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Grün in der Stadt

Eine historische Spurensuche in Konstanz

0611
2018
978-3-7398-0626-6
978-3-8676-4848-6
UVK Verlag 
Marita Sennekamp

Die vielfältige Konstanzer Stadtlandschaft - geprägt von Wald, Rebflächen, Gärten, Parkanlagen, grünen Plätzen und den Gemüsefeldern im Tägermoos - basiert letztlich auf dem Gestaltungswillen von Generationen. Die Historikerin Marita Sennekamp zeigt, wie eine differenzierte Stadtgesellschaft seit dem Mittelalter ihren Lebensraum den jeweiligen Bedürfnissen angepasst hat. Lange Zeit stand die ökonomische Nutzung im Vordergrund, die jedoch immer auch eine soziale Komponente einschloss. Doch hatte und hat Stadtgrün abseits der reinen Nutzung zweifellos noch weitere Funktionen im Bereich von Ästhetik, Psychologie, Pädagogik und Ökologie. Eindringliche Zitate aus verschiedenen Epochen verdeutlichen den zeitlosen Wert des Grüns für Stadtbürger. Das gilt heute angesichts zunehmender Verknappung unbebauter Flächen umso mehr. Die Darstellung aktueller Probleme wie etwa die (Teil-)Fällung einer Pappelallee und ein Blick auf die Entwicklung des Landschaftsschutzes ergänzen diese historische Spurensuche zur Nutzung und Wahrnehmung von Stadtgrün in Konstanz.

<?page no="0"?> Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz 19 Marita Sennekamp Grün in der Stadt Marita Sennekamp Grün in der Stadt Eine historische Spurensuche in Konstanz Die vielfältige Konstanzer Stadtlandschaft von heute, geprägt von Wald, Rebflächen, Gärten, Parkanlagen, grünen Plätzen und Gemüsefeldern im Tägermoos, basiert letztlich auf dem Gestaltungswillen von Generationen. Die Historikerin Marita Sennekamp zeigt, wie eine differenzierte Stadtgesellschaft seit dem Mittelalter ihren Lebensraum den jeweiligen Bedürfnissen anpasste. Lange Zeit stand die ökonomische Nutzung im Vordergrund, die jedoch immer auch eine soziale Komponente einschloss. Doch hatte und hat Stadtgrün abseits der reinen Nutzung zweifellos noch weitere Funktionen im Bereich von Ästhetik, Psychologie, Pädagogik und Ökologie. Den zeitlosen Wert des städtischen Grüns für die Einwohnerschaft verdeutlichen eindringliche Zitate von Zeitgenossen. Das gilt angesichts zunehmender Verknappung unbebauter Flächen in der Stadt umso mehr. Die Darstellung aktueller Probleme wie etwa die (Teil-)Fällung einer Pappelallee und ein Blick auf die Entwicklung des Landschaftsschutzes ergänzen diese historische Spurensuche zur Nutzung und Wahrnehmung von Stadtgrün in Konstanz. www.uvk.de ISBN 978-3-86764-848-6 <?page no="1"?> Marita Sennekamp Grün in der Stadt <?page no="2"?> Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz Hg. von Jürgen Klöckler Band 19 Zur Autorin: Dr. Marita Sennekamp ist Historikerin und lebt in Konstanz. <?page no="3"?> Marita Sennekamp Grün in der Stadt Eine historische Spurensuche in Konstanz UVK Verlagsgesellschaft Konstanz <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 1619-6554 ISBN 978-3-86764-848-6 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2018 Einbandgestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz Einbandmotiv: Weiherwiesen mit Blick auf das Konstanzer Münster Stadtarchiv Konstanz, Bildsammlung Z1.wolfH32-1218 Druck: CPI · Clausen & Bosse, Leck UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de <?page no="5"?