiterzahl Durchschnittsentgelt durchschnittlicher Krankenstand 480 Arbeiter 16,50 €/ Std. 6 Monate 12 Monate 24 Monate 36 Monate 30 Mitarbeiter 50 Mitarbeiter 70 Mitarbeiter 330 Mitarbeiter 160 Angestellte 3.350,- €/ Monat 6 Monate 12 Monate 24 Monate 36 Monate 5 Mitarbeiter 10 Mitarbeiter 15 Mitarbeiter 130 Mitarbeiter Der Durchschnittsprozentsatz vom Monatsverdienst berechnet sich wie folgt: 480 Arbeiter 160 Angestellte 30 Mitarbeiter x 20% = 600 50 Mitarbeiter x 30% = 1.500 70 Mitarbeiter x 40% = 2.800 330 Mitarbeiter x 50% = 16.500 480 21.400 5 Mitarbeiter x 20% = 100 10 Mitarbeiter x 30% = 300 15 Mitarbeiter x 40% = 600 130 Mitarbeiter x 50% = 6.500 160 7.500 21.400 480 Arbeiter = 44,6% 7.500 160 Angestellte = 46,9% Der Durchschnittsprozentsatz vom Monatsverdienst eines Arbeiters beträgt 44,6% und der Durchschnittsprozentsatz vom Monatsverdienst eines Angestellten entspricht 46,9%. D.h. der Arbeiter bekommt 44,6% seines Monatsverdienstes als tarifliches Weihnachtsgeld ausgezahlt. Die Personalkosten für die Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes werden im Folgenden dargestellt. 537 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 451 <?page no="204"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 205 480 Arbeiter 160 Angestellte x 16,50 €/ Std. x 167,4 Std./ Monat x 0,446 Weihnachtsgeld = 591.310,36,- € x 3.350,- €/ Monat x 0,035 Weihnachtsgeld = 251.384,- € Aus den beiden Werten wird die Summe berechnet, um die Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes zu erhalten. 591.310,36,-€ + 251.384,-€ = 842.694,36€ Die Kosten des tariflichen Weihnachtsgeldes betragen für dieses Beispiel 842.694,36€. Personalzusatzkosten eines Arbeiters im Verhältnis zum Entgelt Für die Berechnung der Personalzusatzkosten eines Arbeiters im Verhältnis zum Entgelt, werden der Durchschnittslohn, die durchschnittlichen Urlaubs- und Feiertage, die durchschnittliche Krankenstände, sonstige Fehlzeiten, Mehrarbeitsquote, Sozialversicherungsbeiträge sowie verschiedene Durchschnittskosten als Ausgangsdaten benötigt. 538 Zuerst werden alle Personalzusatzkostenbestandteile aus dem Lohn herausgerechnet. Dadurch wird das eigentlich Entgelt für die geleistete Arbeit ermittelt. Als weitere Prämissen gelten: Durchschnittslohn = 16,50 €/ Std. Durchschnittlich 10 Mehrstunden pro Monat Durchschnittlich 30% Zuschläge durch die Mehrstunden. 539 Der nächste Schritt ist den Brutto-Jahreslohn zu ermitteln. Dafür wird der Lohn für Mehrstunden als erstes errechnet. 16,50 €/ Std. × 10 Mehrstunden pro Monat + 30% Mehrstundenzuschlag = 214,50 € 2.762,10 € (Lohn für Normalstunden (16,50 €/ Std. × 167,4 Std./ Monat)) + 214,50 € (Lohn für Mehrstunden) = 2.976,60 € (Lohnsumme brutto pro Monat) × 12 Monate = 35.719,20 € (Lohnsumme brutto pro Jahr) 538 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 452 539 Vgl. ebd. <?page no="205"?> 206 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Nachdem der Brutto-Jahreslohn ermittelt ist, kann die im Bruttolohn enthaltenen Löhne für nicht geleistete Arbeit (Urlaubslohn, Feiertagslohn, Krankheitsfortzahlung und sonstige Fehlzeiten) berechnet werden. Bevor die Löhne für nicht geleistete Arbeit ermittelt werden können, muss der Durchschnittslohn inklusive den Mehrstunden erfasst werden. Der Durchschnittslohn inklusive den Mehrstunden entspricht dem Quotient von Lohnsumme brutto pro Monat dividiert durch die Arbeitsstunden im Monat. 2.976,60 €/ Monat 167,4 Std./ Monat = 17,76 € Std. Der im Bruttolohn enthaltene Urlaubslohn berechnet sich dann wie folgt: 30 Tage × 7,7 Stunden × 17,78 €/ Std. = 4.107,18 € Der Feiertagslohn, die Krankheitsfortzahlung und sonstige Fehlzeiten (z.B. Mutterschutz, Sonderurlaub) werden ebenfalls wie der im Bruttolohn enthaltene Urlaubslohn berechnet. Dies wird in der eben genannten Reihenfolge (der Feiertagslohn, die Krankheitsfortzahlung und sonstige Fehlzeiten) im Folgenden dargestellt. 11 Tage × 7,7 Stunden × 17,78 €/ Std. = 1.505,97 € (Feiertagslohn) 5% Krankenstand 8,37 Std./ Monat (5% von 167,4 Std./ Monat) × 12 Monate × 17,78 €/ Std. = 1.785,82 € (Krankheitsfortzahlung) 3 Tage × 7,7 Stunden × 17,78 €/ Std. = 410,72 € (sonstige Fehlzeiten) Mit den ermittelten Werten der im Bruttolohn enthaltenen Löhne für nicht geleistete Arbeit kann das Entgelt für die geleistete Arbeit berechnet werden. 35.719,20 € Lohnsumme brutto pro Jahr - 4.107,18 € Urlaubslohn - 1.505,97 € Feiertagslohn - 1.785,82 € Krankheitsfortzahlung - 410,72 € sonstige Fehlzeiten = 27.909,51 € <?page no="206"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 207 Der nächste Schritt beinhaltet die Ermittlung der Personalzusatzkosten aufgrund von Gesetz und Tarif. Dazu zählen das zusätzliche Urlaubsgeld, das Weihnachtsgeld, die vermögenswirksamen Leistungen (in diesem Beispiel betragen sie 624,- €), die Sozialversicherungsbeiträge (Renten- und Krankenversicherung ohne Beachtung der Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze sowie die Berufsgenossenschaftsbeiträge), die Kosten für den Werksarzt (in diesem Beispiel betragen sie 257,-€) und die Arbeitssicherheit sowie die Kosten aufgrund Betriebsverfassungsgesetzes(in diesem Beispiel betragen sie 371,-€). 540 Die Berechnungen der Personalzusatzkosten werden wie folgt ermittelt: 50% des Urlaubslohnes von 4.107,18 = 2.053,59 € (zusätzliche Urlaubsgeld) 44,6% des Monatslohnes von 2.976,60€ im Durchschnitt aller Arbeiter = 1.327,56 € (Weihnachtsgeld) Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge (Renten- und Krankenversicherung sowie die Berufsgenossenschaftsbeiträge) muss der gesamte Jahresbruttolohn ermittelt werden. Dies erfolgt folgenermaßen: 35.719,20 € (Jahresbruttolohn ohne Sonderzahlungen) + 2.053,59 € (zusätzliches Urlaubsgeld) + 1.327,56 € (Weihnachtsgeld) + 624 € (vermögenswirksame Leistungen) = 39.724,23 € (Gesamt Jahresbruttolohn) Arbeitgeberanteil an der Rentenversicherung mit 9,35% von 39.724,35€ = 3.714,23 € (Rentenversicherung) Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung mit 7,3% von 39.724,35€ = 2.899,88 € (Krankenversicherung) z.B. 1,5% des Jahresbruttolohns von 39.724,35€ = 595,86 € (Berufsgenossenschaftsbeiträge) Bei der Ermittlung der Kosten für Werksarzt und Arbeitssicherheit sowie die Kosten aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes werden die Kosten der Kostenstelle durch die im Jahresdurchschnitt beschäftigte Zahl der Mitarbeiter dividiert. Dies erfolgt ebenfalls bei den folgenden Berechnungen zu den Kosten für die Aus- und Fortbildung, für die Küchen und Kantinen sowie den Kosten für die betriebliche Altersversorgung. Die Personalzusatzkosten werden für betriebliche Leistungen folgendermaßen ermittelt. Aus- und Fortbildung 1.300,- € Küchen und Kantinen + 550,- € Betriebliche Altersversorgung + 1.425,- € 2.275,- € 540 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 454 <?page no="207"?> 208 Kapitel 5: Personalkostenplanung zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit Zum Abschluss werden die Personalzusatzkosten im Verhältnis zu dem Leistungsentgelt gesetzt, dies wird wie folgt berechnet: Personalzusatzkosten in € x 100% 27.909,51€ Personalzusatzkosten in € € x 100% 27.909,51 € Personalzusatzkosten aufgrund von Gesetz und Tarif Urlaubslohn Zusätzliches Urlaubsgeld Feiertagslohn Krankheitsfortzahlung Sonstige Fehlzeiten Weihnachtsgeld Vermögenswirksame Leistungen Rentenversicherung Arbeitslosenversicherung Krankenversicherung Berufsgenossenschaft Werksarzt / Arbeitssicherheit Kosten Betriebsverfassungsgesetz 4.107,18 2.053,59 1.505,97 1.785,82 410,72 1.327,56 624,- 3.714,23 595,87 2.899,88 595,86 257,- 371,- 14,7 7,4 5,4 6,4 1,5 4,8 2,2 13,3 2,13 10,39 2,1 0,9 1,3 72,52 Personalzusatzkosten aufgrund von betrieblichen Leistungen Aus- und Fortbildung Küchen und Kantinen Betriebliche Altersversorgung 1.300,- 550,- 1.425,- 4,7 2,0 5,1 11,8 Personalzusatzkosten gesamt 84,32 (=72,52 +11,8) Auf das Entgelt für geleistete Arbeit (entsprechen 100%) kommen 84,32% durch Personalzusatzkosten hinzu. Das Ergebnis zeigt wie kostenintensive das Personal in einem Unternehmen ist. Aufgrund der Beispielrechnungen wird deutlich wie sehr der Bereich der Personalkostenplanung auf Informationen aus anderen Bereichen angewiesen ist. Z.B. werden durch die Personalstatistik Quoten ermittelt oder die durchschnittlichen Krankentage aufgrund der letzten Jahre, die dann für weitere Berechnungen in der Personalkostenplanung benötigt werden. <?page no="208"?> 5.5 Berechnungsbeispiele 209 Anders herum bietet auch die Personalkostenplanung genug Informationen, die andere Bereiche benötigen z.B. für Tarifverhandlungen. Die Forderungen der Arbeitnehmer können auf das Berechnungsbeispiel flexibel angepasst werden, um zu sehen welche Auswirkungen die Forderungen auf die Personalkosten haben. Daher bietet es sich an die o.g. Formeln für die weitere Arbeit leicht zugänglich zu machen, z.B. durch eine Formelsammlung. Dadurch sind dauerhafte Vergleiche auch in Zukunft möglich. 541 Das Berechnungsbeispiel hat gezeigt, wie schon marginale Veränderungen die Personalkosten steigen lassen und welcher große Kostenblock aufgrund des Personals entsteht. Es folgt eine kritische Auseinandersetzung, ob die Personalkostenplanung und das Personalcontrolling als Grundlage eines wertorientierten Entgeltmanagements genutzt werden können. 541 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1990), S. 454 <?page no="210"?> Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme auf der Basis von Unternehmensbewertungen <?page no="211"?> Shareholder Value als Philosophie der Aktienoptionsprogramme Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value- Ansatzes Die Idee der marktwertorientierten Unternehmensführung - auch als Shareholder Value-Ansatz, Wertmanagement-Ansatz, Wertsteigerungsansatz oder wertorientierte Unternehmenssteuerung bezeichnet - lässt sich seit den 1980er-Jahren rekonstruieren. Besondere Bekanntheit gewann die Idee aber im Jahre 1986 mit dem Erscheinen des Buches „Creating Shareholder Value“ von Alfred Rappaport, der den Discounted Cash Flow (DCF) dem Shareholder Value zugrunde legte. 542 Der Shareholder Value-Ansatzes stellt die Maximierung des Marktwerts des Unternehmens für die Anteilseigner als die primäre Zielsetzung der Unternehmensleitung in den Vordergrund: „Corporate Mission Statements proclaiming that the primary responsibility of management is to maximize shareholder’s total return via dividends and increases in the market price of the company’s shares around.“ 543 Nach diesem von Rappaport entworfenen Unternehmensleitbild fühlt sich die Unternehmensleitung unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der vertraglichen Vereinbarungen nur den Eigentümern des Unternehmens gegenüber verantwortlich. 544 Das Management muss sich bei seinen Entscheidungen an den finanziellen Zielen der Aktionäre ausrichten, die dann eine angemessene Rendite des zur Verfügung gestellten Kapitals erwarten dürfen. Um die Managementleistung einfach zu beziffern für Bonuszahlungen und Aktienoptionsprogrammen, benutzt Rappaport den Discounted Cash Flow-Ansatz, ein finanzmathematisches Berechnungsverfahren, auf der Grundlage diskontierter Einnahmenüberschüsse der Kapitalwertmethode und der internen Zinsfußmethode, und kann damit der Beschreibung und der Beurteilung der Managementleistungen des Vorstandes, der obersten Führungskräfte und AT-Manager usw. ausweichen, was sich als größere Katastrophe für das variable Entgeltmanagement von Eliten herausstellen wird. Der Shareholder Value-Ansatz entwickelte sich aus der praktischen Erfahrung, dass die traditionellen buchhalterischen Kennzahlen aus der Sicht des Aktionärs (Shareholder) unzureichende Indikatoren für den Unternehmenserfolg sind. In der Kritik standen sowohl der Gewinn als Performance-Maß, als auch die aus ihm abgeleiteten relativen Kennzahlen. Das sind z.B. die Rentabilität des Eigenkapitals (Return on Equity, ROE) und die Rentabilität des investierten Kapitals (Return on Investment, ROI). 545 Außerdem suchte man nach entsprechenden Anreizmechanismen, um die fortwährenden Interessenkon- 542 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 2 f. 543 Rappaport, A.: Shareholder; (1986); S. 1 544 Vgl. Busse von Colbe, W.: Shareholder Value; (1997); S. 272 545 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 15 ff. <?page no="212"?> 6.1 Shareholder Value als Philosophie der Aktienoptionsprogramme 213 flikte zwischen Management und Anteilseignern zu beseitigen. 546 Diese Interessenkonflikte ergeben sich - damals wie heute - immer dann, „…wenn der angestellte Manager als Agent eigene Ziele zu Lasten der Anteilseigner als seine Principals verfolgt.“ 547 Der Shareholder Value-Ansatz sollte demzufolge u. a. auch als Performance- und Entlohnungsmaßstab dienen, um die Führungskräfte ihre Entscheidungen wirksamer an den Interessen der Eigentümer ausrichten. Dimensionen des Shareholder Value-Ansatzes Obwohl sich der Shareholder Value-Ansatz mittlerweile bei vielen Unternehmen als Zielsetzung angepasst hat, wird er selten richtig verstanden, richtig angebracht oder - in der Unternehmensführung - richtig umgesetzt. Der Shareholder Value ist mehr zum Modebegriff geworden. Um ein eindeutiges Verständnis vom Shareholder Value-Ansatz zu bekommen, untergliedert Hostettler den Begriff in zwei Dimensionen: Shareholder Value verstanden als Finanzgröße; Shareholder Value verstanden als Handlungsmaxime. 548 Shareholder Value als Finanzgröße Als Finanzgröße beschreibt der Shareholder Value den Aktionärsnutzen, der sich primär aus dem Halten von Aktien an einem Unternehmen ergibt. Wenn man die Aktie als Objekt der Investition betrachtet, können für die Bewertung des Werts von Aktieninvestitionen die gleichen Kriterien wie für die Bewertung von Investitionsprojekten einbezogen werden. Der Aktieninhaber beurteilt sein Engagement demnach aus Sicht der ihm in der Zukunft zufließenden Zahlungen. Hostettler definiert den Shareholder Value als den Wert in Gegenwart aller zukünftigen Nettoeinnahmen des Investors (Aktionärs). Aus diesem Grunde nimmt er zur gleichen Zeit eine Abgrenzung zwischen den „Nettoausschüttungen des Unternehmens“ und den „Nettoeinnahmen des Investors“ vor. 549 Die Definition des Hostettler ist daher breiter gefasst als die Auslegung, dass der Shareholder Value nur von Dividenden und Kurssteigerungen bestimmt wird. Unterstellt man die Existenz eines effizienten Kapitalmarkts, auf dem die Bezeichnung mit dem Barwert der künftigen Zahlungen bewertet wird, so entspricht der Shareholder Value auch dem Marktwert des Eigenkapitals. 550 Der Shareholder Value, im Falle von börsennotierten Unternehmen, ergibt sich einfach aus der Multiplikation des aktuellen Aktienkurses mit der Anzahl der Aktien. Werden Überbzw. Unterbewertungen durch den Aktienmarkt 546 Vgl. Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung; (1995); S. 121 547 Vgl. Bischoff, J.: Shareholder Value-Konzept; (1994); S. 4 548 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 22 f. 549 Vgl. ebd., S. 23 550 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 1 <?page no="213"?> 214 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme erwartet, so kann im Rahmen der fundamentalen Analyse der Aktien der Shareholder Value auf der Basis von Unternehmensdaten berechnet bzw. annähernd ermittelt werden. Diesbezüglich wird z.B. das unter dem Titel des Shareholder Value-Ansatzes bekannt gewordene Discounted Cash Flow- Verfahren (DCF) verwendet. Value als Handlungsmaxime Bei der Anwendung des Shareholder Value-Ansatzes als Handlungsmaxime steht die Frage im Vordergrund, welche Größen das Management beeinflussen kann und soll, um den Shareholder Value zu maximieren, denn „Ansätze zur Steigerung des Shareholder Value gehen über eine reine Umsatz- oder Gewinnmaximierungsstrategie hinaus“. 551 In der Literatur werden zur Beantwortung dieser Frage verschiedene Möglichkeiten dargestellt. Nach Rappapport kann die Unternehmensführung den Shareholder Value mittels Entscheidungen im operativen Bereich, im Investitionsbereich und im Finanzierungsbereich effektiv beeinflussen. 552 Dazu können aus Kapitalmarktsicht noch die Bereiche der Informations- und Kommunikationsentscheidungen ergänzt werden. 553 Discounted-Cash-Flow-Methode Auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung wird in Deutschland traditionell das Ertragswertverfahren bevorzugt. Seit einigen Jahren wird im Zuge von grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen und der Internationalisierung der Kapitalmärkte zunehmend die Discounted-Cash-Flow- Methode für die Bewertung von Unternehmen herangezogen. Das Verfahren stamm ursprünglich aus der anglo-amerikanischen Bewertungspraxis und wird auch für die Unternehmensbewertung eingesetzt. Mit Verabschiedung der aktualisierten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertung des IDW ist das DCF-Methode in Deutschland gleichberechtigt neben dem Ertragswertverfahren für die Unternehmensbewertungen durch die Wirtschaftsprüfer anerkannt. 554 Überblick über die verschiedene DCF-Ansätze Die Grundidee der DCF-Methode liegt darin, den effektiven Wert einer Unternehmung aus den Barwerten zukünftig zu erwartenden Rückflüsse, also Free Cashflow zu ermitteln. 555 Die Cash Flows stellen erwartete Zahlungen an die 551 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 27 552 Vgl. Rappaport, A.: Shareholder Value; (1999); S. 67 f. 553 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 27 f. 554 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 357 555 Vgl. Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung; (2003); S. 359 ff. <?page no="214"?> 6.2 Discounted-Cash-Flow-Methode 215 Kapitalgeber dar, die je nach Verfahren unterschiedlich definiert sind. 556 Für die Höhe des Diskontierungssatzes sind die Renditeforderungen der Kapitalgeber maßgeblich, wobei die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber aus kapitalmarkttheoretischen Modellen (z.B. CAPM), abgeleitet werden. 557 Bei der Berechnung des Unternehmenswertes werden die Investitionstheorie und die moderne Kapitalmarkttheorie in das Kapitalwertkalkül integriert. Und als Resultat der Unternehmensbewertung wird der Marktwert des Gesamtkapitals bzw. der auch als Shareholder Value bezeichnete Marktwert des Eigenkapitals berechnet. Innerhalb der DCF-Methode lassen sich unterschiedliche Modellansätze differenzieren, die sich je nach Definition der bewertungsrelevanten Cashflows und der rechnerischen Erfassung der Steuervorteile (Tax Shields) der Fremdkapitalfinanzierung unterteilen lassen. Abbildung 59: Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze 558 556 Vgl. IDW, Standard; (2000); S. 837 557 Vgl. Mandl G., Rabel K.: Unternehmensbewertung; (1997); S. 286 558 in Anlehnung an Schmeisser: Einführung in die Unternehmensbewertung, (2008), S. 134; Schultze, (2003), S. 30; Nowak, (200), S. 38 <?page no="215"?> 216 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Die Grundeinteilung der DCF-Methode erfolgt nach dem Kriterium der Ermittlung des Eigenkapitalwertes in Entity- und Equity-Ansatz. Beim Entity- Ansatz wird der Gesamtunternehmenswert aus Eigen- und Fremdkapitalgeber ermittelt und beim Equity-Ansatz den Unternehmenswert aus der Sicht der Eigenkapitalgeber. Üblich ist auch die Bezeichnung für Entity-Ansatz die Bruttomethode und für Equity-Ansatz die Nettomethode. Das Adjusted Present Value-Ansatz (APV) und der Ansatz mit gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) sind typische Bruttoverfahren. Der Unterschied dieser Ansätze liegt im Wesentlichen in der Berücksichtigung des Steuervorteils (Tax Shield) bei der Fremdkapitalfinanzierung 559 . Abbildung 59 stellt die verschiedenen Ansätze übersichtlich dar. Adjusted Present Value-Ansatz, Entitybzw. WACC-Ansatz und Equity- Ansatz führen bei identischen Annahmen über die Entwicklung des Bestandes des Fremdkapitals zum selben Ergebnis. Es ergeben sich für die einzelnen Verfahren unterschiedliche Unternehmenswerte wenn in der Realität diese Annahmen nicht erfüllt werden. 560 Entitybzw. WACC-Ansatz (Bruttoverfahren) Bei den Bruttoverfahren (Entity-Ansatz) wird der Eigenkapitalwert in zwei Schritten berechnet. Als erstes wird der Marktwert des Gesamtkapitals ( 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) des zu bewertenden Unternehmens bestimmt. Im zweiten Schritt wird der Marktwert des Eigenkapitals ( 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) ermittelt. Dazu wird von dem Marktwert des Gesamtkapitals ( 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) der Marktwert des Fremdkapitals ( 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) subtrahiert. Die Formeln unten geben diesen Zusammenhang wieder und verdeutlichen zugleich die Berechnung der einzelnen Komponenten. Mit dem WACC-Ansatz, dem APV-Ansatz und dem TCF-Ansatz existieren drei Varianten der Bruttoverfahren, welche sich in der Berücksichtigung des Tax Shield unterscheiden. Der Weighted Average Cost of Capital (WACC)-Ansatz ist in der Praxis am weitesten verbreitete Bruttoverfahren. Mit dem WACC-Ansatz wird versucht Marktwert des Gesamtkapitals eines Unternehmens durch die Diskontierung der gesamten Kapitalgeber zur Verfügung stehenden Free Cashflow (FCF) mit dem gewogenen durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) zu ermitteln. In diesem Ansatz werden im Diskontierungssatz die Steuerwirkungen des Fremdkapitals berücksichtig. Im Hinblick auf die Art der Erfassung steuerlicher Aspekte wird zwischen zwei WACC-Ansatz-Varianten unterschieden: Steuerberücksichtigung im Nenner (FCF-Methode) und Steuerberücksichtigung im Zähler (TFC-Methode). 561 Die Zählergröße Free Cashflow ist analog wie bei der APV-Ansatzes und sichert somit die Finanzierungsneutralität. Einflüsse aus der Kapitalstruktur 559 Vgl. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 557 f. 560 Vgl. Hachmeister, D.: Finanzierung; (1996); S. 260 561 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 8 f. Mandl G., Rabel K.: Unternehmensbewertung; (1997); S. 38 ff., 316 ff., 334 f. <?page no="216"?> 6.2 Discounted-Cash-Flow-Methode 217 schlagen sich in den Cashflows des Fremdkapitals und im Kalkulationszinsfuß nieder. Der Unterschied zum APV-Ansatz ist grundsätzlich die weniger trennscharfe Separierung der einzelnen Komponenten des Unternehmenswertes. Der Gesamtkapitalwert ermittelt sich nach wie folgt: 562 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐶𝐶𝐹𝐹 (1 + 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 (𝑍𝑍𝑍𝑍𝑤𝑤𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑤𝑤𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ) 𝑡𝑡 𝑍𝑍 𝑡𝑡=1 + 𝑅𝑅𝑅𝑅 𝐶𝐶𝐹𝐹,𝑇𝑇 (1 + 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ) 𝑇𝑇 (1) mit RW = Restwert n = Dauer der Detailplanungszeitraums T = Endzeitpunkt des Planungsraums. Danach erfolgt die Berechnung des Marktwerts des Fremdkapitals mit der folgenden Formel: 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 (1 + 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐺𝐺 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 (2) Im letzten Schritt erhält man den Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) in dem man das Fremdkapital vom Marktwert des Gesamtkapitals abzieht: 563 𝑈𝑈𝑅𝑅 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 (3) UW 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛ℎ 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = EK 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (1 + 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 (𝑍𝑍𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 − � 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 (1 + 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 (4) mit UW 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 ℎ 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = Unternehmenswert nach WACC-Ansatz unter Berücksichtigung der FCF-Ansatz EK 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Marktwert des Eigenkapitals unter Berücksichtigung der FCF-Ansatz 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Gesamtkapitals 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Fremdkapitals 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Free Cashflow vor Zinsen in der Periode t 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 = Cashflow an die Fremdkapitalgeber in Periode t 562 Vgl. Schmeisser, W.; Zündorf, H.; Eckstein, P.; Krimphove, D.: Einführung in die Unternehmensbewertung; (2008); S. 143. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 8 f. 563 Vgl. ebd. <?page no="217"?> 218 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 = Risikoäquivalente Renditeforderung der Fremdkapitalgeber 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 ( 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖 . 𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆 ℎ 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖 ) = durchschnittliche, gewogene Kapitalkostensatz inclusive Steuerwirkungen des Fremdkapitals (Tax Shield) Ermittlung der Free Cashflows (FCF) Sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der Unternehmenspraxis wird der Cash Flow auf unterschiedliche Weise definiert. Röösli schrieb: „Unter dem Free Cashflow wird derjenige Cashflow verstanden, der dem Unternehmen maximal entzogen werden könnte, ohne dessen Substanz zu beeinträchtigen.“ 564 Schultze beschreibt Free Cashflows als betriebliche Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen frei vorhanden sind, um sie zur Befriedigung der Ansprüche der Investoren zu verwenden, nachdem alle nötigen Investitionen getätigt wurden. 565 In der Unternehmensbewertung stellt das Free Cashflow das zentrale Element auf Basis eines ausgebauten DCF-Verfahrens dar. Deswegen ist eine genaue und ausführliche FCF-Planung unvermeidbar, um auf ein befriedigendes Endresultat zu gelangen. Der den Berechnungen der DCF-Verfahren zugrundeliegende Free Cashflow unterscheidet sich vom betrieblichen Cashflow in diesem Sinne, dass deren betrieblich bereits disponierte Bestandteile wieder entfernt werden. 566 Bei der Anwendung der DCF-Methode wird der Cash Flow vor Zinsen und Steuern mit der indirekten Methode auf Basis von Bilanzen-Plan sowie Plan- Gewinn und Verlustrechnungen erstellt. In Anlehnung an Volkart und Hommel wird folgende Ermittlung des Free Cashflow dargestellt: 567 Operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) - Steuern auf das Ergebnis = NOPAT + Abschreibungen/ Zuschreibungen - Investitionen ins Anlagevermögen - Investitionen ins Nettoumlaufvermögen = Free Cashflow (Entity-Brutto) +/ - Veränderungen des Net Working Capital +/ - Investitionen/ Desinvestitionen im Anlagevermögen = Free Cashflow (Equity-Netto) 564 Rösli, B.: 1000 Fragen und Antworten zum Rechnungswesen; (2002); S. 247. 565 Vgl. Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung; (2003); S. 89, S. 98 f. 566 Vgl. Pape, U.: Wertorientierte Unternehmensführung und Controlling; (1997); S. 102. 567 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 308. Hommel, M.; Dehmel, I.: Unternehmensbewertung; (2013), S. 305. <?page no="218"?> 6.2 Discounted-Cash-Flow-Methode 219 Davor hergeleitete Free Cashflows werden mittels der Bruttoverfahren für die Berechnung des Wertes eines Unternehmens verwendet. Dabei muss beachtet werden, dass das Unternehmen zu hundert Prozent mit Eigenkapital finanziert wird. Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten (WACC) Der WACC repräsentiert die risikoäquivalenten Renditeforderungen der Unternehmenseigner und der Fremdkapitalgeber, die mit den entsprechenden Eigenbzw. Fremdkapitalquoten zu Marktwerten gewichtet werden. Da die zur Berechnung benötigten freien Cashflows unter der Annahme eines (fiktiv) unverschuldeten Unternehmens ermittelt wurden, sind die Fremdkapitalkosten zusätzlich um die erzielbare Entlastung, die aus deren steuerlicher Abzugsfähigkeit entsteht (Tax Shield), zu kürzen. Bei unmittelbarer Typisierung ist ebenfalls die persönliche Ertragsteuerbelastung der Alternativinvestition in die Eigenkapitalkosten einzubeziehen. 568 Der Kapitalkostensatz 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 (𝑍𝑍𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) ergibt sich aus den mit der Kapitalstruktur gewichteten Kosten für das Eigen- und Fremdkapital. Die Kapitalkostenformel unterstellt analog zum APV-Ansatz ein einfaches Gewinnsteuersystem. Die Berechnung des Kapitalkostensatzes wird nach der Formel (5) berechnet: 569 𝑘𝑘 𝑤𝑤𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 (𝑍𝑍𝑛𝑛𝑛𝑛𝑖𝑖.𝑇𝑇𝑛𝑛𝑇𝑇 𝑆𝑆ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖) = 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ (1 − s) × 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 × 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ (1 − s) × 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐺𝐺𝐹𝐹 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑀𝑀𝑀𝑀 𝐺𝐺𝐹𝐹 𝑀𝑀𝑀𝑀 × 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 (6) (5) mit 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 = Renditeforderung der Eigentümer eines verschuldeten Unternehmens s = Unternehmenssteuersatz. Ein Vergleich der Formeln zur Ermittlung des Gesamtkapitalwertes (siehe Formel (1)) und der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten lässt erkennen, dass die gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten nur bei Kenntnis der Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals ermittelt werden können. Diese hängen ihrerseits jedoch wieder von den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten ab. Somit besteht beim WACC-Ansatz grundsätzlich ein Zirkulari- 568 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 363 569 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 362 ff. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 570 ff. <?page no="219"?> 220 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme tätsproblem, das jedoch leicht durch mathematische Iteration behoben werden kann. 570 Die Berechnung des Unternehmenswertes ist relevant, falls es um den Kauf oder Verkauf der gesamten Unternehmensteile oder einzelner Unternehmens geht. Für Investoren ist das im weitesten Sinne eine Anlage ihres Vermögens mit einer bestimmten Renditeerwartung. Aus diesem Grunde ist es nötig, überhaupt den WACC-Ansatz zu ermitteln. Da es jedoch viele verschiedene Bewertungsmethoden gibt, die für die Ermittlung eines Unternehmenswertes herangezogen werden können, ist die eine „richtige“ Berechnung nahezu unmöglich. Lediglich eine Wert-Zone kann ermittelt werden. Die Anwendung des Bruttoverfahren (Entity-Ansatz) auf Basis von Free Cashflow ist mit gewissen Vor-und Nachteilen verbunden: Vorteile Ist einer von international anerkannte Unternehmensbewertungsmethode Die Free Cashflows sind als Grundlage der Unternehmensbewertung bestens geeignet, da sie unabhängig von der nationalen Rechnungslegung sind. 571 Nachteile Es kann ein Zirkularitätsproblem bei der Berechnung der WACC entstehen. Es kann zu Bewertungsfehlern kommen, wenn in der Zukunft die Kapitalstruktur als konstant angenommen wird. Der Ansatz kann zu Ergebnisverzerrungen führen, wenn die tatsächliche Kapitalstruktur der Unternehmung mit der vorgegebenen Zielkapitalstruktur nicht übereinstimmt. 572 Die Planung des zukünftigen freien Cashflows ist in der Praxis z.T. sehr kompliziert. Auf den Gesamtwert einer Unternehmung hat Restwert sehr große Auswirkung, i.d.R. ca. 80% des Gesamtwertes. 573 Adjusted Present Value-Ansatz Das Konzept APV ist für die Erfassung komplexer Steuerwirkungen und für die Bewertung von Unternehmen mit stark veränderlicher Kapitalstruktur 570 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 365 571 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 44 572 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 333 573 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 44 <?page no="220"?> 6.2 Discounted-Cash-Flow-Methode 221 geeignet. 574 Bei diesem Ansatz besteht die Idee in der Zerlegung und isolierten Bewertung der Zahlungsströme des Unternehmens. Der Unternehmenswert wird komponentenweise berechnet. Den grundsätzlichen Aufbau des APV-Ansatzes zeigen die Bewertungsformeln (6) und (7). Dabei ist die Formel (7) eine Spezifikation von (6). In diesem Zusammenhang wird ein Unternehmen unterstellt, das sich mit Eigen- und Fremdkapital finanziert, wobei ein einfaches Steuersystem mit dem Steuersatz s gilt. Zuerst wird die erste Komponente des APV-Ansatzes der Marktwert eines (theoretisch) unverschuldeten Unternehmens berechnet ( 𝑉𝑉 𝑢𝑢 ). Es wird eine vollständige Eigenfinanzierung aller operativen Tätigkeiten angenommen. Nachfolgend werden die Wertbeiträge der Fremdfinanzierung über die zweite Komponente berücksichtigt und mit 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 beschrieben. Es handelt sich um die Kaptalstruktur, für die sich das Unternehmen entschieden hat. Aus 𝑉𝑉 𝑢𝑢 und 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 ergibt sich der Marktwert des Gesamtkapitals ( 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ), der zur Ermittlung des eigentlichen Unternehmungswertes um den Marktwert des Fremdkapitals gemindert werden 575 : 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝑉𝑉 𝑢𝑢 + 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 − 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 (6) Mittels der Formel (7) ist erkennbar, welche Größen zur Bewertung mit Hilfe des APV-Ansatzes bekannt sein müssen: 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (1+𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐸𝐸 𝑢𝑢𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑢𝑢ℎ𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑢𝑍𝑍𝑡𝑡 ) 𝑡𝑡 ∞𝑡𝑡=0 + ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑇𝑇𝑇𝑇𝑡𝑡 (1+𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐸𝐸 ) 𝑡𝑡 ∞𝑡𝑡=0 − ∑ 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐸𝐸𝑡𝑡 (1+𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐸𝐸 ) 𝑡𝑡 ∞𝑡𝑡=0 (7) mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴𝐴 = Unternehmenswert nach APV-Ansatz 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Eigenkapitals 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Gesamtkapitals 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des Fremdkapitals 𝑉𝑉 𝑢𝑢 = Wert des unverschuldeten Unternehmens 𝑉𝑉 𝑇𝑇𝑆𝑆 = Wert des Tax Shields (Steuervorteil) aufgrund der Kapitalstruktur 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Free Cashflow vor Zinsen in der Periode t (bei vollständiger Eigenfinanzierung) 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑇𝑇𝑆𝑆 𝑡𝑡 = Cashflow aus dem Tax Shields (Steuervorteil) in Periode t 574 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 9 575 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 9 f. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 365 f.. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 378 ff. <?page no="221"?> 222 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡 = Cashflow an die Fremdkapitalgeber in Periode t 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 𝑢𝑢𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑛𝑛ℎ𝑢𝑢𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑡𝑡 = Eigenkapitalrendite beim unverschuldetes Unternehmen 𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐹𝐹 = Risikoäquivalente Renditeforderung der Fremdkapitalgeber. Das Adjusted Present Value-Ansatz hat viele Vorteile: Vorteile Die Wertbeiträge der Finanzierungsseite werden anschaulich dargestellt. Bei der Bewertung werden die Steuereffekte mitberücksichtigt. 576 Aber auch einige Nachteile: Nachteile Der Ansatz wird in der Praxis sehr selten angewendet. 577 Am Ende der Planungsperiode wird der Fortführungswert sehr beeinflusst. Die Anwendung des CAPM ist sehr kompliziert. 578 Equity-Ansatz (Nettoverfahren) Der Equity-Ansatz ist die einzige Variante innerhalb der DCF-Verfahren, die den Marktwert des Eigenkapitals direkt bestimmt. Es werden nur die Einnahmeüberschüsse diskontiert, die allein den Eigenkapitalgebern des Unternehmens zur Verfügung stehen und als „Flow to Equity“ oder Nettoverfahren bezeichnet werden. Ermittlung der Cashflows an die Eigenkapitalgeber Im Rahmen der Ermittlung der „Flow to Equity“ (FTE) werden die Free Cashflows um die periodenspezifischen Zahlungen an die Fremdkapitalgeber verkürzt. Genau das unterscheidet Equity-Ansatz vom WACC-Ansatz. Dies bedeutet, dass bei der Berechnung die künftigen Fremdkapitalzinsen und die daraus resultierenden Steuerwirkungen zu berücksichtigen sind. Weiterhin sind Kreditaufnahmen hinzuzurechnen und Tilgungszahlungen abzuziehen. Kreditaufnahmen müssen die „Flow to Equity“ erhöhen, da zu beachten ist, dass die Cashflows an die Eigenkapitalgeber in den Folgejahren durch die aus der Kreditaufnahme resultierenden Zins- und Tilgungsleistungen wieder verringert werden. 579 Der FTE berechnet sich wie folgt: 580 576 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 48 577 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 333 578 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 48 579 Vgl. Peemöller, Volker (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung; (2015); S. 415 ff. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 <?page no="222"?> 6.2 Discounted-Cash-Flow-Methode 223 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = (𝑋𝑋 𝑡𝑡 − i ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 ) ∙ (1 − s) (8) mit 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = Flow to Equity (Netto-Cashflow) in der Periode t 𝑋𝑋 𝑡𝑡 = Cash Flow X i = Zinsen 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 = Fremdkapital in der Periode t s = Steuersatz. In Rückblick auf die Beziehung 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝑋𝑋 𝑡𝑡 ∙ (1 − s) ergibt sich die Verbindung zwischen Freiem Cashflow und Flow to Equity: 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣𝑣 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛𝑍𝑍𝑍𝑍𝑛𝑛 𝑡𝑡 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 − i ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑡𝑡 ∙ (1 − s) (9) Ermittlung des Unternehmenswerts Die Cashflows des Eigenkapitalgebers stehen beim Equity-Ansatz im Vordergrund. Deswegen wird der Wert des Eigenkapitals direkt durch die Diskontierung der für die Eigenkapitalgeber relevanten Cashflows berechnet und es wird die Eigenkapitalrendite als Kapitalisierungszinsfuß genommen. Der Marktwert des Eigenkapitals beim Nettoverfahren errechnet sich unter Berücksichtigung des Barwertes des nicht betriebsnotwendigen Vermögens wie folgt: 581 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = � 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 (1 + 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=0 + NBV (10) mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 = Unternehmenswert nach Equity-Ansatz (Nettoverfahren) 𝐹𝐹𝑇𝑇𝐸𝐸 𝑡𝑡 = Flow to Equity (Netto-Cashflow), die nur Eigentümern zur Verfügung steht in der Periode t, 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = Eigenkapitalrendite NBV = nicht betriebsnotwendige Vermögen. Auch wenn der Equity-Ansatz eine geringere Komplexität als der Entity- Ansatz hat, führt eben diese fehlende Trennung von Finanz- und Leistungsbereich zu dem Nachteil, dass der finanzielle und der operative Bereich schon im Bewertungskalkül miteinander vermischt werden und eine transparente Darstellung der Komponente der Bewertung nicht vorgenommen wird. Es ist anzumerken, dass der Equity-Ansatz der verbreiteten Ertragswertmethode sehr ähnlich ist. Der Diskontierungsfaktor wird beim Equity-Ansatz kapitalmarktorientiert bestimmt, im Gegensatz zu den subjektiv geprägten Renditeansprüchen im Rahmen des Ertragswertverfahrens. 580 Vgl. Matschke, M. J.; Brösel, G.: Unternehmensbewertung; (2006); S. 582 581 Vgl. Schacht, U.; Fackler, M. (Hrsg.): Praxishandbuch Unternehmensbewertung; (2009); S. 205 <?page no="223"?> 224 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Vor-und Nachteilen des Nettoverfahren (Equity-Ansatz) im Überblick: Vorteile Er ist leichter vermittelbar als Entity-Ansatz. Ein Shareholder Value wird direkt berechnet. 582 Er ist mehr akzeptiert als Entity-Ansatz, da es die moderne Interpretation des Ertragswertverfahrens ist. 583 Nachteile Für die Berechnung müssen die Veränderungen des Fremdkapitals in der Zukunft bekannt sein. Gleiche Ergebnisse zwischen Entity- und Equity-Ansätzen sind schwer zu erlangen. 584 International wird dieser Ansatz kaum angewendet. 585 Economic-Value-Added-Methode Einführung und Berechnung des EVA Die Economic-Value-Added (EVA)-Methode wurde von der amerikanischen Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co. im Jahre 1991 zur Führung und Bewertung von Unternehmungen entwickelt und veröffentlicht. 586 Gemäß Volkart besteht das Basiskonzept der EVA-Methode aus der Verbindung der Grundidee des Übergewinnverfahrens mit der DCF-Methode. Es werden nicht wie bei der DCF-Methode die Barwerte aller Cashflows, sondern die Barwerte aller betrieblichen Übergewinne berechnet. 587 Nach Hostettler kann das Konzept EVA mit dem betrieblichen Übergewinn gleichgesetzt werden, da es sich bei der Gewinngröße um einen operativen Gewinn handelt. 588 Der betriebliche Übergewinn wird von Hostettler wie folgt definiert: „Der betriebliche Übergewinn entspricht der periodischen Saldogrösse von 582 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 583 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 334 584 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 46 585 Vgl. Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen; (2012), S. 334 586 Vgl. Groll, K.-H.: Kennzahlen für das wertorientierte Management; (2003); S. 55 587 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 316 f. 588 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 38 ff. <?page no="224"?> 6.3 Economic-Value-Added-Methode 225 betrieblichen Erträgen, betrieblichen Aufwendungen und Eigen- und Fremdkapitalkosten des betrieblich gebundenen Vermögens.“ 589 Einerseits werden nur die betrieblichen Tätigkeiten berücksichtigt, um die unterschiedlichen Geschäftsrisiken zu trennen, was zu verschiedenen Kapitalisierungszinssätzen beiträgt. Andererseits darf der Gewinn erst nach Berücksichtigung einer Mindestverzinsung für Fremd- und Eigenkapitalgeber verwendet werden. Ein Betrieb weist nur eine erfolgreiche Tätigkeit auf, sofern die Verzinsung des von den Eigentümern eingesetzten Kapitals größer ist, als das des Fremdkapitals. Es werden von der Unternehmung die Werte vernichtet, soweit die Rendite, die von den Aktionären erwartete Mindestrendite in Höhe von Eigenkapitalkosten nicht erreicht wird. Die Rücksichtnahme der Mindestverzinsung der Eigenkapitalgeber wird durch Einbezug des WACC sichergestellt. Der Zweck einer Unternehmung muss darin bestehen, eine Rendite auf dem investierten Kapital zu erwirtschaften, die höher liegen, als der gewichtete Kapitalkostensatz. 