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Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung

Die Auswirkungen der theresianisch-josephinischen Kirchenpolitik auf das Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur 1780 bis 1806/16. Ein Beitrag zum 200-jährigen Gedenken an das Ende d

0912
2016
978-3-7398-0625-9
978-3-8676-4657-4
UVK Verlag 
Albert Fischer

Am 10. September 1816 entließ der Churer Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein (1794-1833) mit einem Hirtenschreiben seine Diözesanen der österreichischen Anteile Tirol und Vorarlberg ins Bistum Brixen, womit die jahrhundertealte Zugehörigkeit dieses Territoriums zum Bistum Chur endete. Schon Jahrzehnte zuvor begann im Zuge der theresianisch-josephinischen kirchenpolitisch motivierten (Zwangs-)Maßnahmen als Sonderform des Aufgeklärten Absolutismus und eines gesteuerten Zentralisierungs- und Verwaltungsprozesses in der Habsburgermonarchie die Ausgrenzung >>ausländischer<< Bischöfe aus dem österreichischen Territorium mit dem Ziel der Schaffung einer Nationalkirche. Albert Fischer untersucht anhand diversen Quellenmaterials die Auswirkungen der unter Kaiser Joseph II. (1780-1790) initiierten sowie mehr oder minder erfolgreich vorangetriebenen Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung auf dem Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur (Dekanate Vinschgau und Walgau), welche unter seinen Nachfolgern nach dem Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1806) zur endgültigen, in materieller wie ideeller Hinsicht verlustreichen Ausgliederung dieser seit Jahrhunderten zum churrätischen Bistum gehörenden Teile führten. Die Aufarbeitung der >>josephinischen<< Periode in der Churer Diözesangeschichte dient zum besseren Verständnis der kirchenpolitischen Umwälzungen im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert.

<?page no="0"?> Am 10. September 1816 entließ der Churer Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein (1794-1833) mit einem Hirtenschreiben seine Diözesanen der österreichischen Anteile Tirol und Vorarlberg ins Bistum Brixen, womit die jahrhundertealte Zugehörigkeit dieses Territoriums zum Bistum Chur endete. Schon Jahrzehnte zuvor begann im Zuge der theresianisch-josephinischen kirchenpolitisch motivierten (Zwangs-)Maßnahmen als Sonderform des Aufgeklärten Absolutismus und eines gesteuerten Zentralisierungs- und Verwaltungsprozesses in der Habsburgermonarchie die Ausgrenzung »ausländischer« Bischöfe aus dem österreichischen Territorium mit dem Ziel der Schaffung einer Nationalkirche. Albert Fischer untersucht anhand diversen Quellenmaterials die Auswirkungen der unter Kaiser Joseph II. (1780-1790) initiierten sowie mehr oder minder erfolgreich vorangetriebenen Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung auf dem Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur (Dekanate Vinschgau und Walgau), welche unter seinen Nachfolgern nach dem Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1806) zur endgültigen, in materieller wie ideeller Hinsicht verlustreichen Ausgliederung dieser seit Jahrhunderten zum churrätischen Bistum gehörenden Teile führten. Die Aufarbeitung der »josephinischen« Periode in der Churer Diözesangeschichte dient zum besseren Verständnis der kirchenpolitischen Umwälzungen im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert. ISBN 978-3-86764-657-4 www.uvk.de Herausgegeben vom Vorarlberger Landesarchiv Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs 12 Albert Fischer Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung Die Auswirkungen der theresianisch-josephinischen Kirchenpolitik auf das Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur 1780 bis 1806/ 16 12 Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs Albert Fischer Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung <?page no="1"?> Albert Fischer Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung <?page no="2"?> Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs Herausgegeben vom Landesarchiv Vorarlberg Band 12 (N.F) Zum Autor Dr. theol. Albert Fischer, geboren 1964 in Chur, ist Diözesanarchivar des Bistums Churs und seit 2009 Mitglied des Churer Domkapitels. Seit 2014 ist er Dozent für Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit und Churer Diözesangeschichte an der Theologischen Hochschule Chur. <?page no="3"?> Albert Fischer Klosteraufhebungen, Pfarrei- und Diözesanregulierung Die Auswirkungen der theresianisch-josephinischen Kirchenpolitik auf das Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur 1780 bis 1806/ 16 Ein Beitrag zum 200-jährigen Gedenken an das Ende des Bistums Chur in seinen historischen Grenzen 1816 UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz und München <?page no="4"?> Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Bistums Chur und des Churer Domkapitels. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abruf bar. ISSN 0949-4103 ISBN 978-3-86764-657-4 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016 Einbandgestaltung: Susanne Fuellhaas Einbandmotiv: Auszug aus dem Brief des Churer Bischofs an Kaiser Joseph II. vom 31. Oktober 1789 (siehe Seite 14 und Quellentext Nr. 15) Druck und Bindung: CPI · Ebner & Spiegel Ulm UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · D-78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de <?page no="5"?> 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 I. Der Josephinismus als österreichische Variante des Aufgeklärten Absolutismus und sein kirchlicher Reformkomplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Begriffliche Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15 2. Phasen, Verlauf und Brennpunkte der staatskirchlichen theresianisch-josephinischen Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17 a) Frühphase unter Kaiserin Maria Theresia (nach 1750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 b) Zweite Phase unter Kaiserin Maria Theresia (nach 1765) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 c) Hauptphase im josephinischen Regierungsjahrzehnt (1781-1790) . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Das von den theresianisch-josephinischen Reformen betroffene kirchliche Territorium des Bistums Chur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Das Gebiet zwischen Ofenbzw. Reschenpass und Meran: Dekanat Vinschgau (Vallis Venusta) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30 2. Das Gebiet zwischen Götzis und Paznauntal: Dekanat Walgau (Vallis Drusiana). . .34 III. Die josephinischen Klosteraufhebungen in den österreichischen Anteilen des Bistums Chur als »Vorstufe« zu Pfarr- und Seelsorgereformen . . . . . . . 43 1. Die Aufhebung des Klarissenklosters in Meran (1782) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45 2. Die Aufhebung der Kartause Allerengelberg im Schnalstal (1782). . . . . . . . . . . . . .52 3. Die Aufhebung des Dominikanerinnenklosters Maria Steinach in Algund (1782). .60 4. Die Aufhebung des Klarissenklosters in Valduna bei Rankweil (1782) . . . . . . . . . .70 5. Die Aufhebung des Minoritenklosters auf dem Viktorsberg oberhalb Röthis (1785) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .83 6. Die Aufhebung des Hieronymitanerklosters auf dem Josephsberg bei Meran (1786) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87 7. Tabellarische Auswertung der josephinischen Klosteraufhebungen im österreichischen Anteil des Bistums Chur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93 8. »Pflanzstätten gegen den Geist der Verderbnis« - Eine späte Stellungnahme des Churer Bischofs zur Bedeutung der Klöster in seinem Sprengel (1793) . . . . . . .94 <?page no="6"?> 6 IV. Das josephinische »Pfarreinrichtungsgeschäft« und seine Auswirkungen in den Dekanaten Vinschgau und Walgau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Dekretale Grundlagen und praktische Hilfestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99 2. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer ersten Phase: 1782-1783 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .106 a) Erste konkrete Vorschläge für das Pfarreinrichtungsgeschäft im Dekanat Vinschgau (Dezember 1782) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Unzureichende Vorschläge für das Pfarreinrichtungsgeschäft im Dekanat Walgau (November 1782 / Januar bzw. März 1783) . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer zweiten Phase: 1784-1785 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .126 a) Die Listen der »Beneficia simplicia« mit Angaben über deren Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit (1784) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Die Verzeichnisse über den Stand der Pfarrsprengel, Geistlichen und Gläubigen (1784) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Weisungen aus Wien und Innsbruck zum konkreten Vorgehen in der Pfarrregulierung in Tirol und Vorarlberg (1785) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 d) Vernehmlassung auf Dekanatsebene: Walgau (1785). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer dritten Phase: 1786-1789. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .162 a) Staatlich verordnete Errichtung von Exposituren und die Sperrung von Kirchen im Dekanat Vinschgau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Pfarreinrichtung im Gericht Nauders (zu Tirol) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Bemerkungen zum Problemfeld »exponierte Kapläne« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 d) Verzögerung bei Errichtung von Exposituren und Sperrung von Kirchen im Dekanat Walgau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 e) Staatliche Gottesdienst- und Andachtsordnungen, ihre Begleiterscheinungen und die Reaktion des Churer Bischofs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 f ) Relation des Kreisamtes an der Etsch über die staatliche Visitation im Vinschgau 1786 im Anschluss an die Einführung der Gottesdienst- und Andachtsordnung. . . . . . . . . 185 g) Volksunruhen im Vorarlberg 1789 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 h) Pastoralvisitation im Walgau 1789 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 i) Gutachten und abschließende Antwort des Guberniums auf die eingebrachten Begehren bei der Visitation von 1789 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5. Zur Situation nach der josephinischen Ära (ab 1790) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .214 a) Wiedergestattung von herkömmlichen Andachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Bischöfliche Andachtsordnung von 1790 mit Partikularnormen . . . . . . . . . . . . . . . . 216 c) Wiederöffnung von gesperrten Kirchen im Walgau und Vinschgau. . . . . . . . . . . . . . . 221 d) Wenig ertragreiches Projekt »Pfarreinrichtungsgeschäft« im Vinschgau und Walgau: Die Pfarreiverzeichnisse von 1792. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6. Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .229 <?page no="7"?> 7 V. Die staatliche Diözesanregulierung unter bzw. nach Joseph II.: Pläne und Auswirkungen für/ auf den österreichischen Anteil des Bistums Chur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Die ersten Entwürfe der staatlichen Diözesanregulierung für Tirol 1782 . . . . . . . .235 2. Die eigenständige kaiserliche Diözesaneinteilung und der Anstoss zu einem Bistum Bregenz 1783 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .236 3. Die Reaktionen des Churer Bischofs 1784 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .238 4. Zur Frage der Residenz für den vom Kaiser ernannten Bischof von Bregenz 1784/ 85 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .242 5. Die Säkularisation von 1802/ 03 und ihre Folgen für das Bistum Chur . . . . . . . . .246 a) Wegbereitung zur Säkularisation im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 als reichsrechtliche Verfügung zur Säkularisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Politische Rahmenbedingungen zwischen 1798 und 1815 und Auswirkungen der Säkularisation auf das Gebiet der damaligen Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 d) Die Folgen der Säkularisation für das Bistum Chur: Neue Pläne staatlicher Diözesanregulierung für die österreichischen Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 VI. Das Ende des Bistums Chur in seinen alten Grenzen 1816: Nachwirkungen der josephinischen Kirchenpolitik zu Beginn des 19. Jahrhunderts . . . . . 257 VII. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Quellentexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .269 Bemerkungen zur Transkription der Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 1. Schreiben der Landesstelle in Freiburg i. Br. an den Churer Bischof Dionys von Rost über die Durchführung der Klosteraufhebungen, insbesondere derjenigen von Valduna 1782 Januar 24 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 2. Schreiben des Guberniums in Innsbruck an den Churer Bischof Dionys von Rost über den Entscheid des kaiserlichen Hofdekrets bzgl. Vorgehen bei Veräußerung des Kirchenguts von aufzuhebenden Klöstern in Städten und auf dem Land 1782 April 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Übermittlung des kaiserlichen Entscheids vom 12. März 1782 durch das Gubernium in Innsbruck an den Churer Bischof Dionys von Rost, fortan die Geistlichen in mündlicher und schriftlicher Form auf die Tauglichkeit zur Seelsorge zu examinieren 1782 März 26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 4. Schreiben des bischöflichen Kanzlers Georg Schlechtleutner an den Provikar des oberen Vinschgaus und Pfarrer zu Glurns mit dem Auftrag zur Erstellung genauer Angaben über Seelsorger, Seelsorge und Pfarrsprengel 1782 März 26 . . . . . . . . . . . . . 278 5. Verzeichnis der Pfarreien, Filialen, Kapellen, Geistlichen und Anzahl von Gläubigen im Dekanat Vinschgau: Unteres Vikariat 1784 Mai 22 (expediert) . . . . . . . . . . . . . . 283 <?page no="8"?> 8 6. Verzeichnis der Pfarreien, Filialen, Kapellen, Geistlichen und Anzahl von Gläubigen im Dekanat Vinschgau: Oberes Vikariat 1784 Mai 22 (expediert) . . . . . . . . . . . . . . . 289 7. Verzeichnis der Pfarreien, Filialen, Kapellen, Geistlichen und Anzahl von Gläubigen im Dekanat Walgau: Äußeres Vikariat (Stand 1782) 1784 Mai 22 (expediert) . . . . . . 296 8. Verzeichnis der Pfarreien, Filialen, Kapellen, Geistlichen und Anzahl von Gläubigen im Dekanat Walgau: Inneres Vikariat (Stand 1782) 1784 Mai 22 (expediert) . . . . . . 301 9. Hofresolution Josephs II. an das Gubernium in Innsbruck zum konkreten Vorgehen im »Pfarreinrichtungsgeschäft« in Tirol und Vorarlberg 1785 Januar 22 . . . . . . . . . . . 306 10. Schreiben des Guberniums in Innsbruck an den Churer Bischof Dionys von Rost mit Ausführungsbestimmungen zur anstehenden Pfarreieinrichtung im Walgau und Vinschgau (mit vier Beilagen) 1785 Februar 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 11. Vernehmlassungsprotokoll zu den geplanten Neuerungen im Pfarreinrichtungsgeschäft im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur 1785 Juni 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 12. Staatlich verordnete Errichtung von Exposituren und die Sperrung von Kirchen im Dekanat Vinschgau (Schreiben mit Verzeichnis) 1786 Januar 7 . . . . . . . . . . . . . . 335 13. Übermittlung des Erlasses von Joseph II. vom 10. Juni 1789 an den Churer Bischof über die Pfarreinrichtung im Gericht Nauders 1789 Juni 18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 14. Memorandum der Geistlichkeit des Gerichts Rankweil-Sulz an den Churer Bischof Dionys von Rost über die wahre Situation in den vorarlbergischen Unruhegebieten und deren eigentlichen Ursachen 1789 Oktober 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 15. Informationsschreiben des Churer Bischofs Dionys von Rost an Kaiser Joseph II. über die Pastoralvisitation 1789 und die Lage in den vorarlbergischen Unruhegebieten seiner Diözese 1789 Oktober 31 (expediert 14. November) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .373 Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2. Orden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 3. Archive und benutzte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 4. Benutzte Zeitschriften, Periodika, Lexika und Handbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .375 1. Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 2. Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 3. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Personen- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .383 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 <?page no="9"?> 9 Vorwort Als am 7. Dezember 1789 das Kreisamt an der Etsch mit Sitz in Bozen in einem Schreiben an die Landesstelle, das Gubernium, in Innsbruck konstatierte, in Folge benötigter, aber fehlender Gelder aus dem arg angeschlagenen staatlichen Religionsfonds sei die Erledigung des Pfarreinrichtungsgeschäfts »nicht wohl zu erhoffen«, verweist die Amtsstelle auf eine von Kaiser Joseph II. während seiner kurzen Regierungszeit zwischen 1780 und 1790 angestoßene sowie in unterschiedlicher Intensität und mit ebenso unterschiedlichem Erfolg vorangebrachte Verbesserung der Seelsorgesituation in den österreichischen Erblanden, welche zum umfangreichen Maßnahmenpaket staatskirchlicher Reformvorstößen zählt und zusammen mit weiteren Elementen unter dem Namen »Josephinismus« in die Geschichte eingegangen ist. Die theresianisch-josephinische Kirchenpolitik als eine Sonderform des Aufgeklärten Absolutismus hat sich in den einzelnen Diözesen, welche zum österreichischen Herrschaftsgebiet gehörten oder in dieses hineinreichten, unterschiedlich ausgewirkt. Die vorliegende Arbeit untersucht anhand diverser Quellen deren Auswirkungen auf das Territorium des österreichischen Anteils des Bistums Chur, indem es die josephinische Klosteraufhebung, die Pfarrei- und Diözesanregulierung fokussiert. Die drei zusammengehörenden Reformmaßnahmen waren für den churrätischen Kirchensprengel in seinen historischen Grenzen deutliche Vorboten, die dahin tendierten, den Einflussbereich des Churer Bischofs als »ausländischen« Kirchenfürsten auf seine auf österreichischem Territorium gelegenen Dekanate Vinschgau und Walgau zu unterbinden und diese letztlich gänzlich seiner Jurisdiktion zu entziehen, was durch das päpstliche Breve vom 27. Januar 1816 endgültig vollzogen worden ist. Wenn sich 2016 die Abtrennung dieser Diözesanteile vom Bistum Chur und deren Angliederung an Brixen als ein damals in materieller und ideeller Hinsicht schmerzvoller Schlussstrich unter eine jahrhundertealte Verbindung zum 200. Mal jährt, mögen die Forschungen zu den mehr oder minder erfolgreichen josephinischen Zwangsmaßnahmen in diesem Gebiet, den Horizont erweiternd, aufzeigen, dass Jahrzehnte vor 1816 Tendenzen vorhanden waren, welche auf eine solche Loslösung hinarbeiteten. Unterstützung bei dieser in den vergangenen zwei Jahren entstandenen Arbeit erhielt ich von verschiedener Seite. Insbesondere geht mein Dank an meinen Mitarbeiter im Bischöflichen Archiv Chur, Herrn Jakob Good, der mit Sorgfalt die am bischöflichen Sitz vorhandenen Akten eingescannt und mir so eine bequemere Bearbeitung bzw. Transkription ermöglicht hat, ferner an die Leitung bzw. Mitarbeiter/ innen der von mir benutzten Archive und Bibliotheken in Innsbruck, Feldkirch, Bregenz, Meran und Bozen. Ebenso danken möchte ich der Herausgeberschaft der »Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs« für das Interesse gegenüber dieser Abhandlung und für deren Aufnahme in die wissenschaftliche Publikationsreihe. Chur, 25. Januar 2016 Albert Fischer <?page no="11"?> 11 Einleitung Mit Datum vom 10. September 1816 ist der letzte Hirtenbrief eines Churer Bischofs an seine Gläubigen in Vorarlberg und Tirol gerichtet, worin er die jahrtausendalte Zugehörigkeit österreichischer Gebiete zum Bistum Chur 1 aufgrund des päpstlichen Entscheids Pius VII. (1800-1823) 2 vom 27. Januar 1816 3 für beendet erklärt und sich von Klerus und Volk, welche ab dem 6. Oktober 1816 dem Brixener Oberhirten unterstellt wurden 4 , verabschiedet. Bischof Karl Rudolf von Buol- Schauenstein (1794-1833) 5 macht in diesem Schreiben kein Hehl daraus, dass ihn der kuriale Entscheid zur endgültigen Loslösung der beiden Dekanate Walgau und Vinschgau 6 von Chur mit großem Schmerz erfüllt: »Wir verbergen anbei nicht, daß Uns diese Trennung von einem Theile Unserer Herde, den Wir stets unter Unseren geliebtesten und getreuesten gezählt haben, nicht wenig schmerzlich fällt.« 7 Der Churer Bischof schließt seinen letzten Hirtenbrief an Klerus und Gläubige im Vorarlberg und Tirol mit den Worten: »Wir danken Euch für so viele Beweise Eurer Liebe und Treue gegen Uns, und da wir alle E- i- n- e Kirche ausmachen und in dieser mit einander im Geiste vereiniget sind, werden Wir, der äußern Trennung ungeachtet, Euch nie aus Unserm Herzen noch aus Unserm Andenken und Gebete für Euch entlassen, so wie Wir in dieses auch Uns gegenseitig empfehlen, indem Wir Euch das letztemal, voll der oberhirtlichen Liebe, Unsern bischöflichen Segen ertheilen.« 8 2016 jährt sich das Ende des Bistums Chur in alter historischer Zirkumskription zum 200. Mal. Die endgültige Abtrennung des österreichischen Anteils von der über 1560 Jahre alten Diözese hatte jedoch Jahrzehnte zuvor bereits deutliche Vorboten. Blieben die betroffenen Dekante Walgau und Vinschgau, welche unter vorderösterreichischer bzw. tirolischer Herrschaft standen, im 16. Jahrhundert weitestgehend von der Reformation verschont, und bildete das mit fast 40% des Churer Anteils umfassende Seelsorgegebiet in der Folgezeit nicht nur eine wichtige Basis innerkirchlicher Erneuerung 9 , sondern eine für den Churer Bischof nach den beträchtlichen Verlusten seiner Hoheitsrechte 1 Zur Geschichte des Bistums Chur zu Beginn des 19. Jahrhunderts siehe Mayer, Geschichte II 684-708; Albert Gasser, Der Untergang des Fürstbistums Chur, Freiburg/ CH 1969 (Lizentiatsarbeit, Typoskript); Albert Fischer, Bistum Chur, in: Gatz, Bistümer der deutschsprachigen Länder 156-174. 2 Zum Pontifikat Pius VII. siehe Heribert Raab, Das Zeitalter der Revolution: Pius VI. und Pius VII., in: Martin Greschat (Hrsg.), Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 12: Das Papsttum II Vom Großen Abendländischen Schisma bis zur Gegenwart, Stuttgart 1993, 158-170; Josef Gelmi, Art. Pius VII., in: TRE 26 (1996) 659-661 [Lit.]; Karl Hausberger, Art. Pius VII., in: RGG 4 6 (2003) 1365-1367; Philippe Boutry, Art. Pio VII, in: Enciclopedia dei Papi (2000) [http: / / www.treccani.it/ enciclopedia/ pio-vii_(Enciclopedia-dei-Papi)]. 3 Original (Pergament) in: BAC, 018.3939 [1816 Januar 27]; Text in dt. Übersetzung abgedruckt in Fetz, Gedenkblätter 153-155; Blaas, Priesterverfolgung 356-358. 4 Blaas, Priesterverfolgung 359; zum Bistum Brixen im 19. Jahrhundert siehe Josef Gelmi, Bistum Bozen-Brixen (bis 1964: Brixen), in: Gatz, Bistümer der deutschsprachigen Länder 141-155. 5 Zu Person und Episkopat siehe Fetz, Gedenkblätter; Mayer, Geschichte II 534-629; Blaas, Priesterverfolgung; Heribert Küng, Karl Rudolf von Buol-Schauenstein (1824-1833) Fürst und Bischof, in: Joachim Müller (Hrsg.), Die Bischöfe des Bistums St. Gallen - Lebensbilder aus 150 Jahren, Freiburg/ CH 1996, 23-33; Erwin Gatz, Art. Buol-Schauenstein, Karl Rudolf von, in: Gatz, Bischöfe 1785/ 1803 bis 1945, 83-85. 6 Zu den beiden Dekanaten siehe unten S. 30-42. 7 Originale in PfrA Meran, Mappe betreff Priester Josef Florin Lutz; AT-ADF, 1.2. GB 1.1.6; Text abgedruckt in Fetz, Gedenkblätter 112-114; Blaas, Priesterverfolgung 359 f.; Fliri, Drusianische Kapitel 40-42. 8 Ebd. 9 Hierzu ausführlich Albert Fischer, Reformatio und Restitutio - Das Bistum Chur im Zeitalter der tridentinischen Glaubenserneuerung. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Priesterausbildung und Pastoralreform (1601-1661), Zürich 2000; ders., »Visitiere deine Diözese regelmässig! « - Klerus und kirchliches Leben im Dekanat Vinschgau im <?page no="12"?> 12 und Güter in Bünden 10 auch eine wichtige finanzielle Einnahmequelle, so wurden beide Distrikte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Experimentierfeld staatkirchlicher Einflussnahme und Reglementierung - besser bekannt unter dem Namen Josephinismus. 11 Als österreichische Variante des Aufgeklärten Absolutismus in die Geschichtsschreibung eingegangen, zwangen Kaiserin Maria Theresia (1740-1780) 12 , Kaiser Joseph II. (1780-1790) 13 und ihre einflussreichen Berater nicht zuletzt die ›Anstalt Kirche‹ unter die Obhut des Staates und griffen vehement mittels unzähliger, vor allem unter Joseph II. bald Schlag auf Schlag erfolgenden Direktiven staatlich gelenkter religiöser Autarkie in die Ausformung kirchlicher Grenzziehung und kirchlichen Lebens ein. Unter den Stichworten »Pfarreinrichtungsgeschäft« und »Diözesanregulierung« veränderte man zwischen 1780 und 1806 in den österreichischen Erblanden eigenmächtig kirchliche (Pfarr-)Gebiete und diözesane Zirkumskriptionen, hob mehrere Hundert kontemplative Klöster und Gemeinschaften auf, schloss Kirchen und Kapellen, riss die Verwaltung kirchlicher Güter an sich (Schaffung des »Religionsfonds«), regelte die Priesterausbildung (Schaffung von »Generalseminarien«) und griff einschränkend in Seelsorgefragen und gewachsene Frömmigkeitsformen ein. Insbesondere sollte ausländischen Bischöfen, welche kirchliches Territorium auf österreichischem Gebiet besaßen, alle Einflussnahme entzogen werden. Ziel dieser »gesellschaftlichen und kulturell-geistigen Bewegung«, die allgemein »eine ›defensive Modernisierung‹ in der Habsburgermonarchie in Bewegung brachte« 14 und bis ins 19. Jahrhundert hineinreichte, war eine vom Staat abhängige wie kontrollierte Spiegel der Churer Visitationen zwischen 1595 und 1779 [= Schlern-Schriften 358], Innsbruck 2012. 10 Albert Fischer, Zwischen Niederlage weltlicher Herrschaft und Neuaufbau geistlichen Lebens: Das Hochstift und Bistum Chur im Zeitalter der Reformation und innerkirchlicher Erneuerung (16./ 17. Jahrhundert), in: RJKG 33 (2014) 117-134. 11 Ausführlich unten S. 15 f. 12 Zu Person und Regierungszeit Reifenscheid, Habsburger 219-245; zuletzt Werner Telesko, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos, Wien 2012 [Lit.]. 13 Zu Person und Regierungszeit Reifenscheid, Habsburger 247-255; zuletzt Helmut Reinalter, Joseph II. Reformer auf dem Kaiserthron, München 2011 [Lit.]. 14 Reinalter, Josephinismus 16. Abb. 1: Päpstlicher Entscheid zur Abtrennung der Distrikte Walgau und Vinschgau von Chur und Angliederung an Brixen (27. Januar 1816) [BAC] <?page no="13"?> 13 Nationalkirche. Und da die alten Churer Bistumsgrenzen österreichische Anteile umgriffen, hatte der Josephinismus bereits unter Bischof Johann Franz Dionys von Rost (1777-1793) 15 konkrete Auswirkungen auf die 1816 endgültig abgetrennten Teile Walgau und Vinschgau; dazu zählten nicht nur der explizit von Kaiser Joseph II. initiierte Plan eines neu zu schaffenden Bistums Bregenz, sondern auch die Änderungen bzw. Neuerungen in Pfarrverwaltung und Seelsorge. 16 Anhand diverser Quellenbestände aus dem bischöflichen Archiv Chur, den staatlichen wie kirchlichen Archiven in Österreich und Norditalien (Südtirol) sowie unter Verwendung wissenschaftlicher Publikationen zu einzelnen Teilbereichen versucht die vorliegende Arbeit als Beitrag zum 200-Jahr-Gedenken der Abtrennung der österreichischen Bistumsanteile 1816 eine Gesamtschau der konkreten Auswirkungen des Josephinismus auf die beiden kirchlichen Distrikte des Bistums Chur, auf die Dekanate Walgau und Vinschgau, welche im Zeitfenster zwischen Aufgeklärtem Absolutismus 17 , Großer Säkularisation 1802/ 03 18 , Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 19 und Wiener Kongress 1814/ 15 20 bereits zum Experimentierfeld kirchlicher Veränderungen mutierten, noch bevor sie durch päpstliches Breve Brixen zugeschlagen wurden. 15 Zu Person und Episkopat Mayer, Geschichte II 479-514; Schlapp, Dionys Graf von Rost; Pierre Louis Surchat, Art. Rost, Dionys Freiherr (seit 1739 Graf ) von Rost, in: Gatz, Bischöfe 1648 bis 1803, 402 f. 16 Ausführlich unten S. 99-232 (Pfarrregulierung), S. 233-256 (Diözesanregulierung). 17 Reinalter, Josephinismus; Hartmut Lehmann, Art. Absolutismus, in: RGG 4 1 (1998) 86 f. [Lit.]; Helmut Reinalter (Hrsg.), Lexikon zum Aufgeklärten Absolutismus in Europa. Herrscher - Denker - Sachbegriffe, Stuttgart 2006. 18 Zum Begriff Säkularisation und Große Säkularisation von 1802/ 03 siehe unten S. 246 f. 19 Peter C. Hartmann / Florian Schuller (Hrsg.), Das Heilige Römische Reich und sein Ende 1806. Zäsur in der deutschen und europäischen Geschichte, Regensburg 2006; Joachim Whaley, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und seine Territorien, Band II: Vom Westfälischen Frieden zur Auflösung des Reichs 1648-1806, Darmstadt 2014, 731-740. 20 Heinz Duchhardt, Der Wiener Kongress - Die Neugestaltung Europas 1814/ 15, München 2013; Thomas Just / Wolfgang Maderthaner / Helene Maimann (Hrsg.), Der Wiener Kongress. Die Erfindung Europas, Wien 2014; Reinhard Stauber, Der Wiener Kongress, Wien 2014; Ders. / Florian Kerschbaumer / Marion Koschier (Hrsg.), Mächtepolitik und Friedenssicherung. Zur politischen Kultur Europas im Zeichen des Wiener Kongresses, Münster 2014; Hannes Leidinger, Trügerischer Glanz: Der Wiener Kongress. Eine andere Geschichte, Innsbruck-Wien 2015. <?page no="14"?> »Selbst die Ordinariate sind aus aller Thätigkeit bereits verdrungen, aller eigenen Macht, ihre Kirchsprengel in Religionsgegenständen zu führen und zu leiten beraubet, eitle Zuschauer, was von politischen Behörden hierinfalls verordnet wird, oder Vollzieher ihrer Anordnungen, wenn Widerstand oder Unfolgsamkeit des Volkes besorget wird, […] an so viele Gesetze oder Förmlichkeiten gebunden, die zu erfüllen bereits unmöglich sind.« Franz Dionys von Rost, Bischof von Chur (1777-1793) an Kaiser Joseph II. [Chur / 31. Oktober 1789] Hof Chur aus dem Jahre 1782 <?page no="15"?> 15 I. Der Josephinismus als österreichische Variante des Aufgeklärten Absolutismus und sein kirchlicher Reformkomplex 1. Begriffliche Vorbemerkungen Der Josephinismus wird von der Geschichtswissenschaft kontrovers beurteilt 1 , wie Claude Michaud in seiner Abhandlung über den »Josephinismus in der Habsburgermonachie (1740 -1792)« 2 und Rudolf Pranzl 3 treffend zusammenfassen. Während zum Beispiel Eduard Winter von einem im rationalistischen Geist durchgeführten, aber letztlich gescheiterten österreichischen Reformkatholizismus spricht 4 , sehen andere, unter ihnen prägend der Jesuit P. Ferdinand Maaß 5 , im Josephinismus »eine absolutistische Verwaltungspraxis, die auf die Unterordnung der österreichischen Kirche unter den Staat hinarbeitete und ihre Rombindung untergrub« 6 . Beide Interpretationen gehen vorwiegend auf die staatskirchenrechtlichen Aspekte, nicht aber auf die profanen Elemente des Josephinismus ein, »obwohl dieser als österreichische Variante des Aufgeklärten Absolutismus den ganzen Staat, seine Regierung, die Verwaltung, die Menschen, das soziale Beziehungsgefüge, die Erziehung und die Kultur betraf« 7 . Demgegenüber sieht Fritz Valjavec im Josephinismus als einer österreichischen Sonderform der deutschen Aufklärung eine Reform- und Erneuerungsbewegung, die bemüht gewesen sei, »einen Ausgleich herbeizuführen zwischen den Anschauungen der vorausgehenden Zeit auf politischem und kirchen-kulturellem Gebiet auf der einen und zwischen dem Geist der Aufklärung, den Tendenzen der Säkularisierung und Laisierung auf der anderen Seite« 8 . Eine maßgebliche Vertiefung erfuhr die Josephinismusforschung durch Arbeiten von Peter Hersche 9 , Karl 1 Peter F. Barton, Art. Josephinismus, in: TRE 17 (1988) 249-255 [Lit.], hier 249-251; ferner Rudolf Zinnhobler, Art. Josephinismus, in: LThK 3 5 (1996) 1008-1010; Harm Klueting, Art. Josephinismus, in: RGG 4 4 (2001) 583-585. Umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis bietet Klueting, Josephinismus XIX-XLIII. 2 Michaud, Josephinismus 15 f. 3 Pranzl, Verhältnis 17-22. 4 Eduard Winter, Der Josephinismus. Die Geschichte des österreichischen Reformkatholizismus 1740-1848, Berlin 1962. - Da die Kirche zu keinen Reformen bereit gewesen sei, habe der Staat zur Selbsthilfe gegriffen. Diese bestand für Eduard Winter zunächst »in der Zurückdrängung des römischen Zentralismus und der kirchlichen Vorherrschaft in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und mündete in der Errichtung einer weitgehend vom Staat kontrollierten Nationalkirche« (Pranzl, Verhältnis 18). 5 Ferdinand Maaß, Der Josephinismus. Quellen zu seiner Geschichte in Österreich 1760-1850 [= Fontes rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen. II. Abt.: Diplomatica et acta 71-75], 5 Bde., Wien-München 1951-1961; ders., Der Frühjosephinismus [= Forschungen zur Kirchengeschichte Österreichs 8], Wien 1969. - Maaß betont, das wahre Wesen des Josephinismus liege »in der brutalen Unterdrückung unveräußerlicher Lebensrechte der Kirche«, so dass sogar das Sichtbare (Klosteraufhebungen und Kirchensperren) in Gefahr geraten sei [Ferdinand Maaß, Rezension: Eduard Winter, Der Josephinismus und seine Geschichte, in: ZKTh 71 (1949) 356-358, hier 356]. Es sei zwar nicht zu leugnen, dass der Josephinismus mitunter auch Reformen durchgeführt habe, welche sich für die kirchliche Verwaltung und für die Seelsorge als nützlich erwiesen hätten; doch seien diese vor dem Hintergrund geschehen, »um dem Staat die Beherrschung der Kirche zu erleichtern« [Maaß, Der Josephinismus, in: ZKTh 73 (1951) 124 f., hier 125]. 6 Michaud, Josephinismus 15. 7 Michaud, Josephinismus 16; siehe hierzu ausführlich Reinalter, Josephinismus. 8 Fritz Valjavec, Der Josephinismus. Zur geistigen Entwicklung Österreichs im 18. und 19. Jahrhundert, Brünn-München-Wien 2 1945, 8. 9 Peter Hersche, Der Spätjansenismus in Österreich [= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte Österreichs-7], Wien 1977; ders. (Hrsg.), Der aufgeklärte Reformkatholizismus in Österreich [= Quellen zur neueren Ge- <?page no="16"?> 16 Otmar von Aretin 10 , Harm Klueting 11 und Helmut Reinalter 12 . Und dennoch beklagt man nach wie vor das Fehlen »einer nur einigermaßen präzisen Begrifflichkeit« 13 des epochalen Phänomens Josephinismus. Heute wird der erst im 19. Jahrhundert aufgekommene »schillernde und undeutliche« 14 Begriff ›Josephinismus‹ als »Chiffre für die Gesamtheit der Reformen« 15 in der österreichischen Monarchie 16 verstanden, welche bereits nach 1745 unter Maria Theresia einsetzen (Frühjosephinismus), ihren Kulminationspunkt ohne Zweifel unter Kaiser Joseph II. erreichen, durch den sog. Spätjosephinismus unter seinen Nachfolgern Kaiser Leopold II. (1790 -1792) 17 sowie Kaiser Franz II. (1792-1806; als Franz I. 1806-1835 Kaiser von Österreich) 18 ablöst werden und sich generell als »gesteuerter Zentralisierungs- und Verwaltungsprozess« 19 beschreiben lassen. Davon waren die hier interessierenden kirchenpolitischen Maßnahmen ein Teil dieses groß angelegten Prozesses (Staatsreform, Zivil- und Strafrechtsreform, Agrarreform, Steuerreform, Schul- und Bildungsreform, Gesundheits- und Fürsorgereform), aber ein so wichtiger Part, da die Kirche aufgrund ihrer Stellung und ihres Vermögens eine zentrale politische und wirtschaftliche Rolle spielte. Somit führten sie zu einer »neuen Konditionierung des Verhältnisses zur katholischen Kirche« 20 . Von der einstigen Stütze der Monarchie wurde die Kirche zu einer jener Kräfte der Tradition, welche der absolutistischaufgeklärt ausgerichtete Staat zu nivellieren und ganz in sein System unterzuordnen suchte. 21 schichte 33], Bern-Frankfurt a. M. 1976. - Einflüsse des gemäßigten Jansenismus insbesondere auf den Frühjosephinismus unter Maria Theresia sind in der Forschung herausgestellt worden (zusammenfassend Mischaud, Josephinismus 18 f.; Pranzl, Verhältnis 22-24). Zum Jansenismus siehe Charles H. O’Brien, Art. Jansen/ Jansensimus, in: TRE 16 (1987) 502-509 [Lit.]; Peter Hersche, Art. Jansenismus, in RGG 4 4 (2001) 369-372 [Lit.]. 10 Aretin, Josephinismus 509-524. 11 Harm Klueting (Hrsg.), Katholische Aufklärung - Aufklärung im katholischen Deutschland [= Studien zum 18. Jahrhundert 15], Hamburg 1993; ders., Josephinismus. 12 Helmut Reinalter (Hrsg.), Der Josephinismus. Bedeutung, Einflüsse und Wirkungen, Frankfurt a. M. 1993; Reinalter, Josephinismus. 13 Aretin, Josephinismus 509. 14 Klueting, Josephinismus 1. 15 Klueting, Josephinismus (wie S. 15, Anm. 1) 583; ähnlich Pranzl, Verhältnis 21. 16 Erich Zöllner, Der Österreichbegriff. Formen und Wandlungen in der Geschichte, München 1988. - Die theresianisch-josephinischen Reformen griffen über die »österreichischen Länder« im Gebiet der heutigen Republik Österreich hinaus auf alle damals zur österreichischen Monarchie gehörenden Gebiete »von der belgischen Kanalküste bis nach Siebenbürgen, von Böhmen bis Mailand und von Freiburg im Breisgau bis Galizien« (Klueting, Josephinismus 1). Sie waren also nicht bloß ein ›österreichisches‹ Phänomen, sondern durchaus ein europäisches (ebd.). 17 Zu Person und Regierungszeit siehe Reifenscheid, Habsburger 257-271, Helga Peham, Leopold II. Herrscher mit weiser Hand, Graz 1987; Friedrich Weissensteiner, Die Söhne Maria Theresias, Wien 2004. 18 Zu Person und Regierungszeit siehe Reifenscheid, Habsburger 273-297; Heinrich Drimmel, Franz von Österreich. Kaiser des Biedermeier, Wien-München 1982. 19 Klueting, Josephinismus (wie S. 15, Anm. 1) 583. 20 Klueting, Josephinismus 4 f. 21 Klueting, Josephinismus 5. <?page no="17"?> 17 2. Phasen, Verlauf und Brennpunkte der staatskirchlichen theresianisch-josephinischen Reformen Zu den äußeren Faktoren, welche ab Mitte des 18. Jahrhunderts zu den ersten staatskirchlichen Reformen führten, zählte primär die dringend notwendige Sanierung der Staatskassen nach dem Tod Karls VI. (1711-1740) 22 . Ferner stand die wirtschaftliche Leistungskraft im Vergleich zu den protestantischen Territorien beträchtlich im Abseits. Des Weiteren verhinderte eine unzählige Menge von Selbstverwaltungseinheiten in der Habsburgermonarchie eine stringente Verwaltung und behinderten so auch eine straffe Innen- und Außenpolitik. Die ethnische, sprachliche, kulturelle und religiöse Vielfalt »stellte eine effizient durchzuführende Regierungstätigkeit« 23 unter Führung Maria-Theresias vor große Probleme. »Alles in allem drängte der innenwie außenpolitische, der militärische, ökonomische und administrative Zustand der Habsburgermonarchie auf eine grundlegende ›Redemur‹ des gesamten Staatsgefüges.« 24 Vor diesem Hintergrund erfolgten 1749 bzw. 1760/ 61 erste umfangreiche Verwaltungs- und Staatsreformen (sog. »Haugwitzsche Staatsreform« 25 ) im Kampf gegen die mächtigen feudalen Strukturen, »auf denen der Einfluss der adeligen und geistigen Stände aufbauten«, mit dem Ziel »einer einheitlichen und zentralisierten Staatsverwaltung«. 26 Vorgängig zu den (staats-)kirchlichen Reformen standen also die dringend notwendigen staatlichen Umformungen hin zu einem zentral regierten Staatsapparat, dem dann auch die Kirche als ›Anstalt im Staat‹ unterstellt werden sollte. a) Frühphase unter Kaiserin Maria Theresia (nach 1750) In der ersten Phase (ca. 1750-1760) theresianischer Staatskirchenpolitik, wobei der seit 1753 neue und einflussreiche Staatskanzler Wenzel Anton Graf von Kaunitz-Rietberg (1711-1794) 27 vermehrt die Fäden zu ziehen suchte, sind die »wesentlichen Elemente und Problempunkte der weiteren Entwicklung in Ansätzen vorgebildet« 28 . In den entstandenen Konfliktbereichen wurde vorerst aber immer wieder versucht, mit der römischen Kurie einen Ausgleich zu finden. In tabellarischer Übersicht werden die wichtigsten Themenbereiche aufgeführt. 22 Zu Person und Regierungszeit siehe Reifenscheid, Habsburger 205-217. 23 Pranzl, Verhältnis 25. 24 Pranzl, Verhältnis 25. 25 Klueting, Josephinismus, Nr. 5 [21-29]. - Friedrich Wilhelm Graf von Haugwitz (1702-1765), ein böhmisch-österreichischer Staatsmann und Verwaltungsbeamter, wurde von Kaiserin Maria-Theresia beauftragt, neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Mit der Haugwitzschen Staatsreform von März 1749 waren die beiden bis anhin getrennten böhmischen und österreichischen Hofkanzleien aufgelöst worden; an ihre Stelle trat das unter Leitung Haugwitz’s stehende »Directorium in publicis et cameralibus« als Zentralbehörde für alle inneren Angelegenheiten; diese Stelle war auch für Religions- und Kirchenangelegenheiten zuständig. 1761 wurde dieses »Directorium« wieder aufgelöst und durch die neue Böhmisch-österreichische Hofkanzlei für die Innenpolitik und die innere Verwaltung, durch die Hofkammer für die Finanzverwaltung und durch den Kommerzialrat als Handlungsministerium ersetzt (Klueting, Josephinismus 11). Ab 1753 bekleidete Haugwitz das Amt des obersten böhmischen und zugleich des ersten österreichischen Kanzlers, 1760 erfolgte die Ernennung zum Staatsminister für inländische Geschäfte. 26 Pranzl, Verhältnis 26. 27 Zu Person und Wirken siehe Grete Klingenstein / Hanna Begusch / Marlies Raffler / Franz A. J. Szabo (Hrsg.), Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg 1711-1794. Neue Perspektiven zu Politik und Kultur der europäischen Aufklärung. Graz-Paris-New York 1996. 28 Pranzl, Verhältnis 30. <?page no="18"?> 18 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1748 März 18 Verbot der Drucklegung von kirchlichen Verordnungen ohne staatliche Genehmigung (landesherrliches Plazet) 1 Es wird verordnet, »daß ohne vorläufige Anzeige und allerhöchste Erlaubniß von Seiten der Buchdrucker keine geistliche, in das Publikum einen Einfluß habende gemeinsame Verordnung bei Niederlegung ihres Gewerbes gedruckt werden soll.« 2 1751 März 20 1763 August 10 Päpstliche Bulle zur Gewährung einer jährlichen Steuerpauschale von 120‘000-fl. Es folgen nach 1751 Ausweitungspläne, die zweckgebundene Besteuerung des Klerus in den österreichischenböhmischen Erblanden auf volle 10% anzuheben. (sog. Türken- oder Fortifikationssteuer) 3 Die Staatskirchenpolitik in Österreich zielte auf eine dauernde Besteuerung des Klerus kraft landesherrlichen, d. h. von päpstlicher Genehmigung unabhängigen Rechts. Man möge bemüht sein, »bey dem päbstlichen Stuhl auf den gesamten clerum Meiner teutsch- und hungarischen Erblanden das erfoderliche indultum neuerdings auszuwürken. Wobey dann Meine Willens-Meinung dahin abzielte, damit dem römischen Hof die Bestimmung des quanti nicht, wie vormals, überlassen, sondern das eröfterte indultum […] von obersagtem clero sodann den wahren Betrag deren decimarum einzubringen.« 4 1751 [ohne Monat/ Tag] Aus der Denkschrift 5 von Maria Theresia: Beschränkung bzw. Verhinderung von (weiteren) Schenkungen und Erbschaften an den Klerus, an Orden und geistliche Gemeinschaften. Der Klerus habe eine wirtschaftliche Machtstellung erlangt, dass es überflüssig sei, ihm noch weitere materielle Güter durch fromme Stiftungen und reiche Schenkungen zuzuwenden. Vielmehr habe man in Zukunft »sorgfältig den Bedacht dahin zu nehmen, jenes zu unterstützen und zu erweitern, was dem Publico [der Allgemeinheit], nicht aber in particulari [im Besonderen] denen Geistlichen, Mönichen oder Klöstern in allen Ländern zum Nutzen gereichet«. 6 1751 Juli 6 Erste Schritte im Bereich der Diözesanregulierung: Aufhebung des über österreichisches und venezianisches Gebiet erstreckende Patriarchat Aquileia 7 und - für die österreichische Seite - Gründung des Erzbistums Görz 8 durch Papst Benedikt XIV. (1740-1758) [Angleichung der kirchlichen Verwaltungsgrenzen an die staatlichen] 1751-1753 Erste Überlegungen zur Anhebung des Eintrittsalters in ein Kloster und des Professalters (1770 vollzogen: Professalter 24 Jahre) 9 Um die Wohlfahrt der geistlichen Orden selbst zu fördern, wird 1770 verordnet, »daß kein Unterthan beiderlei Geschlechts, und wessen Standes er immer sei, vor Erreichung des vollen vier und zwanzigsten Jahres, sowohl Priester als Laien, Chor- und Laischwestern die Ordensprofession, oder die unwiderruflichen feierlichen Ordensgelübde ablegen soll«. 10 1753 Oktober 11 Unterbindung der Übertragung von weltlichen Gütern in kirchlichen Besitz ohne staatliche Genehmigung Es wird festgesetzt, »daß solche Zukaufung der weltlichen Güter von den Geistlichen wegen des abnehmenden weltlichen Staats verschränket, deren weitere Erreichung und Besitzung ohne allerhöchste Bewilligung verboten und selbe etwa auf jährliche Pensionen oder Zinse anstatt der Immobilien limitiert, auch die weltlichen Landesinwohner nicht befugt sein sollen, ein bewegliches Gut ohne vorgesagte allerhöchste Bewilligung an die Geistlichkeit auf was immer für eine Art und Titel zu verwenden oder zu transferiren.« 11 <?page no="19"?> 19 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1755-1756 Erste Schritte im Bereich der Zirkumskriptionsänderungen der Pfarreien: Plan einer umfassenden Neuordnung der Seelsorgesituation / Forderung nach einer Aufstellung über sämtliche in den deutsch-böhmischen Erblanden bestehenden Pfarreien 12 b) Zweite Phase unter Kaiserin Maria Theresia (nach 1765) In der zweiten Phase, nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) 29 , der erneut ein gewaltiges Loch in den Staatshaushalt gerissen hatte, ab etwa 1765 bis zum Regierungsantritt Josephs II., verzichtete die österreichische Staatskirchenpolitik auf den bislang noch angestrebten »bilateralen Ausgleich mit Rom« 30 und nahm die kirchlichen Reformen kraft eigenen landesherrlichen Rechts in Angriff. Um eine geeignete Plattform zur stringenten Durchführung dieser Reformen zur Verfügung zu haben, schuf man eigene Institutionen für Kirchen- und Religionsangelegenheiten: 1765 wurde in Mailand die Giunta Economale als eigene staatliche Kirchenbehörde für die österreichische Lombardei errichtet (existierte bis 1786); 1769 folgte die Errichtung des Consessus in publico-ecclesiasticis der Böhmisch-österreichischen Hofkanzlei in Wien (1782 Umwandlung in die Geistliche Hofkommission) unter Leitung von Hofrat Franz Joseph Freiherr von Heinke (1726- 1803) 31 , neben Kaunitz einer weiteren bestimmenden Kraft der österreichischen Staatskirchenpoli- 29 Sven Externbrink (Hrsg.), Der Siebenjährige Krieg (1756-1763). Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin 2010; siehe auch unter: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Siebenj%C3%A4hriger_Krieg. 30 Pranzl, Verhältnis 31. 31 Zu Leben und Werk Heinkes siehe Maaß, Josephinismus III 1-137. - Über die Neugestaltung des Verhältnisses von Kirche und Staat legte Heinke im Juni 1768 der Kaiserin sog. »Vorläufige Anmerkungen« vor, abgedruckt ebd. Nr. 1 [141-154]. 1769 folgte von Heinke eine weitere, umfangreiche Denkschrift zum gleichen Thema, abgedruckt ebd. Nr. 2 [154-207]. Über die Grenze kirchlicher bzw. staatlicher Zuständigkeit schreibt Heinke unter Artikel III § 3: »Der Satz, woraus die Gränzen der Kirche und des Staates entspringen. Theilet man also die vorliegenden Begrieffe nach ihrem wahren Verhältniß ab, so entdeken sich die von Gott selbst festgelegten Gränzen in dem einzigen Saze, daß jenes, ohne welchem nach götlicher Anordnung der wahre Gottes-Dienst und das Seelenheil nicht vollbracht werden kann, der geistlichen Gewalt ganz allein unterliege, alles übrige aber der weltlichen Macht aus eigenem Rechte (jure proprio) auf das unumschränkteste überlassen werden müsse.« (ebd. 158). In Artikel XVII und XVIII schließlich betont Heinke, alles, was die Kirche und die Geistlichkeit in den vergangenen Jahrhunderten »an zeitlichen Dingen und darüber genüssenden Befreyungen« besitze, habe sie von der weltlichen Macht erhalten; deshalb könnten diese Güter und Freiheiten »unter gewissen Umständen für das algemeine Beste verwendet und die vergönnten Freyheiten abgeändert, eingeschränkt oder gar aufgehoben werden« (ebd. 190 f.). 1 Mit Datum vom 26. März 1781 wurde das »Placitum Regium« allgemein eingeführt, am 25. Oktober 1781 schließlich unterlagen sämtliche geistigen Verfügungen oder Bekanntmachungen der Bischöfe der staatlichen Genehmigung (Klueting, Josephinismus 20). 2 Klueting, Josephinismus, Nr. 2 [20]. 3 Abgaben des Klerus für den Festungsbau an der türkischen Grenze. - Hierzu ausführlich Maaß, Frühjosephinismus 88-104. 4 Handschreiben vom 10. August 1763 der Kaiserin Maria Theresia an Staatskanzler Graf Kaunitz, abgedruckt in Klueting, Josephinismus, Nr. 34 [83]. 5 Alfred von Arneth, Zwei Denkschriften der Kaiserin Maria Theresia, in: Archiv für österreichische Geschichte 47 (1871) 269-354. 6 Zitiert in Maaß, Frühjosephinismus 14. 7 Zur Geschichte des Patriarchats Aquileia siehe Karl Heinz Frankl, Patriarchat Aquileia, in: Gatz, Bistümer des Heiligen Römischen Reiches 37-51 [Lit.]. 8 Zur Geschichte des Erzbistums Görz (1751-1788, wieder hergestellt 1791) siehe Luigi Tavano, Erzbistum Görz, in: Gatz, Bistümer des Heiligen Römischen Reiches 227-229. 9 Maaß, Frühabsolutismus 13-25; Verordnung vom 2. November 1770 zur Erhöhung des Professalters abgedruckt in Klueting, Josephinismus, Nr. 55 [153-156]. 10 Klueting, Josephinismus, Nr. 55 [154]. 11 Klueting, Josephinismus, Nr. 15 [38 f.]. 12 Weissensteiner, Pfarregulierung 53. <?page no="20"?> 20 tik. Noch vor Wien erwuchs Mailand alsbald zum »Experimentierfeld« 32 einer neuen radikalen Reformpolitik 33 . Die von Kaunitz auf Italienisch verfassten geheimen Instruktionen vom 2. Juni 1768 an die Giunta Economale formulieren klar und deutlich das neue, bald von Spannungen geprägte Verhältnis von Staat und Kirche in der österreichischen Monarchie. Die mailändische Behörde hätte sich zur unbedingten Richtschnur zu nehmen, »daß alles, was nicht nach göttlicher Einsetzung vor das Forum des Sazerdoziums gehört, der höchsten gesetzgebenden und ausführenden Gewalt der weltlichen Herrscher unterliegt, daß nur dann von göttlicher Einsetzung gesprochen werden kann, wenn Christus selbst etwas seinen Aposteln übergeben hat, daß diesen vom göttlichen Erlöser nur folgenden geistlichen Aufgaben übertragen wurden: die Predigt des Evangeliums, die Christenlehre, der Gottesdienst, die Spendung der Sakramente, die Disziplin der Geistlichen, soweit sie in den Gewissensbereich fällt; daß also, da 32 Michaud, Josephinismus 19. 33 Mit Datum vom 25. Januar 1768 unterbreitete Graf Kaunitz der Kaiserin Vorschläge zur Änderung des kirchenpolitischen Systems. Darin betont er: »Die Wachsamkeit und Sorgfalt des Souverain für die Religion ist nicht nur eine christliche, sondern solche politische Beschäftigung, womit die Wohlfahrt des Staats auf das engste verknüpft ist. […] Es ist also für E. M. nicht gleichgültig, daß unsre catholische Geistlichkeit so wenig ihrem Beruf und Gewissen ein Genügen leistet, […] dargegen aber auf ihre Authoritaet, Bereicherung und Wohlleben ihre gröste Sorgfalt richtet. […] Es hätten also alle weltlichen Fürsten Ursach über Ursach, auf alle diensame Mittel und Wege fürzudencken, wie die Verbesserung der disciplinae ecclesiasticae zu Stand gebracht, deshalb causa communis gemacht.« Kaunitz legte Maria Theresia nahe, »selbsten die speciale Obsorg zu übernehmen« und »eine vertraute Commission von etlichen rechtschaffenen Bischöfen und Prälaten mit Zuziehung einiger Weltlichen anzuordnen«. Um ferner die Vertiefung des katholischen Glaubens in Volk und Schule zu fördern, benötige man eine neue Geldquelle [Anspielung auf den 1782 geschaffenen Religionsfonds], da »die cassa parochorum hierzu nicht erklecklich« seien. Die Herrscherin habe die Befugnis, reiche Bistümer und Prälaturen »zur Abgabe eines gewissen Theils ihrer Einkünfte anzuhalten«. (Maaß, Josephinismus I, Nr. 114 [256 f.]). Abb. 2: Kaiserin Maria Theresia (1740-1780) [TLMF] Abb. 3: Staatskanzler Wenzel Anton Graf von Kaunitz- Rietberg (1711-1794) [ÖNB] <?page no="21"?> 21 dem so ist, sich einzig und allein auf diese Gegenstände der Pflichtenkreis und die Autorität der Geistlichen erstreckt.« 34 Die Instruktion stellt damit heraus, dass Christus dem Klerus lediglich geistliche Aufgaben und die innere Disziplin der Kirche anvertraut habe; das bedeutet: ausschließlich für diese Bereiche besitze der Klerus Verantwortung und Autorität, alle anderen unterlägen der Staatsgewalt. Entsprechende Ansprüche der Kirche, welche in das ›foro publico‹ gehörten, würden inskünftig zurückgewiesen, wenn sie nicht über die explizite Zustimmung oder das freiwillige Zugeständnis eines weltlichen Herrschers verfügten. 35 In tabellarischer Aufstellung folgen wiederum die wichtigsten Eingriffe bzw. Vorgaben zu später durchgeführten Hofresolutionen. Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1768 Oktober 16 Vorschlag des Grafen Kaunitz an Maria Theresia: Eigenmächtige (ohne kuriale Einwilligung) staatliche Einziehung der erledigten einfachen kirchlichen Benefizien (sog. »beneficia simplicia«) in den deutsch-ungarischen Erblanden Die Befugnis, »derley beneficia simplicia einzuziehen und sie zu andern für das Beste der Religion und des Staats ungleich nützlicheren und nöthigeren Bestimmungen anzuwenden, scheint eine ungezweifelte Wirkung der von Gott den Regenten der Erde ertheilten obersten Gewalt zu seyn und von der geistlichen Macht nicht im geringsten abzuhangen«. 1 Kaunitz Rat an die Kaiserin zum weiteren Vorgehen in dieser Sache lautet: Es dürfte »das Schicklichste und Ratsamste seyn, wenn Eure Maiestät aus allerhöchster Macht diese Verwendung der beneficiorum simplicium zu verordnen«, […] aber »vor ihrer wirklichen Execution dem papstlichen Stuhl zur Wissenschaft eröfnen zu laßen geruheten.« 2 1770 Juni 21 Promemoria des Staatskanzlers Kaunitz: Notwendigkeit zur Verminderung oder Aufhebung des Ordensklerus »Ich halte darfür, daß ihre dermalige Anzahl offenbar ebenso übertrieben als ohnnöthig und dem Staat sowohl als der Religion selbst so nachtheilig seye, […]. Es ist also offenbar, daß der Stand der Geistlichen überhaupt, und noch weit mehr der Mönchen, da sich derselbe auf beyde Geschlechter erstrecket, dem Staat und der menschlichen Gesellschaft an sich höchst schädlich seye, daß dessen Existenz durch die Nothwendigkeit allein entschuldiget werden kann, und daß folglich diese Classe der Bürger, soviel es immer möglich, zu vermindern und einzuschränken salus populi suprema legum unumgänglich erfordert.« 3 1770 Juli 2 Promemoria des Staatskanzlers Kaunitz: Berechnung der Anzahl der notwendigen und beizubehaltenden Geistlichen Kaunitz verteidigt seiner Ansicht nach die Notwendigkeit einer Erhebung der Geistlichkeit in den Erblanden, »um zu wissen, wieviel man denn auch dermalen Geistliche nöthig habe, ohne daß es daran im geringsten gebreche, [und] ohne daß man nur die Bischöfe darum zu fragen nöthig habe«. 4 1771 August 17 Verbot der Gründung neuer geistlicher Bruderschaften ohne staatliche Genehmigung / Beaufsichtigung bzw. Aufhebung bestehender Bruderschaften Die Kaiserin verordnet, »daß künftig gar keine Bruderschaft ohne allerhöchste Einwilligung, wie ohnehin bisher hätte geschehen sollen, zu errichten gestattet, und […] die bestehenden Bruderschaften untersuchet« werden. Alle jene Bruderschaften, die »entweder wider die Kirche oder den Staat anstössige Satzungen zu enthalten befunden werden«, sollen aufgehoben werden. 5 1771 August / September Diverse Verordnungen zur Einschränkung der klösterlichen Freiheiten 6 34 Maaß, Josephinismus I, Nr. 130a [288-290] (ital./ dt.); Klueting, Josephinismus, Nr. 44 [118 f.] (dt.). 35 Michaud, Josephinismus 19. <?page no="22"?> 22 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1771 Oktober 6 Feiertagsreduktion (mit Genehmigung des Papstes) »Es sollen nämlich verbleiben, und gefeiert werden die Festtage der Auferstehung, sammt dem nachfolgenden Tage, der Pfingstsonntag sammt dem gleichfalls folgenden Tage, dann alle Sonntage des ganzen Jahres, nicht minder der heilige Christtag, Neujahr, heiligen drei Könige, Christihimmelfahrt, und Frohnleichnam unseres Herrn Jesu Christi, dann der allerseligsten Jungfrau Maria gewidmete 5 Festtage, als: derselben Reinigung, Verkündigung, Himmelfahrt, Geburt, und unbefleckte Empfängniß; imgleichen sind zu feiern die Festtage der heiligen Apostel Petrus und Paulus, aller Heiligen, des heiligen Stephans, als ersten Martirers, und nur eines vornehmen Schutzheiligen.« 7 1772 März 20 Weitere Verordnung zur Einschränkung klösterlicher Freiheiten »Wird befohlen, daß von nun an keiner, welcher nicht in den k. k. Staaten gebürtig ist, zu einem Obern eines Klosters, mithin viel weniger einer ganzen Provinz angenommen werden soll.« 8 1772 April 11 Beschränkung der Prozessionen Es »sollen von nun an auch alle Prozessionen, wo man auch innerhalb der Erbländer über Nacht ausbleibt, abgestellt werden«. 9 1773 Juli 21 Aufhebung des Jesuitenordens durch das Breve »Dominus ac redemtor noster« von Papst Clemens XIV. (am 7. August 1814 von Papst Pius VII. wieder hergestellt) 1776 Juni 15 Verbot von Neuaufnahmen bei Dritten Orden oder Tertiaren »Von nun an soll niemand mehr in den sogenannten Regel- oder dritten Orden an- und aufgenommen werden, sondern diese Institut nach Absterben der darinnen schon befindlichen Mitgliedern beiderlei Geschlechts gänzlich erlöschen.« 10 1776 Oktober 5 Verbot zu Kritik an staatlichen Kirchengesetzen durch Welt- und Ordensgeistliche 11 1776 Oktober 25 Ausweitung des landesherrlichen Plazets [siehe 1748]: Geistliche Verfügungen oder Bekanntmachungen ausländischer (nichtösterreichischer) Bischöfe dürfen ohne staatliche Genehmigung der zuständigen Landesstelle unter Androhung von Geldstrafen nicht publiziert werden. [betraf auch das Bistum Chur] »Den hierländischen Geistlichen sowohl des Cleri Saecularis als Regularis, welche der Jurisdiction in Spiritualibus eines außer den k. k. Erblanden wohnenden Herrn Ordinarius unterstünden, ist im allerhöchsten Namen anzubefehlen, daß selbe ein ihnen von einem solchen auswärtigen Ordinariat zukommendes Ingressum, von was immer für einen Inhalt und Materie es auch sein möge, ohne vorläufig eingeholten Konsens der vorgesetzten Landesstelle bei Verwirkung schwerer Geldstrafen unter das Volk nicht austheilen, und bekannt machen lassen sollen.« 12 1777 Juli 26 Hofdekret der Kaiserin zur Erstellung von detaillierten Angaben über die Einteilung der Seelsorgesprengel, verbunden mit Vorschlägen zur Verbesserung derselben Die Kaiserin fordert »zu Verbreitung der heiligen Religion als auch zum wahren Seelentrost eines jeden an besserer Eintheilung der oft allzuweit entlegenen Kirchspielen auf dem Lande, […] eine Tabellam zu Stand zu bringen, worinnen von jeder Dioeces alle Beneficia curata getreuchlich anzumerken wären«. 13 1779 Februar 27 Verbot der Verhängung von Kirchenstrafen durch Pfarrherren ohne Zustimmung der zuständigen Landesstelle »Allen Pfarrern werden die eigenmächtigen äußerlichen Kirchenstrafen oder Bußen ohne Vorwissen und Konkurrenz der Landesstelle verboten, und sind die derlei vorkommenden Fälle iedesmal von den Landesstellen nach Hof anzuzeigen.« 14 <?page no="23"?> 23 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1780 März 11 Kundmachung landesfürstlicher Verordnungen und Protokollierung der Erlasse durch die Seelsorger »Um eines Theils gesichert zu sein, daß die an die Geistlichkeit ergehenden Verordnungen dem Volke wirklich kund gemacht werden, andern Theils aber, damit auch derlei den Seelsorgern zur Beobachtung zukommende landesfürstliche Befehle ihre Nachfolgern in der Pfarr nicht unbekannt bleiben, wird allen Seelsorgern aufgetragen, sich iedesmal über die wirkliche Kundmachung der dem Volke zu wissen nöthigen Verordnungen bei dem Kreisamte mit einer glaubwürdigen Anzeige zu legitimiren; hiernächst hat ein ieder Pfarrer und Seelsorger alle an ihn ergangene landesfürstlichen Verordnungen in ein ordentliches Buch oder Protokoll einzutragen, solches stets fortzusetzen, und seinem Nachfolger zu überlassen, auch auf iedesmaliges Begehren der geist- oder weltlichen Obrigkeiten unweigerlich vorzuzeigen.« 15 c) Hauptphase im josephinischen Regierungsjahrzehnt (1780-1790) Die bislang von Staatskanzler Kaunitz und Hofrat Heinke in verschiedenen Denkschriften dargelegten Grundhaltungen der theresianisch-josephinischen Staatskirchenpolitik gelangen unter Joseph II. zur vollen Entfaltung. Persönlich davon überzeugt, vertrat Joseph II. ein Kirchenbild, »in welchem sowohl die äußeren Erscheinungsformen wie inneren kirchlich-religiösen Vollzüge als politisch relevante Sachverhalte erscheinen und damit einer staatlichen Reglementierung unterliegen« 36 . Die Kirche erschien nicht mehr als universale, sondern als territorial-nationale Größe, deren Angelegenheiten hinsichtlich der »temporalia« als auch der »spiritualia« der staatlichen Oberaufsicht unterlagen. Jeglicher Einfluss durch kirchliche Obrigkeiten (Ordensobere oder Bischöfe), welche ihren Sitz außerhalb der österreichischen Erbländer hatten, war zu unterbinden und durch eine Neuregelung der kirchlichen Strukturen innerhalb der Erbländer zu regeln. Auf dem Weg zum Ziel − eine dem Staat untergeordnete territorialgegliederte Nationalkirche − zählen die zum Teil überstürzt durchgeführten und daher mancherorts auch gescheiterten Bemühungen Josephs II. um eine Angleichung der Diözesangrenzen an jene der habsburgischen Verwaltungseinheiten (Diözesanregulierung), gekoppelt mit Bestrebungen zur Verbesserung der Pastoral auf Ebene der Pfarreien (sog. »Pfarreinrichtungsgeschäft«). Parallel zur josephinischen Diözesan- und Pfarreiregulierung - zwischen 1777 und 1791 wurden 12 neue Diözesen gegründet 37 - trieb man die staatlich kontrollierte Vereinheitli- 36 Pranzl, Verhältnis 34. 37 Michaud, Josephinismus 24. 1 Maass, Josephinismus I. Nr. 152 [328]. 2 Ebd. 3 Maaß, Josephinismus II, Nr. 6a [139-142]; Klueting, Josephinismus, Nr. 50 [147-149]. - Entsprechend erging am 22. September 1770 eine kaiserliche Resolution zwecks Erhebung des Vermögensstandes und des Status personalis von Klöstern im österreichischen Raum (Exemplar im Vogteiamt Feldkirch am 21. Oktober 1770 eingetroffen) [VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Mappe ›Erhebung über den Vermögensstand der Ordenshäuser‹]. 4 Maaß, Josephinismus II, Nr. 6b [142-144]; Klueting, Josephinismus, Nr. 51 [150 f.]. 5 Klueting, Josephinismus, Nr. 56 [156]. 6 Klueting, Josephinismus, Nrn. 57-60 [157-160]. 7 Klueting, Josephinismus, Nr. 61 [160-162, hier 160]. 8 Klueting, Josephinismus, Nr. 63 [176-178, hier 178]. 9 Klueting, Josephinismus, Nr. 64 [178 f., hier 178]. 10 Klueting, Josephinismus, Nr. 73 [203]. 11 Klueting, Josephinismus, Nr. 74 [204]. 12 Klueting, Josephinismus, Nr. 75 [204 f.]. 13 Vgl. das Schreiben der Landesstelle in Freiburg i. Br. vom 16. August 1777 an den Churer Bischof, worin gemäß kaiserlichen Dekrets vom 26. Juli 1777 Angaben über die Einteilung der Seelsorgesprengel und Vorschläge zur Verbesserung derselben angefordert werden (ADF, GA 2.1.3.1 [Abschrift]). Siehe hierzu unten S.-101 f. [Anm. 10]. 14 Klueting, Josephinismus, Nr. 82 [212]. 15 Klueting, Josephinismus, Nr. 84 [213 f.]. <?page no="24"?> 24 chung der Klerusausbildung und die Reformbestrebungen im Bereich des Ordenswesens voran. Die radikale Klosteraufhebungspolitik im josephinischen Jahrzehnt, der in zwei Säkularisierungswellen (1782 und 1783-1787) 38 zwischen 700 und 800 Klöster zu Opfer fielen, ist nicht nur Abbild einer grundsätzlichen Ablehnung des Herrschers und der maßgeblichen Staatsstellen eines kontemplativ ausgerichteten Ordenslebens, sondern steht ebenso in engem Zusammenhang mit der (in Vorbereitung stehenden) Pfarreiregulierung des Kaisers und erscheint drittens als Strukturbereinigung und Vorwegnahme staatlicher Säkularisationspolitik. 39 »Ein Grossteil der Orden bildete nämlich nicht nur innerhalb des Staates auf vielen, v.a. besitzrechtlichen Ebenen, sondern aufgrund ihres zumeist exemten Charakters auch innerhalb der offiziellen kirchlichen Institutionenhierarchie einen (auch personell) bedeutenden Autonomiebereich, der zumindest einer besseren Koordination mit den Bischöfen bedurft hätte.« 40 Der Verkauf des zu den Klöstern und Konventen gehörenden Besitzes spülte über sechzig Millionen Gulden in den staatlichen Religionsfonds, der für den Unterhalt der Seelsorger, für ihre Ausbildung und für die Finanzierung der (Pfarr-)Seelsorge genutzt werden sollte, woraus aber auch die Pensionen an die zahllosen, wieder »in die Welt entlassenen« Mönche 38 Ströbele, Kloster 60; ferner Elisabeth Kovács, Josephinische Klosteraufhebungen 1782-1789, in: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II., Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst. Niederösterreichische Landesausstellung Stift Melk (Ausstellungskatalog), Wien 1980, 169 -173. - Eine dritte Aufhebungswelle war nach 1790 geplant, wurde aber infolge des Todes Josephs II. glücklicherweise sistiert. 39 Harm Klueting, Die josephinischen Klosteraufhebungen und die Säkularisationsdiskussion im Reich vor 1803, in: Ders. / Wolfgang Schmale (Hrsg.), Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander [= Historia profana et ecclesiastica. Geschichte und Kirchengeschichte zwischen Mittelalter und Moderne 10], Münster 2004, 207-224. 40 Pranzl, Verhältnis 44. Abb. 5: Hofrat Franz Joseph Freiherr von Heinke (1726-1803) [ÖNB] Abb. 4: Kaiser Joseph II. (1780-1790) [TLMF] <?page no="25"?> 25 und Nonnen bezahlt werden mussten, so dass dieser 1782 geschaffene staatliche Geldtopf alsbald auszutrocknen drohte. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle die Kirche betreffenden Reformen primär im Zusammenhang mit der bereits unter Maria Theresia begonnenen Reform und Effizienzsteigerung des Staatswesens stehen. Nicht also die Kirchenreform, worin der Staat ganz klar »die Beaufsichtigung der Kirche im kultisch-äußeren und disziplinären Bereich beanspruchte« und deren Wirkungsfeld er immer mehr auf den inneren-spirituellen Bereich beschränkte, sondern »die Modernisierung und Zentralisierung des multi-ethnischen Staatsgebildes der habsburgischen Länder war das primäre Ziel« 41 aller Maßnahmen. Im Blick auf das 19. Jahrhundert bedeutete für die Kirche die mit den josephinischen Reformen in Gang gesetzte Grenzziehung zwischen Staat und Kirche ein schmerzlich erzwungener Abschied von ihrer Einfluss- und Vormachtstellung und rief zu einer baldigen Neupositionierung in einer säkularen Welt. Wie die untenstehende Aufstellung verdeutlicht, werden zwischen 1781 und 1783 die wichtigsten Direktiven der staatskirchlichen Reglementierung unter Joseph II. getroffen und erlassen. Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1780 Dezember 17 Beschränkung der Geldsumme auf max. 1500 fl., welche beim Eintritt in ein Kloster dem Orden oder Konvent übertragen werden darf. Alles, was über diese 1500 Gulden zugunsten von Gotteshäusern, Bruderschaften oder geistlichen Stiftungen bestimmt war, »wird im voraus für null, nichtig und ungültig dergestalt erklärt, daß die weltlichen Erbfolger oder Interessenten zu allen Zeiten ihr darauf habendes Recht bey der betreffenden Justizbehörde fortsetzen und vindiciren können«. 1 1781 März 24 Aufhebung aller Verbindungen der Ordenshäuser in den deutschen Erbländern mit ihren Ordensgeneralen in Rom und mit Klöstern außerhalb der österreichischen Monarchie (Territorialisierung des Ordenswesens in Österreich) Alle geistlichen Ordenshäuser in den k. k. deutschen Erblanden »entsagen gänzlich und auf alle Zeiten« jeder Verbindung »mit auswärtigen Provinzen, Klöstern und sonstigen Ordenshäusern und Vorstehern«. 2 Binnen zweier Monate haben sich die betroffenen Häuser mit einer inländischen Provinz zu vereinen oder sich einer inländischen Kongregation anzuschließen. 1781 Juni 4 Hofdekret mit der Forderung nach einer genauen Erhebung der Ein- und Ausgaben (Vermögen) aller Geistlichen, Pfarrkirchen, Kapellen und Bruderschaften 3 1781 Oktober 12 Erste Verordnung auf dem Weg zur Neueinteilung der Diözesen: Anspruch staatlicher Hoheitsrechte über die Kirche in den österreichischen Diözesanteilen ausländischer Bischöfe »Jeder auswärtige Ordinarius soll in Ansehung des Theils seiner Diözes in diesseitiger Dominazion nicht anders als ieder erbländische Bischof behandelt werden.« 4 Vakante Benefizien, worauf auswärtige Ordinarien das Präsentationsrecht haben, dürfen nur mehr an Landeskindern vergeben werden. 1781 November 29 Entschluss des Kaisers zur Aufhebung aller beschaulichen Orden (betroffen waren die Kartäuser, Kamaldulenser, Karmeliterinnen, Klarissen, Kapuzinerinnen und Franziskanerinnen sowie die Eremiten) »Der schon lang bestehende Beweis, daß diejenigen Orden, die dem Nächsten ganz und gar unnütz sind, nicht Gott gefällig sein können, veranlasst mich, der Kanzlei aufzutragen, in gesamten Erblanden diejenigen Orden männlichen und weiblichen Geschlechts, welche weder Schule halten, noch Kranke unterhalten, noch sonst in studiis sich hervorthun, aufzuschreiben […]« 5 41 Pranzl, Verhältnis 50 f. <?page no="26"?> 26 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1782 Januar 12 Klosteraufhebungsdekret »Alle Ordenshäuser, Klöster und Hospizen, oder wie sie heißen mögen, werden, vom männlichen Geschlechte iene der Karthäuser und Kamaldulenser, vom weiblichen Geschlechte iene der Karmeliterinnen, Klarissinnen, Kapuzinerinnen und Franziskanerinnen aufgehoben, und soll das gemeinschaftliche Leben der darinn befindlichen Personen in denselben aufhören.« 6 1782 Januar 14 Kaiserliche Forderung zur Erstellung von Karten über die kirchliche Einteilung der gesamten böhmisch-österreichischen Länder (mit Angabe der Pfarreien) zwecks späterer Diözesanregulierung 7 1782 Februar 4 Verordnung zur Neueinteilung der Pfarreien (Beginn der Pfarrregulierung) »Von allen Dominen und Magistraten sollen diejenigen Oerter, Dörfer und Gegenden angezeigt werden, wo die Errichtung entweder neuer Pfarren oder Lokalkaplaneien sowohl wegen der Anzahl der Seelen, als der Entfernung oder Beschwerlichkeit erforderlich ist; dann iene Gegenden, wo man sich schon erbaute Kirchen, Kapellen, Klöster oder auch Schloßkapellen, um nicht neue Kirchen zu erbauen, zu Nutzen machen kann.« 8 1782 Februar 28 Kaiserliches Hofdekret zur Errichtung einer Religions- und Pfarrkasse, später Religionsfonds genannt (als finanzielle Basis zur Finanzierung der Exreligiosen, der Pfarreiregulierung und Reform der Seelsorge) Das Vermögen der aufzuhebenden Klöster ist »zur Errichtung einer Religions- und Pfarrkassa« bestimmt, »aus welcher die Individuen der aufgehobenen Klöster die ausgewiesene Pension erhalten«. 9 1782 März 9 Eigenständiger kaiserlicher Entwurf zu einem Plan für die Diözesanregulierung 10 »In Tyrol würden die fremden Diözesen zwischen dem Bischof von Brixen und Trient vertheilt, wo vorher erhoben werden müsste, was diese fremden Diözesen, Brixen und Trient ausgenommen, betragen, um zu sehen, ob es nicht vortheilhafter wäre, einen Bischof zu Innsbruck zu bestellen, dem das Bregenzische und Vorarlbergische auch zugegeben werden könnte.« 11 1782 April 29 / Mai 7 Kaiserliche Resolution zur Diözesanregulierung »Die Resolution (scil. vom 29. April) enthält das Tableau, wie Ich künftig die Bistümer in meinen deutschen Erblanden vertheilter wissen will.« Dabei »bleibt die Aussschließung aller fremden Diözesanen ein bestimmter Generalsatz.« 12 1782 Juni 15 Errichtung der Geistlichen Hofkommission 13 für die kirchlichen Bereiche (mit Ausnahme rein religiöser Bereiche); auch das »Pfarreinrichtungsgeschäft« wurde ihr übertragen. 1782 September 12 Direktivregeln zur Pfarrregulierung 14 1783 März 30 Staatliche Verordnung betreffend Priesterausbildung: Errichtung der Generalseminare für Welt- und Ordensgeistliche 15 »Es soll ein Generalseminarium errichtet werden, welches der gemeinschaftliche Bildungsort für alle künftige Weltgeistliche und Religiosen sein muß, wo alle Jünglinge den ganzen theologischen Kurs in öffentlichen Schulen zu hinterlegen, und nachher ein Jahr hindurch alle Gattungen von praktischen Seelsorgeverrichtungen unter der Seminariendirekzion auszuüben haben.« 16 <?page no="27"?> 27 Zeitpunkt Angelegenheit Wichtige Textpassage(n) aus den Verordnungen 1783 August 9 Aufhebung aller Bruderschaften und Vereinigung mit der neuen Bruderschaft »Der thätigen Liebe des Nächsten« (Armen- und Krankenpflege, Führung von Kranken- und Siechenhäusern etc.) 17 Da die »Bruderschaften zur Wirkung des allgemeinen Seelenheils nichts wesentliches beitragen, also auch weder unmittelbar noch mittelbar nothwendig sind«, und […] »theils durch übertriebenen Eifer öfters dem Staat und der Religion schädliche Mißbräuche und Unordnungen erwachsen sind«, beschließt Seine Majestät, die einzelnen Bruderschaften aufzulösen und diese in eine einzige Bruderschaft »der thätigen Liebe des Nächsten und unter dem allmächtigen Schutze des Heilandes Jesus Christus« überzuführen. 18 1783 November 18 Endgültige Anordnung der josephinischen Diözesanregulierung: Kaiserliches Handbillett 19 mit eigenständiger Einteilung der neuen Bistümer (inkl. der Nennung eines zu schaffenden Bistums Bregenz) »Das neue Bistum Bregenz erhält die bisherige Diözese des Bischofs von Chur, den noch übrigen Teil von Tirol, das Vorarlbergische und die Herrschaft Bregenz.« 20 1784 November 1 Wunsch des Kaisers, bis zu diesem Termin die Pfarrregulierung in den österreichischen Landen durchgeführt zu haben (Ziel: staatlich normierte pfarrliche Seelsorge) 21 1 Klueting, Josephinismus, Nr. 85 [214 f.]. 2 Sammlungen Bd. II (1780-1783), Nr. III, S. 8-12; Klueting, Josephinismus, Nr. 90 [237-239]. 3 Der Churer Bischof, Franz Dionys von Rost, bestätigt mit Schreiben vom 7. Juli 1781 an das Gubernium den Empfang der aus Innsbruck eingelangten und auf dem Hofdekret vom 4. Juni basierenden Forderung (BAC, 762.16 Protocollum Celsissimi Bd. XVI a [1779-1782], S. 408 f.); siehe unten S. 101. 4 Klueting, Josephinismus, Nr. 99 [250]. 5 Kušej, Joseph II. 236. - Siehe auch die im Dezember 1781 verfasste Denkschrift von Hofrat Heinke mit Vorschlägen zur Aufhebung der Klöster (Maaß, Josephinismus III, Nr. 7 [311-320]; Ströbele, Kloster 75 f.). 6 Klueting, Josephinismus, Nr. 115 [280-282], Nr. 116 Verzeichnis der 1782/ 83 aufgehobenen Klöster [282- 285]. 7 Kušej, Joseph II. 49. 8 Klueting, Josephinismus, Nr. 119 [288]. 9 Sammlungen Bd. II (1780-1783), Nr. LX, S. 137; Klueting, Josephinismus, Nr. 121 [295]; zum Religionsfonds siehe Max Hussarek, Art. Religionsfonds, in: Ernst Mischler / Josef Ulbrich (Hrsg.), Österreichisches Staatswörterbuch. Handbuch des gesamten österreichischen öffentlichen Rechtes, Bd. 4, Wien 1909, 92-103; zu den Aufgaben des Religionsfonds siehe Kušej, Joseph II. 315-321. - Insbesondere wegen der rasch vorgenommenen Klosteraufhebungen 1782, in deren Verlauf alsbald der Vorwurf auf unrechtmäßige Aneignung von Klostergut durch den Staat laut geworden war, wurde die Gründung des Religionsfonds durch mehrmalige Publikation öffentlich wirksam gemacht, um damit den Beweis zu liefern, dass nur die besten Absichten hinter der Aktion »Klostersäkularisation« standen (vgl. Ströbele, Kloster 93 f.). Österreich und der Heilige Stuhl unterzeichnen in Wien am 18. August 1855 ein Konkordat: In Abkehr von dem durch Kaiser Joseph II. eingeführten Staatskirchentum stellt das Konkordat die früheren Privilegien der römisch-katholischen Kirche wieder her; das im Religionsfonds liegende Geld anerkannte man als kirchliches Vermögen, welches weiter vom Staat verwaltet wurde; der Fonds blieb also bestehen. Auf der Basis einer neuen Rechtsgrundlage von 1960 regelte die Republik Österreich mit der Kirche die staatlichen Zuwendungen zu religiösen Zwecken aus dem bis heute existierenden Religionsfonds. 10 Kušej, Joseph II. 49. 54-56 (Wortlaut). 11 Zitiert in Kušej, Joseph II. 56. 12 Zitiert in Kušej, Joseph II. 68 f. 13 Kušej, Joseph II. 77. 14 Sammlungen II (1780-1783), Nr. CXVI, S. 198-200; Klueting, Josephinismus, Nr. 129 [304]; ausführlich unten S. 102. 15 Klueting, Josephinismus, Nr. 141 [325 f.]; zum Generalseminar in Innsbruck 1783-1790 siehe Fischer, Priesterhaus 51-64. 16 Zitiert in Klueting, Josephinismus, Nr. 141 [325]. 17 Sammlungen II (1780-1783), Nr. XCVII, S. 363-368; Klueting, Josephinismus, Nr. 145 [328-331]. 18 Zitiert in Klueting, Josephinismus Nr. 145 [329]. 19 Kušej, Joseph II., 77-80; ausführlich unten S. 236-238. 20 Zitiert in Kušej, Joseph II. 79. 21 Weissensteiner, Pfarregulierung 61. <?page no="29"?> 29 II. Das von den theresianisch-josephinischen Reformen betroffene kirchliche Territorium des Bistums Chur Noch 1750 teilten sich - einzigartig in der Geschichte der deutschen Erbländer der Habsburgermonarchie - 11 Diözesen 1 die geistliche Verwaltung der Grafschaft Tirol 2 . Das Stammland bildeten seit Jahrhunderten drei Kirchensprengel: Brixen, Trient und Chur. Wie die unten stehende Karte von 1780 3 verdeutlicht [violette Markierung], war der Sprengel des Bistums Chur mit den beiden Dekanaten Vinschgau und Walgau der größte und landesgeschichtlich bedeutendste Teil für einen auswärtigen Oberhirten in Tirol. Abb. 6: Die Diözesen in der Grafschaft Tirol und in Vorarlberg (Karte von Fridolin Dörrer) [BAC.BA] 1 Aquileia, Augsburg, Brixen, Chiemsee, Chur, Feltre, Freising, Padua, Salzburg, Trient und Verona. 2 Michael Forcher, Tirols Geschichte in Wort und Bild, Innsbruck 2004; ders., Kleine Geschichte Tirols, Innsbruck 2006; ders. / Hans Karl Peterlini, Südtirol in Geschichte und Gegenwart, Innsbruck 2010. 3 Karte, nach einer Skizze von Fridolin Dörrer (1953), entnommen aus Karlinger/ Holböck, Vorarlberger Bistumsfrage 52-f. <?page no="30"?> 30 1. Das Gebiet zwischen Ofenbzw. Reschenpass und Meran: Dekanat Vinschgau (Vallis Venusta) Am 18. Februar 1782 erreichte ein auf den 5. Februar datiertes Schreiben des Guberniums in Innsbruck den Churer Bischofssitz. Darin wird Bischof Johann Franz Dionys von Rost nahegelegt, bald möglichst eine exakte Beschreibung des Tirolischen Bistumsanteils mit Nennung der Pfarreien und Anzahl der Seelsorger zu erstellen. 4 Diese Weisung beruhte auf dem kaiserlichen Hofdekret vom 14. Januar 1782, womit Joseph II. »eine idealische Mappe der gesammten Bömisch- und Oesterreichischen Länder, welche die richtigen Gränzen der unterschiedlichen Ordinariaten und bischöflichen Diöcesen, so wie sie jetzt bestehen, enthalten« 5 , einforderte. Der Churer Ordinarius antwortete unter dem Datum vom 26. Februar nach Innsbruck, »aus abgang einer vorhandenen eignen Diocesan Mappe« 6 , also aufgrund des Fehlens einer eigenen Churer Bistumskarte 7 , könne man die Grenzen lediglich auf der vom Gubernium zugesandten kleinen allgemeinen Landkarte in groben Zügen markieren und entsprechend folgende Erklärungen beifügen: Der Tirolische Bistumsanteil umfasse »das halbe Gericht Passeyr, das Landgericht Meran bis an die Passer, das Gericht Castelbell, das Gericht Montani, das Gericht Schlanders, das Gericht Schnals mit der gegen oder in das Özthal sich erstreckende Curatie Fendt [Vent], das Gericht Marienberg, das Gericht Glurns und Mals, das Gericht Naudersberg mit Einschluß der Pfarreyen Galtür und Ischgl« 8 . Auf diesem Territorium befänden sich gegenwärtig »33 Pfarreyen und 6 Curatien, die wegen obliegenden all 4 Original in: BAC, 725.13.015 [Innsbruck / 1782 Februar 5]. - Der Begriff ›Gubernium‹ (von gubernare = steuern, lenken) bezeichnet die zwischen 1763 und 1848 existierende Institution der landesfürstlichen Verwaltungsbehörden in den österreichischen Kronländern. Im Zuge der Verwaltungsreform unter Kaiserin Maria Theresia trat 1763 an die Stelle der Repräsentation und Kammer das Gubernium in Innsbruck als oberste staatliche Verwaltungsbehörde der gefürsteten Graftschaft Tirol, die ihrerseits den in Wien residierenden Zentralbehörden (Hofkanzlei, etc.) unterstellt war. Im Zuge der Verwaltungsreform 1754 wurde Tirol-Vorarlberg in 7 Kreise eingeteilt: [1] Oberinntal (Kreisamt zu Imst), [2] Unterinn- und Wipptal (Kreisamt zu Schwaz), [3] Pustertal und Eisack (Kreisamt zu Dietenheim), [4] Vinschgau, Burggrafenamt und Bezirk an der Etsch (Kreisamt zu Bozen), [5] Trient (Kreisamt zu Trient), [6] italienisches Grenzgebiet (Kreisamt zu Rovereto) und [7] Vorarlberg (Ober- und Kreisamt zu Bregenz). Teile des kirchlichen Territoriums des Dekanats Vinschgau unterstanden dem Kreisamt an der Etsch - als ausführende Institution der vom Gubernium in Innsbruck eintreffenden Weisungen. Teile des Dekanats Walgau waren dem Kreisamt in Bregenz (mit den beiden Vogteiämtern Feldkirch bzw. Bludenz) zugeordnet, die bis 1782 der Landestelle in Freiburg i. Br., danach auch Innsbruck unterstanden (siehe auch unten S. 34, Anm. 12). Das System der Kreisämter hatte in Tirol bis 1808 Bestand. Vgl. Zoller, Taschenbuch VIII. 5 BAC, 725.13.015 [1782 Februar 5]. 6 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi Bd. XVI b (1782-1784), S. 2 [1782 Februar 26]. 7 Im Bischöflichen Archiv Chur liegen überhaupt keine historischen Diözesankarten. Die einzige bekannte »Diözesankarte der Gefürsteten Grafschaft Tirol und der Vorarlbergischen Herrschaften enthaltend« stammt aus dem Jahr 1792 und wurde von Gubernial-Konzipist bei der Regierung in Innsbruck, Johann Anton Pfaundler entworfen (Größe 86,9 × 100,4 cm). Das Original liegt im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (Historische Sammlungen K IX/ 2); dieses ist jedoch gegenwärtig unauffindbar, was eine Publikation unmöglich machte. Grundlage zu Pfaundlers Karte ist der Atlas Tyrolensis von Peter Anich und Blasius Hueber aus dem Jahre 1774 (siehe Peter Anich / Blasius Hueber, Atlas Tyrolensis 1774. Faksimiledruck nach einer Originalausgabe im Besitz des Tiroler Landesarchivs Innsbruck, hrsg. und mit einem Begleitwort versehen von H. Kinzl [= Tiroler Wirtschaftsstudien 30], Innsbruck 1974 [Exemplar in: BAC. BA]; Max Edlinger (Hrsg.), Peter Anich - Atlas Tyrolensis, Innsbruck-Wien-München 1981). Angefügt wurden durch Pfaundler die vorarlbergischen Herrschaften, basierend auf der Vorarlberg-Karte von Blasius Hueber von 1783. Die Diözesankarte zeigt die neuen Grenzverläufe der Bistümer als Ergebnis der Bestrebungen Kaiser Josephs II. Seine Absicht war, die Diözesangrenzen mit den politischen Grenzen mehr oder weniger in Einklang zu bringen (Diözesanregulierung). Pfaundlers Karte wurde nach 13 Jahren vom ersten Hof- und Landes-Baudirektions-Zeichner Philipp Miller 1805 neu gezeichnet. Die angebrachten Änderungen beziehen sich jedoch nur auf politische bzw. verwaltungsmäßige Grenzen im Zusammenhang mit den geistlichen Herrschaften. Im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurden alle geistlichen Herrschaften säkularisiert und benachbarten Ländern bzw. Staaten einverleibt. 8 BAC, 762.17 [1782 Februar 26], S. 2. <?page no="31"?> 31 pfarrlichen Verrichtungen den Pfarreyen gleich zu achten« seien; in der hauptverantwortlichen Pfarrseelsorge stünden 30 Welt- und 3 Ordenspriester. 9 Die Dekanatsgrenze des vielleicht schon seit dem 5. Jahrhundert zum Bistum Chur gehörigen Vinschgau 10 , welche in weiten Teilen zugleich die Churer Bistumsgrenze zu den benachbarten Kirchensprengeln Como, Trient und Brixen bildete, verlief vom Ofenpass über das Stilfserjoch, den Ortler und weiter über den Bergkamm nördlich des Ultentals nach Osten, erreichte bei Forst die Etsch und verlief östlich derselben entlang der Passer weiter bis zum Hauptkamm der Zentralalpen. Eine weitere Grenze hin zum nördlich gelegenen Dekanat Engadin bildete der Reschenpass. Nauders, Spiss und Finstermünz gehörten noch zum Dekanat Engadin; dem Dekanat Vinschgau eingeschrieben waren dagegen die seit 1728 bestehende Kaplanei Vent im hintersten Ötztal (gehörte zur Pfarrei Tschars), das rechte Passeiertal und der obere Teil des Burggrafenamtes mit der Stadt Meran bis zur Mündung der Passer in die Etsch. 11 Neben dem Vikariat in Meran gab es das Provikariat in Schluderns. 9 BAC, 762.17 [1782 Februar 26], S. 2. - Ein weiteres Verzeichnis der Geistlichkeit im tirolischen Anteil (Stand: 31. Juli 1782), expediert am 21. September 1782 an das Gubernium nach Innsbruck, nennt 32 Pfarrherren (darunter 2 Churer Domherren), 91 Kapläne, 30 weitere Priester und 4 Kleriker im Studium (BAC, 762.17 [1782 Juli 31], S. 105). 10 Blaas, Priesterverfolgung 27 f. 11 BAC, 880.01.01-002 Grenzziehung Dekanat Vinschgau (Text von Kanzler Georg Schlechtleutner, um 1784); Ignaz de Luca schrieb 1790: »Vinstgau, auch Vinschtgau, vallis venusta, nimmt seinen Anfang im Gerichte Naudersberg an der sogenannten Malserhaid bey dem See, wo die Etsch entspringen soll, und dehnt sich bis zum Landgerichte Meran, wo eigentlich das Burggrafenamt anfängt.« (Iganz de Luca, Geographisches Handbuch von dem österreichischen Staate. Zweyter Band enthaltend die im österreichischen Kreise gelegenen Länder, Wien (bei Johann Paul Krauss) 1790, 501; Blaas, Priesterverfolgung 27; Fischer, Churer Visitationen 91. Abb. 7: Dekanat Vinschgau (Karte von Albert Fischer) mit der geplanten Neuunterteilung nach Plänen Josephs II. (Dekanat Schluderns / Dekanat Meran) <?page no="32"?> 32 Zu Beginn der Amtszeit Kaiser Josephs II. umfasste das Dekanat Vinschgau in den genannten neun zivilen Gerichten und im bündnerischen Val Müstair folgende Kirchensprengel: Zahl der Pfarreien Gericht Ortsname Pfarrei / Kuratie Passeiertal, Burggrafenamt, Unterer Vinschgau 1 Passeier St. Martin in Passeier Pfarrkirche St. Martin [Atz/ Schatz V, 2-16] 2 Meran Algund Pfarrkirche St. Hippolyt und Cassian [Atz/ Schatz IV, 342-350] 3 Dorf Tirol Pfarrkirche St. Johannes d. T. [Atz/ Schatz IV, 290-308] 4 Gratsch Pfarrkirche St. Peter (war dem Zisterzienserstift Stams inkorporiert) [Atz/ Schatz IV, 326-342] 5 Kuens Pfarrkirche St. Mauritius und Korbinian [Atz/ Schatz IV, 308-316] 6 Meran, Stadt Stadt[pfarr]kirche St. Nikolaus (zu Tirol) [Atz/ Schatz IV, 172-225] 7 Naturns Pfarrkirche St. Zeno [Atz/ Schatz IV, 378-389] 8 Partschins Pfarrkirche St. Peter und Paul [Atz/ Schatz IV, 360-373] --- Pfelders Kuratiekirche St. Jakob (zu St. Martin in Passeier) [Atz/ Schatz V, 20-22] 9 Plaus Pfarrkirche St. Ulrich [Atz/ Schatz IV, 375-378] --- Riffian Kuratiekirche Mater Dolorosa (zu Tirol) [Atz/ Schatz IV, 316-324] 10 Montani Martell Pfarrkirche St. Walburga [Atz/ Schatz V, 92-98] --- Schnals Katharinaberg Kuratiekirche St. Katharina (zu Naturns) [Atz/ Schatz V, 149 f.] 11 Unser Frau, Schnals Pfarrkirche Mariae Aufnahme in den Himmel [Atz/ Schatz V, S. 138-143] --- Kastelbell Marein Kuratiekirche St. Andreas (zu Latsch) [Atz/ Schatz V, 112-114] --- St. Martin am Kofl Kuratiekirche St. Martin (zu Latsch) [Atz/ Schatz V, 127-129] 12 Tschars Pfarrkirche St. Martin [Atz/ Schatz V, 129-135] --- Vent Kuratiekirche St. Jakob d. Ä. (zu Tschars) 13 Schlanders Laas Pfarrkirche St. Johannes d. T. [Atz/ Schatz V, 73-77] 14 Latsch Pfarrkirche St. Peter und Paul [Atz/ Schatz V, 98-112] 15 Schlanders Pfarrkirche Mariae Aufnahme in den Himmel [Atz/ Schatz V, 50-66] <?page no="33"?> 33 Zahl der Pfarreien Gericht Ortsname Pfarrei / Kuratie Oberer Vinschgau 16 Glurns und Mals Agums Pfarrkirche St. Georg [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 788-804] 17 Glurns, Stadt Stadtpfarrkirche St. Pankratius [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 695-719] 18 Laatsch Pfarrkirche St. Luzius [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 893-922] 19 Lichtenberg Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 777-788] 20 Mals Pfarrkirche Mariae Aufnahme in den Himmel [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 641-670] 21 Matsch Pfarrkirche St. Florinus [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 756-777] 22 Schleis Pfarrkirche St. Laurentius [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 922-940] 23 Schluderns Pfarrkirche St. Katharina und St. Agatha [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 722-753] 24 Stilfs Pfarrkirche St. Ulrich [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 822-837] --- Sulden Kuratiekirche St. Gertrud (zu Stilfs) [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 847-854] -- Tanas Kuratiekirche St. Peter und Paul (zu Tschengls) [Atz/ Schatz V, 88-92] 25 Tschengls Pfarrkirche Mariae Geburt [Atz/ Schatz V, 78-86] 26 Marienberg Burgeis Pfarrkirche Maria ohne Erbsünde empfangene Jungfrau und Gottesmutter [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 940-961] 27 Schlinig Pfarrkirche St. Antonius Abt (war der Benediktinerabtei Marienberg inkorporiert) [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 962-980] 28 Naudersberg Graun Pfarrkirche St. Katharina [Tinkhauser/ Rapp V, 124-152] 29 Haid Pfarrkirche St. Valentin [Tinkhauser/ Rapp V, 97-124] Val Müstair 30 Müstair Pfarr- und Klosterkirche St. Johannes d. T. 31 St. Maria Pfarrkirche St. Maria (paritätisch) 32 Taufers Pfarrkirche St. Blasius [Tinkhauser/ Rapp IV.2, 854-893] <?page no="34"?> 34 2. Das Gebiet zwischen Götzis und Paznauntal: Dekanat Walgau (Vallis Drusiana) Am 25. Februar ging von der Landesstelle 12 der Österreichischen Vorlande 13 in Freiburg i. Br. ein am 6. Februar erstelltes Schreiben in Chur ein, welches auch die Grenzziehung des Churer Bistumsanteils im Vorarlbergischen inklusive Nennung der dortigen Pfarreien mit Anzahl der Seelsorger (Welt- und Ordensgeistliche) verlangte. 14 Am 1. März 1782 antwortete der Bischof auf das Schreiben der Landesstelle in Freiburg i. Br. 15 Wie für Tirol würden die Grenzen des Vorarlberger Anteils aufgrund des Fehlens einer eigenen Diözesankarte lediglich in die zuvor zugesandte allgemeine Landkarte eingezeichnet und mit folgenden [doch wenig aussagekräftigen] Erklärungen ergänzt. Der besagte Anteil grenze an »die Grafschaft Hohenems«; als Grenzfluss ziehe sich von dort »einerseits der Rhein bis an die Vadutzische Herrschaft Schellenberg, andererseits die Linie bis an die Herrschaft Blumenegg«. Das Tal Montafon schließlich grenze an »die Bündtnerische Landschaft Prettigau und das anstossende Tyrol«, und die »Sonnenbergischen Herrschaft« grenze abermals an Tirol. In diesem Bistumsteil bestünden 41 Pfarreien und 1 Kuratie; außer 3 Regularen seien ansonsten alles Weltpriester im Einsatz. 16 Im Verlauf des 7. Jahrhunderts dürfte die Christianisierung des vorarlbergischen Gebietes zum Abschluss gekommen sein; »unbestrittenes Zentrum des kirchlichen Lebens im Vorderland« 17 war Rankweil. Das Urbar des Reichgutes in Churrätien aus der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts 18 führt bereits diverse Reichs- und Königshöfe mit dazugehörigen Kirchen aus diesem Gebiet auf; in den Angaben dazu findet sich der Vermerk, dass die betreffenden Dörfer, ›villae‹ genannt, an die jeweili- 12 1752 ließ Kaiserin Maria Theresia für die bisher zu Tirol gehörigen Vorlande, den Breisgau, Schwäbisch-Österreich und Vorarlberg eine eigene Oberbehörde einrichten, die von den Innsbrucker Behörden unabhängig und direkt der Wiener Hofstelle untergeordnet sein sollte. Konstanz wurde Sitz der Verwaltung, Freiburg i. Br. Sitz der Justizbehörde, d. h. der Regierung (Tätigkeitsaufnahme ab 1. Januar 1753). 1759 beschloss die kaiserliche Regierung in Wien, die bisherige Trennung von Repräsentation und Kammer einerseits und Regierung andererseits aufzuheben. Am 24. Juli 1759 erging die kaiserliche Resolution, durch welche die Konstanzer Repräsentation aufgehoben und nach Freiburg i. Br. verlegt wurde. Zum Präsidenten der vereinigten Repräsentation, Regierung und Kammer bestimmte Maria Theresia Joseph Thaddäus Johann Nepomuk Freiherr von Sumeraw. Die Pläne Kaiser Josephs II. für die Reform der Länderverwaltung 1781, wonach er die Zahl der Mittelbehörden vermindern und die Gubernien (Landesstellen) von zwölf auf sechs reduzieren wollte, hätten auch Vorderösterreich entscheidend getroffen. Da der Kaiser aber bereits im November 1781 auf die Durchführung dieser Überlegungen verzichtete, änderte sich an der Verwaltungszugehörigkeit der gesamten Vorlande nichts. Erst durch kaiserliche Verfügung vom 8. April 1782 wurde Vorarlberg administrativ von den Vorlanden wieder getrennt und dem Tiroler Gubernium mit Sitz in Innsbruck unterstellt. Seit Juni 1782 kamen alle Schreiben in staatskirchlichen Angelegenheiten an den Churer Bischof aus Innsbruck [vgl. BAC, 725]. Ausführlich siehe Franz Quarthal, Zur Geschichte der Verwaltung der österreichischen Vorlande, in: Ders., Birgit Dürr, Georg Wieland (Hrsg.), Die Behördenorganisation Vorderösterreichs von 1773 bis 1803 und die Beamten in Verwaltung, Justiz und Unterrichtswesen [= Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts 43], Bühl-Baden 1977, 43-162; ferner Franz Quarthal, Gerhard Faix (Hrsg.), Die Habsburger im deutschen Südwesten. Neue Forschungen zur Geschichte Vorderösterreichs, Stuttgart 2000. 13 Vorderösterreich, früher Vorlande, ist ein Sammelname für die früheren Besitzungen der Habsburger westlich von Tirol und Bayern. 14 Original in: BAC, 725.13.017 [Freiburg i. Br. / 1782 Februar 6]. 15 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi Bd. XVI b (1782-1784), S. 3 [1782 März 1]. 16 BAC, 762.17 [1782 März 1], S. 3. - Das am 21. September 1782 von Chur nach Innsbruck abgesandte Verzeichnis für den vorarlbergischen Anteil (Stand: 31. Juli 1782) nennt 37 Pfarrherren (darunter 3 Churer Kanoniker), 40 Kapläne, 10 weitere Priester und 3 noch im Studium befindliche Kleriker (BAC, 762.17 [1782 Juli 31], S. 105). 17 Fliri, Drusianische Kapitel 15-17, hier 15. 18 BUB I (1955) [Anhang] 373-396; entsprechender Abschnitt über die Einkünfte der Churer Kirche im Drusentalgau als Abschrift von Aegidius Tschudi in Handschrift 609 der Stiftsbibliothek St. Gallen (nach einer fragmentarisch erhaltenen Urbarabschrift) in: Erhard, Königsbesitz 88-94. <?page no="35"?> 35 ge Kirche den Zehnten zu entrichten hatten. Das spricht dafür, dass es sich hierbei bereits um »eine organisierte Pfarrseelsorge« handelte bzw. die genannten ›ecclesiae‹ also Pfarrkirchen waren. 19 Wahrscheinlich durch den fränkisch-merowingischen König Dagobert II. (um 675-679) geschah die Abgrenzung und Neubeschreibung der Diözesen Chur, Konstanz und Augsburg, welche bis 1816 Bestand haben sollte. Vorarlberg war danach drei Kirchensprengeln zugeteilt: Konstanz (Norden), Chur (Süden) und Augsburg (östliche Teil des Kleinwalsertals). 20 »Zwischen Konstanz und Chur bildete im Rheintal der unscheinbare Bützenbach zwischen Hohenems und Götzis die Grenzscheide 21 , hiemit zugleich Ober- und Unterland scheidend, im weiteren Verlauf sich gegen den Tannberg, bzw. den Schadonapass hinziehend, in der Weise, dass das Gericht (die Landschaft) Damüls noch zu Chur gehörte.« 22 Die Grenze zwischen Augsburg und Chur verlief (wahrscheinlich) vom Quellgebiet des Lechs ostwärts über den Flexenpass gegen den Arlberg. Der Churer Anteil des Vorarlbergs - Capitulum Drusianum 23 genannt −, zu dem die freie Reichsherrschaft Blumenegg (bis 1804) und zwischen 1717 und 1808 auch das Territorium des Fürstentums Liechtenstein gehörten 24 , war eingeteilt in das Vikariat (oder Dekanat) Feldkirch und das Provikariat St. Gallenkirch im Montafon; zu letzterem gehörte von 1635 bis 1818 das obere Paznauntal mit den beiden Pfarreien Galltür und Ischgl sowie der Expositur Mathon. Zu Beginn der Regierungszeit Kaiser Josephs II. (1780) umfasste das Dekanat Walgau in neun Gerichten des Vorarlbergs inklusiv des Paznauntals und des liechtensteinischen Fürstentums folgende Pfarrsprengel und Kuratien, wovon 8 Pfarreien diversen, außer Land liegenden Klöstern inkorporiert waren: 19 Ulmer, Erläuterungen 28. - Dazu gehörten in alphabetischer Abfolge Altenstadt, Bludenz, Bludesch, Bürs, Frastanz, Ludesch, Nenzing, Nüziders, Rankweil (St. Peter und Liebfrauenberg), Röthis, Satteins, Schlins, Schnifis, Thüringen und Viktorsberg. Siehe auch Erhard, Königsbesitz 95-99. 20 Gatz, Atlas 68 f. (Augsburg), 90 f. (Konstanz), 200 f. (Chur). 21 Traditionell wird als die alte Diözesangrenze zwischen Chur und Konstanz der Bützenbach angegeben, der zwischen Hohenems und Götzis fließt. In Wirklichkeit war die Grenze der mitten durch das Hohenemser Siedlungsgebiet fließende Wildbach, »der in der Hälfte zwischen Hohenems-Ortsmitte und Schwefelbad die Reichsstraße erreicht und an deren Seite bis fast zur Hohenemser Weberei und Druckerei und von dort rechtsseitig durch das Fabrikgelände in die Ach sich hinzieht« (Ulmer, Erläuterungen 30). Diese Linienführung bildete bis 1785 gleichzeitig die Pfarrgrenze zwischen Hohenems und Götzis. Vgl. auch Fliri, Drusianische Kapitel 15. 22 Ulmer, Erläuterungen 29; siehe ferner Alois Niederstätter, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1: Vorarlberg im Mittelalter, Innsbruck 2014, 141-146, hier 141. 23 Zum Namen »Drusental« siehe Peter Erhard, Die urkundliche Überlieferung, in: Ders. (Hrsg.), Das Drusental. Der Walgau und Vorderland im frühen Mittelalter [= Elementa Walgau: Schriftenreihe 7], Nenzing 2009, 23-82, hier 23-26; Fliri, Drusianische Kaptiel 23-38 (mit einer Übersicht der Dekane). 24 Fliri, Dursianische Kapitel 22. - Bis 1717 waren die Liechtensteiner Pfarreien dem Churer Dekanat »Unter der Landquart« zugeordnet. <?page no="36"?> 36 Abb. 8: Die Vorarlbergischen Herrschaften um 1783 [BAC.BA] <?page no="37"?> 37 Zahl der Pfarreien Gericht / Herrschaft Ortsname (in alphabetischer Folge) Pfarrei / Kuratie 1 Gericht Rankweil Altenstadt Pfarrkirche St. Pankratius und Zeno [Rapp, Beschreibung I, 304-326] 2 Feldkirch, Stadt Stadtpfarrkirche St. Nikolaus [Rapp, Beschreibung I, 43-76] 3 Göfis Pfarrkirche St. Luzius [Rapp, Beschreibung II, 42-75] 4 Meiningen Pfarrkirche St. Agatha [Rapp, Beschreibung I, 369-381] 5 Nofels Pfarrkirche Mariae Heimsuchung [Rapp, Beschreibung I, 289-304] 6 Rankweil Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariae Heimsuchung [Rapp, Beschreibung I, 672-805] 7 Rankweil Pfarrkirche St. Peter [Rapp, Beschreibung I, 619-672] 8 Tisis Pfarrkirche St. Michael [Rapp, Beschreibung I, 224-256] 9 Tosters Pfarrkirche St. Cornelius und Cyprian [Rapp, Beschreibung I, 267-289] 10 Übersaxen Pfarrkirche St. Bartholomäus [Rapp, Beschreibung II, 218-240] 11 Weiler Pfarrkirche Allerheiligen [Rapp, Beschreibung I, 500-512] 12 Gericht Sulz Fraxern Pfarrkirche St. Jakobus d. Ä. [Rapp, Beschreibung I, 512-532] 13 Götzis Pfarrkirche St. Ulrich [Rapp, Beschreibung I, 412-469] 14 Klaus Pfarrkirche St. Agnes [Rapp, Beschreibung I, 486-500] 15 Laterns Pfarrkirche St. Nikolaus [Rapp, Beschreibung II, 1-33] 16 Röthis Pfarrkirche St. Martin [Rapp, Beschreibung I, 556-581] 17 Gericht Neuburg Koblach Pfarrkirche St. Kilian (war dem Augustiner-Chorherrenstift in Kreuzlingen inkorporiert) [Rapp, Beschreibung I, 382-390] 18 Gericht Jagdberg Satteins Pfarrkirche St. Georg [Rapp, Beschreibung II, 75-102] 19 Schlins Pfarrkirche Mariae Unbefleckte Empfängnis [Rapp, Beschreibung II, 102-147] 20 Schnifis Pfarrkirche St. Johannes d. T. (bis heute der Benediktinerabtei Einsiedeln inkorporriert) [Rapp, Beschreibung II, 147-180] <?page no="38"?> 38 Zahl der Pfarreien Gericht / Herrschaft Ortsname (in alphabetischer Folge) Pfarrei / Kuratie 21 Gericht Damüls Damüls Pfarrkirche St. Nikolaus [Rapp-Ulmer, Beschreibung V.2, 829-875] 22 Fontanella Pfarrkirche St. Sebastian [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 721-752] 23 Herrschaft St. Gerold St. Gerold Reichspropstei und seit 1779 Pfarrkirche St. Gerold (bis heute der Benediktinerabtei Einsiedeln inkorporiert) [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 605-672] 24 Blons Pfarrkirche Mariae Unbefleckte Empfängnis (bis heute der Benediktinerabtei Einsiedeln inkorporiert) [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 673-692] 25 Freie Reichsherrschaft Blumenegg Bludesch Pfarrkirche St. Jakobus d. Ä. [Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 390-492] 26 Buchboden Pfarrkirche Mariae Geburt [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 753-774] 27 Ludesch Pfarrkirche St. Sebastian [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 819-864] 28 Raggal Pfarrkirche St. Nikolaus und Theodul [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 775-800] 29 Sonntag Pfarrkirche St. Oswald [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 693-720] 30 Thüringen Pfarrkirche St. Stephanus [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VI.2 (VII), 513-576] 31 Herrschaft Sonnenberg Brand Pfarrkirche Mariae Aufnahme in den Himmel 32 Braz Pfarrkirche St. Nikolaus 33 Bürs Pfarrkirche St. Martin 34 Bürserberg Pfarrkirche St. Joseph 35 Dalaas Pfarrkirche St. Oswald 36 Frastanz Pfarrkirche St. Sulpitius [Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 115-240] 37 Klösterle Pfarrkirche St. Johannes d. T. 38 Nenzing Pfarrkirche St. Mauritius [Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 241-366] 39 Nüziders Pfarrkirche St. Viktor (war der Benediktinerabtei Einsiedeln inkorporiert) [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VIII.1, 11-70] 40 Stuben Pfarrkirche Mariae Geburt <?page no="39"?> 39 Zahl der Pfarreien Gericht / Herrschaft Ortsname (in alphabetischer Folge) Pfarrei / Kuratie 41 Herrschaft Bludenz (Montafon) Bludenz, Stadt Stadtpfarrkirche St. Laurentius [Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VIII.1, 71-244] 42 Bartholomäberg Pfarrkirche St. Bartholomäus 43 Gaschurn Pfarrkirche St. Michael 44 Schruns Pfarrkirche St. Jodokus 45 Silbertal Pfarrkirche St. Nikolaus 46 St. Anton im Montafon Pfarrkirche St. Antonius Abt 47 St. Gallenkirch Pfarrkirche St. Gallus --- Stallehr Kuratiekirche Maria Hilf (zu Bludenz) 48 Tschagguns Pfarrkirche Mariae Geburt 49 Vandans Pfarrkirche St. Johannes d. T. 50 Paznauntal (Tirol) Galtür Pfarrkirche St. Martin 51 Ischgl Pfarrkirche St. Nikolaus 52 Fürstentum Liechtenstein (1717-1808 zum Dekanat Walgau) Balzers Pfarrkirche St. Nikolaus und Martin 53 Bendern Pfarrkirche Mariae Aufnahme in den Himmel (war der Prämonstratenserabtei St. Luzi in Chur inkorporiert) 54 Eschen Pfarrkirche St. Martin (war der Benediktinerabtei Pfäfers inkorporiert) 55 Mauren Pfarrkirche St. Peter und Paul (war der Benediktinerabtei Ottobeuren inkorporiert) 56 Schaan Pfarrkirche St. Laurentius 57 Triesen Pfarrkirche St. Gallus und Martin 58 Triesenberg Pfarrkirche St. Joseph <?page no="40"?> 40 Abb. 9 a: Beschreibung der Grenzziehung des tirolischen Anteils des Bistums Chur [BAC] <?page no="41"?> 41 Abb. 9 b: Beschreibung der Grenzziehung des vorarlbergischen Anteils des Bistums Chur [BAC] <?page no="42"?> 42 Abb. 10: Dekanat Walgau (Karte von Albert Fischer) mit der geplanten Neuunterteilung nach Plänen Josephs II. (Dekanat Feldkirch / Dekanat St. Gallenkirch) <?page no="43"?> 43 III. Die josephinischen Klosteraufhebungen in den österreichischen Anteilen des Bistums Chur als »Vorstufe« zu Pfarr- und Seelsorgereformen Die seit 1770 vermehrt angedachten und alsbald auch angeordneten staatlichen Einschränkungen im Bereich des Ordenslebens, welches von Kanzler Kaunitz für Staat und Gesellschaft als »höchst schädlich« bezeichnet worden war und entsprechend eine »unumgängliche« Dezimierung 1 erfordern würde, führten unter Kaiser Joseph II. zum Klosteraufhebungsdekret vom 12. Januar 1782 2 , wonach in den österreichischen Erblanden alle Konvente, die nicht im Bereich des Schulwesens, der Sozial- und Armenfürsorge oder der Seelsorge ihre ›Nützlichkeit‹ erweisen konnten, also die Orden der Kartäuser, Kamaldulenser, Eremiten, Karmeliterinnen, Klarissen, Franziskanerinnen und Kapuzinerinnen, aufgehoben wurden. Mit der Schaffung der Geistlichen Hofkommission im Juni 1782, dies sei hier bereits vorweggenommen, mutierte im Zuge der einsetzenden Pfarrregulierung der Hauptgrund für eine Klosteraufhebung von der ›Nutzlosigkeit‹ hin zur ›Entbehrlichkeit‹, wenn die regulare Institution nicht für die Pastoral dienlich zu sein schien. Damit wurde die Klosteraufhebung alsbald mit dem »Pfarreinrichtungsgeschäft« verknüpft. 3 Das Dekret vom 12. Januar 1782 musste in jedem betroffenen Kloster durch einen landesfürstlichen Kommissar kundgemacht werden, welcher auch, ungeachtet irgendwelcher Klausurvorschriften, die Säkularisation des Konvents zu überwachen hatte. 4 Das Vorgehen des zuständigen Kommissars war immer gleich: a) Vornehmen des Aufhebungsaktes vor Ort und offizielle Inbesitznahme des Klosters, b) Erfassung des Personenstandes und Erstellung des Inventars von Besitz und Gütern, c) vollständige Räumung des Klosters (Wegzug der Ordensleute), d) Übernahme des Vermögens durch die Hofkammer bzw. durch die am 28. Februar 1782 neu geschaffene Religions- und Pfarr- 1 Siehe oben S. 21 - Dem Ordensleben warf man vor, »die Arbeitskraft der hinter Klostermauern lebenden Individuen gehe verloren, und die Gebundenheit des geistlichen Vermögens bedeute einen volkswirtschaftlichen Nachteil« (Kušej, Joseph II. 232). 2 Wortlaut in Klueting, Josephinismus, Nr. 115 [280-282]. - Das Dekret vom 12. Januar 1782 sollte »nur der Auftakt für weitere Aufhebungsaktionen« bilden. »deren Stossrichtung sich zunächst eindeutig gegen die Frauenklöster bzw. gegen die Mendikanten richtete« (Ströbele, Kloster 63). Die vorderösterreichische Regierung in Freiburg i. Br. wurde mit Datum vom 29. Januar 1782 aufgefordert, weitere Ordenshäuser, welche den am 12. Januar formulierten staatlichen Nützlichkeitskriterien nicht entsprachen, zu melden mit dem Vermerk, »ob alle derley Klöstern nicht ebenfalls aufzuhöben seyen« (zitiert ebd. 63). 3 Kušej, Joseph II. 239; siehe ausführlich unten S. 99−232. - Im Auftrag der einzelnen Länderverwaltungsstellen (Gubernien) hatten die Diözesanbischöfe Informationen zu liefern, welche männlichen Ordenshäuser zur Aushilfe in der Seelsorge dienlich seien und welche aufgehoben werden könnten. In manchen Klöstern, die nicht der Aufhebung zum Opfer fielen, wurde der Personalbestand (bis auf die Hälfte) gekürzt - im österreichischen Anteil des Bistums Chur im Kapuzinerkloster in Meran von 36 (27 Patres, 9 Laienbrüder) auf 18 Personen und in den Konventen der Minderbrüder zu Schlanders bzw. Feldkirch von 20 (16 Patres, 4 Laienbrüder) auf je 13 Mitglieder. Das Kapuzinerkloster in Bludenz erfuhr keine Verminderung (12 Geistliche, 3 Laienbrüder), »weil sie [die Patres] zur Aushilfe der Seelsorge nothwenig sind«. In der Benediktinerabtei Marienberg hingegen sollte der Bestand von 30 (27 Patres vor Ort, 7 auswärtige Patres in der Seelsorge/ Schule, 2 Laienbrüder) auf 18 verringert werden. (BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19]; TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787, Fasz. 783, Mappe 1 [1785]; Mappe 5 [1783] Verzeichnis der Mannsklöster in Tirol und Vorarlberg, welche zu bestehen haben). Siehe auch unten S. 149. 4 Zur administrativen Struktur siehe Ströbele, Kloster 78-81. <?page no="44"?> 44 kasse (Religionsfonds). 5 Der zuständige Bischof wurde verpflichtet, den betroffenen Gemeinschaften durch ein sog. »Anweisungsschreiben« zu befehlen, sich in allem, was Regierung und Kommissar anordneten, zu fügen. 6 Joseph II. erlaubte in seinem Dekret den betroffenen Regularen wohl den Eintritt in ausländische Häuser des gleichen Ordens oder in irgendein inländisches Kloster einer anderen Gemeinschaft, doch die praktische Umsetzung erwies sich nur in begrenztem Masse als durchführbar. Ferner gewährte der Kaiser den aufgehobenen Konventen eine Frist von einigen Wochen oder Monaten, damit Nonnen und Mönche sich auf ihr neues Leben »zurück in der Welt« vorbereiten konnten. Zentrales Organ für die Umsetzung der Verordnung war zunächst die Wiener Hofkanzlei; von dort aus wurde das ganze »Aufhebungsgeschäft« geleitet und koordiniert. Ab Mitte Juni 1782 übernahm die Geistliche Hofkommission die Oberaufsicht. 7 Mit Schreiben vom 9. April 1782 informierte das Gubernium in Innsbruck den Churer Bischof zudem über Ausführungsbestimmungen der Hofkanzlei bei Profanisierung von Kirchen bzw. über Vorgehensweisen bei Veräußerung von liturgischen Gerätschaften. Grundsätzlich hatte der gesamte Erlös in die »Pfarr- und Religionskasse« zu fließen. 8 In den Städten waren die Gotteshäuser der aufzuhebenden Klöster »einverständlich mit den betreffenden Ordinarien zu leeren und [die Gerätschaften/ Altäre] nachher zu verkaufen«, weil daselbst genügend Kirchen vorhanden seien und der Erhalt der in einem Inventar zuvor aufgenommenen Gegenstände vor Ort «nicht nötigist« sei. Bei aufzuhebenden Konventen auf dem Land hingegen sei zu beachten, die betroffene Kirche - falls nötig − als Lokalkaplanei für den Gottesdienst zu erhalten. Wo jedoch eine Pfarrkirche in der Nähe sei, könne die Klosterkirche »geleert« und das Inventar zum Verkauf freigegeben werden. Bei Veräußerung der liturgischen Gerätschaften, Ornate, Statuen und Bilder sollten Anfragen von bedürftigen Pfarreien oder neu einzurichtenden Lokalkaplaneien Berücksichtigung finden. 9 Am 7. Juni 1782 schließlich erreichte Bischof von Rost aus Innsbruck die Weisung, anhand des am 22. Mai 1782 erlassenen Hofdekrets, Verzeichnisse über Anniversarien, Messen und Stiftungen der aufgehobenen Klöster 5 Siehe hierzu Ströbele, Kloster 82-92. 6 Im Schreiben des Guberniums in Innsbruck vom 20. Januar 1782 an den Churer Bischof wird verfügt, »daß ungesäummt ein Landesfürstlicher Kommissär in jedes der betreffenden Klöster zu Kundmachung dieser allerhöchsten Willensmeynung abgeschicket, von diesem aber in dem ihm aufgetragenen Geschäfte sich an keine Anstände, auch nicht an die Klausur, welche den Landsfürstlichen Kommissarien immer offen stehen müsse, gekehret, zu größerer Vorsicht und Verhütung aller Unanständigkeiten jedoch von dem betreffenden Dioecesano ein Befehl an die Klöster, daß sich selbe der Klausur und anderer Befehle wegen in allem genau zu fügen hätte[n], verlangt werden solle«. (BAC, 725.13.006 Serienakten: Erlasse, Kirchliche Verordnungen der k. k. österreichischen Regierung [1782 Januar 20]). 7 Ströbele, Kloster 76. - Erst Mitte Juni 1782 wurde wie alle anderen kirchenpolitischen Angelegenheiten auch das Geschäft der Klosteraufhebung der neu geschaffenen Geistlichen Hofkommission übertragen. 8 Das Hofdekret vom 5. Oktober 1782 verbot unter strenger Strafe allen Pfarrgemeinden, einzelnen weltlichen Personen und Geistlichen »jede Veräußerung eines geistlichen oder Kirchen-Vermögens, unter was Namen und Vorwand, ohne durch die bey der Landesstelle angesuchte und erhaltene Bewilligung«. Dieses Verbot betraf insbesondere Grundstücke, Kapitalien, Mobilien und Immobilien oder Kostbarkeiten der säkularisierten Klöster. Wortlaut des kaiserlichen Dekrets in: Sammlungen II (1780-1783) Nr. CXXVII, S. 213-215. 9 Original des Schreibens in: BAC, 725.13.041 [1782 April 9]. Wortlaut im Anhang, Quellentext Nr. 2, siehe unten S.-274-f. Am 28. Mai 1782 folgten weitere Ausführungsbestimmungen zwecks geordneter Verteilung der Gerätschaften aus den Kirchen der aufgehobenen Klöster. Darin heißt es: »Alle eigentliche Vasa scara, das ist Monstranzen, Kelche, Ciborien, die von besondern Werthe sind«, sollen den vermögenden (Pfarr-) Kirchen in der Weise angetragen und überlassen werden, dass diese den Wert »in baaren Gelde« oder durch Tausch anderer minder kostbaren liturgischen Gerätschaften an ärmere Pfarreien zu erstatten haben. Mit der Verteilung der »Kirchen Requisiten« sei jedoch »bis zum berichtigten Pfarr-Eintheilungs Geschäfte« noch zuzuwarten. Von den Ordinarien möge zuerst ein genaues Verzeichnis erstellt werden, woraus man die konkrete Zahl von bedürftigen Pfarreien und Kaplaneien sowie ihre Bedürfnisse an liturgischem Gerät ersehe. (Original in: BAC, 725.13.052 [1782 Mai 28]). Diese Angaben wurden von Bischof von Rost am 30. September 1782 in Chur erstellt und am 12. Oktober nach Innsbruck abgeschickt (Abschrift in: BAC, 762.17 [1782 September 30], S. 112-115], siehe unten S. 110-f. <?page no="45"?> 45 einzureichen und diese mit Vorschlägen zur bestmöglichen Verteilung an Pfarreien und Kaplaneien zu versehen. 10 In den beiden Churer Dekanaten Walgau und Vinschgau waren 1782 das Klarissenkloster in Valduna bei Rankweil, die Kartause Allerengelberg im Schnalstal, das Dominikanerinnenkloster Maria Steinach in Algund und das Klarissenkloster in der Stadt Meran von der josephinischen Zwangsmaßnahme betroffen. 11 1785 erfolgte auch die Schließung des Minoritenklosters auf dem Viktorsberg oberhalb von Röthis, 1786 die Aufhebung des Hieronymitanerklosters am Josephsberg bei Meran. 12 1. Die Aufhebung des Klarissenklosters in Meran (1782) Über 470 Jahre prägte das am 2. März 1309 durch Herzogin Euphemia (1281-1347), Gemahlin Herzogs Otto III. von Kärnten (um 1265-1310), gegründete Klarissenkloster am Kornplatz das Stadtbild von Meran. 13 Neben der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 14 - sie gehörte bis 1921 zur Großpfarrei Dorf Tirol-Meran (seit 1665 residierte der Pfarrer von Tirol jedoch in Meran) 15 - war die Klosterkirche St. Maria der bedeutendste Sakralbau der Stadt an der Passer ([angeblich] konsekriert 10 Original des Schreibens in: BAC, 725.13.056. - Zur Thematik der zu applizierenden Messen, welche in den aufgehobenen Klöstern im Laufe der Zeit gestiftet worden waren, siehe (am Beispiel des Klarissenklosters Valduna dargestellt) unten S. 79-82. 11 Im »Verzeichniß aller vom Jahre 1782 bis 1783 inklusive in den sämtlichen k. k. Staaten erloschenen Manns- und Frauenorden« aufgeführt, abgedruckt in Klueting, Josephinismus, Nr. 116 [282-285, hier 284 f.]. Zur Klosteraufhebung im österreichischen Anteil des Bistums Chur siehe Schlapp, Dionys Graf von Rost 82-89. Die drei im Land Tirol und Vorarlberg nach der josephinischen Aufhebungswelle weiter bestehenden Frauenklöster beschäftigten ihre Konventualinnen in Erziehung und Schultätigkeit: die Englischen Fräulein in Meran (Bestand 29), die Dominikanerinnen zu St. Peter in Bludenz (19) und die Dominikanerinnen in Altenstadt (28) [TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787, Fasz. 783, Mappe 3 [1785] Verzeichnis der Frauenklöster). 12 Bereits 1783 wurden die beiden Klöster auf die Liste der noch aufzuhebenden Männerkonvente gesetzt mit der Begründung, sie würden »in der Seelsorge keinen beträchtlichen Dienst leisten« und seien daher «entbehrlich«; vorgesehen war damals auch die Aufhebung des Kapuzinerhospizes in Mals (Bestand 1783: 6 Geistliche, 1 Bruder) [TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787, Fasz. 783, Mappe 5 [1783], darin: Verzeichnis der Mannsklöster in Tirol und Vorarlberg, welche aufzuheben sind). 13 Die wichtigsten primären Quellen zur Geschichte des Meraner Klarissenklosters sind die zahlreichen noch erhaltenen Originalurkunden; der Großteil derselben befindet sich in den Urkundensammlungen des Tiroler Landesarchivs bzw. in den Sammlungen von Originalurkunden der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum (vgl. Ludwig Schönach, Urkundenbuch des [ehemaligen] Klarissenklosters in Meran, in: Bibliothek des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Wien 1856). Kleinere Bestände verwahren das Südtiroler Landesarchiv in Bozen [SLA, Archiv des Klarissenklosters Meran 1325-1801 (darunter 5 Pergamenturkunden aus den Jahren 1325, 1341, 1388, 1407, 1472)] und das Stadtarchiv Meran (u.a. Chronik und Urbar des Meraner Klarissenklosters mit Urkundenverzeichnis 1697-1768 [SAM, Sammlung Auffinger 7]). − Zur bislang nur spärlich aufgearbeiteten Geschichte des Klosters siehe: P. A. Hohenegger, Historische Notizen über das ehemalige Klarissenkloster in Meran, 45 Seiten [Exemplar in: SAM, Buchbestände Nr. 133]; Maximilian Straganz, Zur Geschichte des Klarissenklosters Meran in den ersten 200 Jahren seines Bestandes (1309-1518), in: Forschungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs, IV. Jg., Innsbruck 1907; Hoeniger, Frauenklöster 347-351; Martin Laimer, Das Meraner Klarissenkloster, Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Geisteswissenschaften an der Leopold-Franzen-Universität Innsbruck, Innsbruck 1994 (Typoskript) [Kopie in: SAM, Buchbestände Nr. 300 (Signatur: MG.LAI)], mit Angaben der wichtigsten Quellen S. 36-40; zuletzt Elisabeth Stampfer, Die mittelalterliche Ausstattung der ehemaligen Meraner Klarissenkirche, Wien 2011 [Diplomarbeit, Typoskript]. 14 Stadtpfarrkirche St. Nikolaus Meran. Ein Gotteshaus im Wandel der Zeit, hrsg. von der Pfarrgemeinde St. Nikolaus Meran, Meran 2003. 15 Fischer, Churer Visitationen 396-424. <?page no="46"?> 46 am 8. Oktober 1310). Die Klarissen (Ordo sanctae Clarae [OSCl]) 16 waren zudem der einzige ins Mittelalter zurückreichende Frauenkonvent in Meran. Das Kloster entwickelte sich zu einem Zentrum der Marienverehrung im Burggrafenamt, beherbergte lokale Bruderschaften und Zünfte. Die Kirche ihrerseits erwuchs zu einer gern gewählten Begräbnisstätte von bedeutenden Bürgern und Bürgerinnen der Stadt und von Adeligen, welche die ebenfalls größtenteils aus dem Adel stammenden Klarissen durch Stiftungen und Schenkungen nachhaltig zu fördern wussten. In den im 14. und 15. Jahrhundert ausgefertigten Freiheitsbriefen der Tiroler Landesfürsten wurden die Nonnen in Meran trotz der Pflicht zu persönlicher Armut mit Zollfreiheit auf verschiedene Güter und mit vielen Privilegien bedacht, so dass das Kloster bald über Besitzungen und Zinsen in praktisch allen Landesteilen Südtirols verfügte. 17 Die im Zuge der Tiroler Bauernunruhen 18 im Jahre 1525 verwüsteten Kirchen- und Klostergebäulichkeiten konnten erfolgreich wiederhergestellt werden; 1603 verband man dann die Klosterkirche mit einer Rundbogen-Verbindungsbrücke über den Rennweg mit der Katharinenkapelle. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts überschatteten die Konflikte mit den Churer Bischöfen in Bezug auf ihr Visitationsrecht des Klosters und trübten fortan die Beziehungen mit Chur bis zur Aufhebung 1782. 19 Ungeachtet dessen erfolgten die Bestätigungen der 16 Zur Ordensgeschichte siehe Karl Suso Frank, Art. Franziskaner, Minoriten, Kapuziner, Klarissen, in: Georg Schwaiger, Mönchtum - Orden - Klöster. Ein Lexikon, München 1994, 188-218, hier 211-216; Dieter Berg, Art. Klarissen, in: LThK 3 6 (1997) 113 f. [Lit.]. 17 Der im Stadtarchiv Meran aufbewahrte voluminöse Band des sog. Stockurbars des Klarissenklosters aus dem Jahre 1649 enthält Aufzeichnungen des grundherrlichen Besitzes, der Einnahmen, Zinsen und Privilegien des Konvents (SAM, Archiv Isser 24). 18 Helmut Gritsch, Sozialrevolutionäre Unruhen im Vinschgau im 16. Jahrhundert, in: Rainer Loose (Hrsg.), Der Vinschgau und seine Nachbarräume, Bozen 1993, 181-194. 19 Der Churer Bischof Ulrich VI. de Mont (1661-1692) führte seine Ansprüche auf eine päpstliche Bulle aus dem Jahre 1660 zurück, womit ihm folgende Hauptpunkte zugesichert werden: 1. Recht der Visitation über die Frauenklöster in seiner Diözese, 2. Anwesenheitsrecht bei der Wahl einer Äbtissin, 3. Anrecht auf Einblick in die Rechenschaftsberichte über die Klosterverwaltung, 4. (Eignungs-)Prüfung des örtlichen Beichtvaters. Die Klarissen in Meran und ihre geistlichen Betreuer (Minoritenpatres der österreichischen Provinz) suchten im Streit mit dem Churer Bischof Zuflucht Abb. 11 [links]: 1603 erstellte Rundbogen-Verbindungsbrücke (Detail aus dem Kupferstich von Benedikt Auer, 1722-1792) [Original im Stadtmuseum Meran] Abb. 12 [rechts]: Titelseite des Stockurbars von 1649 aus dem Klarissenkloster [SAM] <?page no="47"?> 47 Rechte und Freiheiten durch die Landesfürsten kontinuierlich weiter, ein letztes Mal 1743 durch Kaiserin Maria Theresia. Die Aufhebung des Klarissenklosters 1782 20 durch Joseph II. lässt sich aufgrund der reichhaltigen Aktenlage im Tiroler Landesarchiv 21 , im Stadtarchiv Meran 22 und im Bischöflichen Archiv Chur 23 nahezu lückenlos rekonstruieren. Kurz nach dem 12. Januar 1782 wurde dem Kloster zusammen mit einer Abschrift des kaiserlichen Dekrets die Aufhebung angekündigt. Dem zuständigen Churer Ordinarius, Johann Franz Dionys von Rost, legte das Gubernium in Innsbruck nahe, das Anweisungsschreiben »ungesäummt auszufertigen« und dieses in einem verschlossenen Couvert an den Kreishauptmann im Vinschgau und Burggrafenamt mit Sitz in Bozen, Franz Anton von Triangi, zu senden. 24 Letzterer hatte das bischöfliche Schreiben dann an den mit der Aufhebung betrauten landesfürstlichen Kommissar Karl Ignaz von Schenk weiter zu leiten, welcher für seine Arbeit bereits am 27. Januar 1782 in Meran eingetroffen war. Bischof von Rost erließ am 1. Februar 1782 zwei gleichlautende Anweisungsschreiben für die beiden aufzuhebenden Institutionen in Meran und im Schnalstal. 25 Darin heißt es geradezu hilflos: »Es ist uns nicht anders übrig, als dem an uns gestellten Anverlangen zu folgen, alle und jede dahin anzuweisen, daß sie mehrerwähnte allerhöchste Verordnung [der Klosteraufhebung] mit den weitern dahin einschlagenden Verfügungen mit all jener Ehrerbietigkeit und Unterwürfigkeit, welche Landesfürstlichen Verordnungen gebührt, empfangen, alle Unanständigkeiten von was immer Art und Gattung sorgfältig vermeiden, und, so schwer es auch zu fallen scheinen mag, sich der fernern Vorsicht mit aller Gelassenheit [zu] überlassen.« 26 Trotz der Aufhebung der Niederlassungen hätten alle männlichen und weiblichen Regularen gemäß ihrer Ordenssatzungen auch fortan »auf dem Weg der Tugenden immer fort zu schreiten«; nur so könne in der Stunde schwerer Prüfung der innerlich aufbrechende »Widerstand der Leidenschaft oder des Eigenwillens« besiegt und dem Willen Gottes besser entsprochen werden. Es könne ferner allen Betroffenen als »Trost dienen, daß die von Seiner Majestät beschlossene Aufhebung dieses Ordenshauses nicht eine Wirkung irgend eines Verbrechens sey, dessen sich selbes oder die Jnwohner/ innen schuldig gemacht hätten«. 27 Der Bischof erteilte allen Betroffenen seinen Segen und versicherte ihnen seinen (wenn auch nur noch) geistigen Beistand. Im Klarissenkloster zu Meran waltete alsbald Karl Ignaz von Schenk seines Amtes: Er versammelte im Refektorium die aus Eppan gebürtige Äbtissin Johanna Franziska von Grustner zu Grustdorf-Reinsberg (1781-1782, gest. 11. April 1790) 28 , alle Nonnen, Novizinnen und den Beichtiger P. Gerhard Knoll OFM, trug die Verordnungen vor und erteilte die Weisung, das Kloster beim Tiroler Landesfürsten. Der Konflikt eskalierte 1669, als Ulrich de Mont auf Einlass- und Visitationsverweigerung Äbtissin und Beichtiger mit dem Bann sowie den Konvent mit dem Interdikt belegte. Die Kirchenstrafe wurde im Sommer 1670 auf Druck des Landesfürsten und Kaisers Leopold I. (1658-1705) wieder aufgehoben, nachdem die Nonnen sich bereit erklärt hatten, ihre Forderungen Rom unter Erbringung entsprechender Quellen über ihre Exemtion vorzulegen. An der römischen Kurie wurde das Begehren jedoch abgewiesen und die Klarissen in Meran zur Unterwerfung unter die bischöfliche Aufsicht und Visitation aufgefordert. Im Bischöflichen Archiv Chur sind diverse, noch nicht aufgearbeitete Aktenstücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert in Bezug auf die Kompetenzstreitigkeiten bei Visitationen im Meraner Klarissenkloster greifbar (BAC, 562.01 / 562.02). 20 Hierzu ausführlich Lindner, Aufhebung 24-41; kurz zusammengefasst Laimer, Klarissenkloster 24-27. 21 TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3928 (1782-1785). 3929 (1782 März-Oktober). 3930 (1782 November-Dezember); TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Sachen, Fasz. 802, II. Teil, Nr. 1: Summarische Consignation über die Restanzen des Klarissen-Frauen-Klosters Meran [Meran 1790 Februar 26]; Literatur: Laimer, Klarissenkloster. 22 SAM, Sammlung Innerhofer [SInn], 1601; SAM, AKT C 610; AKT C 611. 23 BAC, 725.13.006; BAC, 762.16. 24 Original in: BAC, 725.13.006 [1782 Januar 20]. 25 BAC, 762.16 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI a (1779-1782), S. 517-520 [1782 Februar 1 / expediert Februar 2]. 26 BAC, 762.16 [1782 Februar 1], S. 518; zitiert auch in Schlapp, Dionys Graf von Rost 83. 27 BAC, 762.16 [1782 Februar 1], S. 519. 28 Lindner, Aufhebung 39; Liste der Äbtissinnen in: Hohenegger, Notizen (wie S.-45, Anm. 13) 44 f. <?page no="48"?> 48 innerhalb von fünf Monaten zu verlassen. 29 Im Monat Februar wurde das Inventar über das gesamte Vermögen der Niederlassung erstellt (insgesamt 168‘154 Gulden) 30 und den Feldmesser Veit Jordan mit der Anfertigung eines genauen Plans der Klosteranlage beauftragt. 31 Bis 1790 betrug der Erlös der liquidierten Besitzungen des Klarissenklosters, welche in den Religionsfonds flossen: für Mobilien 1‘455 fl., für Realitäten 22‘970 fl., für Urbargefälle 55‘131 fl. 30 xr., für liquidierte Kapitalien 50‘734 fl., Total: 130‘290 fl. 30 xr. 32 Am 5. Juli 1782 verließen 39 Nonnen und 11 Laienschwestern definitiv das Kloster am Kornplatz. 33 Der bisherige Verwalter des Klosters, Bartholomäus Staffler, nun Administrator des aufgehobenen 29 Die drei Novizinnen mussten das Kloster bereits am 1. März 1782 verlassen (Lindner, Aufhebung 41). 30 Ausführlich aufgelistet in Lindner, Aufhebung 28-34. - Das Inventar beinhaltete: Barschaft (ca. 150 fl.), Silberzeug zum Hausgebrauch (Schätzungswert nicht angegeben), Kirchensilber (Gegenstände ohne Gewichtsangaben aufgelistet: 1 silberne Monstranz mit Edelsteinen und Perlen besetzt, 2 Ziborien, 15 silberne und vergoldete Kelche, 4 Paar silberne Opferkännchen, 8 silberne Altarleuchter, 1 silbernes Kruzifix, 2 silberne Rauchfässer, 3 silberne Lampen, 1 silbernes und vergoldetes Handkreuz, 2 silberbeschlagende Messbücher) und Kirchenornate (Gegenstände ohne Bewertung aufgelistet, 11 Ornate, 58 Messgewänder, 65 Alben, 29 Antipendien), Zinn (Gegenstände ohne Bewertung aufgelistet), Tischzeug, Küchen- und anderes Geschirr, Vieh, Nahrungsmittel, Wein- und Essigvorräte, Aktivkapitalien (60‘300 fl.), Grundgülten und Zehnten (72‘884 fl.), liegende Güter ohne Klostergebäude und Kirche (28‘970 fl.), Klostergebäude und Kirche (geschätzter Wert zusammen 6‘000 fl.), Passiva und Schulden (7‘510 fl.). Vom Kirchensilber gelangten am 17. September 1783 per Postwagen nachweislich nur 14 Kelche, 2 silberne Tassen, Opferkännchen, 1 Ziborium und ein weiteres silbernes Gefäß an das Oberösterreichische Zahlamt nach Innsbruck; die übrigen Gegenstände scheinen schon zuvor eigenmächtig in Meran verkauft worden zu sein. (Ebd. 28 f.). Hinweis zum Eingang des Inventariums über das Vermögen des aufgehobenen Klarissenklosters in Meran in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3928 (1782-1785) Klostersachen [1782 Juni 1]. 31 Das Original des von Veit Jordan am 24. Mai 1782 erstellten Lageplans befindet sich im Tiroler Landesarchiv Innsbruck [TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission 1782-1785, Fasz. 3929 (1782 Juni-August), Akt 423]; eine Kopie bewahrt das Stadtarchiv Meran auf (SAM, Pläne und Kartenwerke, Nrn. 949. 1188). 32 Lindner, Aufhebung 35. 