> Vorwort Die Regionalgeschichte führt eher ein Schattendasein, da die Aussagekraft ihrer historischen Analysen sich auf einen begrenzten geographischen Raum bezieht. Doch stehen Ereignisse vor Ort immer in einem größeren politischen, sozialen und wirtschaftlichem Rahmen, von dem sie beeinflusst werden. Deshalb widerspiegelt der lokale Einzelfall auch allgemeine Erscheinungen und Entwicklungen. Entsprechend gilt dies für eine historische Spurensuche zum Stadtgrün in Konstanz. Sich mit dem Thema zu beschäftigen, wie frühere Generationen ihre Naturflächen nutzten und welche Bedeutung dieser Lebensraum für sie hatte, ist gegenwärtig von besonderer Relevanz. Denn die seit der Jungsteinzeit vorrangig bäuerliche Lebensform ist randständig und nur noch wenige Deutsche arbeiten im primären Sektor in enger Verbundenheit mit Naturflächen. Immer mehr Menschen leben in zunehmend dichter bebauten Städten und sind in naturfernen Arbeitswelten tätig. Deshalb wächst gerade bei Stadtbewohnern die Sehnsucht nach natürlichen Erholungsräumen. Das führt nicht nur zum Verkaufserfolg von idealisierenden Zeitschriften zu Traumgärten und Landlust, sondern zeigt sich auch in dem aktiven, gemeinschaftlichen Gärtnern auf städtischen Flächen, dem sog. „urban gardening“. Außerdem verteidigt eine zunehmende Anzahl von Stadtbewohnern das knapper werdende Stadtgrün gegen geplante Versiegelungen bzw. Überbauungen. Städtische Naturflächen sind keine Geschenke der Natur, sondern gehen auf Nutzungsformen und Gestaltungswillen früherer Generationen zurück, was auch auf Konstanz zutrifft. Ein historischer Rückblick auf die Entwicklung des Stadtgrüns in Konstanz soll Einblicke geben, wie eine differenzierte Stadtgesellschaft ihren natürlichen Lebensraum über lange Jahrhunderte nutzte und wahrnahm. Dadurch lässt sich auch der Wert von Stadtgrün in der Gegenwart besser ermessen. Für solch einen historischen Längsschnitt eignet sich die Stadt Konstanz besonders, da ihre Geschichte nicht nur weit zurückreicht und sie im Mittelalter eine bedeutende Rolle einnahm, sondern auch wegen der günstigen Forschungs- und Dokumentations- <?page no="6"?> 6 Vorwort lage. Vor allem beherbergt das Stadtarchiv Konstanz als eine Art kollektives Gedächtnis einen reichhaltigen und gut erschlossenen historischen Fundus von schriftlichen und bildlichen Quellen zur Stadtgeschichte. Herzlich danken möchte ich dem Leiter des Konstanzer Stadtarchivs, Herrn Prof. Dr. Jürgen Klöckler, für sein anregendes und umsichtiges Korrekturlesen meines Manuskripts, das er dankenswerterweise in diese Schriftenreihe aufgenommen hat. Herrn Dr. Arnulf Moser danke ich, dass er mir in Gesprächen sein regionalgeschichtliches Wissen zur Verfügung gestellt hat. Marita Sennekamp April 2018 <?page no="7"?> Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Wald- und Flurlandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Getreideäcker und Gemüsefelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 Wiesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Nützliche und „lustige“ Gärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Weingärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Nutz- und Ziergärten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62 Parkanlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Öffentliches Stadtgrün . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Plätze und Freizeitgelände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Gartenkunst im Öffentlichen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz . . . . . . . . . 131 Anmerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 <?page no="8"?> Konstanz besitzt ein Paradies - sonderbar genug , dass der Ort, der so genannt wird, bloß mit Küchengewächsen und Fruchtbäumen prangt - sollte man nicht fast glauben, der Gott derjenigen, deren Paradies so beschaffen ist, müsste der Bauch sein? Hermann von Pückler-Muskau, 1806 <?page no="9"?> Einleitung Konstanz, mit ca. 85 000 Einwohnern die größte Stadt am Bodensee, wird von den Bürgerinnen und Bürgern wegen seiner hohen Lebensqualität geschätzt und zieht viele Touristen an. Die Attraktivität der Stadt für Besucher beruht auf der weitgehend erhaltenen, in das Mittelalter zurückreichenden Architektur der Altstadt und der geografischen Lage am Bodensee. Dies erkannte schon im 17.