590 Die Berechnung der EVA eines einzelnen Geschäftsjahres (t) erfolgt gemäß Formel (11). Sie besagt, dass Economic-Value-Added eines Unternehmens aus der Differenz zwischen dem betrieblichen Gewinn ( 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 ) und dem investierten Kapitalkosten für das betrieblich gebundene Vermögen ( 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 · 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) sich berechnet. 591 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 − (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ∙ 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) (11) mit 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = der Economic Value Added eines Geschäftsjahres t 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 = Gewinn vor FK-Zinsen nach Steuern 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = steueradjustierte durchschnittlicher Kapitalkostensatz 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = investiertes Kapital (Gesamtkapital, entspricht Substanzwert) s = Steuersatz. Mit der Hilfe von einzelnen EVA´s kann die Wertschaffung bzw. Wertvernichtung eines Unternehmens anhand s.g. Market Value Added (MVA) bestimmt werden. Der Market Value Added (MVA) wird als Barwert aller zukünftig erzielten EVA bezeichnet und zeigt somit die langfristigen Unternehmensüberschüsse an. Im Gegensatz zum EVA, der als Erfolgsgröße die operative Performance einer Periode misst und generell ein internes Erfolgsmaß darstellt wird, entspricht der MVA die Prämie auf das eingesetzte Kapital, die der Kapitalmarkt zum jeweiligen Zeitpunkt bereit ist zu bezahlen. Somit misst der MVA den Erfolg auf einen bestimmten Zeitpunkt, dagegen zeigt EVA den Erfolg eines Zeitraumes auf. 592 Der Marktwert (Market Value, MV = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 Unternehmensgesamtwert) des betrieblichen Vermögens eines Unternehmens besteht aus dem ökonomischen 589 Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 38 590 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S.141 ff. 591 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 316 f. 592 Vgl. Salomon Smith Barney (1998), S. 3 <?page no="225"?> 226 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Wert von Eigen- und Fremdkapital und lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: 𝑀𝑀𝑉𝑉 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 (= 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) = 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 + 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 (12) MVA errechnet sich aus der Differenz vom Marktwert (MV) des Unternehmens und dem eingesetzten Geschäftsvermögen ( 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ). 593 Anders ausgedrückt der MVA gibt an, welchen Wert ein Unternehmen über das eingesetzte Kapital hinaus geschaffen hat. 594 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 = 𝑀𝑀𝑉𝑉 − 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 (13) Es gibt zwei unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten des MVA. Zum einen wäre das der MVA ex ante und der MVA ex post . Die Abweichung der beiden Varianten liegt im Zeitpunkt der Betrachtung. Mit ex ante wird der Zeitpunkt mit einer Sichtweise im Vornherein bezeichnet und mit ex post die Sichtweise im Nachhinein im Rahmen eines zu beurteilenden Ereignisses. 595 Bei der ex ante Variante ist eine Planung und Vorausberechnung der GuV - sowie Bilanzdaten von Verlangung. Es muss eine Berechnung zukünftiger EVA-Werten erfolgen, welche dann mit dem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) abgezinst werden. Die MVA ex ante ist somit der Barwert abgezinster EVA-Werte zum heutigen Zeitpunkt. Nachfolgende Formel (14) zeigt die Berechnung des MVA ex ante: 596 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑡𝑡𝑍𝑍 = 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 1 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 1 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 2 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 2 + ⋯ + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 = � 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 𝑛𝑛 𝑡𝑡=1 (14) Die zweite Berechnungsvariante ist von einer Marktbetrachtung geprägt. Bei MVA ex post wird der Marktwert des Unternehmens ermittelt und von diesem wird im Anschluss das Investiertes Kapital subtrahiert. Die nächste Formel (15) zeigt die Berechnung des MVA ex post : 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 − 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 (15) mit 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 = Unternehmensgesamtwert (𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 ) 593 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 31 594 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 155 595 Vgl. Lexexakt Rechtslexikon, ex ante/ ex post: http: / / lexexakt.de/ glossar/ exante.html 596 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 183 ff. Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 31-32 <?page no="226"?> 6.3 Economic-Value-Added-Methode 227 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = investiertes Kapital. In einem effizienten Kapitalmarkt gilt: 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑡𝑡𝑍𝑍 = � 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑡𝑡 ∞ 𝑡𝑡=1 = 𝑀𝑀𝑉𝑉 − 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 (16) Das Maß des Shareholder Value ist die Differenz zwischen dem Marktwert (MV) und dem eingesetzten Kapital (MVA) und nicht die Börsenkapitalisierung oder der Marktwert des Unternehmens. Ein positiver 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 bedeutet aus der Sicht eines Anteilbesitzers die Schaffung von Werten und ein negativer 𝑀𝑀𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑍𝑍𝑇𝑇 𝑝𝑝𝑣𝑣𝑍𝑍𝑡𝑡 deren Vernichtung. 597 Basiselemente des EVA Für die Berechnung der EVA werden eine Gewinngröße ( 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 ), eine Vermögensgroße (Kapital 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) sowie der Kapitalkostensatz ( 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) benötigt. Die Abbildung 60 zeigt die Basiselemente des Economic-Value-Added. Abbildung 60: Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added 598 597 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 31 598 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 144 <?page no="227"?> 228 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Berechnung der Gewinngröße (NOPAT) Als die Gewinngröße für die Berechnung des Economic-Value-Added- Konzepts dient der NOPAT. Der NOPAT stellt den betrieblichen Gewinn nach Korrektur durch die Anpassungen (Konversions, siehe Kapitel 5.3.3) und nach Abzug der adjustierten Steuern dar, welche einen Überschuss für sämtliche am Unternehmen beteiligten Kapitalgeber repräsentieren. 599 Der folgende Zusammenhang zeigt die Berechnung des NOPAT in Anlehung an die GuV- Ermittlung: 1 Jahresüberschuss 2 + Finanzierungsaufwendungen (nicht betriebliche Aufwendungen) 3 − Erträge aus nicht betriebsnotwendigen Finanzanlagen (nicht betriebliche Erträge) 4 = Betriebsergebnis nach Operating Conversion 5 Vier Stufen der Datenverarbeitung 6 +/ - Eliminierung von Zinsen aus Leasing- und Mietgeschäften 7 = Betriebsergebnis nach Operating und Funding Conversion 8 +/ - Eliminierung der Steuern aus nicht betrieblichen Aufwendungen 9 − Steuervorteil aus Fremdfinanzierung (Tax Shield) 10 = Betriebsergebnis nach Operating, Funding und Tax Conversion 11 +/ - Korrektur der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen 12 = Betriebsergebnis nach Operating, Funding, Tax Conversion und Shareholder Conversion 13 = NOPAT 14 15 Abbildung 61: Ermittlungsschema des NOPAT 600 Berechnung der Vermögensgröße (Kapital C) Als Vermögensgröße charakterisiert das Economic-Value-Added-Konzept das betriebsnotwendige Kapital C . Die Vermögensgröße wird über die Aktivseite der Bilanz berechnet. Dies ist ausschließlich über die Aktivseite unter der Berücksichtigung der vier Konversions (Kapitel 6.3.3) möglich, da nur bei den Vermögensobjekten und nicht bei den Finanzierungsobjekten der Passivseite zu erkennen ist, ob sie betrieblich genutzt werden oder nicht. Die Vermögensgröße zur Bestimmung der EVA wird Kapital C benannt und als Ausgangspunkt zur Berechnung dient die Bilanzsumme. Das investierte Kapital C stellt das betriebliche Kapital dar, das im operativen Prozess uneingeschränkt benö- 599 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 470 f. 600 Vgl. Schmeisser, W.: Corporate Finance und Risk Management; (2010); S. 30 <?page no="228"?> 6.3 Economic-Value-Added-Methode 229 tigt und benutzt wird, um den NOPAT zu erwirtschaften. 601 Und es wird folgendermaßen ermittelt (siehe Abb. 62). Investiertes Kapital lässt sich in der Praxis durch die Summierung einzelnen Komponenten des Kapitals, welche die tatsächlichen Kosten verursachen, feststellen. Die Berechnung des investierten Kapitals erfolgt folgendermaßen: 602 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 + 𝑣𝑣𝑍𝑍𝑣𝑣𝑧𝑧𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑖𝑖𝑍𝑍𝑤𝑤ℎ𝑍𝑍𝑍𝑍 𝐹𝐹𝐺𝐺 + 𝑖𝑖𝑤𝑤𝑍𝑍𝑙𝑙𝑙𝑙𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍𝑙𝑙𝑍𝑍 𝑅𝑅ü𝑤𝑤𝑘𝑘𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍𝑖𝑖𝑖𝑖𝑐𝑐𝑍𝑍𝑙𝑙𝑍𝑍𝑍𝑍 (17) Aktiva +/ − Eliminierung der nicht betriebsnotwendigen Vermögenspositionen = Aktiva nach Operating Conversion Vier Stufen der Datenverarbeitung +/ − Hinzurechnung von Leasing- und Mietobjekten = Aktiva nach Operating und Funding Conversion +/ − Korrektur der latenten Steuern = Aktiva nach Operating, Funding und Tax Conversion +/ − Aktivierung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und Marketingaufwendungen = Aktiva nach Operating, Funding, Tax Conversion und Shareholder Conversion = investiertes Kapital Abbildung 62: Ermittlungsschema des investierten Kapitals 603 6.3.2.3 Berechnung des Kapitalkostensatzes (WACC ) Bei der Berechnung des (Gesamt-)Kapitalkostensatzes ( 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 ) wird bei der EVA-Methode, analog wie beim DCF-Methode, der gewogene Kapitalkostensatz mit der Hilfe von Weighted Average Cost of Capital (WACC)-Ansatz (vgl. Kapitel 5.2.2.2) bestimmt. Das Ziel des Kapitalkostensatzes ist die Mindestrenditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber abzubilden. Er wird demzufolge aus den mit den jeweiligen Kapitalanteilen gewogenen Renditeforderungen der der Eigen- und Fremdfinanzierung berechnet. Letztendlich wird im gewichteten Kapitalkostensatz auch der Vorteil der Steuer durch die Fremdfinanzierung (Tax Shield) beachtet. 604 Der Kapitalkostensatz 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 wird als gewichteter Durchschnitt aus Eigen- und Fremdkapitalkostensätze ermittelt: 605 601 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 147 f. 602 Vgl. Wiehle/ Diegelmann/ Deter/ Schöming/ Rolf: Unternehmensbewertung; (2008), S. 59 603 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 471 604 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 148 605 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 472 <?page no="229"?> 230 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ∙ 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝐸𝐸𝐺𝐺 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 + 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝐸𝐸𝐺𝐺 + 𝐹𝐹𝐺𝐺 = 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ∙ 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝐺𝐺𝐺𝐺 + 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝐺𝐺𝐺𝐺 (18) mit 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = Kapitalkostensatz (gesamt) 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = Kapitalkostensatz des Eigenkapital 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 = Kapitalkostensatz des Fremdkapitals EK = Eigenkapital FK = Fremdkapital GK = Gesamtkapital. Für die Berechnung der Eigenkapitalkosten wird ein Capital Asset Pricing Modell (CAPM) benutzt. Das CAPM wurde entwickelt damit man auf dem Kapitalmarkt die Preisbildung für die risikobehafteten Kapitalanlagen erklären kann. Das Modell beschreibt für ein risikobehaftetes Wertpapier die Renditeerwartungen als die Summe aus dem Zinssatz einer risikolosen Kapitalmarktanlage und einer Risikoprämie. Die Risikoäquivalente Renditeforderung der Aktieninhaber stellt sich aus einem Risikozuschlag und einem sicheren Basiszinsfuß zusammen. Nach dem CAPM-Methode ergibt sich der Risikozuschlag folgendermaßen: Maß für das systematische Risiko 𝛽𝛽 des zu bewertenden Unternehmen wird mit die Entlohnung für die Risikoübernahme auf dem Kapitalmarkt ( 𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑙𝑙 ) multipliziert. Somit ergibt sich das Berechnungsschema für die Kapitalkostensatz des Eigenkapitals: 606 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = 𝛽𝛽 ∙ (𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) + 𝑣𝑣 𝑓𝑓 (19) mit 𝛽𝛽 = Betafaktor des zu analysierenden Unternehmens 𝑣𝑣 𝑚𝑚 = durchschnittliche Rendite des Aktienmarktes 𝑣𝑣 𝑓𝑓 = Rendite der risikofreien Anlage/ risikoloser Zins ( 𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑙𝑙 ) = Marktrisikoprämie 𝛽𝛽 ∙ ( 𝑣𝑣 𝑚𝑚 − 𝑣𝑣 𝑓𝑓 ) = systematisches Risiko. Die Fremdkapitalkosten werden mit den Fremdkapitalgebern vereinbarten Zinssätzen berechnet. Dabei wird für das Fremdkapital ein durchschnittlicher Zinssatz 𝒛𝒛 , welcher um den Steuervorteil durch die Fremdfinanzierung, angewendet. 607 606 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 473. Schacht, U.; Fackler, M. (Hrsg.): Praxishandbuch Unternehmensbewertung; (2009); S. 299 f. 607 Vgl. Baetge, J.; Kirsch, H-J; Thiele, S.: Bilanzanalyse; (2004); S. 472 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝑧𝑧 ∙ (1 − 𝑍𝑍) (20) <?page no="230"?> 6.3 Economic-Value-Added-Methode 231 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ Das Economic-Value-Added-Konzept ist an den bilanziellen Größen angeknüpft und versucht diese durch die Konversionen (Anpassungen) in ökonomisch relevante Kennzahlen umzuwandeln. Die Anpassungen sind erforderlich, weil sich die Bilanz nur wenig dazu eignet, den realistische Entscheidungen von der Leistung und den Wert abzugeben. Das Ziel der Konversionen besteht darin, von der Sichtweise des „Accounting Model“ zum „Economic Model“ (siehe Abbildung 63) zu gelangen. Also die bilanzielle Gewinngröße (NOPAT) in eine zahlungsstromorientierte Cash- Größe umzugestalten und das investierte Kapital C mit Marktwerten anzusetzen, die Zahlen aus dem „Accounting Model“ in das „Economic Model“ zu transformieren. Die Anpassungen müssen vor allem die Kriterien der Verständlichkeit, Wesentlichkeit, Greifbarkeit, Kommunizierbarkeit und Umsetzbarkeit erfüllen, dabei sollten sie sich auf wenige wesentliche Konversionen begrenzen. Somit hängt die Qualität des EVA-Konzepts von der Anzahl der vorgenommenen Anpassungen ab. Das Konzept des EVA ist positiv beurteilen, wenn es gelingt eine Kennzahl zu ermitteln, die dem tatsächlichen ökonomischen Gewinn am nähesten kommt. 608 Auf Grund der Vielheit der vorstellbaren Anpassungen hat Hostettler eine Systematisierung der möglichen Konversationen vorgeschlagen. Er unterscheidet die Operating-, Funding-, Tax- und Shareholder-Konversionen. In der Abbildung 63 und den darauf folgenden Ausführungen werden die vier Stufen erläutert, über welche die nichtbetrieblichen, finanziellen, steuerlichen und bewertungstechnischen buchhalterischen Verzerrungen bereinigt werden. 609 608 Vgl. Groll, K.-H.: Kennzahlen für das wertorientierte Management; (2003); S. 61 f. 609 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 97 ff. Operating Conversion Tax Conversion Funding Conversion Shareholder Conversion Accounting Model Economic Model Abbildung 63: Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“ 610 610 In Anlehnung an Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 152. Hommel, M.; Braun, I.: Unternehmensbewertung; (2005); S. 289 <?page no="231"?> 232 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Operating Conversion Zielsetzung der Operating Conversion ist es sowohl die Gewinngröße aus der Erfolgsrechnung als auch die Vermögensgröße aus der Bilanz auf ihre betriebliche Relevanz kritisch zu prüfen. Bei der Erfolgsrechnung ist oft eine Gliederung nach betrieblichen bzw. nicht betrieblichen Kriterien vorgeschrieben. Die Bilanz stellt aber eine wesentlich größere Herausforderung dar, da meistens eine Gliederung nach Verfügbarkeit bzw. Fristigkeit gewählt wurde. Daraus wird häufig nicht ersichtlich, welche Positionen eine betriebliche Relevanz genießen und welche von der zu verwendenden Vermögensgröße nicht berücksichtigt werden dürfen. 611 Funding Conversion Mit Hilfe der Funding Conversion wird die vollständige Erfassung aller wirtschaftlich relevanten Finanzierungsmittel sichergestellt. Das Ziel besteht darin, auch verborgene Finanzierungsmittel vom Unternehmen zu berücksichtigen. Als zwei Hauptformen sind das Leasing- und Mietgeschäft bekannt. 612 Tax Conversion Die Hauptperspektive dieser steuerlichen Anpassung besteht darin, dass zu bezahlende Steuern aus der Sicht des Investors eine Ausgabe darstellen, die dann den übrigen betrieblichen Aufwendungen gleichzusetzen sind. Um auf eine Gewinngröße nach Steuern zu kommen, wird eine theoretische Steuerbelastung des betrieblichen Gewinns festgestellt. Das wird in der Literatur als Tax Shield genannt, welcher einen Beitrag des Wertes durch die Gewinnsteuereinflüsse darstellt. 613 Shareholder Conversion Im Mittelpunkt der Shareholder Conversion stehen Ausgaben, welche auf Grund des Vorsichtsprinzips mancher Rechnungslegungsstandards nur unter gewissen Bestimmungen oder überhaupt nicht aktiviert werden dürfen. Obwohl sie betriebswirtschaftlich eher als eine Investition zu interpretieren sind. Als Beispiel sind die Forschungs- und Entwicklungskosten zu benennen. Sie werden nicht mehr im Zeitpunkt der Entstehung im vollen Umfang als Aufwendungen der Erfolgsrechnung belastet, sondern aktiviert und über eine gewisse Nutzungsdauer abgeschrieben werden. 614 611 Vgl. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 152 612 Vgl. ebd., S. 153 613 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 395 f. Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 153 614 Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung; (2000); S. 153 f. <?page no="232"?> 6.3 Economic-Value-Added-Methode 233 Ermittlung des Unternehmenswertes In dem Kapitel 6.3.1 wurde vorgeführt wie man von den einzelnen prognostizierten EVAs den zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden MVA ermitteln kann. Um endlich vom MVA zum effektiven Unternehmenswert zu kommen, wird in die EVA-Methode das Element des Substanzwertes (welcher dem Kapital 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 zum Zeitpunkt null entspricht, miteinbezogen. Der Unternehmenswert ergibt sich somit aus der Summe des investierten Kapitals 𝐶𝐶 𝑇𝑇𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 , dem auf den Tag diskontierten MVA und einem Residualwert (RW). Dabei muss beachtet werden, dass der Unternehmenswert hier als Marktwert des gesamten Kapitals zu verstehen ist. 615 Bei der Unternehmensbewertung der EVA-Model werden die periodenbezogene Übergewinne nicht mehr pauschal angenommen, sondern nach dem Prognosehorizont (ca. 5 bis 10 Jahren) mittels eines Residualwertes (RW) ermittelt: 616 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇+1 − (𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ∙ 𝐶𝐶 𝑇𝑇𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 ) 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ∙ (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 (21) mit 𝑅𝑅𝑅𝑅 = Residualwert 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑇𝑇 +1 = Gewinn vor FK-Zinsen nach Steuern 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 = steueradjustierter durchschnittlicher Kapitalkostensatz 𝐶𝐶 𝑇𝑇𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 = investiertes Kapital (Gesamtkapital, entspricht Substanzwert) T = Prognosehorizont s = Steuersatz. Den effektiven Unternehmenswert lässt sich gemäß EVA-Ansatz als Brutto (22) und Netto (23) dementsprechend nach folgenden Formeln berechnet: 617 615 Vgl. Langguth, H.: Kapitalmarktorientiertes Wertmanagement; (2008); S. 163 616 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 317 617 Vgl. ebd. <?page no="233"?> 234 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝐶𝐶 0 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + ∑ 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 𝑇𝑇 𝑡𝑡 =1 + RW = 𝐶𝐶 0 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + MVA ex ante + 𝑅𝑅𝑅𝑅 (22) 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐴𝐴 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝑀𝑀𝑀𝑀 = 𝐶𝐶 0 𝑍𝑍𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 + ∑ 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 (1 + 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 𝑍𝑍 ) 𝑇𝑇 𝑇𝑇 𝑡𝑡 =1 + RW − FK (23) mit 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = Der Economic Value Added eines Geschäftsjahres t FK = Fremdkapital t = Geschäftsjahr. Wie im Kapitel erwähnt wurde, wird mit der EVA-Methode der Entity-Ansatz berechnet, welcher zum Unternehmenswert-Brutto führt. So wie bei dieser Methode gelangt man mittels Subtraktion des Fremdkapitals vom Unternehmenswert-Brutto zum Unternehmenswert-Netto. Ein positiver EVA, also ein Wertzuwachs des Unternehmens, lässt sich nur erzielen, wenn das erreichte Geschäftsergebnis die berechneten Kapitalkosten übersteigt. Dies ist gleichbedeutend mit dem erfolgreichen Verdienen der Kapitalkosten und einem Schaffen eines Mehrwertes bzw. einem Vermögenszuwachs für die Investoren. Dementsprechend ist der Unternehmenswert gestiegen. Wenn aber die berechnete EVA ein negatives Ergebnis aufweist, wurden die Kapitalkosten nicht gedeckt, d.h. das eingesetzte Kapital wurde vernichtet und der Unternehmenswert ist dadurch gemindert worden. 618 DCF & EVA im Vergleich 6.4.1 Unterschiedliche Ausgangsstellung Die genannten Unternehmensbewertungs-Modelle - DCF-Methode und EVA- Methode - unterscheiden sich von der laufenden Berichterstattung häufig schon in den Ausgangsgrößen, sowie in der Art und Weise der Datenaufbereitung. Wie in den Kapiteln 6.2 und 6.3 ausführlich beide Methoden dargestellt wurden, gehen beide Berechnungsvarianten von unterschiedlichen Basiselementen aus, um auf den Endwert zu gelangen. Ein weiteren Unterscheidungsmerkmal sind die zugehörigen Schwerpunkte, die jedes Modell der Bewertung bei bestimmten Bewertungsanlässen zweckerfühlend erscheinen lassen. 618 Vgl. Mensch, G.: Finanz-Controlling, Finanzplanung und -kontrolle; (2008); S. 275 <?page no="234"?> 6.4 DCF & EVA im Vergleich 235 Die DCF-Methode baut das gesamte Ergebnis des Unternehmenswertes auf der Basis von Geldströmen, so genannten Free Cashflow, während der EVA- Methode die kompletten Berechnungen auf den formellen Grundlagen der Gewinngröße beruhen lässt. Als weiteres grundlegendes Unterscheidungsmerkmal gilt die Berücksichtigung des Substanzwertes zur Wertminderung der Unternehmen. Das EVA-Modell bezieht als Ausgangspunkt zur Berechnung den Substanzwert des Unternehmens im Zeitpunkt null mit ein, was im Abschnitt 6.3.4 mit dem 𝐶𝐶 0 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍 zu erkennen lässt, wo der DCF-Methode keine Substanzgröße als solche beachtet. Das Preinreich-Lücke-Theorem Die Erträglichkeit der Realisierung eines Projekts ist unabhängig von der Wahl der Rechengrößen. Das Preinreich-Lücke-Theorem deckt die Zusammenhänge zwischen den Berechnungen von Kapitalwert mit Hilfe von Einnahmen und Ausgaben sowie Erträgen und Aufwendungen bzw. Leistungen und Kosten auf. 619 Es besagt, dass der aus den Einnahmen und Ausgaben eines Projekts berechnete Kapitalwert mit dem aus seinen Leistungs- und Kostengrößen (bzw. Ertrags und Aufwandsgrößen) ermittelten Kapitalwert übereinstimmt und damit zur gleichartigen optimalen Investitionsentscheidung führt. 620 Laut Lücke übernimmt der kalkulatorische Zins die Funktion eines Ausgleichsventils. Es lässt den Unterschied zwischen den Ergebnissen der Kosten- Diskontierung und der Ausgaben-Diskontierung verschwinden. 621 Wenn keine von der beiden Reihen, der Kostenreihe und Ausgabenreihe, frühzeitig abgebrochen wird, nur dann stimmen in beiden Reihen ihren Ergebnissen überein. Anders ausgedrückt: 622 „Die Investitionsrechnung, die alle Ausgaben und Kosten vom Beginn der Investition bis zum Ende des Investitionsobjektes in sich begreift, stellt eine Totalrechnung dar. In ihr decken sich Ausgaben und Kosten. Es ist daher gleichgültig, ob man die Investitionsrechnung mit Ausgaben oder Kosten durchführt.“ 623 Übertragen von der Investitionstheorie zur Unternehmensbewertung bedeutet, dass die Bewertung die zukunftsorientiert von Unternehmen ist, unabhängig von der Wahl der ihr zu Grunde liegende Ertragsgröße (Gewinn oder Cashflow) bei gleicher Projektdauer, zum genau eindeutigen Ergebnis führen. Gemäß Preinreich-Lücke-Theorem kann der Barwert einer Investition auch mittels Residualgewinnen (an Stelle von Cashflow) ausgerechnet werden. Es wird nämlich durch den Ansatz des kalkulatorischen Zinses auf die Differenz der beiden Rechnungsgrößen bei der Diskontierung genau der Unterschied der 619 Vgl. Lücke, W. (1955), S. 310 ff. Hommel, M.; Dehmel, I.: Unternehmensbewertung; (2013), S. 381 f. 620 Vgl. Kloock, J. (1981), S. 876 f.; Küpper, H.-U. (1991), S. 7; Knoll, L. (1996), S. 116 621 Vgl. Lücke, W. (1955), S. 310 ff. 622 Vgl. ebd., S. 323 623 Lücke, W. (1955), S. 323 <?page no="235"?> 236 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Rechengrößen eliminiert. Das zeigt die absolute Irrelevanz der ausgewählten Ertragsgrößen. Diesbezüglich lassen sich ebenso die Unternehmensbewertungen grundsätzlich auf Basis von Ertragsüberschüsse und Einzahlungsüberschüsse durchführen. 624 Zahlenmäßiger Vergleich des DCF- und EVA-Methoden Anhand des Preinreich-Lücke-Theorems aus dem Abschnitt 6.4.2 kann nun der Vergleich von der Cashflow basierenden DCF-Methode und dem gewinnbasierenden EVA-Methode stattfinden. Es werden beide Verfahren mit Hilfe von einem formalen Vergleich einander gegenübergestellt. Der Vergleich erfolgt anhand eines einfachen Beispiels mit einem Planungshorizont von einem Jahr. 625 Es werden folgende Elemente dazu gebraucht: 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝑀𝑀 = Marktwert des betrieblichen Vermögens eines Unternehmens (Unternehmensgesamtwert) 𝑉𝑉 𝑡𝑡 = betrieblich gebundenes Vermögen der Periode t 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = Free Cashflow der Periode t 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = Economic Value Added der Periode t 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝑡𝑡 = Net Operating Profit After Taxes der Periode t 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = Diskontierungssatz & Gesamtkapitalkostensatz 𝐼𝐼 𝑡𝑡 = Investitionen (brutto) der Periode t 𝑁𝑁 𝑡𝑡 = Abschreibungen der Periode t T = Prognosehorizont der 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 bzw. 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 . Es gilt: 624 Vgl. Lücke, W. (1955), S. 323 ff. Hommel, M.; Dehmel, I.: Unternehmensbewertung; (2013), S. 382 625 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 192 ff. <?page no="236"?> 6.4 DCF & EVA im Vergleich 237 𝑇𝑇 = 1 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝑉𝑉 0 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 1 1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 2 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝐶𝐶𝐹𝐹 1 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐶𝐶𝐹𝐹 2 𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 𝑡𝑡 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 − 𝑉𝑉 𝑡𝑡−1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 𝐶𝐶𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 + 𝑁𝑁 𝑡𝑡 − 𝐼𝐼 𝑡𝑡 𝑉𝑉 𝑡𝑡 = 𝑉𝑉 𝑡𝑡−1 + 𝐼𝐼 𝑡𝑡 − 𝑁𝑁 𝑡𝑡 (24) Auf Grund von Preinreich-Lücke-Theorem, die die Irrelevanz der ausgesuchten Basisgrößen beweist, kann folgende Gleichung aufgestellt werden: 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (25) Beweis: 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐸𝐸𝐴𝐴𝐴𝐴 = 𝑈𝑈𝑅𝑅 𝐺𝐺𝑀𝑀𝐹𝐹 𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑡𝑡𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (26) 𝑉𝑉 0 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 1 1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 2 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) = 𝐶𝐶𝐹𝐹 1𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐶𝐶𝐹𝐹 2𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) 𝑉𝑉 0 ∙ �𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤)� + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 2 = 𝐶𝐶𝐹𝐹 1𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐶𝐶𝐹𝐹 2𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 𝑉𝑉 0 ∙ �𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 ∙ (1 + 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤)� + (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 1 − 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 2 − 𝑉𝑉 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤) = (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 1 + 𝑁𝑁 1 − 𝐼𝐼 1 ) ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 2 + 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 ) 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 2 + 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 2 + 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 2 − 𝑉𝑉 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 2 + 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 2 − 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 2 − 𝑉𝑉 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑉𝑉 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − (𝑉𝑉 0 + 𝐼𝐼 1 − 𝑁𝑁 1 ) ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑉𝑉 0 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 − 𝑁𝑁 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 + 𝐼𝐼 1 ∙ 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 = 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 0 = 𝑁𝑁 2 − 𝐼𝐼 2 <?page no="237"?> 238 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme Daraus hat sich die wesentliche Bedingung gezeigt, dass die ermittelten Größen gleichgesetzt werden dürfen. Wie in oben bereits angedeutet, müssen die Bruttoinvestitionen nach dem Prognosehorizont exakt dem Wert der Abschreibungen entsprechen. Was bedeutet, dass die Nettoinvestitionen gleich Null sind, also wird ein Null-Wachstum entstehen. Wenn die Investitionen in Projekten für den Kapitalgeber interne Ertragsraten generieren, die in ihrer Höhe über den Kapitalkosten liegen, nur dann sind diese Investitionen wertschaffend. Da momentan regierende Wettbewerbskräfte Kapitalkosten und interne Ertragsraten im längeren Betrachtungszeitraum immer sich nähern und bald kongruent sein können, man kann sagen, dass die Investitionen in gewissen Projekte früher oder später nur noch auf dem Niveau ihrer Kapitalkosten rentabel werden. 626 Stellungnahme zu den beiden Methoden Grundsätzlich Bei der allgemeinen Beurteilung von DCF- und EVA-Methode als Bewertungsinstrument haben sich die Meinungen in der Literatur aufgeteilt. Der Hostettler bevorzugt die EVA-Methode gegenüber der DCF-Methode aufgrund des einfachen Verständnisses der Methode und ihre Performancemessung. Seine Begründung ist folgendermaßen: im Gegensatz zu dem gewinnbasierende EVA-Methode ist die auf Ein- und Auszahlungen begründete DCF-Methode, bezüglich der Beurteilung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit einer einzelnen Periode, begrenzt. Seine zweite Argumentation ist, dass bei der EVA in der Buchhaltung die traditionelle Größe wie Gewinn- und Vermögensgröße sehr gute Kommunizierbarkeit haben, was natürlich als Priorität für die EVA- Methode zu beachten ist. 627 Von den Vertretern der DCF-Methode wird normalerweise ihre Überlegenheit aus der Tatsache abgeleitet, dass sie auf der traditionellen Investitionstheorie basiert und Cashflows gegenüber Gewinngrößen den Vorteil verfügen, nicht durch einfache Bilanzpolitik beeinflussbar zu sein. Zum anderen Teil können aber auch die Free Cashflows den Nachteil besitzen, dass die entsprechenden Rückflüsse aus Investitionen erst relativ spät in die Kalkulation einbezogen werden und daher über längere Zeiträume sehr kleine oder negative Werte erzielt werden. Dieser Sachverhalt verlangt häufig längere Prognosezeiträume um einen Gleichgewichtzustand zu erreichen und führt öfters zu einem sehr hohen Anteil der Residualwerte am Gesamtunternehmenswert. Laut Schultze haben die empirischen Untersuchungen gezeigt, dass dem Residualgewinn- Modell ein bedeutend besserer Erklärungsgehalt von Unternehmenswerten am Kapitalmarkt zukommt. Und Grund dafür ist der geringere Anteil des Residualwertes am Gesamtwert. 628 626 Vgl. Hostettler, S.: Das Konzept des Economic Value Added (EVA); (1997); S. 194 627 Vgl. ebd., S. 197 628 Vgl. Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung; (2003); S. 141 <?page no="238"?> 6.4 DCF & EVA im Vergleich 239 Volkart teilt dem EVA-Modell den Vorteil zu, dass sich die Plausibilität der notwendigen Projektionen manchmal besser beurteilen lässt als mit einer reinen DCF-Methode. Der um die Konversion bereinigte NOPAT, der bei einer DCF-Methode normalerweise nicht berechnet wird, und die daraus resultierenden EVAs-Komponenten einzelner Perioden können aufschlussreicher als die im Rahmen reiner DCF-Methode nicht generierten Informationen sein. 629 Manche Befürworter der EVA-Methode sehen nur noch kleinen Anteil des Residualwertes am Unternehmenswert als den grundlegenden Vorteil. Auf den ersten Blick kann diese Betrachtung stimmen, aber am materiellen Gehalt der hinter den Zahlen stehenden Annahme ändert es nichts. Der ökonomische Wert der beim EVA-Methode miteinbezogener Substanz ( 𝐶𝐶 𝑍𝑍𝑛𝑛𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍𝑡𝑡 ) stammt schließlich einzig und alleine von den zukünftigen Free Cashflows, die bei der DCF-Methode zu einem großen Teil im Restwert enthalten sind. 630 Mensch schlägt in seinem Buch die EVA-Methode als eine Ergänzung zur DCF-Methode vor, um die Nachteile von EVA zu begrenzen und die Vorteile nutzen zu können. 631 Praxisrelevant Die Qualität einer Unternehmensbewertung hängt stark von der Richtigkeit der prognostizierten Ausgangsdaten ab. Die Ergebnisse zukünftiger Periode werden sowohl bei DCF- Methode als auch bei EVA-Methode geschätzt. Gemäß Schmeisser werden in der Praxis normalerweise mehrere Verfahren angewendet, um einen umfassenden Überblick zu bekommen. 632 Laut Hoke ist in der unternehmerischen Praxis der DCF-Methode am weitest verbreitete Methode und wird als Standardverfahren zur Bewertung von Unternehmen benutzt. 633 Nach Doerr, Fiedler, Hoke weist der EVA-Methode im Vergleich zur der Analyse mittels der DCF-Methode in der Praxis sehr große Vorteile auf. Dies wird begründet, dass Ergebnis- und Kapitalgrößen weniger starken Schwankungen unterliegen und aus diesem Grund einfacher zu prognostizieren sind. 634 Turnes, Hauser und Manuel beschreiben die Untersuchung einer empirischen Studie an der Fachhochschule St.Gallen 635 über die Anwendung und Wichtigkeit von Bewertungsmethoden bei SPI-Unternehmen 636 . Es wurden insgesamt 63 SPI-Unternehmen befragt (entspricht einer Rücklaufquote von ca. 30 Pro- 629 Vgl. Volkart, R.; Wagner, A. F.: Corporate Finance; (2014); S. 321 630 Vgl. ebd. 631 Vgl. Mensch, G.: Finanz-Controlling, Finanzplanung und -kontrolle; (2008); S. 284 f. 632 Vgl. Schmeisser: Einführung in die Unternehmensbewertung, (2008), S. 152 633 Vgl. Hoke, M.: Unternehmensbewertung auf Basis EVA; (2002); S. 766 634 Vgl. Doerr, H-H; Fiedler, R; Hoke, M.: Erfahrungen bei der konzernweiten Einführung eines EVA™-basierten Investitionsrechnungsmodells; (2003), S. 287 635 Hochschule für Angewandte Wissenschaften 636 Unternehmen aus dem Swiss Performance Index (SPI) <?page no="239"?> 240 Kapitel 6: Entgeltmanagement mittels Aktienoptionsprogramme zent). Nach der Befragung wurde festgestellt, dass in der Praxis über 97 Prozent die DCF-Methode und etwa 48 Prozent die EVA-Methode zur Bewertung von Unternehmen angewendet werden. Bei der Befragung von den Unternehmen nach der Wichtigkeit der entsprechenden Methoden wurde die DCF- Methode als „sehr wichtig“ und die EVA-Methode als „wichtig“ angekündigt. Diese beiden Methoden wurden von fast 90 Prozent der befragten SPI- Unternehmen als „Best Practice“ bezeichnet. Im Rahmen dieser Studie wurde noch zum Schluss untersucht, welche Methoden der Unternehmensbewertung die SPI-Unternehmen neben den bereits angewendeten Methoden zukünftig mehr berücksichtigt werden möchten. Nach der Befragung ergaben sich folgende Ergebnisse: 60 Prozent der befragten Unternehmen beabsichtigen, der EVA-Methode in Zukunft eine größere Bedeutung bei zu messen. Dabei wird diese Methode nicht nur als Bewertungsverfahren verwendet, sondern als Instrument der ökonomische, risikoadjustierte Gewinn (EVA) im Rahmen von nachhaltig ausgerichteten Vergütungssystemen. 637 637 Vgl. Turnes E.; Hauser M.A.; Manuel N.: Angewandte Methoden zur Bewertung von Unternehmen und Investitionen; (2011); S. 36-39 <?page no="240"?> Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte, Shareholder Value Ansatz und Aktienoptionsprogramme auf der Basis der Unternehmensbewertung <?page no="241"?> Damit Unternehmen am Markt langfristig bestehen können, benötigen sie privatwirtschaftliches Kapital, das ihnen von Investoren, insbesondere von Aktionären zur Verfügung gestellt wird. Diese werden ihr Kapital jedoch nur investieren, sofern ihre finanziellen Erwartungen aus der Investition erfüllt werden können. Dies ist der Fall, wenn sich die Produkte oder Dienstleistungen mit ausreichender Gewinnmarge verkaufen lassen. In Folge dessen wird ein Gewinn und somit Mehrwert für die Eigenkapitalgeber generiert, den die Wirtschaftswissenschaften auch als Shareholder Value bezeichnen. 638 Der Shareholder Value Ansatz stellt die Ausrichtung sämtlicher Unternehmensaktivitäten an den Interessen der Eigenkapitalgeber in den Mittelpunkt. Diese wünschen sich eine Verzinsung ihres investierten Kapitals mindestens in Höhe des eingegangenen Risikos. Erwirtschaftet das Unternehmen den geforderten Mindesterfolg nicht, droht die Gefahr, dass Investoren sich von ihren Anteilen trennen und auf den internationalen Kapitalmärkten lukrativere Unternehmen als Investitionsobjekte wählen. 639 Alfred Rappaport legte bereits im Jahr 1986 mit der Veröffentlichung von „Creating Shareholder Value“ den theoretischen Grundstein für eine wertorientierte Eigenkapitalsteigerung und somit der Maximierung des Unternehmenswertes und der Anlegerrendite für die Aktionäre. 640 Nach Rappaport stellt die Unternehmenswertsteigerung das Hauptziel der Anteilseigner dar. 641 Der Unternehmenswert setzt sich nach Rappaport aus dem Wert des Fremdkapitals und dem des Eigenkapitals zusammen. Der Wert des Eigenkapitals bildet hierbei den Shareholder Value. Um den Shareholder Value zu ermitteln, wird die Formel zur Errechnung des Unternehmenswertes entsprechend umgestellt: 642 𝑆𝑆ℎ𝑤𝑤𝑣𝑣𝑍𝑍ℎ𝑣𝑣𝑖𝑖𝑖𝑖𝑍𝑍𝑣𝑣 𝑉𝑉𝑤𝑤𝑖𝑖𝑐𝑐𝑍𝑍 = 𝑈𝑈𝑍𝑍𝑡𝑡𝑍𝑍𝑣𝑣𝑍𝑍𝑍𝑍ℎ𝑚𝑚𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑤𝑤𝑍𝑍𝑣𝑣𝑡𝑡 − 𝐹𝐹𝑣𝑣𝑍𝑍𝑚𝑚𝑖𝑖𝑘𝑘𝑤𝑤𝐹𝐹𝑍𝑍𝑡𝑡𝑤𝑤𝑖𝑖 Rappaport hält somit fest, dass man erst den Unternehmenswert ermitteln muss, um anschließend den Shareholder Value zu bestimmen. Dieser berechnet sich aus den Barwerten der betrieblichen Cashflows während des Prognosezeitraums zuzüglich eines Residualwertes, der den Barwert des Unternehmens am Ende des Prognosezeitraums widerspiegelt. Hält das Unternehmen handelsfähige Wertpapiere oder andere Investitionen, die für das operative Geschäft unwesentlich und somit veräußerbar sind, werden deren Barwerte in die Berechnung des Unternehmenswertes mit einbezogen. 643 Um die entsprechenden Barwerte der betrieblichen Cashflows zu ermitteln, werden diese mit dem gewichteten Kapitalkostensatz diskontiert. Dieser berücksichtigt sowohl die Eigenals auch die Fremdkapitalkosten und wird an- 638 Vgl. Volkart, 2011, S. 45 639 Vgl. Graumann, 2011, S. 704 f. 640 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 33 641 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 45 642 Vgl. Rappaport, 1999, S. 39 f. 643 Vgl. ebd., S. 40 <?page no="242"?> 7.1 Principal Agent Theorie 243 hand des WACC-Ansatzes (Weighted Average Cost of Capital) ermittelt. 644 Die Gewichtung von Fremd- und Eigenkapital wird bei der Kapitalkostenberechnung entsprechend der auf lange Sicht angestrebten Kapitalstruktur bestimmt. 645 Rappaport beschreibt außerdem, wie verschiedene Werttreiber Einfluss auf den Shareholder Value nehmen können. So hat das Management zum Beispiel die Möglichkeit, gezielt Investitions-, Finanzierungs- und operative Entscheidungen zu treffen, die den Wert des Unternehmens positiv beeinflussen. 646 Durch Veränderungen der zahlreichen Werttreiber, wie zum Beispiel in Form eines Personalabbaus oder Einsparungen in dem Bereich Forschung und Entwicklung, kann das Management die für die Shareholder Value Berechnung benötigten Cashflows jedoch leicht manipulieren. 647 Der Shareholder Value Ansatz wird außerdem wegen seiner einseitigen Ausrichtung an den Interessen der Shareholder kritisiert. Rappaport reagiert darauf wie folgt: „Von einem wertschaffenden Unternehmen profitieren nicht nur seine Eigentümer, sondern es dient allen anderen Anspruchsgruppen; umgekehrt sind alle Anspruchsgruppen in Gefahr, wenn es dem Management nicht gelingt, Shareholder- Value zu schaffen.“ 648 Principal Agent Theorie Bei börsennotierten Aktiengesellschaften legt das Aktienrecht eine drei Stufen Struktur fest. Gemäß § 101 Abs. 1 AktG wählen die Eigentümer - gegebenenfalls unter Mitbestimmung der Arbeitnehmer - im Rahmen der Hauptversammlung die Mitglieder des Aufsichtsrates. Dieses Kontrollorgan bestellt wiederum die Mitglieder des Vorstandes, welche das operative Geschäft der Aktiengesellschaft leiten. 