33 Das am 17. Dezember 1785 vom Kreisamt an der Etsch ans Gubernium nach Innsbruck abgesandte Verzeichnis der Klarissen zur Zeit der Aufhebung findet sich in Lindner, Aufhebung 39-41. Daraus geht hervor, dass die meisten in Privatwohnungen in Meran lebten und daselbst verstarben. Die Namen der Schwestern und Novizinnen seien hier in alphabetischer Reihenfolge genannt. A) Nonnen: Sr. Crescenza von Buol [†- 1790 in Meran], Sr. Euphrosina Dorfer [†-1826 in Meran], Sr. Clara Ebner [†-1818 in Meran], Sr. Euphemia Egg [†-1806 in Meran], Sr. Rosa Egg [†-1784 in Meran], Sr. Ursula Otilia Forcher [†- 1828 in Meran], Sr. Michaela Gamper [†- 1797 in Meran], Sr. Marta Gram [†-1823 in Meran], Sr. Johanna Franziska von Grustner, Äbtissin [†-1790 in Meran], Sr. Josepha Hauptmann [†-1788 in Meran], Sr. Elisabeth von Ingram [†-1795 in Meran], Sr. Maria Anna Theresia von Ingram [†-1805 in Meran], Sr. Bernardina Isser [†-1804 in Meran], Sr. Dominica Klozner [†-1829 in Meran], Sr. Antonia König [†-1793 in Bozen], Sr. Seraphina Laimer [†- 1815 in Meran], Sr. Gabriela Langenmantel [†- 1787 in Bozen], Sr. Maria Francisca Leiss [†- 1782 in Meran; Nachricht über ihren Tod am 4. August 1782 mit authentischem Zeugnis des Meraner Stadtpfarradministrators Johann Matthäus Walser in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929], Sr. Cordula von Meitinger [†- 1815 in Meran], Sr. Magdalena von Meitinger [†- 1812 in Meran], Sr. Magdalena Moser [†-1819 in Meran], Sr. Johanna von Müller [†-1839 in Meran], Sr. Coleta Perger [†-1814 in Meran], Sr. Maria Pertinger [†-1788 in Dorf Tirol], Sr. Eleonora Porder [†-1819 in Meran], Sr. Maria Anna Pürlin [†-nach 1783 (wo ? )], Sr. Ignatia Rungg [†-1820 in Meran], Sr. Anna Schgör [†-1785 in Algund], Sr. Vincentia von Sepp zu Seppenburg und Kastelruth [†-1818 in Meran], Sr. Johanna Cäcilia Silvner [†-1798 in Dorf Tirol], Sr. Catharina von Sterzinger [†-1797 in Innsbruck], Sr. Francisca Stocker [†-1797 in Algund], Sr. Maria Tanzer [†-1792 in Meran], Sr. Emerentiana Trogmann [†-1812 in Meran], Sr. Dorothea Tschuegg [†-1789 in Meran], Sr. Anna Waldner [†-1786 in Meran], Sr. Barbara Weger [†-1814 in Meran], Sr. Apolonia Widenplatzer [†-1805 in Meran], Sr. Brigitta Winkler [†-1826 in Meran]. B) Laienschwestern: Sr. Anna Harasser [†-? ], Sr. Maria Nössing [†-nach 1783 (wo ? )], Sr. Scholastica Pertinger [†-1806 in Dorf Tirol], Sr. Agatha Reiter [†-nach 1783 (wo ? )], Sr. Anna Schaller [†-1805 in Meran], Sr. Gertrud Tschöll [†-1796 in Meran], weitere fünf Namen von Laienschwestern fehlen. C) Novizinnen: Elisabeth Khuen, Catharina Lanpacher, Maria Anna Kammerer [†-1825 im Klarissenkloster Säben als Sr. Erentraud]. <?page no="49"?> 49 Konvents, schrieb am 8. Juli nach Innsbruck: »Nunmehro solle einer hochloblich Gubernierenden Landesstelle pflichtschuldigst einberichten, wie daß die gesamte Kloster Frauen von dem aldaigen Klarisser Kloster dem 5. ten dieß [dieses Monats] um 3 Uhr morgens würklichen aus- und in ihre vorläufig bestelte weltliche Kost Orte eingetretten seyen. Dießer Austritte war freylich betrübt, indeme das Kloster und die Einsamkeit verlassen sehr viele Thränen gekostet. Ich aber habe a) sogleich die Thiren zur Kloster Kirche sperren lassen, mich sodann b) mittlst zuhanden genohmenen Schlüsslen in den Administrations Besitz des Klosters gesetzet, auch c) denen zur Baurschaft nicht anständigen Dienstbothen, als Mihler, Bedienten, Meßner und dreyen Dienst Mägden deren dienst zu verlassen angekindet; [aber] die übrigen zur Baurschaft angestellte Dienstbothen, neben dem Binder (welchen zu Besorgung deren Weine und des Getrayds erforderlich), behaltn.« 34 Die nach Wegzug der Schwestern gesperrte Klosterkirche wurde am 19. Juni 1787 profanisiert. Die jährlichen Pensionen der 39 Chorfrauen wurden auf je 300 Gulden, die der 11 Laienschwestern auf je 150 Gulden festgesetzt; zudem erhielt jede von ihnen einen Ausstattungsbeitrag von 100 Gulden. Die 3 Novizinnen mussten sich mit einem einmaligen Betrag von 50 Gulden begnügen. 35 Vor der endgültigen Versteigerung der Realitäten waren verschiedene Vorschläge für eine weitere Verwendung des Klosters gemacht worden. Im Oktober 1782 unterbreitete man dem Churer Bischof Johann Franz Dionys von Rost die Möglichkeit zur Verwendung als Priesterhaus; dieser aber gab damals noch zu bedenken, dass die Entfernung zu den anderen Bistumsteilen zu groß sei. 1801 errichtete Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein, welcher zwischen 1799 und 1807 in Meran im ehemaligen Ruffinhaus (heute Sitz des Bezirksgerichts) seine Residenz aufgeschlagen hatte, das Priesterhaus unter Leitung des Regens Gottfried Purtscher dann tatsächlich unweit des ehemaligen Klarissenklosters, nämlich in vier Gebäuden direkt am Vinschgauertor (bestand bis 1807). 36 1788 zog man eine Verwendung als Spital in Betracht. 1790 wurde ein weiterer Vorschlag gemacht, im ehemaligen Kloster das neue Kriminalkreisgericht an der Etsch einzurichten. 37 Mit Datum vom 16. Juli 1790 liegt im Stadtarchiv Meran ein interessantes, bislang nicht bekanntes Dokument 38 , welches sogar eine Wiederherstellung des aufgehobenen Klarissenklosters thematisiert. In diesem nur im Entwurf erhaltenen Schreiben wandte sich der Meraner Stadtrat an Kaiser Leopold II. Die Aufhebung, welche ohne Rücksicht auf die fast 500-jährige Geschichte des Klosters durchgeführt worden sei, habe nicht zuletzt die Stadt Meran in »empfindlichste Nachtheile versetzet«; vor allem die 34 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 (1782 März-Oktober) [1782 Juli 8]; Laimer, Klarissenkloster 24 f. - In einem Schreiben vom 15. Juli 1782 aus Meran an das Gubernium ersucht Staffler, den eventuell nach Innsbruck gelangten Schlüssel zum Archivkasten, welcher gemäß Aussage der Äbtissin diese bei der Aufhebung Kommissar Schenk persönlich eingehändigt habe, zukommen zu lassen. Am 30. Juli antwortete Schenk aus Innsbruck, der gesuchte Schlüssel sei nicht in seinem Besitz; er habe damals alle Schlüssel zu Zimmern und Kästen dem Protokoll schreibenden Aktuar, namens Peer, übergeben (ebd. Fasz. 3929). 35 Die zugesprochenen Beträge für Chorfrauen, so betonte bereits August Lindner, waren um einiges höher als die durch Dekret vom 13. März 1782 allgemein festgesetzten Pensionen für säkularisierte Nonnen (Lindner, Aufhebung 28). In dieser Weisung wird festgelegt: »Und damit sich die Nonnen der aufgehobenen Klöster nicht etwa unruhige Begriffe wegen ihres Unterhaltes auf alle Fälle ihrer Auswahl machen: so wird ihnen kund gemacht, daß iene Klosterfrauen, die in einem verbleibenden, und also entweder in Schulen, in der Kinderzucht und Krankenwartung nützlichen Orden mit vollkommener Annehmung des Instituts übertreten, iährlich zu ihrem Unterhalt 200 fl., iene aber, welche in weltliche Kosten treten, ebenfalls iährlich 200 fl., und zwar so lang sie sich nicht verheirathen, dann iene, die beisammen bleiben, und auf keine dieser beschriebenen Arten austreten, folglich in einem ihnen anzuweisenden Kloster unter der Aufsicht und Vorschrift des Diöcesanus ihr Leben ruhig beschliessen wollen, nur 150 fl., iene endlich, welche sich ausser Lande begeben, keine Pension, sondern nur ein Reisegeld von 100 fl. bekommen werden. Die Laienschwestern sind nach der nämlichen Proporzion, iedoch immer mit 50 fl. weniger, als die Chorschwestern in allen Fällen zu behandeln. Endlich sind zur Equipirung ienen, die in andere Orden übertreten, 60 fl., ienen, die in weltliche Kosten treten 100 fl. einmal für allezeit verwilligt.« (abgedruckt in Klueting, Josephinismus, Nr. 122 [295]). 36 Hierzu ausführlich Fischer, Priesterhaus 75-109. 37 TLA, Jüngeres Gubernium 1790 Klöster, Nr. 2149. 38 SAM, AKT C 611, Nr. 43 [1790 Juli 16 / Entwurf ]. <?page no="50"?> 50 »zahlreichen Armen, die vormals von diesem Kloster gespeiset und mit übriger Nothwendigkeit unterstützet worden« seien, würden dem bereits aufgeschöpften Armenfonds »zur unerträglichen Last fallen«. 39 Zudem fehle es an einer geistlichen Stätte für junge Damen aus Adel und Bürgertum, welche verspürten, ein Gott geweihtes Leben zu führen. »Die noch am Leben sich befindende Frauen wünschen einzig, in das Kloster zurückgestellet zu werden und dortselbs ihre von dem Herrn des Lebens und Tods ausgemessenen Lebens Täge in der vormals reiflich gewählten Ruhe zubringen zu mögen.« 40 Der Stadtrat unterstütze mit seiner Bittschrift das Anliegen der in Meran zerstreut lebenden ehemaligen Nonnen, diesen das ohnehin ungenutze Kloster wieder zur Verfügung zu stellen, wonach die Frauen so sehr »seufzen«. 41 Eine Antwort auf diese »allergehorsamste Bittschrift« konnte nicht gefunden werden. 1792 schließlich richteten die Vertreter der Stadt Meran an das Oberösterreichische Landesgubernium ein letztes Gesuch mit der Bitte, im ehemaligen Klarissenkonvent ein neues Elisabethinerinnen- Kloster einzurichten; es ist nicht wunderlich, dass dieses Gesuch abgelehnt wurde. 42 So kam es am 18. und 19. April 1792 im ehemaligen Kloster zur öffentlichen Versteigerung der Gebäude, Grundstücke, Gerätschaften und Viehbestände. 43 Für 4‘625 Gulden ersteigerte der Bürgermeister von Meran, Anton Simon Isser, das Klostergebäude samt großem Garten, inklusive Kirche und Vorplatz und einem Stall. Die gegenüberliegende Katharinenkapelle erwarb der Maurermeister Joseph Plattner um 455 Gulden. Das Übergabeprotokoll 44 über die versteigerten Güter, erstellt zwischen dem 29. Mai und dem 1. Juni 1792, listet detailliert auf: 1 Kloster, Klostergarten, Stall, Kirche und Vorplatz [geschätzt auf 4‘500 fl.] 45 an Anton Simon Isser, 2 Herren- oder Beichtigerhaus samt Garten und Vorplatz [geschätzt auf 370 fl.] an Johann Leiter, 3 Baumannshaus, früher Wohnsitz des Metzgers, samt Garten und Vorplatz [geschätzt auf 230 fl.] an Joseph Mayr, 4 Metzmühle [geschätzt auf 350 fl.] an Simon Pamer, 5 Tagwerker-Haus samt Garten [geschätzt auf 150 fl.] an Franz Georg von Sagburg, 6 Großer Stadel, Tennen und Stallungen [geschätzt auf 220 fl.] an Maria Anna Maurer, 7 Katharinenkirche [geschätzt auf lediglich 150 fl.] an Joseph Plattner, 8 kleine Wiese hinter der Klostermauer [geschätzt auf 100 fl.] an Reimprecht Plazer, 9 eine Felberpflanzstrecke zwischen dem Hafneranger und der Landstraße [geschätzt auf 30 xr.] an Maria Anna von Hafner, 10 ein Acker mit Weinbau in Gratsch [geschätzt auf 1‘029 fl.] an Maria Götsch, 11 ein Acker mit Weinbau (»Langacker«) [geschätzt auf 1‘770 fl.] an Johann Plazer, 12 die große Etschwiese [geschätzt auf 2‘975 fl.] an Thomas Egghofer, 39 SAM, AKT C 611, Nr. 43 [1790 Juli 16], S. 2. 40 SAM, AKT C 611, Nr. 43 [1790 Juli 16], S. 2. 41 SAM, AKT C 611, Nr. 43 [1790 Juli 16], S. 3. 42 TLA, Jüngeres Gubernium 1792 Klöster, Nr. 1954. 43 SAM, Archiv Isser 18 [Verzaichnuß über denen dem aufgehobenen Klarisser Frauenkloster Meran durch Lizitazion verkauften Realitäten]; SAM Archiv Isser 23 [Urbarium N.o 6 zur Kameral-Administrazion des aufgehobenen Klarisser Kloster Meran 1786/ 1787]; SAM, Archiv Isser 190 [Urbar des Klarissenklosters in Meran 1793]; SAM, Sammlung Innerhofer 1601.13 [Bekanntmachung der öffentlichen Versteigerung, 5. März 1792]; Akten über die erfolgte Versteigerung liegen auch in: StA Bozen, BZ 8,1. 44 SAM, Sammlung Innerhofer 1601.15 [Übergabe-Protokoll des versteigerten Klarissenklosters 1792]; Laimer, Klarissenkloster 26 f. - In der Ankündigung der Versteigerung durch das Gubernium in Innsbruck (Schreiben vom 24. November 1791 an das Kreisamt in Bozen) wird betont, dass die Kirchengerätschaften - Bilder ausgenommen - nicht verkauft werden dürfen (StA Bozen, BZ 8.1). 45 In der Bekanntmachung vom 5. März 1792 durch das Kreisamt Bozen [Druck], womit dieses der am 9. Februar 1792 vom Gubernium angeordneten öffentlichen Versteigerung aller Realitäten und Gerätschaften Rechnung trug, sind alle Schätzungswerte angegeben (SAM, Sammlung Innerhofer 1601.13). <?page no="51"?> 51 13 die kleine oder untere Etschwiese [geschätzt auf 498 fl.] an Anton Frank, 14 ein Acker mit Weinbau in Marling [geschätzt auf 385 fl.] an Johann Menz, 15 die sog. Steuereinnehmer-Wiese [geschätzt auf 150 fl.] an Anton Ferdinand Goldrainer, 16 ein Acker mit Weinbau in Marling (»Molettenleite«) samt angrenzender Wiese [geschätzt auf 500 fl.] an Peter Ladurner. Am 5. November 1792 gelangte am Sitz des Kreisamtes zu Bozen auch das gesamte Urbar des Klarissenklosters zur Versteigerung (geschätzte 77‘292 Gulden) 46 ; Anton Simon Isser bot 81‘500 Gulden und erhielt wiederum den Zuschlag. 47 Das ehemalige Konventsgebäude wurde total umgestaltet: Sein Innenraum erhielt drei durch ein Treppenhaus erschlossene Etagen. Nach weiteren Umbauten, verbunden mit archäologischen Grabungen, sind die Gebäulichkeiten heute Sitz der Südtiroler Volksbank; im ehemaligen Kirchenraum befindet sich die Schalterhalle des Geldinstituts. Abb. 13-15: Ehemaliger Kreuzgang (links) mit Fresken aus der Klosterkirche (Mitte) - Ausblick vom Kreuzgang in den 2011 erstellten Kräutergarten, dahinter Räumlichkeiten der Bank in der früheren Kirche (rechts) [Fotos: A. Fischer] 46 SAM, Sammlung Innerhofer 1601.16 [Bekanntmachung des Kreisamtes in Bozen über die öffentliche Urbarversteigerung, 18. September 1792 (Druck)]. - Vom 28. August 1798 ist ferner das Original des Versteigerungs-Edikts der Grundgülten zum aufgehobenen Klarissenkloster vorhanden (SAM, AKT C 611, Nr. 44); Abschrift des Protokolls über die Versteigerung am 5. November 1792 in: StA Bozen, BZ 8.1); daselbst umfangreiche Aktensammlung für die Jahre 1793 bis 1804 über die Veräußerung und deren Folgen (Abzahlungen). 47 Das Gubernium in Innsbruck genehmigte nach entsprechender Gutheißung durch den Monarchen mit Schreiben vom 16. April 1793 an das Kreisamt Bozen die Versteigerung an den Meraner Bürgermeister. Isser hatte innerhalb der nächsten vier Wochen ein Drittel (27‘166 fl. 40 xr.) »unfehlbar zu erlegen«, den Resten binnen 10 Jahren zu begleichen (Original in: StA Bozen, BZ 8.1 [1793 April 16]). Die Bestätigung des Eingangs der Summe von 27‘166 fl. 40 xr. an das Kreisamt erfolgte am 1. Mai 1793 vom zuständigen kommunalen Administrator Matthias Gasser aus Schenna (Original in: StA Bozen, BZ 8.1). <?page no="52"?> 52 2. Die Aufhebung der Kartause Allerengelberg im Schnalstal (1782) Mit dem erzwungenen Wegzug aller Patres erlosch am 5. bzw. 7. Juli 1782 auch die über 450-jährige Geschichte der Kartause Allerengelberg im Schnalstal. 48 Diese Niederlassung des streng beschaulichen Eremitenordens der katholischen Kirche (Ordo Cartusiensis [OCart]) 49 im fernab gelegenen, nach außen hin abgeschlossenen wie unwirtlichen Schnalstal im Vinschgau wurde laut Urkunde am 25. Januar 1326 auf Burg Tirol von Heinrich VI., Herzog von Kärnten und Graf von Tirol (1265- 1335), gestiftet. 50 Die ersten Kartäuser aus der 1313 von Friedrich III. von Österreich (1289-1330) gegründeten Kartause Mauerbach bei Wien »waren aber sicher bereits im Jahre 1325 im Schnalstal ansässig« 51 Der zu einer Terrasse abflachende Hang, auf dem das heutige Dorf Karthaus liegt, erlaubte den Bau der Klosteranlage in der nach den Ordensregeln vorgesehenen Größenordnung für eine Gemeinschaft von zwölf Mönchen und einen Prior. Die Rekonstruktion der Baugeschichte ist aufgrund der Veränderungen nach 1782 und des verheerenden Brandes von 1924 nur mehr lückenhaft möglich. Baubeginn der Anlage ist auf das Jahr 1330 festzusetzen; die erste Kirche wurde am 25. Januar 1332 zu Ehren des hl. Erzengels Michael eingeweiht. Im Jahr 1506 werden einerseits der schlechte bauliche Zustand beklagt, andererseits aber auch bereits eingeleitete Erneuerungsarbeiten erwähnt: »Item es wer vill ze pauen und ist fast paufellig, das man in vill iaren nicht hat vermugen zu pessern, das wir mit tausend guldin nur die pösen tächer möchten machen; es regnet auf unseren fronaltar. Item wir haben yecz bey fünf iaren gar vill gebawt und gepessert, nemlich […] ain cretzgang von grund gewelbet und gedeckt, […] auch schier alle zellen gedeckt.« 52 Die Bauernunruhen im 16. Jahrhundert, welche auch gegen die gewachsene und einträgliche Grundherrschaft (über 15 Gutshöfe im Schnalstal) 53 , die niedere Gerichtsbarkeit 54 und Zollfreiheit des Klosters gerichtet waren und vor Ort eskalierten, bildeten alsbald den Anlass, die Mauerumfriedung zu verstärken und, durch Schießscharten versehen, zusätzlich zu erhöhen. 55 1738 beklagte Prior Gabriel Froschauer 48 Zur Geschichte der Kartause a) Akten: TLA, Klosterakten H: Kartause Allerengelberg Schnals, Pos. 1-22 [nur Akten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert]; SLA, Klosterarchiv Allerengelberg (Schnals) 1577-1824. Der Bestand aus dem Südtiroler Landesarchiv umfasst Urkunden und Akten, vor allem die Grundherrschaft des Klosters betreffend sowie die Veräußerung des Klosterbesitzes nach dessen Auflösung; es sind dies Kaufbriefe und Reverse (insbesondere Akten zum Gayenhof in Marling). Für Forschungen über Orts- und Wirtschaftsgeschichte des Vinschgaus und Burggrafenamtes kann der Bestand hilfreiche Informationen liefern. b) Literatur: Lindner, Aufhebung 42-78; Mühlberger, Allerengelberg; Josef Riedmann, Die Kartäuser und die Gründung der Kartause in Schnals, in: Der Schlern 65 (1991) 390-404; P. Josef C. Rief OFM, Beiträge zur Geschichte des ehemaligen Kartäuserklosters Allerengelberg in Schnals, Sonderabdruck aus dem Programm des öffentlichen Obergymnasiums der Franziskaner zu Bozen, veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1902-03 / 1903-04, Bozen 1903, 3-56; Bozen 1904, III-VIII. 57-441; Rudolf Baur, Die Kartause Allerengelberg im Schnalstal, Bozen 1970 (im Selbstverlag); Robert Bertel, Die Prioren der Kartause von Schnals, in: Der Schlern 65 (1991) 77-79; ders., Die letzten Kartäuser von Schnals, in: Der Schlern 50 (1976) 606 f.; Helmut Stampfer, Notizen aus der Kartause Schnals, in: Georg Mühlberger / Mercedes Blaas (Hrsg.), Grafschaft Tirol - Terra Venusta. Studien zur Geschichte Tirols, insbesondere des Vinschgaus [= Schlern-Schriften 337], Innsbruck 2007, 97-107; Vom Wirtschaften in der Kartause Allerengelberg 1418-1531. Das »Registrum rubum Montis Omnium Angelorum« der Prioren Laurentius, Johannes und Hieronymus, hrsg., eingeleitet und kommentiert von Wolfgang G. Schöpf, Nordhausen 2010. 49 Zur Ordensgeschichte siehe Georg Schwaiger, Art. Kartäuser, in: Ders. (Hrsg.), Mönchtum - Orden - Klöster. Ein Lexikon, München 1994, 277-283; James Hogg, Art. Kartäuser, in: TRE 17 (1988) 666-673 [Lit.]; ders., Art. Kartäuser, in: LThK 3 5 (1996) 1268-1270 [Lit.]; Mühlberger, Allerengelberg 13-21. 50 Riedmann, Kartäuser (s.o. Anm. 48). Urkundenanhang Nr. 3. 51 Mühlberger, Allerengelberg 27. 52 Zitiert in Mühlberger, Allerengelberg 30. 53 Mühlberger, Allerengelberg 48-51. 54 Mühlberger, Allerengelberg 51-53. 55 Mühlberger, Allerengelberg 78-82. <?page no="53"?> 53 von Moosburg zu Schmalzenhofen (bei Goldrain) [1737-1756] gegenüber Kaiser Karl VI. erneut den erbärmlichen Zustand der Klosteranlage und bat um bessere Dotierung des Konvents. Die darauf ins Auge gefassten Sanierungspläne gelangten nie zur Ausführung. »Sie scheiterten wohl an der stattlichen Summe von 12‘650 Gulden« 56 , welche für den Umbau veranschlagt worden waren, obwohl der Klosterbesitz außerhalb des Schnalstales (in Staben, Tschars, Meran, Marling, Glurns, Gries, Innsbruck und Hall in Tirol) 57 keineswegs als unbedeutend bezeichnet werden kann. Für den religiös-kulturellen Wirkungskreis der Kartäuser war die seit Beginn der Niederlassung in Schnals kontinuierlich gewachsene Klosterbibliothek 58 von Bedeutung; die Ordensregel schreibt ausdrücklich vor, dass der Mönch sich dem Studium und dem Abschreiben geistlicher Schriften zu widmen habe. Als Besonderheit der zur Zeit der Aufhebung 1782 etwa 2‘400 Bände umfassenden Bibliothek von Allerengelberg gelten »die verhältnismäßig zahlreichen Übersetzungen aus dem Lateinischen ins Deutsche, die darauf schließen lassen, dass die Bücher nicht nur dem klosterinternen Gebrauch dienten« 59 . Die guten Beziehungen zu den Herren von Annenberg (Stammsitz: Schloss Annenberg ob Latsch), welche im 15. Jahrhundert eine der bedeutendsten privaten Büchersammlungen Tirols besassen 60 , legen es nahe, dass Familienmitglieder der Annenberg als Gönner und Förderer der Schnalser Klosterbibliothek, aber auch als Auftraggeber für Abschriften und Übersetzungen in Erscheinung traten. Da die Kartäuser gemäß ihrer Regel keine seelsorgerlichen Aufgaben wahrnehmen, lastete die Pastoral im Schnalstal auf den Schultern der Pfarrherren von Naturns und Unser Frau in Schnals. Obwohl bereits im 16. Jahrhundert in Katharinaberg eine Kapelle bestand, errichtete man dort erst nach langem Zögern seitens des Kartäuser Priors am 15. Juni 1735 eine Kuratie mit eigenem Seelsorger in der Person von Anton Ladurner aus Plars 61 ; dieser hatte auf Weisung des Priors nach Ostern an zehn Sonntagen im Jahr auch in der Kartause Dienst zu tun und in der dortigen St. Anna-Kapelle dem Dienstpersonal des Klosters, welches wiederholt das Fehlen der sonntäglichen Erbauung durch Unterweisung beklagte, die Predigt zu halten. 62 Es ist geradezu eine Ironie der Geschichte: Noch 1756 wurde Allerengelberg unter Kaiserin Maria Theresia aus der Ordensprovinz Alemannia superior ausgegliedert und im Zuge der besseren Integration der Kirche in die Organisation und territoriale Verwaltung des Staates der österreichischen Provinz zugeschlagen. Gleichzeitig verlieh die Kaiserin dem örtlichen Prior den Prälatentitel und band ihn damit enger an Wien. Nicht die religiöse Gesinnung und spirituelle Tiefe war für die Ernennung des neuen Priors und ersten Prälaten maßgebend, sondern die freundschaftliche Verbindung und Gesinnung zum Kaiserhof. Der 1756 aus dem Konvent Mauerbach ins Schnalstal entsandte Prior Max Maurisberg (1756-1776), der sich alsbald als ein Lebemensch, eifriger Kartenspieler und Verschwender des Klostervermögens entpuppte, wurde erst auf Druck der Gemeinschaft 1776 abberufen. Ihm folgte dann 1778 mit Pater Ambrosius von Winkler aus Bruneck (1778-1782) als Prälat seiner Majestät wieder eine integre geistliche Größe, welche jedoch alsbald die von Joseph II. staatlich verordnete Aufhebung des Kartäuserordens 1782 erleben musste. 56 Mühlberger, Allerengelberg 33. 57 Mühlberger, Allerengelberg 74-78. 58 Siehe hierzu Walter Neuhauser, Die Bibliothek der Kartause Schnals und ihr Beitrag für ihre Umgebung, in: Der Schlern 65 (1991) 405-419; wieder abgedruckt in Claudia Schretter / Peter Zerlauth (Hrsg.), In libris. Beiträge zur Buch- und Bibliotheksgeschichte von Walter Neuhauser [= Schlern-Schriften 351], Innsbruck 2010, 263-281; ders., Beiträge zur Bibliotheksgeschichte der Kartause Schnals, in: Die Kartäuser in Österreich, Bd. I [= Analecta Cartusiana 83], Salzburg 1980, 48-126. 59 Mühlberger, Allerengelberg 84. 60 Karl Schadelbauer, Die Annenberger Bücherei und ihre Handschrift über die Notariatslehre, in: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum 12 (1932) 197-206. 61 Josef Rottensteiner (Hrsg.), Pfarre zur hl. Katharina in Schnals Katharinaberg, Meran 2 2008, 7. 62 Mühlberger, Allerengelberg 98-100. <?page no="54"?> 54 Im Auftrag der landesfürstlichen Regierung traf Aufhebungskommissar Karl Ignaz von Schenk von Meran her am 5. Februar 1782 63 in der Kartause im Schmalstal ein und eröffnete den versammelten Eremiten den kaiserlichen Entschluss vom 12. Januar zur Aufhebung aller in den österreichischen Erblanden liegenden Kartäuserklöster. Wie die Klarissen hatten auch die Kartäuser fünf Monate Zeit - bis Anfang Juli - ihr angestammtes Zuhause zu verlassen. Bis dahin wurden dem Prior zum täglichen Unterhalt 2 Gulden, jedem Konventualen - 10 Geistliche und 2 Konversenbrüder 64 - 40-xr. zugestanden. Der einzige Novize, Christoph Rudolf Georg von Elzenbaum (aus St. Lorenzen 63 Lindner, Aufhebung 51. - Quellen zur Aufhebung der Kartause Allerengelberg in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 (1782 März-Oktober); SAM, Sammlung Innerhofer 677 (Diverse Akten ab der Aufhebung bis 1826). Darin findet sich der äußerst wertvolle »Verläßliche Grundriß der Karthauß in Schnals wie es bey der Auflösung gestanden«. Ferner: SAM, AKT C 610.7 (Diverse Akten 1791-1795); SAM, Archiv Isser 32 [Grundzinsurbar für die Kammeraladministration 1785]. 64 P. Dominikus Joseph Steiner (aus Waidring/ Tirol) [†-1783 in Innsbruck], P. Johann Sebastian Fleischmann (aus Latsch) [†- 1785 in Latsch], P. Bruno Oberrauch (aus Sarnthein/ Südtirol) [†- 1789 in Sarnthein], P. Anselm Klingler (aus Schwaz/ Tirol) [†-1789 in Schwaz], P. Gabriel von Ingram (aus Meran) [†-1790 in Dorf Tirol], P. Hugo Stecher (aus Haid) [†-1792 in Meran], P. Anton Ladurner (aus Plars) [†-1794 in Oberplars bei Algund], P. Melchior Innerhofer (aus Vöran bei Meran) [†-1797 in Obermais], P. Caspar Schueller (aus Fliess/ Bezirk Landeck) [†-1798 in Fliess], P. Nicolaus Mayrhofer (aus Nauders) [†-1804 in Partschins], Br. Joseph Haag (aus Bratislava, Slovakei) [†-unbekannt], Br. Alois Glatz (aus Töll bei Partschins) [†-1788 in Schlanders] (vgl. Liste der Konventualen in Lindner, Aufhebung 77 f.; Bertel, Kartäuser 606 f.) Abb. 16: Ansicht der Kartause Allerengelberg im Schnalstal um 1750 (Ausschnitt aus dem Ölbild im Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg) [BAC.BA] <?page no="55"?> 55 im Pustertal), erhielt sofort einen einmaligen Betrag in der Höhe von 150 fl. und musste auf Befehl Schenks das Kloster am 21. Februar verlassen; er trat in Brixen ins dortige Priesterseminar ein. 65 Am 1. Juli 1782 erhielt jeder Mönch ein Reisegeld von 100 fl. ausbezahlt. Den 23 Bediensteten des Klosters bewilligte man bis zum Wegzug der Patres täglich je 12 xr. Die am 12. Juli 1782 festgelegten jährlichen Pensionen für die Kartäuser betrugen für den Prior 800 fl., für die Priesterschaft je 300 fl. und für die beiden Brüder je 150 fl. 66 Neben dem aus Chur am 21. Februar abgesandten, lateinisch verfassten bischöflichen »Anweisungsschreiben« 67 erreichte den Konvent Anfang Mai - nach längerem Zögern von Rosts - die Dispens für den Genuss von Fleischspeisen und die Einwilligung zuhanden der Patres, sich künftig als Weltgeistliche zur Verfügung zu stellen (in Chur datiert auf den 30. April 1782), nicht aber die Dispens von den Gelübden. 68 Am Pfingstsonntag, den 19. Mai 1782, legten die Mönche ihr Ordensgewand ab und trugen fortan Weltpriesterkleidung. 69 Doch die aktive (Pfarr-)Seelsorge war für die an ein kontemplatives Leben gewöhnten Mönche keine Variante; die meisten suchten nach ihrem gemeinsamen Weggang am 5. Juli 1782 aus dem Schnalstal ihre Heimatorte auf und ließen sich dort im Umkreis ihrer Familien nieder. Prior Ambrosius von Winkler verstarb infolge eines Reitunfalls bereits am 22. November 1782 auf seinem Familiensitz Lamprechtsburg bei Bruneck. 70 Als Administrator des Klosters und seiner Besitzungen im Schnalstal setzte Kommissar Schenk den bisherigen Klosterrichter Jakob Christoph von Sölder zu Brackenstein ein und stellte ihm als Gehilfe den Klosteraufseher Anton Pohl zur Seite. 71 Für die Erhebung des übrigen Vermögens der Kartause, das außerhalb der Talschaft lag, wurde der ehemalige Landrichter Bartholomäus Staffler in Meran beauftragt. Die zeitraubende Inventarisierung der zerstreuten Liegenschaften 72 von Nauders bis Meran und ihrer Einkünfte konnte erst im September 1782 abgeschlossen werden. Im Besitz des Klosters lagen: Im Schnalstal St. Michael-Klosterkirche, St. Anna-Kapelle, Priorat, Kloster und alle angeschlossenen Gebäude, diverse Wiesen und Äcker, Wald und Alpen, Fischereirecht im ganzen Schnalstal In der Gemeinde Haid Wildsee verbunden mit der Fischenz, dazugehöriges Fischerhaus, diverse Wiesen und Äcker In der Pfarrei Tschars Velzurhof zu Staben, Hasl- und Berghof in Tabland, Amtshaus in Tschars mit Weinberg [geschätzt auf 4‘500 fl.], diverse Wiesen Zwischen Eyrs und Töll Fischereirecht In der Gemeinde Plaus Streumoos zu Obermels (gehörte zum Gayenhof ) In der Stadt Meran Kartäuserhof als Stiftshaus am Rennweg mit Garten (diente als Abstiege der Prioren) In Marling Gayenhof mit Weinberg, Herrenhaus 1 In Tscherms Körbelhof 65 Lindner, Aufhebung 51; Mühlberger, Allerengelberg 107; Bertel, Kartäuser 607 (dort Hinweis: gest. 1810 in Innichen). 66 Lindner, Aufhebung 58. 67 BAC, 762.16 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI a (1779-1782), S. 534 f. [Chur, 1782 Februar 21 (lat.)]. 68 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 35 f. [Chur, 1782 April 30 (lat.)]; Schlapp, Dionys Graf von Rost 84 f. 69 Bereits am 12. Januar 1782 machte ein Gubernialdekret die Entscheidung Josephs II. publik, dass Eremiten und Waldbrüder im Laienstand »binnen 14 Tägen ihre eremiten Kleider auf immer abzulegen« hätten [Sammlungen II (1780- 1783), Nr. XLVII, S. 121-122]. 70 Mühlberger, Allerengelberg 107 f. (Abbildung des Grabsteins für Winkler). 71 Instruktion in 13 Punkten vom 7. Februar 1782 in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 (1782 März-Oktober); Lindner, Aufhebung 52; Mühlberger, Allerengelberg 109. 72 Lindner, Aufhebung 53 f.; SLA, Klosterarchiv Allerengelberg Schnals (diverse Akten zur Grundherrschaft im Etschtal). 1 Im Stadtarchiv Meran befinden sich die Ökonomie- und Verwaltungsrechungen des Kartäusischen Meierhofs zu Gayen für die Jahre 1785-1806 (SAM, Archiv Isser 174); ferner SLA, Klosterarchiv Allerengelberg Schnals, Pos. 30: Akten bzgl. Versteigerung des Gayenhofs und Kauf durch den Unterwirt in Marling, Joseph Menz, 1799. <?page no="56"?> 56 An Kapitalien besaß die Kartause Allerengelberg total 25‘992 fl.; an Barschaft waren 782 fl. 39 xr. vorhanden; die Einträge in den Urbaren wurden auf insgesamt 49‘128 fl. 52 xr. errechnet. 73 Neben zwei kostbaren, mit Edelsteinen besetzen Messkelchen und vier reichbestickten Messgewändern waren weitere 11 Kelche vorhanden, welche den Priestern bei ihrem Wegzug überlassen wurden. Der Schätzungswert des Kirchensilbers, die oben genannten Gegenstände nicht eingerechnet, betrug 1‘217 fl. 38 xr. In der Sakristei fanden sich noch 58 weitere Messgewänder, die zum Teil den Kartäusern käuflich übergeben oder versteigert wurden. Alle Urkunden, andere Archivalien sowie die gesamte Bibliothek wurden 1783, in 45 Kisten verpackt, nach Innsbruck spediert. 74 Der überwiegende Teil der Klostergüter blieb nach dem endgültigen Wegzug der Mönche am 5./ 7. Juli 1782 lange unveräußert. Die von Sölder und Pohl vorgenommene, wohl um 10‘000 Gulden zu niedrig ausgefallene Schätzung aller Klostergüter im Schnalstal (inkl. des Klosters selbst) betrug lediglich 19‘615 fl. 13 xr., was im April 1783 dazu führte, dass das Gubernium in Innsbruck den Wiener Hof ersuchte, mit dem Verkauf der Güter zu beginnen. Die Regierung willigte nur in einen Gesamtverkauf ein und legte dem hierfür zuständigen Sachverwalter Franz Jäger nahe, für den staatlichen Religionsfonds einen möglichst hohen Betrag herauszuholen. 75 Doch die Kauffreudigkeit hielt sich in Grenzen. Erst 1786 meldete sich als einziger Interessent der aus Fano (Provinz Pesaro und Urbino, Italien) stammende Graf Castruccio Francesco Castracane degli Antelminelli (1753-1822), welcher aber noch nie im Schnalstal gewesen war und die örtlichen Gegebenheiten nicht kannte. Gemäß des vom Gubernium in Innsbruck aufgestellten Kaufvertrags vom 1. Oktober 1786 erhielt Castracane alle im Tal gelegenen ehemaligen kartausischen Gebäude, Gärten, Äcker, Wiesen, Bergweiden, Alpen und Waldungen, das Klostergericht sowie die Patronatsrechte auf die Pfarrei Naturns und die Kuratie Katharinaberg. Der junge Adelige hatte innerhalb dreier Jahre zwischen 1787 und 1789 je 4‘333 fl. 20 xr. in tirolischer Währung zu bezahlen. Die Hofbuchhaltung vermochte Joseph II. zu überzeugen, dass dieser Kaufpreis von 13‘000 Gulden für Güter, welche sich quasi außerhalb jeglicher menschlichen Gesellschaft befanden und von Naturns aus nur per Saumpfad erreichbar waren, annehmbar sei. Als Castracane am 6. Oktober 1786 erstmals in einer Tragsänfte am Ort seines neuen Besitzes eintraf, erkannte er bald, dass daraus schwer ein Vermögen zu erwirtschaften war. Mit seinem überstürzten Wegzug Ende Oktober 1786 aus dem unwirtlichen Tal überließ er die Kartause ihrem Schicksal und kümmerte sich auch um die Mahnungen seitens des Guberniums nicht mehr. Mit einer am 2. Februar 1794 erfolgten Versteigerung der Klostergebäude und -güter für insgesamt 11‘926 Gulden gelangten diese als auch die Patronatsrechte an Karl Johann Graf Hendl zu Kastelbell (1735-1809) 76 . Hendl zerstückelte die erworbenen Güter aus dem Schnalstal nach entsprechender Genehmigung des Guberniums sowie der Verwaltung des Religionsfonds und veräußerte sie an einzelne Interessenten; der Verkauf der Parzellen an Einzelpersonen war die »Geburtsstunde« 77 des heutigen Dorfes Karthaus; der daraus erwirtschaftete Gewinn belief sich auf eine Höhe von 23‘000 Gulden. 78 73 Lindner, Aufhebung 54 f. 74 Lindner, Aufhebung 56 f. 75 Zum ganzen Verkaufsgeschäft und den damit verbundenen Auseinandersetzungen siehe Lindner, Aufhebung 59-67; Mühlberger, Allerengelberg 109-114. 76 Klaus Brandstätter, Geschichte der Familie Hendl vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert, in: Schloss Goldrain und die Grafen Hendl, hrsg. vom Südtiroler Kulturinstitut und vom Bildungshaus Schloss Goldrain, Lana 2000, 17-69, hier 51; ders., Der Stammbaum der Hendl, in: ebd. 71-76, hier 75. 77 Mühlberger, Allerengelberg 120. 78 Lindner, Aufhebung 69. <?page no="57"?> 57 Erträge aus dem Verkauf von Gütern der ehemaligen Kartause Allerengelberg 1 Gebiet / Orte Gegenstand Käufer Jahr / Zeitspanne Totalbetrag in Gulden (gerundet) In der Gemeinde Haid Wildsee Fischerhaus und ein zerfallenes Haus Fischenz Tavernatschwiese Gabriel Blaas Balthasar Kofler Michael Pochet 1783 1‘019 fl. 800 fl. 200 fl. 1‘125 fl. 900 fl. 4‘044 fl. Im Schnalstal Klostergebäude (ohne Klosterkirche) und dazugehörige Gebäude Karl Johann Graf Hendl 1794 7‘300 fl. Bewegliches Vermögen 3‘526 fl. Klostergericht über 15 Höfe, Fischenz, Patronatsrechte über Naturns und Katharinaberg 600 fl. Grasrechte 500 fl. Penaudalp mit Hütte, Stallung und Weideland für 34 Kühe und 40 bis 50 Schafe Blasius Rainer [? ] 2‘000 fl. Klosterkirche St. Michael nicht verkauft, im Besitz des Religionsfonds --- --- 13‘926 fl. In der Gemeinde Tschars Velzurhof zu Staben Joseph Telser 1783 6‘514 fl. Haslhof zu Tabland 3‘461 fl. Berghof zu Tabland Anton Gluderer 1783 1‘742 fl. Amtshaus zu Tschars Thomas Maurer 1812 2‘425 fl. Binderhäuschen Peter Jagg [? ] 300 fl. Diverse Wiesen Thomas Maurer Mathias Kofler Franz Jäger Andrea Jäger 1783 2‘965 fl. 17‘407 fl. In Plaus Streumoos zu Obermels (gehörte zum Gayenhof ) Joseph Menz 1798 unbekannt In Marling Gayenhof und Herrenhaus Joseph Menz In Tscherms Körbelhof Carl von Malanotte [? ] unbekannt In Meran Kartäuserhof am Rennweg mit Umschwung Martin Kirchlechner [? ] 4‘000 fl. 4‘000 fl. In Glurns und Nauders Grundgüter [? ] 1825 2‘358 fl. 2‘358 fl. 1 Vgl. Lindner, Aufhebung 68-71. <?page no="58"?> 58 Erträge aus dem Verkauf von Urbargefällen, Zehnten und Zinsen der ehemaligen Kartause Allerengelberg 1 Art Ort, Pfarrsprengel / Name des Guts Käufer Jahr / Zeitspanne Totalbetrag in Gulden (gerundet) Hauptzehnt in der Pfarrei Naturns an das Kelleramt in Meran keine Angaben unbekannt Grundzins Meierhof in Katharinaberg Peter Kofler 1783 8‘189 fl. 8‘189 fl. Grundzinsen in der Pfarrei Unser Frau, Schnals ● Aussergamphof ● Rainhof ● Oberau ● Unterau ● Potair ● Obergurschl ● Untergurschl ● Unterpefrail Jakob Raffeiner Joseph Rainer Georg Rainer Joseph Spechtenhauser Anton Kaserer Christian Gruber Anton Rainer Carl Rainer keine Angaben 70 fl. 106 fl. 66 fl. 116 fl. 128 fl. 901 fl. 894 fl. 401 fl. 2‘682 fl. Grundzinsen in der Kuratie Katharinaberg ● Bösweg ● Saxalp ● Gruebhof ● Niederperfl ● Untervernatsch ● Obervernatsch ● Schrofl ● Nischl ● Platztill ● Mühlgut ● Niederegg ● Mitteregg ● Montfort ● Weinhof zu Vent Johann Gamper Joseph Tappeiner Georg Marchegger Anton Pohl Christian Weithaler Nicolaus Gorfer Christian Kneisl Johann Prugger Johann Gamper Peter Gorfer Johann Gamper Jakob Raffeiner Engelhart Kofler [? ] Steinberger keine Angaben 89 fl. 166 fl. 116 fl. 165 fl. 89 fl. 344 fl. 185 fl. 158 fl. 105 fl. 103 fl. 65 fl. 98 fl. 175 fl. 217 fl. 2‘075 fl. Urbargefälle im Schnalstal Joseph Zangerle 1794 3‘450 fl. 3‘450 fl. Ertrag aus dem Verkauf von Gütern 41‘735 fl. Ertrag aus dem Verkauf von Urbargefällen, Zehnten und Zinsen 16‘396 fl. Gesamttotal 58‘131 fl. 1 Vgl. Lindner, Aufhebung 71 f. Der staatliche Religionsfonds besaß als herrenloses Gut schließlich nur mehr die ehemalige geschlossene Konventskirche St. Michael. Der aus Meran gebürtige Geistliche Joseph Ladurner (1770-1832), seit 1797 Benefiziat in Partschins und eifriger Geschichtsforscher 79 , besuchte selbst das verwahrloste Gotteshaus. Sein aus dem Jahre 1825 stammender Bericht ist erschütternd und 79 Ladurner entdeckte 1820 auf Schloss Knillenberg in Obermais bei Meran den halb zerstörten Bestand der als »Flugisches Archiv« bezeichneten Aktensammlung des Churer Bischofs Johann VI. Flugi von Aspermont (1636-1661). Anhand der von Ladurner zusammengestellten Quellensammlung in 12 Mappen, die sich heute als »Chur-Tirol-Archiv« [CTA] im Bischöflichen Archiv Chur befindet (BAC, 212.01.01-12), verfasste der Geistliche das wertvolle Opus »Die Bischöfe von Chur in ihrer Dauer für das Vinschgau«; die beiden voluminösen Bände werden im Stiftsarchiv der Benediktinerabtei Marienberg aufbewahrt (StiAM, SK.C 1). Auch zur Kartause Allerengelberg verfasste Joseph Ladurner zwei Schriften: »Geschichte der ehemaligen Karthause Allerengelberg im Thale Schnals« (in: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Dip. 1269); »Historisch-topographische Beschreibung des Thales Schnals und der Karthause« [1821] (in: Archiv der Zisterzienserabtei Stams, Ms. Nr. 160). <?page no="59"?> 59 in Bezug auf den bescheidenen Ertrag von knapp 60‘000 Gulden, der im Zuge der Aufhebung der Kartause in den staatlichen Religionsfonds gespült werden konnte, mahnend zugleich: »Tritt man auf die mit Moos und Stechgras bewachsene Schwelle der St. Michaelskirche und öffnet man ihre verwitterte Thüre, so glaubt man [sich] in einen Ort greulicher Verwüstung versetzt. […] Der marmorne Fußboden ist herausgerissen und die Steine zu verschiedenen Zwecken verwendet. Drei nackte Mensen sagen, daß drei Altäre in der Kirche gestanden hatten. […] Der Boden ist von Statuentrümmern bedeckt, wie ein Schlachtfeld von menschlichen Gliedmassen; mitunter liegen Haufen von Stroh durcheinander. […] Wie Schilde auf einer Bahre trauern an den Kirchwänden einige schimmelichte mit fingerdickem Staube überdeckte Gemälde. Auf dem Gewölbe, das dem Einsturze nahe ist, hört man die Regentraufe, da das Dach ganz durchlöchert ist. Kein Fenster umgibt die schöne Kuppel, durch welche die Kirche ihr Licht empfing. Durch die Öffnungen dringt Wind, Regen und Schnee in die Kirche. […] In der großen Sakristei liegt alles darunter und darüber; überall Zerstörung und Entweihung.« 80 80 Zitiert in Mühlberger, Allerengelberg 125 f. Abb. 17: Zeichnung der Kartause Allerengelberg aus der Zeit des Priors P. Gabriel Froschauer (1737-1756) [aus: Rudolf Baur, Die Kartause Allerengelberg im Schnalstal, Bozen 1970] <?page no="60"?> 60 3. Die Aufhebung des Dominikanerinnenklosters Maria Steinach in Algund (1782) Das dritte, von der josephinischen Klosteraufhebung 1782 betroffene Kloster auf dem Territorium des Dekanats Vinschgau liegt in unmittelbarer Nähe der neuen, 1971 eingeweihten Pfarrkirche St. Josef in Algund. Der Ortsteil Steinach galt früher als eigenständige Siedlung, die etwa eine halbe Stunde Fußmarsch von der alten Pfarrkirche St. Hippolyt (heute: Dorf Algund) entfernt liegt. 81 Die Gründung des Dominikanerinnenklosters Maria Steinach in Algund 82 fällt urkundlich nachweisbar auf den 8. September 1241. Auf diesen Tag hatte die Gräfin Adelheid von Tirol (gest. 1275), Gemahlin Meinhards IV. von Götz, anlässlich des 1241 von Papst Gregor IX. (1227-1241) unterstützten Kreuzzuges gegen die Tartaren, an dem auch ihr Vater Albert III. von Tirol (1202- 1253) teilnahm, das Kloster im Burggrafenamt quasi am Fuße ihres Stammschlosses Tirol gestiftet. Leider ist das Original der Stiftungsurkunde zusammen mit anderen wichtigen Dokumenten während der Bauernunruhen im Tirol 1525 vernichtet worden. Den noch erhaltenen Quellen 83 zufolge 81 Franz-Heinz Hye, Geschichte von Algund bei Meran. Bozen 1986. 82 Zur Geschichte des Klosters siehe Karl Atz / Adelgott Schatz, Der deutsche Anteil des Bistums Trient, Bd. IV: Das Dekanat Lana und Meran, Bozen 1907, 352-357; Hoeniger, Frauenklöster 343-347; Greiter / Nothdurfter, Kloster. Darin finden sich ausführliche Angaben über den Klosterbesitz unmittelbar vor der Aufhebung (1781), 200-204, und die äußerst wertvolle Transkription des Urbars von 1781, 205-230; Lindner, Aufhebung 130-145. 83 Der Quellenbestand zum Kloster Maria Steinach vor 1782 ist äußerst klein und zudem lückenhaft. Durch die Brandschatzung während der Bauernunruhen im 16. Jahrhundert und durch die Aufhebung des Konvents 1782 sind unzählige Akten vernichtet worden oder gelten seither als unauffindbar. Was aus dem 1782 wohlgeordneten Klosterarchiv in einem Kasten mit 20 Laden (siehe Lindner, Aufhebung 134 f.) geschehen ist, gibt es bis dato keine Hinweise. Drei Aktenbestände sind dem Autor bekannt: Zum einen der Bestand mit Dokumenten zwischen 1642 und 1859 im Südtiroler Landesarchiv Bozen. Es handelt sich um einen Archivkarton mit einigen wenigen Verwaltungsakten des 17./ 18. Jahrhunderts (13 Original-Papierakten) und Unterlagen zur staatlichen Güterverwaltung nach der Klosteraufhebung (1791−1801) [SLA, Archiv des Dominikanerinnenklosters Maria Steinach, Meran]. Zum zweiten liegt im Kloster selbst, wo heute nur noch eine Dominikanerin lebt, das Urbar aus dem Jahre 1781 - ein in Leder gebundener papierner Folioband (48 x 31 cm) mit 308 Blättern (10 Folien herausgerissen) [siehe Greiter / Nothdurfter, Kloster 205-230]. Ein zweites Exemplar, als »Abschrift« bezeichnet, befindet sich im Meraner Stadtmuseum (33 x 20 cm / 376 Folien). Der dritte Bestand liegt im Bischöflichen Archiv Chur und umfasst nach der Neuordnung 2012 drei Archivschachteln mit Dokumenten zwischen 1501 und 1782 (dazwischen größere Lücken) [BAC, 522.02.01-522.02.03]. Hauptbestand bilden die Akten zur Auseinandersetzung mit dem Kloster um die Exemtion im 17. Jahrhundert. Es Abb. 18: (links) Blick in den restaurierten Kreuzgang der ehemaligen Kartause Allerengelberg [Foto. A. Fischer] Abb. 19: (rechts) Ansicht des Dorfes Karthaus im Jahre 1894 [BAC.BA] <?page no="61"?> 61 bezog 1241 zunächst nur eine kleine Gemeinschaft von Schwestern des dritten Ordens des hl. Dominikus 84 ein provisorisch eingerichtetes Gebäude. 1243 schenkte der Bischof von Brixen, Egno von Eppan (1240-1250) 85 , von den diözesanen Besitzungen an der Etsch den Schwestern Grund und Boden in Steinach für die Errichtung eines eigentlichen Klosters. Der dominikanische Konvent wurde aber unter die Aufsicht des Bischofs von Chur gestellt. Erst 1258 übergab der Dominikaner auf dem Churer Bischofsstuhl, Heinrich III. von Montfort (1251-1272) 86 , dem Konvent offiziell die Regeln des hl. Dominikus. Im selben Jahr werden in einem päpstlichen Schutzbrief Alexanders IV. (1254-1261) vom 13. April 1258 an die Priorin des Konvents »der hl. Maria von Steinach« die Stiftung von 1241 urkundlich erstmals als »Kloster« bezeichnet und darin alle Rechte und Besitztitel aufgezählt. 87 Papst Urban IV. (1261-1261) bestätigte den apostolischen Schutz über das Kloster 1261 88 , ohne aber eine vollumfängliche Exemtion auszusprechen; vielmehr blieb das Dominikanerinnenkloster stets unter der Aufsicht der Churer Bischöfe, was im Laufe der Jahrhunderte verschiedentlich zu teils heftigen Streitigkeiten führte. 89 Als Zeichen gewisser Selbständigkeit wurde der Gemeinschaft in Algund die freie Priorinnen-Wahl zugesprochen, ferner zwei Weltgeistliche, Prediger und Beichtvater, sowie ein Verwalter für die weltlichen Angelegenheiten zuerkannt. Heinrich VI., Herzog von Kärnten und Graf von Tirol, protestierte 1327 gegen die Bestimmung von Weltgeistlichen im Kloster und forderte wirkungsvoll zwei Priester aus dem Dominikanerorden. 90 Für die Zeit des 14. bis 16. Jahrhunderts ist die Quellenlage zur Geschichte des Klosters äußerst dürftig. Vor allem nach den Bauernunruhen 1525 blieb der Konvent aufgrund der religiösen wie sittlichen Verwahrlosung im Klerus und Ordensstand längere Zeit unterdotiert, da einige Schwestern ausgetreten waren oder wegen mangelnder Disziplin entlassen werden mussten. 91 Weitere Verfallserscheinungen verzeichnete das Kloster Maria Steinach auch noch im Übergang zum 17. Jahrhundert. Diesmal lag der Grund in der mangelhaft geführten Ökonomie durch unfähige, jeweils vom Churer Bischof eingesetzte Verwalter; mehrere Stiftungen mussten infolge Geldnot veräußert werden. 92 Dies war mit ein Grund, dass sich der Konvent mehr und mehr der bischöflichen Jurisdiktion zu entziehen suchte und Kapläne als auch Beichtväter direkt vom deutschen Ordensprovinzial der Dominikaner erbaten. Das Gebaren des Klosters löste heftige Reaktionen von Seiten der Churer Bistumsleitung aus, die mit allen Mitteln - jedoch erfolglos - versuchte, die Verselbständigung zu unterbinden. Am 2. Oktober 1648 gab Bischof Johann VI. Flugi von Aspermont sein Einverständnis zur Klosterseelsorge durch Dominikaner und gewährte dem Konvent volle Exemtion von der bischöflichen Jurisdiktion. 93 Doch damit schien letztere Problematik keineswegs wird beabsichtigt, diese Akten in den kommenden Jahren auszuwerten und mittels einer Publikation den Exemtionsstreit näher zu beleuchten. Die Aktenbestände zu und nach 1782 (Aufhebung) liegen in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3928 (1782-1785); Fasz. 3929 (1782 März-Oktober); Fasz. 3930 (1782 November- Dezember); SAM, Sammlung Innerhofer 1287. 1453. 1562; SAM, Sammlung Isser 57-62. 149. 168. 182; SAM, AKT C 610.8-18 (divese Akten zwischen 1716-1796). 84 Zur Geschichte des Dominikanerordens siehe Ulrich Horst, Art. Dominikanerorden, in: Schwaiger, Mönchtum 156- 177 [Lit.]; Ambrosius Esser OP, Art. Dominikaner, in: TRE 9 (1982) 127-136 [Lit.]; Isnard Wilhelm Frank, Art. Dominikanerorden, in: LThK 3 3 (1995) 309-318 [Lit.]; Maria Magna Monssen OP, Die Dominikanerinnen [= Orden der Kirche 7], Freiburg/ CH 1964. 85 Zu Person und Episkopat - zwischen 1250 und seinem Tod 1273 war Egno Bischof von Trient - siehe Iginio Rogger, Art. Egno von Eppan, in: Gatz, Bischöfe 1198-1448, 776 f. 86 Zu Person und Episkopat siehe Erwin Gatz, Art. Heinrich von Montfort, in: Gatz, Bischöfe 1198-1448, 139. 87 Greiter / Nothdurfter, Kloster 31. 88 Greiter / Nothdurfter, Kloster 31. 89 Siehe unten S. 62. 90 Greiter / Nothdurfter, Kloster 32. 91 Greiter / Nothdurfter, Kloster 34. 92 Greiter / Nothdurfter, Kloster 34. 93 Original in: BAC, 522.02.02-018 [1648 Oktober 2]. <?page no="62"?> 62 gelöst. Während der Visitation im Vinschgau 1662 94 kam es zu einem folgenschweren Eklat mit dem sich der Visitation verweigernden Ordensinstitut in Algund. 95 Der beständige Widerstand der Nonnen gegen eine Churer Präsenz fruchtete schließlich im 18. Jahrhundert. Papst Benedikt XIII. (1724-1730) bestätigte dem mit einem beträchtlichen Vermögen 96 durch Schenkungen, Stiftungen, Güterkauf, Zinsabgaben und Zuwendungen ausgestatteten Dominikanerinnenkloster am 30. August 1729 ihre Exemtion. 97 Noch am 27. November 1756 erwirkten die Schwestern sogar ein Dekret der Oberösterreichischen Repräsentations- und Hofkammer, worin bestätigt wurde, dass keine bischöflichen Visitatoren ins Kloster eingelassen werden müssten. 98 Diese staatliche Schutzbestätigung vor »Churer Belästigungen« brachte nur mehr wenige Jahre der Ruhe. 1782 war es gerade die staatliche Hand, die nicht nur Einlass ins Kloster forderte, sondern diese kontemplativ ausgerichtete Stätte an der Etsch auflöste. Das entsprechende Aufhebungsdekret der kaiserlichen Hofkanzlei vom 18. März 1782 erreichte den Konvent im Burggrafenamt am 10. April 1782, nachdem das Gubernium in Innsbruck mit Schreiben vom 30. März den Churer Bischof über diesen Schritt informiert und ihn gebeten hatte, »damit auch dermalen weder in Ansehung der Klausur noch in anderwegs einige Unanständigkeiten unterlaufen mögen«, dem in seinem Sprengel liegenden Kloster »ungesäumt« das entsprechende Anweisungsschreiben über den gegenwärtigen Kreishauptmann im Vinschgau und Burggrafenamt und zum Aufhebungskommissar ernannten Franz Anton von Triangi zukommen zu lassen. 99 Der Entschluss Josephs II. vom 18. März, so Bischof Dionys von Rost am 9. April 1782 an die Priorin Sr. Ignatia Theresia von Mohr, würde ihn und »alle Jnwohnerinnen in nicht geringe Betrübniß versetzen«. Wie schon im Brief an die Klarissen in Meran 100 hält der Ordinarius fest, es bleibe ihm »nichts anders 94 Fischer, Visitationen 122-128. 95 Der damalige Beichtvater, P. Franz Ernest von Schulthaus OP, die Priorin Sr. Maria Osanna Cararin [Karrer] und der gesamte Konvent verweigerten Bischof Ulrich VI. de Mont den Zutritt mit der Begründung, das Kloster sei exemt und könne nur von Beauftragten des Ordensgenerals visitiert werden. Der am 29. Juli 1662 erfolgte Versuch, die Visitation vor Ort statt durch den Bischof lediglich durch den Churer Generalvikar Matthias Sgier und Domherrn Francesco Tini durchführen zu lassen, scheiterte kläglich. Als zuständiger Regionalvikar erhielt der Pfarrer von Tschars (1653-1667), Balthasar Mathis, vom Bischof den Befehl, in Gegenwart des gesamten Konvents über Beichtiger und Priorin die zuvor verhängte Exkommunikation zu verkünden, welche am 6. August 1662 auch in den benachbarten Pfarrkirchen angeschlagen und auf den Kanzeln verlesen wurde (BAC, 522.02.02 Bericht vom 10. September 1662). Als neue Priorin ernannte Ulrich VI. Sr. Eleonora von Trautmannsdorf und drohte dem Konvent bei weiterem Ungehorsam mit dem Interdikt (vgl. auch den Konflikt mit dem Klarissenkloster unter demselben Churer Bischof, oben S. 46- f.). Da die Maßregelung nicht fruchtete, kam es am 14. November 1663 unter Leitung des Nuntius Federico Borromeo (1654-1665) und seines persönlichen Vermittlers vor Ort, P. Ferdinand Wezel, Abt des Benediktinerklosters Marienberg (1653-1663), in Innsbruck zu einem Vergleich (Original in: BAC, 522.02.02 [1663 November 14]). Der Bischof von Chur übergab die turnusmäßigen Visitationen dem Predigerorden, behielt sich aber vor, (falls nötig) als außerordentlicher Apostolischer Visitator Zugang ins Kloster zu erhalten; ferner durfte der Landesfürst seinen Visitationskommissar den geistlichen Visitatoren beigeben. Am 7. Dezember bestätigte Erzherzog Ferdinand Franz von Österreich (1662-1665) den Kontrakt (Original in: BAC, 522.02.02 [1663 Dezember 7]). Letzterer setzte sich als Schutzherr des Klosters Maria Steinach 1664/ 65 auch erfolgreich beim Churer Bischof für die Aufhebung der Exkommunikation ein. Am 24. August 1665 wurden Priorin und Beichtiger von der schweren Kirchenstrafe gelöst (BAC, 522.02.02 [1665 August 24]). Zum ganzen siehe Fischer, Visitationen 127-f. 96 Nach der Gründung ist der Konvent von Seiten der Stifterin und ihrer Nachkommen, aber auch der Brixener und Churer Bischöfe reichhaltig beschenkt und mit Gütern ausgestattet worden. Hinzu kommt, dass Chorfrauen beim Eintritt ins Kloster stolze 1500 fl., Laienschwestern immerhin 300 fl. mitzubringen hatten. Ferner gestattet ein päpstliches Privileg den Nonnen die Beerbung ihrer verstorbenen Verwandten zugunsten des Klosters. Die oft beklagte finanzielle Not im 16. und 17. Jahrhundert gründete meist auf schlechter Verwaltung der weltlichen Güter und Gelder. Nach Bestätigung der Exemtion im 18. Jahrhundert legten die Dominikanerinnen mit diversen Ankäufen liegender Güter beträchtlich an Besitz zu. Vgl. auch Greiter/ Nothdurfter, Kloster 37-43. 196-204. 97 Abschrift in: BAC, 522.02.03-001 [1729 April 30]. 98 BAC, 522.02.03-004 [1756 November 27]. 99 Original in: BAC, 725.13.037 [1782 März 30]. 100 Siehe oben S. 47. <?page no="63"?> 63 übrig, als dem an uns gestellten Anverlangen zu folgen«; aufgrund des kaiserlichen Befehls hebe er alle Klausurvorschriften auf und ordne an, sich den Anweisungen des Kommissars vor Ort zu fügen. 101 Bereits am Morgen des 11. April 1782 verlangte die Aufhebungskommission Einlass ins Kloster. 102 Der Konvent umfasste zu diesem Zeitpunkt neben der Priorin Sr. Ignatia Theresia von Mohr 36 Chorfrauen, 11 Laienschwestern und 3 Novizinnen (total 51 Nonnen) 103 ; hinzu kamen die bei- 101 Mit Datum vom 9. April 1782 sandte Bischof Johann Franz Dionys von Rost dem Konvent in Algund das sog. Anweisungsschreiben (BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b [1782-1784], S. 17-18). Ein Begleitschrieben gleichen Datums ging an Triangi (ebd. S. 18). 102 Der Aufhebungskommission gehörte neben Triangi noch Johann Sebastian Lobenwein von Steinegg (Buchhalter) und Matthias Gasser (Kreisamtssekretär, Aktuar) an (vgl. Lindner, Aufhebung 132). Von Lobenwein liegen diverse Berichtserstattungen über den Aufhebungsablauf vor (TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 [1782 April 15 / 1782 Mai 20]). 103 TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 (1782 März-Oktober) [undatierte Tabelle]; Liste publiziert in Lindner, Aufhebung 142-145. - Die Namen der Konventsmitglieder, welche am 11. April 1782 fein säuberlich verzeichnet wurden, seien hier in alphabetischer Reihenfolge genannt: a) Nonnen: Sr. Leopoldina Arnold (†-1783 in Meran), Sr. Aloisia Bovetin (†-1796 in Innsbruck), Sr. Elisabeth von Egen (†-1814 in Algund), Sr. Euphemia Egger (†-1799 in Meran), Sr. Rosa Egger (†-1789 in Meran), Sr. Antonia Columba Fischnaller (†-1802 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Benigna Gräfin Fuchs (†-1801 auf Schloss Lewenberg bei Marling), Sr. Francisca Giovanelli (†-1799 in Meran), Sr. Ossanna Gruber (†-1791 in Meran), Sr. Genoveva Maria von Hebenstreit (†-1827 in Meran), Sr. Clara von Ingram (†-1820 in Lajen bei Klausen / Südtirol), Sr. Johanna Kienz (†-1784 in Meran), Sr. Maximiliana Kirchlechner (†-1830 in Meran), Sr. Adelheid Knoll (†-[? ]), Sr. Rosina Koch (†-1817 in Partschins), Sr. Columba von Lachardtinger [Laicharding] (†-1797 in Algund), Sr. Dominica Lidl (†[? ]), Sr. Seraphina Mayr (†-1821 als Priorin im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Helena Mancredi (†-1788 in Meran), Sr. Jolanda Manfroni (†-[? ]), Sr. Anna Elisabeth Mörl (†- 1786 in Meran), Sr. Francisca Elisabeth von Mohr (†- 1786 in Algund), Sr. Ignatia Theresia von Mohr, Äbtissin (†-1783 in Algund), Sr. Jacoba Perger (†-1792 in Partschins), Sr. Vincentia von Pernwerth (†-1798 in Innichen), Sr. Crescentia Plaseler (†- 1796 in Brixen), Sr. Augustina Pöder (†- 1824 in Partschins), Sr. Rosalia Pöder (†-1827 in Partschins), Sr. Bernarda Barbara Prantner (†-1833 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Emerentiana Genoveva Prantner (†-1818 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Regina Puzer (†-[? ]), Sr. Alberta Rausch (†-1815 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Gabriela von Rossi (†-1802 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Barbara Magdalena Schlechtleutner (†- 1815 in Bozen), Sr. Amanda von Schuler (†- 1806 in Algund), Sr. Theresia Francisca Stocker (†-1818 im Dominikanerinnenkloster in Lienz), Sr. Agnes von Wolf (†-1798 in Sterzing). b) Laienschwestern: Sr. Ursula Angerer (†-[? ]), Sr. Walburga Catharina Hueber (†-1794 in Algund), Sr. Apollonia Kneisl (†-1797 in Meran), Sr. Margaretha Knoll (†-1804 in Meran), Sr. Felicitas Lanner (†-1794 in Algund), Sr. Magdalena Leitner (†- 1813 in Meran), Sr. Notburga Mühlbacher (†- 1791 in Meran), Sr. Veronika Theres Nischler (†- 1785 in Abb. 20: Ausschnitt aus dem ehemals im Kloster Maria Steinach verehrten Gnadenbild der Muttergottes mit Jesuskind: Darunter zu sehen ist die Klosteranlage aus dem 18. Jahrhundert [BAC.BA] <?page no="64"?> 64 den Geistlichen P. Ludwig Löschl OP (Beichtvater) und P. Stephan de Rottenburg OP (Prediger). 104 Die Zahl der weltlichen Bediensteten betrug 10 Personen. 105 Unmittelbar nach Verlesung des kaiserlichen Beschlusses und der Übergabe aller Schlüssel an Triangi begann man mit der Inventarisierung, welche am 27. April 1782 abgeschlossen werden konnte. 106 Den Vermögensstand 107 zum Zeitpunkt der Aufhebung errechnete die Kommission auf total fast 172‘000 Gulden. Bezeichnung Bemerkungen Summe in harter Währung Barschaft 100 fl. 13 xr. Kapitalien 71‘985 fl. 44 ½ xr. Kirchensilber u.a. 1 Monstranz mit Edelsteinen 3 Kelche 1 Paar silberne Tabernakel-Engel silberne Lampen, Leuchter wurde weder inventarisiert, noch gewogen, noch eingeschätzt --- Silber zum Hausgebrauch wurde weder inventarisiert, noch eingeschätzt --- Zinn, Teller und Schüsseln wurde nicht eingeschätzt --- Keramik wurde nicht eingeschätzt --- Kirchenparamenten 26 Messgewänder 4 Pluviale wurde nicht eingeschätzt --- Gemälde und Bilder, 118 Stück wurde nicht eingeschätzt --- Lebensmittel / Wein Lebensmittel (1‘038 fl. 12 xr.) Wein (2‘140 fl.) 3‘178 fl. 12 xr. Klosterapotheke wurde nicht eingeschätzt --- Klosterarchiv 1 Kasten mit 20 Laden --- Klosterbibliothek 259 Werke (darunter Inkunabeln und seltene Drucke) --- Immobilien Besitzungen in den Gemeinden Algund, Partschins, Naturns, Forst, Marling und Mais (Kirche und Klostergebäude auf 5000 fl., Beichtigerhaus 2000 fl. geschätzt) 54‘095 fl. Grundgülten und Stiftungen 39‘475 fl. Bestandstallung 834 fl. 44 xr. Zinsausstände 1‘879 fl. 6 xr. Gültenausstände 1‘086 fl. 51 xr. Passive: A. Laufende Schulden 677 fl. 26 xr. Passive: B. Messstipendien jährlich waren 45 Ämter und 69 Messen zu applizieren --- Gesamtsumme des Vermögens 1782 (gerundet) 171‘958 fl. Meran), Sr. Martha Plattner (†-1786 in Meran), Sr. Thecia Sonneburger (†-1794 in Algund), Sr. Ämilia Waibl (†-[? ]). c) Profess (wegen Altersgrenze) noch nicht abgelegt, Noviziat aber abgeschlossen: Ludovica Gufler (†-[? ]), Rosa Mumelter (†-1826 in Bozen), Maria Agnes Thomasia Tappeiner (†-1841 unter dem Namen Maria Anna im Klarissenkloster in Brixen). 104 Lindner, Aufhebung 145. 105 Lindner, Aufhebung 132. 106 Original des Inventars vom 27. April 1782 in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 (1782 März-Oktober). 107 Vgl. Die Angaben in Lindner, Aufhebung 133-139; Greiter / Nothdurfter, Kloster 45-49. <?page no="65"?> 65 Erst nach längerem Zögern erlaubte Bischof von Rost am 17. Juli 1782 den Dominikanerinnen, ihr Ordenskleid in ein »anständig angemessenes weltliches abzuändern« 108 , entband sie aber entgegen der Bitte der Priorin vom 1. Juli 109 nicht von den Ordensgelübden. Vielmehr betonte er, auch für die Frauen, welche die Ordensregeln in ihrer neuen Lebensweise nicht mehr zu erfüllen vermögen, seien die einmal abgelegten Gelübde »heilig und unverbrüchlich«. 110 Am Morgen des 12. Septembers 1782 verließen sämtliche Nonnen das Kloster. Kirche und Konvent wurden umgehend gesperrt, die Pretiosen sicherheitshalber in das Kelleramtsgebäude nach Meran gebracht. 43 Frauen hatten nach ihrem Weggang aus dem Kloster das Ordenskleid abgelegt: 16 lebten in Meran, 8 in Algund (darunter die Priorin), 4 in Partschins, zwei jeweils in Brixen und Bozen sowie eine jeweils in Lajen bei Klausen, Innichen, Innsbruck und Sterzing. Von 7- Frauen ist der Aufenthaltsbzw. Sterbeort nicht bekannt. 8 Nonnen blieben dem Ordensleben treu: 7 wechselten ins Dominikanerinnenkloster nach Lienz, 1 Novizin trat als Klarissin in Brixen in das 108 So in einem Schreiben des Bischofs von Chur an den Konvent in Algund vom 1. Juni 1782 bereits festgehalten, worin er gleichzeitig erlaubt, unter den gegebenen Umständen nach Absprache mit dem Beichtvater die Gebetsverpflichtungen neu zu ordnen (BAC, 762.17 [1782 Juni 1]). 109 BAC, 522.02.03-008 [1782 Juli 1]. Darin schreibt Sr. Ignatia Theresia, sie habe vom landesfürstlichen Kreisamt, welches sich auf das Gubernialdekret vom 25. Januar 1782 berief [siehe Sammlungen II (1780-1783), Nr. XXVI, S. 41], den Auftrag erhalten, beim Bischof »um die Auflösung deren heiligen Ordens Gelübten bittlichen einzukommen und die allergnädigste hierauf erfolgende Entschließung dem hochlöblichen Kreyßamt einzuschicken« (ebd.). Den Befehl des Kreisamtes legte sie dem Schreiben bei. So wie sich die Schwestern dem Entschluss des Kaisers zur Aufhebung des Klosters unterworfen hätten, würden sie sich auch betreff Lösung von den Gelübden zu Gehorsam genötigt sehen. Wie immer sich der Bischof diesbezüglich entscheide, seien sie bereit, dem Entschluss »auf das genaueste nachzukommen« (ebd.). 110 BAC, 762.17 [1782 Juli 17]. - Von der aufgelösten Gemeinschaft in Algund traten zwischen 1792 und 1805 sieben Nonnen in den Dominikanerinnenkonvent in Lienz über, die Novizin Maria Agnes Thomasia Tappeiner trat 1790 in den Konvent in Brixen ein (siehe die in Klammern vermerkten Angaben oben S. 63-f., Anm. 103). Abb. 21: Außenansicht der Klosterkirche Maria Steinach in Algund (heute) [Foto: A. Fischer] <?page no="66"?> 66 dortige Kloster ein. 111 Beichtvater Löschl verstarb 1796 im Dominikanerkloster in Wien, Prediger de Rottenburg 1806 als Kaplan in Milland bei Brixen. 112 Nach dem Abzug der Schwestern ging der staatliche Religionsfond dazu über, die Mobilien, Grundgülten und Immobilien zu veräußern 113 ; letztere wurden über ein Jahrzehnt vom Zisterzienserkloster Stams verwaltet 114 , bis sich eine Gesellschaft von Reformierten aus Graubünden um die Liegenschaften in Algund interessierte. Von diesem Vorhaben aufgeschreckt, brachte der damalige Pfarrer zu Algund, Joseph Bartholomäus Graf von Wicka (1795-1822) 115 , den wohlhabenden Bauer von Maratsch in der Gemeinde Plars, Johann Ladurner, dazu, dasselbe Angebot wie die Bündner dem Religionsfonds zu unterbreiten, um ja keine Zwinglianer in der Pfarrei Algund ansässig zu haben. Über diesen Weg wurde Johann Ladurner mit dem Angebot in der Höhe von 15‘000 Gulden Eigentümer des Klosters, des Beichtigerhauses, das er und seine Familie als Wohnsitz wählten, und einiger umliegender Güter. Im Klostergebäude selbst wurden alsbald minderbemittelte Leute untergebracht. Die unveräußerte Klosterkirche diente noch gelegentlich dem Gottesdienst. Bereits am 24. Juli 1782 richteten die Gemeinden Algund und Forst an das Gubernium ein Bittgesuch, um Beibehaltung der Klosterkirche für die örtliche Pastoral, da die Mutterkirche von Algund zu erreichen, für manche Bewohner einen längeren Fußmarsch in Anspruch nehme als die näher gelegende Klosterkirche; vorgeschlagen wurde die Einsetzung eines Kaplans, ja sogar die Erhebung der ehemaligen Dominikanerinnenkirche zur Pfarrkirche. 116 Vom Gubernium darüber befragt, sprach sich Bischof Dionys von Rost gegen dieses Gesuch aus. Am 6. September 1782 schrieb er nach Innsbruck: Es sei wohl wahr, »daß die Klosterkirche Maria Stainach, ohne einen Seitenweg zu machen, an der Landstrasse, die Mutterkirche auf einem Berge, bey einer guten Viertelstund davon entlegen, [und] daß ein sehr beträchtlicher Theil der Pfarrgemeind näher nach Stainach als in die Pfarrkirche habe, 111 Siehe die Tabelle über die Erklärungen der Nonnen über ihren beabsichtigetn späteren Aufenthalt in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 [1782 Juni 20]. Am 20. Juli 1782 ging ein weiteres Schreiben Lobenweins an das Gubernium, worin er über die den Klosterfrauen ausbezahlten Gelder informierte (ebd. Fasz. 3929); ferner oben (S. 63-f., Anm. 103 und die Auswertungstabelle, unten S. 95 f.). 112 Lindner, Aufhebung 144. 113 Notiz vom 18. November 1782 des Vermögensadministrators Johann Sebastian von Lobenwein an das Gubernium nach Innsbruck über die von statten gehende Versteigerung der im aufgehobenen Kloster Maria Steinach vorfindlichen Gerätschaften und Mobilien (TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3930); siehe ferner das von Lobenwein erstellte Protokoll über Lizitationsverkäufe von Gütern und Grundstücken mit Einträgen für den 16., 18.-20., 23.-29. Januar, sowie für den 15. und 29. November 1783 (SAM, Sammlung Isser 168). 114 Am 14. Dezember 1787 fand im Pfarrhof zu Mais bei Meran die Rechnungslegung und Übergabe der Vermögensverwaltung (insgesamt 27‘889 fl. 9 xr.) vom damaligen Administrator des aufgehobenen Klosters, Martin Widenplatzer, im Beisein des oberösterreichischen Gubernial-Rechnungskommissars Johann Andreas von Ingram und des Zisterzienserabtes sowie des Priesters Augustin Nägele an das Stift Stams statt (SAM, AKT C 610.8.8 [Originalprotokoll / Meran, 5. Januar 1788]; Sammlung Isser 149). Im Stadtarchiv Meran liegen ferner der Ausweis über die Urbargefälle für 1786/ 87 (Original mit Unterschrift und Wachssiegel des Meraner Stadt- und Landrichters Andreas Alois Hellrigl) [SAM, Sammlung Innerhofer 1562], das Hauptbuch über das in Verpachtung übergebene Urbarium für 1790 (SAM, Sammlung Isser 182), die Jahresjournale über den Empfang bzw. die Ausgaben »der dem wohllöblichen k. k. Erzherzoglichen Zisterzienser Stift zu Stams im Etschland eigenthumlich angehörigen -, dann wohldenselben in Verpachtung übergebenen Kloster Maria Steinacherischen- und den löbl. St. Peter Pfarr- und St. Magdalena Filial Gotteshaus in Gratsch zuständigen Urbargefälle« für 1795-1798 und 1802-1803 (SAM, Sammlung Isser 57-62) sowie die Ausweise über die noch unveräußerten Vermögen (Urbar-Verwaltungsrechnungen) des ehemaligen Dominikanerinnenklosters inkl. Religionsfonds-Rechnungen für die Jahre 1789-1797 (SAM, AKT C 610.8.17; Sammlung Innerhofer 1287). 115 Wicka stammte aus Innsbruck (Bistum Brixen), seit 1753 war er als Ruralkanoniker Mitglied des Churer Domkapitels. Vor Algund amtete er als Pfarrer in Latsch (1768-1770), in Mals (1770-1792) und in Tschengls (1782-1795) [Fischer, Visitationen 395]. 116 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 [1782 Juli 24]. - In diesem Bittgesuch wird betont, es sei »nur gar zugewiß, das gutt der dritte Thaill von unserer Pfarrgemainde weit nächer nach Maria Stainach als nacher Algundt in die Kirche habe«. Zudem, insbesondere falls die Klosterkirche gesperrt werde, könne die Pfarrkirche St. Hyppolit »wegen ihrem engen Raum die ganze Pfarr-Menge nicht fassen« (ebd.). <?page no="67"?> 67 [und] daß die Pfarrkirche für diese große Pfarrgemeinde zusamgenommen ziemlich klein und nicht genugsam hinreichend sey« 117 . Doch weder die Distanz (Algund: ¼ Std., Forst: ½ Std.) noch der zu jeder Jahreszeit bequeme herkömmliche Kirchweg begründe die »förmliche Nothwenidgkeit« einer Translation. Zudem müssten ein Kirchturm für das Glockengeläut aus der Kirche St. Hyppolit und ein neues Pfarrhaus erbaut werden, was zu hohen Kosten führe. Maria Steinach als Lokalkaplanei zu verwenden und damit die Offenhaltung der Kirche zu garantieren, stehe im freien Entscheid des Kaisers. Im Falle einer solchen Entscheidung, die jedoch ausblieb, sei der Benefiziat an Sonn- und Feiertagen zur »Abhaltung einer kurzen Frühepredigt oder katechetischen Sermon« vor Ort zu verpflichten. In Bezug auf die bislang in der Klosterkirche applizierten Messen, wäre die Schaffung einer Lokalkaplanei durchaus eine sinnvolle Variante; dennoch plädierte der Bischof auf eine Vergabe der Messstipendien auf das von ihm geplante Priesterhaus. 118 Die Gemeinden Algund und Forst ersuchten trotz Abweisung der Landesstelle Ende Dezember 1793 mit Schreiben vom 6. April 1794 an das Kreisamt Bozen erneut um die Errichtung einer Expositur an der ehemaligen Klosterkirche mit der gleichzeitigen Übertragung des Zöttl’schen Benefiziums zu Meran nach Steinach − falls dies weiterhin unmöglich blieben sollte, wenigstens 117 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz, 3929 [1782 September 6] (daraus wird zitiert); Abschrift in: BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 94-97. 118 Siehe oben S. 49. Abb. 22: Eingang zum Klostertrakt in Algund [Foto: A. Fischer] <?page no="68"?> 68 um Öffnung des Gotteshauses. Dabei wurden sie vom Algunder Pfarrer unterstützt, der in seinem ebenfalls auf den 6. April datierten Brief betonte, die Pfarrkirche St. Hippolyt könne »theils aus Unvermögenheit der mit so vilen Wasserschäden gedrübten gemeinden, theils aus mangel des auf allen seiten mit gebäuden eingeschränkten platzes nicht erweitert werden«, so dass »kaum der halben theil der pfarrgenossen« darin Platz fände. 119 Das Landgericht Meran seinerseits schrieb am 1. Juni 1794 nach Bozen, man könne »keinen Grund finden, welcher zur Gewährung der Bitte um Eröffnung der Klosterkirche in Stainach anrathete«; eine Möglichkeit zur Umnutzung des brachliegenden Gebäudekomplexes wäre höchstens in der Schaffung einer Fabrik vor Ort gegeben. 120 Noch einmal gelangten Algund und Forst im Oktober 1794 mit ihrem Wunsch um Öffnung der Klosterkirche an die zuständigen staatlichen Stellen - diesmal direkt an das Gubernium nach Innsbruck. Als Gründe 119 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1: Akten 1786−1801 [1794 April 6 (Original mit Unterschrift und Wachssiegel des Pfarrers)]. 120 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1794 Juni 1]. Abb. 23: Situationsplan des Klosters Maria Steinach 1846 [Klosterarchiv Algund] Legende: 1 Klosterhof und Kreuzgang, 2 Klostergebäude, 3 Ziehbrunnen, 4 Kirche, 5 Sakristei, 6 Kapitelsgebäude, 7 Vorbau vor der Kirche, 8 Klostergarten, 9 Zugänge zu Kirche und Kloster <?page no="69"?> 69 für ihr Gesuch zählten sie auf, ihre Pfarrkirche sei »notorisch zu klein«, auch ihre vor allem für ältere Leute unzugängliche Lage am Berghang spreche dafür; zudem stünde bei einem Unglück (Brand, etc.) der Kirche kein anderes Gotteshaus zu Verfügung. Die beiden Gemeinden würden vom Religionsfonds »gar nichts verlangen«, sondern aus eigenen Mitteln den Unterhalt von Kirche und Seelsorger zu bestreiten suchen. 121 Das dem Schreiben beigelegte Gutachten des Ortspfarrers betonte ebenso beharrlich, in Betracht aller Umstände sei das Gesuch der Pfarrangehörigen »nicht nur keineswegs nachtheilig, sondern in rücksicht viler an dasigen orth wohnhaften und in rücksicht der Pfarrkirche selbst, welche bei weiten den halben Theil meiner schäflein nicht fassen kan, höchst erwünschlich« 122 . Das Landgericht Meran schrieb am 2. März 1795 an das Kreisamt nach Bozen, die oben genannten Gründe würden wohl für eine Öffnung sprechen, dagegen aber spräche, dies sollte nicht verschwiegen werden, die gegenwärtig hohe Verschuldung der Gemeinde Algund. Da jedoch der Ortspfarrer sich gewillt zeige, einen dritten Kooperator für Steinach anzustellen und aus vorhandenen Mitteln zu finanzieren, könne dem Gesuch wohl »ganz unbedenklich statt gethan werden«. 123 Die Landesstelle in Innsbruck antwortete am 17. April 1795 an das Kreisamt zu Bozen - die Sache definitiv ablehnend: »Da das Kirchengebäu des aufgehobenen Steinacher Klosters zur öffentlichen Versteigerung bereits gebracht worden und dessen Verkauf von der höchsten Entschliessung befanget, so kann dem Gesuche der Gemeinden Algund und Forst um Wiedereröffnung dieser Kirche um so minder willfahren werden, als diese Eröffnung weder nöthig noch sonsten thunlich ist, auch den Gemeinden selbsten nicht nüzlich seyn kann, weil diese Kirche kein Vermögen besitzt, folglich die armen Gemeinden unnöthige Kosten zu machen veranlasset würden.« 124 Die endgültige Zweckentfremdung der Klosterkirche kam dann 1797, als sie im Zuge des Franzoseneinmarsches zu einem militärischen Depot umfunktioniert wurde. Ein für die Winterszeit in Betracht gezogenes Militärlazaret schien nicht umgesetzt worden zu sein. 125 Nach Abzug der Truppen blieb die Kirche gesperrt und diente als Magazin oder Wagenremise. 126 Die letzte ehemalige Steinacher Schwester starb 1833. Eine Kloster-Neugründung gelang erst Jahre später, am 26. April 1848 mit dem Kauf der Klostergebäude für 4‘000 Gulden aus dem Besitz der Witwe von Johann Ladurner durch das dominikanische Mutterkloster Maria-Heimsuchung in Lienz. 127 121 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1794 Oktober 21]. 122 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1794 Oktober 21]. 123 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1795 März 2]. 124 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1795 April 17]. 125 An den Stadtrat von Meran erging anfangs Januar 1797 die Anfrage, ob das leerstehende Kloster Maria Steinach für die Nutzung eines Spitals »als anwendbar« in Betracht gezogen werden könnte. Das Protokoll vom 5. Januar 1797 hält hierzu fest: »Bey Besichtigung dieses Gebäudes haben sich kleinere und grössere mit Öfen versehene Zimmer, nebst dem sogenannten Kapitl-Zimmer, allwo 2 Öfen angebracht werden müssten, vorgefunden, worin auf Strohlage zusammen 208 Köpf höchstens anzutragen wären.« Falls die Kirche des Klosters miteinbezogen werde, könnten zusätzlich 200 Personen aufgenommen werden, »zusammen also ist in den ganzen Gebäuden für 408 Mann Platz vorhanden«. »Jedoch sind mehrere Zimmer von verschiedenen Bauernfamilien bewohnt, die zuvor herausgeschafft werden müssen.« (SAM, Sammlung Innerhofer 1453 [Protokoll-Abschrift / Bozen, 6. Januar 1797]). 126 Lindner, Aufhebung 140; Greiter / Nothdurfter, Kloster 49. - Altäre, Statuen, Gemälde und weitere mobile Gegenstände wurden abgebaut bzw. kamen in fremde Hände. 127 Ausführlich Greiter / Nothdurfter, Kloster 61-144. - Heute lebt nur mehr eine Schwester in Maria Steinach. Der preisgekrönte Dokumentarfilm von Carmen Tartarotti mit dem Titel »Wir können nicht den hellen Himmel träumen« über die letzten Schwestern im Dominikanerinnenkloster wurde 2014 im Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol gezeigt; der Film ist im Touristbüro Algund als DVD erhältlich. <?page no="70"?> 70 4. Die Aufhebung des Klarissenklosters in Valduna bei Rankweil (1782) Bereits mit dem theresianischen Erlass vom 23. Oktober 1773, welcher den Frauenklöstern die Aufnahme neuer Novizinnen ohne Genehmigung der Landesstelle untersagte, brachte einen ersten verhängnisvollem Einbruch ins blühende Leben und eröffnete alsbald ernste Schwierigkeiten im Blick auf die Zukunft eines jeden davon betroffenen Konvents. 128 Eine Resolution Ihrer Majestät vom 22. September 1770 forderte überdies bereits zuvor von jeder Ordenshausleitung genaue Auskünfte über Personalbestand, Inventar, Kapitalien, Einkünfte und jährlich benötigte Gelder zum Unterhalt der ortsansässigen Konventualen. Die Landesstelle in Freiburg i. Br. fügte für ihren Distrikt den Aufforderungen aus Wien hinzu, man wünsche zudem Auskunft über die Notwendigkeit bzw. den Nutzen der Institution für Religion und Staat. Der zuständige Vogteiverwalter Franz Philipp Gugger von Staudach in Feldkirch lieferte mit Datum des 31. Dezembers 1770 für die beiden Konvente, das Dominikanerinnenkloster in Altenstadt und das Klarissenkloster in Valduna bei Rankweil, die gewünschten Daten und bemerkte kritisch: »Beide nemmen junge Mädchen, auch zuweihlen als Pfründnerinnen in die Kost auf und unterrichten jene im Schreiben, Rechnen, im Nähen, Kochen und zerschiedenen Arbeiten, welches allein dem Staate nuzlich angesehen, für die Religion hingegen was Vorträgliches nit wohl erachtet werden kann. Nachdem aber beide Klöster ihre Ordensschuldigkeit und Andachten nach wie vor erfüllen und die gleiche Lehre der Jugend geben mögen, wann schon ihre fatirend Anzahl, die ohnehin hoch genug sind, zum bessern und sichern Unterhalt vermindert würden: als schiene mir allerdings rätlich zu sein, bey jedem von ernanten beiden Frauenklöstern die Anzahl der Ordensglieder auf 24 Conventualinnen herunterzusetzen, und zwahr Valduna besonders auch in der Rücksicht, weilen von selben mehrere Jahr hindurch nit die beste Domestication vermuethen wollen.« 129 Zwölf Jahre später, am 21. Juli 1782, endete vor dem Hintergrund des kaiserlichen Erlasses Josephs II. vom 12. Januar 1782 zur Klosteraufhebung mit dem Wegzug aller Klarissen nach fast 400 Jahren das kontemplativ ausgerichtete Leben im abgeschiedenen Valduna bei Rankweil. 130 Über die Vorgeschichte dieser aufgelösten ›Domestication‹ im Vorarlberg schreibt die Klarissin Clara von Embs (gest. 1630), Tochter des Grafen Jakob Hannibal von Hohenems (1530-1587), in ihrer um 1602 verfassten Valduna-Chronik 131 , welche bis ins Jahr 1499 zurückreicht, folgendes: »Es ist zu wissen, daß in Curer Bistum hinder Ranquil ist gelegen ein wald, ist genampt Valdunen. Darin quillt aus ain adellicher [edler] brun, ist gehaissen die guldin mülli. Nun fügt es sich, daß ain mensch aus feren [fernen] landen heraus kham in dies land als ain armer bilger [Einsiedler] und kham in denselben wald Valdunen, da die guldin mülli genambt inlitt [darin liegt]. By dem brunen stand ain große aych [Eiche], die was ybel holl [innen ganz hohl]. In dem holl hatt[e] der bilger vil sein wonung allein mit großem andacht. Und also jez jm [ihm] Gott in der homliche [Behausung] ettliche wunder offenbaren wollt, die sider künfftüghlich fürgegangen seind. In was er sah engel von dem himmel herabkhumen und sich ließend auf den stain, auf dem der erst stock dis klosters gesezt ist worden, und warent gar loblichen singen. Das hortt der mensch, namlich der waldbruder mit fröden, und auf dem stain so gingendt vil fröwly [Fräuleins], die hattent schwarze wille [Schleier] auf iren höpteren. Und also auf dieselben fröwly warent die hailgen engel sich herablassen zu syben mall im tag und ob inen schweben, und daby ward jm 128 Sammlungen I (1770-1780), Nr. LX, S. 166 f. 129 Zitiert in Ludewig, Klarissenkloster 178. - 1767 lebten 20 Nonnen und 7 Laienschwestern in Valduna (ebd. 177). 130 Zur Gründung, Ausbau und Aufhebung des Klarissenklosters in Valduna siehe: ADF, GG 22.1-6 [Klarissenkloster Valduna: Akten 1649 (cop. 1388) bis 1794]; TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3928 (1782- 1785); Fasz. 3929 (1782 März-Oktober); aus der Literatur grundlegend: Ludewig, Klarissenkloster; Rapp, Beschreibung I.1, 805-855; Fidel Knecht, Die Aufhebung der Klöster in Vorarlberg unter Kaiser Joseph II., in: Veröffentlichungen des Vereines für christliche Kunst und Wissenschaft in Vorarlberg, Heft 12, Dornbirn 1923, 3-69, hier 46-51. 131 Das Original befindet sich heute im Archiv des Ursulinenklosters in Villingen (Baden-Württemberg). <?page no="71"?> 71 zu verständ geben von Gott, daß dies da ain beschlossen kloster [klausurierter Konvent] mit gewilenten [verschleierten] frowen söllte werden, darin die syben zeytt täglichen gesungen sölend werden.« 132 Nach dem Wegzug dieses historisch nicht festzumachenden Waldbruders aus der Einsamkeit des Waldgürtels, welcher sich zwischen Rankweil, Göfis und Satteins erstreckt, ließ sich ein ehemals wohlhabender Kaufmann aus Brixen, Marquard von Tegernsee, daselbst nieder. Als 1373 Graf Rudolf V. von Montfort-Feldkirch, ehemaliger Churer Dompropst (1357-1368; gest. 1390) 133 , die Herrschaft Feldkirch erwarb - dazu gehörte auch der Valduna-Wald -, bemühte er sich vor dem Hintergrund der mündlichen Überlieferung um eine definitive Klause und konnte hierfür den oben genannten Marquard gewinnen. Am 23. Juni 1388 wurde in Feldkirch zwischen dem Grafen, Bruder Marquard und seinen potentiellen Nachfolgern ein Stiftungsbrief 134 ausgestellt, welcher drei wichtige Punkte ausweist: 1. Rudolf V. von Montfort sichert dem gegenwärtigen Waldbruder und den zukünftigen Einsiedlern für eine feste Wohnstatt Grund und Boden im Wald Valduna zu und befreit sie von allen Abgaben. 2. Der Waldbruder und seine Nachfolger erhalten für »ewige Zeiten« das Recht und die Freiheit, im genannten Waldgebiet Holz zu schlagen und sich daraus den nötigen Bedarf an Bau- und Brennholz zu nehmen. 3. Falls sich nach Marquards Wegzug oder Ableben keine geeigneten Einsiedler finden ließen, sollten Frauen, die im geistlichen Stande ein kontemplatives Leben führen und so Gott dienen wollten, den Besitz der Wohnstatt in Valduna sowie alle Rechte und Freiheiten übernehmen. Gemäß dieser dritten Bestimmung erachtet die Tradition Graf Rudolf V. von Montfort als Stifter der (späteren) klösterlichen Niederlassung in Valduna, deren Geschichte bis 1782 hier in groben Zügen nachgezeichnet sei. Am 6. September 1389 stellte Graf Rudolf zusammen mit Graf Heinrich von Werdenberg-Sargans (Churer Dompropst 1374-1377) 135 einen zweiten Stiftungsbrief 136 aus, worin beide die Dotation von 1388 bekräftigten und diese durch weitere Grundstücke vermehrten sowie die Bewohner der Einsiedelei von allen Zinsen, Zehnten, Steuern und der weltlichen Gerichtsbarkeit befreiten. Als Bruder Marquard mit seinen inzwischen ihm beigesellten (zwei) Genossen nach nur dreijähriger Bleibe die Stätte überraschend verließ, reifte 1391 der Plan, definitiv Schwestern nach Valduna zu holen. Graf Rudolf V. von Montfort, welcher bereits 1370 den Bau eines Minoritenklosters neben der Kapelle des hl. Viktor auf dem Viktorsberg initiierte und 1383 erfolgreich zu Ende bringen konnte, wandte sich mit dem Anliegen, im Valduna-Wald eine Niederlassung von Klarissen zu ermöglichen und diese kräftigst zu dotieren, an den Provinzial der Konventualen der Oberdeutschen bzw. Straßburger Provinz, P. Marquard von Lindau (gest. 1392). Der Provinzial machte alsbald eine verbindliche Zusage. Von St. Ottilia Grimmenstein, einer Enklave des heutigen Kantons Appenzell- Innerrhoden (Gemeinde Walzenhausen) sollte die dort ansässige kleine Beginengemeinschaft (ge- 132 Zitiert in Ludewig, Klarissenkloster 3. 133 HS I/ 1, 539; Karl Heinz Burmeister, Rudolf V. von Montfort. Der letzte Graf von Feldkirch (ca. 1320-1390), in: Ders. (Hrsg.), Die Grafen von Montfort. Geschichte, Recht, Kultur. FS zum 60. Geburtstag, hrsg. von Alois Niederstätter [= Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs NF 2], Konstanz 1996, 209-211. 134 Wortlaut des Textes (inkl. Abbildung) abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster 8 f. 135 HS I / 1, 539; Paul Diebolder, Graf Heinrich I. von Werdenberg-Sargans zu Vaduz, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 35 (1935), 3-38. 136 Wortlaut des Textes abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster 11-13. <?page no="72"?> 72 Abb. 24: Übersichtkarte zur Herrschaftsausdehnung der Familien Montfort und Werdenberg im Mittelalter [BAC.BA] <?page no="73"?> 73 gründet 1378; später Kapuzinerinnenkloster 137 ) nach Valduna wechseln. Doch der unerwartete Tod des Grafen von Montfort 1390 drohte das Unternehmen zu Fall zu bringen, weil die finanziellen Mittel für den Bau des Klarissenklosters durch den Verstorbenen urkundlich nicht festgehalten und entsprechend abgesichert waren. Mit ideeller Unterstützung des Provinzials erreichte die dreiköpfige Schwesterngemeinschaft aus Appenzell am 14. August 1391 ihre neue Wirkstätte Valduna, wo sie als Tertiarinnen nach der dritten Regel des hl. Franz von Assisi (1181/ 82-1226) ein Gott geweihtes Leben führte. 138 Ihre Namen sind aus der Überlieferung bekannt: Anna Mayer und Adelheid Mayer (Geschwister) aus Berneck im Rheintal sowie Anna Hug aus Feldkirch. Die Vollendung des unter gegebenen Umständen ohnehin äußerst einfachen Klosterbaus gestaltete sich nach dem Hinschied des Provinzials P. Marquard (1392) äußerst schwierig; eine Aufgabe des Klosters musste in Betracht gezogen werden. 139 Mit Hilfe von Spenden und Almosen konnte der Bau zu Ende geführt und die Klarissen mit dem Nötigsten unterstützt werden. Die spätere Geschichte des Klosters Valduna verdeutlicht, dass gerade die Armut die dortigen Klosterfrauen befähigte, nicht nur den Geist ihres Ordensvaters in allen Situationen treu zu wahren, sondern auch späteren Stürmen, welche die Existenz des Klosters wiederholt bedrohten, erfolgreich standzuhalten. Am 7. April 1393 erfolgte schließlich die Bestätigung Herzogs Leopold IV. von Österreich (1386-1411), an welchen die Besitzungen des Grafen Rudolf von Montfort übergegangen waren, alle bisherigen Stiftungsprivilegien auch künftig zu sichern; zudem gewährte er ihnen einen örtlichen Friedhof mit Begräbnisrecht. Dieser dritte (neue) Stiftungsbrief bezeichnet die Niederlassung in Valduna erstmals als »convent der clos- 137 Siehe hierzu Beda Mayer, Art. St. Ottilia in Grimmenstein-Walzenhausen, in: HS V/ 2.2, 1017-1031. 138 Siehe oben S. 46, Anm. 16. 139 Aus einer weiteren Valduna-Chronik - eigentlich ein Auszug aus der Chronik von Schwester Clara -, welche bis ins Jahr 1499 reicht, dann von anderer Hand bis 1692 weitergeführt wird, lesen wir: »Das woltend vil der lütten auff dem land und die burger in der statt [Feldkirch] benüty [durchaus] nit sy wider hinablassen und battend die schwöstern ernstlich, daß sy belibent [bleiben]. Sy wöltent jnen helfen und ratten und trösten.« (Zitiert in Ludewig, Klarissenkloster 17). Abb. 25: Weiher bei Valduna, erstmals urkundlich 1396 erwähnt, Ansicht von 1855 (Weiher heute aufgefüllt); im Hintergrund: Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau von Rankweil [BAC.BA] <?page no="74"?> 74 terfrawen S. Clarae ordens, der newen stüftt, die angefangen ist uf der hofstatt, genandt die guldin Müli, gelegen in dem wald Valduna bey Veldtkhirch, in Ranckhwyler kilchspil«. 140 Am 8. Dezember 1394 konnte die Schwesterngemeinschaft, welche inzwischen um drei Personen gewachsen war - Ursula Goldschmid aus Feldkirch, Anna Walch aus Göfis und Elisabeth Krieß aus Chur -, den einfachen Konventsbau beziehen. 141 Gemäß Angaben aus der oben erwähnten Valduner-Chronik rief der starke Andrang an Chorfrauen und Laienschwestern zu Erweiterungsbauten und zum Bau eines eigenen Gotteshauses. Nur Dank weiterer Almosen und Stiftungen - ein eigentlicher Baufonds und eine Klosterfundation fehlten nach wie vor - gelangen diese Vorhaben. Anfangs Oktober 1398 (genauer Tag nicht sicher) weihte der Churer Weihbischof und Minorit Dietrich, Bischof von Seny in Kroatien (für Chur bezeugt 1392-1398) 142 die neue Klosterkirche zu Ehren der Apostelfürsten St. Peter und Paul ein. Mit Breve vom 31. August 1402 beauftragte schließlich Papst Bonifaz IX. (1389-1404) den Konstanzer Bischof Marquard von Randeck (1398-1406) 143 mit der Visitation in Valduna, um bei positivem Befund die Aufnahme der Frauengemeinschaft in den Klarissenorden auszusprechen. Eine mehrköpfige bischöfliche Delegation unter Leitung des Konstanzer Offizials Conrad Elye aus Laufen/ BE 144 übernahm diese Aufgabe und kam zu einem befriedigenden Resultat. In seiner Eigenschaft als apostolischer Delegat bestätigte Bischof Marquard mit Dekret vom 10. April 1403 die Stiftung des Gotteshauses Valduna, genehmigte die Einführung des Ordens der hl. Klara, bewilligte den Klarissen das Recht auf Äbtissinnen-Wahl, verlieh die üblichen päpstlichen Rechte, Privilegien und Freiheiten und unterstellte den Konvent unter die Aufsicht der Oberdeutschen Minoritenprovinz. Der damalige Provinzial P. Johannes Leonis [Lew] aus Thann/ Elsass (gest. 1414) nahm die Eingliederung der Schwestern von Valduna vor und unterstellte diese der Kustodie Bodensee. In Valduna wurde dieser entscheidende Schritt am 6. Mai 1403 feierlich begangen. Die erste Vorsteherin Anna Mayer, welche bislang den Titel »Meisterin« führte, wurde zur Äbtissin gewählt (bis 1408 †). 145 Entbehrung und Not hieß lange Zeit der prägende Grundnenner im Klosterleben in Valduna; hinzu kamen die Auswirkungen der Appenzeller Kriege, einer Reihe bewaffneter Konflikte zwischen dem Fürstabt von St. Gallen und den Gemeinden des Appenzellerlandes im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts rund um den Bodensee. 146 Zur Sicherung des Klosters generell, aber auch zur Stabilisierung der angespannten wirtschaftlichen Lage trug 1411 die Verleihung des Bürgerrechts der Stadt Feldkirch an alle Klarissen bei; Stadtammann und Rat von Feldkirch versicherten, das Kloster stets zu schützen, so wie alle ihre Bürger/ innen dieses Anrecht hätten (Schirmvogtei). Wie sehr aber die Notlage des Valduner Klosters trotz einiger bedeutender Schenkungen und Erwerbungen andauerte und der Konvent auf fremde Hilfe angewiesen blieb, verdeutlicht ein Erlass vom 4. Dezember 1446 des Landesfürsten Herzogs Sigismund von Österreich (1446-1490) zu Beginn seiner Herrschaft an alle Obrigkeiten in Vorarlberg, sie sollten durch Unterstützung und Almosenaktionen zugunsten des Klosters in Valduna dieses begünstigen und nach Möglichkeiten fördern. Die österreichischen Landesfürsten zählten bis ins 18. Jahrhundert hinein zu den größten Förderern des Klarissenklosters, indem sie die alten Stiftungsbriefe kontinuierlich erneuerten bzw. diese durch weitere Privilegien ergänzten (so 1474, 1497, 1529, 1573, 1615, 1620, 1660, 1666, 1709, 1718 und 1743). 147 Hinzu kam die Verleihung der Patronats- und Präsentationsrechte über die Pfarreien Egg im Bre- 140 Wortlaut des Textes abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster 19 f. (Zitat ebd. 19). 141 Zu Gründung und Anfänge in Valduna siehe ausführlich Ludewig, Klarissenkloster 14-21. 142 HS I/ 1, 508. 143 HS I/ 2.1, 337-340. 144 HS I/ 2.2, 589 f. 145 Ausführlich siehe Ludewig, Klarissenkloster 22-33. 146 Hierzu Peter Niederhäuser / Alois Niederstätter (Hrsg.), Die Appenzellerkriege - eine Krisenzeit am Bodensee? [= Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs. NF 7], Konstanz 2006. 147 Der Wortlaut der jeweiligen Stiftungsbriefe ist abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster. Anhang, 234-366. <?page no="75"?> 75 genzerwald (seit 1405) und Satteins (seit 1507). 148 1457 legte auch der Churer Bischof Leonhard Wismair (1456-1458; nur Elekt) 149 der Geistlichkeit seines Sprengels nahe, allen Gläubigen die Almosenspende an das Kloster in Valduna wärmstens zu empfehlen. 150 Unter Bischof Ortlieb von Brandis (1458-1491) 151 finden sich 1463 und 1472 entsprechende Dokumente 152 , in denen der Ortsordinarius Geistlichen wie Gläubigen seines Bistums die Unterstützung der Klarissen empfahl und dafür die Gewinnung eines Ablasses in Aussicht stellte. Mit Datum vom 17. Dezember 1498 rief selbst der spätere Kaiser Maximilian I. (1508-1519) die weltliche und geistliche Obrigkeit in den österreichischen Landen zu Spenden zugunsten des Klosters in Valduna auf. 153 Die größeren und kleineren Schenkungen, die dem Frauenstift im Laufe der Zeit gemacht wurden, und der nicht unbedeutende Erwerb von liegenden Gütern im 16. und 17. Jahrhundert, den es durch günstigen Kauf oder Tausch gesichert hatte 154 , schien nach Jahren der Unsicherheit und Not im 18. Jahrhundert ein weniger entbehrungsreiches Klosterleben zu garantieren. Doch dies war nur von kurzer Dauer: Am 24. Januar 1782 sandte die Landesstelle der österreichischen Vorlande in Freiburg i. Br. den kaiserlichen Beschluss zur Aufhebung aller kontemplativen Klöster in den Erblanden an den Churer Bischof. Nach den allgemeinen Punkten, die bei der Durchführung eingehalten werden mussten 155 , wurde Dionys von Rost angewiesen, »den vorgeschriebenen Befehl an das der Churer Dioeces unterstehende Frauen Kloster Valduna […] ehe möglichst 148 Hierzu Ludewig, Klarissenkloster 92-102. 149 Zu Person und Episkopat siehe Pierre Louis Surchat, Art. Wismair, Leonhard, in: Gatz, Bischöfe 1448-1648, 761 -f. 150 Lat. Wortlaut des bischöflichen Dekrets abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster. Anhang, Nr. 56, 273 f. 151 Zu Person und Episkopat siehe Pierre Louis Surchat, Art. Brandis, Ortlieb von, in: Gatz, Bischöfe 1448-1648, 76 f. [Lit.]. 152 Lat. Wortlaut der beiden Texte abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster. Anhang, Nr. 61 [1463], 277 f., Nr. 70 [1472], 283 f. 153 Lat. Wortlaut des kaiserlichen Dekrets abgedruckt in: Ludewig, Klarissenkloster. Anhang, Nr. 89 [1497], 297. 154 Ein mit Datum vom 30. Dezember 1770 versehenes »Gänzliches Vermögen omnium mobilium et immobilium, auch status pesronalis fassion des Gottes Hauß Valduna Clarisser ordens« weist eine Summe von 33‘266 fl. 54 ¼ xr. aus (Original in: ADF, GG 22.6 [1771 Januar 2]). Dieses Verzeichnis zählt für Ende 1770 27 »geistliche Jungrauen im Kloster«, einen Beichtvater und sechs Bedienstete auf (ebd.). Siehe auch die Zusammenstellung der Klostergüter unten S. 78 f. 155 BAC, 725.13.010 [1782 Januar 24]; Wortlaut des Schreibens im Anhang, Quellentext Nr. 1, unten S. 270-273. Abb. 26/ 27: Portraits der Churer Bischöfe Leonhard Wismair (1456-1458) [links] und Ortlieb von Brandis [rechts] (1458-1491) [BAC.BA] <?page no="76"?> 76 und etwa binnen 8 Tagen längstens« zu übermitteln, damit sich die Klarissen »der Landesfürstlichen Commission auf das genaueste fügen«; falls der Bischof hierfür nicht bereit wäre, sei die Amtsstelle in ihrer Verantwortung gegenüber Wien genötigt, ohne seine Weisungen an das Kloster abzuwarten, vorzugehen. Mit Zuschrift vom 25. Januar 1782 war auch dem Vogteiverwalter Franz Philipp Gugger von Staudach von derselben Stelle eröffnet worden, er habe als Aufhebungskommissar die Schließung des Klosters dem zu versammelnden Klarissenkonvent in Valduna persönlich anzukündigen, dieselbe gemäß Instruktionen zu vollziehen und darüber ein Protokoll einzusenden. 156 Nach Erhalt des bischöflichen Anweisungsschreibens vom 6. Februar 157 kreuzte Gugger am 16. Februar 1782 in Valduna auf und tat in Anwesenheit der Äbtissin Catharina Josepha Gau (1777−1782), sämtlicher 17 Chorfrauen (davon 4 aus Bünden) und 8 Laienschwestern 158 - es gab bereits keine 156 Original des ersten Berichts Guggers vom 23. Februar 1782 aus Feldkirch nach Freiburg i. Br. (mit beigefügtem Protokoll) in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929, Valduna: Kloster der Clarisserinnen. Aufhebung - Gesammmelte Akten; ferner Ludewig, Klarissenkloster 180. 157 Der Wortlaut, welcher in etwa dem Schreiben an die Klarissen in Meran vom 1. Februar 1782 entspricht (siehe oben S. 47), ist abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster 181-183. 158 Das im Zug der Aufhebung am 9. Juli 1782 erstellte Verzeichnis der Schwestern liegt in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929, Valduna: Kloster der Clarisserinnen. Aufhebung - Gesammelte Alten [Tabelle über den Personalstand (Original mit Papiersiegel) 1782 Juli 9]; abgedruckt in Ludewig, Klarissenkloster 190; zu biographischen Details ebd. 191-199. - In alphabetischer Reihenfolge handelt es sich um folgende Schwestern: a) Chorschwestern: Sr. Maria Bonaventura Ammann aus Rankweil (†-1801 in Feldkirch), Sr. M. Aloisia von Benz, Priorin, aus Freiburg i. Br. (†-1782 in Feldkirch), Sr. M. Francisca Seraphina Cabalzar aus Degen/ GR (†-1788 in Feldkirch), Sr. M. Katharina Josepha Gau, Äbtissin, aus Rankweil (†-1807 in Rankweil), Sr. M. Rosa Vitalia Kratz aus Schongau/ Bayern (†- 1783 in Feldkirch), Sr. M. Antonia Kroiss aus Augsburg (†- 1836 in Feldkirch), Sr. M. Theresia Johanna Latzer aus Nüziders (†-1832 in Feldkirch), Sr. M. Anna Neuner aus Imst/ Tirol (†-1783 in Feldkirch), Sr. M. Carolina von Peller aus Feldkirch (†-1794 in Feldkirch), Sr. M. Elisabeth Agnes Pfefferkorn aus Ludesch (†-1811 in Rankweil), Sr. M. Bonaventura Peintner aus Klein-Nesselwang/ Bayern (†- [? ] in Klein-Nesselwang), Sr. M. Barbara Raitz aus Schnifis (†-1790 in Feldkirch), Sr. M. Clara Gräfin von Salis-Zizers aus Zizers/ GR (†-1806 in Hall/ Tirol), Sr. M. Ursula Schropp aus Attenhausen/ Schwaben (†-1784 in Rankweil), Sr. M. Margaretha Freiherrin von Travers aus Ortenstein/ GR (†-1784 in Feldkirch), Sr. M. Isabella de la Tour aus Breil/ Brigels GR (†-1791 in Feldkirch), Sr. M. Cäcilia Vanotti aus Überlingen am Bodensee (†-1825 in Rankweil), Sr. M. Seraphina Vanotti aus Überlingen am Bodensee (†-1819 in Rankweil). b) Laienschwestern: Sr. M. Concordia Künzle aus Rankweil (†-1784 in Rankweil), Sr. M. Crescentia Mayerwuhr aus Rankweil (†-1811 in Feldkirch), Sr. M. Johanna Müller aus Oberauerbach bei Mindelheim/ Bayern (†-1815 in Rankweil), Sr. M. Martha Mutschlehner aus dem Pustertal/ Tirol (†- [? ] in Rankweil), Sr. M. Katharina Rogg aus Engershausen/ Schwaben (†-[? ] in Rankweil), Sr. M. Magdalena Rogg aus Wäschbach/ Baden-Württemberg (†-1816 in Feldkirch), Sr. M. Elisabetha Siller aus Engershausen/ Schwaben (†-1832 in Feldkirch), Sr. M. Agatha Steinlechner aus Wattens/ Tirol (†-1838 in Hall/ Tirol). Abb. 28: Klosteranlage in Valduna 1682 nach einem Gemälde von Leopold Scherl [BAC.BA] <?page no="77"?> 77 Novizinnen mehr - den kaiserlichen Entschluss kund. Danach kassierte er alle Schlüssel zu diversen Kassen, Kirchenschatz, Archiv und Vorratskammern. Räumlichkeiten, welche bis zum Wegzug der Konventualen (maximal 5 Monate nach Ankündigung) nicht notwendig gebraucht wurden, ließ er versiegeln. 159 Von dem vor Ort vorhandenen Bargeld in der Höhe von 274 fl. 51 ¼ xr. zahlte der Kommissar die für alle Ordensfrauen und den Beichtvater P. Benedikt Wagner OFM (aus dem 1785 aufgehobenen Minoritenkloster auf dem Viktorsberg 160 ) angewiesenen Unterhaltskosten für 14 Tage im Voraus, ebenso beglich er für die gleiche Zeitspanne die Kosten für fünf Dienstboten; den Restbetrag von 60 fl. 25 ¼ xr. überwies Gugger an das Rentamt in Feldkirch. 161 Mit Schreiben vom 25. Juni 1782 gestattete der Churer Bischof die Aufhebung der Klausurvorschriften und den Übergang in ein weltliches Leben unter Beibehaltung der Ehelosigkeit und Gebetsverpflichtungen; eine generelle Dispens von den Gelübden blieb ausgeschlossen. 162 Jeder Klosterfrau wurden 100 fl. zum Erwerb ihrer Ausstattung ausbezahlt. Auf den 21. Juli hatten die Nonnen Valduna zu verlassen; mit diesem Tag hörte auch die oben erwähnte Zahlung der täglichen Unterhaltsgelder auf und begann der Bezug der jährlichen Pensionen von 200 fl. für jede Chorfrau und 150 fl. für jede Laienschwester. 163 Noch bevor die Schwesterngemeinschaft ihr Zuhause verlassen musste, spekulierte man eifrig über den späteren möglichen Verwendungszweck der Klosteranlage. In seinem Bericht vom 24. April 1782 an die Regierung und Kammer in Freiburg i. Br. bezeichnete Aufhebungskommissar Gugger die örtliche Lage als sehr abgeschieden und schlecht zugänglich; ferner seien die Gebäude »alt und durchaus nur zum klösterlichen Leben eingerichtet«, was sich für eine Umnutzung zu einer »Fabrik« oder einem »Spinn- und Zuchthaus« unter kostspieligem Aufwand nach seiner Ansicht kaum lohne. Er könne sich keinen Käufer vorstellen, welcher diesen Gebäudekomplex auch nur unter dem »allerniedrigsten Preis« erwerben wolle. Sein Vorschlag ging erstaunlicher Weise dahin, das Klostergebäude als Wohnstätte für eine bestimmte Anzahl der ausgetretenen Schwestern zur Verfügung zu stellen, damit sie dort ihren Lebensabend verbringen könnten, oder falls dieser Vorschlag keine Akzeptanz finden würde, Kirche und Kloster abzureißen und das Material zu versteigern. 164 Die Gebäude blieben nach Wegzug der Nonnen leer, ungenutzt und so auch ohne Ertrag für den Religionsfonds. Am 16. Dezember 1782 richtete Gugger an das Gubernium ein Gesuch, nach erfolgter öffentlicher Versteigerung der Hausgerätschaften 165 auch Gegenstände aus der Klosterkirche zu veräußern; auf einem Beilageblatt zählt er u.a. die Glocken, die Kirchenuhr, die Orgel, den Weihwasserstein aus Marmor oder das Heilig Grab auf. 166 159 Original des zweiten Berichts Guggers vom 2. März 1782 aus Feldkirch nach Freiburg i. Br. in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3939, Valduna: Kloster der Clarisserinnen. Aufhebung - Gesammelte Akten; ferner Ludewig, Klarissenkloster 180 f. 160 Siehe unten S. 83-86. 161 Ludewig, Klarissenkloster 184 f. 162 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 53 f. [1782 Juni 25]. 163 Ludewig, Klarissenkloster 188. 164 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929, Valduna: Kloster der Clarisserinnen. Aufhebung - Gesammelte Akten [Feldkirch, 1782 April 24] (danach wird zitiert); ferner Ludewig, Klarissenkloster 207-f. - Das am 19. Juni 1782 von Gugger erstellte Inventar über die Klosterkirche nennt für besonders wertvolle Gerätschaften und Gegenstände einen geschätzten Gesamtwert von 1‘701 fl. 42 xr. Messgewänder, Paramente, Leinentücher und weitere Gerätschaften wurden auf 337 fl. 18 xr. errechnet, die Orgel mit 11 Registern auf 150 fl. geschätzt, andere Instrumente mit knapp 10 fl. taxiert, Kirchengerät aus Zinn, Messing, Kupfer, Eisen oder Holz auf 975 fl. 50 xr. und die beiden Kirchenglocken auf 180 fl. veranschlagt, total also 3’344 fl. 50 xr. (TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929, Valduna [1782 Juni 19 (Schreiben mit 2 Beilagen vom 18. Juni)]; ferner VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55; Ludewig, Klarissenkloster 200-206). 165 Licitationsprotokoll vom 12. August 1782 über die Versteigerung der Hausgerätschaften in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommissiom, Fasz. 3929. 166 Originalschreiben in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929 [1782 Dezember 16, mit Beilage]. <?page no="78"?> 78 Erst 1788 erging die Weisung, Kirche und alle Klostergebäulichkeiten auf Aufbruch zu versteigern; der voraussichtliche Erlös aus den noch zu gewinnenden Materialen als Resultat dieser radikalen »Endmassnahme« wurde auf knapp 2‘535 Gulden errechnet. 167 Damals notierte der Pfarrer von St. Gerold, P. Othmar Rüepp OSB (1787-1789): »Ich konnte die Tränen und den Unmut kaum zurückhalten, als ich jenes berühmte Frauenkloster Valduna wie durch einen Krieg der Ungläubigen oder durch Brand bis zur Mitte der Mauer usque ad medium muri verlassen und zerstört sah mit der Kirche, die zu einer Ruine gemacht wurde, während die Klosterfrauen und auch die Äbtissin mit einer Pension in die Welt hinausgestoßen wurden.« 168 Im Feldkircher Diözesanarchiv liegt eine Abschrift des »Inventarium über das samentliche im Allerhöchsten Namen Sr. k. k. Ap. Maj. übernommene Vermögen des aufgehobenen Klosters der Klarisserinnen zu Valduna in der Grafschaft Feldkirch« 169 ; die folgenden Angaben geben einen Überblick über das gesamte Vermögen und die jährlichen Einnahmen des 1782 aufgehobenen Konvents. Gegenstände - Güter - Zehnten Vermögen Jährliche Zinserträge (bis Ende 1782) Bargeld (1782) 274 fl. 51 xr. --- Silber 63 fl. 34 xr. --- Kapitalien 24‘814 fl. 6 ¾ xr. 2‘469 fl. 12 ½ xr. Lehen 2‘398 fl. 28 ¾ xr. 95 fl. 57 ½ xr. Grundzinsen 1‘824 fl. 22 ½ xr. 72 fl. 58 ½ xr. Schuldscheine, Kurrentschulden 1‘610 fl. 30 ¾ xr. 82 fl. 5 xr. Zehnten 17‘961 fl. 15 xr. 718 fl. 40 ½ xr. Einkommen aus den Pfarreien Egg und Satteins 7‘250 fl. 290 fl. Gebäude und Grundstücke • Diverse Gärten in Klausur und um das Kloster • Mühle mit Krautgarten • Weiher mit Umschwung • Haus in Rankweil mit Zehntscheune • Haus und Stadel zum Hof in Bezlarn • Ackerland in Bezlarn • 9 dem Kloster gehörende Äcker • Diverse Wiesen • Großer Weingarten in Rankweil • Kleiner Weingarten in Rankweil • 3 Weingärten in Altenstadt • 2 Weingärten in Röthis • 1 Weingarten am Sulznerberg in Sulz Total [geschätzt] 1‘594 fl. 1‘000 fl. 2‘500 fl. 500 fl. 600 fl. 4‘080 fl. 8‘150 fl. 8‘640 fl. 4‘340 fl. 80 fl. 1‘900 fl. 1‘160 fl. 150 fl. --------------------- 34‘694 fl. 1‘450 fl. 57 ½ xr. Waldbesitz 760 fl. 75 fl. 54 xr. Recht auf Holzschlag (Gemeinde Rankweil) 1‘137 fl. Wein- und Essigvorräte 2‘416 fl. 41 xr. Weinfässer 610 fl. 27 xr. 167 Ludewig, Klarissenkloster 208. 168 Zitiert in Ludewig, Klarissenkloster 201. 169 Abschrift in: ADF, GG 22.6 (Vermögenssumme wird dort auf 100‘791 fl. 32 xr. beziffert); Hinweis zum Eingang des Schätzungsprotokolls von den Realitäten des aufgehobenen Klosters Valduna findet sich in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3928 (1782-1785) Klostersachen [1782 August 3]; ferner VLA, Vogteiamt Bludenz 65/ 855: Schuldenaufnahmeprotokoll-Fragment über Vermögenswerte (vieler Guthaben) des aufgehobenen Klosters Valduna, 1783; vgl. auch die Angaben in Ludewig, Klarissenkloster 213. <?page no="79"?> 79 Kellergerätschaften 26 fl. 38 xr. 227 Gemälde und Bilder 31 fl. 55 xr. Betten und Weißzeug 228 fl. Sessel und Stühle 39 fl. 18 xr. Hausgerätschaften aus Holz 753 fl. 28 xr. Hausgerätschaften aus Zinn, Messing, Zink, Kupfer 139 fl. 27 xr. Zinngeschirr 124 fl. 57 xr. Eisenwaren 37 fl. 52 xr. Sonstiges Hausgerät 30 fl. 51 xr. Lebensmittelvorräte 339 fl. 34 xr. Viehbestand 488 fl. 24 xr. Futtervorräte und Dünger 166 fl. 26 xr. Kircheninventar (siehe S. 77, Anm. 164) 3‘340 fl. 50 xr. Total 101‘556 fl. 50 xr. 5'255 fl. 32 xr. Schuldenlast 2‘096 fl. 52 ½ xr. Gesamttotal des Vermögens 99‘459 fl. 57 ½ xr. Jedes der aufgehobenen Klöster - dies soll hier am Beispiel des Klarissenkonvents in Valduna einmal aufgezeigt werden - hatte im Laufe seiner Geschichte nicht nur durch Schenkungen und Stiftungen den Besitzesstand erweitern können, sondern ein nicht geringer Teil der Einnahmen machten auch die Erträge (in Kapitalien oder Zehnten) der erhaltenen Messstiftungen und dotierten Andachtsverpflichtungen aus, die vom Kloster exakt zu verwalten, vom Konvent zu begehen bzw. von den Klostergeistlichen kontinuierlich zu applizieren waren. Im Wissen, dass bei einer Aufhebung diese Jahrtage und Andachten nicht einfach miterloschen, sondern dem Stifterwillen gemäß weiter gefeiert werden mussten, hatte Kaiser Joseph II. am 22. Mai 1782 bestimmt, »daß von allen bei den aufgehobenen Manns- oder Frauen Klöstern befindlichen Messen, Anniversarien oder andern wie immer benamsten Stiftungen ein genau und verlässliches Verzeichnis […] eingebracht, dabei aber auch mit dem betrefenden Herrn Ordinarius sich einverstanden werden sollte, auf was für arme Pfarreyen und Local- Caplaneyen dise Stüftungen am schiklichsten transferiert werden könnten«. 170 Infolgedessen forderte das Gubernium in Innsbruck mit Schreiben vom 7. Juni 1782 das Churer Ordinariat auf, bzgl. Stiftungen und Anniversarien, soweit sie die aufgehobenen Klöster im österreichischen Anteil des Bistums Chur beträfen, nähere Angaben zu liefern und »ehebeliebigst anher zu äusseren, an welche arme Pfarreyen oder Local Caplaneyen die betrefenden Stiftungen […] am schicksamsten übertragen werden könnten, damit derley Suffragien einsweils von dem nächst gelegenen dürftigen Clerus ununterbrochen verrichtet werden«. 171 Bischof von Rost antwortete am 25. Juni, »sogern wir über dieses zweyfache Ansinnen ohne Verzug entsprechen würden, finden wir uns doch aus der Ursach außer Stand gesetzt, daß wir von all diesen Messen, Anniversarien und Stiftungen keine Wissenschaft haben« 172 . Von den betroffenen Klöstern könne man aus Chur keine »zuverlässige Auskunft« erwarten, »weil die dahin einschlagende Schriften zweifelsohne von der Landesfürstlichen Aufhebungs-Commission zu Händen 170 Gemäß Hofresolution vom 22. Mai 1782, erwähnt in: BAC, 725.13.056 [1782 Juni 7]. 171 BAC, 725.13.056 [1782 Juni 7]. 172 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 54-55 [1782 Juni 25]. <?page no="80"?> 80 genommen worden seyn werden« 173 . In der Tat: Das Vogteiamt in Feldkirch erstellte am 25. Juni 1782 ein Verzeichnis der Valduner Stiftungen 174 ; darin werden aufgeführt: Monat Messstiftung Januar • für den Erzherzog Maximilian von Österreich (1493-1519) Februar • für die Brüder und Schwestern des Franziskanerordens, insbesondere für die Beichtväter in Valduna März --- April • für Herzog Leopold IV. von Österreich (1386-1411) • für Herzog Friedrich IV. von Österreich (1406-1439) Mai • für Pater Ludwig Gonauer OFM aus Solothurn (1609-1612) und andere Beichtväter in Valduna 1 • für die ersten Stifter und Wohltäter, insbesondere für Graf Rudolf von Montfort und Graf Heinrich von Werdenberg-Sargans Juni • für Susanna Roth und deren Familie • für das Ehepaar Benz und deren Familie • ein Seelenamt mit 2 Offizien und anderen Messen für die Wohltäter von Valduna Juli • für die leiblichen Brüder und Schwestern der Klosterfrauen und für andere Blutsverwandte und Wohltäter August • für die Verstorbenen aus dem Hause Österreich (feierliches Seelenamt mit 2 Offizien und anderen Messen) September • für den Kardinal und Fürsterzbischof von Salzburg, Mark Sitticus von Hohenems (1574-1619, EBf. 1612-1619) • für alle in Valduna begrabenen Brüder, Schwestern und Wohltäter Oktober • für alle Stifter und Wohltäter geistlichen und weltlichen Standes November • für die verstorbenen Eltern der Klosterfrauen in Valduna Dezember • für die Familie Ammann • für die Familie Rainold • für die Familie Pappus • für die Familie von Salis-Zizers in den vier Quatemberzeiten 2 • eine Seelenamt für alle Wohltäter In dem dann am 31. Dezember 1782 von der Milden Stiftungsbuchhaltung in Innsbruck dem Churer Ordinariat vorgelegten bescheidenen »Verzeichnis der Stiftungen bey dem aufgehobenen Kloster der Clarissinnen zu Valduna Churer Dioeces« 175 finden sich neben dem Namen des Stifters Angaben zum Stiftungsfonds und zur Stiftungsverbindlichkeit: 173 BAC, 762.17 [1782 Juni 25], S. 55. 174 »Tabula anniversarium venerabilis asceterii Valdunensis« (Januar-Dezember) vom 25. Juni 1782 in: TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3929, Valduna: Kloster der Clarisserinnen. Aufhebung - Gesammelte Akten. - Für die Messen selbst waren keine besonderen Fonds angegeben; die Stiftungen enthielten darüber entweder keine konkreten Angaben, oder es lagen ihnen nur Spenden und milde Gaben zugrunde. 175 Abschrift der Milden Stiftungsbuchhaltung in Innsbruck in: BAC, 563.04.03 [1783]. - Für die anderen drei oben behandelten aufgehobenen Klöster liegen ebenfalls Abschriften vor: »Verzeichniß der Stiftungen bey dem aufgehobenen Kloster der Clarisserinnen zu Meran Churer Dioeces« von 1783 mit 55 Einträgen zwischen 1311 und 1757 (BAC, 880.01.05.01-002); »Verzeichniß der Stiftungen bey dem aufgehobenen Kloster der Dominicanerinnen zu Maria Steinach Churer Dioeces« von 1783 mit 25 Einträgen zwischen 1300 und 1766 (BAC, 880.01.05.02-001/ 002 [in zweifacher Ausführung]); »Verzeichniß der Stiftungen bey dem aufgehobenen Kloster der Karthäuser in Schnals Churer Dioeces« von 1783 mit lediglich 4 Einträgen zwischen 1326 und 1729 (BAC, 880.01.05.03-002/ 003 [in zweifacher Ausführung]). Die entsprechenden Angaben wurden für Algund am 2. Januar, für Meran am 10. Januar und für die Kartause im Schnalstal am 25. Januar 1783 von Chur aus an das Gubernium nach Innsbruck geschickt (Abschriften in: BAC, 762.17 [1783 Januar 2. 10. 25], S. 156-165, S. 169-172, S. 175-180). 1 Liste der Beichtväter in Ludewig, Klarissenkloster 169-174. 2 Mittwoch, Freitag und Samstag von vier Fasten- und Gebetswochen im Kirchenjahr, abgehalten nach den Festen: Pfingsten, Kreuzerhöhung, St. Lucia-Tag und 1. Fastensonntag. <?page no="81"?> 81 Nummer Name des Stifters Datum des Stiftsbriefes Stiftungsfonds Stiftungsverbindlichkeit Erörterung, wann und wie die Stiftungen abzuhalten sind Anmerkung Kapital Realitäten Jahrtage und Ämter Messen Litaneien Lampen 1 Lins, Heinrich und Johannes (Brüder) 1399 --- Zehnten an der Klaus zu Fröwis 1 --- --- --alles alte Stiftungen nebenstehende Gottesdienste sind abzuhalten vorhanden ist eine von Rom genehmigte Reduktion von 1723 für bis dahin unterlassene Applikationen für alle 4 Personen kann ab 1724 nur mehr eine Jahrzeit gehalten werden. 2 Ammann, Wilhelm 1409 --- Wein-Zehnten zu Rankweil --- 3 --- --- 3 Pappus, Peter 1450 --- Wein-Zehnten am Marienberg zu Rankweil --- 1 --- --- 4 Reiz, Maria Anna (Jungfrau) 1731 Juni 19 50 fl. (jährlicher Zins 2 fl.) --- --- --- --- 1 zur Beleuchtung des Heiliggrabs in der Kirche --- Im Ordinariatsgutachten 176 über die Stiftungsverbindlichkeit vom 15. März 1783 an das Gubernium sprach sich Chur vor dem Hintergrund des Vorhandenseins aller Stiftungsurkunden und 176 Abschrift des Ordinariatsgutachtens in BAC, 563.04.04 [1783 März 15]. - Zu den in Anm. 175 (S. 80) erwähnten Verzeichnissen der Stiftungen in den aufgehobenen Klöstern zu Meran, Algund und im Schnalstal liegen ebenfalls Churer Gutachten über die Stiftungsverbindlichkeit vor: Entwurf des Ordinariatsgutachtens aus der Feder des Kanzlers Georg Schlechtleutner vom 15. Juli 1783 zu den getätigten Stiftungen im Klarissenkloster zu Meran (BAC, Abb. 29: Verzeichnis der Stiftungen im aufgehobenen Klarissenkloster Valduna [BAC] <?page no="82"?> 82 Fondsnachweisen betreffend der verstorbenen Personen Lins, Ammann und Pappus dafür aus, dass die seit 1724 nur mehr auf eine reduzierte und entsprechend abzuhaltende Jahrzeit in Zukunft für einen anderen Ort nicht gelte, sondern dass ohne neu approbierte Reduktion alle oben aufgeführten 5-Messen stets zu applizieren seien; die päpstliche Reduktion habe nur für die bis 1723 unterlassenen Applikationen gegolten. Als Vorschlag für eine konkrete Zuweisung werden Damüls oder Fontanella genannt. Der gestiftete Betrag zur Beleuchtung des Heiligen Grabes Christi am Sterbetag der Jungfrau Reiz könne hingegen ohne Bedenken bei einer neu zu errichtenden Pfarrei oder Kuratie Verwendung finden und damit der Stiftung von 1731 inskünftig weiter entsprochen werden. 177 Der definitive Entschluss zum künftigen Vorgehen in der Valduner-Messstiftungsangelegenheit ist nicht greifbar. Es muss angenommen werden, dass vor allem die Messen und Andachten, welche monatlich (gemäß Tabelle) bis 1782 gewissenhaft in der Klosterkirche Valduna abgehalten worden waren, »nicht im entferntesten einen Ersatz fanden« 178 , denn das Hofdekret vom 3. Juli 1782 gab diesbezüglich als Richtschnur vor, »daß nur jene Stiftungen, welche durch Urkunde oder in andere Weg sicher erwiesen werden können, und für selbe der hiezu bestimmte Fonds würklich vorhanden ist, zu bestehen haben« 179 . Die 1784 durchgeführte Veräußerung von Klostergüter und Grundbesitz durch Versteigerung erbrachte lediglich eine Gesamtsumme von 29‘592 fl. 180 Unter der Käuferschaft sticht die Gemeinde Rankweil hervor, die zu einem Spottpreis von 5‘600 fl. Klosterkirche, Klostergebäude und Zubehör, die Waldungen (für 710 fl.) und das Recht des Holzschlags (für 1‘160 fl.) erwarb. 1862 entstand auf dem ehemaligen Klostergrund die private »Wohltätigkeitsanstalt Valduna« für geistig und körperlich Behinderte, aber auch zur Aufnahme von arbeitslosen und sittlich verkommenen Personen. Als öffentliche Institution für Geisteskranke figurierte sie zwischen 1870 und 1941 unter dem Namen »Landesirrenanstalt Valduna«. Heute ist es der Standort des Vorarlberger Landeskrankenhauses Rankweil. 181 880.01.05.01-002); Abschrift des Ordinariatsgutachtens zu den Stiftungen im Dominikanerkloster Maria Steinach zu Algund (BAC, 880.01.05.02-007); Ordinariatsgutachtens zu den Stiftungen in der Kartause Allerengelberg (BAC, 880.01.05.03-007/ 008 [in zweifacher Ausführung: Entwurf / Fassung der Innsbrucker Stiftungsbuchaltung]). 177 BAC, 563.04.04 [1783 März 15]. 178 Ludewig, Klarissenkloster 224. 179 Zitiert in Ludewig, Klarissenkloster 224. 180 Angaben zu den einzelnen Käufern und gebotenen Summen in Ludewig, Klarissenkloster 216. 181 Hierzu Rapp, Beschreibung I.1, 853-864; Norbert Schnetzer / Hans Sperandio (Hrsg.), 600 Jahre Valduna. Der lange Weg vom Klarissenklositer zum Landeskrankenhaus [= Reihe Rankweil 8], Rankweil 1999. Abb. 30: Wohltätigkeitsanstalt Valduna nach dem Niedergang als Kloster im Jahr der Eröffnung 1862 (nach einem Gemälde von Leopold Scheel) [BAC. BA] <?page no="83"?> 83 5. Die Aufhebung des Minoritenklosters auf dem Viktorsberg oberhalb Röthis (1785) 1984 gründeten das Land Vorarlberg, die auf knapp 900 Meter über Meer gelegene Gemeinde Viktorsberg, die Stadt Feldkirch, die Diözese Feldkirch, die Marktgemeinde Rankweil sowie die Gemeinden Fraxern, Klaus, Laterns, Röthis, Sulz, Übersaxen, Weiler und Zwischenwasser die »Stiftung Kloster Viktorsberg«. Zweck der Einrichtung war und ist die Restauration sowie die Erhaltung der ehemaligen Klosteranlage, wo die seit 1383 auf Initiativen der Grafen Rudolf IV. (um 1300-1375) und Rudolf V. von Montfort (gest. 1390) angesiedelten Minoriten der Oberdeutschen Provinz 1785, als für die Seelsorge auf dem Land entbehrlich, ihre fast 400jährige franziskanische Wirkungsstätte verlassen mussten. 182 Die von den Bewohnern auf Viktorsberg bei Joseph II. vorgebrachte und daselbst akzeptierte Bitte, ihnen einen der Patres als künftigen Kaplan vor Ort belassen zu wollen (Expositur der Pfarrei Röthis seit 1786), verhinderte bei dieser Aufhebung eine Profanisierung der Kirche, die Veräußerung der Klosteranlage 183 und damit, wie in den oben genannten Fällen geschildert, eine Totalliquidation. Im Schickalsjahr 1785 zählte der Konvent neben Guardian P. Benedikt Wagner OFMConv - die beiden affilierten Minoritenpatres aus Konstanz miteingerechnet - 7 weitere Patres und 4 Laienbrüder, davon wohnten jedoch 6 Patres und 1 Bruder (dieser in Breisach/ D) außerhalb des Klosters; die Geistlichen füllten die durch die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 entstandene Lücke von Lehrkräften am Feldkircher [4] bzw. am Konstanzer Gymnasium [2], unterrichteten daselbst und wohnten vor Ort. 182 Zur Vorgeschichte, zur äußerst lückenhaften Geschichte des Franziskanerklosters selbst - zwei verheerende Brände zerstörten das Kloster und viele seiner Urkunden und Dokumente - und seiner Aufhebung 1785 ausführlich Viktor Wratzfeld, Eusebius vom Viktorsberg: Geschichte - Legende - Kult. Ein Beitrag zur Geschichte des Heiligen Vorarlbergs [= Schriften zur Vorarlberger Landeskunde 11], Dornbirn 1975; Rapp, Beschreibung I.1, 533-556; Florentin Nothegger, Art. Viktorsberg, in: Alemania Franciscana Antiqua 3 (1957) 91-101; Knecht, Aufhebung 52-69. Das Vorarlberger Landesarchiv Bregenz bewahrt neben 15 (Pergament-) Urkunden aus der Zeit zwischen 1383 [Stiftungsurkunde] und 1639 vom Kloster Viktorsberg auch eine Handschrift auf mit dem Titel »Informatus conventus Montis S. Victoris« 1640-1765, welche aus dem Jahre 1765/ 67 stammt (VLA, Kloster Viktorsberg, Hs.1). Das Archiv der Diözese Feldkirch weist ebenfalls Aktenbestände zum ehemaligen Minoritenkonvent auf Viktorsberg aus (ADF, GG 16.1.1-3 Minoriten: Viktorsberg [1660-1782]). Ein interessantes Dokument darunter ist der am 3. November 1625 ausgestellte Schutzbrief des Provinzials der Straßburger Minoritenprovinz in Oberdeutschland, P. Melchior Breitter OFMConv., für die Klosterbibliothek auf Viktorsberg. Unter Androhung der Exkommunikation war es strengstens verboten, Bücher oder andere Gegenstände aus der Bibliothek zu entwenden (ADF, GG 16.1.3). Ferner ist die mit einem Begleitschreiben vom 5. Juli 1782 von Guardian Pater Marianus Mayer an das Gubernium in Innsbruck gesandte und von dieser Stelle eingeforderte Sammlung von diversen »in unserem Archiv befundenen Exemptionen - Privilegien und Breven, und zwar nicht nur in ihren authentischen Abschriften, sondern auch zugleich in ihren Originalien« von Bedeutung (ADF, GG 16.1.2). 183 Seit 1786 Wohnsitz des Expositus bzw. Kurats, später Pfarrhaus; bis 1904 beherbergte das Klostergebäude auch die Dorfschule. <?page no="84"?> 84 Name [Taufname] Geburtsort / Herkunftsort [Alter] Amt / Funktion zum Zeitpunkt der Aufhebung Nach der Aufhebung neuer Standort in [Todesjahr] Bemerkungen Patres Gmeinder, Viktor P. [Anton Viktor] Offenburg / D [25] Student für Kirchenrecht am ehemaligen Jesuitenkolleg in Konstanz Viktorsberg [1806] als Weltpriester seit 1786 bis 1806 erster Expositus auf Viktorsberg (Kuratie 1824) 1 Obermoser, Bernhard P. aus dem Minoritenkloster in Konstanz Lehrer am ehemaligen Jesuitenkolleg in Feldkirch Feldkirch --- Sax Adalbert P. aus dem Minoritenkloster in Konstanz Lehrer am ehemaligen Jesuitenkolleg in Feldkirch Feldkirch --- Scherer, Franz de Paula P. [Joseph Benedikt] Ottobeuren / D [36] Konventuale auf Viktorsberg Röthis [1817] als Weltpriester seit 1786 bis 1817 Frühmesser in Röthis, zusätzlich von 1796-1803 Pfarrverweser daselbst 2 Schmidt, Benedikt P. [Wolfgang] Forchheim / D [32] Lehrer am ehemaligen Jesuitenkolleg in Feldkirch Feldkirch / Triesen / Schaan [1807] zuerst noch Lehrer in Feldkirch, dann als Weltpriester Pfarrer in Triesen (1794-1807) Hofkaplan in Schaan (1807) 3 Steiger, Konstantin P. [Jakob] Bezau / Vorarlberg [30] Lehrer am ehemaligen Jesuitenkolleg in Konstanz [? ] Weltpriester Wagner, Benedikt P. [Georg Joseph] Ochsenhausen / D [48] Guardian auf Viktorsberg Rankweil [1805] Weltpriester Zepf, Dionys P. [Fidel] Wurmlingen / D [42] Lehrer am ehemaligen Jesuitenkolleg in Feldkirch Minoritenkloster Maihingen (Bistum Augsburg) [? ] Minorit Laienbrüder Euwler, Gallus Br. [Sebastian] Bürs / Vorarlberg [47] Schneider in Breisach / D [? ] Laienstand Handt, Daniel Br. [Johannes] Stopfenheim / D [66] Bäcker auf Viktorsberg Minoritenkloster Maihingen (Bistum Augsburg) [? ] Minorit Ludescher, Fidel Br. [Martin Fidel] Bürs / Vorarlberg [69] Koch auf Viktorsberg [? ] Laienstand Schreiber, Eusebius Br. [Franz Cajetan] Überlingen / D [60] Schneider auf Viktorsberg [? ] Laienstand 1 Rapp, Beschreibung I.1, 545. 2 Rapp, Beschreibung I.1, 573. Aus dem aufgehobenen Hieronymitanerkloster auf dem Josephsberg (siehe unten S. 87-93) erhielt Scherer als Frühmesser in Röthis 100 Stiftsmessen zur Persolvierung (Knecht, Aufhebung 67). 3 Franz Näscher, Beiträge zur Kirchengeschichte, Bd 1: Seelsorger in den Pfarreien, Schaan 2009, 403. <?page no="85"?> 85 Mit dem Schreiben des Guberniums vom 19. Februar 1785 erhielt der Churer Bischof Dionys von Rost Kenntnis vom Entschluss Josephs II. (22. Januar 1785), »die Aufhebung des Klosters Minoriten zu Rettis anzuordnen« 184 . Zeitgleich erreichte den Vogteiverwalter in Feldkirch und wiederum zum Aufhebungskommissar bestimmten Franz Philipp Gugger von Staudach die Information mit dem entscheidenden Hinweis, die Aufhebung solle unverzüglich vollzogen werden. Die vier köpfige Kommission - neben Gugger als Leiter fungierten Martin Johann Tanner (Rentmeister in Feldkirch), Johann Eberlin (Landschreiber) und Franz Joseph Neyer (Aktuar) ihres Amtes - erschien wegen des vielen Schnees erst am 14. März 1785 auf dem Viktorsberg, wo sich im Kloster neben Guardian Wagner nur Pater Scherer und drei Brüder aufhielten; die vier am Feldkircher bzw. Konstanzer Gymnasium wirkenden Minoriten Gmeinder, Schmidt, Steiger und Zepf mussten wie auch Bruder Euwler vorgeladen werden. Allen Anwesenden wurde das Kreditiv vorgelegt, das kaiserliche Aufhebungsdekret verlesen und mitgeteilt, das klösterliche Leben sei ab sofort zu Ende. Anschliessend erfolgten die Beschlagnahmung des vorhandenen Bargeldes (502 fl. 10 ½ xr.) und die Schlüsselübergaben der Kassen, des Kirchenschatzes, des Archivs, der Bibliothek und der Vorratsräume. Anderntags nahm Gugger den Manifestationseid ab und erklärte, Patres wie Laienbrüder hätten bald möglichst über ihre künftige Standeswahl zu entscheiden, diesen Entschluss dem Vogteiamt mitzuteilen und das Kloster innerhalb dreier Monate (bis spätestens 13. Juni) zu verlassen. Bis dahin wurde für den täglichen Bedarf jedem Konventualen in Viktorsberg 40 xr. zugesprochen 185 ; das nötige Brennholz stand unentgeltlich zu Verfügung. Für die Administration und Koordination vor Ort bis zum Abzug der Minoriten beauftragte Gugger den aus Klaus stammenden Basil Ludescher. Am 15. und 16. März wurde das Inventar 186 aufgenommen. Erst am 19. März trat die Kommission die Rückfahrt nach Feldkirch an. 187 Der verkaufte bzw. versteigerte Besitz des Minoritenklosters betrug nach Abzug der Passiva von 169 fl. total lediglich 37‘364 fl.; Details zeigt die unten stehende Zusammenstellung. 188 Nach bischöflich erteilter Erlaubnis 189 , das Ordenskleid in Weltpriesterkleidung bzw. bei den Brüdern in weltliche Gewandung einzuwechseln, verließen am 13. Juni 1785 Pater Guardian Wagner und Pater Scherer zusammen mit den drei Laienbrüdern definitiv den Klosterkomplex. Scherer übernahm 1786 die Frühmesspfrund in Röthis, Wagner lebte als Weltpriester in Rankweil. Bruder Daniel Handt trat in den Minoritenkonvent in Maihingen (Bistum Augsburg) ein und wurde Pater. Der zur Zeit der Aufhebung noch in Ausbildung sich befindliche Pater Viktor Gmeinder fand 1786 nach Erhalt der Cura animarum aus Konstanz als erster Kaplan der am 16. April 1786 190 durch 184 Original in: BAC, 725.16.002 [1785 Februar 19]. 185 Die beiden Patres Gmeinder und Steiger, welche in Konstanz weilten, hatten darauf keinen Anspruch. Den vier Lehrpersonen am Gymnasium in Feldkirch wurden die jährlichen 220 fl. aus dem Jesuitenfonds weiterhin zuerkannt, jedoch die 40 xr. Taggeld gestrichen. Die Entlöhnung der Dienstmagd in Feldkirch hatte aus dem Besoldungsgeld der dortigen Patres bestritten zu werden (Knecht, Aufhebung 56 f.). 186 VLA, Kloster Viktorsberg, Hs. 2 (Inventar über das Vermögen des aufgehobenen Minoritenklosters auf dem Viktorsberg 1785). 187 Knecht, Aufhebung 53-55. 188 Knecht, Aufhebung 66 f. 189 Abschrift des Schreibens von Rosts vom 3. Juni 1785 an Guardian und Gemeinschaft der Minoriten auf dem Viktorsberg in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 198-199. Das Gesuch um Dispens des Tragens der Ordenstracht und um Lösung von den Gelübden richtete der Konvent am 30. Mai 1785 an den Churer Bischof (ADF, GG 16.1.1). 190 Im Dekret heißt es: »In Anbetracht der mit Bericht vom 25. Februar 1786 angezeigten Local-Umstände wird der Gemeinde am St. Victorsberg der gebethene eigene Seelsorger aus den reducirten und ohnehin pensionirten dasigen Minoriten in der Eigenschaft eines exponirten Kaplans und mit der Abhängigkeit von dem nächsten Pfarrer zu Räddis [Röthis] bewilligt.« (Zitiert in Rapp, Beschreibung I.1, 545). Siehe auch unten S. 119-f., 178. Gmeinder schrieb am 14. Juni 1785 an den Konstanzer Bischof, aufgrund der Aufhebung des Klosters habe er »nach genugsamer Überlegung« den Weltpriesterstand gewählt und diese Entscheidung auch an die k. k. landesfürstliche Kommission mitgeteilt (Original in: ADF, GG 16.1.1). Akten zur 1786 errichteten Expositur Viktorsberg in: VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55: Konvolut ›Gemeinde, Kaplan zu Viktorsberg‹ mit Dokumenten für die Jahre 1791-1793. <?page no="86"?> 86 das Gubernium errichteten Expositur den Weg zurück nach Viktorsberg, wo er in der Pastoral als Weltgeistlicher das Erbe der Minoriten bis zu seinem Tod 1806 wachhielt. Erzieltes Vermögen des aufgelösten Minoritenklosters auf dem Viktorsberg (nach Verkauf / Versteigerung) Gegenstand durch die Kommission geschätzter Wert durch Verkauf bzw. Versteigerung erzielter Ertrag Bargeld --- 502 fl. 10 ½ xr. Kapitalien --- 17‘579 fl. Klostergebäude inkl. Garten 407 fl. 22 xr. --- Grundstücke • Weiler-Haldenhof • 1. Hof unterhalb des Klosters • 2. Hof unterhalb des Klosters • Hof oberhalb des Klosters 3‘500 fl. 1‘350 fl. 1‘150 fl. 2‘000 fl. 3‘600 fl. 1‘354 fl. 1‘165 fl. 2‘023 fl. Innere Einrichtung 607 fl. 37 ½ xr. 1‘215 fl. 48 xr. Korn, Obst, Schmalz 162 fl. 59 xr. 195 fl. 46 xr. Wein 799 fl. 18 ½ xr. 870 fl. 13 xr. Weinfässer 161 fl. 5 xr. 247 fl. 39 xr. Wald --- 5‘000 fl. Grund-, Schmalz- und Erblehens-Zinsen --- 1‘127 fl. 16 ½ xr. Zehnten --- 2‘654 xr. Kirchenschatz 1 ca. 1‘840 fl. --- Summe 37‘534 fl. 15 xr. Passiva 169 fl. 51 ½ xr. Total 37‘364 fl. 23 ½ xr. Abb. 31: Ansicht der ehemaligen Klosterkirche und heutigen Pfarrkirche St. Viktor aus dem Viktorsberg [BAC.BA] 1 Im Inventar zur Kirche werden folgende Gegenstände angefügt: 8 Kelche (geschätzt auf 12-70 fl.), alte silberne Monstranz (183 fl.), silbernes Rauchfass (68 fl.), ein Messbuch mit Silber beschlagen (30 fl.), Silberfassungen der Reliquien der hll. Viktors und Eusebius (45- fl.), 40 Messgewänder (ca. 40 fl.), Orgel mit 5 Registern (30-fl.), Turmuhr (40 fl.), 3 Glocken (zusammen 1’333-fl.) [Rapp, Beschreibung I.1, 546 f.]. <?page no="87"?