- Jahrhundert der berühmte Kupferstecher Matthäus Merian, als er im Jahr 1643 notierte: Es liegt die Stadt Konstanz in einem wunderschönen, fruchtbaren und lieblichen Gelände, das einem irdischen Paradies zu vergleichen ist. 1 Konstanz während der schwedischen Belagerung im Herbst 1633 Kupferstich von Matthäus Merian, 1643 <?page no="10"?> 10 Einleitung Der Künstler, der eines der ersten Stadtbilder angefertigt hat, preist die Schönheit der Bodenseelandschaft, in der die Stadt liegt, und bedenkt sie mit höchstem Lob, indem er sie mit dem biblischen Garten Eden, dem Traumgarten schlechthin, vergleicht. Er hebt ihre Fruchtbarkeit hervor und damit den ökonomischen Nutzen für ihre Bewohner, was in der Zeit des noch anhaltenden Dreißigjährigen Krieges einen besonders hohen Stellenwert besaß. Die Konstanzer Bürger verdankten ihre reichhaltigen Ernteerträge zwar besonders günstigen Gegebenheiten der Natur, wie fruchtbaren Böden und einem milden Klima, doch haben sie selbst daran einen höheren Anteil. Viele Generationen haben in die natürliche Vegetation und die geografischen Gegebenheiten eingegriffen. Seit den ersten festen Siedlungen verwandelten die Menschen die Urlandschaft des Bodensees nach ihren Bedürfnissen, indem sie Feuchtgebiete trockenlegten oder Waldstücke rodeten, um an einem bestimmten Ort ihr Überleben zu sichern. Dabei erwarben sie Wissen über die Zucht und Pflege von Pflanzen und richteten sich beim Anbau nach den geografischen und klimatischen Gegebenheiten wie Bodenstruktur und Sonneneinstrahlung. Die ursprüngliche Naturlandschaft am See wurde damit zu einer vom Menschen geprägten Kulturlandschaft. Eine solche grenzt Hansjörg Küster, der wegweisende Beiträge für die Grundlagen der noch jungen, interdisziplinären Landschaftswissenschaft verfasst hat, folgendermaßen von einer eher einer Wildnis gleichenden Naturlandschaft ab: Kultur in einer Landschaft ist alles, was vom Menschen ausgeht: eine Gestaltung durch Nutzung des Landes und seiner Naturerscheinungen und eine Gestaltung nach ästhetischen Gesichtspunkten. Teil von Kultur sind außerdem die Interpretationen und Ideen, die mit Landschaft verbunden werden. 2 Je nach Nutzung bildeten sich unterschiedliche Landschaftselemente heraus wie Felder, Wiesen oder Obstgärten, die oft lange Zeit an derselben Stelle bestanden. Doch veränderten die jeweiligen Zeitgenossen die Landschaft auch, wenn sie zum Beispiel ein Feld in einen Obstgarten umwandelten, weil sie es nicht mehr zum Getreideanbau brauchten und darin Vorteile sahen. In einer langen <?page no="11"?> Einleitung 11 Generationenkette wussten die Menschen ihre natürliche Umgebung ihren jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Matthäus Merian bewunderte nicht nur die Umgebung von Konstanz, sondern die Stadtanlage selbst: Sie ist nicht sonderlich groß, aber luftig und schön erbaut. 3 Für seine positive Beurteilung ist die schön(e) Architektur der Gebäude entscheidend, aber ebenso, dass sie luftig innerhalb der Stadtmauern angeordnet sind. Der Künstler machte keine näheren Angaben zum Aussehen und zur Nutzung der Freiflächen, findet sie aber unter ästhetischen Gesichtspunkten maßgeblich. Das heutige Stadtbild ist nicht mehr luftig, sondern verdichtet. Die Weiterentwicklung der Siedlungsfläche folgte über lange Zeit dem Muster, dass am Stadtrand ein Teil der Kulturlandschaft aufgegeben wurde, um Wohnungsbedarf oder Gewerbeinteressen zu realisieren. Die besondere Lage - an der Schweizer Grenze, am See, am Rhein und an einem Naturschutzgebiet - erschwert heute jedoch zunehmend die Vergrößerung am Stadtrand, da die bebaubaren Freiflächen innerhalb der Gemarkung Konstanz begrenzt sind. Deshalb setzte die Stadt in den letzten Jahren verstärkt auf ein Dichtemodell, bei dem im innerstädtischen Bereich sogenannte Baulücken geschlossen werden, wie zum Beispiel Innenhöfe oder Gartenanlagen. Da die Nachfrage nach mehr Wohnraum