649 Abbildung 64: Organe der Aktiengesellschaft. Quelle: Preußer, 2009, S. 158 644 Vgl. für die Ermittlung der Kapitalkosten nach dem WACC-Ansatz Kapitel 5.1.4.3 645 Vgl. Rappaport, 1999, S. 45 646 Vgl. ebd., S. 67 f. 647 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 47 648 Vgl. Rappaport, 1999, S. 8, in Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 47 649 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 46 Vorstand Leitungsorgan Aufsichtsrat (AR) Kontrollorgan Bestellung Abberufung Haupversammlung (HV) Grundlagenorgan Wahl Abberufung <?page no="243"?> 244 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Vorstand den Willen der Eigentümer, die ihn indirekt durch den Aufsichtsrat bestellt haben, erfüllt. Die Umsetzung des Shareholder-Value-Ansatzes kann zu Interessenkonflikten zwischen den Anteilseignern und dem Management führen, da diese mitunter verschiedenen Ziele verfolgen. Die auftretenden Interessenkonflikte beschreiben die Wirtschaftswissenschaften mit der sogenannten Principal Agent Theorie. 650 Die Principal-Agent-Theorie befasst sich mit der Analyse opportunistischer Verhaltensstrukturen unter der Annahme, dass die Akteure eigennutzenorientiert handeln und eine asymmetrische Informationsverteilung vorherrscht. Es geht um die Abhängigkeitsbeziehung zwischen Prinzipalen und Agenten, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Prinzipale Entscheidungskompetenzen an die Agenten delegieren. Die Agenten agieren jedoch nur bedingt im Interesse der Prinzipale und vertreten stattdessen eigene Interessen. In diesem Zusammenhang stellen die Prinzipale die Anteilseigner und die Agenten das Management eines Unternehmens dar. Die Principal Agent Theorie geht weiterhin davon aus, dass die Agenten nur dann für die Interessen der Prinzipale eintreten werden, wenn sich diese mit den eigenen Interessen decken. 651 Die Prinzipale haben hauptsächlich das monetäre Ziel der Maximierung ihres eingesetzten Kapitals. Um dieses zu erreichen, weisen sie eine hohe Risikobereitschaft auf, die sich dadurch ausdrückt, dass nur solche Finanzierungs- und Investitionsmaßnahmen gewählt werden sollen, die den größten Gewinn erwarten lassen. Handeln die Agenten nicht im Sinne der Prinzipale, entsteht für diese ein Verlust, der sich in einer nicht realisierten Rendite ausdrückt. 652 Die Agenten haben ebenfalls das monetäre Interesse ihr Vermögen zu erhöhen. Außerdem verfolgen sie zusätzlich nicht monetäre Ziele, wie zum Beispiel die Steigerung ihres Einflussbereiches oder ihre erneute Bestellung als Vorstandsmitglied. Die Agenten bevorzugen eine risikoärmere Finanzierungs- und Investitionspolitik als die Prinzipale, da risikoreiche Entscheidungen den Unternehmenserfolg negativ beeinflussen können und ihr Arbeitsplatz von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens abhängig ist. 653 Der daraus entstehende Interessenkonflikt der Akteure wird durch die bereits genannte asymmetrische Informationsverteilung verstärkt. Diese Informationsasymmetrien entstehen, wenn der Agent aufgrund seiner operativen Tätigkeit im Unternehmen über einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal verfügt. In der Literatur wird die Informationsasymmetrie in die Typen hidden action und hidden information eingeteilt. 654 Unter hidden action versteht man, dass der Prinzipal aufgrund räumlicher Distanz sowie fehlender Überwachungsmechanismen nur bedingt in der Lage 650 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 48 651 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 12 652 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 48 f. 653 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 14 f. 654 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 49 <?page no="244"?> 7.2 Anforderungen an Anreiz- und Vergütungssysteme in Deutschland 245 ist, das Verhalten des Agenten zu beobachten. Diese Tatsache kann den Agenten dazu verleiten seine Aufgaben in geringerer Qualität oder mit geringerem Arbeitsaufwand zu bearbeiten. Auch können Handlungen vorgenommen werden, die im Nachhinein für den Prinzipal nicht ersichtlich sind. 655 Der Prinzipal erfährt nur das Endergebnis, ohne zu wissen, ob dieses durch höheren Arbeitsaufwand von Seiten des Agenten nicht hätte besser ausfallen können. 656 Im Fall von hidden information sind dem Prinzipal die Handlungsalternativen des Agenten bekannt. Die Informationsasymmetrie entsteht hier dadurch, dass der Agent dem Prinzipal in der Entscheidungsphase eigene Eigenschaften und Fähigkeiten vorenthält. Für den Prinzipal besteht die Gefahr, dass durch den Vertragsabschluss auf Grundlage falscher Annahmen ein Verlust entsteht und der Agent die vorherrschende Informationsasymmetrie zu seinem eigenen Vorteil nutzt. 657 Um zu erreichen, dass das Management im Interesse der Anteilseigner agiert und an einer nachhaltigen Wertsteigerung des Unternehmens arbeitet, werden in der Literatur verschiedene Lösungsansätze für den Konflikt im Rahmen der Principal Agent Theorie genannt. Informations- und Kontrollsysteme können helfen, die Informations-asymmetrien zu beheben. Außerdem kann eine outputorientierte Steuerung implementiert werden, die das Handeln der Agenten dahingehend überwacht, ob sie im Interesse der Prinzipale agieren. In der Praxis geht es bei solchen Steuerungs-instrumenten oft um Aktienoptionsprogramme, die an die Steigerung des Unternehmenswertes gekoppelt sind. 658 . Anforderungen an Anreiz- und Vergütungssysteme in Deutschland Um das Principal Agent Problem lösen zu können, sind wertorientierte Vergütungssysteme so auszugestalten, dass Anreize für das Management geschaffen werden, unternehmerische Entscheidungen im Interesse der Anteilseigner zu treffen. 659 Im Hinblick darauf hat man Anregungen, Empfehlungen und Regelungen implementiert, die eine Angleichung der Interessen von Management und Anteilseignern schaffen und eine nachhaltige Unternehmensentwicklung sichern sollen. In diesem Zusammenhang werden im Folgenden der Deutsche Corporate Governance Kodex und das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) erläutert. 655 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 12 656 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 49 f. 657 Vgl. ebd., S. 50 658 Vgl. ebd. 659 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 57 <?page no="245"?> 246 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Der Deutsche Corporate Governance Kodex Die Diskussion über eine Corporate Governance begann Ende der 1970er- Jahre in den USA. 1992 wurden die „Principles of Corporate Governance“ herausgegeben. Als Folge der Unternehmensskandale der US-Firmen WorldCom und Enron, bei denen weder Anleger, noch die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) Gefahren und Risiken aufgrund krimineller Handlungen des Managements unter Mithilfe der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften feststellen konnten, 660 wurde am 30. Juli 2002 der „Sarbanes-Oxley Act of 2002“ von der US-Regierung verabschiedet. Dieser hatte das Ziel, durch Transparenz in der Unternehmensführung, die Anleger zu schützen und wieder deren Vertrauen in die Bilanzen der Unternehmen zurückzugewinnen. Auch deutsche Unternehmen, die an der US- Börse gelistet sind, wie Allianz oder Siemens unterliegen ebenfalls den Bestimmungen des Sarbanes-Oxley Act. 661 In Deutschland gewann die Corporate Governance Diskussion mit dem Fall Holzmann an Bedeutung. Im Herbst 1993 stand der in den 1990er-Jahren größte deutsche Baukonzern nach jahrelangem Missmanagement und Gesamtschulden von umgerechnet 4,5 Milliarden Euro kurz vor dem Aus. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte Bundesbürgschaften von knapp 140 Millionen Euro bereit. Die Firma Holzmann konnte jedoch wegen des jahrelangen Missmanagements nicht gerettet werden und meldete 2002 die Insolvenz an. 662 Auf den Fall Holzmann reagierte die Bundesregierung im Jahr 2000 mit der Einberufung der Regierungskommission „Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts“, die Schwächen des deutschen Systems der Unternehmensführung und -kontrolle aufdecken und diese beheben sollte. Die Kommission empfahl 2001 in ihrem Abschlussbericht die Bildung einer neuen Kommission, die einen Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) erarbeiten sollte. Die fertiggestellte Fassung des DCGK wurde am 26. Februar 2002 veröffentlicht. 663 Der Kodex reagiert auch auf die geänderten Finanzierungsstrategien deutscher Unternehmen. Bis Ende der 90er Jahre haben sich diese primär aus einbehaltenen Gewinnen und Krediten finanziert. Ab etwa 1990 gewannen internationale Finanzierungsmärkte als Quellen für Eigen- und Fremdkapital an Bedeutung. Folglich müssen sich deutsche Unternehmen heute im internationalen Wettbewerb um Kapital mit neuen Maßstäben messen lassen. Dies sind zum einen die anerkannten internationalen Rechnungslegungsstandards aber auch solche zur Corporate Governance. 664 Der Kodex soll das Vertrauen der Anleger, Kunden, Mitarbeiter sowie das der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Unternehmen fördern und das deut- 660 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 45 661 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 61 662 Vgl. http: / / www.tagesschau.de/ wirtschaft/ staatshilfe102.html, letzter Zugriff: 28.11.2012 663 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 62 664 Vgl. Ringleb et al., 2008, S. 14 <?page no="246"?> 7.2 Anforderungen an Anreiz- und Vergütungssysteme in Deutschland 247 sche Corporate Governance System insgesamt transparenter und nachvollziehbarer gestalten. Der DCGK gibt unter anderem Empfehlungen über die Ausgestaltung und Offenlegung der Vorstandsvergütung, auf die im weiteren Verlauf eingegangen wird. 665 Die Vergütungsstruktur ist auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten, wobei alle Vergütungselemente für sich sowie insgesamt angemessen sein müssen. Die Gesamtvergütung soll aus fixen und variablen Bestandteilen bestehen, wobei die variablen Vergütungselemente eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben und sowohl positiven als auch negativen Unternehmensentwicklungen Rechnung tragen sollen. In diesem Sinne kommen für die variable Vergütung laut dem DCGK unternehmensbezogene aktien- oder kennzahlenbasierte Vergütungselemente in Betracht. Für diese sollen anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter verwendet werden, bei denen eine nachträgliche Änderung der Parameter oder der Erfolgsziele ausgeschlossen ist. Der Aufsichtsrat soll außerdem für außerordentliche Entwicklungen eine Gewinnlimitierung (CAP) vereinbaren. Der DCGK empfiehlt weiterhin, dass bei Abschluss von Vorstandsverträgen darauf zu achten ist, dass bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit, die Zahlungen an diesen, einschließlich der Nebenleistungen, den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten sollen (Abfindungs-CAP). 666 Es darf außerdem nicht über die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages hinaus vergütet werden und der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat zudem die Hauptversammlung einmalig über die Vergütungsstruktur des Vorstands und über eventuelle Änderungen zu informieren. Es wird die Offenlegung der fixen und variablen Vergütungsbestandteile unter Namensnennung der Begünstigten empfohlen, sofern diese nicht durch eine Dreiviertelmehrheit der Hauptversammlung abgelehnt wird. Kommt es zur Offenlegung, sollen auch Zusagen für Leistungen, die dem Vorstandsmitglied für den Fall der vorzeitigen oder regulären Beendigung der Vorstandstätigkeit zugesagt wurden sowie Änderungen dieser offengelegt werden. DCGK gibt an, wo die Offenlegung der Vorstandvergütung zu erfolgen hat. Laut der aktuellen Fassung des Kodex vom 15. Mai 2012 erfolgt die Offenlegung im Anhang oder Lagebericht des Jahresabschlusses. Die Grundzüge des Vergütungssystems sollen in einem Vergütungsbericht, der Teil des Lageberichts ist, in allgemein verständlicher Form dargestellt werden. Des Weiteren soll der Vergütungsbericht die Ausgestaltung variabler Vergütungsbestandteile mit langfristiger Anreizwirkung erläutern und Angaben, zu den von der Gesellschaft erbrachten Nebenleistungen an ein Vorstandsmitglied, enthalten. 665 DCGK, Präambel, 2012 666 Hinweis: Der Abschnitt 4.2.3 enthält außerdem Empfehlungen für die Berechnung des Abfindungs-CAP bei Kündigung des Anstellungsvertrages aus einem von dem Vorstandsmitglied zu vertretenden wichtigen Grund, auf die in dieser Arbeit nicht explizit eingegangen wird. <?page no="247"?> 248 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Einen verbindlichen Charakter gewinnt der DCGK durch die Aufnahme ins Aktiengesetz. Laut § 161 AktG haben der Vorstand als auch der Aufsichtsrat börsennotierter Unternehmen jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen des DCGK in der Vergangenheit entsprochen wurde und auch weiterhin entsprechen wird. Eine Nichteinhaltung entsprechender Empfehlungen muss genannt und begründet werden. 667 VorstAG - Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung Am 18. Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag den Entwurf des Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) angenommen. Es handelt sich hierbei um Veränderungen und Ergänzungen bereits bestehender Gesetze, wie zum Beispiel dem Aktien- und Handelsgesetzbuch. 668 Ziel des VorstAG ist es im Wesentlichen, das langfristige Denken von Managern zu bestärken. 669 Neben der Regelung, dass die Vorstandsvergütung angemessen und am nachhaltigen Unternehmenserfolg ausgerichtet sein soll, sieht das VorstAG eine mehrjährige Bemessungsgrundlage bei Anreizsystemen im Rahmen der Vergütung vor. So können Aktienoptionen zum Beispiel nicht mehr nach zwei, sondern erst nach vier Jahren eingelöst werden. 670 Dem Aufsichtsrat wird durch das VorstAG mehr Verantwortung zugesprochen, welche mit einer verstärkten Haftung bei unangemessener Festsetzung der Vorstands-vergütung einhergeht. Die Möglichkeit, Entscheidungen über Vorstandsverträge an einen Ausschuss zu delegieren, hat der Aufsichtsrat gemäß dem Gesetz nicht mehr. Gerät das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, hat der Aufsichtsrat die Vorstandsvergütung nachträglich herabzusetzen. Sofern der Wechsel eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat nicht auf Vorschlag von Aktionären - die mindestens 25% der Anteile halten - erfolgt ist, sieht das VorstAG eine Karenzzeit von zwei Jahren vor. Das Gesetz sieht weiterhin vor, dass die Aktionäre im Rahmen der Hauptversammlung Einfluss auf die Gestaltung der Vorstandsvergütung nehmen können. Diese Regelung ist speziell bei Unternehmensvertretern umstritten, da sie sich in diesem Zusammenhang Spannungen oder Aufregungen der Aktionäre auf der Haupt-versammlung vorstellen können. 671 Insgesamt ist festzuhalten, dass der Schwerpunkt des VorstAG auf der Schaffung langfristiger Anreize für die Vorstände liegt, um eine nachhaltige Entwicklung der Unternehmen sicherzustellen. Die Aufsichtsräte werden bei der Gestaltung der Vorstandsvergütungen stärker in die Verantwortung genom- 667 Vgl. § 161 AktG 668 Vgl. http: / / dipbt.bundestag.de/ dip21/ brd/ 2009/ 0592-09.pdf, letzter Zugriff: 26.11.2012 669 Vgl. Bernhard, 2009, S. 10 670 Vgl. http: / / dipbt.bundestag.de/ dip21/ brd/ 2009/ 0592-09.pdf, letzter Zugriff: 26.11.2012 671 Vgl. Bernhard, 2009, S. 14 <?page no="248"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 249 men und die Aktionäre haben durch das VorstAG zudem die Möglichkeit, an der Gestaltung der Vorstandsvergütungen mitzuwirken. Economic Value Added (EVA)-Ansatz Potentielle Kapitalgeber in Form von Anteilseignern werden sich grundsätzlich für eine Investition in erfolgversprechende, im Sinne von Gewinn erwirtschaftende Unternehmen entscheiden. Durch die Internationalisierung der Kapitalmärkte ist der globale Wettbewerb um Kapitalgeber enorm gestiegen. Aus diesem Grund ist eine wertorientierte Unternehmensführung als auch die Wahl einer geeigneten Kennzahl als Steuerungsgröße von zentraler Bedeutung. 672 Die für diese Zwecke angewendeten klassischen Erfolgskennzahlen wie zum Beispiel der ROI (Return on Investment) 673 oder die Umsatzrendite sagen jedoch wenig darüber aus, ob das Unternehmen für die Eigentümer Wert generiert oder nicht. 674 Aus diesem Grund wurden neue Kennzahlenkonzepte, wie der EVA -Ansatz, der im Folgenden vorgestellt wird, entwickelt. Systematik und Grundgedanke Der EVA-Ansatz wurde von der Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart Company of New York 675 entwickelt 676 und erstmals im Jahr 1989 vorgestellt. Grundsätzlich ist EVA der Gewinn, der nach Abzug der Kosten für Eigen- und Fremdkapital verbleibt. 677 Dieser Übergewinn oder auch Residualgewinn genannt, unterscheidet sich zum bilanziellen Gewinn dadurch, dass nur der über die Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber hinausgehende Teil werthaltig ist. Damit handelt es sich um den bereinigten Gewinn nach Steuern, der nach Verzinsung des Fremdkapitals und über die risikoadjustierten Eigenkapitalkosten hinaus für die Eigenkapitalgeber verbleibt. 678 Im Gegensatz zu anderen Erfolgsgrößen berücksichtigt EVA somit neben der Ergebnisseite auch das für die Erwirtschaftung des Gewinns eingesetzte Kapital. EVA findet auch im Bereich der Corporate Governance Bedeutung und ist daher mehr als eine Finanzkennzahl. EVA ist primär auf die Erhöhung des Shareholder Values ausgerichtet, wird zur Bewertung und Analyse von Unternehmen, Unternehmensteilen als auch Projekten eingesetzt und dient den Mitarbeitern, aber vor allem dem Management, als Ziel- und Anreizsystem. Außerdem lässt sich der EVA-Ansatz leicht kommunizieren und somit im Unternehmen implementieren. 679 Für die Berechnung der EVA-Kennzahl wird 672 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 461 673 Vgl. Rappaport, 1999, S. 24 ff. 674 Vgl. Stern / Shiely / Ross, 2002, S. 7 675 Hinweis: Im Folgenden auch kurz „Stern Stewart & Co.“. 676 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 461 677 Vgl. Stern / Shiely / Ross, 2002, S. 35 678 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 461 f. 679 Vgl. Hostettler, 2000, S. 20 f. <?page no="249"?> 250 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte die Erfolgsgröße NOPAT (Net Operating Profit after Tax), die Kapitalgröße Capital und der Kapitalkostensatz WACC herangezogen. Die Werttreiber des EVA-Ansatzes werden anhand dieser Kernelemente transparent. So kann das Management durch operative Entscheidungen den Nettobetriebsgewinn (NO- PAT) steigern und durch richtige Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen ein Nettovermögen (Capital) schaffen, das den höchstmöglichen NO- PAT erzielt. Außerdem sind Finanzierungsentscheidungen durch das Management so zu treffen, dass der Kapitalkostensatz WACC minimiert wird. Für die EVA-Ermittlung wird auf Daten des externen Rechnungswesens zurückgegriffen, die mit Hilfe von sogenannten Konversionen modifiziert werden. Capital Charge Formel Die Kennzahl EVA wird als bereinigter Gewinn nach Steuern, der nach Verzinsung des Fremdkapitals und über die risikoadjustierten Eigenkapitalkosten hinaus für die Eigenkapitalgeber verbleibt, definiert. Demnach ist EVA die periodenbezogene Differenz zwischen dem operativen Ergebnis NOPAT, das aus dem eingesetzten Kapital erwirtschaftet wurde und den Kapitalkosten. Entsprechend dem Übergewinnkonzept wird dieser Zusammenhang in der Capital Charge Formel deutlich: 680 𝑬𝑬𝑬𝑬𝑬𝑬 = 𝑵𝑵𝑵𝑵𝑵𝑵𝑬𝑬𝑵𝑵 − 𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪𝑪 ∗ 𝑾𝑾𝑬𝑬𝑪𝑪𝑪𝑪 mit: NOPAT = Betrieblicher Gewinn nach Abzug der adjustierten Steuern vor Finanzierungskosten Capital = Betriebsnotwendiges Vermögen, das zur Erwirtschaftung des NOPAT erforderlich ist. WACC = Gewichteter Kapitalkostensatz des Eigen- und Fremdkapitals. Auf die Ermittlung der drei Basiselemente wird unten eingegangen. Value Spread Formel Nach Umformung lässt sich der EVA auch mit Hilfe der Value Spread Formel berechnen: 681 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 = �𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑇𝑇 𝐶𝐶𝑤𝑤𝐹𝐹𝑍𝑍𝑡𝑡𝑤𝑤𝑖𝑖 − 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶� ∗ 𝐶𝐶𝑤𝑤𝐹𝐹𝑍𝑍𝑡𝑡𝑤𝑤𝑖𝑖 bzw. 𝐸𝐸𝑉𝑉𝑁𝑁 = (𝑣𝑣 − 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶) ∗ 𝐶𝐶𝑤𝑤𝐹𝐹𝑍𝑍𝑡𝑡𝑤𝑤𝑖𝑖 mit: Rendite r = Verhältnis von NOPAT und Capital, das die interne Rendite der operativen Prozesse darstellt. Die interne Rendite der operativen Prozesse r wird auch als Stewarts R bezeichnet. 682 Mit Hilfe der Value Spread Formel können auf einen Blick wert- 680 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 463 681 Vgl. ebd. 682 Vgl. Coenenberg / Salfeld, 2007, S. 264 <?page no="250"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 251 schaffende von wertvernichtenden Unternehmen unterschieden werden. Ist der Klammerausdruck größer null, also die interne Rendite der operativen Geschäfte größer als der Kapitalkostensatz WACC, arbeitet das betrachtete Unternehmen wertschaffend. Andererseits wird Wert vernichtet, wenn die Kapitalkosten über der internen Rendite der operativen Geschäfte liegen. Als Konsequenz ist der EVA ebenfalls negativ. Das von den Eigenkapitalgebern investierte Kapital hätte sich in diesem Fall nicht risikoadäquat verzinst. 683 Stewarts R > WACC EVA > 0 Unternehmen ist wertsteigernd Stewarts R = WACC EVA = 0 Grenzunternehmen Stewarts R < WACC EVA < 0 Unternehmen ist wertvernichtend Abbildung 65: Zusammenhang zwischen der internen Rendite der operativen Prozesse und dem Kapitalkostensatz. Quelle: Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 464 Aus der Value Spread Formel lassen sich entsprechende Wertsteigerungsmöglichkeiten für Unternehmen ableiten. Die Kapitalrendite sollte demnach gesteigert und die Kapitalkosten gesenkt werden. Investiert werden sollte nur in Projekte, deren Kapitalkosten niedriger sind als Stewarts R. Außerdem sollte das Unternehmens-portfolio dahingehend bereinigt werden, dass Geschäfte eliminiert werden, deren Kapitalkosten oberhalb von Stewarts R liegen. 684 Konversionen Die Basis des EVA-Ansatzes bildet das betriebliche Rechnungswesen. In diesem Zusammenhang wird der betriebliche Gewinn vor Finanzierungskosten und nach Abzug der adjustierten Steuern (NOPAT) aus dem Jahresergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung und das betriebsnotwendige Vermögen (Capital) aus dem Vermögen der Bilanz generiert. 685 Da der Jahresabschluss jedoch in erster Linie für Fremdkapitalgeber aufgestellt wird, ist er durch einen vorsichtigen Ansatz geprägt. Dieser konservative Ansatz wird zum Beispiel durch Gesetze im Wertpapierrecht unterstützt. So werden Buchhalter im Rahmen von Wertpapierbetrug meistens wegen eines zu hohen Ausweises der Vermögensteile angeklagt. Ein niedrigerer Ausweis ist daher auch im Interesse der Buchhalter. Jahresabschlüsse zeigen somit weniger die Renditemöglichkeiten für die Anteilseigner als vielmehr den Mindestwert des betrachteten Unternehmens, der bei sofortiger Liquidation erreicht werden könnte. 686 Außerdem hängt die Datenqualität von den angewandten Rechnungslegungsstandards wie HGB, IFRS oder U.S.-GAAP ab. Da die zugrundeliegenden buchhalterischen Größen kein realistisches Bild in Bezug auf die Wertschaffung einer Periode geben, wird das oben genannte Datenmaterial, welches auch als „Accounting Model“ bezeichnet wird, durch Anpassungen, sogenann- 683 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 463 f. 684 Vgl. Coenenberg / Salfeld, 2007, S. 264 f. 685 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 465 686 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 174 <?page no="251"?> 252 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte te Konversionen (engl. Conversions), in das „Economic Model“ überführt. Ziel dieser Anpassungen ist, die Gewinngröße NOPAT und die Kapitalgröße Capital von operativen, steuerlichen, finanziellen und bewertungstechnischen Verzerrungen zu befreien und einen ökonomisch aussagekräftigen EVA-Wert zu bestimmen. Mit Hilfe der Konversionen verlässt man das auf die Interessen der Gläubiger ausgerichtete Accounting Model und gelangt zum aktionärsorientierten Economic Model, welches auf den Markt und die Investoren ausgerichtet ist. 687 Beispielsweise werden Aufwendungen für Forschung und Entwicklung im betrieblichen Rechnungswesen als Aufwand erfasst und belasten die Erfolgsrechnung daher sofort im Zeitpunkt der Entstehung. Die EVA- Konversionen erlauben die Interpretation dieser Ausgaben als Investition, die aktiviert und über eine entsprechende Nutzungsdauer abgeschrieben werden kann. Es sind rund 160 solcher möglichen Anpassungen bekannt, wobei für die EVA-Berechnung in der Regel nur bis zu zehn verschiedene Konversionen angewendet werden. 688 In der Literatur werden die Konversionen in vier Stufen vollzogen. Nichtbetriebliche, finanzielle, steuerliche und bewertungstechnische Anpassungen werden im Rahmen der Operating Conversions, der Funding Conversions, der Tax Conversions und der Shareholder Conversions durchgeführt. 689 Abbildung 66: Konversionen zur Ermittlung des Economic Model. Quelle: Vgl. Hostettler, 2000, S. 98 Nach erfolgreicher Durchführung der Konversionen sollen Sondereffekte neutralisiert werden, um eine Vergleichbarkeit über mehrere Perioden hinweg zu gewährleisten. Die EVA-Kennzahl hat außerdem das Ziel, die nach Möglichkeit tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens darzustellen. 690 Im Folgenden sollen die vier Konversionen vorgestellt sowie die in der Literatur häufig genannten Geschäftsvorfälle beispielhaft betrachtet werden. 7.3.1.3.1 Operating Conversions Die EVA-Kennzahl stellt den Übergewinn aus der betrieblichen Tätigkeit dar. Aus diesem Grund wird im Rahmen der Operating Conversions eine kritische Durchsicht der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung hinsichtlich der betrieblichen Zugehörigkeit der einzelnen Vermögens- und Gewinngrößen vorgenommen. 691 Ziel ist, dass die EVA-Kennzahl nur Erfolgs- und Vermö- 687 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 465 688 Vgl. Volkart, 2011, S. 322 689 Vgl. Hostettler, 2000, S. 98 690 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 146 691 Vgl. Hostettler, 2000, S. 99 <?page no="252"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 253 genskomponenten enthält, die aus der betrieblichen, also der eigentlichen absatz- und produktionswirtschaftlichen Tätigkeit zugeflossen sind. Dazu wird der NOPAT des Accounting Models um alle nicht operativen Ertrags- und Aufwandsbestandteile und das Capital um alle nicht operativen Vermögensbestandteile bereinigt. 692 Eine gängige Anpassung der Vermögensgröße Capital im Rahmen der Operating Conversions ist die Eliminierung der Wertpapiere des Umlaufvermögens. Sie unterscheiden sich zu den Wertpapieren des Anlagevermögens dadurch, dass sie nicht als dauerhafte Geldanlage gedacht sind und somit jederzeit veräußert werden können. Eine Veräußerung kann gegebenenfalls in Finanzierungsengpässen helfen, diese zu überwinden. Ein Fehlen der Wertpapiere des Umlaufvermögens bedeutet jedoch in der Regel keine Beeinträchtigung der operativen Tätigkeit. Aus diesem Grund werden sie im Rahmen der Operating Conversions vom Capital eliminiert. Im Gegensatz dazu hängen liquide Mittel direkt mit der operativen Tätigkeit zusammen. Denn werden liquide Mittel nicht für den betrieblichen Alltag gebraucht, kann davon ausgegangen werden, dass diese alsbald in Wertpapiere investiert werden und so die Bilanzposition wechseln. Liquide Mittel sind somit in der Regel betriebsnotwendig, nicht frei verfügbar und werden daher im Rahmen der Operating Conversions nicht vom Capital eliminiert. 693 Vom Capital eliminiert wird jedoch das nicht operativ notwendige Vermögen, wie zum Beispiel Anlagen im Bau, da diese dem Unternehmen für den operativen Prozess und somit zur Erwirtschaftung des betrieblichen Gewinns in der vergangenen Periode noch nicht zur Verfügung standen. 694 Sobald die Anlagen jedoch fertig gestellt und für die betriebliche Leistungserstellung eingesetzt werden, müssen sie der Vermögensgröße Capital wieder zugerechnet werden, da es sich dann um operativ notwendiges Vermögen handelt. 695 Andere nicht betrieblich genutzte Vermögensgegenstände, wie zum Beispiel vermietete Immobilien werden vom Capital eliminiert, da man auch im Rahmen der voranschreitenden Fokussierung auf das Kerngeschäft davon ausgehen kann, dass diese, nicht der betrieblichen Tätigkeit dienenden Vermögensobjekte, im Laufe der Zeit abgestoßen werden. 696 Gängige Anpassungen der Gewinngröße NOPAT im Rahmen der Operating Conversions sind die Eliminierung der nicht operativen Erträge und außergewöhnlichen Aufwendungen, da diese offensichtlich nicht in Verbindung mit der betrieblichen Leistungserstellung anfallen. Laut Baetge, Kirsch und Thiele werden auch Aufwendungen für Restrukturierungen vom NOPAT im Rahmen der Operating Conversions eliminiert. 697 Hostettler hingegen schlägt vor, die 692 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 465 693 Vgl. Hostettler, 2000, S.112 f. 694 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 466 695 Vgl. Hostettler, 2000, S. 120 696 Vgl. ebd., S. 121 697 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 466 <?page no="253"?> 254 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Restrukturierungsaufwendungen erst im Rahmen der Shareholder Conversions vom NOPAT zu eliminieren und analog zu Investitionen in Sachanlagen über deren geschätzte Nutzungsdauer linear abzuschreiben. 698 Finanzerträge und Finanzaufwendungen werden, sofern es sich bei dem betrachteten Unternehmen nicht um ein Unternehmen der Finanzbranche handelt, bei dem Finanzanlagen zu dem operativen Geschäft gehören, ebenfalls eliminiert. 699 Finanzaufwendungen fallen in der Regel für Darlehen von Fremdkapitalgebern an. Da Zinsaufwände für Fremdkapital bereits in das EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) einfließen, ergibt sich eine Vermischung der operativen und der Finanzierungstätigkeit. Um diese zu verhindern, werden die Zinsaufwände im Rahmen des EVA-Konzepts eliminiert. Da die Finanzierungskosten bereits in den Kapitalkosten berücksichtigt werden, wird somit außerdem eine Doppelbelastung des EVA vermieden. 700 Operating Conversions Capital NOPAT • Eliminierung der Wertpapiere des Umlaufvermögens sowie • Eliminierung des nicht operativ notwendigen Vermögens, z.B. Anlagen im Bau, da sie für den operativen Prozess noch nicht zur Verfügung stehen • Eliminierung der Finanzerträge und Finanzaufwendungen, • Eliminierung der Restrukturierungsaufwendungen und • Eliminierung der nicht operativen Erträge und außergewöhnlichen Aufwendungen Abbildung 67: Operating Conversions. Quelle: Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 466 Die vorstehende Abbildung stellt die genannten gängigen Anpassungen nach Beatge, Kirsch und Thiele im Rahmen der Operating Conversions noch einmal zusammenfassend dar. Für externe Bilanzanalytiker ist die Ermittlung des absolut richtigen NOPAT aufgrund bilanzpolitischer Maßnahmen und individueller Sachverhaltsgestaltungen nicht möglich. Aufgrund der Manipulationsanfälligkeit des Jahresabschlusses empfehlen Baetge, Kirsch und Thiele den externen Bilanzanalytikern daher, speziell die Posten „sonstige betriebliche Erträge“ und „sonstige betriebliche Aufwendungen“, hinsichtlich der nachhaltigen Zugehörigkeit zu dem betrieblichen Ergebnis, kritisch zu untersuchen. 701 7.3.1.3.2 Funding Conversions Mit Hilfe der Funding Conversions soll eine vollständige Erfassung sämtlicher Finanzierungsmittel unabhängig von ihrer Finanzierungsform erreicht werden. Vor allem versteckte Finanzierungsformen, wie Miet- und Leasinggeschäfte 698 Vgl. Hostettler, 2000, S. 104 699 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 466 700 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 140 701 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 466 <?page no="254"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 255 werden in den Fokus gerückt und analog zu ausgewiesenen Finanzierungsformen, wie zum Beispiel verzinstem Fremdkapital oder nicht zinstragenden Verbindlichkeiten (z.B. Pensionsrückstellungen), als wirtschaftlich relevant betrachtet. Um eine Beschönigung der finanziellen Unternehmensverhältnisse durch Vertragskonstruktionen im Leasinggeschäft, die einen bilanziellen Ausweis der Leasinggeschäfte umgehen, zu vermeiden, ist es gemäß Hostettler wünschenswert, dass Leasing- und Mietverpflichtungen offengelegt werden. 702 In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die gängigen Rechnungslegungsstandards wie IFRS und US-GAAP, für das längerfristige Financial Leasing, die Bilanzierung beim Leasingnehmer vorschreiben. Die geleasten Objekte werden dann im Anlagevermögen und die aus dem Leasinggeschäft entstehenden zukünftigen finanziellen Verpflichtungen im Fremdkapital des Unternehmens bilanziert. Entstehender Leasingzinsaufwand wird ähnlich dem Mietaufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Die geleasten Vermögensgegenstände werden wie eigene Aktiva behandelt und entsprechend über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Abschreibungen mindern somit die auf der Passivseite der Bilanz erfassten zukünftigen finanziellen Verpflichtungen aus dem Leasing-Geschäft. Problematisch kann gegebenenfalls die Abgrenzung zum kurzfristigeren Operating Leasing sein, bei dem die Bilanzierung meistens beim Leasinggeber stattfindet 703 , da er das Leasingobjekt - gemessen an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer - überwiegend zur Verfügung hat und dieses bei Bedarf weiteren Leasingnehmern zur Nutzung überlassen kann. 704 Hostettler hält fest, dass Operating Leasingobjekte genau wie Mietobjekte nicht beim Leasingnehmer beziehungsweise Mieter zu bilanzieren sind. Da es sich hierbei aber auch um eine besondere Art der Fremdfinanzierung handelt, werden sie den Konversionen im EVA-Konzept unterzogen. 705 Um eine vollständige Erfassung sämtlicher Finanzierungsmittel zu erreichen, sieht das EVA-Konzept im Zusammenhang mit den Funding Conversions vor, dass der Vermögensgröße Capital sämtliche Finanzierungsmittel hinzugerechnet werden. Bei der Gewinngröße NOPAT müssen sämtliche beim Capital vorgenommenen Berichtigungen ebenfalls korrigiert werden. Im Fall von Leasinggeschäften können das die genannten, in Leasingraten integrierte Zinszahlungen und im Fall von Finanzierung durch Eigenkapital zum Beispiel Vorzugsdividenden sein. 706 Die folgende Abbildung stellt die genannten gängigen Anpassungen im Rahmen der Funding Conversions dar. 702 Vgl. Hostettler, 2000, S. 100 f. 703 Vgl. Volkart, 2011, S. 847 f. 704 Vgl. Buchholz, 2009, S. 43 705 Vgl. Hostettler, 2000, S.124 706 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 467 <?page no="255"?> 256 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Funding Conversions Capital NOPAT • Alle Finanzierungsmittel müssen erfasst werden, d.h., auch geleastes bzw. gemietetes Vermögen muss hinzugerechnet werden. • Jede beim Capital korrigierte Position muss auch auf der Seite des NOPAT korrigiert werden, wie in Leasingraten integrierte Zinszahlungen, - Vorzugsdividenden. Abbildung 68: Funding Conversions. Quelle: Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 467 Für externe Bilanzanalytiker ist die korrekte Vornahme der Anpassungen im Rahmen der Funding Conversions schwierig, wenn die geleasten Vermögensgegenstände nicht aktiviert und aus den vom Unternehmen veröffentlichten Informationen nicht zu entnehmen sind. 707 7.3.1.3.3 Tax Conversions Mit Hilfe der Tax Conversions soll unter der Prämisse einer vollständigen Eigenfinanzierung die tatsächliche Steuerbelastung des operativen Gewinns ermittelt werden. Entsprechend der durch verschiedene Konversionen angepassten Ergebnisgröße, werden auch Steuern, die auf nicht betriebliche Aufwendungen und Erträge entfallen, eliminiert. 708 Folglich wird im Zuge der Tax Conversions eine den vorgenommenen Konversionen entsprechende fiktive Steuerlast berechnet. 709 Im Rahmen der Tax Conversions wird dem Steueraufwand das sogenannte Tax- Shield, der Steuervorteil, der sich durch Nutzung von Fremdkapital ergibt, hinzugerechnet. Grund hierfür ist, dass der sich durch die steuerliche Abzugsfähigkeit des Fremdkapitals von der steuerlichen Bemessungsgrundlage ergebende Steuervorteil bereits im Kapitalkostensatz WACC 710 berücksichtigt wird. 711 Eine weitere Besonderheit im Rahmen der Tax Conversions nehmen die latenten Steuern ein. Da für die EVA-Ermittlung nur zahlungswirksame Steuern relevant sind, werden die nicht zahlungswirksamen latenten Steuern bei der Vermögensgröße Capital und der latente Steueraufwand beziehungsweise ertrag bei der Gewinngröße NOPAT eliminiert. 712 Ein weiterer Grund für die Eliminierung der latenten Steuern liegt in der Annahme des EVA-Konzeptes, dass latente Steuerschulden und -forderungen ein unendlich in der Zukunft 707 Vgl. Hostettler, 2000, S. 125 708 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 467 709 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 139 710 Hinweis: Die genaue Ermittlung des Kapitalkostensatzes WACC wird in Kapitel 5.1.4.3 behandelt. 711 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 467 712 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 139 <?page no="256"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 257 liegendes Erfüllungsdatum und damit einen Gegenwartswert von Null haben. In die EVA-Ermittlung fließen sie somit nicht ein. 713 Die folgende Abbildung stellt die genannten gängigen Anpassungen im Rahmen der Tax Conversions noch einmal zusammenfassend dar. Tax Conversions Capital NOPAT • Die latenten Steuern sind zu eliminieren. • Die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Fremdfinanzierung, das Tax-Shield, muss im NOPAT korrigiert und im Kapitalkostensatz WACC berücksichtigt werden. • Der latente Steueraufwand oder Steuerertrag ist zu eliminieren. Abbildung 69: Tax Conversions. Quelle: Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 467 Für einen externen Bilanzanalytiker kann die Ermittlung des Tax-Shield im Rahmen der Tax Conversions schwierig sein, wenn das betrachtete Unternehmen zum Beispiel ein international tätiger Konzern ist. Dieser unterliegt wegen seiner ländergrenzenüberschreitenden Tätigkeit gegebenenfalls verschiedenen Steuersystemen unterschiedlicher Länder, was eine Berechnung des Steuervorteils aus Fremdkapital erschwert. 714 7.3.1.3.4 Shareholder Conversions In einem traditionellen Jahresabschluss dürfen wegen des Vorsichtsprinzips und der angewandten Rechnungslegungsstandards verschiedene Vermögenswerte nicht aktiviert werden, obwohl sie aus Aktionärssicht Investitionscharakter besitzen. Im Rahmen der Shareholder Conversions werden diese sogenannten Equity Equivalents aktiviert und die EVA-Kennzahl dadurch auf eine strenge aktionärsorientierte Sichtweise ausgerichtet. 715 Aufwendungen, die aus Eigentümersicht Investitionen und damit Equity Equivalents darstellen, sind laut Hostettler zum Beispiel Aufwendungen für Forschung und Entwicklung und Markterschließungskosten. 716 Außerdem entstehen Equity Equivalents durch unterschiedliche Bewertungsmethoden. So wird gemäß HGB ein Vermögenswert aus Gründen des Gläubigerschutzes zu Anschaffungs- und Herstellungskosten aktiviert. Den Interessen der Fremdkapitalgeber stehen aber die Interessen der Eigenkapitalgeber gegenüber. Ein Investor ist vielmehr an einer Bewertung zum Fair Value, also zum beizulegenden Zeitwert interessiert, da hier eine zeitnahe Bewertung zu 713 Vgl. Hostettler, 2000, S. 224 714 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 468 715 Vgl. ebd. 716 Vgl. Hostettler, 2000, S. 103 f. <?page no="257"?> 258 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte aktuellen Marktwerten der Vermögenswerte und Schulden vorgenommen wird. 717 Der Ermessungsspielraum bei der Beurteilung der Equity Equivalents ist abhängig von der zu bewertenden Vermögensposition. Die größten Spielräume im Rahmen der Shareholder Conversionen ergeben sich in der Beurteilung der immateriellen Vermögensgegenstände. 718 Immaterielle Vermögenswerte sind körperlich nicht greifbare erworbene oder selbst erstellte Werte. Erworbene immaterielle Vermögensgegenstände sind entsprechend ihrer Anschaffungskosten zu aktivieren. Bei selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen dagegen ist der Nachweis über die Werthaltigkeit schwierig. 719 Im Fall der Forschung und Entwicklung regelt § 255 Abs. 2a Satz 2 HGB für den Begriff Entwicklung, dass es sich hierbei um die Anwendung von Forschungsergebnissen, von anderem Wissen für die Neuentwicklung oder um die Anwendung wesentlicher Weiterentwicklungen von Gütern oder Verfahren, handelt. Forschung ist nach § 255 Abs. 2a Satz 3 HGB dagegen die eigenständige, planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen. Da die technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussicht unsicher ist, können Aufwendungen für Forschung im Gegensatz zu Aufwendungen für Entwicklung nicht aktiviert werden. Für den Fall, dass Forschung und Entwicklung in einem Unternehmen nicht voneinander zu trennen sind, gilt entsprechend § 255 Abs. 2a Satz 4 HGB ein Aktivierungsverbot. 720 Im Rahmen der Shareholder Conversions werden Aufwendungen, die aus Aktionärssicht Investitionscharakter haben, wie Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, Aufwendungen für Markteinführungen, Restrukturierung oder Schulungen, als solche betrachtet und analog zu Investitionen in Sachanlagen über deren geschätzte Nutzungsdauer linear abgeschrieben. Gemäß dem EVA-Ansatz werden sie als Capital betrachtet. 721 Die bereits beschriebenen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind ein in der Literatur häufig verwendetes Beispiel für die Unterschiede zwischen der angewendeten Rechnungslegung und der ökonomischen Realität. Die Rechnungslegungsstandards schreiben eine sofortige Abschreibung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung vor, sofern sie analog zu § 255 Abs. 2a Satz 4 HGB nicht voneinander zu trennen sind. Grund für die sofortige Abschreibung ist die Annahme, dass viele Investitionen in diesem Bereich wertlos sind. Im Besonderen bei forschungsintensiven High-Tech- Unternehmen führt diese Anwendung der Rechnungslegung zu einer unrealistischen Darstellung der Vermögensverhältnisse. Unter anderem werden High- 717 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 468 718 Vgl. Hostettler, 2000, S. 130 719 Vgl. ebd., S. 139 720 Vgl. § 255 Abs. 2a HGB 721 Vgl. Hostettler, 2000, S. 104 <?page no="258"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 259 Tech-Unternehmen deshalb zu wesentlich höheren Werten gehandelt, als der bloße Blick auf den unterbewerteten Buchwert erwarten ließe. 