> 87 6. Die Aufhebung des Hieronymitanerklosters auf dem Josephsberg bei Meran (1786) Die letzte Klostergemeinschaft, welche in der zweiten josephinischen Aufhebungswelle 1783-1787 auf dem österreichischen Territorium des Bistums Chur aufgelöst wurde, lag eine gute Stunde Fußmarsch außerhalb der Stadt Meran am Josephsberg. Aus ehemals einer 1669 erbauten Einsiedelei, wo ein gewisser Andreas Planer aus Kastelruth (Südtirol) und Wolfgang Holzer aus Warngau (Oberbayern) ein zurückgezogenes Leben führten, in Brixen 1678 bzw. 1681 zu Priestern geweiht wurden 191 , und an deren Platz 1674 vom Grundstückbesitzer und Grafen Franz Adam Brandis eine Kapelle zu Ehren des hl. Josephs errichtet worden war (eingeweiht am 16. Juli 1682 192 durch den Churer Bischof Ulrich VI. de Mont), entstand mit der Platzierung einer Josephsstatue in der Kirche ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Den beiden Eremitenpriestern schlossen sich alsbald zwei weitere Geistliche an: Philipp von Schulthaus [Schultheis? ] und Stephan Rizzi. Ersterer war angeblich Priester des Bistums Chur 193 und vermachte bei seinem Eintritt der Einsiedelei auf dem Josephsberg die Hälfte seines Vermögens, letzterer wirkte zuvor als Pfarrer in Villanders (Südtirol). Nach Differenzen mit der Ordensleitung der Karmeliter zu Trient, denen sich die Eremiten ob Meran zugeordnet hatten, gelang es Wolfgang Holzer (mit dem Namen Bruder Onuphrius), die Eremitengemeinschaft dem Orden der Hieronymiten 194 anzugliedern. Am 10. Juli 1694 bestätigte Papst Innozenz XII. (1691-1700) diesen Akt; so erwuchs aus der Einsiedelei ein Hieronymitanerkloster 195 - übrigens das erste auf deutschem Boden. Finanziell kräftig mitdotiert wurde das Kloster durch Innozenz Graf Brandis, Joseph Hiebler, Pfleger zu Lienz im Pustertal, und Christian Chager von Bozen, einem wohlhabendem Handelsmann, der dem Kloster 1710 eine Summe von 2‘000 Gulden zukommen ließ. 196 Doch die Lebensdauer dieser Niederlassung währte keine hundert Jahre. Am 9. Juli 1786 erreichte den Churer Bischof das in Innsbruck am 24. Juni ausgestellte Schreiben des Guberniums, worin in äußerst knapper Weise von Rost über die Aufhebung der Gemeinschaft auf dem Josephsberg informiert wurde: »Da unter anderen hieländigen Klösteren auch jenes der Hieronimitaner am Josephsberg nächst Meran zur Aufhebung bestimmt ist, so hat man hierwegen bereits das erforderliche verfüget, und wird somit die Aufhebung dieses Klosters ehestens vorgenommen werden, welches wir mithin Euer fürstlichen Gnaden zu dießfälliger Wissenschaft geziemend hiemit […] eröffnen.« 197 191 Lindner, Aufhebung 404. 192 Fischer, Visitationen 135. 193 So der Hinweis bei Lindner, Aufhebung 404; Schulthaus ist jedoch in keinen für jene Zeit vorhandenen Churer Verzeichnissen oder Weiheprotokollen zu finden. 194 Der Orden der Eremiten des hl. Hieronymus (†-um 419/ 20) ist ein Abbild der im späten Mittelalter wiederentdeckten Wertschätzung des Kirchenlehrers aus Dalmatien. Man unterscheidet italienische und spanische Eremiten dieses Ordens [OSH] (siehe Karl Suso Frank, Art. Hieronymiten, in: LThK 3 5 (1996) 89 f.). Die Gemeinschaft der Hieronymitaner auf dem Josephsberg ist der italienischen Gründung im 14. Jahrhundert durch Pietro di Pisa (1355-1435) zuzuordnen. Durch den initiativen P. Onuphrius Holzer (†-1724 in Wien) gelangen auf Reichsgebiet einige Niederlassungen, die sich zu einer eigenen Ordensprovinz zusammenschlossen. 1783 zählte man 4 Klöster (Josephsberg/ Tirol [Bistum Chur], Ortenburg/ Kärnten [Bistum Gurk], Schönach/ Niederösterreich [Bistum Passau], Siglisberg/ Ungarn [Bistum Gran]) und 4 Hospize (Weisach/ Kärnten, Wien, Teichen/ Kärnten und Kirnberg/ Niederösterreich) [Lindner, Aufhebung 407]. 195 Zu Geschichte und Aufhebung des Klosters auf dem Josephsberg siehe Lindner, Aufhebung 401-413; ferner Florentin Nothegger, P. Onuphrius Holzer und der Hieronymitaner-Orden, in: Der Schlern 48 (1974) 584-586 [darin Abbildung des Konventsgebäudes im 18. Jahrhundert]; »Josefsberg«, Separatdruck aus dem ›Burggräfler‹ Nr. 38 vom 1. Mai 1895 [SAM]; Barocke Kirchenbauten in Algund und das Kloster St. Josefsberg ober Forst, in: Maria Kiem (Red.), 1000 Jahre Algund, hrsg. von der Gemeinde Algund, Algund 2005, 249-253. 196 Lindner, Aufhebung 406. 197 Original in: BAC, 725.17.006 [1786 Juni 24]. - Weitere Quellen zum aufgehobenen Kloster der Hieronymitaner auf <?page no="88"?> 88 Am 18. August 1786 erschien aus Meran unter Begleitung des Stadtrates Felix Martin Widenplatzer (Buchhaltung) und Sebastian Plunger (Aktuar) Stadt- und Landrichter Andreas Alois Hellrigl. Die dreiköpfige Aufhebungskommission eröffnete der versammelten Klostergemeinschaft den Entschluss zur Auflösung und nahm den Konventualen den Manifestationseid ab; innerhalb von 6 Wochen 198 hatten sie das Kloster zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren folgende, mit einer Ausnahme alle aus dem Vinschgau stammende 8 Patres und 3 Laienbrüder mit ungewisser Herkunft auf dem Josephsberg ansässig. 199 dem Josephsberg zwischen 1786 und 1800 finden sich im Stadtarchiv Meran (SAM, AKT C 611. 612) und im Südtiroler Landesarchiv Bozen (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josephsberg [Forst] bei Meran). 198 Dieser Hinweis findet sich im Schreiben des Churer Bischofs vom 4. September 1786 (siehe unten S. 90-f.). 199 Siehe Lindner, Aufhebung 412 f. - Eine für die Kirchenmusik in Österreich bedeutende Persönlichkeit legte vor 1766 im Kloster auf dem Josephsberg die Profess ab: P. Alois [Joseph] Nussbaumer (1743-1822). 1795 ist er als Kooperator im Kloster Kirnberg an der Mank (Niederösterreich) nachweisbar. Von sicher 1804 bis zu seinem Tod 1822 versah er den Dienst in der Pfarrei Schönbach (Hieronymitanerkloster 1698-1828). Von den bislang über 100 aufgefundenen geistlichen Werken reichen Nussbaumers früheste Kompositionen ins Jahr 1771. Abb. 32: Informationsschreiben des Guberniums aus Innsbruck an den Churer Bischof über die baldige Aufhebung des Hieronymitanerklosters auf dem Josephsberg, 24. Juni 1786 [BAC] <?page no="89"?> 89 Name Herkunft / Geburtsjahr Profess / Priesterweihe Sterbeort / Sterbedatum Anmerkungen Patres P. Victorinus Aicher Latsch 1748 [? ] Lana 1805 lebte nach der Aufhebung im Kapuzinerkloster in Lana P. Vincentius Glatz (Superior) Meran 1734 1754 November 24 / 1758 Juli 2 (in Kapuzinerkirche zu Mals) 1 Kloster Kirnberg 1824 wechselte in eine andere Niederlassung der Hieronymitaner P. Hyacintus Goldrainer Kastelbell 1753 [? ] Taufers 1799 auf der Flucht vor den Franzosen (als Feldpater im Einsatz) erschossen P. Petrus Pisanus Kloz Schnals 1732 1753 / 1755 Oktober 5 (in der Pfarrkirche zu Schluderns) 2 Kloster Schönbach 1812 wechselte in eine andere Niederlassung der Hieronymitaner Fr. Fulgentius Ortler Stilfs 1755 1780 November 11 / 1788 November 20 (in St. Pölten) St. Peter in der Au (Niederösterreich) / 1816 wirkte später als Weltpriester des Bistums St. Pölten P. Daniel Pinterreiter Grein an der Donau (Österreich) 1733 1756 Februar 22 / 1758 März 25 (in Wien) Meran 1791 P. Sebastianus Tapfer Laatsch 1729 [? ] Laatsch 1789 P. Cyprianus Vent Martell 1753 [? ] Sarnthein 1806 Laienbrüder Br. Bartholomäus [? ] 1740 keine näheren Angaben Br. Johannes Paulus [? ] 1745 keine näheren Angaben Br. Magnus Mold [? ] zum Zeitpunkt der Aufhebung 1786: Verwalter auf dem klostereigenen »Hofmannsgut« in Lana Anschließend nahmen Widenplatzer und Plunger das Inventar auf; der gesamte Besitzstand errechnete sich auf knapp 33‘360 fl., die Passiva - jährlich hatten die Patres 9 Ämter und 953 Messen zu applizieren 200 - wurden mit 1‘292 fl. angegeben. 201 200 Genannt in: SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1787 Februar 9]; siehe hierzu ferner die Bestätigung, dass für die von Ende September 1787 bis Ende Dezember 1790 auf dem Josephsberg zu lesenden Stiftsmessen insgesamt 578 fl. an die Kapuziner in Meran ausbezahlt worden sind, um entsprechende Messen daselbst zu applizieren (ASM, AKT C 612). Das Gubernium bestätigte zudem mit Datum vom 17. Januar 1788 an das Kreisamt Bozen die Anweisung des Betrags von 540 fl. an den Provinzial zu Rattenberg/ Tirol, P. Franz Anton Kunz OSA, für zu applizierende gewöhnliche Messstipendien (30 xr. pro Messe ad intensionem pro fundatoribus). Aus dem Hieronymitanerkloster Josephsberg waren es 964 Messen, aus der Kartause im Schnalstal 116 Messen, total 1‘080 Messen. Das Kreisamt habe den Administrator des ehemaligen Klosters am Josephsberg, Martin Widenplatzer, als auch denjenigen der aufgelösten Kartause im Schmalstal, Jakob Christoph von Sölder, über die Transaktion zu verständigen. (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1788 Januar 17 / Februar 14]). 201 TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Sachen, Fasz. 438 (1786), Nr. 15753; SAM, AKT C 612 [1. Ein- und Ausgabeberechung für August 1786 bis Oktober 1787 (35‘047 fl. 49 xr.); 2. Rechnung für Oktober 1787 bis Oktober 1788 (33‘869 fl. 42 ¾ xr.); 3. Rechnung für Oktober 1788 bis Oktober 1789 (16‘484 fl. 13 xr.)]; Lindner, Aufhebung 409-f. 1 BAC, 761.05 Protocollum Ordinandorum, Bd. 4 (1731-1781), S. 157. 2 BAC, 761.05 Protocollum Ordinandorum, Bd. 4 (1731-1781), S. 135. <?page no="90"?> 90 Inventarisation von 1786 des Besitzstandes des Hieronymitanerklosters am Josephsberg Barschaft 246 fl. 41 ½ xr. Lebensmittel (im Wert von) 266 fl. 13 xr. Wertvolle Kirchengeräte 1 Kirchensilber (Monstranz, Kelche), Pretiosen, Paramente 775 fl. 13 xr. Sonstige Kirchengerätschaften u.a. Orgel 209 fl. 22 xr. Silbernes Besteck, Geschirr 23 fl. 48 xr. Mobiliar 266 fl. 59 ½ xr. Bibliothek 2 erst 1789 grob eingeschätzt (18 fl.) --- Archiv findet keine Erwähnung --- Nutztiere 1 Kuh, 1 Schwein 28 fl. 30 xr. Kapitalien 3 21‘790 fl. 51 ½ xr. Klostergebäulichkeiten Kirche, Kloster, Dienstwohnung, Felsenkeller 777 fl. 30 xr. Grundstücke vor Ort Klostergarten, Wiesen, Wald 4 780 fl. Grundstücke auswärts Hofmann- und Laimhof in Lana 5 (gekauft 1734) 4‘435 fl. Vieh und Gerätschaft für die Landwirtschaft auf den genannten Gütern in Lana 1‘153 fl. 28 ½ xr. diverse Wiesen in Lana 1‘830 fl. Grundherrlichkeiten 713 fl. 40 xr. Urbargefälle 62 fl. 30 xr. Summe 33‘359 fl. 37 xr. In einem Schreiben vom 4. September 1786 an die von der Aufhebung betroffene Klostergemeinschaft entsprach der Churer Bischof der über den Pfarrer von Algund und Vikariatsverwalter Jakob Heiss (1773-1790) in Chur eingegangenen Bitte um Ablegung des Ordensgewandes, entband die Hieronymitaner jedoch nicht von ihren Gelübden. 202 Darin heißt es: Unter den gegebenen traurigen Umständen »gestatten wir […], das heilige Ordenskleid, doch mit Beybehaltung eines unter euren künftigen Kleidern zu tragenden Zeichens eurer feierlichen Profession zum Merkmal, daß eure Entschließung nur Entschließung endiglicher Nothwendigkeit ist, […] umzuändern und eure künftigen Lebens- 202 Abschrift in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 424-427 [1786 September 4]. 1 Siehe das Verzeichnis mit Wertangaben der Pretiosen und Kirchengerätschaften aus dem aufgehobenen Hieronymitanerkloster auf dem Josephsberg vom 16. April 1789 (SAM AKT C 612). 2 In einem Schreiben des Kreisamtes Bozen vom 21. Januar 1789 an Martin Widenplatzer werden betreffend ehemaliger Klosterbibliothek folgende Fragen gestellt: »1. mo Wie hoch die ganze Bibliothek bewertet worden sey, 2. do ob eine Hofnung, daß sich Liebhaber und Käufer bey einer Licitation gedachter Bibliothek vorfinden, und 3. tio wie vieles allenfalls der Transport dieser Bibliothek bis anher kosten möchte.« Hinzugefügt wurde die Forderung, einen »Catalog der Bücher, wenn einer sich vorfindet«, nach Bozen zu senden. (SAM, AKT C 612) Am 8. Februar 1789 antwortete Widenplatzer, die Bibliothek sei von ihm bereits 1786 »als mangelhaft und zerstreut« vorgefunden worden, er schätze den Wert auf höchstens 18 fl., es gebe (anscheinend) auch kein Verzeichnis, woraus man schließen könne, dass sich kein Käufer für eine solche Sammlung finden ließe. (SAM AKT C 612). Noch am 3. Juni 1789 erteilte das Kreisamt Widenplatzer den Auftrag, über »die vorfindlichen Bücher« ein »ordentliches Verzeichniß mit der Bemerkung, ob die Bücher ganz oder unvollkommen, von guten oder schlechten band seyen«, zu erstellen. Ob je ein solches abgefasst wurde, bleibt aufgrund des fehlenden Nachweises fraglich. Es existiert hingegen interessanterweise ein Verzeichnis der vom Bibliothekar auf dem Josephsberg als abgängig [! ] bezeichneten Bücher (gemäß eines aus Innsbruck am 9. Oktober 1789 ergangenen Befehls an das Kreisamt in Bozen) [SAM, AKT C 611, Nr. 61]. 3 Ein »Ausweiß deren bey den aufgelassenen Hieronymitanerkloster zu Josephberg vorhandenen Activ-Kapitalien« zwischen dem 1. November 1786 und dem 1. November 1790 weist einen Totalbetrag von 21‘396 fl. 10 xr. aus (SAM, AKT C 611, Nr. 62). 4 Siehe die beglaubigte Abschrift des Versteigerungsprotokolls vom 8. Mai 1792 über Zweidrittel der Waldungen am Josephsberg (SAM, AKT C 611, Nr. 62). 5 Siehe hierzu das Lizitationsedikt vom 22. Mai 1789 vom Kreisamt in Bozen zur Versteigerung des Hofmann- und Laimguts »sammt den hierzu gehörigen äußern Gütern« im geschätzten Wert von total 6‘265 fl. (SAM, AKT C 612 [Druck]), ferner die Ankündigung einer erneuten Versteigerung des Laimhofs durch das Kreisamt Bozen vom 15. April 1791 (SAM, AKT C 611, Nr. 55 [Druck]). <?page no="91"?> 91 täge unter den weltlichen zuzubringen.« 203 Obwohl die Ordensregeln und Satzungen in der neuen Lebensform nicht mehr weiter umgesetzt werden konnten, betonte der Bischof, »sollen euch doch jederzeit eure Gelübde, mit denen ihr euch Gott auf so besondere und feyerliche Weise verbunden habet, heilig und unverbrüchlich seyn«. 204 All jenen Patres, »die sich die erforderliche Eigenschaft zur Ausübung der Seelsorge beygeleget haben«, stehe es frei, eine entsprechende Anstellung anzunehmen. 205 Am 30. September folgten die Ordensleute der bischöflichen Weisung, legten ihr Gewand (Habit aus einer weißen Tunika aus groben Stoff und einem schwarzen Skapulier mit kleiner Kapuze) ab und verließen mit dem zuvor zugesprochenen Reisegeld von je 100 fl., die Geistlichen als Weltpriester gekleidet, das Kloster. Eine Hofresolution vom 23. Januar 1787 bestimmte zum einen für jeden Pater eine jährliche Pension von 200 fl., für jeden Laienbruder 150 fl., zum anderen ordnete sie die umgehende Sperrung der Klosterkirche an. 206 Die einst im Zentrum der Wallfahrten auf den Josephsberg gestandene Holzfigur des Nährvaters Jesu erwarb die Pfarrei Partschins. 207 Nachdem man von der »Errichtung einer Seelsorge am Josephsberg« abgekommen war 208 und einzelne Waldstücke im 203 BAC, 762.18 [1786 September 4], S. 425. 204 BAC, 762.18 [1786 September 4], S. 426. 205 BAC, 762.18 [1786 September 4], S. 426-427. 206 Anweisung des Guberniums vom 9. Februar 1787 gemäß Hofdekret an das Kreisamt in Bozen; darin heißt es wörtlich: »Übrigens ist unter einem allergnädigst verordnet worden, daß die Kirche auf dem Josephberg gesperrt, dann zur Aufsicht derselben und des Klosters zwey der vorhandenen Laybrüder bestellt, anbey aber gesorget werden solle, daß diese gebäude bäldigst veräussert werden, daher es auch von der einßmal angetragenen Lokalkaplaney und daselbstigen Anstellung eines Exmönches abzukommen habe.« (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1787 Februar 9]). Bereits am 14. März 1787 ersuchten Gemeindemitglieder von Algund das Kreisamt in Bozen um Wiederöffnung der gesperrten Kirche. Als Gründe hierfür wurden aufgeführt, einzelne Höfe lägen von den drei Pfarrkirchen in Algund, in Partschins und in Marling bis zu maximal drei Stunden entfernt. Die Notwendigkeit der Sterbebegleitung, besonders in der Winterszeit, fand ebenfalls nachdrückliche Erwähnung, aber auch die schulische und katechetische Unterweisung der Kinder und Jugendlichen ab diesen Höfen. (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg, Fasz. 1 [1787 März 14]. Das Kreisamt antwortete am 25. März 1787, »die angesuchte Eröfnung der Kirche am Josephsberg stehet um so minder in diesseitigen Mächten, als dessen Sperrung von allerhöchstem Ort selbst wiederhohlt aufgetragen worden ist« (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg, Fasz. 1 [1787 März 25]). 207 Einzelne Aktenstücke zur Veräußerung von Materialien aus dem Kloster auf dem Josephsberg finden sich in: SAM, AKT C 611, Nrn. 46-63. 208 Noch im April 1788 erachtete das Kreisamt in Bozen die Möglichkeit als realistisch, die Kirche des aufgelösten Konvents als Sitz einer Expositur in Betracht zu ziehen (SAM, AKT C 611, Nr. 63). Im Zuge diverser Anweisungen des Guberniums in Innsbruck an das Kreisamt an der Etsch vom 3. April 1788 erging die Weisung: »Das aufgelassene Hieronymitaner Kloster am Josephsberg in der Gemeinde Quadrat ist […] samt der Kirche einsweil zu belassen, bis wegen dortiger Expositur das Endliche erfolgen wird, indessen aber zu sehen, wie solches auf thunlichste Art vermiethet werden möge.« (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1788 April 3]). Gründe für eine Expositur wurden vom Kreisamt mit Datum des 7. Dezembers 1789 nach Innsbruck spediert: [1.] Die Gemeinde Quadrat sei 1 ¼ Stunden von der Mutterkirche Partschins entfernt, vom Josephsberg hingegen nur eine ½ Stunde. [2.] Die Kirche am Josephsberg wäre auch für einige, zur Pfarrei Algund gehörigen Höfe und für die Marlinger Nörderhöfe näher, ebenso für einige Höfe von Forst. [3.] Die Anzahl der zu betreuenden Seelen betrage 496 (gemäß Angaben des Landrichteramtes in Meran vom 27. August 1787). [4.] Falls eine Expositur in Quadrat errichtet werde, käme der Bau des Widums und des Schulhauses teuer zu stehen, da die dortige Gemeinde »sehr arm« sei, was eine weitere Belastung des Religionsfonds nach sich ziehen würde. Mit entsprechender Nutzung des Gebäudekomplexes am Josephsberg wäre diese Problematik einer sinnvollen Lösung zugeführt, denn ein Verkauf von Kirche und Kloster könne man wegen mangelndem Interesse nur schwer bewerkstelligen. [5.] Dem Seelsorger könnte zwecks Aufbesserung seines Gehalts das Benefizium St. Leonhard in Meran (aufgehoben / Kirche gesperrt) übertragen werden. (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1789 Dezember 7]). Nach Angaben des Guberniums in Innsbruck in einem Schreiben vom 5. Januar 1792 nach Bozen hätte sich 1791 auch das Churer Ordinariat kritisch zu einer Expositur am Josephsberg oder in Quadrat geäußert; diese sei »minder nothwendig«, »dagegen die Anstellung eines Hilfspriesters bey der Pfarre Plaus für das Seelenheil der Orte Aspach und Ried ersprieslicher«. Das Kreisamt an der Etsch möge deshalb recherchieren, »wie das Klostergebäude, die Kirche und die übrigen noch vorhandenen Realitäten auf dem Josephsberg, deren Erhaltung dem Religionsfond nur zur Last fällt, vortheilhaft zu verwenden wären«. (Ebd. [1792 Januar 5]). Schließlich wird in einem Schreiben des Guberniums vom 11. Januar 1793 an das Kreisamt Bozen die ablehnende Haltung gegen eine Expositur auf dem Josephsberg oder in Quadrat zementiert, <?page no="92"?> 92 früheren Besitz des Klosters, welche nicht zu einem bestimmten Gut gehörten, mittels öffentlicher Versteigerung veräußert hatte 209 , erfolgte am 16. April 1793 durch den Stadt- und Landrichter Jakob Fidel Simeon von Buchberg, den Kameraladministrator Felix Martin Widenplatzer und Aktuar Franz Anton Tscholl eine genaue Auflistung aller Präziosen und Mobilien 210 und am 22. Juli 1793 diejenige aller Kapitalien 211 . Bereits 1794 entschlossen sich die umliegenden Gemeinden, das dem ehemaligen Kloster nahegelegene freisprudelnde Quellwasser, deren Heilwirkung vielversprechende Einnahmen zu garantieren schien 212 , zu fassen, und das Konventsgebäude in eine Badeanstalt mit Gastbetrieb umzugestalten. welche durch ein beigelegtes Gutachten des Churer Bischofs vom 16. Dezember 1792 sicherlich beeinflusst ist. Dionys von Rost betont nämlich darin, die am 9./ 10. Oktober 1792 durchgeführte Befragung der betroffenen Bewohner in Forst (zur Pfarrei Algund), in Quadrat (zu Partschins) und bei den Marlinger Nörderhöfen (zu Marling, Diözese Trient) hätte ergeben, dass die Wiederöffnung der ehemaligen Klosterkirche und die Anstellung eines Priesters zum Messelesen und zur allfälligen Erteilung der Christenlehre durchaus gewünscht werde, »nicht aber eine Trennung von ihren bisherigen Pfarren« Zustimmung finde (ebd. [1793 Dezember 16, Abschrift]). Eine Abtrennung von den Pfarrsprengeln sei also, so das Gubernium, »für den beträchtlichsten Theil eben nicht viel ersprießlich, minder nöthig und nicht weniger zu wider«. Nicht zuletzt verbiete ein Hofdekret vom 12. August 1790 die Anstellung eines Seelsorgers »bey Unzulänglichkeit des Religionsfond zur Bestreitung der Kosten« (ebd. [1793 Januar 11]). 209 Das Gubernium genehmigte dem Kreisamt an der Etsch gründsätzlich die Veräußerung von Waldstücken am Josephsberg, welche nicht an ein Gut gekoppelt waren (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1790 März 20]); weitere Akten zum Verkauf von Waldstücken ebd. 210 Original in: SAM, AKT C 611, Nr. 59. - Das Kreisamt an der Etsch publizierte bereits am 22. Mai 1789 [Druck] die Ankündigung der Versteigerung des ehemals zum Hieronymitanerkloster am Josephsberg gehörenden sog. Hofmann- und Laimguts zu Lana samt der dazugehörenden Güter (SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 2: Akten 1791−1801 [alles Akten zur Versteigerung des Laimguts zu Lana für 7‘210 fl. 17 xr. an Paul Gamper]). 211 Original in: SAM, AKT C 611, Nr. 59. 212 1795 untersuchte der Apoteker Nicolaus Verdross das »Heilwasser«, und im nächsten Jahr erschien bereits eine Druckschrift, um die angebliche Wirkung des Bades am Josephsberg bekannt zu machen (Ignaz Mader, Die Bäder und Heilquellen im Hochetsch, Bozen 1929, 162). Die Schrift »Beschreibung des neu errichtenden Baades bey dem aufgelassenen Hieronymitaner Kloster am St. Josephberg nächst Meran, Gericht Forst« (Augsburg 1796) liegt in der Bibliothek des Stadtmuseums Meran. Abb. 33: Ansicht des Hieronymitanerklosters auf dem Josephsberg im 18. Jh. [Zentrales Provinzarchiv der Kapuziner Österreich-Südtirol, Innsbruck] <?page no="93"?> 93 Der Meraner Advokat Sebastian Latzi kaufte hierfür die Gebäulichkeiten am bewaldeten Nordhang des Marlinger Berges vom früheren Besitzer und Pfarrmusiker in Bozen, Franz Anton Plank. 213 Das Unternehmen »Heilbad« scheiterte, die Gebäude blieben ungenutzt, und Latzi verlor sein ganzes Vermögen. Die spätere profane Entwicklung reichte ab 1860 von einem Hotelbetrieb bis hin zu einem Therapiezentrum; 2015 ist die auf 2,1 Millionen Euro geschätzte Liegenschaft zur Versteigerung ausgeschrieben worden. 7. Tabellarische Auswertung der josephinischen Klosteraufhebungen im österreichischen Anteil des Bistums Chur Name des Klosters [Jahr der Aufhebung] Vermögensstand (z.T. nach Verkauf bzw. Versteigerung) Personalbestand (zum Zeitpunkt der Aufhebung) im Ordensstand geblieben Tätigkeit als Weltpriester [im Bistum Chur] privat wohnhaft [im Bistum Chur] Nonnen / Patres Laienschwestern / Brüder Novizen Total Vinschgau / Burggrafenamt Klarissen in Meran [1782] 130‘290 fl. 39 11 3 53 1 OP --- 52 [35] Meran Algund Dorf Tirol Kartause Schnalstal [1782] 58‘131 fl. 10 2 --- 12 --- 10 [5] 2 Dominikanerinnen in Algund [1782] 171‘958 fl. 37 11 3 51 8 7 OP 1 OSCl --- 43 [28] Meran Algund Partschins Hieronymitaner am Josephsberg [1786] 33‘359 fl. 8 3 --- 11 2 OSH 6 [3] 3 Walgau Klarissen in Valduna [1782] 99‘459 fl. 18 8 --- 26 keine --- 26 [23] Feldkirch Rankweil Minoriten auf Viktorsberg [1785] 37‘561 fl. 6 4 --- 10 2 OFMConv 5 [4] 3 94 ♀ 24 ♂ 30 ♀ 9 ♂ 6 ♀ 130 ♀ 33 ♂ 9 ♀ 4 ♂ Total 530‘561 fl. 118 72,4 % 39 23,9 % 6 3,7 % 163 100 % 13 8 % 21 [12] 12,9 % 129 [87] 79,1 % 213 Diverse Akten zwischen 1795 und 1799 in: SAM, AKT C 611, Nrn. 46-55. <?page no="94"?> 94 8. »Pflanzstätten gegen den Geist der Verderbnis« - Eine späte Stellungnahme des Churer Bischofs zur Bedeutung der Klöster in seinem Sprengel (1793) Die wenig erbaulichen Schicksale der insgesamt 163 Nonnen, Laienschwestern, Novizinnen, Patres und Brüder aus den 1782, 1785 und 1786 aufgehobenen sechs Klostergemeinschaften im Vinschgau, Burggrafenamt und Walgau widerspiegeln die konsequent umgesetzte Auffassung Kaunitz’s und Josephs II., das ausschließlich kontemplativ ausgerichtete Ordensleben sei für Staat und Gesellschaft »höchst schädlich« und erfordere unter rationellen Gesichtspunkten eine Dezimierung. In den überlieferten historischen Berichten zu diesem fragwürdigen Eingriff des Staates in das kirchliche Leben, welcher zum einen von den Direktbetroffenen nach Abklingen erster emotionaler Reaktionen geradezu mit heroischer Größe angenommen, zum anderen von bischöflicher Warte aus - selbst handlungsunfähig - passiv mitverfolgt werden musste, finden sich keine aktiv formierten Widerstandkräfte. Vor allem in der zweiten Aufhebungsphase 1783-1787 kann bei einigen Klöstern sogar von einer »Klostermüdigkeit und einer Bereitschaft zur Selbstaufgabe« 214 gesprochen werden. Bei der Bevölkerung waren dagegen die negativen Reaktionen partiell heftiger und Solidaritätsbekundungen örtlich häufiger. Der in den Anweisungsschreiben des Churer Ordinarius formulierte Aufruf zur »Unterwürfigkeit« gegenüber der kaiserlichen Anordnung und zur »Gelassenheit« im Blick auf eine zwar äußerst unsichere Zukunft für die aus der Ordensgemeinschaft gerissenen Frauen und Männer ist zudem ein Abbild des bis dahin von den zuständigen kirchlichen Behörden vor Ort noch meist verkannten Gefahrenherdes, welche die kirchenpolitischen Zwangsmaßnahmen der nächsten Jahre und Jahrzehnte (bis hin zur Großen Säkularisation 1802/ 03) in sich bargen. 215 Geharnischte bischöfliche Protestschreiben aus Trient, Brixen und Chur fanden sich hingegen im Zuge der staatlich kontrollierten Priesterausbildung (Schaffung von Generalseminarien) viel rascher und häufiger auf den Schreibtischen der Hofkanzlei in Wien oder des Guberniums in Innsbruck. 216 Ausgenommen von dieser spürbaren Lethargie gegenüber staatskirchlichen Eingriffen war die kompromisslose Haltung des Churer Bischofs, die aus dem schützenden Kloster in eine offene Welt gestellten Männer und Frauen nicht von den Gelübden, welche »heilig und unverbrüchlich« seien, zu entbinden. Entsprechend lebten insbesondere ehemalige Nonnen aus dem Klarissenkloster in Meran weiter in kleineren Gemeinschaften in Privatwohnungen in Meran, wo sie zum Teil auch ihren Lebensabend verbrachten; Klarissen aus Valduna fanden als Bürgerinnen der Stadt Feldkirch daselbst Wohnung. Andere zogen sich an ihren Heimatort und in den Kreis ihrer Familie oder Verwandten zurück (insgesamt 129 [79,1 % des ursprünglichen Bestandes]). Vereinzelt traten Novizinnen und einige wenige Nonnen bzw. Patres in andere Konvente über, was ihnen das Aufhebungsdekret vom 12. Januar 1782 ausdrücklich erlaubte hatte (8 %). Der größte Übertritt erfolgte aus dem ehemals 51 köpfigen Konvent Maria Steinach in Algund: Sieben Ordensfrauen traten in das Dominikanerinnenkloster Lienz/ Südtirol ein, eine Nonne entschied sich zum Wechsel in das Klarissenkloster in Brixen. 217 214 Ströbele, Kloster 94. 215 Vereinzelt gab es frühe Protestnoten seitens des Nuntius in Wien und des dortigen Erzbischofes Christoph Bartholomäus Anton Graf Migazzi (1757-1803), welcher zuerst die unter Maria Theresia begonnenen ›Kirchenreformen‹ noch mitgetragen hatte, gegenüber Joseph II. aber, wenn auch vergeblich, auf die Wahrung der kirchlichen Mitspracherechte bei Klosteraufhebungen pochte (vgl. Ströbele, Kloster 93-95; zu Migazzi siehe: Erwin Gatz, Art. Migazzi, Christoph Bartholomäus Anton Graf, in: Ders., Bischöfe 1785/ 1803-1945, 505-508). 216 Siehe hierzu Fischer, Priesterhaus 56-58. 217 Vgl. die Angaben in der Tabelle, oben S. 93. <?page no="95"?> 95 Eine weitere Tragik war der Verlust und die da und dort mittels Versteigerung angeordnete überstürzte Veräußerung des Klosterbesitzes, ferner die nach Inbesitznahme der gesperrten Klosterkirchen durch den staatlichen Religionsfonds erfolgte Vernachlässigung, Entweihung bzw. der Abbruch eines Gotteshauses. Einzig für den Viktorsberg ergab sich die erfreuliche »Lösung« der Schaffung einer Lokalkaplanei am Sitz des aufgehobenen Minoritenklosters. Erster Kaplan wurde ein ehemaliger Minderbruder aus diesem Konvent und wirkte als Weltpriester vor Ort. Nicht zuletzt erwiesen sich die in den Religionsfonds fließenden Summen aus dem Erlös der veräußerten Klöster samt ihres dazugehörigen (Güter-)Besitzes im österreichischen Churer Bistumsanteil als keineswegs Gewinn bringend, da von den zum Teil geringen Geldbeträgen auch die jährlichen Pensionen für die entlassenen Ordensleute zu bestreiten waren, welche je nach Erreichung des Lebensalters einer gottgeweihten Person hoch ausfallen konnten, wie die untenstehende Tabelle am Beispiel der hochgerechneten Summe von Pensionsbezügen bis 1805 für die entlassenen Chorfrauen (39) des Klarissenklosters in Meran verdeutlicht. 218 Namen der Klarissen im 1782 aufgehobenen Kloster in Meran Todesjahr der ehemaligen Nonne Gesamte Zeitspanne des Pensionsbezugs (seit 1782, ohne Sterbejahr [total Jahre] Summe des erhaltenen Betrags (Nonne: 300 fl./ Jahr) 1 hochgerechnet bis zum Sterbejahr ausbezahlte Summe bis inkl. 1805 Sr, Crescenza von Buol 1790 1782-1790 [8] 2‘400 fl. 2'400 fl. Sr. Euphrosina Dorfer 1826 1782-1826 [44] 13‘200 fl. 7‘200 fl. Sr. Clara Ebner 1818 1782-1818 [36] 10‘800 fl. 7‘200 fl. Sr. Euphemia Egg 1806 1782-1806 [24] 7‘200 fl. 7‘200 fl. Sr. Rosa Egg 1784 1782-1784 [2] 600 fl. 600 fl. Sr. Ursula Otilia Forcher 1828 1782-1828 [46] 13‘800 fl. 7‘200 fl. Sr. Michaela Gamper 1797 1782-1797 [15] 4‘500 fl. 4‘500 fl. Sr. Marta Gram 1823 1782-1823 [41] 12‘300 fl. 7‘200 fl. Sr. Johanna Franziska von Grustner, Äbtissin 1790 1782-1790 [8] 2‘400 fl. 2‘400 fl. Sr. Josepha Hauptmann 1788 1782-1788 [6] 1‘800 fl. 1‘800 fl. Sr. Elisabeth von Ingram 1795 1782-1795 [13] 3‘900 fl. 3‘900 fl. Sr. Maria Anna Theresia von Ingram 1805 1782-1805 [23] 6‘900 fl. 6‘900 fl. Sr. Bernardina Isser 1804 1782-1804 [22] 6‘600 fl. 6‘600 fl. Sr. Dominica Klozner 1829 1782-1829 [47] 14‘100 fl. 7‘200 fl. Sr. Antonia König 1793 1782-1793 [11] 3‘300 fl. 3‘300 fl. Sr. Seraphina Laimer 1815 1782-1815 [33] 9‘900 fl. 7‘200 fl. Sr. Gabriela Langenmantel 1787 1782-1787 [5] 1‘500 fl. 1‘500 fl. Sr. Maria Francisca Leiss 1782 1782 [1] 300 fl. 300 fl. Sr. Cordula von Meitinger 1815 1782-1815 [33] 9‘900 fl. 7‘200 fl. Sr. Magdalena von Meitinger 1812 1782-1812 [30] 9‘000 fl. 7‘200 fl. Sr. Magdalena Moser 1819 1782-1819 [37] 11‘100 fl. 7‘200 fl. Sr. Johann von Müller 1839 1782-1839 [57] 17‘100 fl. 7‘200 fl. Sr. Coleta Perger 1814 1782-1814 [32] 9‘600 fl. 7‘200 fl. Sr. Maria Pertinger 1788 1782-1788 [6] 1‘800 fl. 1‘800 fl. Sr. Eleonora Porder 1819 1782-1819 [37] 11‘100 fl. 7‘200 fl. 218 Zusammengestellt entsprechend der oben auf S. 48 publizierten Namenliste. 35 der 39 Nonnen lebten (wahrscheinlich) in einzelnen Hausgemeinschaften in der Stadt Meran, hatten aber dennoch Anspruch auf ihre Pensionsgelder. Unter der bayerischen Regierung (1805-1814/ 15) erfolgte wegen des völlig ausgetrockneten Religionsfonds der Entzug von 2/ 5 des jährlichen Pensionsgeldes (also statt 300 fl. nur mehr 180 f.) [Hohenegger, Notizen (wie Anm. 146) 43]. <?page no="96"?> 96 Namen der Klarissen im 1782 aufgehobenen Kloster in Meran Todesjahr der ehemaligen Nonne Gesamte Zeitspanne des Pensionsbezugs (seit 1782, ohne Sterbejahr [total Jahre] Summe des erhaltenen Betrags (Nonne: 300 fl./ Jahr) 1 hochgerechnet bis zum Sterbejahr ausbezahlte Summe bis inkl. 1805 Sr. Maria Anna Pürlin nach 1783 1782-1783 [2] 600 fl. 600 fl. Sr. Ignatia Rungg 1820 1782-1820 [38] 11‘400 fl. 7‘200 fl. Sr. Anna Schgör 1785 1782-1785 [3] 900 fl. 900 fl. Sr. Vincentia von Sepp 1818 1782-1818 [36] 10‘800 fl. 7‘200 fl. Sr. Johanna Cäcilia Silvner 1798 1782-1798 [16] 4‘800 fl. 4‘800 fl. Sr. Catharina von Sterzinger 1797 1782-1797 [15] 4‘500 fl. 4‘500 fl. Sr. Francisca Stocker 1797 1782-1797 [15] 4‘500 fl. 4‘500 fl. Sr. Maria Tanzer 1792 1782-1792 [10] 3‘000 fl. 3‘000 fl. Sr. Emerentiana Trogmann 1812 1782-1812 [30] 9‘000 fl. 7‘200 fl. Sr. Dorothea Tschuegg 1789 1782-1789 [7] 2‘100 fl. 2‘100 fl. Sr. Anna Waldner 1786 1782-1786 [4] 1‘200 fl. 1‘200 fl. Sr. Barbara Weger 1814 1782-1814 [32] 9‘600 fl. 7‘200 fl. Sr. Apolonia Widenplatzer 1805 1782-1805 [23] 6‘900 fl. 6‘900 fl. Sr. Brigitta Winkler 1826 1782-1826 [44] 13‘200 fl. 7‘200 fl. Total 267‘600 fl. 194‘100 fl. Summe aus dem Erlös des liquidierten Klostervermögens 2 (bei Inventarisation 1782 ursprünglich auf 168‘154 fl. geschätzt) 130‘290 fl. Aus der Kasse des Religionsfonds zu nehmende, ungedeckte Restsumme (bis und mit 1805) 63‘810 fl. Aus all diesen Gründen reagierte der Churer Bischof, wenn auch spät, in einem ausführlichen Schreiben vom 10. April 1793 219 an das Gubernium in Innsbruck und streicht darin vor dem Hintergrund der im Raum stehenden latenten Gefahr weiterer Klosterschließungen 220 die Bedeutung des monastischen Lebens in seinem Sprengel heraus. Eigentlich erachte es der Bischof als »überflüssig«, den Wert und die Vorzüge, welche seit Jahrhunderten, insbesondere seitens »der größten und weisesten Fürsten und des selbigen Erzhauses« [Österreichs] dem Ordensstand der katholischen Kirche zuerkannt worden seien, hervorzustreichen, denn die (noch bestehenden) Niederlassungen im Bistum Chur würden selbst dafürsprechen. »Der allgemeine Zweck, den sich die Ordensstände nebst ihren sonderheitlichen löblichen Beziehungen vorstecken, und der in einer gänzlichen und auf eine feyerliche Weise verlobten Wiedmung zur Anbetung und Dienste Gottes, zur Ausübung der evangelischen Räthe und zur vollkommnen Beförderung des eigenen und fremden Seelenheils besteht, läßt sich wohl nie andres als eine wesentlich gute und dem Endzweck der Religion und der Lehre des göttlichen Richters gemäse Bestrebung betrachten.« 221 So werde gerade dieser Stand in der Kirche als eine »Pflanzschule der christlichen Tugend und Vollkommenheit« und als eine »charakteristische Zierde« gelobt, denn die 219 Abschrift des Briefes in: BAC, 762.22 Protocollum Celsissimi, Bd. XX (1792-1797), S. 71-78 [1793 April 10]; erwähnt in Schlapp, Dionys Graf von Rost 88 f. 220 »Es ist uns zerschiedentlich die Besorglichkeit zu vernehmen gewesen und unlängst auch mittelst eigener Vorstellungen an uns gebracht worden, als dörften noch immer mehrere Klöster Tyrols und somit auch unsers Kirchsprengels ihrer Verbleibung und Fortdauer halben gefährden.« (BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 71). Wegen der immer prekärer werdenden Schieflage des Religionsfonds erachtete die Geistliche Hofkommission eine weitere Klosteraufhebung von über 450 Männer- und Frauenkonvente aus rein ökonomischen Gründen als unumgänglich. Den am 28. Dezember 1791 formulieren Argumenten an den Kaiser lag ein Verzeichnis dieser aufzuhebenden Klöster bei, welches aber nicht mehr aufzufinden ist (Kušej, Joseph II., 241). 221 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 72. 1 Siehe oben S. 49. 2 Siehe oben S. 48. <?page no="97"?> 97 Orden seien es, welche auch in der Gegenwart, »so viel nicht die ietzige Verminderung ihrer Zahl und der Druck unserer Zeiten ihrer Wirksamkeit unwillkürliche Bande anlegen«, in vorzüglicher Weise dem Wohl des Menschen dienten - sei es in »geistlich und leiblichen Werke der christlichen Liebe«, sei es »in Cultur der Wissenschaften und Künsten«. 222 Entsprechend sei es für den Bischof weder verständlich noch akzeptabel, wenn man »solche der Belassung und Erhaltung unwerth achten oder selbst auf neue Abwürdigungen derer fürzugehen billig und nothwenig oder der Religion und dem gemeinen Wesen wie immer - und vorzüglich zu unsern Zeiten - zuträglich finden könnte«. 223 Im Wissen über solch verwerfliche Pläne seitens des Staates betonte von Rost: »Wir glauben im Gegentheil mit Grund sagen zu dörfen, daß der Bestand und [die] Beförderung guter Klöster für unsere Zeiten mehr als jemals ein wahres Zeitbedürfnis und für die Religion und das gemeine Beste wichtig und zuträglich sey«: als »zweckmässig und ergiebiges Mittel zur Fortsetzung der schuldigen Verehrung und [zum] Dienst der Gottheit«, ferner als Schutzwehr des Glaubens und der Sitten, »gegen die der Geist der Jrrtümer und Verführung schon so viele verheerende Fortschritte gemacht und an Einführung eines allgemeinen Verderbnisses rastlos arbeitet«, weiter - die männlichen Ordensgemeinschaften im Blickfeld - zur »Aushilf und Erleichterung der Seelsorge« und zu »vielen andern heilsamen Wirkungen für Erhaltung der Religion«. 224 Keineswegs sei die gegenwärtige Zahl der klösterlichen Gemeinschaften, »nachdem das Schicksal der Auflösung schon mehrere betroffen hat«, zu hoch; vielmehr müsse er für die männlichen Niederlassungen im österreichischen Anteil des Bistums Chur, bei denen der Staat den Bestand bereits gekürzt habe, festhalten, dass ihre Zahl »kaum oder nicht mehr zu ihren ordentlichen Pflichten 222 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 73-74. 223 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 74-75. 224 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 74-75. Abb. 35: Präsident der Hofkanzlei Heinrich Kajetan Graf von Blümegen (1717-1788) [ÖNB] Abb. 34: Johann Franz Dionys von Rost, Bischof von Chur (1777-1793) [BAC.BA] <?page no="98"?> 98 und nöthiger Aushilfe in der Seelsorge« ausreiche. 225 Infolge der Gerüchte um weitere Aufhebungen würde der ohnehin verminderte Bestand zusätzlich durch fehlende Kandidaten geschwächt, und dadurch die Mithilfe von Patres in der Seelsorge aufgrund fehlender junger Kräfte immer mehr verunmöglicht, was für die Sicherstellung der Gemeindepastoral schwerwiegende Folgen hätte und »der Zerfall der Religion nach so manch andern Zubereitungen beförderet werde«, was wiederum keineswegs im Interesse des Staates sei, welcher die Seelsorge, wie in vielen Dekreten betont, zu fördern gedenke. 226 All diese Überlegungen aus Sicht des verantwortlichen Hirten, »dem Verdienste des Ordensstandes und dem Wohl der Herde schuldig«, machten es von Rost zur unausweichlichen Pflicht, das Gubernium dringend anzusuchen, sich bei Kaiser Franz II. (1792-1806) um die »unverminderte Belassung der annoch bestehenden Klöster und Versicherung ihres Bestandes sowie um Beförderung all thunlicher Erleichterung und Hilf für ihren Nachwuchs mit möglichstem Nachdruck zu verwenden« 227 . Dadurch könne der »mangelbaren Seelsorge« Aussicht auf Hilfe gewährt und dem immer mehr sich ausbreitenden »Geist des Verderbnisses« entgegen gewirkt werden, welcher die «Vertilgung der Klöster als eines der nöthigsten und ergiebigsten Vormittel« in sich berge, um letztlich »zum Sturz der Religion und Staaten vordringen zu können«. 228 Mit diesem Aufruf zur Unterstützung des Ordensstandes, dessen Wirken der Churer Bischof vor den staatlichen Behörden bewusst in den Dienst der Seelsorge stellte, schloss Dionys von Rost das düstere Kapitel der Klosteraufhebungen in seiner Regierungszeit ab. Nur gerade ein halbes Jahr später, am 31. Oktober 1793, verschied von Rost an den Folgen einer Herzschwäche in seiner Residenz auf dem Hof in Chur. 229 225 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 75; zur Verminderung der Ordensbestände in den Klöstern siehe oben S. 43, unten S. 149. 226 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 76. 227 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 76. 228 BAC, 762.22 [1793 April 10], S. 77. 229 Schlapp, Dionys Graf von Rost 136 f. <?page no="99"?> 99 IV. Das josephinische »Pfarreinrichtungsgeschäft« und seine Auswirkungen in den Dekanaten Vinschgau und Walgau 1. Dekretale Grundlagen und praktische Hilfestellungen Noch im gleichen Monat des ergangenen folgeschweren Erlasses der Klosteraufhebungen (12. Januar 1782) legte Kaiser Joseph II. in einem Handschreiben vom 28. Januar 1782 an den Präsidenten der Hofkanzlei, Heinrich Kajetan Graf von Blümegen (1715-1788), Gedanken über den Einzug von Regularen in die zu verbessernde Pfarrseelsorge vor: Sämtliche Ordinarien sollten »zu einer nützlichen Bestellung der Seelsorge, woran es noch sehr in den meisten Gegenden gebreche« 1 , alle zuvor betreffs theologischer Ausbildung und pastoraler Eignung geprüften tauglichen Patres innerhalb dreier Monate auflisten lassen. 2 Nur einen Tag später, am 29. Januar 1782, beschrieb der Monarch in einem weiteren Schreiben an Blümegen in groben Zügen das »Pfarreinrichtungsgeschäft«. 3 Joseph II. erachtete es für ebenso wichtig wie die Kenntnis über die Anzahl von seelsorgetüchtigen Patres, bald möglichst das Resultat exakter Nachforschungen über den tatsächlichen Bedarf an Seelsorgestellen vorliegen zu haben. Staatlicherseits [! ] sollte durch die Kreisämter und Landesstellen objektiv und systematisch geprüft werden, welche von den vielen bittstelligen Gemeinden auch wirklich einen selbständigen Priester vor Ort verdienten. Ausschlaggebende Kriterien hierfür waren für den Kaiser die Anzahl der Seelen (katholische Personen) in den Dörfern, die Entfernung der Siedlungen zur Mutterpfarrei (mindestens eine Wegstunde), der Grad der Beschwerlichkeit des Kirchgangs (Topographie, Witterungsverhältnisse) und der Umstand schon vorhandener Kirchen in den Pfarrfilialen. Der Inhalt dieses Handschreibens wurde mittels Hofdekret vom 4. Februar 1782 sämtlichen Landesstellen zugeleitet. Darin heißt es: »Von allen Dominien und Magistraten sollen diejenigen Oerter, Dörfer und Gegenden angezeigt werden, wo die Errichtung entweder neuer Pfarren oder Lokalkaplaneien sowohl wegen der Anzahl der Seelen, als der Entfernung oder Beschwerlichkeit erforderlich ist; dann iene Gegenden, wo man sich schon erbaute Kirchen, Kapellen, Klöster oder auch Schloßkapellen, um nicht neue Kirchen zu erbauen, zu Nutzen machen kann. Und da seit mehreren Jahren verschiedene Gemeinden um die Uiberkommung und Stiftung eigener Geistlichen angesucht haben: so wollen Seine Maiestät, daß diese Ortschaften von neuen erhoben, und in der Hauptliste namentlich angeführt werden.« 4 Diese kaiserliche Weisung steht am Beginn des josephinischen »Pfarreinrichtungsgeschäfts« als eine der wichtigsten, mit den Aktionen der Klosteraufhebungen eng verwobenen staatskirchlichen Reformmaßnahmen des zielstrebigen wie eigenmächtig handelnden Monarchen. 1 Sammlungen II (1780-1783), Nr. LIII, S. 129-131 [Hofdekret vom 29. Januar 1782], hier S. 129 f.; Klueting, Josephinismus, Nr. 118 [287-288]; erwähnt in Krückel, Pfarrerrichtungen 116 f. 2 Die Landesstelle in Freiburg i. Br. teilte dem Churer Bischof Johann Franz Dionys von Rost den Entscheid Kaiser Josephs II. vom 29. Januar 1782 mit (Originalbrief vom 13. Februar 1782 in: BAC, 725.13.021). Die Untersuchung der Regularen sei »unverweilt auf das Verläßlichste vorzunehmen«, um bald möglichst über die nötigen Kenntnisse zu verfügen, wie weit die betroffenen Ordensgeistlichen in Vorarlberg und Tirol für pastorale Aufgaben ausgebildet seien oder »wie selben diese ohne Ausnahme am richtigsten und kürzesten beyzubringen wäre«. Den Befund über die individuell vorgenommene Prüfung, welchem noch Angaben über das Theologiestudium (Ort, Dauer, Zeugnisse) beizufügen waren, hätten die Ordinarien der Hofkanzlei einzusenden. (Ebd.). 3 Krückel, Pfarrerrichtungen 117. 4 Klueting, Josephinismus Nr. 119 [288]. <?page no="100"?> 100 Hauptmerkmale der josephinischen Pfarrregulierung 1 1. Maßnahmen zur Errichtung eines zweckmäßig verteilten und ausreichenden Netzes von Seelsorgestationen: Aufteilung von Großpfarreien, Schaffung von Kuratien und Erhebung von einfachen Benefizien zu Lokalkaplaneien 2. Abschaffung aller nicht der Seelsorge dienlichen oder durch die neue Einteilung überflüssig gewordenen Stellen und Einrichtungen (Kirchen, Klostergut, Klosterinsassen, Schließung überzähliger Kirchen und Kapellen, Veräußerung von Kirchenzierden, Einzug kirchlicher Fonds) Die Klosteraufhebung ist somit ein Teil des josephinischen Pfarreinrichtungsgeschäfts. 3. Auswahlbestimmungen für die als Seelsorger anzustellenden Priester, um zu erreichen, dass das durch die staatliche Regulierung verbesserte Seelsorgestellennetz auch von in der Pastoral fähigen Geistlichen (Weltpriester und Regulare) besetzt wird. Der Eingriff des Staates in die priesterliche Ausbildung (Errichtung von Generalseminarien) und deren Überprüfung 2 ist im Hinblick auf die Pfarrregulierung ein wichtiger Aspekt. 4. Abschaffung von bisher üblichen Verpflichtungen, Abgaben an den Klerus und sonstigen wirtschaftlichen Belastungen (u.a. Stolgebühren, Mendikantensammlungen) Vorlegung aller Ein- und Ausgaben einer jeden kirchlichen Pfründe, generelle Umverteilung des schon vorhandenen Kirchen- und Klostervermögens (Schaffung der staatlichen ›Religions- und Pfarrkasse‹ [= Religionsfonds]) 5. Neuordnung des Gottesdienstes und Steuerung der Volksfrömmigkeit als begleitende Maßnahmen (u.a. Aufhebung aller Bruderschaften) Die ersten Ansätze finden sich jedoch bereits in der Zeit der Kaiserin Maria Theresia: So wurden per Hofdekret vom 23. Januar 1755 die Regierungen der einzelnen Erbländer angewiesen, ein Verzeichnis aller vorhandenen Kuratien zu erstellen und das Einkommen der Geistlichen zu notieren. Unter strenger Geheimhaltung waren zudem Angaben über noch notwendige Gotteshäuser zwecks Verbesserung der Seelsorge einzureichen. 5 Die nach den Verfassungs- und Verwaltungsreformen 6 unter Maria Theresia geschaffenen staatlichen Zentralstellen versuchten, Bewegung in das relativ erstarrte Pfarrsystem zu bringen, »das bislang über das Patronatswesen fest in die feudalen Strukturen der nun nicht mehr sehr leistungsstarken Grundherrschaften eingefügt war« 7 . Die Interessenlage im veränderten Verhältnis von Staat und Kirche bewirkte seitens des österreichischen Staatsapparats mehr und mehr Eingriffe bis in den Bereich der Diözesen und Pfarreien, welche nicht zuletzt durch die Wünsche der Gläubigen nach besserer Pfarreistrukturierung und Seelsorge zusätzlich intensiviert wurden. Dennoch hielten sich die Fortschritte in der Pfarrreform während der Regierungszeit Maria Theresias in engen Grenzen. Da diese Reformen meist schon schleppend anliefen, sank ihre Durchsetzungskraft bald auf den Nullpunkt. Die Hofkanzlei stellte 1777 ernüchternd fest, dass sich insbesondere bei den ins Auge gefassten Verkleinerungen von Großpfarreien »so manches Konzept nicht hätte durchführen lassen« 8 . Probleme bereiteten die alten, zum Teil vom österreichischen Landesherrn selbst wahrgenommenen Patronatsrechte 9 , der Verlust von Stolgebühren in der Mut- 5 Krückel, Pfarrerrichtungen 98. 6 Siehe oben S. 17. 7 Krückel, Pfarrerrichtungen 102. 8 Krückel, Pfarrerrichtungen 104. 9 Zu den vom österreichischen Landesfürsten »ad personam« wahrgenommenen Patronatsrechten zählten laut Informationsschreiben des Churer Bischofs vom 1. März 1781 an das Gubernium nach Innsbruck [Abschrift in: BAC, 762.16 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI a (1779-1782), S. 338-340] in Tirol die Pfarrei Nauders, die beiden Benefizien St. Pankratius auf Schloss Tirol und St. Leonhard in Meran sowie die Frühmesspfrund in Partschins. In den Vorarlbergi- 1 Siehe Dörrer, Pfarregulierung 28 f. 2 Das Gubernium in Innsbruck übersandte dem Churer Bischof am 26. März 1782 den Entscheid des kaiserlichen Hofkanzleidekrets vom 12. März, worin Joseph II. eine genaue Überprüfung - neu mittels mündlicher und schriftlicher Examina - auf Tauglichkeit der Seelsorger für die Pastoral in den, insbesondere durch Patronatsrecht vom Landesherrn zu besetzenden Pfarreien verlangte (Original in: BAC, 725.13.035 [1782 März 26]; Wortlaut des Textes im Anhang, Quellentext Nr. 3, unten S.-276-f. <?page no="101"?> 101 terpfarrei, die Sicherstellung des Unterhalts von neuen Kuraten und Lokalkaplänen sowie die auflaufenden (Um-)Baukosten für Kirchen, Pfarrhöfe und Schulräume. Die staatlich initiierte Reform der Pfarrorganisation vor Joseph II. blieb trotz einer nochmaligen Regulierungsinitiative im Jahre 1777 10 - nach Herbert Krückel lässt diese »eine durchgreifendere Epoche« 11 wohl erahnen - groß mehrheitlich in den Kinderschuhen stecken. Aus einem Handschreiben Kaiser Josephs II. vom 20. September 1781 an den oben bereits genannten Blümegen wird klar, dass der Monarch nach seinem Regierungsantritt dem »Pfarreinrichtungsgeschäft« nicht nur persönlich besonderes Augenmerk schenkte, sondern dieses voranbringen wollte und sich deswegen über das schleppende Arbeitstempo, »welches die Bürokratie bei der schon seit Monaten anbefohlenen Bewältigung der neuen Pfarreinteilung an den Tag lege« 12 , beklagte. Seine Warnung an Blümegen fiel deutlich aus: Die Geduld des Kaisers sei nicht grenzenlos; er lasse sich weder »durch die Länge der Zeit einschläfern, noch durch vielleicht weit hergeholte und künstlich erdachte Schwierigkeiten abschrecken« 13 . Untrüglicher Vorbote der bevorstehenden Pfarrregulierung − auch in den österreichischen Anteilen des Bistums Chur − stellt das Hofdekret vom 4. Juni 1781 dar, welches »eine verläßige Ausweisung über das Vermögen, dann über die Einkünfte und nöthigen Ausgaben der gesammten Geistlichkeit, nicht minder aller Kirchen, Kapellen und Bruderschaften« verlangte; die Angaben waren in vorgefertigte »Fassionstabellen« einzutragen und innerhalb von 14 Tagen an die Landesstellen einzusenden. 14 Die Untersuchung ergab für die deutsch-böhmischen Erbländer und Galizien total 33‘737 geistliche Personen; von diesen gehörten 17‘071 dem Weltklerus an (davon 13‘601 in der Pastoral tätig, 2‘109 Inhaber einfacher Benefizien ohne Seelsorge). Die Zahl der Ordensleute betrug 16‘666, davon 2‘087 Ordensfrauen. Die jährlichen Einkünfte errechneten sich auf insgesamt über 15 Millionen Gulden, die Ausgaben auf über 13 Millionen. 15 Aus dem Überschuss erhoffte Joseph II., ein Finanzpolster zur Verbesserung der Seelsorge zur Verfügung zu haben, wofür gemäß oben genannter Zahlen genügend Geistliche vorhanden waren, die man nach entsprechender Eignungsprüfung bei einer territorialen Neugliederung der Pfarreien einzusetzen gedachte. Doch erst die Zusammenschau der Verlautbarungen im Hofdekret vom 4. Februar 1782 16 schen Herrschaften waren dies die Pfarreien Frastanz, Laterns, Meiningen, Rankweil und Weiler, die Kuratie Stallehr, das Benefizium Unserer Lieben Frau zu Rankweil, die jeweiligen Frühmesspfründen in Rankweil, Röthis und Satteins sowie die Pfarrei Balzers im Fürstentum Liechtenstein. (Ebd.). 10 Krückel, Pfarrerrichtungen 106. - Für das Bistum Chur lässt sich hierfür lediglich eine einzige Quelle verifizieren: Mit Datum vom 16. August 1777 verlangte die Landesstelle in Freiburg i. Br. gemäß des kaiserlichen Dekrets vom 26. Juli 1777 Angaben über die Einteilung der Seelsorgesprengel in Vorarlberg und Vorschläge zur Verbesserung derselben (Abschrift in: ADF, GA 2.1.3.1). Folgendes hatte dabei vermerkt zu werden: »1. Ob der Seelsorger ein Weltpriester oder Ordensgeistlicher seye? Von wem die Besetzung der Pfrund abhange? Und wie hoch sich sein allseitiges Einkommen belaufe? 2. Wie hoch die Zahl der Seelen des Kirchspiels, der Curatie, Localkaplaney etc. sich erstrecke, und wie viele Personen solche Quad Sacra versehen? 3. Welche Pfarrkinder weiter als eine Stund wegs von der Kirche und dem Geistlichen entfernet seyen? Auch auf welche Art den über ein Stund entlegenen Seelen geholfen werden möge, daß sie entweder durch Zutheilung an eine nähere Kirche oder durch Erhaltung eines Beneficiatj die Verbesserung erhalten, dann woher allenfalls der fundus genommen werden kann? « (Ebd.) - Über entsprechende Einsendungen schweigen die Archive; siehe auch oben S. 23. 11 Krückel, Pfarrerrichtungen 106. 12 Krückel, Pfarrerrichtungen 113. 13 Zitiert in Krückel, Pfarrerrichtungen 113. 14 Zitate aus der auf den 7. Juli 1781 datierten Bestätigung von Rosts über den Eingang des Schreibens vom 19. Juni 1781 aus Innsbruck, worin das Gubernium die kaiserliche Entscheidung vom 4. Juni 1781 dem Churer Oberhirten bekanntgab [Abschrift in: BAC, 762.16 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI a (1779-1782), S. 408-409]. Mit Datum vom 5. Oktober 1782 erging ein weiteres Hofdekret mit der Aufforderung an alle Geistlichen, gemäß eines vorgedruckten ausführlichen Formulars das gesamte Vermögen der innehabenden Pfründe, ihre Einnahmen, Ausgaben und Schulden detailliert offenzulegen [Sammlungen II (1780-1783), Nr. CXXVI, S. 206-213; vom Gubernium in Innsbruck an den Churer Bischof abgesandt am 25. Oktober 1782 (Original in: BAC, 725.13.084, mit Beilagen des kaiserlichen Dekrets und auszufüllenden Formulars)]. 15 Zahlenmaterial aus Weissensteiner, Pfarregulierung 55. 16 Siehe oben S. 99. <?page no="102"?> 102 mit dem am 28. Februar 1782 erlassenen Dekret »zur Errichtung einer Religions- und Pfarr-Cassa« 17 macht die kaiserlichen Zielsetzung unzweifelhaft deutlich: die staatliche Regulierung der Bistümer bzw. Intensivierung der Seelsorge, deren Finanzierung (Sach- und Personalaufwand) vom Religionsfonds - dies seine ursprüngliche Zweckbestimmung - getragen werden sollte. 18 Der vom Kaiser am 15. Juni 1782 errichteten Geistlichen Hofkommission 19 unter Leitung von Hofrat Leopold Ignaz Ritter von Haan (1742-1828) übertrug Joseph II. die Betreibung des Pfarreinrichtungsgeschäfts; dort liefen im Laufe des Sommers erste Vorschläge zur Neuordnung der Pfarreisprengel in Tirol, Mähren, Ober- und Niederösterreich ein. Da den vorgebrachten Wünschen aus den Regionen durch die zuständigen Kreisämter wiederholt großzügig entsprochen worden war, sah sich der Kaiser auf mahnende Stimmen 20 aus der Geistlichen Hofkommission hin veranlasst, »sein« Geschäft - mit Betonung auf Anstellung eigener Pfarrherren oder selbständiger Lokalkaplänen - klaren Regeln zu unterstellen, um das »so wichtige Werk mit möglichster Vollkommenheit zu Stand zu bringen und dessen Ausführung zu erleichtern« 21 . Am 12. September 1782 publizierten die Ämter aller Landesstellen das Hofdekret, dem die sog. Direktivregeln 22 beigegeben wurden und für alle künftigen Pfarreiumstrukturierungen bzw. -erhebungen unter Mitbestimmung der bischöflichen Ordinarien, von welchen man die verlässlichsten Angaben zu den lokalen Situationen erwartete 23 , als unumstößliche Grundlage dienten; der Wortlaut der fünf Punkte sei hier wiedergegeben: Directiv-Regeln, nach welchem sich bey dem vorhandenden Pfarreinrichtungs-Geschäfte zu achten ist. I. mo Die Einrichtung einer Pfarre oder Lokal-Kaplaney ist nothwendig, wo die Pfarrkinder entweder durch Wasser oder hohes Gebirge oder durch Schnee im Winter und üble Wege zu ihrer Pfarrkirche schwer kommen können, oder wohl gar von derselben getrennt werden. II. do Wo die Entfernung über eine Stunde Wegs beträgt. III. tio Wo die Gemeinde über 700 Personen stark ist; es wären dann solche Gegenden, wo die Katholischen gemischt mit anderen Religionsverwandten wohnen, in welchem Fall auch eine mindere Anzahl, und zwar von 500, auch allen Falls weniger Personen hinlänglich wären, weil in diesen Orten der Unterricht im Glauben und die Pflege in der Seelsorge wegen der Gefahr des Abfalles noch nothwendiger ist. IV. to Verdienen jene Ortschaften eine Rücksicht, die mit einer Kirche versehen sind, und mit Dokument erweisen können, daß sie in ältern Zeiten schon einen Pfarrer oder eigenen Seelsorger gehabt haben, und wo schon einiger Fundus zu Unterhaltung eines Geistlichen vorhanden ist. V. to Eine andere Zu- und Entheilung der Pfarrern ist nothwendig, wo der Pfarrer, um seinen Pfarrkindern die seelsorgerlichen Pflichten zu leisten, durch eine fremde Pfarre gehen muß, oder wo ein Pfarrer in einem mit einem Seelsorger ohnehin versehenen Ort Pfarrkinder hätte, folglich eine Vermischung mehrerer Pfarreyen in dem nämlchen Orte obwaltete, oder endlich wo die Pfarrkinder in eine andere Kirche beträchtlich näher, in ihre eigene aber viel weiter oder einen beschwerlichen Weg hätten. Im Zuge der Pfarrregulierung erfuhr die sog. Lokalkaplanei eine neue, spezifisch josephinische Prägung. 24 Der lokale Seelsorger wurde gemäß Direktivregeln auf Orte mit einer Einwohnerdichte unter 700 Seelen und einer zumeist bereits existierenden Kirche investiert. Zudem unterstand er nicht mehr wie bis anhin dem zuständigen Ortspfarrer, sondern war nach dem Willen des Kaisers selbständig, d. h. er besaß die volle pfarrliche Jurisdiktion (Recht auf Sakramentenspendung und Beerdigungen vor Ort). In nicht wenigen Fällen hatten Wohnhäuser für den Lokalkaplan und ei- 17 Sammlungen II (1780-1783), Nr. LX, S. 137; siehe auch oben S. 26. 18 Vgl. Krückel, Pfarrerrichtungen 118. 19 Siehe oben S. 26. 20 Siehe Krückel, Pfarrerrichtungen 121. 21 Sammlungen II (1780-1783), Nr. CXVI, S. 198-200, hier S. 198. 22 Sammlungen II (1780-1783), Nr. CXVI, S. 198-200, hier S. 199-200; Übersendung der Direktivregeln aus Innsbruck mit Begleitschreiben vom 1. Oktober 1782 an das Vogteiamt Feldkirch (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 23 Krückel, Pfarrerrichtungen 122. 24 Hierzu Krückel, Pfarrerrichtungen 132-134. <?page no="103"?> 103 gene Friedhöfe errichtet zu werden; zudem benötigte man Schulräume, da der Geistliche auch zum Unterricht und zur Glaubensunterweisung verpflichtet war, was in zunehmendem Maße den Religionsfonds belastete. 25 Die Besoldung des Lokalkaplans blieb um die Hälfte geringer als die eines Pfarrers. Benefiziaten, deren Stellen zu Lokalkaplaneien erhoben wurden, behielten ihr Einkommen oder bezogen allenfalls aus dem Religionsfonds einen Ergänzungsbeitrag. Mit Vorliebe wurden ehemalige Ordensgeistliche auf solche Stellen berufen, da sie ohnehin ihr Pensionsgeld aus dem staatlichen Fonds bezogen. Um die Einnahmen der Mutterpfarrei nicht allzu arg zu schmälern, mussten die Lokalkapläne alle kassierten Beträge der Stolgebühren an erstere überführen 26 ; erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte man die sog. Stolpauschale ein. Als Gegenleistung war die Hauptpfarrei grundsätzlich verpflichtet, für die Ausstattung der Gotteshäuser in der (den) selbständigen Außenstelle(n) aufzukommen, oder sie konnte liturgische Gerätschaften aus geschlossenen Klosterkirchen erwerben. 27 Per Hofdekret vom 10. Oktober 1782 wurde vor dem Hintergrund der ausgearbeiteten Direktivregeln eine zusätzliche Tabelle als praktische Handreichung für »das Geschäft der neuen Pfarr- und Kaplaney Eintheilungen« publiziert 28 , welche von jeder bislang existierenden Pfarrgemeinde gemäß vorgegebenen Rubriken »genau und verlässlich« sowie in absehbarer Frist unter Strafandrohung von 6 Gulden bei Nichtbefolgung auszufüllen und an das zuständige Kreisamt einzusenden war. Einzutragen waren die einzelnen Orte und Siedlungen, welche zu einem Pfarrsprengel zählten, der Umstand des Kirchgangs in die nahe oder weiter entfernt gelegene Pfarrkirche (Dauer, Weg- und Witterungsverhältnisse je nach Jahreszeiten) samt des möglichen Hinweises, aufgrund kürzerer Wegstrecke das Gotteshaus einer benachbarten Pfarrei zu besuchen. Wissen wollten die zuständi- 25 Dieser Umstand führte unter Kaiser Franz II. dazu, wieder vermehrt Kapläne an den Hauptpfarreien einzustellen (Weissensteiner, Pfarregulierung 63). 26 Am 24. Oktober 1783 beschloss der Kaiser in seinen 18-Punkte-Verordnungen (siehe unten S. 104-f.), dass auf den 1. November 1783 »die in der Stolordnung befindliche Taxe auf die heilige Taufe gänzlich aufgehoben sei« [Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLXXX, S. 278-284, hier S. 283]. 27 Zusammengefasst Weissensteiner, Pfarregulierung 59 f., siehe hierzu unten S. 111. 28 Wortlaut in: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CXXIX, S. 216-221. Abb. 36: Ausweis-Tabelle von 1783 zur Errichtung neuer Pfarreien und Lokalkaplaneien [aus: Sammlungen II] <?page no="104"?> 104 gen Ämter der Geistlichen Hofkommission ferner, ob der Pfarrer bei seelsorgerlichen Aufgaben in seinem Sprengel auch fremdes Territorium durchschreiten musste. Von Interesse waren die Gottesdienstzeiten, vor allem ihre Regelmäßigkeit an Sonn- und Feiertagen; falls dafür nicht garantiert werden konnte, mussten die einzelnen Angebote, die dafür vorgesehene Kirche und entsprechenden Uhrzeiten genannt sein. Noch existierende Klöster, Wallfahrtsorte und Gnadenbilder im Pfarrbezirk waren aufzulisten. Mitentscheidend für eine spätere Umstrukturierung bildete die Rubrik mit der Bitte um einen eigenen Seelsorger in den Filialen zusammen mit einer Auflistung über bereits vorhandene Gotteshäuser und deren Einkünfte. Für den Erhalt des zukünftigen ortsansässigen Seelsorgers wünschte man Angaben über (finanzielle) Zusicherungen seitens der Herrschaft und/ oder der Gemeinde. Mit Hofdekret vom 16. Juni 1782 29 verlangte der Kaiser ferner die Auflistung aller einfachen Benefizien (ohne Seelsorgeauftrag), sog. Beneficia simplicia, und ergänzte diese Forderung mit einem Dekret vom 16. September 1782, worin er die exakte Auflistung des Namens des Benefizien- Stifters, des Inhabers der Pfründe, des Patronatsherrn, der Pflichten des Benefiziaten, der Stiftungskapitalien und deren Verteilung nachforderte. Die Angaben mussten sowohl vom Benefiziaten als auch vom Patron oder Stiftungsaufseher beglaubigt sein. 30 Die bereits für die verbesserte Pfarrorganisation in Niederösterreich angewandten Grundsätze und Beweggründe ließ der Kaiser per Hofdekret vom 24. Oktober 1783 31 an sämtliche Landesstellen versenden mit der Aufforderung, bei Planung und Durchführung ebenfalls danach vorzugehen. Zudem fand das Dokument in Zeitungen und Separatdrucken weite Verbreitung. Joseph II. hoffte damit, die Durchsetzung seiner Pläne mit Hilfe der öffentlichen Meinung zu beschleunigen; jedenfalls schwebte ihm vor, bis Ende 1784 mit dem »Pfarreinrichtungsgeschäft« erfolgreich zu Ende zu kommen. 32 Für die Umsetzung in städtischen Agglomerationen sollten ›mutatis mutandis‹ die in Wien angewandten und bereits am 26. April 1783 publizierten Grundsätze Geltung haben. 33 Aus den 18-Punkte-Verordnungen von 24. Oktober 1783, welche aufgrund des Abgangs »an einer zureichenden Menge von Pfarreyen auf dem offenen Lande«, wodurch da und dort »Gebrechen und Unordnungen« entstanden waren 34 , in Wien abgefasst wurden, seien einige Punkte herausgegriffen und hier aufgeführt. [1.] »Wo die Seelsorger an der Zahl zu wenig oder von ihren Gemeinden zu entfernt sind, werden nach Maaß der Volksmenge entweder eigne neue Pfarrer oder Lokalkapläne bestimmet oder die von ihren Pfarreyen zu weit entlegene Ortschaften näheren zugetheilt, durch welche Veränderung in Zukunft niemand weiter als höchstens eine Stunde bis zu seiner Pfarrkirche haben soll.« 29 Am 21. Juni 1782 erging aus Innsbruck »mit nachdruksamen Ansinnen« die Weisung an den Churer Oberhirten, das im Hofdekret vom 16. Juni vom Kaiser eingeforderte Verzeichnis der einfachen Benefizien (ohne Seelsorgeverpflichtungen) inklusiv Vermögensstand zu erstellen und einzureichen. Bei »nicht geschehener Anmeldung« an das bischöfliche Ordinariat verliere der gegenwärtige Inhaber eines solchen Benefiziums sein Amt und »die Capitalien, oder in was immer die Einkünfte bestanden« würden eingezogen. Diejenigen, welche von der Existenz eines (bewusst) nicht angezeigten Benefiziums Kenntnis hatten, ziehe man unweigerlich zur Verantwortung. Original in: BAC, 725.13.060 [1782 Juni 21], mit Beilage des Wortlautes des Hofdekrets vom 16. Juni 1782. 30 Am 1. Oktober 1782 übersandte das Gubernium in Innsbruck dem Churer Bischof das Dekret vom 16. September 1782 zusammen mit einer Mustertabelle (Original in: BAC, 725.13.078). Zu den erst am 23. April 1784 eingesandten Verzeichnissen siehe unten S. 126-139. 31 Wortlaut in: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLXXX, S. 278-284; siehe Abb. 36 (oben S. 103). 32 Weissensteiner, Pfarregulierung 61. 33 Wortlaut in: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLVIII, S. 263-264. - Diese Grundsätze wurden mittels eines Begleitschreibens vom 10. Mai 1783 von der Landesstelle in Innsbruck auch an das Vogteiamt Feldkirch gesandt (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 34 Zitate aus: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLXXX, S. 278. <?page no="105"?> 105 [2.] »Wo Kirchen und Pfarrhöfe mangeln, werden dieselben, wenn die Ortsherrschaften solche nicht selbst freywillig herstellen, aus den Religionsfond erbauet, dann aber das Präsentationsrecht der Religionskommißion, jedoch stets nach Ausschlag des voran gehenden Konkurses, vorbehalten. Die neuen Kirchen oder arme und alte Pfarreyen werden mit Paramenten der aufgehobenen Klöster und Kirchen unentgeltlich versehen.« [5.] »Gestifteten Benefiziaten, wenn sie im Examen vom Bischoffe fähig befunden worden, sollen sogleich die Pfarrrechte eingeräumt, bey künftigen Erledigungen aber alle derley Simplicia beneficia in curata verwandelt werden.« [6.] »Jedermann, vom Bischoffe anzufangen, mithin auch Stiffte, Klöster, Pfarreyen und Benefiziaten bleiben vollkommen bey ihrem itzigen Genusse. Nur also die neuen Seelsorger werden aus der Religionskasse auf folgende Art besoldet: die Pfarrer mit einem Gehalt von 600 fl., die Lokalkapläne mit 350 fl., die Kooperatoren mit 250 fl.« [8.] »Neue Pfarrer und Ortskapläne, deren Sprengel von ihrem ehemaligen Pfarrer getrennt werden, sind von diesen unabhängig. Doch haben sie die Stolgebühren dahin abzuführen, damit die alten Pfarrer an ihrem Einkommen keinen Abbruch leiden.« [10.] »Alle Nebenkirchen und andere Kapellen sind künftig an denjenigen Orten, die bereits mit einer Pfarrey oder Filialkirche versehen sind, in Absicht auf den öffentlichen Gebrauch nicht mehr nöthig.« 35 Johann Weissensteiner hält fest, »durch die Verbindung der Pfarregulierung mit den Klosteraufhebungen« sei Joseph II. trotz regionaler Verzögerungen durch die zeitgleich durchgeführte Diözesanregulierung 36 »die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts angestrebte Verbesserung der Pfarrorganisation gelungen« 37 . Die Verbindung beider Maßnahmen bildete das »Charakteristikum der josephinischen Pfarregulierung, für die die Klöster die materiellen und personellen Voraussetzungen lieferten« 38 . Ziel war eine »staatlich normierte pfarrliche Seelsorge« 39 ; der Pfarrklerus, zu einem beträchtlichen Teil besoldet durch den Religionsfonds, erwuchs zum geistlichen Staatsbeamten, »der das Erscheinungsbild der Kirche im 19. Jahrhundert wesentlich bestimmte« 40 . Für das Bistum Chur, dies verdeutlichen nachfolgende Kapitel, gelangen die josephinischen Pläne lediglich unter Vorbehalten und enormen Einschränkungen, verbunden mit zahlreichen Kirchensperrungen in den Dekanaten Vinschgau (1786) und Walgau (1788), nach größerer zeitlicher Verzögerung. 35 Wortlaut der genannten Punkte in: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLXXX, S.280-281. - Punkt 10 beruht auf der Verordnung Josephs II. vom 25. Juni 1783, publiziert als Hofdekret vom 12. Juli 1783, wonach »überflüssige« Kirchen und Kapellen zu schließen waren: »Die bey veschiedenen Dörfern vorhandenen kleinen öffentlichen Nebenkapellen, in welchen bald einbald mehrmal des Jahrs der Gottesdienst wechselsweise mit der Ortskirche abgehalten werde, und welche, in soweit derley Ortschaften eine eigene Pfarr- oder Filialkirche im Orte schon haben, seyen ganz überflüßig« und könnten in Anbetracht des fehlenden öffentlichen Gebrauchs beseitigt werden. Die »darinnen befindlichen Gnadenbilder« seien in die Pfarr- oder Ortskirche zu übertragen. [Zitate aus: Sammlungen II (1780-1783), Nr. CLXVIII, S. 269-270]. 36 Siehe unten S. 233-256. 37 Weissensteiner, Pfarregulierung 62. 38 Weissensteiner, Pfarregulierung 62. 39 Weissensteiner, Pfarregulierung 63. 40 Weissensteiner, Pfarregulierung 63. <?page no="106"?> 106 2. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer ersten Phase: 1782-1783 Am 19. bzw. 20. Februar 1782 sandte sowohl das Gubernium in Innsbruck als auch die Landesstelle in Freiburg i. Br. dem Churer Bischof auf dem kaiserlichen Hofdekret vom 4. Februar 1782 beruhende Anweisungen zur Erstellung eines tabellarischen Überblicks für Tirol und Vorarlberg mit Angaben zur Notwendigkeit von Geistlichen entsprechend der Bevölkerungsdichte in Städten und Dörfern; des weiteren waren die Anzahl der Gläubigen, die Anzahl vorhandener und weiterhin offen zu haltenden Gotteshäuser und eine sinnvolle Gottesdienstordnung »ehemöglichst mit aller Verlässigkeit und Genauigkeit« von den zuständigen Stellen einzuholen und binnen dreier Monate nach Innsbruck bzw. Freiburg i. Br. weiterzuleiten. 41 Wörtlich heißt es: »Es verlangen aber seine Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät vermög k. k. Hofkanzley Decrets vom 4. ten eben dieses Monats noch die weitere Äusserung [von] sämtlich[en] hinländischen Herren Ordinarien, 1. mo wie die Zahl der höchst nothwendigen Geistlichen in den Städten und Merktflecken nach der Population und anderen Umständen der Entfernung, der Beschwerlichkeit, der Gebürge, der Wasser oder des Schnees zur Winterzeit, und dergleichen, gehörig zu bestimmen, 2. do auf wie viel Seelen ein Geistlicher zu rechnen, 41 Originale der beiden am 8. März 1782 in Chur eingegangenen Schreiben in: BAC, 725.13.026 [Innsbruck, 1782 Februar 19], BAC, 725.13.027 [Freiburg i. Br., 1782 Februar 20]. An das Vogteiamt Feldkirch erging am 20. Februar 1782 ebenfalls ein entsprechendes Schreiben aus Freiburg i. Br. (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). Abb. 37: Schreiben des Guberniums aus Innsbruck an den Churer Bischof vom 19. Februar 1782 [BAC] <?page no="107"?> 107 3. tio wie viele Kirchen offen zu lassen und 4. to wie der Gottesdienst und besonders die heiligen Messen in selben anzuordnen und einzutheilen wären, damit stundenweise der nöthige Bedarf zur christlichen Schuldigkeit und Seelentrost verbleibe, das überflüssige von den Städten aber zur Ersetzung des Abgangs auf dem Lande verwendet werden könne, wozu besonders die gestifteten Messen und Andachten, auch mit Dotierung der Localkaplaneyen, übersetzet und verwendet werden dörften.« 42 Weshalb nach dieser in Chur am 8. März 1782 eingegangenen Aufforderung fast drei Wochen verstrichen, bis der dortige Kanzler im Namen des bischöflichen Offiziums den Auftrag an die zuständigen Provikare der Dekanate Walgau und Vinschgau weiter leitete, bleibt ungeklärt. Aus den überkommenen Akten ist jedenfalls das entsprechende Schreiben Georg Schlechtleutners an den aus Prad stammenden Provikar des oberen Vinschgaus und Pfarrer zu Glurns, Johannes Ev. Rungg (1779-1790), vom 26. März 1782 erhalten 43 , worin der Kanzler die »allerhöchste Willensmeynung« im Auftrag des Bischofs zur »genauen und zuverläßigen Beantwortung« vorlegt. Die Pfarrherren, 42 BAC, 725.13.026 [1782 Februar 19]. 43 Original in: BAC, 762.02.005 [1782 März 26], Wortlaut des Schreibens im Anhang, Quellentext Nr. 4, unten S.-278- 282. Abb. 38: Letzte Seite des Schreibens von Kanzler Georg Schlechtleutner vom 26. März 1782 an den Klerus des Provikariats des oberen Vinschgaus und Bestätigung der erst ab Ende Oktober bis Dezember 1782 eingereichten Unterlagen durch Unterschrift der Geistlichen [BAC] <?page no="108"?> 108 Kuraten und Frühmesser zwischen Taufers, Nauders und Laas hatten folgenden Fragekatalog 44 zu beantworten: 1. Wie viele Geistliche sind im Provikariat tätig? 2. Welche davon haben ein Benefizium, das generell zur Seelsorge verpflichtet? 3. Welche Aufgabenfelder beinhaltet das Benefizium? 4. Wie viele Personen leben auf dem jeweiligen Pfarrgebiet (Seelenzahl)? 5. Wie weit wohnen die Pfarrangehörigen von der Mutterkirche entfernt (Angabe und Lage der Siedlungen)? Gibt es besonders nennenswerte Beschwernisse auf dem Weg zur Pfarrkirche? 6. Wie viele Priester sind für die Seelsorge in der Pfarrei inkl. Filialen notwendig oder auch wünschenswert? 7. Wie viele Gotteshäuser existieren auf dem Pfarrgebiet? 8. Wie viele Gottesdienste, Predigten, Jahrtage, etc. werden in der Pfarrkirche und den Außenstationen abgehalten und wie ist der jeweilige Gottesdienstbesuch? 9. Gibt es Gottesdienste, welche zur gleichen Uhrzeit in verschiedenen Kirchen abgehalten werden? 10. Welche Änderungen sind wünschenswert oder notwendig? Die Antworten hatten zur Prüfung an das Provikariat eingereicht zu werden; unvollständige Rückmeldungen könnten insofern vermieden werden, so Schlechtleutner, »wenn besagte Beantwortungen vom ermeldten Provikariatamte mit jedem insbesondere gemeinschaftlich durchgegangen und berichtiget« würden. Spätestens innerhalb eines Monats sei das Resultat der bischöflichen Kurie vorzulegen. Danach hätten sich alle Geistlichen zu richten, »das Provikariatamt aber dafür alle mögliche Sorge zu tragen«. 45 Dem Schreiben ist ein Blatt beigelegt, auf welchem das Datum und die Unterschrift von 27 Geistlichen verzeichnet sind, woraus hervorgeht, dass diese der Aufforderung aus Chur mit Ausnahme des Pfarrers von Glurns (April) erst im Laufe der Monate Oktober bis Dezember 1782 Folge geleistet und die gewünschten Informationen beim Provikar in Glurns persönlich eingereicht (»intimatus« mitgeteilt) hatten. 46 Von einer aktiven und zügigen (Mit-)Arbeit, wie diese dem Initiator des Pfarreieinrichtungsgeschäfts, also dem Kaiser, vorschwebte, konnte keine Rede sein. Ungeachtet dieser massiven Verzögerung, welche das Provikariat im oberen Vinschgau gegenüber dem josephinischen »Pfarrgeschäft« nachweislich an den Tag legte 47 , erreichte am 19. Mai 1782 ein weiteres, in Innsbruck mit dem 13. des Monats datiertes Schreiben die bischöfliche Kurie auf dem Hof zu Chur. 48 Darin verlangte das Gubernium zum einen den Eintrag der Churer Diözesangrenzen auf einer beigelegten Karte vorzunehmen und alle Seelsorgestellen (Pfarrei [●], Filialkirchen [○], Kapelle mit einem Geistlichen ›sine cura‹ [■], Kapelle ohne Geistlichen [□]) mit entsprechender farbiger Kennzeichnung daselbst genau einzutragen, zum anderen gemäß eines beigelegten Musterformulars jede Pfarrei strukturiert aufzulisten sowie die Familien- und Seelenzahlen detailliert anzufügen. Die Landesstelle, vom Kaiser selbst unter Druck gesetzt, hatte »das nöthige auf der Stelle zu verfügen und so die schleinigste Beförderung dises Seiner Majestät so sehr angelegenen Geschäftes nach allen Kräften und mit pflichtmässigem Eifer« voranzubringen und, ohne weitere Erinnerungen 44 BAC, 762.02.005 [1782 März 26], S. 3-4. 45 BAC, 762.02.005 [1782 März 26], S. 5-6. 46 BAC, 762.02.005 [1782 März 26], S. 7. 47 Von den Pfarreien des unteren Vinschgaus und Burggrafenamts sowie aus dem Dekanat Walgau fehlen diesbzgl. Nachweise gänzlich. 48 Original in: BAC, 725.13.050 [1782 Mai 13]. - Ein ähnlich lautendes Schreiben vom 18. Mai 1782 erreichte Chur aus Freiburg i. Br., deren Landesstelle für die Vorarlbergischen Gebiete der Diözese Chur obenstehende Informationen einforderte (Original in: BAC, 725.13.051A [1782 Mai 18]). <?page no="109"?> 109 an säumige Ordinariate aussprechen zu müssen, zu betreiben. 49 Entsprechend wurde Bischof von Rost ersucht, »durch beliebig fördersamste Berichtigung dieser Sache und ehemöglichste Einsendung der verlangten Auskünfte der allerhöchsten Willensmeinung und diesseitigen pflichtschuldigen Ansinnens bestens« zu entsprechen. 50 Bischof Franz Dionys von Rost antwortete dem Gubernium mit Schreiben vom 25. Juli 1782, welches am 31. Juli nach Innsbruck spediert wurde. 51 Darin erteilt er - nur für den vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur - gewünschte Auskünfte zur besseren Einteilung der Seelsorge und des Gottesdienstes, schränkt aber gleichzeitig ein: »Wir würden auch sowohl der von denselben für unsern Tyrolischen als auch der von Loblicher Regierung Freyburg für unsern Vorarlbergischen Bisthumsbezirk uns zugesendeten Mappe alle vorhandenen Nebenorte einverleiben, die daselbst vorfindigen Kirchen und Beneficien auf die angezeigte Weise einzeichnen und all solches mit der Haupt- und Pfarrkirchen Zusamhang haben lassen«, doch es habe sich »wegen der Menge der einzuschaltenden Ortschaften« als »platte Unmöglichkheit« erwiesen, eine eigene Diözesankarte anzufertigen. 52 Vor allem die erforderlichen Auskünfte über die topographischen Verhältnisse zu einer jeweiligen Pfarrkirche seien aus den Regionen in Chur (noch) nicht eingegangen, um daraus die bestmöglichen Varianten zur Versorgung der Pfarrkinder auszuarbeiten. Trotzdem habe man sich bemüht, die Entfernungen der einzelnen Siedlungen von der Mutterkirche zu vermerken sowie anzugeben, »zu welchen benachbarten Pfarreyen oder Localkaplaneyen einige Häuser oder Orte gezogen werden könnten oder wo eine eigene Localkaplaney nüzlich und erwünschlich oder in seiner Masse nothwendig scheinen wollte«. 53 Unter der Rubrik ›Bemerkungen‹ fügte der Bischof hinzu, er erachte es als sinnvoll und wichtig, dass »in den Nebenorten, welche einen eigenen Priester nicht als Seelsorger, sondern als einen Nebenbeneficiaten haben, der für die ältern oder kränklichen, auch [für] jene, die sonst zu dem Pfarrgottesdienst nicht kommen können, welchen zerschiedentlich eine beträchtliche Anzahl ausmachen, seine Messe abzulesen hat« 54 , dieser Geistliche wenigstens an Sonntagen daselbst eine kurze Predigt oder katechetische Unterweisung zu halten verpflichtet werde. Denn es sei leider Tatsache, dass manche Gläubige bewusst solch kurze Gottesdienste - betroffen davon waren auch die Frühmessen - bevorzugten, »um sodann den ganzen Tag desto bequemer den Müßiggange [zu] pflegen oder ihren Ausschweifungen nach[zu]hängen«. 55 In diesem Zusammenhang wäre es zudem angebracht, von weltlicher Seite auf die Schließung der Wirtshäuser zu drängen, »bis der Haupt- und Pfarrgottesdienst geendigt ist«. 56 Predigt und Christenlehre mögen in Städten und Dörfern an Sonn- und Feiertagen kontinuierlich abgehalten werden, doch seien »Nebenandachten«, wodurch erstere gehindert oder die ordentlichen Gottesdienstzeiten unnötig verlängert würden, einzuschränken. Die Gottesdienstzeiten seien in den meisten Orten fix bestimmt, »sollten andre dem Volke bequemer scheinen, können diese unschwer abgeändert werden«. 57 Ferner verschönere es die Liturgie, wenn an Orten mit einem Pfarrer oder Kuraten auch ein Organist und ein Sänger zum Einsatz kämen; nicht zuletzt würde dadurch »das Hin- und Herlaufen der Pfarrangehörigen in fremde Kirchsprengel einigermassen gehindert« oder »das Volk von längerm Müßiggange außer den Kirchen rückgehalten«. 58 Zur eifrigen Mithilfe in der Seelsorge seien sowohl die Frühmesser als auch die einfachen Benefiziaten durchaus angehalten. Sie sollten jedoch weder von einem Pfarrer »zu stark beschwert« werden, noch sich der anstehenden Arbeit entzie- 49 BAC, 725.13.050 [1782 Mai 13], S. 2. 50 BAC, 725.13.050 [1782 Mai 13], S. 3. 51 Abschrift in: BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 67-72 [1782 Juli 25]. 52 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 67. 53 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 68. 54 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 69. 55 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 69. 56 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 70. 57 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 70. 58 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 70. <?page no="110"?> 110 hen können. Eine kluge Aufteilung in der Pastoral sei die beste Gangart, damit die zuständigen Ortspfarrer weder überlastet werden, noch die Benefiziaten »der Unthätigkeit oder des Müßigganges« verfallen. 59 Das Gubernium übersandte dem Churer Bischof am 13. August 1782 eine Bestätigung über den Erhalt der am 25. Juli angefertigten und eingereichten Auskünfte inkl. eingegangener Tabellen. Zugleich forderte Innsbruck aber die nach wie vor ausstehende Erstellung eines bereits unter dem 13. Mai verlangten Verzeichnisses der Pfarreien und Benefizien mahnend an. Es ging dabei besonders um die ausstehende Karte für die Dekanate Walgau und Vinschgau, worin alle Pfarreien und Kaplaneien durch oben geschilderte Zeichensetzung einzutragen waren. 60 Mit der Bemerkung, »vielleicht die Absichten nicht erreicht« zu haben und deshalb »das weitere nachzutragen« durchaus gewillt zu sein, sandte die Churer Kurie am 28. September 1782 ein eher mageres »Verzeichniß der Weltgeistlichkeit des Bisthums Chur« für den tirolischen bzw. vorarlbergischen Anteil nach Innsbruck. Im Dekanat Vinschgau waren demnach 32 Pfarrer, darunter 2 Churer Kanoniker, 91 Kapläne und 30 weitere »ganz oder zum Theil unbrauchbare oder sonst vacirende oder mit andern als seelsorgerischen Verrichtungen beschäftigte« Priester tätig; für das Dekanat Walgau wies man 37 Pfarrer, darunter 3 nichtresidierende Domherren, 40 Kapläne und zehn weitere Geistliche aus. 61 Am 12. Oktober 1782 folgte dann die Zustellung der von der Landesstelle in Innsbruck bereits am 28. Mai angeforderten Angaben über bedürftige Pfarreien in Tirol und Vorarlberg zwecks gezielter Verteilung von Kirchengütern aus den geschlossenen Kirchen der vier aufgehobenen Klöster. Von Rost betonte, es seien »die in unserm betreffenden Kirchsprengel befindlichen Pfarr- und Localkaplaney Kirchen großentheils sehr mittermäßigen Vermögens« 62 ; es existierten aber auch bedürftige Gemeinden, welche sich aufgrund diverser Bedürfnisse gemeldet hätten. »Da aber bey Errichtung neuer Localkaplaneyen oder Pfarreyen sich noch größerer Abgang und Mangel zeigen dörfte, haben wir aus denselben nur einige wenige, welche vor den übrigen dürftiger und rücksichtwürdiger erscheinen, in mitkommendem Verzeichnisse namhaft zu machen geglaubt, deren wir noch einige andre beygefüget haben, welche an bessern Geräthschaften Mangel leiden und solche an sich zu bringen wünschen, wenn es auf eine etwas leichtere und auch ihrem geringen Vermögensstand angemeßene Weise geschehen könnte.« 63 Folgende Pfarreien bzw. Kuratien werden mit den entsprechenden »Erfordernissen« aufgeführt 64 : 59 BAC, 762.17 [1782 Juli 25], S. 71. 60 Original in: BAC, 725.13.070 [1782 August 13]; vgl. auch das Schreiben vom 13. Mai 1782, oben S. 108-f. 61 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 104-105 [1782 September 21, expediert 28]. 62 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 112-115 [1782 September 30, expediert 12. Oktober], hier S. 112. 63 BAC, 762.17 [1782 September 30], S. 112-113. 64 BAC, 762.17 [1782 September 30], S. 113-115 (Beilage). - Am 6. Oktober 1782 informierte Jakob Christoph von Sölder das Gubernium über ein eingegangenes Bittgesuch der Gemeinde Martell, für ihre bedürftige Kirche St. Walburga Kirchengerätschaften und Paramente aus der aufgehobenen Kartause Schnals zu erhalten (TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Kommission, Fasz. 3930). Mit Schreiben vom 5. November 1782 an das Gubernium in Innsbruck reagierte der Churer Bischof auf die entsprechende Anfrage: »Wir haben uns in unserem Erlaß vom 30. September [siehe ebd. Fasz. 3930] über diesfällige Gegenstände bereits dahin geäußert, daß die in unserm Kirchensprengel befindliche Pfarr- und Lokalkaplaneykirchen großenteils mittermäßigen Vermögens und eine beträchtliche Anzahl derer unter die armen gerechnet werden mögen, welche sich das nothwendige zu verschaffen nicht wohl hinreichend sind, und unter diese kann auch die Pfarrkirche Martell gerechnet werden. Es hat sich diese Kirche auch bey uns um Leuchter, Bücher, Meßkleider von zerschiedenen Farben und besonders um ein Vasculum provisionis infirmorum gemeldet. Wir haben aber ihrer in unsrer übersendeten Tabell aus dem Grund nicht Meldung gethan, weil uns ihre Bedürftigkeiten nicht also vorgestellet worden, wie sie in gegenwärtiger Bittschrift angegeben worden; auch in unserer letzten Pastoralvisitation keine Meldung von so vielen Bedürftigkeiten geschehen.« [ebd. Fasz. 3930]. Im Dekanat Walgau sind für die Pfarrbzw. Filialkirchen zu Altenstadt, Brederis, Fresch, Gisingen, Laterns, Nenzing, Nofels und Rankweil für die Jahre 1790 und 1791 diverse Akten greifbar, welche über die Bewilligung von benötigten Paramenten aus dem staatlichen Depositum Auskunft geben (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60). <?page no="111"?> 111 Name der Pfarrei / Kuratie Erfordernisse Dürftigkeit Dekanat Vinschgau Algund, Pfarrei St. Hippolyt und Cassian »ein Pluvial und Velen, einen mindern kostbaren Ornat des Klosters Maria Stainach, auch den Tabernakel zu vertauschen« --- Haid, Pfarrei St. Valentin »mangelt ein schwarzes Pluvial, ein grünes Meßgewand und Altartücher, hat eine sehr schlechte Monstranz, sehr schlechte Leuchter und […] überhaupt wenige und schlechte Altarzierden, ein einziges brauchbares Meßbuch« »hat einen sehr geringen Unterhaltsfonds und beyneben die Schuldigkeit, 2 Filialkirchen zu versehen« Katharinaberg, Kuratie St. Katharina (zu Naturns) »einen Kelch, roth und weisses Meßgewand samt Zugehörden« --- Latsch, Pfarrei St. Peter und Paul »ein Pluvial, Meßkleider und andere Kirchenzierden, besonders das ziemlich kleine Ostensorium mit einem ansehnlicheren zu vertauschen« --- Mals, Pfarrei Mariae Aufnahme in den Himmel »einen Ornat auf die Festtäge, auch ein und anders Meßgewand und 6 Leuchter für den Hochaltar« --- Naturns, Pfarrei St. Zeno »bräuchte Altarzierden« --- Plaus, Pfarrei St. Ulrich »brauchet ein Pluvial und Velum, ein grün und weisses Meßgewand, auch einige Leuchter« »hat sehr geringen Unterhaltsfonds, und von zufälligen Beyträgen weniges zu hoffen« Schluderns, Pfarrei St. Katharina und Agatha »eine Monstranz, einige Kelche und Kirchenparamente gegen andere einzutauschen« --- Schnals, Unser Frau Pfarrei St. Maria »einen bessern Kelch für die Gäste, ein Pluvial, Rauchfaß, Schifferl und Leuchter« --- Tschars, Pfarrei St. Martin »ein und anders Meßgewand samt Zugehörden und Alben« --- Dekanat Walgau Bludenz, Stadtpfarrei St. Laurentius »zwey Levitenröcke und gleichfarbiges Meßgewand nebst Kelchlöffel, schöneren Altarleuchten und Altarzierden« --- Nofels, Pfarrei Mariae Heimsuchung »hat ein sehr schlechtes Ciborium, einen einzigen brauchbaren Kelch, bedarf eines Pluvials, einiger Meßgewänder, besonders eines blauen, 4 Leuchter für die Seitenaltäre« »die Kirchennothwendigkeiten müssen allein durch jährliche Anlagen der Gemeind bestritten werden, und bleibet sohin immerforthinige Dürftigkeit« Stallehr, Kuratie Maria Hilf (zu Bludenz) »sind die meisten Meßgewänder, das Pluvial, das Missal sehr schlecht bestellet« »ist der Unterhaltungsfonds sehr gering und weniges von zufälligen Beyträgen zu hoffen« St. Anton im Montafon, Pfarrei St. Antonius Abt »hat nur gemeine und alltägliche Meßkleider und mangelt für Festtäge ein bessers Meßgewand, Alben, Altartuch nebst Altarzierden« »ist der Unterhaltungsfonds sehr gering und von zufälligen Beyträgen bereits nichts zu hoffen« a) Erste konkrete Vorschläge für das Pfarreinrichtungsgeschäft im Dekanat Vinschgau (Dezember 1782) Infolge des Ausstehens konkreter Vorschläge aus dem tirolischen Anteil des Bistums Chur drängte das Gubernium in Innsbruck am 5. November 1782 zur Übersendung entsprechender Angaben. 65 An den beiden Tagen vom 5. und 17. Dezember 1782 arbeiteten in Meran bzw. Schlanders der 65 Die Ordinarien hatten die Dekane anzuweisen, »mit den Kreishauptleuten in Erhebung der Localitaet und Bestimmung <?page no="112"?> 112 Kreishauptmann im Burggrafenamt und Vinschgau, Anton Franz von Triangi, zusammen mit dem aus Pens (Bistum Brixen) stammenden Provikar für den unteren Vinschgau und Pfarrer in Algund (1773-1790), Jakob Heiss, bzw. mit dem Provikar für den oberen Vinschgau und Pfarrer in Glurns, Johannes Ev. Rungg, im Beisein des Kreissekretärs und Protokollführers Matthias Gasser für das jeweilige Vikariatsgebiet Vorschläge zur Neuordnung der Pfarreistruktur aus, welche am 26. Dezember in Meran noch ergänzt wurden. 66 Vikariat Unterer Vinschgau, Burggrafenamt und Passeiertal 1 Pfarrei, Kuratie Ort, Siedlung, Anzahl Höfe Seelenzahl Wegdistanz zur Pfarrkirche (Std.) Vorgeschlagene Änderungen Zusätzlich erforderliche Maßnahmen Wechsel zur Pfarrei Errichtung einer Algund 6 Höfe 2 Plaus 2 Höfe 3 Partschins Aschbach 151 3 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) ortseigener Seelsorger Forst Lokalkaplanei in der ehemaligen Dominikanerinnenkirche Maria Steinach Vorschlag der Gemeinde wird von der Kommission nicht unterstützt Vellau 159 1 ½ Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) ortseigener Seelsorger, Wohnhaus für Kaplan errichten Vernuer Gfeis 170 2 Lokalkaplanei in Vernuer ortseigener Seelsorger Latsch Freiberg 100 1 ½ bis 2 Kaplanei Tarsch Marein 201 ¾ Bewohner der Burg Kastelbell zu Marein Kuratie (Kirche vorhanden) Kaplan bereits vor Ort, Errichtung eines Friedhofs St. Martin am Kofl 250 2 ½ Kuratie (Kirche vorhanden) »zu einer förmlichen Curatie erheben« Kaplan bereits vor Ort, Errichtung eines Friedhofs Tarsch 400 Kuratie (Kirche vorhanden) »zu einer förmlichen Curatie erheben« ortseigener Seelsorger Trumsberg Vorberg (teils der Pfarrei Tschars, teils Latsch zugehörig) 200 1 bis 2 Lokalkaplanei ortseigener Seelsorger, Kirche und Wohnhaus für Kaplan errichten Martell 11 Höfe 80 1 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) ortseigener Seelsorger 7 Höfe Kuratie Morter der Nothwendigkeit der neu anzustellenden Seelsorger nach den bey Handen habenden Grundregeln in den Kreißen gemeinschaftlich zu Werke zu gehen und ihre entweder gleichförmige oder hier und da unterschiedlichen Meynungen ebenfalls zum Protokoll zu geben« (aus dem in Innsbruck abgefassten Schreiben des Guberniums vom 5. November 1782 an das Vogteiamt Feldkirch [VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55]). 66 Abschrift des 24-seitigen Protokolls vom 5., 17. und 26. Dezember 1782 in: BAC, 880.01.01-003. <?page no="113"?> 113 Vikariat Unterer Vinschgau, Burggrafenamt und Passeiertal 1 Naturns 6 Höfe 4 Kuratie Katharinaberg Pfossental (zur Kuratie Katharinaberg) 112 2 bis 3 Lokalkaplanei Tschirland 309 ½ Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) ortseigener Seelsorger, Wohnhaus für Kaplan errichten Partschins Quadrat (10 Höfe) 60 Lokalkaplanei ortseigener Seelsorger, Kirche und Wohnhaus für Kaplan errichten Schlanders Pitschenhof Kuratie Morter Morter Kuratie (Kirche vorhanden) »zu einer förmlichen Curatie erheben« Frühmessbenefizium zur Kuratie erheben Schnals, Unser Frau Kurzras 67 1 ½ bis 2 ½ Lokalkaplanei St. Martin in Passeier Saltaus 260 1 ½ bis 2 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) Seelsorger bereits vor Ort St. Peter- Gratsch 8 Höfe 5 Algund 8 Höfe 6 Dorf Tirol 7 Höfe 7 Kuratie Riffian Unterwaldenhof auf Gfeis Lokalkaplanei Vernuer Pfarrhof in St. Peter Pfarrhof in das Dorf Gratsch bei der Kirche St. Magdalena verlegen Tschars Tabland 295 1 ½ Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) ortseigener Seelsorger, Wohnhaus für Kaplan errichten Tannberg 158 1 ½ Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) In Aschbach und Vellau (Pfarrei Algund), auf Trumsberg und Vorberg (Latsch), für 11 Höfe der Pfarrei Martell, im Pfossental und in Tschirland (Naturns), in Quadrat (Partschins), Vernuer (Riffian), Kurzras (Schnals), Saltaus (St. Martin/ Passeier) sowie in Tabland und Tannberg (Tschars) sollten 12 neue Lokalkaplaneien entstehen. Davon erhielten deren 9 durch ein undatiertes wie unvollständiges Ordinariatsgutachten aus Chur - die Handschrift ist Kanzler Georg Schlechtleutner 1 Angaben aus: BAC, 880.01.01-003 [Meran, 1782 Dezember 5 / Protokoll], S. 1-10. 2 Untermelshof, Meringerhof, Lahngütlhof, Ascherhof, Überhäuslhof, Mayrhof im Ried. 3 Schwaigerhof, Wegehof (beide in Rabland). 4 Ladurnhof, Obervasanthof, Untervasanthof, Walderhof, Dikerhof, Unterstöllhof. 5 Leiterguthof auf dem Wall, Baumgartnerhof in Oberplars, Torgglerhof, Haashof, Bognerhof, Platnerhof, Wahnhoferhof (alle in Mitterplars), Gruberhof in Vellau. 6 Georg-Binder-Haus, Schnitzerhof, Hölblinghof, Fritscherhof, Kargut, Platerhof, Schlossauerhof, Gaduerhof. 7 Hoferhof, Thalerhof, Gsallerhof, Furggerhof, Aussermayrhof, Innermayrhof, Hamelehof. <?page no="114"?> 114 zuzuordnen - eindeutige Unterstützung. 67 Mit Marein, St. Martin am Kofl und Tarsch (Latsch) sowie Morter (Schlanders) wurden 4 Dörfer als Sitz neuer Kuratien vorgeschlagen, wobei das Ordinariatsgutachten einschränkend notiert: »Daß die Benefizien zu Tarsch, zu Marein, zu Morter zu ganzen Curatien erhoben werden, scheint minder nothwendig zu seyn, doch ist auch wider dieses von Seite des Ordinariats nichts einzuwenden.« 68 Betreff Eyrs und Laas notierte Chur: »Daß der Beneficiat zu Ayrs und der Frühmesser zu Laas mit der beständigen Seelsorgsbeyhülfe beladen werde, wird ebenfalls für gut befunden.« 69 Die Errichtung einer Lokalkaplanei in Saltaus (zu St. Martin in Passeier) wird als »gut und sehr erwünschlich befunden«; doch machte das Ordinariat den Vorschlag, bei der großen Entfernung der einzelnen Siedlungen von 1 ½ bis 2 Stunden Wegstrecke von der Pfarrkirche, »eine eigene Kirche und [ein] Wohnhaus für den Priester etwa eine halbe Stund das Thal weiter hinein« zu verlegen und daselbst zu errichten, »da ohnehin das zu Saltaus vorhandene Kirchel ziemlich gering und der Lehengutsbesitzer die Wohnung des Priesters für allzeit herzustellen und auf sich zu nehmen sich glaublich nicht entschliessen dörfte«. 70 Vikariat Oberer Vinschgau 1 Pfarrei, Kuratie Ort, Siedlung, Anzahl Höfe Seelenzahl Wegdistanz zur Pfarrkirche (Std.) Vorgeschlagene Änderungen Zusätzlich erforderliche Maßnahmen Wechsel zur Pfarrei Errichtung einer Graun Langtaufers über 300 bis 3 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) Kaplan bereits vor Ort, aber schlecht bezahlt Rojen ca. 36 über 2 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) Laas Laas 938 beständige Seelsorge erwünscht Kooperator für den Pfarrer einstellen, Frühmesser besser in die Seelsorge einbinden Latsch Schmalzhof Schlanders Mals Planeil ca. 300 über 1 Kuratie (Kirche vorhanden) »zur förmlichen Curatie erheben« bereits ortsansässiger Kaplan muss auch Schule halten Marienberg (Kloster) Schlinig 150 über 1 Lokalkaplanei unabhängig vom Kloster (Kirche vorhanden) Wohnhaus für den Kaplan bauen Selishof (in der Pfarrei Glurns) Glurns Nauders Spiss 200 Kuratie (Kirche vorhanden) »zur förmlichen Curatie erheben« bislang nur Sitz eines einfachen Benefiziaten 67 BAC, 880.01.01-005 [unvollständiges Ordinariatsgutachten]; vollständige Abschrift des Ordinariatsgutachten in: TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8 »Über die in dem gemeinschaftlichen Pfarreinrichtungsprotokoll Bisthums Chur tyrolischen Antheils gemachten Vorschläge. Ordinariatsgutachten« [nicht paginiert]. - Es betraf die Siedlungen Aschbach, Vellau, Trumsberg und Vorberg, die 11 Höfe hinter Martell, das Pfossental, Quadrat, Vernuer, Kurzras und Tannberg. 68 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. 69 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. 70 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. <?page no="115"?> 115 Vikariat Oberer Vinschgau 1 Schlanders Allitz 2 bis 2 ½ Laas 3 Höfe 2 2 bis 2 ½ Tanas (Kuratie) Göflan der vor Ort befindliche Priester soll beibehalten werden Nördersberg 345 Kuratie beim Aibenhof eine Kirche, einen Friedhof und ein Wohnhaus für den Kaplan bauen Sonnenberg 394 1 ½ Kuratie bei den Tallatschhöfen eine Kirche, einen Friedhof und ein Wohnhaus für den Kaplan bauen Vezzan Lokalkaplanei in Diskussion Beschluss der Kommission: keine Lokalkaplanei Schleis Serauhof Schlinig (Lokalkaplanei) in Schleis wäre ein Kooperator sinnvoll Schnalstal Karthaus mit 12 zerstreut liegenden Höfen 90 1 von Schnals entfernt Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) Stilfs Trafoi 119 bis 2 Lokalkaplanei (Kirche vorhanden) Wohnhaus für den Kaplan und Friedhof bauen Tschengls Eyrs ½ beständige Seelsorge erwünscht (Kirche vorhanden) Benefizium simplex in ein Benefizium mit Seelsorge umwandeln (auch Schule halten) Tanas (ein Teil der Gemeinde) 208 ¾ bis 1 ½ Kuratie Kirche St. Peter und Paul »zur förmlichen Curatie erheben« Kurat hat auch Schule zu halten Tanas (anderer Teil der Gemeinde) 104 Lokalkaplanei Kirche St. Joachim und Anna Die Kommission schlägt in gegenseitigem Einvernehmen für den oberen Vinschgau 6 neue Lokalkaplaneien (Karthaus, Tanas, Trafoi, Schlinig, Langtaufers und Rojen) und 5 zu errichtende Kuratien (Schlanderser Sonnen- und Nördersberg, Tanas, Planeil, Spiss) vor. Die Vorschläge zu den Lokalkaplaneien finden im Ordinariatsgutachten außer für Langtaufers uneingeschränkte Unterstützung. 71 »Von dem Beneficium in Langtaufers muß noch beygemerket werden, daß die daselbstigen Jnnwohner durch ein zwo bis dreystündiges Thal und auf den anliegenden Bergen zerstreut liegen, in diesem Thal zwo Kirchen zwar vorhanden, die einte aber bereits anfangs, die andre Ends des Thals, woraus sich ergibt, daß falls nicht eine Curatiekirche gegen die Mitte des Thals errichtet oder auch noch ein zweyter Curatus zur ersten Kirche gesetzt werde, den Dürftigkeiten all dieser zerstreuten Jnnwohner nicht vollends abgeholfen werde.« 72 Obwohl Göflan lediglich eine Viertelstunde von der Pfarrkirche zu Schlanders 71 BAC, 880.01.01-005 [unvollständiges Ordinariatsgutachten]. 72 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8; siehe auch unten S. 167−169. 1 BAC, 880.01.01-003 [Schlanders, 1782 Dezember 17 / Protokoll], S. 11-21. 2 Stifthof, Platzlfeyrhof, Steinhof. <?page no="116"?> 116 entfernt liege und somit »eine Nothwendigkeit eines dahin zu bewilligenden Priesters schwerlich« zu rechtfertigen sei, so merkt das Churer Ordinariat ferner an, möge daran erinnert werden, dass dort »vor Zeiten wirklich eine Pfarrey« exisierte habe 73 , zudem »eine Kirche und Wohnung für den Priester vorhanden, auch noch mehrere daselbst auszuübende Pfarrverrichtungen übrig geblieben« seien. Deshalb unterstützte Chur den explizit von der Gemeinde Göflan geäußerten Wunsch 74 zur Beibehaltung des örtlichen Benefiziaten unter der Bedingung eines anständigen Gehalts. Nicht zuletzt diene dieser Geistliche für die Bewohner am Nördersberg als tatkräftige Hilfe in der Pastoral, insbesondere, falls dort eine eigene Kuratie nicht zustande kommen sollte. 75 Am Schluss des Ordinariatsgutachtens wird festgehalten, die Inhaber von Nebenbenefizien und/ oder Frühmesspfründen, falls zur Seelsorge tauglich, sollten »ohne Unterschied zur Beyhülfe in den seelsorgerlichen Verrichtungen gegen Ergänzung ihres Unterhalts« miteinbezogen werden. 76 Am 26. Dezember 1782 ergänzten Pfarrer Heiss und Kreishauptmann Triangi im Beisein des Aktuars Gasser in Meran die Liste noch mit einem weiteren, »für nöthig befundenen« Vorschlag: Die zum einen zur Pfarrei Partschins, zum anderen zur Pfarrei Naturns gehörenden zerstreuten Siedlungen am Sonnenberg mit 136 Seelen sollten zu einer Lokalkaplanei zusammengezogen werden; unweit des sog. Grubhofs wäre dann eine Kirche zu errichten; die Ergänzung fand seitens des Churer Ordinariats Zustimmung. 77 Entsprechend ergibt sich für das Dekanat Vinschgau Ende 1782 folgender erster Änderungsantrag: Unterer Vinschgau, Burggrafenamt, Passeiertal: 13 Lokalkaplaneien 4 Kuratien Oberer Vinschgau, inkl. Nauders: 6 Lokalkaplaneien 5 Kuratien Total neue Seelsorgestellen: 28 [19 Lokalkapleien / 9 Kuratien] Die Churer Durchsicht der Vorschläge aus dem Vinschgau förderte jedoch zutage, so Schlechtleutner in seinen Ausführungen, dass der Kommissionsbericht folgende existierenden Benefizien unberücksichtigt gelassen habe: das Benefizium in Goldrain (zu Latsch), in Kortsch (zu Schlanders), in Plawenn (zu Mals), in Prad (zu Agums), in Rabland (zu Partschins), in Reschen (zu Graun), in Tartsch (zu Mals) und beim Zollhaus zu Martinsbruck (zu Nauders). Plawenn und Martinsbruck seien im Status quo, also als einfache Benefizien ohne Seelsorgeauftrag, zu belassen, bei den anderen sechs möge darauf geachtet werden, dass künftig vor Ort an Sonn- und Feiertagen durch den Benefiziaten »förmliche catechetische oder moralische Frühepredigten« gehalten werden, damit diejenigen, »welche den Pfarrgottesdiensten nicht beywohnen können, des gehörigen Unterrichts nicht beraubt werden«. 78 Mit Datum vom 2. Juli 1783 genehmigte die geistliche Filialkommission in Tirol mit Sitz in Innsbruck 26 der 28 eingereichten Vorschläge für einen eigenen Seelsorger. Lediglich bei Quadrat 73 Joseph Ladurner bezeichnete St. Martin in Göflan als »die alte Mutterkirche (ecclesia baptismalis) aller Kirchen von Mittelvinschgau (von Tschengels bis Tschars)« [Karl Atz / Adalgott Schatz, Der deutsche Anteil des Bistums Trient. Topographisch-historisch-statistisch und archäologisch beschrieben und hrsg.), Bd. V: Das Dekanat Passeier und Schlanders, Bozen 1910, 67-69, hier 67. 74 Undatierte Abschrift des Bittgesuchs der Gemeinde Göflan an den Churer Bischof (eingegangen am 1. Februar 1783) in: TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. 75 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. 76 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. 77 BAC, 880.01.01-003 [1782 Dezember 26 / Protokoll], S. 21-22; BAC, 880.01.01-005 [unvollständiges Ordinariatsgutachten]. 78 BAC, 880.01.01-005 [unvollständiges Ordinariatsgutachten], S. 7b; TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 8. <?page no="117"?> 117 (Pfarrei Partschins) und Rojen (Pfarrei Graun) lehnte sie einen ortseigenen Geistlichen mit der Begründung ab, »die Anzahl der Seelen in diesen Ortschaften« sei nicht nur »sehr gering«, sondern es existiere - für Quadrat - auch keine Kirche. 79 Ferner genehmigte man die gezieltere Einbindung des Kooperators in Laas und die Umwandlung des einfachen Benefiziums in Eyrs in ein solches mit pastoralen Verpflichtungen vor Ort. 80 Auch die Umteilungen von Höfen und Siedlungen in andere näherliegende Pfarrsprengel fanden wohlwollende Zustimmung. 81 b) Unzureichende Vorschläge für das Pfarreieinrichtungsgeschäft im Dekanat Walgau (November 1782 / Januar bzw. März 1783) Auf die Ende Mai und wiederum im Oktober aus Innsbruck ergangenen Mahnungen 82 zur Übersendung der Vorschläge trafen sich in der zweiten Hälfte des Novembers 1782 Vogteiverwalter und Landrichter zu Rankweil, Philipp Gugger von Staudach, und der Dekan des Drusianischen Kapitels (1775-1795) 83 sowie amtierender Pfarrer in Tosters (1746-1784), Kanonikus Franz Xaver Joseph von Fröwis, in Feldkirch, um, wie es im Original überlieferten Protokoll heißt, auf der Grundlage der Direktivregeln im gegenseitigen Einvernehmen »das pfarr einrichtungs geschäft desto schleuniger und zuverläßiger zu stande zu bringen« 84 . Anhand der damaligen Aufzeichnung aus der Feder des Vogteiamtsaktuars Rederer und weiterer Notizen Fröwis, die der Dekan im Anschluss an eine zusätzliche Besprechung mit Gugger am 4. April 1783 in Feldkirch zu Papier gebracht hatte 85 , gibt sich folgende Zusammenstellung (ohne das Gebiet der Herrschaften Bludenz, Sonnenberg und Montafon): Pfarrei Statistische Angaben des Pfarrsprengels Erwünschte oder mögliche bzw. abgelehnte Veränderungen in der Pfarrzirkumskription Nr. Name Anzahl Geistliche Jährlicher Gehalt des Pfarrers (gerundet) Anzahl Häuser Anzahl Bewohner (Seelen) 1 Feldkirch 9 350 fl. 174 1090 --- 2 Altenstadt 2 260 fl. 161 1112 5 Häuser in die Stadtpfarrei Feldkirch integrieren 3 Klaus 1 500 fl. 74 343 --- 4 Tisis 1 [? ] 57 427 einige Häuser in die Pfarrei Tosters integrieren 79 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, Gutachten der geistlichen Filialkommission über die Pfarreinrichtung in Tirol, S. 105-112, hier S. 105-106 (Liste). S. 107 (Zitat). 80 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 109. 81 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 110-112. 82 Schreiben des Guberniums aus Innsbruck an das Kreisamt Feldkirch vom 31. Mai 1782, »wegen allenfälliger nöthiger Errichtung neuer Pfarreyen oder Caplaneyen abgeforderte Auskünfte von den untergeordneten Gehörden zu erstattende Berichte fordersamst einzusammeln« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). In derselben Schachtel konnte der Autor eine bereits auf den 13. Mai 1782 datierte »Haupt-Liste deren in dem Vogteiamtlichen District Feldkirch für nothwendig zu errichtende neuen Pfarreyen, Curatien und Kaplaneyen« aus der Kanzlei der Herrschaft Feldkirch ausfindig machen, worin Änderungen vorwiegend aufgrund der Wegdistanz bzw. topographischen und/ oder witterungsabhängigen Begebenheiten für folgende Orte genannt sind: Meschach, Altach und Oberbauen (beide zur Pfarrei Götzis), Göfis, Laterns, Dafins (zu Rankweil), Tosters, Tisis, Düns und Dünserberg (zu Schnifis) sowie Türtsch (zu Fontanella) [ebd.]. In der untenstehenden Tabelle von 1783 werden entsprechende Bemerkungen vom 13. Mai 1782 eingefügt. 83 Fliri, Drusianische Kapitel 26. 33. 84 BAC, 870.05.01-001 [1782 November 23, 27, 28 / Originalprotokoll mit zwei aufgedrückten Wachssiegel], S. 1-24, hier S. 1. 85 BAC, 870.05.01.007 [1783 April 4]. <?page no="118"?> 118 Pfarrei Statistische Angaben des Pfarrsprengels Erwünschte oder mögliche bzw. abgelehnte Veränderungen in der Pfarrzirkumskription Nr. Name Anzahl Geistliche Jährlicher Gehalt des Pfarrers (gerundet) Anzahl Häuser Anzahl Bewohner (Seelen) 5 Fraxern 1 250 fl. 57 293 Erwägungen, 4 Häuser in die Pfarrei Klaus zu integrieren (von Fröwis abgelehnt) 6 Göfis 1 600 fl. 120 822 Wunsch nach einem Kaplan 1 soll nicht entsprochen werden / ein Haus in die Stadtpfarrei Feldkirch integrieren 7 Götzis 1 270 fl. 332 davon: 28 93 1781 davon: 128 460 3 Häuser in Dufers könnten in die Pfarrei Göfis integriert werden. 2 Filialen Meschach 2 wünschenswerter ortsansässiger Kaplan nicht finanzierbar Altach mit Ober- und Unterbauen Lokalkaplanei wünschenswert Kommission äußert sich dazu negativ, v.a. Finanzierung zu unsicher, zudem Schwächung der Mutterkirche in Götzis 8 Laterns 1 230 fl. 114 525 37 hinter dem Tschuggentobel liegende Häuser, bei ev. Errichtung einer dortigen Lokalkaplanei 3 (inkl. Erbauung einer Kirche) Entschädigung der Mutterkirche Laterns sicherstellen 9 Koblach 1 250 fl. 87 440 --- 10 Meiningen 1 230 fl. 79 361 --- 11 Nofels 1 300 fl. 85 469 --- 12 Rankweil, Unsere Liebe Frau 4 650 fl. 459 davon: 68 18 27 2688 davon: 155 95 115 6 Filialen: Sulz Brederis Muntlix Batschuns Buchebrunnen Eine daselbst in Betracht gezogene Lokalkaplanei ist nicht nötig. Dafins Dafins weit entfernt von der Mutterpfarrei, daher Lokalkaplanei grundsätzlich sinnvoll, aber nicht finanzierbar <?page no="119"?> 119 Pfarrei Statistische Angaben des Pfarrsprengels Erwünschte oder mögliche bzw. abgelehnte Veränderungen in der Pfarrzirkumskription Nr. Name Anzahl Geistliche Jährlicher Gehalt des Pfarrers (gerundet) Anzahl Häuser Anzahl Bewohner (Seelen) 13 Rankweil, St. Peter 1 400 fl. 11 155 Pfarrei könnte vollständig in die Pfarrei U.L.F. integriert werden NEU: nur noch Sitz eines Lokalkaplans 14 Röthis 2 280 fl. 73 27 389 103 Zum Pfarrsprengel gehört das Minoritenkloster auf Viktorsberg: Patres für die Mithilfe in der Seelsorge freistellen. Bei ev. Aufhebung des Klosters wäre daselbst eine Lokalkaplanei sehr wünschenswert. 15 Übersaxen 1 230 fl. 49 263 --- 16 Tosters 1 300 fl. 49 264 --- 17 Weiler 1 280 fl. 49 237 --- 18 Satteins 1 [? ] 114 800 5 Häuser in die Pfarrei Übersaxen integrieren 19 Schlins 1 300 fl. 79 570 --- 20 Schnifis 1 350 fl. 97 16 12 693 92 51 dazu gehören: Dünserberg Schnifiserberg Beide Bergsiedlungen sind durch ein Tobel voneinander getrennt. Da in Düns bereits eine Kapelle existiert, könnte dort eine Lokalkaplanei 4 errichtet werden (von Fröwis grundsätzlich gutgeheißen), jedoch ist deren Finanzierung unrealistisch und wegen des Tobels v.a. für die Schnifiserseite keine Erleichterung. 21 Damüls 1 250 fl. 68 240 --- 22 Fontanella 1 250 fl. 72 333 108 Türtsch 5 --- TOTAL Anzahl behandelter Pfarreien Anzahl Geistliche Summe der jährlichen Gehälter Anzahl Häuser Anzahl Personen (Seelen) Anzahl wirklich realisierbarer Änderungen 22 35 [davon 22 Pfarrherren] 6‘530 fl. 2‘460 14‘295 11 Integration in Pfarreien 5 Lokalkaplaneien: realisierbar 2 wünschenswert, aber nicht finanzierbar 4 1 Die zerstreuten Häuser der Pfarrei Göfis mit 796 Seelen (Angabe vom 13. Mai 1782) bedingten einen relativ umständlichen Kirchgang: »Die Beschwerlichkeit, in die Mutterkirche zu kommen, ist besonder zur Winterszeit wegen Wasser, Schnee und Kälte sehr stark.« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 2 Die »Haupt-Liste« vom 13. Mai 1782 nennt für Meschach 28 bewohnte Häuser mit 133 Seelen und für Al- <?page no="120"?> 120 Die Auswertung des Protokolls fördert die Problematik der Finanzierbarkeit möglicher wie wünschenswerter Lokalkaplaneien zutage (so in Altach, Dafins, Düns und Meschach). Lediglich in St. Peter Rankweil und für die entfernt liegenden Siedlungen der Pfarrei Laterns schien die Realisierung einer Lokalkaplanei ohne größere Schwierigkeiten umsetzbar. Die Prüfung der eingereichten Vorschläge durch die Filialkommission in Innsbruck am 2. Juli 1783 unterstützte unter Bedingungen die Schaffung folgender neuer Seelsorgestellen: in Meschach, hinter dem Tschuggentobel für die vielen zerstreut liegenden Häuser der Pfarrei Laterns sowie in Dafins. Falls es zur Aufhebung des Franziskanerkonvents auf dem Viktorsberg kommen sollte, bejahte man die Errichtung einer Lokalkaplanei daselbst. 86 Für die künftige Führung der Pfarrei Tisis schlug die Kommission hingegen vor, statt der Benediktiner aus Ottobeuren, welche im Besitz des ehemaligen Johanniterpriorats in Feldkirch waren und daselbst wohnten, sollte ein Weltpriester präsentiert werden, der in einer noch zur Verfügung zu stellenden Wohnung neben der Kirche in Tisis Einsitz nehmen und aus den Einkünften des Priorats finanziert werden konnte. 87 Die bereits geäußerten Bedenken für die Schaffung einer Lokalkaplanei in Altach teilte die Stelle in Innsbruck; einzig »daß die Pfarre Götzis ziemlich zahlreich und daß die Gemeinde Altach ein beträchtliches Quantum zur Dotirung anerbiethet«, würden für die Errichtung sprechen. 88 Die Pfarrei St. Peter Rankweil sollte nicht zu einer Lokalkaplanei degradiert, sondern komplett aufgehoben und deren Einkünfte der Pfarrei Unserer Lieben Frau Rankweil zugeschoben werden zur Finanzierung eines Hilfsgeistlichen vor Ort oder der geplanten Lokalkaplanei in Dafins. 89 Für die pastorale Mithilfe in den Pfarreien Göfis und Schnifis (v.a. auf Dünser- und Schnifiserberg) sprach sich die Filialkommission für je einen Hilfsgeistlichen aus. 90 Schließlich notierte das Protokoll vom 2. Juli 1783 betreff Bangs, daselbst seien an Sonn- und Feiertagen keine »pfarrlichen Gottesdienste« mehr abzuhalten, sondern man möge diese in die ordentliche Pfarrkirche nach Nofels verlegen; die in Bangs zu applizierenden Messen waren künftig auf Wochentage zu fixieren. 91 86 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 135-139; zur Aufhebung siehe oben S. 83−86. 87 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 136-137. 88 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 138. 89 »Daß aber diese Pfarrey in eine Lokalkaplaney umgestaltet werden solle, wie das Ordinariat den Vorschlag macht, kann man dem Ordinariat nicht beyfallen, weil auf diese Art nur der Name verändert, in der Sache selbst aber die alte Verfassung beygelassen würde. Man wäre also der unmaßgeblichen Meynung, daß diese kleine Pfarrey eingezogen und die Einkünfte davon der sehr zahlreichen U. L. F. Pfarrkirche zu Rankweil zu Unterhaltung eines beständigen Hülfspriesters oder der neu zu errichtenden Lokalkaplaney zu Dafins zugewendet werden sollen.« [TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 143-144]. 90 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 140. 91 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 142-143. tach und Oberbauen 120 Haushaltungen mit 556 Seelen. Als Grund für eine Änderung wird angegeben: »Zur Winterszeit wegen häufigem Schnee und im Sommer bey starkem Regenwetter, Ergieß- und Austrettung des Rheinflusses, auch des Hauptbaches, Tiefe des Weegs und Wassers, ist der Zugang zur Mutterkirche [in Götzis] höchst beschwerlich und gefährlich.« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 3 Diese Häuser liegen »in einem wilden Thal« und »über eine Stunde von der Pfarrkirche entfernt«. Deshalb wird vermerkt: »Mit grosser gefahr und beschwerlichkeit ist der Zugang in die Mutterkirche besonders wegen vielen Wasser und zu Winterszeit der Schnee-Leyenen« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 4 Die Menschen in Düns und Dünserberg leben in zerstreut liegenden Häuser, etwa 1 bis 1 ½ Stunden von der Mutterkirche entfernt. Wegen »Höhe und Steile des Berges«, im Winter wegen der Schneemenge sei der Weg in die Pfarrkirche nach Schnifis »beschwerlich und gefährlich« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 5 Die in Türtsch lebenden 108 Personen (Angaben vom 13. Mai 1782) hätten »wegen einem Tobel und 3 Bergen« und »wegen Wasser und Schnee« einen beschwerlichen Weg zur Pfarrkirche Fontanella (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). <?page no="121"?> 121 Das zweite, ebenfalls als Original vorliegende Protokoll für die Gebiete Bludenz, Sonnenberg und Montafon wurde erst am 29. Januar 1783 in Schruns in Zusammenarbeit zwischen dem Provikar des Drusianischen Kapitels und Pfarrer zu St. Gallenkirch (1763-1810), Christian Lentsch, und dem Vogteiverwalter dieser Gebiete, Jakob Fidel Simeon von Buchberg, abgefasst und von Lentsch mit Datum vom 16. Februar an den bischöflichen Kanzler nach Chur spediert 92 , wo man schon länger auf die ausstehenden Unterlagen wartete, war doch am 15. Januar 1783 aus Innsbruck erneut ein Mahnschreiben beim Bischof eingegangen, welches »diesfällige Protokolle zu unserer der Sachen Beschleinigung ehethunlichst« eingefordert hatte. 93 Weil »die geschieden gehorsamste Befolgung durch andere wichtige Geschäfte gehindert worden« seien, hätte man erst im Kalenderjahr 1783 zusammenfinden können, um »nach weiser Erwägung der Lage der Orte und vorliegenden Directivregeln« Vorschläge auszuarbeiten. 94 Aufgrund der gebirgigen Topographie, welche von den jeweiligen Ortspfarrern bei einem Versehgang eine über einstündige Wegstrecke abverlangte, sei für folgende Pfarrsprengel die Errichtung einer Lokalkaplanei wünschenswert, »umso mehr, weil die zerstreuten Bewohner gedachter Ortschaften im Winter zu ihrer Mutterkirche durch Schnee und üble Wege mit größter Beschwerniß zu gehen haben und wegen weiter Entfernung an Sonn- und Feyertägen dem nachmittäglichen Gottesdienst als [= wie] Rosenkranz, Vesper und Kinderlehr unmöglich beykommen können« 95 . Pfarrei Bartholomäberg Lokalkaplanei für Vallün und Gantschier Pfarrei Bludenz Lokalkaplanei für Radin und Braz Pfarrei Frastanz Lokalkaplanei für Vallegater und Amerlügen Pfarrei Nenzing Lokalkaplanei für Latz und Gurtis Pfarrei Schruns Lokalkaplanei für Gamprätz und Gamplaschg Pfarrei St. Gallenkirch Lokalkaplanei für Winkel, Rüti, Gampaping und Gargellen Da jedoch die vorgegebenen Direktivregeln weder in Bezug auf die nötige Einwohnerzahl, noch die Nachweisbarkeit durch Dokumente auf einen früheren Seelsorger vor Ort greifen würden sowie kein Fundus zum Unterhalt eines Geistlichen zu präsentieren sei, so könne die Kommission »auf Errichtung einer neuen Pfarr- oder Localkaplaney kein Gutachten« ausstellen. Lentsch und Simeon von Buchberg betonten, es wäre aber von Nutzen, bei den sechs genannten weitläufigen Pfarrsprengeln wenigstens Kooperatoren einzustellen, die in den entfernten Siedlungen an Sonn- und Festtagen Katechese hielten und den Pfarrherren »in der sonstigen Seelsorge ohnentgeltlich beyzuspringen« verpflichtet würden - dies umso dringender, da die »ohne lästige recognition sich nicht gebrauchen lassenden Frühmessern« den Pfarrherren »aine gar schlechte Hilf« leisteten. 96 Auf dem Territorium der beiden Pfarrsprengel Nenzing und Frastanz gebe es Überlappungen, welchen man laut Direktivregeln begegnen wolle, doch die bestehenden Abmachungen verhinderten, an »eine andere Eintheilung zu denken«. 97 Fazit: Die Erwägungen aus Schruns ließen für das innere Dekanatsgebiet 92 BAC, 870.05.01-003 [1783 Februar 16, Januar 29 / Protokoll mit zwei Wachssiegeln]; ein mit Korrekturen versehener Entwurf liegt in: ADF, GA 2.1.3.3 [1783 Januar 23]; weiterer Entwurf in: VLA, Vogteiamt Bludenz 126/ 1533: Pfarreinrichtungsgeschäft, 1783. 93 Original in: BAC, 870.05.01-002 [1783 Januar 15]. Mit selbem Datum ging ein Schreiben aus Innsbruck an das Vogteiamt Bludenz (VLA, Vogteiamt Bludenz 126/ 1533: Pfarreinrichtungsgeschäft, 1783). - Bereits mit Datum vom 18. November 1782 hatte das Geistliche Offizium in Chur den Provikar und Pfarrer in St. Gallenkirch aufgefordert, in Absprache mit dem zuständigen Vogteiverwalter bald möglichst Vorschläge zur Pfarrregulierung in seinem Distrikt zu unterbreiten (Original mit Papiersiegel des Offiziums, signiert von Kanzler Georg Schlechtleutner, in: ADF, GA 2.1.3.2). 94 BAC, 870.05.01-003 [1783 Januar 29], S. 2. 95 BAC, 870.05.01-003 [1783 Januar 29], S. 3. 96 BAC, 870.05.01-003 [1783 Januar 29], S. 3-4. 97 BAC, 870.05.01-003 [1783 Januar 29], S. 4. <?page no="122"?> 122 keine Änderungen machbar scheinen; Haupthindernis war eine sichere finanzielle Fundierung der neu zu schaffenden Seelsorgeposten. Das nach Chur gesandte Exemplar dieser Ausführungen leitete man dort ans Gubernium nach Innsbruck weiter, dessen Präsident, Johann Gottfried Graf von Heister (1718-1800; Landeshauptmann von Tirol 1774-1786), über den Inhalt keinerlei Begeisterung zeigte, wie dies aus einem Brief vom 22. Februar 1783 an Bischof Franz Dionys von Rost deutlich zum Ausdruck kommt. 98 Das eingereichte Protokoll genüge »den allerhöchsten Absichten in keinen Stücken«. Auch wenn gemäß Direktivregeln keine Umsetzungen realisierbar scheinen, werde der Vogteiverwalter Simeon von Buchberg angewiesen, »dieses Geschäfte neuerlich und zwar vor all anderer Arbeit bey schwerer Verantwortung vorzunehmen, dabey aber nicht so viel auf die Zahl der Menschen, sondern auf die Local-Umstände und Nothwendigkeit der Anstellung eines eigenen Seelsorgers, besonders in ienen Orten, wo etwa schon eine Kirche vorhanden, den Bedacht zu nehmen, auch auf keine Verträge, sondern vorzüglich auf die bessere Bestellung der Seelsorge die Aufsicht zu tragen« 99 . Die überarbeitete Fassung sei innerhalb von vier Wochen einzureichen. Dem Bischof wurde nahegelegt, ebenso den zuständigen Provikar Lentsch zur tatkräftigen Mitarbeit aufzufordern. 100 98 Original in: BAC, 870.05.01-004 [1783 Februar 22]. 99 BAC, 870.05.01-004 [1783 Februar 22]. 100 BAC, 870.05.01-004 [1783 Februar 22]. - Mit Schreiben vom 12. März 1783 des Churer Geistlichen Offiziums an den Provikar Christian Lentsch wurde dieser angemahnt, zusammen mit dem Vogteiverwalter das erste Protokoll, welches »den allerhöchsten Absichten in keinen Stücken entspreche«, zu überarbeiten (Original mit Papiersiegel des Offiziums, Abb. 39: Johann Gottfried Graf von Heister (1718-1800) [ÖNB] <?page no="123"?> 123 Die Neufassung mit Vorschlägen des Vikariats Bludenz-Sonnenberg-Montafon trägt das Datum des 20. März 1783 101 , welche dann mit einem Begleitschreiben des Guberniums vom 2. April 1783 102 von Innsbruck zur Vernehmlassung nach Chur geschickt wurde. In Bludenz zusammengekommen, betonten Lentsch und Simeon von Buchberg, alle Benefiziaten und Frühmesser sollten, sofern tauglich, für den Katecheseunterricht in Schule und Kirche herangezogen werden; territorialbezogen legten sie gemäß Protokoll folgende neue Details vor: Gebiet Pfarrsprengel Orte / Siedlungen Vorschläge Montafon St. Gallenkirch Rüti 14 ganzjährig bewohnte Häuser (1 Std. von der Mutterkirche entfernt) kleine Kapelle vorhanden Lokalkaplanei wünschenswert (verbunden mit der Pflicht zum Schul- und Religionsunterricht) Bewohner seien jedoch »sehr mittellos«, zudem wohnten sie vor allem im Sommer auf den weit zerstreuten Alpen. Entscheid: Bei der Pfarrkirche ein 3. Benefizium errichten mit der Pflicht, an Sonn- und Feiertagen in Rütti Christenlehre zu halten. Bartholomäberg Innerberg (mit ca. 300 Seelen) Vallün beide Siedlungen über 1 Std. von der Mutterkirche entfent; im Winter gefährlicher Weg an beiden Orten wäre eine Lokalkaplanei nötig für die Stiftung liegen nur 1000 fl. vor Entscheid: Bei der Pfarrkirche ein 3. Benefizium errichten mit der Pflicht zur Mithilfe in der Schule und Katechese (das Pfarrgebiet zählt 4 Schulen) St. Antoni-Boden Entscheid: Siedlung in die Pfarrei St. Anton i. M. integrieren Gantschier Entscheid: Siedlung in die Pfarrei Schruns integrieren Bludenz Bludenz Braz außer dem Bach 300 Seelen 1 Std. von Bludenz entfernt Pfarrei Innerbraz liegt viel näher (1/ 4 Std.) Entscheid: Braz außer dem Bach in die Pfarrei Innerbraz integrieren St. Leonhard 208 Seelen 1 Std. von Bludenz entfernt Kirche vorhanden Entscheid: Die zerstreuten Siedlungen von Bings, Grubs, Radin und Gassünd zu St. Leonard zuordnen und mit einer Stiftung von 3000 fl. daselbst ein neues Benefizium [Lokalkaplanei] errichten. Sonnenberg Nenzing Frastanz Gurtis Kirche vorhanden Beide Pfarreiterritorien überschneiden sich. Die Orte Gampelün, Latz, Rungeletsch, Winkel, Halden (320 Seelen) und Gurtis (200 Seelen) sind jeweils über 1 Std. von den Pfarrkirchen entfernt. Entscheid: In Gurtis soll ein neues Benefizium [Lokalkaplanei] errichtet werden und die oben genannten Siedlungen dazugerechnet werden. signiert von Kanzler Georg Schlechtleutner, in: ADF, GA 2.1.3.4). 101 Original in: BAC, 870.05.01-005 [1783 März 20 / Protokoll mit zwei aufgedrückten Wachssiegeln versehen]; Entwurf des Protokolls in: VLA, Vogteiamt Bludenz 126/ 1533: Pfarreinrichtungsgeschäft, 1783. 102 Original in: BAC, 870.05.01-006 [1783 April 2]. <?page no="124"?> 124 Gebiet Pfarrsprengel Orte / Siedlungen Vorschläge Sonnenberg (Forts.) Dalaas Wald Kuratie 251 Seelen Entscheid: Die Kuratie Wald soll zu einer selbständigen Pfarrei erhoben werden (Gehaltserhöhung um 203 fl.). Stallehr Entscheid: Um die Reparationskosten von 3241 fl. 38 xr. am Benefiziatenhaus bezahlen zu können, beantragt die Kommission eine Gehaltserhöhung für den örtlichen Benefiziaten. Die Prüfung der Filialkommission in Innsbruck ergab laut Protokoll vom 2. Juli 1783 unterstützende Voten zur Schaffung von Lokalkaplaneien im Gebiet der Herrschaft Bludenz-Montafon-Sonnenberg in Rüti, Innerberg, Vallün, St. Leonhard und Gurtis. Die Orte Gampelün, Latz, Rungeletsch, Winkel und Halden sollten hingegen nicht mit Gurtis zusammengelegt werden, sondern eine eigene Kaplanei bilden. In Partenen (Pfarrei Gaschurn) und Mathon (Pfarrei Ischgl) waren die örtlichen Benefiziate zu ordentlichen Seelsorgepfründen aufzuwerten und damit auch zu Lokalkaplaneien zu erheben. 103 Ischgl hatte zudem um einen Hilfpriester zur Unterstützung der Seelsorge gebeten - nicht zuletzt in Platt. Die dort in Betracht gezogene Errichtung einer Lokalkaplanei, erachtete man in Innsbruck wegen der geringen Zahl an Gläubigen sowie des Fehlens von Kirche und Pfarrhof als wenig sinnvoll, beließ jedoch den Entscheid hierüber dem Kaiser. 104 In St. Gallenkirch befürwortete man die Anstellung eines dritten Priesters. Hingegen sah die Kommission keine Notwendigkeit für eine Erhebung der bestehenden Kuratie Wald zur selbständigen Pfarrei; lediglich »alle seelsorglichen Verrichtungen« seien ihr, falls noch nicht geschehen, einzuräumen. 105 In Gortipohl und Gargellen sollten die örtlichen Benefiziate regelmäßig Christenlehre halten. 106 Die oben vorgeschlagenen Umteilungen von Höfen und Siedlungen (St. Antoni-Boden, Gantschier und Braz außer dem Bach) fanden vor der Filialkommission ebenso Unterstützung. Zusätzlich sollten die im Pfarrgebiet von Nenzing gelegenen Siedlungen Motten, Mariex und Roßnis in die Pfarre Frastanz sowie der Hof Hintergant im Pfarrsprengel Braz in die Pfarrei Dalaas integriert werden. 107 Verglichen mit den ausgearbeiteten Vorschlägen aus dem Dekanat Vinschgau und dem vorderen Teil des Dekanats Walgau bleibt das letzte Protokoll, obwohl überarbeitet, weiter hinter den Anforderungen, die Joseph II. »seinem« Pfarreinrichtungsgeschäft zumaß und dieses zügig umzusetzen gedachte, zurück. Für das gesamte Territorium des Dekants ergeben sich folgende Änderungsanträge: Vorderer Walgau: 6 Lokalkaplaneien [4 durch Filialkommission] 5 Integrationen in andere bereits bestehende Pfarrsprengel Innerer Walgau: 1 Erhebung zur Pfarrei [von Filialkommission abgelehnt] 2 Lokalkaplaneien [6 durch Filialkommission (mit Partenen und Mathon 8)] 3 Integrationen in andere bereits bestehende Pfarrspengel 2 neue einfache Benefizien Total neue Seelsorgestellen: 11 [1 Pfarrei / 8 Lokalkaplaneien / 2 Benefiziem] Gesamttotal 108 : 39 [11 Dekanat Walgau / 28 Dekanat Vinschgau] 103 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 127-129. 104 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 133-134. 105 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 132. 106 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 131-132. 107 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5, S. 130-131. 108 Siehe die Angaben zum Dekanat Vinschgau, oben S. 116. <?page no="125"?> 125 Insgesamt, so kann die erste Phase 1782-1783 der Pfarrregulierung in den tirolischen und vorarlbergischen Anteilen des Bistums Chur zusammengefasst werden, waren die Arbeiten schleppend angegangen worden, mussten wiederholt angemahnt werden und kamen - insbesondere für den Walgau - über erste grundsätzliche Vorschläge nicht hinaus. Erst das arbeitsintensive Eingreifen eines bischöflichen Kanzlers in der Person Georg Schlechtleuntners 1784/ 85 schuf der Churer Lethargie Abhilfe und brachte die vom Kaiser erzwungene Lösungssuche zu einem konkreten Resultat, welches aber die fatalen Auswirkungen in Form der Kirchenschließungen im Vinschgau (1786) und Walgau (1788) nicht voraussehen konnte. Abb. 40: Letzte Seite des ersten in Schruns erstellten ungenügenden Protokolls vom 29. Januar 1783 durch Provikar Christian Lentsch und Vogteiverwalter Jakob Fidel Simeon von Buchberg [BAC] <?page no="126"?> 126 3. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer zweiten Phase: 1784-1785 a) Die Listen der »Beneficia simplicia« mit Angaben über deren Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit (1784) Bereits Mitte Juni 1782 hatte das Gubernium in Innsbruck beim Churer Bischof eine Liste aller einfachen Benefizien ohne Seelsorgeverpflichtungen, welche im Vinschgau und Walgau auszumachen waren, eingefordert und dieses Begehren im September des gleichen Jahres, leicht modifiziert, wiederholt. 109 Die Hofresolution vom 16. Januar 1784 an das Gubernium in Innsbruck betonte ferner, bei dem »eben in Werke begriffenen Pfarr-Einrichtungs-Geschäft« habe die Landesstelle »auch die Hauptrücksicht auf die hie und da auf dem Lande oder an kleineren Orten befindliche[n] Beneficiatos simplices« zu nehmen, »weil die Absicht dahin gehet, diesen Geistlichen künftighin die Seelsorge zu übertragen und derley Beneficia in curata zu verwandeln«. 110 Mit einem Begleitschreiben von Rosts vom 14. April 1784, welches sowohl in einem Entwurf aus der Feder des bischöflichen Kanzlers Georg Schlechtleutners als auch in einer Abschrift vorliegt 111 , entsprach das Churer Ordinariat mit großer Verspätung der kaiserlichen Forderung. Die am 23. April 1784 nach Innsbruck spedierte Sendung enthielt die von Schlechtleutner zusammengestellten beiden »Verzeichnisse der im Bisthum Chur vorarlbergischen und Tyorlichen Antheils befindlichen simplen Beneficien« 112 mit Hinweisen auf deren Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit. Im erwähnten Schreiben betont der Bischof: »Wir haben unter diesen Beneficien auch jene, die meistens in Nebenorten bestehenden [Pfründen], [welche] zwar in gewissen Fällen die heiligen Sacramente auszutheilen, etwa auch catechetischen Unterricht oder einige Predigten etc. abzuhalten verbunden und sohin in diesem [Sinne] Curatbeneficien sind, doch die ordentliche allgemeine Seelsorge nicht auf sich haben, mit Bewertung dessen namhaft gemacht und nur jene beiseite gelassen, die ihre Herde ganz zu besorgen haben.« 113 Unter der Angabe über die Tauglichkeit zur Seelsorge verstand das Ordinariat lediglich, »daß diese Beneficiaten zum Beichtstuhl und Predigen etc. früher oder später gutgeheissen werden, ohne daß wir zugleich versichern können, daß sie ihren Leibeskräften oder übrigen Eigenschaften nach wirklich Curatien oder Pfarreyen allein zu versehen« im Stande wären; hierfür benötigte man »eine eigene Untersuchung und Prüfung«, die mehr Zeit in Anspruch nehme. 