722 Eine gängige Anpassung der Vermögensgröße Capital im Rahmen der Shareholder Conversions ist die Hinzurechnung versteckter Reserven, wie Vorräte oder Delkredererückstellungen. 723 Auch stille Reserven im Sinne von Willkürreserven 724 und der gesamte Goodwill 725 werden dem Capital zuaddiert, da sie aus Aktionärssicht einen zusätzlichen Wert darstellen. Da der derivate, durch Zukauf erworbene Goodwill im Grunde eingekauften Shareholder Value darstellt, der auch an die Anteilseigner hätte ausgeschüttet werden können, wird dieser sowie sämtliche durch die Rechnungslegung vorgeschriebenen bisher durchgeführten Goodwill-Abschreibungen, dem Capital hinzugerechnet. 726 Durch die Hinzurechnung des derivaten Goodwill wird außerdem sichergestellt, dass dieser analog dem originären, durch das operative Geschäft entstandenen Goodwill behandelt wird. 727 Die nachfolgend aufgeführte Abbildung stellt die genannten gängigen Anpassungen im Rahmen der Shareholder Conversions noch einmal dar. Shareholder Conversions Capital NOPAT • Versteckte Reserven, wie Lagerreserven, übermäßige Delkredererückstellungen oder Rückstellungen für latente Steuern werden dem Capital hinzugefügt. • Der gesamte Goodwill und die bisherigen Goodwill-Abschreibungen werden dem Capital hinzugerechnet. • Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, Markteinführungen oder Schulungen werden nicht mehr als Aufwand, sondern analog zu den Investitionen in Sachanlagen wie Investitionen in die Zukunft betrachtet. • Bezüglich der Goodwill- Abschreibungen ist korrespondierend zu den Anpassungen beim Capital vorzugehen. Im Geschäftsjahr vorgenommene Goodwill-Abschreibungen sind zu eliminieren. Abbildung 70: Shareholder Conversions. Quelle: Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 469 Ein externer Bilanzanalytiker wird auch bei der Durchführung der beschriebenen Shareholder Conversions Schwierigkeiten haben. Speziell die Bestimmung der Zeitwerte, der in der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerte 728 und 722 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 179 723 Vgl. Hostettler, 2000, S. 131 724 Vgl. ebd., S. 148 725 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 469 726 Vgl. Hostettler, 1995, S. 307 ff. 727 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 469 728 Vgl. ebd., S. 468 <?page no="259"?> 260 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte die Beurteilung der Equity Equivalents hinsichtlich ihrer angemessenen Höhe wird ihm von außerhalb vermutlich nicht gelingen. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Anpassungen konsistent durchzuführen sind, weil die einzelne Anpassung sowohl Auswirkungen auf der NOPATals auch auf der Capital-Seite haben. Die Steueranpassungen müssen außerdem mit allen anderen vorgenommenen Anpassungen abgestimmt werden. Je nach Unternehmen und Branche kann es ausreichend sein, drei bis sechs Anpassungen im Rahmen der Shareholder Conversions vorzunehmen. Wichtig ist hierbei, dass der angewandte Detaillierungsgrad mit den dadurch gewonnenen Erkenntnissen in einem angemessenen Verhältnis steht. 729 Um die Ermittlung der EVA-Kennzahl und die interne Kommunikation der EVA-Ziele nicht zu schwierig zu gestalten, sollte unternehmensindividuell abgewogen werden, welche Anpassungen durchzuführen sind und welche nicht. Hierbei sollte der Grundsatz der Wesentlichkeit gelten. Es sollten außerdem nur Anpassungen durchgeführt werden, die verständlich und kommunizierbar sind, da die EVA-Kennzahl auch im Rahmen der variablen Vergütung 730 als Anreiz für wertsteigernde Arbeit eingesetzt werden kann. 731 Basiselemente Die Basiselemente des EVA-Ansatzes sind die Erfolgsgröße NOPAT, die Vermögensgröße Capital und der Kapitalkostensatz WACC. Diese drei Elemente und im Besonderen deren Berechnung unter Berücksichtigung der diskutierten Konversionen werden im Folgenden erläutert. 7.3.1.4.1 Erfolgsgröße NOPAT Der NOPAT als Erfolgsbeziehungsweise Gewinngröße des EVA-Ansatzes ist definiert als betrieblicher Gewinn nach Abzug der adjustierten Steuern vor Finanzierungskosten (insbesondere Zinsen auf Fremdkapital). Er stellt das für Eigen- und Fremdkapitalgeber zur Verfügung stehende Ergebnis dar. Als Ausgangspunkt für die Berechnung des NOPAT wird in der Literatur das EBIT (Earnings Before Interest and Taxes) oder der Jahresüberschuss genannt. Das EBIT als Gewinngröße vor Zinsen und Steuern, das aus ökonomischer Sicht das Betriebsergebnis, also den Saldo aus Betriebserträgen und -aufwendungen bildet, entspricht dem Jahresüberschluss beziehungsweise -fehlbetrag der Gewinn- und Verlustrechnung abzüglich des Finanzergebnisses, der außerordentlichen Erträge sowie Aufwendungen und den Steuern. 732 Der NO- PAT wird unter Einbezug der verschiedenen Konversionen errechnet. Ausgehend vom EBIT werden vom operativen Ergebnis die zahlungswirksamen Steuern abgezogen und gegebenenfalls erforderliche Anpassungen zur Berei- 729 Vgl. Hostettler, 2000, S. 130 730 Vgl. Kapitel 5.2 731 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 139 732 Vgl. Buchholz, 2009, S. 154 <?page no="260"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 261 nigung buchhalterischer Verzerrungen vorgenommen. 733 Da das EBIT als Betriebsergebnis ausschließlich operative Aufwendungen und Erträge enthält, sind die aufgeführten Konversionen im Rahmen des EVA-Ansatzes hier nur eingeschränkt anwendbar. Eine in der Literatur ebenfalls verbreitete Ausgangsgröße für die Ermittlung des NOPAT ist der Jahresüberschuss der Gewinn- und Verlustrechnung. Mit ihm lässt sich der NOPAT unter Anwendung sämtlicher Konversionen ermitteln. Gemäß dem nachfolgenden Schema werden nichtbetriebliche Aufwendungen und Erträge im Rahmen der Operating Conversions und andere Anpassungen im Rahmen der Funding, Tax und Shareholder Conversions durchgeführt. 734 Jahresüberschuss + Nichtbetriebliche Aufwendungen (z.B. Finanzierungsaufwendungen) - Nichtbetriebliche Erträge (z.B. Erträge aus nicht betriebsnotwendigen Finanzanlagen) = Betriebsergebnis nach Operating Conversions +/ - Durchführung der Funding Conversions (z.B. Eliminierung der Zinsen aus Leasing- und Mietgeschäften) = Betriebsergebnis nach Operating und Funding Conversions +/ - Durchführung der Tax Conversions (z.B. Eliminierung der Steuern aus nichtbetrieblichen Aufwendungen, Eliminierung latenter Steuern) - Steuervorteil aus Fremdfinanzierung (Tax Shield) = Betriebsergebnis nach Operating, Funding und Tax Conversions +/ - Durchführung der Shareholder Conversions (z.B. Korrektur der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, Abschreibungen des derivaten Goodwill) = NOPAT Abbildung 71: Ermittlung der Erfolgsgröße NOPAT Quelle: Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 471 Der NOPAT stellt somit nach Durchführung der Konversionen ein in Richtung Cashflow orientiertes Betriebsergebnis dar. Die Abschreibungen werden hierbei als einziger nicht finanzieller Aufwand nicht korrigiert, da angenommen wird, dass sie in gleicher Höhe in das Unternehmen zurückfließen. 735 733 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 136 734 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 471 735 Vgl. ebd., S. 470 <?page no="261"?> 262 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte 7.3.1.4.2 Vermögensgröße Capital Die Vermögensgröße Capital ist definiert als betriebsnotwendiges Vermögen, das zur Erwirtschaftung der Gewinngröße NOPAT erforderlich ist. Ausgangspunkt für die Berechnung des Capital bildet die Summe der Aktiva. Entsprechend der vier Konversionen - Operating, Funding, Tax und Shareholder Conversions - werden die einzelnen Vermögensobjekte hinsichtlich einer möglichen Transformation vom Accounting zum Economic Model untersucht. Die Ermittlung der Vermögensgröße Capital erfolgt somit ähnlich der Berechnung der Gewinngröße NOPAT schrittweise unter Einbeziehung der Konversionen. Aktiva +/ - Durchführung der Operating Conversions (Eliminierung aller nicht betriebsnotwendiger Vermögenspositionen, wie Wertpapiere des Umlaufvermögens und im Bau befindliche Anlagen) = Aktiva nach Operating Conversions +/ - Durchführung der Funding Conversions (z.B. Hinzurechnung von Leasing- und Mietobjekten) = Aktiva nach Operating und Funding Conversions +/ - Durchführung der Tax Conversions (z.B. Korrektur der latenten Steuern) = Aktiva nach Operating, Funding und Tax Conversions +/ - Durchführung der Shareholder Conversions (z.B. Aktivierung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, der Aufwendungen für Schulungen, für Markteinführungen, für Restrukturierungen, außerdem Bewertung der betrieblichen Vermögensgegenstände mit dem Marktwert, Zurechnung auch des gesamten Goodwill und aller bisherigen Abschreibungen auf diesen) = Capital Abbildung 72: Ermittlung der Vermögensgröße Capital Quelle: Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 471 7.3.1.4.3 Kapitalkostensatz WACC Bei der Berechnung der Basiselemente NOPAT und Capital wurde die Art der Finanzierung bisher außer Acht gelassen. Im Rahmen des dritten Basiselements, dem Kapitalkostensatz sind die Kapitalkosten von Eigen- und Fremdkapitalgebern zu berücksichtigen. Ziel ist es, die Mindestrenditeforderungen der Kapitalgeber abzubilden. Für die Berechnung der Kapitalkosten greift das EVA-Konzept auf den WACC-Ansatz (Weighted Average Cost of Capital) zurück, da dieser die erwartete Verzinsung des Eigen- und des Fremdkapitals gewichtet mit ihren jeweiligen Anteilen am Gesamtkapital darstellt. 736 Dem Gewichtungsverhältnis sind hierbei jeweils die Marktwerte des Eigen- und 736 Vgl. Hostettler, 2000, S. 168 <?page no="262"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 263 Fremdkapitals zu Grunde zu legen. Außerdem ist festzuhalten, dass die Verzinsung des Fremdkapitals im WACC als Verzinsung nach Steuern verstanden wird, da die Gewinngröße EVA ebenfalls nach Steuern definiert ist. Die Kapitalkosten werden somit durch die Kapitalstruktur und die risikoadäquaten Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber bestimmt. 737 Die Höhe des Kapitalkostensatzes bemisst sich entsprechend der Höhe, die ein Investor im besten Fall durch eine Investition außerhalb des Unternehmens erreichen würde. Aus diesem Grund wird der Kapitalkostensatz auch als Opportunitätskostensatz bezeichnet. Der gewichtete Kapitalkostensatz gemäß WACC- Ansatz wird folgendermaßen berechnet: 738 𝑅𝑅𝑁𝑁𝐶𝐶𝐶𝐶 = 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 ∗ 𝐹𝐹𝐺𝐺 𝐺𝐺𝐺𝐺 + 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 ∗ 𝐸𝐸𝐺𝐺 𝐺𝐺𝐺𝐺 mit: r FK = Fremdkapitalkosten r EK = Eigenkapitalkosten FK = Fremdkapital EK = Eigenkapital GK = Gesamtkapital Die Fremdkapitalkosten lassen sich aus den vertraglichen Vereinbarungen mit den Kapitalgebern über die zu zahlenden Zinsen und Kapitalrückzahlungen ermitteln. 739 Da wegen verschiedener Ansprüche eine genaue Berechnung des gewichteten Zinssatzes schwierig ist, greift der WACC-Ansatz auf einen durchschnittlichen Zinssatz b für das Fremdkapital, abzüglich des durch Fremdfinanzierung entstandenen Steuervorteils (Tax-Shield) zurück. Die Fremdkapitalkosten lassen sich demnach folgendermaßen berechnen: 740 𝑣𝑣 𝐹𝐹𝐹𝐹 = (1 − 𝑍𝑍) ∗ 𝑏𝑏 mit: (1-s) = Tax Shield b = durchschnittlicher Zinssatz für das Fremdkapital Für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten kann man in der Regel nicht auf vertragliche Vereinbarungen mit den Eigenkapitalgebern zurückgreifen. Sie entsprechen der Verzinsung, die ein Investor bei einer Anlage mit gleichem Risiko außerhalb des Unternehmens erzielen könnte. 741 Daher wird für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten das CAPM (Capital Asset Pricing Model), das die Preisbildung risikobehafteter Kapitalanlagen erklärt, angewendet. Laut CAPM bildet sich die Renditeerwartung eines Investors für ein risikobehaftetes Wertpapier aus dem Zinssatz für eine risikolose Kapitalanlage zuzüglich einer dem eingegangenen Risiko angemessenen Rendite (Risikoprämie). Als Zinssatz für eine risikolose Kapitalanlage wird in der Regel die Rendite für lang laufende Bundesanleihen herangezogen. Die Risikoprämie berechnet sich 737 Vgl. Coenenberg / Salfeld, 2007, S. 176 738 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 472 739 Vgl. Hostettler, 2000, S. 170 740 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 472 741 Vgl. von Wuntsch / Bach, 2012, S. 35 <?page no="263"?> 264 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte aus der Rendite des Marktportfolios abzüglich des risikolosen Zinssatzes, multipliziert mit dem β-Faktor. Die Eigenkapitalkosten lassen sich entsprechend der nachfolgenden Formel berechnen: 742 𝑣𝑣 𝐸𝐸𝐹𝐹 = 𝑍𝑍 ∗ + 𝛽𝛽 ∗ (𝑣𝑣 𝑀𝑀 − 𝑍𝑍 ∗ ) mit: i* = risikoloser Zinssatz β = Betafaktor des zu analysierenden Unternehmens r M = Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios Die Rendite des Marktportfolios entspricht der zu erwartenden Rendite aller risikobehafteten Anlagen. In der Praxis wird hierfür ein umfassendes Aktienportfolio, wie der DAX herangezogen, weshalb man auch von der Risikoprämie des Aktienmarktes spricht. 743 Der β-Faktor zeigt die Sensitivität der Rendite einer Aktie bezogen auf die Rendite des Marktportfolios und stellt somit ein relatives Risikomaß dar. 744 So besagt ein β von Eins, dass sich die Rendite der Einzelanlage proportional zu der Rendite des Marktportfolios verhält. Ein β größer eins sagt dagegen aus, dass die Eigenkapitalrendite des betrachteten Unternehmens überproportional stark auf Veränderungen der Marktrendite reagiert. Für viele kapitalmarktorientierte Unternehmen werden β-Faktoren ermittelt und veröffentlicht. Andere Unternehmen oder auch einzelne Geschäftseinheiten können sich an diesen β-Werten vergleichbarer Unternehmen orientieren und eigene β-Werte schätzen. 745 Beurteilung des EVA-Ansatzes Wie einleitend zum EVA-Ansatz bereits festgestellt wurde, ist das Finanzinstrument EVA in erster Linie auf die Erhöhung der Aktionärsrendite ausgerichtet. Ganze Unternehmen und Unternehmensbereiche können mit Hilfe der EVA-Kennzahl analysiert und bewertet werden. Sie ist leicht innerhalb des Unternehmens kommunizierbar und kann daher auch als Ziel- und Anreizsystem für die Mitarbeiter im Unternehmen dienen. 746 Im Gegensatz zu jahresabschlussorientierten Ergebnisanalysen, bei denen der Jahresüberschuss oder das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Mittelpunkt steht und somit nur die Fremdkapitalkosten als Finanzierungskosten in den Aufwand einbezogen werden, berücksichtigt der EVA-Ansatz auch die anteiligen Kosten des Eigenkapitals. Die vorgestellte Value Spread Formel zeigt zudem, ob die interne Rendite der operativen Prozesse über- oder unterhalb des gewichteten Kapitalkostensatzes WACC liegt. Mit Hilfe dieser Formel lassen sich daher wertschaffende von wertvernichtenden Unternehmen, beziehungsweise Unternehmensteilen oder Projekten unterscheiden. 747 Es kann somit kontrolliert werden, ob ein Unternehmen, ein Geschäftsbereich oder ein 742 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 472 f. 743 Vgl. Volkart, 2011, S. 240 744 Vgl. ebd., S. 236 745 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele, 2004, S. 473 746 Vgl. Hostettler, 2000, S. 21 747 Vgl. Kapitel 5.1.2 <?page no="264"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 265 Projekt seine Kapitalkosten verdient und darüber hinaus zusätzlichen Wert geschaffen hat. 748 Als Nachteil gilt jedoch, dass die EVA-Kennzahl keine liquiditätswirksame Basis, wie zum Beispiel den Cashflow hat. 749 Es dienen hier die buchhalterischen Größen einer Periode als Grundlage, ohne dass die zukünftigen Cashflows berücksichtigt werden. 750 Die Datenaufbereitung geschieht über einen Umweg, bei dem die dem EVA-Konzept zu Grunde liegenden buchhalterischen Größen durch Anpassungen, sogenannte Konversionen bereinigt werden. 751 Die nach Volkart als Nachteil geltende Datenbasis kann aber auch vorteilhaft sein. Die Kennzahlberechnung wird in dem Sinne erleichtert, dass die Ausgangsdaten dem Jahresabschluss, der in den Geschäftsberichten veröffentlicht wird, entnommen werden können und nicht mühsam geschätzt werden müssen. Werden die Anpassungen im Rahmen des EVA-Ansatzes gering gehalten, ist die am Ende ermittelte Kennzahl auch für nicht in die Berechnung involvierte Dritte nachvollziehbar. 752 Die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität kann ein entscheidender Faktor sein, wenn es um die Akzeptanz des EVA- Ansatzes geht. Sofern diese Eigenschaften erfüllt werden, eignet sich der Ansatz auch als Grundlage für Anreizsysteme im Rahmen der variablen Vergütung. Um eine gute interne Kommunikation der EVA-Ziele zu gewährleisten ist es unbedingt notwendig, für diese eine gleichbleibende Definition und Berechnungsweise im Zeitverlauf beizubehalten. 753 Für die EVA-Ermittlung gibt es jedoch keine vorgeschriebene, allgemein gültige Formel. Stattdessen können die Inhalte und insbesondere die anzuwendenden Anpassungen unternehmensindividuell einkalkuliert werden. Dies hat zur Folge, dass ein Vergleich verschiedener Unternehmen, die ihren EVA- Wert ermitteln und veröffentlichen, grundsätzlich problematisch zu betrachten ist. Grund für sehr unterschiedliche Berechnungen kann der Versuch sein, das eigene Unternehmen vor allem im Vergleich mit anderen Unternehmen nach außen möglichst gut darzustellen. Aus diesem Grund wird die EVA- Kennzahl außerhalb des Unternehmens kaum als Benchmark für vergleichende Analysen verwendet werden. 754 Für sich betrachtet ist EVA aber eine Kennzahl, die insbesondere wegen ihrer unmissverständlichen Aussage überlegen ist. Die einfache Erkenntnis, dass eine hohe EVA-Kennzahl besser ist als eine geringe, findet sich laut Ehrbar bei keiner anderen Performancekennzahl. So verheißen bei herkömmlichen Kennzahlen ständig steigende Umsätze, Gewinnspannen, Gewinne oder Kapitalrenditen 748 Vgl. Busse von Colbe et al., 2011, S. 469 749 Vgl. Coenenberg / Salfeld, 2007, S. 265 750 Vgl. Busse von Colbe et al., 2011, S. 463 751 Vgl. Volkart, 2011, S. 326 752 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 146 753 Vgl. Faupel, 2012, S. 37 754 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 141 <?page no="265"?> 266 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte immer erst einmal etwas Gutes. Bei höheren Gewinnen zum Beispiel ist aber zusätzlich zu hinterfragen, ob diese eventuell nur durch zusätzlich eingesetztes Kapital möglich wurden. Ehrbar hält an dieser Stelle fest, dass EVA der einzig verlässliche und unzweideutige Maßstab für dauernde Verbesserung sei. 755 Da der EVA-Ansatz auf die Betrachtung einer Periode und damit kurzfristig ausgerichtet ist, wird er selten im strategischen, dafür aber sehr wohl im operativen Management eingesetzt. 756 Des Weiteren muss überlegt werden, ob die durchzuführenden Anpassungen aus Investorensicht tatsächlich von Vorteil sind. So ist die Eliminierung außerordentlicher Elemente zweckmäßig, da man die operative Leistungsfähigkeit unabhängig von außerordentlichen Ereignissen beurteilen kann. Es ist aber in Frage zu stellen, ob nicht auch außerordentliche Komponenten die Wertschaffung aus Sicht der Investoren beeinflussen. Analog stellt sich die Frage bezüglich der Eliminierung von Finanzanlagen. Diese sind gemäß EVA- Ansatz gerechtfertigt, weil die entsprechenden Positionen außerhalb des Einflusses der operativen Manager liegen. 757 Die folgenden Kapitel, bei denen es um die EVA-Kennzahl als Bezugsgröße eines wertorientierten Anreiz- und Vergütungssystems gehen wird, werden zeigen, weshalb es notwendig ist, dass die in die Kennzahlenberechnung einbezogenen Größen im Einflussbereich des operativen Managements liegen. Es verbleibt noch die in der Praxis wichtige Frage der Wirtschaftlichkeit des EVA-Ansatzes. Abhängig von den durch die Anpassungen entstehenden Kosten und dem Nutzen, der durch die Einführung eines auf der EVA-Kennzahl basierenden Steuerungssystems eintritt, ist unternehmensindividuell zu entscheiden, ob der EVA-Ansatz für das betrachtete Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Die Höhe der Kosten und des internen Aufwandes sind in diesem Zusammenhang entscheidend von der Breite und Tiefe der durchzuführenden Anpassungen abhängig. 758 Stern Stewart & Co. hat festgestellt, dass die Unternehmen in der Regel nicht mehr als 15 Modifikationen ihrer Buchwerte vornehmen, um ihren optimalen EVA zu berechnen. Es gibt auch Unternehmen, die mit weniger Anpassungen auskommen. 759 Insbesondere durch die Beseitigung buchhalterischer Verzerrungen und der Berücksichtigung der Kapitalkosten kann das EVA-Konzept die Produktivität aller Produktionsfaktoren in einer einzigen Kennzahl darstellen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Anpassungen korrekt zugunsten der Wirtschaftlichkeit durchgeführt und sämtliche Kosten, die für die Erlöserwirtschaftung notwendig sind, abgezogen werden. 760 755 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 143 756 Vgl. Graumann, 2011, S. 730 757 Vgl. ebd., S. 726 758 Vgl. Faupel, 2012, S. 37 759 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 177 760 Vgl. ebd., S. 143 <?page no="266"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 267 Der Erfolg einer Implementierung des EVA-Ansatzes als Steuerungsinstrument ist mit einer radikalen Abkehr von den bekannten und gewohnten Methoden der Erfolgsmessung verbunden, weshalb sie in erheblichem Maß von der uneingeschränkten Unterstützung des Vorstandes abhängt. Ist dieser nicht in Gänze von dem neuen System überzeugt, wird auch das Umdenken auf der Mitarbeiterebene nicht gelingen. 761 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die EVA-Kennzahl richtig angewendet eine hohe Praxisorientierung aufweist und sehr gut innerhalb des Unternehmens an die Mitarbeiter und nach außen an die Anteilseigner und andere Dritte kommuniziert werden kann. 762 Im Besonderen seine Eignung im Rahmen der variablen Vergütung soll in den folgenden Kapiteln genauer erläutert werden. EVA als Bezugsgröße eines wertorientierten Anreiz- und Vergütungssystems In der Literatur wird das EVA-Konzept auch im Zusammenhang mit der variablen Mitarbeitervergütung, insbesondere des Managements eines Unternehmens genannt. Unternehmen, die das EVA-Konzept seit Jahren erfolgreich als Steuerungsinstrument einsetzen und die Kennzahl auch in ihren Geschäftsberichten veröffentlichen sind zum Beispiel die Metro AG und die Siemens AG. 763 Sofern der Ansatz in Unternehmen implementiert werden soll, sind jedoch verschiedene Aspekte zu beachten. So muss das wertorientierte Kennzahlensystem EVA vor allem, wenn es im Rahmen der variablen Vergütung als Motivations- und Anreizsystem eingesetzt werden soll, für die Mitarbeiter verständlich sein. Nur wenn die Ziele und der Weg zur Zielerreichung von den Mitarbeitern wahrgenommen und verstanden wird, kann es auch zu deren Motivation eingesetzt werden. Um die Akzeptanz des Konzepts zu gewährleisten, müssen die zur Zielerreichung führenden Aspekte plausibel, im Sinne von nachvollziehbar sein. Werden zum Beispiel zu tiefe Anpassungen im Rahmen der vier Konversionen vorgenommen, besteht die Gefahr, dass nur noch Finanzfachleute die einzelnen Ursache-Wirkungs-Beziehungen verstehen. Für die Performance-Messung im Zusammenhang mit der variablen Vergütung eignet sich das EVA-Konzept in diesem Fall nur noch begrenzt. Auch die Kommunizierbarkeit ist hier als entscheidender Faktor zu nennen. Denn nur wenn die Ziele und der Weg zur Zielerreichung an sämtliche Mitarbeiter des Unternehmens kommunizierbar sind, erfahren diese davon und können entsprechend im Sinne des EVA- Ansatzes handeln. 764 Aus welchen Gründen die Implementierung wertorientierter Anreizsysteme in Unternehmen überhaupt sinnvoll oder sogar notwendig ist, wird im folgenden Kapitel erläutert. 761 Vgl. Stern / Shiely / Ross, 2002, S. 206 762 Vgl. Graumann, 2011, S. 729 763 Vgl. Coenenberg / Salfeld, 2007, S. 265 764 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 149 <?page no="267"?> 268 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Notwendigkeit eines Anreizsystems Die Art und Weise, wie die Mitarbeiter in einem Unternehmen ihre Arbeit verrichten und somit auch die Qualität, die am Ende des Leistungserstellungsprozesses im Unternehmen entsteht, hängt in hohem Maße von der Wertschätzung ab, die den Mitarbeitern vom Unternehmen für deren Leistung entgegengebracht wird. Abgesehen von unkontrollierbaren Faktoren wie der Konjunkturlage oder der Intensität des Wettbewerbs zeigt sich, dass die Arbeit des Produktionsfaktors Mensch der wichtigste Faktor im betrieblichen Leistungserstellungsprozess ist. Die zu leistende Arbeit ist dabei stark vom Fleiß, der Begeisterung und der Kreativität der Mitarbeiter abhängig. 765 Schon Taylor stellte um 1900 während seiner Beobachtungen fest, dass der Mensch durchaus arbeitswillig und auch daran interessiert sei, seine Arbeitskraft zu optimieren, von Natur aus jedoch eher faul sei, da er einen „angeborenen Instinkt und die Neigung“ habe, „nicht mehr zu arbeiten, als unumgänglich nötig ist“. 766 Der Mensch denkt gemäß Taylor außerdem nutzenmaximierend. Dies äußert sich darin, dass er für den gleichen Zeitlohn nicht mehr als aktuell arbeiten würde. Zudem stellte Taylor fest, dass der Mensch grundsätzlich an mehr Lohn interessiert ist. 767 Anreizsysteme sind in erster Linie notwendig, um die Motivation der Mitarbeiter dahingehend zu lenken, dass sie intensiver und überlegter arbeiten und somit die Gesamtperformance des Unternehmens, eines Geschäftsbereichs oder Projekts nachhaltig verbessern. Wirksame Motivations- und Anreizsysteme schaffen es, die Interessen der Mitarbeiter, insbesondere des Managements mit denen der Aktionäre in Einklang zu bringen und so das Principal Agent-Problem nahezu zu beheben. Erst wenn sich besonders die Manager wie Eigentümer des Unternehmens fühlen, werden sie jederzeit versuchen, den Unternehmenswert im Sinne der Anteilseigner zu steigern. 768 Dementsprechend sollen durch Anreizsysteme Verhaltensweisen belohnt werden, bei denen sich die Führungskräfte analog der Eigentümerinteressen verhalten. Diese sind in erster Linie erreicht, sofern die Renditeerwartungen der Anteilseiger im Sinne einer Vermögensmehrung erfüllt werden. 769 Ein weiterer wichtiger Grund für Anreizsysteme in der variablen Vergütung ist, die mitunter hohe Fluktuation der Mitarbeiter zu unterbinden. Motivations- und Anreizysteme stellen einen Wettbewerbsvorteil dar, bei dem es darum geht, qualifizierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen und sie langfristig im Unternehmen zu halten. Die für das Unternehmen wichtigen Manager und Facharbeiter sollen das Unternehmen auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht wegen besserer Angebote anderer Betriebe verlassen. 770 765 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 107 766 Vgl. Taylor, 1983, S. 18 767 Vgl. ebd., S. 7 ff. 768 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 108 f. 769 Vgl. Schmeisser, Hahn, Schindler, 2004, S. 12 770 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 110 <?page no="268"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 269 Anreizsysteme im Rahmen der variablen Vergütung sind besonders sinnvoll, wenn die Erfolgspotentiale des Unternehmens bisher noch nicht vollständig ausgenutzt wurden oder insbesondere bei börsennotierten Unternehmen der Marktpreis unterhalb des Inneren Wertes der Anteile liegt, also nicht dem am Markt zu erzielenden Wert entspricht. 771 Aus den genannten Anforderungen an Motivations- und Anreizsysteme lassen sich entsprechende Funktionen von denselben ableiten. Als wichtigste Funktion des EVA-Ansatzes für die variable Vergütung kann zum Beispiel die Motivationsfunktion angesehen werden. Nur wenn die Motivation bei den Mitarbeitern vorhanden ist, werden diese ihre Effizienz steigern und im Sinne des EVA-Konzeptes nachhaltige Entscheidungen treffen. Die EVA-Kennzahl ist auch ein Instrument zur Steuerung des Unternehmens und hat dementsprechend die Funktion der Unternehmenssteuerung inne. Wegen der Möglichkeit, die EVA-Kennzahl nach ihren Werttreibern aufzuschlüsseln und der damit verbundenen guten Kommunikationsfähigkeit der Wirkungsweisen dieser Werttreiber an sämtliche Mitarbeiter des Unternehmens, kann dem EVA- Konzept auch eine Informationsfunktion zugesprochen werden. Sie liefert insbesondere die wichtigen Informationen, inwiefern die EVA-Kennzahl verbessert werden kann und an welchen Stellen dafür angesetzt werden sollte. Motivations- und Anreizsysteme lassen sich in monetärer und nicht monetärer Form darstellen. EVA-Steuerungswirkungen Das EVA-Konzept eignet sich wegen seiner einfachen Kommunikationsfähig- und Verständlichkeit besonders gut als Steuerungsinstrument in Unternehmen. In diesem Zusammenhang dient es zudem als Basis für die variable Vergütung der Mitarbeiter, insbesondere der Führungskräfte. Das Konzept setzt in Unternehmen ein klares Ziel, an dem sämtliche Unternehmensbereiche arbeiten. Dieses Ziel ist namentlich die höchstmögliche Steigerung der EVA- Kennzahl. Auf Grund des relativ einfachen Aufbaus dieser Messgröße, wissen auch Mitarbeiter, die nicht aus dem Finanzbereich kommen, wie sie durch ihre Arbeit das gesetzte Ziel bestmöglich erreichen können. Damit die Zusammenhänge zwischen Kapitalinvestitionen, den täglichen betrieblichen Entscheidungen und dem Shareholder Value klarwerden, müssen die Mitarbeiter eines Unternehmens entsprechend geschult werden. Ist das Konzept aber erst einmal in den Köpfen der Manager verankert, werden voraussichtlich bessere und nachhaltigere Entscheidungen getroffen werden. 772 Eines der besten Beispiele laut Ehrbar ist die Tatsache, dass den Managern bewusst wird, inwiefern ihr Geschäft mit zugehörigen Kapitalkosten belastet wird. Durch die Konzentration der EVA-Kennzahl auf die Kapitalkosten werden die Manager gezwungen sich mit diesen auseinanderzusetzten, sofern sie ihre Ziele erreichen und damit verbunden ihren Bonus erhalten möchten. Die gewissenhafte Nutzung des Geschäftsvermögens und damit verbunden die 771 Vgl. Egner, 2004, S. 43 772 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 141 f. <?page no="269"?> 270 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Auseinandersetzung mit den Kosten, die zum Beispiel für Lagerhaltung, Forderungen oder dem Anlagevermögen anfallen, sind für die Zielerreichung von entscheidender Bedeutung. Manager müssen in diesem Zusammenhang die Wechselwirkungen zwischen operativen Kosten und Kapitalkosten berechnen. Ehrbar nennt hier beispielhaft die Frage, ob es eine gute Idee für das Unternehmen ist, Material in größeren Mengen zu niedrigeren Preisen zu kaufen. Auf diese Art würden sich die Kosten pro Einheit reduzieren, die Kosten für die Lagerhaltung jedoch ansteigen. Schlussendlich muss das Management sich für die Möglichkeit entscheiden, die langfristig die höchste EVA-Kennzahl erzielen lässt. 773 Laut Ehrbar haben die Unternehmen nur die vier folgenden Möglichkeiten das Ziel der EVA-Steigerung und damit verbunden die Steigerung des Aktionärswertes zu erreichen: 774 Als erstes müssen die Kosten gesenkt und die Steuern reduziert werden, um am Ende den NOPAT zu steigern. Das Geschäftsvermögen darf hierbei jedoch nicht erhöht werden. Um eine höhere Rendite aus dem gegebenen investierten Kapital zu erzielen, muss das Unternehmen also effizienter arbeiten. Der zweite Ansatz beschäftigt sich mit möglichen Investitionsvorhaben des Unternehmens. Es sollen nur diese Investitionen durchgeführt werden, deren Beitrag an der Steigerung des Geschäftsergebnisses die Steigerung der Kapitalkosten übersteigen. Unternehmen sollten daher Investitionsrechnungen in Form von Kapitalbarwertberechnungen für die einzelnen Investitionsvorhaben durchführen. Nur Projekte mit dem höchsten positiven Kapitalwert sollten realisiert werden, da diese eine Rendite aus dem investierten Kapital versprechen, die höher ist als der Kapitalkostensatz. Als dritte Möglichkeit sollte das Kapital aus Geschäften abgezogen werden, bei denen die Ersparnis, die bei der Verringerung der Kapitalkosten entsteht, größer ist als der dadurch entstehende Verlust bei der Erfolgsgröße NOPAT. Das bedeutet, dass sofern Investitionen in Vermögensteile oder Aktivitäten keine Rendite in mindestens der Höhe der Kapitalkosten erwirtschaften, diese zu stoppen oder gegebenenfalls auch abzustoßen sind. Ehrbar schlägt vor, diese Vermögensteile an andere Unternehmen, für die sich daraus mehr Wert generieren lässt, zu verkaufen. Außerdem gehört zu diesem dritten Punkt auch, dass das Management die Lagerbestände reduziert und Forderungen schneller eintreibt, um die Kosten zu senken und den EVA-Wert auf diese Weise zu optimieren. Der letzte Vorschlag lautet, dass die Finanzierung des Unternehmens durch den Vorstand umstrukturiert werden soll. Ziel dieser Umstrukturierung ist, dass durch die optimale Zusammensetzung von Fremd- und 773 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 141 f. 774 Vgl. ebd., S. 148 f. <?page no="270"?> 7.3 Economic Value Added (EVA)-Ansatz 271 Eigenkapital nach Möglichkeit das Ziel der Kapitalkostenminimierung erreicht wird. Hier ist hinzuzufügen, dass Unternehmen mit verhältnismäßig geringem Risiko und einem stabilen Cashflow eher einen höheren Verschuldungsgrad verkraften als Unternehmen mit unsicheren Cashflows und entsprechend hohem Risiko. Diese Unternehmen laufen insbesondere in Krisenzeiten Gefahr, die anfallenden Kreditzinsen nicht aus ihrem Cashflow decken zu können. Dies ist auch der Grund, weshalb neugegründete Unternehmen und im Besonderen Unternehmen, die Wachstumsbrachen angehören, hauptsächlich aus teurem Eigenkapital finanziert werden. Ehrbar empfiehlt in diesem Zusammenhang, dass für die optimale Finanzierungsstruktur eines Unternehmens maximal so viel Fremdkapital zur Finanzierung herangezogen werden sollte, dass diese mit dem Risiko und der finanziellen Flexibilität des Unternehmens vereinbar ist. 775 Wie Ehrbar schon andeutet, ist die EVA-Kennzahl von verschiedenen Einflussgrößen abhängig, in die sie sich zerlegen lässt. Diese Einflussgrößen werden auch als Werttreiber bezeichnet und lassen sich mit Hilfe eines sogenannten Werttreiberbaumes grafisch übersichtlich darstellen. 776 Wird einer der Werttreiber positiv oder negativ verändert, verändert sich ebenfalls die Zielkennzahl EVA in positiver oder negativer Weise. Da die Beziehung der Spitzenkennzahl EVA und der aus ihr abgeleiteten Werttreiber in der Regel von mathematischer Natur sind, können die Auswirkungen von Veränderungen innerhalb des Werttreiberbaums auf die EVA- Kennzahl berechnet werden. Das Management kann daher mit Hilfe eines Werttreiberbaumes verschiedene Handlungsfelder bestimmen und optimieren. Eine solche mathematische Aufspaltung ist jedoch nicht in jedem Fall möglich. So wird die Absatzmenge durch verschiedene Faktoren, wie beispielsweise das Marktwachstum, die Konjunktur und die Kundenzufriedenheit beeinflusst. Das Marktwachstum und die Konjunktur lassen sich durch das Unternehmen aber nicht bestimmen. Nur die Kundenzufriedenheit kann beeinflusst werden. Ein mathematischer Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und der Absatzmenge lässt sich aber trotzdem nicht messen. Es ist lediglich eine sachlogische, sogenannte Ursache-Wirkungs-Beziehung festzustellen. 777 Bei einem Blick auf die Werttreiber der EVA-Kennzahl wird deutlich, an welchen Stellen das Management für die Performanceverbesserung ansetzen kann. Die nachfolgende Abbildung 73 zeigt den EVA-Werttreiberbaum inklusive der für das Management interessanten Handlungsfelder Ertrags-, Kosten-, Vermögens- und Finanzmanagement. 775 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 148 f. 776 Vgl. Abbildung 73 „Werttreiberbaum und Handlungsfelder des Managements“ 777 Vgl. Busse von Kolbe et al., 2011, S. 468 <?page no="271"?> 272 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Abbildung 73: Werttreiberbaum und Handlungsfelder des Managements Quelle: Vgl. Busse von Colbe et al., 2011, S. 469 Im Rahmen des Ertragsmanagements beziehungsweise des Marketings kann das Management den Umsatz positiv über eine Steigerung des Absatzpreises und der Absatzmenge beeinflussen. Außerdem kann über das Kostenmanagement versucht werden sowohl die Material-, Fertigungs-, Forschungs- und Entwicklungs-, Verwaltungsals auch die Vertriebskosten zu senken und die Erfolgsgröße NOPAT entsprechend zu optimieren. Mit Hilfe des Vermögensmanagements soll sichergestellt werden, dass das Anlagevermögen und das Working Capital bewusst und durchdacht eingesetzt und nur für Investitionen bereitgestellt wird, deren Rendite die Kosten für das Kapital, welches für die Renditeerwirtschaftung benötigt wurde, übersteigt. Der Kapitalkostensatz soll über das Finanzmanagement entsprechend der genannten Empfehlungen laut Ehrbar optimiert werden. So können - ausgehend von einem gegebenen Kapitalkostensatz - durch Effizienzerhöhungen die operativen Gewinne bei gleichbleibendem Kapitaleinsatz erhöht werden. Es sollten außerdem nur Investitionen stattfinden, deren Rendite die dafür benötigten Kapitalkosten übersteigt. Andererseits sollte desinvestiert werden, sofern eine Investition einen negativen EVA-Wert aufweist. <?page no="272"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 273 In diesem Fall übersteigen die Kapitalkosten, die mit Hilfe der Investition erwirtschaftete Rendite. 778 Bei den Kapitalkosten ist außerdem darauf zu achten, dass der Kapitalkostensatz WACC die interne Rendite der operativen Prozesse der Value Spread Formel nicht übersteigt. Entsprechend der Capital Charge Formel hat das Management verschiedene Möglichkeiten, den Wert des Unternehmens zu erhöhen. Durch eine Verbesserung der operativen Leistungserstellung kann der EVA durch Steigerung des NOPAT bei konstantem Capital zunehmen. Eine verbesserte Leistungserstellung lässt sich zum Beispiel mittels Ertragssteigerungen durch eine effizientere Leistungserstellung oder eine Erhöhung der Verkaufspreise erreichen. Mit Hilfe eines aktiven Working Capital Managements lässt sich auch das Capital optimieren. In diesem Zusammenhang soll investiertes Kapital, das nicht ausreichend Rendite zur Kostendeckung erwirtschaftet, freigesetzt werden. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass der Rückgang in den Kapitalkosten den in diesem Zusammenhang entstehenden Rückgang im NOPAT übersteigt. Außerdem kann der Wert eines Unternehmens durch ein profitables Wachstum steigen. Hier ist wieder von zentraler Bedeutung, dass neu entwickelte Produkte und Leistungen oder ganze Geschäftsfelder einzeln betrachtet einen positiven EVA-Wert aufweisen sollten. 779 Da die EVA-Kennzahl über ihre Werttreiber durch das Management optimiert und somit eine Wertsteigerung des Unternehmens erreicht werden kann, eignet es sich auch als Grundlage für die variable Vergütung. Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung In unterschiedlichen Ausgestaltungen sind Aktienoptionsprogramme seit Langem ein fester Bestandteil der variablen Managementvergütung von börsennotierten Unternehmen. 780 Zielsetzungen von Aktienoptionsprogrammen Mit Hilfe von Aktienoptionsprogrammen werden im Rahmen der variablen Vergütung verschiedene Zielsetzungen verfolgt. Motive für die Vergabe der Aktienoptionen können aus Unternehmenssicht von personalwirtschaftlicher als auch finanzwirtschaftlicher Natur sein. Zu den personalwirtschaftlichen Motiven werden in der Literatur Anreizwirkungen für Mitarbeiter, die Bindung dieser an das Unternehmen als auch die Senkung der Personalfixkosten genannt. Zu den finanzwirtschaftlichen Motiven dagegen gehören vor allem die Liquiditätsschonung und Kapitalmarktorientierung als auch ein mit geringeren Perso- 778 Vgl. Guserl / Pernsteiner, 2011, S. 150 779 Vgl. ebd. 780 Vgl. Schmeisser / Brinkkötter / Krimphove, 2004, S. 55 <?page no="273"?> 274 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte nalaufwendungen einhergehender hoher Gewinnausweis. 781 Eine wesentliche Zielsetzung von Aktienoptionsprogrammen ist darüber hinaus die Minimierung des Principal-Agent-Problems. Diese als auch die Personalbindung und Rekrutierung von Top-Führungskräften und die Verbesserung der Liquidität des Unternehmens werden in den folgenden Abschnitten genauer vorgestellt. Minimierung des Principal-Agent-Problems Die im dritten Kapitel behandelte Principal-Agent-Theorie, nach der die Akteure eigennutzenorientiert handeln und eine asymmetrische Informationsverteilung vorherrscht, soll mit Hilfe von Aktienoptionsprogrammen als zusätzliche Vergütungskomponente der Managementvergütung minimiert werden. Damit die Manager ihre eigenen opportunistischen Ziele 782 in den Hintergrund stellen und ihre Arbeit an den Interessen der Anteilseigner ausrichten, müssen ihnen entsprechende Anreize geschaffen werden. Die Anteilseigner sind an einer Maximierung ihres eingesetzten Kapitals, also der Aktienkurssteigerung interessiert. Da auch die Manager neben nicht monetären Zielen hauptsächlich die Erhöhung ihres Vermögens verfolgen, liegt es nahe, ihre Entlohnung an die Aktienkursentwicklung des eigenen Unternehmens zu koppeln und damit für eine Minimierung des Interessenkonflikts zwischen ihnen und den Anteilseignern zu sorgen. Resultierend aus der Shareholder-Value-Bemessungsgrundlage von Aktienoptionsprogrammen passen sich die Interessen der Manager denen der Anteilseigner bei Gebrauch von Aktienoptionsprogrammen im Rahmen der variablen Vergütung entsprechend an. Die Steigerung des Unternehmenswertes wird somit zum gemeinsamen Ziel beider Interessengruppen. 783 Mit Hilfe von Aktienoptionsprogrammen lässt sich auch eine Angleichung der Risikoaversionen von Anteilseignern und Managern erreichen. Die Anteilseigner haben laut der Principal Agent Theorie eine hohe Risikobereitschaft. Sie werden sich stets für die Finanzierungs- oder Investitionsmaßnahme entscheiden, die den größtmöglichen Gewinn erwarten lässt. 784 Die Manager dagegen bevorzugen eine risikoärmere Finanzierungs- und Investitionspolitik als die Anteilseigner, da risikoreiche Entscheidungen den Unternehmenserfolg negativ beeinflussen können und ihr Arbeitsplatz von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens abhängt. 785 Aktienoptionsprogramme können in diesem Zusammenhang dafür sorgen, dass Manager ihre Risikobereitschaft erhöhen und somit auch eine Angleichung der Risikoaversionen stattfindet. 786 Da die Principal Agent Theorie davon ausgeht, dass die Manager nur dann für die Interessen der Anteilseigner eintreten werden, wenn sich diese mit den 781 Vgl. Egner, 2004, S. 38 782 Vgl. Kapitel 3 783 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 51 784 Vgl. ebd., S. 48 f. 785 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 14 f. 786 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 51 <?page no="274"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 275 eigenen Interessen decken 787 , sind „Aktienoptionsprogramme eine gute Lösung, um den Konflikt der Parteien im Rahmen der Principal Agent Theorie zu minimieren“. Personalbindung und Rekrutierung von Top- Führungskräften Aufgrund der immer weiter voranschreitenden Globalisierung hat der internationale Wettbewerb der Unternehmen stark zugenommen. Dieser Wettbewerb betrifft auch den Bereich der Rekrutierung und Bindung von Top-Führungskräften. Um konkurrenzfähig zu sein, ist es wichtig, die besten Führungskräfte weltweit für das eigene Unternehmen zu gewinnen und sie vor Versuchen der Abwerbung von außerhalb zu schützen. Aktienoptionsprogramme können, eingebettet in ein international wettbewerbsfähiges Entgelt- und Vergütungssystem, einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellen. 788 Vor allem in Kanada und den USA sind Aktienoptionen im Rahmen der variablen Vergütung sehr verbreitet. Führungskräfte aus diesen Ländern haben entsprechende Erfahrungen mit dem Gewinnpotential von Aktienoptionen gemacht und schätzen diese deshalb sehr als Bestandteil ihrer Vergütung. Möchte nun beispielsweise ein deutsches Unternehmen Top-Führungskräfte aus Kanada oder den USA abwerben, empfiehlt es sich, diesen ebenfalls Aktienoptionsprogramme als zusätzliche Vergütungskomponente anzubieten. Um das Interesse international mobiler Top-Führungskräfte für deutsche Unternehmen zu wecken, hat die Personalpolitik die Aufgabe, ein effektives und wettbewerbsfähiges Entgelt- und Vergütungssystem zu schaffen. 789 Aktienoptionsprogramme können neben der Rekrutierung auch zur Bindung von Top-Führungskräften eingesetzt werden. Sofern Aktienoptionen mit langen Laufzeiten, Sperrfristen und Verfallsklauseln ausgestattet sind, wird für die angeworbenen Führungskräfte ein Anreiz zum Verbleib im Unternehmen geschaffen. Die Sperrfrist stellt sicher, dass die Option erst nach einer festgelegten Zeit ausgeübt, also in Aktien eingetauscht werden kann. Dies führt im Umkehrschluss dazu, dass das Recht zur Ausübung verfällt, wenn die Führungskraft das Unternehmen vor Ablauf der Sperrfrist verlässt. Um zu verhindern, dass die Option auf eine andere Person übertragen wird, schließt das Unternehmen eine Übertragbarkeit in der Regel vertraglich aus. Da die international mobile Top-Führungskraft das Gewinnpotential von Aktienoptionsprogrammen kennt, wird sie im Unternehmen verbleiben, um an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren und finanzielle Einbußen, resultierend aus einem vorzeitigen Verlassen des Unternehmens, zu vermeiden. 790 Bei Unternehmensfusionen sind verschiedenen Aspekte, wie unter anderem auch unterschiedliche Vergütungsformen abzustimmen. Da Aktienoptionspro- 787 Vgl. Welge / Eulerich, 2012, S. 12 788 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 51 789 Vgl. ebd., S. 51 f. 790 Vgl. ebd., S. 52 <?page no="275"?> 276 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte gramme international im Rahmen des Entgelt- und Vergütungssystems üblich sind, müssen sich deutsche Unternehmen bei Fusionen mit Unternehmen anderer Länder entsprechend anpassen und Aktienoptionsprogramme als Bestandteil in die variable Vergütung aufnehmen. 791 Neben der Implementierung von Aktienoptionsprogrammen als Bestandteil der Managementvergütung, können diese auch als Vergütungsinstrument für Mitarbeiter unterhalb der Managementebene eingesetzt werden. Auch hier können Aktienoptionen das Interesse der Mitarbeiter an einer Erhöhung des Unternehmenswertes steigern, zur Motivation beitragen und die Bindung an das Unternehmen verstärken. 792 In den folgenden Kapiteln soll jedoch der Schwerpunkt auf der Managementebene liegen, da diese durch operative und strategische Entscheidungen entsprechendes Potential hat, den Wert des Unternehmens tatsächlich zu optimieren. Verbesserung der Liquidität des Unternehmens Die voranschreitende Globalisierung und der damit einhergehende steigende internationale Wettbewerb stellen für deutsche Unternehmen eine Herausforderung dar, die nur mit Hilfe einer ausreichenden und stabilen Eigenkapitalbasis bewältigt werden kann. Insbesondere junge Unternehmen benötigen hohe Eigenmittel, um die risikoreiche Anfangsphase nach Unternehmensgründung zu überstehen, ihre Ideen umzusetzen und sich am Markt etablieren zu können. Aber auch schon länger etablierte Unternehmen benötigen für die Umsetzung neuer Investitionen, die bei dem ansteigenden internationalen Wettbewerb essentiell sind, eine ausreichend hohe Eigenkapitalbasis. 793 Um die Eigenkapitalbasis der Unternehmen nicht zu gefährden, sollten auch die angewandten Entgelt- und Vergütungssysteme überdacht werden. So verringern traditionelle Vergütungskomponenten wie Grundgehalt, erfolgsabhängige Bonifikationen oder Tantiemen den Cashflow und somit auch die Liquiditätsbasis des Unternehmens. 794 Sofern Aktienoptionsprogramme durch bedingte oder genehmigte Kapitalerhöhungen bedient werden, hat das Unternehmen mit ihnen einen variablen Vergütungsbestandteil für das Management geschaffen, der die Eigenkapitalbasis und somit die Liquidität des Unternehmens nicht zusätzlich belastet. Eine Kapitalerhöhung hat stattdessen zur Folge, dass die Eigenkapitalbasis des betrachteten Unternehmens gestärkt wird. Übt die begünstigte Führungskraft ihre Aktienoption aus, so erhöht sich das gezeichnete Kapital um den Nennwert der neuen Aktien. Die Kapitalrücklage erhöht sich entsprechend um die Differenz zwischen Nennbetrag und zu zahlendem Basispreis für die neue Aktie. 795 791 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 52 792 Vgl. Lehmeier, 2003, S. 28 793 Vgl. http: / / www.dai.de/ internet/ dai/ dai-2 0.nsf/ WebMaskenformeln/ 0AFC3A5AE3F5153FC125747C0053B0ED? openDocument, letzter Zugriff: 28.11.2012 794 Vgl. Engelsing, 2001, S. 31 795 Vgl. ebd. <?page no="276"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 277 Im internationalen Vergleich weisen deutsche Unternehmen eine niedrige Eigenkapitalquote auf. Um trotz des globalen Wettbewerbs qualifizierte Manager zu rekrutieren und an sich zu binden, ist jedoch eine angemessene Vergütung an diese zu zahlen. Aktienoptionsprogramme helfen den Unternehmen eine dem internationalen Wettbewerb angemessene Vergütung zu zahlen, ohne dabei die Liquiditätsbasis des Unternehmens zu belasten. 796 Kategorisierung von Aktienoptionsprogrammen für die variable Vergütung Obwohl der DCGK präzise Rahmenvorgaben für Aktienoptionsprogramme festlegt, gibt es eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten dieser Programme 797 , auf welche in diesem Kapitel eingegangen werden soll. Grundsätzlich gilt, dass Aktienoptionsprogramme bei den Long-Term Incentives einzuordnen sind. 798 Long-Term Incentives werden wegen ihres langfristigen Anreizcharakters auch dem VorstAG gerecht. Entsprechend der zu Grunde liegenden Bemessungsgrundlage werden Long- Term Incentives in aktienbasierte und kennzahlenbasierte Vergütungssysteme eingeteilt, wobei im Fall der aktienbasierten Programme zusätzlich zwischen realen und virtuellen Eigenkapitalinstrumenten unterschieden wird. Entsprechend der nachfolgenden Abbildung können reale Entlohnungssysteme als Aktien (Restricted Stocks), leistungsorientierte Aktienüberlassungen (Performance Shares) oder als Aktienoptionen ausgestaltet werden. Die Vergütung mit Hilfe von Aktienoptionen wird in diesem Zusammenhang durch Wandelschuldverschreibungen beziehungsweise Optionsanleihen oder reine Optionen möglich. 799 Im Fall der realen Eigenkapitalinstrumente erhalten die begünstigten Mitarbeiter Aktien oder Bezugsrechte auf Aktien. Dadurch erlangen sie direkt die Stellung eines Unternehmers oder aber durch Aktienoptionen oder Performance Shares das Recht, diese Stellung zukünftig durch Umwandlung in Aktien zu erlangen. 800 Im Gegensatz dazu bilden virtuelle Eigenkapitalinstrumente wie Restricted Stock Units, Performance Share Units und Stock Appreaciation Rights die Funktionsweise von realen Options- und Aktienprogrammen nach. Die Bedienung der Mitarbeiter erfolgt entsprechend nicht in Aktien, sondern in Geld. Die Bemessung des Gewinns orientiert sich analog der realen Eigenkapitalinstrumente am Kurs der Unternehmensaktie. 801 796 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 53 797 Vgl. Schmeisser / Brikkötter / Krimphove, 2004, S. 56 798 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 70 799 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 130 800 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 71 801 Vgl. ebd. <?page no="277"?> 278 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Abbildung 74: Kategorisierung von Aktienoptionsprogrammen Quelle: Kramarsch, 2004, S. 54 in Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 72 Kennzahlenorientierte Instrumente, die sowohl von börsennotierten als auch von nicht börsennotierten Unternehmen verwendet werden, lassen sich entsprechend der Abbildung 74 in Phantom-Pläne und andere cash-basierte Instrumente einteilen. 802 Der Schwerpunkt soll auf der aktienbasierten Managementvergütung in Form von Aktienoptionsprogrammen liegen. Beispielhaft sollen im Folgenden daher der Aufbau und die Wirkungsweise von realen Eigenkapitalinstrumenten, wie Wandelschuldverschreibungen und reinen Optionen vorgestellt werden. Zusätzlich erfolgt ein kurzer Exkurs zu Incentiveprogrammen, die sowohl Restricted Stocks, Performance Shares, deren virtuelle Ausgestaltung und Phantom-Pläne als kennzahlenbasiertes Vergütungsinstrument umfassen. Phantom-Pläne ähneln in ihrer Ausgestaltung stark der aktienbasierten Managementvergütung. Wandelschuldverschreibung und Optionsanleihe Wandelschuldverschreibungen gehören zu den Schuldverschreibungen mit Sonderrechten, die dem Gläubiger neben dem Forderungsrecht auf Rückzah- 802 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 71 Long-Term Incentives aktienbasierte Managementvergütung reale Eigenkapitalinstrumente Restricted Stocks Performance Shares Aktienoptionen virtuelle Eigenkapitalinstrumente Restricted Stock Units Performance Share Units Stock Appreciation Rights kennzahlenbasierte Managementvergütung Phantom-Pläne Phantom Stocks andere cashbasierte Pläne Bonusbank Performance Cashpläne <?page no="278"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 279 lung der Anleihe 803 das Recht einräumen, diese in Aktien des ausgebenden Unternehmens umzutauschen. Sobald der Gläubiger die Schuldverschreibung eintauscht, also sein Wandelrecht ausübt, erlischt sein Recht auf Rückzahlung der Anleihe. Durch diesen Schritt wird aus dem Gläubiger ein Aktionär und auf Seiten des Unternehmens entsprechend Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt. 804 Die Wandelschuldverschreibung setzt sich demnach aus den beiden Komponenten Schuldverschreibung und Wandelrecht zusammen, die hier genauer erläutert werden sollen. Die Schuldverschreibung beinhaltet ein Recht auf Zinsen und auf Rückzahlung am Ende der Laufzeit, sofern das Wandelrecht nicht vorher ausgeübt wurde. Die Verzinsung entspricht in ihrer Höhe in der Regel der Verzinsung von langfristigen Bundesanleihen. Die Besonderheit von Wandelschuldverschreibungen ist das Wandelrecht, welches dem Inhaber der Schuldverschreibung das Recht einräumt, diese nach Ablauf einer bestimmten Frist in Aktien des emittierenden börsennotierten Unternehmens einzutauschen. 805 Bei Ausgabe der Wandelschuldverschreibung sind das Wandlungsverhältnis beziehungsweise Umtauschverhältnis sowie die Wandlungsfrist, der Wandlungspreis und eventuell erforderliche Zuzahlungen festzulegen. Die Wahl, ob der Wandel der Schuldverschreibung zur Aktie vollzogen werden soll, hängt maßgeblich vom aktuellen Kurs der Aktie ab. Sofern der Aktienkurs über dem Wandlungspreis liegt, empfiehlt sich der Umtausch. Im umgekehrten Fall sollte auf das Wandelrecht verzichtet werden. Die Verzinsung läuft dann bis zum Laufzeitende, zu der die Schuldverschreibung auch getilgt wird, weiter. 806 Nimmt der Gläubiger jedoch sein Wandlungsrecht wahr, wird er zum Aktionär des Unternehmens und die Schuldverschreibung geht unter. 807 Bis zur Einführung des KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich) im Jahr 1998 808 waren Wandelschuldverschreibungen die einzige Möglichkeit, den Mitarbeitern und Führungskräften eines Unternehmens Aktienoptionen zur Verfügung zu stellen. Mit Einführung des Kon- TraG wurde die Möglichkeit geschaffen, reine Optionen an Mitarbeiter und Führungskräfte auszugeben, weshalb die als kompliziert und rechtlich zu aufwendig geltenden Wandelschuldverschreibungen an Wesentlichkeit verloren hat. 809 Optionsanleihen ähneln den schon vorgestellten Wandelschuldverschreibungen. Sie beinhalten neben dem Forderungsrecht auf Rückzahlung der Anleihe ein Bezugsrecht auf Aktien des ausgebenden Unternehmens. Der entscheidende Unterschied zur Wandelschuldverschreibung ist, dass das Forderungsrecht 803 Hinweis: Schuldverschreibung und Anleihe werden hier synonym verwendet. 804 Vgl. Grill / Perczynski, 2007, S. 233 805 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 72 806 Vgl. Grill / Perczynski, 2007, S. 233 807 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 73 808 Vgl. Klahold, 1999, S. 224 809 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 73 <?page no="279"?> 280 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte auf Rückzahlung der Anleihe durch Ausübung des Bezugsrechts nicht verfällt und entsprechend bis zum Ende der Laufzeit besteht und erst durch die Tilgung erlischt. 810 Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen haben verschiedene Vor- und Nachteile. Für den Emittenten stellen sie eine günstige Art der Fremdfinanzierung dar, bei der im Fall von Wandelschuldverschreibungen das Fremdkapital nicht getilgt werden muss, sofern die Gläubiger vor Ablauf der Anleihe wandeln. Die mit Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen verbundene Kapitalverwässerung stellt für die Altaktionäre jedoch einen Nachteil dar, weil Aktienoptionen eingesetzt als Anreiz für das Management eigentlich das primäre Ziel der Steigerung des Aktienkurses und somit eine Erhöhung des Gesamtunternehmenswertes verfolgen. 811 Vorteilhaft für den Emittenten ist der Umstand, dass Zinsen für Wandel- und Optionsanleihen als Kosten den steuerpflichtigen Gewinn des Unternehmens mindern. 812 Gemäß § 221 Abs. 1 AktG dürfen Wandel- und Optionsanleihen nur ausgegeben werden, sofern die Hauptversammlung diesen mindestens mit einer Dreiviertelmehrheit zugestimmt hat. § 221 Abs. 2 AktG besagt weiter, dass die Ermächtigung zur Ausgabe der Anleihen ab Beschlussfassung auf fünf Jahre begrenzt ist und der Beschluss sowie eine Erklärung über die Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen vom Vorstand und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats beim Handelsregister zu hinterlegen sind. Gemäß § 221 Abs. 4 AktG erhalten die Altaktionäre ein Bezugsrecht, welches nach § 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen werden kann. Zu beachten ist hierbei, dass der Beschluss sachlich gerechtfertigt sein muss und die angestrebte Vermögenssteigerung durch die ausgegebenen Aktienoptionen den Kapitalverwässerungseffekt für die Altaktionäre übersteigt. 813 Reine Optionen Die Darstellung von reinen Optionen im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen entspricht der von Optionen. Es handelt sich somit um standardisierte, börsenmäßig gehandelte Vereinbarungen. Sie berechtigen den Käufer, eine bestimmte Anzahl von Aktien (Basiswert), zu einem festgelegten Zeitpunkt oder wie bei Aktienoptionsprogrammen üblich, innerhalb eines festgelegten Zeitraums, zu dem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis (Basispreis), zu kaufen (Call Option) oder zu verkaufen (Put Option). Für das Optionsrecht zahlt der Käufer dem Verkäufer der Option eine Prämie (Optionsprämie, Optionspreis), die bei Abschluss des Geschäfts fällig ist. 814 Der Käufer, also der Optionsinhaber, trifft die Entscheidung darüber, ob er die Option ausübt oder verfallen lassen möchte allein. Im Fall von Kurssteigerun- 810 Vgl. Grill / Perczynski, 2007, S. 234 811 Vgl. Schmeisser / Hahn / Schindler, 2004, S. 67 812 Vgl. Grill / Perczynski, 2007, S. 234 813 Vgl. Schmeisser / Hahn / Schindler, 2004, S. 68 814 Vgl. Grill / Perczynski, 2007, S. 310 <?page no="280"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 281 gen partizipiert der Inhaber einer Kaufoption an diesen, sofern der aktuelle Börsenkurs der Aktie über dem festgelegten Basispreis für die Option liegt. In diesem Fall bezieht der Optionsinhaber die Aktien zu dem niedrigen Basispreis und verkauft sie anschließend an der Börse zum aktuell höheren Aktienkurs. Die Differenz kann der Optionsinhaber als Gewinn aus dem Geschäft vereinnahmen. Im umgekehrten Fall einer Verkaufsoption macht der Optionsinhaber einen Gewinn, wenn der aktuelle Börsenkurs der Aktie unterhalb des Basispreises für die Option liegt. In diesem Fall kann der Optionsinhaber die günstige Aktie an der Börse erwerben und durch Ausübung seiner Option die Aktien zu dem höheren festgelegten Basispreis verkaufen. Die Differenz stellt auch hier wieder den Gewinn für den Optionsinhaber dar. 815 Bei Aktienoptionsprogrammen ist die Ausübung von Aktienoptionen innerhalb einer festgelegten Frist durchzuführen. Andernfalls würde die Option verfallen. In Deutschland ist dieser Sachverhalt auch im Rahmen der Insiderbestimmungen des Wertpapiergesetzes durch den Gesetzgeber festgehalten. Zusätzlich werden Aktienoptionsprogramme mit Sperrfristen ausgestattet. Diese legen fest, ab welchem Zeitpunkt, nämlich nach Ablauf der Sperrfrist, die Option ausgeübt werden darf. 816 Führungskräfte, die im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen reine Optionen von ihrem Arbeitgeber gestellt bekommen, müssen in der Regel keine Optionsprämie an diesen zahlen. Stattdessen geht man davon aus, dass sie bereits für die Aktienoptionen gearbeitet haben. Zudem erhalten die Führungskräfte nicht die bei Wandelschuldverschreibungen üblichen Zinszahlungen. Bei reinen Optionen besteht außerdem immer die Gefahr, dass die Führungskräfte nicht in der Lage sind, die vorgegebenen Ziele einer Aktienkurssteigerung in der vorher festgelegten Zeitspanne zu erreichen. In dieser Situation verfallen die Optionen und sind somit als variable Vergütungskomponente für die Führungskraft wertlos. 817 Incentive-Programme In den nächsten Abschnitten erfolgt ein kurzer Exkurs zu Incentive- Programmen, die sowohl Restricted Stocks, Performance Shares, deren virtuelle Ausgestaltung und Phantom-Pläne als kennzahlenbasiertes Vergütungsinstrument umfassen. 7.4.2.3.1 Restricted Stocks Bei Restricted Stocks handelt es sich um eine langfristige Vergütungskomponente, bei der die berechtigten Führungskräfte Aktien des Unternehmens zugeteilt bekommen. Die Zuteilung unterliegt hierbei jedoch zeitlichen Restriktionen, die in Form von bestimmten Sperr- und Haltefristen ausgestaltet werden können. In der Praxis umfassen solche zeitlichen Verfügungsbeschrän- 815 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 74 816 Vgl. ebd., S. 75 817 Vgl. ebd. <?page no="281"?> 282 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte kungen in der Regel einen Zeitraum von drei Jahren. 818 Restricted Stocks werden daher auch bedingte Aktienüberlassung genannt. 819 Im Gegensatz zu erfolgsorientierten Aktienoptionsprogrammen erfolgt die Zuteilung im Fall von Restricted Stocks unabhängig von der vorherigen Erreichung festgelegter Performanceziele. Stattdessen weisen Restricted Stocks nur die beschriebenen zeitlichen Restriktionen auf. Da ein langfristiger Anreiz zur Zielerreichung der Führungskräfte nicht gegeben ist, stellen Restricted Stocks vielmehr eine zusätzliche langfristige Vergütungskomponente dar, die nicht mit den erfolgsabhängigen Aktienoptionsprogrammen gleichgestellt werden sollten. 820 Als nachteilig wird im Rahmen der Gewährung von Restricted Stocks zum Beispiel genannt, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Zuteilung einen geldwerten Vorteil darstellen. Dieser muss versteuert werden, obwohl der Begünstigte zu diesem Zeitpunkt bedingt durch die zeitlichen Restriktionen nicht über die Aktien verfügen kann. Abhängig von der Höhe der zu zahlenden Steuern kann sich für den Begünstigten daher eine hohe Liquiditätsbelastung einstellen. 821 7.4.2.3.2 Performance Shares Performance Shares werden von Unternehmen eingesetzt, um ihre Führungskräfte erfolgsabhängig in Form von Aktien zu bezahlen, weshalb sie in der Literatur auch unter dem Stichwort Erfolgsabhängige Aktienüberlassung zu finden sind. 822 Die Zuteilung erfolgt demnach nur unter der Bedingung, dass die vorab festgelegten Erfolgsziele erreicht wurden. Die zu erreichenden Ziele stellen sich in der Praxis zum Beispiel als Performanceziele dar, die das Erreichen eines bestimmten EBIT oder einer bestimmten Kapitalrendite anstreben. Kapitalmarktbezogene Kennzahlen sind in diesem Zusammenhang aber ebenso wie unternehmensinterne Kennzahlen als Basis für die Erfolgsziele des Unternehmens möglich. Ähnlich den Restricted Stocks sind die Performance Shares auch an zeitliche Restriktionen in Form von Sperrfristen gebunden. 823 Das Erreichen der Erfolgsziele ist bei Performance Shares ausschlaggebend für die Anzahl der überlassenen Aktien. Vor diesem Hintergrund ist der Gewinn für die begünstigte Führungskraft zum einen abhängig von der Erreichung ihrer Erfolgsziele und zum anderen von der Kursentwicklung an der Börse, die über den Wert der Aktie entscheidet. Es wird somit ein zusätzlicher Anreiz für die Führungskraft geschaffen, den Börsenkurs des Unternehmens durch strategische Entscheidungen zu maximieren. 824 818 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 77 819 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 132 820 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 78 821 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 133 822 Vgl. ebd. 823 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 78 824 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 133 <?page no="282"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 283 Durch ihre erfolgsabhängige Ausgestaltung eignen sich Performance Shares vorzugsweise besser als Anreiz im Rahmen der variablen Vergütung als die zuvor vorgestellten Restricted Stocks. 825 7.4.2.3.3 Virtuelle Eigenkapitalinstrumente Zu den virtuellen Eigenkapitalinstrumenten zählen die den Restricted Stocks und Performance Shares ähnlichen Restricted Stock Units und die Performance Share Units. Außerdem gehören die sogenannten Stock Appreciation Rights zu dieser Kategorie der langfristigen Vergütungskomponenten, welche in diesem Abschnitt vorgestellt werden. Grundsätzlich bilden virtuelle Eigenkapitalinstrumente in ihrer Funktionsweise zum Beispiel die vorgestellten realen Eigenkapitalinstrumente Restricted Stocks oder Performance Shares nach. Im Unterschied zu den realen Eigenkapitalinstrumenten erfolgt bei den virtuellen Eigenkapitalinstrumenten die Bedienung jedoch in Geld. 826 Anders als bei den zu den realen Eigenkapitalinstrumenten ist bei den Restricted Stock Units eine Zuteilung erst nach Ablauf der Sperrfrist vorgesehen. Die im Zusammenhang mit der frühzeitigeren Zuteilung bei den Restricted Stocks genannten Nachteile gelten daher für die virtuelle Ausgestaltung in Form der Restricted Stock Units nicht. Außerdem stehen dem Begünstigten wegen der späteren Zuteilung während der Sperrfrist jedoch keine Dividenden und Stimmrechte zu, wie es bei den realen Restricted Stocks der Fall ist. 827 Ähnlich verhält es sich mit den Performance Share Units, die sich in ihrer Funktionsweise an den realen Performance Shares orientieren. Auch hier erhält der Begünstigte keine Dividenden während der Sperrfrist und anstelle von Aktien eine Barauszahlung am Ende der Laufzeit. Analog der Performance Shares ist auch bei der virtuellen Form die Anzahl der auszugebenen virtuellen Aktien an die Erreichung der vorab definierten Erfolgsziele gebunden. 828 Die letzte Form der hier vorgestellten virtuellen Eigenkapitalinstrumente sind die Stock Appreciation Rights, die auch Wertsteigerungsrechte genannt werden. Sie sind laut Kramarsch die bekanntesten virtuellen Eigenkapitalinstrumente. Mit Hilfe von Stock Appreciation Rights können die Begünstigten an der Wertsteigerung des Unternehmens partizipieren, wobei auch hier - typisch für virtuelle Eigenkapitalinstrumente - der Gewinn am Ende der Laufzeit nicht in Form von Aktien, sondern in Geld ausgezahlt wird. 829 Durch eine Bedienung aus Geld stellt sich im Gegensatz zu einer Bedienung aus Aktien bei den Aktionären nicht der nachteilige Verwässerungseffekt ein. Stattdessen entstehen durch Geldzahlungen Kosten, die direkt als Aufwand 825 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 78 826 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 129 827 Vgl. ebd., S. 133 828 Vgl. ebd. 829 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 142 <?page no="283"?> 284 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte erfasst werden und somit das gesamte Unternehmensergebnis belasten. Aus Gründen der Transparenz gegenüber den Aktionären, werden Stock Appreciation Rights trotz des Liquiditätsabflusses in einigen deutschen Unternehmen eingesetzt. 830 7.4.2.3.4 Phantom-Pläne als Kennzahlenbasiertes Vergütungsinstrument Phantom-Pläne nehmen als kennzahlenbasierte Vergütungsinstrumente, die den aktienbasierten Instrumenten in ihrer Ausgestaltung sehr ähneln, einen besonderen Stellenwert ein. Phantom-Pläne bieten Unternehmen, die aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen keine Aktien ausgeben können, die Möglichkeit, ihren Führungskräften den gängigen Aktienoptionsprogrammen ähnliche variable Vergütungselemente anzubieten. Das Ziel ist auch bei Phantom-Plänen, die Vergütung der Führungskräfte an das langfristige und nachhaltige Wachstum des Unternehmens zu koppeln. 831 Im Fall von nichtbörsennotierten Unternehmen kann der Unternehmenswert nicht über den Aktienkurs ermittelt werden, sondern muss auf andere Weise, zum Beispiel über Kennzahlen berechnet werden. Der berechnete Unternehmenswert wird dann im Rahmen von Phantom-Plänen durch eine fiktive Anzahl von Aktien dividiert, was zu einem fiktiven Aktienkurs führt. Eine Wertsteigerung der Phantom-Aktien führt analog zu realen Aktien im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen unter der Bedingung, dass die vorab definierten Erfolgsziele erreicht wurden, zur Auszahlung an die begünstigten Führungskräfte. Die Auszahlung erfolgt hier logischerweise nicht in Form von Aktien, sondern analog zu den virtuellen Eigenkapitalinstrumenten in Form einer Geldzahlung. 832 Nach Kramarsch werden Phantom-Pläne auch angewendet, um die Leistung einzelner Geschäftsbereiche über die variable Vergütung anzuerkennen. Sie zeichnen sich außerdem durch ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen betriebswirtschaftlicher Komplexität und Nachvollziehbarkeit aus. Wichtig im Zusammenhang mit Phantom-Plänen ist daher, dass die verantwortlichen Führungskräfte die Werttreiber der zugrundeliegenden Kennzahl kennen und entsprechend beeinflussen können. 833 Alle diese Anforderungen an die grundlegende Kennzahl für Phantom-Pläne erfüllt der EVA-Ansatz. Er ist nachvollziehbar und über die Handlungsfelder des Managements steuer- und damit auch beeinflussbar. Der EVA lässt sich außerdem ohne weiteres sowohl auf der Gesamtunternehmensebene als auch auf einzelne Geschäftsbereiche beziehen. Insofern erfüllt der EVA-Ansatz sämtliche Anforderungen an die Kennzahl, welche die Grundlage der Phantom-Pläne darstellt. 830 Vgl. ebd., S. 142 f. 831 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 76 f. 832 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 143 833 Vgl. ebd., S. 144 f. <?page no="284"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 285 In Form der hier vorgestellten Phantom-Pläne lässt sich der EVA-Ansatz damit gut in die Vergütungssysteme integrieren, die den herkömmlichen Aktienoptionsprogrammen ähneln. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Optimum hinsichtlich einer EVA-basierten Vergütungsstruktur damit erreicht ist. Kriterien zur Ausgestaltung von Aktienoptionsprogrammen Die Anreizwirkungen von Aktienoptionsprogrammen und somit deren ökonomische Sinnhaftigkeit sind in großem Maße von der Ausgestaltung der einzelnen Optionsbedingungen abhängig. 834 In diesem Zusammenhang soll in den folgenden Kapiteln sowohl auf den Kreis der Berechtigten aus Aktienoptionsprogrammen, auf die Bestimmung des Basispreises und der Erfolgsziele als auch auf zeitliche Komponenten und Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der Programme eingegangen werden. Kreis der Berechtigten Der Kreis der Berechtigten von Aktienoptionsprogrammen ist grundsätzlich nicht auf einen bestimmten Mitarbeiterkreis beschränkt. Es ist jedoch zu beachten, dass für Aktienoptionen die Entwicklung des Gesamtunternehmens entscheidend ist. Eine Aufgliederung nach der individuellen Leistung und wie diese den Wert des Gesamtunternehmens beeinflusst ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich zu ermitteln. Aus diesem Grund eignen sich Aktienoptionsprogramme insbesondere für Führungskräfte, die durch operative und strategische Entscheidungen den Wert des Unternehmens und damit die Bemessungsgrundlage für Aktienoptionsprogramme aktiv beeinflussen können. In der Praxis erhalten daher hauptsächlich die zur Leitung des Unternehmens berufenen Vorstandsmitglieder der AG (Aktiengesellschaft) und die persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) Aktienoptionen als variablen Bestandteil der Vergütung zugeteilt. Auch Führungskräfte, die nicht dem eben genannten Personenkreis angehören, jedoch eine bedeutende Entscheidungsmacht über die Entwicklungen des Unternehmens haben, bekommen in der Regel die Möglichkeit, an Aktienoptionsprogrammen teilzunehmen. 835 Wie anfangs erwähnt, ist der Kreis der Berechtigten aus Aktienoptionsprogrammen jedoch nicht auf das obere Management beschränkt. Vor allem im Fall von jungen Unternehmen, die sich am Markt behaupten müssen, kann es sinnvoll sein, Aktienoptionsprogramme für alle Mitarbeiter bereitzustellen. Die Programme stellen hier neben dem Zweck der Unternehmenswertsteigerung Motivations-, Integrations- und Identifikationsanreize für die Mitarbeiter dar. 836 834 Vgl. Korn, 1999, S. 67 835 Vgl. Klahold, 1999, S. 27 836 Vgl. ebd. <?page no="285"?> 286 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Da Aktienoptionsprogramme jedoch im Wesentlichen das Ziel verfolgen, Anreize zu schaffen den Unternehmenswert zu steigern, sollten die Programme ausschließlich der oberen Führungskräfteebene vorbehalten sein, die durch ihre operativen und strategischen Entscheidungen den Unternehmenswert aktiv und auch direkt beeinflussen können. Werden Aktienoptionsprogramme trotzdem an Mitarbeiter mit geringerem oder sogar keinem Einfluss auf den Unternehmenswert vergeben, besteht die Gefahr, dass der eigentliche Zweck, nämlich die Anreizwirkung verloren geht. 837 Aktienoptionsprogramme können auch an Mitglieder des Aufsichtsrates vergeben werden. Dieser Sachverhalt wird in der Literatur jedoch unterschiedlich beurteilt. Beispielsweise wird in diesem Zusammenhang das Problem der Befangenheit erwähnt, welches aus der Zuständigkeit des Aufsichtsrates resultiert, über die aktienbasierte Vergütung des Vorstandes zu entscheiden, da der Aufsichtsrat gegebenenfalls selber Empfänger dieser variablen Vergütungsbestandteile ist. 838 Bestimmung des Basispreises Vor dem Hintergrund, dass Aktienoptionsprogramme als variabler Vergütungsbestandteil die Leistung der Führungskräfte entlohnen sollen, müssen die Programme so ausgestaltet werden, dass sich bei positiver Entwicklung des Unternehmenswertes auch der Gewinn aus der Aktienoption für die Führungskraft positiv entwickelt, aber auch nicht nachträglich verändert werden darf, wenn kein Gewinn erzielt wird. Der in diesem Zusammenhang entscheidende Faktor ist der sogenannte Basispreis der Aktienoption. Der Basispreis ist der Gesamtpreis, der bei Ausübung der Option vom Optionsinhaber zu zahlen ist, um Aktien des Unternehmens zu beziehen. 839 Der Gewinn, der mit Hilfe von Aktienoptionsprogrammen erzielt werden kann, hängt insbesondere von der Höhe des Basispreises ab. Denn die Differenz zwischen dem Basispreis und dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Optionsausübung stellt den sogenannten Optionsgewinn dar, den der Begünstigte durch Ausübung realisieren kann. 840 Der Basispreis von Aktienoptionsprogrammen kann auf unterschiedliche Weise festgelegt werden. Er kann, wie in der Praxis üblich, zum Beispiel dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Optionsgewährung entsprechen, wobei hier entweder der Kurs eines einzelnen Tages oder der Mittelwert von mehreren Börsentagen herangezogen wird. 841 Der Basispreis kann zum Zeitpunkt der Optionsgewährung festgelegt werden, ohne dass er sich in der folgenden Laufzeit der Aktienoption verändert. Er kann aber auch erst während der Laufzeit bestimmt werden, wobei er sich auch hier wieder am Börsenkurs, entweder zum Zeitpunkt vor oder bei Ausübung der Option orientiert. Die 837 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 80 838 Vgl. Klahold, 1999, S. 27 839 Vgl. Engelsing, 2001, S. 54 840 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 80 841 Vgl. Klahold, 1999, S. 31 <?page no="286"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 287 Variante, bei der der Basispreis während der Laufzeit der Aktienoption festgelegt wird, findet insbesondere ihre Anwendung, wenn die Entwicklung des Aktienkurses an einen Referenzindex 842 geknüpft ist. Da der Basispreis üblicherweise zum Zeitpunkt der Optionsgewährung festgesetzt wird, kann er sich in gleicher Höhe wie der aktuelle Börsenkurs (at-the-money-Option), geringer (in-the-money-Option) oder höher (out-of-the-money-Option) als der aktuelle Börsenkurs darstellen. Eine sogenannte in-the-money-Option, bei der der Basispreis unterhalb des aktuellen Börsenkurses liegt, sollte für Aktienoptionsprogramme nicht verwendet werden, da die begünstigte Führungskraft in diesem Fall von vornherein - ohne erst an einem steigenden Börsenkurs arbeiten zu müssen - von der Aktienoption profitiert. Die eigentliche Zielsetzung von Aktienoptionsprogrammen, nämlich einen Anreiz für eine Unternehmenswert- und gleichzeitig Shareholder Value Steigerung zu schaffen, wäre damit nicht mehr vorhanden. 843 Erfolgsziele Die sogenannten Erfolgsziele oder auch Ausübungshürden werden im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen eingesetzt, damit die begünstigten Führungskräfte ihren variablen Vergütungsbestandteil nur geltend machen können, sofern sie ihrer Managementtätigkeit während der entscheidenden Sperrfrist erfolgreich nachgekommen sind. In diesem Sinne werden vorab Erfolgsziele vereinbart, die festlegen, welche Ziele bis zum Ablauf der Sperrfrist erreicht sein müssen. Nur nach erfolgreicher Zielerreichung können die Begünstigten ihre Aktienoptionen in Aktien umwandeln beziehungsweise ihre Barzahlung bei virtuellen Optionen aus der Ausübung erhalten. Das Festlegen von Erfolgszielen ist, sofern die Finanzierung der Aktienoptionsprogramme über eine bedingte Kapitalerhöhung oder über den Rückruf eigener Aktien erfolgt, nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG verpflichtend. 844 Auch der DCGK fordert in Abschnitt 4.2.3, dass variable Vergütungsteile auf anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter bezogen und eine nachträgliche Änderung der Erfolgsziele sowie der Vergleichsparameter ausgeschlossen sein sollen. 845 Durch das Einbeziehen der Erfolgsziele kann zudem der Verwässerungseffekt für die Altaktionäre gemindert werden, da mit ihrer Hilfe das Ziel der Gesamtunternehmenswertsteigerung verfolgt wird. 846 Erfolgsziele können aktien- oder kennzahlenbasiert sein, wobei jeweils eine Untergliederung in absolute und relative Performance möglich ist. Betrachtet man die aktienbasierte absolute Performance, so ist das Erreichen eines vorab definierten absoluten Aktienkursanstiegs die Voraussetzung für die Optionsausübung. 847 Sofern eine festgelegte Mindestkurssteigerung bis zum Ende der 842 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 81 und vgl. Korn, 2000, S. 67 843 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 80 f. 844 Vgl. ebd., S. 81 845 Vgl. DCGK, Abschnitt 4.2.3, 2012 846 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 81 f. 847 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 163 <?page no="287"?> 288 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Sperrfrist realisiert wird, können die Begünstigten ihre Aktienoptionen ausüben, wobei der Ausübungsgewinn sich als Differenz zwischen dem Basispreis und dem aktuellen Aktienkurs des Unternehmens darstellt. Hier wird ein hoher Anreiz für das Management geschaffen, im Interesse der Aktionäre zu arbeiten und somit den Gesamtunternehmenswert zu steigern. Bei absoluten, einzig an dem Aktienkurs des Unternehmens orientierten Erfolgszielen besteht jedoch das Problem, das dieser nur bedingt als Maßstab für die Unternehmenswertmessung geeignet ist. Auch die individuelle Leistung des Managements kann mit Hilfe dieser absoluten Erfolgsgröße nicht objektiv gemessen werden, da der Börsenkurs auch von externen Gegebenheiten, wie der Zins- oder USD-Entwicklung, der momentanen Börsenstimmung oder der Entwicklung regionaler Märkte abhängig ist. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass die durch Aktienoptionsprogramme Begünstigen für positive Kursentwicklungen belohnt werden, die nicht mit ihrer Leistung in Zusammenhang stehen. 848 Es könnten somit Mitnahmegewinne, sogenannte „Windfall Profits“ realisiert werden, die auch dann entstehen, wenn zum Beispiel durch florierende Aktienmärkte die Wertschaffung des eigenen Unternehmens hinter der des Marktes liegt. 849 Um den ungewollten Effekt der Mitnahmegewinne zu vermeiden, werden aktienbasierte Erfolgsziele auch als relative Performanceziele dargestellt. Hierbei wird im Rahmen eines Benchmarking die prozentuale Kursentwicklung des eigenen Unternehmens mit der prozentualen Wertentwicklung eines Branchenindexes oder eines einzelnen Konkurrenzunternehmens verglichen. Im Gegensatz zu den absoluten aktienbasierten Erfolgszielen kann das Management im Fall der relativen Erfolgsziele auch für gesunkene Aktienkurse belohnt werden, sofern die Kurssenkung durch externe Faktoren verursacht wurde und der relative Verlust des eigenen Unternehmens geringer als der des Branchendurchschnitts beziehungsweise des Vergleichsunternehmens ist. 850 Festzuhalten ist, dass eine Ausübung der Aktienoption bei relativen Performancezielen nur möglich ist, wenn die Kursentwicklung des eigenen Unternehmens die des Branchenindexes beziehungsweise des Vergleichsunternehmens übertrifft, da nur in diesem Fall von einer überdurchschnittlichen Leistung des Managements ausgegangen werden kann. Liegt der Aktienkurs des eigenen Unternehmens oberhalb des Indexes, spricht man von einer sogenannten Outperformance, bei der der Begünstigte einen Ausübungsgewinn erzielt, sofern er seine Aktienoption ausübt. Im umgekehrten Fall spricht man von einer sogenannten Underperformance. Hier liegt der eigene Aktienkurs unter der Performance des Referenzindexes, weshalb eine Ausübung der Aktienoption in diesem Fall nicht möglich ist. 851 848 Vgl. Klahold, 1999, S. 32 f. 849 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 162 850 Vgl. Klahold, 1999, S. 33 851 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 84 f. <?page no="288"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 289 Bei international tätigen oder stark diversifizierten Unternehmen eignet sich eine Zielformulierung bezogen auf einen Branchenindex nicht. 852 Hier wird vielmehr empfohlen, die einzelnen Geschäftsbereiche des Unternehmens mit ähnlichen Wettbewerbern, sogenannten Peergroups zu vergleichen. 853 Bei relativen aktienbasierten Erfolgszielen wird kritisiert, dass sich die Messung des Unternehmenserfolgs negativ auf die Motivation der durch Aktienoptionsprogramme angesprochenen Führungskräfte auswirken kann. Grund hierfür ist, dass nur der eigene Aktienkurs, nicht aber der Referenzkurs durch das Management beeinflusst werden kann. So ist es zum Beispiel möglich, dass die Entlohnung des Managements entfällt, wenn sich sowohl der Aktienkurs des eigenen Unternehmens als auch derjenige der gesamten Branche positiv entwickelt. 854 Um auf der einen Seite dem Nachteil der absoluten Erfolgsziele, nämlich den durch allgemeine Branchen- und Marktentwicklungen entstehenden Mitnahmegewinnen und auf der anderen Seite dem eben genannten Nachteil bei relativen Erfolgszielen, dass trotz positiver Entwicklung des eigenen Aktienkurses die Entlohnung des Managements entfallen kann, entgegenzuwirken, kann auch eine Kombination aus absoluten und relativen Erfolgszielen eingesetzt werden. In diesem Fall ist die Optionsausübung von der absoluten Kurssteigerung der eigenen Aktie aber auch von der relativen Kurssteigerung im Vergleich zu der relativen Branchenentwicklung abhängig. Somit wird sichergestellt, dass für das Management weiterhin ein Anreiz geschaffen wird, den Wert des Gesamtunternehmens im Sinne der Aktionäre zu steigern. 855 Wie einleitend erwähnt, können Erfolgsziele auch an Kennzahlen, wie zum Beispiel das Ergebnis je Aktie oder die Kapitalrendite gekoppelt sein. Im Gegensatz zu aktienbasierten Erfolgszielen sind die kennzahlenbasierten jedoch anfällig für Manipulationen seitens des Managements, weshalb sie für eine Verwendung im Rahmen von Aktienoptionsprogramme nachteilig sind. Das wesentliche Gegenargument ist aber nicht die Anfälligkeit für Manipulation. Es ist vielmehr die Abkehr vom Shareholder Value Konzept, welche dazu führt, dass das eigentliche Ziel von Aktienoptionsprogrammen, nämlich die Motivation des Managements zur Steigerung des Unternehmenswertes, nicht mehr erreicht wird. Insofern sollte sich bei der Formulierung der Erfolgsziele auf die aktienbasierten Varianten beschränkt werden. 