114 Dieser Hinweis macht einerseits die Schwierigkeiten des Churer Ordinariats offenkundig, aufgrund fehlender oder nur mangelhaft vorliegender Kenntnisse eine korrekte Beurteilung über pastorale Fähigkeiten seines Klerus vorlegen zu können. Andererseits versuchte man mit dieser Taktik manch einen Priester vor der Hand des Staates zu schützen, welche für die Seelsorge ungeeignete Geistliche aus dem Verkehr ziehen wollte. Vor dem Hintergrund der kaiserlichen Vorgaben aus dem Jahre 1782 sah sich Kanzler Schlechtleutner dennoch gezwungen, in den beiden 109 Siehe oben S. 104. 110 TLA, Jüngeres Guberniumn, o. ö. Kammer-Kopialbücher, Geschäft von Hof (Hofresolutionen) 1784-1797, Band 1545: Hofresolutionen 1784, fol. 44 v-46 r [1784 Januar 16], hier fol. 45 v. 111 Entwurf in: BAC, 880.01.04-001 [1784 April 14]; Abschrift in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 10-12. 112 BAC, 880.01.03 [»Verzeichniß der im Bisthum Chur Tyrolischern Antheils befindlichen simplen Beneficien, ihrer Patronatsrechte, wirklichen Beneficiaten, ihrer Tauglichkeit zur Seelsorge, Nothwendigkeit«] - darin finden auch die im Kommissionsbericht von 1782 noch vergessenen 8 Benefizien (siehe oben S. 116) gebührende Erwähnung; BAC, 870.05.04-001 [»Verzeichniß der im Bisthum Chur vorarlbergischen Antheils Herrschaft Feldkirch befindlichen simplen Beneficien, ihrer Patronatsrechte, wirklichen Beneficiaten, ihrer Tauglichkeit zur Seelsorge, Nothwendigkeit]; BAC, 870.05.04-002 [»Verzeichniß der im Bisthum Chur vorarlbergischen Antheils Herrschaft Bludenz, Sonnenberg und Montafon befindlichen simplen Beneficien, ihrer Patronatsrechte, wirklichen Beneficiaten, sichrer Tauglichkeit zur Seelsorge, Nothwendigkeit«]. 113 Zitiert nach der Abschrift in: BAC, 762.18 [1784 April 18], S. 10-11. 114 BAC, 762.18 [1784 April 18], S. 11. <?page no="127"?> 127 Listen zu den Beneficia simplicia im Vinschgau und Walgau Vermerke anzubringen, welche die eine oder andere solche Pfründe als entbehrlich kennzeichnete und damit dem Staat die Möglichkeit zu einer Liqidierung bzw. Einziehung der Pfrundgelder und -güter zuhanden des Religionsfonds bot. Nachstehend werden die nach Innsbruck eingereichten Aufzeichnungen des bischöflichen Kanzlers in tabellarischer Form aufgeführt sowie seine Hinweise über Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums mit Farbe gekennzeichnet. 115 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Agums Frühmessbenefizium in Prad Gemeinde Prad Joseph Mayr [44-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr Agums enthält 917 Seelen, von welchen in dem Nebendorf Prad 586 wohnen, welches zwar unweit des Pfarrortes ist, doch disen Beneficiaten umso erwünschlicher oder nöthiger hat, als Pfarrer keinen Cooperator und einen nicht unbeträchtlichen Theil seiner übrigen Pfarrkinder zerschiedentlich auch beträchtlich auf den Bergen entfernet hat.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 2] Burgeis unvollständige Frühmessstiftung -- Die Frühmesse wird von einem Pater der Benediktinerabtei Marienberg gehalten. --- Dorf Tirol Frühmessbenefizium in Dorf Tirol Anwalt, Dorfmeister und Ältester- Ausschuss Jakob Veith [35-jährig] zur Seelsorge tauglich »Sind 1544 Seelen in diser Pfarr gehörig - ein nicht unbeträchtlicher Theil dessen auch zerschiedentlich [= unterschiedlich weit von der Pfarrkirche] entfernt. Der Beneficiat wird sohin als nothwendig, wenigst sehr erwünschlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 2] Benefizium in Kapelle auf Schloss Tirol Landesfürst Georg Falt [66-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Verrichtungen dises Benficiaten bestehen nur in Ablesung einiger Messen in der Schloßkapell und wird selber zu entsetzen seyn.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 2] Frühmessbenefizium in Riffian investierter Pfarrer zu Meran - Ältester der Familie Lachardtinger - die Ortsgemeinde Riffian (alternierend) Sebastian Haller [44-jährig] [Provisor] zur Seelsorge tauglich »In dem Ort Riffian ist ein eigener Curatus vorhanden, der alle pfarrlichen Verrichtungen zu besorgen hat. [Die Gemeinde] zählt 614 Seelen, von deren ein nicht unbeträchtlicher Theil zerschiedentlich, auch weit entfernt ist. Würde für dise Entfernten theils durch andre Eintheilung, theils durch Errichtung eigener Curatkaplaney gesorget, könnte dises Frühmessbeneficium im Orte entbehret werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 3] 115 Blau = Benefizium notwendig bzw. unentbehrlich; grün = Erhaltung des Benefiziums wünschenswert; rot = Benefizium kann aufgehoben werden. <?page no="128"?> 128 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Glurns, Stadt Frühmessbenefizium Bürgerschaft der Stadt Glurns Joseph Wonetha [56-jähirg] zur Seelsorge tauglich »Enthält 709 Seelen, die zwar bereits alle beisammen in der Stadt wohnen. Der Pfarrer hat keinen Cooperator. Dises Beneficium wird sohin als nothwendig, wenigst sehr erwünschlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 2] Kaplanei der Hl. Dreifaltigkeit- Bruderschaft [ein Manualbenefizium] Bruderschaft Joseph Frank [39-jährig] zur Seelsorge tauglich »Kann entbehret werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 2] Graun Frühmessbenefizium Gemeinde Graun Martin Patscheider [61-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr hat 1759 Seelen, von denen, wenn auch eine oder andere Localkaplaney errichtet wird, noch immer der beträchtlichere Theil bey der Hauptpfarr zu verbleiben haben wird. Der Ortspfarrer hat keinen Cooperator; wird dise Frühmeß für unentbehrlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] Benefizium in Langtaufers [unvollständig dotiert] Gemeinde Langtaufers Joseph Eller [60-jährig] zur Seelsorge tauglich »Hat im Nothfall und auch einige ordentliche seelsorgerische Verrichtungen auf sich - sohin den Curatbeneficien beyzuzählen und unentbehrlich.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] Benefizium in Reschen [unvollständig dotiert] Gemeinde Reschen Johann Georg Lechtaler [61-jährig] zur Seelsorge tauglich »Ist zwar nur eine halbe Stund von der Pfarr entfernt, enthält aber ohne der näher dahin gelegenen einzelnen Höfe 357 Seelen - wird wenigst sehr erwünschlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] Haid Frühmessbenefizium Männlicher Zweig der Familie Beer vakant »Enthält 624 Seelen, von denen ein beträchtlicher Theil zerschiedentlich entfernet ist. Kein andrer Priester neben dem Pfarrer ist vorhanden. Wird dies Beneficium für nöthig erachtet.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Laas Frühmessbenefizium Gemeinde Laas Franz Anton Eisner [52-jährig] zur Seelsorge tauglich »Hat 948 Seelen, von welchen ein Theil zerschiedentlich zerstreuet ist; wird sohin für nothwenig gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 3] Laatsch Frühmessbenefizium Gemeinde Laatsch Leonhard Thurin [35-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die pfarr hat 539 Seelen, die größten theils beysammen wohnen. Das Benefizium kann sohin nicht als unentbehrlich, wohl aber erwünschlich, weil kein andrer Priester neben dem Pfarrer vorhanden, angegeben werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Latsch Spitalbenefizium in Latsch Adel und Gemeine von Latsch vakant »Das Spittalbeneficium im Orte ist ein für das Spittal ein förmliches Curatbeneficium.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 2] <?page no="129"?> 129 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Latsch [Forts.] Frühmessbenefizium in Latsch [auf dem Bichel] Adel und Gemeine von Latsch Joseph Anton Putz [64-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die pfarr Latsch enthält bey 3000 Seelen, von denen grosser Theil in Nebendörfern und auch sonst zerstreut, zerschiedentlich entfernet wohnen.« »Die Entbehrlichkeit der Beneficiaten im Hauptorte wird davon abzuhangen haben, welche Abänderung überhaupt in diser Pfarr vorgenommen und sohin die Besorgung derselben erleichtert wird.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 2] Montanische Benefizium Grafen von Hendl Matthäus Mayr [57-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die in den Nebendörfern bestehenden Beneficiaten haben alle seelsorgerische Verrichtungen mehr oder weniger aus Schuldigkeit oder Üblichkeit auf sich und können sohin den Curatbeneficiaten beygezählet werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 2] Benefizium St. Martin am Kofl Gemeinde St. Martin am Kofl Johann Franz Blaas [57-jährig] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Morter Gemeinde Morter Matthäus Plazer [33-jähirg] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Tarsch Gemeinde Tarsch Johannes Chrysostomus Lanpacher [63-jährig] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Goldrain [unvollständig dotiert] Gemeinde Goldrain Christian Ortler [60-jährig] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Marein Gemeinde Marein und Latschinig Franz Raggl [47-jährig] zur Seelsorge tauglich Lichtenberg Kaplanei der Hl. Dreifaltigkeit- Bruderschaft Bruderschaft Franz Mathui [67-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr enthält 424 Seelen, von welchen bey circa 150 zerschiedentlich zerstreut und entfernet sind. Kein andrer Priester ist vorhanden, welches einen Localbeneficiaten wenigst erwünschlich macht.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] <?page no="130"?> 130 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Mals Frühmessbenefizium Bürgerschaft von Mals Johann Anton Moritsch [67-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr enthält 1505 Seelen, von welchen 861 in dem Marktflecken selbst wohnen. Das Beneficium wird für nothwendig, wenigst für sehr erwünschlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 1] Benefizium 14-Nothelfer Erben der Familie Greisemann Mathias Leonhard Veith [37-jährig] zur Seelsorge tauglich »Kann entbehret werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 1] Kaplanei der Hl. Dreifaltigkeit -Bruderschaft Bruderschaft Balthasar Schguanin [63-jährig] zur Seelsorge tauglich »Kann entbehret werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 1] Benefizium in Tartsch Gemeinde Tartsch Thomas Meinrad Romanin [55-jährig] zur Seelsorge tauglich »Diese 3 Beneficiaten sind im Nothfall und auch mit einigen ordentlichen seelsorgerischen Verrichtungen beladen und können sohin den Curatbeneficien beygerechnet werden.« »Werden alle besonders in Rücksicht des Jugendunterrichts, die letzten zwey auch wegen zwostündiger Entfernung von der pfarrkirche, für nothwendig gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 2] Benefizium in Planeil [unvollständig dotiert] Gemeinde Planeil Anton Steck [48-jährig] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Plawenn Gemeinde Plawenn und Familie von Plawenn mit seinen Erben (alternierend) Joseph Mayr [40-jährig] zur Seelsorge tauglich Martell Frühmessbenefizium Gemeinde Martell Joseph Plazer [39-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr enthält 719 Seelen, die in rauchen und wilden Orten zerstreuet sind. Der Beneficiat wird sohin als nothwendig angesehen.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 3] Matsch Frühmessbenefizium Graf Trapp, Churburg Nicolaus Sprenger [36-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr hat 593 Seelen, von denen eine beträchtliche Zahl zerschiedentlich entfernet und zerstreuet ist. Ist zugleich ein abgelegener und raucher Ort; kein andrer Priester neben dem Pfarrer vorhanden. Wird sohin als nothwendig angesehen.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 1] <?page no="131"?> 131 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Meran, Stadt Benefizium der Schmidbruderschaft Bruderschaft oder Schmidmeisterzunft Joseph Gläzl [68-jährig] zur Seelsorge tauglich »Diese in der Stadt Meran vorfindige Beneficiaten können nicht alle als unentbehrlich angegeben werden. Sind auch 4 Bruderschaftbeneficien dabey, die nun mehr aufgehoben sind. Indessen zählt die Stadtpfarr Meran 2200 Seelen; hat immer einen starken Zufluß von benachbarten Ortschaften.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 1] Benefizium der Rosenkranzbruderschaft Bruderschaft Johannes Dominikus Wenter [68-jährig] zur Seelsorge tauglich Benefizium der Corpus-Christi- Bruderschaft Ortspfarrer, drei Deputierte aus dem Adel und Stadtmagistrat Johann Mathias Walser [38-jährig] zur Seelsorge tauglich Lachardtingersche Benefizium Ältester der Familie Lachardtinger [bei Tod des letzten männlichen Vertreters auf weiblicher Zweig übergehend] Nicolaus Patscheider [46-jährig] zur Seelsorge tauglich Schmidhofersche Benefizium Stadtrat von Meran Anton Gluderer [60-jährig] zur Seelsorge tauglich Hl. Kreuz- Benefizium und Urbanibruderschaft Vorsteher der Bruderschaft Joseph Plazer [39-jährig] zur Seelsorge tauglich »Der Beneficiat zum Hl. Kreuz ist wirklich mit dem Christenlehr-Verrichten in der Normalschule beladen, welcher Umstand billige Rücksichten verdienen.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 1] St. Leonhard- Benefizium Landesfürst Joseph Florin Lutz [30-jährig] zur Seelsorge tauglich »Das Beneficium zu St. Leonhard ist für Siechen und andre mit ansteckenden Gepesten und der Entfernung bedürftiger Personen, welche es zu besorgen hat etc., ein gänzliches Curatbeneficium.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 1-2] Zöttlsche Benefizium Familie Veith und nach deren Aussterben Pfarrer und weltliche Pfarrverwalter zu Meran Johann Valentin Wolff [79-jährig] zur Seelsorge tauglich --- Nauders [gehörte zum Dekanat Engadin] Frühmessbenefizium Gemeinde Nauders Matthias Josch [28-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr Nauders enthält 1395 Seelen, von denen 1046 im Hauptorte sind. Wird als nothwendig angesehen.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] Benefizium in Martinsbruck Landesfürst Johann Paul Dietl [67-jährig] zur Seelsorge tauglich »für die Zollamtpersonen nothwendig« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] Benefizium in Spiss [unvollständig dotiert] Gemeinde Spiss vakant »Hat die meisten seelsorgerischen Verrichtungen auf sich und sohin den Curatbeneficien beyzuzählen; ist unentbehrlich.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 4] <?page no="132"?> 132 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Partschins Frühmessbenefizium Landesfürst Christoph Felix von Sprung [48-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr enthält 1274 Seelen, von denen ein beträchtlicher Theil zerschiedentlich zerstreut und entfernet ist. Könnte für die Entfernten durch Errichtung neuer Curatkaplaneyen gesorget werden, würde dises Beneficium im Orte zu entbehren seyn, weil der Pfarrer ohnehin ein oder zwey Cooperatoren unterhält.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 1] Benefizium in Rabland Gemeinde und Pfarrer von Partschins Christian Disner [48-jährig] zur Seelsorge tauglich »Ist hauptsächlich zum Unterricht der Jugend und für Fuhrleute und Vorbeyreisende um eine frühzeitige Meß zu haben; vor wenigen Jahren zu Ranck gekommen und erwünschlich im Orte.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 1] Schlanders Spitalbenefizium Gemeinde Schlanders Mathias Pilser [49-jährig] zur Seelsorge tauglich »Da dise Pfarr sehr vielschichtig ist und 2906 Seelen zählt, werden alle dise Priester als unentbehrlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 3] Schulbenefizium Adel und Gemeine von Schlanders Franz Xaver Lung [36-jährig] zur Seelsorge tauglich Frühmessbenefizium in Kortsch Gemeinde Kortsch Michael Schuster [39-jährig] zur Seelsorge tauglich Schleis Frühmessbenefizium [neu gestiftet und dotiert] Gemeinde Schleis noch unbesetzt »Die Pfarrey enthält nur 309 Seelen, die auch meistens beysammen wohnen. Weil sich aber die Gemeinde sehr viel darum beworben und beygestiftet hat, scheint sie Rücksicht zu verdienen.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Schluderns Frühmessbenefizium Graf Trapp, Churburg Johann Manguart [49-jährig] zur Seelsorge tauglich »Ist zugleich Kaplan des Schloß Churburg. Die Pfarr enthält 753 Seelen, von denen ein Theil zerschiedentlich entfernet ist. Wird für nothwendig gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 4] Kaplanei St. Maria Unbefleckte Empfängnis Bischof von Chur (mit gewissen Einschränkungen) Andreas Kloz [76-jährig] zur Seelsorge tauglich »Könnte im Ort entbehret werden.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 4] Kaplanei der Hl. Dreifaltigkeit- Bruderschaft Bruderschaft Luzius Lutz [39-jährig] zur Seelsorge tauglich »entbehrlich« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 4] St. Martin in Passeier Frühmessbenefizium Grafen von Fuchs gegenwärtig ein Pater aus der Benediktinerabtei Marienberg »Die Pfarrey enthät 1944 Seelen, die größtentheils zerstreut und zerschiedentlich sehr entfernt sind. Da für einige diser entfernten Pfarrangehörigen andre Vorsorgen und Eintheilung sehr erwünschlich ist, wird sich aus dem und was hierwegen zu Ranck kommen wird, die Entbehrlichkeit dises Beneficiaten ergeben.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt I, S. 3] <?page no="133"?> 133 Einfache Benefizien im tyrolischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Vinschgau [mit Nauders]) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Stilfs Frühmessbenefizium Bischof von Chur und die Gemeinde Stilfs (alternierend) Petrus Thöni [29-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr Stilfs enthält 1003 Seelen in den rauchsten Gebirgen sehr zerstreut und entfernet, wird sohin für unentbehrlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Benefizium in Sulden Gemeinde Sulden Mathias Höllrigl [38-jährig] zur Seelsorge tauglich »Hat die meisten seelsorgerischen Verrichtungen auf sich und [ist] sohin den Curatbeneficien beyzuzählen. Ist unentbehrlich.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Stiftung in Trafoi --- Sebastian Theiner [74-jährig] zur Seelsorge tauglich »Ist wegen 2 bis 3 stündiger Entfernung von der Pfarrkirche und raucher Gegend ein ordentlicher Localkaplan nothwendig.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Taufers Frühmessbenefizium Gemeinde Taufers Johann Walser [37-jährig] zur Seelsorge tauglich »Die Pfarr Taufers enthält 734 Seelen, deren ein nicht unbeträchtlicher Theil zerschiedentlich entfernt ist. Kein Priester ist neben dem Pfarrer vorhanden. Wird sohin dises Beneficium als nöthig gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt III, S. 3] Tschengls Frühmessbenefizium Inhaber des Schlosses Tschenglsburg Simon Schwarz [57-jährig] zur Seelsorge tauglich »Hat 783 Seelen, von welchen der grössere Theil zerschiedentlich entfernet, auch zerstreuet ist. Kein anderer Priester neben dem Pfarrer findet sich im Pfarrort vor. Wird sohin, wenn auch Tanas zu einer gänzlichen Curatie erhoben wird, wo nicht nothwenig, doch erwünschlich seyn.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 3] Benefizium in Eyrs [unvollständig dotiert] Gemeinde Eyrs David Tuggler [57-jährig] zur Seelsorge tauglich »Ayrs liegt an der Landstrasse, hat 228 Inwohner. Der Beneficiat [ist gehalten], auch im nothfall die heiligen Sacramente auszutheilen, wird sohin und besonders auch des catholischen Unterrichts der jugend wenigst sehr erwünschlich gehalten.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 4] Benefizium in Tanas Gemeinde Tanas Johann Höllrigl [46-jährig] zur Seelsorge tauglich »Hat zerschiedene seelsorgerische Verrichtungen auf sich und ist den andern Curatbeneficien beygerechnet worden, ist überhaupt unentbehrlich.« [BAC, 880.01.03 Doppelblatt II, S. 4] Von den 58 aufgeführten einfachen geistlichen Pfründen im Dekanat Vinschgau beurteilte Georg Schlechtleutner 28, z. T. zu den Kuratbenefizien gerechnet, als notwendig oder gar unentbehrlich (48,3 % [blau]), 10 waren immerhin (sehr) wünschenswert (17,2 % [grün]) und für 18 stellte er eine <?page no="134"?> 134 mögliche Aufhebung offen in Diskussion (31 % [rot]) 116 ; einzig 2 - das Zöttlsche-Benefizium und das ungenügend dotierte Frühmessbenefizium in Burgeis - blieben ohne nähere Angaben (3,5-%). 116 Betroffen waren die Pfarreien Meran, Dorf Tirol, St. Martin in Passeier, Partschins, Latsch, Schluderns, Mals, Glurns und Schleis; dabei handelte es sich um Bruderschafts- oder Frühmessbenefizien. Abb. 41: Auszug aus dem Verzeichnis über einfache Benefizien im Dekanat Vinschgau, erstellt von Kanzler Georg Schlechtleutner 1784 (hier mit Angaben zu Tirol-Meran und St. Martin in Passeier) [BAC] <?page no="135"?> 135 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Feldkirch) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Altenstadt Frühmessbenefizium Gemeinde Altenstadt Franz Heinrich Küng [40 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Altenstadt hat 1’112 Seelen (Einwohner) und neben dem Pfarrer keinen anderen Priester als den Frühmessbenefiziaten. »Es wird sohin als unentbehrlich gehalten.« Feldkirch, Stadt Herren-Benefizium (stets mit der Pfarrei Tosters verbunden) Magistrat der Stadt Feldkirch vakant --- Benefizium der Heiligen Apostel Magistrat der Stadt Feldkirch Ignaz Bayer [65 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich --- Benefizium Unserer Lieben Frau Magistrat der Stadt Feldkirch Nicolaus Fridl [42 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich zugleich Präfekt am örtlichen Gymnasium Dieses Benefizium wird lediglich als ein »Manualbeneficium« bezeichnet und ist dem Lehrer der ersten lateinischen Klasse am Gymnasium zur Verbesserung seines Unterhalts beigegeben. Benefizium zum Hl. Kreuz Magistrat der Stadt Feldkirch Magnus Fischer [58 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich --- Benefizium der Hl. Dreifaltigkeit und Magdalena Magistrat der Stadt Feldkirch Ignatius Adegoll [42 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Von den Benefiziaten könnte zur Verbesserung des katechetischen Unterrichts in der Volksschule ein weiterer zugeteilt werden. Benefizium des hl. Leonhard Magistrat der Stadt Feldkirch Michael Fröwis [71 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich --- Hl. Geist-Benefizium Magistrat der Stadt Feldkirch Alois Weinzierl [52 Jahre alt] zur Seelsorge untauglich --- »Zehnermess«-Benefizium Magistrat der Stadt Feldkirch Alois Eberle [ohne Altersangabe] seelsorgerliche Verrichtungen bislang niemals ausgeübt Manual-Benefizium Benefiziat wirkt als Lehrer am Gymnasium. Generell zu den aufgezählten Benefizien in Feldkirch: ■ »Diese Beneficiaten können nicht alle als unentbehrlich im Ort angegeben werden.« ■ Die Einkünfte der Benefiziaten besteht aus einem Teil der gestifteten Jahrzeitmessen (mit Anwesenheitspflicht aller Benefiziaten) ■ Von den benachbarten Ortschaften besucht ein beträchtlicher Teil die Messen der Benefiziaten. ■ Deshalb »scheinen alle diese Umstände billige Rücksicht zu verdienen«. Götzis Frühmessbenefizium 1 Landesfürst Joseph Fleisch [65 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Götzis hat 2’150 Seelen, von denen 1’100 allein im Hauptort wohnen. Neben dem Pfarrer gibt es außer dem Frühmessbenefiziaten keinen anderen Priester; er ist also unentbehrlich. <?page no="136"?> 136 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Feldkirch) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Rankweil Frühmessbenefizium Landesfürst Michael Häusle [40 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich --- Beichtiger-Benefizium Ortspfarrer Franz Joseph Schneider [63 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich --- Morserische-Benefizium Ortspfarrer, Beichtiger und 3 weitere Personen Johann Georg Morser [35 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Benefizium ist erst gestiftet worden, aber noch nicht vom Bischof bestätigt. Der Benefiziat-Provisor hält Katechese an der deutschen Schule und dort unentbehrlich. Allgemeiner Hinweise: ■ Die Pfarrei Rankweil zählt 2688 Seelen und wird zudem von Fremden stark besucht; hat sechs Nebendörfer (Gemeinden). Die vorhandenen Geistlichen werden entsprechend alle als »unentbehrlich« bezeichnet. Röthis Frühmessbenefizium Landesfürst Chrysostomus Nitsch [48 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Röthis, bei 500 Seelen, hat neben dem Pfarrer keinen anderen Priester vor Ort als den Frühmessbenefiziaten; dieser wird deshalb »als nothwendig, wenigst sehr erwünschlich gehalten«. Satteins Frühmessbenefizium Landesfürst vakant Die Pfarrei hat mit 800 Seelen neben dem Pfarrer keinen anderen Geistlichen als den Frühmessbenefiziaten; dieser wird deshalb »als nothwendig angesehen«. 2 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Bludenz, Sonnenberg und Montafon) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Bartholomäberg Frühmessbenefizium Gemeinde Bartholomäberg Anton Tschofen [41 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Bartholomäberg hat 1‘600 Seelen, die größtenteils an einem Berghang zerstreut und in von der Ortskirche unterschiedlich entfernten Siedlungen wohnen. Da neben dem Pfarrer kein anderer Priester vor Ort ist, sei »die Unentbehrlichkeit dieses Benefiziaten« offenkundig. 1 Akten zur Frühmesspfrund in Götzis in: VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55. 2 Alle in kursiver Schrift geführten Zitate sind entnommen aus Georg Schlechtleutners Niederschrift, in: BAC, 870.05.04-001. <?page no="137"?> 137 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Bludenz, Sonnenberg und Montafon) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Bludenz, Stadt Benefizium Unserer Lieben Frau Landesfürst Johann Baptist Ebenhoch [69 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich ■ Die Pfarrei Bludenz zählt 1‘500 Seelen, von denen mehr als die Hälfte in zerstreuten Siedlungen wohnen. ■ Die Einkünfte des Pfarrers gestatten ihm nicht die Anstellung eines eigenen Kooperators. ■ Die gegenwärtige Priesterschaft wird dem entsprechend als »nothwendig« angesehen, vor allem wenn einem dieser Benefiziaten der katechetische Unterricht in der örtlichen deutschen Schule auferlegt wird. Frühmessbenefizium Magistrat der Stadt Bludenz Johann Joseph Eble [57 Jahre alt] Hl. Dreifaltigkeit- Benefizium Magistrat der Stadt Bludenz Franz Fidel Küng [28 Jahre alt] Betreut den katechetischen Unterricht. Benefizium in Stallehr Landesfürst Martin Andreas Lorenzi [27 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich hat mehrere seelsorgerliche Verrichtungen auf sich und scheint somit den sog. Kuratbenefizien beizurechnen. Braz Frühmessbenefizium Gemeinde Braz Michael Andreas Zech [36 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Braz hat nur ca. 400 Seelen, welche aber größtenteils in zerstreuten Siedlungen wohnen, wo kein anderer Priester vor Ort ist. Der Benefiziat wird, wenn auch »nicht ganz unentbehrlich«, so doch als »sehr erwünschlich« gehalten. Bürs Frühmessbenefizium Gemeinde Bürs / Churer Dompropst (alternierend) Johann Stephan Ludescher [33 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Bürs hat 493 Seelen; davon wohnen die meisten im Dorf. Da neben dem Pfarrer kein anderer Priester vorhanden ist, wird der Benefiziat »wenigst als sehr erwünschlich angesehen«. Dalaas Frühmessbenefizium Gemeinde Dalaas Leonhard Zimmermann [35 Jahr alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Dalaas hat 725 Seelen, welche in zerstreuten Siedlungen wohnen. Sie kann neben dem Pfarrer mit einem Benefiziaten »vergnüglich« versehen werden, besonders da ein Teil der Pfarrbevölkerung in Wald mit einem eigenen Seelsorger wohnt. Hl. Kreuz-Benefizium Landesfürst Christian Sartori [66 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Benefizium in Wald Gemeinde Wald Franz Xaver Lew [32 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Hat mehrere seelsorgerliche Verpflichtungen auf sich und kann den Kurat- Benefizien zugerechnet werden. Frastanz Frühmessbenefizium Gemeinde Frastanz und Ortspfarrer Franz Joseph Beck [70 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Frastanz hat 1‘000 Seelen, wovon Dreiviertel in mehr oder weniger entfernten Siedlungen wohnen. Benefiziat ist deshalb unentbehrlich. Gaschurn Frühmessbenefizium Gemeinde Gaschurn Franz Tschofen [55 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Gaschurn hat 1‘110 Seelen; diese wohnen im Tal als auch am Berghang in zerstreuten Siedlungen. Der Benefiziat ist deshalb »unentbehrlich«. Benefizium in Partenen Bewohner von Partenen Anton Franz Rüdigier [58 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Hat mehrere seelsorgerliche Verpflichtungen; der Inhaber ist den Kurat-Benefizien zuzurechnen. <?page no="138"?> 138 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Bludenz, Sonnenberg und Montafon) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Klösterle Frühmessbenefizium Verwandte des Stifters, danach die Gemeinde Christian Tscholl [34 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Klösterle hat 340 Seelen, welche zu einem beträchtlichen Teil in zerstreuten Siedlungen wohnen, wo kein anderer Priester zugegen ist. Der Benefiziat wird, »wo nicht unentbehrlich, doch erwünschlich angesehen«. Nenzing Frühmessbenefizium Gemeinde Nenzing Valentin Eberle [35 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Nenzing zählt über 1‘600 Seelen, von welchen etwa 900 im Hauptort, die übrigen in zerstreuten Siedlungen wohnen. Benefiziat ist deshalb unentbehrlich. Nüziders Frühmessbenefizium Gemeinde Nüziders Johann Christoph Spalt [45 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Nüziders hat 561 Seelen, wovon in entfernteren Siedlungen wohnen, wo kein Priester vor Ort ist. Der Benefiziat wird deshalb »als nothwendig, oder wenigst sehr erwünschlich gehalten«. Schruns Frühmessbenefizium Gemeinde Schruns Anton Reck [31 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei zählt 1‘180 Seelen, wovon ein beträchtlicher Teil in zerstreuten Siedlungen wohnt. Da neben dem Pfarrer kein anderer Priester vor Ort ist, sei »die Unentbehrlichkeit« des Benefiziaten offenkundig. Silbertal Frühmessbenefizium Gemeinde Silbertal Johann Trenkwälder, Pfarrprovisor [34 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Silbertal zählt 560 Seelen, die aber durch das Tal und zwei Bergzüge zerteilt ist und entsprechend in zerstreuten Siedlungen wohnen. Da neben dem Pfarrer kein anderer Priester da ist, ist der Benefiziat notwendig. St. Gallenkirch Frühmessbenefizium Gemeinde St. Gallenkirch / Churer Dompropst (alternierend) Adam Paal [60 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei hat 1‘436 Seelen, welche alle im Tal und am Berghang in zerstreuten Siedlungen wohnen, was die »Unentbehrlichkeit« des Benefiziaten nach sich zieht. Benefizium in Gortipohl Gemeinde St. Gallenkirch / Churer Dompropst (alternierend) Johann Rüdigier [59 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Ist mit mehreren seelsorgerlichen Verpflichtungen beladen und kann den Kurat-Benefizien zugerechnet werden. Benefizium in Gargellen [unvollständig dotiert] Bewohner von Gargellen vakant Manual-Benefizium In diesem Ort wohnen durch das ganze Jahr hindurch nur wenige Personen, in der Sommerzeit aber eine beträchtliche Anzahl. Die Entfernung von der Pfarrkirche beträgt 2 Stunden Fußmarsch. Deswegen ist vor Ort ein Priester nötig. <?page no="139"?> 139 Einfache Benefizien im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur (Dekanat Walgau: Herrschaft Bludenz, Sonnenberg und Montafon) [in alphabetischer Abfolge der Pfarreien] Ort / Pfarrei Name des Benefiziums Inhaber des Patronatsrechts Name des Benefiziaten [Alter] Bemerkungen zur Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit des Benefiziums Tschagguns Frühmessbenefizium [unvollständig dotiert] Gemeinde Tschagguns Johann Hochenauer [76 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Tschagguns zählt 1‘030 Seelen, welche alle an drei Berghängen und im Tal in zerstreuten Siedlungen wohnen. Die beiden Benefizien sind deshalb als »nothwenig« anzusehen. Mittelmess- Benefizium Gemeinde Tschagguns Anton Martin [33 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Beichtiger-Benefizium --- --- Plan zu einem dritten Benefiziaten; das Benefizium muss erst noch von den jährlichen Zinsen wachsen, um einen Benefiziaten zu erhalten. Dieses geplante Benefizium ist »entbehrlich«. Vandans Frühmessbenefizium [noch unvollständig dotiert] Gemeinde Vandans Johann Andreas Blank [45 Jahre alt] zur Seelsorge tauglich Die Pfarrei Vandans hat 765 Seelen, die alle mehr oder weniger in zerstreuten Siedlungen wohnen. Da neben dem Ortspfarrer kein anderer Priester da ist, wird der Benefiziat »als nothwenig, wenigst sehr erwünschlich gehalten«. 1 Für das Dekanat Walgau errechnete der bischöfliche Kanzler insgesamt 40 einfache Benefizien ohne eigentlichen Seelsorgeauftrag; davon bezeichnete er 23 als notwendig bzw. unentbehrlich für die Pastoral vor Ort (57,5 % [blau], bei 15 war seiner Ansicht nach die Erhaltung (sehr) wünschenswert (37,5 % [grün]), nur gerade für 2 Benefizien (Hl. Kreuz-Benefizium in Dalaas und Beichtiger- Benefizium in Tschagguns) sah er die Möglichkeit einer Aufhebung (5 % [rot]). Total registrierte der arbeitsame bischöfliche Kanzler für den tirolisch-vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur 98 Beneficia simplicia (Vinschgau: 58 / Walgau: 40). Von den zwei nicht konkret eingestuften Benefizien (2,1 %) abgesehen, bezeichnete er 51 (52 %) als unentbehrlich und notwendig, 25 (25,5 %) als durchaus wünschenswert, für 20 (20,4 %) war eine Aufhebung möglich. b) Die Verzeichnisse über den Stand der Pfarrsprengel, Geistlichen und Gläubigen (1784) Am 6. Mai 1784 erreichte den Churer Bischof aus Innsbruck ein weiteres Mahnschreiben aus der Amtsstube des Guberniums vom 24. April, worin »die annoch abgängige Pfarr- und Familien Beschreibungen von dem Oesterreichischen Antheil der Churer-Dioeces« umgehend eingefordert wurden. Anhand einer beigelegten Mustertabelle hatte das Ordinariat »nach den bestehenden Ruralkapiteln und Dekanaten« sämtliche Pfarreien, deren Filialkirchen, die dazugehörigen Ortschaften mit Angaben der Entfernung zur Mutterkirche (Wegstunde) zusammenzustellen, zusätzlich die genaue Häuserzahl der oft zerstreut liegenden Siedlungen und die Katholikenzahl (Seelen) anzugeben. 117 Die umfangreichen, am 22. Mai 1784 nach Innsbruck eingesandten Tabellen zum Dekanat Vinsch- 117 Original in: BAC, 870.05.02-001 [1784 April 24 / mit Beiblatt einer Mustertabelle]. 1 Alle kursiv gesetzten Zitate entnommen aus: BAC, 870.05.04-002. <?page no="140"?> 140 gau 118 und Walgau 119 sind uns je in einer Entwurffassung und in Reinschrift erhalten; sie stammen ohne Ausnahme aus der Feder des Kanzlers Schlechtleutner. In alphabetischer Reihenfolge der Pfarreien im unteren und oberen Vikariat des Dekanats Vinschgau wurden vom bischöflichen Kanzler folgende Angaben gemacht: Dekanat Vinschgau: Unteres Vikariat Name der Pfarrei / Kuratie Anzahl vermerkter Kirchen Anzahl vermerkter Benefizien Anzahl Geistliche Anzahl Familien Anzahl Personen (Seelen) Algund Pfarrei St. Hippolyt 1 Pfarrkirche 6 Kapellen 1 (aufgehobenes) Kloster 1 Pfarrer [Pfr] 1 Kooperator [Ko] 1 Supernumerarius 3 263 1‘653 118 BAC, 880.01.02-001 bis 007 [Verzeichnis der Pfarreien im unteren und oberen Vinschgau / Entwürfe]; BAC, 880.01.02-008 [Verzeichnis Dekanat Vinschgau: Unteres Vikariat / Reinschrift]; BAC, 880.01.02-009 [Verzeichnis Dekanat Vinschgau: Oberes Vikariat / Reinschrift]. Zusammenstellungen (Vorlage: Reinschrift) in: Anhang, Quellentext Nr. 5, unten S. 283-288 / Anhang, Quellentext Nr. 6, unten S. 289-295. 119 BAC, 870.05.03.001-007 [Verzeichnis der Pfarreien im äußeren und inneren Walgau / Entwürfe von 1782]; BAC, 870.05.03-008 [Verzeichnis der Pfarreien im äußeren Walgau / Reinschrift]; BAC, 870.05.03-009 [Verzeichnis der Pfarreien im inneren Walgau / Reinschrift]. Zusammenstellungen (Vorlage: Reinschrift) in: Anhang, Quellentext Nr. 7, unten S. 296-300 / Anhang, Quellentext Nr. 8, unten S. 301-305. Abb. 42: Auszug aus dem Verzeichnis über einfache Benefizien im Dekanat Walgau, erstellt von Kanzler Georg Schlechtleutner 1784 (hier mit Angaben zu Feldkirch, Altenstadt, Rankweil und Röthis) [BAC] <?page no="141"?> 141 Dekanat Vinschgau: Unteres Vikariat Dorf Tirol Pfarrei St. Johannes d.T. 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Kooperator 1 Frühmesser [Fr] 1 Benefiziat [Be]* 4 169 844 Katharinaberg Kuratie St. Katharina [zu Naturns] 1 Kuratiekirche 1 Kurat [Ku] 1 82 442 Kuens Pfarrei St. Mauritius 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 34 223 Latsch Pfarrei St. Peter u. Paul 1 Pfarrkirche 5 Filialkirchen 10 Kapellen / Nebenkirchen 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 1 Frühmesser* 1 Kurat (Spitalkirche) 7 Benefiziate 12 561 3‘000 Martell Pfarrei St. Walburga 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 164 719 Meran Stadtpfarrei St. Nikolaus [eigentlich zu Dorf Tirol] 1 Pfarrkirche 11 Kapellen / Nebenkirchen 2 Klöster (davon 1 aufgehoben) 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 8 Benefiziate [7*] 11 287 2‘204 Naturns Pfarrei St. Zeno 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 5 Kapellen 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 3 250 1‘458 Partschins Pfarrei St. Peter u. Paul 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 1 Frühmesser* 1 Benefiziat 5 219 1‘274 Pfelders Kuratie St. Jakob [zu St. Peter-Gratsch] 1 Kuratiekirche 1 Kurat 1 Kooperator 2 24 200 Platt Kuratie St. Ursula [zu St. Martin in Passeier] 1 Kuratiekirche 1 Kurat 1 Kooperator 2 114 440 Plaus Pfarrei St. Ulrich 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 29 150 Riffian Kuratie Maria Dolorosa [zu Dorf Tirol] 1 Kuratiekirche 1 Kapelle 1 Kurat 1 Kooperator 1 Frühmesser* 3 105 644 Schnals Pfarrei St. Maria 1 Pfarrkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Kooperator 2 108 682 St. Martin in Passeier Pfarrei St. Martin 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 1 Frühmesser* 4 309 1‘944 St. Peter-Gratsch Pfarrei St. Peter 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 Kooperator 2 48 356 <?page no="142"?> 142 Dekanat Vinschgau: Unteres Vikariat Tschars Pfarrei St. Martin 1 Pfarrkirche 6 Kapellen 1 Pfarrer 2 Kooperatoren 3 356 1‘505 Vent im Ötztal Kuratie St. Jakob [zu Schnals] 1 Kuratiekirche 1 Kurat 1 13 90 *Die mit einem Stern gekennzeichneten einfachen Benefizien konnten aufgehoben werden (vgl. S.-127-133). TOTAL im Stichjahr 1784 Pfarreien Kuratien Filialen Nebenkirchen u. Kapellen Klöster Geistliche Familien Personen (Seelen) Pfr 13 Ku 6 Ko 20 Fr 6 Be 17 13 6 9 45 3 [2] 62 3‘135 17‘828 Dekanat Vinschgau: Oberes Vikariat Name der Pfarrei / Kuratie Anzahl vermerkter Kirchen Anzahl vermerkter Benefizien Anzahl Geistliche Anzahl Familien Anzahl Personen (Seelen) Agums Pfarrei St. Georg 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 180 917 Burgeis Pfarrei St. Maria Geburt 1 Pfarrkirche 6 Kapellen / Nebenkirchen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 166 825 Glurns Stadtpfarrei St. Pankratius 1 Pfarrkirche 7 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 1 Benefiziat* 3 122 709 Graun Pfarrei St. Katharina 1 Pfarrkirche 3 Filialkirchen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate 4 428 1‘759 Haid Pfarrei St. Valentin 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 126 624 Laas Pfarrei St. Johannes d.T. 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 5 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 231 948 Laatsch Pfarrei St. Luzius 1 Pfarrkirche 3 Kapellen / Nebenkirchen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 129 539 Lichtenberg Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit 1 Pfarrkirche 3 Kapellen 1 Pfarrer 1 Benefiziat 2 89 424 Mals Pfarrei St. Maria 1 Pfarrkirche 5 Filialkirchen 8 Kapellen / Nebenkirchen 1 Kapuzinerhospiz 1 Pfarrer 1 Kooperator 1 Frühmesser 5 Benefiziate [2*] 8 309 1‘505 Matsch Pfarrei St. Florinus 1 Pfarrkirche 3 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 91 593 Müstair Pfarrei St. Johannes d.T. Von der josephinischen Pfarreiregulierung nicht betroffen [Angaben fehlen]. <?page no="143"?> 143 Dekanat Vinschgau: Oberes Vikariat Nauders Pfarrei St. Valentin [zum Dekanat Engadin] 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 7 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate 4 369 1‘395 Schlanders Pfarrei St. Maria 1 Pfarrkirche 3 Filialkirchen 9 Kapellen / Nebenkirchen 1 Kloster 1 Pfarrer 1 Kooperator 1 Frühmesser 2 Benefiziate 5 619 2‘906 Schleis Pfarrei St. Laurentius 1 Pfarrkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser* 2 67 309 Schlinig Pfarrei St. Stephanus 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 1 Pfarrer 1 27 183 Schluderns Pfarrei St. Katharina 1 Pfarrkirche 3 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate* 4 144 753 Sta. Maria im Münstertal Pfarrei St. Maria Von der josephinischen Pfarreiregulierung nicht betroffen [Angaben fehlen]. Stilfs Pfarrei St. Ulrich 1 Pfarrkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser 1 Benefiziat 3 170 900 Sulden Kuratie St. Gertrud 1 Kuratiekirche 1 Kurat 1 19 103 Taufers Pfarrei St. Blasius 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 5 Kapellen / Nebenkirchen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 78 734 Tschengls Pfarrei St. Maria Geburt 1 Pfarrkirche 3 Filialkirchen 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate 4 174 783 *Die mit einem Stern gekennzeichneten einfachen Benefizien konnten aufgehoben werden (vgl. S.-127-133). TOTAL im Stichjahr 1784 Pfarreien Kuratien Filialen Nebenkirchen u. Kapellen Klöster Geistliche Familien Personen (Seelen) Pfr 18 Ku 1 Ko 2 Fr 16 Be 18 19 [20] 1 22 66 2 55 3‘538 16‘909 Im Dekanat Vinschgau registrierte Schlechtleutner im Stichjahr 1784 korrekt insgesamt 32 Pfarreien (Nauders nicht mitgezählt, obwohl tirolisch zum Dekanat Engadin gehörend) 120 , 7 Kuratien, 31 Filialen und 111 Kapellen bzw. Nebenkirchen, benannte 5 Klöster (davon 2 aufgehoben) und 1 Wallfahrtskirche. Bei der Anzahl der Kuratien unterlief ihm ein Fehler: Die ortsansässigen Seelsorger in Marein und St. Martin am Kofl (beide zur Pfarrei Latsch gehörig) bezeichnet er als Benefiziate, obwohl Marein seit 1749 und St. Martin am Kofl eigentlich schon seit 1529 Kuratien waren, ebenso bildete Tanas (zu Tschengls) 1784 bereits eine Kuratie. 121 Die Zahl der Geistlichkeit 120 Siehe oben S. 32-f. 121 Siehe im Anhang, Quellentext Nr. 5, unten S. 288; Anhang, Quellentext Nr. 6, unten S. 290; vgl. ebenso oben S.-32-f. <?page no="144"?> 144 belief sich gemäß seiner Angaben auf total 117, wovon 60 (22 Frühmesser und 35 einfache Benefiziate nicht eingerechnet) aktiv in der Pastoral wirkten und auf dem gesamten Territorum 34‘737 Katholiken betreuten. In alphabetischer Abfolge der Pfarreien im äußeren und inneren Vikariat des vorarlbergischen Dekanats Walgau lieferte Georg Schelchtleutner sodann folgende Angaben nach Innsbruck: Dekanat Walgau: Äußeres Vikariat Name der Pfarrei Anzahl vermerkter Kirchen Anzahl vermerkter Benefizien Anzahl Geistliche Anzahl Familien Anzahl Personen (Seelen) Altenstadt Pfarrei St. Pankratius 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 2 Kapellen 1 Kloster 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 204 1‘204 Damüls Pfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 60 231 Feldkirch Stadtpfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 6 Kapellen 2 Klöster 1 Pfarrer 1 Kooperator 8 Benefiziate 3 Patres OSB [Pa] 13 254 1‘080 Fontanella Pfarrei St. Sebastian und Martin 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 79 414 Fraxern Pfarrei St. Jakobus d.Ä. 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 60 272 Göfis Pfarrei St Luzius 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 157 796 Götzis Pfarrei St. Ulrich 1 Pfarrkirche 4 Filialkirchen 1 Wallfahrtskirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 423 2‘150 Klaus Pfarrei St. Agatha 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 85 372 Koblach Pfarrei St. Sebastian und Kilian 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 93 437 Laterns Pfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 1 Pfarrer 1 121 616 Meiningen Pfarrei St. Agatha 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 79 378 Nofels Pfarrei Mariae Heimsuchung 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 95 443 Rankweil Pfarrei Mariae Heimsuchung 1 Pfarr- und Wallfahrtskirche 5 Filialkirchen 1 Pfarrer 1 Kooperator 1 Frühmesser 2 Benefiziate 5 551 2‘649 Rankweil Pfarrei St. Peter 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 11 53 Röthis Pfarrei St. Martin 1 Pfarrkirche 1 Kloster 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 120 521 Satteins Pfarrei St. Georg 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser (vakant) 2 148 773 <?page no="145"?> 145 Dekanat Walgau: Äußeres Vikariat Schlins Pfarrei Mariae Unbefleckte Empfängnis 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 119 529 Schnifis Pfarrei St. Johannes d.T. 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 169 831 Tisis Pfarrei St. Michael 1 Pfarrkirche 4 Kapellen 1 Pfarrer OSB [siehe Feldkirch] --- 104 509 Tosters Pfarrei St. Cornelius und Cyprian 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 [vakant] 49 263 Übersaxen Pfarrei St. Bartholomäus 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 60 274 Weiler Pfarrei Allerheiligen 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 50 249 TOTAL im Stichjahr 1782 Pfarreien Kuratien Filialen Nebenkirchen u. Kapellen Klöster / Wallfahrtskirche Geistliche Familien Personen (Seelen) Pfr 22 Pa 2 Ko 2 Fr 5 Be 10 22 0 20 15 4 / 1 41 3‘091 15‘044 Dekanat Walgau: Inneres Vikariat Name der Pfarrei / Kuratie Anzahl vermerkter Kirchen Anzahl vermerkter Benefizien Anzahl Geistliche Anzahl Familien Anzahl Personen (Seelen) Bartholomäberg Pfarrei St. Bartholomäus 1 Pfarrkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 378 1‘671 Bludenz Stadtpfarrei St. Laurentius 1 Pfarrkirche 4 Kapellen 1 Kloster 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate 4 295 1‘253 Brand Pfarrei Mariae Aufnahme in den Himmel 1 Pfarrkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 50 290 Braz Pfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 87 400 Bürs Pfarrei St. Martin 1 Pfarrkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 112 493 Bürserberg Pfarrei St. Joseph 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 64 319 Dalaas Pfarrei St. Oswald 1 Pfarrkirche 1 Nebenkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 1 Benefiziat* 3 132 496 Frastanz Pfarrei St. Sulpitius 1 Pfarrkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 216 1‘002 Galtür Pfarrei St. Maria 1 Pfarrkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 80 400 Gaschurn Pfarrei St. Michael 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Kapelle 1 Pfarrer 1 Frühmesser 1 Benefiziat 3 230 1‘110 Ischgl Pfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 4 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 1 Benefiziat 3 179 886 <?page no="146"?> 146 Dekanat Walgau: Inneres Vikariat Klösterle Pfarrei St. Johannes d.T. 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 84 340 Nenzing Pfarrei St. Mauritius 1 Pfarrkirche 4 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 340 1‘621 Nüziders Pfarrei St. Viktor 1 Pfarrkirche 1 alte Pfarrkirche 2 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 127 561 Schruns Pfarrei St. Jodokus 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 343 1‘180 Silbertal Pfarrei St. Nikolaus 1 Pfarrkirche 1 Filialkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 130 560 St. Anton im Montafon Pfarrei St. Antonius 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 19 99 St. Gallenkirch Pfarrei St. Gallus 1 Pfarrkirche 2 Filialkirchen 3 Kapellen 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 Benefiziate 4 348 1‘436 Stallehr Kuratie St. Maria [zu Bludenz] 1 Kuratiekirche 2 Kapellen 1 Kurat 1 56 249 Stuben Pfarrei St. Maria 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 20 107 Tschagguns Pfarrei St. Ulrich 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 2 Benefiziate [davon 1*] 3 251 1‘030 Vandans Pfarrei St. Johannes d.T. 1 Pfarrkirche 1 Pfarrer 1 Frühmesser 2 173 765 Wald Kuratie St. Anna [zu Dalaas] 1 Kuratiekirche 1 Kurat 1 52 229 *Die mit einem Stern gekennzeichneten einfachen Benefizien konnten aufgehoben werden (vgl. S. 137, 139). TOTAL im Stichjahr 1782 Pfarreien Kuratien Filialen Nebenkirchen u. Kapellen Klöster Geistliche Familien Personen (Seelen) Pfr 21 Ku 2 Ko 0 Fr 16 Be 9 21 2 6 29 1 48 3‘679 16‘097 Die Angaben zu den Pfarreien auf dem Territorium des Dekanats Walgau, wie sie von Georg Schlechtleutner am 22. Mai 1784 nach Innsbruck gesandt wurden, scheinen - sieht man von den 7 Pfarreien des Fürstentums Liechtenstein ab - unvollständig. Es fehlen Angaben zu 8 Pfarreien in den Herrschaften St. Gerold und Blumenegg: also zu St. Gerold, Blons (beide inkorporiert in die Benediktinerabtei Einsiedeln), Bludesch, Buchboden, Ludesch, Raggal, Sonntag und Thüringen. Doch Blumenegg war, daran sei erinnert, bis 1804 eine freie Reichsherrschaft 122 - die Herren von Blumenegg Inhaber eines Reichslehens; das Gebiet lag also außerhalb des Einflussbereichs Josephs II. Der Kanzler führt demnach korrekt total 43 Pfarrsprengel und 2 Kuratien (Stallehr und Wald) auf. Dazu kommen 26 Filialen, 44 Nebenkirchen und Kapellen sowie 5 Klöster und 1 Wallfahrtskirche (St. Arbogast, Götzis). In den genannten Pfarreien wohnten 6‘770 Familien, insgesamt 31‘141 122 Siehe oben S. 38. <?page no="147"?> 147 Katholiken (Seelen). Diese Gläubigen wurden von 47 aktiv in der Pastoral stehenden Geistlichen (43 Pfarrer, 2 Kooperatoren und 2 Kuraten) betreut; daneben zählte man noch 21 Frühmesser und 19 Benefiziaten. Die Gesamtauswertung des 1784 nach Innsbruck eingereichten Zahlenmaterials ergibt für beide Dekanate folgendes Bild: Gesamtbestand Dekanate Vinschgau und Walgau Stand 1784 Dekanat Pfarreien bzw. Pfarrkirchen Kuratien Filialen Kapellen, Nebenkirchen Klöster Wallfahrtskirchen Geistliche Familien Personen Vinschgau * 1 33 7 31 111 5 1 117 6‘673 34‘737 Walgau * 2 43 2 26 44 5 1 89 6‘770 31‘141 76 9 57 155 10 2 206 Pfr. 74 Ko 24 Fr 43 Be 54 Ku 9 Pa 2 13‘443 65‘878 c) Weisungen aus Wien und Innsbruck zum konkreten Vorgehen in der Pfarrregulierung in Tirol und Vorarlberg (1785) Nach Eingang aller eingeforderten Verzeichnisse, welche »mit den allseitigen Äusserungen der geistlichen und weltlichen Behörden« dem Kaiser zur Einsichtnahme vorgelegt worden waren, schritt Wien Anfang 1785 zur Umsetzung des Pfarreinrichtungsgeschäfts in Tirol und Vorarlberg. In einer ausführlichen Hofresolution 123 , unterzeichnet von Leopold Graf von Kolowrat und Freiherr von Gebler, erhielt das Gubernium in Innsbruck Weisungen zum konkreten Vorgehen. Auf zwei »Hauptgegenstände« wurde das Augenmerk gelegt: [1.] auf die Effizienzsteigerung in der Seelsorge durch neu zu errichtende Stellen, verbunden mit Umteilungen von Gemeinden bzw. einzelnen Siedlungen, sowie [2.] auf die personelle Regulierung in den noch bestehenden Klöstern. Ein von der Geistlichen Hofkommission genehmigtes »Verzeichnis derjenigen Ortschaften in Tyrol und dem Vorarlbergischen« 124 führt alle Ortschaften (mit Angabe der Seelenzahl) auf, welche entweder zu einem selbständigen Pfarrsprengel, zur Lokalkaplanei oder zu einer Expositur in Abhängigkeit von nächstliegender Pfarrei erhoben werden sollten. Im österreichischen Anteil des Bistums Chur, welcher nach dem ausdrücklichen Willen Josephs II. dem neu zu errichtenden Bistum Bregenz einverleibt werden sollte 125 , verzeichnete man im Burggrafenamt und Vinschgau 123 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 2 [1785 Januar 22]; Wortlaut wiedergegeben im Anhang, Quellentext Nr. 9, siehe unten S. 306-314. 124 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 1 [»Verzeichnis derjenigen Ortschaften in Tyrol und dem Vorarlbergischen, in welchen nach Anleitung der allerhöchst vorgeschriebenen Directivregeln ein eigener Seelsorger in der Eigenschaft eines Pfarrers oder Lokalkaplans anzustellen ist.«]. 125 Zur Diözesanregulierung ausführlich unten S. 233-256. *1 Mit Nauders (tirolisch, aber eigentlich zum Dekanat Engadin gehörend) eingerechnet. *2 Es fehlt das Zahlenmaterial für 15 Pfarreien (Fürstentum Liechtenstein, Herrschaften St. Gerold und Blumenegg) [siehe Hinweis oben]. <?page no="148"?> 148 (neue, vom Staat vorgenommene kirchliche Einteilung: Dekanat Algund bzw. Glurns, später Meran bzw. Schluderns) 15 Ortschaften, in den Bezirken Bludenz und Feldkirch (neu als Dekanat St.-Gallenkirch bzw. Feldkirch bezeichnet) lediglich deren 6. 126 Die Hofresolution vom 22. Januar 1785 räumte jedoch ein, dass »ein oder anderer in sothanem Verzeichniss nicht bemerkter Ort« 127 nach Rücksprache mit dem zuständigen Kreisamt und dem Dekan einer bereits bestehenden oder neu zu errichtenden Expositur einverleibt werden könne. Wichtig sei es, die definitive Zuteilung den Gemeinden mitzuteilen, »damit eine jede von ihnen wisse, in welche Pfarre sie künfftig gehören werde« 128 . Kreisämter und Churer Bistumsleitung hatten insgesamt 39 Änderungsvorschläge eingebracht: für das Dekanat Vinschgau 28, für das Dekanat Walgau 11. 129 Als Hauptgrund für die nur mehr 21 bewilligten neuen Seelsorgeposten, von denen einzig Saltaus als Lokalkaplanei vorgesehen war, alle anderen entgegen der eingereichten Vorschläge als Exposituren im Abhängigkeitsverhältnis zum nächstliegenden Pfarrherr belassen wurden, wird in der Resolution ungeschminkt die prekäre Situation des Religionsfonds genannt: »die Umstände des Fundi« würden es »derzeit nicht gestatten, noch mehrern Gemeinden, bey welchen die Anstellung eines Lokalsselsorgers erwünschlich wäre, sothune Hilfe gleich jetzt zuzuwenden«. 130 Kaiser Joseph II. wünsche, dass die Umsetzung der in der Tabelle 126 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 1 [Verzeichnis]. 127 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 1. 128 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 5. 129 Siehe oben S. 124. 130 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 1. Abb. 43: Auszug aus dem Verzeichnis der Ortschaften in Tirol und Vorarlberg, wo ein eigener Seelsorger (als Pfarrer, Lokalkaplan oder Expositus) eingesetzt werden sollte, hier: Burggrafenamt und Vinschgau [TLA] <?page no="149"?> 149 angegebenen Regulierung in Zusammenarbeit zwischen den Gubernien, den bischöflichen Ordinariaten sowie den Kreisämtern und Dekanen zügig an die Hand genommen werde. Bei der Besetzung der Stellen durch Geistliche sollten (gemäß Angaben im genannten Verzeichnis) auf Tauglichkeit hin geprüfte Regularkleriker oder Weltpriester eingesetzt werden. Das Gubernium habe insbesondere den Regularen aus bereits aufgehobenen Klöstern den Vorzug zu geben, »um mit ihrer Anstellung den fundum von Abreichung der Pensionen zu entbehren und sie selbst für den Staat und die Religion nützlich zu verwenden« 131 . Weltgeistliche auf neu geschaffenen Seelsorgeposten bezogen künftig aus dem Religionsfonds ein jährliches Gehalt von 400 Gulden (für Pfarrer), 300 Gulden (für Lokalkapläne) und 200 Gulden (für Expositi und Kooperatoren). 132 Obwohl Lokalkapläne weniger Lohn erhielten, waren sie, dies wird nochmals betont, »in der geistlichen Jurisdiction mit den Pfarrern ganz gleich«, durften alle Pfarrrechte ausüben und unterstanden dem zuständigen Ruraldekan. 133 Auf Vorschlag der Bischöfe hin sollten ferner alle Inhaber der noch nötigen einfachen Benefizien und Frühmesspfründen, »die bisher meisten mit dem alleinigen Meßlesen für die Gemeinde ihrer Bestimmung ein Genügen zu leisten glauben, oft von dem Pfarrer unabhängig sind und eben deßwegen nicht selten in Kollision mit demselben verfallen, fürohin zur Seelsorge und dem Unterricht mit angehalten und dem Ortspfarrer untergeordnet werden« 134 . Der in der Resolution vom 22. Januar 1785 angesprochene zweite Punkt, die Regulierung des Personenbestandes in den noch verbleibenden Klöstern, welche vorzüglich zur Versehung der inkorporierten Pfarreien wie auch zur Aushilfe in der Seelsorge für die betreffende Gegend notwenig bzw. nützlich erscheinen, reduzierte mit Festlegung einer Fixzahl den Bestand. Im österreichischen Anteil des Bistums Chur traf es die drei Kapuzinerklöster in Meran, Schlanders und Feldkirch; der »numero fixo« betrug für Meran künftig 18 (früher 36), für Schlanders und Feldkirch neu 13 (früher 20); die Niederlassung der Minderbrüder in Bludenz (15) war aufgrund der Notwendigkeit der Patres für die Seelsorge nicht betroffen. Hingegen hatte auch die Benediktinerabtei Marienberg ihren Bestand von bislang 30 auf noch 18 zu verringern. 135 Um diesen Stand alsbald zu erreichen, war es der Ordensleitung untersagt, beim Tod eines Konventualen einen neuen aufzunehmen. 136 In einer Beilage wurde den Landesgubernien zudem eine neue Liste beigegeben, die Stifte und Klöster enthielten, welche »in der Absicht auf die Seelsorge entbehrlich, somit aufzuheben und / respektive mit anderen ihres Ordens nach und nach zu konzentriren sind« 137 Die Resolution hält bezüglich weiterer Klosteraufhebungen fest: »Obschon es nicht wohl thunlich ist, mit der dießfälligen Aufhebung durchgehends gleich jetzt und auf einmal vorzugehen, nachdem zur Unterbringung der in solchen befindlichen Regionen der Raum in den übrigen noch verbleibenden Klöstern der nämlichen Orden sich nicht vorfindet, so wird sich doch dasjenige, was nicht auf einmal geschehen kann, nach und nach erreichen lassen.« 138 Insbesondere mit der vermehrten Einziehung seelsorgetauglicher Regularen in die aktive Pastoral, »was eine Verminderung des Personals in den betreffenden Klöstern« ergebe, so die vorherrschende Meinung, würde man »mit ihrer Aufhebung nach und nach fortrücken können«. 139 Wie bereits geschildert, waren von dieser Anordnung das Minoritenkloster auf dem Viktorsberg (1785) und die Gemeinschaft der Hieronymitaner auf dem Josephsberg bei Meran (1786) betroffen. 140 131 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 2. 132 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 4. 133 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 4. 134 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 3. 135 Vgl. die Angaben oben S. 43, Anm. 3. 136 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 6-7. 137 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 7. 138 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 7. 139 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 8. 140 Siehe oben S. 83-86 bzw. 87-93. <?page no="150"?> 150 Für die Umsetzung der in der Hofresolution angeordneten Punkte betreffend Pfarreinrichtung und Klosterregulierung in Tirol und Vorarlberg gewährte der Kaiser eine Frist von drei Monaten. »Während dieser Zeit hat also das Gubernium einvernehmlich mit den Ordinariaten die Konkurse in dem Lande auf die neuen Pfarren und Lokalkaplaneyen auszuschreiben und die Vorschläge zu ihren Besetzungen nach und nach einzuschicken« und »wegen Aufhebung und Konzentrierung der oberwehnten Klöstern das Behörige einzuleiten.« 141 Mit Datum vom 19. Februar 1785 informierte die Landesstelle in Innsbruck Dionys von Rost. 142 Aufgrund des Hofdekrets vom 22. Januar legte das Gubernium dem Churer Bischof die zu beachtenden Ausführungsbestimmungen zur anstehenden Pfarrei- und Klosterregulierung vor, welche vom Ordinarius an die betroffene Geistlichkeit im Vinschgau und Walgau weiter zu reichen sowie in Zusammenarbeit mit den zuständigen Kreisämtern und den örtlichen Prodekanen zügig umzusetzen waren. Diesen Weisungen liegen vier Aktenstücke 143 bei, die bereits im Januarschreiben aus Wien nach Innsbruck gesandt und von dort vorschriftsgemäß als Abschriften nach Chur verschickt wurden: [1.] derjenige Passus aus dem Verzeichnis der Ortschaften in Tirol und Vorarlberg, welche im österreichischen Anteil des Bistums Chur lagen und neu definitiv mit einem eigenen Seelsorger zu versehen waren, [2.] das Verzeichnis der Siedlungen, die von ihrem bisherigen Pfarrsprengel abgetrennt und einem näherliegenden zugeschlagen werden sollten (sog. Umpfarrungen). Zu den neu zu schaffenden Seelsorgerstellen lagen [3.] vierseitige Anmerkungen bei; [4.] finden sich Vorgaben zur Reduzierung des personellen Bestandes in den Klöstern. 144 Im vom Vizepräsidenten des Guberniums, Leopold Graf von Kinigl, unterzeichneten Schreiben, welches Chur am 13. März erreichte, wird abermals betont, »die Umstände des hierländigen Religionsfonds« würden es »derzeit nicht gestatten«, denjenigen Gemeinden, wo »die Anstellung eines Lokalseelsorgers erwünschlich wäre« und entsprechend in früheren Eingaben der Kreisämter und des Ordinariats erbeten wurde, diese Hilfestellung »jetzt zuzuwenden«. Erst nach einer (zu erwartenden) Besserstellung des staatlichen Fonds könne diesen Gemeinden im seelsorgerlichen Bereich »eine Erleichterung« in Aussicht gestellt werden. 145 Die nachstehenden zwei Tabellen, je eine für das Dekanat Vinschgau und Walgau, vereinigen in alphabetischer Abfolge die Angaben der erbetenen Eingaben aus den Jahren 1782 und 1783 (39) mit denjenigen, der 1785 von der Geistlichen Hofkommission letztlich bewilligten 21 neuen Posten mit einem ständigen ortseigenen Seelsorger. 141 TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1785 (Fasz. 783), Mappe 2, S. 8-9. 142 Original in: BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19]; ein weiteres Original ging von Innsbruck an das Kreisamt Bludenz (VLA, Kreisamt Bludenz 126/ 1533: Pfarreinrichtungsgeschäft, 1783. Wortlaut abgedruckt im Anhang, Quellentext Nr. 10, siehe unten S. 315-322. 143 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilagen Nrn. 1-4; ferner TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 3 Verzeichnis [1.] (vgl. auch oben S. 147, Anm. 124). 144 Im Verzeichnis Nr. 3 ist ein Hinweis auf die anscheinend geplante, aber nicht verwirklichte Aufhebung des Kapuzinerklosters in Bludenz zu finden: »Nachdem das Kapuzinerkloster zu Bludenz aufgehoben wird, so kann bey dasiger Stadtpfarr, in so weit wegen des manchmal sich ergebenden Zusammenflußes der Leute eine mehrere Hilf erforderlich ist, hiezu ein oder anderer der ohne hin allda befindlichen Beneficiaten als Kooperator angewendet werden.« (BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 3). 145 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], S. 1-2. <?page no="151"?> 151 Dekanat Vinschgau [von staatlicher Seite neu in Dekanate Algund bzw. Meran und Glurns bzw. Schluderns unterteilt] 1 Ortschaften / Siedlungen (Pfarrei) Seelenzahl (Angaben von 1785) von der Filialkommission und dem Churer Ordinariat begutachtete Variante 1782 von der geistlichen Hofkommission genehmigte und definitiv umzusetzende Variante 1785 Besetzung durch einen: Bemerkungen Pfarrer/ Kurat Lokalkaplan Expositus Aschbach (Algund) 151 Lokalkaplanei blieb 1785 noch unberücksichtigt Eyrs (Tschengls) [? ] ortsansässiger Benefiziat blieb unberücksichtigt Karthaus mit 12 Höfe 90 Lokalkaplanei blieb unberücksichtigt Kurzras (Schnals) 67 Lokalkaplanei blieb 1785 noch unberücksichtigt Langtaufers (Graun) 300 Lokalkaplanei X [erst 1794] wird 1786 nicht erwähnt Marein (Latsch) 201 Kuratie X Benefiziatsstelle bereits vorhanden Martell 11 Höfe 80 Lokalkaplanei Kreisamt soll andere Zuteilung suchen. 2 Morter (Schlanders) 350 Kuratie X Benefiziatsstelle bereits vorhanden Nördersberg (Schlanders) 345 Kuratie Die Lokalität der zu errichtenden Kirche ist noch besser abzuklären. 3 Pfossental (Naturns) 112 Lokalkaplanei blieb 1785 noch unberücksichtigt Planeil (Mals) 300 Kuratie X Quadrat (Partschins) 60 Lokalkapklanei blieb unberücksichtigt Rojen (Graun) Lokalkaplanei blieb vorerst unberücksichtigt, Umpfarrung 1789 Saltaus (St. Martin / Passeier) 260 Lokalkaplanei X Vorschlag entsprochen Besetzung mit einem Benediktinerpater aus der Abtei Marienberg Schlinig (Marienberg) 150 Lokalkaplanei (vom Kloster unabhängig) X Besetzung mit einem Benediktinerpater aus der Abtei Marienberg Sonnenberg (Schlanders) 394 Kuratie Lokalität der zu errichtenden Kirche noch besser abklären (ev. deckungsgleicher Standort wie für Nördersberg). 4 Spiss (Nauders) 200 Kuratie X [erst 1789] wird 1786 nicht erwähnt St. Martin am Kofl (Latsch) 280 Kuratie X Benefiziatsstelle bereits vorhanden Tabland und Tannberg (Tschars) 453 je eine Lokalkaplanei X nur 1 Expositus für Tabland und Tannberg <?page no="152"?> 152 Dekanat Vinschgau [von staatlicher Seite neu in Dekanate Algund bzw. Meran und Glurns bzw. Schluderns unterteilt] 1 Ortschaften / Siedlungen (Pfarrei) Seelenzahl (Angaben von 1785) von der Filialkommission und dem Churer Ordinariat begutachtete Variante 1782 von der geistlichen Hofkommission genehmigte und definitiv umzusetzende Variante 1785 Besetzung durch einen: Bemerkungen Pfarrer/ Kurat Lokalkaplan Expositus Tanas dieseits und jenseits des Grabens (Tschengls) 204 Kuratie bzw. Lokalkaplanei X nur 1 Expositus für das gesamte Gebiet von Tanas Benefiziatsstelle bereits vorhanden Tarsch mit Freiberg (Latsch) 400 Kuratie X Benefiziatsstelle bereits vorhanden Trafoi (Stilfs) 119 Lokalkaplanei X Trums und Vorberg (Latsch) 200 Lokalkaplanei X Gotteshaus muss noch erbaut werden Tschirland (Naturns) 309 Lokalkaplanei X Vellau (Algund) 159 Lokalkaplanei Kreisamt hat abzuklären, ob Vellau nicht an Vernuer und Gfeis angegliedert werden könnte. 5 Vernuer und Gfeis (Algund) 170 Lokalkaplanei X Total vorgeschlagen: 28 ständige Seelsorgestellen 6 0 Pfarrei / Kuratie 1 Lokalkaplanei 14 Exposituren 7 gänzlich unberücksichtigt 1 Siehe hierzu auch Dörrer, Pfarregulierung 344-353. 397 f. (TLA, D 138); später wurde eine Namensänderung vorgenommen: Dekanat Meran (statt Algund) und Dekanat Schluderns (statt Glurns), siehe oben S. 31. 2 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S.-1. 3 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S.-2, siehe auch unter Anm. 4. 4 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 2. - »In dem Dekanat Glurns hat das Kreisamt in Angehung der für die zur Pfarr Schlanders auf 2 und 3 Stund gehörigen Gemeinden Schlanderischer Nordberg und Schlanderischer Sonnberg angetragenen neuen Exposituren die Localitaet noch näher zu erheben, ob nicht die Kirche, die an beyden Orten manglet, an einen so schicksamen Ort angebracht werden könnte, daß der bey solchen anzustellende Lokal Kaplan allenfalls mit Zugebung eines Cooperators zugleich beyde Gemeinden versehe.« 5 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S.-1. 6 Siehe oben S. 116. <?page no="153"?> 153 Dekanat Walgau [von staatlicher Seite neu in Dekanate St. Gallenkirch und Feldkirch unterteilt] Ortschaften / Siedlungen (Pfarrei) Seelenzahl (Angaben von 1785) von der Filialkommision und dem Churer Ordinariat begutachtete Variante 1783 von der geistlichen Hofkommission genehmigte und definitiv umzusetzende Variante 1785 Besetzung durch einen: Bemerkungen Pfarrer/ Kurat Lokalkaplan Expositus Gampelün, Halden, Latz, Rungeletsch (Nenzing / Frastanz) 320 Lokalkaplanei wird mit Gurtis zusammengelegt zu einer Expositur Gurtis (Nenzing / Frastanz) 200 Lokalkaplanei X mit Gampelün, Halden, Latz und Rungeletsch Innerberg (Bartholomäberg) ca. 300 Lokalkaplanei X mit Vallün Mathon (Ischgl) 225 Lokalkaplanei X [erst 1789] Benefiziatsstelle bereits vorhanden Meschach (Götzis) 128 eigener Benefiziat X Vorschlag entsprochen Benefiziatsstelle bereits vorhanden Partenen (Gaschurn) 228 Lokalkaplanei X Benefiziatsstelle bereits vorhanden Schnifis 693 zusätzlicher Benefiziat X Vorschlag entsprochen Seelsorger aus der Benediktinerabtei Einsiedeln Rüti (St. Gallenkirch) Lokalkaplanei blieb unberücksichtigt St. Leonhard (Bludenz) 208 Lokalkaplanei (mit Bings, Grubs, Radin und Gassünd) Lokalkaplanei ist in dieser Form nicht zu errichten, Bings mit 90 Seelen an Stallehr, andere Häuser an Braz oder Bludenz angliedern. 1 Vallün (Bartholomäberg) Lokalkaplanei wird mit Innerberg zusammengelegt zu einer Expositur Wald (Dalaas) 251 Pfarrei von Filialkommission bereits abgelehnt, blieb entsprechend unberücksichtigt Total vorgeschlagen: 11 ständige Seelsorgestellen 2 0 Pfarrei 0 Lokalkaplanei 6 Exposituren 2 gänzlich unberücksichtigt 1 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 2. - Die eventuell eigenmächtige Verwendung der oben S. 123 erwähnten 3‘000 Gulden durch den Bludenzer Stadtmagistrat zu Ungunsten der geplanten Lokalkaplanei ist vor jedem weiteren Vorgehen abzuklären (ebd.). Mit einem Schreiben vom 4. Juni 1785 entkräfteten zwei Mitglieder des Bludenzer Stadtrates, Johannes Khüney und Joseph Mos, den Verdacht auf ungetreue Nutzung des Fonds (BAC, 870.05.01-018). Man habe durchwegs »die eigenen Bedürfisse der Filial« und erst dann bei Überschüssen Gelder aus der Stiftung zur »Beyhülfe der Pfarrkirche« sowie zur Bestreitung anderer »milden Auslagen« verwendet (ebd.). 2 Siehe oben S. 124. - Die 1785 beschlossene Errichtung der 5 Exposituren Gurtis, Innerberg, Meschach, Partenen und Schnifis wurde am 26. Juni 1788 in einer Auflistung der neuen Seelsorgeeinrichtungen im Kreis Vorarlberg bestätigt (VLA, Vogtei, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 58: Geistlich III 76). <?page no="154"?> 154 Von insgesamt 21 Seelsorgestellen (53,8 % der ursprünglich 39 vorgeschlagenen) - nur 13 waren neu zu errichten (8 Benefizienpfründe bereits vorhanden) - entsprachen lediglich 3 (Lokalkaplanei in Saltaus, ständiger Benefiziat in Meschach und zusätzlicher Benefiziat für die Pfarrei Schnifs) den Vorgaben der Filialkommission. Die übrigen 18 zu errichtenden Exposituren befriedigten aufgrund der Finanzknappheit des Religionsfonds nur teilweise und waren Minimallösungen, unterstanden die Expositi doch weiter dem zuständigen Ortspfarrer und kassierten die Pfrundinhaber jährlich den niedrigsten Gehalt von 200 Gulden aus dem Religionsfonds. Die in der Stadt Meran befindlichen Beneficia simplicia 146 waren zugunsten der Finanzierung der Exposituren auf dem Land alle aufzuheben. 147 Im Dekanat Walgau war Dafins, eine Filiale der Pfarrei Rankweil, neu dem näherliegenden Pfarrsprengel Röthis zuzuschlagen. 148 Ferner bejahte Innsbruck die Liquidierung der Pfarrei St. Peter in Rankweil; die dazugehörigen 11 Häuser mit 55 Seelen sollten der Pfarrei Unserer Lieben Frau einverleibt werden. 149 Schließlich wurde Chur vom Gubernium angewiesen, die in der Stadt Feldkirch befindlichen einfachen Benefizien, welche zwar 1784 in Georg Schlechtleutners 146 Aufgelistet oben S. 131. 147 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 1; dieser Vorgabe wurde aber nicht entsprochen (siehe unten S.-225). 148 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 3. 149 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 3; auch diese Vorgabe fand keine Umsetzung (siehe unten S.-227). Abb. 44: Verzeichnis der Ortschaften und Siedlungen im Vinschgau und Walgau, welche in näher gelegene Pfarreien bzw. Kaplaneien transloziert werden sollten. [BAC] <?page no="155"?> 155 Zusammenstellung »nicht alle als unentbehrlich«, jedoch als der Erhaltung wünschenswert eingestuft worden waren 150 , »nach und nach auf das Land zu übersetzen und zur Dotierung anzuwenden«, was bedeutete, dass sie zugunsten der Sicherstellung anderer Seelsorgeposten aufgehoben werden konnten. 151 Das ebenfalls dem Schreiben vom 19. Februar 1785 nach Chur beigelegte Verzeichnis mit den geplanten Umpfarrungen von kleineren Siedlungen und einzelnen Höfen folgt im großen und ganzen den früher eingereichten Vorschlägen: Im Vinschgau kamen die Freiberger Höfe (Pfarrei Latsch) mit 100 Personen zu Tarsch, die Bewohner um Burg Kastelbell (Tschars) [70 Seelen] zu Marein, der Pitschenhof mit sieben weiteren Höfen [36] von Martell (Schlanders) zu Morter, der Schmalzhof (Latsch) [14] zur Pfarrei Schlanders, die Höfe zu Allitz (Schlanders) [30] zur Pfarrei Laas, die drei Tröghöfe (Schlanders) [36] zu Tanas, der Selishof (Marienberg) [10] zur Pfarrei Glurns sowie der Serauhof (Schleis) [8] zu Schlinig. 152 Im Dekanat Walgau verordnete man die Translation von St. Antoni-Boden (Pfarrei Bartholomäberg) nach St. Anton im Montafon, von Gantschier nach Schruns. Braz außer dem Bach (Bludenz) mit 330 dort wohnhaften Personen wurde der Pfarrei Innerbraz einverleibt und die Siedlungen Motten, Mariex sowie Roßnis (Nenzing) [80] kamen nach Frastanz, der Hof Hintergant (Braz) [6] in die Pfarrei Dalaas. Einzelne in der Pfarrei Tisis gelegene Häuser [30] gliederte man Tosters an, das Schlechishaus (Göfis) [7] kam an die Stadtpfarrei Feldkirch, drei Häuser in der Balzgreite und auf Bergboden (Götzis) [16] wechselten nach Hohenems, drei weitere Häuser in Dufers (Rankweil) [18] gingen an die Pfarrei Göfis und schließlich kamen zwei Häuser auf dem Schöbler (Satteins) [12] an die Pfarrei Übersaxen. 153 d) Vernehmlassung auf Dekanatsebene: Walgau (1785) Mit Datum vom 17. Juli 1785 sandte der Pfarrer von St. Gallenkirch und Provikar des inneren Walgau, Christian Lentsch, das bereits am 1. Juni auf Schloss Bludenz abschließend von ihm und Vogteiverwalter Jakob Fidel Simeon von Buchberg unterzeichnete Protokoll über die vor Ort durchgeführte Vernehmlassung zu den geplanten staatlichen Pfarreiumstrukturierungen in den Herrschaften Bludenz-Sonnenberg-Montafon zuhanden von Kanzler Georg Schlechtleutner an den bischöflichen Hof nach Chur. Protokoll 154 wie Beilagen 155 geben nicht nur interessante Einblicke in eine solche, vom Ordinariat angeordnete Vernehmlassung in den vom josephinischen Pfarreieinrichtungsgeschäft betroffenen Gemeinden − vor allem bei Kritik auf die bzw. bei Zurückweisung der beschlossenen Umpfarrungen −, sondern zählen, weil vergleichbare Dossiers für den äußeren Walgau 156 als auch für das gesamte Dekanat Vinschgau anscheinend fehlen oder verloren gegangen sind 157 , zu einem wichtigen Quellenfund, welcher hier erstmals eine Auswertung erfährt. 150 Aufgelistet oben S. 135. 151 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 3, S. 3; nur zwei Benefiziate wurden aufgehoben (siehe unten S. 226). 152 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 2; ferner TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreieinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 1. 153 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], Beilage Nr. 2; ferner TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 1. 154 Original in: BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1]; Entwurf mit Korrekturen in: VLA, Vogteiamt Bludenz 126/ 1533: Pfarreinrichtungsgeschäft, 1783; Begleitschreiben vom 17. Juli 1785 in: BAC, 870.05.01-008; siehe Wortlaut des Vernehmlassungsprotokoll im Anhang, Quellentext Nr. 11, unten S. 323-334. 155 Sämtliche Beilagen A bis J in: BAC, 870.05.01-010 bis 870.05.01-018. 156 Ein einziges Dossier, am 9. April 1785 von Vogteiverwalter Franz Philipp Gugger von Staudach auf Schloss Schattenburg ausgestellt, macht Hinweise zu den Umpfarrungen von Höfen und Siedlungen (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 55). 157 Fehlen in ADF, BAC, SAM und StABozen; trotz zeitraubender Suche in den umfangreichen Akten »Geistliche Sachen« des Jüngeren Guberniums im Tiroler Landesarchiv Innsbruck konnten auch dort keine entsprechenden Dokumente <?page no="156"?> 156 Am 5. April 1785 tauschten in St. Gallenkirch Simeon von Buchberg und Lentsch die entsprechenden Kreditive aus und besprachen dort das weitere gemeinsame Vorgehen betreffend Bekanntgabe der eingegangenen staatlichen Umstrukturierungen auf Pfarreiebene; insbesondere war möglichen Widerständen seitens der Gemeinden und des Klerus gegen die Vorgaben klärend zu begegnen und diese, »wo möglich zu beseitigen«. 158 Anderntags begaben sich die beiden nach Partenen und Gaschurn. Der Entscheid, in Partenen eine von der Mutterpfarrei Gaschurn abhängige Expositur zu errichten 159 , wurde mit »allerunterthänigstem Dank« angenommen. Der finanzielle Zustand des bereits existierenden Benefiziums wie auch derjenige des Gotteshauses (Stiftungsfonds in der Höhe von 3‘400 fl.) wurde positiv beurteilt. Der künftige Expositus war aufgrund eines gesicherten Einkommens von 131 fl. 44 xr. im Stande, die ordentlichen Ausgaben ohne Bedenken zu bestreiten; die Gemeinde erbat zwecks nötiger Sanierung des baufälligen Pfrundhauses einen Beitrag. Die Kommission empfahl eine Aufstockung des jährlichen Gehalts durch Gelder aus dem Religionsfonds auf die generell vorgesehenen 200 fl. für einen exponierten Kaplan, die Sanierung des Pfrundhauses hingegen blieb grundsätzlich Sache der Gemeinde Partenen. »Ob im Falle der erbethenen Zulage der Religionsfond mit der Gemeinde in Rücksicht des Patronatsrechtes alternieren wolle«, so der Protokolleintrag, wurde der Filialkommission des Guberniums überlassen. 160 In Gaschurn selbst eröffnete man dem örtlichen Frühmesser, dem Benefiziaten in Gortipohl und dem Frühmesser in St. Gallenkirch in Gegenwart ihrer Pfarrherren, dass sie fortan zur Mitarbeit in der Seelsorge eingebunden würden. 161 Der Gaschurner Frühmesser forderte in diesem Zusammenhang für sich ein «zur Gleichstellung des für exponirte Kapläne auszumessendes Gehalts« 162 . Pfarrer Lentsch und die Gemeindevertreter von St. Gallenkirch ihrerseits erinnerten an die angeblich bereits im März 1783 geäußerte Bitte, aufgrund ihrer Bedürftigkeit, ihnen aus den Beständen einer aufgehobenen Klosterkirche einen »Rauchmantel samt einem Velo und einem Paar Kerzen Stöck« zukommen zu lassen. 163 Die Gemeinde Mathon erschien ebenfalls mit einer Delegation in Gaschurn und bedankte sich »für die zugedachte allerhöchste Gnad« der Errichtung einer Expositur in Abhängigkeit der Pfarrei Ischgl, obwohl laut einer schriftlich eingereichten Stellungnahme vom 18. Mai 1785 die eigentlich geforderte Lokalkaplanei durchaus wünschenswert und sinnvoll wäre. 164 Insbesondere die Gelder (inkl. Stolgebühren), welche Mathon regelmäßig nach Ischgl zu entrichten hätten, könnten vor Ort zum Unterhalt einer eigenständigen Lokalkaplanei verwendet werden. Zum Beispiel heusche der Mesner in Ischgl jährlich von einem jeden Haus in Mathon einen Leib Brot, ferner kassiere er auch bei Trauungen, welche in Mathon stattfänden, munter ab. Die Hauptbeschwerde Mathons gegen Ischgl, welche auch von der Vernehmlassungskommission als nochmals erwägenswert protokolliert wurde 165 , lautete: »Mus die gemeinde ihre Tode[n] nachher der Pfarr Ischgel mit allem entgelt zur begräbnus lüfern, da doch zur winterszeit der Weege so unbequem und unsicher, das[ß] man oft 2 gefunden werden. - Wie das Schreiben des Guberniums aus Innsbruck vom 7. Januar 1786 an den Churer Bischof verdeutlicht, haben solche Konsultationen auch für das Dekanat Vinschgau unter Leitung des Kreisamtes Bozen stattgefunden, welche daselbst im Vergleich zu den 1785 vorgelegten Neuzirkumskriptionen (vgl. Tabelle oben S. 151-f.) zu einigen Änderungen führten (BAC, 725.17.001). Siehe unten S. 162. 158 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 2. 159 Siehe oben S. 153. 160 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 4. 161 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 4. 162 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 4. 163 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 5. - Diese Angaben fehlen in der Tabelle auf S. 111. 164 Original der »Beschwerden der Gemeinde Mathon gegen die Pfarr Ischgl« in: BAC, 870.05.01-011 Beilage B [1785 Mai 18]. 165 Das Protokoll hält fest: »Da die angebliche[n] Beyspiele der längern Verschneyung dies Orts noch nicht hinlänglich erhoben werden und man wegen Menge des Schnees und weiterer Entfernung sich ad locum nicht [hat] begeben können, so ist man außer stande, nähere Erklärung abzugeben und will sich die allfällig weitere Weisung gehorsamst ausbitten.« (BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 6). <?page no="157"?> 157 bis 3 wochen nicht zusammen kommt, auch öfters die Künder einige tag ungetaufter et Verstorbene unbegrabener behalten müsen, theils weill allzu viel schnee sich zusammensezet und der Weeg eine stunde, ja von denen obersten vieler häuser stark anderhalb stund lang dauert, wo schon mehrere darunter begraben worden.« 166 Gerade die Tatsache harter Winter lege es nahe, dass das örtliche Tauf- und Begräbnisrecht, gekoppelt an eine Lokalkaplanei, nicht nur berechtigt, sondern schlichtweg notwendig sei. Andererseits bedurfte die örtliche Kirche in Mathon momentan keiner baulichen Erweiterung, jedoch bat auch der anwesende Kaplan um eine Aufbesserung seiner Pfründe. 167 Am 7. April 1785 kamen in Schruns neben der Geistlichkeit die Delegierten von Bartholomäberg, Gantschier und St. Antoni-Boden mit Simeon von Buchberg und Lentsch zusammen. Laut Vorgaben war zur Entlastung des Pfarrers von Bartholomäberg, welcher einen Benefiziaten zugesprochen bekam, eine Expositur in Innerberg (mit Vallün) zu errichten; ferner kam es zu Umpfarrungen: Gantschier zu Schruns und St. Antoni-Boden zu St. Anton im Montafon. Die Deputierten des Orts Bartholomäberg zeigten sich wenig geneigt, für den zusätzlichen Benefiziaten »eine Wohnung erbauen oder auch nur die Materialien beyschaffen zu wollen«; vielmehr würden sie sich wie bis anhin mit Pfarrer und Frühmesser begnügen. 168 Dieses Sich-Sperren gegen eine pastorale Hilfskraft nutzten die Bewohner von Innerberg, »vehementia und dringlichst zu bitten«, man möge den Abgewiesenen als neuen ständigen Kaplan zu ihnen schicken. Durch die Abtrennung von Gantschier und St. Antoni-Boden sei für den Pfarrer in Bartholomäberg gewiss »eine große Last« weggefallen. Hingegen liege Innerberg über anderthalb Stunden von der Mutterkirche St. Bartholomäus entfernt und der Weg sei je nach Witterung so gefährlich, »daß bey gemeiniglich infallenden Wasser, Schnee und Gestöber eine glatte Unmöglichkeit« bestehe, die Kirche zu erreichen oder umgekehrt einen Priester zu ihnen zu beorden, weshalb schon öfters Personen ohne seelsorgerlichen Beistand verstorben seien. 169 Diverse Wohltäter hätten der Gemeinde Innerberg, die etwa 300 Seelen zählte, bislang über tausend Gulden zum Bau einer Kirche mit Pfrundhaus zugesichert und ihnen zudem versprochen, »nicht nur die Bau-Materialien beyzuschaffen, sondern auch den Bau selbsten mit möglichsten Handarbeiten zu unterstüzen«. 170 Die Vernehmlassungskommission hält hierüber fest: »Was die Jnwohner am Inner Berg belanget, findet man derselben Gesuch bey dermal mehr aufgeklärten Umständen um so mehr reflexionswürdig, als der Beweggrund […] seine vollkommene Richtigkeit erhält«, jedoch im März 1783 171 »nicht so klar vorgelegt« worden sei. »Es wird dahero in diesem Revier eine Localkaplaney allerdings nöthig befunden.« 172 Im Gegensatz zu St. Antoni-Boden, deren Bewohner die Umpfarrung von Bartholomäberg nach St. Anton im Montafon »dankbarst angenommen« hatten 173 , reagierte Gantschier auf ihre Umpfarrung nach Schruns zu Recht negativ und mitunter sehr gereizt. In einer mit dem 23. April 1785 datierten schriftlichen Stellungnahme an die geistliche und weltliche Kommission betonte der unterzeichnende Johann Jakob Vogt im Namen der Einwohner von Gantschier, 166 BAC, 870.05.01-011 Beilage B [1785 Mai 18], S. 2. 167 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 5. 168 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 6. 169 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 7. 170 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 7. 171 Siehe oben S. 123. 172 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 8. 173 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 8. - Der Pfarrer und die Gemeinde von St. Anton i. M. baten aufgrund mangelnder Paramente um einige liturgische Gewänder aus aufgehobenen Klöstern (ebd. S. 9), ferner legten sie ein Protestschreiben vor, worin sie gegen die Zuteilung von 11 Häusern zu Lorüns (von der Kuratie Stallehr bzw. Mutterkirche Bludenz) in ihren Sprengel aufbegehrten. Erstens, so betonten sie, käme von diesen Bewohnern das ganze Jahr niemand nach St. Anton i. M. zur Kirche, »weilen sie nöcher auff Staller oder nur 3 fiertel Stund und die richtige Landstras auf Bludenz zu ihrer Mutterkirch haben«. Zweitens seien sie in St. Anton außer Stande, überall die nötigen Straßen, Wuhrungen und Brücken mitzufinanzieren, die für eine sichere Wegstrecke zu garantieren wären. Insbesondere werde »die Protestation um so herzhafter widerholt«, da eine solche Umteilung in keiner Weise mit den Direktivregeln zu begründen sei. (Original in: BAC, 870.05.01-013 Beilage D [1785 April 11]). <?page no="158"?> 158 die geplante Änderung sei »sehr verfehlet«. 174 Vor allem sei die Entfernung überhaupt kein Kriterium, da beide Wegstrecken, entweder nach Bartholomäberg oder nach Schruns, ungefähr dreiviertel Stunden betragen. Viel wichtiger sei hervorzuheben, dass der Weg zur Mutterkirche als »jederzeit brauchbar und sicher« eingestuft werden könne. »Kein Beypiel kann aufgewiesen werden, ds man ein einzig mal einen Geistlichen von Schruns zu denen Kranken [hätte] brauchen - eine Leiche dorthin begleiten - ein Kind dahin zur hl. Taufe tragen müssen.« 175 Hingegen entspräche es den unwiderruflichen Tatsachen, dass die Brücke in Schruns von der hochgehenden Litz wiederholt weggerissen und der »Weeg so übel zugerichtet« worden sei, »ds man bey 8 tag lang nicht hat zu der Schrunser Kirche kommen können«. 176 Dieses Unglück könne wieder geschehen und die Gantschierer gerieten dann in große Nöte, da weder von Schruns aus ein Geistlicher zu ihnen eile, noch sie zur Beerdigung von Toten oder Kindertaufen nach Schruns gelangen könnten. Als weitere »Ungemächlichkeiten«, denen die Bewohner von Gantschier insbesondere in finanzieller Hinsicht bei Vollzug der Umpfarrung nach Schruns ausgesetzt sein würden, zählte das Schreiben die Einkassierung von hohen Gebühren durch einen geldgierigen Schrunser Mesner auf. Ferner drohe ihnen die tatkräftige Unterstützung bei Bau und Erhaltung der Kirche und Wohnhäuser der Geistlichkeit und des Mesners, was im Falle von Schruns durchaus ein Bedenken wert sei, da dort »alle diese Häuser nicht nur wassernoth halber, sondern auch, weil in dem Dorf Schruns die Häuser dicker aneinander stehen, der Feuersbrunst wegen unsicher« seien, hingegen auf Bartholomäberg keine Überschwemmung drohten und die Gefahr einer Feuersbrunst wesentlich geringer ausfalle. 177 Zudem müssten sie an beiden Orten Straßen-, Brückenbau und -unterhalt mittragen, was nach einer Umpfarrrung eine doppelte finanzielle Belastung der Gantschierer bedeute. Nicht zuletzt ruhten alle ihre Vorfahren in der Pfarrkirche St. Bartholomäus, was die starke Verbundenheit dorthin hervorstreiche. Alle diese Umstände seien ernsthaft zu erwägen, deren Wahrheitsgehalt gerne überprüft werden könne. Joseph II., »welcher doch nur glücklich machen will«, möge die konkrete Lage von Gantschier erörtert bekommen, um dadurch von einer Umpfarrung nach Schruns abzusehen »und uns bey der alten Pfarrkirche zu belassen«. 178 Das Protokoll bemerkt zu diesen Eingaben: »Weil die Nachbarschaft in Gantschier die zugedachte allerhöchste Gnad freiwillig ausschlaget, möge selbe allenfalls bey ihrem Wunsch belassen werden, obgleich mehrere theil nur politische Besorgnisse unterwalten.« 179 Auf die Bekanntgabe an alle anwesenden Benefiziaten aus Schruns, Bartholomäberg, Tschagguns, Silbertal und Vandans, künftig aktiv in die Pastoral miteingebunden zu werden, baten die meisten von ihnen »bey so geschehen sollenden Umänderung in Gehalt gleich denen neuen Pfarrern und exponirten Kaplänen gestellet [zu] werden« 180 . Damit endet der erste Teil der Protokollierung für die Tage vom 5. bis 7. April. Am 22. April 1785 kam man in Frastanz erneut zusammen, wo der örtlichen Geistlichkeit und den dazugekommenen Priestern aus Nenzing sowohl die generelle Einbindung der Beneficia simplicia (Frühmesser) in die Seelsorge als auch die Schaffung der Expositur Gurtis (zu Nenzing), wo bereits seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Kapelle stand (am 2. September 1737 neu benefiziert) 181 , eröffnet wurde. Der Entscheid sei »mit gebührendem Dank angenommen worden«. 182 Da zur Expositur Gurtis die Siedlungen Gampelün, Latz und Halden nicht, wie anfangs geplant, dazukamen 183 , fand das neu zu errichtende Gotteshaus in Gurtis seinen definitiven Standort, da- 174 BAC, 870.05.01-012 Beilage C [1785 April 23], S. 1. 175 BAC, 870.05.01-012 Beilage C [1785 April 23], S. 1. 176 BAC, 870.05.01-012 Beilage C [1785 April 23], S. 1. 177 BAC, 870.05.01-012 Beilage C [1785 April 23], S. 2. 178 BAC, 870.05.01-012 Beilage C [1785 April 23], S. 3. 179 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 8-9. 180 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 9. 181 Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 369. - Das Kapellenvermögen betrug 1785 lediglich 96 fl. 51 xr. (ebd. 370). 182 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 10. 183 Die Grenzziehung des neu errichteten Seelsorgebezirks kam 1790 zustande. Am 19. Juli 1790 bestimmte die sog. <?page no="159"?> 159 selbst auch das Kaplanhaus; die gesamten Baukosten beliefen sich auf 3‘501 fl. 15 ½ xr., wovon die Gemeinde 1‘121 fl. 25 xr. übernahm, so dass der Religionsfonds noch einen Rest von 2‘379 fl. 40 ½ xr. zu decken hatte. 184 Zur Fundierung dieser Expositur sollte - dies ein erster Vorschlag, der später jedoch keine Umsetzung fand, - das Vermögen des Benefiziums der hll. Apostel 185 in Feldkirch Verwendung finden. Der damals errechnete jährliche Reinertrag des Expositus lag bei fast 183 fl., was von seiten des Religionsfonds lediglich eine Aufstockung von 17 fl. verlangte, um der Vorgabe von 200 fl. zu entsprechen. 186 Im Protokoll wird vermerkt: »Die Revier Gurtis ist ohne aller Vergleich die entfernste und bey Schnee und Gestöber oftermal ganze Wochen unzugänglich.« Obgleich vor Ort lediglich 151 Seelen lebten, erachtete die Kommission »die Errichtung einer exponirten, wo nicht gar Lokalkaplaney am nöthigsten«; Gurtis habe vor allen anderen umliegenden Siedlungen - gemeint waren Gampelün und Latz - den eigenen Seelsorger vor allem nöthig«. 187 Nach einer weiteren Unterbrechung der Vernehmlassung kamen Lentsch und Simeon von Buchberg am 31. Mai 1785 in Braz mit dem Klostertaler Klerus zusammen. 188 Die Pfarrherren von Bludenz und Innerbraz informierte man über die beschlossene Umpfarrung von Ausserbraz, worauf keine Seite dagegen Stellung bezog. 189 Einzig der Pfarrer von Bludenz, Franz Fidel Khüny (1785-1805), äußerte die Hoffnung, bei allfälligen Einbußen der Einnahmen aus Stolgebühren entsprechend entschädigt zu werden. 190 Der Pfründeninhaber Franz Xaver Lew der Kuratie Wald (zu Dalaas), welche entgegen früher gemachter Versuche nicht zu einer Pfarrei erhoben wurde, beklagte in einem Schreiben vom 1. Juni 1785 seine geringen Einkünfte und erwartete eine Aufstockung aus dem Topf des Religionsfonds. 191 Schließlich kehrte man auf den 1. Juni 1785 nach Bludenz zurück, um dort zu einem Abschluss zu kommen. Die Einbindung in die Pastoral eröffnete die Kommission den anwesenden Frühmessern von Bürs und Nüziders. Zu reden gab insbesondere die Umpfarrung von Teilen der Pfarrei Bludenz - St. Leonhard, Bings, Grubs, Radin und Gassünd - an die Kuratie Stallehr. 192 Der Kurat monierte, er müsse sich »mehrere Zutheilungen zu übernehmen gefallen lassen«, deshalb fordere er eine Anpassung seiner Einkünfte (bislang 176 fl.) an die eines vielbeschäftigten Lokalkaplans; zudem ersuchte er um ein schwarzes Messgewand aus den Beständen eines aufgehobenen Klosters. 193 Die fünf Gemeinden hingegen wehrten sich in schriftlicher Form gegen die Abtrennung von ihrer Pfarrkirche St. Laurentius in Bludenz und die geplante Neuzuteilung an Stallehr. Im Protestschreiben vom 29. April 1785 interpretierten die Gemeindevertreter die Umteilung als ein »Verstossen« aus dem Altbewährten, keineswegs aber als hilfreiche Tat einer »geistlichen Wohlfart«. 194 Deshalb sahen sie sich genötigt, der Kommission ihre Gründe gegen diesen Entscheid darzulegen: »Kummulativ-Grenzberichtigungskommission« in den Personen Lentsch und Simeon von Buchberg: »Die gegen Gallina liegenden Höfe, Moggenbild genannt, sollen ebenso wie die Berghöhe Gurtis und der sog. Ruedhof zur Expositur Gurtis gehören. In den Revieren Gampelün und Latz soll ein Expositus nur in außerordentlichen Fällen die Seelsorge ausüben; sonst aber sollen dieselben bei ihren Pfarrern Frastanz und Nenzing verbleiben.« (Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 372). Die Zirkumskription wurde am 19. August 1790 vom Gubernium genehmigt; mit Dekret vom 16. November 1790 die Umpfarrung auch vom Churer Ordinariat bestätigt (ebd. 373). 184 Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 371. - Die Grundsteinlegung der neuen Kirche erfolgte am 3. April 1791; der Bau des neuen Widums am 18. April 1791. Als erster und langjähriger Expositus wirkte der in Innsbruck 1760 geborene Justus Anton Hudiz (Hudez) in Gurtis (1790-1840) [ebd. 376 f.]. 185 Zum Apostel-Benefizium in Feldkirch siehe Ulmer / Getzner, Geschichte der Dompfarre II 38-52. 186 Rapp-Ulmer, Beschreibung VI.1, 371. 187 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 10. 188 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 11. 189 Braz außer dem Bach kam von Bludenz weg zur Pfarrei Innerbraz (siehe oben S. 123). 190 Schriftliche Eingabe an die Kommission in: BAC, 870.05.01-017 [1785 Mai 30]. 191 Original des Beschwerdeschreibens Lew’s in: BAC, 870.05.01-014 Beilage E [1785 Juni 1]. 192 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 12. 193 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 12. 194 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 1. <?page no="160"?> 160 1. Bings sei von Bludenz lediglich eine halbe Stunde entfernt und auf der Landstraße zu jeder Jahreszeit bequem zu erreichen. 195 2. Der Kirchweg nach Stallehr hingegen führe über den Wildbach Alsenz. Zwei Brücken stünden zur Verfügung: die ordentliche Landbrücke bei Brunnenfeld gegen das Montafon hin und die kleinere bei St. Leonhard, welche eigentlich nur »für das Vieh zum Waydgang und zur Beholzung bestimmt« sei. Da die Alsenz wegen ihrer Wassermassen unberechenbar bleibe, lasse sich in dieser Gegend »überhaupt keine sichere Brücke anlegen«. Zudem sähe sich die Stadt Bludenz nicht schuldig, ihren bisherigen Kirchgenossen »eine zu einem Kirchweg nothwenig dauerhafte Brücke mit der dazu erfoderlichen Wuhrung oder Anstrebe anzulegen, damit diese in ein ›fremdes Land‹ ihren Kirchgang unterhalten mögen«. Die betroffenen fünf Gemeinden seien jedoch finanziell nicht in der Lage, »eine solche Brücke auf eigene Kosten bauen und bey jedem Einbruch dieses wilden Wassers oder Eisstoß wieder herstellen zu können«. 196 Da auch die Landbrücke, obwohl so gut wie möglich von der Stadt Bludenz im Wissen um die Verbindung mit dem Montafon gesichert, »zufolge leydiger Erfahrungen gegen dieses Wildbergwasser nicht immer sicher« sei, bleibe der Bevölkerung von Bings, St. Leonhard, Grubs und Radin lediglich »ihre zu allen Zeiten sichere und offene Landstrasse« nach Bludenz. Zudem sei der Weg zur Pfarrkirche St. Laurentius »ebenso nach, wo nicht näher, und immer bequemer«. 197 3. Nicht nur der Weg nach Stallehr bleibe ein Risiko, sondern auch die Größe der dortigen Kuratiekirche sei unzureichend; »beträchtlich« müsste sie erweitert werden. Für einen solchen baulichen Eingriff wäre aber ein »allzu nahe stehendes Haus ganz oder zum Theil« zu entfernen. Zudem fehle es an einem Taufstein und Friedhof; nicht zuletzt wären »grössere und anständigere Gloggen nöthig«. Die Kosten hierfür müssten massiv vom Religionsfonds getragen werden, denn die Gemeinden seien außer Stande, »ohne sich gänzlich zu verderben oder wenigst ihre Haushaltung zu schwächen, diese Bürde zu übernemmen«. 198 4. Die für die Kinder von Bings, St. Leonhard, Grubs und Radin eigens einzurichtende Schule, wo auch die Katechese abzuhalten wäre, könne wegen der harten Winter jedoch keineswegs in Stallehr ihren Standort haben, sondern müsste in Oberbings oder St. Leonhard gebaut werden. Weil im Zuge der Pfarrumstrukturierungen die drei Bludenzer Benefiziaten in die Pastoral miteingebunden würden, hätten die betroffenen Gemeinden die Möglichkeit, in St. Leonhard die Katechesen durch einen solchen Benefiziaten abzudecken. Der Kurat in Stallehr hingegen würde sich bedanken, neben der Kinderlehr in Stallehr »auch für die übrigen im Schulhaus in Oberbings oder zu St. Leonard einen Katecheten zu stellen«. 199 Die Kommission wurde gebeten, bei Bedenken die topographischen Umstände genau zu prüfen und die höheren Instanzen entsprechend zu informieren, damit der »allerhöchste Hof« über »die wahre Lage und damit verbundene[n] Aussichten besser unterrichtet und daß wir durch diese neue Einpfarrung nicht nur nicht gewinnen, sondern in mehrem Betracht beschädiget werden«. Entsprechend sei zu hoffen, dass die Gemeinden Bings, St. Leonhard, Grubs, Gassünd und Radin »bey unserer alten Pfarrkirche, wo immer schöner Gottesdienst gehalten wird, und bey denen Gebeinen unsrer Vorfahren, deren Anblick doch immer ein lebhaftes Andenken für die Seele der Zugehörigen erwecket, allerhuld- 195 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 1-2. 196 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 2-3. 197 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 3-4. 198 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 4-5. 199 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 5-6. <?page no="161"?> 161 reichst belassen« werden. 200 Lentsch und Simeon von Buchberg halten hierüber im Protokoll fest: Da insbesondere Bings und St. Leonhard »die allerhöchst zugedachte Wohlthat so sehr verbitten, so mag man dies Orts es wohl dabey bewenden lassen«. Nach Ansicht der Vernehmlassungskommission wäre eine Verlegung des Benefiziums von Stallehr nach St. Leonhard zu prüfen, da die Kirche zu St. Leonhard, »für die benannten Reviere ein Mittelpunkt, an sicherm Orte stehet und gar räumig genug wäre, hingegen die Kirche zu Stalleer neu ein ziemliches erweitert werden müßte«. Zudem sei die Seelenzahl auf der Seite von St. Leonhard größer als zu Stallehr, und ein ständiger Seelsorger an der Aarlberger Straße sei durchwegs sinnvoll. 201 Die Kommissionsarbeit konnte sich zum einen über positive Rückmeldungen freuen, wie etwa über die vorgesehenen Errichtungen der Exposituren Gurtis und Mathon, obwohl bei letzterer eine Lokalkaplanei als noch wünschenswerter erachtet wurde, ferner über die Umpfarrung von St. Antoni-Boden von Bartholomäberg nach St. Anton im Montafon. Zum anderen mussten sich Vogteiverwalter Simeon von Buchberg und Prodekan Lentsch harter Kritik gegenüber den vorgelegten Plänen stellen und anhand diverser Eingaben seitens der Gemeinden und der Geistlichkeit nach gangbaren Lösungen suchen: [1.] Der von der Bevölkerung in Bartholomäberg abgelehnte dritte Benefiziat vor Ort sollte nach Innerberg (Braz) als ständiger Lokalkaplan plaziert werden. [2.] Aufgrund des Widerstands gegen eine Umpfarrung Gantschiers nach Schruns plädierte die Kommission für die Beibehaltung der Pfarreizugehörigkeit zu Bartholomäberg. [3.] Das als »Verstossen« aus dem Pfarrverband Bludenz gebrandmarkte Ausscheiden der fünf Siedlungen Bings, St.-Leonhard, Grubs, Radin und Gassünd und deren vorgesehene Eingliederung in die Kuratie Stallehr erkannte man 200 BAC, 870.05.01-015 [1785 April 29], S. 6-7. 201 BAC, 870.05.01-009 [1785 Juni 1], S. 14. Abb. 45: Die drei letzten Seiten des Vernehmlassungsprotokolls (Bludenz, 1. Juni 1785) [BAC] <?page no="162"?> 162 nach Konsultation diverser schriftlicher Eingaben für durchaus nachvollziehbar und akzeptierte den Status quo bzw. schlug die Prüfung einer Verlegung des Kuratiestandortes Stallehr nach St. Leonhard vor. Die Auswertung der aufgefundenen Unterlagen zeigt, wie zentral die Augenscheinnahme vor Ort und das Anhören von Delegationen der betroffenen Bewohner, welche Lage und Kirchgang aus jahrzehntelanger Erfahrung nur zu gut kannten, war, um wirklich sinnvolle Lösungen für die von der Geistlichen Hofkommission aus Wien vorgegebenen Pfarrumstrukturierungen von 1785 zu finden und diese dann in einer dritten Phase - zwischen 1786 und 1789 - endlich umzusetzen. 4. Die Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur in ihrer dritten Phase: 1786-1789 a) Staatlich verordnete Errichtung von Exposituren und die Sperrung von Kirchen im Dekanat Vinschgau Nach Abschluss der Konsultationen über die 1785 vorgelegte Neuordnung durch die jeweilig zuständigen Kreisämter in den von den josephinischen Umstrukturierungsmaßnahmen betroffenen kirchlichen Territorien Vinschgau und Walgau erreichte den Churer Ordinarius am 17. Februar 1786 das in Innsbruck bereits am 7. Januar 1786 von Leopold Graf von Kinigl unterzeichnete Schreiben mit den abgeänderten Ausführungsbestimmungen zur Pfarreinrichtung im Vinschgau und Burggrafenamt; die Direktiven wurden gleichzeitig an das Kreisamt Bozen mit dem Befehl zur Ausführung abgesandt. 202 Graf Kinigl bat Bischof Dionys von Rost, bei der Umsetzung tatkräftig mitzuwirken; »in iedem etwa vorfallenden Aenderungsfalle« würde man den Bischof rechtzeitig informieren. Damit wird deutlich sichtbar, wie die staatliche Hand die innerkirchliche Angelegenheit der Seelsorgeplanung, welche für den langzeitigen Erfolg eine unbedingte und fundierte Ortskenntnis erforderte und, wie das oben ausgewertete Protokoll zur Genüge an den Tag legte, keineswegs so einfach auf den Planungstischen in Innsbruck zu bewerkstelligen war, auf Dekanats und Pfarreiebene mehr oder minder autonom durchführte. Die dem Churer Bischof lediglich als Abschrift beilegten Ausführungsbestimmungen, welche neben den zu errichtenden Exposituren gleich auch die zu sperrenden überzähligen Kirchen und Kapellen im Bezirk Burggrafenamt und Vinschgau auflistete, sahen die Errichtung von insgesamt 19 Exposituren (Morter bestand bereits) und 28 nach vollzogener Inventarisierung und Ermittlung des Vermögens zu schließende Gotteshäuser vor. 203 Laut eines Verzeichnisses vom 20. Januar 1789 204 fielen weitere 16 Kirchen dem staatlichen Edikt vom 4. Februar 1782 zur Neueinteilung der Pfarrsprengel 205 - eine negative Begleiterscheinung zur Finanzierung des kostspieligen »Pfarreinrichtungsgeschäfts« - zum Opfer. 206 Die nachstehende 202 BAC, 725.17.001 [1786 Januar 7]; Wortlaut des Schreibens und der Ausführungsbestimmungen im Anhang, Quellentext Nr. 12, unten S. 335-338. 203 BAC, 725.17.001 [1786 Januar 7] Beilage; in der untenstehenden Tabelle (S. 163-165) mit ■ gekennzeichnet. 204 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 801: Inventarium von den aufgehobenen Kirchen und Kapellen im Kreis an der Etsch [1789 Januar 20]. 205 Siehe oben S. 21. - Der Modus bei Kirchensperrungen lief folgendermaßen ab: 1. Inventarisierung, 2. Sperrung der Kirche durch den zuständigen Landrichter (Kassierung der Schlüssel), 3. Entweihung der Kirche, falls eine Versteigerung in Frage kam, 4. Versteigerung des Objekts. 206 In der untenstehenden Tabelle (S. 163-165) mit ■ gekennzeichnet; siehe auch Agnes Hinterlechner, Kirchensperrungen in Deutschtirol unter Joseph II., Innsbruck 1963 [Arbeit zur Erlangung des Doktorgrades (dr. phil.) an der Universität Innsbruck / Typoskript (Exemplar in der Bibliothek des Landesmuseums Innsbruck)]; Johannes Baur, Kirchensperrungen unter Kaiser Joseph II., in: Der Schlern 42 (1968) 200-204. - Darin zählt Baur neben den oben <?page no="163"?> 163 Tabelle führt zum einen die zu errichtenden Exposituren auf, zum anderen sind ihr, nach Pfarreien geordnet, die zu sperrenden Kapellen (mit Hinweisen zu vorhandenen Inventaren) im Dekanat Vinschgau beigegeben. Pfarrei Exposituren 1786 [Einwohner im Jahr 1785] Bemerkungen Sperrung von Gotteshäusern ■ Verzeichnis 1786 1 ■ Verzeichnis 1789 2 Datum des Inventars und Summe des Vermögens der gesperrten Kirchen 3 Algund Aschbach 4 [151] 1785 noch unberücksichtigt ■ ■ St. Kassian (Algund) 1786 Mai 15 31 fl. Vellau 5 [159] Weltgeistlicher (Verlegung des Zöttl’schen Benefiziums) Vernuer und Gfeis 6 [170] ehemaliger Dominikaner Burgeis --- ■ ■ St. Nikolaus (Burgeis) 1786 Mai 26 81 fl. Glurns --- ■ ■ Hl. Kreuz (Glurns) 1786 Mai 3 fl. ■ ■ St. Jakobus (in Sölles bei Glurns) 1787 Juli 21 42 fl. ■ ■ St. Laurentius (in den Tawentz-Wiesen bei Glurns) kein Inventar --- ■ ■ St. Martin (Glurns) 1786 Mai 55 fl. 30 xr. Gratsch bei der Kirche St. Magdalena 1785 Verlegung von St. Peter in Diskussion Laas Allitz 7 am Eingang zum Gadriatal zuerst ehemaliger Dominikaner, dann Verlegung des erledigten Montanischen Benefiziums ■ ■ St. Markus (Laas) 1786 Sept. 21 4 fl. ■ ■ St. Martin (Laas) 1786 Sept. 19 11 fl. 30 xr. ■ St. Nikolaus (Laas) 1786 Sept. 20 45 fl. 9 xr. ■ St. Sisinius (Laas) --- --- ■ Kapelle U. L. F. an der Brücke 1786 Sept. 20 861 fl. 9 ¾ xr. Laatsch --- ■ St. Thomas (Laatsch) 1786 Mai 24 28 fl. genannten 44 Kirchen noch weitere drei auf: St. Leonhard in Laatsch, St. Antonius-Kapelle im Padöll-Hof zu Graun, Maria-Hilf-Kapelle bei der Post in St. Valentin auf der Haide [total also 47 Gotteshäuser im Dekanat Vinschgau]. <?page no="164"?> 164 Pfarrei Exposituren 1786 [Einwohner im Jahr 1785] Bemerkungen Sperrung von Gotteshäusern ■ Verzeichnis 1786 1 ■ Verzeichnis 1789 2 Datum des Inventars und Summe des Vermögens der gesperrten Kirchen 3 Latsch Marein 8 [201] bereits bestehendes Benefizium Cura animarum erteilen ■ ■ St. Antonius (Marein) 1786 Mai 17 86 fl. 58 xr. St. Martin am Kofl [280] bereits bestehendes Benefizium Cura animarum erteilen Tarsch mit Freiberg [400] bereits bestehendes Benefizium Cura animarum erteilen ■ St. Carpophorus (Tarsch) 1786 Sept. 21 189 fl. 31 xr. Trums und Vorberg [200] Kirche und Widum erbauen ■ Kirche U. L. F. auf dem Bichel (Latsch) 1786 Sept. 9 228 fl. 50 xr. Lichtenberg --- ■ St. Christina (Lichtenberg) 1786 Juni 24 12 fl. 30 xr. Mals Planeil 9 [300] bereits bestehendes Benefizium Cura animarum erteilen ■ ■ St. Benedikt (Mals) 1786 Mai 20 70 fl. ■ St. Christina 10 (Tartsch) 1786 Juni 22 45 fl. ■ St. Johannes d. T. (Mals) 1788 April 4 95 fl. 6 xr. --- ■ ■ St. Joseph (Tartsch) 1786 Juni 22 9 fl. 15 xr. ■ St. Martin (Mals) 1788 April 4 143 fl. 41 xr. ■ St. Michael (Mals) --- ■ St. Nikolaus (Mals) --- Marienberg Schlinig 11 [150] Besetzung durch einen Benediktinerpater aus Marienberg ■ Hl. Kreuz kein Inventar --- ■ St. Stephanus kein Inventar --- Naturns Pfossental [112] 1785 noch unberücksichtigt ■ ■ St. Laurentius (Staben) 1786 Mai 18 60 fl. 54 xr. Tschirland 12 [309] Weltgeistlicher (Verlegung des St.-Eulogius-Benefizums) ■ ■ St. Ursula auf dem Berg 1786 Mai 17 76 fl. 45 xr. Schlanders Morter [350] Expositur besteht bereits (1785) 13 ■ St. Albuin (Schlanders) 1787 Nov. 29 1486 fl. 14 ½ xr. ■ ■ St. Jenewein (Ladurnerhof, Schlanders) 1787 Nov. 29 --- ■ ■ St. Antonius (Goldrain) 1786 Sept. 21 --- Nördersberg [345] Umbesetzung eines ehemaligen Dominikaners nach Göflan 14 ■ ■ St. Ägidius (Kortsch) 1786 Sept. 21 12 fl. 38 xr. --- ■ St. Georg (Kortsch) 1787 Nov. 10 363 fl. 54 xr. ■ St. Nikolaus --- <?page no="165"?> 165 Pfarrei Exposituren 1786 [Einwohner im Jahr 1785] Bemerkungen Sperrung von Gotteshäusern ■ Verzeichnis 1786 ■ Verzeichnis 1789 2 Datum des Inventars und Summe des Vermögens der gesperrten Kirchen 3 Schlanders [Forts.] --- ■ St. Thomas (im Ansitz Freienturm, Schlanders) --- ■ ■ St. Walburga (Göflan) 1786 Sept. 21 16 fl. 36 xr. Schluderns --- ■ St. Antonius (Schluderns) 1786 Mai 26 38 fl. Schnals Kurzras 15 [67] 1785 noch unberücksichtigt St. Martin in Passeier Saltaus 16 [260] 1785 als einzige Lokalkaplanei bewilligt, 1786 nur mehr Expositur mit Benediktiner aus Marienberg Stilfs Trafoi [119] wahrscheinlich bereits seit 1785 Expositur / noch Widum erbauen ■ St. Martin --- --- Taufers --- ■ ■ St. Antonius (Taufers) 1786 Mai 24 856 fl. 52 xr. ■ ■ St. Johannes d. T. (Taufers) 1786 Mai 24 53 fl. ■ ■ St. Martin (Taufers) 1786 Mai 24 1316 fl. 30 xr. Tirol-Meran --- ■ ■ St. Gertrud (auf Zenoburg) 1786 Mai 10 205 fl. 22 xr. ■ St. Leonhard (Meran) 1788 Juli 30 7‘788 fl. 47 xr. ■ Sog. Sand-Kapelle (Meran) kein Inventar --- Tschars Tabland und Tannberg 17 [493] ehemaliger Dominikaner Tschengls Tanas 18 [204] bereits bestehendes Benefizium Cura animarum übernehmen ■ St. Ottilia (Tschengls) --- --- Total zu errichtende Exposituren [1785/ 86] 20 Total zu schließende Kirchen [1786-1788] 44 Verzeichnetes Gesamtvermögen 14‘318 fl. 7 xr. 1 BAC, 725.17.001 [Innsbruck / 1786 Januar 7]. 2 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 801: Inventarium von den aufgehobenen Kirchen und Kapellen im Kreis an der Etsch [Bozen / 1789 Januar 20]. 3 Die Originale der Inventarien wurden vom Kreisamt Bozen gesammelt und an das Gubernium nach Innsbruck weitergeleitet mit der Bemerkung, »die noch abgängigen zwey Inventarien wird man sich bestreben, ohne mindesten Zeit-Verlust abzufordern und solche hochselben Nachtrag einzubegleiten« [TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 801 (1789 Januar 20)]. Zweck der Registierung war die Eruierung des gesamten Vermögensstandes der gesperrten »überflüssigen« Kirchen und Kapellen. 4 Fridolin Dörrer schreibt in seiner Dissertation »Zur sog. Pfarregulierung Josephs II. in Deutschtirol« von 1950, die Aschbacher Expositur - wohl geplant - sei »wenn überhaupt, erst in den letzten Lebensjahren Josephs II. zustande gekommen« (Dörrer, Pfarregulierung 345). Zwischen 1812 und 1885 weisen die Schematismen daselbst keinen ortsansässigen Priester aus. Kirchlich wurde die Expositur in Aschbach erst 1885 errichtet (ebd.). 5 1786 war ein Priester vor Ort, obwohl noch kein Widum für ihn bereitstand »Ob und wann es zu einer ordentlichen Expositur kam, ist unbekannt« (Dörrer, <?page no="166"?> 166 Von den im Laufe der Jahre 1785 bis 1787 zu errichtenden 20 Exposituren im Dekanat Vinschgau, welche von Seiten des josesphinischen Verwaltungsapparates für kirchliche Angelegenheiten definitiv bewilligt worden waren, standen deren 13 bereits auf der 1785 abgesandten Liste der Geistlichen Hofkommission; für Vellau und am Nördersberg bestand 1785 noch Klärungsbedarf. 207 1785 noch unberücksichtig geblieben, nach entsprechenden Abklärungungen bzw. Interventionen der Gemeinden in die Liste aufgenommen, wurden Aschbach, Kurzras sowie die Seelsorge im Pfossental; ganz neu figurieren St. Magdalena in Gratsch und Allitz am Eingang des Gadriatals. Zwischen 1786 und 1788 kamen weitere Exposituren (Erhebung von bereits bestehenden Benefizien) hinzu: Eyrs, Goldrain-Tiss, Karthaus und Rabland. 208 Im Juni 1789 folgten per kaiserlicher bzw. gubernialer Verfügung die Exposituren in Pleif (Langtaufers), Mathon und Spiss, auf deren Zustandekommen im nächsten Kapitel eingegangen wird. Als »Werk der Gemeinde« kann schließlich die zwischen 1792 und 1795 errichtete Expositur in Reschen bezeichnet werden. 209 Im Schreiben vom 24. Oktober 1786 des Churer Bischofs an das Gubernium nach Innsbruck bestätigte Franz Dionys von Rost, er habe gegen die nun mehr von staatlicher Seite bewilligten und zu errichtenden Exposituren im Kreis Burggrafenamt und Vinschgau »keine Gegenerinnerungen vorzulegen und finden uns bereit, soviel von uns abhängt, bestens beyzuwirken und die aufzustellenden Beneficiaten mit der Seelsorgebewilligung zu versehen« 210 . 207 Marein, Morter, Planeil, Saltaus, Schlinig, St. Martin am Kofl, Tabland und Tannberg, Tanas, Tarsch mit Freiberg, Trafoi, Tschirland, Trums und Vorberg, Vernuer und Gfeis. Vgl. oben S. 151-f. 208 Dörrer, Pfarregulierung 345-348. 209 Dörrer, Pfarregulierung 351 f. 210 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 457-466 [1787 Oktober 24], hier S. 465. Pfarregulierung 344). 1812 verzeichnet der Brixener Schematismus lediglich eine Filialkirche in Vellau ohne Priester, deren Bewohner ex currendo von Algund aus betreut wurden (ebd.) 6 Die von Kaiser Joseph II. bereits 1785 angeordnete Errichtung einer Expositur, wurde erst 1802 durch die Übertragung des Laichardtingerischen Benefiziums von Meran Wirklichkeit (Dörrer, Pfarregulierung 342). 7 Im August 1786 wird festgehalten, dass die Expositur noch nicht errichtet sei. Der Seelsorger vor Ort wohnte aufgrund des ausstehenden Widums auf einem Bauernhof; eine »sichere Nachricht, ob jene vollendet wurde, liegt nicht vor« (Dörrer, Pfarregulierung 347 f.). Der Brixener Schematismus von 1812 weist keinen ortsansässigen Priester aus. 8 Marein, St. Martin am Kofl und Tarsch wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 1786 je zu einer Expositur erhoben; die geplante Expositur Trums und Vorberg wurde nie verwirklicht (Dörrer, Pfarregulierung 157, 346). 9 Planeil wurde entweder noch 1786 oder im Folgejahr als Benefiziatsstelle zur Expositur erhoben (Dörrer, Pfarregulierung 349). Dörrer zählt auch Tartsch und Plawenn zu den um 1786/ 87 errichteten Exposituren (ebd.). 10 Die Kapelle St. Christina in Tartsch wurde 1803 in ein Schulhaus und 1850 in ein Armenhaus umgewandelt (Tinkhauser/ Rapp IV 681 f.) 11 Schlinig wurde noch 1786 oder im Folgejahr zur Expositur umgewandelt (Dörrer, Pfarregulierung 349-351). 12 Für die beiden geplanten Exposituren im Pfossental und in Tschirland finden sich keine eindeutigen Nachweise (Dörrer, Pfarregulierung 345). 13 Atz/ Schatz V, 119-124; Dörrer, Pfarregulierung 347. 14 Göflan wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1786 zur Expositur erhoben; als Seelsorgekirche diente St. Martin (Dörrer, Pfarregulierung 347). 15 Interessanterweise bleibt Karthaus (gehörte zu Katharinaberg) unerwähnt, wo im Zuge der Pfarrregulierung 1786 ein Lokalkaplan eingesetzt wurde. Die Klosterkirche St. Michael wurde gesperrt; für die Seelsorge blieb die St. Anna-Kapelle geöffnet (Dörrer, Pfarregulierung 346). Ab 1787 werden in Karthaus das Taufbuch, ab 1788 auch das Ehe- und Totenbuch geführt (Atz/ Schatz V, 143). 16 Die dortige provisorische Priesterstelle wurde 1786 zu einer ordentlichen Expositur erhoben. Der Forderung nach Erbauung eines Widums kam das Kloster Marienberg hingegen nicht nach; der Seelsorger von Saltaus wohnte im Schildhof (Dörrer, Pfarregulierung 341); 1805 hob man die Expositur wieder auf (ebd.). 17 Blieb unverwirklicht (Dörrer, Pfarregulierung 157). 18 Um 1786/ 87 wurde das bestehende Benefizium in Tanas in eine Expositur umgewandelt, ebenso dasjenige in Eyrs, wo bereits ein Friedhof bestand (Dörrer, Pfarregulierung 348). <?page no="167"?> 167 b) Pfarreinrichtung im Gericht Nauders (zu Tirol) Zu der im heutigen Länderdreieck Italien-Österreich-Schweiz liegenden und flächenmäßig drittgrößten Gemeinde Südtirols, Graun, zählen die Orte Graun 211 , Reschen, St. Valentin auf der Haide sowie die Seitentäler Rojen und Langtaufers. Das Tal Langtaufers selbst weist zwei Seelsorgestationen auf: St. Nikolaus in Hinterkirch (Kapelle 1440 erstmals erwähnt, 1729 Expositur von Graun, heute Pfarrkirche) und St. Martin in Pedross (Kapelle 1727 erstmals erwähnt, 1794 Expositur von Graun, heute Pfarrkirche). 212 Für die Durchführung der josephinischen Pfarreinrichtung bildete der Hauptmann des Kreisamtes Oberinntal (1754-1848) mit Sitz in Imst die Verbindungsinstanz zur zentralen Landesbehörde (Gurbenium) in Innsbruck einerseits und zu den einzelnen (Land-)Gerichten andererseits. Dieses Kreisamt umschloss ab 1784 auch das Gericht Nauders sowie (bis 1803) Tarasp; darin eingeschlossen waren die erwähnten Gemeinden Reschen, die Täler Rojen und Langtaufers sowie Mathon im Paznaun- und Spiss im Samnauntal, welche kirchlich zu Ischgl bzw. zu Nauders gehörten und im Dekanat Walgau bzw. Engadin lagen. In seinem Schreiben vom 24. Oktober 1786 an das Gubernium geht der Churer Bischof Dionys von Rost auf die vom Pflegamt Naudersberg und dem Kreisamt Oberinntal eingebrachten Vorschläge zur Seelsorgeplanung in Reschen, Langtaufers, Mathon und Spiss ein. 213 Für Reschen sei es für die Pastoral von den etwa 600 Katholiken irrelevant, »ob dahin ein Lokalkaplan oder ein Cooperator expositus gestellt werde«; hingegen erachte er den ausgewiesenen Gehalt von 200 fl. für zu gering, um einem eifrigen Arbeiter im Weinberg des Herrn einen »zureichenden Unterhalt« zu ermöglichen. Zudem bemerkte der Ordinarius, der gegenwärtige Benefiziat bei St. Sebastian in Reschen, Johann Georg Lechtaler aus Graun (1752-1789) 214 , sei für die Seelsorge tauglich, aber schon fortgeschrittenen Alters (ca. 67 jährig). 215 Für Langtaufers habe man am Ordinariat Chur »die Nothwendigkeit eines eigenen Priesters schon lange erkannt« und entsprechend wiederholt den Bewohnern des Tals nahegelegt, das bestehende Benefizium St. Nikolaus in Hinterkirch besser zu dotieren (so etwa 1738, 1755, 1767, 1779) 216 . Kirchlicherseits habe man für die Schaffung einer Kuratie plädiert, die Filialkommission ihrerseits habe 1782 eine Lokalkaplanei empfohlen, 1785 sei jedoch lediglich eine Expositur genehmigt worden. 217 Gegenwärtig sehe das Pflegamt zu Naudersberg, unterstützt durch das Kreisamt Oberinntal, die Notwendigkeit einer neuen Kuratie »gegen die Mitte des Thals«; möglich scheine auch ein zweiter Kurat mit Standort in Hinterkirch. Nur mit der Stationierung zweier Seelsorger könne »den Dürftigkeiten all dieser zerstreuten Jnnwohnern vollends abgeholfen werden«. 218 Der Bischof macht das Gubernium auf eine Begebenheit aufmerksam, welche dem Kreisamt offensichtlich bislang unbekannt war. Der Benefiziat müsse »wochentlich zweymal bei der äußern Kirche [St. Martin in Pedross], an Sonn- und Feyertagen aber abwechselnd daselbst seine Messe lesen und auch 211 Die Reste des eigentlichen Graun befinden sich heute auf dem Grund des Reschen-Stausees, der 1950 errichtet wurde. Bis auf den denkmalgeschützten Kirchturm, welcher weithin sichtbar und beinahe mahnend aus den Wassermassen ragt und im Gemeindewappen seinen bleibenden Platz gefunden hat, wurden damals alle Gebäude geschleift und das Dorf am östlichen Talrand neu errichtet. 212 Zur Orts- und Kirchengeschichte Langtaufers siehe Hermann Theiner, Chronik der Gemeinde Langtaufers, in: Talbuch Langtaufers, hrsg. im Auftrag der Gemeinde Graun im Vinschgau von Herbert Raffeiner, Peter Eller, Erhard Joos und Alois Stecher, Graun 2010, 257-338; Hainz, Geschichte 493-541. 213 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 457-466 [1786 Oktober 24]. 214 Fischer, Visitationen 271. 215 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 458-459. 216 Fischer, Visitationen 270 f. 217 Siehe oben S. 151. 218 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 460. <?page no="168"?> 168 einen geistlichen Unterricht abhalten«. 219 Diese seit 1729 bestehenden Verpflichtungen 220 forderten die Bewohner in der vorderen Talhäfte zu Recht ein, da der Benefiziat mit Sitz in Hinterkirch einen gewissen Anteil seines Entgelts aus ihrer Kasse bezog. Es sei deshalb beiden Parteien nicht geholfen, wenn der Geistliche jeden zweiten Sonntag einen bis zu zweistündigen Weg zurücklegen müsse, um in Pedross zu zelebrieren. Ein doppeltes Benefizium sei aus diesen Gründen doch wohl unumgänglich. Der bereits seit 1764 (bis 1793) in Hinterkirch amtierende Benefiziat, Joseph Eller aus Graun (geb. 1724) 221 , inzwischen 63-jährig, könne »zu vergnüglicher Ausübung sämmtlicher Seelsorge nicht angemessen oder zureichend erachtet werden«. 222 In Mathon, einer Filiale der Pfarrei Ischgl im Paznauntal, habe sowohl das Ordinariat als auch das gemeinschaftlich verfasste Pfarreinrichtungsprotokoll für die Erhebung des dort bereits befindlichen Benfiziums zu einer Kuratie plädiert, der kaiserliche Entschluss hingegen genehmigte zwar lediglich einen »eigenen Priester als Cooperator expositus« 223 , doch seien diesem in der Person von Joseph Albl aus Reschen ›in nomine parochi‹ alle pfarrlichen Verrichtungen zugesichert worden, und man habe ihn von den nach Ischgl bislang zu liefernden Abgaben befreit. 224 Die Gemeinde Spiss im Samnauntal schließlich liege 2 bis 3 Stunden von der Pfarrkirche Nauders entfernt und bedürfe schon aus diesem Grund eines ständig ansässigen Seelsorgers. Das örtliche Benefizium zu einer Kuratie zu erheben, wie dies von Chur nachhaltig gefordert worden sei, so der Bischof, habe die kaiserliche Verordnung von 1785 nicht entsprochen, doch die Zusage einer Expositur zeige, dass die »Nothwendigkeit eines eigenen Priesters genugsam« erkannt worden sei. 225 Im Anschluss an die Hinweise aus Chur verlangte das Gubernium über das Kreisamt in Imst beim Pflegamt Naudersberg bzgl. der Seelsorge in Langtaufers und Spiss weitere Auskünfte. Es ging zum einen um die Frage, »ob nicht zu Paizin [Pazin] als dem Mittelpunkt des Thals eine Kirche erbauet und dahin eine Lokal Kaplaney verlegt werden könnte« 226 , zum anderen um die Erruierung der genauen Einkünfte des Benefiziaten in Spiss, welcher gemäß bischöflichen Angaben 227 ein zu geringes Einkommen aufweise. Pflegeamtsleiter Angerer schrieb am 1. Februar 1787 nach Imst, man könne zu Pazin oder »besser zu Pleif als dem wohnhaften Mittelpunkt« des Langtauferser Tals eine Kirche erbauen. Der Kaplan in Spiss beziehe total 160 fl. 29 xr., »wofür derselbe 24 Jahrtäge zu halten und noch 18 heilige Messen zu lesen« verpflichtet sei. 228 Franz von Laicharding, Kreishauptmann in Imst, informierte seinerseits am 28. Februar 1787 in einem ausführlichen Schreiben das Gubernium über den Stand der Situationen in Reschen, Langtaufers, Mathon und Spiss, worin er sich wiederholt auf das bischöfliche Schreiben vom 24. Oktober 1786 aus Chur bezog, welches er als ein »mit besonderer Einsicht und wahrem Seeleneifer« verfasstes Schriftstück zu rühmen wusste. 229 Für die Seelsorge in Reschen sei die Schaffung einer Expositur genügend, wenn dem Innhaber ›cum dependentia a parocho‹ alle Pfarrverrichtungen übertragen würden. Wegen der geringen Einkünfte des Kaplans und der Bedürftigkeit der Bewohner hänge es weitgehend vom Entscheid des Kaisers ab, ob die bislang nach Graun bezahlten Stolgebühren in der Höhe von 109 fl. 20 xr. weiter dahin entrichtet werden müssten oder ob solche nicht doch dem Gehalt des örtlichen Seelsorgers zugeführt werden könnten, um nicht zuletzt den Religions- 219 BAC, 762,18 [1786 Oktober 24], S. 461. 220 Hainz, Geschichte 497. 221 Hainz, Geschichte 503. 222 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 462. 223 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 462. 224 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 463. 225 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 463-464. 226 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 1]. 227 BAC, 762.18 [1786 Oktober 24], S. 464. 228 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 1]. 229 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 28], hier S. 3. <?page no="169"?> 169 fonds zu entlasten. 230 In Langtaufers plädierte Laicharding, da die Errichtung zweier Kaplaneien im Tal für den Religionsfonds zu kostspielig ausfielen, für die Schaffung einer neuen Lokalkaplanei (Bau einer Kirche mit Widum) in Pazin oder Pleif; aufgrund der gegebenen Umstände zweifle man nicht an der Genehmigung durch das Gubernium; die Talbewohner würden sich sicherlich auch »zu verhältnüßmässigen Beyträgen zu den Gebäuden bequemen«. 231 Mathon, wo »eine eigene Seelsorge höchst nöthig seye«, müsse sich die Gemeinde mit einem Expositus begnügen, da die gestifteten Einkünfte allein nie die Höhe von 300 fl. - Grundgehalt eines Lokalkaplans - erreichten und so eine Separation von Ischgl gegenwärtig unmöglich zu verwirklichen sei. 232 Mit Hilfe einer Regelung der Besoldung des Seelsorgers in Spiss könne daselbst ebenfalls ein Expositus finanziert werden. Zu den oben bereits erwähnten 160 fl. 29 xr. müsste der Religionsfonds jährlich einen Zustupf von 39 fl. 31 xr. sicherstellen, um auf den Grundgehalt von 200 fl. zu kommen. 233 Mit Datum des 18. Juni 1789 sandte das Gubernium den durch Kaiser Joseph II. am 10. Juni erlassenen Entscheid über das Pfarreinrichtungsgeschäft im Kreis Oberinntal an den Churer Bischof. 234 Für das im Bistum Chur gelegene Gebiet Gericht Nauders erging folgender Beschluss: Reschen: von der einstmals vorgeschlagenen Expositur wird abgesehen, Gemeinde bleibt bei Graun Rojen: soll nach Prüfung durch das Kreisamt Oberinntal einer näheren Seelsorgestation (bisher zu Graun) zuordnet werden Langtaufers: Errichtung einer neuen Expositur in Pleif als Mittelpunkt des Tals (Bau einer Kirche mit Widum) nach dem Ableben des Benefiziaten in Hinterkirch, Joseph Eller (resignierte am 1. Mai 1793) 235 Mathon: Bestätigung der Erhebung des bestehenden Benefiziums zu einer Expositur (finanzielle Unterstützung durch den Religionsfonds zugesichert) / jeweils notwendige Kirchen- und Widumsreparationen sind durch die Gemeinde zu bestreiten Spiss: Bestätigung der Erhebung des bestehenden Benefiziums zu einer Expositur Diese »höchste Entschließung« sei auch dem Kreisamt Oberinntal unterbreitet worden und den Behörden aufgetragen worden zu veranlassen, »daß zu Mathon und Spiß die Taufsteine und Friedhöfe auf das ehethunlichste errichtet und die Gränzscheidung zwischen der alten und diesen neu errichteten Seelsorgen zur Vermeidung aller künftigen Jrrungen […] durch die Behörden vorgenommen werden« 236 . Dem Churer Bischof wurde befohlen, »den alten Pfarren zu Jschgl und Nauders aufzutragen, daß sie den exponierten Kaplänen zu Mathon und Spiß die geistliche Gerichtsbarkeit ein für allemal delegieren sollen, damit diese Kapläne an Ort und Stelle die Taufen, Trauungen und Begräbnisse zur Erleichterung der Gemeinden vornehmen können« 237 . 230 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 28], S. 5-7. 231 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 28], S. 7-13, Zitat S. 13. 232 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 28], S. 13-14. 233 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1571), Nr. 4544 [1787 Februar 28], S. 15-16. 234 Original in: BAC, 725.20.006 [1789 Juni 18]; Wortlaut in: Anhang, Quellentext Nr. 13, unten S. 339-342. 235 Hainz, Geschichte 503. - Die Errichtung der Expositur für den äußeren Teil von Langtaufers erfolgte im Zusammenhang mit der Verlegung des Zöttlschen Benefiziums von der Stadtkirche Meran nach Pedross am 15. Dezember 1794 (Abfassung des Stiftsbriefes) und zwar nicht wie von Joseph II. anbefohlen im Ort Pleif, sondern bei St. Martin in Pedross; am 16. Februar 1795 wurde die Errichtung durch den Churer Bischof bestätigt (Hainz, Geschichte 498). 236 BAC, 725.20.006 [1789 Juni 18]. 237 BAC, 725.20.006 [1789 Juni 18]. <?page no="170"?> 170 c) Bemerkungen zum Problemfeld »exponierte Kapläne« Fridolin Dörrer streicht in seiner 1950 vorgelegten, jedoch nicht gedruckten Dissertation »Pfarr-, Dekanats- und Diözesanregulierung Josephs II. in Tirol« 238 zu Recht heraus, dass die auf dem tirolischen Gebiet im Zuge der Pfarreiregulierung bereits eingesetzten oder noch geplanten Expositi »keine Seelsorger im engeren Sinn« 239 gewesen seien, sondern entweder als ehemalige Ordensgeistliche aus den aufgehobenen Klöstern oder aus den Reihen der überzähligen einfachen Benefiziaten kommend, als zur Seelsorge tauglich befundene exponierte Kapläne auf diese neu geschaffenen Posten gesetzt wurden. In dem der kaiserlichen Hofresolution vom 22. Januar 1785 beigefügten »Verzeichniß derjenigen Ortschaften in Tyrol und dem Vorarlbergischen« 240 findet sich erstmals die Spalte mit 88 Posten (wovon 64 auf Deutschtirol fielen), betitelt mit: »Die Gemeinden bekommen einen Exponierten Kaplan mit der Abhängigkeit vom nächsten Pfarrer«. Die umfangreichen Ausführungsbestimmungen des Guberniums zur Resolution gingen auf diesen neuen, bislang noch nie erwähnten Begriff ›exponierter Kaplan‹ nicht näher ein; es geht lediglich daraus hervor, dass für diese exponierten Kaplanstellen »durchgehends, in so weit die Plätze nicht mit gestifteten tauglichen Benefiziaten schon besetzet«, Geistliche »aus den Mendikantenorden zu wählen« waren 241 , die jährlich einen Mindestgehalt von 200 fl. bezogen und dem nächstgelegenen ordentlichen Parochus unterstanden; über das Ausmaß ihrer Befugnisse schweigen die Bestimmungen. 