856 Zeitliche Komponenten Zur Charakteristik von Aktienoptionsprogrammen gehören auch Besonderheiten bezüglich ihrer zeitlichen Ausgestaltung. Zu den hier angesprochenen unterschiedlichen Komponenten gehören die Laufzeit eines Aktienoptionsplans, die Länge der Sperrfrist und gegebenenfalls einer sogenannten Halte- 852 Vgl. Klahold, 1999, S. 34 853 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 85 854 Vgl. Klahold, 1999, S. 34 855 Vgl. ebd., S. 34 f. 856 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 85 <?page no="289"?> 290 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte frist 857 sowie die Anzahl und die Zeiträume der Ausübungsmöglichkeiten, 858 auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Die Gesamtlaufzeit eines Aktienoptionsprogramms umfasst den Zeitraum der erstmaligen Einräumung bis hin zu der letztmalig möglichen Ausübung der Option. In der Praxis ist eine Gesamtlaufzeit von fünf bis zehn Jahren bei Aktienoptionsprogrammen üblich. 859 Da die Aktienoption nach Ablauf der Gesamtlaufzeit verfällt, wird durch diese die Langfristigkeit der Anreizwirkung als auch die Werthaltigkeit dieses Vergütungsinstruments bestimmt. 860 Die Sperrfrist umfasst den ersten Teil der Gesamtlaufzeit, nämlich den Zeitraum der erstmaligen Gewährung bis hin zur erstmalig möglichen Ausübung der Aktienoption. Die Sperrfrist determiniert somit den Zeitraum, während dem noch keine Ausübung der Option möglich ist. Hierdurch werden der langfristige Charakter von Aktienoptionsprogrammen sowie die damit verbundene Eigenschaft der Mitarbeiterbindung betont. Wichtig ist zudem, dass bei einer Finanzierung des Programms durch eine bedingte Kapitalerhöhung oder durch den Erwerb eigener Aktien gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eine Sperrfrist von mindestens zwei Jahren zu vereinbaren ist. Im Hinblick auf die Bestellung des Vorstandes, die laut § 84 Abs. 1 S. 1 AktG auf höchstens fünf Jahre beschränkt ist, sollte die Sperrzeit außerdem nicht länger als fünf Jahre andauern, da dem Vorstand die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, innerhalb der Laufzeit des Aktienoptionsprogramms seine ihm zur Verfügung gestellten Optionen einzulösen. 861 Die Ausübung der Aktienoption ist nach Ablauf der Sperrfrist und dem Erreichen des Erfolgsziels bis zum Ende der Gesamtlaufzeit des Aktienoptionsprogramms möglich. Es wird außerdem vorgeschlagen, dass die Ausübung nur in bestimmten Zeiträumen, den sogenannten Ausübungsfenstern zugelassen werden sollte. Um zu verhindern, dass die begünstigten Führungskräfte gegebenenfalls ihren Informationsvorsprung im Rahmen von Insidergeschäften finanziell ausnutzen, sollten die Ausübungsfenster zum Beispiel erst nach Veröffentlichungen von Jahres- oder Zwischenberichten gelegt werden. Hier ist besonders hervorzuheben, dass somit eine vorzeitige Ausübung der Option und anschließende Veräußerung der bezogenen Aktien vor der Veröffentlichung negativer Informationen jeglicher Art über das Unternehmen verhindert werden kann. 862 Eine andere Möglichkeit, wie dem Insiderhandel im Zusammenhang mit der Ausübung vorgebeugt werden kann, sind sogenannte Blockperioden. Hier geht man grundsätzlich davon aus, dass die Führungskräfte allen anderen Marktteilnehmern gegenüber einen Informationsvorsprung haben. In Deutschland werden daher zum Beispiel vor der Veröffentlichung von Jahres- oder Zwischenberichten Blockperioden eingefügt, während 857 Vgl. Engelsing, 2001, S. 61 858 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 178 859 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 88 860 Vgl. Kramarsch, 2004, S. 178 861 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 89 862 Vgl. Klahold, 1999, S. 37 f. <?page no="290"?> 7.4 Aktienoptionsprogramme als Bestandteil der variablen Vergütung 291 derer die Begünstigten der Aktienoptionsprogramme ihre Optionen nicht ausüben können. 863 Zusätzlich zu der Sperrfrist können gegebenenfalls noch sogenannte Haltefristen vereinbart werden. Die Haltefrist umfasst einen Zeitraum nach Ausübung der Aktienoption, während der es den Begünstigten aus Aktienoptionsprogrammen untersagt ist, die durch Optionsausübung bezogenen Aktien frühzeitig zu veräußern. Für den Zeitraum der Haltefrist werden die betroffenen Aktien in einem Sperrdepot aufbewahrt, wobei die Aktieninhaber währenddessen bereits dividendensowie stimmberechtigt sind. 864 Finanzierungsmöglichkeiten von Aktienoptionsprogrammen Sofern ein Unternehmen ein reales Aktienoptionsprogramm auflegt, muss auch dessen Finanzierung sichergestellt sein. Hinsichtlich der Bereitstellung kommen sowohl Möglichkeiten mit einer Kapitalerhöhung als auch ohne diese in Betracht. Zu den Finanzierungsmöglichkeiten mit Kapitalerhöhung gehören in diesem Zusammenhang die bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG), die genehmigte Kapitalerhöhung (§§ 202 ff. AktG) und die ordentliche Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG), wobei sich die bedingte Kapitalerhöhung am ehesten für die Finanzierung von Aktienoptionsprogrammen eignet. Ohne Kapitalerhöhung kommen außerdem der Erwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 8 AktG) und eine Kooperation mit Dritten in Betracht. 865 Die Kapitalerhöhung bedarf grundsätzlich einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Dieser Beschluss im Rahmen der Hauptversammlung ist zudem notariell zu beurkunden und in das Handelsregister einzutragen. 866 Ein wesentliches Merkmal der bedingten Kapitalerhöhung ist, dass sie zweckgebunden und im Zusammenhang mit Aktienoptionsprogrammen daher auf die Gewährung von Bezugsrechten an Inhaber von Wandelschuldverschreibungen und im Fall von reinen Optionen an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung beschränkt ist. Im Gegensatz zu einer genehmigten Kapitalerhöhung ist die bedingte nicht an zeitliche Begrenzungen gebunden, weshalb sie für langfristige Aktienoptionsprogramme besonders gut geeignet ist. Im Fall der genehmigten Kapitalerhöhung ist bei Programmen mit einer Laufzeit über fünf Jahre vor Ablauf dieser Frist eine weitere Beschlussfassung nötig. Für die aus den Aktienoptionsprogrammen Begünstigten besteht hierbei die Gefahr, dass die nach fünf Jahren nötige zweite Kapitalerhöhung nicht beschlossen wird und die Begünstigten somit keine Sicherheit hinsichtlich der Ausübung ihrer Optionen haben. Eine ordentliche Kapitalerhöhung ist außerdem nicht für die Finanzierung von Aktienoptionsprogrammen zu empfehlen, 863 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 91 864 Vgl. Engelsing, 2001, S. 61 865 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 94 866 Vgl. Schmeisser et al., 2012, S.121 <?page no="291"?> 292 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte da in ihrem Fall bereits während der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung feststehen muss, welchen Betrag die Kapitalerhöhung insgesamt ausmachen wird. Da insbesondere bei Aktienoptionsprogrammen die tatsächliche Höhe während der Beschlussfassung noch nicht endgültig bestimmt werden kann, eignet sich die ordentliche Kapitalerhöhung in diesem Zusammenhang weniger. 867 Eine Finanzierung von Aktienoptionsprogrammen ohne Kapitalerhöhung in Form des Erwerbs eigener Aktien ist außerdem möglich, obwohl der Erwerb eigener Aktien laut dem Selbstzeichnungsverbot (§ 56 Abs. 1 AktG), dem Rückgewährungsverbot von Rücklagen (§ 57 Abs. 1 AktG) und dem Verbot des Rückkaufs eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 AktG) grundsätzlich verboten ist. In § 71 Abs. 1-8 AktG hat der Gesetzgeber jedoch eine Ausnahmeregelung erlassen. Danach können eigene Aktien zurück erworben werden, sofern diese an die Arbeitnehmer oder Führungskräfte ausgegeben werden. Ohne Kapitalerhöhung ist die Finanzierung von Aktienoptionsprogrammen außerdem durch Kooperationen mit Dritten möglich. In diesem Fall stellt ein Kreditinstitut oder eine zum Konzern gehörende Finanzierungsgesellschaft gegen Zahlung einer einmaligen Prämie im Fall der Optionsausübung die benötigte Anzahl an Aktien bereit. Dies ist möglich, da das Kreditinstitut die Aktien vorab auf eigene Rechnung erwirbt. Der Nachteil dieser Finanzierungsform ist jedoch, dass für das Unternehmen Kosten in Höhe der zu zahlenden Prämie entstehen. 868 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im Hinblick auf die Vor- und Nachteile der Finanzierungsmöglichkeiten von Aktienoptionsprogrammen die bedingte Kapitalerhöhung die vorteilhafteste Variante darstellt. Kritik am Einsatz von Aktienoptionsprogrammen im Rahmen der variablen Vergütung Aktienoptionsprogramme bieten allen Beteiligten - den ausgebenden Unternehmen als auch den Begünstigten - verschiedene Vorteile. Wie in dem obigen Kapitel zu den Zielsetzungen von Aktienoptionsprogrammen beschrieben ist, können Aktienoptionsprogramme das Principal Agent Problem minimieren, indem für das Management neue finanzielle Anreize dahingehend geschaffen werden, im Sinne der Anteilseigner des Unternehmens zu agieren. Durch den Einsatz variabler Vergütungsbestandteile, deren Höhe abhängig von dem Börsenkurs des Unternehmens ist, wird gleichzeitig eine Shareholder-Value-Ausrichtung erreicht. Zudem haben Aktienoptionsprogramme einen positiven Einfluss auf die Personalbindung und Rekrutierung von Top- Führungskräften. Sie stellen einen Wettbewerbsvorteil um die weltweit besten Führungskräfte dar und können insbesondere aufgrund ihrer langen Laufzeit, den Sperrfristen und Verfallsklauseln für die angeworbenen Führungskräfte 867 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 95 ff. 868 Vgl. ebd., S. 100 ff. <?page no="292"?> einen hohen Anreiz zum Verbleib im Unternehmen darstellen. Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Globalisierung stellen Aktienoptionsprogramme außerdem ein Instrument zur Verbesserung der Liquidität des Unternehmens dar, weil sich durch Ausübung der Aktienoption das gezeichnete Kapital des Unternehmens um den Nennwert der Aktie erhöht. Die Kapitalrücklage erhöht sich entsprechend um die Differenz zwischen dem Nennbetrag und dem zu zahlenden Basispreis für die neue Aktie. Im Gegenteil zu den traditionellen Vergütungskomponenten wird durch Aktienoptionsprogramme somit das Eigenkapital des Unternehmens nicht geschwächt, sondern vielmehr gestärkt und damit einhergehend die Liquidität des Unternehmens verbessert. 869 Neben den beschriebenen Vorteilen haben Aktienoptionsprogramme aber auch Nachteile, die zum Beispiel in Form von Fehlanreizen und der geringen Hebelwirkung von Aktien auftreten, auf die in den folgenden beiden Abschnitten eingegangen werden soll. Aktienoptionen und ihre Fehlanreize Aktienoptionsprogramme werden in erster Linie im Zusammenhang mit Anreizsystemen vergeben. Aktienoptionen haben ihre hohe Anreizwirkung im Rahmen der variablen Vergütung insbesondere ihrer hohen Hebelwirkung zu verdanken. Diese wird durch eine höhere Sensitivität des Vergütungswertes bezogen auf den Aktienkurs bei gegebenem Kapitaleinsatz determiniert. Der wesentliche Faktor, der die Sensitivität beeinflusst, ist in diesem Zusammenhang die Höhe des festgelegten Ausübungsbeziehungsweise Basispreises in Relation zum Aktienkurs. 870 Um die Anreizwirkung von Aktienoptionsprogrammen zu erhöhen, wurden häufig out-of-the-money-Optionen, bei denen der Basispreis höher als der aktuelle Börsenkurs ist, als sinnvoll erachtet. Das Ziel hierbei ist, das Management anzuregen, den Aktienkurs deutlich über den festgelegten Basispreis zu heben. Sofern dieses Ziel und damit auch die Erfolgsziele nicht erreicht werden, verfallen die Optionen und verlieren somit ihren Wert. Vor diesem Hintergrund geht für die Begünstigten aus Aktienoptionsprogrammen der Anreiz aus diesen verloren, sobald absehbar ist, dass der Aktienkurs bis zum Ende der Sperrfrist den Basispreis nicht mehr erreichen wird. 871 At-the-money-Optionen, bei denen der Basispreis dem aktuellen Aktienkurs entspricht, werden oft in Form von Tranchen verteilt. Dabei wird zum Beispiel jedes Jahr ein neues Aktienoptionsprogramm mit at-the-money-Optionen als variabler Vergütungsbestandteil bereitgestellt. Von einer hohen Volatilität des Aktienkurses ausgehend, profitiert das begünstigte Management in diesem Zusammenhang auch von den Aktienoptionen, wenn der Aktienkurs auf lange Sicht gar nicht steigt, da es auch immer wieder eine Tranche geben wird, die bei einem sehr niedrigen Kurs aufgelegt wird. Auf diese Weise entstehen zum Beispiel Mitnahmegewinne, die sogenannten „Windfall Profits“. Im Fall von 869 Vgl. Schmeisser / Krimphove, 2010, S. 51 ff. 870 Vgl. Abbildung 12 „Hebelwirkung von Aktien und Aktienoptionen im Vergleich“ 871 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 3 7.5 Kritik am Einsatz von Aktienoptionsprogrammen 293 <?page no="293"?> 294 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte starken out-of-the-money-Optionen dagegen können sehr risikoreiche Aktivitäten, die mit einer geringen Wahrscheinlichkeit einen hohen Gewinn generieren, das durch Aktienoptionsprogramme begünstigte Management belohnen. Denn führen die Aktivitäten trotz geringer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg, dann wird der Aktienkurs eventuell sogar über den Basispreis steigen. Führen sie jedoch nicht zum Erfolg, haben die Begünstigten gegenüber ihrer Ausgangssituation keinen Verlust vereinnahmen müssen. 872 Um eine faire und somit leistungsgerechte Vergütung zu gewährleisten und insbesondere die ungewollten Mitnahmegewinne zu vermeiden, werden die Erfolgsziele im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen auch als relative Performanceziele dargestellt. Hierbei wird im Rahmen eines Benchmarking die prozentuale Kursentwicklung des eigenen Unternehmens mit der prozentualen Wertentwicklung eines Branchenindexes oder der einer Peergroup 873 verglichen, um sicherzustellen, dass die begünstigten Führungskräfte nicht für gesamtmarktinduzierte Schwankungen des eigenen Aktienkurses, sondern für überdurchschnittliche Leistungen belohnt werden. Hierbei ist jedoch zu kritisieren, dass sich statistisch gesehen nur die Hälfte der Unternehmen innerhalb des Indexes diesem gegenüber positiv entwickeln wird. Die andere Hälfte wird dagegen in ihrer Entwicklung hinter dem Index zurückbleiben. Aus diesem Grund steigen die Wahrscheinlichkeit des Optionsverfalls und damit einhergehend die Frustration bei den Begünstigten an. Die eigentliche Anreizwirkung wird dagegen ungewollt geschmälert und das Ziel der indexierten Aktienoptionsprogramme somit verfehlt. 874 Neben den genannten Fehlanreizen von Aktienoptionsprogrammen geben auch andere Eigenschaften der Programme Anlass zur Kritik. Wie in den vorangegangenen Kapiteln zu Aktienoptionen erläutert wurde, ist die Anknüpfung an den Aktienkurs zu bemängeln, da dieser keinen Maßstab für die individuellen Leistungen und Erfolge der begünstigten Führungskräfte darstellt. Individuelle Erfolge aber auch Misserfolge lassen sich dementsprechend schwierig belohnen beziehungsweise ahnden. Außerdem ist der Aktienkurs nicht ausschließlich von den Leistungen des Managements, sondern auch von externen Einflüssen, wie der Nachfrage oder der allgemeinen Konjunkturlage abhängig. Aus diesem Grund können im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen unangemessen hohe variable Vergütungen aufgrund von extern verursachten Kurssteigerungen, aber auch Kursverluste und somit eine unangemessene Bestrafung des Managements vorkommen. Es besteht außerdem die Gefahr, dass die Führungskräfte den Aktienkurs durch Nachrichten an die Öffentlichkeit in Form von positiven Analysegesprächen beeinflussen, um so den Börsenkurs bis zum Zeitpunkt der eigenen Optionsausübung positiv zu verändern. Die Einbeziehung von Sperr- und Haltefristen kann diese Gefahr nicht vollkommen beseitigen. 875 872 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 4 873 Hinweis: Eine Peergroup beinhaltet Wettbewerber des Unternehmens, aus denen ein Vergleichsindex gebildet wird. 874 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 4 875 Vgl. Wulff, 2000, S. 8 <?page no="294"?> Geringe Hebelwirkung von Aktien Eine andere Möglichkeit, die im Zusammenhang mit der variablen Vergütung des Managements auch diskutiert wird, ist die Überlegung, statt Aktienoptionen die Aktien selber als unmittelbare variable Vergütungskomponente bereitzustellen. Hierbei steht die Höhe der Vergütung mit Ausgabe der Aktien an die begünstigten Manager fest und diese tragen in der Folgezeit das Risiko, dass der Aktienkurs und somit ein Teil ihres Vermögens fallen. Durch die Vergütung mit reinen Aktien werden die begünstigten Führungskräfte zu Miteigentümern des Unternehmens. Durch operative und strategische Entscheidungen obliegt es dem Management den Wert des Unternehmens und dadurch auch den für die eigene Vergütung wichtigen Aktienkurs, zu erhöhen. 876 Obwohl auf diese Weise aus der Corporate Governance Sicht eine ideale Angleichung der Managementan die Aktionärsinteressen und somit auch die Lösung für das Principal Agent Problem gewährleistet ist, besteht bei der Vergütung in Form von Aktien eine Diskrepanz zwischen dem Erfolg der Führungskraft und ihrer Entlohnung. Diese Diskrepanz ist in der geringen Hebelwirkung von Aktien begründet, die in der nachfolgenden Abbildung 12 an einem Zahlenbeispiel - im Vergleich zu Aktienoptionsprogrammen - dargestellt werden soll. In dem aufgeführten Beispiel erhält der Begünstigte eine Zusage über 1.000 Aktien des Unternehmens, die heute einen Kurs von 30,00 € aufweisen. Alternativ erhält er 5.000 Stück Aktienoptionen zu einem Basispreis von 40,00 €. Nach einer Sperrfrist von drei Jahren beträgt der aktuelle Börsenkurs des Unternehmens im ersten Szenario 40,00 €, im zweiten 50,00 € und im dritten 60,00 €. In dem nachfolgend dargestellten Zahlenbeispiel zeigt sich deutlich, dass bei geringen Kurssteigerungen die erste Variante mit reinen Aktien vorteilhafter ist. Mit steigendem Aktienkurs hingegen verschiebt sich das Gewicht zu Gunsten der Aktienoptionen, was auf deren Hebelwirkung zurückzuführen ist. 877 Zusage: 1.000 Stück Aktien Aktienkurs (t 0 ): 30,00 € Zusage: 5.000 Stück Aktienoptionen Basiskurs: 40,00 € Szenario 1: Akt. Kurs (t 1 ): 40,00 € Wert des Aktienpakets: 40,00 € x 1.000 Aktien = 40.000,00 € Kein Wertzuwachs, denn Aktienkurs = Basiskurs Szenario 2: Akt. Kurs (t 1 ): 50,00 € Wert des Aktienpakets: 50,00 € x 1.000 Aktien = 50.000,00 € Wert des Aktienoptionspakets: 10,00 € x 5.000 Optionen = 50.000,00 € 876 Vgl. Klahold, 1999, S. 24 f. 877 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 5 f. 7.5 Kritik am Einsatz von Aktienoptionsprogrammen 295 <?page no="295"?> 296 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Szenario 3: Akt. Kurs (t 1 ): 60,00 € Wert des Aktienpakets: 60,00 € x 1.000 Aktien = 60.000,00 € Wert des Aktienoptionspakets: 20,00 € x 5.000 Optionen = 100.000,00 € Abbildung 75: Hebelwirkung von Aktien und Aktienoptionen im Vergleich. Quelle: Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 5 f. Aufgrund der geringen Hebelwirkung von Aktien besteht eine Diskrepanz zwischen der Leistung und dem Erfolg einer Führungskraft und ihrer daraus resultierenden variablen Vergütung. Insofern wird das Ziel der Vergütungskomponente in Form einer Anreizwirkung für das begünstigte Management auch in diesem Fall nicht erfüllt. 878 Vorschlag einer wertorientierten Vergütung zur Förderung einer guten Corporate Governance mit Grundlage des EVA-Konzepts Im Rahmen einer guten Corporate Governance spielt eine leistungsabhängige, variable Vergütung eine entscheidende Rolle, da hierdurch das Verhalten der begünstigten Führungskräfte direkt beeinflussbar ist. Der DCGK empfiehlt in diesem Zusammenhang, dass die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige, positive Unternehmensentwicklung auszurichten ist. Zudem soll die Gesamtvergütung aus fixen und variablen Bestandteilen bestehen, wobei die variablen Vergütungselemente eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben und sowohl positiven als auch negativen Unternehmensentwicklungen Rechnung tragen sollen. 879 Um die Motivation des Managements dahingehend zu lenken, dass es intensiver und überlegter arbeitet und dadurch die Gesamtperformance des Unternehmens nachhaltig verbessert, sind Anreizsysteme im Rahmen der variablen Vergütung notwendig. Wirksame Motivations- und Anreizsysteme schaffen es, die Interessen des Managements mit denen der Aktionäre in Einklang zu bringen und so das Principal Agent Problem nahezu zu beheben. Erst wenn sich die Manager wie Eigentümer des Unternehmens fühlen, werden sie jederzeit versuchen, den Unternehmenswert im Sinne der Anteilseigner zu steigern. 880 Herkömmliche Vergütungssysteme können mit verschiedenen Bezugsgrößen wie dem Aktienkurs, strategischen Erfolgsfaktoren, wie zum Beispiel dem Marktanteil, der Produktivität, der Qualität oder der Mitarbeiterentwicklung ausgestattet sein. Als Bezugsgröße kommen im herkömmlichen Sinn aber 878 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 6 879 Vgl. DCGK, 2012 880 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 108 f. <?page no="296"?> auch Größen des Rechnungswesens, wie zum Beispiel der Gewinn, Umsatz oder der ROI in Betracht. Wegen ihrer Bezugsgrößen stehen diese Vergütungssysteme jedoch in der Kritik. So wird bei der Ausrichtung allein auf den Aktienkurs der individuellen Leistung der einzelnen Führungskraft nicht Rechnung getragen. Bei der Verwendung strategischer Erfolgsfaktoren wird unterstellt, dass es eine begrenzte Anzahl an Faktoren gibt, die den langfristigen Unternehmenserfolg sichern. Zudem gestaltet sich die quantitative Ermittlung der strategischen Erfolgsfaktoren schwierig, weshalb auf ihrer Grundlage eine objektive Bemessung für die variable Vergütung nicht ohne Weiteres möglich ist. Die Größen des Rechnungswesens werden gerne als Basis für Anreizsysteme verwendet, da sie meist automatisch und problemlos aus dem betrieblichen Rechnungswesen abgeleitet werden können und zudem leicht verständlich sind. Vor dem Hintergrund der Unternehmenswertmaximierung stellen diese Größen jedoch nur bedingt einen Beitrag zur Wertschaffung dar. So berücksichtigt zum Beispiel der in diesem Zusammenhang gerne verwendete ROI das Anlagerisiko in Form der Kapitalkosten nicht. 881 Den herkömmlichen Vergütungssystemen steht das EVA-Konzept mit einem ökonomischen Wert als Bezugsgröße gegenüber. Für die Leistungsbewertung und Entlohnung der Führungskräfte eignet sich die absolute EVA-Kennzahl jedoch nur bedingt. Für diesen Zweck bedient man sich vielmehr der jährlichen EVA-Veränderung, wodurch eine ständige Verbesserung der finanziellen Performance erreicht wird. 882 Das EVA-System kann grundsätzlich auch als Basis für Aktienoptionsprogramme im Zusammenhang mit Phantom-Plänen dienen. Wegen der genannten Fehlanreize der Programme und vor dem Hintergrund einer guten Corporate Governance empfiehlt Stern Stewart & Co. jedoch ein anderes wertorientiertes Vergütungssystem auf Grundlage des EVA-Ansatzes, das wie in der nachfolgenden Abbildung dargestellt, aus einem fixen Grundgehalt, kurz- und mittelfristigen Vergütungselementen sowie langfristigen Eigenkapitalinstrumenten besteht. 883 Abbildung 76: Elemente eines wertorientierten Vergütungssystems. Quelle: Koch / Nenning, 2006, S. 7 881 Vgl. Hostettler, 2000, S. 296 ff. 882 Vgl. Rappaport, 1999, S.151 883 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 7 Grundvergütung Fixgehalt, Pensionsansprüche, Zusatzleistungen EVA, Werttreiber kurzfristiger Bonus Bonusbank mittelfristiger Bonus Aktienkurs langfristige Eigenkapitalinstrumente 7.6 Vorschlag einer wertorientierten Vergütung 297 <?page no="297"?> 298 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte Die einzelnen Bestandteile eines Vergütungssystems auf Grundlage des EVA- Ansatzes und deren Funktionsweise soll in den nachfolgenden Abschnitten erläutert werden. Anreize zur Förderung einer operativen Wertsteigerung Die EVA-Kennzahl eignet sich als operativer Maßstab im Rahmen der variablen Vergütung, da sie sämtliche Kosten, insbesondere auch die Kapitalkosten berücksichtigt. Die Konversionen sorgen außerdem dafür, dass ökonomisch gut getroffene Entscheidungen des Managements in der Kennzahl reflektiert werden und sich in der Vergütung somit wiederfinden. Eine weitere Besonderheit des wertorientierten Bonussystems auf EVA-Basis ist, dass die variable Vergütung nicht wie bei den bereits vorgestellten Aktienoptionsprogrammen von der Erreichung eines Erfolgszieles abhängig ist, sondern von der Ist- Verbesserung, also der periodischen Veränderung der EVA-Kennzahl. 884 Bei herkömmlichen Vergütungssystemen ist es üblich, dass finanzielle Ziele für das Folgejahr verhandelt und festgelegt werden. Das Management versucht daher während der Verhandlungen die Höhe der Ziele aus seiner Sicht realistisch und damit möglichst gering zu halten, währenddessen die Vorgesetzten vielmehr an hohen Zielen interessiert sind. Wenn die Ziele feststehen ist das Management in der Regel daran interessiert, diese nicht zu überschreiten, um zu verhindern, dass sie in der Folgeperiode entsprechend erhöht werden und somit schwieriger zu erreichen sind. 885 Ein zusätzliches Problem bei herkömmlichen Vergütungssystemen ist zudem, dass der Bonus nach oben und unten beschränkt ist. Vor allem die Beschränkung nach oben hat den Nachteil, dass sofern sich innerhalb des Jahres herausstellt, dass die Erfolgsziele voraussichtlich nicht erfüllt werden können, für das Management kein finanzieller Anreiz mehr besteht, sich in dem laufenden Jahr noch anzustrengen. Grund dafür ist, dass bei Nichterreichen der Ziele keine Belohnung, aber auch keine Bestrafung vorgesehen ist. 886 Vergütungssysteme auf EVA-Basis werden hingegen nicht jedes Jahr neu verhandelt. Die Beteiligten suchen stattdessen nach Möglichkeiten für die höchstmögliche Wertsteigerung des Unternehmens, die mit einer periodischen Verbesserung der Kennzahl einhergeht, gleichzeitig im Interesse der Eigentümer ist und damit den Principal Agent Konflikt minimiert. Zudem beinhaltet das System keine Ober- und Untergrenzen im Bezug auf den Bonus, wodurch es einer wesentlichen Forderung aus Corporate Governance Sicht, nämlich der Beteiligung der Begünstigten sowohl an den Chancen als auch an den Risiken des Unternehmens zu partizipieren, nachkommt. Insbesondere, da es keine Obergrenze für den Bonus gibt, besteht trotz bereits erreichter Performanceziele für das Management weiterhin ein Anreiz, zusätzlichen Wert zu schaffen. 887 884 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 9 885 Vgl. Stern / Shierly / Ross, 2002, S. 191 886 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 116 887 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 9 f. <?page no="298"?> Bonusbank für eine nachhaltige Verbesserung Um das Vergütungssystem für das Management unternehmerischer zu gestalten und an der nachhaltigen Wertsteigerung auszurichten, kann zusätzlich vereinbart werden, dass nur ein Teil der Boni sofort ausbezahlt und der andere in einer sogenannten Bonusbank einbehalten wird. Nur sofern sich die Wertsteigerung als nachhaltig herausstellt, wird der einbehaltene Bonus in den Folgejahren zu einem festgelegten Prozentsatz ausbezahlt. 888 Die Benutzung einer Bonusbank sieht vor, dass sämtliche sowohl positive als auch negative Boni vor ihrer Auszahlung zunächst einem persönlichen Bonusbankkonto der Führungskraft gutgeschrieben werden. Sofern der Endsaldo des Kontos positiv ist, wird ein vorab vereinbarter Prozentsatz von der Kontosaldenhöhe berechnet und jährlich ausbezahlt. Der verbleibende Restbetrag wird fortgetragen und steht im Risiko, sofern in den Folgejahren keine periodische Ist-Verbesserung und damit Wertsteigerung des Unternehmens erreicht wird. Die nachfolgende Abbildung stellt das Prinzip der Bonusbank an einem Zahlenbeispiel dar. 889 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Vortrag aus Vorjahr 80 40 120 Erzielter Bonus / Malus 120 -20 140 30 Gesamter Bonusstand 120 60 180 150 Cash-Auszahlung (33 %) 40 20 60 50 Bonus im Risiko 80 40 120 100 Abbildung 77: Auszahlungsschema unter Verwendung der Bonusbank. Quelle: Koch, 2009, S. 8 Das Zahlenbeispiel zeigt die Funktionsweise einer Bonusbank und die Berechnung des individuellen Kontostandes innerhalb derselben. Im Zahlenbeispiel wird von einer jährlichen Auszahlung in Höhe von 33,00 % des gesamten aktuellen Bonusstandes ausgegangen. Diese Höhe bis hin zu 66,00 % empfiehlt Stewart Stern & Co. auch in der praktischen Anwendung. Der begünstigte Manager erhält somit im Beispiel sofort lediglich 33,00 % des Bonus, wobei der verbleibende, im Risiko stehende Restbetrag als Vortrag für das neue Jahr verwendet wird. Durch den angestrebten Effekt, dass sowohl positive als auch negative Wertentwicklungen und damit Gewinne beziehungsweise Verluste über mehrere Jahre verteilt werden erreicht man, dass es wie in Jahr zwei des Zahlenbeispiels vorkommen kann, dass trotz eines erzielten negativen Jahresbonus eine Barauszahlung wegen vorangegangener Gewinne möglich wird. Ist die negative Abweichung von der gewünschten Gesamtperformance jedoch drastisch genug, kann es vorkommen, dass der Manager nicht nur seinen ak- 888 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 10 889 Vgl. Hostettler, 2000, S. 309 7.6 Vorschlag einer wertorientierten Vergütung 299 <?page no="299"?> 300 Kapitel 7: Variables Entgelt für Führungskräfte tuellen Jahresbonus, sondern zusätzlich seinen aus den Vorjahren einbehaltenen im Risiko stehenden Bonus gänzlich verliert. 890 Die Bonusbank als mittelfristiges Vergütungsinstrument und aktive Beteiligung des Managements am Unternehmen stellt somit sicher, dass den begünstigten Führungskräften bewusst wird, dass eine kurzfristige Performanceverbesserung nicht sinnvoll ist, sofern sie dem Unternehmen auf lange Sicht schadet. Aus diesem Grund werden sie nur für nachhaltige Verbesserungen im Sinne von Wertsteigerungen mit einem entsprechenden Bonus belohnt. 891 Aktienprämien als langfristiges Vergütungsinstrument Die behandelten Aktienoptionen und ihre Fehlanreize, als auch die zu geringe Hebelwirkung von Aktien, sind nicht mit den Ansprüchen an eine gute Corporate Governance im Sinne eines nachhaltigen Managements zu vereinen. Sie verkörpert eine „Alles-oder-Nichts“-Mentalität 892 beziehungsweise haben eine zu geringe Anreizwirkung, um eine werthaltige variable Vergütungskomponente darzustellen. Eine langfristige Vergütungsalternative bieten in diesem Zusammenhang Aktienprämien. Sie lassen die Begünstigten sowohl an Chancen als auch an Risiken partizipieren, indem einer vorab definierten Basisprämie entweder ein Auf- oder Abschlag entsprechend der Aktienkursentwicklung hinzugerechnet oder abgezogen wird. Somit erhöht sich die Prämie überproportional im Fall einer Aktienkurssteigerung und verringert sich entsprechend im umgekehrten Fall. 893 Die Aktienprämien kommen ohne die negativen Eigenschaften von Aktienoptionen und reinen Aktien aus, vereinen dagegen jedoch deren Vorteile in Form einer direkten Beteiligung und den Sperrfristen aus Aktienoptionsprogrammen. Außerdem verfügen sie wegen der Auf- und Abschläge über einen größeren Hebel als Aktien und reduzieren zudem die Gefahr eines Fehlanreizes, der bei Aktienoptionsprogrammen in Form einer wertlos verfallenden Option möglich ist. Aktienprämien führen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu einer Auszahlung, weshalb die Motivation der begünstigten Führungskräfte und deren Akzeptanz diesem Vergütungsinstrument gegenüber höher ist. 894 890 Vgl. Koch, 2009, S. 8 891 Vgl. Ehrbar, 1999, S. 124 892 Vgl. Pertl / Nenning, 2004, S. 10 893 Vgl. ebd. 894 Vgl. Koch / Nenning, 2006, S. 11 f. <?page no="300"?> Kapitel 8: Politisch-ethisch-moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle <?page no="301"?> Geschäftsmodelle, die mit Steuertricks durch Banken zwar rechtlich korrekt, aber moralisch verwerflich entwickelt und durchgeführt werden, geraten verstärkt in die öffentliche Schusslinie. So schreibt die Süddeutsche Zeitung vom 4. Mai / 5. Mai 2016, S. 20: „Steuertrick sparte Milliarden. Zahlreiche Geldhäuser haben den Finanzbehörden geschadet - auch die Commerzbank“. „Deutsche Banken haben den Fiskus in den vergangenen Jahren mit einem Steuertrick offenbar um Milliarden Euro gebracht“, berichteten der Bayerische Rundfunk, das New Yorker Recherchebüro ProPublica und andere Medien. Besonders aktiv sei die Commerzbank gewesen. Das ist pikant, weil der deutsche Staat das Institut in der Finanzkrise vor der Pleite gerettet hat und bis heute an der Bank beteiligt ist. Die Commerzbank erklärte am Dienstag, sie stelle sicher, dass ihre Handelsgeschäfte (d.h. auch dieses von mehreren Geschäftsmodellen der Bank, d. Verf.) im Einklang mit dem geltenden Recht stehen. Die Fachwelt bezeichnet diesen Steuertrick als „Dividendenstripping“ oder Cum-Cum-Geschäfte. Hier geht es um Steuervermeidung. Ausländische Aktionäre müssen auf ihre Dividendeneinnahmen pauschal 15 Prozent Steuer zahlen. Um diese Steuer zu umgehen, verleihen sie ihre Aktienpakete kurz vor dem Dividendenstichtag an einen deutschen Investor, der weniger Steuern zahlen muss. Dem Handelsblatt zufolge schwillt das Volumen verliehener Aktien deutscher Unternehmen vor einem Dividendenstichtag bis auf das Neunfache an. Die gesparte Steuer teilen sich beide Partner. Vor allem große Fonds wie Blackrock und Vanguard machten sich das zunutze, hieß es. Neben den Cum-Cum-Geschäften stehen auch die Cum-Ex-Geschäfte in der Kritik. Hier geht es um Steuerdiebstahl durch Banken, die sich durch den Handel von Aktien mit Dividende (cum) und Aktien ohne Dividende (ex) mehrfach Steuern haben erstatten lassen, die gar nicht bezahlt wurden. Der Schaden für den Fiskus wird auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt.“ Dass Banken ihr Geschäftsmodell in immer mehr Geschäftsmodelle teilen, ist sowohl dem Internet-Banking als auch der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank zu danken. Ein Geschäftsmodell dreht an der Preisschraube von Girokonten, und die Institute entwickeln dazu eine unerschöpfliche Kreativität. Neue Geschäftsmodelle kommen durch innovative Fintech-Firmen bei der Commerzbank und der Deutschen Bank demnächst heraus, die immer das Internet-Banking für Firmenkunden durch Apps, vielleicht durch Kooperation mit Apple und SAP vorantreiben können. Hier werden Wertschöpfungsketten der Banken zerlegt, lukrative Finanzdienstleistungen wie Währungs- und Swapgeschäfte, Optionen- oder Future-Geschäfte herausgefiltert, und bieten diese preiswert an. Sie arbeiten mit Softwareentwicklern zusammen, die ihnen zu ihrem Bankmodell die individuelle Software programmieren und die Apps den Kunden zur Verfügung stellen können. <?page no="302"?> Kapitel 8: Politisch-ethisch-moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle 303 Über Swiss-Leaks, Lux-Leaks und Panama-Leaks in Verbindung mit Steuerhinterziehungsmodellen von Banken mit Briefkastenmodellen für „Eliten“ in Verbindung mit TIPP für globale Konzerne kommen immer mehr Zweifel an den Gerechtigkeitsvorstellungen demokratischer Staaten auf, wenn sie nicht für Umweltschutz und sozialer Sicherung sorgen. Die Eliten haben seit 500 Jahren, angefangen seit Elisabeth I, über das Victorianische Zeitalter in Indien, Australien, Südafrika, Kanada, aber auch über USA etc. eine Rechtsordnung zu entwickeln, die sie sakrosankt vor eigenen rassistischen, faschistischen und Umweltverbrechen macht, d.h. ihnen unverdiente Einkommens- und Gehaltsbezüge ohne Steuerbelastungen garantiert sowie sie vor Auslieferung und Rechtsverfahren schützt. Sie sind eine Mafiosi-Gemeinde, gegen die sich unsere demokratisch gewählten Regierungen nicht rechtlich vorzugehen trauen. Sie müssten mal kritisch Rechtssystemvergleiche europäisch-englisch-amerikanische Rechtsprechung betreiben und kritische Geschichte, z.B. 500 Jahre des Commonwealth, untersuchen, die von der rassistisch-faschistischen Kolonialisierung zur Globalisierung Londons geführt hat. Laut Zeit vom 12. Mai 2016, S. 20: „Großbritannien kämpft offiziell gegen Steueroasen - fördert aber Offshore-Firmen“. Die Nürnberger Nachrichten vom 15. Mai 2016 unterstreichen dies im Magazin am Wochenende über den „Boss der Bosse - Karl IV“, auf den auch das bis heute geltende Elitenverständnis zurückgeht. „Interessieren Sie sich für die Mafia? … Die Mafia ist eine kriminelle Vereinigung mit dem Ziel, Macht und Geld anzuhäufen. Dafür ist ihren Mitgliedern jedes Mittel recht. An erster Stelle Gewalt, aber auch Korruption, Vetternwirtschaft, Bestechung“ (vgl. hierzu z.B. auch die hundertfünfzig-jährige Geschichte Griechenlands, die Verf.). „Mafiosi versuchen ihr Einflussgebiet auszuweiten. Sie pflegen Freundschaften und schaffen Abhängigkeiten. Die Ehre ist ein zentraler Aspekt ihres Lebens. Untereinander führen Mafiosi Machtkämpfe. Manchmal etablieren sich Oberbosse und festigen ihre Stellung. Manchmal wird ein Don zu ehrgeizig und dann verbünden sich die anderen gegen ihn und machen ihn einen Kopf kürzer. Genau so funktioniert europäische Politik zur Zeit Karls IV. ... All die Praktiken … sind damals legitime Mittel zum Erreichen politischer Ziele. … Die meiste Macht aber haben drei Familien: Die Luxemburger, die Wittelsbacher und die Habsburger.“ Man kommt nicht um den Verdacht und um die Problemfrage herum, ob nicht die Kultur sich bis heute bei Lux-Leaks durch einen Finanzminister fortgeschrieben hat, der sein Land durch Steuerhinterziehung und auf Kosten anderer Staaten finanziert hat. Eliten haben die Kultur, den Staat zu missbrauchen, seit dem Mittelalter bis heute übernommen. <?page no="304"?> Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt - eine Analyse am Beispiel der Panama Papers <?page no="305"?> Einleitung Jedes Jahr werden von Privatpersonen, Wohlhabenden und Unternehmen zig- Millionen Euro durch Steuerbetrug hinterzogen. „Der Steuerspartrieb der Deutschen ist noch größer als ihr Fortpflanzungstrieb“ sagte einst der CSU-Politiker Erwin Huber. 895 In den folgenden Abschnitten wird anhand der Panama Papers untersucht, inwiefern sich die Steuerhinterziehung auf die Gesellschaft und Moral eines Staates auswirkt und welchen Einfluss das Bonussystem hat. Steuerhinterziehung Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert den Begriff der Steuerhinterziehung als „[…] rechtswidrige Form der Steuerabwehr. Steuerhinterziehung ist eine Steuerstraftat.“ Diese Straftat wird in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft. 896 Es gibt eine Vielzahl von Wegen, Steuern zu vermeiden, z. B. durch Scheingeschäfte, unrichtige Gewinnermittlung oder die Unterlassung. Letztere Art der Steuerhinterziehung ist besonders bei hohen Geldmengen lukrativ. Dabei wird Kapital in sogenannte Steueroasen transferiert, dort, wo die Kunden ein äußerst strenges Bankkundengeheimnis genießen und somit anonym bleiben. Die Steuerparadiese sind auf fast jedem Kontinent vertreten (vgl. Abbildung 78). Abbildung 78: Die weltweiten Steuerparadiese. Quelle: o.V., 2016 895 O.V., 1997 896 Vgl. Simon Vogelberg, 2010 <?page no="306"?> 9.4 Erwähnenswerte Leaks 307 Ein extremes Beispiel sind die Britischen Jungferninseln: Auf 32.000 Einwohner kommen 474.000 registrierte Briefkastenfirmen. In den USA gibt es ebenfalls aktive Steueroasen, wie Nevada, South Dakota, Wyoming und Delaware. In Europa gehören vor allem Staaten wie Irland, Niederlande, Luxemburg und die Schweiz dazu. 897 Zum Offshore System Anwaltskanzleien und Offshore-Dienstleister bieten in den Steueroasen komplette Konstrukte von Briefkastenfirmen an. Wenn diese von einem Klienten beauftragt werden, wird eine Offshore-Firma mit der Adresse eines Briefkastens gegründet. Anschließend wird ein Scheindirektor 898 beauftragt, der offiziell die Firma leitet und alle Dokumente unterschreibt, sodass diese die Rechte normaler Firmen besitzen. So können beispielsweise Konten eröffnet und somit anonym Schmiergelder gezahlt oder Vermögen vor nationalen Steuerbehörden versteckt werden. Damit der eigentliche Eigentümer sich nicht offenbaren muss, kann die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, dessen Eigentümer der Besitzer der Inhaberaktie ist. Somit ist es für das Finanzministerium und die Polizei fast unmöglich, den eigentlichen Eigentümer der Briefkastenfirma zu ermitteln. Dieses System ist vor allem sehr lukrativ für illegale Geschäfte und Personen wie Waffenhändler, Drogenbosse und Terrorgruppen. Generell sind die Gründung, die Vermittlung oder der Besitz einer Briefkastenfirma jedoch legal. Viele Unternehmen nutzen Briefkastenfirmen aus Gründen der Geheimhaltung, beispielsweise bei geheimen Investitionen oder auch im Bereich des Kunsthandels, da die Angst vor Kunstdiebstählen groß ist und somit der Standort der Werke verheimlicht werden kann. Mit Hilfe von Offshore-Konten können Gelder und Vermögensgegenstände vor Gläubigern bei Insolvenz vor dem Fiskus oder vor dem Ehegatten bei Scheidungen versteckt werden. Zudem werden Briefkastenfirmen für illegale Geschäfte wie Geldwäsche, Bestechung, Investitionen in Waffen oder Umgehen von Sanktionen genutzt. 899 Erwähnenswerte Leaks Leak, zu deutsch Leck oder Loch, bezeichnet eine inoffizielle Veröffentlichung von geheimen Informationen. Bereits in der Vergangenheit gab es Leaks, wobei die Panama Papers das Größte und das Weitreichendste ist. LIECHTENSTEINER STEUERAFFÄRE Im Januar 2006 hat ein ehemaliger Bankangestellter der Liechtensteiner Bank LGT interne Daten gestohlen und für 4,6 Mio. € an den deutschen Bundes- 897 Vgl. o.V., 2016b 898 Dies ist in Steuerparadiesen ein weit verbreiteter Job, viele dieser Scheindirektoren „leiten“ gleichzeitig mehrere tausend Firmen. 899 Vgl. o.V., 2016a <?page no="307"?> 308 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt nachrichtendienst verkauft. Durch die Ermittlungen wurden 222 Mio. € Steuern von Privatpersonen und Unternehmen an den deutschen Fiskus nachgezahlt, darunter der Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel. 900 OFFSHORE LEAK 2010 wurden amerikanischen, australischen und britischen Steuerbehörden Offshore-Steuerdaten von einer anonymen Quelle zugespielt. Die Regierungen leiteten jedoch keine Ermittlungen ein, weshalb im April 2013 die 400 GB großen Daten an das „Internationalen Konsortium für investigative Journalisten“ (ICIJ), einem weltweiten Journalistenverband, transferiert wurden. Die Daten stammen aus Datenbanken zweier Offshore-Dienstleistungsunternehmen und enthalten Dokumente aus zehn Steueroasen. Betroffen sind über 130.000 Konzerne, Großbanken und Privatpersonen in einem Zeitraum zwischen 1990 bis 2011; darunter die Deutsche Bank, Gunter Sachs als Opel-Erbe, die aserbaidschanischen Präsidententöchter und zwei Ex-Präsidentensöhne mit mehr als 2.000 Briefkastenfirmen. 