242 Dörrer betont, das Gubernium habe »diesen Ausdruck nach Art der Hofdekrete für ordentliche Seelsorgestationen« 243 gebraucht und damit alsbald, insbesondere hinsichtlich der Sakramentenspendung und Begräbnisregelung, für Verwirrung bzw. kirchlicherseits für Einsprachen gesorgt, welche nach Präzisierung und Klärung verlangten. Nachdem am 30. März 1786 das Gubernium bestimmt hatte, »überall dort, wo begraben werden muß« - vorzüglich bei Exposituren auf dem Land -, seien notwendigerweise auch Friedhöfe zu errichten 244 , sah sich diese Stelle bereits am 26. April 1786 zu einer Klarstellung genötigt: Das Begräbnisrecht, welches grundsätzlich nur einem Pfarrherrn zustehe, bleibe unantastbar; doch »es stehet in Willkühr des Pfarrers, ob er dieses oder dergleichen in die pfarrherrliche Gerichtsbarkeit unmittelbar einschlagende, ihm verfüglich stehende Verrichtungen seinem exponierten Kaplan und gegen welche Bedingnisse überlassen wolle« 245 . Am 20. Mai 1786 folgte ein klärendes Schreiben der Geistlichen Hofkommission an alle Bischöfe, die Gebietsanteile in Tirol besaßen, also auch an den Churer Ordinarius. 246 Darin gestattete das staatliche Organ den exponierten Kaplänen aushilfshalber, nicht aber ›in nomine parochi‹ [! ], Taufen, Trauungen, Versehgänge zu Sterbenden und Begräbnisse. Alle hierfür erhaltenen Stolgebühren hatten an den zuständigen Pfarrer abgeführt zu werden; einzig die einfachen Messstipendien konnten die Expositi behalten. Das Taufwasser für die Sakramentenspendung hatten die Kapläne aus der Pfarrkirche zu holen und zeichneten für eine hygienisch einwandfreie Aufbewahrung in der Lokalkaplanei verantwortlich. An Sonn- und Feiertagen durfte auf den Exposituren lediglich eine Frühmesse (Segensmesse mit ev. kurzer Predigt) gehalten werden; die Gemeinde war nach wie vor verpflichtet, zur Hauptmesse in ihre Pfarrkirche zu gehen. Entsprechend mussten die Eheverkündigungen immer in der Hauptkirche vorgenommen werden; auch der österliche Sakramentenempfang blieb (im Regelfall) der Pfarrkirche vorbehalten. Zudem, 238 So der ursprüngliche Titel der Arbeit; Exemplar in TLA, 138. 239 Dörrer, Pfarregulierung 110-132, hier 110. 240 Siehe oben S. 148 (Abb. 43). 241 BAC, 725.16.001 [1785 Februar 19], S. 5-6; siehe Anhang, Quellentext Nr. 10, unten S. 315-322. 242 Dörrer, Pfarregulierung 112. 243 Dörrer, Pfarregulierung 112. 244 TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Sachen 1786, Nr. 795; Dörrer, Pfarregulierung 112. 245 TLA, Jüngeres Gubernium, Geistliche Sachen 1785, Nr. 795; Dörrer, Pfarregulierung 114 f. 246 Dieses Schreiben ist im Bischöflichen Archiv Chur unter den Beständen BAC, 725 und BAC, 726 nicht überliefert. <?page no="171"?> 171 so die Weisung, waren die Territorien der Exposituren nochmals genau abzugrenzen, um Streitigkeiten zu vermeiden. Die Ordinariate hatten ihre Geistlichen über diese Weisungen bald möglichst in Kenntnis zu setzen. 247 Im entsprechenden Antwortschreiben vom 7. Juli 1786 248 aus Chur an das Gubernium in Innsbruck begrüßte Bischof Dionys von Rost im Grundsatz die bislang fehlende Umreißung der Aufgaben der Expositi »zur Beförderung des Seelennutzens«, stellte sich aber gegen die von staatlicher Seite weitestgehend selbstherrlich gewährten Zugeständnisse an die Kapläne. Das Volk, so argumentierte von Rost, würde sich wenig um die Art und Weise kümmern, mit welcher Autorität der Seelsorger vor Ort handelte. Vielmehr wären sie dankbar, außer der Osterkommunion und bei Ehehindernissen, in ihrer Siedlung kurze Gottesdienste besuchen zu können; daraus resultuiere quasi ungewollt die Gefahr, die Pfarrkirche immer weniger zu frequentieren, an Sonn- und Feiertagen nach Besuch der Frühmesse vor Ort lieber »die übrigen Stunden in Winkelgesellschaften oder Würthshäusern zuzubringen« und damit ihren eigentlichen »wahren Seelsorger« in der Person des Pfarrers immer weniger zu schätzen, da man mit ihm bald nichts mehr zu schaffen habe. Dieser Tatsache könne man seiner Ansicht nach nur entgegenwirken, wenn die Nebenorte mit den Expositi konsequent zu Kuratien erhoben würden, wenn also die dortigen Benefiziaten mit Einschränkung der Osterpflicht und Ehegerichtsbarkeit praktisch zu selbständigen Seelsorgern mutierten. 249 Zudem dürfe man den finanziellen Aspekt nicht ausblenden, dass die exponierten Kapläne bislang »mehrfach, wenn nicht größten Theils, sehr geringen Unterhalt genossen« und sich nur »kümmerlich durchzubringen« vermochten. Bei der Aufbürdung der ganzen Seelsorge vor Ort sei es deshalb unabdingbar, ihnen einen »standesmässigen Unterhalt« zu garantieren, denn ohne diese Zusicherung könne »kein zu großer Eifer erwartet werden«. Vielmehr wachse unweigerlich der Mangel an nötiger Kompetenz; bei Vakanzen ließen sich kaum Geistliche für diese schlecht bezahlten Posten finden, weshalb, denke man alles zu Ende, das gläubige Volk letztlich »schlechter als vorhin besorget seyn dürfte«. 250 Deshalb müsse jede bereits bestehende Expositur und solche noch geplante Stelle auf ihre Beschaffenheit einzeln besser überprüft werden. Unter »all diesen Umständen« ging der bischöfliche Vorschlag an das Gubernium dahin, »nicht allgemein«, sondern spezifisch »nur in den Orten, wo mehrere Nothwendigkeit vorhanden« wäre, [wo] »die Beneficiaten mit hinreichendem Unterhalt versehen sind oder von den betreffenden Gemeinden oder andern Gutthätern mit solchem versehen werden könnten oder diesen von dem Religionsfond zu erwarten hätten«, entsprechende Expositi einzurichten. 251 In Innsbruck reagierte man etwas ungehalten: Die Rückantwort vom 22. Juli 1786 an den Chur Ordinarius, welcher anscheinend als einziger Bischof mit tirolischem Anteil bezüglich »dieses Geschäfts eine Einwendung gemacht« hatte, stellte klar, »daß in dem unterm 20. ten May dahin erlassenen Vorschlag niemals angetragen worden seye, derlei Verrichtungen allen exponirten Kaplänen insgemein, sondern lediglich jenen Orten zu überlassen, wo die angeführte[n] Umstände eintreffen« 252 . In Innsbruck sei man überzeugt, die Erklärungen seien vollends ausreichend und die Institution der exponierten Kapläne ein gutes Mittel zur Beseitigung lückenhafter Seelsorge in den oftmals entlegenen Pfarrgebieten. Das aus Chur eingebrachte Argument der Gefahr einer schleichenden Abkoppelung der Filialen von der Mutterkirche sah das Gubernium nicht gegeben. Die den Kaplänen übertragenen Verrichtungen »änderen den Umstand in der Hauptsache nicht, sondern es ist dadurch nur dem Seelenheile und der Bequemlichkeit des Unterthans« dienlich; bei Schaffung von Kuratien hingegen wären die darin zusammengeschlossenen Gemeinden »weit härter zu einem Beitrag für die alte, sie 247 Dörrer, Pfarregulierung 117-119. 248 Abschrift in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 397-403 [1786 Juli 7]. 249 BAC, 762.18 [1786 Juli 7], S. 398-399. 250 BAC, 762.18 [1786 Juli 7], S. 399-400. 251 BAC, 762.18 [1786 Juli 7], S. 401. 252 Original in: BAC, 725.17.008 [1786 Juli 22]; ferner Dörrer, Pfarregulierung 125 f. <?page no="172"?> 172 nicht mehr berührende Pfarrkirche zu bewegen«; auch könnten sie, falls nötig, nicht mehr einfachhin auf pastorale (Aus-)Hilfen aus der Mutterkirche zurückgreifen. 253 Man hoffe deshalb, dass der Churer Bischof gegen die Absichten des Monarchen »keinen weiteren Anstand nehme« und den zur Seelsorge tauglichen exponierten Kaplänen, und nur diesen, die Administration der Sakramente und das Beerdigungsrecht »sogleich und unbedenkllicher zu übertragen belieben werde« 254 . Am 1. September 1786 folgte abschließend eine klare Stellungnahme aus der Wiener Hofkanzlei; im entsprechenden kaiserlichen Hofdekret wurde betont: »Es sollen auch die exponirten Kapläne ‹ex delegatione› des Pfarrers oder Lokalkaplans, dem sie unterstehen, an Ort und Stelle die Taufen, Trauungen und Begräbnissen zur Erleichterung der Gemeinden (und nur aushilfsweise) vornehmen; maßen ihre Bestimmung ohnehin die Seelsorge ist, die diese Handlungen mitbegreift, und es gemeiniglich nur der Eigennutz des Pfarrers war, sich dergleichen Verrichtungen vorzubehalten, die mit Zahlungen verbunden sind.« 255 Ferner wurde daran erinnert, dass an jenen Orten, »wo lediglich nur ein exponierter Kaplan angestellt, und in dessen Kirche kein Taufstein verhanden ist, hätte dieser gleich nach beschehener Taufweihe das Taufwasser aus der betreffenden Mutterkirche herzuholen und zum erforderlichen Gebrauch bey sich anständig zu verwahren«, des weiteren »eine ordentliche und vorschriftmäßige Aufschreibung der Getauften, Verehelichten und der Verstorbenen zu halten« und die Liste »von halben zu halben Jahr seinem vorgesetzten Seelsorger einzustellen, damit dieser die anbefohlene Totaltabelle behörig einstellen könne«. 256 Fazit: Die Schaffung der sog. »exponierten Kaplaneien« ist eine staatliche Eigenentwicklung unter Joseph II. zur Förderung der Seelsorge in den von der Mutterkirche nach wie vor abhängigen, aber zum Teil weiter entfernten Filialgemeinden und ermöglichte den Inhabern daselbst, welche zwar mit 200 fl. eine magere Einkunftsgarantie hatten, die (mit Ausnahmen versehene) Sakramentenspendung und Beisetzung der Verstorbenen auf den eigens errichteten Friedhöfen. Der vergebliche Einwand des Churer Bischofs gegen diesen Sonderstatus der Expositi, welche von der weltlichen Hand ihr Tätigkeitsfeld umschrieben bekamen, macht deutlich, wie weit damals die Einflussnahme des josephinischen Staatsapparates in die Belange der Seelsorge reichte. d) Verzögerung bei Errichtung von Exposituren und Sperrung von Kirchen im Dekanat Walgau Bereits in den früheren Ausführungen konnte aufgezeigt werden, wie schleppend das unter Joseph II. intensivierte »Pfarreinrichtungsgschäft« im vorarlbergischen Churer Bistumsanteil vonstattenging. Ein ausführliches Schreiben vom 14. Oktober 1787 257 des Kreis- und Oberamtes Bregenz, welches seit 1786 unter Leitung eines Kreishauptmanns mit umfassenden Befugnissen über alle Obrigkeiten im Land Vorarlberg stand, und dem neu auch die Vogteiämer Feldkirch und Bludenz zugeordnet waren 258 , bot dem Adressaten, dem Oberösterreichischen Landesgubernium in Innsbruck, ein kurzes Résumé über die zwischen 1782 und 1787 vollzogenen Schritte. Wie in anderen Teilen Vorarlbergs sei auch in den Vogteiämtern Feldkirch und Bludenz im Anschluss an die kai- 253 BAC, 725.17.008 [1786 Juli 22]. 254 BAC, 725.17.008 [1786 Juli 22]. 255 Zitiert aus einem Druck vom 7. März 1787 aus Bozen, worin der Kreishauptmann an der Etsch, Johann Andre von Franzin, diverse Weisungen der Landesstelle in Innbruck »zur Beförderung und Gleichförmigkeit des Seelsorgeinrichtungs- Geschäfftes und Behebung verschiedener Zweifel« zur Erinnerung und »pflichtschuldiger Nachachtung« zusammenfasste (BAC, 725.18.002 [1787 März 7]). 256 BAC, 725.18.002 [1787 März 7]. 257 Original in: TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203 [1787 Oktober 14]. 258 Alois Niederstätter, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 2: Vorarlberg 1523 bis 1861. Auf dem Weg zum Land, Innsbruck 2015, 133. <?page no="173"?> 173 serliche Resolution vom 22. Januar 1785 259 »die Umpfarrung zerschiedener Gemeinden in Vollzug« gegangen, indem die Vorschläge zusammen mit den betroffenen Gemeinden erörtert und mit einem Ordinariatsgutachten im Juli 1785 nach Innsbruck spediert wurden. 260 Die eingereichten Vorschläge habe die Geistliche Kommission am 1. Oktober 1785 an das Oberamt Bregenz mit dem Auftrag retourniert, zwecks Schonung des arg trapazierten Religionsfonds, welcher die Seelsorger zu finanzieren sowie für diverse bauliche Maßnahmen (Kirchenbauten, Pfrund- und Mesnerhäuser) Gelder zur Verfügung stellen sollte, weitere Möglichkeiten auszuloten, auf welche Art und Weise dringend notwenige Einsparungen zu erreichen seien, - insbesondere »welche Kirchen und Kapellen als überflüßig und entbehrlich gesperret werden könnten, wie hoch das Vermögen dießer zu sperrenden Kirchen und Kapellen sich belaufen möchte und wie viel endlich sich allenfalls aus derselben Geräthschaften und selbst aus den Gebäuden zum Besten des Religionsfond beiläufig erlösen ließe«. 261 Das ganze Geschäft »blieb in dieser Lage«, kam also vor allem wegen der klemmen Finanzlage des staatlichen Fonds nicht weiter voran - bis März 1786. Ein mit Datum vom 4. März ausgestelltes neues Schreiben aus Innsbruck erreichte den Landvogt in Bregenz am 28. März 1786; der Auftrag habe gelautet, unter Beiziehung der ortskundigen Lokalkommissare die 1785 vorgelegten Varianten bzgl. Pfarreinrichtung »genauestens« zu überarbeiten und auf »mehrer Nothwendigkeit« zu berichtigen, damit »dießes geschäft [Einrichtung neuer Seelsorgestellen und/ oder Umpfarrung] am besten und mit möglichster Schonung des Religionsfond bewerket werden könnte«. 262 Mit »pflichtschuldigstem Eifer und Aufmerksamkeit« habe er persönlich, so resumiert der Kreishauptmann im Bericht vom 14. Oktober 1787, »über alle Lokal-Umstände genaue und verläßliche Auskünfte eingehohlet«. Bei Zusammenkünften mit den Dekanatsbeauftragten seien auch Überlegungen zur Sperrung von überflüssigen Gotteshäusern eingeflossen und zu Protokoll genommen worden. Dabei sei man grundsätzlich übereingekommen, »daß die Vermögenheiten dießer Kirchen und Kapellen durch die betreffende[n] Gehörden erhoben, die darauf haftende[n] Stiftungen und andere Oblagen ausgewiesen, die Paramenten und Gerätschaften inventieret und dieße, wie auch das Materiale, geschätzet werden«. 263 Alle hierüber verfassten Untersuchungsprotokolle seien im Januar 1787 zusammen mit einem »Tabellarischen Ausweiß der Vermögenheit aller zu sperren angetragenen Kirchen und Kapellen« nach Innsbruck gesandt worden. 264 Damit hoffte man, den Gegenstand des Pfarreinrichtungsgeschäfts endlich »vollständig erschöpfet« zu haben; man erwartete den Entscheid des Kaisers, welche Gotteshäuser wirklich gesperrt und welche neuen Seelsorgeposten »vorzüglich durch die von den gesperrten Kirchen und Kapellen erübrigende Vermögenheit« errichtet werden sollten. 265 259 Siehe oben S. 147-149; Anhang, Quellentext Nr. 9, unten S. 306-314. 260 Das Schreiben betont: »Auch damahl bestunde noch zwischen dem Oberamt Bregenz und den Vogteyämtern Feldkirch und Bludenz keine Verbindung. Es ist aber aus den nach der Zeit anher mitgetheilten Akten zu entnehmen, daß auch dieße zwei Ämter im Jahr 1785 die Baurisse und Bauköstens-Überschläge in betreff der in ihren Bezürken zu erbauen bestimmten Kirchen, Kaplaney- und Mesmer-Häuser an hohe Stelle haben gelangen laßen.« (TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren [Fasz. 1567], Nr. 16203, S. 6-7). Siehe hierzu oben S. 155-162. 261 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 6. - Das Kreisamt Bregenz bezifferte im Zuge der Pfarr- und Inventarisierung von Kirchen inkl. Bau- und Unkostenüberschlägen für neue Kirchen und Widen im gesamten Vorarlberg einen Vermögensausweis von 154‘884 fl. (TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren [Fasz. 1567], Nr. 3379). 262 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 7-8. 263 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 8-9. 264 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 1612: Eingangsbestätigung über die von den Ordinariaten Chur und Augsburg eingereichten Protokolle [1787 Februar 3]. 265 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 9-10. - In einem in Bregenz auf den 29. März 1787 datierten und in Innsbruck am 6. April 1787 eingegangenen Schreiben hält das Kreis- und Oberamt für den Vorarlberg fest: »Das mit den bischöflichen Kommissarien verfaßte Pfarreyeinrichtungsprotokoll mit der beygesetzten Meynung, was für Kirchen und Kapellen zu sperren und deren Vermögen zu dem Religionsfond einzuziehen wäre, ist samt den von den Kirchen und Kapellenpflegern verfaßten Jnventarien bereits an ein hochlobliches Oberösterreichisches Landesgubernium einbegleitet worden, und wird hierüber die gnädige Entschließung gehorsamst erwartet.« (TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren [Fasz. <?page no="174"?> 174 Im Archiv der Diözese Feldkirch finden sich für 1786 einige Dokumente, welche den oben geschilderten Geschäftsablauf bestätigen. Zum einen erteilte das Geistliche Offizium in Chur dem Provikar Christian Lentsch am 1. April 1786 den Auftrag, die Beratung mit dem landesfürstlichen Lokalkommissar über die geplanten Exposituren Gurtis, Innerberg, Mathon, Partenen - alle vier wurden 1783 als Lokalkaplaneien vorgeschlagen 266 - und Viktorsberg an die Hand zu nehmen und »zur Berichtigung des Geschäfts bestens beyzuwirken«. 267 Am 8. Mai 1786 sandte das Vogteiamt Bludenz an Lentsch ein erstes Verzeichnis der zu schließenden Kirchen im Herrschaftsgebiet Bludenz- Sonnenberg. 268 Schließlich bietet das überkommene, gemeinsam verfasste Kommissionsprotokoll vom 2. September 1786 des Vogteiamtsverwalters und des Provikars dem Forscher eine exakte Liste der zur Schließung bestimmten »überzähligen« 55 Kirchen (mit Angaben zur Dotation und Hinweisen auf pastorale Notwendigkeit) in den Herrschaften Bludenz und Sonnenberg. 269 Diese Zusammenstellung, wahrscheinlich, wie oben erwähnt, im Lauf des Januars 1787 von Bregenz nach Innsbruck gesandt, sei hier in tabellarischer Form wiedergegeben. Pfarrei [in alphabetischer Reihenfolge] Gotteshäuser Dotationen 1 [gerundet in fl.] Vermerke der Kommission Bludenz St. Laurentius Spitalkirche Hl. Dreifaltigkeit in Bludenz keine Angaben nicht überflüssig Kapelle St. Antonius in Rungelin 1‘732 fl. muss nicht aufgelassen werden Kapelle St. Jakob oder Hl. Kreuz in Bludenz 99 fl. kann aufgehoben werden Kapelle St. Leonhard in Radin 3‘041 fl. keine Notwendigkeit, sperren Kapelle St. Johannes Nepomuk in Lorüns 30 fl. sperren Bartholomäberg St. Bartholomäus Kapelle St. Agatha in Gantschier 74 fl. 3 weitere kleine Kapellen [ohne Namensnennung] 12 fl. Brand Maria Himmelfahrt Kapelle St. Anna in Daleu 53 fl. überflüssig, sperren Braz 2 St. Nikolaus Kapelle Maria Hilf auf dem Mühleplatz 5 fl. sperren Kapelle St. Magnus in Innerbraz 30 fl. sperren Kapelle St. Anna in Ausserbraz 310 fl. entbehrlich Kapelle St. Wolfgang in Gatschief 20 fl. sperren 1567], Nr. 5435). 266 Siehe oben S. 153. 267 ADF, GA 2.1.3.7 [1786 April 1 (Original mit Papiersiegel des Offiziums, unterzeichnet von Kanzler Georg Schlechtleutner)]. 268 ADF, GA 2.1.3.8 [1786 Mai 8]. - Darin werden genannt: In der Pfarrei Bartholomäberg die Kapelle in Gantschier, in der Pfarrei Brand die beiden Kapellen St. Johannes d. T. und St. Wolfgang, in Braz die Kapelle St. Anna, in Frastanz die Kapelle St. Wendelin, in Garschurn die Kapelle Maria Schnee, in der Pfarrei Nüziders die alte Pfarrkirche St.-Vinerius, in Schruns die Kapelle auf dem Kalvarienberg, auf dem Pfarrgebiet von Silbertal die Kapelle St. Agatha am Kristberg und in Vandans die der Muttergottes geweihte Kapelle. Diese Auflistung bedurfte einer Erweiterung seitens der kirchlichen Behörden, denn es heißt klar »nebst unbekannten etwa eingereichten Kapellen, deren Beschaffenheit Euer Hochwürden besser bekannt seyn dürfte« (ebd.). 269 ADF, GA 2.1.3.9 / ADF, GA 2.1.3.10 [1786 September 2]. <?page no="175"?> 175 Pfarrei [in alphabetischer Reihenfolge] Gotteshäuser Dotationen 1 [gerundet in fl.] Vermerke der Kommission Bürs St.-Martin Kapelle St. Johannes Nepomuk in Bürs 35 fl. überflüssig, sperren Kapelle St. Wolfgang an der Straße auf Bürserberg 5 fl. überflüssig, sperren Dalaas St. Oswald Kirche Hl. Kreuz in Dalaas 1‘105 fl. Kirche St. Anna in Wald 4‘095 fl. ein mit Seelsorgeaufgaben verbundener Benefiziat vor Ort »das dortige Volk wünscht wegen der Entfernung von der Pfarrkirche, ds dieses Benefizium zu einer ordentlichen Lokalkaplaney erhoben würde« 9 weitere kleine Kapellen und ein Bildstock [ohne Namensnennung] keine Angaben alle »durchaus überflüssig und daher abzuthun« Frastanz St. Sulpitius Kapelle Maria Opferung in Amerlügen 101 fl. Aufbahrungskapelle St. Wendelin in Frastanz 23 fl. sperren Gaschurn St. Michael Kapelle Maria Schnee in Gaschurn 421 fl. »überflüssig und daher zu sperren« Klösterle St. Johannes d. T. Kapelle zu den 14 Nothelfern in Hof 10 fl. Kapelle Mater Dolorosa in Danöfen 10 fl. Kapelle St. Michael am Langen 18 fl. Kapelle St. Sebastian und Rochus in Sand 9 fl. Nenzing St. Mauritius Luz-Gantenbein-Kapelle auf dem Weg nach Latz 31 fl. Kapelle Maria Heimsuchung in Gurtis 155 fl. Kapelle Maria Schnee in Halden und 2 weitere Kapellen [ohne Namensnennung] 24 fl. Kapelle St. Valentin und Magnus in Latz 216 fl. sperren Kapelle Maria Krönung in Motten 41 fl. Kapelle St. Apollonia in [? ] 332 fl. Nüziders St. Viktor alte Pfarrkirche St. Vinerius in Nüziders 62 fl. baufällig, ganz entbehrlich Kapelle Maria Heimsuchung auf Latz 681 fl. Kapelle St. Magnus bei Nüziders 36 fl. Schruns St. Jodokus kleine Kirche auf dem Kalvarienberg 9 fl. Silbertal St. Nikolaus Kapelle St. Agatha am Kristberg 36 fl. »ist entbehrlich und mithin zu sperren« <?page no="176"?> 176 Pfarrei [in alphabetischer Reihenfolge] Gotteshäuser Dotationen 1 [gerundet in fl.] Vermerke der Kommission St. Gallenkirch St. Gallus Kirche St. Maria Magdalena in Gargellen 1‘572 fl. Ausführungen über die Notwendigkeit der Kirche, 2 Std. von der Pfarrkirche entfernt; separate Bittschrift der Gemeinde Gargellen vom 10. Januar 1787 um Errichtung einer Lokalkaplanei (wird von Christian Lentsch unterstützt) 3 Kapelle am Gatter in Gortipohl 61 fl. alle sechs Kapellen sind »überflüssig und abzuthun« Kapelle Unsere Liebe Frau am Hohen Steg Kapelle Unsere Liebe Frau in Aussergant Kapelle auf Rüti Kapelle Hl. Familie in der Kreuzgasse in St. Gallenkirch Kapelle Maria Hilf in Unterm Schrofen Vandans St. Johannes d. T. Kapelle Unsere Liebe Frau in Vens 516 fl. »ganz entbehrlich« 14 Pfarreien Aufzählung von 55 Kirchen und Kapellen 15‘010 fl. Der Vorsteher des Kreis- und Oberamtes in Bregenz, dessen Hoffnung auf »vollständige Erschöpfung« des Geschäfts sich nicht bewahrheiten sollte, fährt in seinem Schreiben vom 14. Oktober 1787 fort, eine neue, mit dem 9. August datierte und am 28. deselben Monats eingegangene Weisung aus Innsbruck verlange neuerdings ein überarbeitetes »Total-Kumulativ-Protokoll der ganzen Seelsorg-Einrichtung« in Vorarlberg und habe das Kreisamt um einen »Totalbericht mit Reasumierung aller jener Örter« gebeten, »wo neue directivmäßige Seelsorgen zu errichten, oder wo eine Umpfarrung zu beschehen kommt, nicht weniger mit Anführung der Ursachen, welche eine Umstaltung veranlaßen, und endlich überhaupt zu Vermeidung der Weitschichtigkeit mit Bemerkung dero entweder schon getroffenen oder noch zu treffenden Ends-Verfügungen«. 270 Das Amt in Bregenz bemühe sich, so betonte der Schreiber, in dießem so wichtigen als weitschichtig und schon so lang in der Ausarbeitung stehenden Geschäfts der Allerhöchsten und hohen Willensmeinung und Gesinnung auf das Vollständigste zu entsprechen« 271 . Erst am 26. Juni 1788 übersandte das Gubernium dem Churer Bischof die Liste mit den definitiven »vermög allerhöchsten Direktiven« zur Sperrung freigegebenen total 76 Kapellen auf dem Territorium des Dekanats Walgau. 272 Im Begleitschreiben wird von Rost folgendes aufgetragen: »Da wir nun dieße überflüssigen Kirchen und Kapellen ohne weiteren Verzug nach und nach zu sperren dem 270 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 10-11. 271 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1567), Nr. 16203, S. 11. 272 Original in: BAC, 725.19.004 [1788 Juni 26]. - Akten betreffend Kirchen- und Kapellensperrungen im Vogteiamt Bludenz in: VLA, Vogteiamt Bludenz 124/ 1367. 1 Bei einer Schließung des jeweiligen Gotteshauses hatte der errechnete Betrag in den auszutrocknen drohenden Religionsfonds zu fließen. 2 Siehe VLA, Vogteiamt Bludenz 122/ 1243: Anzeige der überflüssigen Nebenkapellen in der Pfarrei Braz; 124/ 1415: St. Mang-Kapelle in Braz; 126/ 1503: Kapellensperrung in Braz, 1786; 122/ 1242: Fassion und Inventar der St. Anna-Kapelle, 1782/ 1784. 3 Die Bittschrift der Gemeinde Gargellen liegt dem Protokoll in ADF, GA 2.1.3.10 bei. <?page no="177"?> 177 dießeitigen Kreisamte aufgetragen und weiters demselben anbefohlen haben, daß die Gebäude dießer zu sperrenden Kirchen und Kapellen veräußert werden sollen, so finden wir uns von allerhöchsten Pflichten aufgefordert, an Euer Fürstlich Gnaden das neuerliche Ansinnen zu machen, womit gefällig seyn wolle, die betreffenden Dekane anzuweisen, daß sie auf Ansinnen des Kreisamtes im Vorarlberg diese gesperrten Kirchen, bevor sie veräußert werden, ohne Aufsehen und mit einer zur Seite gehenden behörigen Bescheidenheit ohne Verzug entweihen sollen.« 273 Die Liste sei hier der Vollständigkeit halber in der gemäß Original vorgegebenen Reihenfolge publiziert: Pfarrsprengel Name des zu schließenden Gotteshauses und Standort 1 Zähl-Nr. Feldkirch Kirche Unsere Liebe Frau in der Vorstadt 1 Kapelle St. Leonhard in der Au 2 Kapelle St. Peter und Paul auf dem Friedhof* 3 Kapelle St. Magdalena in Levis (an der Reichsstraße)* 4 Elendbild-Kapelle in Levis 5 Kapelle St. Veit auf dem Veitskapf 6 7 Kapellen außerhalb der Stadt Feldkirch [ohne weitere Angaben] 7-13 Tosters Kapelle St. Wolfgang «am Sand» 14 Altenstadt Kapelle St. Martin 15 Kapelle St. Sebastian und Rochus in Gisingen* 16 Rankweil Kapelle St. Michael auf dem Friedhof* 17 Kapelle St. Anna in Brederis* 18 Kapelle St. Wendelin zu Buchebrunnen* 19 Tisis Kapelle St. Margareta auf dem Kapf 20 Kapelle Hl. Kreuz in der Parzelle Hl. Kreuz* 21 Kapelle St. Wolfgang 22 Kapelle St. Antonius von Padua auf Carina 23 Nofels Kapelle St. Sebastian in Bangs 24 Kapelle St. Martin in Fresch* 25 Götzis Wallfahrtskirche St. Arbogast (an der Landstraße) 26 Übersaxen Kapelle St. Rochus zu Reinberg 27 Göfis Kapelle St. Sebastian und Rochus* 28 Koblach Kapelle Sebastian und St. Rochus in der Au* 29 Schlins Kapelle St. Michael auf Schloss Jagdberg 30 Kapelle St. Anna in Frommengärsch* 31 Kapelle St. Magnus und Rochus in Röns 32 Satteins Kapelle St. Sebastian* 33 Bludenz Kapelle Hl. Kreuz auf dem Friedhof von Bludenz 34 Kapelle St. Leonhard in Radin 35 Kapelle St. Johannes Nepomuk in Lorüns 36 Braz Kapelle Maria Hilf auf dem Mühleplatz 37 Kapelle St. Wolfgang in Gatschief 38 Kapelle St. Magnus in Innerbraz 39 Kapelle St. Anna in Ausserbraz 40 Bürs Kapelle St. Johannes Nepomuk 41 Kapelle St. Wolfgang (an der Straße nach Bürserberg) 42 Brand Kapelle St. Anna in Daleu 43 273 BAC, 725.19.004 [1788 Juni 26]. <?page no="178"?> 178 Pfarrsprengel Name des zu schließenden Gotteshauses und Standort 1 Zähl-Nr. Frastanz Kapelle St. Wendelin 44 Nenzing Luz-Gantenbein-Kapelle (auf dem Weg nach Latz) 45 Kapelle Maria Krönung in Motten 46 Kapelle Maria Schnee in Halden 47 Nüziders Kapelle St. Magnus (an Straßengabelung Bludenz/ Hinterofers) 48 Kirche St. Vinerius 49 Kapelle Maria Heimsuchung auf Latz 50 Dalaas Kapelle Hl. Kreuz in Dalaas 51 Kapelle St. Maria in Innerpoller 52 Kapelle auf den Hillebrandhof 53 Kapelle Maria Dolorosa in Kaiser 54 Kapelle St. Sebastian in Bühel 55 Kapelle St. Martin auf Mason 56 Kapelle Unsere Liebe Frau auf Mason 57 Kapelle St. Martin am Radanatobel 58 Kapelle St. Sebastian bei Innerwald 59 Vandans Kapelle Unsere Liebe Frau in Vens 60 Bartholomäberg Kapelle St. Maria in Jetzmunt 61 Kapelle St. Maria in Marentes 62 Kapelle St. Sebastian in Valleu 63 Schruns Kirche auf dem Kalvarienberg 64 Litz-Kapelle im Dorf 65 St. Gallenkirch Kapelle Unsere Liebe Frau in Aussergant 66 Kapelle Maria Dolorosa in der Reute (Rütti) 67 Kapelle Hl. Familie an der Kreuzgasse 68 Kapelle Unsere Liebe Frau am Hohen Steg 69 Kapelle St. Maria Verkündigung auf Gand (gegen Gortipohl) 70 Klösterle Kapelle St. Michael am Langen 71 Kapelle zu den 14 Nothelfern in Hof 72 Kapelle St. Sebastian und Rochus in Sand 73 Kapelle Mater Dolorosa in Danöfen 74 Silbertal Kapelle St. Agatha am Kristberg 75 Gaschurn Kapelle Maria Schnee 76 Es bleibt festzuhalten, dass zwischen 1785 und Ende Juni 1788 im Churerischen Vorarlberg außer den beiden 1786 und 1788 erstellten Listen mit Kirchenschließungen sowie der am 16. April 1786 staatlich errichteten Expositur Viktorsberg und der am 1. bzw. 28. August 1786 kirchlich errichteten Kuratie St. Andreas Thüringerberg 274 in der Freien Reichsherrschaft Blumenegg, welche nicht im Einflussbereich Josephs II. lag, keine weiteren konkreten Fortschritte im »Pfarreieinrichtungsgeschäft« zu verzeichnen sind. Hauptgrund hierfür war die prekäre Situation des Religionsfonds, 274 Rapp-Ulmer-Schöch, Beschreibung VII.2, 586-592. - Die offizielle Errichtung der Kuratie Thüringerberg erfolgte durch den Churer Bischof Dionys von Rost unter dem 1. bzw. 28. August 1786. Ein eigentliches Errichtungsinstrument »scheint nicht angefertigt worden zu sein« (ebd. 590); es liegen lediglich bischöfliche Verordnungen in 15 Punkten vor (ebd.). Als erster Kurat wirkte daselbst Andreas Schmid aus Thüringen (1786-1789), ihm folgte 1789-1800 Christoph Dobler aus Sonntag (ebd. 595). 1 Die mit einem Stern [*] versehenen Kirchen konnten laut Schreiben des Guberniums vom 1. September 1789 aus Innsbruck an den Churer Bischof »nach einer genauen Erwägung der Lokalumstände« durch den Ordinarius und gemäß seiner Entscheidung offen bleiben (Original in: BAC, 725.20.009); siehe auch unten S.-221-223. <?page no="179"?> 179 welcher bereits 1785 zu äußerst eingeschränkten Teilresultaten geführt hatte und lediglich sechs Exposituren in Vorschlag bringen ließ, welche bislang nicht nur auf eine Umsetzung harrten, sondern im Herbst 1787 bzw. Juni 1788 erneut zur Disposition standen. Die Schließung von Kirchen machte laut des einen überkommenen Verzeichnisses lediglich eine (Teil-)Summe von 15‘010 fl. frei, welche dem Religionsfonds zur (Mit-)Finanzierung der staatlich verordneten seelsorgerlichen Neuausrichtung im Gebiet um Bludenz zur Verfühung stand, doch aufgrund der Geldknappheit immer mehr in Verzug geriet. Im Zuge der josephinischen Eingriffe durch staatliche Andachts- und Gottesdienstordnungen 275 in die traditionelle, durch den Barock geprägte Volksfrömmigkeit sowie der begonnenen Kirchensperren brach in Vorarlberg 1789 ein nicht ungefährlicher Volksaufstand 276 aus, dem entgegenzuwirken erste Priorität eingeräumt werden musste. e) Staatliche Gottesdienst- und Andachtsordnungen, ihre Begleiterscheinungen und die Reaktion des Churer Bischofs Die seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in allen Provinzen der Habsburger Monarchie erlassenen Direktiven tangierten auch die religiöse Praxis, den Gottesdienst, Prozessionen 277 , Wallfahrten 278 , diverse aus dem Barock erwachsene und beliebte Andachtsformen und die damit verbundene Volksfrömmigkeit. Insbesondere im Zuge der josephinischen Pfarrregulierung ist hierin eine deutliche Zunahme zu verzeichnen, welche dahin zielte, alle religiösen Praktiken, die der »wahren christlichen Frömmigkeit« nicht entsprachen 279 , zu beseitigen und mit Schaffung zusätzlicher Arbeitstage die Wirtschaftsproduktivität zu erhöhen. 280 Bereits 1771 verordnete Kaiserin Maria Theresia per Hofdekret die Verminderung kirchlicher Feiertage (außer den Sonntagen) von ursprünglich mehr als 30 (je nach Diözese) auf 16. 281 Ferner durften sich an sog. kirchlichen 275 Siehe ausführlich unten S. 179-184. 276 Siehe ausführlich unten S. 188-197. 277 Erste Regelungen bzgl. der feierlichen Prozessionen hatte Kaiserin Maria Theresia erlassen: 1772 untersagte sie Prozessionen außerhalb des Gebiets des österreichischen Staats und solche, welche mehr als einen Tag dauerten (siehe oben S.-22). 278 Im Dekanat Walgau wurde u.a. die Wallfahrt mit verunglückten und totgeborenen, noch nicht getauften Kindern zur Pfarrkirche St. Jodokus in Schruns 1785 untersagt. Eine durchaus zustimmende Reaktion auf diese Maßnahme ist vom Churer Bischof mit Datum vom 8. Mai 1786 an das Gubernium nach Innsbruck als Abschrift erhalten, wenn es darin heißt, das Churer Ordinariat hätte gegen diesen Schritt nichts entgegenzuhalten, vielmehr sei vorgesehen gewesen, »zu füglicher Zeit diese einzustellen und gänzlich zu beseitigen« (BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c [1784-1787], S. 365-366, hier 365). Den Aushang mit den entsprechenden Weisungen sei bereits an die Vorarlberger Pfarreien ergangen; man hoffe damit, nicht nur den Erwartungen aus Innsbruck und Wien »vollends entsprochen, sondern auch zu gänzlicher zuversichtlicher Abstellung ohne Geräusche hinreichende Veranstaltungen getroffen zu haben, dz nebst dem Ortspfarrer, wohin diese Kinder gebracht zu werden pflegten, auch alle übrige des ganzen Bezirks [Montafon] die gemessenen Anweisungen erhalten, jener noch überdies beordet worden, bey Übertretungsfällen jederzeit zu weiterer Ahndung die Anzeige ans Ordinariat zu machen.« (ebd. S. 365-366). 279 Kaiser Joseph II. äußerte sich ausgesprochen kritisch gegenüber verschiedenen Formen einer Quantifizierung der Frömmigkeit; als Reaktion dieser Kritik ist die am 9. August 1783 per Hofdekret befohlene Aufhebung aller Bruderschaften zu sehen (Wortlaut in: Sammlungen II [1780-1783], Nr. XCVII, S. 363-368). 280 Siehe hierzu jüngst Harm Klueting, Vorwehen einer neuen Zeit. Liturgische Reformvorstellungen in der Katholischen Aufklärung und im Josephinismus, in: Stefan Haid (Hrsg.), Operation am lebenden Objekt. Roms Liturgiereformen von Trient bis zum Vaticanum II, Berlin 2014, 167-181; Peter Šoltés, Eingriffe des Josephinismus in religiöse Festivitäten der katholischen Kirche, in: Rainer Bendel / Norbert Spannenberger (Hrsg.), Katholische Aufklärung und Josephinismus. Rezeptionsformen in Ostmittel- und Südeuropa, Köln-Weimar-Wien 2015, 167-184. 281 Im neuen Kirchenkalender für die Länder der Habsburger Monarchie blieben 5 christologische Feste, die nicht grundsätzlich auf einen Sonntag fielen (Weihnachten, Beschneidung des Herrn, Erscheinung des Herrn [Drei Könige], Christi Himmelfahrt, Fronleichnam) und 5 mariologische Feiertage (Mariae Geburt, Unbefleckte Empfängnis, Mariae Lichtmess, Verkündigung, Aufnahme in den Himmel); hinzu kamen die Feste Allerheiligen, Fest des Landespatrons, der Apostelfürsten Peter und Paul (inkl. Gedächtnis aller Apostel), Erstmärtyrer Stephanus (inkl. Gedächtnis aller <?page no="180"?> 180 ›Normatagen‹ 282 die Gläubigen keiner schweren Arbeit widmen, keine Geschäfte treiben, Gerichtsverhandlungen blieben untersagt, ebenso alle öffentlichen Lustbarkeiten wie Bälle, Tanz- oder Theaterveranstaltungen. Trotz enormer Anstrengungen (Androhung von Geldstrafen [Laien] oder Temporalienentzug [Klerus] bei Zuwiderhandlung) waren die staatlichen Behörden außerstande, vor allem auf dem Lande eine konsequente Einhaltung des neuen liturgischen Kalenders durchzusetzen. Obwohl die staatliche Kontrollfunktion durch Dekrete verankert wurde, war man auf die Kooperation der Ordinariate und des örtlichen Klerus angewiesen. Letztere setzte man unter Druck, indem ein Hofdekret vom 27. Juli 1786 jede/ jeden dazu verpflichtete, einen Priester, welcher an abgeschafften Feiertagen das Volk zu Gottesdiensten zusammenrief, anzuzeigen und diesen beim erstenmal mit einem Verweis und einer Buße von 50 Gulden zu belegen; im Wiederholungsfall drohte ihm der Entzug seines Benefiziums. 283 Ein besonderes Augenmerk widmete Joseph II. der Reform des Gottesdienstes. 284 Nach ersten entsprechenden Verordnungen für die Wiener Erzdiözese im Jahre 1782 285 folgten Anfang 1786 auch für tirolische bzw. vorarlbergische Städte gedruckte »gleichförmige, nach den Grundsätzen der geläuterten wahren Religion« ausübrigen Märtyrer), sowie Ostermontag und Pfingstmontag. Siehe auch oben S. 22. 282 Zu diesen Normatagen zählten der 22., 23., 24. und 25. Dezember, Aschermittwoch, Palmsonntag, die Osterwoche, Fronleichnam, Mariae Verkündigung sowie Mariae Geburt. 283 Joseph Kropatschek, Handbuch aller unter der Regierung des Kaisers Josephs des II. für die k. k. Erbländer ergangenen Verordnungen und Gesetze in einer Sistematischen Verbindung, Bd. 10, Wien 1786, 867. 284 Grundlegend Hollerweger, Reform des Gottesdienstes. 285 Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 117-147. Abb. 46 / 47: Staatlich verordnete Gottesdienst- und Andachtsordnungen von 1786 [BAC] <?page no="181"?> 181 gearbeitete Gottesdiensts- und Andachtsordnungen. 286 Mit Schreiben vom 11. März 1786 erhielt der Churer Bischof vom Gubernium je ein Exemplar mit dem Hinweis zugesandt, die jeweiligen Kreisämter seien angewiesen worden, »soliche Gottesdiensts- und Andachts Ordnung auch auf dem Lande, in sofern es die Umstände zulassen, bis auf weiteren Befehl einzuführen und den Anfang auf künftiges Osterfest [1786] zu bestimmen« 287 . Die zu Beginn der beiden Schriften abgedruckte allgemeine Andachtsordnung ist in ihrem Wortlaut für Tirol und Vorarlberg deckungsgleich, anschließend folgen die »Eintheilung der Stunden« für die Pfarrkirchen der Städte Meran, Bludenz und Feldkirch, welche nachstehend wiedergegeben wird. Nicht nur in den Stadtpfarrkirchen, sondern wo immer möglich auch in den ländlichen Pfarrkirchen hatten an Sonn- und Feiertagen »eine kurze Frühepredigt, sodann später eine Predigt für die übrige Pfarrgemeinde gehalten« zu werden. In jeder Pfarrkirche, aber auch in den Lokalkaplaneien war wochentags eine Segenmesse (Frühmesse) mit Aussetzung des Ziboriums, an Sonn- und Feiertagen mit Aussetzung der Monstranz zu halten. Sonntags und an kirchlichen Festtagen war »in jeder Pfarrkirche das Hochamt mit Jnstrumentalmusik oder nach Umständen bloß mit der Orgel« zu zelebrieren, ebenso in den Lokalkaplaneien. Am Sonntagnachmittag stand für Kinder und Erwachsene die Christenlehrstunde auf dem Programm; während der Woche (außer Samstag) musste eine Zeit für die Allerheiligenlitanei und weitere Gebete eingeplant werden, an Samstagen und den Frauentagen hingegen war die Lauretanische Litanei mit den dazugehörigen Gebeten zu wählen. In der Fastenzeit sollte mindestens an Sonntagen und einem Wochentag - am besten nachmittags - eine Fastenpredigt die Gläubigen unterweisen. Außer den genehmigten Prozessionen an Fronleichnam, am Markustag (25. März) und in der Bittwoche vor Christi Himmelfahrt (Montag bis Mittwoch) durfte »keine andere Prozession mehr statt haben«. 288 In der Karwoche waren die Handlungen und Zeremonien gemäß des Römischen Rituale vorzunehmen, am Hohen Donnerstag Anbetungsstunden zu halten, jedoch waren die Verehrung des Heiligen Grabes am Karfreitag und die Durchführung der abendlichen Auferstehungsfeier am Karsamtag nicht mehr erlaubt. 289 Das öffentliche gemeinsame Rosenkranzgebet 290 , die Abhaltung von Novenen, die (sonntägliche) Vesper 291 und andere abendliche Andachten - alles Formen, welche in der Gottesdienstordnung nicht enthalten waren − wurden in eigenmächtiger Regie vom Gubernium verboten; ferner untersagte man das feierliche Weihen von Kräutern, Osterspeisen oder Erstlingsfrüchten. Zu unterbleiben hatten künftig auch Segnungen von Kranken, Kindern und Reisenden. In den gesamten deutschen Erblanden wurde das Kirchweihfest auf den dritten Sonntag im Oktober festgelegt. 292 286 Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 231-251, hier 236. 287 Original in: BAC, 725.17.003 [1786 März 1] mit 2 Beilagen: Künftige Gottesdiensts- und Andachtsordnung für die tyrolischen Städte Hall, Sterzing, Rattenberg, Kuefstein, Kitzbühl, Lienz, Botzen und Meran mit Anfang des Osterfestes 1786. Jnnsbruck, gedruckt mit von Trattnerischen Schriften (16 Seiten) / Künftige Gottesdiensts- und Andachtsordnung für die vorarlbergischen Städte Bludenz, Feldkirch und Bregenz mit Anfang des Osterfestes 1786. Jnnsbruck, gedruckt mit von Trattnerischen Schriften (16 Seiten). Entsprechende Entwürfe für Vorarlberg liegen in: TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 5. 288 Mit Schreiben vom 17. Oktober 1786 teilte das Gubernium dem Churer Bischof folgenden Entscheid mit: »Da vorgekommen ist, daß hin und wieder Prozessionen um die Kirchen während des Gottesdienstes geschehen und als ein Theil dessen folglich als erlaubt angesehen werden, so verordnen S. K. Majestät durch k. k. Hofdekret vom 5. dieses Monats, daß derlej Prozessionen um die Kirchen und Gottesäcker zu unterbleiben haben und der einmal angefangene Gottesdienst in der Kirche ununterbrochen in seiner Ordnung fortzusetzen und zu vollenden ist.« (Original in: BAC, 725.17.011). 289 Vgl. Andachtsordnung für die Pfarrkirchen und Lokalkapaleien (wie oben, Anm. 287) S. 3-7; zur Karwoche siehe Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 451-456. 290 Zum Rosenkranzgebet Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 424 f. 291 Zur Vesper siehe Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 421 f. 292 Mitteilung des Guberniums vom 24. Oktober 1786 an den Churer Bischof: »Allerhöchst Seine Maiestät haben vermög k. k. Hofdekret vom 17. ten ablaufenden Monats gnädigst zu verordnen geruhet, daß die Kirchweihfeste in gesamten teutschen Erblanden auf den dritten Sonntag im Monat Oktober versetzet werden sollen.« (Original in: BAC, 725.17.012). - Zum Kirchweihfest siehe auch Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 459-463. <?page no="182"?> 182 Einteilung der Stunden des in den Pfarrkirchen der nachstehenden Städte das ganze Jahr hindurch anzuhaltenden Gottesdienstes Meran Wochentage Angebot Zeitplan Sonn- und Feiertage Frühpredigt 6.00 h (in den Wintermonaten) 5.30 h (in den Sommermonaten) Segenmesse mit Aussetzung 5.30 h (in den Wintermonaten) 4.30 h (in den Sommermonaten) Zweite Predigt 8.00 h Hochamt 9.00 h Katechese (Christenlehre) 13.00 h Litaneien 16.00 h Fastenpredigten 8.00 h Werktage Messen ab 5.30 h Litaneien 17.00 h Fastenpredigten 16.00 h (Mi / Fr) Bludenz / Feldkirch Wochentage Angebot Zeitplan Sonn- und Feiertage Frühpredigt 5.30 h Segenmesse mit Aussetzung 6.00 h Zweite Predigt 7.30 h Hochamt 9.00 h Katechese (Christenlehre) 13.00 h Litaneien 16.00 h Fastenpredigten 7.30 h Werktage Messen ab 5.00 h Litaneien 17.00 h Fastenpredigten 16.30 h (Mi) Nachhaltig auf die erlassene und allein gültige Gottesdienst- und Andachtsordnung pochend, reagierte Wien bzw. das Gubernium in Innsbruck auf Nichteinhaltung der Richtlinien. Da in Städten, aber auch auf dem Land die sog. Pfingsttag-Ämter oder Ämter der Handwerkszünfte weiterhin gefeiert, an Sonn- und Feiertagen sowie an deren Vorabenden Vesper und Metten 293 abgehalten wurden, erging am 21. Juni 1786 von Innsbruck ein gedrucktes, von Johann Gottfried Graf von Heister signiertes Mahnschreiben an die Ordinariate. Chur erhielt es am 17. Juli. Im Begleitschreiben von Heister und Leopold Graf von Kinigl wurde Bischof von Rost nahegelegt, »solche Aemter und Nebenandachten allgemein abstellen zu lassen und zu verfügen, daß sich lediglich an die erwehnte bereits eingeführte Andachtsordnung gehalten werden soll«, um auch in der Liturgie die vom Kaiser gewünschte »vollkommene Gleichförmigkeit« zu erreichen. 294 Neben der Regelung der Gottesdienste und Andachten sowie parallel zu den begonnenen Kapellensperren verordneten die staatlichen Behörden auf Befehl des Kaisers eine drastische Reduzierung nicht mehr verwendeter Seitenaltäre, »überzähliger« Bilder und Statuen, »wodurch die Kirche nur mehr verunstaltet« werde. Die entsprechenden Weisungen seitens des Guberniums an den Churer Bischof ergingen am 27. Oktober 1786. 295 Generell galt: 1. In den Pfarrkirchen durften nur mehr 293 Zur Weihnachtsmette siehe Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 435-446. 294 Original in: BAC, 725.17.005 [1786 Juni 21]. 295 Original in: BAC, 725.17.013 [1786 Oktober 27]. - Am 28. Oktober 1786 erging an das Kreisamt Bludenz ein nicht signierter Bericht über diese neue Verordnung (VLA, Vogteiamt Bludenz 129/ 1612: Obrigkeitliche Verordnung über Einrichtung der Friedhöfe und Beseitigung überflüssiger Bilder, Statuen und Altäre / Bericht über Vollzug und Wider- <?page no="183"?> 183 drei Altäre (Haupt- und zwei Seitenaltäre) belassen und zur Zelebration benutzt werden. 2. Die übrigen Altäre »an den Seitenwanden mögen zum einsmalen stehen bleiben; doch sind alle Zierden, Leichter, Canontafeln und was sonst zum Meßlesen gebrauchet wird, hiervon wegzuräumen«. 3. Die Altäre, welche an Kirchensäulen angebracht sind, »müssen ohne weiters abgebrochen werden«, da sie zum einen die Kirche verfinstern, zum anderen die Sicht auf die noch vorhandenen Altäre oft versperren. Wie zuvor bereits die zuständigen Kreisämter 296 , wurde auch der Bischof aufgefordert, die Geistlichkeit hierüber zu verständigen und sie »zur genauesten Befolgung nachdrucksamst anzuhalten«. 297 Am 4. Oktober 1786 reagierte Bischof Dionys von Rost auf die zur verpflichtenden Vorgabe gemachten Gottesdienst- und Andachtsordnung. In seinem ausführlichen Schreiben an die Adresse des Guberniums in Innsbruck strich er hervor, das Churer Ordinariat hätte es nicht unterlassen, die kaiserlichen Bestrebungen »in gehörige Überlegung zu ziehen« und eine Stellungnahme auszuarbeiten. 298 [1.] Wegen »größerer Beleuchtung«, welche für die Aussetzung mit der Monstranz, nicht zuletzt zur »Beförderung der Andacht« in vielen Pfarrkirchen des Churer Sprengels von Nöten sei, lasse sich die für jeden Sonn- und Feiertag vorgeschriebene Anbetung auf diese Art schwer verwirklichen; zudem gebe es so keine Abstufung mehr zu einem besonderen Festtag; deshalb möge die Monstranz nur an hohen kirchlichen Festen zur Aussetzung dienen. 299 [2.] Zur Vorschrift der Frühpredigt in Stadt- und Dorfpfarreien, wo zwei Geistliche tätig sind, meinte von Rost, zur Förderung katechetischer Unterweisung sei dies durchaus »erwünschlich«, doch die Gläubigen seien besonders in der Winterzeit kaum gewillt, länger als bisher in der Kirche zu verweilen; zudem wäre dadurch mancherorts die Hauptmesse zeitlich nach hinten zu verschieben, was wiederum zum Nachteil der nachmittäglichen Christenlehre gereiche. Drittens ginge so die Präsenz eines Geistlichen im Beichtstuhl ab. Der Bischof äußerte die Ansicht, die Frühpredigt könne, »wo nicht mehrere Geistliche vorhanden und die Pfarrangehörigen nicht in einem nahen Umfang besysammen sind«, unterlassen werden, da ja die Spätpredigt »ohne alle Ausnahme« im Angebot stehe. 300 [3.] Die Anweisung, in ländlichen Pfarreien, wo nur ein Geistlicher angestellt sei, müssten Früh- und Hauptpredigt sowie Segenmesse und Hochamt in einer benachbarten größeren Pfarrei, wo mehrere Geistliche wirkten, angeboten werden, könne sowohl im Dekanat Walgau wie Vinschgau aufgrund der Distanzen nirgends umgesetzt werden. [4.] Auch die Verordnung, in den kleinen Pfarrorten mit einem Geistlichen müsse an Sonn- und Feiertagen eine Vormittagspredigt und dazu noch die Christenlehre angeboten werden, sei keineswegs generell umsetzbar, da so die Beichtenden vormittags in ihrer Andacht gestört würden oder die einzelnen Angebote zeitlich viel zu nahe aufeinander folgten und von einem einzigen Seelsorger »nicht mit gehörigem Eifer vollbracht werden könnte[n]«. 301 [5.] Die eingrenzende Bedingung, im Anschluss an die Christenlehre seien außer der Allerheiligenlitanei keine anderen Andachtsformen mehr erlaubt, habe bereits mancherorts bei Klerus und Volk zu heftigen Reaktionen und Protestschreiben an das Churer Ordinariat geführt; man weigere sich, die Vesper oder den gemeinsam gebeteten Rosenkranz einfach abzuschaffen; solche Verbote hätten »die Pfarrangehörigen sehr unzufrieden gemacht und wenig gutes verursacht«. Hierhin müsse unbedingt eine Lösung gefunden werden, um nicht noch größere Unruhen unter den Gläubigen hervorzurufen. Der Bischof zeigte sich überzeugt, dass Vesper und Rosenkranz künftig ohne Nachteil der vorgeschriebenen Litanei »um so eher nach bisherigem Gebrauch zu gestatten sey, als sonst alle Nebenstand, 1786). 296 Das Ober- und Kreisamt Bregenz erließ als Druck, datiert auf den 17. August 1786, die oben erwähnten Bestimmungen (VLA, Vogteiamt Bludenz 124/ 1367: Kapellensperrungen in Braz [und andernorts], 1788-1791). 297 BAC, 725.17.013 [1786 Oktober 27]. 298 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 441-448 [1786 Oktober 4]. 299 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 442. 300 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 443. 301 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 444-445. <?page no="184"?> 184 andachten [bereits] abgeschaffet sind 302 und sohin an Sonn- und Feyertägen zu füglicher Zeit schon etwas mehrers der Andacht gepflogen werden kann, theils auch weil sonst von mehrern der ganze Nachmittag mit schädlichem Müßiggang und in Würtshäusern zugebracht werden dürfte«. 303 Ferner möge die angesetzte, zur Pflicht gemachte Andacht an Werktagen freiwillig bleiben; je nach Situation (Not- oder Kriegszeiten) könne eine solche ja angesagt werden. [6.] Auch gegen die Einschränkung der Prozessionen am Markustag oder an den Bitttagen vor Christi Himmelfahrt, welche neu lediglich über eine Viertelstunde um die Pfarrkirche geführt werden durften, nahm der Bischof kritisch Stellung: »Es scheint uns solches gar zu stark beschränket zu seyn«; bei den nur noch wenigen erlaubten Umgängen sei eine Prozession von maximal einer Stunde angebracht und »müsse zugestanden werden«. 304 [7.] Zur Einschränkung bzw. Abschaffung des 40-stündigen Gebets in der Faschingszeit bemerkte Bischof Dionys, »dass solches in diesen Tägen, die ohnehin nur der Lustbarkeiten gewidmet zu werden pflegen, auch künftig sehr erwünschlich beybehalten würde«. 305 [8.] Am Schluss seiner Stellungnahme wagte der Churer Bischof noch die kritische Anfrage, ob die Ewige Anbetung, welche in den kaiserlichen Bestimmungen nirgends thematisiert werde, »ebenfalls als abgeschafft angesehen werden soll«. 306 Sein Schreiben, welches wie andere bischöfliche Stellungnahmen mit wenig Wohlwollen in Innsbruck aufgenommen worden ist 307 , schließt mit der Bemerkung, die vorgeschriebenen Stunden der abzuhaltenden Gottesdienste erachte er als nicht zielführend; vielmehr seien solche Abänderungen Sache der Ortspfarrer, »so wie es ihnen am bequemlichsten scheinen mag«, − aber auch in Rücksicht auf die örtlichen Gepflogenheiten. Aus gewissen Formulierungen in diesem Schreiben spürt man deutlich die bischöfliche Aversion gegen die Eingriffe des Kaisers in bislang innerkirchlich autonom geregelte Bereiche sowie von Rosts Unverständnis gegenüber manchen Befehlen, die in der pastoralen Praxis nicht ohne negative Reaktionen umzusetzen waren und in der Tat alsbald im Vorarlbergischen offen zu Tage treten sollten. 308 302 Dieser Tatsache begegnete der Churer Bischof gänzlich unverständlich: »Wir verstehen solches überhaupt nicht, ohne daß dadurch in vorkommenden Nothfällen eine besondere Andacht in den Pfarrkirchen angebothen sei.« (BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 447). 303 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 445-446. 304 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 447. 305 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 447. 306 BAC, 762.18 [1786 Oktober 4], S. 448. 307 Obwohl sich die Geistliche Filialkommission in Tirol mit sämtlichen bischöflichen Eingaben ernsthaft auseinandergesetzt und darüber ein 76-seitiges Gutachten zuhanden der Hofkommission ausgearbeitet hatte - darin schlugen sie u.a. die Beibehaltung des gemeinsam gebeteten Rosenkranzes, der Vesper an Feiertagen oder auch der Bittprozessionen zu benachbarten Kirchen vor - beharrte ein neues Dekret der Hofkanzlei vom 5. Juni 1787 auf die strikte Einhaltung der fixierten Normen zwecks Erzielung der angestrebten und vom Monarchen gewünschten Einheit des Gottesdienstes in ganz Tirol. Mit Datum vom 28. Juni 1787 wurde dieses Dekret an alle Kreisämter und Ordinariate verschickt (Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 240-242). Damit sei für alle österreichischen Länder das Ziel verbindlich vorgegeben gewesen: die einheitliche Gottesdienstordnung, schreibt Hans Hollerweger, doch zugleich auch »ein entscheidender Schritt getan in Richtung auf die kommende Krise« (ebd. 242). Die Jahre 1787 bis 1789 waren entsprechend gezeichnet vom wachsenden Widerstand des Volkes und aus Teilen des Klerus gegen die Gottesdienstordnung, »die vom Gubernium und den Kreisämtern öfters und in aller Schärfe urgiert wurde« (ebd. 243). 308 Gegen Ende der Regierungszeit Josephs II. milderte der Monarch unter dem Druck der wachsenden Unzufriedenheit und vor dem Hintergrund bereits ausgebrochener Unruhen in der Gesellschaft (Tirol, niederländischen Provinzen) seine negative Haltung gegenüber katholischen Gottesdienstfeiern, Festveranstaltungen und Frömmigkeitsformen ab. Das Hofdekret vom 17. März 1791 von Kaiser Leopold II. stellt eine Reaktion dar auf die unzähligen Bittschriften von Bischöfen, welche Reorganisationen des Gottesdienstes und der Andachten forderten. Der kaiserliche Erlass gegen Verfall der Religion und Sitten beließ die josephinische Gottesdienst- und Andachtsordnung grundsätzlich in Kraft, gestattete den Bischöfe aber in besonderen Situationen eigenständig zu handeln (Wortlaut des Dekrets abgedruckt in: Johann Schwerdling, Praktische Anwendung aller unter der Regierung weiland Sr. k. k. Apost. Majestät Leopolds II. für die gesamten Erblande in geistlichen Sachen, Publico Ecclesiasticis ergangenen Verordnungen, Krems 2 1805, 199-203). Noch blieb die zentrale Frage, wer - der Staat oder die Kirche - rechtsfähig sei, über die Fragen des Kultus zu entscheiden. Erst das Konkordat von 1855 gab die Zuständigkeit aller Frömmigkeitsformen, Prozessionen, Wallfahrten <?page no="185"?> 185 f) Relation des Kreisamtes an der Etsch über die staatliche Visitation im Vinschgau 1786 im Anschluss an die Einführung der Gottesdienst- und Andachtsordnung Dank der im Tiroler Landesarchiv Innsbruck aufgefundenen Aufzeichnungen erfahren wir von einer nach Inkrafttreten der kaiserlichen Gottesdienst- und Andachtsordnung (Ostern 1786) im Vinschgau durchgeführten, staatlichen Visitation. 309 Auf der Kommissionssitzung vom 26. Juli 1787 übergab der damalige Kreisamtskommissar an der Etsch, Ignaz von Faber, die Relation über diese Aktion mit diversen Bemerkungen zur Beschaffenheit der Kirchen und Altäre, zur Gottesdienst- und Andachtsordnung und der damit verbundenen Änderungen. 310 Die ersten Beobachtungen betrafen die Gotteshäuser und ihre sakralen Zierden. In allen besuchten Pfarrkirchen »war kein einziger Altar beseitiget [oder] entkleidet angetroffen worden«; Votivtafeln, Lampen und andere Kunstgegenstände standen alle an ihrem angestammten Platz. In der Malser Pfarrkirche zum Beispiel war »die angekleidete Bruderschaft-Muttergottes herausgestellet, die Ablas Tafeln aufgehänget, alle Altäre in Feyerlichkeit«. In St. Georg zu Agums konnte man »ein ungeheures Kruzifix, so blutgeschwärzet«, und die dazugehörigen Mirakeltafeln bestaunen, welche Bestandteile der seit dem 17. Jahrhundert aktivierten Wallfahrt zum »Grossen Herrgott« 311 waren. Auch das schmucke Wallfahrtskirchlein zu Mariae Schmerzen bei der Brücke in Latsch war »voll Votiven«. In der Stadtkirche St. Nikolaus zu Meran »war alles voll Statuen«, »die Todten Gruft mit Votiven aufspalirt«; und in St. Martin in Passeier befanden sich alle Heiligenstatuen vor Ort, die Innenwände »mit Gemälden angefüllet, Ablas Tafeln aller Orten«. 312 Der Kreiskommission blieb nichts anders übrig, als an die bereits erlassenen »allerhöchsten Befehle« zu erinnern. 313 Ein weiterer Punkt in der Relation betraf die Einhaltung der Gottesdienst- und Andachtsordnung. Einerseits musste hierüber notiert werden: Solche »war noch nirgends eingeführet«, andererseits gab es Protestnoten von Pfarrherren, die Vorschriften seien noch nicht einmal bei ihnen eingelangt; jedenfalls herrschte »keine Gleichförmigkeit«. 314 Das Protokoll hält fest: »Entgegen werden oft sechs Ämter in einem Tag gehalten, man hielt nachmittägige Processionen, Predigen, Wetter-Ämter, Seelen- Ämter wurden fortgepflanzet.« 315 Die angetroffene Situation bedingte eine grundlegende Darlegung der kaiserlichen Vorschriften, jedoch auch die Erkenntnis, dass sich bei den großen Distanzen in den einzelnen Kirchsprengeln die Einführung einer Gottesdienstordnung nach starrem Schema keineswegs fruchtbringend auswirken konnte. Insbesondere für die Abhaltung der Christenlehre musste ein Zeitpunkt gefunden werden, welcher für die Teilnahme vieler der zertreut lebenden Gläubigen realisierbar war. Zudem zeigten sich in manchen Orten die Gottesdienstbesucher der Gesänge unkundig oder sie verstanden die Texte nicht oder es fehlte ein Organist. 316 Bei der Überprüfung des Einhaltens abgeschaffter Feiertage wurde festgestellt, dass »in keinem Ort allgemein gearbeitet«, vielmehr »in jeder Kirche etwas feyerlicher« der Festtag begannen, in einigen Ortschaften »sogar Feyr Abend gelitten« und daselbst den eigentlich aufgehobenen Feiertag »noch und Kirchweihen dem Episkopat zurück. 309 Die letzte kirchliche Visitation im Dekanat Vinschgau vor Abtrennung dieses Gebiets von Chur (1816) fand in den Monaten August und September 1779 statt (Fischer, Visitationen 205-224). 310 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 A [nicht paginiert (Entwurf mit Anfügungen bzw. Streichungen)] / B [paginiert, fol. 77 r-96 v (danach wird meistens zitiert)]: Kreisvisitationsrelation von 1786. 311 Fischer, Visitationen 235-237. 312 Zur nicht unumstrittenen Wallfahrt nach St. Martin in Passeier (»Heilig-Blut-Monstranz«) siehe Fischer, Visitationen 427 f. 313 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 77 r-78 r; siehe oben S. 182 f. 314 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573). Nr. 11327 B, fol. 78 r. 315 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 78 v. 316 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 79 r-79 v. <?page no="186"?> 186 mehr als die gebottenen geheiliget« werde. 317 Das Protokoll hält unumwunden fest, die Durchsetzung dieses Bereichs josephinischer Neuerungen, insbesondere beim gläubigen Volk, sei »der schwerste im geistlichen Fach« überhaupt. 318 Geradezu verzweifelt, versuchte man durch wiederholte Mahnung, Klerus und Gläubigen zu verstehen zu geben, die auf normale Wochentage fallenden Heiligenfeste (außer St. Peter und Paul und St. Stephanus) dürften weder verkündet, durch Geläut am Vorabend angezeigt noch gefeiert werden; vielmehr sei der entsprechende Tag ein normaler Arbeitstag. In der Kirche sei »nicht die mindeste Zierde oder eine Spur einer grösseren Feyerlichkeit als in den Werktägen zu veranstalten«. 319 Auch die Andachten wurden bislang »aller orten fortgesetzt«, die Bruderschaftsfeste sogar mit Prozessionen feierlich begangen, zwischen Mai und September die Wetterämter gehalten. An Sonntagen würden im Vinschgau traditionell abwechselnd sog. Beichttage abgehalten, dazu Kapuziner als Beichtväter und Prediger eingeladen. In Laas zum Beispiel habe man Erwachsene und Kinder mit einer eigentlichen Beisteuer belegt, um damit den aus Schlanders kommenden Kapuziner zu finanzieren. Andernorts, wie etwa in Laatsch, jeweils dienstags, reserviere man hierfür halbe Wochentage. In Mals, Meran oder St. Martin in Passeier würden jeden Monat nachmittägliche Prozessionen und Predigten veranstaltet. Bei Beerdigungen von Bruderschaftsmitgliedern würden diese »mit allen Bruderschaft Zierden begraben«; dabei falle auf, dass sich der Geistliche betont feierlich kleide. 320 Obwohl die weltliche und geistliche Kommission auch in diesen Bereich mit Weisungen ordnend einzugreifen suchte, blieben die Erfolge bescheiden: Da sämtliche Vereinigungen (Bruderschaften, Mess- oder verschiedene Standesbünde etc.) aufgehoben seien, waren deren Feste weder weiterhin zu verkünden noch zu feiern, Andachten vor allem von Seiten der Bruderschaftsmitglieder zu unterbinden und grundsätzlich »keinen Ablaß ohne ausdrükliche placeto regio zu verkünden«. 321 Abhaltung von wöchentlichen Wetter-, Dank-, Seelen- oder Privatämtern, »wozu entweder gesamelt oder besonders zum Opfer gegangen oder aus dem gemein Säckel die Zahlung geschiehet«, waren »ein für allemal verbotten«; erlaubt sei jedoch, zudem auf eigene Kosten finanziert, für sich persönlich eine Messe lesen zu lassen. Dem Klerus wurde nahegelegt, das Volk Gottes »zu reinen Sitten und täglicher Andacht anzugewöhnen«, anstatt mittels Privatandachten, Ämter und Bittgängen die »strafende Hand Gottes« zu »besänftigen« sowie sich »diese heiligen Werke aus dem Gemeinds Säkl« entlöhnen zu lassen. 322 Vor dem Hintergrund diverser Schilderungen über munter durchgeführte Prozessionen aller Art 323 , schärfte man weltlicher Obrigkeit und Geistlichkeit ein, »sich genau an die allerhöchste[n] Verordnungen wegen Abhaltung der Processionen und Bittgänge« zu halten. 324 Unter die nach wie vor gepflegten und gut frequentierten Wallfahrtsorte zählte die Relation im Vinschgau und Burggrafenamt auf dem Territorium des Bistums Chur die Pfarrkirche St. Georg zu Agums auf (»Grosser Herrgott«), wo man in der entsprechenden Seitenkapelle »die Lampen, die Beschreibung der Mirackel hinweggenommen, das Kruzifix aber belassen« habe 325 , ferner die Kuratien St. Martin am Kofl und Maria Dolorosa in Riffian sowie die Pfarrkirche St. Martin in Passeier (»Heilig-Blut-Monstranz«); bei letzterer Kirche sei das Heiligblut-Reliquiar »in den Tabernakl 317 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11237 B, fol. 79 v. 318 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11237 B, fol. 80 r. 319 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11237 B, fol. 80 r. 320 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11237 B, fol. 80 v-82 r (Zitat fol. 81 v). 321 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11237 B, fol. 82 r. 322 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 82 v-83 r. 323 Das Protokoll berichtet von der in Mals durchgeführten Karfreitagsprozession mit ausgesetztem Allerheiligsten in der Monstranz. Damit diese Aktion nicht als »öffentliche Procession« taxiert werden konnte, sei der Pfarrer von Mals »so vorsichtig« gewesen, »die Monstranz mit schwarzem Schleyer zu bedeken, um dadurch sich zu entschuldigen, daher nicht öffentlich eine Monstanz getragen« zu haben (TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren [Fasz. 1573], Nr. 11327 B, fol. 83 r-v). 324 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 83 v. 325 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 A. <?page no="187"?> 187 hineinzustellen« 326 . An diesen Stätten fänden sich überall privilegierte Altäre, an denen für die armen Seelen Messen zelebriert würden, was der Klerus gemäß kaiserlicher Verordnung künftig zu unterlassen habe. 327 Es sei eine Tatsache, dass die bislang gepflegte rege Heiligenverehrung, die ungebrochene Förderung der oben genannten Wallfahrten und das reiche Andachtsangebot der Bruderschaften beim einfachen Volk höher gewichtet würden als die Heiligung des Sonntags. Mancherorts betrieben am Tag des Herrn Obst- oder andere Krämer ihre Stände, Bauern kauften oder verkauften ihr Vieh; beide täten dies, ohne darüber in Gewissenskonflikte zu geraten. Alle diese Missbräuche seien möglichst bald abzustellen. 328 Die von Kreisamtskommissar Ignaz von Faber am 26. Juli 1787 unterzeichnete Relation, welche neben dem hier rekapitulierten Augenmerk auf die Gottesdienst- und Andachtsordnung am Schluss auch noch die neue Seelsorge-Einrichtung tangiert, stellt ernüchternd fest, in der Pfarreinrichtungssache scheine »alles noch ein Chaos zu seyn« 329 . Insgesamt kann festgehalten werden: Die von Faber geschilderte Situation bzgl. Gottesdienst, Brauchtum und Frömmigkeit entsprach (noch) keineswegs den Vorstellungen, geschweige denn den Vorgaben des Monarchen nach »reiner Andacht« und aufgeklärtem Christentum. Vielmehr wuchs mehr und mehr der Widerstand gegen 326 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 A. 327 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 83 v-85 r. 328 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 85 r. 329 TLA, Jüngeres Gubernium, Pfarren (Fasz. 1573), Nr. 11327 B, fol. 96 r. Abb. 48 / 49: Auszug aus der Relation des Kreisamtes an der Etsch (1786/ 87), fol. 79 v - 80 r [TLA] <?page no="188"?> 188 solche staatlichen Zwangsmaßnahmen, welche als schwere und nicht zu rechtfertigende Eingriffe in die Religiosität und Frömmigkeit der mehrheitlich einfachen katholischen Landbevölkerung wahrgenommen bzw. nicht weiter guttiert wurden. Peter Šoltés schreibt zu Recht: »Das hohe Tempo der Einführung von ›schnell gestrickten‹ Regelungen, Bestimmungen und Verbote führte oft dazu, sie zu ignorieren. Viele, mittels der zivilen oder kirchlichen Obrigkeit verkündete Verordnungen konnte die Bevölkerung kaum wahrnehmen. Besonders im ländlichen Milieu, wo der Staat über sehr wenige Vorkämpfer und Verteidiger der Gottesdienstreform verfügte, folgte auf die Eingriffe das Staates nicht die Abkehr vom Alten, sondern ergaben sich Verunsicherungen und Beunruhigung der Gläubigen.« 330 Die Auswirkungen der im Zuge der Pfarreiumstrukturierungen erzwungenen josephinischen gottesdienstlichen Reformen waren einerseits religiöser Indifferentismus und Formalismus, andererseits Frömmigkeitsschwund und Glaubenskrisen. g) Volksunruhen im Vorarlberg 1789 Auf die oben geschilderten Eingriffe Josephs II. »in die magisch-religiöse Alltagskultur« 331 reagierten unzählige Gläubige sensibel, Teile der Vorarlberger Bevölkerung sogar äußerst heftig, da dort die kirchlichen Reformen ab 1788 unter Kreishauptmann Karl Ignaz Maria von Schenk und seinen Amtsnachfolgern Georg Andre von Buol sowie Ignaz Anton Indermauer, die alle drei unter Anweisung des Guberniums aus Innsbruck handelten, »in aller Strenge durchgeführt« 332 werden sollten. 333 Die Unruhen begannen in mehreren Orten der Gerichte Rankweil und Sulz im März 1789. 334 Die bereits gesperrte, bislang vielbesuchte Wallfahrtskirche St. Arbogast in Götzis wurde am 1.-Juni 330 Šoltés, Eingriffe 184. 331 Niederstätter, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 2, 191. 332 Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 252. 333 Das gesetzmäßige Vorgehen rechtfertigte das Kreisamt in Bregenz nicht zuletzt damit, dass es in Vorarlberg nur wenige Seelsorger gäbe, welche für eine reformorientierte Gleichförmigkeit im Gottesdienst positiv eingestellt seien; die meisten Geistlichen seien auf die »alten Andächteleyen« so versessen, dass sie durch keinen Zuspruch, sondern »nur durch ernstlichen Zwang« davon losgebracht werden können. Dabei bestünde jedoch die Schwierigkeit, dass solche Individuen durch die Ordinariate von Konstanz und Chur gedeckt würden, so dass es wohl niemals zu einer Gleichförmigkeit kommen werde (Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 253 [mit Zitaten aus einem Schreiben vom 9. Oktober 1788 des Kreisamtes an das Gubernium]). Bereits am 29. Mai 1788 erfahren wir aus einem Mahnschreiben des Kreisamtes Bregenz an das Vogteiamt Feldkirch von der Missbilligung des eigenmächtigen Vorgehens in diversen Pfarreien im Gericht Rankweil bei der Befolgung der vorgeschriebenen Andachtsordnung. Bregenz sah sich genötigt, zu konkreten Punkten in deutlicher Sprache Stellung zu nehmen, - hier ein Beispiel: »Das Ober- und Kreißamt ist in Pflichten verbunden, sich angelegen laßen zu seyn, die allerhöchsten Verordnungen mit allem Nachdruk in die schuldigsten Befolgung sezen zu machen und die der wahren Religion entgegen stehenden Mißbräuche mit Ernst abzustellen. Dahero dann Loblichem Vogteyamt hiemit aufgetragen wird, 1. mo gegen die weltliche und geistliche Vorstehung der Pfarrsgemeinden zu Altenstadt, Gözis, Rankweil, Viktorsberg, Laterns, Weyler, Hl. Kreuz, Novels, Frachsern, Mäder, Meining, Klauß und Übersachsen die Anmaßung an denen Samstägen Abends ein Glockenzeichen geben zu laßen, auf das nachdruksamste und mit deme zu ahnden, daß, wenn selbe fernershin dergleichen Glokenzeichen an Samstägen Abends zu geben sich anmaßen würden, der Pfarrer, der Meßmer und der Gemeindsvorsteher ohne weiters zur scharfen Bestrafung gezogen werden sollen, und gleichwie vermög bestehenden allerhöchsten Verordnungen die Schlüssel zur Kirche und dem Glokenthurm von dem Pfarrer aufbewahret werden sollen, so sind selbe hierzu nochmals zu erinnern und ihnen begreiflich zu machen, daß, wenn durch ein verbothenes Glokenläuten die allerhöchsten Verordnungen übertretten werden, sie Pfarrern als Hauptschuldhafte anzusehen und zu bestrafen wären.« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Gottesdienstordnung / Unruhen in Götzis 1788-1789‹ [1788 Mai 29]). 334 Ausführlich Ulmer, Volksbewegung; Schlapp, Dionys Graf von Rost 120-131; Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 123-178; Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 251-271; ferner Tobias Bilgeri, Josephinische Kirchenreform in Vorderösterreich. Die Reaktion der Vorarlberger Bevölkerung, in: historia.scribere 2 (2010) 277-290 [http: / / historia. scribere.at]; Reinold Bernhard, Vorarlberg im Brennpunkt politischen und geistigen Wandels 1789-1801 [Vorarlberg in Geschichte und Gegenwart 1], Dornbirn 1984. <?page no="189"?> 189 aufgebrochen und zu diesem Gnadenort wieder Prozessionen durchgeführt. Als übereifrige Beamte des Feldkircher Vogteiamtes in Götzis das kaiserliche Prozessionsverbot zum wiederholten Mal kundmachen wollten, wurden sie angegriffen und misshandelt. 335 Unter einem nicht geringen Anteil von aufbegehrenden Frauen griff die Protestaktion schnell um sich. Zur »Zielscheibe von Unmutsäußerungen und Gewaltakten« verkamen auch Geistliche, welche sich an die obrigkeitlichen Vorgaben hielten; man beschipfte sie als »Josephiner« und drohte ihnen mit Konsequenzen. 336 Der Pfarrer von Bürs, Joseph Ignaz Martin, befürchtete sogar Brandschatzung; im Pfarrhof gingen jedenfalls die Fensterscheiben in Brüche und der Garten wurde verwüstet. 337 Die Wirkung der Vorgänge in Vorarlberg war durchschlagend: Sie waren, wie Franz Joseph Rosenlächer, Pfarrer in Lustenau (1801-1835), in seiner ›Lustenauer Chronik‹ bemerkt, das »Signal aller in den umliegenden Gegenden und Ortschaften unternommenen Widersetzlichkeiten und Unruhen, wovon beinahe kein Ort frei war« 338 . Aus Abschriften des vom Gubernium in Innsbruck Ende Juni 1789 eingesetzten und alsbald in den Vorarlberg entsandeten Untersuchungskommissars Maria Alois Ferdinand Graf von Sarnthein (1733-1809) 339 beim Kreisamt in Bregenz einreichten Akten 340 über die bereits tiefe Wurzeln gefassten und weit verbreiteten Unruhen geht hervor, dass Bauern aus verschiedenen Gemeinden rund um Rankweil gemeinsam am 5. Juni 1789 eine Beschwerdeschrift beim dortigen Landammann eingereicht hatten, worin sie »wie die Gemeinde Götzis die Religions- und Andachtsübungen in Zukunft« auch in Rankweil »abzuhalten verlangten«, dazu die »vorhin beobachteten Feyrtäge, Kreuzgänge, Gottesdienste und all übrige von unsern Urvä- 335 Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 134. - Das Kreisamt Bregenz erstattete umgehend Anzeige nach Innsbruck (Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 255). Zu den Übertretungen in Götzis siehe den oben S.-188 (Anm. 333) genannten Konvolut mit diversen Berichten 1788/ 89 in: VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60. 336 Niederstätter, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 2, 191. 337 Niederstätter, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 2, 191. 338 Zitiert in Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 135. - Diverse nach Bregenz gelieferte Berichte des Vogteiverwalters in Feldkirch, Franz Philipp Gugger von Staudach, eröffnen ein Bild der Lage. Für Röthis hält er fest: »gieng alles tumultuarisch zu«. Die Gemeinde beschloss: »Wir bleiben bei der alten katholischen Religion und was Papst und Bischof verordnet hat. Wir geben dem Kaiser Geld und Volk; aber was die Seele und das Geistliche betrifft, das geht den Bischof an.« (BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug aus den kommissarischen Protocollsacten zu Bregenz / Actum Bregenz, den 2. Juli 1789«], Bogen 4, S. 3. Ähnliche Hinweise lagen über die Gemeinden Fraxern, Koblach und Übersaxen vor, lediglich für Satteins hielt Gugger fest: »gut und gehorsam« (ebd.). 339 Graf von Sarnthein hatte als beorderter Sonderkommissar eine Untersuchung der Unruhen durchzuführen und besuchte zwischen dem 8. und 25. Juli 1789, von Bregenz ausgehend, die Gemeinden Rankweil, Altenstadt, Sulz, Röthis, Göfis, Viktorsberg, Weiler, Fraxern, Tisis, Tosters, Übersaxen, Meiningen, Satteins, Koblach, Mäder, Fussach und Dornbirn (Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 142). 340 VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Götzis 1788-1789‹; Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung Altenstadt, Nofels, Geisingen 1789‹; Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Feldkirch 1789‹; Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Rankweil und Umgebung 1789‹. Abb. 50: Maria Alois Ferdinand Graf von Sarnthein (1733-1809) [TLMF] <?page no="190"?> 190 tern an uns gebrachten Religionsübungen« einzuhalten gedenken und hierfür die Unterstützung der Geistlichkeit erwarteten. 341 Die von den Aufständischen erzwungene Vereinbarung 342 in Rankweil lautete: »Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Da sich am End angesetzten dato sowohl die Vorsteher als alle andern Angehörigen der Loblichen Gemeint Rankweil in Absicht der wahren christkatholischen Religion und derselben Aussübung und Gebräuchen versammelt haben, als ist die allgemeine Meynung, Willen, Wunsch, Verlangen und Schluß, sowohl von ganzen Vorstehern als all übrigen Gemeindsangehörigen ohne Ausnahme dahin ergangen, daß man sich wie bis dato künftighin (nach dem allerhöchsten k. k. Toleranzdecret) zur wahren ordentlichen Katholischen Apostolischen Religion bekenne, ihre heiligen Satzungen beobachte, die vorhin beobachteten Feyertäge, Kreuzgänge, Gottesdienste und all übrigen von unsern Voreltern an uns gebrachte Religionsübungen halten wolle, und derentwegen einem jedwelchen Pfarrherrn unsrer Gemeind zur Aufrechthaltung der wahren Andacht und Kirchenzier (wie es jederzeit geziehmend und üblich war) alle Hülf und Beystand zu leisten uns anerbiethen. Auch sogar wenn etwas wider die alte Religionsgebräuche an die Gericht oder Gemeind kommen sollte, wollen wir Vorsteher solches ohne Zeitumstand dem allgemeinen Volk oder Gemeindsangehörigen kundmachen und zu wissen schuldig seyn, damit man sicher und ungestört in solcher wahren Religion seyn und verbleiben mag und kann. Beynebens aber sollen zwischen allen Gemeindsvorstehern und allen Gemeindsangehörigen der vollkommene Frieden und Einigkeit volltönig geschlossen seyn, sollen gegeneinander gänzlich also und aufgehoben, vorziehen und aufgelöst seyn, daß keine - weder Vorsteher noch Gemeindeangehöriger - dem andern etwa vorrücken, vorhalten, vielweniger anderwärts vergelten lasse, sondern bestmöglichst zum allgemeinen Nutzen der Seele und des Leibes befördern und alle Schech und alle Krätz verhindern und abwenden wolle. Zur Bekräftigung und Festhaltung dessen haben sich die Gemeindsvorsteher und übrige Gemeindsangehörige freywillig und eigenständig unterschrieben. Rankweil, am 5. Juni 1789. Ulrich Frick als Gemeindsvorsteher Christoph Joseph Breuß, der Rechte Doctor 343 Michael Rheinberger, Schullehrer Nur einen Tag darauf veranstaltete man in Gegenwart des aus Braz stammenden Pfarrers Unserer Lieben Frau Rankweil, Joseph Hannibal Grass (1758-1804) 344 , der sich selbst nicht nur aktiv gegen 341 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«], Bogen-1, S.-1. 342 Abschrift des Wortlauts (Handschrift: Georg Schlechtleutner, bischöflicher Kanzler) wiedergegeben in: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«], Bogen 1, S. 3; weitere Abschrift in: VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Rankweil und Umgebung 1789‹. - Die verschiedenen überkommenen Abschriften sind ein Resultat des vom Churer Bischof zwecks späterer Visitation im Walgau nach Bregenz gesandten Kanzlers, wo dieser sich ausführlich über die Situation informieren ließ und mit der landesfürstlichen Kommission verhandelte, an deren Spitze Gubernialrat Alois Graf von Sarnthein stand (Schlapp, Dionys Graf von Rost 126 f.). 343 Amtete als Gerichtsschreiber von Rankweil. 344 Portrait des Pfarrers in: Joachim Mayer, Wallfahrt nach Rankweil - aus historischer Sicht, in: Ders. / Gabriele Tschalle- <?page no="191"?> 191 die Vorschriften der jüngsten Eingriffe des Staates in Liturgie und Frömmigkeitsformen sperrte 345 , sondern der sich deswegen seitens des Guberniums mit schweren Beschuldigungen konfrontiert sah 346 , des dortigen Beichtigers Franz Joseph Schneider und des Frühmessers Michael Häusle sowie der Gemeindevorstehung in der dortigen Michaelskapelle eine Gemeindeabstimmung, bei der sich - ohne eine Gegenstimme − 311 männliche Delegierte für die Wiedereinführung bzw. Beibehaltung der bisherigen Art und Weise der Durchführung von Gottesdiensten, Andachten und Prozessionen aussprachen. 347 In einem weiteren als Abschrift überkommenen Dossier mit diversen Berichten des Vogteiamtes Bludenz findet sich ein die Situation scharf analysierendes Informationsschreiben 348 des aus Feldkirch stammenden Pfarrers von Weiler, Johann Jakob Ebenhoch (1788-1813) 349 , welches der über die Unruhen äußerst besorgte Seelsorger in einer Offenheit, die ihres gleichen sucht, an seinen Mitbruder, Pfarrer Joseph Ignaz Martin (1780-1794) 350 , in Bürs sandte 351 ; wie bereits oben erwähnt, ner, Wallfahrt nach Rankweil aus historischer und kunsthistorischer Sicht [Reihe Rankweil 6], Rankweil 1994, 9-128, hier 58. Die Patrimoniumsurkunde der Gemeinde Braz für Joseph Hannibal Grass, ausgestellt auf Schloss Bludenz am 15. Mai 1752, ist erhalten (BAC, 031.03.07 [G]); hingegen ist Grass im Churer Weihebuch für dieses Jahr oder der unmittelbar folgenden Jahre nicht verzichnet (BAC, 761.05 Protocollum Ordinandorum, Bd. 4 [1731-1781]). 345 Bereits am 21. Februar 1788 wurde der Pfarrer vom Ober- und Kreisamt Bregenz via Vogteiamt Feldkirch angewiesen, nicht einer Gottesdienstordnung »nach eigenem Gutdünken« nachzuleben, sondern unter Androhung scharfer Konsequenzen bei Nichtbefolgung sich den allerhöchsten Verordnungen treu zu ergeben (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Rankweil und Umgebung 1789‹). Am 29. Mai 1788 wies Bregenz das Vogteiamt Feldkirch erneut an: »Gegen den Pfarrer zu Rankweil ist ernstlich zu ahnden und ihm aufzutragen, bey Strafsverwendung die Abhaltung einer Vesper an Sonntägen und gebothenen Feürtägen, insonderheit aber an denen Sonntägen Abends zu unterlaßen. Und da man übrigens auch zu vernehmen hat, daß in der Pfarr Rankweil am Werktägen noch mehrere Ämter, auch andere Andachten abgehalten werden, so sind auch dieße ohne weiters abzustellen, nebst deme aber auch der Pfarrer zur Verantwortung zu ziehen, warum an Sonn- und Feürtägen keine Frühepredigt bißher abgehalten worden seye.« (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Gottesdienstordnung / Unruhen in Götzis 1788-1789‹). 346 In einem Schreiben des Guberniums an den Churer Bischof vom 16. April 1789 beschuldigte man den Rankweiler Pfarrer nicht nur des wiederholten Ungehorsams gegen die staatliche Obrigkeit, welche eine »Zerrüttung im Ganzen« hervorbringe, sondern drohte bei »fernerer Widersetzlichkeit« Mittel zu ergreifen, »wodurch sich der Staat Folgsamkeit gegen seine Gesätze« zu verschaffen wisse. Man erwartete vom Bischof, »das sträfliche Betragen dieses Pfarrers nicht nur selbst [zu] mißbilligen, sondern auch durch Hochderoselben oberhirtliches Ansehen demselben Schranken [zu] setzen« (zitiert in: Rapp, Beschreibung I 705). - Bereits am 4. Juni 1789 wurden die verbotenen Votivtafeln wieder in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Rankweil aufgestellt, einen Tag später unternahmen die Gemeinden Götzis, Klaus, Fraxern, Weiler, Viktorsberg, Röthis, Sulz, Laterns, Übersaxen, Altenstadt und Nofels den ebenfalls abgeschafften gemeinsamen sog. Domkapitelschen Kreuzgang zum Marienheiligtum; zeitgleich origanisierte die Gemeinde Rankweil einen Bittgang zur Kirche St. Peter. Auch Satteins und Koblach kamen in Prozessionsform auf den Wallfahrtsberg (Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 136). 347 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlbeg [»Auszug«], S. 4; erwähnt in Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs IV 136; Abschrift mit allen Unterschriften in: VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Einführung der neuen Andachtsordnung / Unruhen in Rankweil und Umgebung 1789‹. In diesem Konvolut liegt auch ein ausführlicher Bericht der Gemeindevorsteher von Rankweil, datiert mit dem 10. Juni 1789, über die örtlichen Unruhen (ebd.). 348 Abschrift in: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«], Bogen 2, S. 2-4. 349 Johann Jakob Ebenhoch wurde am 2. November 1760 in Feldkirch geboren und am 4. Oktober 1786 in Meran zum Priester geweiht (BAC, 761.06 Protocollum Ordinandorum, Bd. 5 [1781-1876], S. 13). 350 Die Patrimoniumsurkunde für den aus Feldkirch stammenden Joseph Ignaz Martin ist erhalten, ausgestellt von Ammann und Rat der Stadt Feldkirch am 1. März 1751 (BAC, 031.03.13); Martin wurde am 10. April 1751 zum Priester ordiniert (BAC, 761.05 Protocollum Ordinandorum, Bd. 4 [1731-1781], S. 122). Später Kurat in Kirchberg (Landkapitel Wihl) 1753-1763, Muttergottes-Benefiziat in Feldkirch 1767-1771, Pfarrer in Schruns 1771-1780), Pfarrer in Bürs 1780-1794, Resignat in Feldkirch 1794-1804, gestorben am 19. Juni 1804 in Feldkirch [nach freundlichen Hinweisen aus dem ADF]. 351 Pfarrer Martin äußerte sich gegenüber der bischöflichen Visitationskommission im September 1789 selbst zum Schreiben aus Weiler (BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Visitation [Weiler 1789]). Er sei <?page no="192"?> 192 hatte Pfarrer Martin in Bürs zu Beginn der Unruhen - genannt wird der Markustag (25. März) - seitens einiger Gemeindemitglieder »großen Verdruß und Grobheiten« 352 erfahren müssen. Pfarrer Ebenhoch schreibt, es sei »in der That ein hartes Brot, bey dermaligen Zeiten im Österreichischen Bezirke Pfarrer zu seyn«. Gründe, sich als Kleriker − zusammen mit dem gläubigen Volk − gegen die Flut von kaiserlichen Verordnungen, womit viel Gutes abgetan werde, zu stellen, seien erstens die vielen Befehle in geistlichen Sachen, da sie in sich oft genug Widersprüche enthielten, so dass man bei einer Umsetzung nicht wisse, »was zu thun ist und zweifelt billig, daß es nicht so vom höchsten Ort aus vermeynet sey«. Zweitens gehe die weltliche Obrigkeit in vielen Punkten zu weit und verbiete Religionsbräuche, »die wahrhaft keine Mißbräuche« seien, wie zum Beispiel »den Rosenkranz betten, das Läuten für Verstorbene an Sonntagen und die Absolutionem defunctorum«. Falls die Geistlichkeit drittens alles befolgen würde, was sie im Namen des Kaisers vorgelegt bekäme, so verlöre sie »alle Liebe und alles Zutrauen bey ihren Pfarrkindern« und könnte alsbald »wenig Nutzen bey ihrer Heerde schaffen«; dies bezwecke der Kaiser gewiss nicht. Auch wenn viertens ein Pfarrer die vorgelegten Befehle alle streng beobachte und sich damit beim Volk verhasst mache, hätte er letztlich auf »keine Hilfe von Seite der weltlichen Obrigkeit zu hoffen«; vielmehr ließen ihn diese »in seinem bitteren Leben schmachten« und würde sich ausweichend dahin äußern, »er hätte es sollen klüger und bescheidener angehen«. Auf solche Trostworte könne jeder gerne verzichten. In einem fünften und letzten Punkt hält der Weiler Pfarrer fest, sie als Seelsorger hätten sich »vollkommen getäuscht in der angefangenen Religionsreformation«. »Man wollte anfänglich nur die Mißbräuche abschaffen, und itzt sehen sie schon die guten Gebräuche abgethan. Man suchte die Bruderschaften und Klöster aufzuheben und dafür Localkaplaneyen etc. aufzurichten, itzt aber wende man die Augen herum, so lang man will, man sieht nichts. Es heißt: Die Religionscassa sey erschöpfet - aber durch was? Man errichtete Seminarien, um gute Priester zu bilden, und itzt verderbet man die darinnen befindliche Jugend in Grund und Boden.« Ebenhochs Fazit mündet in einen Aufruf an seine Mitbrüder, sich der kritischen Begutachtung nicht zu entziehen und entsprechend zu handeln: »So geht es, und es wird bald äußere Religion verlöschen, wenn ihr österreichischen Priester immer so nachgiebig seyd und alles befolgeten wollet, was man auch befiehlt. Meine, es kömmt nicht alles vom Kaiser, sondern von den berufenen Illuminaten, die die Religion und den Staat zu Grunde zu richten suchen.« 353 In dem schriftlich niedergelegten, insgesamt 126 Seiten umfassenden Kommissionsbericht aus der Feder Sarntheins zuhanden des Guberniums schildert der Kommissar seine Eindrücke wie folgt: »Das Volk wünscht in Schul- und Kirchensachen alles auf vor 20 oder 30 Jahren in Uebung gewesenen Andachten und Gebräuche zurückzusetzen. Dies beantragt es nicht nur, sondern führt es auch zum größten Teil wirklich aus. Daher werden in allen Vogteiämtern von Feldkirch und Bludenz untergeordneten Gemeinden die schon vor 15 bis 20 Jahren abgewürdigten Prozessionen nebst allen neueren sowohl in als außer Landes mit fliegenden Fahnen unter Läutung der Glocken wieder zurückgeführt, alle abgeschafften Feiertage mit allen Feierlichkeiten hervorgesuchet, die Vesvom Kreisamt in Bregenz aufgefordert worden, das Originalschreiben des Pfarrers zu Weiler einzureichen. Dieses habe sein Freund und Verwandter (Vetter) auf seine Bitte hin um nähere Informationen zur Situation im vorderen Walgau verfasst. Er habe aber dem Auftruf aus Weiler zu Ungehorsam gegenüber den staatlichen Beschlüssen nie Folge geleistet. Martin betonte wider die Anschuldigung Sarentheins: »Der von Weyler erhaltene Bericht kan mit Grunde nicht als eine Anstiftung ausgelegt werden, weil ich denselben angesucht um zu erfahren, ob alles wahr sey, was schon lange zuvor von dorther ist hier ausgesprengt worden.« (ebd.). 352 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«], Bogen 2, S. 2. 353 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«] Bogen 2, S. 3. - Vogteiverwalter Gugger hielt zur Situation in Weiler fest: »gieng alles tumultuarisch ab, wurde nicht ausgerichtet« (ebd. Bogen 4, S. 3). Aus dem Gemeindebeschluss wird zitiert: »Wir geben dem Kaiser Geld und Mannschaft [= Truppen] und wollen in andern Sachen gehorsam sein; was aber Glaube und Andachten betrifft, halten wir uns ganz an den Papst und Bischof und bleiben bey dem, was von alters her nach der katholischen Religion üblich und gebräuchlich gewesen.« (ebd. Bogen 4, S. 3). <?page no="193"?> 193 pern gehalten, bei Gewitter geläutet, die ausgemerzten Votivtafeln und gekleideten Bildnisse wieder aufgestellt, neue derlei Kleider mit vielen Unkosten herbeigeschafft und die Schule, Christenlehre, Segen- und Singmessen ganz unterbrochen. Nur der eine oder andere Pfarrherr sucht sich dieser Verwirrung zu widersetzen und fleht um Beistand, wird aber vom Strome des niederen Pöbels zur Nachgiebigkeit hingerissen.« 354 Aus Innsbruck erhielt der Churer Bischof erst am 8. Juli 1789 eine offizielle Mitteilung über den Unruheherd in seinem Sprengel; gleichzeitig wurde von Rost angemahnt, er selbst als auch der Klerus im Dekanat Walgau habe den Gläubigen nahezulegen, in der Befolgung der Gesetze dem Monarchen Gehorsam entgegenzubringen. 355 Mit Datum vom 14. Juli sandte der Ordinarius umgehend je ein gleichlautendes Schreiben an das Vikariatsamt in Feldkirch und an das Provikariat mit Sitz in St. Gallenkirch. Mit »nicht geringer Bestürzung« habe er über die »Gährungen und Ausschweifungen unterm Volk« in Vorarlberg Kenntnis erhalten, − darüber, dass »geschlossene Kapellen auf eine gewaltsame Weise wiederum aufgesprenget« und »Gemeindevorsteher und selbst Seelsorger mit Drohungen und Ungestüme zur Abhaltung eingebothener Bittgänge und tumultuarischer Prozessionen gezwungen« worden seien. Es bedürfe »keiner weitläufigen Erwähnungen, wie ahndungsbedürftig solche Anmassungen und Vergehungen in sich selbst seyn«, weshalb er allen Geistlichen im Dekanat Walgau jede Mitwirkung am losgetretenen Volksaufstand strikte untersage und sie an ihre zu »obligierenden Pflichten« gegenüber der weltlichen Obrigkeit erinnere. 356 Gleichentags richtete Dionys von Rost auch ein Schreiben an den Gouverneur des Guberniums, Wenzel Graf von Sauer. 357 Neben der Zusicherung, zur Beruhigung der »tumultuarischen Auftritten« sein Möglichstes beitragen zu wollen, machte er darin unverholen klar, dass »die ausgebrochene Unzufriedenheit und Gährung des Volkes« über die jüngsten kaiserlichen Eingriffe im Bereich der gelebten Volksfrömmigkeit sich keineswegs nur in Vorarlberg zu einem ernsthaften Problem entwickelt haben, sondern nach seinen Kenntnissen darüber hinaus auch andernorts spürbar seien, wofür er durchaus ein gewisses Verständnis aufbringen könne, habe man doch dem gläubigen Bauernvolk, das Neuerungen ohnehin skeptisch gegenüber stehe, seit Jahrhunderten bewährte Andachten und Riten einfach verboten, darüber hinaus »zerschiedene, auch untadelhafte Bilder und Statuen manchmal auf ziemlich auffallende Art aus den Kirchen entfernet«, »die Ablässe beschränket und erschweret«, Stiftungen eingezogen und ›überzählige‹ Gotteshäuser sperren lassen. Dadurch habe man die Gläubigen »mehr und mehr irre und mißgetrost […] und zu aller Belehrung unbiegsam gemacht«. Sicherlich, so räumte der Bischof ein, könne er nicht garantieren, »daß meine samtliche ausgestellte seelsorgerliche Geistlichkeit ohne Ausnahme blos aus den geschicktesten Subjekten bestehe«, doch hoffe er in Anbetracht seiner Ermahnungen, die Priester würden »zur Beruhigung und Belehrung des Volkes« ihren Anteil leisten. Man dürfe jedoch nicht verschweigen, dass einige unter ihnen »durch mehrfache sehr rauhe Behandlung, öffentlichen erniedrigenden Tadel und Bestrafung und mehr andre Umstände« schwer gedemütigt worden seien, weil sie sich für die Umsetzung der neuen kaiserlichen Ordnung eingesetzt hätten und dadurch zur »Zielscheibe« der Gegnerschaft mutierten. Es sei eine alarmierende Tatsache, dass Zweidrittel des im österreichischen Anteil des Bistums Chur tätigen Klerus, »wenn sie sich auch nur den kümmerlichsten Unterhalt anderswo zu verschaffen wüßten«, ihre Pfründe verlassen würden. Doch auch die Ordinariate sehen sich ihrer »stetshinigen bestmöglichen Beywirkung« sowie »nicht wenig ihres 354 Zitiert aus dem Libell Sarntheins vom 17. Juli 1789 in: Eva Kimminich, Religiöse Volksbräuche im Räderwerk der Obrigkeit. Ein Beitrag zur Auswirkung aufklärerischer Reformprogramme am Oberrhein und in Vorarlberg [= Menschen und Strukturen. Historisch-sozialwissenschaftliche Studien 4], Frankfurt a. M. 1989, 80 f. - Kimminich untersuchte insbesondere die Unruheherde und ihre Auswirkungen im konstanzischen Bistumsteil des Vorarlbergs. 355 Schlapp, Dionys Graf von Rost 123; Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 256 f. 356 Abschriften in : BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 58-60 [1789 Juli 14]; BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 14]. 357 Abschriften in : BAC, 762.20 Protocollum Celsissimi, Bd. XVIII (1787-1789), S. 487-495 [1789 Juli 14]; BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 14]. <?page no="194"?> 194 Ansehens und Zutrauens verlustiget«. Der Grund: »Der Pöbel sieht und hört, daß bereits alle kirchlichen Gegenstände von den politischen Stellen behandelt und entschieden werden«. Ja, die Gläubigen hätten längst erkannt, dass sie bei der kirchlichen Obrigkeit »keine Unterstützung« fänden, dass ihre teils berechtigten »Gegenvorstellungen ohne Wirkung« verhallten, so dass sie sich durch Weisungen aus Chur »nicht irre machen lassen« und zu eigenen Mittel greifen, welche gegenwärtig zu erleben seien. Wenzel Graf von Sauer möge selbst überlegen, wo die Gründe für die Tumulte in Vorarlberg liegen; jedenfalls könne nicht in Abrede gestellt werden, »daß die Religion und wahre Gottesfurcht nur immer mehr und mehr verschwindet und die Ausschweifungen und Pflichtvergessungen vermehret werden, da die allergnädigsten und gottseligsten Absichten des Monarchen just auf das Gegentheil gerichtet waren«. Eigentlich sei es bischöfliche Pflicht, die geäußerten Ansichten, »weil sie mit dem Wohl des Staates sowohl als der Religion in der wichtigsten Verbindung stehen«, direkt dem Kaiser vorzulegen, doch der »mißliche Gesundheitszustand« Josephs II. gestatte ihm das nicht, so dass Dionys von Rost sich hierin an den Reichsgrafen gewandt habe, mit der Bitte um Unterstützung für eine dauerhafte Beruhigung des Volksaufstandes auf seinem Territorium und um »Entfernung all widriger dem Staate sowie der Religion so gefährlicher und mißlicher Folgen«. 358 In der Zwischenzeit reagierte die kaiserliche Hofkanzlei in Wien auf die Vorfälle in Vorarlberg: Auf deren Anweisung vom 11. Juli 1789 hatte das Gubernium in Innsbruck den Kreishauptmann Karl Ignaz Maria von Schenk in Bregenz wegen angeblicher Saumseligkeit mit sofortiger Wirkung zu suspendieren, was per Dekret am 16. Juli geschah; an seine Stelle setzte man Georg Andre von Buol von Bernberg (gest. 10. Dezember 1789), welcher sich betreffend Stabilisierung der Unruhen strikte an die Anweisungen des Gubernialkommissars Sarnthein zu halten hatte. Zudem sei dem zuständigen Bischof - also Dioyns von Rost - unter Androhung der Sperrung seiner Temporalien zu befehlen, sich persönlich in das Unruhegebiet zu begeben und die Befolgung der landesfürstlichen Verordnungen anzudringen. 359 Nach Erhalt dieser Order am 19. Juli 1789 antwortete von Rost postwendend in einem Schreiben vom 21. Juli 360 an Gouverneur von Sauer in sehr deutlicher Sprache - Zeichen einer Kehrtwende kirchlicher Obrigkeit in der zu lange geduldeten eigenmächtig betriebenen Kirchenpolitik des Monarchen: »Der Moment für einen wirksamen Eingriff gegen die kirchlichen Reformen und die Unterdrückung der Ordinariatsrechte schien gekommen.« 361 Aus dem Hofdekret vom 11. Juli habe der Bischof ersehen, dass Joseph II. die Ansicht vertrete, die in Teilen Vorarlbergs ausgebrochenen Unruhen fänden »ihren Grund in fanatischen und unaufgeklärten Religionsbegriffen«, wogegen man (mit Einbezug von Strafmaßnahmen) letztlich allein Belehrung durch Vertrauenspersonen setzen könne und den Bischof deshalb unter Androhung des Temporalienentzugs in diesen Kirchensprengel zu reisen zwinge. Dionys von Rost betonte, er sei durchaus gewillt, »ohne es auf niedrige Zwangsmittel ankommen zu lassen«, den Ort der Gährung zu visitieren, falls seine Gegenwart »zu Behebung der Unzufriedenheit des Volkes« hierfür hilfreich erscheine. Er halte jedoch an seiner bereits geäußerten Vermutung fest, dass »das Übel tiefer« liege und zur »Herstellung dauerhafter Ruhe und Beruhigung etwas mehrers erforderlich seye«; »blosse Belehrungen, Zusprüche und Verweisung an Gehorsam bey einem schon aufgebrachten und sich beschwert glaubenden Volk, ohne es insbesondere anzuhören«, zeigten keinerlei Wirkung. Zudem komme es darauf an, ob der Monarch in dem einen oder anderen Punkt nachzugeben gewillt sei und eine »Milderung oder Zusicherung« gewähre oder 358 Alle Zitate aus der Abschriftenfassung in: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 14]. 359 Hinweise über dieses Vorgehen erhalten wir aus der Abschriftensammlung in: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [»Auszug«] Bogen 5, S. 1; ferner Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 257 f. 360 Abschrift in: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 21]. 361 Schlapp, Dionys Graf von Rost 126. <?page no="195"?> 195 auf alles ohne Ausnahme bestehe. Falls während der bischöflichen Anhörung und Visitation kein positives Zeichen der Begünstigung mittels garantierten Zusagen des Kaisers gesetzt werden könne, sehe der Bischof wenig Hoffnung auf wirkliche Beruhigung der angespannten Lage und könne den an ihn gesetzten Erwartungen kaum entsprechen, geschweige denn »künftigen Übeln« vorbeugen. In einem solchen Fall, sehe er sich gezwungen, direkt an den Kaiser zu gelangen. »Wird mir aber beruhigend Zusicherung ertheilet und mir gestattet, mit gehöriger Gewalt und nach Vorschrift meiner bischöflichen Pflichten fürzuschreiten, bin ich jederzeit bereit, mich in die mir gramhaft zu machenden Ortschaften, wo sich Unruhen ergaben, insbesondere zu verfügen oder auch auf künftigen Septembermonat den daselbigen ganzen Bezirk in einer allgemeinen Pastoralvisitation zu besuchen, und sowohl zu Handhabung der allerhöchsten Gesinnungen als Herstellung gemeinsamer Ruhe und Beruhigung mein möglichstes zu thun.« 362 Gegenüber der bislang unantastbar scheinenden Staatsmacht, die sich gerade auch im kirchlichen Bereich immer mehr zu festigen schien, bot nun ein Bischof und geistlicher Reichsfürst − entschlossener als früher − der kaiserlichen Majestät die Stirn. In der gegenwärtigen Situation der ausgebrochenen regionalen Unruhen in Vorarlberg, welche für den Staat nicht nur zu einem ärgerlichen Hemmschuh im Vorankommen seiner Ziele verkam, sondern mit Blick auf den gesamten tirolischen Raum wegen Befürchtung einer unkontrollierbaren Ausbreitung zur ernsten Gefahr erwuchs, war der fern geglaubte Ortsordinarius von Chur plötzlich unumgänglich. Von Rosts Hauptforderungen nach erwarteten Zugeständnissen durch den Kaiser sowie die Erwartung, in freier bischöflicher Vollmacht agieren und eine Visitation im kirchlichem Sinn ohne stattliche Bevormundung zielgerichtet durchführen zu können, waren gesetzt und mussten Gehör finden. Sowohl aus Innsbruck als auch aus Bregenz erhielt der Churer Bischof Antwort; beide Schreiben sind mit dem Datum des 25. Juli 1789 versehen. 363 Ausführlich und durchaus positiv reagierte von Sauer: Der Gouverneur zeigte sich erfreut über die Zusage von Rosts, »in vollkommenster Bereitwilligkeit, alles was Staat und Religion fordern können«, in seinem Kirchsprengel »in thätige Ausübung zu bringen, auch in die Gegend der ausgebrochenen Unruhen selbst sich [zu] begeben, um die ausgebrochenen Unzufriedenheiten und Gährungen daselbst persönlich beizulegen, […] ehe das Übel weiter um sich greifen kann«. Er hätte deshalb bereits mit Sarnthein vereinbart, bei Eintreffen des Bischofs im Krisengebiet diesen über die Lage genau zu informieren und dem Ordinarius auch Einsicht in die hierüber gesammelten Akten zu gewähren, »damit die Vorkehrungen zum Besten der Sache getroffen werden können«. Zu den vom Bischof erhofften kaiserlichen Zugeständnissen nahm Sauer wie folgt Stellung: Dort, wo seitens der staatlichen Beamtenschaft oder der Geistlichkeit in der Interpretation der vorgelegten Gesetze »zu weit gegangen worden wäre«, räumte er Dionys von Rost ein, diese »in ihre rechten Schranken zurückzusetzen, und hierdurch dem Volke Beruhigung und Zufriedenheit zu verschaffen«; ausdrücklich nannte Sauer das untersagte Rosenkranzgebet. Es möge aber darauf geachtet werden, »daß es zu keiner förmlichen und gebothenen Andacht erhoben werde«; als »Privat-Andacht« sei der Rosenkranz bislang nach Anfragen an das Kreisamt Bregenz immer wieder gestattet worden. Auch die Öffnung von Kirchen sei grundsätzlich daselbst zu gestatten, wo diese den Gläubigen zu ihrer Andacht wirklich »erforderlich sind«. Detaillierte Verfügungen möge die Sarnthein’sche Kommission mit dem Bischof besprechen. Was hingegen die Einhaltung anderer eindeutigen kaiserlichen Dekrete betreffe, habe Sauer keinerlei Kompetenzen, »willkürliche Auslegungen darüber zu 362 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 21]. - In einem ebenfalls mit dem 21. Juli 1789 datierten Schreiben schickte Dionys von Rost eine Abschrift der jüngsten Korrespondenz an Sauer auch an den Gubernialrat und Grafen Sarnthein nach Bregenz und betonte: »Allein ohne sichere Kenntniß der wahren Lage der Sachen, doch aber in der Vermuthung, daß es nicht nur um Abhaltung einiger Prozessionen oder Sperrung einiger Nebenkirchen etc. zu thun, sondern auf mehrers andre wichtigere Gegenstände anzukommen haben dörfte«, warne er vor einem zu schnellen Eingreifen, welches dann »vermuthlich ohne alle Wirkung bleiben« oder »noch schlimmere Folgen nach sich ziehen« könnte. (Ebd.) 363 BAC, 725.20.008 [1789 Juli 25] Sauer an von Rost; BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 25] Sarnthein an von Rost. <?page no="196"?> 196 machen oder davon abzuweichen« bzw. Lockerungen zu gewähren. Falls in der Zusammenarbeit mit Sarnthein Punkte in den Fokus treten, welche eine Veränderung erlauben würden, ohne »in der Hauptsache den allerhöchsten vorgeschriebenen Verfügungen zuwider« zu laufen, erklärte sich Sauer bereit, die zu machenden Vorschläge dem Wiener Hof zur Entscheidung vorzulegen. Grundsätzlich sei das Gubernium aber überzeugt, »daß die bischöflichen Ermahnungen und Belehrungen, wenn sie mit dem gehörigen Nachdrucke vorgenommen werden, sicherlich den besten Erfolg nach sich ziehen müssen«; dazu sei die Form einer Pastoralvisitation durchaus ein zum Ziel führender Weg. Den bischöflichen Vorwurf, es seien bei den Unruhen Geistliche »durch sehr rauhe Behandlung, öffentlich erniedrigenden Tadel oder Bestrafung« in ihrer Würde schwer verletzt worden, wies Sauer am Ende seines Schreibens zurück; jedenfalls besitze er hierüber keine Zeugnisse. Falls solche Übergriffe nachgewiesen werden könnten, bitte er den Bischof um entsprechende Unterlagen. 364 Alois Graf von Sarnthein seinerseits verdankte das per »Eilpost« erhaltene bischöfliche Schreiben vom 21. des Monats. Er erwarte vom Gubernium für das weitere Vorgehen die Anweisungen und stelle inzwischen aus den bisherigen Kommissionsakten jene Punkte zusammen, woraus der Churer Bischof »die unläugbaren Quellen und die dermalige Lage des der Religion und dem Staat sehr nachtheiligen Uibels« ersehen könne. 365 In einem weiteren Schreiben vom 28. Juli 1789 bestätigte Sarnthein den Eingang der Anweisung aus Innsbruck, dem Churer Bischof »mit allen zur Sache erforderlichen Auskünften anhanden zu gehen« und bat von Rost um Angabe des Ortes zur ersten mündlichen Besprechung. 366 In der Folge bestimmte der Bischof Kanzler Georg Schlechtleutner, der von Sauer gegenüber dem Gubernium wenig schmeichelhaft als einen »mit allen ultramontanischen Grundsätzen angefüllten Mann« betitelt wurde 367 , zu seinem offiziellen Vertreter und schickte ihn zu den unter Leitung von Sarnthein stehenden Kommissionsgesprächen nach Bregenz. 368 Das mit Datum des 6. August 1789 angefertigte Protokoll der Kommission in der Zusammensetzung von Alois Reichsgraf von Sarnthein, Fiskalamtsadjunkt Ignaz Anton von Indermauer, Kanzler Schlechtleutner sowie Kreis- und Oberamtsaktuar Franz Schirmer enthält die Feststellung, man erwarte aus Wien noch die »allfällig über ein oder anders der vorgelegten vermeintlichen Religions-Beschwerden des Volkes zu so sicherer und dauerhafterer Beruhigung nothwendiger Bemerkungen«, damit diese dem Fürstbischof von Chur vor Beginn der von ihm zugesagten Visitation vorgelegt werden konnten. Es sei zu hoffen, dass vor allem zu den Bereichen Gottesdienst und Andacht, welche »zur Wesenheit der Religion nicht gehören«, entsprechende Zugeständnisse präsentiert würden. 369 Dem Drängen des Volkes »in ganz gleichgültigen Dingen« nachzugeben, sah die weltliche Hand u.a. in der Genehmigung der Wiedereröffnung einzelner Gotteshäuser, in der Erlaubnis zum gemeinsamen Rosenkranzgebet ohne geistliche Assistenz, in der Wiedereinführung des Wettersegens, in der Duldung des Glockengeläuts zum englischen Gruß und vor aufkommenden Gewittern und schließlich in der Abhaltung von Monatsprozessionen und einzelnen Kreuzgängen. 370 Mit Schreiben vom 11. August 1789 an die beiden bischöflichen Vikare in Feldkirch und St. Gallenkirch kündigte Bischof Dionys von Rost schließlich die Pastoralvisitation im Dekanat Walgau zwischen dem 30. August und Ende September an; am 12. August erging diese auch 364 Alle Zitate aus dem Originalschreiben in: BAC, 725.20.008 [1789 Juli 25]. 365 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 25]. 366 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 Juli 28]. 367 Zitiert in Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 260. 368 Schlapp, Dionys Graf von Rost 126 f. 369 Original mit Unterschriften in: BAC, 782.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ II: Akten zu den Unruhen im Vorarlberg [1789 August 6]. 370 Schlapp, Dionys Graf von Rost 127; Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 259 (bezieht sich auf zwei Dokumente vom 28. bzw. 30 Juli 1789 [Vortrag der Hofkommission / Resolution des Kaisers]. - Das von Hermann Schlapp erwähnte Dokument vom 10. August 1789, worin diese Zugeständnisse seitens des Guberniums formuliert worden waren, ist im BAC nicht auffindbar. <?page no="197"?> 197 an den Gouverneur des Guberniums nach Innsbruck. 371 Am 25. August schließlich informierte das Ober- und Kreisamt Bregenz Franz Philipp Gugger von Staudach über die bevorstehende Visitation und trug dem Vogteiverwalter der Herrschaft Feldkirch auf, dem Bischof von Chur eine »anständige Aufnahme« und ein zügiges Vorankommen auf Pfarrei- und Gemeindeebene zu ermöglichen. 372 h) Pastoralvisitation im Walgau 1789 Am 29. August 1789, frühmorgens gegen 6.30 Uhr, im Anschluss an den gemeinsamen Gottesdienst mit dem Churer Residentialkapitel in der Kathedrale, bestieg Bischof Dionys von Rost den Vierspänner, der ihn und seine Begleitung über die Luziensteig nach Triesen (Mittagshalt) und von dort weiter nach Feldkirch brachte, dem Ausgangspunkt der Pastoralvisitation im Dekanat Walgau. Zur bescheidenen Visitationskommission zählte Dompropst Christian Jakob Fliri (1776-1801) als bischöflicher Kommissar und ›Visitator generalis‹, Kanzler und Hofkaplan Franz Xaver Adegoll (gest. 1837) sowie Georg Schlechtleutner als Protokollführer. 373 Gegen 17 Uhr traf der Reisetross »unter Zusammläutung aller Glocken und unter Aufwartung samtlicher Geistlichkeit, auch der Obern von den Regularen«, im Pfarrhof zu Feldkirch ein. 374 Unmittelbar darauf traf sich der Bischof mit Kreishauptmann von Buol und dem beordeten weltlichen Visitationskommissar Indermauer zur Lagebesprechung; von Rost war es wegen der Unruhen ein wichtiges Anliegen, neben der Firmspendung den Verhören des Klerus und der Gemeindedeputierten wenn immer möglich selbst beizuwohnen, was eine Mehrbelastung für den Bischof bedeutete und entsprechend eine möglichst exakte Zeitplanung erforderte. Wie der unten stehende Ablauf verdeutlicht, entschloss man sich neben Feldkirch neun weitere Orte anzufahren, dort sowohl den Klerus im Ort als auch die Geistlichen der nächst umliegenden Pfarreien zusammenzurufen sowie die einzelnen Gemeindedelegationen zu empfangen und anzuhören. 375 371 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 60-62 [1789 August 11]-; BAC, 762.20 Protocollum Celsissimi, Bd. XVIII (1787-1789), S. 518-519 [1789 August 12]. 372 VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Visitationsreise des Bischofs von Chur 1789‹ [1789 August 25]. 373 Angaben aus: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Visitationsprotokoll, S. 1. 374 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Visitationsprotokoll, S. 1. 375 Gemäß der statistischen Angaben, die Georg Schlechtleutner fein säuberlich auflistete, existierten insgesamt (noch) 81 Benefizien - im Detail waren es: In Feldkirch: Pfarrpfrund, Benefizien Unsere Liebe Frau, Hll. Apostel, Hl. Geist, Hl. Kreuz, Hl. Dreifaltigkeit, St. Leonhard; in Tosters: Pfarrpfrund; in Tisis: Pfarrpfrund; in Nofels: Pfarrpfrund; in Frastanz: Pfarrpfrund; in Nenzing: Pfarrpfrund, Frühmessbenefizium; in Braz: Pfarrpfrund, Frühmess; in Dalaas: Pfarrpfrund, Frühmess, Hl. Kreuz, Benefizium in Wald; in Klösterle: Pfarrpfrund, Frühmess; in Stuben: Pfarrpfrund; in Bludenz: Pfarrpfrund, Benefizien Hl. Dreifaltigkeit, Frühmess, Kuratie in Stallehr; in Nüziders: Pfarrpfrund, Frühmess; in Bürs: Pfarrpfrund, Frühmess; in Bürserberg: Pfarrpfrund; in Brand: Pfarrpfrund; in St. Anton im Montafon: Pfarrpfrund; in Vandans: Pfarrpfrund, Frühmess; in Bartholomäberg: Pfarrpfrund, Frühmess; in Silbertal: Pfarrpfrund, Frühmess; in Schruns: Pfarrpfrund, Frühmess; in Tschagguns: Pfarrpfrund, Frühmess, Mittelmess; in St. Gallenkirch: Pfarrpfrund, Frühmess, Benefizium in Gortipohl; in Gaschurn: Pfarrpfrund, Frühmess, Benefizium in Partenen; in Galtür: Pfarrpfrund, Frühmess; in Ischgl: Pfarrpfrund, Frühmess, Benefizium in Mathon; in Altenstadt: Pfarrpfrund, Frühmess; in Meiningen: Pfarrpfrund; in Göfis: Pfarrpfrund; in Satteins: Pfarrpfrund, Frühmess; in Schlins: Pfarrpfrund; in Schnifis: Pfarrpfrund; in Damüls: Pfarrpfrund; in Fontanella: Pfarrpfrund; in Rankweil: Pfarrpfrund Unsere Liebe Frau, Pfarrpfrund St. Peter, Frühmess, Beichtiger, Morserisches Benefizium; in Übersaxen: Pfarrpfrund; in Laterns: Pfarrpfrund; in Weiler: Pfarrpfrund; in Röthis: Pfarrpfrund, Frühmess, Kuratie auf Viktorsberg; in Fraxern: Pfarrpfrund; in Klaus: Pfarrpfrund; in Koblach: Pfarrpfrund; in Götzis: Pfarrpfrund, Frühmess (BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Statistische Angaben u.a. zu den einzelnen Pfarreien). <?page no="198"?> 198 Ablauf der Pastoralvisitation von Bischof Franz Dionys von Rost 1789 1 Datum Eigens besuchte/ r Pfarrei / Ort (Visitation und Firmspendung) Erscheinen von Geistlichen und Gemeindedelegationen aus den umliegenden Pfarreien/ Orten (Seelenzahl 2 ) 29. August morgens: Abreise von Chur / Mittagessen in Triesen / nachmittags: Ankunft in Feldkirch 30./ 31. August Feldkirch (1300) Nofels (400) Tisis (450) Tosters (280) 31. August nachmittags: Ankunft in Frastanz (Firmung) / Weiterfahrt nach Nenzing 1.-2. September Nenzing (1500) Frastanz (1100) 3. September vormittags: Ankunft in Braz 3.-5. September Braz (700) Ausserbraz Dalaas (848) Klösterle (300) Stuben (104) Wald 5. September abends: Ankunft im Kloster St. Peter, Bludenz 6.-9. September Bludenz (1560) Brand (275) Bürs (518) Bürserberg (400) Nüziders (700) Stallehr 9. September vormittags: Ankunft in Schruns 9.-12. September Schruns (1219) Bartholomäberg (1423) Silbertal (623) St. Anton im Montafon (116) Tschagguns (1275) Vandans (850) 12. September nachmittags: Ankunft in St. Gallenkirch 13.-15. September St. Gallenkirch (1463) Galtür (400) Gaschurn (1110) Ischgl (862) 15. September vormittags: Ankunft in Bludenz, St. Peter / nachmittags: Weiterfahrt nach Altenstadt 16.-18. September Altenstadt (1200) Göfis (800) Meiningen (329) 18. September nachmittags: Ankunft in Göfis (Firmung) / Weiterfahrt nach Satteins 19.-21. September Satteins (800) Damüls (289) Fontanella (397) Schlins (520) Schnifis (703) 21. September nachmittags: Ankunft in Rankweil 22.-25. September Rankweil Unsere Liebe Frau (3000) Laterns (580) Meiningen Rankweil, St. Peter (70) Röthis (583) Sulz Übersaxen (280) Viktorsberg Weiler (236) Zwischenwasser <?page no="199"?> 199 Ablauf der Pastoralvisitation von Bischof Franz Dionys von Rost 1789 1 Datum Eigens besuchte/ r Pfarrei / Ort (Visitation und Firmspendung) Erscheinen von Geistlichen und Gemeindedelegationen aus den umliegenden Pfarreien/ Orten (Seelenzahl 2 ) 25. September nachmittags: Ankunft in Klaus (Firmung) / Weiterfahrt nach Götzis 26.-28. September Götzis (2000) Fraxern (268) Klaus (360) Koblach (475) 28. September abends: Ankunft in Feldkirch 29. September Feldkirch Tisis Tosters Nofels 29. September Abschluss der Pastoralvisitation Das Auftreten der insgesamt 43 erschienenen Gemeindedelegationen war neben der Visitation des Klerus von besonderer Wichtigkeit. Mittels ihrer mündlich vorgebrachten Beschwerden und eingereichten Bittschriften vermochte sich der Bischof ein genaueres Bild von der gegenwärtigen pastoralen Lage machen. Die Seelsorger und Gemeinden der Gerichte Rankweil und Sulz sowie der Talschaft Montafon legten gemeinsam formulierte Beschwerden und Wünsche vor; die Rankweiler Fassungen sind erhalten geblieben und bereits ausgewertet worden. 376 Gemäß der Schilderung der durch die jüngsten, in kurzen Abständen erfolgten kaiserlichen Verordnungen geschaffenen Situation in Vorarlberg, welche die Gemeinden des Rankweiler Territoriums vorlegten, betraf es folgende, einer Änderung bedürftiger Sachgebiete: [1.] Sperrung der Nebenkirchen und Kapellen, [2.] Regelung der Gottesdienste, [3.] Prozessionen und Bittgänge, [4.] Glockenläuten vor/ zu besonderen Begebenheiten (Feierabend-, Wetter- und Seelenläuten), [5.] Andachten (Rosenkranz, Vesper, in besonderen Situationen), [6.] Bruderschaften 377 (Wiedereinführung). [7.] Verwaltung von Stiftungs- und Bruderschaftkapitalien (künftig vor Ort), [8.] Verordnungen im religiösen Bereich (künftig durch die Kirche), [9.] Verstärkung disziplinärer Maßnahmen im Gemeindeleben. Die Auswertung des von Georg Schlechtleutner erstellten Protokolls 378 über die von den Delegationen der einzelnen Gemeinden eingereichten Beschwerden und Bitten ermöglicht folgende Zusammenstellung: 376 Ulmer, Volksbewegung 47-51 (Denkschrift vom 18. [irrtümlich 12.] August 1789 von 17 Gemeinden des Gerichts Rankweil-Sulz [ausser Röthis]); Original des Memorandums des Klerus des Gerichts Rankweil-Sulz an den Churer Bischof vom 15. Oktober 1789 (an der Kaiser weitergeleitet) in: BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15]; Wortlaut im Anhang, Quellentext Nr. 14, unten S. 343-358; hierzu Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 261-266. 377 Siehe hierzu das Dossier ›Aufgehobene Bruderschaften‹ in: VLA, Vogteiamt Bludenz 127/ 1539. In der Herrschaft Sonnenberg wurden in 10 Pfarreien insgesamt 18 Bruderschaften mit einem Totalvermögen von 5‘010 fl. 59 ½ xr. aufgehoben (ebd. / unten S.-200 (Abb. 51). 378 BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Beschwerdepunkte der einzelnen Gemeinden. 1 Gemäß Angaben aus: BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Visitationsordnung; 1789/ I: Visitationsprotokoll. - Von der Visitation ausgenommen blieben das Gebiet der Herrschaft St. Gerold, die 6 Pfarreien in der Freien Reichsherrschaft Blumenegg sowie die 7 Pfarreien im Fürstentum Liechtenstein (vgl. oben S. 38-f.). 2 Angaben aus BAC, 787.03 Serienakten, Visitationen im Walgau 1789/ I: Statistische Angaben u.a. zu den einzelnen Pfarreien. <?page no="200"?> 200 Abb. 51: Aufgehobene Bruderschaften in der Herrschaft Sonnenberg [VLA] <?page no="201"?> 201 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Frastanz [1. Sept.] fol. 1 r-v legen in 9 Punkten Beschwerden vor ■ Gottesdienste an dispensierten Feiertagen (Wiedereinführung der Feiertage wird aber nicht gefordert) ■ Wiederöffnung der gesperrten Kapelle St. Wendelin ■ Rosenkranz an allen Feiertagen ■ öffentliche Andacht bei Notfällen ohne Genehmigung der Behörden ■ Prozession am ersten Sonntag des Monats ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten um die Pfarrkirche (oder je nach Witterung in der Kirche) ■ 7 Bittgänge ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten an Samstagen ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Wiedereinführung der Rosenkranz- und Apollonia-Bruderschaft --- Nenzing [2. Sept.] fol. 2 r-v legen in 9 Punkten Bitten vor ■ auch an Feiertagen Früh- und Spätmessen ■ Wiederöffnung der z. T. bereits gesperrten Kapellen in Beschling, Latz, Gurtis und in Halden sowie der Luz-Gantenbein- Kapelle ■ öffentliche Andachten in Notsituationen ■ Bitt- und Kreuzgänge ■ Monatliche Prozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Kreuzgänge in Notsituationen ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Wiedereinführung der Rosenkranz- Bruderschaft ■ Verwaltung der Stiftsmessen vor Ort ■ Verordnungen in geistlichen Sachen nicht mehr durch politische Behörde Klösterle [4. Sept.] fol. 2 v / 3 r legen in 8 Punkten Bitten vor ■ Wiederöffnung der Kapellen St. Michael am Langen und St. Rochus in Danöfen --- ■ Monatliche Prozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Kreuzgänge nach Dalaas und Stuben ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Verehrung des Heiligen Grabes ■ Auferstehungs- und Himmelfahrtszeremonien ■ Verwaltung der milden Stiftungen vor Ort ■ Gestattung von Kreuzen auf den Gräbern Stuben [4. Sept.] fol. 3 r ■ Offenhaltung der Kapelle »Im Bild« (ca. 1/ 4 Std. von der Pfarrkirche entfernt in Richtung Stuben) ■ unterstützen alle Anliegen der Gemeinde Klösterle [siehe oben] Braz [4. Sept.] fol. 3 r-v legen in 14 Punkten Beschwerden vor ■ Beschwerden gegen die Verordnung, dass die Geistlichen nur mehr nacheinander und nicht mehr gleichzeitig zelebrieren dürfen. ■ öffentliches Rosenkranzgebet ■ Andachten in Notsituationen ■ Monatsprozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Kreuzgänge nach St. Peter bei Bludenz, nach Dalaas und Stallehr ■ Wallfahrten in Notsituationen ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Verbot von Benediktionen zu gewissen Zeiten und Festen ■ gegen Zwang von Kirchengesang in der Messe ■ Verwaltung der milden Stiftungen, der aufgehobenen Bruderschaften und geschlossenen Kirchen vor Ort ■ Vermögen der Rosenkranz-Bruderschaft in Pfarrkirchenstiftung einfließen ■ gegen neue aufgezwungene Stolordnung ■ Beschwerden gegen die Pfarrangehörigen von Ausserbraz (verweigern Unterstützung an Braz) <?page no="202"?> 202 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Dalaas [4. Sept.] fol. 3 v / 4 r-v legen in 13 Punkten Beschwerden vor ■ Frühmesse sowie Frühgottesdienst aufgezwungen ■ Protest gegen die Entfernung zweier Nebenaltäre aus der Kirche Hl. Kreuz ■ Protest gegen Schließung von Kapellen in Mason, Hintergant, Hl. Kreuz beim Rüfitobel und U.L.F. im innern Wald [Wiederöffnung zugestanden] ■ öffentliche Andachten und Prozessionen nur mit Bewilligung des Vogtei- und Kreisamtes ■ verlangen Vesper- und Psalmengebet ■ Monatsprozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Bittgänge nur über ¼ Std. Wegentfernung gestattet ■ Feierabendläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Seelenläuten ■ Rosenkranz- und Skapulierbruderschaft aufgehoben ■ Fahnen in der Kirche / Muttergottesstatue im Seitenschiff der Pfarrkirche entfernt ■ Verordnungen in geistlichen Sachen nicht mehr durch politische Behörde ■ Kreuze auf den Gräbern erlauben ■ Protest gegen die Forderung, die Summe der milden Stiftungen (20’000 fl.) solle an den Staat gehen. ■ Protest gegen den Zwang zur Armenunterstützung [zugestanden] Brand [7. Sept.] fol. 4 v / 5 r Bittschrift vorgelegt [N o 1] 1 ■ Wiederöffnung der Kapelle in Daleu (bei ungünstiger Witterung nötig, da Kirchweg zu Pfarrei nicht möglich) [zugestanden] --- ■ Bittprozession zur Kapelle in Daleu --- --- Bürserberg [7. Sept.] fol. 5 r Beschwerdeschrift [N o 2] ■ 4 Höfe sollen der Pfarrei Bürserberg einverleibt werden [Bittschrift, N o 3] Nüziders [7. Sept.] fol. 5 r-v / 6 r Bittschrift in 13 Punkten eingereicht [N o 4] ■ Ansuchen um Offenhaltung der Kirchen St. Vinerius, St. Magnus und Marienkapelle in Latz ■ öffentliches Rosenkranzgebet (wenigstens an den Feiertagen) ■ Andachten in Notsituationen ■ Vesper an allen Sonn- und Feiertagen wieder zulassen ■ Monatsprozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Bittgang am Vorabend und am Tag des hl. Magnus ■ Prozessionen in Notsituationen ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Krippenaufstellung an Weihnachten ■ Verehrung des Heiligen Grabes ■ Oster- und Christi Himmelfahrt-Zeremonien ■ Klage: alle Bruderschaften aufgehoben Bürs [8. Sept.] fol. 6 r-v Bittschrift in 12 Punkten eingereicht [N o 5] ■ Sperrung von 3 Kapellen (wenigstens die Kapelle St. Johannes Nepomuk möge offen bleiben) [zugestanden] ■ Monatsprozession ■ Prozession an den 5 gebotenen Marienfesten (jeweils um die Pfarrkirche) ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Verehrung des Heiligen Grabes ■ Auferstehungs- und Himmelfahrt Christi-Zeremonien ■ Verstorbene sollen auf dem Friedhof der Reihe nach begraben werden ■ Zwang: Politische Verordnungen ab der Kanzel zu verkünden ■ Disziplinarverordnungen vom Kreisamt zugesandt (nicht vom Ordinariat) ■ an den aufgehobenen Feiertagen sei zu arbeiten ■ Einkünfte der aufgehobenen Bruderschaften abgezogen (Einkünfte der Kirche zu niedrig) <?page no="203"?> 203 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Bludenz [8. Sept.] fol. 6 v / 7 r legen in 14 Punkten Bitten vor ■ Kapelle St. Jakob und Spitalkirche offen lassen (wenigstens letztere) ■ öffentliches Rosenkranzgebet ■ Vesper ■ Bitte: täglicher Rosenkranz (ohne Priester) in der Spitalkirche [zugestanden] ■ Bitte: Vesper an Samstagen ■ Monatsprozession ■ Prozessionen in den nächstliegenden Ort ■ Bitte: Prozession an Fronleichnam bei schlechter Witterung auf Sonntag verlegen ■ Bitte: Prozession auf den Friedhof an Samstagen in den Sommermonaten, gestatten ■ Bitte: Prozession an Mariae Himmelfahrt, am Rosenkranzfest, an Allerheiligen und Allerseelen um die Kirche ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Bitte: Seitenältäre, Fahnen und Statuen in den Kirchen belassen ■ Bitte: wenigstens Rosenkranz-Bruderschaft belassen ■ Bitte der Bewohner in Rungelin: Verkündigung der aufgehobenen Feiertagen möge beibehalten werden ■ Bitte: Beitrag für den Unterhalt der Kapelle St. Antonius von Padua und für Paramente Schruns [11. Sept.] fol. 7 r-v Schriftliche Beschwerden des ganzen Tals Montafon eingereicht 2 [N o 7] ■ Kirche auf dem Kalvarienberg möge offen bleiben [zugestanden] ■ legen noch eine eigene Beschwerdeschrift vor [N o 6] Tschagguns [11. Sept.] fol. 7 v ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] Bartholomäberg und St. Anton i. M. [11. Sept.] fol. 7 v / 8 r ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] ■ erklären, zusammen zu gehören [N o 8] Vandans [12. Sept.] fol. 8 r ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] Bemerkung im Protokoll: »Scheint eine sehr gute und ruhige Gemeinde zu seyn.« Silbertal [12. Sept.] fol. 8 r ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] Bemerkung im Protokoll: »Scheint auch eine gute und ruhige Gemeinde zu seyn.« St. Gallenkirch [14. Sept.] fol. 8 r-v ■ Bitte um Offenlassung der Kapellen U. L. F. in Aussergant, U. L. F. am Hohen Steg [zugestanden] ■ Rosenkranz zu allen Zeiten nach ihrem Gutdünken beten ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] ■ weigern sich, künftig geistliche Weisungen vom Kreisamt entgegenzunehmen <?page no="204"?> 204 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Gaschurn [14. Sept.] fol. 8 v ■ Bitte um (wenigstens interime) Offenlassung der Kapelle Maria Schnee [als Totenkapelle im Winter] ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Tals Montafon [siehe Schruns] Altenstadt [17. Sept.] fol. 9 r Schriftliche Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz eingereicht 3 [N o 9] ■ für die Offenlassung der Kapelle St. Martin (im Besitz der Prämonstratenser) möge der Orden sich einsetzen Göfis [17. Sept.] fol. 9 r ■ plädieren für eine Offenlassung der Kapelle St. Sebastian und Rochus (Stiftungskapital der Kapelle beträgt 974 fl., Betrag wichtig für die Pfarrkirche) ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] Meiningen [17. Sept.] fol. 9 v ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] Damüls und Fontanella [20. Sept.] fol. 9 v / 10 r bringen in 11 Punkten Beschwerden vor ■ wehren sich gegen aufgezwungenen Kirchengesang in der Messe ■ Kapelle Maria Hilf in Faschina (Fontanella) soll offen gelassen werden ■ Monatsprozessionen um die Kirche ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ Aufbesserung des Gehalts des Pfarrers in Damüls durch Religionsfonds ■ Bestrafung bei Fällen von Unkeuschheit gefordert ■ Kapital von milden Stiftungen soll nicht abgezogen werden ■ Schwierigkeiten bei der Pfarreizugehörigkeit von Bewohnern von Fontanella (einige auch pfarrgenössig zu Sonntag) <?page no="205"?> 205 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Satteins [20. Sept.] fol. 10 r-v / 11 r bringen in 14 Punkten Beschwerden vor 4 ■ Offenlassung der Kapelle St. Sebastian ■ alle bislang gepflegten Andachten wieder zulassen ■ Vesper an Samstagen ■ öffentliches Rosenkranzgebet ■ alle bislang gepflegten Prozessionen wieder zulassen ■ Feierabendläuten ■ Seelenläuten ■ Wetterläuten ■ Wettersegen ■ aufgehobene Feier- und Festtage mit Predigt und Amt wieder zulassen (Bevölkerung arbeitet bislang an diesen Tagen nicht) ■ Wiederherstellung der Rosenkranzbruderschaft ■ alle in der Karwoche üblichen Zeremonien wieder gestatten ■ alle bislang gebräuchlichen Segnungen wieder zulassen ■ Rückgabe des entwendeten Muttergottesbildes (zur Zierde des Hochaltars) ■ Bei Eheverkündigungen sollen weiterhin die Titel »Jungfer« und »Jüngling« verwendet werden ■ Bestrafung von öffentlicher Hurerei und Ehebruch ■ Verwaltung der milden Stiftungen vor Ort ■ Frühmesspfrund wieder zu einem eignen Benefizium rückführen Bemerkung im Protokoll: »fand sie sehr hartnäckig und unbiegsam« Schlins [20. Sept.] fol. 11 r reichen in schriftlicher Form eine Bittschrift ein 5 [N o 10] ■ Kapellen St. Anna in Frommengärsch und St. Magnus in Röns mögen wieder geöffnet werden ■ öffentliches Rosenkranzgebet wieder gestatten ■ Rosenkranzbruderschaft und ■ Feiertage mit festtäglichem Gottesdienst wieder zulassen ■ die 2 Glocken aus der gesperrten Kapelle auf Schloss Jagdberg mögen ihnen für die Pfarrkirche abgegeben werden [wird unterstützt] Schnifis [21. Sept.] fol. 11 r-v reichen in schriftlicher Form 13 Beschwerden ein 6 [N o 11] ■ Zulassung des Mittragens der Muttergottesstatue und Bilder der Heiligen bei Prozessionen ■ Verwaltung der milden Stiftungen vor Ort ■ Unzucht soll bestraft werden ■ in der Sache Bauschuldigkeit im Zuge des Kirchenneubaus mit dem Stift Einsiedeln möge ihnen geholfen werden Laterns [23. Sept.] fol. 11 v / 12 r ■ plädieren für die Offenlassung ihrer beiden Nebenkirchen Maria Schnee in Bonacher und St. Martin in Wies ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] ■ Unterhalt der Pfarrkirche aus eigenen Mitteln nicht möglich (Einträge der Nebenstiftungen notwendig) Übersaxen [23. Sept.] fol. 12 r ■ Offenlassung der Kapelle St. Rochus zu Reinberg ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] <?page no="206"?> 206 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Zwischenwasser [23. Sept.] fol. 12 r-v ■ Wiederöffnung bzw. Offenlassung der Filialkirchen Maria Hilf in Batschuns und St. Wendelin in Buchebrunnen, St. Joseph in Dafins, St. Sebastian in Muntlix ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] Röthis [24. Sept.] fol. 12 v schriftlich eingereichte Bittschrift [N o 12] Bemerkung im Protokoll: »sie scheinen in dem Verhör ziemlich gut« Viktorsberg [24. Sept.] fol. 13 r schriftlich eingereichte Bittschrift [N o 13] Rankweil [24. Sept.] fol. 13 r ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] ■ erbitten einige Paramente für die Pfarrkirche Unsere Liebe Frau und für die Kapelle St.