901 LUXEMBURG LEAKS Im November 2014 haben zwei ehemaligen PwC-Mitarbeiter dem ICIJ verbindliche Steuervorbescheide der Luxemburgischen Regierung zugespielt. Durch aufwendige Konstrukte konnten Vereinbarungen zu Steuervorbescheiden von teilweise unter 1% zugesagt werden. Zu den 343 beteiligten Unternehmen gehören Google, Apple, Amazon, IKEA, PepsiCo, Skype, Deutsche Bank, E.ON, The Walt Disney Company und viele mehr. Die EU-Kommission entschied im Oktober 2015, dass die gewährten Steuervorteile eine illegale Beihilfe darstellen und nicht im Einklang mit den EU-Beihilfe-Vorschriften stehen. Daraufhin mussten die Unternehmen zu wenig gezahlte Steuern nachzahlen. Skandalös ist vor allem, dass eine Vielzahl dieser Firmen sich verbal engagieren und in entsprechenden CSR 902 -Berichten ihre glanzvollen Tätigkeiten schildern. 903 SWISS LEAKS Im Februar 2015 erhielt das ICIJ von einem IT-Spezialisten Kontoinformationen der Schweizer HSBC Private Bank. Insgesamt geht es um mehr als 160.000 Kunden aus 203 Ländern und eine Summe von ca. 75 Mrd. €. Unter den Kunden befanden sich Politiker wie Syriens Präsident Al-Assad, Ägyptens Expräsident Mubarak und Chinas ehemaliger Premierminister Peng. 904 900 Vgl. Leyendecker, 2010 901 Vgl. o.V., 2013 902 CSR = Corporate Social Responsibility, zu Deutsch Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung 903 Vgl. Brinkmann et al., 2014 904 Vgl. Caruana Galizia et al., 2015 <?page no="308"?> 9.5 Panama Papers 309 Panama Papers Die Panama Papers wurden weltweit simultan am 3. April 2016 veröffentlicht. Die 11,4 Millionen Dokumente offenbaren die wahren Identitäten hinter den Scheindirektoren der Briefkastenfirmen von 1970 bis zum Frühjahr 2016. Die gehackten Informationen stammen aus einer internen Datenbank der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca mit dem Hauptsitz in Panama. Diese 214.000 Briefkastenfirmen stammen aus den weltweiten Filialen und Partnerbüros der Anwaltskanzlei. Die Offshore-Konten wurden meist auf den Britischen Jungferninseln, Panama, Bahamas oder Seychellen gegründet. Bereits 2015 wurden der Süddeutschen Zeitung die Dokumente von einer anonymen Quelle zugespielt. Das Leak ist mit ca. 2,6 Tera-Byte das Größte aller Zeiten (vgl. Abbildung 79). Abbildung 79: Informationsmenge der Panama Papers im Vergleich zu anderen Leaks. Quelle: Obermayer et al., 2016b Um die Masse an Daten auszuwerten und nationale Verflechtungen aufdecken zu können, hat die Süddeutsche Zeitung das ICIJ eingebunden. Das ICIJ umfasst eine weltweite Kooperation von rund 400 Journalisten aus über 69 Ländern. 905 „Betroffene“ Voraussetzung für die Veröffentlichung der Namen aus den Panama Papers sind zwei Kriterien: ein hohes öffentliches Interesse und ein belegbarer, besonderer Verdacht. Bis zur Veröffentlichung der Panama Papers wurden Verbindungen zu mehr als 140 Politikern aus über 50 Ländern entdeckt. Dabei sind häufig Angestellte, enge Vertraute oder Familienmitglieder Eigentümer der Offshore-Konten. 906 DEUTSCHLAND Einige deutsche Namen sind in den Panama Papers genannt, u. a. der Investor Florian Homm, der verurteilte Millionen-Betrüger Helmut Kiener und der 905 Vgl. Obermayer et al., 2016b 906 Vgl. ICIJ, 2016 <?page no="309"?> 310 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Milliardär Joachim zu Baldernach. Zu unveröffentlichten Namen gehören laut der Süddeutschen Zeitung Bundesverdienstkreuzträger, Bordellkönige, Adlige, Immobilienverkäufer, Spitzenmanager und Aufsichtsräte großer Firmen. 907 Bereits 2014 wurden wesentlich kleinere und ältere Daten der Mossack Fonseca Datenbank von deutschen Behörden gekauft. Damals fanden Razzien bei etwa 100 Personen und bei etlichen Banken statt. Daraufhin haben die Commerzbank, die HypoVereinsbank und die HSH Nordbank Strafzahlungen in Millionenhöhe tätigen müssen. Nun wurde bekannt, dass insgesamt 28 deutsche Banken als Vermittler zwischen ihren Kunden und der Mossack Fonseca auftraten und somit aktiv bei Steuerhinterziehungen, Geldwäsche, Drogen- und Waffengeschäften halfen. 908 SIEMENS Die Panama Papers geben neue Informationen bezüglich des Siemens- Schmiergeldskandals von 2006 preis. Damals half der ehemalige Siemens- Manager Hans-Joachim Kohlsdorf der Justiz bei der Aufklärung und der Rückgewinnung von unversteuerten Geldern. Wie nun bekannt wurde, hat Herr Kohlsdorf davon 2 Mio. USD selbst behalten, auch nachdem er 2009 bei Siemens ausstieg. Dieses Geld wurde Ende 2012 auf sein Züricher Bankkonto transferiert. Zudem besitzt Kohlsdorf ein Offshore-Konto auf den Bahamas, auf das 2013 Goldunzen im Wert von über einer halben Milliarde USD überwiesen wurden. Zeitgleich wurde an der Londoner Börse der Goldhandel angehalten, da innerhalb von zehn Sekunden der Goldpreis um 10 USD gefallen ist - ein Anzeichen für Marktmanipulationen. Die 500 Mio. USD stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Siemens-Schmiergeldskandal von 2006. 909 ISLAND 2008 brach die isländische Wirtschaft aufgrund von Marktmanipulationen zusammen. Daraufhin wurden etliche Banker, Manager und Investoren verurteilt. Die Panama Papers zeigen das System der Kreditblase auf: die drei großen isländische Banken haben sich gegenseitig Kredite im dreistelligen Millionenbereich gewährt, um eigene Aktienkurse zu manipulieren. Zudem wurde bekannt, dass der Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson seit Ende 2007 Anleihen an den drei Banken besitzt. Da er im April 2009 in das Parlament gewählt wurde, hätte er diese offenlegen müssen. Im Dezember 2009 hat er seine Anteile an seine Ehefrau übertragen. Die Banken wurden durch das Zutun von Herrn Gunnlaugsson gerettet bzw. verstaatlicht, um die Sparer und Anleger zu schützen. Des Weiteren hat er die Stabilitätssteuer zu einem Stabilitätsbeitrag umfunktioniert, der dem Staat ca. zwei Milliarden Euro kostete - Nutznießerin war unter anderem Gunnlaugssons Ehefrau. Der Vertrauensbruch ist enorm. Erneut tauchen in der internen Datenbank von Mossack Fonseca ehemalige Spitzenbanker, hochrangige Regierungsberater und Islands 907 Vgl. o.V., 2016e 908 Vgl. Obermayer et al., 2016 909 Vgl. ebd. <?page no="310"?> 9.5 Panama Papers 311 Oberschicht auf. Die Bürger, die Jahrelang unter der Krise litten, beklagen den fehlenden Lerneffekt. 910 ENGLAND Englands Premierminister David Cameron und seine Ehefrau besaßen Anteile eines Offshore-Fonds in Panama. Diese hat Cameron von seinem Vater, einem erfolgreichen Börsenhändler, geerbt. Vor seinem Amtsantritt im Januar 2010 verkaufte Cameron die Anteile, um mögliche Interessenskonflikte als Premierminister zu vermeiden. Um seiner Glaubwürdigkeit Nachdruck zu verleihen, hat Cameron seine Steuererklärungen der letzten sechs Jahre veröffentlicht. 911 FUSSBALL Fußballer, Berater, Funktionäre, Club-Eigentümer und Institutionen werden in den Panama Papers genannt. So wurde der Steuerhinterziehungsprozess gegen Lionel Messi und seinen Vater verschoben, um die neuesten Beweise zu evaluieren und in den Prozess einfließen zu lassen. Lionel Messi hat nun Klage gegen die Veröffentlichung durch das ICIJ eingereicht. Des Weiteren sind Mitglieder der FIFA-Ethikkommission in Schmiergeldzahlungen für günstigere TV-Rechte involviert. Juan Damiani, der selbst eine Anwaltskanzlei betreibt, verwaltete über 400 Briefkastenfirmen, darunter Konten, mit denen die FIFA Funktionäre bestach. 912 CHINA Ein Drittel aller Dokumente der Panama Papers stammen von Personen aus China. Mossack Fonseca hat insgesamt neun Filialen in China. Ein WeChat- User fasste zusammen: „Looks like even Buddha had an account in Panama.“ 913 Durch Offshore-Konten können viele Auflagen in China umgangen werden: So darf Taiwan (Republik China) keine Investitionen in China (Volksrepublik China) tätigen, da China Taiwan nicht als Staat anerkennt. Zudem kann das Devisen-Gesetz umgangen werden, wonach maximal 50.000 USD pro Jahr von China ins Ausland transferiert werden dürfen. Auch die fehlende Rechtssicherheit ist in China ein großes Problem, weshalb Mutterkonzerne und die Oberschicht ihre Gelder außerhalb von China platzieren. Es sind vor allem hochrangige Politiker betroffen: der chinesische Staatspräsident Xi Jinping, sein Schwager Deng Jiagui und die Tochter des ehem. Premierministers Li Peng (siehe unter „Swiss Leaks“). Alle Informationen zu den Panama Papers werden in China zensiert und sind somit weitestgehend unbekannt. Besonderes Aufsehen erregten Bo Xilai (ehem. Parteichef von Chongqing) und seine Ehefrau, die bereits 2013 zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Das Paar finanzierte sich durch Geldwäsche eine 2,3 Mio. €-Villa in Cannes, Frankreich. 910 Vgl. Obermaier, Obermayer, 2016a 911 Vgl. o. V., 2016 912 Vgl. Much, Obermayer, 2016 913 China Uncensored, 2016 <?page no="311"?> 312 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Um die Verwaltung bzw. Vermietung sollte sich ein britischer Geschäftsfreund kümmern. Als ein Geschäfts-Deal platze, erpresste der Brite das Paar, woraufhin ihn die Ehefrau von Bo Xilai vergiftete und der britische Geschäftsfreund starb. 914 BRASILIEN Zurzeit ist Brasilien von Krisen geplagt: Wirtschaftskrise, Staatskrise, Zika- Krise und eine politische und wirtschaftlich geprägte Korruptionskrise. Durch die Panama Papers wurden bereits hunderte Personen verhaftet, ein Großteil verurteilt: Prominente, Unternehmer und Politiker, darunter der Vizepräsident Michel Temer von der Partei der Demokratischen Brasilianischen Bewegung sowie der Präsident des Abgeordnetenhauses des Kongresses Eduardo Cunha. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff wurde in den Panama Papers nicht namentlich genannt, jedoch enge Verbündete, die mutmaßlich für ihre Präsidentin handelten. Insgesamt handelt es sich um eine Summe von über 1,5 Mrd. € Schmiergeldzahlungen aus Geldwäsche und Betrug. Ein brasilianischer Richter ließ bereits mehrere Mitarbeiter der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca verhaften. 915 SYRIEN Der syrische Präsident Bashar Al-Assad kämpft nicht nur gegen islamistische Gruppen, sondern auch gegen die eigene Bevölkerung. Die syrische Luftwaffe hat Öl-Bomben, gefüllt mit Gegenständen wie Nägel und Schrott über Städte und Dörfer abgeworfen. Seit über fünf Jahren herrscht Bürgerkrieg, über 1 Million Menschen sind vertrieben worden, viele sind umgekommen. Seit 2011 haben die EU und auch die USA Sanktionen über Syrien verhängt. Jedoch konnten mit Hilfe von Briefkastenfirmen diese Sanktionen und Embargos umgangen werden, um Öl und militärische Ausrüstung nach Syrien zu schmuggeln. Der Geschäftsmann Rami Makhlouf, ein Kinderfreund Assads, finanziert Giftgas, Folterinstrumente und militärische Ausstattung für die gefürchteten Schabiha-Milizen, die den Aufstand niederschlagen sollen. Viele Flüchtlinge verlassen Syrien wegen dem Islamischen Staat, ein Großteil allerdings auch wegen Leuten wie Al-Assad und Makhlouf. 916 WLADIMIR PUTIN Der Name des russischen Präsidenten Wladimir Putin kommt nicht direkt in der Datenbank von Mossack Fonseca vor, jedoch viele seiner Vertraute, Verbündete und Freunde wie der Jugendfreund und berühmte Cellist Sergej Roldugin. Mit Putins Aufstieg wurde er Besitzer mehrerer Briefkastenfirmen in der Karibik und in Panama. Diese Firmen investierten u.a. in russische Medien, die seither nur noch positiv über Putin berichten. Eine weitere Briefkastenfirma kontrolliert einen Hersteller von Militär-LKW, eine Firma, die von 914 Vgl. Krach, 2016b 915 Vgl. Herrmann, 2016 916 Vgl. Obermaier; Obermayer, 2016b <?page no="312"?> 9.5 Panama Papers 313 Staatsgeldern und Putins Kriegen profitiert. Innerhalb von wenigen Jahren wurden durch die Briefkastenfirmen mehr als 2 Mrd. USD veruntreut. Neben dem Cellisten profitiert Putin ebenfalls von engen Freundschaften zu dem Milliardär und Rohstoffhändler Gennadij Timtschenko oder Putins Finanzierer Nikolai Schamalow. Putins Eigentum umfasst Immobilien, Schiffe und Flugzeuge, so soll beispielsweise die Toilette eines seiner Flugzeuge in etwa halb so viel gekostet haben, wie Putin offiziell jährlich verdient. 917 CIA Die Central Intelligence Agency (CIA) führt im Sinne der amerikanischen Regierung viele illegale Geheimdienstoperationen durch. Dafür sind Vermittler, Zwischenhändler, Firmen und Partnerschaften notwendig, die in keinem Zusammenhang mit der Regierung stehen dürfen. Es konnten noch keine direkten Zahlungen der CIA aufgespürt werden, jedoch sind die Verhaltensmuster immer die gleichen. So soll das amerikanische Embargo gegenüber dem Iran, nach der islamischen Revolution, durch Lieferung mit Raketen, Ersatzteile für Kampfflugzeuge etc. über Mittelsmänner umgangen worden sein. Die Lieferung wurde mit Flugzeugen getätigt, die der CIA gehören, im Gegenzug wurden amerikanische Gefangene freigelassen und es flossen Gelder. 918 WERNER MAUSS Brisante Informationen decken auch die Unterlagen über Werner Mauss auf, einen ehemaligen Privatagenten, der seit den 60iger Jahren für die Bundesregierung aktiv war. Dabei geht es nicht nur um einen beachtlichen Steuerbetrug durch Verstrickungen zum Finanzministerium, sondern auch um die Beschaffung von illegalen Reisepässen, die ihm noch heute, nach seinem Ruhestand, ausgestellt werden. 919 QUELLE DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Die geheime Quelle gab für die Weiterleitung der Daten ein moralisches Motiv an. Die Straftaten der betroffenen Personen sollten an die Öffentlichkeit gelangen, da Banken und Finanzaufsichts- und Steuerbehörden versagt haben. 920 Zum Ausgleich der Informationen verlange die anonyme Quelle kein Geld, lediglich Maßnahmen zur Sicherheit. 921 917 Vgl. Blum et al., 2016 918 Vgl. Fitzgibbon/ Richter, 2016 919 Vgl. Niewel et al., 2016 920 Vgl. Krach, 2016a 921 Vgl. Obermayer et al., 2016 <?page no="313"?> 314 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Reaktionen Bereits einige Wochen nach der Veröffentlichung fand bei Mossack Fonseca eine Razzia statt, wobei jedoch keine belastenden Materialien gefunden wurden. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft Panama Ermittlungen gegen die Anwaltskanzlei eingeleitet. 922 Die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca kündigte die strafrechtliche Verfolgung der Veröffentlichung an, da es sich hierbei um illegal beschaffte Informationen handelt. Ob die Veröffentlichung strafbar ist, hängt von der Vertrauenswürdigkeit der Quelle und von einem berechtigten allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit ab. Bei einem Verfahren gegen die „Betroffenen“ ist jedoch fraglich, inwieweit die Informationen als Beweismittel herangezogen werden dürfen. Es gibt zahlreiche Rücktritte in Armenien, Spanien, Island, Ungarn, Chile etc. Mittlerweile wurden Ermittlungen in jedem betroffenen Land eingeleitet. Erschreckend ist vor allem, dass in den Dokumenten sogar die südafrikanische Steuerbehörde Offshore-Konten besaß. Indonesien und Australien werden aufgrund der neuesten Entwicklungen eine Reform des nationalen Steuergesetzes einleiten. Ebenso wurden Ermittlungen gegen Banken eingeleitet, die Kunden bei den Steuerhinterziehungen berieten und als Vermittler agierten. 923 Der russische Präsident Wladimir Putin drohte mit einer „Informationsattacke“ und behauptete in Folge dessen, die Veröffentlichung der Panama Papers sei eine Propaganda der USA, um ihn zu schwächen. In einem Interview vom 15. April 2016 sagte er, dass die Süddeutsche Zeitung eine Tochterfirma der amerikanischen Investmentfirma „Goldman Sachs“ sei und die Amerikaner so dem russischen Präsidenten schaden wollten. Für diese Falschaussage entschuldigte sich der Kreml-Sprecher später. 924 Auswirkungen Theo Sommer, der einstige Chefredakteur und Herausgeber der Wochenzeitung Die Zeit sagte 2006: „Doch muss sich die Verantwortung der Managerklasse nicht nur bei den Einkommensansprüchen erweisen. Sie muss sich darüber hinaus in einer sauberen, ehrlichen Geschäftsmoral widerspiegeln, wenn Big Business nicht schlechthin mit organisierter Kriminalität in eins gesetzt werden soll.“ 925 . Nur acht Jahre später wurde Herr Sommer wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe und Strafzahlung verurteilt. Die Verfehlungen, die durch die Panama Papers publik wurden, haben erhebliche volks- und betriebswirtschaftliche Auswirkungen, die vor allem moralische Folgen für die Wirtschaftssubjekte haben können. 922 Vgl. o.V., 2016c 923 Vgl. ICIJ, 2016 924 Vgl. o.V., 2016f 925 Roth, 2014 <?page no="314"?> 9.6 Auswirkungen 315 Volkswirtschaftlich Ein Journalist vom ICIJ schrieb: „Die Superreichen haben viele Möglichkeiten, ihre Finanzen zu regeln. Der Normalbürger hingegen hat kaum eine Wahl. Der Normalbürger ist es, der entweder mehr zur Kasse gebeten wird oder auf mehr verzichten muss, weil er in seinem Heimatland vom Fiskus geschröpft wird.“ 926 Durch Schwarzarbeit, geschmuggelte Zigaretten oder Tricksereien bei der Steuererklärung fügen auch Normalbürger der deutschen Wirtschaft einen erheblichen finanziellen Schaden zu. Laut Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider wird dieses Geld zu 2/ 3 umgehend wieder ausgegeben. 927 , wohingegen die Eliten einen weitaus größeren Schaden anrichten, indem sie dem deutschen Wirtschaftskreislauf Gelder entnehmen und ins Ausland transferieren. Diese Folgen beeinflussen den Bundeshaushalt maßgebend, vor allem zu Zeiten der Flüchtlings- und Schuldenkrise. So wies der Bundeshaushalt für das Jahr 2015 Ausgaben von insgesamt 306,9 Mrd. € auf (vgl. Abbildung 80). Abbildung 80: Ausgaben des Bundeshaushaltes 2015. Quelle: Bundesministerium der Finanzen, 2016 Fast 50% der Ausgaben bestehen aus Zuschüssen für Rentenversicherung und Krankenkassen, Arbeitslosengeld II, Eltern-, Kinder- und Wohngeld. Die Allgemeinen Dienste (21,71%) umfassen zum Großteil die Bundeswehr, Polizei und Politische Führung. 12,66% der Ausgaben werden für Schulden und Rücklagen aufgewendet, wohingegen nur knapp 7% für Bildung, einschließlich BAföG, veranschlagt werden. Die restlichen 8,61% werden u.a. für Investitionen in Straßen, den öffentlichen Nahverkehr, Subventionen und Naturschutz ausgegeben. 928 926 Vgl. Euronews, 2013 927 Vgl. Amann, 2008 928 Vgl. Bundesministerium der Finanzen, 2016 <?page no="315"?> 316 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Die Eliten beanspruchen nur wenige öffentliche Leistungen und finanzieren sich häufig selbst, dazu gehören Privatschulen, private Altersvorsorge, medizinische Versorgung, Autos anstatt öffentliche Verkehrsmittel etc. So haben sie sich eine Parallelgesellschaft unter ihresgleichen aufgebaut und sind häufig nicht mehr bereit, finanziell für die Gesellschaft aufzukommen. 929 Die den Ausgaben gegenüberstehenden Einnahmen des Bundeshaushaltes 2015 setzen sich zu 92,54% aus der Finanzwirtschaft zusammen - also fast ausschließlich aus Steuern und Finanzzuweisungen (vgl. Abbildung 81). Abbildung 81: Einnahmen des Bundeshaushaltes 2015. Quelle: Bundesministerium der Finanzen, 2016 Durch Steuerbetrug und -hinterziehung gehen Deutschland nach Schätzungen der Steuergewerkschaft jährlich ca. 60 Mrd. € verloren. 930 Die fehlenden Gelder müssen kompensiert werden, beispielsweise durch einen erhöhten Steuersatz, die Nichterhöhung des Steuerfreibetrages, durch den Fortbestand des Solidaritätszuschlages oder indirekte Steuererhöhungen wie der Umsatzsteuer. Betriebswirtschaftlich Im Zeitalter der Globalisierung nimmt der Preisdruck auf Wettbewerbsmärkte zu; so müssen Kostenersparnisse genutzt werden, um Preise zu senken und Gewinne bzw. den Shareholder Value zu maximieren. 931 „ Steuervermeidung ohne Täuschung und Betrug ist eine betriebswirtschaftliche Aufgabe und eben keine Steuerhinterziehung“, sagte der Steuerexperte Prof. Dr. Kahle der Universität Hohenheim. 932 929 Vgl. Langner, 2008 930 Vgl. Jahberg; Simantke, 2014 931 Vgl. Donges, 1998 <?page no="316"?> 9.6 Auswirkungen 317 Die deutschen Unternehmen nutzen vor allem Bilanzierungsspielräume und Steuergestaltungsmöglichkeiten, um ihre Steuerlast zu senken. So dürfen Drohverluste über Rückstellungen steuerlich geltend gemacht werden, wohingegen Gewinne erst bei Realisierung versteuert werden. 933 Des Weiteren wird häufig das System der legalen Steuervermeidung genutzt. Dabei werden Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländern mit Eigenkapital ausgestattet, um mit Hilfe von Verrechnungspreisen die abgabenwirksamen Gewinne zu erhöhen. Im Gegensatz dazu werden Tochtergesellschaften in Hochsteuerländern mit hohem Fremdkapital ausgestattet, um die Zinsaufwendungen zu erhöhen und letztendlich die Steuerlast zu drücken. Das methodische Ausnutzen des Doppelbesteuerungsabkommens ist weit verbreitet. So hat die spanische Modemarke „Zara“ seit 2009 über 250 Mio. € Steuern vermieden, indem der Mutterkonzern „Inditex“ in der Schweiz und der Niederlande ansässig ist. 934 Im internationalen Vergleich wird deutlich, dass sich Deutschland 2015 mit der Unternehmensbesteuerung von 29,83% im oberen Drittel befindet (vgl. Abbildung 82). Abbildung 82: Unternehmensbesteuerung von Kapitalgesellschaften 2015 (nominal, in %). Quelle: o.V., 2016 932 Vgl. o.V., 2016 933 Vgl. Greive, 2016 934 Vgl. o.V., 2016d <?page no="317"?> 318 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt So entrichten Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung oder -sitz im Inland eine Körperschaftssteuer in Höhe von 15% + Solidaritätszuschlag und eine Gewerbeertragssteuer. Die Gewerbesteuer fällt, je nach Hebesatz der Gemeinde, in unterschiedlicher Höhe an und ist demnach abhängig vom Geschäftssitz des Unternehmens. Für die Gemeinden ist der Hebesatz die wichtigste Steuerquelle, weshalb er teilweise besonders niedrig ist, um Unternehmen anzulocken. Der durchschnittliche Hebesatz aller Bundesländer lag 2015 bei 378,82%. Bundesland ∅ Gewerbesteuersatz Min.-Max.-Satz Brandenburg 321,9% 200% - 450% Mecklenburg-Vorpommern 326,7% 200% - 465% Bayern 336,6% 230% - 490% Schleswig-Holstein 336,9% 250% - 450% Sachsen-Anhalt 343,5% 237% - 507% Baden-Württemberg 348,4% 265% - 430% Thüringen 366,8% 200% - 470% Niedersachsen 367,9% 300% - 490% Hessen 369,9% 275% - 480% Rheinland-Pfalz 370,7% 320% - 900% Sachsen 391,6% 300% - 490% Berlin 410% 410% - 410% Saarland 411,2% 360% - 455% Nordrhein-Westfalen 441,5% 285% - 550% Bremen 447,5% 435% - 460% Hamburg 470% 470% - 470% Durchschnittlicher Gewerbesteuerhebesatz je Bundesland Quelle: in Anlehnung an o.V., 2016 935 Der niedrigste Hebesatz ist mit 200% in Teilen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu finden, der höchste Hebesatz liegt mit 900% in Dierfeld, einer schuldenfreien Gemeinde in Rheinland-Pfalz. So haben Konzerne wie die Deutsche Bank, E.ON, Siemens oder Unilever ihren Geschäftssitz in Orten wie Norderfriedrichskoog in Schleswig-Holstein, wo es einen Hebesatz von 0% gab. 936 2014 wurde das Steuervergünstigungsabbaugesetz erlassen, das Gemeinden verpflichtet, einen Hebesatz von mindestens 200% festzusetzen. Allerdings finden Firmen noch immer Gemeinden mit einem extrem niedrigen Hebesatz, wie beispielweise der 11.000-Einwohner-Ort Grünwald in Bayern. 935 Datenbasis: Statistisches Bundesamt 936 Vgl. Hilberth, 2016 <?page no="318"?> 9.6 Auswirkungen 319 Dort gibt es rund 7.000 registrierte Unternehmen, die sich in effektive Bürogemeinschaften einkauften, um sich einen Hebesatz von 240% zu sichern. Deshalb wird die Gemeinde des öfteren kritisiert, eine politische Infrastruktur zur Umgehung von Gesetzen geschaffen zu haben. Die globalisierungskritische NGO namens Attac bezeichnet die Gemeinde sogar als deutsche Steueroase. 937 Moral Der Bund der Steuerzahler Deutschland titelte, dass die Steuermoral der Deutschen so gut sei wie nie zuvor. Grund für die gestiegene Steuerehrlichkeit sei Angst durch den Ankauf von Steuer-CDs oder Veröffentlichungen durch einen Whistleblower. Dies führte zu einem erheblichen Anstieg von Selbstanzeigen, wobei die Straffreiheit als unmoralisches Angebot gilt und den Kavaliersdelikt-Charakter der Steuerhinterziehung betont. Selbst wenn Personen verurteilt werden, so beschränken sich die Urteile meist auf Strafzahlungen oder Bewährungsstrafen. Eine Studie von Berliner Ökonomen besagt, dass seit den 90er Jahren die Steuerbelastung der Reichen aufgrund von neuen Steuerschlupflöchern um ca. 1/ 3 gesunken ist. 938 Insgesamt empfinden die Steuerzahler die subjektive Steuerbelastung als so hoch wie nie zuvor. Sie fordern die Politik auf, schnell zu handeln, um die Erwartungen nach mehr Fairness zu erfüllen. 939 Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex 2015 veröffentlicht, der durch Expertenbefragungen über 168 Länder analysiert. Dabei bedeutet ein niedriger Wert, ein hohes Maß an wahrgenommener Korruption und ein hoher Wert keine wahrgenommene Korruption. Deutschland belegt mit 81 Punkten den 10. Platz, wobei vor allem der Finanzsektor und die Führungskultur als gravierende Probleme aufgeführt werden. 940 Banken verstoßen trotz milliardenschwerer Strafzahlungen immer wieder gegen das Anti-Geldwäsche-Gesetz, sie umgehen Embargos und unterstützen Kunden aktiv bei der Steuerhinterziehung. Neben dem einkalkulierten finanziellen Schaden beschränkt sich das Risiko lediglich auf einen Reputationsverlust, jedoch müssen die Banken keine existenziellen Befürchtungen hegen, u.a. aufgrund von implizierten Staatsgarantien. D.h., um eine eventuell bevorstehende Insolvenz abzuwenden, bürgt der Staat für die Verschuldungen von Unternehmen oder auch Banken, wenn die Gesellschaft zu einem erheblichen Teil von ihnen abhängig ist. Die fehlende disziplinarische Wirkung zeigt sich in ähnlicher Form bei Volkswagen, da das Land Niedersachen zu über 20% an dem Konzern beteiligt ist. 941 937 Vgl. Martin, 2016 938 Vgl. Kaiser, 2013 939 Vgl. Bund der Steuerzahler, 2014 940 Vgl. Weiß, 2016 941 Vgl. Demmer, 2016 <?page no="319"?> 320 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Das moderne Führungsverhalten wird vor allem durch Selbstbedienung und Maßlosigkeit geprägt, sodass Führungskräfte ihren Bonus maximieren können. Stakeholder fordern einen höheren Stellenwert von Corporate Governance in einer jeden Unternehmens- und Führungskultur. So bietet Corporate Governance einen rechtlichen Rahmen für die Überwachung und Führung von Unternehmen. 942 Bereits 2002 hat eine Regierungskommission den Deutschen Corporate Governance Kodex verabschiedet, der vor allem Verhaltensstandards für Manager und Aufsichtsräte zur vorbildlichen Führung und Überwachung birgt. 943 Ziel ist es, Unternehmen transparent und vergleichbar zu machen, um Stakeholder zu schützen. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Regelkonformität 944 , die auf die Einhaltung von Regeln und Gesetzen beruht. Viele Unternehmen gehen der Forderung von moralischem Verhalten nach und präsentieren auf ihren Homepages CSR-Berichte, Compliance Richtlinien und den Code of Conduct, Ethics and Behavior. Anscheinend stellen diese häufig nur eine Dokumentation von Prozessen dar, da Unternehmen wie Siemens, BP, Daimler, VW oder die Deutsche Bank immer wieder in Skandale verwickelt sind. Die Gründe für die Vernachlässigung von Corporate Governance sind vielfältig: Gier, Angst, Nervenkitzel, Kosten- und Erfolgsdruck, Wachstumsziele, Zwang zu einem hohen Shareholder-Value oder private Vorteile. Zu letztem Punkt gehören Mauscheleien, wie beispielsweise Verwandte im Unternehmen einzustellen, das Auto auf Firmenkosten waschen zu lassen oder einen zu Unrecht gewährten Rabatt für den Nachbarn auszuzahlen. Corporate Governance Richtlinien nicht zu beachten kann verheerende Folgen haben: Gerichtsprozesse (Siemens), Rücktritte (FIFA), Rückrufaktionen und Rückstellungen im Milliardenbereich (VW). 945 Ein gegensätzliches moralisches Verhalten bietet der Kerngedanke der Theorie der Gerechtigkeit, die auf das Buch „A Theory of Justice“ von John Rawls aus 1971 zurückzuführen ist. Diese Theorie legt zugrunde, dass die Menschen unwissend sind bezüglich ihrer gesellschaftlichen Klasse, ihrer Intelligenz oder Körperkraft sowie des Wissens um die wirtschaftliche und politische Lage der eigenen Gesellschaft. Ziel ist die Interessenharmonie, die ein besseres Leben für alle ermöglicht, anstatt dem individuellen Streben nach eigenen Maximen. Im Kern geht es um die gleichmäßige Verteilung der „Früchte und der Lasten“ in der Gesellschaft. Demnach müssen Ungleichgewichten entgegengewirkt und jedes ungerechte Gesetz abgeändert oder abgeschafft werden. 946 Durch die Panama Papers wird erneut deutlich, dass diese idealtypische Theorie nicht umgesetzt werden kann, da die Gleichheit und Gerechtigkeit nicht flächendeckend vorhanden sind. Die Eliten und Konzerne handeln durch das Verstecken ihrer Milliarden vor dem Fiskus unmoralisch und agieren somit asozial, sie schaden der Gesellschaft. Der Staat muss agieren und 942 Vgl. v. Werder, 2016 943 Vgl. Deutsche Corporate Governance Kodex, 2016 944 Engl. Compliance 945 Vgl. Deutsche Corporate Governance Kodex, 2016 946 Vgl. Rawls, 1971 <?page no="320"?> 9.7 Entlohnung 321 Gesetze ändern oder gar abschaffen. So plant die Europäische Union eine EUweite Harmonisierung der Steuersätze - es soll eine einheitliche Bemessungsgrundlage und somit ein fairer Rahmen für die Unternehmenssteuer geschaffen werden. 947 Entlohnung Die Auswirkungen auf Führungsmoral und Corporate Governance haben gravierende Folgen. Die in den Panama Papers vertretene Elite umfasst Persönlichkeiten aus Kommissionen, Banken und großen Unternehmen - sie alle beziehen überdurchschnittlich hohe Einkünfte. Neben einem Fixgehalt erhalten die meisten Führungskräfte und leitenden Angestellten eine einjährige (Short Term Incentive) und meist auch mehrjährige (Long Term Incentive) variable Vergütung. Somit sollen kurzfristige Ziele, aber auch die nachhaltige Wertschöpfung des Unternehmens gefördert werden. Diese Erfolgsbeteiligungen werden meist in Form von sogenannten Gratifikationen, Tantiemen oder auch als geldwerter Vorteil in Form von Aktienoptionsrechten gewährt - letztere, um die Identifizierung mit den Shareholdern zu stärken. 948 Ein solches Bonussystem dient der Anerkennung und als Anreiz für zukünftige Arbeitsleistung, weist jedoch auch Risiken auf, beispielsweise die Konzentration auf die Aktienkursentwicklung. 949 Ein Beispiel hierfür ist der Siemens-Bestechungsskandal, wo die Vorstände trotz illegalen Handelns jahrelang Boni erhielten. In der Realität wird das Bonussystem häufig missachtet; vor allem bei Banken werden Boni auch in schlechten Jahren gewährt, aus Angst davor, dass die Führungspersönlichkeiten zur Konkurrenz wechseln. 950 Die Unternehmensberatung hkp/ / / group veröffentlichte die Vergütung der 30 DAX-Vorstandsvorsitzenden für 2015, wobei die durchschnittliche Gesamtvergütung 6 Mio. € brutto betrug (vgl. Abbildung 83). 951 947 Vgl. Scheele, 2005 948 Vgl. Altmann, 2016 949 Vgl. Becker; Kramarsch, 2006 950 Vgl. Jacob et al., 2016 951 Vgl. hkp Presse, 2016 <?page no="321"?> 322 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Abbildung 83: Vergütung der 30 DAX-Vorstandsvorsitzenden für 2015 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung von hkp Presse, 2016 <?page no="322"?> 9.8 Fazit und Ausblick 323 Die Vergütung wurde nach dem Schema der Zuflusstabelle des Deutschen Corporate Governance Kodex ausgestellt. Die Gesamtvergütung umfasst fixe, einjährige und mehrjährige variable Vergütungsbestandteile sowie den Versorgungsaufwand, wozu spätere Pensionen gehören. Die Vorstände befinden sich in einem Dilemma, so werden ihnen bei Verstößen gegen Corporate Governance-Richtlinien Bestrafungen angedroht, gleichzeitig werden sie durch finanzielle Bonussysteme für einen schnellen Erfolg belohnt. Denn die kurzfristigen Ziele können nur selten mit nachhaltigem Wirtschaften erreicht werden. So verdiente der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Herr Dr. Dieter Zetsche in nur einem Jahr fast 15 Mio. €. Dieser muss sein Einkommen mit dem Spitzensteuersatz von 45% zzgl. Solidaritätszuschlag 952 versteuern, dies entspricht fast 7,5 Mio. €. Wohingegen der deutsche Arbeitnehmer 2015 durchschnittlich 32.643 € brutto verdiente, sein Einkommen also mit einem Steuersatz von ca. 32% veranlagte. 953 Die Daimler AG lagert mit Hilfe von Shared Services Centern Teile ihrer Verwaltung aus, sodass weitaus geringere Gehälter und Gratifikationen durch beispielweise den ostdeutschen Tarifvertrag gezahlt werden müssen als bei den Daimler AG-Mitarbeitern in Stuttgart. Die gerechte Einkommensverteilung der Nachhaltigkeit besagt, dass die Vergütungsspanne bei starker Nachhaltigkeit im Verhältnis 1: 1 stehen soll, d.h. die Putzfrau verdient im Idealfall genauso viel wie der Vorstandsvorsitzende. Dieses Modell ist impraktikabel, denn in der Realität steht die Vorstandsvergütung von Herrn Zetsche im Verhältnis von 1: 440 zum deutschen Durchschnittsverdiener. 954 Fazit und Ausblick Den Umfang der Steuerhinterziehung in Deutschland zu schätzen bleibt ein Mysterium, jedoch zeigen Veröffentlichungen wie die Panama Papers, dass die Hinterziehung erheblich und kaum vorstellbare Ausmaße annimmt. So haben die Nutzer von Briefkastenfirmen nur ein Ziel - ihr Vermögen zu verstecken. Folglich ist das Offshore-System missbrauchsanfällig und bedarf einer strengen Kontrolle, die jedoch durch das strenge Bankkundengeheimnis in den Steueroasen besonders geschützt ist. Die geforderte Transparenz soll in Zukunft durch den internationalen Datenaustausch möglich sein, wobei einige Staaten wie die USA sich nicht daran beteiligen wollen. Im Zeitalter der Digitalisierung wird es jedoch immer schwieriger, Steuern zu hinterziehen und mit Hilfe von Steueroasen zu verschleiern. 955 952 Der Höchststeuersatz (ab 53.665 €/ Jahr) liegt im Jahr 2016 in Deutschland bei 42%, der Spitzensteuersatz (254.446 €/ Jahr) bei 45%, exklusive des Solidaritätszuschlages. 953 Vgl. o.V., 2016 954 Vgl. Skidelsky, Skidelsky, 2013 955 Vgl. Becker, Böcking, 2016 <?page no="323"?> 324 Kapitel 9: Steuerhinterziehung von Eliten: ein Kavaliersdelikt Erschreckend sind die Möglichkeiten der legalen Steuervermeidung, sodass es einen internationalen Steuerwettbewerb gibt. Sogar in Deutschland wechseln Unternehmen ihren Geschäftssitz regelmäßig, um durch den Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinden Unternehmensausgaben einzusparen. Deshalb muss die Gesetzgebung schneller in der Lage sein, Steuerschlupflöcher zu füllen und die Möglichkeit der Selbstanzeige durch harte Strafen zu ersetzen. Die Eliten, aber auch die Normalbürger müssen ihre Steuerehrlichkeit verbessern, denn für den Staat sind die Steuereinnahmen fast die einzige Einnahmequelle. So muss vor allem in deutschem Unternehmen eine nachhaltige Unternehmenskultur gelebt werden, sodass die Corporate Governance-Richtlinien eingehalten werden und Konzerne wie Siemens oder die Deutsche Bank aus ihren Fehlern lernen können. Diese neue Unternehmenskultur kann durch Unterstützung seitens der Personalabteilung umgesetzt werden. So sind entsprechende Personalentwicklungsmaßnahmen, vor allem im Bereich der Führungsfähigkeiten auf der Managementebene, durchzuführen. Letztendlich muss der rein gewinnbezogene Bonus abgeschafft und durch nachhaltige ökonomische Ziele ersetzt werden. Diese könnten unter anderem aus den CSR-Berichten abgeleitet werden, damit diese nicht nur leere Versprechungen bleiben. <?page no="324"?> Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Entwicklung des Klientelismus in Griechenland <?page no="325"?> Die Rettungsprogramme und geldpolitischen Maßnahmen der EZB konnten die wirtschaftliche Lage der meisten Problemländer in Europa zumindest vorübergehend stabilisieren. Nur in Griechenland riefen die Finanzhilfen nicht die gewünschten Effekte hervor. Neben der Holländischen Krankheit herrscht in Griechenland ein weitaus bedeutenderer Missstand: Dem Land fehlt ein funktionierendes Staatswesen. Das Steuerwesen ist unausgereift, es gibt keine funktionierende Verwaltung, kein Katasteramt und auch kein intaktes Finanzwesen. Dies alles sind Grundpfeiler eines souveränen bürokratischen Staates, welche in Griechenland teilweise unterentwickelt oder nicht vorhanden sind. Die Ursache dieser Entwicklung liegt am Klientelsystem des Landes, dessen historische Entwicklung in diesem Kapitel beschrieben wird. 956 Determinanten des griechischen Klientelismus Der Klientelismus in Griechenland ist ein System ungleicher, personeller Abhängigkeitsbeziehungen, welches aus Verflechtungen zwischen politischen, gesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen Machtzentren besteht. Insbesondere griechische Politiker gewährten ihren Wählern bestimmte Gefälligkeiten, um ihre politische Macht zu festigen. Der griechische Staat war nie eine „res publica“ 957 , die das Interesse des Gemeinwohls vertritt, sondern gilt als Ausbeutungsobjekt seiner politischen Führungskräfte. Seit dem Jahre 350 vor Christus bis zum Jahr 1830 war Griechenland kein eigenständiger Staat. Das Ausbeuten des Staates durch seine Politiker wurde von der Öffentlichkeit legitimiert, da die Bevölkerung ihre Steuern lieber an die innergriechischen Klientelverbände als an die Besatzer abgaben. Sie erlebten den Staat als Ausbeuter, der sie schröpfte. Um sich zu wehren, entwickelten die Griechen Möglichkeiten, Steuern zu hinterziehen, welche bis heute zur Anwendung kommen. 958 Das Staatverständnis der Griechen ist ein anderes als das der anderen WWU- Mitglieder. Während Griechenland zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert 300 Jahre lang unter der Herrschaft der Osmanen litt, entwickelten sich im Rest Europas die Grundlagen des heutigen westeuropäischen Staatswesens. Die verpasste Entwicklung belastet Griechenland noch heute. Der Klientelismus hat als tief verankerte Struktur in allen Bereichen des Landes überlebt. Auch der EU-Beitritt änderte nichts daran. Während die westeuropäischen Regierungen aus demokratischen Koalitionen gebildet wurden, übernahm in Griechenland in der Regel nur eine Partei die Regierungsverantwortung, um ihre Klientel uneingeschränkt bedienen zu können. Auch heute entspricht das politische System Griechenlands nicht den westeuropäischen Standards. Ein Bei- 956 Straubhaar, T. (2015), online 957 „Res publica“ kommt aus dem Lateinischen und steht für „gemeinsame Sache“. 958 o. V. (2015e), online <?page no="326"?> spiel liefert die Festlegung der Sitzverteilung im Parlament. 50 von insgesamt 300 Sitzen stehen der stärksten Partei zusätzlich zu ihren prozentualen Wahlanteilen als Bonusmandate zu. Somit ermöglicht bereits ein Wahlergebnis von reichlich 40 Prozent einer Partei, allein regieren zu können. 959 Auch der überdimensionale Beamten-Apparat ist die Folge klientelistischer Entwicklungen. Um an der Macht zu bleiben, boten beispielsweise griechische Politiker potentiellen Wählern Arbeitsplätze an, um sich ihrer Unterstützung sicher zu sein. 960 Diese und andere Wahlgeschenke führten zur Erhöhung der Verschuldung des Landes und zu Staatsbankrotts, die in Griechenland kein ausschließlich modernes Problem darstellen. Dieser Klientelismus in Griechenland stellt ein Phänomen dar, das in seinem Ausmaß in keinem weiteren Land Europas zu finden ist. Dafür ist vorrangig die historische Entwicklung Griechenlands nach der Abspaltung vom Osmanischen Reich verantwortlich, welche im nächsten Abscnitt vorgestellt wird. 961 Zur geschichtlichen Entwicklung der finanziellen und politischen Abhängigkeit Griechenlands Im Jahre 1821 brach im Osmanischen Reich in verschiedenen Gebieten des heutigen Griechenlands ein sechs Jahre anhaltender Unabhängigkeitskrieg aus. Für die Finanzierung des Krieges wurden die Griechen an der Londoner Börse aktiv. Bis 1824 emittierte das Land mehr als drei Millionen Pfund und legte damit den Anfang der griechischen Auslandsschulden. Obwohl 1827 die angestrebte Unabhängigkeit durch französische, britische und russische Unterstützung erreicht werden konnte, musste Griechenland die Rückzahlung seiner Kredite einstellen. Das Chaos des Krieges hinterließ ein verwüstetes und zahlungsunfähiges Land. Die griechischen Verhandlungsführer scheiterten beim Versuch einer Einigung mit ihren Gläubigern und bekamen daraufhin ihre hart erkämpfte Unabhängigkeit wieder entzogen. Die Großmächte sandten den Sohn Ludwigs I. von Bayern, Otto, nach Griechenland, welcher die ursprüngliche Republik im Interesse der europäischen Fürstenhäuser verwalten sollte. Ottos Einfluss ermöglichte eine weitere finanzielle Emission für Griechenland, um das Land wiederaufzubauen. Allerdings scheitere der Versuch, eine Bürokratie in Griechenland nach bayrischen Vorbild aufzubauen, absolut. Die lokalen Strukturen und regionalen Traditionen der Steuerhinterziehung in Griechenland konnten nicht beseitigt werden. Was die Griechen den osmanischen Steuereintreibern vorenthalten hatten, wollten sie dem neuen Monarchen noch viel weniger geben. 962 Dieser Einstellung geschuldet erholte sich das Land nur langsam von den Folgen des Krieges. 963 959 o. V. (2015f), online 960 Aswestopoulos, W. (2014), S.75ff. 961 Richter, Heinz A. (2015), online 962 Levandis, John A. (1944), S.40f. 963 Korinna, S. (2015), S.183f. 10.2 Zur geschichtlichen Entwicklung 327 <?page no="327"?> 328 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland Das Scheitern Ottos veranlasste die europäischen Großmächte, die Schuldenzahlungen Griechenlands weiter aufzuschieben. Griechenlands Zahlungsausfälle dienten den Europäern als Legitimation immer wiederkehrender politischer Interventionen. In Folge dessen geriet das Land zwischen die Fronten der Großmächte. Beispielsweise wollte Griechenland während des Krimkrieges auf russischer Seite kämpfen. Daraufhin sperrten Engländer und Franzosen den Hafen von Piräus und zwangen Griechenland zur Neutralität. Die politische Abhängigkeit Griechenlands rückte die finanziellen Fragen in den Hintergrund. Immer wieder kam das seit 1827 als zahlungsunfähig eingestufte Land in den Genuss neuer Finanzmittel, welche den Großmächten Handlungsfreiheit einräumte. 