-Anna in Brederis Bemerkung im Protokoll: »alles schien ganz unbiegsam und auf das alte versessen zu seyn« Die Delegierten hätten betont, »wenn ihnen nicht alles bewilliget würde, das größe Unglück oder auch endlich französische Auftritte erfolgen dörften«. Weiler [25. Sept.] fol. 13 v schriftlich eingereichte Bittschrift 7 [N o 14] ■ erbeten einen Beitrag aus der Kasse der aufgehobenen Bruderschaft Allerheiligen an den Unterhalt der Pfarrkirche Bemerkung im Protokoll: »in allem durchaus unbiegsam und sich so unverschämt betragen haben, als möglich war« Sulz [25. Sept.] fol. 13 v ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] Götzis [26. Sept.] fol. 14 r ■ Bittschrift um Beibehaltung der Filialkirche St. Arbogast [N. 14 a] [einstweilen offenzulassen] ■ Bitte, künftige Religionsverordnungen durch die Geistlichkeit und nicht mehr durch die weltliche Hand zukommen zu lassen <?page no="207"?> 207 Pfarrei [Datum] Beschwerden / gewünschte Berücksichtigung auf folgenden Sachgebebieten Gottesdienst / Kirchensperren Andachten Prozessionen Brauchtum Verwaltung / Spezielles Fraxern [28. Sept.] fol. 14 r schriftlich eingereichte 7 Beschwerden 8 [N o 15/ 16] ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] Koblach [28. Sept.] fol. 14 r-v schriftlich eingereichte Bittschrift [N o 17] ■ Offenlassung der Kapelle St. Sebastian und Rochus und der Beibehaltung des Bildstocks St. Wendelin Bemerkung im Protokoll: »fand sie ganz leidentlich und gut« Klaus [28. Sept.] fol. 14 v schriftlich eingereichte Beschwerden [N o 18] Bemerkung im Protokoll: »fand sie noch leidentlich, doch nicht zu biegsam« Feldkirch [28. Sept.] fol. 14 v schriftlich eingereichte Bittschrift 9 [N o 19] Bemerkung im Protokoll: »Die Deputierten waren sehr gelassen und vernünftig.« Tosters [29. Sept.] fol. 14 v / 15 r schriftlicher Nachtrag zur allgem. Beschwerdeschrift [N o 20] ■ beziehen sich auf die allgemeinen Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] ■ Geistliche Verordnungen mögen künftig nicht mehr aus der weltlichen Hand mitgeteilt werden Tisis [29. Sept.] fol. 15 r schriftlicher Nachtrag zur allgem. Beschwerdeschrift [N o 21] ■ Die während der Unruhen wieder aufgesperrten Kapellen St. Magareta, St. Wolfgang, Hl. Kreuz und St. Antonius (gehören dem Priorat St. Johann) müssen zugesperrt werden. ■ Prozessionen wieder zulassen (sperren sich aber gegen eine Anfrage bei der weltlichen Obrigkeit) ■ beziehen sich auf die allgem. Beschwerden des Gerichts Rankweil-Sulz [siehe Altenstadt] ■ Ansuchen zuhanden des Reichsabts in Ottobeuren, dem ständigen Wechsel in der Seelsorge zu begegnen Nofels [29. Sept.] fol. 15 r-v ■ Wiederöffnung der Kapelle St. Martin in Fresch ■ Bitte um Paramente für die Kapelle in Fresch <?page no="208"?> 208 Das Schreiben der 17 Seelsorger aus dem Raum Rankweil-Sulz vom 15. Oktober 1789 gibt »die Stimmung im Volk und im Klerus treffend und wohl auch ohne Übertreibung« 379 wieder. Als eigentliche Ursache der Unruhen, als »eine unendliche Quelle seines Murrens, Beschwerungen, böser Verdächte und Anstöße« im Volk nannte die Geistlichkeit die durch die kaiserlichen Verordnungen losgetretenen andauernden Änderungen und Verbote im Gottesdienst und religiösen Brauchtum. Gewohnte als auch das Herz bewegende Andachten seien verboten worden, ohne den Gläubigen hierfür eine Alternative zu bieten, »womit es sein Religionsgefühl zu nähren wußte«, sämtliche Bruderschaften rücksichtlos aufgehoben sowie Prozessionen und Bittgänge massivst eingeschränkt worden, so dass »kaum mehr Spuren davon übrig« seien. Die Schließung der über 70 Kirchen und Kapellen gereichte nicht nur dem Volk zum »Betrübniß«, sondern erweckte alsbald Ärger und Proteste. Weiter seien «alle Segnungen ohne Ausnahm verbothen, auch jene, die in dem römischen Ritual, auf das man sich sonst zu berufen gewöhnet war, enthalten, Kreuzer von allen Gräber der verstorbenen Christen auf die Seite geräumet und andere Sacramentalien mehr abgethan, die sonst ehemals von den geistlichen Vorstehern der Kirche belobet und empfohlen wurden«. Nicht zuletzt, so das Memorandum, erwuchs auch im Klerus Widerstand gegen die Gebahren der staatlichen Stellen, bald überall in Bereiche der Kirche, wie Gottesdienst, Disziplin, Ritus und Verwaltung gebietend einzuwirken und dadurch die »heilige katholische Religion nach und nach zu kränken und endlich gänzlich zu benehmen«. 380 Aus all diesen Gründen bleibe für die Seelsorger bislang die eine zentrale Frage unbeantwortet, nämlich auf welche Art und Weise sie dem Volk, die Situation mildernd begegnen könnten, wenn im Gegenzug dauernd neue unruhestiftende Weisungen seitens des Staates einträfen und die kirchliche Autorität untergraben; die Gläubigen fühlten sich von der ohnmächtig gewordenen geistlichen Obrigkeit 379 Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 261. 380 Zitate aus dem Originalschreiben: BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15]. 1 Die hier aufgeführten Schriften N o 1-21 liegen nicht (mehr) bei den Akten zur Pastoralvisitation 1789 im BAC; z. T. finden sie sich (in Abschriften) im VLA. 2 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 4 / Bittschrift Montafon]. Darin heißt es u. a.: »Belangend die Nachmittag Gottesdienste, bittet man um die Erlaubniß, nebst der vorgeschriebenen Litaney den Rosenkranz abbethen zu dürfen, auch die in der ganzen Christenheit übliche Vesper nicht ganz beseitigen zu müssen.« [S. 2] »Was die dispensirten Feyertäge belanget, bittet man, selbe wie gebottene halten zu dürfen, oder doch wenigstens, daß der Seelsorger das Fest verkünden und die Gottesdienste so abhalten möge, daß ein jeder nach seinem freyen Willen darbey erscheinen oder arbeiten könne.« [S. 4] »Ferner bitten wir um die Bewilligung der hier üblich geweßenen, sehr wenigen Bruderschaften, bei denen auch in schärfester Untersuchung kein Mißbrauch oder Wucher sich verofffenbaren würde.« [S. 4]. Endlich bitten wir um Einbehaltung aller Nebenkirchen und Kapellen, Altären, Fähnen und anderer Kirchzierden.« Unterzeichnet wurde die Bittschrift des Montafon von den Gemeindedelegierten: Schruns, St. Gallenkirch, Tschagguns, Gaschurn, Vandans und Silbertal. 3 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 12/ 14 / Beschwerdeschrift Gericht Rankweil]. 4 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 20 / Beschwerdeschrift Satteins]. 5 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 4 / Bittschrift Schlins]. 6 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [ohne Datum / Beschwerdeschrift Schnifis]. 7 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 27 / Bittschrift Weiler]. 8 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 September 27 / Beschwerdeschrift Fraxern]. 9 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 77 Gottesdienstregulierung, Unruhen 191-275 [1789 August 22 / Bittschrift Feldkirch]. <?page no="209"?> 209 verlassen, nicht mehr getragen, vielmehr ganz der säkularen Ämtern preisgegeben. 381 Zudem werde der geistliche Stand gedemütigt und der weltlichen Hand total ausgeliefert, »da unser Thun durch die Wächter beobachtet, wir über jeden Schritt, ohne darauf zu sehen, ob die genaueste Befolgung jedesmal nützlich oder mehr gefährlich ist, zur Verantwortung gezogen, mit erniedrigenden Verweisen auch zuweilen öffentlich mit Drohungen und Strafen beleget, ja sogar unsere eigenen Pfarrkinder die Vorsteher einer jeden Gemeinde im Jahre 1788 auf Befehl des löblichen Kreisamtes in Bregenz als unfreywillige gezwungene Kläger zum zweiten Mal vor den Richter berufen wurden, um aus ihnen von uns und unserm Betragen etwas zu erfragen, was an uns geahndet oder bestrafet werden könnte« 382 . Insbesondere durch die (versuchte) Einführung der Gottesdienst- und Andachtsordnung hätte sich der Klerus gemeinhin unbeliebt gemacht, ihre Predigten und Unterweisungen würden ignoriert und sie als »Mietlinge oder Verräther der Sache Gottes« beschimpft; das Vertrauen sei zerstört und die »wieder- 381 »Was sollen, was können wir in Mitte unseres Volkes bei gegenwärtigen Umständen ersprießliches thun? Freylich ist es unsere Pflicht - nie wurde sie von uns verabsäumet -, unsere von Euren Hochfürstlichen Gnaden neuerdings gnädigst aufgetragenen Pflicht, dem Volk seine oft ungerechten Muthmaßungen benehmen, ihm Gehorsam gegen seine Obern predigen, belehren Zusprüche machen. Allein wie ersprießlich und heilsam dieses Mittel sonst immer ist, so ist es doch bei dermaligen Umständen zu unserm größten Mißtroste zu unvermögend und zu schwach, die beunruhigsten Gemüther zu stillen und dem Uebel gänzlich abzuhelfen. Ermahnungen und Belehrungen wirken bei dem gemeinen Haufen, der ohnehin wenig faßt, und das meiste nur auf Ansehen annimmt, dort, wo dieses nöthige Ansehen mangelt, sehr wenig, und wenn noch dazu die vorgefaßte Abneigung die Ohren verschließt, gewöhnlicher Weise gar nichts.« (BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 11-12). 382 BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 14-15. Abb. 52: Letzte Seite aus dem Memorial der 17 Geistlichen der Gerichte Rankweil und Sulz vom 15. Oktober 1789: Unterschriften [BAC] <?page no="210"?> 210 holten und abgenützten Zusprüche« zwecklos. 383 Über die Situation resignierend, konstatierten die Geistlichen: »Wahrlich die Volksunzufriedenheit ist groß, der allgemeine Widerwillen gegen die neuen kirchlichen Verordnungen zu einem Grade angewachsen, der, wenn nicht in manchen Stücken Nachsicht gebrauchet werden darf, sich kaum anders als in eine gänzliche Zerrüttung des geistlichen und zeitlichen Wohls und andere betrübteste Folgen auflösen kann, unsere Verwendung aber und Belehrung in so vielen Rücksichten so unverfänglich, ja so gefährlich geworden, daß dadurch an manchen Orten die Sache nur verschlimmert und die Gährungen vergrößert werden könnte.« 384 Am Ende des Memorandum, welche durch den Bischof von Chur unbedingt dem Kaiser vorgelegt werden sollte 385 , wird deutlich hervorgehoben, es könne keine wirkliche Ruhe einkehren, »wenn nicht dem Volk die so enge angezogene[n] Schranken in betreff des äußerlichen Gottesdienstes und Religion in mehrern beträchtlichen Punkten, deren Abstellung eben dem gemeinen Mann keinen ersichtlichen Vortheil geben konnte, erweiteret, der einmal eingewurzelte Argwohn, als gehe es der Religion zu nahe, durch werkthätige öffentliche Anstalten zernichtet, ein unverfälschter Unterricht des Clerus in den Seminarien sowohl als der Jugend in den Schulen gesicheret, jenes entweders aufgehoben oder der Aufsicht Euer Hochfürstlichen Gnaden anvertrauet und diese von denen, wie es die Erfahrung gelehert, gefährlichen Visitatoren entlediget, Schriften der Verführung Schranken gesetzet, der Religion, Kirche und ihren Vorstehern Ansehen und zukommende Gewalt gehandhabet, ihnen und ihren Anordnungen Achtung mit Strenge der Gesetze verschaffet und das Kirchenvermögen belassen werden wird« 386 . Einen Monat nach Abschluss der Pastoralvisitation in Teilen des Dekanats Walgau wandte sich Bischof Dionys von Rost mit einem ausführlichen Bericht, in Chur auf den 31. Oktober 1789 datiert, an den inzwischen bereits kranken Kaiser Joseph II. 387 Die unter Androhung des Entzugs seiner Temporalien angeordnete Visitation im Unruhegebiet des tirolischen Anteils des Bistums Chur habe der Ordinarius soweit erfolgreich durchgeführt. Die angetroffene Situation entspräche großmehrheitlich den »eingegangenen leidigen Berichten«. Hauptgrund der geäußerten Beschwerden sei die »immerfortdauernde Abschaffung bereits aller angewohnten, auch untadelhaften, zum Theil unleugbar heilsamen Religionsübungen«. Das gläubige und auch dem Kaiser durchwegs treu zugeneigte Volk sei »von allen Seiten betroffen, beängstiget, in gänzlicher Verwirrung und unablegbare Besorgnisse versetzet« und meine, die Umgestaltungen zielten auf eine gänzliche Abschaffung der Religion. Es zeige sich deshalb gegenüber allem, was Neuerung heiße, »abhold und aufgebracht«. Der Bischof sei zwar überzeugt, die Gesinnung des Kaisers ziele »auf Beförderung des wahren Christenthums und der reinen Religionslehre« und Seine Majestät übe »mildeste Nachsicht« gegenüber seinen Untertanen, doch müsse sich der Bischof als verantwortlicher Hirte auch in die Lage der betroffenen Gläubigen und Geistlichen versetzen und ihre Beschwerden und Bitten nicht nur anhören, sondern im kon- 383 BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 16. 384 BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 17-18. 385 »Es bitten demnach Unterzeichnete Eure Hochfürstlich Gnaden unterthänigst, uns in unserer betrübten Lage fernershin dero gnädigste Oberhirtliche Hand zu bieten und die den dermaligen Umständen angemeßenste Maßregeln zu nehmen, um die gefährlichen Gährungen rückzuhalten und die erwünschliche Ruhe herzustellen. Vor allem aber bitten wir, die oben angezeigten Ursachen der ausgebrochenen Gährungen, das uns entschuldigende Unvermögen, diese aus Mangel des geschmälerten Ansehens gänzlich zu hindern und die daher entstehende Gefahr der Religion sowohl als des Staates nachdrücklichst zum Throne zu bringen.« (BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 19). 386 BAC, 211.07.001 [1789 Oktober 15], S. 18-19. 387 Entwurf des Schreibens mit Korrekturen und Einfügungen aus der Feder Georg Schlechtleutners in: BAC, 211.04 [1789 Oktober 31]; Abschrift in: BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 1-20 [1789 Oktober 31]; Wortlaut der Abschrift abgedruckt im Anhang, Quellentext Nr. 15, siehe unten S. 359-371. Am 5. Oktober 1789 forderte das Ober- und Kreisamt Bregenz Vogteiverwalter Gugger von Staudach in Feldkirch auf, das weitere Vorgehen des Bischofs als Reaktion auf die inzwischen abgeschlossene Visitation zu erkunden, da man bislang von Seiten des bischöflichen Ordinariats in Chur nichts darüber vernommen habe. Der Verwalter möge die Informationen entweder direkt beim Bischof oder dann über den Dekan einholen (VLA, Vogteiamt Feldkirch, Schachtel 60: Konvolut ›Visitationsreise des Bischofs von Chur 1789‹). <?page no="211"?> 211 kreten Fall auch ernst nehmen bzw. umzusetzen suchen. Aus diesem Grund legte von Rost beide oben genannten Memoranden dem Bericht an den Kaiser bei. 388 Im Anschluss an die Visitation äußerte sich der Bischof eindeutig dahin, dass alle Anordnungen bezüglich Gottesdienst und gottesdienstliche Handlungen »der Kirche und den Bischöfen, die mitten unter ihrer Herde wohnen und ihre besonderen geistlichen Bedürfnisse näher einzusehen Gelegenheit haben, wiederum zu überlassen für gut scheinen wolle«. Denn »die innere Religion des Volkes, welche den einzigen wahren Trieb sowie das Maaß der Erfüllung seiner übrigen Pflichten auch gegen den Staat zu verschaffen vermag«, hänge »von äußerlichen Ausübungen und Religionshandlungen fast gänzlich ab«. Wenn dieses Aufeinanderzugeordnet-Sein außer Acht gelassen werde, gerate das Volk »in Unmuth und Gährung« und entscheide nicht selten, eigenmächtig zu handeln und, wie in Teilen Vorarlbergs geschehen, hierfür »die ungangbarsten Schritte« zu wählen. Auch betreffend die Verwaltung des Stiftungsvermögens der (gesperrten) Kirchen und aufgehobenen Bruderschaften sei der Bischof von der Bevölkerung dringendst angegangen worden, zu handeln. Er wisse wohl, dass mit diesen Beträgen nach den Vorstellungen des Kaisers als »gottseliger Endzweck« insbesondere die Seelsorge gefördert werden sollte. Von Rost machte jedoch unverholen klar, »daß in besagtem meinem Kirchensprengelantheil bis dahin von neuen Pfarreyen, Lokalkaplaneyen, Cooperaturen bereits nichts errichtet worden« sei und auch die geringen Pfrundeinkünfte der Geistlichen entgegen verschiedener Hofdekrete bislang praktisch nirgendwo eine merkliche Aufbesserung durch den Religionsfonds erfahren hätten. Ferner würden durch staatlichen Einzug von Nebenstiftungen die Hauptstiftungen der Pfarrkirchen »in nicht geringe Beklemmung gerathen«, so dass man das Aufbegehren des Volkes, welches ja von anderen Abgaben an den Staat bekanntlich nicht verschont werde, durchaus verstehen könne, da es die Unkosten für den Unterhalt der Kirchen ohne Unterstützung selber tragen müsse. Der Monarch möge sich »ein größtentheils bedürftiges und mit bereits unerschwinglichen Schulden ohnehin bekleidetes Volk« vorstellen. Im Anschluss an unmissverständliche Äußerungen über die besorgniserregende Entwicklung in den Generalseminarien, im allgemeinen Schulwesen bzw. bei der dort angestellten Lehrerschaft und verwendeten Lehrmittel sowie der Sittenzucht - diese Bereiche werden hier nicht weiter thematisiert 389 --, kommt von Rost noch auf die Situation der örtlichen Geistlichkeit zu sprechen, die im Zuge der Unruhen da und dort in ein schiefes Licht geraten war und vom Bischof als »ihres Ansehens und allen Zutrauens beraubet« bezeichnet wird. Die durch die staatlichen Organe »auferlegte Betreibung der dem Volk so gehässigen Religions-Neuerungen«, »die wenige Rücksicht auf ihren Unterhalt« sowie die »Herabwürdigung zur mindesten Classe aller Staatsbedienten« ließen den Stand des Klerus in den Augen der Bevölkerung mehr und mehr »verächtlich« erscheinen und entzögen »ihren Worten und Lehren Nachdruck und Ansehen«. Selbst den bischöflichen Ordinariaten habe der Staat den Einfluss auf den eigenen Klerus und auf die Koordination der Pastoral entzogen. So sei auch das Churer Ordinariat zu einem »eitlen Zuseher« oder reinen »Vollzieher« staatlicher Anordnungen verkommen, - eine Institution ohne jede Kompetenz, »den Ausschweifungen der Sitten, den Anfällen der Religion« oder den »öffentlichen Ärgernissen« entgegen zu wirken. Rost appellierte deshalb an den Kaiser, diese dem Klerus »angelegte, allen eigenen Wirkungskreis hemmende Fessel und Bande« zu lösen, welche den geistlichen Stand beim Volk zu »gedungenen Dienern des Staates« habe werden lassen und dadurch den Boden des Misstrauens ebnete. Seine am 29. September 1789 nach einem Monat in Feldkirch abgeschlossene Pastoralvisitation habe vorerst die Wirkung gehabt, »daß die allgemeine Gährung im äußerlichen gestillet, die Gemüther in etwas besänftiget« werden konnte. Er möge diesen Erfolg jedoch weniger seinen »Zusprüchen und Belehrungen« zuschreiben als vielmehr der dem Volk gegenüber gemachten Zusicherung, »ihre Lage und angeblichen Beschwerden« dem Kaiser in einem persönlichen Schreiben vorzulegen. Denn die Gläubigen zeigten sich oftmals davon überzeugt, so die Erfahrung 388 BAC, 762.21 [1789 Oktober 31], S. 6 (»[…] zwo der mir eingereichten Einlagen von Seite der 17 Gemeinden des Gerichtes Rankweil und Sulz, worinnen diese Gährungen ausgebrochen und der in selben befindlichen seelsorgerliochen Geistlichkeit […]«). 389 Wortlaut im Anhang, Quellentexte Nr. 14, siehe unten S. 343-358. <?page no="212"?> 212 des Bischofs vor Ort, »daß vieles, was geschehen, nicht nach allerhöchstdero Willensmeynung oder auch wider diese geschehen und unternommen worden« sei. Bischof, Klerus und Volk erhofften deshalb vom Kaiser Aufmerksamkeit wie auch gewisse nötige Nachsicht, um so eine gänzliche Beruhigung der Lage im Vorarlberg zu erreichen. 390 Am 24. November 1789 informierte von Rost auch das Gubernium in der Person des Gouverneurs von Sauer über die generelle Beruhigung im Anschluss an die Visitation im Dekanat Walgau: »Da mir zeithero nun von keinen hauptsächlichen Unordnungen etwas zugekommen und die eingegangenen Berichte dahin zusammtreffen, daß die äußerliche Breuhigung für einsweilen erfolget, habe ich ds Vergnügen, wenigst dieses Hochderoselben zu bestättigen.« 391 Für eine vollständige Normalisierung käme es jedoch darauf an, ob der Kaiser »noch weiters von einigen dem Volk mehr auffallenden und bekränkend scheinenden Anordnungen allergnädigst abzugehen sich entschließen wolle«. Der Churer Bischof versicherte, er würde »zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung« sein Möglichstes beitragen, legte jedoch auch dem Gubernium unter Einsendung einer Kopie des Memorandums der Gemeinden der Gerichte Rankweil und Sulz die Sache als wichtige Priorität in seinen künftigen Geschäften in Erinnerung. 392 Das Gubernium, seitens der staatlichen Verwaltungsstelle, des Kreisamtes in Bregenz, über die Visitation ebenfalls informiert, stellte in seinem Bericht an die Wiener Hofkanzlei heraus, dass die ausgebrochenen Unruhen im churerischen Teil des Vorarlbergs nicht allein dem Churer Ordinariat angelastet werden dürften, »vielmehr lasse sich das Volk einfach nicht belehren und beharre auf seinen Vorurteilen, woran ›theils Dumheit, theils Bosheit, auch theils Mangel an Belehrung, theils selbst umsichtige Leitung von Seite der Seelsoger schuld seye‹«. 393 Die Hofkanzlei ihrerseits unterbreitete dem Kaiser Vorschläge zur weiteren Beruhigung der Lage. Interessanterweise räumte man ein, die Beschwerden bzw. Wünsche seitens der Gemeindedelegationen mit Ausnahme der Verwaltung von Kirchengeldern beträfen eigentlich ganz gleichgültige Sachbereiche − Gottesdienst, Brauchtum und Frömmigkeit; entsprechend könne es »›wirklich dem Staat und dem Landesfürsten ganz gleichgültig seyn […], ob der Unterthan diese oder jene Kirchengebräuche übet, wenn er nur ein guter und treuer Unterthan ist‹«. 394 Der Churer Bischof habe mit der Durchführung der Visitation grundsätzlich der Absicht des Staates zur Beruhigung der zu eskalieren drohenden Situation entsprochen, denn im Anschluss an seine Pfarreibesuche sei es in den betroffenen Gegenden ruhig geblieben. 395 i) Gutachten und abschließende Antwort des Guberniums auf die eingebrachten Begehren bei der Visitation von 1789 Am 20. Februar 1790 verstarb Kaiser Joseph II. nach nur knapp 10-jähriger Regierungszeit im Alter von erst 49 Jahren. Zwei Tage vor dessen Hinschied erarbeitete der Geistliche und Hofrat Augustin von Zippe (1747-1816), Mitglied des Guberniums in Innsbruck, im Auftrag der Wiener Hofkanzlei ein Gutachten, welches als kritische Antwort auf die Churerische Visitation im Walgau und den von Bischof Dionys von Rost an den Kaiser gerichteten Bericht gelesen werden muss. 396 Es eröffnet 390 Textpassagen aus: BAC, 762.21 [1789 Oktober 31]. 391 Abschrift in: BAC, 762.21 Protocollum Celcissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 29-31 [1789 November 24]. 392 BAC, 762.21 [1789 November 24], S. 31. 393 Aus dem Bericht des Guberniums vom 9. November 1789 an die Hofkanzlei, zitiert in: Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 265. 394 Zitiert in: Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 267. 395 Schreiben der Hofkanzlei vom 4. Dezember 1789 an das Gubernium, erwähnt in Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 267. 396 Das Original befindet sich in der Abteilung Altes Kultusarchiv des Allgemeinen Verwaltungsarchivs in Wien, bearbeitet <?page no="213"?> 213 den Blick in eine äußerst negative, derjenigen von Sauer geradezu konträr stehenden Gesinnung gewisser Gubernialbeamten gegenüber kirchlichen Instanzen und Repräsentanten. Zippe argumentiert gleich zu Beginn des Gutachtens, die nach der Visitation viel gepriesene eingekehrte äußere Ruhe in Vorarlberg sei bereits vor Eintreffen des Churer Fürstbischofs durch den nach Bregenz entsandten Gubernialkommissar Sarnthein entscheidend vorbereitet worden. »Im Grunde hat daher Herr Fürstbischof zu Chur bey allem seiner Seits bezeigten Eifer und gutem Willen nichts, höchstens nur sehr wenig bewirket, dem Uibel im Grunde nicht abgeholfen und keine innere Uiberzeugung eines Bessern hervorgebracht, da diese nach seinem, oder eigentlicher zu sagen, nach dem Urtheile und abgegebenen Gutachten seiner Curia erst von der Allergnädigsten Erfüllung der Wünsche des Volkes abhange, aber doch die vor seiner Ankunft durch die politische Kommission schon hergestellte äusserliche Ruhe durch die den Gemeinden gegebene Zusicherung seiner Verwendung einigermassen befestiget.« 397 Doch gerade durch diese bischöfliche Zusicherung seiner persönlichen Intervention beim Kaiser stehe der Churer Oberhirte in der Pflicht eines Sachwalters des in der wahren Religion schlecht unterrichteten Volkes. Es träfe entgegen der Aussage von Rost keineswegs zu, dass die innere Religion von äußerlichen Ausübungen und Handlungen abhänge oder beide aufeinander hingeordnet seien. Solange Bischöfe solche Ansichten verträten und Frömmigkeitsformen, die der Staat auf dem Weg zu einem wahren christlichen Glauben bewusst beiseite zu räumen bemüht sei, als unleugbar heilsam anpriesen und empfehlen, müsse man sich nicht wundern, wenn der einfache Gläubige »äußerliches Gespränge, Ceremonien, die er aus Gewohnheit mitmacht, wobey aber sein Verstand nichts denkt und sein Herz nichts fühlt, und manche andere Nebenandachten, die wie die Erfahrung bisher lehrte, weder Verbesserung seiner Gesinnungen noch Veredlung seiner Handlungen hervorbringen«, zu seinem »Lieblingsgeschäft« macht. 398 Hier vertritt Zippe einen der wichtigsten Gründsätze der Aufklärung, allein die Belehrung des Menschen könne zu Glaube und Sittlichkeit führen. Ferner seien Bischof und Seelsorger zu Gehorsam gegenüber den Verordnungen des Landesfürstens verpflichtet. Dieser Gehorsam sei »eine wesentliche Pflicht der Religion, von welcher die Geistlichkeit so wenig losgezählt werden könne«, vielmehr stünde sie in der Pflicht, in der Ausübung und Umsetzung der Verordnungen sich »dem Pfarrvolk als Muster« zu präsentieren. Zippe betont: »Die Aufmerksamkeit [= Einflussnahme] der politischen Behörden auf die Verwaltung der Seelsorge sey wegen des großen und unmittelbaren Einflußes desselben auf die öffentliche Wohlfahrt unumgänglich nothwendig« und bedürfe in ihrer Intensität keiner Rückstufung, was gerade die Protestwelle in Teilen Vorarlbergs deutlich gezeigt hätte. Die dem Kaiser vorgelegten Ordinariatsbeschwerden zeugten »zur Genüge« davon, dass dem Bischof von Chur der Satz »›der Staat sey in der Kirche‹ sehr nahe am Herzen liege«, was jedoch zu den Ansichten Josephs II. völlig konträr stehe. Darüber können die staatlichen Kommissionen »nichts als schweigen« oder höchstens den Wunsch äußern, der Tiroler Landesfürst möge solchen »Fremdlingen«, die so denken »die ewige Glückseligkeit seiner Unterthanen« nicht weiter anvertrauen. 399 Eine abschließende Antwort auf die vom Volk im Vorarlberg eingebrachten und vom Churer Bischof an den Kaiser weiter geleiteten Beschwerden erhielt Dionys von Rost vom Gubernium am 24. Mai 1790. 400 Bezugnehmend auf entsprechendes Hofdekret von 8. April betont das von Sarnthein unterzeichnete, in Innsbruck auf den 22. April 1790 datierte Schreiben, das vom Churer Ordinarius kritisierte, bislang nur schleppend vorangekommende Pfarreinrichtungsgeschäft im Vorarlberg werde »nach und nach« vorangetrieben und über Errichtung von Kuratien, welche in den ursprünglichen Plänen nicht aufschienen, nach eingeholten Informationen einzeln entschiedurch Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 267-269. 397 Zitiert in: Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 268. 398 Zitiert in: Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 268. 399 Zitate aus: Hollerweger, Reform des Gottesdienstes 269. 400 Original in: BAC, 211.07.002 Abtrennung der vorarlbergischen und tirolischen Bistumsteile, Teil 1 (1789-1807) [1790 April 22]. <?page no="214"?> 214 den. Graf Sarnthein schreibt weiter: »Da übrigens die Moralität des Volkes hauptsächlich auf der Beschaffenheit seiner Religionserkenntnisse beruhe, dergestalt, daß nur richtige mit Uiberzeigung gefaßte Begriffe von den Wahrheiten der Religion, wahren Frömigkeit und Tugend wirken, dagegen Aberglaube und Unwissenheit in der Religion die allgemeinsten Quellen des Unglaubens und der Unsittlichkeit seyen«, möge der Bischof verstärkt Sorge tragen, dass seine Diözesangeistlichen »durch gründlichen und fruchtbaren Religions Unterricht lebendige Uiberzeugung von den Wahrheiten der Religion unter dem Volk« sähen und diese ihre Unterweisung »durch Wachsamkeit und moralische Mitwirkung und gutes Beispiel« überwache, damit die allgemeine Moral und Sittlichkeit garantiert bleibe oder, wo nötig, wieder hergestellt werde. 401 Wegen der zu allgemein formulierten Klage gegen »verächtliche Behandlung« von Geistlichen müsse klargestellt werden, dass bislang »kein spezifischer Fall«, weder vom Bischof genannt, noch der Landesstelle bekannt, vorliege. Selbstverständlich sei man bemüht, die Geistlichkeit gegen »unwürdige verächtliche Behandlung« zu schützen. Einen Seelsorger, dem das »erfoderliche Zutrauen des Volks« in der Pastoral und Verwaltung hingegen fehle, könne auch mittels Verordnungen nicht wirklich geholfen werden. Das Gubernium genehmigte ferner bei einem Seelsorger, »welcher durch Verminderung der Einkünfte unter die Congrua herabgesezet worden«, eine zeitlich befristete finanzielle Aufbesserung durch den Religionsfonds. 402 Aus dem Gutachten Zippes werden am Ende des Schreibens Aussagen übernommen, wie der Gehorsam gegen landesfürstliche Verordnungen sei eine wesentliche Pflicht der Religion, von welcher auch der Geistliche nicht ausgenommen werden könne, sowie die vorherrschende »Aufmerksamkeit der politischen Behörde auf die Verwaltung der Seelsorge« bleibe wegen ihres Einflusses auf die öffentliche Wohlfahrt unangetastet und sei »unumgänglich nothwendig«. 403 5. Zur Situation nach der josephinischen Ära (ab 1790) In der gebührenden Hoffnung, unter der neuen Regierung Kaisers Leopold II. (1790-1792) würde sich bzgl. innerkirchlichen Handlungsspielraums einiges zum besseren kehren, stellte sich der Churer Bischof im Kondolenzschreiben zum Tod Josephs II. nach der pflichtmäßig geäußerten »innersten Betrübniß« mit seinen »Segenswünschen zur beglücktesten Regierung« unter den Schutz der habsburgischen Krone, »welche von all widrigen Zufällen befreyet zum Glück und Heil der Staaten und Völkerschaften sich bis in die entferntesten Zeiten erstrecken und beglückteste Fortsetzung« finden sollte. 404 Doch von einer Erstreckung bis in entfernteste Zeiten konnte keine Rede mehr sein. Bereits am 1. März 1792 kam es mit dem Tod Leopolds II. zum erneuten Thronwechel. Die Amtszeit Franz II. (1792-1806) wurde alsbald überschattet von den Auswirkungen der Französischen Revolution, den massiven Gebietsveränderungen in Europa am Übergang zum 19. Jahrhundert und der Großen Säkularisation 1802/ 03, welche nicht nur die geistlichen Staaten von der Landkarte fegte, sondern am 6. August 1806 mit der Niederlegung der Kaiserkrone auch zum Untergang des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation führte. Im Wissen um den am Ende der Regierungszeit Josephs II. überbordenden Reformabsolutismus, der mitunter - wie oben dargestellt - immer massiver in innerkirchliche Bereiche nivellierend eingriff und damit, wenn auch nur »an der Peripherie des Herrschaftsgebiets« 405 , zu ernstzunehmen- 401 BAC, 211.07.002 [1789 April 22], S. 2-3. 402 BAC, 211.07.002 [1790 April 22], S. 3-4. 403 BAC, 211.07.002 [1790 April 22], S. 4. 404 Zitiert aus der Abschrift des Kondolenzschreibens vom 31. März 1790 an König Leopold II. in: BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 104-106. 405 Klueting, Josephinusmus 15. <?page no="215"?> 215 den Unruhen, generell jedoch zu immer deutlicheren schriftlichen Reaktionen kirchlicher Würdenträger führte 406 , gestatteten staatliche Stellen in diesen, von Gährungen des Volkes geprägten Territorien Ausnahmeregelungen; später lockerten sie allgemein die strenge Handhabung. Für den österreichischen Anteil des Bistums Chur können folgende Erleichterungen festgehalten werden. a) Wiedergestattung von herkömmlichen Andachten Noch am 28. Januar 1790 erließ das Gubernium in Innsbruck einen gedruckten, von Wenzel Graf von Sauer unterzeichneten Erlass des erkrankten Monarchen, dessen »väterliches Augenmerk« auf das zeitliche Wohl und ewige Heil seiner Untertanen gerichtet sei, womit Joseph II. »jene althergebrachten Andachtsübungen«, die dem gläubigen Volk besonders lieb waren, nach Einverständnis der zuständigen Bischöfe für die Zukunft »allermildest zu gestatten« erlaubte. 407 Im Begleitschreiben Sauers an den Churer Bischof vom 3. Februar 1790 wird der Beweggrund zu dieser Sinnesänderung genannt: die Ende Jahr 1789 »ausserordentlichen und gräulichen Überschwemmungen hier zu Lande«. Seitens des Volkes seien unzählige Bitten eingegangen, »zur Abwendung ähnlicher Unglücksfälle« besondere, zuvor strikte untersagte Andachten abzuhalten. 408 Sauer betont, er selbst habe die Initiative ergriffen, um den Monarchen umzustimmen und »einige alte angewöhnte Andachtsübungen, […] die mit den rechten Begriffen der christcatholischen Kirche bestehen können«, wieder zu gestatten. Im Konkreten mochten jeweils die Ortsbischöfe entscheiden und die getroffene Genehmigung dann dem Gubernium mitteilen, damit dieses das zuständige Kreisamt, in welcher die bittstellende Gemeinde lag, informieren konnte. 409 Wohl gestattete man dem Ordinarius wieder die Entscheidung, doch band man ihn mit der verordneten Meldepflicht weiter an die staatliche Oberaufsicht über gottesdienstliche Funktionen. In einem Orientierungsschreiben vom 28. Juli 1791 über Entscheidungen Leopold II. vom 4. März bestätigte das Gubernium diesen Gunsterweis. 410 406 Zu nennen sind etwa die Eingaben vom 16. April 1790 des Erzbischofs von Wien, Kardinal Christoph Bartholomäus Anton Graf Migazzi (1757-1803), an Kaiser Leopold II. (Maaß, Josephinismus IV, Nr. 1 [147-150]) sowie die Beschwerden des österreichischen Episkopats an den Kaiser im Dezember 1790 (Maaß, Josephinismus IV, Nr. 5 [166-213]). 407 Druckausgabe in: BAC, 725.21.001 [1790 Februar 3] Beilage. 408 In Erinnerung einzuhaltender Partikularnormen zur überarbeiteten Andachtsordnung (siehe unten S. 216-221) wird gegen die im Burggrafenamt und Passeiertal kursierende irrige Ansicht im Volk Stellung bezogen, das früher üblich gewesene Glockengeläute vor Unwettern hätte womöglich größeren Schaden verhindern können: »Die voriges Jahr leider erfolgten Wassergüße und Beschädigungen habe das Volk keine Ursache dem Unterbleiben des Geläutes bey Hochgewittern zuzuschreiben, da selbe ja zur Zeit erfolget sind, wo keine sogenante Hochgewitter sich zu ereignen pflegen. Und so habe man auch eben soviele Beyspeile von Beschädigungen der eigentlichen Hochgewitter, wobey geläutet worden, als wobey nicht geläutet worden.« (BAC, 726.10.002 [1790 Juni 16]). 409 Wörtlich heißt es: »Nur muß ich dabei Euer Hochfürstlichen Gnaden ersuchen, daß, im Falle Hochdieselben einer Gemeinde eine solche Andachtsübung als mit den reinen Begriffen der Religion vereinbarlich gestatten zu können glauben oder auch wirklich gestatten, hiervon die Anzeige an die hiesige Landesstelle gefälligst gemacht werden möchte, um alsdann die Kreisämter von Fall zu Fall zu ihrer Wissenschaft davon belehren zu können.« (BAC, 725.21.001 [1790 Februar 3], hier S. 3-4). 410 Original in: 725.22.008 [1791 Juli 28]. Unter der Rubrik ›Gleichförmige Andachtsordnung‹ heißt es: »Hierunter befehlen Seine kaiserliche königliche Majestät, daß es bey der höchsten Entschließung vom 25. ten Jänner 1790 belassen werden solle, vermög welcher höchstdiesselben den Herrn Bischöffen gestattet haben, dem Volke jene althergebrachten Andachtsübungen, zu welchen dasselbe nach seiner angewohnten Denkungsart besonderes Zutrauen hege, in soferne solche mit den reinen Begriffen der Religion vereinbarlich sind, zu gestatten.« (ebd. S. 4-5). <?page no="216"?> 216 b) Bischöfliche Andachtsordnung von 1790 mit Partikularnormen Vor dem Hintergrund der Gewährung althergebrachter Andachten ließ Bischof Dionys von Rost eine revidierte Gottesdienst- und Andachtsordnung 411 ausarbeiten und, begleitet mit einem Dekret vom 14. April 1790 412 , dem gesamten Welt- und Ordensklerus im österreichischen Anteil des Bistums Chur zukommen. Das Dekret hat folgenden Wortlaut: »Von Gottes Gnaden Dionysius aus den Grafen von Rost, Bischof zu Chur, des Heiligen Römischen Reichs Fürst, Herr zu Fürstenburg und Fürstenau. Entbiethen unserer Ehrwürdigen Welt und Ordens Geistlichkeit der österreichischen Bisthums Bezirke unsern Gruß mit dem weitern Auftrag: Nachdem Seine königlich kaiserliche Apostolische Majestät nunmehr glorwürdigsten Angedenkens zur Behebung der über die vor einigen Jahren vorgeschriebene Andachtsordnung zerschiedentlich entstandenen Beunruhigungen unter den 25. Jänner abhin die Erklärung abzugeben gnädigst geruhet haben, daß jene althergebrachten Andachtsübungen, zu welchen das Volk nach seiner gewohnten Denkungsart ein besonders Zutrauen hege, insoferne sie mit den reinen Begriffen der Religion vereinbarlich befunden wurden, haben wir unser Augenmerk dahin zu richten, uns angelegen seyn zu laßen, daß dem Volk Beruhigung verschaffet, wahre Andacht befördert und zugleich bestthunlichste Gleichheit erzielet würde, auch in den benachbarten Orten fremder Dioezesen kein so beträchtlicher Unterschied der öffentlichen Gottesdienstlichen Handlungen bemerket werden konnte. Zu diesem Ende haben wir nach getroffnen mehrfachen Überlegungen eine allgemeine Andachtsordnung unter der Aufschrift ‹Andachtsordnung in den österreichischen Bezirken Bisthums Chur› in Druck legen laßen und sämmtlichen Seelsorgern mitzutheilen befohlen. Sie ist als einsweilige allgemeine Vorschrift anzusehen, und werden die Seelsorger angewiesen, sie nicht zwar ab den Kanzeln zu verkünden, doch den ansehnlichern Ortsvorstehern in den Pfarrhöfen in unserm Namen zu eröffnen und die guten Absichten zu ihren und des Volkes Beruhigung und billigen Zufriedenheit begreiflich zu machen, sich aber genauest darnach zu richten. Gegeben aus unserm Residenzschloß Chur, am 14. ten April 1790. Dionysius, Bischof [L. S.] Diese wieder von kirchlicher Seite abgefasste Ordnung zur Beruhigung erhitzter Gemüter unter Volk und Klerus 413 weist, sich an die staatliche Vorgabe von 1786 anlehnend, in sechs Hauptteilen folgende Gliederung und inhaltliche Schwerpunkte auf: 411 Abschrift in: BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 72-82 [Andachtsordnung]; erwähnt auch in Ulmer / Getzner, Geschichte der Dompfarre II 258-260. 412 Abschriften in; BAC, 726.10.001 [1790 April 14] (oben wiedergegebener Wortlaut); BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 70-71 [1790 April 14]. 413 Bischof Dionys spricht von einer »einsweiligen Vorschrift«, die aber als allgemeine Richtschnur für alle Seelsorger gelte; eigenmächte Änderungen oder Erweiterungen waren strikte untersagt. Alle, welche sich von der gesunden Vernunft leiten lassen würden, könnten darin eine Handreichung erkennen, welche den vielen Forderungen der letzten Jahre entgegenkomme, aber auch »übertriebene und ungestüme Forderungen bey Seite« lasse. (BAC, 762.19 Protocollum Celcissimi, Bd. XVII [1788-1806], S. 82). <?page no="217"?> 217 Andachtsordnung in den österreichischen Bezirken des Bistums Chur 1 Erster Hauptteil: An Sonn- und gebotenen Feiertagen Gottesdienste / Katechese Hinweise Anmerkungen Stille Messen wie Andachtsordnung von 1786 (jede halbe Stunde oder alle Stunde am Hauptaltar) ■ Bei mehreren Priestern oder bei Anwesenheit von Gastgeistlichen kann auch an den (noch existierenden) Seitenältären zelebriert werden. ■ Der Kirchengesang ist zu empfehlen, jedoch nicht verbindlich vorzuschreiben (oft fehlen Orgel oder Liederkenntnis). ■ Es wird den Geistlichen nahegelegt, die Frühpredigt wenn immer möglich zu halten, jedoch diese nicht mit themenfremden »schadhaften Einstreuungen« zu überborden. ■ An Marienfesten kann anstatt der Allerheiligen-Litanei die Lauretanische gebetet werden. ■ An den Orten, wo keine Vesper gehalten wird, kann nach Verlangen auch der Rosenkranz gebetet werden. Segenmesse wie Andachtsordnung von 1786 (Aussetzung nur mit Ziborium) Frühpredigt wie Andachtsordnung von 1786 (mit Erklärungen zum Sonn- und Festtagsevangelium oder Epistel vor dem Altar oder ab der Kanzel) Spätpredigt 2 wie Andachtsordnung von 1786 (kann auch während des Hochamts gehalten werden) Hochamt wie Andachtsordnung von 1786 Christenlehre wie Andachtsordnung von 1786 (an Sonntagnachmittagen für Kinder und Erwachsene, nicht durch Andachten ersetzen) Litaneien Allerheiligenlitanei mit den dazugehörigen Gebeten (Gebet für den Landesfürsten, Credo, Vaterunser, Ave-Maria), dann Segen mit dem Ziborium Vesper darf wieder überall gehalten werden (soll mit »Anstand« abgehalten werden) Predigten zu verschiedenen Anlässen wie Andachtsordnung von 1786 (und wo die Bruderschaft der tätigen Liebe eingeführt worden ist) Zweiter Hauptteil: An Werktagen Gottesdienste / Katechese Hinweise Anmerkungen Stille Messen wie an Sonn- und Feiertagen (im Halb- oder Stundentakt) ■ In den Pfarreien auf dem Land kann, wo es verlangt wird oder früher üblich war, eine Segenmesse gehalten werden: - an Donnerstagen - in der Adventszeit - in der Fronleichnamsoktav - in der Allerheiligenoktav - in speziellen Anliegen im Jahr ■ Hochämter können in Stadt- und Marktpfarreien gehalten werden (mit Instrumentalbegleitung). ■ Votivämter können gehalten werden: - an Donnerstagen (vom Allerheilisten Altarsakrament) - im Advent (von der Muttergottes) ■ Gestiftete Jahrtage und Seelenämter sind wieder zu halten. Segenmesse in größeren Orten und Städten mit Gesang Hochamt nur bei besonderem Anlass erlaubt Predigt keine Christenlehre wöchentlich in den Schulen Litaneien keine (außer in größeren Ortschaften und Städten, wo dies üblich ist) 3 Vesper keine <?page no="218"?> 218 Dritter Hauptteil: An dispensierten (aufgehobenen) Feiertagen Gottesdienste Hinweise Anmerkungen siehe ›an Werktagen‹ alles wie an Werktagen (Feiertagsordnung von 1771 gültig) ■ Nur auf Andringen der Gemeinde wird erlaubt, ein Hochamt zu halten; die Gläubigen aber dürfen dadurch nicht von der Arbeit abgehalten werden. Vierter Haupteil: An den Vorabenden der Sonn- und gebotenen Feiertagen Gottesdienste Hinweise Anmerkungen siehe ›an Werktagen‹ alles wie an Werktagen (Feierabendgeläute gegen Ende des Tages wieder erlaubt) ■ Gegen Ende des Tages können die sich versammelnden Gläubigen in der Kirche eine Litanei oder den Rosenkranz beten. ■ Die Vesper wird nur an den Vorabenden zu Hochfesten in Städten und größeren Ortschaften bewilligt (nur wenn dies früher bereits üblich war). Fünfter Hauptteil: Segnungen und Andachten in den Geprägten Zeiten und im Jahreskreis Diverse Hinweise Im Laufe des Jahres können je nach Zeit und Umständen gehalten werden: Weihen und Segnungen (gemäß Messbuch und Rituale Romano-Curiense) 12-stündiges Gebet in Pfarr- und Kuratiekirchen 40-stündiges Gebet in den drei letzten Faschingstagen oder an den Tagen nach Weihnachten, Ostern oder Pfingsten (aber nur einmal im Jahr) Ewige Anbetung an bestimmten Tagen in jeder Pfarr- oder Filialkirche Fastenandachten mit Predigten in Städten und größeren Ortschaften (wie dies bereits früher üblich war) Feier der Karwoche gemäß Missale und Rituale Romano-Curiense 4 Bittfest um gedeihliches Wetter und Wachstum am ersten Sonntag im Mai (mit Amt, Predigt, Prozession und Aussetzung) Erntedankfest am letzten Sonntag im Oktober (mit Amt, Predigt, Prozession und Aussetzung) Sechster Haupteil: Prozessionen und Bittgänge Hinweise: Folgende Prozessionen und Bittgänge werden allgemein bewilligt 5 : am Markustag (25. März) an den drei Bittagen vor Christi Himmelfahrt an Fronleichnam oder - wegen schlechter Witterung - am darauffolgenden Sonntag an Mariae Lichtmess (gemäß Messbuch / Rituale) an Palmsonntag (gemäß Messbuch / Rituale) zwei weitere Prozessionen pro Jahr ein Bittgang in Notsituationen (aber nicht außer Lande, nur halbtags) Anderes: ■ Folgende Handlungen werden wieder erlaubt: kurzes Glockenläuten vor aufkommenden Unwettern, Zusammenkunft zum Gebet in der Kirche (Aussetzung des Ziboriums Allerheiligen-Litanei, Rosenkranz, jedoch kein Segen mit dem Ziborium gegen das Wetter spenden) ■ Folgende Bruderschaften (neben derjenigen der tätigen Nächstenliebe 6 ) werden wieder zugelassen: Bruderschaft der Christenlehre Bruderschaft des Allerheiligsten Altarsakraments Rosenkranz- und Skapulier-Bruderschaft ■ Feier des Kirchweihefestes - wie vom Staat festgelegt - am dritten Sonntag im Oktober ■ Benefiziate und exponierte Kapläne unterstehen weiter den zuständigen Pfarrherren <?page no="219"?> 219 Im Anschluss an die allgemeinen Vorschriften dieser revidierten Andachtsordnung erließ Bischof Dionys von Rost als Reaktion auf eingegangene Bittschriften noch diverse Partikularnormen für einzelne Ortschaften und Gegenden im Vinschgau bzw. Walgau, welche uns dank der Abschriftensammlung im »Protocollum Celsissimi« überliefert sind. 414 Mals [17. April 1790] ■ Auf eine Bittschrift des Pfarrers von Mals, Johann Joseph Scarpatett (1787-1808), für weitere, ehemals übliche Andachten antwortete der Bischof, er verweise diesbezüglich auf die allgemeinen Normen, womit so vieles bewilligt worden sei, »daß sich alle damit ganz wohl beruhigen können und es nur darauf anzukommen haben werde, daß all solches mit mehr Gottseligkeit und Eifer entrichtet werde«. 1 Laas [17. April 1790] ■ Auf eine Bittschrift der Gemeinde Laas um weitere, ehemals übliche Andachten verwies der Bischof ebenfalls auf die allgemeinen Normen. Er genehmigte zudem, in der Fastenzeit bei abendlichen Andachten neben der Allerheiligen-Litanei auch den Rosenkranz zu beten und die Feier bei genügender Anzahl Gläubigen mit dem eucharistischen Segen (nur mit Ziborium) abzuschließen. ■ Ferner bewilligte er an den Festen des hl. Johannes Nepomuk und der hl. Margareta, wenn diese auf einen Sonntag fielen, eine Dankandacht; falls das Fest auf einen Wochentag traf, musste die Andacht am darauffolgenden Sonntag gehalten werden. ■ Die Abhaltung der vier Evangelien bei Prozessionen an Sonntagen nach Fronleicham war hingegen künftig zu unterlassen (keine Hinweise im Rituale Romano-Curiense). 2 Meran [17. April 1790] ■ Auf eine Bittschrift des Meraner Stadtmagistrats um Beibehaltung ehemals praktizierter Andachten wurde wiederum auf die allgemeinen Normen verwiesen. Zudem konnten vor Ort an den Vorabenden der Hochfeste neben der Vesper auch die Metten abgehalten werden. In der Oktav des hl. Johannes Nepomuk und Allerheiligenfestes durfte ferner eine Abendandacht angesetzt werden (Litanei, Rosenkranz, Gebet für den Landesfürsten, Segen). ■ Die Abhaltung der vier Evangelien bei Prozessionen an Sonntagen nach Fronleichnam war künftig zu unterlassen (keine Hinweise im Rituale Romano-Curiense). 3 414 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 83-90. - Weitere partikulare Weisungen an den Klerus im Burggrafenamt und Passeiertal ergingen vom bischöflichen Offizium aus Chur am 16. Juni 1790 (BAC, 726.10.002). Darin wird die Aufhebung der Feiertage nicht nur verteidigt, sondern als rechtens erklärt: »Was die eingezogenen Feyertage und Feyerabende betrifft, so sind solche auf die rechtmäßige Weise und aus den billigsten Gründen, auch zum eigenen Besten der arbeitsamen Klasse von Seiner Päpstlichen Heiligkeit mit Einstimmung aller betheiligten Ordinariate dispensiert und aufgehoben worden, daß niemand Ursache habe, sich deswegen zu beunruhigen.« (Ebd.). 1 Gemäß der Angaben aus- : BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 71-82. Ein gedrucktes Exemplar lässt sich in den Beständen des Bischöflichen Archivs Chur nicht finden. 2 »Die Geistlichkeit wird anbei erinnert, sämtliche Glaubens- und Sittenlehren, soviel immer thunlich, in systematischer Ordnung und Zusammenhang abzuhandeln, um dem Volk gründliche Begriffe des Christenthums und seiner Pflichten beyzubringen.« (BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII [1786-1806], S. 74). 3 »Es wird aber die Geistlichkeit erinnert darob zu seyn, daß die Andachten in allgemeinen Anliegen, soviel immer thunlich, auf Sonn- und gebothene Feyertage verleget werden, wo niemand gehindert ist, solchen beyzuwohnen.« (BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII [1786- 1806], S. 76). 4 »Und so ist man auch zu allgemeiner Bedriedigung des Volks nicht entgegen, daß in den Pfarr-, Curatie- und Klosterkirchen an dem Freytage und Samstage das Sanctissimum in der Monstranz unter geziemender Beleuchtung bey Tagszeit zur stundenweisen Anbethung, doch nach bester Thunlichkeit mit Entfernung der zu theatralischen Anstalten oder zerstreuenden Vorstellungen ausgesetzt, zum Gedächtniß des Tods Christi die Bildnisse des im Grabe liegenden Heilands ausgestellet, am Samstage abends aber von anbrechender Nacht die Auferstehungsceremonie vorgenommen wird.« (BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII [1786-1806], S. 79). 5 »Ist man auch nicht entgegen, daß die Processionen, die an manchen Orten an den ersten Sonntagen des Monats und an den gebothenen Muttergottesfesten vor oder nach geendigtem Gottesdienst um die Kirche herum oder in geringer Entfernung darvon üblich waren, gehalten werden.« (BAC, 762.19 Protocollum Celcissimi, Bd. XVII [1786-1806], S. 80). 6 Das Gubernium mahnte in einem Schreiben vom 7.- September 1791 den Churer Bischof, diese Bruderschaft nachdrücklich zu fördern, um in den einzelnen Diözesen der Habsburgmonarchie allmählich eine Gleichförmigkeit zu erzielen. (Original in: BAC, 725.22.010). <?page no="220"?> 220 Dorf Tirol [17. April 1790] ■ Auf die Bitte des Pfarrers zu Tirol, Franz Dismas Graf von Mohr (1776-1795), im Dorf Tirol die Prozession von Fronleichnam (wie früher üblich) an Christi Himmelfahrt anzuhalten, da diese in Meran am Fronleichnamsfest durch die Straße führte, antwortete der Bischof, die Prozession dürfe nicht am Christi Himmelfahrt stattfinden, sondern möge auf den Sonntag nach Fronleichnam gelegt werden. 4 Nauders [17. April 1790] ■ Die Abhaltung der vier Evangelien bei Prozessionen an Sonntagen nach Fronleicham war künftig zu unterlassen (keine Hinweise im Rituale Romano-Curiense). ■ Die Oktavfeier zur Ehre der ›Muttergottes vom Guten Rat‹ konnte hingegen einstweilen mit Vorbehalt begangen werden. 5 Gericht Montani [15. April 1790] ■ Auf die Bittschrift des Gerichts Montani um Bewilligung einiger früher üblich gewesener Andachten wurde wiederum auf die allgemeinen Normen verwiesen. ■ In der Oktav des daselbst als Schutzpatron besonders verehrten hl. Johannes Nepomuk dürfe - so der Bischof - eine Segenmesse oder, wenn es den Gemeinden lieber sei, eine abendliche Andacht (Allerheiligen-Litanei, Rosenkranz, Segen) gefeiert werden. Nur am Fest des Heiligen selbst - dieses musste auf einen Sonntag fallen - konnte neben Amt und Predigt eine kleine Prozession um die Kirche stattfinden. ■ Die Abhaltung der vier Evangelien bei Prozessionen an Sonntagen nach Fronleicham war künftig zu unterlassen (keine Hinweise im Rituale Romano-Curiense). 6 Feldkirch [17. April 1790] ■ Auf die Bittschrift der Stadt Feldkirch um Bewilligung früher abgehaltener Andachten verwies der Bischof erneut auf die allgemeinen Normen. ■ Im Anschluss an die Tagmesse dürfe »der üblich gewesene Psalter ganz unbedenklich abgebetet werden« - jedoch ohne Aussetzung des Allerheiligsten. ■ Zwischen Mai und Ende Oktober konnte an Sonntagabenden eine Andacht abgehalten werden (mit Rosenkranz, Psalter und Segen); eine solche Andacht sei auch am Sonntag in der Oktav der hll. Johannes Nepomuk und Nikolaus möglich. ■ Die Abhaltung des monatlichen 10-stündigen Gebets an Sonntagen im Sommer sei hingegen zu unterlassen. 7 Obwohl die staatliche Einflussnahme in den kirchlichen Bereich unter Leopold II. und Franz II. nur leicht an Intensität abnahm 415 - man kann vielmehr von einer eigentlichen Stabilisierung des theresianisch-josephinischen Kirchenregiments sprechen - sowie zum einen die Sicherstellung der Kenntnisse über neue landesherrliche Gesetze und Verordnungen per Hofkanzleidekret vom 11. Oktober 1791 im Detail geregelt, zum anderen das staatliche Plazet für kirchliche Erlasse bereits am 4. Juli 1790 erneuert wurden 416 , ist (vor dem Hintergrund des Erlasses vom 28. Januar 1790) bei der 415 Ein wichtiger Schritt zur Entspannung in der immer lauter gewordenen Kritik an den Generalseminarien war die Aufhebung dieser Institution durch kaiserliches Dekret vom 4. Juli 1790 (dem Churer Bischof mitgeteilt in einem Schreiben des Guberniums vom 15. Juli 1790) [BAC, 725.21.003]. Siehe hierzu Fischer, Priesterhaus 58-62. 416 Die gedruckten Beschlüsse der Hofkanzlei wurden auch dem Churer Bischof mit Schreiben vom 25. Oktober 1791 aus Innsbruck übermittelt (Original mit Beilage [Druck] in: BAC, 725.22.011 [1791 Oktober 25]). - Entweder mussten die Verordnungen in den Städten an den Kirchentüren angeschlagen oder auf dem Land und in den Dörfern nach dem sonntäglichen Gottesdienst zu einer festgesetzten Stunde auf dem Rathausplatz in Gegenwart des Pfarrers und Bürgermeisters bzw. des Ortsrichters oder Schulmeisters verlesen werden. Mit einem Schreiben vom 15. Juli 1790 informierte das Gubernium den Churer Bischof über die Erneuerung des staatlichen Plazets für kirchliche Erklasse (Original in: BAC, 211.07-003). 1 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 83. 2 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 83-84. 3 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 85. 4 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 86. 5 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 86-87. 6 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 87-88. 7 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786- 1806), S. 89-90. <?page no="221"?> 221 Abfassung der oben beschriebenen Gottesdienst- und Andachtsordnung durch den Churer Bischof vor allem im Bereich der Andachten und deren Gestaltung eine deutliche Verselbständigung auszumachen, die sich auch auf die Ausage der Hofkanzlei von 1789 zu stützen wusste, es könne dem Staat und dem Landesfürsten (Kaiser) eigentlich gleichgültig sein, »ob der Unterthan diese oder jene Kirchengebräuche übet, wenn er nur ein guter und treuer Unterthan« bleibe. 417 c) Wiederöffnung von gesperrten Kirchen im Walgau und Vinschgau Neben der im Zuge des josephinischen Pfarreinrichtungsgeschäfts vorgenommenen staatlichen Gottesdienst- und Andachtsregelung, welche nach dem Tod Josephs II. Revisionen möglich machte, gelang es nicht zuletzt aufgrund unzähliger Beschwerden seitens der betroffenen Gemeinden ab 1789/ 90 - siehe die Forderungen bei der Pastoralvisitation im Walgau 418 - gesperrte Kirchen und Kapellen wieder für gottesdienstliche Nutzung zu öffnen. So verlangte die Bürgerschaft von Bludenz vor dem Gubernium in einem »ungestümen Andringen« die Wiederöffnung der örtlichen Friedhofskapelle Hl. Kreuz 419 . Diese Forderung sandte die Stelle in Innsbruck am 4. März 1790 an den Churer Bischof (eingegangen am 18. März) mit der Bitte um Stellungnahme, der von Rost am 30. April entsprach. Aus seinem Gutachten geht hervor, dass die Bludenzer dieses altehrwürdige Gotteshaus sehr schätzten; jährlich waren dort vor der Sperrung 120 bis 130 Stiftsmessen zu lesen. Die vollzogene Schließung sei wenig gewinnbringend gewesen, und ein sogar ins Auge gefasster Abbruch deshalb um so fataler. Auch wenn die seelsorgerliche Notwendigkeit dieses Gotteshauses momentan nicht begründet werden könne, erwachse dem Religionsfonds eine Offenlassung der Hl. Kreuz-Kapelle keineswegs zum Nachteil, weshalb er das Ansuchen aus Bludenz unterstütze. 420 Und da sich das Volk über die Gründe von Sperrungen keineswegs »ohne mehrere Unzufriedenheit und Gährung« belehren lasse, so der Bischof von Chur in einem Schreiben vom 16. August 1790 an das Gubernium, würde er auch die Wiederöffnung der Kirche St. Sebastian und Rochus in Göfis sowie der beiden Kapellen St. Peter und Paul und St. Leonhard in Feldkirch für angebracht halten. 421 Im Juli 1790 sandte Innsbruck das von der Gemeinde Kortsch eingegangene Gesuch um Wiederöffnung der Kirche St. Ägidius 422 zur Begutachtung durch den Churer Ordinarius auf den Hof. Von Rost betont in seiner Antwort vom 31. Juli, Kortsch zähle 164 Familien und 729 Seelen, welche von einem im Ort ansässigen Benefiziaten betreut würden. Aus dem kreisamtlichen Bericht gehe klar hervor, dass das Gotteshaus im Ort wiederholt vor Wassermassen nicht geschützt, hingegen die St. Ägidius-Kirche diesbezüglich an einem sicheren Platz gebaut sei und bei Bedarf nur mit geringen Kosten erweitert werden könne. Deshalb plädierte der Bischof, St. Ägidius als »Aushilfskirche der Gemeinde« zu nutzen und daselbst auch die früher abgehaltenen Messen und Andachten wieder zu verrichten. 423 An den Provikar in Schluderns erging aus Chur am 10. September 1790 die erfreuliche Mitteilung, das Gubernium akzeptiere St. Ägidius als Aushilfskirche und genehmige die Wiederöffnung des Gotteshauses mit der Erlaubnis, »daß auch die ehevor in selber gestiftete[n] oder übliche[n] Meßen und Andachten weites daselbst abgehalten werden mögen«. 424 417 Siehe oben S. 212. 418 Siehe oben S. 201-208. 419 Siehe oben S. 174. 420 Abschrift in-: BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 127-129. 421 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 176-177 [1790 August 16]-; siehe auch oben S.-177. 422 Siehe oben S. 164. 423 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 166-167 [1790 Juli 31]. 424 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 104 [1790 September 10]. <?page no="222"?> 222 Die Gemeinde Laas sandte auf den 20. Oktober 1790 Unterlagen nach Chur, welche die Wiederbenutzung der gesperrten Kirche St. Martin 425 anzeigten. Ein wenig ungehalten schrieb der Bischof gleich anderntags nach Laas, in der Kapelle dürfe kein Gottesdienst abgehalten werden, »solange sie nicht rechtmäßiger Weise geöffnet und zum öffentlichen Gebrauche neuerlich bewilliget seyn würde, von Ordinariats wegen begnehmiget und zugestanden werde«. 426 Das Churer Ordinariat könne aber hierüber nicht allein entscheiden, sondern nur ein entsprechendes Gutachten an das Gubernium abgeben; die Gemeinde habe sich unbedingt, wie bereits früher betont, direkt an die Landesstelle zu wenden. Von Rost zeigte sich jedoch bereit, sich in Innsbruck für das Anliegen der Gemeinde Laas einzusetzen. Mit Schreiben vom 21. Oktober 1790 tat er dies auch und schrieb, sich für das brüsge Vorgehen der Laaser entschuldigend: »Diese Kirche wurde eigenmächtig und ohne Wissen des Ordinariats eröffnet, neuerlich hergestellt und mit den Nothwendigkeiten versehen« und erst dann »um Bewilligung einiger Gottesdienste das Ansuchen gemacht«. 427 Das Ordinariat habe die Gemeinde im Vinschgau verwarnt, doch müsse er nach dem Studium der Unterlagen einräumen, dass die Gläubigen von Laas, »schon länger von Viehseuchen geplagt«, bislang in St. Martin mit Andachten um die Befreiung von diesen Übeln gefleht hätten. Im Volk herrsche nun die zwar unbegründete Meinung vor, die wieder aufgetretene Viehseuche sei eine sträfliche Folge auf die ungerechtfertigte Sperrung der Kirche. Die Menschen seien durch Belehrung kaum zur Vernunft zu bringen; eine Ablehnung ihres Gesuchs bzw. die weitere Sperrung würde »nur Unordnungen, Gewaltthätigkeiten und Auflaufe« nach sich ziehen. 428 Das Ordinariat habe nichts gegen die Wiederverwendung des Gotteshauses einzuwenden, unterstütze das Gesuch und bitte um Nachsicht; der Angelegenheit wurde entsprochen. Bereits am 22. September 1790 richtete Bischof von Rost eine Stellungnahme auf das unter dem 9. September eingereichte Gesuch der Meraner Bürgerschaft um Wiederöffnung des altehrwürdigen Gotteshauses St. Leonhard vor den Toren der Stadt Meran an das Gubernium. 429 St. Leonhard habe seit jeher einen eigenen Friedhof und besitze auch alle Pfarrrechte (zugunsten der Kranken); in diesem Sinn gehöre die dortige Pfründe eindeutig zu den Kuratbenefizien. Das angeschlossene Armen- und Krankenhaus, insbesondere ein geschützter Ort für besonders ansteckende Krankheitsfälle, werde dringend benötigt; daraus resultiere »die Nothwendigkeit der Kirche, des Freythofes und Beneficiaten sowie auch seine Verrichtungen«. Das Ordinariat unterstütze das Gesuch der Meraner Bürgerschaft mit besonderem Wohlwollen. Bereits am 26. Oktober 1790 vermochte der Bischof dem Vikariatsamt in Meran vermelden, das Gubernium habe über das Kreisamt in Bozen mitteilen lassen, »daß die St. Leonhardskirche bey Meran mit dem dahingestifteten Beneficio Curato und mit Anhaltung der ehevor üblichen gestifteten Gottesdienste zu verbleiben habe«. 430 Für den Monat Mai 1791 liegen Hinweise vor, die über das Bestreben der dem Zisterzienserstift Stams gehörenden und ebenfalls gesperrten Kirche St. Martin 431 Auskunft geben. In einer Rückantwort vom 18. Mai an das Gubernium nimmt der Churer Bischof Stellung zum entsprechenden Gesuch aus Mals. 432 Seitens des Ordinariats habe man gegen die Wiederöffnung von St. Martin keinerlei Einwende. Auch dem Religionsfonds würde weder eine Sperrung noch eine Öffnung irgendwelche Verluste bringen, da das Gotteshaus keine eigenständige Vermögensmasse ausweisen könne. Da jedoch generell die Sperrung von Gotteshäusern »vom gemeinen Mann sehr übel angesehen« werde, 425 Siehe oben S. 163. 426 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 105-106 [1790 Oktober 21]. 427 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 195-196 [1790 Oktober 21]. 428 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 195-196 [1790 Oktober 21]. 429 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 182-183 [1790 September 22]; siehe auch oben S.-165. 430 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 106 [1790 Oktober 26]. 431 Siehe oben S. 164. 432 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 281-284 [1791 Mai 18]. <?page no="223"?> 223 möge »eine günstige Auslegung zu ihrer Eröffnung Platz haben« 433 . Für die ebenfalls vom Gubernium bewilligte Wiederbenutzung der Spitalkirche in Nauders ersuchte der Ortpfarrer, Johann Baptist Klozner (1787-1795), im Namen der Pfarrgemeinde beim Churer Ordinariat um Abhaltung der nachweislich dort gestifteten Jahrzeitmessen und Andachten. Dem Gesuch wurde am 8. Oktober 1791 unter der Bedingung »ohne mindesten Nachtheil des Pfarrgottesdienstes« entsprochen. 434 d) Wenig ertragreiches Projekt »Pfarreinrichtungsgeschäft« im Vinschgau und Walgau: Die Pfarreiverzeichnisse von 1792 Im Zuge der in dieser Arbeit in Kapitel V noch zu behandelnden staatlichen Diözesanregulierung 435 forderte das Gubernium am 24. Mai 1792 von Chur ein aktuelles Verzeichnis aller im tirolischen und vorarlbergischen Teil des Bistums Chur liegenden Pfarreien, Kuratien, Exposituren und noch bestehenden Klöster. Mit einem Begleitschreiben vom 14. Juni 1792 entsprach Dionys von Rost der Forderung und sandte vier Listen (eingeteilt in das Vikariat Meran, Provikariat Schluderns, Vikariat Feldkirch und Provikariat St. Gallenkirch) nach Innsbruck, wo die Unterlagen am 26. Juni eintrafen und verdankt wurden. 436 Dabei fällt auf, dass die unter Joseph II. vorgenommene Modifikation der Dekanatseinteilung im Hinblick auf ein geplantes neu zu schaffendes Bistum Bregenz (für Vinschgau: Dekanat Meran, Dekanat Schluderns / für Walgau: Dekanat Feldkirch, Dekanat St. Gallenkirch), wie sie auf der Diözesankarte von Johann Anton Pfaundler 1792 aufscheint 437 , vom Churer Oridinariat nicht übernommen wurde, sondern die herkömmliche Bezeichnungen Verwendung fanden. Der Vollständigkeit halber muss ein Verzeichnis des im Dekanat Vinschau wirkenden Klerus aus dem Jahre 1794 mitberücksichtigt werden. 438 Die Datensammlung von 1792 und 1794 wird in den unten stehenden beiden Tabellen den Angaben von Kanzler Georg Schlechtleutner aus dem Jahre 1784 sowie den von der staatlichen Hand angeordneten und zu errichtenden Exposituren (1786) gegenübergestellt. Das Dekanat südlich des Reschenpasses bis und mit Meran umfasste im Stichjahr 1794 32[33] Pfarreien, 1 Kuratie (Spitalkirche Latsch), 26 Exposituren - davon eigentlich 2 Kuraturen (Katharinaberg und Vent) 439 -, 19 Kooperatorenbzw. Vikarenstellen, 20 Frühmesspfründe, noch 16 einfache Benefizien 440 sowie 5 Klostergemeinchaften (Kapuzinerkloster, Institut der Englischen Fräulein in Meran, Benediktinerkloster Marienberg, Kapuizinerhospiz in Mals, Kapuzinerkloster in Schlanders). Das Dekanat Walgau im Vorarlbergischen weist im Stichjahr 1792 43 Pfarreien, 9 Exposituren - davon eigentlich 2 Kuratien (Stallehr und Wald) -, 33 Benefizien und 4 Klöster auf (Kapuzinerkloster in Feldkirch, Dominikanerinnenkloster in Altenstadt, Kapuziner- und Dominikanerinnenkloster in Bludenz). 441 433 BAC, 762.21 Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 281. 434 BAC, 762.19 Protocollum Celsissimi, Bd. XVII (1786-1806), S. 121-122 [1791 Oktober 8]. 435 Siehe unten S. 233-256. 436 Sämtliche Unterlagen in: TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe III: Gubernialakten 1792. 437 Siehe oben S. 30-f., 42. 438 BAC, 940.02.02 [1794]. 439 Als Kuratoren werden 1794 bezeichnet: der Geistliche an der Spitalkirche in Latsch sowie die beiden Seelsorger in Katharinaberg und Vent (BAC, 940.02.02). Die noch 1784 als Kuratien bezeichneten Pfründen Latsch (Spital), Katharinaberg, Pfelders, Platt, Riffian, Sulden und Vent werden 1792 mit Ausnahme von Latsch als Exposituren ausgeschildert (TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770, Mappe III). 440 Vier einfache Benefizien wurden sicher aufgehoben: 2 Benefizien in Latsch, Frühmesspfrund in Schlanders, 1 Benefizium in Schlanders. 441 Vgl. auch das »Verzeichniß der samtlichen im Lande Vorarlberg gegenwärtig bestehenden Pfarreyen und Lokalkaplaneyen« <?page no="224"?> 224 Dadurch wird alsbald deutlich, dass - wie Bischof von Rost dies in seinem Situationsbericht von 1789 an den Kaiser zu Recht herausgestrichen hatte - bezüglich Pfarreinrichtung praktisch keine Änderungen zu verzeichnen sind, außer dass einige der schon vor dem josephinischen Eingriff bestandenen Kuratien gegenwärtig als Exposituren ausgeschildert werden sowie einige neu erbetene und von den staatlichen Stellen genehmigte Exposituren (aus einfachen Benefizien) tatsächlich verwirklicht werden konnten. Insgesamt aber trug das Projekt »Pfarreinrichtungsgeschäft« im österreichischen Anteil des Bistums Chur, wie es ohnehin äußerst schleppend vonstattenging, praktisch keine Früchte und muss auch im Blick auf die in diesem Zusammenhang vollzogenen Klosteraufhebungen großmehrheitlich als gescheitert bezeichnet werden. Dekanat Vinschgau [inkl. Nauders (gehörte zum Dekanat Engadin)] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 / 1794 zu errichtende Exposituren 1786 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen Agums St. Georg 1 Fr --- ■ Prad Fr in Prad zu Expositur Algund St. Hippolyt 1 Ko 1 Ko [1794] ■ Aschbach ■ Vellau ■ Vernuer und Gfeis Exposituren nicht von Bestand Burgeis St. Mariae Geburt 1 Fr 1 Fr keine Änderung Dorf Tirol St. Johannes d. T. 1 Ko 1 Ku 1 Fr* 1 Be* 1 Ko für Riffian [1794] 1 Ko für Tirol [1794] 2 Fr [Tirol/ Riffian] 1 Be ■ Riffian Kuratie Riffian als Expositur bezeichnet Glurns St. Pankratius 1 Fr 1 Be* 1 Fr 1 Be keine Änderung Graun St. Katharina 1 Fr 2 Be 1 Fr ■ Reschen ■ Langtaufers 2 Be zu Exposituren Haid St. Valentin 1 Fr 1 Fr keine Änderung Kuens St. Mauritius --- 1 Ko [1794] neu: 1 Ko Laas St. Johannes d. T. 1 Fr 1 Fr ■ Allitz Expositur nicht von Bestand Laatsch St. Luzius 1 Fr 1 Fr keine Änderung Latsch St. Peter und Paul 1 Fr* 2 Ko 1 Ku [Spital] 7 Be 1 Ku [Spital] 1 Fr [1794] 2 Ko [1794] ■ Marein ■ Morter ■ St. Martin am Kofl ■ Tarsch ■ Trums und Vorberg ■ Goldrain ■ Marein ■ Morter ■ St. Martin am Kofl ■ Tarsch 2 Be aufgehoben, zwischen 1784 und 1792 aus 5 Be Schaffung von 5 Exposituren (ohne Trums und Vorberg) Lichtenberg Hl. Dreifaltigkeit 1 Be 1 Be keine Änderung (Bregenz / 1787 Juni 3), in: VLA, Vogteiamt Bludenz 129/ 1608. <?page no="225"?> 225 Dekanat Vinschgau [inkl. Nauders (gehörte zum Dekanat Engadin)] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 / 1794 zu errichtende Exposituren 1786 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen Mals Mariae Aufnahme in den Himmel 1 Ko 1 Fr 5 Be [2*] 1 Fr 2 Be ■ Planeil ■ Planeil ■ Plawenn ■ Tartsch Ko aufgehoben [? ] 2 Be erhalten, 3 Be zu Exposituren Martell St. Walburga 1 Fr 1 Fr keine Änderung Matsch St. Florinus 1 Fr 1 Fr keine Änderung Meran [eigentlich zu Dorf Tirol] St. Nikolaus 2 Ko 8 Be 1 Vikar 2 Ko 8 Be neu: 1 Vikar, alle Be bleiben bestehen 1 Müstair St. Johannes d. T. von der josephinischen Pfarreiregulierung nicht betroffen Naturns St. Zeno 2 Ko 1 Ku 2 Ko [1794] 1 Ku [1794] ■ Pfossental ■ Tschirland ■ Katharinaberg Kuratie Katharinaberg als Expositur bezeichnet Nauders St. Valentin 1 Fr 2 Be 1 Fr 1 Be ■ Spiss 1 Be zu Expositur Partschins St. Peter und Paul 2 Ko 1 Fr* 1 Be 2 Ko [1794] 1 Fr ■ Rabland Be zu Expositur Plaus St. Ulrich --- --keine Änderung Schlanders Mariae Aufnahme in den Himmel 1 Ko 1 Fr 2 Be 1 Be ■ Nördersberg (Göflan) ■ Kortsch Fr und Ko aufgehoben [? ], 1 Be zu Expositur Schleis St. Laurentius 1 Fr 1 Fr keine Änderung Schlinig St. Stephanus --- --- ■ Schlinig 1786 oder 1787 kurzzeitig in eine Expositur umgewandelt Schluderns St. Katharina 1 Fr 2 Be* 1 Fr 1 Be 1 Be aufgehoben Schnals, Unser Frau St. Maria 1 Ko 1 Ku 2 Ko 1 Ku in Vent[1794] 1 Provisor in Karthaus [1794] ■ Kurzras ■ Vent ■ Karthaus Kuratie Vent als Expositur bezeichnet Sta. Maria Val Müstair St. Maria von der josephinischen Pfarreiregulierung nicht betroffen St. Martin in Passeier St. Martin 3 Ko 1 Ku 1 Fr* 2 Ko [1794] 1 Fr ■ Saltaus ■ Platt ■ Saltaus Kuratie Platt als Expositur bezeichnet Gratsch St. Peter 1 Ko 1 Ku 1 Ko [1794] ■ Gratsch (St. Magdalena) ■ Pfelders Kuratie Pfelders als Expositur bezeichnet Stilfs St. Ulrich 1 Fr 1 Ku 1 Be 1 Fr ■ Trafoi ■ Sulden ■ Trafoi Kuratie Sulden als Expositur bezeichnet, Be zu Expositur Trafoi <?page no="226"?> 226 Dekanat Vinschgau [inkl. Nauders (gehörte zum Dekanat Engadin)] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 / 1794 zu errichtende Exposituren 1786 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen Taufers St. Blasius 1 Fr 1 Fr keine Änderung Tschars St. Martin 2 Ko 1 Ko [1794] 1 Expater in Staben [1794] ■ Tabland und Tannberg ■ Staben 1 Ko aufgehoben [? ] Tschengls St. Mariae Geburt 1 Fr 2 Be 1 Fr ■ Tanas ■ Eyrs ■ Tanas 2 Be zu Exposituren Total 1784 / 1792 Pfarreien: 1784 Benefiziate: 79 Kuratien: 7 1792 Benefiziate: 55 Kuratien: 1 1786 geplante Exposituren: 20 [davon 8 beständig] 2 1792 bezeichnete Exposituren: 26 bis 1792 abgeschaffte einfache Benefizien 32 [33] 86 56 20 26 4 Dekanat Walgau [ohne Herrschaft St. Gerold, Freie Reichsherrschaft Blumenegg und FL] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 zu errichtende Exposituren 1785 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen Altenstadt St. Pankratius 1 Fr 1 Fr keine Änderung Bartholomäberg St. Bartholomäus 1 Fr 1 Fr ■ Innerberg ■ Innerberg Expositur verwirklicht Bludenz St. Laurentius 1 Ku 1 Fr 2 Be 1 Fr 1 Be ■ Stallehr Ku als Expositur bezeichnet, Benefizium Sta. Maria aufgehoben Brand Mariae Aufnahme in den Himmel --- --keine Änderung Braz St. Nikolaus 1 Fr 1 Fr keine Änderung Bürs St. Martin 1 Fr 1 Fr keine Änderung Bürserberg St. Joseph --- --keine Änderung Dalaas St. Oswald 1 Ku 1 Fr 1 Be* 1 Fr 1 Be ■ Wald als Pfarrei vorgeschlagen ■ Wald Ku als Expositur bezeichnet Damüls St. Nikolaus --- --keine Änderung Feldkirch St. Nikolaus 1 Ko 8 Be 6 Be 3 2 Be aufgehoben Fontanella St. Sebastian und Martin --- --keine Änderung Frastanz St. Sulpitius 1 Fr 1 Fr keine Änderung <?page no="227"?> 227 Dekanat Walgau [ohne Herrschaft St. Gerold, Freie Reichsherrschaft Blumenegg und FL] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 zu errichtende Exposituren 1785 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen Fraxern St. Jakobus --- --keine Änderung Galtür St. Maria 1 Fr 1 Fr keine Änderung Gaschurn St. Michael 1 Fr 1 Be 1 Fr ■ Partenen ■ Partenen Expositur verwirklicht Göfis St. Luzius --- --keine Änderung Götzis St. Ulrich 1 Fr 1 Fr ■ Meschach Expositur nicht verwirklicht Ischgl St. Nikolaus 1 Fr 1 Be 1 Fr ■ Mathon ■ Mathon Expositur verwirklicht Klaus St. Agatha --- --keine Änderung Klösterle St. Johannes d. T. 1 Fr 1 Fr keine Änderung Koblach St. Sebastian und Kilian --- --keine Änderung Laterns St. Nikolaus --- --keine Änderung Meiningen St. Agatha --- --keine Änderung Nenzing St. Mauritius 1 Fr 1 Fr ■ Gurtis ■ Gurtis Expositur verwirklicht Nofels Mariae Aufnahme in den Himmel --- --keine Änderung Nüziders St. Viktor 1 Fr 1 Fr keine Änderung Rankweil Mariae Heimsuchung 1 Ko 1 Fr 2 Be 1 Fr 2 Be Ko aufgehoben Rankweil St. Peter --- --- Pfarrei beibehalten Röthis St. Martin 1 Fr 1 Fr ■ Viktorsberg Neugründung einer Expositur Satteins St. Georg 1 Fr 1 Fr keine Änderung Schlins Mariae Unbefleckte Empfängnis --- --keine Änderung Schnifis St. Johannes d. T. --- --- ■ zusätzlicher Be als Expositus nicht verwirklicht Schruns St. Jodokus 1 Fr 1 Fr keine Änderung Silbertal St. Nikolaus 1 Fr 1 Fr keine Änderung St. Anton i. M. St. Antonius --- --keine Änderung <?page no="228"?> 228 Dekanat Walgau [ohne Herrschaft St. Gerold, Freie Reichsherrschaft Blumenegg und FL] Ort Name der Pfarrpfrund vorhandene Benefizien 1784 [* Aufhebung möglich] vorhandene Benefizien 1792 zu errichtende Exposituren 1785 als Exposituren bezeichnet 1792 Bemerkungen St. Gallenkirch St. Gallus 1 Fr 2 Be 1 Fr ■ Gargellen ■ Gortipohl 2 Be zu Exposituren Stuben St. Maria --- --keine Änderung Tisis St. Michael --- --keine Änderung Tosters St. Cornelius und Cyprian --- --keine Änderung Tschagguns St. Ulrich 2 Be [1*] 1 Fr 1 Be 1 Be aufgehoben Übersaxen St. Bartholomäus --- --keine Änderung Vandans St. Johannes d. T. 1 Fr 1 Fr keine Änderung Weiler Allerheiligen --- --keine Änderung Total 1784 / 1792 Pfarreien: 1784 Benefiziate: 42 Kuratien: 2 1792 Benefiziate: 33 Kuratien: 0 1786 geplante Exposituren: 1792 bezeichnete Exposituren [davon 1 Neugründung] bis 1792 abgeschaffte Benefizien 43 44 33 6 9 4 1 Benefizien St. Leonhard, Schmid, Rosenkranz, Corpus Christi, Lachardtinger, Schmidhofer, Hl. Kreuz und Zöttl. 2 Marein, Morter, St. Martin am Kofl, Tarsch, Planeil, Saltaus, Trafoi, Tanas. 3 Weiter bestanden die Benefizien: Hll. Apostel, Unsere Liebe Frau, Hl. Kreuz, Hl. Dreifaltigkeit, St. Leonhard und Hl. Geist [Spitalkirche]. <?page no="229"?> 229 6. Rückblick Die Tangierung territorialer Neugliederung der Pfarreien mit derjenigen der Bistümer, welche zudem in engster Verbindung mit den josephinischen Klosteraufhebungen steht, geht nach zaghaften Ansätzen unter Maria Theresia auf Kaiser Joseph II. zurück und »zeigt dessen ganz persönliche Handschrift« 442 . In seinen am 29. Januar 1782 skizzierten Vorstellungen über die Neuausrichtung der Pfarrseelsorge forderte der Monarch exakte Nachforschungen über den tatsächlichen Bedarf an Seelsorgestellen. Landesstellen und Kreisämter hatten genaue Listen über den gegenwärtigen Bestand der Kirchen, Kapellen und Bruderschaften sowie über deren Stiftungsvermögen anzufertigen; gleichzeitig sollte der Klerusbestand erhoben, ebenso deren Einkünfte mittels Verzeichnisse ausgewiesen und alle einfachen Benefizien (ohne Seelsorgeauftrag) mit Vermerken über deren Notwendigkeit bzw. Möglichkeit der Aufhebung aufgelistetet werden. Kriterien für das staatlich gelenkte »Pfarreinrichtungsgeschäft« unter Mitbestimmung der bischöflichen Ordinarien wurden im September 1782 in den Direktivregeln 443 verankert: Art und Weise des Kirchgangs (Berücksichtigung der Topographie, Wegstrecke nicht über eine Stunde bis zur Hauptkirche), Größe der Siedlung (Richtwert für eine Pfarrei oder Lokalkaplanei: 700 bzw. 500 Personen), Historie der örtlichen Gotteshäuser und Seelsorgepfründe, sinnvolle Zusammenlegung von zerstreut liegenden Siedlungen, die bislang zu unterschiedlichen Pfarrkirchen gehörten. 442 Weissensteiner, Pfarregulierung 55. 443 Wortlaut siehe oben S. 102. Abb. 53: Kuratie Katharinaberg im Schnalstal (seit 1919 Pfarrei) [Foto: A. Fischer] <?page no="230"?> 230 Die Pfarregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur weist drei Hauptphasen auf: Die Jahre 1782 bis 1783 waren geprägt durch schleppendes Vorankommen in der Erstellung von Listen und Verzeichnissen, welche von den Kreisämtern in Zusammenarbeit mit den bischöflichen (Pro-)Vikaren im Vinschgau und Walgau zu erstellen waren, so dass es seitens des Guberniums wiederholt zu Mahnungen kam. Erste konkrete Vorschläge zur Schaffung von Kuratien oder Lokalkaplaneien im Dekanat Vinschgau (9 Kuratien, 19 Lokalkaplaneien) erreichten Anfang 1783 Innsbruck; von den 28 eingereichten Vorschlägen für Seelsorgestationen mit ortsansässigem Priester wurden im Grundsatz 26 gutgeheißen, ebenso die vorgebrachten Gründe zwecks Umteilungen von Höfen und Siedlungen in andere näher liegende Pfarrsprengel. 444 Die für Teile des Dekanats Walgau eingesandten Wünsche wurden hingegen als unzureichend zurückgewiesen und mussten nachgebessert werden; nach deren zweiter Prüfung genehmigte man die Schaffung von 12 möglichen Lokalkaplaneien (mit Partenen und Mathon im Paznauntal), die Erhebung der Kuratie Wald zur Pfarrei hingegen wurde abgelehnt. 445 Der zweiten Phase, 1784 bis 1785, verlieh Georg Schlechtleutner sein Gepräge, indem er als arbeitsamer bischöflicher Kanzler diverse, bereits früher eingeforderte Listen erstellte und nach Innsbruck sandte. Dazu gehörten zum einen die Verzeichnisse aller existierenden Beneficia simplicia mit Angaben über deren Notwendigkeit bzw. Entbehrlichkeit (Vinschgau: 58, davon 18 entbehrlich / Walgau: 40, davon nur 2 entbehrlich), zum anderen die umfangreichen, am 22. Mai 1784 an das Gubernium verschickten Tabellen über den Stand der Pfarrsprengel, Geistlichen und Gläubigen im tirolischen Anteil der Churer Diözese (Vinschgau: 33 Pfarreien, 7 Kuratien, 31 Filialen, 111 Kapellen bzw. Nebenkirchen, 3 Klöster, 117 Priester, 34‘737 Katholiken / Walgau: 43 Pfarreien, 2 Kuratien, 26 Filialen, 44 Kapellen bzw. Nebenkirchen, 5 Klöster, 89 Priester, 31‘141 Katholiken). 446 Erst anhand dieser Unterlagen erfolgten Anfang 1785 aus Wien (Hofresolution vom 22. Januar 1785) und Innsbruck (bewilligte neue Seelsorgestellen) konkrete Weisungen für das weitere Vorgehen in der Pfarrregulierung in Tirol und Vorarlberg. Aufgrund der bereits prekären Finanzlage des staatlichen Religionsfonds, welcher nicht nur die Pensionen der ehemaligen Ordensleute aus den aufgehobenen Klöstern zu zahlen hatte, sondern auch als Basis zur Finanzierung des Pfarreinrichtungsgeschäfts galt, bewilligte das Landesgubernium in Innsbruck für den Vinschgau von den einst 28 vorgeschlagenen ständigen Seelsorgestellen im Grundsatz lediglich eine Lokalkaplanei (Saltaus) und 14 Exposituren - wie die Lokalkaplanei ein spezifisch josephinisches Konstrukt mit Konfliktpotential. Auf dem Territorium des Dekanats Walgau gab man zu den 11 eingereichten Vorschlägen nur für 6 Exposituren grünes Licht. 447 Lediglich den Vorschlägen zu Umpfarrungen von kleineren Siedlungen und einzelnen Höfen wurde großmehrheitlich entsprochen. 448 Im Anschluss an die (hier am Beispiel des Walgau aufgezeigten) kontroversdiskutierten Vorschläge aus Innsbruck auf sog. Vernehmlassungszusammenkünften auf Dekantsebene kam es in der dritten Phase zwischen 1786 und 1789 zur staatlich verordneten Errichtung von Exposituren (Vinschgau: 20 / Walgau: 4) 449 und zur anbefohlenen Sperrung unzähliger Kapellen und Nebenkirchen (Vinschgau: 44 / Walgau: 76) 450 , deren liturgische Gerätschaften inventarisiert, später zum Teil veräußert, und ihr Stiftungsvermögen zuhanden des Religionsfonds eingezogen wurden. Parallel dazu griff die staatliche Hand mittels Gottesdienst- und Andachtsordnungen weiter massiv in den innerkirchlichen Bereich ein, versuchte den aus dem Barock erwachsenen und beliebten Andachtsformen Einhalt zu gebieten, verbot die meisten Prozessionen und Bittgänge und sämtliche Bruderschaften. 444 Siehe oben S. 111-117. 445 Siehe oben S. 117-125. 446 Siehe oben S. 147. 447 Siehe oben S. 152 (Dekanat Vinschgau), S. 153 (Dekanat Walgau). 448 Siehe oben S. 155. 449 Siehe oben S. 165, 174. 450 Siehe oben S. 165, 177 f. <?page no="231"?> 231 Durch solche Regelung glaubte man, eine in der ganzen österreichischen Monarchie einheitliche Liturgie und Gottesdienstpraxis einführen zu können, was jedoch, wie die ausgebrochenen Unruhen in Teilen Vorarlbergs (Bistum Chur und Konstanz) verdeutlichten, unerreicht bleiben sollte. Die vom Churer Ordinarius persönlich durchgeführte Pastoralvisitation 1789 im Unruhegebiet förderte die Ursachen zutage und erlaubte anschließend dem Oberhirten mit einem unfangreichen Bericht direkt an den Kaiser zu gelangen und entsprechende Konzessionen zu erreichen (Wiedergestattung herkömmlicher Andachten). 1790 erließ Dionys von Rost eine eigene neue Andachtsordnung mit Partikularnormen. In der Folge kam es im Walgau und Vinschgau auch zur Wiederöffnung gesperrter Kirchen. Zieht man Bilanz, so zeigt die vorgenommene Untersuchung anhand der Quellen aus den einschlägigen Archiven, dass das josephinische »Pfarreinrichtungsgschäft« in den österreichischen Anteilen des Bistums Chur ein wenig ertragreiches Projekt blieb, welches wohl dank exakter Verzeichnisse einige sinnvolle Zusammenführungen von zerstreut liegenden Siedlungen zu näherliegenden Pfarreisprengeln sowie einzelne neue Seelsorgestationen (sog. Exposituren) mit ortsansässigem Geistlichen ermöglichte, jedoch vor dem Hintergrund einer fehlgeschlagenen Finanzierung durch den 1790 nahezu ausgetrockneten Religionsfonds, wozu die Vermögenswerte der aufgehobenen 6 Klöster auf dem untersuchten Territorium wenig beitragen konnten, und den überbordenden staatlichen Eingriffen zur Steuerung der Volksfrömmigkeit mit der Konsequenz gefährlicher Unruhen für ganz Tirol großmehrheitlich als gescheitert bezeichnet werden muss. - Die Bemerkung aus einem Bericht vom 7. Dezember 1789 des Kreisamtes an der Etsch mit Sitz in Bozen an das Gubernium in Innsbruck möge dieses Kapitel beschließen: »In jenen Gegenden, wo es weder an Kirchen noch an Widumsgebäuden gemangelt hat«, würden die geplanten Exposituren bereits bestehen; nur in jenen Gegenden, wo hierfür enorme Kosten budgetiert werden mussten, seien sie »noch nicht Abb. 54: Bistum Chur um 1800 (blau unterlegt: reformierte Gebiete) [BAC.BA] <?page no="232"?> 232 zustande gebracht«. Wegen diesen fehlenden Geldern aus dem Religionsfonds sei die endliche Erledigung des Pfarreinrichtungsgeschäfts »nicht wohl zu erhoffen«. 451 451 SLA, Archiv des Hieronymitanerklosters Josefsberg (Forst) bei Meran, Fasz. 1 [1789 Dezember 7]. <?page no="233"?> 233 V. Die staatliche Diözesanregulierung unter bzw. nach Joseph II.: Pläne und Auswirkungen für/ auf den österreichischen Anteil des Bistums Chur Wie bereits dargelegt, zielte die in verschiedenen Denkschriften formulierte Grundhaltung theresianisch-josephinischer Staatskirchenpolitik auf die Umformung der universalen Kirche in eine dem Staat unterstellte und von diesem auch kontrollierte territorial-nationale Institution. Dabei sollte jeglicher Einfluss durch kirchliche Obrigkeiten, welche ihren Sitz außerhalb der österreichischen Erbländer hatten, unterbunden und durch eine Neuregelung der kirchlichen Strukturen innerhalb der Erbländer geordnet werden. Die Angleichung der Diözesangrenzen an jene der habsburgischen Verwaltungseinheiten (sog. Diözesanregulierung) war deshalb für Kaiser Joseph II. und seine Berater ein wichtiges und alsbald explizit vom Monarchen persönlich vorangetriebenes Geschäft, welches bis ins 19. Jahrhundert virulent blieb. 1 In seiner ausführlichen Stellungnahme zum kirchlichen Reformprogramm des Kaisers schrieb Hofrat Franz Joseph Freiherr von Heinke in Wien am 14. März 1781 an Joseph II.: »Ein jeder Landesfürst, deßen Gewalt durch Fundamental-Gesetze diesfalls nicht beschränket ist, hat die Macht, jure proprio keinen fremden Hirthen zu Leitung der Seelen seiner Unterthanen zu gedulden. […] Dem Monarchen allein stehet zu, für das Beste seiner Unterthanen hierinne so weit zu urtheilen, als es der innerlichen Staatsverfaßung und der beßeren Besorgung der Religionsübungen angemeßen ist. Rom bleibt alsdenn verpflichtet, lediglich solche heilsame Absichten durch die erforderlichen Anstalten quoad spirituale in Bezug auf Jurisdiction etc. kräftigst zu unterstützen.« 2 Es gebe nach Ansicht Heinkes keinerlei Bedenken, das landesfürstliche Recht geltend zu machen und »alle auswärtigen ordinarios von dem exercitio juris episcopalis in territorio austriaco auszuschließen, andere Bischöfe einzuführen oder die betreffenden Dioezesen an die nächsten Bischöfe zu vertheilen, hiebey aber lediglich quoad spirituale die Mitwirkung der heiligen Kirche bey dem päpstlichen Stuhle zu begehren.« 3 Was mit denjenigen Bischöfen geschehen möge, welche außerhalb der Erblanden wohnten, jedoch österreichische Anteile in ihrem Sprengel besäßen - betroffen von diesen Überlegungen war entsprechend auch Chur -, müsste von der kaiserlichen Hofkanzlei entschieden werden, damit man dem Kaiser »wegen Ein- und Abtheilung der Dioecesen an die nächsten Bischöfe oder wegen Einführung neuer Bißthümer hierorts« die nötigen Schritte vorschlagen könne. Auf jeden Fall, so betonte Heinke, sei es »eine sehr erwünschliche Sache«, in Zukunft keinen fremden Ordinarius mit österreichischem Diözesananteil mehr zu dulden. 4 Bereits am 12. Oktober 1781 publizierte man die kaiserliche Verordnung, wonach die staatlichen Hoheitsrechte über die Kirche auch in den österreichischen Diözesananteilen mit ausländischen Bischöfen zu gelten hatten. 5 1 Vgl. oben S. 23. - Zur Josephinischen Diözesanregulierung ausführlich: Kušej, Joseph II.; Johann Weissensteiner, Die Diözesanregulierung Kaiser Josephs II. und das Erzbistum Wien, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 52 (1986) 270-313. 2 Maaß, Josephinismus III, Nr. 5 [251-300] hier 294 f. 3 Maaß, Josephinismus III, Nr. 5, 295. 4 Maaß, Josephinismus III, Nr. 5, 296. 5 Klueting, Josephinismus, Nr. 99 (250). Darin wird festgeschrieben: »Jeder auswärtige Ordinarius soll in Ansehung des Theils seiner Diözes in diesseitiger Dominazion nicht anders, als ieder erbländische Bischof behandelt werden.« (ebd.). <?page no="234"?> 234 Die Diözesanregulierung, deren erste Vorschläge der Kaiser Mitte Februar 1782 von der Hofkanzlei abforderte 6 , erscheint hier als ein wichtiger Teil im System des josephinischen Staatskirchentums, nämlich als eine so weit als möglich umzusetzende Vereinheitlichung der kirchlichen Verwaltung. Das Bestreben zielte zum einen dahin, die österreichischen Diözesen in übersichtlich gegliederte Kirchenprovinzen unter ausschließlich inländischen Erzbischöfen zusammenzufassen und die Bistümer so aufzuteilen, dass jedes Bistum ein in sich geschlossenes Gebiet bildete. Mindestens ebenso wichtig wie die Vereinfachung der kirchlichen Verwaltung war zum anderen das oben von Heinke deutlich formulierte Bestreben, den Einfluss der ausländischen Oberhirten gänzlich zu unterbinden und sie letztlich von der Ausübung der geistlichen Jurisdiktion auf österreichischem Territorium auszuschließen. Als oberstes Prinzip für die Neuorgansation der Bistümer galt der von der Hofkanzlei am 12. Juni 1782 formulierte Grundsatz: »Es ist für einen Generalsatz anzunehmen, dass alle fremden Diözesanen auszuschliessen, somit ihre dermaligen Diözesen den inländischen Ordinarien zuzuteilen kommen.« 7 Die ›staatsgefährdende‹ Entwicklung durch ausländische Bischöfe bestand nicht zuletzt darin, dass sie einen guten Teil ihrer Einkünfte aus ihren österreichischen Bistumsanteilen bezogen. Auch der Churer Fürstbischof konnte den beachtlichsten Teil seiner seit der Reformation bis 1816 ohnehin stark eingebrochenen Einnahmen aus dem Vinschgau und Walgau beziehen. 8 Wenn man beide Gesichtpunkte berücksichtigt, dann bildete bei der Diözesanregulierung nicht der seelsorgerliche Nutzen den Hauptzweck, sondern es spielten vielmehr staatskirchenpolitische Überlegungen die zentrale Rolle. 9 Zur Erinnerung sei nochmals erwähnt, dass die Gefürstete Grafschaft Tirol seit dem 12. Jahrhundert in insgesamt 11 Diözesen unterteilt war 10 , wovon nur gerade zwei, Brixen und Trient, »ihre bischöflichen Residenzen und Großteil ihrer Gebiete innerhalb der Landesgrenzen hatten, alle anderen aber nur ›einreichten‹« 11 , doch wie die Angaben zur Flächenverteilung 12 zeigen, in recht umfangreichen Anteilen. Das Bistum Chur steht bereits an vierter Stelle mit 8,7 % und nahm im Vorarlberg den größten Flächenanteil ein. Brixen 10‘700 km 2 (40,1 %) Trient 6‘470 km 2 (24,2 %) Salzburg 2‘570 km 2 (9,6 %) Chur 2‘310 km 2 (8,7 %) Flächenmäßiger Anteil in Vorarlberg: 1‘480 km 2 Feltre 1‘250 km 2 (4,7 %) Chiemsee 1‘200 km 2 (4,5 %) Augsburg 940 km 2 (3,5 %) Flächenmäßiger Anteil in Vorarlberg: 190 km 2 Freising 770 km 2 (2,8 %) Aquileia 300 km 2 (1,1 %) Verona 150 km 2 (0,6 %) Padua 40 km 2 (0,15 %) Konstanz --- Flächenmäßiger Anteil in Vorarlberg: 930 km 2 Totale Landesfläche Tirol Totale Landesfläche Vorarlberg 26‘700 km 2 2‘600 km 2 Totale Landesfläche Tirol und Vorarlberg 29‘300 km 2 6 Kušej, Joseph II. 49. 7 Zitiert in Kušej, Joseph II. 120; Karlinger, Anteil 40. - Formuliert wurde dieser Grundsatz im Dekret der Wiener Hofkanzlei vom 12. Juni 1782, womit Staatskanzler Anton Graf von Kaunitz den Fürstbischof von Gurk, Joseph Franz Anton von Auersperg (1773-1784), zum landesfürstlichen Kommissar bestellte und ihm das Diözesaneinteilungsgeschäft der kirchlichen Sprengel in Niederösterreich übertrug. 8 Siehe unten S. 238 f., 252. 9 Karlinger, Anteil 41. 10 Siehe oben S. 29. 11 Dörrer, Wandel 53. 12 Dörrer, Wandel 53. <?page no="235"?> 235 In Tirol zeitigte die josephinische Diözesanregulierung - dies kann hier vorweggenommen werden - nur wenig Erfolg. 1785 übernahm der Bischof von Trient die tirolischen Anteile seiner Amtsbrüder zu Feltre, Padua und Verona, wogegen er seine beiden außertirolischen Sprengel an den Bischof von Brescia abtreten musste. Alle übrigen Regulierungspläne Josephs II. für Tirol und Vorarlberg, auch diejenigen betreffend das Territorium des Bistums Chur, welche im Folgenden explizit thematisiert werden und »die auf Ausschaltung sämtlicher ausländischer Bistümer, Gründung eines neuen in Bregenz und Aufteilung des Landes zwischen diesem und den beiden zu Brixen und Trient hinzielten« 13 , kamen in der Regierungszeit des Monarchen nicht zur Ausführung. 1. Die ersten Entwürfe der staatlichen Diözesanregulierung für Tirol 1782 Noch bevor Hofrat Heinke im Auftrag der Hofkanzlei seine sorgfältig abgefassten Vorschläge zu einer Diözesanregulierung am 10. März 1782 dem Kaiser unterbreiten konnte, überraschte Joseph II. mit einem Handbillet vom 9. März 1782 an Heinrich Kajetan Graf von Blümegen mit einem selbständig ausgearbeiteten Plan über die künftige Einteilung der Bistümer in den österreichischen Erblanden. Es gibt also »zwei fast gleichzeitige erste Entwürfe«, die jedoch »nur wenig von einander abweichen«. 14 Wichtigstes Anliegen des Kaisers war, »daß es nicht auf die grosse Anzahl der Bistümer, sondern auf die hinlängliche Anzahl guter Pfarrer ankommt, und daß die Bischöfe ihre Diözesen nur dergestalt vertheilt haben müssen, daß sie diese übersehen können« 15 . Entsprechend legte er Blümegen neben Angaben zu Böhmen, Mähren, Galizien, Nieder-, Ober- und Innerösterreich folgenden Entwurf für Tirol vor: »In Tyrol würden die fremden Diözesen zwischen dem Bischof von Brixen und Trient vertheilt, wo vorher erhoben werden müsste, was diese fremden Diözesen - Brixen und Trient ausgenommen - betragen, um zu sehen, ob es nicht vortheilhafter wäre, einen Bischof zu Innsbruck zu bestellen, dem das Bregenzische und Vorarlbergische auch zugegeben werden könnte.« 16 Gemäß dieses Vorschlags zog Joseph II. im März 1782 bereits die Schaffung eines neuen Bistums Innsbruck in Betracht, dem auch die Churer Anteile in Vorarlberg und Tirol (Dekante Walgau und Vinschgau) zugeordnet werden sollten. 17 Der Entwurf der kaiserlichen Hofkanzlei bzw. des Hofrates Heinke vom 10. März unterbreitete für die oben genannten Gebiete ähnliche Vorschläge. Für Tirol hielt Heinke fest, die ganze Grafschaft möge kirchlich unter die Bischöfe von Trient und Brixen aufgeteilt werden; beide so gewachsenen Bistümer seien dann in die Kirchenprovinz für Innerösterreich (Seckau als Erzbistum, geplanter Metropolitansitz in Graz 18 ) einzugliedern. Von der Schaffung eines Bistums Innsbruck ist darin jedoch keine Rede. 19 In der Frage der Mitwirkung Roms verweist der Vorschlag Heinkes auf die geltende Rechtsordnung, »wonach nicht nur die Bestätigung der Bischöfe, sondern auch die Errichtung und die Veränderung bestehender Bistümer sowie die Vornahme aller damit im Zusam- 13 Dörrer, Wandel 55 f. 14 Kušej, Joseph II. 54. 15 Zitiert in: Kušej, Joseph II. 54. 16 Zitiert in: Kušej, Joseph II. 56. 17 Das Territorium des heutigen Bistums Innsbruck ist ein bei der Neuumschreibung der Tiroler Bistümer 1818 geschaffenes Gebilde aus ehemaligen Teilen der Diözesen Augsburg, Salzburg, Freising und Brixen. Es umfasst den größten Teil, nicht aber die ganze Fläche des österreichischen Bundeslandes Tirol. Siehe Josef Franckenstein / Erwin Gatz / Josef Gelmi, Bistum Innsbruck, in: Gatz, Bistümer der deutschsprachigen Länder 366-376, hier 366. 18 Hierzu Michaela Sohn-Kronthaler, Bistum Graz-Seckau, in: Gatz, Bistümer der deutschsprachigen Länder 313-328, hier 313 f. 19 Kušej, Joseph II. 59. <?page no="236"?> 236 menhange stehenden Rechtshandlungen zu den Reservatsrechten des römischen Stuhles gehören, und erklärt, dass sich daran dermalen nichts ändern lasse« 20 . Diese Ansicht muss im Zusammenhang gesehen werden mit der bevorstehenden Reise und Ankunft Pius‘ VI. (1775-1799) nach bzw. in Wien, wo dieser sich vom 22. März bis zum 22. April 1782 aufhielt und in der Hofburg wohnte. 21 Dem Kaiser wurde zum einen von gemäßigter Seite nahegelegt, die Anwesenheit des Papstes in Wien für seine Zwecke zu nutzen und die Diözesanregulierungspläne offen zur Sprache zu bringen. Zum anderen warnten Vertreter einer harten Haltung gegenüber Rom, darunter auch Anton Graf von Kaunitz, vor einer Einbeziehung des Papstes in die staatliche Regulierung. Rom mitwirken zu lassen, bedeute gleichsam einzugestehen, dass der weltliche Souverän keine Macht habe, wie bereits früher während mehreren Jahrhunderten (bis ins 14. Jahrhundert hinein) frei die Diözesen abzugrenzen oder neue zu schaffen. In Rom sei lediglich die Anzeige über Änderungen zu machen und gleichzeitig um die Konfirmation der ernannten (neuen) Bischöfe nachzusuchen. 22 Die weitere Vorgehensweise verzögerte sich. Erst nach der Abreise des Papstes aus Wien - Pius VI. wurden die Pläne einer Diözesanregulierung vor Ort nicht vorgelegt - erging mit Datum vom 29. April 1782 die Hofresolution Josephs II., worin betreffend Tirol folgender Entschluss (ohne Mitwirkung Roms) festgemacht wurde: »In Tyrol sind die fremden Diözesantheile an Trient und Brixen zu vertheilen; in den vorderösterreichischen Ländern aber die dermalen bestehende Diözesanabtheilungen noch weiterhin unberührt zu belassen.« 23 Doch in einer Note vom 7. Mai 1782 an Hofrat Heinke hielt der Kaiser fest: »Die Ausschliessung aller fremden Diözesen bleibt ein bestimmter Generalsatz.« 24 Am 18. Mai 1782 schließlich bestätigte eine weitere Resultion des Monarchen die am 29. April gemachte Anordnung für Tirol. Zu gegebener Zeit würde zudem »das Nöthige oder Dienliche« in Rom vorgelegt. 25 2. Die eigenständige kaiserliche Diözesaneinteilung und der Anstoß zu einem Bistum Bregenz 1783 Obwohl sich der Mitarbeiterstab des obersten österreichischen Staatskanzlers Leopold Graf Kolowrat, konkret die Geistliche Hofkommission, nach erhaltenem kaiserlichen Handbillet vom 6. Oktober 1783 unverzüglich an die Arbeit machte, um dem Monarchen möglichst bald einen vollständigen neuen Entwurf der künftigen Diözesanregulierung in den deutschen Erblanden zu unterbreiten, reagierte Joseph II. erneut schneller und übersandte Kolowrat am 18. November 1783 seine wiederum eigenständig erarbeitete Variante - dieses Mal als verbindliche Vorlage inkl. Bischofsernennungen für vorgesehene Neugründungen, worüber er auch Papst Pius VI. mit Schreiben vom 16. November informiert hatte. 26 Im Begleitschreiben an den Kanzler hält der Kaiser fest: »Sie werden also in dieser Gemäßheit durch die geistliche Commission sogleich alles Nöthige veranlassen, damit die Benannten ihre Dekrete bekommen, die Abtheilung aller Orten geschehe, die bestehenden geistlichen 20 Kušej, Joseph II. 59 f. 21 Georg Wacha, Papst Pius VI. in Österreich, in: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst. Katalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung im Stift Melk vom 29. März bis 2. November 1980 [= Amt der Niederösterreichischen Landesregierung. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF 95], Wien 1980, 153 f. und 495f.; Elisabeth Kovács, Der Besuch Papst Pius‘ VI. in Wien im Spiegel josephinischer Broschüren, in: Archivum historiae pontificiae 20 (1982) 163-217. 22 Kušej, Joseph II. 59-64. 23 Zitiert in: Kušej, Joseph II. 64-66, hier 66. 24 Zitiert in: Kušej, Joseph II. 68 f., hier 69. 25 Kušej, Joseph II. 74-76 (Zitat 76). 26 Kušej, Joseph II. 76-82. <?page no="237"?> 237 Einkünfte fremder Diözesanen im Lande eingezogen, die nöthigen Quartiere und Häuser für die neuen Bischöfe bestimmt und wie viel ihnen nach Einrechnung der von den auswärtigen Bischöfen diesseits bezogenen Revenuen annoch zur Ergänzung ihres künftigen stabilen Genusses aus dem Religionsfond abzureichen komme, Mir vorgeschlagen und ehestens das Gutachten erstattet werde, was annoch zur Besetzung der Consistorien und Capiteln nöthig sein wird.« 27 Das um Teile der ausländischen Ordinarien von Salzburg, Chiemsee, Freising und Augsburg erweiterte Bistum Brixen sowie die Diözese Trient, vergrößert um den tirolischen Anteil des Bistums Feltre, umgriffen demnach den größten Teil der Grafschaft Tirol. Neu zu errichten war zudem ein Bistum Bregenz, dessen Territorium den bisherigen österreichischen Anteil des Bistums Chur, also die Dekanate Vinschgau und Walgau, des weiteren sämtliche Gebiete Vorarlbergs (bisher zu den Bistümern Konstanz und Augsburg) und die Herrschaft Bregenz umfassen sollte. 28 Der Kaiser schien von seinem Plan so sehr überzeugt zu sein, dass er als künftigen Bischof von Bregenz bereits den amtierenden Generalvikar (1777-1803) und Weihbischof von Wien (1778-1805), Edmund Maria Joseph Reichsgraf von Artz (1739-1805), eigenmächtig bestimmte, diesen zur Organisation des neuen Bistums anhielt und das Kreis- und Oberamt Bregenz anwies, eine mögliche Residenz für den neuen Ordinarius vorzuschlagen. 29 Am 20. November 1783 erging aus Wien an die Landesstelle in Innsbruck folgendes Dekret 30 , welches für Tirol und Vorarlberg die künftige Umschreibung dreier Bistümer festschrieb: »1. mo das Bisthum Brixen, welches zu der dermaligen Dioezes, alles, was dermalen Salzburg, Görz, Freysing, Augsburg und Chiemgau inne haben, nach mitzubekömmt.« 2. do das Bisthum Trient erhalt zu seinen jetzigen Kirchensprengel noch den kleinen Theil des Bisthums Felten, die Vikariate Avio und Brentonico, dann die Pfarre Brancofara. 3. tio das Bisthum Bregenz bekömmt die jetzige Dioezes des Herrn Bischofs von Chur den noch übrigen Theil von Tirol, das Vorarlbergische und die Herrschaft Bregenz; und haben Seine k. k. Majestät zum Bischof daselbst den hiesigen Herrn Weihbischof Grafen von Artz, wie es die Abschrift des an ihn ergangenen Nominationsdecret enthaltet, gnädigst benennet. Die Bestimmung der Gränzen hat das Gubernium dem neu ernannten Herrn Bischof zu Bregenz bekannt zu machen und diese so gestaltige Abtheilung der Kirchensprengel auch ohne Verschub der dortländigen Herren Ordinariis zu erinnern, damit durch ihre ernsthafte Mitwirkung soliche schleunig zu stande gebracht werde. Weiters befehlen Seine k. k. Majestät von nun an die bestehende geistliche Einkünfte der fremden Dioezesanen im Land einzuziehen. Das erforderliche Quartier und Haus für den neu ernannten Herrn Bischof zu Bregenz zur höchsten Begnehmigung in Vorschlag zu bringen, und ungesäumt verläßlich zu erheben und einzuberichten, wie viel Beträge die auswertigen Herrn Bischöfe aus ihren herindringenden im Lande liegenden Dioezesen wirklich beziehen.« 27 Zitiert in Kušej, Joseph II. 78. - Am 4. Dezember 1783 schrieb Kaunitz, über die Pläne des Kaisers inzwischen ebenfalls orientiert, an Joseph II., es sei wohl von Vorteil, die Reaktion des Papstes vor dem weiteren Vorgehen abzuwarten. Im Falle eines negativen Bescheids müsse man wohl überlegen, »wie ohne aller Theilnehmung des Pabstes und selbst gegen seinen Willen die allerhöchste Absicht durchzusetzen seyn wird« (Maaß, Josephinismus II, Nr. 192 [411 f.]). Die Landesregierung sei jedoch klar der Meinung, so Kaunitz in einem weiteren Schreiben vom 4. April 1785 an die Hofkanzlei, »daß die innere Ein- oder Abtheilung der Diözesen nach Erforderniß der Umstände allein dem Landesherrn zustehe und dem päbstlichen Stuhle hierinn keine Gewalt, auch nicht einmal ein Bestättigungsrecht über solche Anstalten gebühre.« (Maaß, Josephinismus II, Nr. 216 [435 f.]). 28 Kušej, Joseph II. 79; Karlinger, Anteil 52. 29 Karlinger, Anteil 52; ferner unten S. 242-246. 30 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Diözesanregulierungsakten, Gubernialakten 1783 und 1784, fol. 2 r - 2 v [1783 November 20]; VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1783 Dezember 16 (Gubernium Innsbruck an das k. k. Oberamt zu Bregenz, präsentiert 20. Dezember)]. <?page no="238"?> 238 Des Kaisers Vorgabe zur Schaffung eines Bistums Bregenz, deren »gemain Beschreibung der in den Vorarlbergischen Herrschaften befindlichen Gränzen« bzw. »Diozes-Gränz-Beschreibung« am 14. August und nochmals am 29. Dezember 1784 durch das Gubernium in Innsbruck vom Oberamt Bregenz unter Einbezug der Vogteiämter Feldkirch und Bludenz eingefordert wurde 31 , war jedoch zum Scheitern verurteilt, da alle drei betroffenen Bischöfe von Konstanz, Augsburg und Chur mit Rückendeckung ihres Metropoliten in Mainz erfolgreich Widerstand leisteten und in Wien wirksam Protest einreichten. Anhand überlieferter Quellen möge an diese Episode erinnert werden, die als nicht zu geringachtendes Vorspiel zur später, zwar unter anderen Vorzeichen, tatsächlich vollzogenen Abtrennung der Churer Anteile im Jahre 1816 einzustufen ist. 3. Die Reaktionen des Churer Bischofs 1784 Die Pläne Josephs II., bald möglichst ein Bistum Bregenz zu schaffen und dahin die größten Teile der beiden Churer Dekanate Walgau (43 von 58 Pfarreien) und Vinschgau (30 von 32 Pfarreien) anzugliedern, führten auf dem bischöflichen Hof zu Chur noch vor der offiziell erhaltenen Mitteilung vom 15. Juni 1784 32 durch Leopold Graf Kolowrat aus Wien, zu einer »eigentlichen Existenzkrise« 33 , obwohl das Churer Ordinariat aufgrund des josephinischen »Generalsatzes«, fremde Ordinarii aus dem tirolischen Gebiet auszuschließen und die betroffenen Territorien inländischen Bischöfen zu unterstellen, über die gefährliche Lage längst in Kenntnis gesetzt und alarmiert war. In einem Schreiben an das Gubernium vom 16. Februar 1784 nannte Bischof Dionys von Rost die geforderte jährliche Gesamtsumme der Gefälle aus seinen österreichischen Anteilen (ohne die Einkünfte der Fürstenburg 34 ), welche sich trotz einiger Unklarheiten über den genauen Inhalt der geforderten Liste nach seinen Berechnungen auf 1’261 Gulden belief und die er bei einer drohenden Abtrennung als einschneidender Verlust von seinen Einkünften zu streichen gezwungen gewesen wäre. 35 31 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 August 14 / Dezember 29]. Darin findet sich eine umfangreiche Aktensammlung bzgl. Grenzbeschreibung, u.a. seien hier erwähnt: eine dreiseitige großformatige »Tabulae Horographicae«, die »Gränzen-Beschreibung beder Gerichter Rankweil und Sulz« [Götzis, 27. Oktober 1784], die«Gränzen-Beschreibung des Gerichts Jagdtberg der Herrschaft Feldkirch« [ohne Ort, 3. September 1784] und das »Verzeichnis über die im Gebiet Damüls befindende Pfarreyen, Kirchen und Seelsorger, mit Beschreibung der Gränzanstößen« [Damüls, 7. September 1784]. 32 Abschrift des Schreibens aus Wien vom 15. Juli 1784 in: BAC, 421.16 Domkapitel Chur, Gebundene Akten: Protokolle des Domkapitels, Bd. Q Kapitelsverhandlungen und Abschriften von Korrespondenzen (1779-1784), S. 406-407. 33 Schlapp, Dionys von Rost 102-111, hier 102. - Um Missverständnissen zuvorzukommen, diese zu unterbinden bzw. zu beseitigen, schrieb Gottfried von Heister am 21. Januar 1784 aus Innsbruck in deutlichen Worten an das k. k. Oberamt nach Bregenz, »daß bis zur gedacht würklichen Zustandbringung der neuen Bischthums-Eintheilung keine Neuerung vorgenommen werden solle, sondern daß die auswärtigen Herren Ordinarien bis dahin in der Ausübung ihrer bischöflichen Gerechtsamen ungestört zu belassen seyen.« (Original in: VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 21]). 34 Die hauptsächlich aus Naturalien bestehenden Einnahmen der Fürstenburg betrugen zwischen 1787 und 1801 im jährlichen Durchschnitt 7’131 fl. 40 xr. (in 15 Jahren total 106‘975 fl. 10 xr.) [BAC, 253.05.01 Bistum Chur, Verhältnis zu Tirol/ Österreich, Inkammeration] und »machten 65 Prozent der Gesamteinnahmen des Bischofs aus« (Blaas, Priesterverfolgung 85 f.). 35 BAC, 762.17 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI b (1782-1784), S. 334-335 [1784 Februar 16 (expediert 21)]. <?page no="239"?> 239 Jährlicher Bezug des Bisthums Chur aus dem Vinschgau und Vorarlbergischen An gewöhnlichen Taxen von neu besetzten Benefizien nach 8-jährigem Bezug berechnet 257 fl. An Expeditionstaxen der Matrimonialdispensen ebenfalls nach 8-jährigem Bezug 268 fl. Von der Tyrolischen Bisthumsgeistlichkeit An Schaltjahren Beysatz 198 fl. 2 xr. 18 fl. 22 xr. An Mortuarien von der Vorarlbergischen Geistlichkeit nach 8-jährigem Bezug 8 fl. 30 fl. Von der Pfarr Latsch im Tyrol 50 fl. Von der Pfarr Meran kraft Vertrags 1665 einer Person Stellungsverzinsung 300 fl. 40 fl. Von dem Sauri oder sogenannten Bischofhof zu Weiler und einem Zehend zu Fraxern nach dermaliger Verlaßung 121 fl. 45 xr. Schloß Fürstenburgische Gefäll im Tyrol keine Angaben Total 1‘261 fl. 39 xr. Nach Meinung des Churer Ordinarius wäre die Aufspaltung des alten Bistumsgebiets »einer Katastrophe gleichgekommen« 36 und forderte von ihm deshalb - schneller als bei früheren josephinischen Aktionen (wie etwa der Klosteraufhebungen) - stringentes Handeln. Als geistlicher Reichsfürst und bedrängter Bischof sowie im Wissen, dass eine Intervention durch den Heiligen Stuhl beim kaiserlichen Hof »von nicht genugsam hinreichendem Gewicht« schien, wandte sich von Rost »in engstem Vertrauen« hilfesuchend an die Bischöfe von Konstanz, Freising und Regensburg. 37 Einerseits, so von Rost am 30. April 1784 an den Konstanzer Bischof Maximilian Augustinus Christoph von Rodt (1776-1800) 38 bzw. an den Regensburger Bischof Anton Ignaz Fugger-Glött (1769-1789) 39 , müsste man aufgrund der »reichsverfassungsmäßigen Rechte des geistlichen Reichsfürstenstandes« eigentlich »unangefochten« bleiben, andererseits lasse die gegenwärtige Sachlage ernsthaft befürchten, dass der kaiserliche Plan »auf eint oder die andre Art zu vollführen unabänderlich« sei. 40 Mit Datum vom 5. Juni 1784 schrieb Dionys von Rost auch an den Mainzer Kurfürsten und Erzbischof, Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal (1775-1802) 41 : »Wie sehr ich mit meinem Kirchsprengel über diese Entschließung betroffen seyn muß, ist daraus unschwer zu entnehmen, daß selber nach so vielen andern bekannterdingen erlittenen Ungemachen nun neuerdings den Verlust wenigst seines halben Theils zu erdulden haben soll. Um meinen Pflichten, mit welchen ich gegen die mir anvertraute Kirche verbunden bin, Genüge zu leisten und an meiner Besorgung nichts ermangeln zu lassen, nehme ich mir die Freyheit und das engste Zutrauen, Eurer Gnaden erlauchtesten Gesinnungen und Gutfinden hierinfalls um so mehr zu erbitten, als selbst hochdero Metropolitangerechtsamen hierunter belangen sind, und was meinem Kirchsprengel entzogen wird, auch deneselben entzogen werden wird.« 42 36 Schlapp, Dionys von Rost 104. 37 Entsprechende Abschriften dieser Schreiben finden sich in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784- 1787), S. 15-16 [1784 April 30]; S. 30-33 [1784 Juni 11/ 12]. 38 Zu Person und Amtszeit siehe Rudolf Reinhardt, Art. Rodt, Maximilian Augustinus Christoph Reichsfreiherr von (1717-1800), in: Gatz, Bischöfe 1648-1803, 384 f. 39 Zu Person und Amtszeit siehe Karl Hausberger, Art. Fugger-Glött von Kirchberg und Weissenhorn, Anton Ignaz Reichsgraf (1711-1787), in: Gatz, Bischöfe 1648-1803, 134-136. 40 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 15-16. 41 Zu Person und Amtszeit siehe Friedhelm Jürgensmeier, Art. Erthal, Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von (1719- 1802), in: Gatz, Bischöfe 1648-1803, 95-99 [Lit.]. 42 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 28-30, hier 29 f. <?page no="240"?> 240 In von Rosts Antwort vom 18. Juli 1784 an Kolowrat, machte der Churer Bischof ebenfalls deutlich, das Ansinnen Josephs II., den österreichischen Churer Anteil in Tirol und Vorarlberg dem neuen Bischof von Bregenz einzugliedern, habe er »mit nicht weniger Bestürzung« zur Kenntnis genommen. Seine »Devotion« gegenüber dem Hause Habsburg sei zwar ungebrochen, wisse er doch um die geschichtsträchtige Verbundenheit und die von Österreich dem Bistum Chur immer wieder erwiesenen Wohltaten, wofür er dankbar sei. »Von diesen Gesinnungen allerunterthänigster Devotion und Dankbarkeit durchdrungen, kann ich doch andrerseits den betrübten Zustand meiner durch so viele andre Zufälle bekannterdingen so sehr verunglükten und erniedrigten Diözes, deren Bestes nach Kräften zu besorgen bey ihrer Antrettung zu meiner theuersten Verbindlichkeit geworden, nicht verkennen, wenn sie nun ihren übrigen halben und besten Theil entlaßen sollte.« 43 Die Absicht solcher Pläne und die daraus resultierenden Folgen zwängen ihn, primär mit jenen Bischöfen in Kontakt zu treten, die ebenfalls von der josephinischen Diözesanregulierung betroffen seien, um über ein gemeinsames Vorgehen gegen solche Willkürakte zu beraten. Aus dem Grund sehe er sich gegenwärtig außer Stand, »bestimmtere Äußerungen abzugeben«. 44 Auf ihrer Sitzung vom 20. Juli 1784 traktandierte auf Wunsch des Bischofs auch das Churer Residentialkapitel den Inhalt des Schreibens Kolowrats vom 15. Juli. In der vom Protokollführer zusammenfassten Note wurde festgehalten, mit Bestürzung hätte das Kapitel Kenntnis genommen von der geplanten Abtrennung, wodurch das ohnehin schon »so sehr herunter gesetzte Hochstüft Chur« mehr als die Hälfte seines Diözesangebiets verlöre und damit »seines Hauptansehens glatthin beraubt« würde. Wie bereits der Bischof gegenüber Kolowrat betont habe, sei der Schmerz hierüber umso empfindlicher, da das Bistum und Hochstift Chur bislang in jeder Bedrängnis den kaiserlichen Schutz »zur Aufrechterhaltung des Catholischen Christenthums in hieseitigen Landen« habe erfahren dürfen. Eine solche Abtrennung sei nach Meinung des Domkapitels, welche sich mit derjenigen des Bischofs deckte, von so hoher Relevanz, weshalb sich die Kapitulare außerstande sähen, darüber in irgendeiner Art zu entscheiden; vielmehr müsse dieses »Geschäft von größter Wichtigkeit« mit Zuziehung des zuständigen Metropoliten und Bischofs von Mainz zur entgültigen Entscheidung dem Apostolischen Stuhl vorgelegt werden. Das Kapitel bat von Rost, weiter intensiv mit anderen, gleichfalls betroffenen Ordinarien in Verbindung zu bleiben, um gemeinsam nach einer Möglichkeit zu suchen, den Kaiser von seinem Vorhaben abzubringen. 45 Mit Datum vom 1. August 1784 wandte sich Bischof Dionys in einem Schreiben direkt an Papst Pius VI. und beklagte die schwere, kaum zu heilgende Wunde, welche dem Churer Sprengel drohe, falls Rom der Forderung des Kaisers nachgäbe, liege doch der beachtlichste Teil der zwar ohnehin geringen Einkünfte auf österreichischem Gebiet, die bei einem Wegfall des Walgau und Vinschgau auch verlustig gingen und unweigerlich zum Ruin des Bistums Chur führten. Von Rost verwies zudem darauf, die josephinische Diözesanregulierung gereiche als ganze nicht zuletzt Rom zum gravierenden Nachteil, da mit dem Ausschluss aller ausländischen Hirten und der staatlichen Neuzirkumskription der Diözesen innerhalb der österreichischen Grenzen das Gebilde einer Nationalkirche entstehe, welche ganz vom Willen des Kaisers und von den dortigen politischen Machenschaften abhienge. Er wisse wohl, dass die Hoffnung noch nicht aufzugeben sei, das Projekt zu stoppen; der Kaiser spreche vorderhand lediglich von einem Wunsch, der sich jedoch kaum von einem Befehl unterscheide. So möge der Papst entscheiden, welche Schritte man unternehmen solle. 46 43 Abschrift des Schreibens an Kolowrat in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 41-43 [1784 Juli 18], hier S. 42. 44 BAC, 762.18 [1784 Juli 18], S. 43. 45 BAC, 421.16 Protokolle des Domkapitels, Bd. Q Kapitelsverhandlungen und Abschriften von Korrespondenzen (1779-1784), S. 407-408. 46 Abschrift des in Latein verfassten Schreibens in: BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S.-45- 47; kurz zusammengefasst in Schlapp, Dionys von Rost 106 f. <?page no="241"?> 241 Von Seiten der römischen Kurie gibt es in den Aktenbeständen keine Belege für Reaktionen. Aus den im Bischöflichen Archiv Chur aufbewahrten Kopialbüchern wird dann ersichtlich, dass sich der Churer Bischof in einem Schreiben vom 17. November 1784 erneut an den obersten Kanzler und Grafen Kolowrat gewandt hatte. 47 Darin betont er: »Nach reiflich gepflogener Überlegung mit meinem Domkapitel - auch weiters beschehener schuldiger Anzeige an Seine Päpstliche Heiligkeit und meinen Metropolitan Herrn Churfürsten und Erzbischof zu Mainz, deren zu erwartenden und noch zum Theil abgängigen Rückäußerungen mich immer verspätet haben, finde ich mich bemüßiget, eben dieses in sämtlichen Hochstifts Namen mit all jener pflichtschuldigsten tiefesten Ehrerbiethung […] zuversichtsvollst zu wiederholen: Zwey Drittheile Bündtnerlandes nebst einem beträchtlichen Theile des Schweizerbezirkes sind dem unglücklichen Bisthum durch die leidige Religionsänderung entzogen worden. Der nunmehr abzutrettende Antheil ist seine noch übrige beste Helfte - ein Verlust, deßen Wichtigkeit sich von selbsten veroffenbaret.« 48 Zudem wies von Rost darauf hin, auch das Gebiet des Freistaates der Drei Bünde und der nicht österreichische Teil des Bistums Chur würden bei Umsetzung der jüngsten josephinischen Pläne vom Reich getrennt: »Bey allen Zufällen hat selbes seine glückliche Zuflucht und so werkthätige Unterstützung in dem zugesicherten und mächtigsten Schutze der römischen Kaiser und des allerdurchleuchtigsten Erzhauses gefunden, wie es auch diesen meistens sein Daseyn oder Bestand in aller Unterthänigkeit und allschuldigster Erkenntlichkeit verdanket. - Getrennet von beyden, würde es seiner mächtigsten Stützen beraubet und an den Rand gestellet seyn, an welchem es bey weitern Anfällen seiner Unvermögenheit überlassen, nichts anders als seine Zernichtung vor sich sehen könnte.« 49 Der Kaiser möge daraus selbst die richtigen Schlüsse ziehen und erkennen, »daß kein anders Hochstift in so mislichen Umständen sich befinde und keines die Entlassung seiner Diözesanrechtsamen so schwer empfinden könne« 50 wie das Bistum Chur, um sodann (hoffentlich) von seinem Plan zu einem Bistum Bregenz abzurücken. Durch seine Argumentation und das nachhaltige Vertreten der österreichischen Interessen, welche jedoch in der Realität seit den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts im Zuge der vergeblichen Restitutionsversuchen in Bünden weitestgehend abgeklungen waren 51 , machte von Rost deutlich, wie sehr er seinen pastoralen Schwerpunkt in den katholisch gebliebenen Stammlanden Vinschgau und Vorarlberg sah. Faktisch wäre durch den Entzug der österreichischen Anteile des Bistums Chur auch der Schutz der Casa d’Austria daselbst überflüssig geworden. 52 Noch am 18. Dezember 1784 schrieb Dionys von Rost an den Mainzer Metropoliten, diesen über den Briefwechsel mit Kolowrat informierend, es sei bislang aus Wien keine Antwort in Chur eingelangt, doch könnten »bald nachfolgende neue Andringungen« keineswegs ausgeschlossen werden. 53 Tatsache ist, dass der Kaiser von seinen Plänen explizit nie Abstand genommen hat, was nicht nur das oben zitierte Dekret vom 20. November 1783 an das Gubernium in Innsbruck, sondern auch sein späteres Dekret vom 4. Juni 1788 an dieselbe Landestelle verdeutlicht, womit er das aufgehobene Franziskanerinnenkloster Thalbach (1436-1782) zur Residenz des Bischofs von Bregenz erklärte. 54 Doch auch eine stringente Weiterverfolgung mit dem Ziel einer kanonischen Erhebung des Bistums Bregenz inkl. der Abtretungen der Churer Teile durch die untergeordneten staatlichen Amtstellen in Wien und Innsbruck bzw. durch den Heiligen Stuhl - Papst Pius VI. forderte wie bei den innerösterreichischen Unterhandlungen grundsätzlich eine Abtretungserklärung 47 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 80-85 [1784 November 17 (expediert 24)]. 48 BAC, 762.18 [1784 November 17], S. 81-82. 49 BAC, 762.18 [1784 November 17], S. 83. 50 BAC, 762.18 [1784 November 17], S. 83-84. 51 Fischer, Reformatio 305-314. 52 Schlapp, Dionys von Rost 108. 53 BAC, 762.18 Protocollum Celsissimi, Bd. XVI c (1784-1787), S. 93 [1784 Dezember 18]. 54 Siehe unten S. 246. <?page no="242"?> 242 der betroffenen Bischöfe von Augsburg, Chur und Konstanz, welche diese verweigerten - ist nicht nachzuweisen. 55 4. Zur Frage der Residenz für den vom Kaiser ernannten Bischof von Bregenz 1784/ 85 Wäre der josephinische Plan zu einem Bistum Bregenz konsequent umgesetzt worden, hätte der bereits vom Kaiser [! ] ernannte Bischof Edmund Maria Joseph Reichsgraf von Artz alsbald von Wien ins Vorarlbergische umziehen müssen. Die Residenzfrage ist entsprechend im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz als auch im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck in den Akten greifbar. 56 Die Domiziliensuche scheint im Anschluss an das Dekret vom 20. November 1783 rasch von statten gegangen zu sein, denn bereits für den 17. Januar 1784 liegt ein Entwurf zu einem Bericht der Kommission in geistlichen Sachen aus Innsbruck an Kaiser Joseph II. vor, worin von den beiden ins Blickfeld tretenden, 1782 aufgehobenen Frauenklöstern in Bregenz - Kloster St. Anna 55 Karlinger, Anteil 52. - Betreffend die josephinische Diözesanregulierung in Innerösterreich stellte die Kurie am 26. März 1787 ein Konsistorialdekret aus (Wortlaut abgedruckt in Kušej, Joseph II. 340-348). Damit erteilte Papst Pius VI. dem Erzbischof von Salzburg alle Vollmachten zur definitiven Regelung der dortigen Neuzirkumskriptionen und unterließ es bezeichnenderweise nicht, »die Freude des römischen Stuhles über dessen Gelingen« auszudrücken (ebd. 222). 56 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60: Geistlich III 85 Errichtung eines Bischofssitzes in Bregenz; TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappen I und II. Abb. 55: Lage des Klosters Thalbach (links von der Pfarrkirche St. Georg) in Bregenz [VLB] <?page no="243"?> 243 (Barfüßerinnen) 57 und Franziskanerinnenkloster Thalbach 58 - vom Kreis- und Oberamt Bregenz nicht zuletzt wegen der relativ niederen Kosten für Umbauten in der Höhe von rund 4‘300 Gulden der Gebäudekomplex Thalbach favorisiert wurde. 59 Die Kommission, so der Entwurf, bemühe sich, »Plan und Kostenüberschlag aller gehorsamst einzubegleiten und ihr unmaßgeblichstes Gutachten beyzusetzen, daß das Kloster Thalbach zur bischöflichen Wohnung, unerachtet seiner unangenehmen Lage, zu bestimmen und zu adoptieren wäre, weil einer seits kein anders anständiges Quartier vorfindig, anderer seits aber dieses Kloster ein geräumiges, dauerhaft und regelmäßiges Gebäude ist« 60 . Zitierte Passage basiert auf einer ausführlichen Berichterstattung des Oberamtes Bregenz vom 6. Januar 1784 zur entsprechenden Thematik an das Landesgubernium. 61 Da das ehemalige Klostergebäude St. Anna per Hofdekret vom 29. Juli 1783 der Stadt Bregenz als Schulhaus überlassen worden sei, erübrige sich hier eine weitere Beschäftigung mit dieser Anlage, wäre diese ohnehin aufgrund ihrer »üblen Struktur […] ganz untauglich gewesen« 62 . Das aufgehobene Franziskanerinnenkloster Thalbach hingegen sei grundsätzlich »ein sehr solides, regulaires und geräumiges Gebäude«, doch wegen seiner »fatalen Lage« unterhalb der Pfarrkirche »etwas von der Stadt abgewendet gelegen, von drey Seiten mit Hügeln umgeben, welche alle Aussicht abschnitten« 63 ; zudem drohe ein Wildbach, durch Überschwemmungen Verwüstungen anzurichten. Nach Augenscheinnahme des Gebäudes könne der untere Stock, welcher außer »nothwendiger Ausbesserung der Fenster, Böden, Thüren« für etwa 150 Gulden im gegenwärtigen Zustand belassen werden und sei bewohnbar. Das Treppenhaus zum zweiten und dritten Stock sowie der Chorraum bedürften hingegen eines »gänzlichen« Umbaus. Die dritte und oberste Etage, wo sich die Zellen der Nonnen befanden, könne zur bischöflichen Wohnung umgestaltet werden. 64 Die genannten Umgestaltungen im Innern erforderten nach vorliegenden Berechnungen eine Summe von etwas über 3‘000 Gulden; hinzu kämen Kosten für Eingriffe rund um das Kloster, insbesondere die Erstellung eines bequemen und befahrbaren Zugangs zur Landstraße, weshalb auch »ds Einfahrts Thor in den Hof anderst gestellet, die Ring Maur selbst bis an ds Kloster herangezogen, mit der Garten Maur rückgewichen und diese anderst geführt werden« müsste. 65 Nicht zuletzt wäre wegen des Wassermangels im Gebäude eine neue Quellenfassung und Zuleitung nötig; ferner fehle es an Stallungen und Remisen. Aufgrund dieser im Bericht als »üble Situation« bezeichnete Lage des Gebäudes frage man sich ernsthaft über Sinn- und Zweckmäßigkeit für eine bischöfliche Behausung. Mit Unterstützung des Bregenzer Stadtmagistrates hoffe man auf eine Lösungsfindung »in mitten der Stadt«. 66 Falls von Seiten des Guberniums dennoch am Standort 57 Hierzu Rapp, Beschreibung II.2, 644-661. 58 Hierzu Rapp, Beschreibung II.2, 648-676; Gerold Fussenegger, Bregenz am Bodensee: Terzianerinnen Talbach, in: Alemannia Franciscana Antiqua 9 (1963) 93-140. 59 Der ausgearbeitete »Überschlag zu Verwendung des aufgehobenen Frauen Klosters Talbach bey Bregenz« errechnete sich auf total 4‘289 fl. 3 xr., abzüglich einer Summe in der Höhe von 565 fl. 27 xr. für Handlanger und Fuhrwerke auf 3‘723 fl. 36 xr. (VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1783 Dezember 30]). 60 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Gubernialakten, fol. 8 r - 9 v [1784 Januar 17]. 61 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6 »Bericht des Oberamtes Bregenz cunque Adaptirung einer bischöflichen Wohnung« (Entwurf )]. 62 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 1. 63 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 2-3. 64 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 4-5. 65 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 6. 66 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 7-8. <?page no="244"?> 244 Thalbach festgehalten werde, möge man dem Oberamt »sobald immer möglich die Weisung« geben, »welche von den angetragenen Reparationen außer[halb] dem Kloster vorzunemen oder zu unterlassen seyen«. 67 Ungeachtet dieser Stoßrichtung, im Zentrum von Bregenz selbst eine Niederlassung für Artz zu finden, wurden in einem Schreiben vom 12. März 1784 auch der Ammann und Rat der Stadt Feldkirch in Wien vorstellig und legten, wie die unten wiedergegebenen Textpassagen 68 zeigen, die Vorzüge eines Bischofssitzes in Feldkirch gegenüber dem Standort Bregenz offen. 1. sei Feldkirch für das Vorarlberg seit alters her die geschichtlich wichtigere Siedlung und Hauptort, zudem »ansehnlicher und regelmäßiger gebaut als die übrigen Städte und Ortschaften, auch von einer gesunden und fruchtbaren Lage«. 2. sei Feldkirch nicht nur der »Mittelpunkt vom Land, wo alles zur menschlichen Unterhalt und Nahrung erforderliche und in wohlfeilem Preis vorhanden« wäre, sondern der Ort führe diverse Schulen und weise eine geschichtsträchtige Stadtpfarrei mit ansehnlichen Stiftungen aus. Dazwischen liege das aufgehobene Jesuitenkollegium und könne, anders als vom Oberamt in Bregenz behauptet, durchaus bequem zu einer bischöflichen Residenz umgebaut werden, »so daß der Bischof unter Dach in die Kirche käme und die Pfarrkirche sehr schicksam auch zur Kathedralkirche dienen würde«. Für das örtliche Domkapitel ließen sich Wohnungen »ganz nahe an der Kirche« herrichten. 3. Unter Berücksitigung dieser Aspekte würden der erforderliche Ausbau und die Adaptierung der schon vorhandenen Gebäude in Feldkirch, »wo neben den herrschaftlichen Waldungen auch Kalch, Stein und Sand um billigen Preis zu haben« wäre, wesentlich kostengünstiger als in Bregenz zu stehen kommen. Zudem liege das Kloster Thalbach nicht zentral und Bregenz selbst, »mehr einem Marktflecken als einer Stadt ähnlich, auch ungesund und fieberisch«, am Rand der neuen Diözese. 4. Sollte wider Erwarten das ehemalige Jesuitenkolleg in Feldkirch nicht das Rennen machen, könne man auch das ebenfalls in der Stadt gelegene Priorat St. Johann in Erwägung ziehen - jedoch unter der Voraussetzung, dass dieser Gebäudekomplex von der Reichsabtei Ottobeuren, dem es gehöre, abgekauft werde. 5. Feldkirch als Bischofssitz eigne sich des weiteren im Hinblick auf die nach wie vor ungelöste Frage eines Standortes für ein Priesterseminar, welches im Bistum Chur bislang fehle. Der Feldkircher Stadtvorstand regte für eine bessere Entscheidungsfindung an, »daß durch das Innsbrucker Bauamt eine genauere Untersuch- und Erhebung der erwähnten Gebäude und Beschaffenheit vor allem beschehen und vorgenommen werden solle« und schließt das Schreiben dann recht selbstbewusst: »Denn in Ansehung des Gegenstands die Bestimmung des bischöflichen Sitzes betreffend, dörfte das hohe Landesgubernium schon von selbsten überzeugt seyn, daß die Stadt Feldkirch der Lage und all übriger Umstände halber als der bequemste Platz im ganzen Vorarlbergischen Bezirk unwidersprechlich zu halten sey.« 69 Aus Wien erreichte das Gubernium in Innsbruck am 8. September 1784 eine mit dem 30. August datierte Note, die Landesstelle möge betreffend der Residenzfrage für den Bischof von Bregenz - ein 67 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Januar 6], S. 9. 68 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Gubernialakten, fol. 20 r - 21 r [1784 März 12]. 69 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Gubernialakten, fol. 20 r - 21 r [1784 März 12]. <?page no="245"?> 245 Bericht zum Domizil in Bregenz ging am 4. August an die Hofkanzlei - auch die Angebote aus Feldkirch und die dortigen Lokalitäten redlich prüfen. Man erwarte aus Innsbruck Auskunft über die »bisherige Verzögerung« des bereits im November 1783 gefassten Auftrags. 70 Am 31. Januar 1785 schrieb Graf Kolowrat nochmals ans Gubernium, vor einer definitiven Entscheidung über die bischöfliche Wohnung in Bregenz, müsse von der Gubernial-Hofbaudirektion dringendst ein genauer Situationsplan erstellt werden »über die Lage des unter andern in Vorschlag gekommenen ganzen Thalbacher Klosters, worin vorzüglich der durch den Hof fliessende Wildbach, die angetragene Verlängerung der Ringmauer, die Übersetzung des Einfuhr Thors und die Zurücksetzung eines Stükes der Gartenmaur, nebst einem Provil über das ganze Gebäude […] durch alle drey Geschosse« 71 zu zeichnen und entsprechendes zu überprüfen sei. Dieses Anliegen wurde von der Landesstelle jedoch erst am 13. April 1785 an das Kreis- und Oberamt Bregenz weitergeleitet. 72 Mitte Jahr 1784 wurde ein weiteres Gebäude als möglicher bischöflicher Wohnungsitz ins Spiel gebracht: der Wolfegg’sche Palais 73 im Zentrum von Bregenz, welcher gemäß Gubernium »angemessen und als das ehemalige Jesuiten-Gebäude zu Feldkirch bequemlicher, auch ansehnlicher zu seyn scheinet« 74 . Die nächst anstehenden Häuser könnten zudem als Wohnsitz der Kanoniker in Betracht gezogen werden. Der Ankaufspreis des Palais wurde mit 8‘500 Gulden angegeben. 75 70 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe I: Bistum-Errichtung in Vorarlberg. Gesammelte Akten der geistlichen Kommissionen 1785 [1784 August 30]. 71 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Gubernialakten, fol. 48 r [1785 Januar 31]. 72 TLA, Jüngeres Gubernium, Fasz. 770 Diözesanregulierung 1783-1820, Mappe II: Gubernialakten, fol. 53 r-v [1785 April 13 (Entwurf )]; Original in: VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1785 Januar 31]. 73 Früher Altes Landhaus, heute Sitz des Vorarlberger Landesarchivs (VLA); hierzu Andreas Ulmer, Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins. Historisch und topographisch beschrieben, Dornbirn 1925, 837-840. 74 Orginal des Schreibens von Gottfried von Heister vom 19. Juni 1784 (präsentiert 26. Juni) an Karl Ignaz Maria von Schenk, Landvogt in Vorarlberg, in: VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz. 75 VLA, Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz, Schachtel 60, Geistlich III 85: Errichtung eines Bischofsitzes in Bregenz [1784 Juli 30]. Für die Erstellung des »Bau Rißes« und »Bauüberschlag« sowie der damit verbundenen Unkosten mit Aufenthalt in Bregenz im Jahre 1784 stellte Baumeister Jakob Nater am 28. März 1791 aus Schoppenau (Bregenzer Wald) total 38 Gulden (später durch andere Hand auf 23 Gulden korrigiert) in Rechnung (ebd.). Abb. 56: Ehemaliger Wolfegg’scher Palais (heute Sitz des Vorarlberger Landesarchivs) in Bregenz [Foto: Manfred Tschaikner] <?page no="246"?> 246 Eine definitive Festlegung auf das eine oder andere Gebäude kam nie zustande, sondern die Pläne und Entwürfe verschwanden in den Schubladen der Amtstuben in Bregenz, Innsbruck und Wien. Wohl erklärte Joseph II. per Dekret vom 4. Juni 1788 den Komplex des ehemaligen Klosters Thalbach zur Residenz des Bregenzer Bischofs, doch kam die kanonische Errichtung eines Bistums Bregenz und dessen Besitzergreifung nie zustande. Die Wiederaufnahme von Diözesanregulierungen mit Folgen für den Sprengel Chur stand zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann ganz unter dem Zeichen der Großen Säkularisation von 1802/ 03. 5. Die Säkularisation von 1802/ 03 und ihre Folgen für das Bistum Chur Die politischen Umwälzungen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert haben die topographischen und strukturellen Gegebenheiten in Europas Mittte grundlegend verändert. Dabei stellt die Große Säkularisation von 1802/ 03 76 zweifelsohne einen der tiefsten Einschnitte in der politischen wie kirchlichen Geschichte der heutigen Länder Deutschland, Österreich und Italien (Brixen, Trient), aber auch in Teilen der heutigen Schweiz dar und ist jenem Bündel von historischen Vorgängen zuzurechnen, welche die Zäsur zwischen der Neueren und der Neuesten Zeit markieren. Wie 76 Säkularisation als historisch-politisch und juristischer Begriff, erstmals im Mai 1646 bei den Vorverhandlungen zum Westfälischen Frieden von 1648 verwendet, bezeichnet die »Entziehung kirchlicher Hoheitswie auch Besitz- und Nutzrechte durch den Staat ohne Zustimmung der Kirche« (vgl. die Definition in: Dtv-Wörterbuch der Kirchengeschichte, hrsg. von Georg Denzler / Carl Andersen, München 5 1997, 531). Ferner Hans-Otto Binder, Art. Säkularisation, in: TRE 29 (1998) 597-602 [Lit.]; Christian Schulte, Art. Säkularisierung, Säkularisation, Säkularismus (historisch), in: LThK 3 8 (1999) 1470 f. Als die ›Große Säkularisation‹ ist neben bereits in früheren Jahrhunderten durchgeführten Enteignungen der umfassende wie radikale Enteignungsprozess kirchlichen Besitzes an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in die Geschichte eingegangen. Hierzu ausführlich Irene Crusius (Hrsg.), Zur Säkularisation geistlicher Institutionen im 16. und im 18./ 19. Jahrhundert [= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 124: Studien zu Germania Sacra 19], Göttingen 1996. Abb. 57: Schreiben vom 19. Juni 1784 des Guberniums in Innsbruck an den Landvogt zu Bregenz betreffend Wolfegg’scher Palais als bischöfliche Wohnung [VLA] <?page no="247"?> 247 die Französische Revolution den Untergang der Ecclesia Gallicana erzwang, hat die Säkularisation von 1802/ 03 durch die Mediatisierung aller geistlichen Territorien und geistlichen Reichstände sowie durch Überführung nicht reichsunmittelbaren Kirchengutes in weltliche Hand das Schicksal der alten, seit Otto I. (936-973) 77 begründeten und gewachsenen Reichskirche 78 besiegelt, zudem - als Weiterführung der josephinischen Klosteraufhebungen in Österreich - eine altehrwürdige klösterliche Kultur fast völlig zerstört und den Untergang des beinahe tausendjährigen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) eingeläutet. 79 a) Wegbereitung zur Säkularisation im Überblick Die in den geistlichen Staaten schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts umgehende Säkularisierungsangst steigerte sich beträchtlich, als im Juli 1789 in Frankreich die Revolution 80 ausbrach und damit jenes Jahrzehnt begann, in dem die Reichskirche unter dem Damoklesschwert ihres 77 Manfred Weitlauff, Kaiser Otto I. und die Reichskirche, in: Ders. (Hrsg.), Bischof Ulrich von Augsburg (890-973). Seine Zeit - sein Leben - seine Verehrung, Weissenhorn 1993, 21-52; ferner: Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter, Ausstellungskatalog zur Landesausstellung Sachsen-Anhalt aus Anlass des 1100. Geburtstages Otto des Großen, hrsg. von Matthias Puhle / Gabriele Köster, Regensburg 2012. 78 Klaus Herbers / Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich. Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843- 1806), Köln 2005; Barabara Sollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, München 5 2013; zuletzt Joachim Whaley, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und seine Territorien, 2 Bde., Darmstadt 2014. - Der Ausdruck ›Reichskirche‹ (›ecclesia regni‹ oder ›ecclesia imperii‹) im Sinne eines alle Bistümer und Glieder umfassenden Verbandes mit einer geistlichen Spitze, die mit Jurisdiktion über das Ganze ausgestattet gewesen wäre, hat es nie gegeben. Was die Kirche des alten Reiches einigte und so zur ›Reichskirche‹ machte, war ihr durch Kaiser Otto I. begründeter reichsrechtlicher Status. Reich und Kirche waren von den Anfängen her unauflösbar eng verflochten. Der Kaiser als ›advocatus Ecclesiae‹ war Reichsoberhaupt. Die katholischen Bischöfe und etliche Prälaten (Äbte und Stiftspröpste) Deutschlands, Österreichs und der Schweiz hatten die Stellung von Reichsfürsten inne (zugleich Reichsstände) mit mehr oder minder großen Territorien; die Umschreibung der Bistümer galt als Teil der Reichsverfassung. Unter die acht Kurfürsten, welche das Reich noch 1799 zählte - sie wählten den Kaiser (ab 1652 Krönung im Frankfurter Dom) -, gehörten die drei rheinischen Erzbischöfe (Mainz, Trier, Köln). Dabei hatte der Erzbischof von Mainz, Metropolit der größten deutschen Kirchenprovinz, als Reichserzkanzler die höchste Würde im Reich nach der kaiserlichen inne. Ebenfalls zu den wichtigsten Trägern des Reichskirchenbewusstseins zählten die (adeligen) Domkapitel der Reichsbistümer und die Kapitel der übrigen Reichsstifte und -klöster. Des weiteren besaßen die vornehmsten Repräsentanten der Reichskirche als Reichsstände Sitz und Stimme im Reichstag (seit 1663 immer in Regensburg), entweder unmittelbar persönlich (Virilstimme) oder als Mitglieder eines Kollegiums (Kuriatstimme). Dessen ungeachtet darf aber die Reichskirche nicht als ›Adelskirche‹ verstanden werden; denn »unter der hochadeligen Spitze bestand eine bisher nur wenig erforschte breite Pyramide bürgerlich-kirchlicher Organisation mit vielseitigem Bildungs- und sozialem Versorgungssystem, von dem Angehörige aller Klassen profitierten« (Lill, Säkularisation 94). Erst der Westfälische Friede vom 24. Oktober 1648 veränderte das Verhältnis zwischen Kaiser und Reichsständen ganz entschieden zugunsten der Stände (Fritz Dickmann, Der Westfälische Frieden, Münster 7 1998). Innenwie außenpolitisch erhielten größere Reichsstände mehr Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit als kleinere, woraus für die Letzteren eine nicht geringe Gefahr für ihren Fortbestand erwuchs. Doch Versuche einer Reichsreform scheiterten bereits in den Anfängen. Preußen wie Österreich betrieben immer mehr eine »eigensüchtige Machtpolitik auf Kosten des Reiches« (Schwaiger, Ende der Reichskirche 13). Gerade wegen dieser ehemals konservierenden konstitutionellen Verflechtung von Kirche und Reich bildete die im wesentlichen zwischen 1793 und 1803 vollzogene Säkularisation der ›Reichskirche‹ einen der zentralen und folgenschwersten politischen Prozesse im französisch beeinflussten Deutschland, die schließlich 1814/ 15 auf dem Wiener Kongress zur Neuordnung der europäischen Staatenwelt führte und eine grundlegende kirchliche Reorganisation nach sich zog. 79 Georg Schwaiger, Ende der Reichskirche 11-24; Manfred Weitlauff, Der Staat greift nach der Kirche. Die Säkularisation von 1802/ 03 und ihre Folgen, in: Ders. (Hrsg.), Kirche im 19. Jahrhundert, Regensburg 1998, 15-33; Karl Hausberger, Reichskirche - Staatskirche - »Papstkirche«. Der Weg der deutschen Kirche im 19. Jahrhundert, Regensburg 2008. 80 Hierzu Aubert, Revolution 3-99; Rolf E. Reinhardt, Art. Französische Revolution, in: TRE 11 (1983) 401-417; Susanne Lachenicht, Die Französische Revolution, Darmstadt 2012; Hans-Ulrich Thamer, Die Französische Revolution, <?page no="248"?> 248 bevorstehenden Endes lebte. Dass die Revolution mit einem Schlag das ganze Feudalsystem aus den Angeln hob und mit dem absolutistischen Königtum auch der damit engstens verbundenen Ecclesia Gallicana den Todesstoß versetzte, nahm man in den katholischen Territorien des Reiches überwiegend mit Schrecken wahr, zumal die Arrondierungsgelüste der deutschen Erbfürsten durch die revolutionären Ereignisse entschieden Auftrieb erhielten. Bereits 1792 und erneut im Juni 1794 erfolgte die Besetzung des linken Rheinufers durch französische Truppen; damit hörte die Herrschaft der geistlichen Kurfürsten von Köln, Trier und Mainz, der Fürstbischöfe von Speyer und Worms sowie der Bischöfe von Lüttich und Basel auf. Beruhte diese Säkularisation zunächst »auf dem provisorischen Recht der militärischen Eroberung«, erhielt sie ein Jahr später »erste völkerrechtliche Grundlage« 81 . Denn 1795 zog sich Preußen von der Koalition gegen die revolutionäre französische Republik zurück und schloss am 5. April 1795 mit Frankreich den Separatfrieden von Basel. Während die öffentliche Friedensurkunde bestimmte, Preußen überlasse seine linksrheinischen Besitzungen vorläufig Frankreich, wurde in einer Geheimklausel Preußen eine ausreichende Entschädigung auf dem rechten Rheinufer aus säkularisiertem Kirchengut in Aussicht gestellt. 82 Ähnliche Verhandlungen führte Frankreich mit Baden und Württemberg im August 1796, obwohl alle Beteiligten wussten, dass derartige Separatabkommen von deutschen Reichsfürsten der Reichsverfassung widersprachen. 83 Doch im Friedensvertrag vom Campo-Formio am 17. Oktober 1797 (Ende des 1. Koalitionskrieges) willigte Kaiser Franz II. selbst in einem Geheimartikel in die Abtretung des linken Rheinufers ein; hierfür sollten »angemessene Entschädigungen« gesprochen werden. 84 Über solche ›indemité convenables‹ beriet der Friedenskongress in Rastatt (Dezember 1797 bis April 1799); dabei erklärte Napoleon I. Bonaparte Frankreichs festen Willen zur Säkularisation der geistlichen Staaten. Nach den Niederlagen des 2. Koalitionskrieges (1797-1801) wurde das Reich im Frieden von Lunéville (Lothringen) am 9. Februar 1801 gezwungen, das ganze linke Rheinufer definitiv an Frankreich abzutreten. In Artikel 6 wird festgeschrieben: »Seine Majestät der Kaiser und König willigen sowohl in Ihrem, als des teutschen Reichs Namen ein, daß die Französische Republik in Zukunft mit völliger Landes-Hoheit, und eigenthümlich jene Länder und Domainen besitze, die an dem linken Ufer des Rheins gelegen sind, und die bisher einen Theil des teutschen Reichs ausmachten […].« 85 Die dort ansässigen und begütert gewesenen erblichen Reichsfürsten sollten aus dem Schoss des Reiches durch Säkularisation geistlicher Staaten entschädigt werden [Artikel 7]. 86 In den abgetretenen linksrheinischen Gebieten fand die Reichskirche mit dem napoleonischen Konkordat vom 15. Juli 1801 87 (erweitert durch die 77 Organischen Artikel, welche aber vom Papst nicht bestätigt wurden, am 8. April 1802 zum Reichsgesetz erklärt) ihr Ende. Mainz und Trier verloren ihre Metropolitanstellung; Köln ging als Bistum ganz unter, denn das Roer- und Rhein-Mosel Departement wurde zu einem neuen (»napoleonischen«) Bistum mit Sitz in Aachen vereinigt. Die Abtrennung linksrheinischer Diözesanteile bzw. die Aufhebung linksrheinischer Bistümer und die dort vorgenommene Neuzirkumskription legte praktisch die Reichskirche in Trümmer. Mit der Ratifikationsbulle »Ecclesia Christi« vom 15. August 1801 durch Papst Pius VII. (1800-1823) garantierte auch die römische Kurie den Erwerbern entfremdeten Kirchengutes dessen ungestörten Besitz und machte somit deutlich, dass von ihrer Seite kein effiktiver Wider- München 4 2013. 81 Lill, Säkularisation 95. 82 Textauszüge in Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 37-39. 83 Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 44-53. 84 Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 54-56. 85 Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 60. 86 Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 60 f. 87 Aubert, Revolution 67-73; Andreas Roth, Das Konkordat von 1801. Werden, Bedeutung und Auswirkungen, in: Walter G. Rödel (Hrsg.), Zerfall und Wiederbeginn. Vom Erzbistum zum Bistum Mainz (1792/ 97-1830). Ein Vergleich. FS für Friedhelm Jürgensmeier, Würzburg 2002, 103-124. <?page no="249"?> 249 stand gegen die Säkularisation zu erwarten war, wenn auch die Bulle »Qui Christi Domini« die Reste der Erzbistümer und Bistümer außerhalb des französischen Herrschaftsgebietes ausdrücklich von der Neuordnung ausnahm und ihnen die Aufrechterhaltung ihres kirchenrechtlichen Status quo garantierte. Durch weitere Friedensschlüsse Frankreichs mit England (am 1. Oktober 1801) und Russland (am 9. Oktober 1801) wurden noch bessere außenpolitische Voraussetzungen geschaffen. Frankreich unter Napoleon I. und Russland unter Zar Alexander I. (1801-1825) vereinbarten, vorwiegend in Paris dabattierend, eine gemeinsame Regelung der Entschädigung deutscher und italienischer Fürsten. 88 In weiteren Geheimverträgen zwischen Frankreich einerseits und Preußen, Bayern, Württemberg, Baden und Hessen andererseits wurden 1801/ 02 die Gebietsveränderungen festgesetzt. Die sofort einsetzende Beschlagnahmung von Kirchengütern konnte und wollte bereits vor der reichsrechtlichen Regelung 1803 nicht verhindert werden. Somit besaß die Reichsdeputation, welche zur endgültigen Regelung der Entschädigungen vom Herbst 1802 bis Februar 1803 in Regensburg zusammentrat, »nur noch formelle Bedeutung« 89 ; der russisch-französische Säkularisationsplan lag bereits im November 1802 griffbereit. b) Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 als reichsrechtliche Verfügung zur Säkularisation Ausgangspunkt »zur größten territorialen Umwälzung« 90 am Beginn des 19. Jahrhunderts bildete der Reichsdeputationshauptschluss [RDH] 91 , der am 25. Februar 1803 in Regensburg angenommen wurde und so die Friedensvertragsbestimmungen von Lunéville in die Tat umsetzte. Der RDH - im Wesentlichen ein französisches Diktat - erhielt durch das Reichsgutachten der Reichskollegien vom 24. Mai 1803 formell als Reichsgesetz Rechtskraft. Mittels einer zweifachen Säkularisation, nämlich einer »politischen oder reichsständischen Säkularisation« 92 und einer »vermögensrechtlichen oder Güter-Säkularisation« 93 , führten die Beschlüsse zu einer so gut wie »vollständigen Beraubung der deutschen Kirche« 94 und fegten die geistlichen Staaten von der Landkarte. 95 Der RDH blieb trotz 88 Uta Krüger-Löwenstein, Russland, Frankreich und das Reich 1801-1803 [= Frankfurter Historische Abhandlungen 2], Frankfurt a. M. 1972, besonders 97 f. 89 Lill, Säkularisation 99. 90 Schwaiger, Ende der Reichskirche 17. 91 Text in Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 69-119. 92 Raab, Untergang 549. - Die politische oder reichständische Säkularisation bestand darin, dass jenen deutschen Landesherren, welche durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich im Frieden von Lunéville Verluste erlitten hatten, sowie dem Großherzog von Toskana und dem Herzog von Modena für ihre italienischen Gebiete, dem Haus Oranien (Nassau-Dillenburg) für die Statthalterschaft der Niederlande und seinen dortigen Domänen sowie der Helvetischen Republik bestimmte Territorien und Güter innerhalb des Reiches namentlich und förmlich zur Entschädigung zugewiesen wurden (RDH Art. 1-29 [Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 72-93]). Diese Entschädigung geschah in Wirklichkeit längst vor Inkrafttreten des RDH, indem harte rücksichtslose Selbstsucht Triumpfe feierte. 93 Raab, Untergang 550. - Die vermögensrechtliche oder Güter-Säkularisation, die eindeutig über die Bestimmungen von Lunéville hinausging, ist im RDH in den Art. 34-36 ausgesprochen [Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 99 f ]: Alle Güter der Reichsstifte, Abteien und Klöster in den alten als auch neuen Besitzungen wurden zur freien und vollen Disposition der einzelnen Landesherren übergeben. Des weiteren übertrug man den Fürsten außer den Domänen der Bischöfe auch die der Domkapitel und ihrer Amtsträger. Diese Säkularisation brachte die nahezu vollständige materielle Enteignung der Bischofsstühle und der Domkapitel sowie fast der Gesamtheit der Klöster in Deutschland, was einer seit der Aufklärung immer öfters geforderten Totalsäkularisation entsprach. 94 Schwaiger, Ende der Reichskirche 17. 95 Der säkularisierte reichsunmittelbare Besitz der deutschen Kirche auf beiden Ufern des Rheins umfasste insgesamt etwa 12‘000 km 2 mit rund 3,5 Millionen Einwohnern (Kurfürstentümer Köln, Mainz, Trier, Erzbistum Salzburg, 18 Reichsfürstbistümer bzw. Hochstifte mit den Domkapiteln, etwa 80 reichunmittelbare Abteien und mittelbate Stifte und über <?page no="250"?> 250 seiner reichsrechtlichen Verfügung ein »ungeheurer Rechtsbruch« 96 , bildete aber mittelfristig - nach der Aufgabe des mittelalterlichen Reichskonzepts im Nebeneinander von geistlichen und weltlichen Territorien, was zum Untergang der Reichskirche am 6. August 1806 führte, - den Auftakt zu einer umfassenden Neugestaltung der gesamten europäischen Landkarte. c) Politische Rahmenbedingungen zwischen 1798 und 1815 und Auswirkungen der Säkularisation auf das Gebiet der damaligen Schweiz Nach dem Zusammenbruch der alten Eidgenossenschaft Ende 1797 wurde im April 1798 die Helvetische Republik (1798-1803) 97 errichtet, dessen Verfassung - im Auftrag der Hegemonialmacht Frankreich vom Baseler Peter Ochs (1752-1821) in Paris ausgearbeitet 98 - die Stände und deren Souveränität aufhob sowie ihre Grenzen weitgehend veränderte. Ganz im Geist der Fränzösischen Revolution und von der Idee eines religionslosen Staates fasziniert, betrieb man gleichzeitig den Abbau kirchlicher Institutionen. Quasi als Auftakt zu weiteren Aktionen entzog das Helvetische Vollziehungsdirektorium am 27. April 1798 dem apostolischen Nuntius Pietro Gravina (1794-1798) die Anerkennung als Diplomaten und verwies ihn des Landes mit der Begründung, der Heilige Stuhl stelle keine weltliche Macht mehr dar. Am 8. Mai 1798 wurden die Klöster für »unnötig und volksfeindlich« erklärt und deren Vermögen als Nationaleigentum konfisziert, am 20. Juli die Aufnahme von Novizen untersagt. Für die ganze Helvetische Republik hob ein Gesetz vom 31. August 1798 die Standesprivilegien des katholischen Klerus auf und machte die Geistlichen durch Entzug des aktiven und passiven Stimmrechtes zu einer Bürgerschicht zweiter Klasse. Zwei Wochen später erfolgte am 17. September 1798 die Säkularisierung von 133 Klöster und Stifte. Ein Verbot vom April 1799 untersagte Prozessionen und Wallfahrten. Die Jurisdiktion ausländischer Bischöfe auf Schweizer Boden wurde aufgehoben. Bei anstehenden Bischofswahlen forderte das Direktorium der Helvetischen Republik ein Bestätigungsrecht; päpstliche Verlautbarungen und Hirtenworte der Bischöfe hatten vor ihrer Publikation der Regierung vorgelegt zu werden. Einzig die innerkirchliche Ehegerichtsbarkeit blieb unangetastet. Alle diese Maßnahmen bezweckten den raschen Entzug des Einflusses der Kirche auf den einzelnen Bürger und auf das gesellschaftliche Leben. 99 Die Schweiz als religionsloser säkularer Einheitsstaat stand am Beginn des 19. Jahrhunderts in der Folge ihres 200 sonstige Klöster); zugleich erfolgte die Mediatisierung von 41 Reichsstädten. Kaiser Franz II. machte insofern eine Ausnahme, als er sich damit begnügte, die landesherrlichen Rechte der mittelbaren Hochstifte Trient und Brixen mit seinen Erblanden zu vereinigen, die von der Säkularisation unter Joseph II. noch verschont gebliebenen Stifts- und Klostergüter dagegen unangetastet ließ. Es darf hier zudem nicht unerwähnt bleiben, dass durch die Bestimmungen des RDH (besonders Art. 35) auch die protestantische Kirche geschädigt worden ist, wenn auch in weit geringerem Ausmaß. 96 Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert I, Leipzig 1918, 186. - Das Reichsgesetz verstieß gegen das noch beim Westfälischen Frieden 1648 festgesetzte Prinzip der gütlichen Einigung in Religionssachen. Bezeichnender Weise stimmten die geistlichen Reichsstände mit Ausnahme der geistlichen Mitglieder der Reichsdeputation nicht für die Auflösung. In Regensburg umging man diese Schwierigkeit, indem die geistlichen Reichsstände kurzum für abwesend erklärt wurden, was an der Rechtswirksamkeit des RDH aber nicht änderte. 97 Staehlin, Helvetik 785-839; André Schluchter / Christian Simon (Hrsg.), Helvetik - neue Ansätze. Referate des Helvetik-Kolloquiums vom 4. April 1992 in Basel [= Itinera 15], Basel 1993. 98 Markus Christoph Boeglin, Entstehung und Grundzüge der ersten Helvetischen Verfassung im Lichte des Einflusses der Autorenschaft von Peter Ochs, Basel 1971. 99 Den kirchlichen Zustand zwischen 1798 und 1803 fasst zusammen: Stählin, Helvetik 827-829; Rudolf Pfister, Kirchengeschichte der Schweiz, Bd. 3: Von 1720 bis 1950, Zürich 1985, 127-132; Urban Fink, Die Luzerner Nuntiatur 1586-1873. Zur Behördengeschichte und Quellenkunde der päpstlichen Diplomatie in der Schweiz [= Luzerner Historische Veröffentlichungen 32], Luzern 1997, 66 f.; Olivier Fatio, Das politische und gesellschaftliche Umfeld, in: Lukas Vischer / Lukas Schenker / Rudolf Dellsperger (Hrsg.), Ökumenische Kirchengeschichte der Schweiz, Freiburg/ CH 2 1998, 209-215. <?page no="251"?> 251 illusionären Zentralismus, der Verwüstungen durch die französische Besatzung und des wirtschaftlichen wie kirchlichen Niedergangs am Rande des Zusammenbruchs. Die in Paris unter der Federführung Napoleons erarbeiteten Mediationsakte vom 19. Februar 1803 ermöglichte eine zwar nach wie vor in politischer, militärischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit von Frankreich stehende neue Basis für den Aufbau der 19 Kantone zu einem föderalistischen Staatenbund (1803-1813) 100 mit schwacher Zentralgewalt, was auch einer innerstaatlichen Entwicklung in den Kantonen förderlich war. Insbesondere fielen mit der Mediationsverfassung die Kirchenangelegenheiten wieder in den Kompetenzbereich der einzelnen Kantone; sie beruhte jedoch auf dem Grundsatz der politischen und zivilen Gleichstellung aller Staatsbürger, womit die Abschaffung der klerikalen Vorrechte beibehalten wurde. 1803 konnte der Nuntius in der Schweiz wieder Wohnsitz nehmen. Insgesamt trat eine günstigere Gesinnung gegenüber Kirche, Klöster und Klerus an die Stelle der überzogenen Forderungen der Helvetik. Auf dem Wiener Kongress (1814/ 15) 101 erlangte die Schweiz schließlich dauernde Neutralität, und die inzwischen 22 Kantone 102 gaben sich im sog. Bundesvertrag eine neue Verfassung; damit begann eine bewegte Epoche (Restauration, Regeneration) vom Staatenbund zum Bundesstaat von 1848. 103 Wenngleich sich die durch die Totalsäkularisation initiierten Veränderungen und Verunsicherungen nicht unmittelbar auf die kirchlichen Territorialstruktur der Schweiz als Staatenbund auswirkten, waren - als direkte Folge des RDH - mit der Auflösung des Mainzer Metropolitianverbandes (1803), zu dem auch die Bistümer Chur und Konstanz gehörten, die Voraussetzungen zu baldiger Aufsplitterung bzw. Neuzuteilung gegeben, da beide Sprengel ausländisches Territorium umgriffen. Die unter Joseph II. nach 1785 eingeschlafene staatliche Diözesanregulierung erwuchs vor dem Hintergrund veränderter außenpolitischen Bedingungen, die den Kaiser in seinen Souveränitätsrechten als Landesfürst gegenüber der dezimierten Kirche stärkten, alsbald erneut zu einem zentralen Thema. 100 Daniel Frei, Mediation, in: Handbuch der Schweizer Geschcihte, Bd. 2, Zürich 1980, 841-869. 101 Siehe oben, S. 13. 102 In alphabetischer Reihenfolge waren dies: Aargau, Appenzell, Basel, Bern, Freiburg i. Ü., Genf, Glarus, Graubünden, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Tessin, Thurgau, Unterwalden, Uri, Waadt, Wallis, Zug und Zürich. 103 Jean-Charles Biaudet, Der Modernen Schweiz entgegen, in: Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 2, Zürich 1980, 871-986. Abb. 58: Karl Rudolf von Buol-Schauenstein, (Fürst-)Bischof von Chur (1794-1833) [BAC.BA] <?page no="252"?> 252 d) Die Folgen der Säkularisation für das Bistum Chur: Neue Pläne staatlicher Diözesanregulierung für die österreichischen Anteile Artikel 29 des RDH garantierte der Helvetischen Republik als Entschädigung ihrer Rechte und Ansprüche in Schwaben »das Bisthum Chur, hat aber für den Unterhalt des Fürstbischofs, des Capitels und ihrer Diener zu sorgen« 104 . Da jedoch das Minimum der im RDH ebenfalls festgeschriebenen Jahresrente für einen Fürstbischof 20‘000 Gulden betrug (Artikel 51a) und somit den maximalen jährlichen Ertrag der Churer Hochstiftsgüter um vieles überschritt, konnte »die Säkularisation des armen, länderlosen Hochstifts keineswegs im Interesse der Helvetischen Republik liegen« 105 . Am 3. Januar 1804 entschied die Tagsatzung als nichtständige Konferenz der Kantone, »den Bischof und das Domkapitel im Besitz ihrer Einkünfte zu belassen und auf eine Säkularisation der in Bünden gelegenen Hochstiftsgüter zu verzichten« 106 . Beschränkte sich die Säkularisation in Bünden also nur auf den Verlust der hoheitsrechtlichen Kompetenzen, so traf die Durchführung der Bestimmungen des RDH in den österreichischen Bistumsanteilen den Bischof umso empfindlicher. Eine tabellatische Zusammenstellung 107 (um 1805) aus der Hand des inzwischen unter Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein (1794-1833) zum Churer Generalvikar berufenen Kanzlers Georg Schlechtleutner (1802-1810) über Erträge aus Zehnten und Naturalgefällen, Lehen mit entsprechenden Zinsen und Liegenschaften des Bistums Chur sowie des Churer Domkapitels in den österreichischen Landen zeigt folgendes Bild: Zehnten und Naturalgefälle Mannslehen, Grund- und Lehenzinsen Liegenschaften Total Ertrag der Rückstände von 1802 bis 1804 Gesamt- Total Jährlicher Ertrag [jeweils in Reichswährung] Kapitalwert Jährlicher Ertrag Kapitalwert Jährlicher Ertrag Kapitalwert Jährlicher Ertrag Kapitalwert Bistum Chur 8‘150 fl. 29 xr. 326‘019 fl. 20 xr. 152 fl. 6‘080 fl. --- 6‘000 fl. 8‘302 fl. 29 xr. 338‘099 fl. 20 xr. 26‘517 fl. 9 xr. 364‘616 fl. 29 xr. Churer Domkapitel 5‘379 fl. 22 xr. 214‘277 fl. 50 xr. 36 fl. 30 xr. 1‘460 fl. 646 fl. 40 xr. 29‘156 fl. 6‘062 fl. 32 xr. 244‘893 fl. 50 xr. 19‘687 fl. 36 xr. 264‘582 fl. 26 xr. Zusammen 13‘529 fl. 51 xr. 540‘297 fl. 10 xr. 188 fl. 30xr. 7‘540 fl 646 fl. 40 xr. 35‘156 fl. 14‘365 fl. 1 xr. 582‘993 fl. 10 xr. 46‘204 fl. 45 xr. 629‘198 fl. 54 xr. Gemäß dieser Angaben betrugen die jährlichen Einnahmen im österreichischen Anteil des Bistums Chur (inkl. derjenigen des Churer Domkapitels) 14‘365 fl. In einem Schreiben vom 9. November 1803 an Kaiser Franz II. bat der Churer Ordinarius Karl Rudolf von Buol-Schauenstein »um die gnädigste Zurückgabe seiner in k. k. Staaten liegenden sequestrierten Einkünfte oder wenigst um die Anweisung eines anständigen, diesem Verlust beyleifig gleichkommenden Unterhalts mittels eines Aequivalents von jährlichen zwölf Tausend Gulden« 108 , ebenso um die Belassung der Einkünfte des Domkapitels »oder eines Aequivalents, wenigst solange als selbes nicht secularisiert oder anderwerts 104 Hufeld, Reichsdeputationshauptschluss 92 f. 105 Blaas, Priesterverfolgung 84. 106 Blaas, Priesterverfolgung 85. 107 BAC, 253.05.01 Akten zur österreichischen Inkammeration (Beilagen), Beilage II [ohne Datum (um 1805)]. 108 Abschrift in: BAC, 253.05.02 Akten zur österreichischen Sequestration [1803 November 9]. <?page no="253"?> 253 pensioniert und erhalten wird« 109 . Die noch übrigen rund 3‘000 Gulden aus Einahmen aus anderen Teilen des Bistums reichten niemals aus, um die gesamte Administration und die Hofhaltung zu bestreiten. Nicht zuletzt erbat er vom Monarchen einen jährlichen Betrag von 1‘000 Gulden für das »höchstnöthige geistliche Kanzlei Personal«, welches - im Minimum aus zwei Personen bestehend (Geistlicher Rat und bischöflicher Sekretär) - zusammen mit ihm seit 1799 in Meran 110 residiere und die Angelegenheiten des österreichischen Anteils bearbeite. 111 Anschließend sprach Buol- Schauenstein das seit der Durchführung der Säkularistion offenkundige Vorhaben einer staatlichen Diözesanregulierung an und bat den Kaiser, welcher bereits im Frühjahr 1803 die Ausschaltung jeglicher Kompetenzen ausländischer Bischöfe in den habsburgischen Ländern als vordingliches Ziel bezeichnet hatte 112 , »seinen mit dem Bischthum Chur von jeher vereinigt gewesenen Diöcesantheil in Vorarlberg und Tyrol bey demselben unverrückt beyzubelassen« 113 , und betonte: »Dieses scheint nicht nur die geographische Lage der Länder zu erheischen, sondern es wäre auch für das katholische Bündten, so die Aufrechtshaltung seines Glaubens grosentheils dem Schutze des Erzhauses Oesterreich zu verdanken hat, ungemein erwünschlich, einen in oesterreichischen Staaten zugleich wirkenden Bischof zu haben, da das Ansehen desselben durch diese Verbindung sehr viel zum Schutze der katholischen Religion in diesem paritätischen Lande beytragen würde. Zudem wäre es zuverlässig auch in politischer Hinsicht für das Erzhaus interessant, daß der Bischof dieser Gränzlande zugleich in die benachbarte Schweitz und Bündten einwirke, weil doch ein Bischof allemal vielen Einfluß auf die Gesinnungen des Volkes hat, und es daran liegt, daß Bündten - die Vormauer Vorarlbergs und der Schlüssel Tyrols - dem allerdurchleuchtigsten Erzhause anhange.« 114 In der Befürchtung, Kaiser Franz II. verwirkliche nach Joseph II. tatsächlich die Diözesanregulierung in Tirol, wodurch die beiden Churer Anteile Walgau und Vinschgau definitiv abgetrennt worden wären, übergab Karl Rudolf von Buol-Schauenstein am 24. Januar 1804 in Bozen dem nach Rom reisenden Gesandten des Augsburger Bischofs, Jakob Anton Zallinger zum Thurn (1735-1813), aus der Hand seines Regens am 1801 eröffneten Priesterhauses in Meran, Gottfried Purtscher (1801-1830), eine Note an Papst Pius VII. Darin wird wenig überzeugend, eher in verzweifelter Manier, vorgeschlagen, der Churer Bischof könne während zwei Drittel eines Jahres im österreichischen Anteil, ein Drittel dann auf dem bischöflichen Hof zu Chur residieren. Der Churer Vorschlag möge beim Heiligen Stuhl Unterstützung finden, denn dies sei wohl (noch) die einzige Variante, den Kaiser von seinem Plan abzubringen und gleichzeitig die in Bünden ohnehin gefährdete katholische Religion durch weiteren Bestand und Einfluss der Casa d’Austria zu erhalten. 115 109 BAC, 253.05.02 [1803 November 9]. 110 Das ehemalige Ruffinhaus am Rennweg zu Meran, heute Sitz des Bezirksgerichtes, diente zwischen 1799 und 1807 als Residenz des Churer Bischofs. 111 BAC, 253.02.02 [1803 November 9]. 112 Blaas, Priesterverfolgung 90. - Am 27. Mai 1803 beauftragte Franz II. seinen obersten Kanzler, Alois Graf von und zu Ugarte (1749-1817), dem Papst mitzuteilen, »dass man in den habsburgischen Ländern jeden Einfluss fremder Bischöfe aufheben und geschlossene Kirchensprengel herstellen wolle« (ebd.). 113 BAC, 253.05.02 [1803 November 9]. - Einziges Zugeständnis, das Bischof Buol-Schauenstein durch Hofresolution vom 1. Dezember 1803 »bis zur Regulierung der erbländischen Diözesen für die Pastorierung jenes Antheils, welcher sich nach Tyrol und ins Vorarlbergische erstrecket«, erhielt, waren jährlich 4‘000 Gulden (Mitteilung des Guberniums in Innsbruck vom 2. Januar 1804 an den Churer Bischof [Original in: BAC, 253.05.02]), was jedoch den Schuldenberg in der Höhe von 93‘000 Gulden, welcher der Kaiser der Kirche von Chur ohne Hemmungen strich, nicht wettmachen konnte. Mit den Einahmen der oben erwähnten 3‘000 Gulden und einem Jahresgehalt von 4‘000 Gulden, der lediglich knapp ein Drittel seiner bisherigen Einkünfte aus dem österreichischen Anteil betrug, musste der Churer Ordinarius die gesamte Diözesanverwaltung bestreiten. Vgl. auch Blaas, Priesterverfolgung 87. 114 BAC, 253.05.02 [1803 November 9]. 115 Cölestin Stampfer, Regens Gottfried Purtscher. Ein Lebensbild, in: Programm des k. k. Obergymnasiums zu Meran 1879/ 80, Meran 1880, 3-55, hier 46 f. <?page no="254"?> 254 Zu der von der Wiener Reichshofkanzlei weiter verfolgten Gesamtregulierung jener Diözesen, die ganz oder teilweise auf österreichischem Territorium lagen, nahmen Vizekanzler Ludwig Cobenzl (1753-1809) sowie Staats- und Konferenzminister Franz de Paula Colloredo-Waldsee (1736-1806) gegenüber Franz II. am 11. April 1804 Stellung; betreffend Tirol wird festgehalten: »Tirol und das Vor-Arlbergische war bisher unter die Hochstifter Salzburg, Freysing, Augsburg, Chiemsee, Trient, Brixen und Kur vertheilt [in der Aufzählung fehlt Konstanz]. Alle diese (mit Ausnahme Chiemsees, das niemals ein weltliches Gebieth hatte) sind säkularisirt worden, und es wird von der ah. [allerhöchsten] Entschließung abhangen, welche Eintheilung dieser Diöcesen für die Zukunft mit dem päbstlichen Stuhle verabredet werden wolle. Das Natürlichste scheint zu seyn, daß der größte Theil oder auch ganz Tirol einem Bisthume untergeben, das Vor-Arlbergische hingegen mit allen alten und neuen Besitzungen E. M. [Eurer Majestät] in Schwäbisch-Österreich einem an einem schicklichen Ort zu errichtenden neuen Bisthume in kirchlicher Hinsicht einverleibt werde.« 116 Franz II. ließ über Cobenzl am 30. Juni 1804 nach Rom melden, aufgrund der massiven Umgestaltung des Reiches im kirchlichen Bereich und des nach wie vor »unabänderlichen Hauptgrundsatzes«, die Sprengel der österreichischen Bistümer »künftighin nicht außerhalb der Landesgränzen und des österreichischen Kreises auf fremde Gebiethe erstrecken« zu lassen bzw. keinem »auswärtigen Bischof« zu erlauben, seine Diözese in die Erbstaaten auszudehnen, sehe er sich veranlasst, auch für die Grafschaft Tirol definitiv Änderungen einzuleiten: In Brixen solle ein einziger Bischof plaziert und in Trient nur mehr ein Generalvikar stationiert werden. Das bisher den Bischöfen von Chur und Konstanz unterstehende Vorarlberger Gebiet werde zusammen mit den österreichischen Besitzungen in Schwaben ein eigenes Bistum bilden. 117 Am 23. Juli 1804 informierte Kanzler Ugarte die Landesstelle in Innsbruck über die in Tirol und Vorarlberg zu erwartenden Diözesanregulierungen, die dem Papst vom Kaiser unterbreitet worden seien. 118 Das Gubernium möge bis zu weiteren Anweisungen in der Zwischenzeit ein genaues Verzeichnis aller Seelsorgestationen mit Angabe der Seelenzahl sowie näheren Informationen über den Stand der Seelsorger zusammenstellen lassen und dann an die Hofkanzlei senden. 119 Die entsprechenden Listen ließ man über die Ordinariate erstellen; entsprechende, in den Monaten September und Oktober 1803 zusammengetragene Angaben in Tabellenform für den Vinschgau und Walgau liegen im Bischöflichen Archiv Chur. 120 Die Zahl der zum österreichischen Anteil gehörenden Katholiken gab man mit 70‘461 an, welche von insgesamt 238 aktiv in der Pastoral stehenden Geistlichen betreut wurden. Alle 72 Pfarreien [inkl. Nauders, Galtür und Ischgl] waren zum Zeitpunkt der erstellten 116 Zitiert in: Maaß, Josephinismus IV, Nr. 46 [338-432], hier 339; Blaas, Priesterverfolgung 93. 117 »In Folge dessen wird 2. o in der gefürsteten Grafschaft Tirol, die bisher zum wesentlichen Schaden und Umtriebe der kirchlichen Angelegenheiten, ihres geringen Umfanges und der unansehnlichen Bevölkerung von 500‘000 Seelen ungeachtet, in sieben Diözesen, nämlich Salzburg, Augsburg, Freysing, Chiemsee, Chur, Trient und Brixen (und vor dem Jahre 1782 vollends in dreyzehn Kirchsprengel) vertheilt war, hinführo in Mitte des Landes, nämlich in Brixen, ein einziger Bischof und in Trient noch ein General-Vicar aufgestellt. 3. o Für Vorderösterreich, welches ehedem unter den Fürstbischöfen Constanz und Chur ein sehr kleiner Theil von Breisgau und der Ortenau aber unter Strasburg und Basel stand, kaum 300‘000 Seelen zählt, wird gleichfalls ein eigenes Bisthum errichtet.« (Zitiert in: Maaß, Josephinismus IV, Nr. 53 [352-355], hier 353. - Zu den neuen Plänen siehe auch Karlinger, Anteil 73-78. 118 Blaas, Priesterverfolgung 94. 119 Blaas, Priesterverfolgung 94. 120 BAC, 940.03.01 Beschreibung der Pfarreien und der örtlichen Seelsorger im Vinschgau und Walgau 1803: Gesamtauswertung; BAC, 940.03.02 Beschreibung der Pfarreien und örtlichen Seelsorger im Vinschgau 1803: Pfarreien A-Z (mit Angaben zu Agums, Algund, Burgeis, Glurns, Graun, Haid, Kuens, Laas, Laatsch, Latsch, Lichtenberg, Mals, Marienberg, Martell, Matsch, Naturns, Nauders, Partschins, Plaus, Schlanders, Schluderns, Schnals, St. Martin in Passeier, St. Peter-Gratsch, Stilfs, Taufers, Tirol-Meran, Tschars und Tschengls). Zur Bevölkerungsentwicklung im Vinschgau siehe Klaus Fischer, Die Bevölkerung im Vinschgau und in seinen Nebentälern seit Ende des 18. Jahrhunderts, in: Der Schlern 48 (1974) 555-567 (mit Zahlen zu 1811 und 1817 [Tabelle 3]); BAC, 940.03.03 Beschreibung der Pfarreien und örtlichen Seelsorger im Walgau 1803: Pfarreien A-Z (mit Angaben zu Altenstadt, Damüls, Feldkirch, Fontanella, Fraxern, Göfis, Götzis, Klaus, Koblach, Laterns, Meiningen, Nofels, Satteins, Schlins, Schnifis, Tisis, Tosters, Rankweil, Röthis, Übersaxen und Weiler). Für Tirol siehe auch Blaas, Priesterverfolgung 91 f. <?page no="255"?> 255 Statistik besetzt, Exposituren und Nebenbenefizien blieben hingegen da und dort unbesetzt, »weil wirklich in der Dioeces nicht ein einziger vorräthiger zur Seelsorge brauchbarer Priester übrig ist« 121 . Den Zustand der Kirchen und Pfarrgebäulichkeiten wies die Auswertung durchschnittlich als »sehr mittelmässig« aus. In dem geplanten, vom Bistum Chur abzutrennenden Gebiet existierten noch 7 männliche Klostergemeinschaften (Benediktinerabtei Marienberg, Kapuzinerklöster in Bludenz, Feldkirch, Meran, Schlanders, das Kapuzinerhospiz in Mals sowie das Benediktiner-Priorat St. Johann in Feldkirch) und 3 weibliche Niederlassungen (Dominikanerinnenklöster in Altenstadt und Bludenz, Englische Fräulein in Meran). Das Sumarium der »Haupt-Dioecesan-Tabelle des Bistums Chur im Österreichischen Dioecesan-Antheil« enthält folgende Daten: Dekanat Pfarreien Kuratien, Lokalkaplaneien, Exposituren Kooperatoren od. Hilfspriester Kapläne od. Benefiziate Aushelfende Priester [ohne Seelsorgeauftrag] Nicht in der Seelsorge stehende Priester (alt/ krank) Seelenzahl Männl. Klöster Weibl. Klöster Vikariat Meran 11 13 22 12 7 9 18‘702 1 1 Provikariat Schluderns 18 11 10 20 3 5 18‘402 3 --- Galtür und Ischgl [zu Tirol] 2 1 --- 2 --- --- 1‘420 --- --- Tirolischer Anteil 31 25 32 34 10 14 38‘524 4 1 Vikariat Rankweil 22 1 2 11 4 8 15‘838 2 1 Provikariat St. Gallenkirch 19 8 --- 17 --- --- 16‘099 1 1 Vorarlberg 41 9 2 28 4 8 31‘937 3 2 Total 72 34 34 62 14 22 70‘461 7 3 Am 10. Oktober 1804 erhielt Wien aus Rom von Kardinalstaatssekretär Ercole Consalvi (1800-1806 / 1815-1823) Antwort in Form einer Protestnote, die sich energisch gegen die Alleingänge Franz II. stellte; dem Papst allein stünde das Privileg zu, Bistümer zu errichten oder neu abzugrenzen bzw. Bischofssitze zu verlegen. 122 Die österreichische Regierung ließ darauf über ihren Geschäftsträger in Rom Consalvi eine Erklärung zukommen, worin man die geplanten Maßnahmen seitens des Staates abermals rechtfertigte. Viele der bisherigen fremden Oberhirten in Tirol hätten zudem ihre Amtsaufgaben daselbst kaum je persönlich wahrgenommen; auch der Churer Bischof habe sich im Laufe der Geschichte nur wegen der stetig gewachsenden Differenzen mit den Bündnern nach Ausbruch der Reformation zum regelmässigen Aufenthalt im Vinschgau (Fürstenburg) und Burggrafenamt (Meran) gezwungen gesehen. 123 Wien schien nicht mehr gewillt zu sein, »bey dem Grundsatz, daß kein österreichischer Bischof seinen Kirchsprengel ausserhalb der Landesgränze auf fremde Gebiethe erstrecken und eben so wenig ein femder Bischof künftighin im Oesterreichischen einige geistliche Jurisdiktion 121 BAC, 940.03.01-001 Aufklärungen über den Stand der Seelsorger, die Priesterschaft, die geistlichen Pfründen und Klöster des bischöflich Churerischen Diözesananteil (11 vorgelegte Fragen und entsprechende Antworten). 122 Blaas, Priesterverfolgung 94. 123 »Die Bischöfe von Chur wurden bekanntlich nur durch ihre beständigen Uneinigkeiten mit den Graubündnern genöthiget, nach Trient zu gehen und in ihrem festen Schlosse Fürstenberg gegen die Anfälle jener Schutz zu suchen.« (Zitiert in: Maaß, Josephinismus IV, Nr. 60 [366-371], hier 369). <?page no="256"?> 256 ausüben soll« 124 , das Diözesanregulierungsprojekt »Tirol« noch einmal fallen zu lassen. Entsprechend schrieb Bischof Karl Rudolf am 18. Dezember 1804 an seinen Amtsbruder Karl Franz von Lodron (1792-1828) nach Brixen, er erwarte für das kommende Jahr »eine neue Epoche für unsere teutsche Kirchengeschichte« 125 . Doch es sollten noch einmal zehn Jahre vergehen, bis es am 27. Januar 1816 zur definitiven Abtretung der ehemals österreichischen Anteile des Bistums Chur kam. 124 Zitiert in: Maaß, Josephinismus IV, Nr. 60 [366-371], hier 368. 125 Abschrift in: BAC, 762.24 Protocollum Celsissimi, Bd. XXII (1804-1807), S. 43. Abb. 59: Statistik (Gesamtauswertung) von 1803 zur pastoralen Situation im Vinschgau und Walgau [BAC] <?page no="257"?> 257 VI. Das Ende des Bistums Chur in seinen alten Grenzen 1816: Nachwirkungen der josephinischen Kirchenpolitik zu Beginn des 19. Jahrhunderts Weder die Ablösung des mittelalterlichen Herrschaftssystems durch geschlossene Territorien, noch die Einbrüche der Reformation vorwiegend in Bünden haben im Gegensatz zu anderen Diözesen der Schweiz am äusseren Umfang des über 1560 Jahre alten Churrätischen Bistums etwas geändert. 1 Die Säkularisation von 1802/ 03 bereitete zwar auch der weltlichen Herrschaft der Bischöfe von Chur ein Ende und brachte die Einziehung der bischöflichen Güter in Österreich, doch »die grosse Umwälzung« 2 kündigte sich erst in der hier geschilderten Kirchenpolitik Josephs II. an und wurde im 2. Dezennium des 19. Jahrhunderts harte Wirklichkeit. Nachdem die österreichischen Bistumsteile (Tirol) gemäß der Bestimmungen des Friedens von Pressburg vom 26. Dezember 1805 3 , welcher die verlustreichen Kämpfe des 3. Koalitionskrieges zwischen Österreich, England und Russland gegen das starke napoleonische Frankreich nach der Dreikäiserschlacht von Austerlitz besiegelten, Teil des seit dem 1. Januar 1806 ausgerufenen Königreichs Bayern geworden waren und die bayerische Regierung unter massivem Einfluss von Maximilan Freiherr von Montgelas (1759-1838) 4 ihr System staatlicher Kirchenhoheit, insbesondere die Reglementierung der Priesterausbildung und die Besetzung der geistlichen Stellen auf das neu erworbene Gebiet anwenden wollte, leistete der Churer Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein zusammen mit Karl Franz von Lodron, 1792 bis 1828 letzter Fürstbischof von Brixen, und Emanuel Maria Graf von Thun, 1800 bis 1818 letzter Fürstbischof von Trient, entschiedenen Widerstand. 5 Die Regierung reagierte zuerst mit der Sistierung des Gehaltes der jährlichen 4‘000 Gulden an den Churer Ordinarius, die 1804 noch um 1‘000 Gulden aufgestockt worden waren 6 , und zitierte ihn schließlich unter Androhung des Landesverweises aus Tirol nach Innsbruck. Am 26. Oktober 1807 wurde Buol-Schauenstein angesichts seines ungebrochenen Widerstandes gegen die bayerischen Eingriffe in die Kirchenfreiheit, aber auch aufgrund seines Status eines aufmüpfigen »ausländischen 1 Zuletzt Albert Fischer, Zwischen Niedergang weltlicher Herrschaft und Neuaufbau geistlichen Lebens. Das Hochstift und Bistum Chur im Zeitalter der Reformation und innerkirchlichen Erneuerung (16./ 17. Jahrhundert), in: RJKG 33 (2014) 117-134. 2 Otto C. Clavadetscher / Werner Kundert, Art. Bistum Chur, in: HS I/ 1, Bern 1972, 455; siehe auch Fridolin Dörrer, Der Wandel der Diözesaneinteilung Tirols und Vorarlbergs, in: Beiträge zur Geschichte Tirols. Festgabe des Landes Tirol zum Elften Österreichischen Historikertag in Innsbruck vom 5. bis 8. Oktober 1971, Innsbruck 1971, 141-170. 3 Österreich musste die Grafschaft Tirol und Vorarlberg von Vorderösterreich an das Kurfürstentum Bayern, den Breisgau an das Kurfürstentum Baden abtreten. Der Rest von Vorderösterreich ging an Baden und Württemberg. Die Gebiete Venetien, Istrien, Dalmatien und Cattaro, welche erst 1797 beim Frieden von Campo- Formio zu Österreich gekommen waren, fielen an das napoleonische Königreich Italien. Die Freie Reichsstadt Augsburg und der nördliche Teil des ehemaligen Hochstifts Passau sprach man Bayern zu. Das vormalige Fürstbistum Salzburg, das 1803 säkularisiert und zu einem Kurfürstentum umgewandelt worden war, sowie die Fürstpropstei Berchtesgaden kamen als Ausgleich an Österreich. Kaiser Franz II. musste Napoleon als Kaiser, die Rangerhöhung der bisherigen Kurfürsten von Bayern und Württemberg zu Königen sowie die volle Souveränität der neuen Könige und des Kurfürsten von Baden anerkennen. Der Friede von Pressburg führte zum Rheinbund und schließlich zum Ende des Heiligen Römischen Reichs (1806). 4 Zu Person und Wirken u.a.: Eberhard Weis, Montgelas - Der Architekt des modernen bayerischen Staates, München 2005. 5 Hierzu ausführlich Blaas, Priesterverfolgung 96-136. 6 BAC, 253.05.02 [1804 Mai 22] Kaiser Franz II. bewilligte die Aufstockung des Sustentationsbeitrags von 4‘000 auf 5‘000 Gulden per 1. Januar 1805. <?page no="258"?> 258 Bischofs« nach Graubünden deportiert; man verbot ihm jegliche weitere Kommunikation mit seinen Diözesanen im Königreich Bayern. 7 Im Sommer darauf beschloss die bayerische Regierung am 3. August 1808 die Auflösung des Benediktinerstifts Marienberg ob Burgeis (Neubesiedlung und -aufbau 1816). 8 Somit bestanden im Tiroler Anteil des Bistums Chur nur noch zwei Mendikantenklöster und ein Hospiz: die Kapuzinerniederlassungen in Meran (seit 1616), Schlanders (1644) und Mals (1699). 9 Sowohl in Predigten als auch im Kontakt mit der Bevölkerung distanzierten sich die Patres in aller Deutlichkeit von der staatlichen Religionspolitik. Ihre wiederholte Weigerung, sich dem Ordinariat in Trient zu submittieren, führte am 15./ 16. August 1808 in einer Militäraktion zur Deportation der Kapuziner nach Neumarkt (6) bzw. Klausen (12). Der Superior von Mals, P. Philipp Decosta, und ein weiterer Mitbruder wurden nach Vorladung in Innsbruck im September 1808 in das Zentralkloster Altötting abgeschoben; die Tätigkeit in der Seelsorge wurde ihnen bei Strafe verboten. In Vorarlberg konnte eine Wegweisung der Kapuziner aus Bludenz und der älteren Patres aus Blumenegg in Zentralklöster dank des geschickten Taktierens des örtlichen bayerischen Generalkommissars gegenüber der Landesstelle in Innsbruck unterbunden werden. 10 Nach gescheiterten Diözesanregulierungsversuchen der bayerischen Regierung, die Churer Anteile in Tirol und Vorarlberg dem Bistum Augsburg 11 oder dem Bistum Brixen 12 zuzuschachern, resignierte 1808 Buol-Schauenstein auf seine seit Joseph II. so »umworbenen« beiden Bistumsteile, und Papst Pius VII. wies dieselben in Übereinkunft mit Bayern per Breve vom 3. September 1808 provisorisch Brixen zu. 13 In einem Schreiben vom 25. September 1808 aus Chur an den König von Bayern, Maximilian I. (1799-1825), schrieb Bischof Karl Rudolf: »Mit vollkommener Hingebung und jener Unterwürfigkeit, die ich dem Statthalter Christi in Bezug meines Hirtenamtes schuldig bin, unterziehe ich mich seiner Fügung ohne Ausnahme und ganz nach Maaßgabe der getroffenen Übereinkunft.« 14 Der von der (wenn auch nur provisorischen) Zuteilung betroffene Klerus in Tirol und Vorarlberg war zu diesem Zeitpunkt noch nicht informiert. Erst am 20. September 1808 sandte man aus München den päpstlichen Entscheid, mit dem königlichen Plazet versehen, nach Innsbruck und von dort weiter nach Brixen. Am 5. Oktober 1808 schickte der Churer Bischof die Mitteilung, die Churer Anteile seien provisorisch Brixen übertragen worden, an die Vikare in Partschins und Feldkirch sowie an die Provikare in Schluderns und St. Gallenkirch. 15 Der Bischof von Brixen seinerseits zeigte sich in einem Schreiben vom 13. Oktober nach Innsbruck keineswegs erfreut über den Gebietszuwachs. Er betrachtete die anfallende Mehrverwaltung als eine eher aufgezwungene Bürde; insbesondere sei der Vorarlberger Anteil wegen seiner großen Entfernung nur schlecht von Brixen aus zu betreuen. »Zur Vermeidung aller Irrungen will ich zwar diesen Antheil einstweil und provisorisch unter die bischöfliche Obhut nehmen, aber auf eine längere Zeit oder für allezeit behalten könnte ich mich zum Nachtheile dortiger Gemeinden nicht entschliessen.« 16 7 Blaas, Priesterverfolgung 142-157. 8 Nach Angaben aus dem Jahr 1803 gehörten damals 24 Patres, 4 Novizen und 1 Laie zum Konvent Marienberg (BAC, 940.03.01-002; ferner Blaas, Priesterverfolgung 92). Zur Geschichte des Klosters siehe: 900 Jahre Benediktinerabtei Marienberg 1096-1996. FS zur 900-Jahrfeier des Klosters St. Maria (Schuls-Marienberg), hrsg. vom Südtiroler Kulturinstitut, red. von Rainer Loose, Lana 1996. 9 In Meran wirkten im Stichjahr 1803 11 Patres, 7 Novizen, 1 Laie, in Schlanders 9 Patres und 2 Laien, in Mals 3 Patres und 1 Laie (BAC, 940.03.01-005; ferner Blaas, Priesterverfolgung 92). 10 Zur Deportation der Churer Ordensgeistlichkeit siehe ausführlich Blaas, Priesterverfolgung 239-248. 11 Hierzu Blaas, Priesterverfolgung 165-176. 12 Hierzu Blaas, Priesterverfolgung 197-202. 13 Ausführlich Blaas, Priesterverfolgung 266-288. 14 Zitiert in Blaas, Priesterverfolgung 270 f., hier 270. 15 Abschrift in-: BAC, 762.25 Protocollum Celsissimi, Bd. XXIII (1807-1815), S. 180. 16 Zitiert in Blaas, Priesterverfolgung 272. - Zur Brixener Verwaltung des Churer Anteils ausführlich ebd. 273-284. <?page no="259"?> 259 Nach langwierigen diplomatischen Verhandlungen gelang Kaiser Franz I. (1804-1835) 17 am 26. Juni 1814 die Besitzergreifung des seit 1805 an Bayern verlorenen Teils von Tirol; und im Dezember des gleichen Jahres fasste man Tirol und Vorarlberg zu einer Provinz zusammen, zu dessen Gouverneur mit Sitz in Innsbruck der Kaiser den Graf Ferdinand Ernst von Bissingen (1749-1831) ernannte. 18 Auch kirchlich gab es alsbald rückführende, wenn auch keineswegs die Situation beruhigende Änderungen. Da der Bischof von Brixen, die Churer Anteile lediglich provisorisch übernommen wissen wollte, sah er durch die »Heimführung« Tirols unter österreichische Verwaltung die Gelegenheit gekommen, dem Kaiser am 2. August 1814 die Rückstellung der Anteile nach Chur anzubieten. 19 Zeitgleich schlug der päpstliche Nuntius in Luzern, Fabrizio Sceberras Testaferrata (1803-1816), gegenüber Papst Pius VII. die Wiedererrichtung der Churer Diözese in ihrem vollen Umfang vor 1808 vor. Diesem Vorschlag entsprach Pius VII. und teilte dem Churer Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein per Breve vom 24. August 1814 über die Luzerner Nuntiatur die Rekonsilierung des Churer Sprengels in seine frühere Ausdehnung mit. 20 Der ebenfalls darüber in Kenntnis gesetzte Bischof von Brixen zeigte sich grundsätzlich zur Abtretung der verwalteten Gebiete Walgau und Vinschgau bereit, machte seine Zusage jedoch von der noch ausstehenden kaiserlichen Zustimmung abhängig. Da das päpstliche Breve dem Brixener Oberhirten jedoch die Jurisdiktion bereits entzogen hatte, blieb vorerst nichts anderes übrig, als Karl Franz von Lodron zu ersuchen, die Gebiete im Namen und Auftrag des Churer Ordinariates weiter zu verwalten. Die Landesstelle in Innsbruck, im Auftrag des Churer Bischofs von Gottfried Purtscher über die neueste Lage informiert, wandte sich umgehend nach Wien, wo sie sich vor dem Hintergrund des Länderpurifikationssystems, d. h. keine Jurisdiktionsvergabe an einen ausländischen Bischof mehr zu genehmigen, klar gegen eine solche Rückführung aussprach. Die Wiener Staatskanzlei entschied Ende November 1814, das kaiserliche Plazet gegenüber den am 24. August 1814 ausgestellten päpstlichen Breven an Chur und Brixen zu verweigern. 21 Noch bevor Brixen über diesen Entscheid Kenntnis erhalten hatte, ließ Lodron an die Adresse Roms, Innsbrucks und Churs verlauten, er werde auf den 1. Januar 1815 weisungsgemäß das altchurerische Gebiet definitiv an Buol-Schauenstein abtreten. 22 In Brixen erhielt man den Negativentscheid aus Wien erst am 31. Dezember 1814, in Chur sogar erst am 2. Januar 1815, als die Rückgabe gemäß Zusage Brixens bereits vollzogen war. Damit löste man einen ganzjährig dauernden Konflikt zwischen der österreichischen Regierung, die auf keinen Fall eine Wiederaufnahme kirchlicher Jurisdiktion durch einen »ausländischen Bischof« auf ihrem Verwaltungsterritorium zu akzeptierten bereit war und somit den »josephinischen« Generalsatz konsequent durchsetzte 23 , mit den beiden Bistümern Brixen und Chur aus. Diese auch die innerkirchliche Verwaltung im Walgau und Vinschgau stark in Mitleidenschaft ziehende Konfliktsituation konnte erst durch die endgültige Entscheidung des Papstes vom Januar 1816 über den Verbleib des österreichischen Anteils des Bistums Chur entschärft werden. 24 17 Franz II. bzw. Franz I. aus dem Hause Habsburg-Lothringen war von 1792 bis 1806 als Franz II. letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sowie von 1804 bis zu seinem Tod 1835 dann als Franz I. erster Kaiser von Österreich. 18 Blaas, Priesterverfolgung 339 f. 19 Karlinger, Anteil 100; Blaas, Priesterverfolgung 341. 20 Original in: BAC, 018.3927 [1814 August 24]; Abschrift in: BAC, 762.25 Protocollum Celsissimi, Bd. XXIII (1807- 1815), S. 218. 21 Blaas, Priesterverfolgung 343. 22 BAC, 762.25 Protocollum Celsissimi, Bd. XXIII (1807-1815), S. 225 f. 23 Die Resolution von Kaiser Franz I. vom 26. Juni 1815 legte klar fest: »So wie Ich in Meinen Staaten durchaus jeden Einfluß auswärtiger Erz- und Bischöfe und die bisherige Ausübung ihrer Metropoliten und Diözesan-Jurisdiction aufgehoben und geschlossene Kirchsprengeln hergestellt wissen will, hat dieses auch in Tyrol und Vorarlberg zu geschehen, und sohin dort jene auf den Erzbischof von Wien und diese auf die Bischöfe von Brixen und Trient zu übergehen.« (Wortlaut der Resolution in: Karlinger, Anteil 319 f., hier 319). 24 Zum Konflikt und der damit erschwerten Churer Diözesanverwaltung der beiden Dekanate Walgau und Vinschgau <?page no="260"?> 260 Am 3. Januar 1816 schrieb Kardinal Consalvi an den Sekretär und Vertreter des kaiserlichen Botschafters beim päpstlichen Stuhl, Graf Ludwig Lebzeltern (1774-1854), Papst Pius VII. wolle zwar die Breven vom 24. August 1814 an die Bischöfe von Chur und Brixen keineswegs förmlich zurücknehmen, sei aber bereit, ohne seine apostolischen Rechte preisgeben zu müssen, anzuordnen, dass diese vorläufig nicht ausgeführt werden sollten. 25 Wien zeigte sich mit dieser provisorischen Lösung einverstanden, und die Kurie informierte die beiden betroffenen Bischöfe. Das päpstliche Breve vom 27. Januar 1816 26 an Bischof Karl Rudolf dankt dem Churer Oberhirten für seine stete Ergebenheit und hegt deshalb keine Zweifel, dass der Bischof auch die neueste Entscheidung annehme. In der Hoffnung auf friedvollere ruhigere Zeiten habe Rom die unter den Bischof von Brixen gestellte Administration der tirolischen und vorarlbergischen Gebiete per Dekret am 24. August 1814 »vollständig wieder zurückgestellt«. Da nun jedoch »Umstände von ganz besonderer Wichtigkeit eingetreten« seien, werde das obengenannte Breve suspendiert und - wörtlich: »Du wirst also fürderhin von jeder Ausübung einer bischöflichen Jurisdiction in jenen Theilen von Tirol und Vorarlberg Dich enthalten.« 27 Die Administration gehe erneut an Brixen und der Churer Ordinarius möge sich mit seinem südlichen Nachbarn »in brüderlicher Freundschaft« verständigen, was künftig zum Heil der Gläubigen in den von Chur abgetrennten Gebieten Vinschgau und Walgau diene. Obwohl Buol-Schauenstein die päpstliche Entscheidung wohl oder übel zu akzeptieren hatte, war seine Enttäuschung über diese kirchenpolitisch erzwungene Wende groß. Insbesondere traf ihn der Verlust seiner Einkünfte, die im Breve keinerlei Erwähnung fanden, äußerst hart, weshalb er Consalvi in einem Schreiben vom 11. März 1816 ersuchte, dass dem nunmehr massiv verkleinerten Bistum Chur die lebensnotwendigen Einkünfte auf irgendeine Art und Weise zuteil würden, ohne zwischen 1815 und 1816 siehe ausführlich Blaas, Priesterverfolgung 345-355; Karlinger, Anteil 100-133. 25 Wortlaut des Schreibens Consalvi an Lebzeltern abgedruckt in: Karlinger, Anteil 315-318. 26 Original in: BAC, 018.3939 [1816 Januar 27]; siehe oben S. 12 (Abb. 1). 27 Wortlaut des Breves vom 27. Januar 1816 von Pius VII. an den Churer Bischof in dt. Übersetzung abgedruckt in: Fetz, Gedenkblätter 153-155, hier 154. Abb. 60: Rückführung der Dekanate Walgau und Vinschgau in den Churer Sprengel, Breve von Papst Pius VII. vom 24. August 1814 [BAC] <?page no="261"?> 261 die der Bischof kaum leben könne. 28 Die finanzielle Regelung blieb auch über das Datum der Abtretung der Churer Teile an Brixen am 1. August 1816 hinaus ungeklärt. Bereits vor der Bekanntgabe des päpstlichen Entscheids von Ende Januar 1816 unterbreitete das Gubernium dem Kaiser die Möglichkeit der Schaffung eines Generalvikariats in Vorarlberg, welches bei einer zu erwartenden Diözesanregulierung entweder dem Bistum Brixen oder dem zu schaffenden Bistum Innsbruck unterstellt sein würde. Zur Finanzierung schlug man entweder die Gefälle der 1806/ 07 aufgehobenen Benediktinerabtei Mehrerau bei Bregenz (gegründet 1097) oder die mit Sequester belegten Gefälle des Churer Domkapitels im Vorarlbergischen vor. Mehrerau selbst eigne sich zudem als Sitz eines solchen Generalvikariates, dessen Inhaber als Weihbischof fungieren könnte, denn so wurde betont: »Diese Würde würde diese Anstalt in den Augen der Geistlichkeit und des Volkes ungemein erhöhen.« 29 Kurz vor der offiziellen Abtretung am 6. Oktober 1816 wurde der letzte Hirtenbrief eines Churer 28 Mayer, Geschichte II 596, Blaas, Priesterverfolgung 357 f. 29 Wortlaut des Schreibens vom 1. Februar 1816 aus Innsbruck an Kaiser Franz I. abgedruckt in: Karlinger, Anteil 320-322, hier 322; zur Errichtung des Generalvikariats 1818 für Vorarlberg mit Sitz in Feldkirch (blieb bis 1968 in Geltung) ausführlich ebd. 149-274; ferner Elmar Schallert, Geschichte des Bistums Feldkirch, Strasbourg 1999, 24-28. - Als erster Generalvikar (1818) und Weihbischof (seit 1820) fungierte Bernhard Galura (1820-1829). Abb. 61: Bistumseinteilung in Tirol und Vorarlberg seit 1816/ 18: Brixen und Trient wurden Suffraganbistümer von Salzburg; Vorarlberg gehörte nunmehr zum Bistum Brixen, bildete aber seit 1820 wegen der großen Entfernung vom Bischofssitz ein eigenes Generalvikariat; der Vinschgau kam zu Trient. [BAC.BA] <?page no="262"?> 262 Bischofs an seine Bistumsangehörigen in Tirol und Vorarlberg, datiert mit dem 10. September 1816, woraus eingangs dieser Arbeit zitiert wurde 30 , verlesen. Der Hirtenbrief des Brixener Bischofs anlässlich seines Amtsantritts in den vormaligen churerischen Anteilen wurde am 10. Oktober ausgefertigt. 31 Im Oktober 1816 kam also für das Bistum Chur in seinen historischen Grenzen die bereits unter Joseph II. angestrebte und durch ihn persönlich forsierte Diözesanumstrukturierung von Territorien, welchen »äusländische« Bischöfe in Tirol seit Jahrhunderten oblagen, durch unnachgiebigen Druck aus Wien und Weisung Roms zu ihrem unwiderruflichen Abschluss. 30 Siehe oben S. 11. 31 Karlinger, Anteil 140; Blaas, Priesterverfolgung 360. <?page no="263"?> 263 VII. Zusammenfassung Der österreichische Anteil des Bistums Chur, auf dessen Territorium im Jahre 1803 rund 72‘000 Katholiken registriert werden konnten, welche von etwa 250 aktiv in der Seelsorge tätigen Geistlichen Betreuung fanden, erlebte bereits vor seiner endgültigen Abtrennung 1816 und Zuteilung an das Bistum Brixen einschneidende Maßnahmen, die in die Regierungsjahre Kaisers Joseph II. (1780-1790) zurückreichen und im Zusammenhang mit den Auswirkungen der theresianischjosephinischen Kirchenpolitik in Tirol und Vorarlberg stehen - mit dem primären Ziel, auch dem Churer Bischof als »ausländischen« Kirchenfürsten die jahrhundertelange Ausübung kirchlicher Jurisdiktion auf österreichischem Gebiet zu entziehen. Das behandelte Zeitfenster zwischen Aufgeklärtem Absolutismus und Wiener Kongress mutierte für die beiden betroffenen Churer Dekanate Walgau (ausgenommen waren die Pfarrsprengel in der Herrschaft St. Gerold, in der Freien Reichsherrschaft Blumenegg [bis 1806] sowie im Fürstentum Liechtensteins [bis 1808]) und Vinschgau zu einem Experimentierfeld kirchlicher Veränderungen, welche nicht nur Diözesan- und Pfarreigrenzen betrafen, sondern neben massiven Eingriffen in die Klosterlandschaft tief in die Pastoral und Volksfrömmigkeit hineinreichten. 1. Zum Josephinismus als gesteuerten Zentralisierungs- und Verwaltungsprozess, welcher nach 1745 unter Maria Theresia einsetzte, unter Joseph II. zweifelsohne seinen Kulminationspunkt erreichte, aber noch unter seinen Nachfolgern bis ins 19. Jahrhundert deutliche Auswirkung zeigte, gehören als wichtiger Teil die kirchenpolitischen Maßnahmen; sie bezweckten eine langfristige, durch unzählige Dekrete erzwungene Unterordnung der Kirche in den Dienst des absolutistisch-aufgeklärt ausgerichteten Staates. Ein zentraler Grundsatz wurde bereits 1768 erkennbar: Da Christus der Kirche lediglich geistliche Aufgaben und die innere Disziplin anvertraut habe, so die Ansicht einflussreicher Politiker und aufgeklärter Denker rund um die Monarchen, unterliege alles andere der gesetzgebenden und ausführenden Gewalt des weltlichen Herrschers - also auch die Organisation von Bistümern und Pfarreien zur besseren Koordination der Seelsorge. Die Kirche mutierte von ihrer universalen zu einer rein territorial-nationalen Größe, deren Angelegenheiten hinsichtlich der »temporalia« als auch der »spiritualia« der staatlichen Oberaufsicht zu unterliegen hatten. Jeglicher Einfluss von kirchlichen Obrigkeiten (Ordensobere oder Bischöfe), welche ihren Sitz außerhalb der österreichischen Erbländer hatten, war in Zukunft zu unterbinden und durch eine Neuregulierung der territorialkirchlichen Strukturen innerhalb der Erbländer zu regeln. Auf dem Weg zu diesem Ziel - einer dem Staat untergeordneten territorialgegliederten Nationalkirche - zählten die zum Teil überstürzt durchgeführten und daher mancherorts auch gescheiterten Bemühungen Josephs II. um eine Angleichung der Diözesangrenzen an jene der habsburgischen Verwaltungseinheiten (Diözesanregulierung), gekoppelt mit Bestrebungen zur Verbesserung der Pastoral auf Ebene der Pfarreien (Pfarreiregulierung). Parallel dazu trieb man die staatlich kontrollierte Vereinheitlichung der Klerusbildung und die Reformbestrebungen im Bereich des Ordenswesens voran. Die radikale Klosteraufhebungspolitik im josephinischen Regierungsjahrzehnt steht im Zusammenhang mit der Pfarreiregulierung sowie deren nötigen Finanzierung und gilt als Strukturbereinigung bzw. Vorwegnahme staatlicher Säkularisationspolitik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Gerade im Blick auf das 19. Jahrhundert bedeutete für die Kirche die mit den theresianisch-josephinischen Reformen in Gang gesetzte Grenzziehung zwischen und Staat und Kirche ein schmerzlich er- <?page no="264"?> 264 zwungener Abschied von ihrer einstigen Einfluss- und Vormachtstellung und rief zu einer Neupositionierung in einer säkularen Welt. 2. Das Klosteraufhebungsdekret vom 12. Januar 1782 bildete den Auftakt zu einer radikal durchgeführten, in zwei Phasen zwischen 1782 und 1787 verlaufenen Säkularisierungs- und Veräußerungswelle von über 700 Konventen beschaulicher Orden sowie deren Güter und Mobilien in den österreichischen Erblanden. Der Erlös floss in den im Februar 1782 errichteten staatlichen Religionsfonds, woraus neben der Ausschüttung ausgewiesener Pensionsgelder an die ehemaligen Nonnen und Konventualen in der Hauptsache die josephinische Pfarrregulierung finanziert werden sollte. Mitte Juni 1782 wurden wie alle anderen kirchenpolitischen Angelegenheiten auch das Geschäft der Klosteraufhebung der neu geschaffenen Geistlichen Hofkommission mit Sitz in Wien übertragen, welche dieses geschickt mit dem Pfarreinrichtungsgeschäft verknüpfte. Damit mutierte der Hauptgrund für die Schließung eines Konvents von der ›Nutzlosigkeit‹ zur ›Entbehrlichkeit‹, wenn die regulare Instititution nicht für die Pastoral dienlich schien. In den beiden Churer Dekanaten Vinschgau und Walgau wurden 1782 das Klarissenkloster am Rennweg in der Stadt Meran, das Dominikanerinnenkloster Maria Steinach in Algund, die Kartause Allerengelberg im Schnalstal sowie das Klarissenkloster in Valduna bei Rankweil aufgehoben. 1785 erfolgte die Schließung des Minoritenklosters auf dem Viktorsberg bei Röthis, dessen Kirche und Gebäudekomplex dank der Schaffung einer Lokalkaplanei erhalten werden konnte, 1786 die Aufhebung des Hieronymitanerklosters am Josephsberg oberhalb von Forst bei Meran. Von den 163 betroffenen Nonnen, Laienschwestern, Novizinnen, Patres und Brüdern aus den sechs aufgehobenen Klostergemeinschaften blieben lediglich 13 (8 %) im Ordensstand. Eine beträchtliche Zahl der aus ihrem Kloster vertriebenen Nonnen wohnten, wohl in weltlichem Gewand bekleidet, jedoch nicht von den Gelübden befreit, in privaten Wohngemeinschaften in Meran, Algund, Dorf Tirol, Partschins, Feldkirch und Rankweil. Patres wirkten, falls dies ihr Alter und ihre Gesundheit erlaubten, als Weltgeistliche in der Pastoral. Der Gesamtbetrag des Vermögens der sechs säkularisierten Klöster von rund 550‘000 Gulden floss in den Religionsfond, reichte jedoch bei weitem nicht einmal aus, die Pensionen der Regularen zu decken, geschweige denn mit diesem Geld die staatlichen Seelsorgepläne in Tirol bzw. im Vorarlberg mitzufinanzieren, so dass diese sechs Klosteraufhebungen von 1782, 1785 und 1786 im österreichischen Anteil des Bistums Chur als verfehlte, wenig durchdachte und der Seelsorgereform keineswegs dienliche staatliche Aktion bezeichnet werden muss. Im Hinblick auf die Große Säkularisation von 1802/ 03 stellt die josephinische Klosteraufhebung ein deutlicher Vorbote der staatlichen Repressionspolitik gegenüber einer unter säkulare Aufsicht gezwungenen Kirche dar, welche deren Gefahrenherd in den ersten Jahren nicht rechtzeitig zu erkennen schien und gegen solche Zwangsmaßnahmen wenig wirksam zu agieren wusste. Erst vor dem Hintergrund weiterer drohenden Klosteraufhebungen nach 1790 reagierte der Churer Bischof und strich die Wichtigkeit der in seinem Sprengel noch verbliebenen Klostergemeinschaften heraus: »Wir glauben mit Grund sagen zu dörfen, daß der Bestand und [die] Beförderung guter Klöster für unsere Zeiten mehr als jemals ein wahres Zeitbedürfnis und für die Religion und das gemeine Beste wichtig und zuträglich sey« - nicht zuletzt auch zur »Aushilf und Erleichterung der Seelsorge«. 1 3. Im gleichen Monat des ergangenen folgeschweren Entscheids der Klosteraufhebungen formulierte Kaiser Joseph II. am 29. Januar 1782 erstmals Gedanken über eine nach seiner Ansicht nach dringend zu verbessernden (Pfarr-)Seelsorge. Dabei sollte von Seiten des Staates durch 1 BAC, 762.22 Protocollum Celsissimi, Bd. XX (1792-1797), S. 71-78 [1793 April 10], hier S. 74-75 (siehe auch oben S. 97). <?page no="265"?> 265 die Landesstellen und Kreisämter objektiv und systematisch geprüft werden, welche Gemeinden wirklich einen ortsansässigen Seelsorger beanspruchen konnten. Ausschlaggebend waren die Größe der zu betreuenden Pfarr- und Filialgemeinde(n), die Entfernung der Siedlungen zur Mutterkirche sowie die topographischwie witterungsbedingten Verhältnisse. Aus diesen Überlegungen erwuchsen die am 12. September 1782 publizierten Direktivregeln als verbindliche Grundlage für alle künftigen Pfarrumstrukturierungspläne. Ziel des sog. »Josephinischen Pfarreinrichtungsgeschäfts« war eine staatlich normierte pfarrliche Seelsorge; der Pfarrklerus, zu einem beträchtlichen Teil besoldet aus dem Topf des Religionsfonds, erwuchs zum geistlichen Staatsbeamten, der auch das priesterliche Erscheinungsbild im 19. Jahrhundert wesentlich bestimmen sollte. In der ersten Phase der Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur (1782- 1783) sandten die Landesstellen in Innsbruck und Freiburg i. Br. bereits im Februar und wieder im Mai 1782 Anweisungen zur Erstellung genauer Listen nach Chur. Auf Karten waren die Diözesan- und Dekanatsgrenzen sowie die bestehenden Seelsorgestellen (Pfarreien mit ihren Filialkirchen und Kaplaneien) einzutragen. Dabei stellte sich heraus, dass das Churer Ordinariat bislang über keinerlei eigene Bistumskarten verfügte. Erste, eher allgemeine, aber für die zuständigen staatlichen Stellen wenig aussagekräftige Angaben gelangten im September 1782 ans Gubernium nach Innsbruck, gefolgt von einer im Oktober erstellten Liste bedürftiger Pfarrkirchen, welche aus den Beständen der aufgehobenen Klöster liturgische Gerätschaften günstig zu erhalten hofften. Nach weiteren Mahnungen seitens des Guberniums bemühte sich eine aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern zusammengesetzte Kommission im Dekanat Vinschgau um konkrete Vorschläge. Im unteren Vinschgau, Burggrafenamt und rechten Passeiertal sollten neu 4 Kuratien und 13 Lokalkaplaneien auf dem Territorium bestehender Pfarreien, im oberen Vinschgau (inkl. Nauders) 5 Kuratien und 6 Lokalkaplaneien geschaffen werden; dazu schlug man diverse Umteilungen von Höfen und Siedlungen in andere näherliegende Pfarrsprengel vor. Nach Prüfung durch das Churer Ordinariat genehmigte Innsbruck Anfang Juli 1783 für das Dekanat Vinschgau grundsätzlich 26 der 28 eingereichten Vorschläge (Quadrat und Rojen abgelehnt) um einen ortseigenen Seelsorgeposten sowie die entsprechenden Umteilungen. 2 Die für Teile des Dekanats Walgau vorgelegten Kommissionsvorschläge waren anfangs so unzureichend, dass nach entsprechender Rüge an den Churer Bischof eine zweite überarbeitete Fassung erstellt und 1783 nach Innsbruck abgeschickt werden musste. Für das Territorium im vorderen Walgau erbat man 6 Lokalkaplaneien (davon 4 genehmigt), im inneren Walgau schlug man die Erhebung von Wald zur Pfarrei vor, was jedoch keine Unterstützung fand, forderte ferner 2 Lokalkaplaneien sowie 2 neue einfache Benefizien. Die zweite Phase der Pfarrregulierung (1784-1785) war geprägt von zeitintensiven Arbeiten des bischöflichen Kanzlers Georg Schlechtleutner, welcher zum einen die angeforderten Listen mit einfachen Benefizien im Vinschgau und Walgau zusammen mit Angaben über deren Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit im April 1784 nach Innsbruck spedierte. Von den 58 aufgeführten einfachen geistlichen Pfründen im Dekanat Vinschgau beurteilte der Kanzler 28 als notwendig oder gar unentbehrlich, 10 waren wünschenswert und für 18 stellte er eine mögliche Aufhebung in Diskussion. Im Dekanat Walgau registrierte Schlechtleutner 40 Beneficia simplicia; davon bezeichnete er 23 als notwendig, 15 waren wünschenswert und nur gerade 2 konnten seiner Meinung nach aufgehoben werden. 3 Zum anderen errechnete er unter Mithilfe der betroffenen Pfarrherren für alle vier Vikariate der beiden Dekanate den Stand der 2 Siehe oben S. 111-117. 3 Siehe oben S. 126-139. <?page no="266"?> 266 Pfarrsprengel, der Geistlichen und Gläubigen. Laut Gesamtauswertung (Stand 1784) existierten auf dem Gebiet des Bistums Chur innerhalb des Einflussbereichs Joseph II. 76 Pfarreien mit 65‘878 Katholiken, welche von 206 Geistlichen (Pfarrer, Kooperatoren, Frühmessern, Kuraten, Benefiziaten) betreut wurden. Erst aufgrund dieser umfangreichen Datensammlung erreichten Chur 1785 konkrete Vorgaben zum weiteren Vorgehen im Pfarreinrichtungsgeschäft in Tirol und Vorarlberg. Von den in der ersten Phase durch Kreisämter und Churer Ordinariat eingereichten 28 Vorschlägen auf dem Gebiet des Dekanats Vinschgau wurden nicht zuletzt wegen fehlender Finanzierungsmöglichkeiten lediglich 15 Seelsorgeposten bewilligt (1 Lokalkaplanei [Saltaus], 14 Exposituren in Abhängigkeitsverhältnis zur nächstliegenden Pfarrei); im Dekanat Walgau genehmigte man nur 6 Exposituren, die ihrerseits einer in den Quellen greifbaren Vernehmlassung durch die betroffenen Gemeinden zugeführt wurden. 4 Aufgrund diverser Kritik und erheblichen Widerstandes bedurfte es bei geplanten Umpfarrungen einiger Änderungen. Von diesen 21 Seelsorgestellen (53,8 % der ursprünglich 39 vorgeschlagenen) - nur 13 waren neu zu errichten (8 Benefizienpfründe bereits vorhanden) - entsprachen lediglich 3 den Vorgaben von 1783 (Lokalkaplanei in Saltaus, ständiger Benefiziat in Meschach und zusätzlicher Benefiziat für die Pfarrei Schnifis); die übrigen 18 zu errichtenden Exposituren befriedigten aufgrund des leeren Religionsfonds nur bedingt und blieben Minimallösungen im anfangs so großzügig angekündigten Pfarreieinrichtungsgeschäft. 5 In der dritten Phase der Pfarrregulierung im österreichischen Anteil des Bistums Chur (1786- 1789) kam es neben der staatlich verordneten Errichtung von Exposituren (ab 1786) im Zusammenhang mit unzähligen Sperrungen von nicht mehr benötigten Gotteshäusern (zwischen 1786 und 1788 im Vinschgau: 44 / im Walgau: 76) und der neuen josephinischen Gottesdienst- und Andachtsordnung von 1786 als radikalen Eingriff in die religiöse Alltagskultur, die eine nüchterne einheitliche Liturgie in den Pfarreien anstrebte, zu gefährlichen Unruhen, welche insbesondere churerische und konstanzische Teile des Vorarlbergs betrafen. Staatliche Stellen waren wenigstens zu teilweiser Rücknahme von Verordnungen gezwungen bzw. mussten gangbare Kompromisse mit der Kirchenleitung suchen, um einen größeren Flächenbrand durch das aufbegehrende gläubige Volk und den sich den Neuerungen verweigernden Klerus rechtzeitig zu unterbinden. Den Churer Bischof zwang man mehr oder minder zu einer Pastoralvisitation im Walgau (September 1789). Mittels Beschwerden und Bittschriften forderten ganze Talschaften sowie einzelne Gemeinden Bischof Franz Dionys von Rost auf, sich beim Kaiser persönlich für die Rücknahme gewisser Verordnungen, welche Volksfrömmigkeit und Brauchtum am meisten tangierten (Gebetsformen wie Rosenkranz und Vesper, Prozessionen, Wiederöffnung gesperrter Kirchen) einzusetzen. Doch erst nach dem Tod Josephs II. gewährten staatliche Stellen Lockerungen, herkömmliche Andachten wurden wieder gestattet, diverse gesperrte Kapellen und Kirchen im Vinschgau und Walgau zur Benutzung frei gegeben. Vor dem Hintergrund einer Aussage der kaiserlichen Hofkanzlei von 1789, es könne dem Staat und dem Landesfürsten eigentlich gleichgültig sein, welchen Kirchengebräuchen der Untertane nachlebe, Hauptsache sei er der Krone treu ergeben, erließ von Rost am 14. April 1790 eine eigene bischöfliche Andachtsordnung für die österreichischen Bezirke seines Sprengels (mit Partikularnormen). Schließlich kam 1789 auch im zu Tirol gehörenden Gericht Nauders (kirchlich: Dekanat Engadin) das Pfarreinrichtungsgeschäft zum Abschluss: Reschen, zuvor als Expositur vorgeschlagen, blieb fest bei Graun; die Zuordnung Rojens erforderte weitere Abklärungen; im Tal Langtaufers war zu Pleif eine neue Expositur zu errichten, die bereits bestehenden Benefizien in Mathon und Spiss wurden ebenfalls zu Exposituren erhoben. 4 Siehe oben S. 155-162. 5 Siehe oben S. 147-155. <?page no="267"?> 267 Anhand der überkommenden Zusammenstellungen 6 der Seelsorgeposten aus den Jahren 1792/ 94 für die beiden Dekanate Vinschgau und Walgau wird deutlich, dass im Vergleich zu den Zahlen vor 1785 bezüglich Pfarreinrichtung außer sinnvoll geregelten Zuammenführungen von zerstreut liegenden Siedlungen zu näher liegenden Pfarreien sowie einigen neu erbetenen und von den staatlichen Stellen genehmigten Exposituren mit einem ortsansässigen Geistlichen (aus einfachen Benefizien) keine grundlegenden Veränderungen zu verzeichnen sind. Das josephinische Projekt »Pfarreinrichtungsgeschäft« trug im österreichischen Anteil der Diözese Chur, ohnehin schleppend vorankommend, nicht zuletzt aufgrund einer fehlenden Finanzierungsmöglichkeit durch den 1790 nahezu ausgetrockneten Religionsfonds, wozu die Vermögenswerte der aufgehobenen sechs Klöster und gesperrten Kirchen wenig beizutragen vermochten, praktisch keine Früchte und muss großmehrheitlich als gescheitert bezeichnet werden. Bereits 1789 konstatierte das Kreisamt an der Etsch mit Sitz in Bozen, die Erledigung des Pfarreinrichtungsgeschäfts sei wohl nicht zu erhoffen. 4. Die theresianisch-josephinische Staatskirchenpolitik zielte auf die Umformung der universalen Kirche in eine dem Staat unterstellte und von diesem kontrollierte territorial-nationale Institution. Dabei sollte jeglicher Einfluss durch kirchliche Obrigkeiten, welche ihren Sitz außerhalb der österreichischen Erbländer hatten, unterbunden und durch eine Neuzirkumskription der kirchlichen Territorien innerhalb der Kronländer geregelt werden. Diese staatliche Diözesanregulierung, neben der Pfarreinrichtung ein weiteres wichtiges »Geschäft«, das Kaiser Joseph II. persönlich und mit viel Engagement vorantrieb, tangierte auch den österreichischen Anteil des Bistums Chur (Flächenanteil in Tirol: 2‘310 km 2 , Flächenanteil in Vorarlberg: 1‘480 km 2 ). Erste Entwürfe zu einer Regulierung der seit dem 12. Jahrhundert kirchlich in 11 Diözesen unterteilten Grafschaft Tirol liegen für 1782 vor, wonach man die gesamte Grafschaft unter die Bischöfe von Trient und Brixen aufzuteilen gedachte. Die vorderösterreichischen Anteile blieben in den Überlegungen vorerst unberührt. Im November 1783 legte dann der Kaiser selbst eine verbindliche Variante für Tirol und Vorarlberg vor, welche von der Landesstelle in Innsbruck per Dekret publiziert wurde. Dabei erhielt das Bistum Brixen tirolische Anteile von den Diözesen Salzburg, Görz, Freising, Augsburg und Chiemsee, das Bistum Trient einen kleinen Teil des Sprengels Feltre. Neu sollte nach ausdrücklichem Willen Josephs II. ein Bistum Bregenz errichtet werden, welches die churerischen Anteile in Tirol, das ganze Vorarlberg sowie die Herrschaft Bregenz umfasste. Als neuen Oberhirten dieses zu schaffenden kirchlichen Territoriums bestimmte der Kaiser eigenmächtig den Weihbischof und Generalvikar von Wien, Edmund Maria Joseph Reichsgraf von Artz, für den man bald möglichst eine angemessene Residenz im neuen Gebiet ausfindig zu machen und herzurichten hatte. In engerer Auswahl hierfür standen das ehemalige Kloster Thalbach, der Wolfegg’sche Palais (beide in Bregenz) oder eine Wohnsitznahme in Feldkirch. Die Reaktion des Churer Bischofs auf diesen Schachzug des Kaisers erfolgte umgehend, sah er doch seine wichtigsten und einträglichsten Einnahmequellen in Tirol bereits versiegen. Neben wiederholter Kontaktnahme mit dem Metropoliten und Bischof von Mainz und einem Schreiben direkt an den Papst, worin er Pius VI. die Gefahr des Gebildes einer österreichischen Nationalkirche vor Augen führte, wandte sich Dionys von Rost auch an den kaiserlichen Kanzler Kolowrat mit der Bitte, im Hinblick auf die geschichtliche Bedeutung der Verbindung der Casa d’Austria mit dem Bistum Chur den Kaiser von seinen Plänen abzuhalten. Obwohl 1788 das Kloster Thalbach zum Sitz des Bistums Bregenz erklärt wurde, ist eine stringente Weiterführung mit dem Ziel einer kanonischen Errichtung dieses Bistums inkl. der Abtretung der Churer Teile unter Joseph II. unterblieben, nicht zuletzt auch 6 Siehe oben S. 223-228. <?page no="268"?> 268 deshalb, da für diese Schritte das ausdrückliche Einverständnis der betroffenen Bischöfe von Augsburg, Konstanz und Chur nötig gewesen wäre, welches diese klar verweigerten. Erst im Zuge der Großen Säkularisation von 1802/ 03 und als Folge der sich rasch ändernden politischen Rahmenbedingungen zwischen 1798 und 1815 kamen die Pläne einer staatlichen Diözesanregulierung für die österreichischen Anteile des Bistums Chur wieder auf den Verhandlungstisch und wurden Anfang 1816 Wirklichkeit. Als deutliche Nachwirkungen der josephinischen Kirchenpolitik ist der Entscheid des Papstes Pius VII. zu werten, welcher dem Druck der österreichischen Regierung unter Kaiser Franz I., vom alten »Generalsatz« der Ausschließung aller fremden Diözesen nicht mehr abweichend, nachgab und mit Breve vom 27. Januar 1816 die Dekanate Walgau und Vinschgau unwiderruflich von Chur löste und der Verwaltung durch das Bistum Brixen zuteilte, obwohl diese Gebiete nach einer provisorischen Unterstellung unter Brixen (seit 1808) noch 1814 durch Entscheid desselben Pontifexes ausdrücklich wieder Chur eingegliedert worden waren. Die unter Joseph II. forcierte Diözesanumstrukturierung von Territorien, welchen »ausländische« Bischöfe in Tirol seit Jahrhunderten oblagen, kam demnach, wohl unter geänderten Rahmenbedingungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, doch unter gleichgebliebenen unnachgiebigem Druck aus Wien zu ihrem unwiderruflichen Abschluss. Die Zeit vor dem Ende des Bistums Chur in seinen historischen Grenzen 1816 ist seit 1780 gekennzeichnet von staatskirchlichen und politischen massiven Eingriffen und Umwälzungen, welche nicht nur auf territoriale Veränderungen drängten, sondern im Zuge der theresianisch-josephinischen Reformen im österreichisch-churerischen Anteil sowohl die Klosterlandschaft durch Zwangsschließungen von blühenden Konventen im Bistum nachhaltig schädigend veränderte, als auch Neuerungen in Pfarrverwaltung und Seelsorge hervorrief. Auch wenn letztere im Gegensatz zu anderen innerösterreichischen Gebieten in der Amtszeit Josephs II. wenig Erfolg zeitigten, schürten sie in Verbindung mit den forsierten staatlichen Eingriffen in die religiöse Alltagskultur den Unwillen in Klerus und Volk. Diesen vermochte der Churer Bischof - als »ausländischer« Oberhirte von der österreichischen Regierung ohnehin unter zunehmend kritischer Beobachtung stehend - zu schlichten. Nicht mehr zu verhindern war hingegen die Umsetzung des josephinischen Grundsatzes, der auch nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 in Geltung blieb: die endgültige Ausschließung aller fremden Diözesangebiete auf österreichischem Territorium. So ist die Trennung der Tiroler und Vorarlberger Anteile am 27. Januar 1816 materiell wie ideell ein schmerzhafter Schlussstrich unter eine über tausendjährige Bistumszugehörigkeit, für deren Wegbereitung der Josephinismus bereits wichtige Markierungen gesetzt hatte. <?page no="269"?> 269 Anhang Quellentexte Bemerkungen zur Transkription der Texte Da in den Originalen und Drucken aus dem 18. Jahrhundert meist bereits Groß- und Kleinschreibung Verwendung findet, folgt die Transkription diesem Schreibprinzip. Das scharfe ›ß‹ wird als solches wiedergegeben. Kürzungen werden mit Ausnahme von Währungsangaben (vgl. allgemeines Abkürzungsverzeichnis) aufgelöst. Die Interpunktion wird zum besseren Textverständnis den modernen Schreibregeln angeglichen. Bindestriche in zusammengesetzten Wörtern, wie sie im Original wiederholt aufscheinen, werden in dieser Form übernommen. Größere Leerstellen und Lücken werden in der Textordnung kenntlich gemacht. Der Zeilenumbruch [/ / ] des Textes entspricht der jeweiligen Originalseite. Eine neue Seite [S. oder fol.] wird in eckiger Klammer angegeben. Der Autor bietet manchmal am Rande des transkribierten Textes - in kursiver Schrift - kurze Themenvermerke. <?page no="270"?> 270 Quellentext Nr. 1 Schreiben der Landesstelle der österreichischen Vorlande in Freiburg i. Br. an den Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793), worin die Vorgehensweise der kaiserlich angeordneten Klosteraufhebung vom 12. Januar 1782 beschrieben und die entsprechend geforderte bischöfliche Verfügung zuhanden des betroffenen Klarissenklosters im Wald von »Valduna« bei Rankweil (1398- 1782) binnen 8 Tagen angemahnt wird. Ansonsten würden die Aufhebungskommissare ohne bischöfliche Weisung zur Ausführung schreiten. Original / Freiburg i. Br., 24. Januar 1782. In: BAC, 725.13.010 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1782 Januar 24]. [S. 6] Briefanschrift: Dem Hochwürdigsten Fürsten und Herrn Herrn Dyonisius Bischoffen zu Chur, des Heiligen Römischen Reichs Fürsten, Herrn zu Fürstenburg und Fürstenau, unsern gnädigen Herrn ex officio Chur Angabe des Briefeingangs: praesentiert 3. Februar 1782 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigster Fürst, Gnädiger Herr! Seine Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät haben jnnhaltlichen einer allerhöchsten Resolution vom 12. ten et praesentierten 23. ten dieses [Monats] aus erheblichen Ursachen für gut befunden, alle Klöster nachstehender Orden in allerhöchst dero Erblanden aufzuheben und mit den Personen und dem Vermögen dieser Klöster nachfolgendes zu verfügen: Erstens befehlen allerhöchst dieselbe, daß von nun an alle Ordenshäuser, Klöster, Hospitien oder wie diese geistliche[n] Versammlungs Häuser sonst Namen haben mögen, vom männlichen Geschlecht der Karthäuser, Kamaldulenser Orden und die Eremiten oder so genannte Waldbrüder, dem vom weiblichen Geschlecht die Karmeliterinnen, Klarisserinnen, Kapuzinerinnen und Franziskanerinnen aufgehoben werden und das gemeinschaftliche Leben der darin befindlichen Personen in demselben aufhören solle. <?page no="271"?> 271 Zweytens habe die Art der Aufhebung folgender Gestalt zu geschehen: Wir hätten nämlich bey Empfangung des allerhöchsten Rescripts einen tauglichen Commissarius mit der erforderlichen Jnstruction und Creditio nebst einem geschickten Mann von der Kammeral-Buchhaltung in ein jedes Kloster der obbenannten Orden mit dem Auftrag abzusenden, daß die Commissarii unter beständiger Beobachtung der grösten Bescheidenheit und gütigen Betragens den obrigkeitlichen geistlichen Personen und der ganzen geistlichen Gemeinde die diesfällige höchste Entschließung wohl verständlich kund machen und ihnen bedeuten, daß von nun an keiner von den allda befindlichen Novitzen oder [S. 2] Novitzinnen oder anderen Mitgliedern des Ordens, die noch nicht die Profession abgelegt haben, die Profession zu machen befugt seyn. Drittens hätten sich die Landesfürstlichen Commissarii diesem ihnen aufgetragenen Geschäft durch keine Anstände, auch nicht durch die Clausur, als welche denen Landesfürstlichen Commissarien immer offen stehen müssen, irre machen zu lassen, sondern sie hätten ihren Auftrag mit Anstand und Würde zu vollziehen, doch zur größern Vorsicht und Verhütung aller unanständigen Anständen seye von einem jeden Dioecesano ein Befehl an das Kloster anzuverlangen, daß sich selbes der Clausur und anderer Befehle wegen in allem genau zu fügen hätte. Viertens alles in denen Zellen, oder was die Geistliche[n] bey ihren Oberen haben, das zu ihrem privat Gebrauch bestimmt war - an Bildern, Bücheren, Mobilien und Geräthschaften -, soll jedem oder jeder insbesondere verbleiben und, da sie aus dem Hause gehen, mitzunehmen gestattet werden. Ferners sollen (a) jene, welche die Profession noch nicht abgelegt haben, nach Erhaltung der Summa von 150 fl. einmal für allezeit binnen 4 Wochen das Kloster verlassen, wobey sie aber ihr noch habendes Eigenthum, und was sie in das Kloster gebracht haben, mitnehmen können. (b) [Ferner] bleibt es allen Priesteren oder in höhern Würden stehenden Geistlichen sowohl als Klosterfrauen frey, sich ausser denen kaiserlich königlichen Staaten in fremde Klöster ihr[es] Ordens zu begeben. [S. 3] (c) Welche ferner vom Orden beyderley Geschlechts in einen anderen geistlichen Orden eintreten wollen, diese werde man auf ihr Anmelden mit einem jährlichen Beytrag pro 150 fl. un- <?page no="272"?> 272 terstützen; wann sie aber barmherzige Brüder oder Piaristen würden, sollen jedem 300 fl. und den Weibern, die Elisabethanerinnen würden, 200 fl. hinzu jährlich ex cammera geleistet werden. (d) Ebenso werde man der Absicht behilflich seyn, welche den Weltpriester Stand, jedoch mit genugsamen Ursachen, zur Saecularisierung erwählen wolten; diese hätten nebst dem Landesfürstlichen Titulo Mensae so lang eine jährliche Pension von 300 fl. ab aerario zu erhalten, bis sie nicht durch Beneficia versorgt würden. (e) Denen Ordensgeistlichen männlichen Geschlechts, welche nach ihren Ordens Regeln Gott in stiller Ruhe und von allem weltlichen abgesöndert dienen wollen, stehe zwar frey, ferners nach diesen Regeln zu leben, jedoch hätten sie sich ein Kloster eines anderen Ordens zum künftigen Aufenthalt zu wählen, welchem der für ihren Aufenthalt bestimte Betrag werde entrichtet werden. In denen aufgehobenen Klöstern solle niemand bleiben, der nicht so alt oder kränklich seye, daß er deßwegen nicht in einem andern Kloster oder von seinen Verwandten aufgenommen würde; wann aber solcher ohne Nachtheil transportiert werden könne, seyen alle solche Alte und Kranke in ein Kloster zu übersetzen und hätten allda von ihren Pensionen zu leben. [S. 4] In weiblichen Klöstern könnten jene Professen, die nicht in andere Ordens Klöster übertreten, zwar in einem ihnen anzuweisenden Kloster beysammen bleiben; jedoch werde ihnen von der Landesstelle einverständlich mit dem Herrn Ordinario eine Lebens Ordnung in geist- und weltlichem vorgeschrieben, auch ein geistlicher Vorgesetzter, so wie den in männlichen Klöstern bleibenden Alten und Kranken von dem Herrn Ordinario mit Begnehmigung der Landesstelle bestimmt werden, welcher auf die Beobachtung der ihnen vorgeschriebenen Ordnung und ihre Aufführung zu wachen und dem sie allen gehorsam zu leisten haben werden. Einem solchen Obern seyen jährlich 600 fl. auszumessen. Fünftens: Wie um ferners die Kirchen Schätze in das Jnventarium jeden Orts einzuziehen kommen, so habe die Landesstelle nach genauer Einsicht und Vernehmung der geist- und weltlichen Behörden zu berichten, ob es die Population des betreffenden Ortes erfordere, in denen Kirchen der aufgehobenen Klöster den Gottesdienst fortzusetzen oder nicht, um auch diesfalls das weitere vorzukehren, wo indessen der von denen Priestern des Klosters abzu- <?page no="273"?> 273 haltende Gottesdienst annoch nach Erforderniß wie bishero zu versehen seyn werde. Welch allerhöchste Verordnung Wir Euer Fürstlichen Gnaden zur einstweiligen Wissenschaft geziemend eröffnen und hochdieselbe angelegentlichst ersuchen, den vorgeschriebenen Befehl an das der Churer Dioeces [S. 5] unterstehende Frauen Kloster Valduna, nämlich daß sich selbes der Clausur, wann eine vorhanden, und anderer Befehle wegen, der Landesfürstlichen Commission auf das genaueste fügen solle, ehe möglichst und etwa binnen 8 Tägen längstens anhero zu befördern, damit wir andurch in den Stand gesetzt werden, die benannte Commissionen auszuschicken und das Aufhebungsgeschäft, dessen Bescheinigung uns von allerhöchstem Ort eingebunden worden, vor die Hand zu nehmen, widerigens wir uns, um uns außer aller Verantwortung zu setzen, bemüßiget wären, in der Sache, ohne diese Befehle abzuwarten, fürzugehen. Was endlich die Übersetzung einiger dieser Kloster Frauen in ein anderes Ordens Kloster und die Bestellung eines besonderen Obern für selbe anlangt, da halten wir uns bevor, seiner Zeit das weitere nachzutragen, wie wir dann auch in Ansehung der Kirchen Schätze und des Gottesdienstes in denen aufhebenden Klöstern mit Euer Fürstlichen Gnaden einzuvernehmen ohnvergessen seyn werden. Womit Euer Fürstlichen Gnaden uns dienstlichen Fleißes empfehlen. Euer Fürstlichen Gnaden gehorsam geflißenste Freyburg, den 24. ten Seiner Römischen Kaiserlichen Königlichen Apostolischen Jänner 1782 Majestätischen Regierungs- und Kammer Räthe in österreichischen Vorlanden [Johann Nepomuk] Freyherr von Wittenbach [Joseph Taddäus Johann Nepomuk] Freyherr von Sumeraw <?page no="274"?> 274 Quellentext Nr. 2 Das Gubernium in Innsbruck übersendet dem Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) den Entscheid des kaiserlichen Hofkanzleidekrets vom 26. März 1782, worin Joseph II. anordnet, die den aufgehobenen Klöstern gehörenden Kirchen und Kapellen in den Städten zu räumen und die liturgischen Gerätschaften (zum besten Nutzen) zu veräußern und/ oder die entsprechenden Gotteshäuser auf dem Land − dort wo es nötig erscheint − den neu zu errichtenden Lokalkaplaneien oder Pfarreien zu integrieren; ansonsten seien auch die Gotteshäuser auf dem Land zu leeren und zu verkaufen. Der gesamte Erlös musste in den Religionsfonds fließen. Original / Innsbruck, 9. April 1782. In: BAC, 725.13.041 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1782 April 9]. [S. 4] Briefanschrift: Dem Hochwürdigst Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Herrn Dionysio Bischofen zu Chur, zu Fürstenburg und Fürstenau, unserm gnädigen Herrn. Chur Angabe des Briefeingangs: praesentiert 21. April 1782 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigst Hochgebohrner Fürst, gnädiger Herr! Euer fürstlich Gnaden sind unsre gutwillige[n] Dienst[e] jederzeit anvor. Seine Majestät haben bey nunmehr aufgehobenen Klöstern in der allerhöchsten Absicht, damit deren Wohn Örter und Fahrniße für das Beste der Pfarr- und Religions Cassae benüget und verwendet werden mögen, zufolge k. k. Hofkanzley Decrets vom 26. ten verfloßsenen Monat März neben anderem gnädigst zu verordenen geruhet, daß 1. mo alle Kirchen und Kapellen dieser Klöster, welche in Städten sind, von allen geistlichen Gefäßen und Altar Steinen einverständlich mit den betreffenden Herren Ordinarien zu leeren und nachher zu verkaufen seyen, weil in den Städten Kirchen genug sind und daher deren Beybehal- <?page no="275"?> 275 tung nicht nötig ist. Hingegen wollen Seine Majestät, 2. do auf dem Lande den Unterschied beobachtet wissen, daß, da wo ein oder andere dieser [S. 2] Kirchen zum Gottesdienst wird nöthig erachtet werden, solche beybehalten und dem Localkaplan oder jenem, welche immer die Geistlichkeit dort anstellen wird, eingeräumet, widrigenfalls aber auch derley Kirchen auf dem Lande da, wo es nicht nöthig wird gefunden werden, oder wo ohnedem eine Pfarrkirche in der Nähe ist, nach vorgeschriebener Art geleeret und zum Verkauf dargestellet werden sollen. 3.tio Alle geistlichen Gefässe, alle Kirchen Ornamenten, Wäsche, geistliche Bilder, Crucificae, Leichter und dergleichen seyen nach Maßgab des Bedarfs den armen Pfarreyen oder den neu zu errichtenden Local Kaplaneyen unter der Anfrage und auf allenfälliges Begehren der Ordinarien zu vertheilen, doch so, daß sie immer dem bedürftigsten und nothwendigsten zu Theile werden. Euer fürstlich Gnaden wird dahero diese aller- [S. 3] höchste Willens Meynung zur vorläufigen Wissenschaft mit dem Beysatze hiermit eröffnet, daß man sich über die in Ansehen der betreffenden einzelnen Klöster, welche zufolge allerhöchster Verordnung aufgehoben worden, und derbey selben befindlichen Kirchen insbesondere vorzukherende MasRegeln seiner Zeit die ordentliche gemeinschaftliche Überlegung zu pflegen inzwischen in Vorbehalt nenne. Euer fürstlich Gnaden uns anbey dienstlichen Fleißes empfehlen. Innsbruck, den 9. ten April 1782. Der Römisch Kaiserlich Königlichen Apostolischen Majestät Praesident, Vice-Praesident, auch Räte des Gubernij der österreichischen Fürstenthum und Landen. Gottfried Graf von Heister Leopold Graf von Kinigl Maximilian Anton Pontifeser <?page no="276"?> 276 Quellentext Nr. 3 Das Gubernium in Innsbruck übersendet dem Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) den Entscheid des kaiserlichen Hofkanzleidekrets vom 12. März 1782, worin Joseph II. eine genaue Überprüfung − neu mittels mündlicher und schriftlicher Examina − auf Tauglichkeit der Seelsorger für die Pastoral in den Pfarreien verlangt. Original / Innsbruck, 26. März 1782. In: BAC, 725.13.035 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1782 März 26]). [S. 4] Briefanschrift: Dem Hochwürdigst Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Herrn Dionysius Bischofen zu Chur, Fürstenburg und Fürstenau, unserm gnädigen Herrn. Chur Angabe des Briefeingangs: praesentiert 5. April 1782 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigst Hochgebohrner Fürst, gnädiger Herr! Euer fürstlich Gnaden sind Unsere gutwillige Dienste jederzeit anvor. Seine k. k. Majestät haben in gnädigster Erwegung, daß bey Vergebung landesfürstlicher Pfarreyen ungemein daran gelegen seye zu wissen, was für Subjecte aus den Competenten nach den Absichten der Kirche und des Staates die tauglichsten seyen, zur besseren Erreichung dieses Entzweckes vermöge k. k. Hofkanzleidecrets vom 12. ten gegenwärtigen Monats zu befehlen geruhet, daß nicht nur genugsam tüchtige und in den Grundsätzen des verbesserten Studiums bewanderte Examinatoren bestellet, sondern auch statt der alten scolastischen und mündlichen Art zu examinieren, eine zuverläßige und schriftliche Prüfung künftighin vorgenommen werden solle, vermöge wel- <?page no="277"?> 277 cher den Candidaten die Fragen schriftlich vorzulegen und diese von ihnen schriftlich zu beantworten, nebst dem auch von den Candidaten über ein gegebenes Thema eine kleine geistliche Rede-Übung aufzusetzen wäre, um solchergestalt aus diesem schriftlichen Aufsatze die Fähigkeit zum Predigen, so wie aus den schriftlichen Beantwortungen die Beurtheilungskraft und die soliden Einsichten des Compestirenden desto gewisser entnehmen zu können. Wie dann gedachte Seine Majestät zugleich anordnen, daß mit der dermal pro cura zu prüfenden Mönchen [S. 2] auf eben diese Art verfahren werden solle. Euer fürstlich Gnaden entstehen wir daher nicht, diese allerhöchste Willensmeynung mit dem geziemenden Ansinnen hiermit zu eröffnen, womit sich künftighin bey den mit jenen Priestern, welche zu Pfarreyen, Curazien, Kaplaneyen und überhaupt zur Seelsorge, sowohl als bey jenen, welchen sich nun mehr sämtliche Regulargeistliche zufolge der unterm 29. ten Jänner abhin erflossenen und unterm 8. ten Hornung darauf dahin eröffneten allerhöchsten Verordnung vor dem betreffenden geistlichen Ordinariate oder dessen Delegierten zu unterwerfen haben, aufs genaueste zu benehmen und zu dem Ende an die untergeordnete Behörde die erforderliche Weisung ergehen zu lassen, gefällig seyn möchte. Euer fürstlich Gnaden uns anbey dienstlichen Fleißes empfehlen. Innsbruck, den 26. ten März 1782. Der römisch Kaiserlichen Königlichen Apostolischen Majestät Praesident, Vice-Praesident und Räthe des Gubernij österreichischer Fürstenthum und Landen. Gottfried Graf von Heister Leopold Graf von Kinigl Maximilian Anton Pontifeser <?page no="278"?> 278 Quellentext Nr. 4 Schreiben des bischöflichen Kanzlers Georg Schlechtleutner im Auftrag des Churer Bischofs Franz Dionys von Rost (1777-1793) und des bischöflichen Offiziums [Papiersiegel] an den Provikar des oberen Vinschgaus und Pfarrer zu Glurns, Johannes Evangelist Rungg (1770-1793), gemäß der Vorgaben des Guberniums in Innsbruck und anhand diverser Fragen genaue Angaben zum Stand der Seelsorger, der Pfarreisprengel und zur örtlichen Seelsorgesituation zu machen. Original / Chur, 26. März 1782. In: BAC, 726.02.005 Serienakten: Sammlung diverser Erlasse der österreichischen Landesstellen in Innsbruck und Freiburg i. Br., welche das Churer Ordinariat an den Klerus im Walgau und Vinschgau weitergeleitet hat. 1780-1796 [1782 März 16]. [S. 1] Des Hochwürdigsten Fürsten und Herrn Herrn Dionysius des heil[igen] röm[ischen] Reichs Fürsten und Bischofes zu Chur, Herrn zu Fürstenburg und Fürstenau, aus den Grafen von Rost etc. Wir zu Verabhandlung geistlicher Sachen verordnete Präsident und Räthe [bis hierhin gedruckt, anschließend handschriftlich] entbiethen dem Wohlehrwürdigen unserm besonders lieben Johann Evang[elist] Rungg, Bischöfl[icher] Provicarius und Pfarrer zu Glurns, und gesamten Pfarrern und Beneficiaten des dortendigen Proficariatsdistricts unsern Gruß mit dem weitern Anfügen: Nachdem Seine Hochfürstl[iche] Gnaden unserm gnädigsten Herrn Herrn Ordinarius die allerhöchste Willensmeynung, zu Folge welcher von den Herrn Ordinarien die in den unterstehenden Ordensklöstern und Stiften befindliche, zur Seelsorge taugliche und belehrte Geistliche geprüfet und namhaft gemacht werden sollen, eröffnet worden 11 , verlangen Seine röm[isch] kaiserl[ich] [S. 2] königl[iche] Apostol[ische] Majestät vermög kaiserl[ichen] königl[ichen] Hofkanzleydecrets vom 4. ten Hornung von Höchstdemselben so wie von sämtlichen übrigen Herrn Ordinarien noch die weitere 1 Siehe entsprechendes Schreiben vom 13. Februar 1782 aus Freiburg i. Br. (gemäß kaiserlichen Erlasses vom 29. Januar 1782) an den Churer Bischof in: BAC, 725.13.021. <?page no="279"?> 279 Äußerung, 1. mo wie die Zahl der höchstnothwendigen Geistlichen in den Städten und Marktflecken nach der Population und andern Umständen der Entfernung, der Beschwerlichkeit, der Gebirge, der Wasser oder des Schnees zur Winterszeit, und dergleichen gehörig zu bestimmen, 2. do auf wie viel Seelen ein Geistlicher zu rechnen, 3. tio wie viele Kirchen offen zu belassen und 4. to wie der Gottesdienst und besonders die Heiligen Messen in selben anzuordnen und einzutheilen wären, damit stundweise der nöthige Bedarf zur christlichen Schuldigkeit und [zum] Seelentrost verbleibe, das überflüssige von den Städten aber zur Ersezung des Abganges auf dem Lande verwendet werden könne, [S. 3] wozu besonders die gestifteten Meßen und Andachten, auch mit Dotierung der Localkaplaneyen übersezet und verwendet werden dörften, welchsämtlich allergnädigst verlangten Auskünfte und Vorschläge in Absicht auf alle in dem betreffenden Diöcesantheile befindliche Gegenden und Ortschaften ehemöglichst mit aller Verläßigkeit und Genauigkeit von den betreffenden Behörden einzuholen und fürdersamst mitzutheilen wären. Dieser allerhöchsten Willenmeynung zu Folge befehlen Seine Hochfürstl[iche] Gnaden der Gnädigste Herr Herr Ordinarius gesammten Pfarrern des österreichischen Bisthumsbezirkes, und soviel es die Beneficiaten betrifft, auch diesen, nachstehende Fragen zur ehemöglisten, genauen und zuverläßigen Beantwortung vorzulegen. 1. Wie viele präbendirte oder gestiftete Geistliche in jedem Pfarrbezirk vorfindig, 2. welche aus diesen ir Beneficii mit der Seelsorge beladen, ob sie nur in gewissen Fällen oder [S. 4] allgemein dazu verpflichtet, oder sich gebrauchen lassen müssen. <?page no="280"?> 280 3. In wem jedwedern Beneficiaten Beneficialschuldigkeiten bestehen. 4. Wie viele Seelen und Communicanten jede Pfarrey in sich enthalte. 5. Ob alle diese Pfarrsangehörigen in respective einem Umfange oder zerstreuten Häusern oder kleineren Nebendörfern wohnen und wie weit jedes dieser von der Hauptkirche entfernet oder ob es zerschiedentlich einen beschwerlichen Zugange habe. 6. Wie viele Priester jedes Ortes nach der Lage, der Entfernung und all übrigen Umständen zu unklagbarer Ausübung der Seelsorge und vollständiger geistlicher Besorgung der Anvertrauten nöthig scheinen mögen, ob in einigen Orten ein eigener Priester erwünschlich oder bereits nothwenig. 7. Wie viele Kirchen in jedem Pfarrbezirke vorfindig. 8. Welche Gottesdienste, Predigten, Ämter, Jahrtäge, Messen etc. in jeder ordentlichen Weise [S. 5] entrichtet und abgehalten zu werden, item ob diesen in den Nebenkirchen meistens nur wenige Personen oder zerschiedentlich in beträchtlicher Anzahl beyzuwohnen pflegen. 9. Ob und welche Gottesdienste von was immer Gattungen in den Pfarr- und andern Kirchen zu bestimmten Stunden und zu welchen abgehalten werden, ob mehrere in zerschiedenen Kirchen zu gleicher Zeit. 10. Ob und welche Abänderungen hierin falls zur Ehre Gottes und mehrerer Auferbaulichkeit, auch besserer Bequemlichkeit des Volkes, erwünschlich scheinen. Die Beantwortungen dieser Fragen sollen ehest dem Provikariatamte eingeliefert und von diesem gesondert, so dann auch durchgegangen, ob all solche den Fragen genugsam entsprechen, und wenn <?page no="281"?> 281 sie nicht gehörig verfasset wären, rückgesendet (zu wessen Vermeidung sehr gut geschehen würde, wenn besagte Beantwortungen vom ermeldten Provikariatamte mit jedem insbesondere gemeinschaftlich [S. 6] durchgegangen und berichtiget werden könnten) und allso spätest innerhalb einer Monatsfrist ab his receptis ac Curiam eingeliefert und einbegleitet werden. Darnach sich alle genauest zu benehmen, das Provikariatamt aber dafür all mögliche Sorge zu tragen wissen werden, als welches durch gegenwärtiges allen nachdrucksamst aufgetragen wird. Chur, am 26. März 1782. Des Hochwürdigsten Fürsten und Herrn Herrn Dionysius Bischofes zu Chur, des heil[igen] röm[ischen] Reichs Fürsten, Herrn zu Fürstenburg und Fürstenau, aus den Grafen von Rost etc. zu Behandlung geistl[icher] Sachen verordnete Präsident und Räthe. [L. S.] Georg Schlechtleutner Kanzler [S. 7] Dem Schreiben vom 26. März 1782 ist ein Blatt beigelegt, auf welchem das Datum und die Unterschrift der Seelsorger verzeichnet sind, woraus hervorgeht, dass diese der Aufforderung aus Chur erst im Laufe der Monate Oktober bis Dezember 1782 Folge geleistet und die gewünschten Informationen beim Provikariat in Glurns persönlich eingereicht (»intimatus« [mitgeteilt]) hatten. Entsprechend der Reihenfolge der Einträge waren dies: Pfarrei Schlanders P. Christoph Joseph Ambros OP, Pfr. 27. Oktober 1782 Pfarrei Laas Martin Stulleitacher, Pfr. 7. November 1782 Pfarrei Tschengls Joseph Bartholomäus Graf von Wicka, Pfr. 9. November 1782 Simon Schwarz, Frühmesser 10. November 1782 Kuratie Eyrs David Tuggler, Kurat 10. November 1782 Pfarrei Stilfs Joseph Zischg, Pfr. 12. November 1782 Ulrich Schaller, Frühmesser 12. November 1782 Pfarrei Agums Anton Trafojer, Pfr. 13. November 1782 Joseph Mayr, Frühmesser in Prad 13. November 1782 <?page no="282"?> 282 Kuratie Sulden Mathias Hellrigl, Kurat 13. November 1782 Pfarrei Lichtenberg Michael Zischg, Pfr. 13. November 1782 Pfarrei Matsch Caspar Blaas, Pfr. 16. November 1782 Johann Baptist Pfitscher, Frühmesser 16. November 1782 Pfarrei Schluderns Johann Jakob Schuester, Pfr. 18. November 1782 Pfarrei Taufers Anton Perlinger, Pfr. 19. November 1782 Pfarrei Laatsch Joseph Theiner, Pfr. 20. November 1782 Leonhard Turin, Frühmesser 20. November 1782 Pfarrei Schleis Martin Wallnöfer, Pfr. 21. November 1782 Pfarrei Mals Joseph Tanei, Pfr. 21. November 1782 Pfarrei Haid Peter Paul Mayr, Pfr. 24. November 1782 Joseph Abarth, Frühmesser 24. November 1782 Pfarrei Graun Joseph Scarpatti [Scarpatett], Pfr. 26. November 1782 Martin Patscheider, Frühmesser 26. November 1782 Pfarrei Nauders Anton Haberle, Pfr. 27. November 1782 Mathias Josch, Frühmesser 27. November 1782 Pfarrei Glurns Joseph Bonetta, Frühmesser 7. Dezember 1782 Johannes Evangelist Rungg, Pfr. 19. April 1782 <?page no="283"?> 283 Quellentext Nr. 5 »Verzeichniß der in der Diöces Chur befindlichen Pfarreyen, Localkaplaneyen, Vicariaten und Filialen nebst ihren einverleibten Ortschaften und derselben Familien und Seelen in Tyrol Vinschgauischen Landkapitels Unters Vikariat« [erstellt von Kanzler Georg Schlechtleutner (für die Publikation bearbeitet von A. Fischer)] Reinschrift auf 4 Doppelblättern / expediert am 22. Mai 1784 In: BAC, 880.01.02-008 Dekanate und Pfarreien, Akten zur Josephinischen Pfarrregulierung (1782-1784) Doppelblatt 1 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Meran St. Nikolaus [Stadtpfarrkirche] andere Kirchen in der Stadt Meran: - Kapuzinerkloster - Gymnasium der Benediktiner mit Kapelle - Institut der Englischen Fräulein mit Kapelle - Kirche des aufgehobenen Klarissenklosters - Katharinenkirche - Kapelle St. Barbara - Kapelle Tobelhof - Kapelle im Sand - Landesfürstl. Kapelle im Kelleramt - Pfarrhofkapelle • Stadt Meran Franz Dismas Graf von Mohr [Pfr.] und zwei Kooperatoren --- 276 2163 • Häuser unter dem Berg ¼ 4 13 • Siechenhaus nahe der Stadt Meran mit der St. Leonhardkirche und einem eigenen Benefiziaten --- 1 4 • Zenoburg Kapelle St. Gertrud [ohne Priester] ¼ 6 24 287 2204 Dorf Tirol St. Johannes d. T. [Pfarrkirche] Filialkirche St. Rupert • Dorf Tirol Jakob Veith [Pfr.-Verwalter] sowie ein Kooperator und ein Frühmesser --- 136 664 • Ort Pinele [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 8 35 • Hof Gangfäll 1½ 2 14 • Höfe auf Mutt 1½-2½ 7 50 • Farner (zwei Häuser) ½ 2 9 • Kronbüchel ½ 10 46 • Schloss Tirol Kapelle St. Pankratius [mit eigenem eigenen Benefiziaten] ½ 4 26 169 844 <?page no="284"?> 284 Doppelblatt 1 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Riffian St. Maria Dolorosa [Kuratiekirche zu Tirol] • Dorf Riffian Amandus Egg [Kurat] sowie ein Kooperator und ein Frühmesser --- 70 387 • Berghöfe unter und ober Vernuer mit einer Kapelle [ohne Priester] 1¼ 13 125 • Ausser Ebengut ½ 1 13 • Rafeiser Güter ¾ 7 36 • Berghöfe Schäfler, Magfeld und Walden (oder Raggenhof ) [in der anstoßenden Pfarrei St. Martin in Passeier gelegen] 234 248 16 27 40 105 644 St. Martin in Passeier St. Martin [Pfarrkirche] • Dorf St. Martin P. Theodor Steiner OSB [Pfr.] sowie zwei Kooperatoren und ein Frühmesser --- 126 800 • Ausser- und Innerriedberg Filialkirche Hl. Dreifaltigkeit [ohne Priester] 1-2 55 350 • Unter- und Oberkalbental [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1 bzw. 2 43 254 • Massatzerberg [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1 31 230 • Flonberg und Hinteregg [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1 bzw. 2 54 310 309 1944 Platt in Passeier St. Ursula [Kuratiekirche zu St. Martin/ Passeier] • Dorf Platt P. Joseph Pratzner OSB [Kurat] und ein Kooperator oder Frühmesser 1 114 440 114 440 Doppelblatt 2 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Kuens St. Mauritius [Pfarrkirche] • Dorf Kuens Joseph Larcher [Pfr.] --- 34 214 • zerstreute Häuser ½ --- 9 34 223 <?page no="285"?> 285 Doppelblatt 2 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Gratsch St. Peter [Pfarrkirche] P. Vivardus Graber OCist. [Pfr.] und ein Kooperator --- --- • Dorf Gratsch Nebenkirche St. Magdalena [ohne Priester] ½ 23 140 • zerstreute Höfe zu Mitterplars und Vellau [in der Pfarrei Algund gelegen] 1 8 80 • zerstreute Höfe [in der Pfarrei Tirol und St. Peter gelegen] 1 9 70 • zerstreute Höfe [in der Kuratie Riffian gelegen] 1 8 66 48 356 Pfelders St. Jakobus d. Ä. [Kuratiekirche zu St. Peter-Gratsch] P. Jeremias Amort OCist. [Kurat] und ein Kooperator --- 24 200 Algund St. Maria Himmelfahrt, Hippolyt und Erhard [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Algund: - Kapelle St. Cassian - Kapelle St. Johannes Nepomuk • Dorf Algund Jakob Heiss [Pfr.] und ein Kooperator, mehrfach auch ein Supernumerarius --- 43 310 • Mühlbach mit der Klosterkirche Mariae Verkündigung (des aufgehobenen Dominikanerinnenklosters) ¼ 69 328 • in Ried und Mals [ohne Kirche / ohne Priester] 1 10 62 • Rabland 1 2 17 • Oberplars Kapelle St. Ulrich [ohne Priester] ¾ 17 206 • Mitterplars [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 24 176 • Vellnau [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 8 43 • Vellau Kapelle Maria Krönung [ohne Priester] 1-1½ 23 159 • Abbach Kapelle Maria Schnee [ohne Priester] 3 26 151 • Forst Schlosskapelle St. Peter [ohne Priester] ½ 41 201 263 1653 <?page no="286"?> 286 Doppelblatt 2 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Partschins St. Peter und Paul [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Partschins: - Kapelle zu Oberhaus • Dorf Partschins Johann Schöpf [Pfr.] und meistens zwei Kooperatoren und ein Frühmesser --- 146 740 • Sonnenberg [ohne Kirche / ohne Priester] 1½ 7 70 • Quadrat [ohne Kirche / ohne Priester] 1 9 63 • Tabland [ohne Kirche / ohne Priester] 1-1½ 13 96 • Vertingen [ohne Kirche / ohne Priester] ¼ 8 64 • Töll Kapelle Hl. Kreuz [ohne Priester] ¼ 9 52 • Dorf Rabland Filialkirche St. Jakobus Christian Disner [Benefiziat] ½ 17 148 • diverse zerstreute Höfe ¼-1¼ 10 41 219 1274 Plaus St. Ulrich und Johannes d. T. [Pfarrkirche] • Dorf Plaus Dominikus Maurer [Pfr.] --- 19 90 • zerstreute Höfe auf dem Berg 1-1½ 10 60 29 150 Doppelblatt 3 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Naturns St. Zeno [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Naturns: - Kirche St. Proculus - Kapelle St. Michael - Kapelle St. Ursula - Pfarrhauskapelle • Dorf Naturns Pfarrer und zwei Kooperatoren [Pfarrstelle gegenwärtig vakant] --- 43 371 • Steiner Tegney mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche / ohne Priester] ¾ 17 95 • Stabender Tegney mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 20 146 • Sonnenberg mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche / ohne Priester] 2-3 25 190 • Dorf Rampatsch [ohne Kirche / ohne Priester] ¼ 53 214 • Nördersberg mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche / ohne Priester; außer Kapelle St. Ursula auf Schloss Dornsberg] 1-1½ 26 143 • Dorf Tschirland Filialkirche St. Oswald [ohne Priester] ½ 66 309 250 1468 <?page no="287"?> 287 Doppelblatt 3 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Katharinaberg im Schnalstal St. Katharina [Kuratiekirche zu Naturns] • Katharinaberg Lorenz Beer [Kurat] --- --- --- Drei Talschaften gehören zu dieser Gemeinde: • Pfossental • Sonnenberg • Tal neben dem Schnalsbach [jeweils ohne Kirche / ohne Priester] 1½-3½ ¼-1 ¼-1 20 26 36 112 174 156 82 442 Schnals, Unser Frau St. Maria Aufnahme in den Himmel [Pfarrkirche] Die Pfarreiangehörigen können auf folgende Gegenden aufgeteilt werden: • Untervernagg [mit Pfarrkirche und Kapelle St. Joseph] Joseph Disner [Pfr.] und meistens ein Kooperator ¼ 43 230 • Obervernagg Kapelle St. Johannes Nepomuk [ohne Priester] ¼-1 21 163 • Ausserguflgand [ohne Kirche / ohne Priester] ¼-1½ 35 219 • Kurzras [ohne Kirche / ohne Priester] 1-2 9 70 108 682 Vent im Ötztal St. Jakob d. Ä. [Kuratiekirche zu Schnals] mit einer Kapelle Maria vom Guten Rat zu Rofen • Siedlung Vent Anton Franz Punt [Kurat] Von der Pfarrkirche in Schnals waren die Gläubigen 6 bis 7 Std. entfernt. ½ 13 90 13 90 Tschars St. Martin [Pfarrkirche] • Dorf Tschars Peter Felix Grabmayr [Pfr.] und zwei Kooperatoren --- 82 407 • Kastelbell öffentliche Kapelle in Schloss Kastelbell [ohne Priester] 1 52 134 • Galsaun öffentliche Kapelle Hl. Dreifaltigkeit in Schloss Kasten [ohne Priester] ½ 59 144 • Egg zu Juval Kapelle St. Georg in Schloss Juval [ohne Priester] 1 14 99 • Trumsberg [ohne Kirche / ohne Priester] 1-2 19 123 • Neunhöfer und Schleidertaler Alm [ohne Kirche / ohne Priester] 1-1½ 20 109 • Tannberg Kapelle Maria Hilf [ohne Priester] 1-2 27 158 • Staben Kapelle St. Ulrich [ohne Priester] ½ 31 145 • Tabland Kapelle St. Nikolaus [ohne Priester] 1 52 186 356 1505 <?page no="288"?> 288 Doppelblatt 4 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Latsch St. Peter und Paul [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Latsch: - Spitalkirche - St. Maria auf dem Bichel - St. Nikolaus (Malteserorden) • Dorf Latsch Anton Ulrich Platter [Pfr.] und zwei oder drei Kooperatoren, Kurat an der Spitalkirche, Benefiziat an Kirche St. Maria auf dem Bichel und ein Benefiziat auf Montani --- 138 757 • Schloss Annaberg St. Anna-Kirche [ohne Priester] ¾ 3 22 • St. Martin am Kofl Filialkirche St. Martin Johann Franz Blaas [Benef.] 1-3 31 246 • Marein und Latschinig Filialkirche St. Andreas Franziskus Raggl [Benef.] ½ 34 201 • Dorf Tarsch Filialkirche St. Michael und die Kapellen St. Carpophorus (Deutschorden) sowie St. Medardus (Malteserorden) Johannes Chrysostomus Lanpacher [Benef.] • Freiberger Höfe ½ 1-1¼ 108 18 400 84 • Dorf Morter Filialkirche St. Dionysius Matthäus Plazner [Benef.] • Schloss und Meierhof Montani mit der Kapelle St. Stephanus • Martellerhöfe [ohne Kirche / ohne Priester] • Kirche St. Blasius ¾ ½ 1½-2 64 3 13 306 23 60 • Dörfer Goldrain, Schanzen und Tiss Filialkirche St. Luzius in Tiss Christian Ortler [Benef.] • Vazanerhöfe • Kapelle St. Antonius • Kapelle St. Anna in Schanzen ¼-1 ¾ 87 3 439 21 • weitere zerstreute Höfe im Pfarrbezirk Latsch 59 441 561 3000 Martell St. Walburga [Pfarrkirche] • Martelltal mit zerstreuten Höfen P. Lorenz Stricker OT [Pfr.] und ein Frühmesser 1-2 164 719 164 719 <?page no="289"?> 289 Quellentext Nr. 6 »Verzeichniß der in der Diöces Chur befindlichen Pfarreyen, Localkaplaneyen, Vicariaten und Filialen nebst ihren einverleibten Ortschaften und derselben Familien und Seelen in Tyrol Vinschgauischen Landkapitels Oberes Vikariat« [erstellt von Kanzler Georg Schlechtleutner (für die Publikation bearbeitet von A. Fischer)] Reinschrift auf 4 Doppelblättern / expediert am 22. Mai 1784 In: BAC, 880.01.02-009 Dekanate und Pfarreien, Akten zur Josephinischen Pfarrregulierung (1782-1784) Doppelblatt 1 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Schlanders St. Maria Aufnahme in den Himmel [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Schlanders: - Kapuzinerkloster - Kirche St. Michael - Spitalkirche - Kapelle St. Ingenius - Kapelle St. Maria Heimsuchung im Schloss Schlandersburg - Kapelle Maria Trost zu Freudenthurn • Markt Schlanders P. Christoph Joseph Ambros OT [Pfr.] sowie ein Kooperator, ein Spital- und ein Schulkaplan --- 197 833 • Dorf Kortsch Filialkirche St. Johannes d. T. Michael Schuster [Benef.] • Kapelle St. Ägidius • Kapelle St. Georg • Kapelle St. Laurentius ¼-½ 164 729 • Dorf Göflan Filialkirche St. Martin [ohne eigentlichen Benefiziaten] • Kapelle St. Walburga ¼-½ 74 319 • Dorf Vezzan Filialkirche St. Nikolaus [ohne Priester] ¾ 25 139 • Berggemeinde Sonnenberg [ohne Kirche / ohne Priester] 1-2 65 416 • Berggemeinde Nördersberg [ohne Kirche / ohne Priester] 1-2 67 329 • Berggemeinde Allitz und Trög Filialkirche St. Mauritius [ohne Priester] ¾-2 27 141 619 2906 <?page no="290"?> 290 Doppelblatt 1 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Laas St. Johannes d. T. [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Laas: - Kapelle St. Sisinius - Kapelle St. Nikolaus - Kapelle St. Markus - Kapelle St. Martin - Kapelle St. Maria bei der Brücke • Dorf Laas P. Paulus Kloz OT [Pfr.] Martin Stulleitacher [Pfr.-Verwalter] und ein Frühmesser --- 190 743 • Berggemeinde Allitz Filialkirche Mariae Heimsuchung [ohne Priester] 1-1½ 17 79 • Berggemeinde Bernetz [ohne Kirche / ohne Priester] 1-1½ 14 66 • Berggemeinde Tarnell [ohne Kirche / ohne Priester] 1-1½ 10 60 231 948 Tschengls St. Maria Geburt [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Tschengls: - Kapelle St. Ottilia • Dorf Tschengls Joseph Bartholomäus Graf von Wicka [Pfr.] und ein Frühmesser • zerstreute Berghöfe [ohne Kirche / ohne Priester] --- ¾ 86 10 249 47 • Dorf Eyrs Filialkirche St. Remigius David Tuggler [Benef.] • Kapelle St. Joseph ¼ 51 228 • Dorf Tanas Filialkirche St. Anna Johannes Höllrigl [Benef.] nicht weit davon entfernt 5 Höfe weiter davon entfernt 10 Höfe mit der Filialkirche St. Peter u. Paul 1¼-1½ 1¼-1½ 1¼-1½ 12 5 10 112 29 118 174 783 Schluderns St. Katharina und Agatha [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Schluderns: - Kapelle St. Michael - Kapelle im Schloss Churburg - Kapelle St. Antonius • Dorf Schluderns Johann Jakob Schuester [Pfr.] und ein Frühmesser --- 118 579 • zerstreute Höfe [ohne Kirche / ohne Priester] ¼-1 26 174 144 753 <?page no="291"?> 291 Doppelblatt 2 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Matsch St. Luzius und Florinus [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Matsch: - Kapelle St. Florinus • Dorf Matsch Caspar Blaas [Pfr.] und ein Frühmesser --- 68 423 • Cartatsch Kapelle St. Maria [ohne Priester] ½ 7 44 • zerstreute Häuser ½ 6 34 • Schloss Weisenhorn mit Kapelle St. Martin [ohne Priester] ¾ 1 9 • zerstreute Höfe auf Run und Ell [ohne Kirche / ohne Priester] 1 5 44 • 4 Höfe auf einer Alp [ohne Kirche / ohne Priester] 1½ 4 39 91 593 Mals St. Mariae Aufnahme in den Himmel [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Mals: - Kapuzinerhospiz - Nebenkirche St. Johannes d.T. - Nebenkirche St. Martin - Nebenkirche St. Benedikt - Nebenkirche St. Ulrich (14 Nothelfer) - Nebenkirche St. Nikolaus - Nebenkirche St. Michael - Totengruftkapelle Hl. Kreuz • Markt Mals Joseph Tanei [Pfr.] sowie ein Kooperator, ein Frühmesser und ein Benefiziat bei der 14-Nothelfer- Kirche --- 178 861 • Dorf Tartsch Filialkirche St. Andreas Thomas Romanin [Benef.] daselbst befinden sich: • Filialkirche St. Veit • Filialkirche St. Christina ½ 62 280 • Dorf Planeil Filialkirche St. Nikolaus Anton Steck [Benef.] 2 49 253 • Plawenn mit 6 Höfen Filialkirche Mariae Heimsuchung [Benefiziat vakant] 2 7 38 • Alsack mit 5 Höfen [ohne Kirche / ohne Priester] 1½ 6 39 • 5 weitere verstreute Höfe [ohne Kirche / ohne Priester] 1 7 34 309 1505 Glurns St. Pankratius [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Glurns: - Kapelle St. Johannes Nepomuk - Kapelle St. Anna - U. L. Frauenkirche - Kirche Hl. Dreifaltigkeit - Kapelle St. Martin - Kapelle St. Lorenz • Stadt Glurns Johannes Ev. Rungg [Pfr.] und ein Frühmesser --- 115 676 • 3 zerstreute Höfe 1-1½ 5 20 • 2 Höfe in Sölles Kapelle St. Jakobus [ohne Priester] ½ 2 13 122 709 <?page no="292"?> 292 Doppelblatt 2 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Agums St. Georg [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Agums: - Kapelle St. Antonius • Dorf Agums Anton Trafojer [Pfr.] --- 34 168 • Dorf Prad Filialkirche St. Johannes d. T. Joseph Mayr [Benef.] ¼ 118 586 • zerstreute Berghöfe [ohne Kirche / ohne Priester] ½-2 28 163 180 917 Doppelblatt 3 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Stilfs St. Ulrich [Pfarrkirche] • Dorf Stilfs Joseph Mayr [Pfr.] und ein Frühmesser --- 116 537 • zerstreute Höfe [ohne Kirche / ohne Priester] ¾ 31 122 • Tal Trafoi Kapelle St. Maria [mit einem freiwilligen Priester] 3 10 119 • Tal Sulden [ohne Kirche / ohne Priester] bis 3 13 122 • Kuratie Sulden Kuratiekirche St. Gertrud Matthias Höllrigl [Kurat] 2-3 19 103 189 1003 Lichtenberg Hl. Dreifaltigkeit [Pfarrkirche] weitere Kirchen auf Pfarrgebiet: - Kapelle auf Schloss Lichtenberg - Kapelle St. Christina - Kapelle St. Johannes Nepomuk • Dorf Lichtenberg Michael Zischg [Pfr.] --- 54 273 • zerstreute Häuser auf dem Berg [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1¼ 35 151 89 424 <?page no="293"?> 293 Doppelblatt 3 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Taufers St. Blasius [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Taufers: - Nebenkirche St. Johannes d. T. - Nebenkirche St. Nikolaus - Nebenkirche St. Martin - Nebenkirche St. Antonius - Nebenkirche St. Michael • Dorf Taufers Anton Perlinger [Pfr.] und ein Frühmesser --- 46 502 • Riffair Filialkirche St. Valentin [ohne Priester] ½ 19 140 • Puntweil Filialkirche St. Rochus [ohne Priester] ½ 7 35 • zerstreute Höfe [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1½ 6 57 78 734 Laatsch St. Luzius und Florinus [Pfarrkirche] weitere Kirchen auf Pfarrgebiet: alte Pfarrkirche St. Thomas - Kapelle St. Leonhard - Kapelle St. Cäsarius • Dorf Laatsch Joseph Theiner [Pfr.] und ein Frühmesser --- 129 539 129 539 Schleis St. Laurentius und Matthäus Ap. [Pfarrkirche] weitere Kirchen in Schleis: - Nebenkirche St. Antonius • Dorf Schleis Martin Wallnöfer [Pfr.] und Stiftung für einen Frühmesser --- 64 285 • 3 Berghöfe [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1¾ 3 24 67 309 Burgeis St. Maria Geburt [Pfarrkirche] weiter Kirchen in Burgeis: alte Pfarrkirche St. Nikolaus - Kapelle St. Michael - Kapelle Hl. Kreuz - Kapelle St. Martin in Sersä Schlosskapelle auf Fürstenburg • Dorf Burgeis P. Alfons Venalter OSB --- 160 779 • Ulten Kapelle St. Joseph [ohne Priester] ½ 4 32 • 2 Höfe auf Fischgaders [ohne Kirche / ohne Priester] 1 2 14 166 825 <?page no="294"?> 294 Doppelblatt 3 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Schlinig St. Stephanus [Pfarrkirche] dem Kloster Marienberg inkorporiert P. Anselm Schmid OSB [Pfr.] --- --- • Meierhöfe beim Kloster Marienberg --- --- 32 • Premiur-Höfe Filialkirche St. Maria [ohne Priester] ½ 8 40 • Schlinig Filialkirche St. Antonius [ohne Priester] 1 19 111 27 183 Haid St. Valentin [Pfarrkirche] • Dorf Haid Peter Paul Mayr [Pfr.] und ein Frühmesser --- 32 150 • Dorf Muntaplair Filialkirche St. Joseph [ohne Priester] ½ 42 212 • Federspielhof Kapelle Maria Hilf [ohne Priester] ½ 5 19 • Hummelhof [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 6 43 • Padellhöfe Kapelle St. Antonius [ohne Priester] ½ 6 29 • Plaguthof [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 6 33 • Gschonhöfe [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 24 114 • Stocherhof [ohne Kirche / ohne Priester] ½ 5 24 126 624 <?page no="295"?> 295 Doppelblatt 4 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Graun St. Katharina Mart. [Pfarrkirche] • Dorf Graun Joseph Scarpatetti [Pfr.] und ein Frühmesser --- 134 515 • zerstreute Berghöfe zu Graun [ohne Kirche / ohne Priester] ½-¾ 53 236 • Dorf Reschen Filialkirche St. Sebastian Johann Georg Lechtaler [Benef.] ½ 98 357 • zerstreute Berghöfe rund um Reschen: - Pitz mit 6 Häusern - Ray mit 4 Höfen - Inndras mit 1 Hof - Rayen mit 5 Höfen - Gusra mit 1 Hof - Hochmühle ¾¾2 2½ 33 16 12 1721 87 53 4 33 18 6 • Tal Langtaufers mit 2 Filialkirchen: St. Martin im äußeren Tal und St. Nikolaus bei den inneren Höfen des Tals Joseph Eller [Benef. bei St. Nikolaus] ½-3 104 450 428 1759 Nauders [gehörte zum Dekanat Engadin] St. Valentin [Pfarrkirche] weitere Kapellen in Nauders: - Kapelle Allerheiligen - Kapelle St. Leonhard - Kapelle Maria Hilf - Kapelle Hl. Geist im Spital - Kapelle Maria Schmerzen bei den Mühlen - Kapelle in Schloss Naudersberg [alle ohne eigenen Priester] • Dorf Nauders Anton Haberle [Pfr.] und ein Frühmesser --- 298 1046 • Finstermünz Kapelle Mariae Himmelfahrt [ohne Priester] 1 7 32 • Martinsbruck mit einem Zollkaplan [ohne Kirche] 1 5 37 • 7 zerstreute Höfe [ohne Kirche / ohne Priester] ½-1 10 48 • Ober- und Unter-Spiss Filialkirche St. Johannes d. T. [Benefiziat vakant] 3 35 176 • Gstalda mit wenigen Häusern [zu Spiss] ½ [von Spiss] 8 30 • Noggles mit wenigen Häusern [zu Spiss] 1 [von Spiss] 6 26 369 1395 <?page no="296"?