964 1878 kam Griechenland ein Schuldenschnitt zugute und seine Wirtschaft konnte sich stabilisieren. Im Zuge einer bevorstehenden Industrialisierung wurde Griechenland kurz darauf an den europäischen Börsen zugelassen und konnte sich neuer Kredite bedienen. Die Neuverschuldung sollte größtenteils in den Eisenbahn- und Straßenbau investiert werden. 965 Ein Großteil der Gelder floss jedoch in die Rüstungsindustrie. Davon profitierten im Wesentlichen deutsche und französische Rüstungsfirmen und nicht die heimische Wirtschaft. In den 1880er Jahren musste Griechenland circa ein Drittel seines jährlichen Staatsbudgets für Zinszahlungen aufwenden. Das Land stand vor dem erneuten Staatsbankrott. Als Folge der weltweiten schweren Rezession der Wirtschaft, ausgelöst in Argentinien, verkündete 1893 Griechenland die Einstellung seiner Zahlungen an ausländische Gläubiger. Dieses Ereignis wird als dritter Bankrott der griechischen Finanzgeschichte bezeichnet. 966 Der Staatsbankrott verschlechterte die Beziehungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern und führte dazu, dass weitere Verhandlungen selbst nach vier Jahren zu keinem Ergebnis führten. Erst als 1897 das Osmanische Reich eine militärische Auseinandersetzung gegen Griechenland gewann und Reparationszahlungen gegenüber dem Verlierer forderte, intervenierten die Großmächte. Sie eruierten eine Anleihe für Griechenland und installierten im Land eine internationale Finanzkommission (IFC), welche die Rückzahlung der Schulden verwalten und überwachen sollte. 1898 nahm die IFC ihre Arbeit in Athen auf und Griechenland verlor erneut seine Souveränität. Den Großteil der ausstehenden Forderungen bediente die IFC durch die Verwaltung der griechischen Staatseinnahmen. 967 Die Organisation war bei ihrer Arbeit sehr effektiv und konnte die Schuldenlast Griechenlands stark reduzieren. Entscheidende Reformen in der Finanzverwaltung gelangen allerdings auch der IFC nicht. Ihre Versuche, die Korruption und Ineffizienz der Bürokratie zu beheben, schlugen fehl. Finanzreformen blieben aus, die Griechen ließen sich nicht von Außenstehenden ihre Innenpolitik diktieren. 1902 war Griechen- 964 Korinna, S. (2015), S. 185f. 965 Psalidopoulos, S. (2013), S. 149ff. 966 Korinna, S. (2015), S. 187f. 967 Tuncer, Ali C. (2013), online, S. 10ff. <?page no="328"?> lands Wirtschaftslage, 17 Jahre nach dem Bankrott, wieder vielversprechend und die internationalen Börsen wurden geöffnet. 968 Mithilfe der IFC wurden für die Balkankriege 1912/ 13 neue Schulden aufgenommen. Durch den Eintritt in den Ersten Weltkrieg 1917 wuchs der Schuldenstand noch weiter. Ab 1920 florierte die Wirtschaft. Investitionen in die Landwirtschaft, Infrastruktur und Eisenbahn brachten den griechischen Handel zum Blühen. 969 Der Versuch, alle Griechen in einem gemeinsamen Land zu vereinigen, führte zu militärischen Auseinandersetzungen mit der Türkei und beendete den Aufschwung Griechenlands. Die Türkei gewann die Auseinandersetzung und es kam zu einem länderübergreifenden Bevölkerungsaustausch. Griechenlands Bevölkerung wuchs über ein Fünftel durch die Aufnahme von 1,2 Millionen Flüchtlingen aus dem Nachbarland. Um die Umsiedlungen zu finanzieren, verhängte die griechische Regierung bei ihren Bürgern Zwangsanleihen und emittierte mithilfe der IFC weitere Kredite. Bis 1931 konnte sich die wirtschaftliche Lage in Griechenland wieder stabilisieren, allerdings hatte die Bevölkerung das Vertrauen in ihre Währung verloren. Auch die Unabhängigkeit trat noch nicht ein, da die IFC weiterhin ihrer Arbeit nachging. 970 Mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 traf Griechenland zum vierten Mal in der Geschichte der Bankrott. Während die Gläubiger Deutschlands im Zuge der Hyperinflation ihre gesamten Investitionen verloren, gingen die Investoren Griechenlands, dank der Arbeit der IFC, nicht leer aus. Insgesamt konnten bis zum April des Jahres 1941 43 Prozent der griechischen Schulden zurückgezahlt werden. Danach wurde die IFC von der deutschen Besatzungsmacht vertrieben. Nach dem Ende der Okkupation durch das Deutsche Reich folgte ein Bürgerkrieg, der das Land weiter in Mitleidenschaft zog. Die Schulden Griechenlands waren jedoch nicht vergessen. 1963 wurden neue Verhandlungen aufgenommen. Griechenland willigte ein, ab 1967 die Rückzahlung seiner Schulden fortzusetzten. Bis 1988 baute Griechenland seine Defizite vollständig ab, sogar während der Militärdiktatur von 1967 bis 1974. 971 Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass Griechenland im 19. und 20. Jahrhundert nie ein eigenständiger Staat war. Nach den Osmanen hatten die westlichen Großmächte und die IFC das als Republik geltende Griechenland weitgehend unter ihrer Kontrolle. Die Abhängigkeitsbeziehungen förderten die Entwicklung des Klientelismus, der aus der Osmanen-Herrschaft hervorging. 968 Korinna, S. (2015), S. 189ff. 969 ebd., S. 191ff. 970 Freris, Andrew F. (1986), S. 36-69 971 Korinna, S. (2015), S. 189-195 10.2 Zur geschichtlichen Entwicklung 329 <?page no="329"?> 330 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland Entstehung des Klientelismus in Griechenland Die Tradition des Klientelismus entwickelte sich im Osmanischen Reich zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Der griechische Adel wurde von seinen Besatzern beseitigt, da er als potentielle Gefahr für Aufstände eingestuft wurde. Die Verwaltung übernahmen angesehene Griechen, die als Statthalter und Dorfbürgermeister als Mittelsmänner zwischen Osmanen und den griechischen Bürgern agierten. Die neuen Verwalter wurden schnell zu den reichsten und mächtigsten Personen im Land. In diesem System leiteten sie die Abgaben ihrer Bürger weiter an die Osmanen und agierten für selbige als Geldleiher. Die eindimensionale Machtverteilung führte zu Korruption und Steuerhinterziehung. 972 Mit den Freiheitsbestrebungen der Unabhängigkeitskriege nahm der Einfluss der Osmanen ab und es bildeten sich Gruppen von Freiheitskämpfern, die von Russland, Frankreich und England finanziert wurden. Die zuvor durch die Osmanen eingesetzten regierenden Griechen verbündeten sich mit den Freiheitskämpfern. Es entstanden insgesamt drei Gruppierungen, die in verschiedenen Gebieten Griechenlands die Macht übernahmen. Die Gruppierungen nannten sich Parteien und waren Klientelverbände, die die Interessen ihres Unterstützerlandes vertraten, um ihren eigenen Einfluss in Griechenland zu festigen. Die Verbände wurden mit Gefälligkeiten, die aus staatlichen Geldern stammten, zusammengehalten und waren untereinander zerstritten. 973 Die historische Entwicklung, wie oben beschrieben, zeigt, dass die innergriechischen Klientelverbände seit den Unabhängigkeitskriegen 1821 bis 1974 unbeirrt fortbestehen konnten. Westeuropäische Finanzmittel bedienten das griechische Parteiensystem, welches als Gegenleistung die Verwaltung Griechenlands durch ausländische Interessengruppen gewährte. Erst mit dem politischen Umbruch und dem Inkrafttreten der Verfassung im Jahre 1974 bildete sich in Griechenland ein Parteienwesen, welches den westlichen Vorstellungen nahekommt. Es wurden eine sozialistische und eine konservative Partei gegründet, die sich seitdem abwechselnd an der Macht befanden. Laut Verfassung sollten die Parteien eine zwischen Staat und Gesellschaft vermittelnde Funktion erfüllen. Der Staat sollte dem Wohle der Gesellschaft dienen und nicht andersherum. Die klientelistisch geprägten Strukturen Griechenlands führten jedoch dazu, dass sowohl die Konservativen als auch die Sozialisten dem Klientelismus verfielen. Das Parteiensystem diente nicht der politischen Willensbildung, sondern vielmehr der politischen Manipulation. Durch den Zugriff des Parteiensystems auf alle Sektoren der Gesellschaft und des wirtschaftlichen Lebens wuchs der Klientelismus. Zur Aufrechterhaltung des Systems passten die regierenden Parteien das institutionelle Rahmenwerk ihren Vorstellungen an. Das ging vom Wahlsystem, der Parteienfinanzierung über Gesetzesvorlagen bis hin zur Immunität von Abgeordneten. Eine Folge war auch die Verquickung zwischen Gewerkschaften und Parteien, die unter 972 Richter Heinz, A. (2015), online 973 Stergiou, A. (2015), S. 114f. <?page no="330"?> 10.4 Dysfunktionale Einflüsse auf Griechenlands Wirtschaftspolitik 331 anderem dazu führte, dass die Macht in Griechenland von der Elite seines Parteienapparates ausging. Die Parteiführer übernahmen die Rolle der früheren lokalen Klientelführer. Die Ausweitung von Anstellungen im öffentlichen Dienst galt dabei als Tauschwährung, um politisch an der Macht zu bleiben. Diese Entwicklung prägte die heute noch vorherrschende Ineffizienz der griechischen Verwaltung. Beamte wurden nach Kriterien rekrutiert, die wenig mit der erforderlichen Qualifikation zu tun hatten, und blähten den Staatsapparat auf. Im Gegenzug wurden der privaten Wirtschaft neue Steuern auferlegt, um das Klientelsystem zu alimentieren, wodurch sich das schon zur Tradition gewordene Problem des Steuerbetrugs weiter verschärfte. 974 An der Spitze der Parteien etablierten sich im Laufe der Zeit einflussreiche griechische Familiendynastien, welche durch die Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Macht riesige Vermögen anhäuften. Zusätzlich kontrollierten sie die Medien und konnten gezielt auf die öffentliche Meinung Einfluss nehmen. Die führenden Familienclans dominierten weite Teile des Bankenwesens, des Immobiliensektors und der Reedereien. Sie nutzten das Fehlen von Kontrollinstrumenten des Staates voll aus, um ihre Macht auszubauen. Das ineffiziente Staatswesen und die Dominanz der politischen Elite in Griechenland führten dazu, dass die Bürger das Vertrauen in ihre Politiker endgültig verloren. 975 Dysfunktionale Einflüsse auf Griechenlands Wirtschaftspolitik Griechenland ist kein Land mit westlichen Staatsausprägungen, wie es die WWU vorsieht. Die Dominanz des Klientelismus ist noch heute ungebrochen und müsste bei der Beurteilung der Schuldentragfähigkeit und den wirtschaftlichen Prognosen der IFW eine grundlegende Rolle einnehmen. Die mangelhafte Umsetzung der Wirtschaftsreformen des griechischen Staates und die Wirkungslosigkeit der Kredithilfen sollten in einem vom Klientelismus geprägten Land nicht verwundern. Die Ratlosigkeit der Vertreter der Troika und die Ausweitungen der Rettungsprogramme der Staatengemeinschaft deuten darauf hin, dass den klientelen Netzwerken Griechenlands nicht genug Bedeutung beigemessen wurde. Dies wirft die Frage auf, ob bereits zum Start des Euro-Systems die Kriterien für eine Aufnahme schärfer hätten formuliert werden müssen. In der Krise divergierten die wirtschaftlichen Kriterien zwischen den GIPSIZ-Länder und den anderen Staaten der WWU sehr stark. Das Vorherrschen der Holländischen Krankheit in den Problemländern und die fehlende Funktion der realen Abwertung reichen als Erklärung nicht aus. Regelmäßige Verstöße des Regelwerks der WWU führten dazu, dass die wirtschaftspolitischen Mechanismen ihre Wirkung verfehlten. 974 Stergiou, A. (2015), S. 119-120 975 ebd., S. 119-121 <?page no="331"?> 332 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland Von effizienter Wirtschaftspolitik kann nur dann die Rede sein, wenn das Zusammenspiel ihrer Wirkungskanäle ohne Störungen gewährleistet ist. Volkswirtschaftliche Modelle, auf welchen die geld- und fiskalpolitischen Handlungen westlicher Industrienationen beruhen, gehen zumeist davon aus, dass die Kanäle der Wirtschaftspolitik einwandfrei funktionieren. Auch in der Literatur ist nur sehr wenig über die Grundvoraussetzungen des wirtschaftspolitischen Handels zu finden. Da diese Grundvoraussetzungen in jedem Land verschieden sind, wird dieses Kapitel eine Möglichkeit zur quantitativen Erfassung von funktionaler Wirtschaftspolitik liefern. Dazu wird das Ergebnis der Fallstudie über ökonomische Regime als Indikator für funktionale Wirtschaftspolitik von Michael Heine und Hansjörg Herr vorgestellt. Im Anschluss wird aufgezeigt, dass Griechenland einen dysfunktionalen Charakter aufweist und keine effektive Wirtschaftspolitik ermöglicht. Makroökonomische Regime westlicher Industrienationen Das Wort Regime fällt mit dem Begriff Marktkonstellation zusammen und steht für die Erkenntnis, dass ein Land nur durch mehrere nebeneinander wirkende Bereiche der Ökonomie volkswirtschaftlich gesteuert werden kann. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Regime häufig als Synonym für eine nicht-demokratische Herrschaftsform verwendet. Diese Definition hat nichts mit dem Begriff des makroökonomischen Regimes, der in der Fallstudie “Wirtschaftspoltische Regime westlicher Industrienationen“ Verwendung findet, gemein. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass Ökonomien durch Unsicherheiten und systematischen Risiken geprägt sind, die dazu führen, dass sich die Makroökonomie eines Landes in der Regel nicht im Gleichgewicht befindet. Sie definieren in ihren Modellen Pfadabhängigkeiten, die zu verschiedenen ökonomischen Entwicklungen tendieren. Bei der Betrachtung berücksichtigen sie unter anderem gesellschaftliche Rahmenbedingungen, politische Faktoren sowie vorherrschende Institutionen, die für die ökonomische Entwicklung eines Landes ausschlaggebend sind. Sie setzen ihren Fokus dabei auf jene Mechanismen, welche instabile Elemente in ihrer Wirksamkeit begrenzen und zur Verbesserung der ökonomischen Sicherheit beitragen. In ihren Ausführungen bilden sie eine Schnittstelle zwischen exakter Wissenschaft und geschichtlicher Entwicklung der zugrundeliegenden Gesellschaft. Bei dieser Vorgehensweise werden störende gesellschaftliche Verhaltensmuster, wie beispielsweise die Neigung zur Korruption, berücksichtigt. Die Gesamtheit aller Bedingungen, die eine Gesellschaft beziehungsweise eine Volkswirtschaft charakterisiert, prägen den Begriff des Regimes. 976 Die Fallstudie von Michael Heine und Hansjörg Herr untersucht das Zusammenspiel von vier makroökonomischen Bereichen. Dazu zählen die Geldpolitik, die Fiskalpolitik, die Lohnentwicklung und die außenwirtschaftliche Ent- 976 Heine M. / Herr H. / Kaiser C. (2006), S. 11-18 <?page no="332"?> 10.4 Dysfunktionale Einflüsse auf Griechenlands Wirtschaftspolitik 333 wicklung. Wenn die vier Bereiche miteinander harmonieren, liegt ein positives Regime vor, welches eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ermöglicht. Die Modelle der Autoren analysieren anhand von vier westlichen Industrienationen die Ausprägungen ihrer Regime. Die Ergebnisse werden mit dem Idealregime, welches durch eine funktionale Entwicklung in allen vier Bereichen gekennzeichnet ist, verglichen. Die Abweichungen offenbaren, wie stark Störungen in gesellschaftlicher und politischer Ebene auf die Wirkung wirtschaftspolitischer Entscheidungen Einfluss nehmen. Außerdem hebt die Studie Möglichkeiten hervor, wie die Ausweitung eines Indikators fehlende Ausprägungen der anderen ausgleichen kann. Beispielsweise könne dysfunktionale inflatorische Lohnentwicklung durch restriktive Geldpolitik kompensiert werden. Dies hat zur Folge, dass in den Ländern der WWU, die nicht eigenmächtig auf ihre Geldpolitik Einfluss nehmen können, der Steuerung der verbleibenden drei Indikatoren ein größerer Schwerpunkt zufällt. 977 Die Ergebnisse der Fallstudie, in welcher die Regime der USA, Deutschlands, Großbritanniens und Japans der letzten Jahrzehnte analysiert wurden, sollen an dieser Stelle kurz vorgestellt werden. In den USA ergaben die Untersuchungen, dass alle vier Bereiche des ökonomischen Regimes optimal zusammenwirkten. Die positive Entwicklung sei allerdings nicht auf eine bewusste Koordination aller Politikbereiche zurückzuführen, sondern partiell durch glückliche Zufälle entstanden. Insbesondere die Bereiche der außenwirtschaftlichen Steuerung und der Lohnentwicklung, so die Autoren weiter, hätten von diesen Zufällen profitiert. Dies ist auch der Grund, weshalb das insgesamt positive ökonomische Regime der USA als störanfällig eingestuft wurde. Das Regime in Deutschland wurde deutlich schlechter bewertet. Insgesamt habe die Bundesrepublik zu wenig aus ihrem Potential gemacht. Die Studie prangert die überproportionale Ausweitung der Lohnpolitik an, welche die außenpolitische Orientierung und die Fiskalpolitik vernachlässige. Auch der Einfluss der WWU auf die Geldpolitik nimmt in der Beurteilung eine tragende Rolle ein. In Japan liegt laut der Studie sogar ein negatives Wirtschaftsregime vor. Alle vier Indikatoren weichen stark von den Vorstellungen des Idealregimes ab. Dieser Maßgabe geschuldet, konnte Japan die lange vorherrschende Deflationsphase nicht beheben und büßte mehr als ein Jahrzehnt an Prosperität ein. Das letzte in der Studie vorgestellte Wirtschaftsregime des Britischen Königreiches wurde funktional eingestuft. Besonders das harmonische Zusammenspiel zwischen Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik trug zu der positiven Kategorisierung des Regimes bei. Allerdings offenbarte die Studie Störungen in der Außenwirtschaft, da Großbritannien starke Abhängigkeiten zum „kranken Mann“ der WWU aufwies. 978 Das Ergebnis der Fallstudie macht deutlich, dass die Gegebenheiten für funktionale Wirtschaftspolitik selbst bei ausschließlich westlich geprägten Industrienationen unterschiedlich sind. Ökonomien können nur dann effektiv gesteuert werden, wenn ihre Wirtschaftsregime funktionale Eigenschaften auf- 977 Heine M. / Herr H. / Kaiser C. (2006), S. 23-61 978 ebd., S. 71-178 <?page no="333"?> 334 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland weisen, anderenfalls könnten die Auswirkungen externer Einflüsse verheerend sein. Die Autoren der Studie bewerten Abweichungen zur Norm sehr streng und räumen ein, dass ihre Modelle nur für die Bewertung in Regimen fortschrittlicher Industrienationen valide Ergebnisse erzielen. Zur Ausprägung des griechischen Wirtschaftsregimes Die Ergebnisse des vorangegangenen Kapitels zur Analyse der Funktionalität eines Wirtschaftsregimes sollen als Referenz für die Beurteilung der Gestaltung wirtschaftspolitischer Wirkungen in Griechenland dienen. Da bereits in Deutschland kein positives Regime vorliegt, dürfte in Griechenland die negative Ausprägung seines Regimes offensichtlich sein. Die Abhängigkeit der Geldpolitik vom ESZB und die engen außenpolitischen Spielräume innerhalb der WWU wurden ausführlich aufgezeigt. Die Störungen in diesen Bereichen sind so groß, dass selbst ein perfektes Zusammenspiel der verbleibenden zwei Indikatoren die negative Ausprägung des griechischen Wirtschaftsregimes nicht abmildert. Tatsächlich weisen die Entwicklungen der Fiskal- und Lohnpolitik ähnlich schwere Störungen in ihren Funktionen auf. Der Klientelismus ist dabei als Kernproblem zu nennen. Auch in der jüngsten Vergangenheit beuteten Griechenlands Regierungsparteien den Staat aus, anstatt öffentliche Gelder zum Wohl der Gesellschaft einzusetzen. Fiskal- und lohnpolitische Entscheidungen hatten deshalb wenig mit verantwortungsbewusster Wirtschaftspolitik zu tun. Häufige Regierungswechsel, bedingt durch die Unzufriedenheit der Bevölkerung, verursachten politische Kehrtwenden, welche die Lage der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft noch weiter verschlimmerte. Stellvertretend werden an dieser Stelle mehrere Beispiele aufgeführt, die ein Scheitern der Wirtschaftspolitik implizieren: 979 Im Jahr 1983 beschaffte der damalige Präsident Griechenlands, Andreas Papandreou, umfangreiche Fördermittel für sein Land. Die Europäische Gemeinschaft bezuschusste Griechenlands Agrarbauern für den Export von Hartweizen. Da die Erträge griechischer Olivenhaine und Rebstöcke den Schwerpunkt der Agrarproduktion ausmachten, wurden diese zugunsten der Fördergelder teilweise gerodet. Dem mediterranen Klima geschuldet entwickelte sich der Hartweizen in Griechenland nur sehr schlecht. Installationen von Bewässerungsanlagen erhöhten die Kosten noch weiter und verhinderten Missernten nicht. Die Bauernverbände ließen die Umgestaltung der Agrarpolitik zu, obwohl diese Praxis scharf kritisiert wurde. Trotz eingetretener Verluste waren die Einnahmen aus Fördergeldern für Papandreou Grund genug, seine Fördermittelpolitik weiter durchzuführen. Das Netzwerk des Klientelismus vergrößerte seinen Reichtum noch weiter, während Bauern finanziell vor dem Ruin standen. Den Landwirten wurde angeboten, zur Stärkung ihres Einkommens zusätzlich als Industriearbeiter tätig zu werden. Dadurch verloren sie jedoch ihren Status als „hauptberufliche Bauern“, der für den Erhalt der vollständigen Agrarförderung notwendig war. Die Notlage nutzten lokale Parteiführer aus und stellten die Förderwürdigkeit der Bauern wieder her. Diese 979 Aswestopoulos, W. (2014), S. 111-185 <?page no="334"?> 10.4 Dysfunktionale Einflüsse auf Griechenlands Wirtschaftspolitik 335 wiederum verpflichteten sich zur Abgabe ihrer Wählerstimmen in den nächsten Wahlen zugunsten ihrer Gönner. Diese Klientelpolitik löste einen Missstand in Griechenlands Agrarpolitik aus, der das Land selbst zwei Jahrzehnte später noch prägte. 980 Zu den wichtigsten Instrumenten der Fiskalpolitik eines Staates zählt das Steuersystem, welches in Griechenland gestört ist. Steuerhinterziehungen sind im Land weit verbreitet. Konsumenten bezahlen den Großteil ihrer Rechnungen mit Bargeld, diese Belege werden den Behörden oft vorenthalten. Da weite Teile des täglichen Zahlungsverkehrs für Bestechungen ausgegeben werden, kann ein Großteil des Bargeldverkehrs nicht nachverfolgt werden. 981 Beispielsweise ist es in Arztpraxen gängige Praxis, durch Schmiergeld eher einen Termin zu bekommen. Das klientele Netzwerk steckt hier ebenfalls dahinter. Die Verantwortlichen verdienen an Steuerhinterziehungen mit und haben kein Interesse, das System zu reformieren. Dies erschwert die Arbeit von Steuerfahndern ungemein. 982 Das in der Öffentlichkeit kritisierte Tonnagesteuersystem, welches an der Besteuerung der Schiffe anhand ihrer Größe und nicht ihres tatsächlichen Gewinns festhält, gilt ebenfalls als Quelle des Klientelismus. Reiche Reeder kommen so legal um Steuerzahlungen herum, obwohl die Handelsflotte Griechenlands mit mehr als 3.300 Schiffen laut Deutschem Reederverband die größte der Welt ist. 983 Anstatt für Stabilität im Steuersystem zu sorgen, bezichtigte 2009 der hellenische Staat alle Steuerzahler der Hinterziehung von Abgaben. Es wurde eine Pauschalabgabe eingeführt, die alle Bürger auf Grundlage ihrer gemeldeten Umsätze zu zahlen hatten. Dafür waren sie für die abgegoltenen Steuerjahre vor jeglicher Prüfung geschützt. Geschickte Steuerhinterzieher konnten mit dieser Methode massiv Steuern sparen. Verweigerer der Abgabe mussten mit intensiven Buchprüfungen rechnen, die schon bei liederlich notierten Daten in Rechnungen zu hohen Strafen führen konnten. Dieses Vorgehen kann als weitere Methode der Steuerhinterziehung verstanden werden. 984 Als letztes Argument, welches die Schwächen in der Struktur griechischer Fiskalpolitik hervorhebt, sollen die unverantwortlichen Handlungen griechischer Politiker kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2000 dienen. Die griechische Regierung motivierte ihre Bevölkerung ab 1998, in Aktien zu investieren; alle Griechen sollten am damaligen Erfolg der griechischen Wirtschaft partizipieren. Kurz vor der griechischen Wahl Anfang 2000 sah die griechische Regierung ihre Chancen auf einen Wahlsieg durch eine sich anbahnende Abwärtsspirale auf dem Aktienmarkt bedroht. Sie befahl deshalb massive Stützungskäufe von Aktien, um den Negativtrend zu verstecken. Die Wahl wurde trotzdem nicht gewonnen. Der entstandene finanzielle Schaden 980 Aswestopoulos, W. (2014), S. 56-65 981 Oberhuber, N. (2015), online 982 o. V. (2015g), online 983 ebd. 984 Aswestopoulos, W. (2014), S. 177-181 <?page no="335"?> 336 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland für die öffentliche Hand Griechenlands durch das Platzen der Blase war dafür umso größer. 985 Die Entwicklung der Lohnpolitik ist ebenfalls durch die Ausmaße des Klientelismus gestört. Neben den Medien kontrollieren die großen griechischen Parteien die Gewerkschaften und lassen eine freie Gestaltung der Löhne nach westeuropäischen Vorstellungen nicht zu. Dies hat dazu geführt, dass Gehälter im privaten Sektor deutlich unter den durchschnittlichen Beamtengehältern liegen. Die Ausweitung des Beamtenapparates führte zu erhöhten Staatsausgaben und einer ineffizienten Bürokratisierung des Landes. 986 Im Verwaltungswesen wurden Stellen geschaffen, die nur der Legitimation zur Einstellung von weiteren Staatsangestellten dienten. Damit gelang es Griechenland nicht, die heimische Wirtschaft für ausländische Investoren attraktiv zu gestalten. Untersuchungen der Weltbank bestätigten 2008 diesen Sachverhalt. Ein Extrembeispiel liefert der Versuch der Genehmigung einer Hotelanlage auf dem Peloponnes. Zur Genehmigung einer 1,2 Milliarden-Investition musste der Unternehmer mehr als 20 ministerielle Erlasse und 600 verschiedene Einzelgenehmigungen einholen. Erst 12 Jahre nach seiner geplanten Investition hatte er alle Auflagen erfüllt. 987 Die Auswirkungen der Wahlversprechen der Regierungspartei auf die Wirtschaft im Jahr 1981 heben ebenfalls hervor, dass die Lohnpolitik in Griechenland nicht mit den ausgereiften Systemen anderer Staaten Europas mithalten konnte. Die führenden Sozialistenführer banden per Ministerialverfügung die Höhen der Gehälter an die Inflationsrate Griechenlands. Das Gleiche galt für Renten und öffentliche Ausschreibungen. Diese Regelung verlangsamte die Fertigstellung von Bauprojekten und verzögerte nachhaltig das Wirtschaftswachstum. Es bot sich für Unternehmer an, die Fertigstellung ihrer Projekte kurz vor der Abnahme zu verzögern. Sie erhielten dann für ihr gesamtes Auftragsvolumen den aktuellen Inflationsausgleich. Auch Zulieferbetriebe verzögerten ihre Lieferungen zeitweise um Monate, da die Inflationsraten hohe Gewinne versprachen. Die Klientelführer profitierten auch hier wieder am meisten von der neuen Geldquelle. Denn je einflussreicher ein Geschäftsmann war, desto länger konnte er die Forderungen aufschieben. 988 Die Beispiele aus der jüngsten Geschichte zeigen, dass in Griechenland keine funktionale Wirtschaftspolitik möglich ist, solange die Entscheidungen der Politiker lediglich ihrer Klientel und nicht dem Gemeinwohl dienlich sind. Ein Sanktionierungsverbot für politische Entscheidungsträger wurde im Jahr 2001 sogar in die Verfassung aufgenommen. Hintergrund war eine Gerichtsverhandlung, in der erstmalig ehemaligen griechischen Ministern der Prozess wegen Korruption gemacht wurde. Bei der Live-Übertragung erlitt einer der Angeklagten einen Gehirnschlag. Die griechische Regierung nahm seinen Tot zum Anlass, künftige Schauprozesse zu vermeiden. Sie schuf den verfassungs- 985 Aswestopoulos, W. (2014), S. 84ff. 986 Böcking, D. (2015b), online 987 Aswestopoulos, W. (2014), S. 51ff. 988 ebd., S. 46ff. <?page no="336"?> 10.5 Zusammenfassung der Ergebnisse 337 mäßigen Zusatzartikel, der eine Verjährungsfrist von zwei parlamentarischen Sitzungsperioden für Amtsvergehen vorsieht. Da das Parlament über politische Vergehen selbst urteilt, blieben politische Vergehen seit 2001 de facto straffrei. 989 Politische Machtmissbräuche wurden in der Bevölkerung keinesfalls geduldet. Unzufriedene Bürger verkündeten ihren Unmut in Form von Arbeitsstreiks und Demonstrationen, die teilweise täglich durchgeführt wurden. Zum Beispiel streikten Bauern, indem sie ihre Traktoren auf Bundesstraßen parkten und damit weite Teile der Infrastruktur lahm legten. 990 Mit der Auferlegung der Reformen durch die Troika begannen auch die Angestellten im öffentlichen Dienst gegen Lohnkürzungen vorzugehen. Die unmittelbaren Folgen waren weitere Stagnation in der Verwaltung und die Kompensierung des ausbleibenden Gehalts mittels Schmiergeldern. 991 Im Ergebnis führten die gesellschaftlichen Proteste zu zusätzlichen Belastungen für die griechische Wirtschaft, am Klientelsystem änderte sich nichts. Zusammenfassend ergibt sich für Griechenland, dass alle vier Gebiete, die zur Charakterisierung eines Wirtschaftsregimes notwendig sind, nicht funktionieren. Eine Untersuchung, wie die Indikatoren untereinander harmonisieren, ist damit unmöglich. Die griechische Wirtschaftspolitik kann nicht funktional gesteuert werden und entspricht nicht den Normen westeuropäischer Regime. Diese Erkenntnis sollte der heutigen geldpolitischen Strategie des Eurosystems zu denken geben. Die umfangreichen Finanzhilfen kommen bei der notleidenden Bevölkerung nicht an 992 und das Klientelsystem profitiert. Die Entscheidungsträger der WWU sollten so schnell wie möglich ihre Strategie ändern und in Griechenland die Umgestaltung eines Staatswesens fördern, das die Interessen des Gemeinwohls vertritt. Nur so kann Griechenland seine aus der Vergangenheit herrührenden Probleme überwinden und auch der Jugend wieder Wirtschaftsperspektiven eröffnen. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Missstände in Griechenland sind auf zwei voneinander unabhängige Ursachen zurückzuführen. Als erster Punkt ist der Verlust der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit zu nennen, welcher durch die Finanzkrise offenbart wurde. Die inkonsequente Umsetzung des Maastrichter Vertrages und die mangelnde Flexibilität der EZB in ihrer Geldpolitik bewirkte in den heutigen Problemländern eine inflationäre Überhitzung ihrer Volkswirtschaften. Die daraus resultierende expansive Geldpolitik der EZB und die Vergabe von fiskalischen Rettungskrediten der Staatengemeinschaft führte die WWU in die heutige Schuldenkrise. Während die schrittweise Entwicklung zur Transfer- 989 Aswestopoulos, W. (2014), S. 70f. 990 ebd., S. 171f. 991 ebd., S. 181f. 992 o. V. (2012g), online <?page no="337"?> 338 Kapitel 10: Exkurs: Geschichtliche Enticklung des Klientelismus in Griechenland union die Wettbewerbsfähigkeit der meisten Problemländer temporär wiederherstellte, hat sich die Lage in Griechenland noch weiter verschlechtert. Die Finanzhilfen kamen nicht dort an, wo sie die Bevölkerung am dringlichsten braucht, sondern wurden zum Großteil zur Kapitalflucht zweckentfremdet. Zusätzlich ist Griechenlands Entwicklung vom Klientelismus geprägt, der in allen Teilen der Gesellschaft vorherrscht und die wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit des Landes einschränkt. Griechenlands wirtschaftspolitisches Regime funktioniert nicht nach westeuropäischen Vorstellungen und ist in allen Bereichen gestört. Trotzdem wurde Griechenland ein drittes Rettungsprogramm zulasten der Staatengemeinschaft eingeräumt. Die mangelhafte Umsetzung der Reformauflagen, deren Erfüllung die Voraussetzung für weitere Hilfskredite war, änderte nichts daran. Damit die WWU wieder an die positive Entwicklung ihrer Anfangsphase anknüpfen kann, bedarf es weitläufiger Änderungen. Die Schaffung eines stabilen Rahmenwerks, an welches sich alle Mitgliedstaaten zu halten haben, kann der erste Schritt sein. Die Möglichkeit eines temporären Austritts aus der Währungsgemeinschaft sollte darin ebenfalls erwogen werden. Damit könnte die fehlende Möglichkeit realer Abwertungen der Mitgliedländer untereinander kompensiert werden. Des Weiteren müssen die Konvergenzkriterien verschärft werden. Neben monetären Kriterien, sollten gesellschaftliche Aspekte eine tragende Rolle bei der Beantwortung der Frage einnehmen, ob Homogenität im Euroraum vorliegt. Nur so kann Griechenland bei der Überwindung des Klientelismus unterstützt werden und die WWU wieder für die Interessen eines vereinten Europas eintreten. <?page no="338"?> Literaturverzeichnis <?page no="339"?> 340 Literaturverzeichnis Altmann, Rolf (2016): Arbeitsentgelt-ABC mit der u.a. beitragsrechtlichen Behandlung bei Überlassung von Aktien und Vermögensbeteiligungen. In: B+P - Zeitschrift für Betrieb und Personal. (5), S. 342 ff. Amann, Susanne (2008): Steuerskandal: Normalbürger hinterziehen mehr Steuern als Reiche. Spiegel Online. 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Adams 143 Erfolgsgröße NOPAT 260 Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten nach steuerlicher und sozialer Gesetzgebung 101 EVA 224 EZB 326 FCF-Methode 216 Fehlzeiten 176 FIFA 311 Flexibilität 156 Fluktuationsquote 173 Formen der Motivation 133 Free Cashflows (FCF) 218 Freibeträge - Hinzurechnungsbeträge 36 Fremdfinanzierung 229 Führungsdatei 61 Führungsmoral 321 Funding Conversion 232, 254 Gehaltserhöhung 151 Gerechtigkeitstheorie 144 Gesamtvergütung 182 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich 279 Gewinngröße (NOPAT) 227 Gewinnlimitierung 247 gewogene Kapitalkosten (WACC) 219 Globalisierung 154 Goodwill 259 Griechenland 326 Grundfreibetrag 30 Grundlagen der Motivation 130 Grundlagen der Personalstatistik 169 Grundmodell der klassischen Motivationspsychologie 135 Grundsätze der Personalaktenführung 64 grundsätzliche Schritte der Entgeltrechnung 96 Hebelwirkung von Aktien 296 Hebesatz 318 Herzberg 138 HSBC Private Bank 308 HSH Nordbank 310 Hygienebedürfnisse 140 Hygienefaktor 140 ICIJ 311 <?page no="366"?> Index 367 IFRS 255 immaterielle Vermögenswerte 258 Incentives 146 Instrumente der Mitarbeitermotivation 147 Kapitalkostensatz WACC 262 Kennzahlen 172 Kinderfreibetrag 45 Kinderfreibeträge § 32 Abs. 6 EStG 45 Kirchensteuer 48 klassische Entgeltformen 184 Klientelismus 326 Komponenten von Anreizsystemen 148 KonTraG 279 Konversionen 251 Korruptionswahrnehmungsindex 319 Kosten-Nutzen-Analyse 80 Kundenbeziehungen 129 Leistungsorientierung 157 Leistungsverhalten 157 Liechtensteiner Bank 307 Lohnanreizsystem 184 Lohnarten 26 Lohnsteuer 24 Lohnsteuerklasse 28 LSt-freie Lohnarten 34 Maslow 136 Mossack Fonseca 314 Motiv - Anreiz - Motivation 132 Motivation 131 als Ergebnis eines Prozesses 131 Motive 132 Nettolohnrechnung 29 neue Gestaltungsmöglichkeiten der operativen Vergütung 187 NOPAT 228, 256 Online Analytical Processing- System 113 Operating Conversion 231, 252 Organisation von Personaldaten 60 Panama Papers 306, 309 Pauschalbesteuerung 43 Pauschalierung der Lohnsteuer 44 Pauschalierung der Lohnsteuer und Besteuerung 43 Personaladministration 56 Personalakte 60, 62 Personalaktenführung 64 nach Ende des Arbeitsverhältnisses 67 Personalarbeit 122 Personalbewegungsstatistik 173 Personaldatei 61 Personaldaten 59 im Unternehmen 59 Personaleinsatzplanungssystem 113 Personalinformationssysteme 108 Personalkartei 61 Personalkosten 180 Personalkostenplanung 169, 179 Personalkostenplanungssystem 113 Personalplanung 171 Personalstammdatei 61 Personalstatistik 115, 169 Personalstruktur 173 Personalverwaltung 56 Personalzusatzkosten 207 Potenziallohn 189 Prämienlohn 185, 186 <?page no="367"?> 368 Index Preinreich-Lücke-Theorem 234 Principal Agent Theorie 145, 243, 245 Rechenschema sonstiger Bezug 43 Regelbesteuerungsverfahren 27 Residualgewinn-Modell 237 Rousseff 312 Shareholder Conversion 232, 257 Shareholder Value 212 Shareholder Value-Ansatz 213, 242 Siemens 320 Solidaritätszuschlag (SolZ) 47 Sonderausgaben 31 Sozialaufwand 172 Sozialleistungen 165 Sozialversicherungsbeiträge 207 Stammdaten 59 Steuerbetrug 306 Steuerhinterziehung 306, 316 Steuerklassen 38 Steuerschlupflöcher 319 Steuervermeidung 316, 324 Steuerwettbewerb 324 Tax Conversion 232, 256 Tax-Shield 263 Taylorismus 130 TFC-Methode 216 Transparency International 319 Unternehmensbewertung 214, 238 Unterteilung des Lohnsteuertarifes 41 Urlaubsverlängerung 196 US-GAAP 255 Valenz 141 Value Spread-Formel 250 Vergütungsinstrumente 284 Vergütungssystem 299 Vermögensgröße Capital 262 Verteilungsgerechtigkeit 152 Vertrieb 128 VIE-Theorie 143 von Victor Vroom 141 Volition 132 Vorteilhaftigkeit der e-Personalakte gegenüber der konventionellen Personalakte 86 Vroom 141 WACC 216 WACC-Ansatz (Weighted Average Cost of Capital) 220, 262 Weighted Average Cost of Capital 216 Weltwirtschaftskrise 329 Wertschätzung 180 Wirtschaftlichkeit 91, 120 Zetsche 323 Zielvereinbarungen 162 Zusammensetzung des Entgelts 182 Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg 138 <?page no="368"?> Eine neue und innovative Sicht auf die BWL Wilhelm Schmeisser, Wolfgang Becker, Markus Beckmann, Alexander Brem, Peter P. Eckstein, Matthias Hartmann (Hg.) Neue Betriebswirtschaft Theorien, Methoden, Geschäftsfelder 2018, 629 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-828-8 Die Betriebswirtschaft erfindet sich immer wieder neu. Sie entwickelt regelmäßig Theorien und Methoden und verfängt sich nicht in den methodischen Fehlschluss, die Wirtschaftswissenschaften müssten nach naturwissenschaftlichen-mathematischen Gesetzmäßigkeiten in der Wirtschaft suchen. Vor diesem Hintergrund ist die neue Betriebswirtschaft ein Ansatz, die klassische Betriebswirtschaft mit aktuellen Fragestellungen zu verbinden. Dieses Buch stellt deshalb klassische Themen wie Buchhaltung, Kosten-, Erfolgs- und Umsatzrechnung, Finanzierung dar, aber auch explizit Statistik zur Datengewinnung und Datenauswertung. All diese Themen werden stets im Lichte der aktuellen Entwicklungen von Digitalisierung, Internationalisierung und innovativen Geschäftsmodellen behandelt. Die Autoren wenden sich klassischen Funktionen des Betriebes zu, aber auch Themen wie Security, Compliance, Nachhaltigkeit, Online-Marketing, Innovationsmarketing, Strategisches Controlling, Cross-Mergers and Acquisitions, u.a. in Verbindung mit der Unternehmensbewertung, sowie Risk-Management. Das Buch richtet sich an Dozenten und Studierende der Wirtschaftswissenschaften sowie an Unternehmer und Manager, die sich mit betriebswirtschaftlichen Themen in Theorie und Praxis auseinandersetzen. www.uvk.de <?page no="369"?> Unternehmen müssen heute mehr denn je auf neue Entwicklungen und Veränderungen reagieren, da diese die unternehmerische Tätigkeit direkt beeinflussen können. Es gilt, mit gezielten Maßnahmen frühzeitig entgegen zu steuern oder zu unterstützen. Ein zentrales Managementinstrument hierfür ist die Unternehmensplanung. Dieser Band macht den Leser mit dem Gebiet der Unternehmensplanung vertraut. Er stellt die Planung als Managementfunktion dar und geht auf die unterschiedlichen Merkmale und Funktionen ein. Anschließend wird aufgezeigt, wie eine differenzierte und dezentralisierte Planung zur Koordination der Entscheidungen in der Unternehmung beitragen kann. Dieses Buch unterstützt Führungskräfte dabei, Stärken und Schwächen der Unternehmensplanung zu bestimmen und den Planungsprozess effizient zu gestalten. Birgit Friedl Unternehmensplanung 2., vollst. überarb. Auflage 2017, 138 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-747-2 KOMPAKTER EINSTIEG IN DIE UNTERNEHMENSPLANUNG www.uvk.de <?page no="370"?> Employer Relations Klicken + Blättern Leseprobe und Inhaltsverzeichnis unter www.uvk.de Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. Claudia Mast, Alexandra Simtion Employer Relations Arbeitgeberkommunikation - neues Handlungsfeld für Unternehmen 2016, 302 Seiten 5 s/ w u. 90 farb. Abb., Hardcover ISBN 978-3-86764-666-6 Demografischer Wandel und Fachkräftemangel - das Umfeld der Unternehmen ändert sich gravierend. Wie wollen sie die Aufmerksamkeit ihrer künftigen Mitarbeiter im Informationsrauschen der digitalisierten Medienwelten finden? Wie kommunizieren denn Firmen überhaupt in ihrer Rolle als Arbeitgeber? Und was erwarten die Stakeholder, die sie ansprechen wollen? In der vorliegenden Studie werden Ergebnisse aus einem mehrstufigem Forschungsprogramm vorgestellt - von einer breit angelegten Umfrage unter Kommunikations- und Personalverantwortlichen der Top-500-Unternehmen in Deutschland, Befragungen unter abhängig Beschäftigten, Auszubildenden und Studierenden sowie qualitativen Analysen bei ausgewählten Firmen und Best-Practice-Beispielen aus der Unternehmenspraxis. : Weiterlesen <?page no="371"?> www.uvk.de Der Einfluss der Kirche auf die Wirtschaft Ökonomie und Kirche - das ist kein Widerspruch. Klöster häuften früher durch geschicktes Handeln ein gewaltiges Vermögen an. Heute finden religiöse Werte durch den Corporate-Governance-Kodex Eingang in die Geschäftswelt und christliche Parteien prägen die Wirtschaftspolitik. Auf das Spannungsfeld zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gehen Päpste durch Sozialenzykliken seit dem 19. Jahrhundert ein: Leo XIII. forderte 1891 Lohngerechtigkeit sowie Arbeitnehmerrechte und gab damit der Sozialpolitik in Europa Aufwind. Weitere Sozialenzykliken folgten, wenn das freie Spiel der Marktkräfte zu sozialen Problemen führte. 2009 verwies Benedikt XVI. nach der Finanzkrise darauf, dass Globalisierung von einer »Kultur der Liebe« beseelt sein müsse. Damit brachte er die Globalisierung mit Verteilungsgerechtigkeit und Gemeinwohl in Zusammenhang. Auf die Sozialenzykliken der Päpste gehen die Autoren im Detail ein: Sie beleuchten den geschichtlichen Kontext ebenso wie deren Auswirkungen auf Wirtschaft und Politik. So skizzieren sie einen dritten Weg der Päpste - ein alternatives Wirtschaftskonzept zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Hans Frambach, Daniel Eissrich Der dritte Weg der Päpste Die Wirtschaftsideen des Vatikans 2015, 283 Seiten, Flexcover ISBN 978-3-86764-600-0 19,99 € <?page no="372"?> Schmeisser | Cordts | George | Schnur | Zimmermann ISBN 978-3-86764-893-6 Auch als E-Book Ein attraktiver Arbeitsplatz, eine angemessene Vergütung, ein Zuschuss zur Kantine, Gleitzeit, Anerkennung und Wertschätzung sind wichtige Motivationsfaktoren zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Auf der anderen Seite steht für Arbeitgeber die wirtschaftliche Komponente, denn Löhne und betriebliche Sozialleistungen stellen für das Unternehmen Kosten dar. Die Optimierung von Entlohnungssystemen hat damit für beide Seiten einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert. Nach einer kompakten Darstellung der Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung gehen die Autoren auf die steuerrechtlichen und verwaltungstechnischen Voraussetzungen zur Implementierung eines geeigneten Entgeltsystems ein. Dadurch lässt sich eine geeignete Datenbasis für das Personalcontrolling, die Personalstatistik und auch die Personalkostenplanung entwickeln. Doch die Autoren lassen es in diesem Buch nicht bei einer reinen deskriptiven Darstellung der betriebswirtschaftlichen Sicht, sondern gehen vielmehr auch auf politisch-ethische und moralisch fragwürdige Geschäftsmodelle sowie Steuerhinterziehung von Eliten ein. Schmeisser et al. Entgeltmanagement Entgeltmanagement www.uvk.de Betriebliche Grundlagen und moralische Gerechtigkeitslücke 52893_Schmeisser-Entgelt_Umschlag.indd 1 24.04.2019 10: 17: 53