> 296 Quellentext Nr. 7 »Verzeichniß der in der Diöces Chur befindlichen Pfarreyen, Localkaplaneyen, Vicariaten und Filialen nebst ihren einverleibten Ortschaften und derselben Familien und Seelen im Vorarlbergischen Drusianischen Landkapitels Äußeres Vikariat« [erstellt von Kanzler Georg Schlechtleutner (für die Publikation bearbeitet von A. Fischer)] Reinschrift / expediert am 22. Mai 1784 In: BAC, 870.05.03-008 Dekanate und Pfarreien, Akten zur Josephinischen Pfarrregulierung (1782-1785) Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Feldkirch St. Nikolaus [Stadtpfarrkirche] andere Kirchen in der Stadt Feldkirch: - Benediktinerpriorat (von Ottobeuren) - Kirche Sta. Maria - Spitalkirche - Kapuzinerkloster mit Kirche - Kirche St. Leonhard - Kirche auf dem Friedhof - Kapelle St. Vitus - Kapelle Mariae Schmerzen • in Stadt Feldkirch Franz Xaver Fröwis [Stadt-Pfr. / can. cur.] 1 Pfarrhelfer 8 Benefiziate • außerhalb der Stadt Feldkirch: 3 Geistliche des Benediktinerpriorats besorgen Tisis --- 232 1073 • außerhalb, aber nahe der Stadt Feldkirch: in zerstreuten Häusern --- 22 107 254 1080 Tosters St. Cornelius und Cyprian [Pfarrkirche] - Filialkirche St. Wolfgang • St. Cornelius, wo die Pfarrkirche steht Stelle des Ortspfarrer vakant --- 4 20 • Tosters, Dorf ⅜ 21 121 • Egelsee [ohne Kirche] ¼ 11 59 • Hueb [ohne Kirche] ¾ 13 63 49 263 Tisis St. Michael [Pfarrkirche] Kirche Hl. Kreuz Kapelle St. Margareta Kapelle St. Wolfgang in Glend Kapelle St. Antonius • unmittelbar bei der Pfarrkirche wohnend P. Dominikus Rosenast OSB (Ottobeuren) --- 2 7 • bei der Kirche Hl. Kreuz ½ 35 156 • auf der Lätze ½ 6 34 • in Gallmist ½ 12 59 • in Schaanwald ½ 2 8 • in der Hueb ½ 2 13 • in Tosters ½ 3 17 • in Glend, bei der Kapelle St. Wolfgang ¼ 11 61 • in Chris ¼ 16 85 • in Carina ¼ 13 55 • bei der Kapelle St. Antonius ¼ 2 14 104 509 <?page no="297"?> 297 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Altenstadt St. Pankratius [Pfarrkirche] Dominikanerinnenkloster mit Kirche in Altenstadt Kapelle St. Martin Filialkirche St. Sebastian in Gisingen • Altenstadt, Dorf Joseph Anton Mayr [Pfr. / can. cur.] Frühmesser --- 85 545 • Gisingen, Dorf mit der Filialkirche [ohne Priester] ¼ 81 435 • Levis, Dorf mit der Filialkirche St. Magdalena [ohne Priester] ¼ 30 190 • nächstens an Feldkirch angrenzende zerstreute Häuser ½ 6 20 • Schloss Schattenburg mit der Kapelle St. Ulrich ½ 2 14 204 1204 Nofels St. Mariae Heimsuchung [Pfarrkirche] Filialkirche U. L. F. in Bangs Nofels, Dorf Franz Ignaz Relling [Pfr.] --- 28 151 • Schwefelbad unweit von Nofels mit der Kapelle St. Antonius --- 1 5 • Fresch, kleines Dorf mit der Kapelle St. Martin [ohne Priester] ½ 18 87 • Bangs, Dorf mit der Filialkirche U. L. F. [ohne Priester] ¾ 34 142 • Matschels, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] 1 14 58 95 443 Göfis St. Luzius [Pfarrkirche] Filialkirche St. Sebastian Göfis, Dorf Leonhard Andreas Fuetscher [Pfr.] --- 55 282 • Hofen, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 37 184 • Düns, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 17 80 • Runggels, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 17 93 • Tufers, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ½ 22 188 • auf dem Stein [zerstreute Häuser] ½ 3 14 • bei den 3 Laden [zerstreute Häuser] ¾ 3 14 • bei der Goldenen Mühle [zerstreute Häuser] ¾ 2 13 • Schildried ½ 1 8 157 796 Meiningen St. Agatha [Pfarrkirche] Meiningen, Dorf Thomas Duelli [Pfr.] --- 79 378 79 378 <?page no="298"?> 298 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Rankweil Maria Heimsuchung auf dem Frauenberg [Pfarr- und Wallfahrtskirche] Filialkirche St. Georg in Sulz Filialkirche St. Joseph in Dafins Filialkirche St. Wendelin in Buchebrunnen Filialkirche Maria Hilf in Batschuns Filialkirche St. Anna in Brederis Rankweil, St. Maria Joseph Hannibal Grass [Pfr.] Kooperator Beichtbenefiziat Frühmesser Inhaber des Morserisches Benefiziums --- 340 1650 • Sulz, Dorf mit der Filialkirche St. Georg [ohne Priester] ¾ 80 360 • Dafins, kleines Dorf mit der Filialkirche St. Joseph [ohne Priester] 1 ¼ 28 129 • Buchebrunnen, kleines Dorf mit der Filialkirche St. Wendelin [ohne Priester] 1 ¼ 16 96 • Batschuns, kleines Dorf mit der Filialkirche Maria Hilf [ohne Priester] ¾ 36 169 • Brederis, kleines Dorf mit der Filialkirche St. Anna [ohne Priester] ½ 26 125 • Muntlix, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 25 120 551 2649 Rankweil St. Peter [Pfarrkirche] Rankweil, St. Peter P. Martin Endel (Regularkanoniker in Kreuzlingen) --- 9 39 • zwei Häuser ⅛ 2 14 11 53 Übersaxen St. Bartholomäus [Pfarrkirche] Übersaxen, Dorf Johannes Ev. Barfuss [Pfr.] --- 60 274 60 274 Röthis St. Martin [Pfarrkirche] Minoritenkloster auf dem Viktorsberg mit Kirche Röthis, Dorf Joseph Johannes Nepomuk Gugger von Staudach [Pfr.] Frühmesser --- 92 417 • Viktorsberg 1 28 104 120 521 Koblach St. Sebastian und Kilian [Pfarrkirche] Koblach, Dorf P. Petrus Innenhofer (Regularkanoniker in Kreuzlingen) --- 31 158 • Au, Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 39 170 • Mäder, Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 23 109 93 437 Klaus St. Agnes [Pfarrkirche] Klaus, Dorf Laurentius Lorenzi [Pfr.] --- 85 372 85 372 Fraxern St. Jakobs d. Ä. [Pfarrkirche] Fraxern, Dorf Johann Martin Dörler [Pfr.] --- 56 260 • vier Häuser auf Orsanken ½ 4 12 60 272 <?page no="299"?> 299 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Laterns St. Nikolaus [Pfarrkirche] Filialkirche St. Martin in Wies Filialkirche Maria Schnee in Bonacker Laterns, Dorf [Siedlung zerstreut] Franz Carl Tscheter [Pfr.] --- 37 215 • Furen, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ½ 10 44 • Wies, kleines Alpdorf mit der Filialkirche St. Martin [ohne Priester] ¾ 11 54 • Bonacker, kleines Dorf mit der Filialkirche Maria zum Schnee [ohne Priester] ½ 20 88 • hinterer Laterns mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche u. Priester] 1-1 ½ 43 215 121 616 Weiler Allerheiligen [Pfarrkirche] Weiler, zerstreute Siedlung Johann Christoph Vonbrun [Pfr.] --- 50 249 50 249 Götzis St. Ulrich [Pfarrkirche] Wallfahrtskirche St. Arbogast Filialkirche St. Martin in Altach Filialkirche St. Johannes Nepomuk in Ober- und Unterbauen Filialkirche Hl. Dreifaltigkeit in Schwefel Filialkirche St. Wolfgang in Meschach Götzis, Dorf Johann Benedikt Mayr [Pfr.] Frühmesser --- 217 1110 • St. Arbogast [Wallfahrtskirche] ¼ 1 7 • Altach, kleines Dorf mit zerstreuten Häusern / Filialkirche St. Martin [ohne Priester] ½-1 98 495 • Ober- und Unterbauen, zerstreute Siedlung mit der Filialkirche St. Johannes Nepomuk [ohne Priester] ¾-1 58 302 • Schwefel, Dorf mit der Filialkirche Hl. Dreifaltigkeit [ohne Priester] ¾-1 22 104 • Meschach, zerstreute Siedlung auf dem Berg mit Filialkirche St. Wolfgang [ohne Priester] 1-2 27 132 423 2150 Satteins St. Georg [Pfarrkirche] Nebenkirche St. Sebastian u. Rochus Satteins, Dorf Jakob Jos [Pfr.] --- 144 760 • 2 Häuser auf dem Berg 1 4 13 148 773 Schlins Maria Unbefleckte Empfängnis [Pfarrkirche] Filialkirche St. Anna in Frommengärsch Filialkirche St. Magnus in Röns Schlins, Dorf Andreas Franz Meyer [Pfr.] --- 71 297 • Schloss Jagdberg mit Kapelle St. Michael [ohne Priester] ⅛ 1 3 • Frommengärsch, Dorf mit der Filialkirche St. Anna [ohne Priester] ¼ 23 117 • Röns, Dorf mit der Filialkirche St. Magnus [ohne Priester] ½ 24 112 119 529 Schnifis St. Johannes d. T. [Pfarrkirche] Filialkirche St. Antonius in Düns Schnifis, Dorf mit Einschluss einiger entlegenen Häuser Johann Baptist Leon [Pfr.] --- 89 455 • Düns, Dorf mit der Filialkirche St. Antonius [ohne Priester] ½-1 47 233 • Schnifiser und Dünserberg mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche u. Priester] ½-1 bzw. 1 ½ 33 143 169 831 <?page no="300"?> 300 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Fontanella St. Sebastian und Martin [Pfarrkirche] Fontanella, zerstreute Berggemeinde Johann Georg Rinzler [Pfr.] --- 30 173 • Mittelberg, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ½ 19 91 • Türtsch, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] 1 16 70 • Garlitt, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ½ 10 46 • Seewald, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] 1 4 34 79 414 Damüls St. Nikolaus [Pfarrkirche] Damüls, Dorf Franz Morscher [Pfr.] --- 15 54 • Oberdamülserberg, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ¼-1 11 35 • Uganerberg, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ¼-¾ 13 46 • Oberschwendeberg, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ½ 14 60 • Unterschwendeberg, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] 1 7 36 60 231 <?page no="301"?> 301 Quellentext Nr. 8 »Verzeichniß der in der Diöces Chur befindlichen Pfarreyen, Localkaplaneyen, Vicariaten und Filialen nebst ihren einverleibten Ortschaften und derselben Familien und Seelen im Vorarlbergischen Drusianischen Landkapitels Inneres Vikariat« [erstellt von Georg Schlechtleutner (für die Publikation bearbeitet von A. Fischer)] Reinschrift / expediert am 22. Mai 1784 In: BAC, 870.05.03-009 Dekanate und Pfarreien, Akten zur Josephinischen Pfarrregulierung (1782-1785) Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Bludenz St. Laurentius [Stadtpfarrkirche] innerhalb der Stadt: Kapuzinerkloster mit eigener Kirche Spitalkirche außerhalb der Stadt: Kirche Hl. Kreuz (nahe bei der Stadt) Kuratiekirche U.L.F. in Stallehr Kapelle St. Anna in Braz Bludenz, Stadt Franz Anton Kaiser [Pfr.] 3 Benefiziaten --- 151 688 • Obdorf und Hasensprung, zerstreute Häuser [ohne Kirche u. Priester] ¼ 11 49 • Rungelin, kleines Dorf mit der Kirche St. Antonius [ohne Priester] mit Einschluss entfernteren Häusern ¼ 46 109 • Brunnenfeld, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester] ¼ 10 40 • Stallehr, kleines Dorf mit der Kuratiekirche U. L. F. [Kurat] - Lorüns, kleines Dorf mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche u. Priester, von der Kuratie ¼ Std. entfernt] - Bings, kleines Dorf [ohne Kirche u. Priester, von der Kuratie ¼ Std. entfernt] - St. Leonhard mit der gleichnamigen Kirche [ohne Priester, von der Kuratie ½ Std. entfernt] ¾ ¾ ¾ ¾ 15 18 19 4 60 82 90 17 • Braz mit Radin und Grubs, zerstreute Siedlung mit der Kapelle St. Anna [ohne Priester] 1 ½ 77 367 351 1502 Frastanz St. Sulpitius [Pfarrkirche] Frastanz, Dorf Johann Joseph Zangerle [Pfr.] Frühmesser --- 50 253 • Neben- oder Unterdorf Einlis, mit einer Kapelle [ohne Priester] --- 46 209 • Frastafeders, kleines Dorf oberhalb von Frastanz [ohne Kirche u. Priester] - Oberfrastafeders ⅛ ½ 20 3 95 21 • Gampelün und Anderhalden, zerstreute Bergsiedlungen [ohne Kirche u. Priester] ¾ 24 99 • am Berg, im Tobel und in Kofen [ohne Kirche u. Priester] ¾ 5 23 • Amerlügen-Berg und Bodenwald [ohne Kirche u. Priester] ¾ 28 133 • Nebendorf am Berg Fellengatter [ohne Kirche u. Priester] ½ 40 169 216 1002 <?page no="302"?> 302 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Nenzing St. Mauritius [Pfarrkirche] Kapelle oberhalb des Dorfes Kapelle St. Martin in Beschling Kapelle St. Valentin in Latz Kapelle Mariae Heimsuchung in Gurtis Nenzing, Dorf Joseph Ignaz Boch [Pfr.] Frühmesser --- 201 917 • Nenzingerberg, zerstreute Siedlung [ohne Kirche u. Priester] 1 ½-2 9 43 • Beschling, Dorf mit Kapelle St. Martin [ohne Priester] ½ 38 154 • Latz, Dorf mit der Kapelle St. Valentin [ohne Priester] 1 17 93 • Motten, Dorf [ohne Kirche u. Priester] 1 ½ 11 54 • Mariex [ohne Kirche u. Priester] 1 ½ 7 40 • Rossnis, Eisenal, Halden, Rungeletsch, Bühel, Tobel, Gampelün, einzelne Siedlungen mit zerstreuten Häusern [ohne Kirche u. Priester] 1 ½ 24 138 • Gurtis, Dorf mit der Kapelle Mariae Heimsuchung [ohne Priester] 1 ¾ 33 182 340 1621 Nüziders St. Viktor [Pfarrkirche] Kapelle im Dorf Alte Pfarrkirche außerhalb des Dorfs Kapelle Maria Hilf auf Latz-Berg Nüziders, Dorf Adam Ammann [Pfr.] Frühmesser --- 92 397 • Latz-Berg, Siedlung mit der Kapelle Maria Hilf [ohne Priester] ¼-¾ 8 32 • Muttersberg [ohne Kirche u. Priester] 1 ½-2 11 56 • Hinteroferst, zerstreute Häuser auf dem Land [ohne Kirche u. Priester] ¼ 16 76 127 561 Braz St. Nikolaus [Pfarrkirche] Inner- und Ausserbraz, zerstreute Gemeindesiedlung Franz Anton Leo [Pfr.] Frühmesser Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche ist sehr unterschiedlich, etwa eine ½ Stunde Gehzeit. 3 Häuser 1 Haus bis ½ ¾ 1 ½ 87 400 87 400 Dalaas St. Oswald [Pfarrkirche] Nebenkirche Hl. Kreuz mit einem eigenen Benefiziaten [ohne Seelsorge] Kuratiekirche St. Anna in Wald am Arlberg Dalaas, zerstreute Gemeindesiedlung Johann Joseph Bitschnau [Pfr.] Franz Xaver Leo [Kurat] Frühmesser Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche ist sehr unterschiedlich und reicht bis zu 1 Stunde Gehzeit. bis ¾ oder 1 132 496 • Wald am Arlberg, zerstreute Häuser mit der Kuratiekirche St. Anna Die Entfernung der Bewohner von Wald zur Kuratiekirche beträgt ca. ½ Std. Gehzeit. ¾ 52 229 184 725 Klösterle St. Johannes d. T. [Pfarrkirche] Klösterle, zerstreute Gemeindesiedlung Johann Matthias Sander [Pfr.] Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche ist unterschiedlich. bis ½ oder ¾ 84 340 84 340 <?page no="303"?> 303 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Stuben Unsere Liebe Frau [Pfarrkirche] Stuben, Dorf Jonas Egger [Pfr.] --- 20 107 20 107 Bürs St. Martin [Pfarrkirche] Kapelle St. Wolfgang Kapelle St. Johannes Nepomuk Bürs, Dorf Joseph Ignaz Martin [Pfr.] Frühmesser --- 103 460 • Hof, mit 2 zerstreut liegenden Häuser ¼ 4 11 • Berg, mit 4 zerstreut liegenden Häusern ½ 5 22 112 493 Bürserberg St. Joseph [Pfarrkirche] Bürserberg, Berggemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Johann Joseph Leo [Pfr.] Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt max. ½ Std. bis ½ 64 319 64 319 Brand St. Mariae Aufnahme in den Himmel [Pfarrkirche] Kapelle Hl. Familie Brand, Talgemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Johann Michael Metzler [Pfr.] Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt max. ½ Std. bis ½ 50 290 50 290 St. Anton im Montafon St. Antonius [Pfarrkirche] St. Anton, Gemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Johann Eusebius Netzer [Pfr.] Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt max. ¼ Std. bis ¼ 19 99 19 99 Bartholomäberg (Montafon) St. Bartholomäus [Pfarrkirche] Kapelle St. Joseph in Gantschier Kapelle Mariae Empfängnis in Innerberg Bartholomäberg, Berggemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Joseph Matt [Pfr.] Frühmesser Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt (durch Berge getrennt) max. 1 ½ Std. bis 1½ 378 1671 378 1671 Silbertal (Montafon) St. Nikolaus [Pfarrkirche] Filialkirche St. Agatha auf Kristberg Silbertal, Tal-und Berggemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Johann Christian Salzgeber [Pfr.] Frühmesser Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt (durch Tal / Berge getrennt) max. 1 ¼ Std. bis 1¼ 130 560 130 560 Schruns (Montafon) St. Jodocus [Pfarrkirche] Filialkirche St. Helena auf dem sog. Kalvarienberg (¼ Std. von der Pfarrkirche entfernt) Schruns, Marktgemeinde Joseph Anton Fuetscher [Pfr.] Frühmesser --- 52 183 • zerstreute Häuser: gegen die Pfarrei St. Anton an dem Bartholomäberg gegen Silbertal gegen St. Gallenkirch ½¼12 291 997 343 1180 <?page no="304"?> 304 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Tschagguns (Montafon) St. Ulrich [Pfarrkirche] Tschagguns, Tal- und Berggemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Johannes Nepomuk Durig [Pfr.] 2 Benefiziate Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt (durch Tal und Berge getrennt) max. 1¼ Std. bis 1¼ 251 1030 251 1030 Vandans (Montafon) St. Johannes d. T. [Pfarrkirche] Vandans, Gemeinde mit zerstreut liegenden Häusern Anton Fleisch [Pfr.] Frühmesser Die Entfernung der Pfarrangehörigen zur Pfarrkirche beträgt max. ½ Std. bis ½ 173 765 173 765 St. Gallenkirch (Montafon) St. Gallus [Pfarrkirche] St. Gallenkirch, zerstreute Berg- und Talgemeinde Christian Lentsch [Pfr.] Frühmesser • Außer-Ziggam, mit der Pfarrkirche (max. Entfernung der Häuser ½ Std.) ½ 80 340 • Inner-Ziggam, mit einer Kapelle [ohne Priester] ⅜ 82 321 • Gortipohl, mit der Filialkirche St. Nikolaus und einem eigenen Benefiziaten Johann Rüdigier [Benef.] ½ 87 372 • Galgenul, mit einer Kapelle [ohne Priester] dazu gehören: 1. Rüti, mit einer Kapelle [ohne Priester] 2. Gampaping [ohne Kapelle und Priester] 3. Gargellen mit der Filialkirche St. Magdalena [mit eigenem Priester] Benefizium gegenwärtig vakant, unvollständig dotiert ½ 112 82 13 31 350 39 11 3 348 1436 Gaschurn (Montafon) St. Michael [Pfarrkirche] Gaschurn, zerstreute Berg- und Talgemeinde Felix Sudrel [Pfr.] Frühmesser • Gosta, Standort der Pfarrkirche und der Kapelle Maria zum Schnee --- 57 285 • Partenen, mit der Filialkirche St. Martin und einem eigenen Benefiziaten Anton Rüdigier [Benef.] ½ bis 1 50 258 • Trantrauas [ohne Kirche und Priester] ½ 49 253 • Berg [ohne Kirche und Priester] ½ 40 176 • Ausserbach [ohne Kirche und Priester] ¼ 34 138 230 1110 Galtür (Tirol) St. Maria [Pfarrkirche] Kapelle St. Martin Galtür, zerstreute Gemeinde Jodokus Joseph Mattle [Pfr.] Frühmesser Die Entfernung der Häuser zur Pfarrkirche beträgt max. ½ Std. ½ 80 400 80 400 <?page no="305"?> 305 Ort Pfarrkirche / Kuratie Ort / Siedlung Pfarrer bzw. weitere Ortsgeistliche Entfernung von der Hauptkirche [in Std.] Anzahl Familien Anzahl Personen Ischgl (Tirol) St. Nikolaus [Pfarrkirche] Ischgl, Dorf Franz Xaver Meyer [Pfr.] Frühmesser --- 56 295 • Pasnatsch, mit der Kapelle Maria Schnee [ohne Priester] ¼ 9 43 • Paznaun, mit der Kapelle 14 Nothelfer [ohne Priester] ¼ 14 72 • Inner-Versahl, mit der Kapelle St. Martin [ohne Priester] ¼ 9 39 • Ausser-Versahl, mit der Kapelle St. Antonius [ohne Priester] ⅜ 17 91 • Unterschrofen und Vergröss [ohne Kirche u. Priester] ½ 10 44 • Platt [ohne Kirche u. Priester] ¾ 9 45 • Ebene [ohne Kirche u. Priester] ¾ 8 32 • Mathon, Dorf mit der Filialkirche St. Sebastian und Rochus, eigener Priester zu Mathon gehören (mit Angabe der Entfernung zur Filialkirche): Innerenderle und Brandli [ohne Kirche u. Priester] Walzur und Winkl mit dem sog. Scharmboden [ohne Kirche u. Priester] Büel [ohne Kirche u. Priester] 1 ⅛ ¼ ½ 28 3 10 6 145 12 49 19 179 886 <?page no="306"?> 306 Quellentext Nr. 9 Hofresolution Josephs II. (mit 5 [nicht transkribierten] Beilagen), unterzeichnet von Leopold Graf von Kolowrat und Freiherr von Gebler, an das Gubernium in Innsbruck zum konkreten Vorgehen in der Pfarreinrichtung in Tirol und Vorarlberg, nachdem bzgl. der dortigen Regulierung die angeforderten Verzeichnisse eingegangen waren, welche dem Gubernium nach erfolgter Prüfung in der Beilage zurückgesendet werden. Original / Wien, 22. Januar 1785 In: TLA, Jüngeres Gubernium, Akten nach Sachgebieten: Pfarreinrichtung 1782-1787 (Fasz. 783), Mappe 2. [S. 10] Anschrift: Wien Hofkanzley An Das kaiserlich königliche Gubernium in Oberoesterreich. Innspruck. Papiersiegel [durchschnitten] Angabe des Eingangs: praesentiert, den 30. Januar 1785. [S. 1] Inhalt der Hofresolution: Nachdem der von Jhm Gubernium über die Pfarreinrichtung und Regulirung der Klöster in Tyrol und dem Vorarlbergischen eingeschikte Bericht (wovon die Beylagen zurückfolgen) mit den allseitigen Äusserungen der geistlichen und weltlichen Behörden Seiner kaiserlich königlichen Majestät allerunterthänigst vorgeleget worden, haben Allerhöchst dieselbe nunmehr die allergnädigste Entschliessung hierüber zu fassen geruhet, die Jhme Gubernio hiemit in nachstehendem zur weiteren Einleitung und Ausführung bekannt gemacht wird. Bey dem Geschäfte im ganzen kömmt es auf zween Hauptgegenstände an: Erstens: auf die zum Besten der Seelsorge neu zu errichtenden Pfarren und Lokalkaplaneyen und die darmit verbundenen vielfältigen näheren Zutheilungen der Gemeinden, und Zweytens: auf die Regulierung der Stifter und Klöster in Absicht auf die Mitwirkung in der Seelsorge, Beseitigung der entbehrlichen, und Bestimmung <?page no="307"?> 307 der Anzahl des Personals für die verbleibenden. Was den ersten Gegenstand anbelanget, da enthält die nebenfindige Tabelle sub N o . 1 das Verzeichniß derjenigen Ortschaften, in welchen dem Allerhöchsten Befehl zu Folge in Gemäßheit der bekannten Direktivregeln eigene Seelsorger in der Eigenschaft als Pfarrer oder Lokalkapläne angestellet oder den bereits bestellten oder neu anzustellenden Pfarrern Cooperatores zur Aushülfe an die Seite gegeben werden müssen. Die Umpfarrungen derjenigen Ortschaften, die von ihren bisherigen weiteren [= weiten] Pfarren zu trennen und einer nähern zuzutheilen sind, haben Seine Majestät, so wie sie in dem von Jhm Gubernio dem Berichte sub Lit. Aa beygeschlossen gewesenen Verzeichniße enthalten waren, durchaus zu genehmigen geruhet. Es versteht sich jedoch hiebey von selbst, daß, wenn vielleicht bey Ausführung der Einrichtung sich noch ein oder anderer in sothanem Verzeichnisse nicht bemerkter Ort zeigte, welcher entweder einer schon bestehenden alten oder einer neu zu errichtenden Expositur vortheilhafft einverleibet werden könnte, solches nach vorläufiger Bemerkung der Kreisämter und der Dekanen allerdings zu geschehen habe, nachdem die Allerhöchste Absicht dahin gehet, den Gemeinden, die nach der Lokalitaet thunliche Einrichtungen in der Seelsorge allenthalben zu verschaffen. Weil es aber die Umstände des Fundi wenigstens derzeit nicht gestatten, noch mehrern Gemeinden, bey welchen die Anstellung eines Lokalseelsorgers erwünschlich wäre, sothune Hilfe gleich jetzt zuzuwenden, so werden Jhm Gubernium in der weitern [S. 2] Beylage sub N o . 2 einige Anmerkungen mitgetheilt, nach welchen diesen ohnehin meistens geringen Gemeinden durch eine nach der Lokalitaet zutreffende Umpfarrung die mögliche Hülfe einsweil zu verschaffen, und überhaupt in den darinn vorkommenden Gegenständen vorzugehen seyn wird, bis etwa in der Folge die Kräffte des Fundi sich nach und nach vermehren und darmit auch derley weniger zahlreichen Gemeinden eine mehrere Erleichterung zugewendet werden mag. Um nun die in diesen Tabellen und Verzeichnissen enthaltenen Gegenstände auszuführen, haben Seine Majestät befohlen, daß solches in dem nämlichen Wege, durch welchen die zur Einrichtung nöthigen Kenntniße gesammelt worden sind - das ist gemeinschäfftlich von ihm Gubernium mit den Ordinariaten durch die Kreisämter und Dekane, zu geschehen habe. Bey den neuen Pfarren, Lokalkaplaneyen und Kooperatoren handelt es sich um das hierzu auszuwählende Personale, um den ihnen auszumessenden Gehalt, und um die Herstellung der nöthigen Gebäude. Das Personale ist theils aus dem Clero regulari, theils aus dem [Clero] saeculari zu nehmen. In der obigen Tabelle sub N o . 1 sind verschiedentlich diejenigen Ortschaften bereits angemerket, bey welchen die anzustellenden Pfarrer und Lokalkapläne <?page no="308"?> 308 aus den allda benannten Stifftern und Klöstern herzunehmen sind, die sodann für die bey diesen Exposituren hie und da etwa nöthigen Cooperatores untereinstens zu sorgen haben. Man hat dabey zum Principio angenommen, die Geistlichen der Stiffter an jene Orte als Expositos hinaus zu schicken, die ihnen entweder als Herrschafft eigenthümlich zugehören oder wo sie die Hauptpfarren, von welchen derley Ortschaften getrennet werden, mit ihren Geistlichen bereits versehen. Sollten noch einige Gemeinden in dieser Tabelle sich finden, bey welchen die nämlichen Umstände eintreten, so sind auch auf solche, ob sie sich gleich in der Tabelle nicht specifice angemerket finden, von den betreffenden Stifftern die Geistlichen hinaus zu schicken. Da die Ordensgeistlichen pro cura schon im voraus geprüfft sind, so müssen nur hievon einverständlich mit den Ordinariaten und den Ordensobern diejenigen gewählt und vorgeschlagen werden, welche in den Examine als tauglich zur Seelsorge befunden worden sind, welches ohne weiteren Aufenthalt sogleich geschehen mag. Wobey jedoch diese auf die neuen Pfarren und Lokalkaplaneyen hinaus zu schickende Individua in Absicht auf ihre Abhängigkeit von dem Stifte in der nämlichen Art zu behandeln sind, wie es mit den übrigen in cura schon exponirten Stiftgeistlichen gehalten wird. Die übrigen Plätze können sodann mit andern Ordens- und Weltgeistlichen besetzet werden, wobey jedoch das Gubernium auf die Geistlichen der in die Reduktion verfallenden Stiffter und Klöster den vorzüglichen Bedacht zu nehmen haben wird, um mit ihrer Anstellung den fundum von Abreichung der Pensionen zu entbehren und sie selbst für den Staat und die Religion nützlich zu verwenden. [S. 3] In Absicht auf die Weltgeistliche[n] hat der Konkurs und die Prüfung nach jener allgemeinen Vorschrifft voraus zu gehen, welche für alle Curatbeneficia bestehet, und wird also die Landesstelle wegen deren Ausschreibung auf sothane neue Pfarren und Lokalkaplaneyen einverständlich mit den Ordinariaten die unverweilte Einleitung zu treffen, und sodann die Vorschläge über die diesfälligen Besetzungen, immer jedoch mit Rücksicht auf die aufgehobenen Klöstergeistlichen, nach und nach, das ist Kreis- und Dekanatenweise, einzuschicken haben. Den Benefiziaten, welche vermög der gegenwärtigen Einrichtung an den in der mehrgedachten Tabelle N o . 1 ausgezeichneten Orten die Seelsorge zu übernehmen haben, ist, in so weit sie hierzu tauglich sind, die Jurisdiktion sogleich zu ertheilen und ihnen die Ausübung ihrer Funktionen aufzutragen, welches um so leichter geschehen mag, als an den Orten, wo derley Geistliche sich befinden, schon Kirchen und Wohnungen vorhanden sind, somit ihre Umstellung von Meßlesern in Seelsorger ohne Aufenthalt und viel Unkösten geschehen mag. In so weit einige von ihnen die nöthigen Fähigkeiten nicht besitzen oder Alters und Gebrechlichkeit halber zur Seelsorge nicht mehr anwendbar sind, müssen selbe als Defizienten angesehen und dem Normali gemäß in die verbleibenden Klöster, <?page no="309"?> 309 in welchen sich durch Aussetzung mehrerer Geistlicher ohnehin der Raum ergiebt, mit einer angemessenen Pension zur Versorgung abgegeben, die Benefizia aber mit anderen tauglichen Subjekten in dem gewöhnlichen Wege durch denjenigen besezt werden, welchem das Präsentationsrecht darauf gebühret. Überhaupt ist nach dem von den Herren Bischöfen ganz wohl gemachten Antrag zum Besten der Seelsorge allgemein zu verordnen, daß alle in dem Lande befindlichen Benefiziaten und gestifftete sogenannte Frühmessern, die bisher meistens mit dem alleinigen Meßlesen für die Gemeinde ihrer Bestimmung ein Genügen zu leisten glauben, offt von den Pfarrern unabhängig sind, und eben deßwegen nicht selten in Kollision mit denselben verfallen, führohin zur Seelsorge und dem Unterrichte mit angehalten und dem Ortspfarrer untergeordnet werden sollen. Die in der Tabelle N o . 1 angemerkten sogenannten exponierten Kapläne und die bey den Pfarren selbst in loco anzustellenden Cooperatores sind sodann durchgehends, in so weit die Plätze nicht mit gestiffteten Benefiziaten schon besetzt sind, aus den Mendikanten-Orden zu wählen und, wie sich ohnehin verstehet, auch hierzu nur die in den vorausgegangenen Examine tauglich befundenen auszusuchen, wodurch nebst der nutzbaren Anwendung dieser Geistlichen zugleich die Gelegenheit erleichtert wird, die angetragene Konzentrierung verschiedener ihriger Klöster zu erwircken. Zur ersten Anschafung der ihren künfftigen Verrichtungen angemessenen Kleidungen haben Seine Majestät einem jeden derley unbeschuheten Geistlichen 30 fl. bewilliget, die ihnen also, so wie sie exponirt werden, aus dem Religionsfond [S. 4] zu verabfolgen sind. In Betreff des Unterhaltes für die neu anzustellenden Seelsorger haben Seine Majestät anzubefehlen geruhet, daß den Geistlichen, die aus den Stifftern zu Pfarrern und Lokalkaplänen hergenommen werden, von ihren Praelaten dasjenige Quantum abgereichet werden soll, welches das Stifft als den jährlichen Beköstigungsbetrag für einen Geistlichen in seiner Fassion selbst angesetzet hat. Das dießfällige Verzeichniß und was hiernach für eine Quota auf jeden zu exponirenden Geistlichen nach Verschiedenheit der Stiffter im Lande in der Berechnung ausgefallen sey, wird ihm Gubernium in der ferneren Beylage N o . 3 mitgetheilet, zu dessen Abreichung an die zu exponirenden Geistlichen also die betreffenden verbleibenden Stiffter zu verhalten und hievon sowohl die Vorsteher als die auszusetzenden Geistlichen zu verständigen sind, damit der eine wisse, was er zu geben, und der andere, was er zu empfangen habe. Von den aufzuhebenden Stifftern kann dießfalls ohnehin keine Frage seyn, nachdem die Geistlichen mit der Auflösung des Stifftes in die allgemeine Kathegorie der Weltgeistlichen verfallen, somit bey ihrer Anstellung denjenigen Betrag zu empfangen haben, der überhaupt für die neuen Seelsorger hiernach bestimmt wird. <?page no="310"?> 310 Für die übrigen neu anzustellenden Pfarrer auf dem Lande ist der Gehalt auf vierhundert Gulden, für die Lokalkapläne auf dreyhundert Gulden und für die in der mehrbesagten Tabelle N o . 1 in der 3. ten Kolonne erscheinenden sogenannten exponierten Kapläne, die von dem nächsten Pfarrer abhängig bleiben, dann für die bey den Pfarrern selbst anzustellenden Cooperatoren auf zweyhundert Gulden aus dem Religionsfond bestimmt, und wird ihm Gubernium die dießfällige individuelle Bedekung nach den Stationen, in so weit solche nicht die Stiffter treffen, nächstens zukommen. Es verstehet sich jedoch hiebey von selbst, daß, wenn vielleicht ein oder anderer Benefiziat, der zum Seelsorger umgestaltet wird, derzeit mehr genießt, als diese Ausmessung mit sich bringt, er solches nach dem allgemeinen Principio, vermög wessen niemand an seinen gestifteten Einkünften verkürzet werden soll, beyzubehalten habe. Obgleich den Lokalkaplänen ein etwas geringerer Gehalt als nicht den Pfarrern bestimmt ist, gleichwie sie auch für jene Gemeinden angetragen worden sind, die minder zahlreich sind, so müssen sie doch in der geistlichen Jurisdiction mit den Pfarrern ganz gleich seyn, somit alle Parochialia ausüben und so wie diese dem nächsten Ruraldekan unterstehen. Die Herstellung der nöthigen Kirchen und Pfarrgebäuden hat an jenen Orten, wo den verbleibenden Stifftern die Aussetzung ihrigen Geistlichen und das damit verbundene Patronatsrecht überlassen wird, von ihnen als Patronen nach der allgemeinen Regel zu geschehen. [S. 5] Bey den übrigen sind von den betreffenden Obrigkeiten die Erklärungen vorläufig anzufordern, ob sie sich hierzu in der Betrachtung, daß diese Ausgabe mit dem Wohl ihrer Unterthanen so enge verbunden sey und ihnen der fortwährige Unterhalt des Seelsorgers nicht zur Last falle, sondern solcher von dem Religionsfond betritten werde, freywillig gegen den herbeylassen wollen, daß man ihnen das Jus-Patronatus auf die neuen Pfarren und Lokalkaplaneyen einräumte. Würden sich nun hierzu einige nicht einverstehen, so hat das Jus-Patronatus bey dem Religionsfond zu verbleiben und derselbe die dießfälligen Kösten zu bestreitten. In allem Falle aber sind sie dahin aufzumuntern, daß sie wenigstens mit einem verhältnißmässigen Antheile in Herbeyschaffung der Materialien, so wie es die Lage und Umstände zulassen, dazu konkurrirten, gleichwie dann auch die Pfarrkinder die Fuhren und Handarbeiten verhältnißmässig zu leisten hätten, und wo ein eigenthümliches Vermögen der Kirche vorhanden ist, solches, in so weit es zu den täglichen Erfordernissen entbehret werden mag, zu Hülfe zu nemmen seyn wird, um durch diese allseitige Mitwirkung den Aufwand der Kösten für einen jeden Theil nach Möglichkeit zu erleichtern. Um aber die Hinausschickung der Seelsorger wegen Herstellung der <?page no="311"?> 311 Pfarrgebäude wenigstens an jenen Orten nicht aufzuhalten, wo schon Kirchen vorhanden sind, so hat das Gubernium zu trachten, daß die Geistlichen bis zu dem vollkommenen Bau einsweil in einem oberkeitlichen- oder Nachbarshause in dem Orte nach Thunlichkeit und wie es die Lokalumstände gestatten, willfährig untergebracht werden. Die baldige Herstellung der nöthigen Gebäude aber und die Einschickung der dießfälligen Risse und Ueberschläge dort, wo der Bau den Religionsfond trifft, wird ein vorzügliches Geschäft der Kreisämter und des Guberniums seyn. Die Umpfarrung von einer schon bestehenden weiteren zu einer näheren Pfarre nach den oberwähnten genehmigten Gubernial-Anträgen sind durch die Kreisaemter und Dekanen alsogleich einzuleiten, damit den betrefenden Gemeinden die ihnen zugedachte Wohlthat ehemöglichst zugehe. Sollte sich bey der Ausführung zeigen, daß ein oder anderes Ort bey der ersten Erhebung der Lokalität nicht ganz richtig und nach seiner wahren Lage angegeben worden, so bleibt den Kreisaemtern und Dekanen immer unbenommen, ihre dießfällige Erinnerungen beyzubringen und die etwa anfänglich unrichtige Angabe zu verbessern. Nur ist nothwendig, daß man sothane Zutheilungen den Gemeinden allgemein bekannt mache, damit eine jede von ihnen wisse, in welche Pfarre sie künfftig gehören werde. Ausserdem muß aber noch weiters allgemein bekannt gemacht werden, daß [S. 6] primo die neuen Pfarren und Lokalkaplaneyen von den alten unabhängig und in der Jurisdiktion mit denselben ganz gleich seyen, secundo daß sie für sich keine Stolam, insoweit sie fürohin noch bestehen wird, zu beziehen, sondern solche an die alten Pfarren hinüberzugeben und zu verrechnen haben, tertio daß die Stola für die heilige Taufe mit Anfang der Errichtung in dem ganzen Lande für den Pfarrer und Meßern allgemein aufzuhören und derjenige Pfarrer, dem durch den dießfälligen Entgang unter der Kongrua gesetzt zu seyn glaubt, solches anzuzeigen habe, damit ihm nach Befund der Sache die allenfalls gebührende Entschädigung aus dem Religionsfond geleistet werden möge, quarto daß die alten Pfarren bey dem gestifteten Genuße ihrer Einkünfte vollkommen zu verbleiben und die neuen Seelsorger mit den ihnen abzureichenden Unterhalt sich zu begnügen haben, und quinto daß die Behandlung der Nebenkirchen und Kapellen auf dem Lande, die mit keiner Pfarr und keinem Kloster verbunden sind, in Absicht auf den öffentlichen Gebrauch dort, wo die Ortschaften schon ihre eigene Pfarr- oder Filialkirche in loco haben, lediglich nach denjenigen Grundsätzen zu benehmen seyn, welche in Ansehung der Hauptstädte bestehen und ihm Gubernio schon vor einiger Zeit bekannt gemacht worden sind. Es schließt hieraus von selbst, daß an allen jenen Orten auf dem Lande, wo nur eine Kirche, <?page no="312"?> 312 wenn sie auch Filial ist, bestehet, der Gebrauch derselben den Gemeinden nicht zu entziehen ist. Was sodann den zweyten Gegenstand oder die Regulierung der Klöster belanget, da wird Jhm Gubernio in der Beylage N o . 4 das Verzeichniß derjenigen Stifter und Klöster mitgetheilet, welche noch fürohin sowohl zu Versechung der eigenen Pfarren als zur wirksamen Aushülfe in der Seelsorge für die betreffende Gegend zu verbleiben haben, und was einem jedem derselben für ein Numerus fixus der Religiosen in Absicht auf das Kloster selbst und ohne Einbegriff der theils schon in Cura exponierten, theils vermög dieser Einrichtung auszusetzenden Geistlichen zu bestimmen sey. Da die meisten von ihnen eine den pro futuro fixirten Numerum übersteigende Anzahl der Religiosen haben, so ist ihnen allgemein zu bedeuten, daß, um ihnen durch die nach und nach zu geschehende Reduktion ihrer Zahl die Gelegenheit zum Nachzügel guter Geistlicher in der Zeit nicht zu benehmen, sie auf die fixirte Zahl sich also gleich dergestalt herabsetzen sollen, daß unter die überzähligen nur die Gebrechlichsten und Aeltesten gerechnet, diese zwar im Kloster wie bisher mit dem nämlichen Unterhalte [S. 7] bis zu ihrem Absterben belassen, auch allda zu den geistlichen Übungen ihres Ordensinstituts nach Maß der Kräffte verwendet, jedoch abgesönderter mit Namen und Alter vorgemerket und namhafft gemacht, auch von Jahr zu Jahr die Dekreszenz angezeiget werden soll; wo ihnen sodann, wenn ein derley Emeritus mit Tode abgeht, an dessen Stelle die Aufnahme eines anderen nicht gestattet, sondern andurch die vorhabende Reduktion nach und nach erwirket würde. Wenn aber einer von der für das Kloster selbst festgesezten Anzahl oder von den in Cura exponirten abstürbe, so werde den Stifftern erlaubt seyn, einen anderen aufzunehmen und solchen nach vollendetem Studio in dem General Seminario ad Vota zuzulassen und darmit den beständigen Nachzügel sowohl für das Stifft als für die nöthige Seelsorge zu erhalten. Den übrigen Klöstern und Orden aber, die eine Mutation haben, ist die Erlaubniß der Aufnahme keineswegs zu geben, bis nicht die in den zu reduzierenden Klöstern gleichen Ordens befindliche taugliche Subjekta nach und nach untergebracht und angewendet seyn werden; und haben also dieselben ihre dießfällige Erforderniß noch derzeit von solchen herzuholen. Da mit der Reduktion des Personal-Standes und mit der Hinausschickung mehrerer Geistlichen ad Curam ein merklicher Raum in den Stifftern sich ergeben wird, so gehet die Allerhöchste Gesinnung zugleich dahin, daß in jene Stifter, welche grosse Gebäude haben, fürohin die emerirten und gebrechlichen Geistlichen von der gesamten Seelsorge dergestalt untergebracht werden sollen, daß diese mit dem aus dem Religionsfond ihnen zubestimmenden angemessenen Pensionen daselbst zu leben und die unentgeltliche Wohnung für ihre übrige Lebenstage ruhig zu geniessen hätten. <?page no="313"?> 313 Die weitere Beylage sub N o . 5 enthält das Verzeichniß derjenigen Stiffter und Klöster, welche in der Absicht auf die Seelsorge entbehrlich, somit aufzuheben und/ respektive mit anderen ihres Ordens nach und nach zu konzentriren sind. Obschon es nicht wohl thunlich ist, mit der dießfälligen Aufhebung durchgehends gleich jezt und auf einmal vorzugehen, nachdem zu Unterbringung der in solchen befindlichen Religiosen der Raum in den übrigen noch verbleibenden Klöstern der nämlichen Orden sich nicht vorfindet, so wird sich doch dasjenige, was nicht auf einmal geschehen kann, nach und nach erreichen lassen. In dieser Absicht ist pro Principio anzunehmen, daß diese Klöster in den statu futuro et stabili des Cleri nicht mehr fortgeführet werden sollen. Die Aufnahme der Kandidaten hat ihnen noch weiters und in solange verbothen zu bleiben, bis die in diesen Klöstern befindlichen Subjekta nach und nach werden untergebracht seyn. Den betreffenden Orden ist zu befehlen, daß sie den in den verbleibenden [S. 8] Klöstern sich etwa ergebenden Abgang aus diesen zu reduzirenden herholen, auch andere in der Provinz vereinigte Klöster hieraus versehen sollen. Und die Ordensprovinzialen haben nach der ihnen geschehenen Bekanntmachung der beschlossenen Reduktion zugleich an Hand zu lassen, in was für Klöstern der Provinz einiger Platz zur Unterbringung dieser Individuen und auf wie viel vorhanden sey. Nach Maß als sich sodann in diesen Wegen und selbst durch die Hinausschickung mehrerer Individuen in die Seelsorge eine Verminderung des Personals in den betreffenden Klöstern ergiebt, wird man auch mit ihrer Aufhebung nach und nach fortrücken können. Indessen hat das Gubernium mit Aufhebung derjenigen, wo es die Umstände zulassen, gleich jetzt den Anfang zu machen. Gleichwie dann auch mit der Reduktion der hier bestimmten Stiffter ohne Aufenthalt vorgegangen werden mag, nachdem bey derselben auf eine anderweite Vertheilung der dießfälligen Geistlichen ohnehin kein Antrag gerichtet ist, als in so weit etwa ein oder anderer selbst und freywillig in ein anderes seiniges Ordensstifft überzutreten gedenket. Wenn sodann die Einrichtung zur wirklichen Ausführung gelangt, so wird auch die Sammlung der Mendikanten Klöster in Tyrol und den Vorarlbergischen ganz eingestellet werden. Gleichwie jedoch dieser Veranstaltung noch die Bedeckung des Unterhalts für diese Klöster vorausgehen muß und Jhme Gubernio hierwegen zu seinerzeit schon die weitere Weisung zukommen wird, <?page no="314"?> 314 also folgt auch von selbst, daß bis anhin und bis das Gubernium den bemelten Bedeckungsplan erhält, den gesagten Klöstern die Sammlung in der bisherigen Art noch zu gestatten sey. Als dann aber wird den beyden Hochstifftern Trient und Brixen zu bedeuten seyn, daß, weil die gegenwärtige Einrichtung auf ihre Territoria sich nicht erstrecke, von den in ihren Bezirken befindlichen Klöstern weder die Sammlung in dem Tyrolischen Gebiete noch die Herüberschickung derley Hochstifftischer Ordensgeistlichen zum Nachtheil des Fundi gestattet werden würde; worauf auch das Gubernium zu seiner Zeit die gute Obsorge zu tragen haben wird. Zur Ausführung dieser Einrichtung haben Seine Majestät einen drey monatlichen Termin anzuberaumen geruhet. Während dieser Zeit hat also das Gubernium einvernehmlich mit den Or- [S. 9] dinariaten die Konkurse in dem Lande auf die neuen Pfarren und Lokalkaplaneyen auszuschreiben und die Vorschläge zu ihren Besetzungen nach und nach einzuschicken, die Erklärung von den Domicien wegen des Patronatsrechts abzufordern, dann wegen Aufhebung und Konzentrierung der oberwehnten Klöster das Behörige einzuleiten. Wo inzwischen Jhme Gubernio sowohl wegen der Dotation der neuen Seelsorger als wegen Bedeckung der Mendikantenklöster das weitere in der behörigen Zeit dergestalt zukommen wird, damit ein und die andere bey ihrer Anstellung und/ respective Aufhebung der Sammlung den gebührenden Unterhalt unter einstens sicher bekommen mögen. Wien, den 22. ten Jänner 1785. Leopold Graf von Kolowrat Freyherr von Gebler Johann Bernhard von Zenker. <?page no="315"?> 315 Quellentext Nr. 10 Schreiben des Guberniums in Innsbruck an den Churer Bischof, Franz Dionys von Rost (1777- 1793) mit Ausführungsbestimmungen (14 Punkte [Punkte 5 und 10 fehlen]) zur anstehenden Pfarreieinrichtung im Walgau und Vinschgau, welche aufgrund der Hofresolution vom 22. Januar 1785 [siehe Quellentext Nr. 9] erlassen werden und vom Bischof nach Information der betroffenen Geistlichkeit in Zusammenarbeit mit den zuständigen Kreisämtern und Dekanen zügig umzusetzen sind. Dem Schreiben liegen vier, hier nicht transkribierte Beilagen bei [am linken Rand des Textapparates mit Nrn. 1-4 vermerkt]. Original / Innsbruck, 19. Februar 1785 In: BAC, 725.16.001 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1785 Februar 19]. [S. 12] Briefanschrift: Dem Hochwürdigst Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Herrn Dionysio Bischofen zu Chur, Fürstenburg und Fürstenau, unserm gnädigen Herrn. Chur. Angabe des Briefeingangs: praesentiert 13. März 1785 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigst Hochgebohrner Fürst, gnädiger Herr! Euer Fürstlich Gnaden sind unsere gutwilligen Dienste jederzeit anvor. Seine Kaiserlich Königliche Maiestät haben in betref der neuen hierländigen Pfarreinrichtung unterm 22. ten Jänner d[ieses] J[ahres] folgendes unter andern allergnädigst anzubefehlen geruhet, und zwar: 1. mo Wurde das Verzeichniß der jenigen Ortschaften (wovon man sich die Ehre giebt, einen Extract sub. N. o 1 anzuschliesen), in welchem dem allerhöchsten N. o 1 Befehl zufolge in Gemäßheit der bekannten Direktivregeln eigene Seelsorger in der Eigenschaft als Pfarrer oder Lokalkapläne angestellet oder den bereits bestellten oder neu anzustellenden Pfarrern, Kooperatores zur Aushilfe an die Seite gegeben werden müssen, angeschlossen. <?page no="316"?> 316 2. do Wurde diesseitiger Vorschlag wegen die Umpfarrrungen der jenigen Ortschaften, die von ihren bisherigen weitern Pfarren zu trennen und einer näheren zuzutheilen sind, durchaus begnehmiget. N. o 2 Man ermangelt dahero nicht, sub N. o 2 Euer fürstlich Gnaden den betreffenden Extract zur beliebigen Nachricht anzuschließen. 3. tio Gleichwie aber die Umstände des hierländigen Religionsfonds derzeit nicht gestatteten (lauten die Formalien dieser Reßolution), mehrere Gemeinden, bei welchen die Anstellung eines Lokalseelsorgers erwünschlich wäre, sothane Hilfe sogleich jetzt zuzuwenden, so werden einige Anmerkungen mitgetheilet, nach welchen diesen ohnehin meistens geringen Gemeinden durch eine nach der Lokalität zu treffende Umpfarrung die mögliche Hilfe einsweilen zu verschaffen und überhaupt in den [S. 2] darinn vorkommenden Gegenständen vorzugehen seyn wird, bis etwa in der Folge die Kräfte des Fundi nach und nach sich vermehren und darmit auch derlei weniger zahlreichen Gemeinden eine mehrere Erleichterung zugewendet werden möge. Jn der Anlage N. o 3 wird N. o 3 der Auszug dieser Anmerkungen enthalten. Um nun die in diesen Tabellen und Verzeichnissen enthaltenen Gegenstände auszuführen, haben Seine Maiestät befohlen, daß solches in dem nämlichen Wege, durch welchen die zur Einrichtung nöthige[n] Kenntnisse gesammelt worden sind, das ist gemeinschäftlich von dieser Landesstelle mit Euer fürstlich Gnaden durch die Kreis-Ober-Vogteiämter und die Dekanen, zu geschehen habe. 4. to Bei den neuen Pfarren, Lokalkaplaneien und Kooperaturen handelt es sich um das hierzu auszuwählende Personale, um den ihnen auszumessenden Gehalt und um die Herstellung der nöthigen Gebäude. Das Personale seye theils aus dem Clero regulari zu nehmen. In Absicht der Tabelle N. o 1 sind verschiedentlich die jenigen Ortschaften bereits angemerket, bei welchen die anzustellende[n] Pfarrer und Lokalkaplaneien aus den allda benanten Stiftern und Klöstern herzunehmen sind, die sodann für die bei diesen Exposituren hie und da etwan nöthigen Kooperatores unverrichtens zu sorgen haben. <?page no="317"?> 317 Man hat dabei zum Principio angenommen, die Geistliche[n] der Stifter an jene Orte als Expositos hinauszuschiken, die ihnen entweder als Herrschaft eigenthumlich zugehören oder wo sie die Hauptpfarren, von welchen derlei Ortschaften getrennt werden, mit ihren [S. 3] Geistlichen bereits versehen. Sollten noch einige Gemeinden in dieser Tabelle sich finden, bei welchen die nämlichen Umständen eintretten, so sind auch auf solche, ob sie sich gleich in der Tabelle nicht specifice angemerket finden, von den betreffenden Stiftern die Geistlichen hinauszuschicken. Da die Ordensgeistlichen (fährt die allerhöchste Entschliesung weiters fort) pro cura schon in voraus geprüfet wären, so müsten nur hievon einverständlich mit den Ordinariaten und den Ordensobern die jenigen gewählet und vorgeschlagen werden, welche in Examine als tauglich zur Seelsorge befunden worden sind, welches ohne weitern Aufenthalte sogleich geschehen soll, wobei jedoch diese auf die neuen Pfarren und Lokalkaplaneien hinauszuschickende Jndividua in Absicht auf ihre Abhängigkeit von dem Stifte in der nämlichen Art zu behandeln wären, wie es mit den übrigen schon in Cura exponirten Stiftgeistlichen gehalten wird. Dieses wird Euer fürstlich Gnaden zur beliebigen Nachricht mit dem eröffnet, daß unter einem sämmtlichen Herren Prälaten und Ordensprovinzialen der Auftrag beschiehet, daß so oft ein zur Seelsorge taugliches Jndividuum ihres Ordens angestellet wird, sie sothane Anstellung und den Ort derselben allemal Euer fürstlichen Gnaden anzudeiten haben. Die übrigen Plätze müssen sodann mit anderen Ordens- und Weltgeistlichen besetzet werden, wobei jedoch auf die Geistliche[n] der in die Reduktion verfallenden Stifter und Klöster der vorzügliche Bedacht genommen werden müsse, um mit ihrer Anstellung den Fundum von Abreichung der Pensionen zu entheben und sie selbst für den Staat [S. 4] und die Religion nützlich zu verwenden. 6. to Jn Absicht auf die Weltgeistliche[n] hätte der Konkurs nach jener allgemeinen Vorschrift vorauszugehen, <?page no="318"?> 318 welche für alle Kuratbenefizien bestehet, und soll also wegen deren Ausschreibung auf sothane neue Pfarren und Lokalkaplaneien einverständlich mit den Ordinariaten die unverweilte Einleitung getroffen und sodann die Vorschläge über die diesfällige[n] Besetzungen, immer jedoch mit Rücksicht der aufgehobenen Klostergeistlichen, nach und nach, das ist dekanatenweiß, eingeschicket werden. Zufolge dieser allerhöchsten Willensmeinung wird von Euer fürstlichen Gnaden die beliebige Aeüsserung gewärtiget, wie und auf was Art die diesfällige Konkurse zu veranstalten seyen; zu Erspahrung der Reisekösten dörften derlei Konkurse hierlandes und vor den betreffenden Dekanen, welchen zu dem Ende die Delegation zu ertheilen wäre, vor sich gehen. Soviel es aber die Religion, die schon geprüfet, und die Weltpriester, die schon einen Konkurs mit Bestand ausgehalten, betrifft, werden Euer fürstliche Gnaden keinen Anstand zu nehmen belieben, selben die Jurisdiktion, wenn sie vorgeschlagen würden, sollten sie gleich aus einer andern Dioeces hergenommen werden müssen, auch für jene Orte ohne weitere Prüfung zu übergeben, welche der jenseitigen unmittelbaren geistlichen Gerichtsbarkeit hierlands unterliegen. 7. mo Den Benefiziaten, welche vermög der gegenwärtigen Einrichtung an den in der mehrgedachten Tabelle N. o 1 ausgezeichneten Orten die Seelsorge zu übernehmen haben, ist, in so weit sie hierzu tauglich sind, die Jurisdiktion sogleich zu ertheilen, welches um so leichter geschehen mag, als in den Orten, wo derlei Geistliche [S. 5] sich befinden, schon Kirchen und Wohnungen vorhanden sind, somit ihre Umstaltung von Messlesern in Seelsorger ohne Aufenthalt und Unkösten geschehen kann. Wornach Euer fürstlich Gnaden sich zu benehmen belieben werden, wie dann dieser allerhöchsten Willensmeinung zufolge an Euer fürstlich Gnaden das Ansuchen beschiehet, überhaupt alle Benefiziaten, die Alters- oder anderer Gebrechlichkeiten wegen zur Seelsorge untauglich sind, anhero namhaft zu machen und jene Jndividua, welche Euer fürstlich Gnaden dort, wo so ein Benefizium Collationes Episcopalis ist, in diesseitigem Territorio anzustellen gedenken, mit Bemerkung ihres Geburtsorts, des Alters und jener vorzüglichen Eigenschaften, die selbe im katholischen Normalunterrichte oder so anders vorzüglich auszeichnen <?page no="319"?> 319 und mithin solcher Anstellung würdig macht beliebig anzuzeigen. 8. mo Ueberhaupt ist allgemein bekannt zu machen, daß alle in dem Lande befindliche[n] Benefiziaten und gestiftete sogenannte Frühmesser, die bishero meistens mit dem alleinigen Meßlesen für die Gemeinde ihrer Bestimmungen ein Genüge zu leisten glauben, oft von dem Pfarrer unabhängig sind und eben deßwegen nicht selten in Kollision mit demselben verfallen, fürohin zur Seelsorge und dem Unterrichte angehalten und dem Orts- Pfarrer untergeordnet werden sollen. Ein welches Euer fürstlich Gnaden in der Absicht mitgetheilet wird, um hienach die betreffend unterstehende Geistlichkeit maaßgebig anzuweisen. Die in der Tabelle N. o 1 angemerkten sogenannten exponirten Kapläne und die bei den Pfarren selbst in loco anzustellenden Cooperatores sind sodann durchgehends, in [S. 6] so weit die Plätze nicht mit gestifteten tauglichen Benefiziaten schon besetzet, aus den Mendikantenorden zu wählen und, wie sich ohnehin verstehet, auch hierzu nur die in dem vorausgegangenen Examine tauglich befundenen auszusuchen, wodurch nebst der nutzbaren Anwendung dieser Geistlichen zugleich die Gelegenheit erleichteret wird, die angetragene Konzentrirung verschiedener ihriger Klöster zu erwirken. 9. to Für die übrigen neu anzustellenden Pfarrer auf dem Lande ist der Gehalt auf vier hundert Gulden, für die Lokalkapläne auf drei hundert Gulden und für die in der mehrbesagten Tabelle N. o 1 in der 3. ten Kolone erscheinenden sogenannten exponirten Kapläne, die von den nächsten Pfarren abhängig bleiben, dann für die bei den Pfarren selbst anzustellenden Kooperatoren auf zwei hundert Gulden aus dem Religionsfond bestimmt. Obgleich den Lokalkaplänen ein etwas geringerer Gehalt als den Pfarren bestimmt ist, gleichwie sie auch für jene Gemeinden angetragen worden, die minder zahlreich sind, so müssen sie doch in der geistlichen Jurisdiktion mit den Pfarren ganz gleich seyn, somit alle Parochialia ausüben und so wie diese dem nächsten Ruraldekan unterstehen. Zudem wird Euer fürstlich Gnaden unterhalten, daß <?page no="320"?> 320 Seine Maiestät um die Hinausschiebung der Seelsorger wegen Herstellung der Pfarrgebäude wenigstens an jenen Orten nicht aufzuhalten, wo schon Kirchen vorhanden sind, die gubernierende Landesstelle angewiesen, zu trachten, daß die Geistlichen bis zu dem vollkommenen Bau einsweil in einem oberkeitlichen- oder Nachbarshause in dem Orte nach Thunlichkeit und wie es die Lokalumstände gestatten, willfähig unterge- [S. 7] bracht werden möchten. 11. mo Ausserdem muß aber noch weiters allgemein bekannt gemacht werden, daß erstens die neuen Pfarren und Lokalkaplaneien von den alten unabhängig und in der Jurisdiktion mit denselben ganz gleich seyn, zweitens, daß die Stolla für die heilige Taufe mit Anfange der Einrichtung in dem ganzen Lande für den Pfarrer und Meßner allgemein aufzuhören und der jenige Pfarrer, der durch den diesfälligen Entgang unter der Kongrua gesetzt zu seyn glaubet, solches anzuzeigen habe, damit ihm nach Befund der Sache die allenfalls gebührende Entschädigung aus dem Religionsfond geleistet werden möge, drittens, daß in Behandlung der Nebenkirchen und Kapellen auf dem Lande, die mit keiner Pfarr und keinem Kloster verbunden sind, in Absicht auf den öffentlichen Gebrauch dort, wo die Ortschaften schon ihre eigene Pfarr- oder Filialkirche in loco haben, lediglich nach denjenigen Grundsätzen zu benennen sey, welche in Ansehung der Hauptstätte bestehen. Es flieset hieraus von selbst, daß allen jenen Orten auf dem Lande, wo nur eine Kirche, wenn sie auch Filial[e] ist, bestehet, der Gebrauch derselben Gemeinden nicht zu nutziehen ist. Euer fürstlich Gnaden werden dahero belieben, den 1. und 2. Gegenstand der unterhabenden Geistlichkeit kund zu machen und in betref des dritten Gegenstandes die Dekane zur seiner zeitigen Entweihung der entbehrlich anzusehenden Kirchenerspahrung der Schreibereien ein für allemal zu delegieren. 12. Was sodann die Regulierung der Klöster anbelanget, da wird in der Beilage (wovon der betreffende Auszug Euer fürstlichen Gnaden sub N. o 4 N. o 4 hiemit angebogen wird) das Verzeichniß der jenigen [S. 8] <?page no="321"?> 321 Stifter und Klöster mitgetheilet, welche noch fürohin sowohl zu Versehung der eigenen Pfarren als zur wirksamen Aushilfe in der Seelsorge für die betreffende Gegend zu verbleiben haben, und was einem jedem derselben für ein numerus fixus der Religiosen in Absicht auf das Kloster selbst und ohne Einbegriff der theils schon in cura exponirten, theils vermög dieser Einrichtung auszusetzenden Geistlichen zu bestimmen sey. 13. Da die meisten von ihnen eine den pro futuro fixierten Numerum übersteigende Anzahl der Religiosen haben, so ist ihnen allgemein zu bedeuten, daß um ihren durch die nach und nach zu geschehende Reduktion ihrer Zahl die Gelegenheit zum Nachziegl guter Geistlicher in der Zeit nicht zu benehmen, sie auf die fixirte Zahl sich alsogleich dergestalt herabsetzen sollen, daß unter die Überzähligen nur die Gebrechlichen und Ältesten gerechnet, diese zwar im Kloster wie bishero mit dem nämlichen Unterhalte bis zu ihrem Absterben belassen, auch allda zu den geistlichen Uebungen ihres Ordensinstituts nach Maaß der Kräfte verwendet, jedoch abgeförderter mit Namen und Alter vorgemerket und namhaft gemacht, auch von Jahr zu Jahr die Dekreszenz angezeiget werden soll; wo ihnen sodann, wenn ein derlei Emeritus mit Tode abgehet, an dessen Stelle die Aufnahme eines anderen nicht gestattet, sondern andurch die vorhabende Reduktion nach und nach erwürket würde. Wenn aber einer von der für das Kloster selbst festgesetzten Anzahl oder von den in cura Exponirten abstürbe, so werde den Stiftern erlaubt seyn, einen andern aufzunehmen und [S. 9] solchen nach vollendetem studio in dem Generalseminarium ad vota zuzulassen und darmit den beständigen Nachzügl sowohl für das Stift als für die nöthige Seelsorge zu erhalten. Den übrigen Klöstern und Orden aber, die eine Mutation haben, ist die Erlaubniß der Aufnahme keineswegs zu geben, bis nicht die in den zu reduzierenden Klöstern gleichen Ordens befindliche taugliche Subjekte nach und nach untergebracht und angewendet seyn werden. Wenn sodann die Einrichtung zur wirklichen Ausführung gelanget, so wird auch die Sammlung der <?page no="322"?> 322 Mendikantenklöster in Tirol und Vorarlbergischen ganz eingestellet werden. Also folget auch von selbst, daß weil die gegenwärtige Einrichtung auf jenseitiges Gebieth sich nicht erstrecket, von den in hochselben Bezirke befindlichen Klöstern von der Sammlung in dem landesfürstlichen Territorio geduldet, noch die Herüberschickung derlei hochstiftischen Ordensgeistlichen zum Nachtheile des Fundi gestattet werden würde. Welches Euer fürstlich Gnaden zur vorläufigen Nachricht und allfällig beliebigen Bedachtnehmung hieraus eröffnet wird. 14. Zur Ausführung dieser Einrichtung wird ein drei monatlicher Termin anberaumet. Dieses sind die Worte der allerhöchsten Entschliesung, die das hierländige neue Pfarreinrichtungsgeschäft berühren. Euer fürstlich Gnaden werden demnach angelegenst gebethen, zu dieser Einrichtung die ehemöglichste würksame Hilfe zu leisten, über die allenfällige[n] An- [S. 10] stände sich sogleich anhero vernehmen zu lassen, jenes was gleich in Erfüllung gebracht werden solle, in das Werk zu setzen, die unterhabende Geistlichkeit hievon zu verständigen und überhaupt die Dekane anzuweisen, daß sich selbe mit den betreffenden Kreisämtern einverstehen und zu besorgen, daß alles nach Ordnung schleinigst und mit guter Einverständniß vor sich gehe. Euer fürstlich Gnaden uns anbei dienstlichen Fleißes empfehlen. Jnnsbruck, den 19. ten Hornung 1785. Seiner Römisch Kaiserlich Königlichen Apostolischen Maiestät Gouverneur, auch Vice-Praesident und Räthe des Guberniums der Oberösterreichischen Fürstenthum und Landen. Leopold Graf von Kinigl <?page no="323"?> 323 Quellentext Nr. 11 Vernehmlassungsprotokoll (mit Beilagen A-J [hier nicht abgedruckt]), unterzeichnet von Provikar Christian Lentsch und Vogteiverwalter Jakob Fidel Simeon von Buchberg, zu den geplanten Neuerungen im Pfarreinrichtungsgeschäft im vorarlbergischen Anteil des Bistums Chur Original / Schloss Bludenz, 1. Juni 1785 In: BAC, 870.05.01-009 Dekanate und Pfarreien im Bistum Chur: Dekanat Walgau, Dekanatsakten: Akten zur Josephinischen Pfarrregulierung (1782-1785) [1785 Juni 1] [S. 1] Protokoll über die zufolge allerhöchsten Hofdecrets, datiert Wien 22. Februar et praesentiert 9. März, dann Hochwürdigsten Ordinariatsauftrags, datiert 18. März et praesentiert 26. eiusdem, in betreff der diesamtlich neuen Pfarr- und Seelsorgeeinrichtung gemeinschäftlich getrofenen Einleitung. Anwesende Der fürstbischöfliche Churische Provikar Christian Lentsch und der Hochgebohrene Herr Vogteyverwalter Jakob Fidel Simeon von Buchberg. Laut getrofener Verabredung haben beyde Commissarien den 5. ten April 1785 sich zu St. Gallenkirch zusamen begeben und die erhaltnen Aufträge einander vorgewiesen, auch die Vollziehung derselben und deren dahin einschlagenden Umständen sich angelegen seyn lassen. Vor allem ist nothwendig zu bemerken befunden worden, daß in diesem Bezirk nur allein ein Capuzinerkloster zu Bludenz und das Kloster der Dominicaner- Nonnen allda und keine Stifter, auch kein Ort, wo emeritirte und gebrechliche Geistliche füglich unterbracht werden können, vorhanden seyen, die Concurs- Examen hingegen nach allerhöchster Vorschrift durch Delegation ihren richtigen Gang haben. Das Hochwürdigste Ordinariat hat anverlangtermaßen das Verzeichniß der zur Seelsorge <?page no="324"?> 324 [S. 2] untauglichen Weltgeistlichkeit bereits erhalten, und man wäre in der Meinung, das nämliche sey auch ab Seite des Provincialamtes in Rücksicht der vorfindlichen Väter Capuziner geschehen. Weil aber letzteres auf eingeholt nähere Anfrage nicht erfolget, so vermeinte man der höchsten Absicht nicht zu wider zu handeln, wenn man diese L. A. Verzeichnisse hiermit sub L. A. wiederholt anschliesse. Dieses vorausgesetzt, erachtete man den Gesinnungen der vorliegenden allerhöchsten Verordnungen durch Local-Untersuchungen umso näher gehorsamst zu entsprechen, als man in jenen Orten, welchen ein Local- oder exponirter Kaplan oder eine Umpfarrung zugedacht wird, die Erklärungen über die Herstellung der Gebäude etc., Messen, diese hierinfalls so wohl als über andere ex parte politice allgemein und Insonderheit gemachte Gegenstände, bis nun unrichtig eingekommen, zutreffender einzuholen und die hin und wider wegen den Umpfarrungen sich geäusserte[n] Anstände näher zu vernehmen und wo möglich zu beseitigen, so weiters die Geistlichkeit zur Seelsorge anzuweisen für nöthig fände. [S. 3] Actum, den 6. April 1785. in Parthenen. Nach gestrigem Entschluß be- Expositur Partenen gab man sich in Gaschurn und Parthenen, eröffnete die für die <?page no="325"?> 325 Revier Parthenen laut Tabelle N. o 1 zugedachte allerhöchste Gnade nebst übrigen Gegenständen, wofür allerunterthänigster Dank erstattet wurde. Man liese sich den wirklichen Stand des schon bestehenden Beneficiums und der Kirche vorlegen, auch über den Zustand der Gebäude durch den beygezogenen Baumeister Joseph Purtscher informieren, wobey erfunden worden, a) daß die Einkünfte des Beneficiaten mit aufliegenden 81 Applicationen von dasigem Kirchenfond in 101 fl. 57 xr., dann Nutzung von gut nach dem Mittel in 29 fl. 47 xr., zusamm in 131 fl. 44 xr., b) die Kirche mit einem Fond von 3400 fl. versehen, und die ordinari Auslagen jährlich zu bestreiten genüglich in Stande, auch außer einer Monstranz mit Kirchengeräth nothdürftig versehen sey. Hingegen und c) ist das Pfrundhaus sehr baufällig, zu dessen Reparirung die Gemeindsleute um einen Beytrag unterthänigst bathen. Hierüber nun wird beygemerkt folgendes: [S. 4] Anmerkung Zu besserer Unterhalt und Aneiferung eines Priesters wird die Zulage bis zu der 200 fl. sowie die Bewilligung eines von etwa einem aufgehobenen Kloster vorräthigen Monstranz unterthänigst anempfohlen. Die Reparation des Pfrundhauses mag umso mehr der Gemeinde Parthenen aufgetragen werden, als solche derselben ohnehin oblieget. Ob im Falle der erbethenen <?page no="326"?> 326 Zulage der Religionsfond mit der Gemeinde in Rücksicht des Patronatsrechtes alternieren wolle, wird hochen Entschliessungen gehorsamst überlassen. Continuatum eodem à Prandio. Im Rückweg in Gaschurn Frühmesser in Gaschurn wurde allda dem Frühmesser, und Benefiziat in Gortipohl so weiter dem Beneficiat in Gortimit Seelsorgeaufgaben pohl und dem Frühmesser zu St. Gallenkirch in Gegenwart der Pfarrer der Beschluß der allerhöchsten Verordnung kundgemacht. Letztere zwey, nämlich der Beneficiat in Gortipohl und der Frühmesser zu St. Gallenkirch, wurden zur Seelsorge und Aushelfung eines Pfarrers bereits untauglich erfunden. Der Frühemesser in Gaschurn aber bathe, wenigst mittlerweil sich auf darinn Fassion beziehende, für dieses Beneficium zur Gleichstellung des für exponirte Kapläne auszumessenden Gehalts ihn zu empfehlen, [S. 5] wo anbey in betreff der Pfarr- und Gemeinde zu St. Gallenkirch, welche ohne Vergleich die zerstreutest und beschwerlichste und von der Conscription- Commission selbsten in 42 Revieren eingetheilt worden ist, die unterthanigste Bitte vom 21. März 1783 anmit gehorsamst neuers und wiederhollet wurd, mit dem weitern demüthigsten Anlangen, womit der Pfarrkirche, welche sehr arm und sich kaum auszuhelfen weiß, ein Rauchmantel samt einem Velo und einem Paar Kerzen Stöck aus einem aufgehobenen Kloster allergnädigst zugemittelt werden <?page no="327"?> 327 möchte. Die Gemaindtsleute zu Mathon liesen sich durch eine Expositur Mathon Deputation für die zugedachte allerhöchste Gnad allerunterthänigst bedanken mit dem weiteren erklären, daß die dasige Kirche keiner Weiterung bedürfe. Der Beneficiat beziehete sich in Ansehung seiner Einkünfte auf die eingelegte Fassion und bittete, zumalen selbe ganz gering, um eine Zulage. Flehete sohin samt der Gemeinde ferner, womit dieses Beneficium umso mehr zu einer Localkaplaney erhoben werden möchte, als laut Beylage L. B. sub L. B. unwidersprechliche [S. 6] Beyspiele vorhanden wären, daß zur Winterzeit die Leichen öfters mehrere Täge nicht zur Begräbnis und so eben auch die Gebohrnen nicht zur Pfarrkirche zur heiligen Tauf gebracht werden könnten. Anmerkung Da die angebliche[n] Beyspiele der längern Verschneyung dies Orts noch nicht hinlänglich erhoben werden und man wegen Menge des Schnees und weiterer Entfernung sich ad locum nicht [hat] begeben können, so ist man außer stande, nähere Erklärung abzugeben und will sich die allfällig weitere Weisung gehorhamst ausbitten. Continuatum Schruns, den 7. April 1785. Da man dem Pfarrer und Deputierte[n] von St. Bartholomaeberg den allergnädigst bewilligten Kaplan, so wie denen Pfarrer <?page no="328"?> 328 und Leuten der Revieren Gantschier und St. Antonis- Boden die Umpfarrung nacher Schruns und St. Antöni laut Tabell N. o 1 et 2 kundmachte, ergab sich folgendes: Die Deputierten von St. Expositur Innerberg Bartholomaeberg, welche näher bey der Hauptkirche wohnen, schienen mit den bestehenden zwey Seelsorger, Pfarrer und Frühmesser, [S. 7] sich lieber zu begnügen, als dem neuen Antragenden eine Wohnung erbauen oder auch um die Materialien beyschaffen zu wollen. Die Jnnwohner an dem sogenannten Innern Berg nahmen dieses zur Gelegenheit, vehementia und dringlichst zu bitten, womit dieser neue Kaplan um so mehr in ihrer Gegend verwilliget werden möchte, als a) durch die Trennung des Gantschier und St. Antönis- Boden schon eine große Last hier wegfalle, b) ihre Lage über anderthalb Stund von der Hauptkirche entfernet und beynebens so beschaffen sey, daß bey gemeiniglich infallenden Wasser, Schnee und Gestöber eine glatte Unmöglichkeit, die Hauptkirche und einen Priester daher zu erlangen oder Leichen und Kinder zur Taufe dahin zu bringen, weswegen auch erweislichermassen mehrere Personen unpraesidiert gestorben wären. Zudeme c) hätten sie bereits Gutthäter an Handen, welche auf diesen Fall hin tausend und mehr Gulden zu dem neuen Kirchen- und Pfrundgebäu zusamlegen würden, und sie erbietheten noch ferners, nicht nur die Bau-Materialien beyzuschaffen, sondern auch den Bau selbsten mit möglichsten Hand- <?page no="329"?> 329 arbeiten zu unterstüzen. Endlich wären d) in dieser Revier wohl 300 Seelen zu zählen. Das Patronatrecht betreffend wollten sie selbes dem Religionsfond [S. 8] anheimstellen. Mit welchen Umpfarrung von Gantschier Gründen die Gemaindtsleute (Bartholomäberg) nach Schruns in Gantschier die allerhöchste L. C. Gnad ausschlagen, zeiget L. C. Bey diesen Umständen wurde die Frag aufgeworffen, ob der alte Pfarrer zu St. Bartholomesberg oder die neuen Pfarrer zu Schruns und St. Antöni (der St. Antönisboden hat die Umpfarrung dankbarst angenommen) die Todfälle und andere Stolgebühren zu beziehen haben. Letztern falls behielte sich der Pfarrer an St. Bartholomesberg vor, seinerseits den Ausweis vorzulegen, daß er hierdurch und besonders, wenn auf solche Art ein exponierter Kaplan am Innern Berg zu stehen kommte, unter die congrua gesetzt würde. Anmerkung Was die Jnwohner am Inner Berg belanget, findet man derselben Gesuch bey dermal mehr aufgeklärten Umständen um so mehr reflexionswürdig, als der Beweggrund ad B. et C. laut der conscribirenden Herren Commissarien eingeholten Nachricht seine vollkommene Richtigkeit erhält, und dieser Umstand bey Verfassung des unterm 21. März 1783 eingesendeten Protokolls nicht so klar vorgeleget wurde. Es wird dahero in diesen Revier eine Localkaplaney allerdings nöthig befunden; und würde ein anderweg diesen begleiten, wenn sie die Taufe und Begräbniß etc. bey der Hauptkirche suchen müßten, niemal[s] geholfen seyn. Weil die Nachbarschaft in Gantschier die zugedachte [S. 9] allerhöchste Gnad freiwillig ausschlaget, möge selbe allenfalls bey ihrem Wunsch belassen werden, obgleich <?page no="330"?> 330 mehrere theils nur politische Besorgnisse unterwalten. Betreffend die Besorgniß des Pfarrers zu St. Bartholomesberg wird sich auf die allerhöchste vorliegende Verordnungsbelehrung auf kheinen Grundsatze bey dortiger Pfarreinrichtung bezogen; und da der nämliche Anstand bey Bludenz und Bratz vorgesehen wird, die eigentliche Belehrung gehorsamst erbetten . Hierauf liese man die übrigen Pfarrer, Frühmesser und Beneficiaten von Schruns, St. Bartholomesberg, Tschagguns, Vandans und Silberthal vorkommen und eröffnete denselben die nach allerhöchster Verordnung zu übernehmende Seelsorge, worüber selbe sich auf ihre eingestellte Fassionen sich beruften und zugleich bittlich einbrachten, daß sie bey so geschehen sollenden Umänderung in Gehalt gleich denen neuen Pfarrern und exponirten Kaplänen gestellet werden möchten. Der Pfarrer und [die] Gemeinde zu St. Antöni stellten ihre Dürftigkeit in Kirchen Paramenten vor und bitteten um Aushilfe von aufgehobenen Klöstern. Laut Beylag L. D. L. D. legen sie eine Supplicatio bey, vermög welcher selbe wider die Zupfarrung der Nachbarschaft Lorüns protestieren. Anmerkung Da man bey der nähern Untersuchung diese Bitte gegründet erfunden, so wird kein Bedenken getragen, selbe zu bestmöglicher Gewährung anzuempfehlen. [S. 10] Continuatum 22. April zu Frastanz Hier wurde der dasigen und Expositur Gurtis Nenzingischen Geistlichkeit abermal die in der Tabelle N. o 1 et 2 vorgesehene Umpfarrung und allerhöchste Bewilligung eines für Gurtis nebst den Revieren <?page no="331"?> 331 Gampalün und Latz auszusetzenden Kaplans, wie nicht weniger die Umstaltung der Frühmesser zur Aushilfe der Pfarrer in der Seelsorge eröffnet und vorgehalten, welch alles mit gebührendem Dank angenommen worden. Anmerkung Die Revier Gurtis ist ohne aller Vergleich die entfernste und bey Schnee und Gestöber oftermal ganze Wochen unzugänglich. Und obgleich nur bey 151 Seelen allda vorfindig sind, so findet man doch allda die Errichtung einer exponierten wo nicht gar Lokalkaplaney am nöthigsten. In weiterer Erwegung, daß Gurtis drey viertel Stund ab Gampalün und Latz lieget, diese letztere aber den betreffenden Pfarrer immer bequemlich erlangen können, auch selbst anerkennen, daß Gurtis den eigenen Seelsorger vor allen nöthig habe. Zu dem will die Nachbarschaft des gedachten Gurtis die Beyschaffung des Platzes und der Materialien zur Herstellung der Kirche und Erbauung eines Pfrundhauses gerne übernehmen, hingegen das Patronatrecht dem Religionsfond überlassen. [S. 11] Continuatum 31. May zu Bratz Nachdem die zerschiedenen Hindernisse, welche die Fortsetzung dieses Geschäfts gehindert, gehoben worden, so nehme man dato das Klosterthal vorhanden. Man liese die sämtlichen Pfarrer, Frühmesser und Beneficiaten an ein gelegenes Ort ruffen und intimirte letzteren die verordnete Verwendung zur Seelsorge, sodann denen betreffen- Umpfarrung von Teilen der den Pfarrer von Bludenz, Bratz der Pfarrsprengel Bludenz, und Dallaas die künftige Braz und Dalaas in der Tabell N. o 2 vorgesehene Umpfarrrung, wobey sich weiter nichts geäußert, als daß der Pfarrer von Bludenz seine Erinnerungen wegen all- <?page no="332"?> 332 fälligen Entgang an Stolgebühren, welche einen grossen Theil der Einkünften respectu Bratz ausser dem Bach und anderer abzutrennenden Revieren ausmachen sollen, nachzutragen sich vorbehalten. Der Pfarrer von Dallaas bittet um Exscindierung deren bey der aufgehobenen Rosenkranzbruderschaft gestifteten 4 Messen. Der Beneficiat in Wald der eben gedachten Pfarrey Dallaas erklaget sich der geringen Einkünften seines Benficiums und bittet L. E. den Statum desselben sub L. E. zum Protokoll zu legen. Anmerkung Nach hocher Resolution vom 21. März 1785 dörfte diese [S. 12] Exscindierung keinem Anstand unterliegen, wird aber die Weisung ausgebethen, wie viel pro stipendio zu cassieren sey. Continuatum 1. Juny 1785 zu Bludenz Hier wurde die überzunehmende Seelsorge und Neuausrichtung der dasigen und benachbarten betreffenden Geistlichkeit von Bürs und Nüziders, wo nämlich gestiftete Frühmesser vorhanden sind, eröffnet, sodan die in der Tabell N. o 3 enthaltene Abtheilung derer Umpfarrung von Teilen der von St. Leonhard, Bings, Grubs, Pfarrei Bludenz an die Radin und Gassünd an die be- Kuratie Stallehr reits bestehende Curatie Stalleer besonders detimiret. Der Pfarrer von Bludenz behielte sich vor, seine Erinnerungen wie gester[n] respectu Bratz nachzutragen. Und der Curat zu Stalleer erklärte sich dahin, daß er sich immer gefallen lassen <?page no="333"?> 333 müsse, mehrere Zutheillungen zu übernehmen oder sich samt dem Beneficio anderwerts transferiren zu lassen; nur bitte er, seine dermalige mehrfältig falirte[n] Einkünften zu 176 fl. R. W. auf die dem Vernehmen nach für seinen exponirten oder Localkaplan allerhöchsten Ort angenommene Congrua gleichzustellen und ein Paar schwarze Messgewand von einem aufgehobenen Kloster zu bemitteln. [S. 13] Die vorgeruffenen Deputirten der Reviere von Bings, St. Leonhard, Radin, Grubs und Gassünd verbathen sich die Zutheillung naher Stalleer mittels des pro L. F. memoria L. F. Und der Magistrat, deme die in der Tabell N. o 3 begriffene willkürliche Verordnung der Stiftung zu St. Leonhard zur Vernehmlassung eröffnet wurde, erbotte sich solche schriftlich einzustellen. Besagter Magistrat machte überdies im Namen der dasigen Pfarrkirche, dann der Messner- und Organisten-Stiftung halber das mündliche Ansuchen um exscindirende Entschädigung, sofern es bey der intimirten Trennung zu verbleiben haben sollte; weswegen die Verzeichnisse nachfolgen und eins- L. G. malen sub L. G. notiert werden. Endlich werden die Erinnerungen L. H. des Pfarrers allda unter L. H. vorgemerkt. Nachdem eben vorbesagte Exhibita sub LL. F. G. et H eingelanget und selbe in Empfang genommen worden sind, fände man folgendes darüber anzumerken nöthig. <?page no="334"?> 334 Anmerkung 1. mo Die vorliegende allerhöchste Resolution beläßt jeden Pfarrer und Beneficiaten bey den Wiener Pfarrerrichtung angenommenen Grundsätze[n], daß sogar die Stolgebühren ferners an die alte Pfarre zu vermachen seyen; hingegen sollen die excurrendo [S. 14] genossenen Beyträge aufhören und dem neuen Seelsorger unbedenklich zugemittelt werden. Obgleich nun erstenfalls sowohl dem Pfarrer zu Bludenz als übrigen, wo die Umpfarrung anbefohlen ist, nichts entgienge, so wollen sich doch die neuaquirenden wegen der zu wachsenden Last ziemlich beschweren; wird weithin eine nähere Belehrung ausgebethen und einsweilen die untersuchte Wahrheit des Exhibiti des Pfarrers zu Bludenz L. H. bestättiget. 2. do Da die Revierleute zu St. Leonhard und Bings die allerhöchste zugedachte Wohlthat so sehr verbitten, so mag man dies Orts es wohl dabey bewenden lassen, ungeachtet man darfür hielte, daß es räthlicher wäre, das Beneficium zu Stalleer nach St. Leonhard zu transferiren und das Örtle Stalleer dahin zu[zu]theilen, weil a) die zu Leonhard vorfindige Kirche für die schon benannten Revieren ein Mittelpunkt an sicherm Orte stehet und gar räumig genug wäre, hingegen die Kirche zu Stalleer neu ein ziemliches erweitert werden müßte. b) Ist die Seelen Anzahl auf der Seite von St. Leonhard größer als zu Stalleer, und könnte c) ein Seelsorger zu St. Leonhard an der Arlenberger Strasse immer nöthiger seyn. Endlich d) wenn auch die jetzmalige Obligenheiten der Filial St. Leonhard exscindirt würden, so bliebe dennoch ein ziemlicher Fond übrig. 3. Anlangend die Vernehmlassung des Magistrats über die Administration zu St. Leonhard wird solche lediglich L. J. zur Beurtheilung sub L. J. angeschlossen. 4. werden die Anlangen für die Pfarrkirche, Messner und Organist untersuchter massen nach bisherigem gemäß als wahrhaft bestätiget und zu möglicher Erhörung vorgelegt. Womit diese Untersuchung beschlossen und ausgefertiget worden. Schloß Bludenz, am 1. Junius 1785. Christian Lentsch Jacob Fidel Simeon von Buchberg Bischöflicher Provikar Vogteiverwalter [L. S.] [L. S.] <?page no="335"?> 335 Quellentext Nr. 12 Das Gubernium in Innsbruck übersendet dem Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) eine Kopie der Unterlagen (abgegangen am 7. Januar 1786 an das Kreisamt in Bozen) zur Pfarreinrichtung im Vinschgau und Burggrafenamt, verbunden mit der Liste der Kirchen und Kapellen, welche daselbst geschlossen werden sollen. Original mit Beilage [Abschrift] / Innsbruck, 7. Januar 1786 In: BAC, 725.17.001 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1786 Januar 7]. [S. 4] Briefanschrift: Dem Hochwürdigst Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Herrn Dionysio Bischofen zu Chur, Fürstenburg und Fürstenau, unserm gnädigen Herrn. Chur Angabe des Briefeingangs: praesentiert 17. Februar 1786 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigst Hochgebohrner Fürst, gnädiger Herr! Euer Fürstlichen Gnaden sind unsere gutwillige Dienste iederzeit anvor. Was das k. k. Oberösterreichische Landesgubernium in Folge der in Botzen von dem k. k. Kammerer und diesseitigen Herrn Mittelsrath, Freiherrn von Ceschi in Folge der mit den betreffenden Dekanen schon ehemals verfassten Kumulativprotokollen in betreff der Pfarreinrichtung in dem Kreise Burggrafenamt und Vinschgau an das dortselbige Kreisamt unternemen erläßt, dieses wird ./ . in der Anlage Euer fürstlichen Gnaden mit dem Ersuchen angeschlossen, daß hochdieselbe erforderlichen Falles auch hierzu gewirrig mitzuwürken geruhen wollen. Jndessen wird man nicht entstehen, in iedem etwa vorfallenden Aenderungsfalle Eüer fürstlichen Gnaden die geziemende Anzeige in behöriger Zeit mitzutheilen. Euer fürstlichen Gnaden uns anbei dienstlichen Fleißes empfehlen. Jnnsbruck, den 7. Jenner 1786. Seiner Röm. Kaiserlich Königlichen Maiestät <?page no="336"?> 336 Gouverneur, auch VicePraesident und Rathe des Guberniums der Oberösterreichischen Fürstenthum und Landen Leopold Graf von Kinigl Beilage: [S. 1] Copia So viel es das neue Pfarreinrichtungs Geschäft in dem Viertl Burggrafenamt und Vinschgau berühret, so wird, nachdem der diesfällige Vorschlag des diesseitigen Mittelsrathes, Freiherrn von Ceschi, vollkommen beangenehmigt worden, hiermit verordnet, daß A. Jn dem Landgerichte Meran 1. mo zu Labers und Freiberg eine Caplanei etablieret und 2. do zu Obermais die Expositur mit der Seelsorge verbunden, dann 3. tio die zu Vernuer und Gfeis zu errichtende Expositur durch einen Ex-Dominikaner besetzet werden solle. 4. to zu Völlau ist ebenfalls eine Expositur zu errichten; das Zetlische Beneficium dahin zu übersetzen, wo die Gemeinde für die anständige Wohnung des Expositi zu sorgen hätte. 5. to zu Gratsch eine Expositur zu veranlassen. 6. to Eben dieses ist zu Aspach [= Aschbach] zu bewerken. 7. mo zu Tschirlan[d] mag eine Expositur mit Uebersetzung des Beneficii des St. Eulogii von Meran errichtet werden. Die Kirchen, welche in diesem Landgerichte ge- [S. 2] sperrt und ad Jnventarium genommen werden müssen, sind: a. St. Gertraud zu Zenoberg, b. St. Cassian zu Allgund, c. St. Ursula zu Naturns, d. Maria Heimsuchung zu Obermais und e. die Capelle St. Oswald zu Hafling. <?page no="337"?> 337 B. Herrschaft Passayr 1. Zu Saltaus hat eine Expositur errichtet zu werden und die Abbtei Marienberg für die anständige Wohnung des Expositi zu sorgen. 2. do Nach Dablan und Danberg ist ein Exdominikaner als Expositus zu bestellen. 3. tio Zu Trums und Vorberg ist eine Expositur zu errichten, und da hier weder Kirche noch Widum vorhanden, der diesfällige Bauüberschlag anher neu zu stellen. 4. to Zu Marein bestehet schon ein Beneficiat, dieser ist zur Seelsorge zu verhalten. 5. Wie gleiches ist dem Beneficiaten zu St. Martin am Kofel aufzutragen. C. Herrschaft Schlanders Dem Expositor zu Tarsch ist die Cura zu ertheilen. [S. 3] Die neu zu errichtenden Exposituren aber sind 1. mo zu Nördersberg durch Umbesetzung eines Exdominikaners nach Göflan, als woselbst schon alles vorhanden ist, 2. zu Tanas, wo der Beneficiat die Seelsorge zu übernehmen hat, 3. zu Alitz, wohin bis zur Erledigung des Montanischen Beneficii ein Exdominikaner versetzet werden kann. Folgende Kirchen sind zu sperren, als a. St. Ottilia zu Tschengels, b. St. Markus, St. Sisinius und St. Martin zu Laas, c. St. Egydi zu Kortsch, d. St. Waldburg zu Göflan, e. St. Jenewein zu Schlanders, f. St. Leonhard [falsch, müsste St. Joseph heissen] zu Tartsch. D. Herrschaft Schnals Zu Kurzras und Pfossenthal ist eine Expositur zu errichten. E. Herrschaft Montan[i] Zu Morter bestehet bereits eine Expositur. [S. 4] <?page no="338"?> 338 F. Herrschaft Glurns und Mals Exposituren daselbst: 1. mo zu Planigl, wo dem Beneficiaten die Seelsorge zu überbinden und zur Aushilfe einige Stiftmessen zuzumitteln sind. 2. do zu Trafoy, wo selbst des zu veranlassenden Baues wegen der Ueberschlag anher gewartiget wird. 3. tio zu Tartsch befindet sich bereits ein Expositus, jenen aber 4. zu Schlinig hat die Abbtei Mariaberg zu unterhalten. Zuzusperrende Kirchen in dieser Herrschaft sind folgende: a. zu Glurns: St. Lorenz, St. Kreuz, St. Jakob und St. Martin, b. zu Mals: St. Benedikt, St. Niklaus und St. Michael, c. zu Burgeis: St. Niklaus, d. zu Schlanders: St. Antoni und St. Niklaus, e. zu Laatsch: St. Thomas, f. zu Taufers: St. Johann, St. Anton und St. Martin, g. zu Stilfs: St. Martin. G. Herrschaft Kastelbell Zu Marein ist die Kirche zum hl. Anton und [S. 5] zu Staaben die St. Lorenz Kirche zu sperren. Innsbruck, den 7. Jänner 1786. An das Kreisamt Botzen abgegangen. <?page no="339"?> 339 Quellentext Nr. 13 Das Gubernium in Innsbruck teilt dem Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) den von Kaiser Joseph II. am 10. Juni 1789 erlassenen Entscheid über die Pfarreinrichtung im Gericht Nauders mit. Original / Innsbruck, 18. Juni 1789 In: BAC, 725.20.006 Serienakten: Kirchliche Verordnungen des Guberniums in Innsbruck und der Landesstelle in Freiburg i. Br. für die österreichischen Bistumsanteile Walgau und Vinschgau zuhanden des Churer Bischofs, 1770-1805 [1789 Juni 18]). [S. 6] Briefanschrift: Dem Hochwürdigst Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Herrn Dionysio Bischofen zu Chur, Fürstenburg und Fürstenau, unserm gnädigen Herrn. Ex officio Chur. Angabe des Briefeingangs: praesentiert 20. September 1789 [S. 1] Briefinhalt: Hochwürdigst Hochgebohrner Fürst, gnädiger Herr! Euer Fürstlichen Gnaden sind unsere gutwilligen Dienste iederzeit anvor. Da mittels k. k. Hofdekret vom 10. ten dieses Monats dies höchste Entschliesung über die Pfarreinrichtung im Oberinnthalischen Kreise eingelangt ist, so haben wir die Ehre, Euer Fürstlichen Gnaden in Absicht auf hochderselben Diözesantheil hiermit folgendes geziemend zu eröffnen. Gericht Nauders Zu Reschen kömmt es von der einstmalen angetragenen Errichtung einer Expositur ab und ist die nur eine halbe Stunde von der Pfarre Graun entfernte Gemeinde Reschen bei dieser Pfarre ferner zu belassen, die mehr entfer- <?page no="340"?> 340 nete Gemeinde Raien [Royen] aber einer andern näheren Seelsorge zuzutheilen, weil die Konzentrierung zweier so weit voneinander entlegenen Gemeinden ohnehin nicht thunlich ist. Wir haben daher unter einem dem Kreisamte in Oberinnthale aufgetragen, vorläufig einzuberichten, welcher Seelsorge diese [S. 2] Gemeinde der Lokalität nach füglicher zugetheilet werden könne, um sodann an Euer Fürstlichen Gnaden der Zupfarrung wegen das geziemende Ansinnen machen zu können. Bei dem im Thale Langtaufers zur Errichtung der angeordneten Expositur und Erbauung der Kirche und des Widums als den Mittelpunkt vom Kreisamte befingerzeigten Orte Pleif hat es zu verbleiben, und sehen wir in betref des Widum- und Kirchengebäudes der weiteren höchsten Erledigung entgegen. Doch wurde anbei verordnet, daß mit der würklichen Errichtung dieser Expositur bis nach Ableiben des Benefitziaten bei der St. Nicolaus- Kirche zu Petras [= Pedroß] 2 , Priester Joseph Eller, zugewartet werden solle, weil dieser Priester, dessen Benefitzium zur Dotierung des künftigen Expositi anzuwenden der Antrag ist, wegen hohen Alters der Seelsorge nicht mehr allerdings vorstehen könnte, und doch in dem Genuße seiner Pfründe lebenslänglich zu belassen ist. Zu Mathon ist die Erhebung des dasigen [S. 3] Beneditziums zu einer Expositur bestättiget worden. Der Expositus erhält zu seinen Benefitzialeinkünften von 108 fl. 46 ½ xr. zur Ergänzung der Kongrua iährlich 91 fl. 13 ½ xr. aus dem Religionsfonde, wofür derselbe aber iährlich 50 Stiftsmessen unentgeltlich zu lesen hat. Dieser Expositus hat zwar ex delegatione des Pfarrers zu Jschgl alle seelsorgerlichen Verrichtungen unabhängig von diesem Pfarrer 2 Richtig wäre: St. Nikolaus in Hinterkirch. <?page no="341"?> 341 auszuüben, doch müssen besagtem Pfarrer noch fortan nebst den Stoll- und anderen Gebühren die von den Jnnhabern gewieser Grundstücke und Häuser zu Mathon iährlich um St. Michael zu erlegenden 26 fl. 48 xr. auch in Zukunft unabbrüchig abgerichtet werden, damit er nicht bei ohnehin geringen Einkünften unter die Kongrua gesetzet werde. Die nothwendigen Kirchen- und Widumsreparationen sind von der Gemeinde auf ihre Kosten zu bestreiten. [S. 4] Auf gleiche Art wird auch der Ort Spiß zur Expositur und der dortige Benefitziat, welcher schon durch seine Benefitzialeinkünfte die Kongruam per 200 fl. erhält, zum exponierten Kaplan erhoben. Diese höchste Entschließung haben wir auf unter einem dem Kreisamte in Oberinnthale zur Verständigung der betreffenden Behörden bekannt gemacht und anbei aufgetragen, sonderbar dahin Sorge zu tragen, daß zu Mathon und Spiß die Taufsteine und Friedhöfe auf das ehethunlichste errichtet und die Gränzscheidung zwischen der alten und diesen neu errichteten Seelsorgen zur Vermeidung aller künftigen Jrrungen nach gewiesen [gewissen] und bestimmten Terrainslinien mit Beiziehung der betreffenden Seelsorger durch die Behörden vorgenommen, hierüber ordentlich Protokolle geführet, und dieselben von Zeit zu Zeit zur Bestättigung uns vorgelegt werden. Wir ersehen daher, daß es Euer Fürstlichen Gnaden gefällig sein wolle, hiernach an die betreffende [S. 5] Geistlichkeit von Ordinariatswegen das Erforderliche zu verfügen, sonderbar aber den alten Pfarrern zu Jschgl und Nauders aufzutragen, daß sie den exponierten Kaplänen zu Mathon und Spiß die geistliche Gerichtsbarkeit ein für allemal delegiren sollen, damit diese Kapläne an Ort und Stelle <?page no="342"?> 342 die Taufen, Trauungen und Begräbnisse zur Erleuchterung der Gemeinden vornehmen können. Euer Fürstlichen Gnaden uns anbei dienstlichen Fleißes empfehlen. Jnnsbruck, den 18. ten Juni 1789. Seiner Römischen Königlich Kaiserlichen Maiestät Gouverneur und Räthe des Guberniums der Oberösterreichsichen Fürstenthum und Landen. Franz Josef Graf von Sauer Franz Xaver Flesch von Moderburg zu Lilienberg <?page no="343"?> 343 Quellentext Nr. 14 Memorandum der Geistlichkeit der Gerichte Rankweil und Sulz an den Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) über die wahre Situation in den vorarlbergischen Unruhegebieten und deren eigentlichen Ursachen. Original / Rankweil, 15. Oktober 1789. In: BAC, 211.07.001 Bistum Chur, Nicht gebundene Akten: Abtrennung der vorarlbergischen und tirolischen Bistumsteile: 1. Teil: Akten und Korrespondenz zu den kirchenrechtlichen Streitigkeiten der Bischöfe von Chur, Brixen, Trient und Augsburg mit den Regierungen von Österreich bzw. Bayern und Tirol (1789-1807). [S. 22] An Seine Hochfürstliche Gnaden des heiligen römischen Reichs Fürsten Dionisius aus denen Reichgrafen von Rost, Herrn zu Fürstenburg und Fürstenau. Dem Hochwürdigsten Bischofen zu Chur unterthänigste Vorstellung von der gesamten Geistlichkeit der Gerichte Rankweil, Sulz der k. k. Oberösterreichischen Graf- und Herrschaft Feldkirch in Vorarlberg. [S. 1] Hochwürdigster Bischof, gnädigster Fürst und Herr Herr! Schon drey Monate sind es, daß Eure Hochfürstliche Gnaden uns den gerechten Schmerz über die in höchstdero hierendigen Kirchensprengel ausgebrochenen Unruhen vermittelst einer Currenda zu erkennen geben, zugleich auch gnädigst auftragen ließen, das Volk durch allmögliche Belehrung und Besänftigung zu stillen und zur gänzlichen Ruhe zu bringen. Eben besagten gnädigsten Befehl der Belehrung und Besänftigung des Volks geruheten Eure Hochfürstliche Gnaden bei Gelegenheit der eben ietzt vollendeten Pastoralvisitation in höchstpersönlicher Gegenwart, zu erneuern und jedem untergeordneten Seelsorger insbesondere nachtrucksamst ein- <?page no="344"?> 344 zuschärfen. Wir nahmen an dieser der entstehenden Unruhen wegen Eurer Hochfürstlichen Gnaden zugekommenen gerechten Betrübniß den wahrhaftesten Antheil und würden - auch unserer Pflichten unvergessen - sowohl diesem als dem uns gemachten gnädigsten Auftrag längstens bevor gekommen seyn, [S. 2] wenn unsere Kräften das Maaß unsers Willens erreichet und den lange brütenden Gährungen oder vorzubeugen oder die entstehenden zu stillen je vermögend gewesen wären. Seid mehrern Jahren, als die neue[n] dem Volke sehr auffallende[n] Verfügungen, wormit auch seine nicht unbekannte Beruhigungen anfingen und sich immer in stets abwechselnden Stürmen der Unzufriedenheit in gleichem Grad getroffen wie die ununterbrochnen neuen Anordnungen selbst fortsetzten, getroffen wurden, haben wir es nicht minder für unsere Pflicht als Nothwendigkeit angesehen, nach unsern bereitwilligsten Kräften das bestürzte Volk zu trösten, zu belehren, zur Unterwerfung in den Willen der Obern aufzumuntern, und wo wir leider ! das Herz nicht allemal befriedigen konnten, wenigst von unzulässigen Murren und Mißtritten abzumahnen und rückzuhalten. Und wir glaubten, daß uns bei diesen Bestrebungen wenigst der noch kränkendeste Schmerz des Vorwurfs nie hätte treffen sollen, als hätten wir dießfalls mit Trost und Belehrung zu wenig gethan, weil diese (ob wir uns gleich, so viel uns immer Pflicht und Klugheit möglich machte, sie stets und, wie es manchen begegnete, bis zur Erduldung des öffentlichen Unwillens und Beschipfungen angelegen seyn ließen) nicht hingereichet, die betrübten Ausbrüche zu verhindern. Allein der Reitzungen waren jeher zu viel, zu immerwährend bei dem Volke; unser Ansehen von Tag zu Tag zu abnehmend, hinfällig, unsere Zusprüche [S. 3] zu alt und unsere Aufrichtung der Gemüther zu bessern Hoffnungen, besonders nach so manchen unerhört gebliebenen Vorstellungen und Flehen zu schwach, als daß unser ohnehin so entkräftetes <?page no="345"?> 345 Ansehen oder Belehrung es [hätte] wehren können, daß nicht dero lange und aus so vielen zusammwirkenden Quellen gesammelte Widerwillen stuffenweis endlich in die betrübteste Gährungen und da und dort bei ergeblichen Ursachen in gewaltsame Ausbrüche übergiengen. Jndessen würden wir mit dem innern Zeugniße unsers Gewissens vor Gott zu Feinden, den Vorwurf oder Verdacht, bei dem Volk für die neuen Einrichtungen uns zu wenig verwendet zu haben, ganz umgehen, wenn uns nicht immerhienige, und, Gott gebe, falsche Besorgniß beklemte, daß es bei den einmal in Unruhe gesezten Gemüthern, wenn nicht in manchen Stücken Abhilfe geschieht, bei etwaigen Veranlassungen neue betrübte Extrema absetzen und uns dann zur billigen Verantwortung gelegt werden könnte, wenn wir über diese unsere Besorgniße schweigen, und die nunmehrige Unzulänglichkeit unserer neuerlich gnädigst aufgetragenen Verordnung bei gegenwärtiger Zerrüttung fernern Mißtritte zu verhüten, Euren Hochfürstlichen Gnaden vorenthalten würden. Wir sehen uns demnach verpflichtet, Euren Hochfürstlichen Gnaden die wahre Beschaffenheit der dermaligen Umstände, der eigentlichen Ursachen des Mißvergnügens des Volkes sowohl als auch unser Unvermögen selbes, wenn keine gnädigste Nachsicht zu hoffen, gänzlich zu tilgen, so wie wir es mündlich zu thun die gnädigste Erlaubniß hatten, anitzt auch schriftlich Euren Hoch- [S. 4] fürstlichen Gnaden hiermit vor Augen zu legen, damit Höchstdieselbe zur Verhinderung noch größerer Uebeln zur Herstellung der erwünschlichen Ruhe die angemeßenste mildeste Maßregeln, als die dermalen allein die ersprießlichsten sind und um die wir unterthänigst bitten, gnädigst zu ergreifen geruhen. Der gemeine Mann, der ohnehin vor allen Neuerungen einen natürlichen Widerwillen hat, und mit angebohrnem Hange am alten klebend seinen Sinn und Handlungen gleichsam nur mit Gewaltsamkeit in neue besonders in Religionssachen hinüber lenkt, glaubte in dem nach und nach fast unzähligen neuen Einrichtungen nicht anders als eine unendliche Quelle seines Murrens, Beschwerungen, böser Verdächte und Anstöße zu finden. Was ihn aber hierzu besonders veranlaßet zu haben schien, war <?page no="346"?> 346 1. mo daß fast in allen Theilen der kirchlichen Zucht und äußerlichen Religion, die dem Volk am meisten in die Augen fällt, fortwährende und manche sehr auffallende Abänderungen vorgenommen worden. Der Gottesdienst wurde nämlich in sehr vielen Stüken umgeformet und in ein sehr enges Maß beschränket, die vorigen von dem Ansehen der Kirche gebilligten immerher gewohnten Andachten des Volks, bei denen es sein Herz ermuntert und zur Beobachtung seiner Pflichten angetrieben fühlte, eingebothen, und dafür ihm nicht besagliches, womit es sein Religionsgefühl zu nähren wußte, an die Hand gegeben, verschiedene Andachten, wobei es [das Volk] sich nichts als des reinen Eifers bewußt war, entweder ganz benohmen oder doch sehr eingeschränket, die mit Empfangung der heiligen Sakramenten und andern guten Werken löblich geübten Bruderschaften auf einmal alle entzochen, die Bitt- [S. 5] gänge zum dritten, viertenmal gemindert, und endlich dergestalt eingeschränket, daß kaum mehr die Spuren davon übrig sind. Es sahe das Volk mit Betrübniß an, wie in hiesiger Gegend über 70 Kirchen und Kapellen, und zwar meistens solche, bei denen Häuser und wegen weiter Entfernung von den Pfarrkirchen auch besondere Normalschulen errichtet sind, theils schon wirklicht gesperret, theils der Sperrung zuerkennet, Altäre theils abgebrochen, theils dem heiligen Gebrauch entzogen, auch manchesmal unanstößige Bilder unter dem Vorwande der Anstößigkeit aus den Kirchen entfernet. Es sahe heilige Reliquien in die Schweiz hinübergelieferet, wo sie zum Spotte des hiesigen Volkes mit so größern Ehrenzeichen verehret werden, heilige Gefäße ihren Spöttern, den Juden, verkaufet, die heiligen Abläße nicht nur beschränket, sondern auch die schon vor mehreren Jahren von weltlicher Behörde abgeforderte Ablaßbullen alle zum deutlichen Merkmal des verweigerten Placiti Regii an manchen Orten bis auf diese Stund nicht wieder zurückgegeben, die Stollordnung also eingerichtet und mit so vielen neuen Taxen beleget, daß der gemeine Mann besonders die in der Kirche allgemein übliche im Diozesan Ritual vorgeschriebenen Begräbnißceremonien entweders gänzlich beseitigen, daß er als dem beständigen Gebrauch und Ritual widrig, nicht viel oder überhäufte Taxen bezahlen muß, daß er nicht kann, ohne sich empfindlich anzugreifen; Segnungen alle ohne Aus- <?page no="347"?> 347 nahme verbothen, auch jene, die in dem römischen Ritual, auf das man sich sonst zu berufen gewöhnet war, enthalten, Kreuzer von allen Gräber der verstorbenen Christen auf die Seite geräumet und andere Sakramentalien mehr abgethan, die sonst ehemals von den geistlichen [S. 6] Vorstehern der Kirche belobet und empfohlen wurden. Mit noch größerer Bestürzung wurde vom Volk angesehen, daß der heilige Rosenkranz, für den doch das Althertum und das Ansehen der Kirche stehet, dem Volk als eine öffentliche Andacht zu bethen verbothen, mehrfache öffentliche Anordnungen gegen geistliche Dinge getroffen, als z. B. in betreff der Ehe, nicht nur in so weit sie ein bürgerlicher Vertrag, wie es die höchste Willensmeinung des allergnädigsten Monarchen, sondern auch in so weit sie ein Sakrament ist, indem dieses ohne zuvor erhaltene Dispensation der geistlichen Vorstehung auszuspenden da und dort gemeßenst befohlen wurde, in betref der Bibellesung und zwar ohne Untersuchung des guten und übeln Gebrauches, der Preßfreyheit, wodurch die der Religion widrigen Bücher fast ins unendliche vermehret wurden, zum größten Verderbniß der Sitten und Nachtheil der Religion, kurz wider solche geistliche Verordnungen, die in der Kirche durch ihre höchste und hohe Vorstehung feyerlich auch in allgemeinen Kirchenversamlungen getroffen und mit Verbindung eines schweren Gesetzes belegt waren, endlich überhaupt die Ausübung der geistlichen, von Gott der Kirche verliehenen Macht, nicht nur den innern, sondern auch den äußern Gottesdienst, Disziplin, Ritus etc. zu verwalten und anzuordnen, von der weltlichen Behörde, so wie es dem gemeinen Mann in die Augen fiel, fast allein ausgeübt, von der dann auch fast alle Wochen neue Schritte im kirchlichen Fache gemacht wurden. - - - Alles dieses und mehr dergleichen schienen leider ! eben so viele Werkstätte zu seyn, in denen die Unzufriedenheiten des Volkes unaufhörlich glüheten und (wir mochten auch noch so schonlich, langsam, unver- [S. 7] merkt es zur Ausübung lenken) in unnachsagliche Beschimpfungen und Mißtritte ausbrachen, vorzüglich aber einen unbenehmlichen Argwohn festsetzten, der unter dem Volk fast allgemein geworden, als wäre <?page no="348"?> 348 der Plan, ihm seine heilige katholische Religion, als an die er sich mit unverbrüchlicher Treue zu halten fest entschlossen ist, nach und nach zu kränken und endlich gänzlich zu benehmen. Dergleichen Wähnungen und Behauptungen des Volks hätten freylich durch nichts bessers als durch Thatsachen widerlegt werden können, durch gute Früchten der heilsamen Verordnungen im kirchlichen Fache, durch verbesserte Sittlichkeit, größern Eifer in der Religion; aber statt dessen wurde es in seinem bösen Argwohn nur noch mehr bestätiget und gestärket. 2. do Als es nicht allein in Schenken und Städten, sondern auch durch die viele des Verdienstes halben in alle Gegenden verreisende Landleute, und auf andern Wegen, wie gierig erforschet, so häufig erfährt, wie sehr der Muthwillen überhand nimmt, womit von jedem über alles, was Religion heißt ohne Beruf, ohne Einsicht raisonieret, verdrehet, nach Belieben geleugnet wird, wie selbst gegen göttliche Wahrheiten und ernste Gründe der Sittlichkeit Zweifel aufgeworfen, die heiligsten Ding mit Spott ausgezochen, die Maximen christlicher Tugend und Vollkommenheit für Alberheiten ausgegeben, gewiße Laster und selbst Jrr- und Unglaube zur Ehr und Wohlstand gemacht, ausgelassene, verführerische irrlehrende Bücher und Schriften in der gemeinen Volkssprache frey getrucket, allenthalben verkaufet, empfohlen, gelesen werden, wie das höchste Haupt der Kirche, alle hohe und niedrige [S. 8] Religionsvorsteher, Welt- und Klostergeistliche mit den schändlichsten Aufbürdungen dem Spotte und Verachtung ausgesetzet, das Ansehen der Kirche samt ihren Zuchtregeln herabgewürdiget und außer Achtung gebracht, und dergleichen mehr, mitten im katholischen Christenthum, und von ihren segensollenden Kindern - - - alles dieses wurde von dem Volk den neuen Kirchenverordnungen auf die Rechnung geschrieben, und als Folgen derselben angesehen; denn so lang die vorige Kirchenzucht und Ordnung in Ruhe ausgeübet werden durfte (ist die laute Sprach des Volkes), so lang die geistlichen Vorsteher ihre geistliche Gewalt ungehindert, unbedrohet ausüben durften, stand es mit der Sittlichkeit nicht so. - - - 3. tio Was aber dem hinländischen Volk selbst unter <?page no="349"?> 349 Augen geschah und untilgbare Argwöhne der abzielenden Verführung hinderlassen, zugleich einen so großen Abscheu gegen die übrigens so heilsamen Schulen erreget hat, war, daß im November verflossenes Jahres 1788 (gewiß den Gesinungen des allergnädigsten Monarchen zuwider) der verderbliche und gottlose Versuch gemacht wurde, Ketzerische[s] und Jrrthümer ex professio lehrende Bücher bei den deutschen Schulen einzuführen - Bücher, welche allerdings die Lehrer und Schuljugend zu verführen und mit Jrrthümer anzustecken geeigenschaftet sind, welcher nämliche Versuch in der Hauptnormalschule zu Innsbruck, nach der sich die unsrige Schulen richten müssen (wie publike Sachen bald sich in die Ferne verbreiten), seither wiederholt, und dergleichen Bücher als Prämien [S. 9] unter die Kinder ausgetheilt werden, die einen solchen allgemeinen Unwillen erregt, daß sich die dasigen Lehrer selbe wieder zurückzufordern genöthiget sehen. Durch welches dann auch das Volk 4. to noch mehr bewogen wurde, jenem allgemeinen Gerüchte seinen vollen Glauben beizumessen, daß wie man hier seine Jugend in der Normalschule so seine künftige Seelsorger in den Generalseminarien irre zu führen sich bestrebe, und diesen, wie es der allgemeine Ruf ist und ans Taglicht getretene bis daher nicht widerlegte Schriften bezeugen, ja selbst aus denen Seminarien Niederlands allgemein bekannt geworden, in öffentlichen Schulen, und noch mehr in besondern Unterrichten anstößlichste Lehren beigebracht, bereits nur protestantische Bücher in Religionssachen, z. B. ein Villaume, empfohlen und nach einem Geist gebildet werden, der sich mit dem Geist der katholischen Kirche nicht verträgt und eine gänzliche Zerrüttung in der Religion nach sich ziechen muß - - - zu Folge dessen dann auch seine Zöglinge, die aus dem Seminarium austretten, von dem Volk für verdächtig angesehen werden; die eben daher auf das zur Seelsorge so nothwendige Zutrauen keine Rechnung machen können, - ein Umstand, der umso merkwürdiger ist, da die Zahl der Priester ohnehin, wie es Eurer Hochfürstlichen Gnaden selbst am besten bekannt, so sehr gemindert worden, daß man auch den Mangel derselben itzt schon an manchen Orten <?page no="350"?> 350 erfahren muß. 5. to Von einer sehr empfindsamen Seite schien uns endlich der gemeine Mann berühret, als vermög einem [S. 10] wiederholten Allerhöchsten Dekret alle Kirchen und milde Stiftungskapitalien abzuzahlen befohlen wurde. Sehr viele aus den Armen, deren Zahl sehr groß, sehen dieses, weil es ihnen an Geld und Kredit mangelt, als die Ursach ihres herannahenden Unglücks, ihrer Verstossung von Haus und Gut, und ihrer äußersten Armuth an. Und das übrige Publikum gibt seine Besorgniß deutlich zu verstehen, die einmal abgegebene Kirchenkapitalien möchten mit der Zeit entweders nicht so Zins trächtig werden, als sie es bis daher bei den Privaten waren, so wie sich dieses wirklich schon an ein und andere Art bestätiget haben soll. Oder sie möchten zwar, so wie die eingezogenen Klöster und Bruderschaftskapitalien auf angepriesene heilsamere Gegenstände (wie wir nicht zweifeln) verwendet werden, die aber dem gemeinen Mann, sonderbar in hiesiger Landschaft fast nirgends ersichtlich sind. Oder sie könnten wohl gar in späteren Zeiten, bei veränderten Umständen (weil ja ihr geliebtester allgnädigster Monarch nicht immer lebet) gänzlich ohne einige Rückfließung einbehalten werden - zum größten Nachtheil der äußerlichen Religion und zu nicht geringen zeitlichen Schaden des Unterthanen. 6. to Wir würden wohl an kein Ende kommen, wenn wir Eurer Hochfürstlichen Gnaden noch die unzähligen andern Dinge vorlegen wollten, die sich der einmal gereizte gemeine Mann zu Gründen oder Nahrung seiner Unzufriedenheit macht, wozu ihn auch die Lokal- Umstände nicht wenig beitragen, da er einerseits die Vergnügenheit der hier nächsten Reichs- und Freystaaten, die ungestöhrt bei ihrem altkatholischen Ritus [S. 11] in Ruhe und Eintracht fortleben, beneidet, ja sogar die Protestanten und Juden samt ihren wesentlichen Jrrthümer und andern Gebräuchen in kaiserlich königlichen Staaten tolleriert, und nur seine Religions- und Kirchengebräuche nicht tolleriert mit bitterm Schmerze ansieht, und andrerseits durch das Hohngelächter der benachbarten <?page no="351"?> 351 Protestanten, die aus den gegenwärtigen Vorgängen bei uns in den Stücken, in denen vorzüglich ihre Reformation einst ausgleitete, diese gerechtfertiget und unsere Kirche des dießhalbigen Jrrthums überführet zu seyn vorspiegeln, noch mehr sich erbittern läßt, zugleich auch aus allem diesem den unausredenden Schluß machet, es möchte bei so vielen gewiß ohne Wissen des Allergnädigsten Monarchen im kirchlichen Fache getroffenen Verordnungen etwan gar die Absicht seyn, es zu Protestanten umzuschaffen, die es fast nur durch die äußerlichen vorerwähnten Religionsübungen und nicht nach den spekulativen Glaubenssätzen zu unterscheiden weiß, oder sich genug bereden läßt und daher in besagt denen neuer kirchlichen Einrichtungen sich das Bild zu erblicken glaubt, welches ihm durch ländliche Tradition und traurige Ueberbleibsel von dem Abfall der protestantischen Nachbarn vergegenwärtiget wird. Und wir untergeordnete Seelsorger, was sollen, was können wir in Mitte unseres Volkes bei gegenwärtigen Umständen ersprießliches thun? Freylich ist es unsere Pflicht − nie wurde [S. 12] sie von uns verabsäumet −, unsere von Euren Hochfürstlichen Gnaden neuerdings gnädigst aufgetragenen Pflicht, dem Volk seine oft ungerechten Muthmaßungen benehmen, ihm Gehorsam gegen seine Obern predigen, belehren, Zusprüche machen. Allein wie ersprießlich und heilsam dieses Mittel sonst immer ist, so ist es doch bei dermaligen Umständen zu unserm größten Mißtroste zu unvermögend und zu schwach, die beunruhigten Gemüther zu stillen und dem Uebel gänzlich anzuhelfen. Ermahnungen und Belehrungen wirken bei dem gemeinen Haufen, der ohnehin wenig faßt, und das meiste nur auf Ansehen annimmt, dort, wo dieses nöthige Ansehen mangelt, sehr wenig, und wenn noch dazu die vorgefaßte Abneigung die Ohren schließt, gewöhnlicher Weise gar nichts. Nun welches Ansehen, die erste Stütze der Volksbelehrung, übriget [= bleibt] uns wohl noch? <?page no="352"?> 352 A. Um nichts zu melden, was nicht Eure Hochfürstliche Gnaden leicht in gnädigste Erinnerung ziehen können, wurde unser geistliche Stand von jenen äußerlichen Vorzügen, z. B. privilegio fori, entblöset, die ihm von der ältesten Zeiten her in Rücksicht des Altars vergönnet worden, und in den Augen des Volkes in eine höhere Lage und Achtung erhoben hatten, mit welchen dann auch unser zur Volksbelehrung so nöthige Ansehen seit einigen Jahren merklich von uns gewichen ist. B. Die geistliche Gewalt überhaupt in Ver- [S. 13] waltung und Anordnung der Kirchendisziplin und äußerlichen Gottesdienste, als mit welcher das Ansehen der geistlichen Vorsteher aufs engste verbunden ist, glaubte das Volk nicht mehr in den Händen der Geistlichen, sondern weltlichen Vorstehung zu sehen, als aus denen seiner Meinung nach die unaufhörlichen kirchlichen Befehl ursprünglich floßen und von denen sogar die Gewalt der angemeßensten Bestrafung der Jugend gänzlich den Seelsorgern benohmen wurde. Hiemit hörte dann auch das Volk auf, den geistlichen Stand zu achten, als welchem allem äußerlichen Anschein nach fast keine Gewalt mehr übrig ist. C. Noch mehr aber sanken wir von unserm Ansehen herab, nachdem der Stand der Geistlichen seit einigen Jahren her eine allgemeine Zielscheibe der Kritiken, witzigen Spottes, Tadels und Verachtung in Volksschriften und Zusammenkünften, auch dem geringsten geworden, seitdem uns Laster angedichtet oder die Fehler des einzelnen dem ganzen Stande aufgebürdet werden durften, ungehindert, ungeachtet mit toller Freyheit. Und wenn schon der Unschuldige alles dieses leichtlich verachtete, so blieben doch allemal beym Bösen und beym Leichtgläubigen die bösen Gerüchte kleben, ohne daß sich der Unschuldige rechtfertigen konnte. Und so wuchs dem ganzen Stand endlich Geringschätzung und Verachtung zu. D. Nicht wenige aus uns sind unvermögend einem Stand, der Ansehen nöthig hat, gemäß zu leben, <?page no="353"?> 353 und sehen sich fast gewzwungen, einestheils aus [S. 14] der Gutherzigkeit ihrer Pfarrkinder sich zu ernähren, nachdem durch so viele Auflagen manigfaltige Entziehungen unser Unterhalt so sehr gemindert worden, der auch nach erklärten Bitten und Vorstellungen unergänzt geblieben, und nach dem die Congrua der Pfarrer von 500 fl. auf 300 fl. herabgesetzet worden, welche Befolgung fast nur dem Geringsten aus dem Civilbeamten geschöpfet ist. E. Mit verschiedenen Pflichten und Betreiben wurden wir beklaget, die uns dem Volk gar bald verdächtig und so gar gehäßig machen könnten. So wurden wir z. B. angehalten, zerschiedene Fassionen und Inventarien der Kirchenkapitalien mit andern zumachen, wegen denen izt das Volk so sehr in Sorgen stehet, die Thurmschlüssel bei den Pfarrkirchen aufbewahren, damit man bei gewissen Zeiten nicht läuten könne; einen Gottesdienst und dessen Gebräuche und Segnungen, die das Volk wünschte und verlangte, unterlassen und einen neuen, der ihm ungewohnt und unangenehm ist, einführen, und anders mehr. F. Wie sehr wurden wir endlich nicht vor unserm Volk beschämt durch so viele Verdemüthigungen ! , denen wir von Seite der weltlichen Behörde immerhin ausgesetzt waren, da unser Thun durch Wächter beobachtet, wir über jeden Schritt, ohne darauf zu sehen, [S. 15] ob die genaueste Befolgung jedesmal nützlich oder mehr gefährlich ist, zur Verantwortung gezogen, mit erniedrigenden Verweisen auch zuweilen öffentlich mit Drohungen und Strafen beleget, ja da sogar unsere eigenen Pfarrkinder die Vorsteher einer jeden Gemeinde im Jahre 1788 auf Befehl des löblichen Kreisamtes in Bregenz als unfreywillige gezwungene Kläger zum zweiten <?page no="354"?> 354 Mal vor den Richter berufen wurden, um aus ihnen von uns und unserm Betragen etwas zu erfragen, was an uns geahndet oder bestrafet werden könnte. Welches Verfahren dann einige aus ihnen dahin auslegten, man suche dadurch gefließentlich die Seelsorger von ihren Anvertrauten zu entzweyen, andere aber daraus Gelegenheit nahmen, uns zu verachten, nachdem sie sich über uns gleichsam als Aufseher gesetzet sahen. - - - Welches alles wir keineswegs im Geist des Murrens und der Ungeduld erwähnen, sondern nur als Darstellung, wie wenig wir in einem solchen Carakter zu äußerlichen Ansehen beym Volk, wenn wir ihm gehäßige Gegenstände durchsetzen wollen, Anspruch machen und Wirkung erwarten können, anbringen. Zudem hat der Umstand unsere Belehrungen besonders bei unangenehmen Gegenständen das Zutrauen benohmen, weil dem Volk (von der weltlichen Behörde selbst aus) bekannt geworden, daß die hohe und niedere Geistlichkeit mit Zwangsmittel und Temporaliensperr die geist- [S. 16] liche[n] Aufträge der politischen Landesstellen zu entrichten und keine Belehrung oder Unterricht, im Gegentheil, so deren Begnehmigung nicht hat, dem Volke beyzubringen, vorhalten werden, wo sich die doppelt traurige Folge ergibt, daß unsere Stimme nicht für die unsrige angesehen und in dieser Rücksicht auch bei heilsamsten, aber unangenehmen Belehrungen unwürksam bleibt, und andererseits, wie die Erfahrung es zeigt, das aufgebrachte Volk Anlaß nimmt, uns als Mietlinge oder Verräther der Sache Gottes anzusehen oder auch öffentlich zu schimpfen. Endlich wie schwer wird die Belehrung bei gereiztem Volke, dessen Fassungskraft ohnehin so sehr eingeschränket ist! Wie schwer bei Anordnungen, die nahe an entscheidende Glaubenswahrheiten gränzen und nur eingeübter Verstand und nicht der des Volks einzusehen vermag, wie eins dem andern unnachtheilig bestehen kann! Wie hart bei einem großen Theil <?page no="355"?> 355 der Verordnungen, die gegen Dinge ergangen, welche von ihrer innern Güte oder Unschädlichkeit das Ansehen der Kirche und ihre öffentliche Gutheissungen oder selbst Befehle zur Gewährleistung haben, die unsere Vorsteher und wir selbst ehemals eines Theils öffentlich belobet und anempfohlen haben! - - - Wie hart oder viel mehr unmöglich ist also die Belehrung in den meisten Verordnungen, gegen die der gemeine Mann so sehr abgeneigt ist. Umsonst werden von uns die allerbesten Abhilfen des Allergnädigsten Monarchen bey er- [S. 17] lassenen Verordnungen dem Volk angepriesen. Denn je lebhafter ihm jene vorgestellet werden, desto mehr bezweifelt es sogar die Aechtheit um höchste Willensmeinung in Dingen, die es mit den gottseligen Absichten nicht zusammen reimen kann, und hoffet umso zuversichtlicher Abhilfe dessen, was es unausredlich für Uebel hält. Umsonst wird ihm vorgestellt, daß die Allerhöchste[n] Verordnungen die Wesenheit der Religion nicht berühren. Weil das Volk es für eine wesentliche Kränkung seiner Religion unbenehmlich ansieht, daß dasjenige, ohne ersichtlichen zeitlichen Vortheil oder Schaden, nicht nicht mehr erlaubet seyn soll, was die Kirche gut geheißen hat. Umsonst werden von uns die schon so oft wiederholten und abgenutzten Zusprüche gemachet, womit wir das Volk ehedem noch stillen und aufziehen konnten, nachdem es sich schon festgesetzet, sich durch leere Worte nimmer mehr abspeisen zu lassen. Am gefährlichsten aber würde seyn, uns den Forderungen des Volks in allen Stucken geradezu entgegen [zu] setzen, weil wir alsdann nicht nur keine Frucht zu hoffen, sondern auch befürchten müßten, den Geist der Verzweiflung und der schädlichsten Gährungen zur größten Zerrüttung der Religion und des Staates zu zeitigen und zu befördern. Wir übergehen unzählig anderes, um Eure Hochfürstliche Gnaden nicht mit noch mehrerem zu betrüben. Wahrlich die Volksunzufriedenheit ist groß, der allgemeine Widerwillen [S. 18] <?page no="356"?> 356 gegen die neuen kirchlichen Verordnungen zu einem Grade angewachsen, der, wenn nicht in manchen Stücken Nachsicht gebrauchet werden darf, sich kaum anders als in eine gänzliche Zerrüttung des geistlichen und zeitlichen Wohls und andere betrübteste Folgen auflösen kann, unsere Verwendung aber und Belehrung in so vielen Rücksichten so unverfänglich, ja so gefährlich geworden, daß dadurch an manchen Orten die Sache nur verschlimmert und die Gährung vergrößert werden konnte. Von der Hoffnung also nach unserer ersten Pflicht-Beruhigung des Volkes durch uns erwirken zu mögen verlassen, können wir nur zur andern unsere Zuflucht nehmen, Eure Hochfürstliche Gnaden, unserm gnädigsten Oberhirten unsere schuldigste Anzeige von den entstehenden Unruhen und Gährungen und derselben Anlasse machen, zugleich aber auch unsere gründliche Besorgniße eröffnen, daß dauerhafte Ruhe sich schwerlich allgemein werde erzielen lassen, wenn nicht dem Volk die so enge angezogenen Schranken in betreff des äußerlichen Gottesdienstes und Religion in mehreren beträchtlichen Punkten, deren Abstellung aber dem gemeinen Mann keinen ersichtlichen Vortheil geben konnte, erweiteret, der einmal eingewurzelte Argwohn, als gehe es der Religion zu nahe, durch werkthätige öffentliche Anstalten zernichtet, ein unverfälschter Unterricht des Clerus in den Seminarien sowohl als der Jugend in den Schulen gesicheret, jenes ent- [S. 19] weders aufgehoben oder der Aufsicht Euer Hochfürstlichen Gnaden anvertrauet und diese von denen, wie es die Erfahrung gelehret, gefährlichen Visitatoren entlediget, Schriften der Verführung Schranken gesetzet, der Religion, Kirche und ihrer Vorstehern Ansehen und zukommende Gewalt gehandhabet, ihnen und ihren Anordnungen Achtung mit Strenge der Gesetze verschaffet, und das Kirchenvermögen belassen werden wird. Es bitten demnach Unterzeichnete Eure <?page no="357"?> 357 Hochfürstliche Gnaden unterthänigst, uns in unserer betrübten Lage fernershin dero gnädigste Oberhirtliche Hand zu bieten und die den dermaligen Umständen angemeßenste Maßregeln zu nehmen, um die gefährlichen Gährungen rückzuhalten und die erwünschliche Ruhe herzustellen. Vor allem aber bitten wir, die oben angezeigten Ursachen der ausgebrochenen Gährungen, das uns entschuldigende Unvermögen, diese aus Mangel des geschmälerten Ansehens gänzlich zu hindern und die daher entstehende Gefahr der Religion sowohl als des Staates nachtrücklichst zum Throne zu bringen; weil das Volk nie zu bereden war, daß dem allergnädigsten Monarchen alle in kirchlichen Sachen getroffenen Verfügungen bekannt seyn können, und weil es mit uns in manchen Stücken allergnädigste Abhilfe und die mildreicheste Erlaub- [S. 20] niß die der tollerierten katholischen Religion Religion zukommenden Gebräuche und üblichen Andachten auszuüben von den allerbesten Gesinnungen des allergnädigsten Monarchen zuversichtlichst hoffet und erwartet. Welche unterthänigste Bitte gesamte unterzeichnete Geistlichkeit nochmals wiederholet und in getrösteter Hoffnung der gnädigsten Erhörung verbleibt. Hochwürdigster Bischof, gnädigster Fürst und Herr Eurer Hochfürstlichen Gnaden Rankweil, den 15. ten Oktober 1789 unterthänigst gehorsamste Diener Joseph Joannes Nepomuk Gugger von Staudach, Deputat und Pfarrer in Röthis. Joseph Anton Mayr, des hohen <?page no="358"?> 358 Domstifts zu Chur Capitularkanoniker und Pfarrer zu Altenstatt. Joseph Hannibal Graß, Parochus et Secretarius Ranckovillae in Monte B. V. M. Michael Bacher, Parochus ad. S. Petrum Rankowil. Franciscus Salesius Wendlinger, Parochus in Koblach. Joannes Benedict Mayr, plebanus in Gözis. Franciscus Ignatius Relling, Parochus in Nofels. [S. 21] Fidelis Schneider, Parochus in Claus. Anton Tschofen, Parochus in Frachsern. Jacobus Ebenhoch, Parochus in Weiler. Victor Gmeinder, Cappelanus in Monte S. Victoris. Joseph Mathis, Parochus in Damüls. Franciscus Carolus Tscheter, Parochus in Laterns. Joannes Evangelist Barfus, Parochus in Übersaxen. Leonhard Andreas Fuetscher, Parochus in Göfis. Wilibaldus Maader, Parochus in Thisis. Joannes Nepomuc von Leo, Parochus in Tosters. <?page no="359"?> 359 Quellentext Nr. 15 Der Churer Bischof Franz Dionys von Rost (1777-1793) informiert Kaiser Joseph II. mit einem Schreiben vom 31. Oktober 1789 über seine Pastoralvisitation und die Lage in den vorarlbergischen Unruhegebieten seiner Diözese. Abschrift / Chur, 31. Oktober 1789 [expediert am 14. November] In: BAC, 762.21 Serienakten: Protocollum Celsissimi, Bd. XIX (1789-1792), S. 1-20. [S. 1] 3 Aller durchlauchtigster, großmächtigster unüberwindlichster Römischer Käiser, allergnädigster Herr Herr! Unter dem 16. Julius abhin hat mir der Herr Landesgouverneur im Tyrol, Graf von Sauer, die Eröffnung gemacht, wie daß Eure Römische Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät in Folge Hofdecreto vom 11. besagten Monats überzeuget, daß die im vorarlbergischen Kreise ausgebrochenen Volksunruhen und Gährungen ihren Grund in fanatischen und unaufgeklärten Religionsbegriffen hätten, und gegen solche nur jene Mittel angewendet werden müßten, durch welche dem Volke von jenen, auf die es sein meistes Vertrauen in Ansehung solcher Gegenstände setzte, Belehrung, Unterricht und Überweisung zuflößen, allergnädigst zu befehlen geruhet hätten, daß ich gegen Sperrung der Temporalien in den Ort der ausgebrochenen Unruhen und Gährungen berufen und mir mitgegeben werden sollte, das Volk und die Geistlichkeit eines bessern zu belehren und die Landesfürstlichen Befehle in Ecclesiasticis befolgen zu machen. Belebet und durchdrungen von den Gesinnungen der allerunterthänigsten Devotion gegen allerhöchstdieselben sowohl [S. 2] als der eigenen innersten Bereitfertigkeit zum Besten der Religion und des Staates meine äußersten Kräfte zu verwenden, welche 3 Am rechten Blattrand: 1789. Wien / an den Kaiser / datiert 31. Oct. / exp. 14. Nov. <?page no="360"?> 360 auch die stetshinige einzige Richtschnur meiner Handlungen statt all erniedrigender Zwangsmittel sind, habe ich nicht verweilet, ungeachtet der wohl vorsehlichen wichtigsten Bedenklichkeiten mich hierüberhin mit dem Herrn Landesgouverneur Graf von Sauer und der zu Bregenz aufgestellten Landesfürstlichen Commission auf die best thunlichste Weise und Art einzuverstehen und unter dem für gut gefundenen Titel einer ohnehin, mehr als sonst üblich wäre, verschobenen allgemein gewunschenen Pastoralvisitation nach dem vorgesteckten Plan zu entrichten, was mir auferleget war. Eure Römische Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät geruhen allergnädigst zu erlauben, daß ich den Erfolg meiner Verrichtungen allerhöchst demselben selbst allerunterthänigst vorzulegen mich unterfange. Gleich anfangs, als mir der Herr Landesgouverneur über besagte Vorarlbergische Volksgährungen Nachricht gab, habe ich die Lage der Sachen, wie ich sie aus zerschiedenen nach und nach eingegangenen leidigen Berichten vermuthen mußte, demselben vorzulegen mich verpflichtet gefunden; und ich nehme mir die Freyheit, eine Abschrift darvon sub Lit. A beyzulegen, weil es eine vor- [S. 3] läufige, nicht soweit verfehlte Schilderung des Zustandes ist, den ich wirklich angetroffen habe. Das Volk nämlich beschweret sich, daß es durch immerfortdauernde Abschaffung bereits aller angewohnten, auch untadelhaften, zum Theil unleugbar heilsamen Religionsübungen, Versperrung solcher als Mißbräuche auch in öffentlichen Ausschreibungen immerhinige Abänderungen und willkührliche Ausdehnungen von untergeordneten Anlegung richterlichen Gewalts und zwar, wie es glaubet, wider allerhöchstdero eigenen allergnädigsten Gesinnungen, als allerhöchstwelche von Anthuung eines Gewissenszwanges soweit entfernet sind, daß allerhöchstdieselben auch protestantischen Unterthanen ohne ehevor berechtiget gewesen zu seyn, freye und ungehinderte Religionsübung zu gestatten sich entschlossen haben, irre gemacht werden wollen. <?page no="361"?> 361 Es [= das Volk] beschweret sich, daß das meist aus seinen eigenen Mittel geflossene oder von gutseligen Stiftern der Kirche zu bestimmten Absichten übergebene Kirchenvermögen nach Willkür behandelt, die Bestreitung der Religionsbedürfnisse seiner Ortschaften nicht selten dadurch zu seinem Nachtheil erschweret, sämtliche Kapitalien auch der noch bestehenden Stiftungen ad fundum publicum außer Landes − [S. 4] ungeachtet lediglicher Unmöglichkeit von Seite seiner mit dem Geld aufzukommen − gezogen, nach aufgehobenen so manchen Klöstern und eingezogenem Bruderschaftsfond dennoch von all ihren von allerhöchstdemselben über deren Verwendung erlaßenen Verordnungen nichts, was einer Meldung würdig ist, vollzogen werden wolle. Es beschweret sich, daß der Anwachs der nöthigen seelsorgerischen Geistlichkeit stets vermindert, sein Zutrauen auch auf die wenigen Zöglinge der Generalseminarien wegen der in selben, selbst nach Aussage mehrerer dieser Zöglinge verbreitet werdenden übeln Grundsätzen gehemmet, die bestehenden Seelsorger zerschiedentlich und besonders durch Andringung der stetshinigen Neuerungen von ihm abgezogen, und selbst in Verdacht und Mistrauen versetzt werden wolle. Es beschweret sich, daß die Normal- oder Trivialschulen nach den entworfenen Plänen auch auf das Land, wo es nicht thunlich ist, aufgedrungen, ihm unerschwingliche Bekostungen hierzu zugemuthet, die zugesicherte Erleichterung aus dem Bruderschaftsfond versaget, die Jugend zugleich unter der Hand damit verderbet werden wolle. Es beschweret sich, daß schändliche und spöttische Religionsschriften ungeahndet geduldet, befördert, empfohlen [S. 5] und zu allgemeinem Verderben aller Orte verbreitet werden, daselbst protestantische Bücher sich in öffentlichen Veranstaltungen und <?page no="362"?> 362 Schulen eingedrungen und vor katholischen empfohlen werden, daß öffentliche Laster und Verbrechen, Hurrery, Ehebrüche etc. meistens ungestrafet verbleiben, wo andererseits unschädliche oder unleugbare lobliche Andachten und Gebräuche verfolget werden. Von allen Seiten betroffen, beängstiget, in gänzliche Verwirrung und unablegbare Besorgnisse versetzet, was das Ende dieser stetshinigen Religion und Kirchenreformation, Abschaffung und Umgestaltung des meisten seyn werde, und an was es sich endlich sicher halten könne und soll etc., will es sich nichts anders begreiflich machen lassen, als daß es auf den gänzlichen Umsturz der Religion angesehen sey, und zeiget sich deswegen über alles, was Neuerung heißt, so abhold und aufgebracht, daß es meistens auch jenes, was offenbar gut und gottselig ist, ohne Unterschied für verdächtig hält und all widrige Belehrung und Zusicherung verwirft. Zu innerstem meinem Vergnügen habe ich zwar übrigens, soviel ich bey all meinen Verrichtungen, wozu ich mich in die Hauptorte verfüget, in diesen die Abgeordneten aller Pfarreyen einberufen und stetshin selbst beygewohnet, alles aber nach ehevor getroffenener Einverständniß mit der politischen Visitations- [S. 6] commission behandelt habe, entdecken können, nichts anders als Gesinnungen allschuldigster Treue und allerunterthänigsten Gehorsams gegen Eure Römische Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät ihren allergnädigsten Kaiser und Landesfürsten bemerket. Doch überzeuget, daß allerhöchstdero Gesinnungen einzig auf Beförderung des wahren Christenthums und der reinen Religionslehre gerichtet sind, und wo selbst allerhöchstdero Anordnungen den heilsamen Endzweck nicht erreichet, aufgemachte allerunterthänigste Vorstellungen ihren getreuesten Unterthanen mildeste Nachsicht zu ertheilen und von solchen abzugehen in allergnädigsten Rücksichten kein Bedenken finden, flehen sie allerhöchstdero Huld und Gnad in Unterthänigkeit an, um in ihrer Religion und Religionsgegenständen − von wem immer − nicht ferners beschweret zu werden etc. <?page no="363"?> 363 Eure Römische Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät geruhen zwo der mir eingereichten Einlagen von Seite der 17 Gemeinden des Gerichtes Rankweil und Sulz, worinn diese Gährungen ausgebrochen und der in selben befindlichen seelsorgerischen Geistlichkeit, welche ich eben deswegen zum Zeugniß dessen, was ich angeführet, und Aufklärung der obwaltenden Lage, so wie ich sie erhalten, abschriftlich sub Lit. B et C aller unterthänigst anzuschließen erachtet, allerhöchstdero Einsicht zu würdigen. [S. 7] Soll ich nun Eurer Römischen Kaiserlichen Königlichen Majestät mein allerunterthänigstes Gutachten zugleich beyzufügen mich unterfangen, so stelle ich allerhöchstdemselben nach reiflichst und wiederholt gemachten Überlegungen zur allergnädigsten Überdenkung und Rücksicht anheim, ob nicht die Anordnung des Gottesdienstes und der gottesdienstlichen Handlungen, soviel es dem Staate billig gleichgültig seyn kann, nach Beschaffenheit der Zeit und Ortsumstände, die sich nicht so leicht nach speculativen Absichten und Wünschen umändern lassen, der Kirche, der sie jederzeit zuständig gewesen, und den Bischöfen, die mitten unter ihrer Herde wohnen, und ihre besondern geistlichen Bedürfnisse näher einzusehen Gelegenheit haben, wiederum zu überlassen für gut scheinen wolle. Die innere Religion des Volkes, welche den einzigen wahren Trieb sowie das Maaß der Erfüllung seiner übrigen Pflichten auch gegen den Staat zu verschaffen vermag, hängt von äußerlichen Ausübungen und Religionshandlungen fast gänzlich ab und läßt sich nach seiner Faßungsart meistens nur nach dem Maaß dieser erhalten, in sich und andere befördern und vervollkommnen. Wird es hierinnfalls zuviel beschränkt, wie es wirklich geschehen ist, findet es sich beunruhiget, seine Stimmung, Begriffe, Zeit und Ortsumstände außer acht gelassen etc., findet es sich beunruhiget in seinen [S. 8] Vorurtheilen und Verdächten, statt sich deren zu befreyen, noch mehr gestärket in der Religion selbst, ohne einigen Vortheil des Staates <?page no="364"?> 364 irre gemacht, in Unmuth und Gährung gebracht, und erlaubet sich nicht selten ohne weitere Rücksichten die ungangbarsten Schritte. Wegen des Kirchenvermögens würde ich den wenigsten Anzug machen, wenn ich nicht hierin vom Volke ganz besonders angedrungen und zugleich überzeuget wäre, daß allerhöchstdieselben mehrers allerhöchstdero eigenen Aufmerksamkeit würdig finden würden. In meinem n