weiterhin anhält, wird die alte Siedlungsfläche wohl auch künftig weiter verdichtet und Naturfläche an den Stadträndern versiegelt. Dies ist ein tiefgreifender, unumkehrbarer Eingriff in die Stadtlandschaft, durch den ein nicht unerheblicher Teil für immer verloren geht, was keineswegs nur unter ästhetischen Aspekten problematisch ist. Zwar haben die Konstanzer Bürger schon immer ihre Siedlungsfläche auf Kosten von Naturflächen vergrößert. Neu und von besonderer Brisanz ist, dass nicht nur die Vielfalt des städtischen Naturgrüns zurückgeht, sondern der verbleibende städtische Naturraum im Siedlungsbereich durch die vielen Neubauten, immer größeren Parkplätze und durch mehr Verkehrswege erheblich verkleinert wird. Das hat zur Folge, dass bei wachsender Bevölkerungszahl nicht alle Bedürfnisse der Bürger gleichermaßen erfüllt werden können, was zu kontroversen Diskussionen über den Erhalt und die Nutzung des gegenwärtigen Stadtgrüns führt. Die einen suchen in möglichst belassener Stadtnatur Erholung bei Spaziergän- <?page no="12"?> 12 Einleitung gen oder wollen ihren von der Stadt gepachteten Schrebergarten erhalten, wohingegen sich andere adäquate Rasenflächen für Sport oder für Events taugliche, öffentliche Plätze wünschen. Dieser Interessenskonflikt ist in einer Kommune, in der die Nachfrage nach weiterem, vor allem günstigen Wohnraum hoch ist, nicht leicht zu lösen. Deshalb kann ein Blick in die Geschichte der Konstanzer Stadtlandschaft erhellend sein, nicht zuletzt um ihren Wert zu ermessen, bevor immer größere Teile verschwinden. In einem historischen Längsschnitt soll an einzelnen Beispielen herausgearbeitet werden, wie eine kulturell differenzierte Stadtgesellschaft über Jahrhunderte die sie umgebende Natur nutzte und welche Bedeutung die Stadtlandschaft für sie hatte. Für eine solche nicht ganz einfache historische Spurensuche bietet sich Konstanz an, da die Geschichte der ehemaligen Bischofsstadt gut dokumentiert und erforscht ist. Die Siedlungsgeschichte reicht bis in die Jungsteinzeit zurück. Keltische Spuren und ein römisches Kastell konnten archäologisch auf dem Münsterhügel nachgewiesen werden. Die historischen Beispiele der Landschaftsnutzung werden jedoch erst ab dem Mittelalter angeführt, als die Bischofsstadt Konstanz ein wichtiges weltliches und religiöses Zentrum war. Im Fokus des Interesses steht dabei der Umgang der Konstanzer Bevölkerung mit der ihnen in ihrer Zeit zur Verfügung stehenden Naturflächen, wie sie diese nach ihren jeweiligen Bedürfnissen bearbeiteten und dadurch ggf. auch veränderten. Entsprechend werden im Folgenden unter dem Begriff der Konstanzer Stadtlandschaft alle Naturflächen verstanden, die in dem jeweiligen Zeitumfeld von Stadtbewohnern genutzt und gestaltet wurden. Zu diesem urbanen Lebensraum gehören der durch Mauern im Mittelalter geschützte Stadtbereich auf der linken Rheinseite - die heutige Altstadt -, aber auch das unmittelbar angrenzende Umland auf der rechten Rheinseite und linksrheinische Flächen, die im südlichen und westlichen Vorland der Stadtmauern lagen. Ausgeschlossen werden jedoch alle Grünbereiche, die zwar heute zur Gemarkung Konstanz gehören, die aber Jahrhunderte lang durch die Bedürfnisse von bäuerlichen Dorfbewohnern geprägt wurden. Das gilt für alle Naturflächen der lange Zeit selbständigen und erst im 20. Jahrhundert eingemeindeten Dörfer. Denn nur der Umgang von Städtern mit der ihnen un- <?page no="13"?> Einleitung 13 mittelbar zugänglichen und von ihnen Jahrhunderte lang gestalteten Landschaft soll im Folgenden untersucht werden. Eine frühe Schilderung der Konstanzer Stadtlandschaft gibt uns der in Konstanz geborene Theologe Gabriel Buzelin 1667, der zudem Zeichner und Kartograph war, und somit gewissermaßen als Experte gelten kann: Die Lage von Konstanz […] mitten zwischen zwei süssen und lieblichen Seen, umschlungen ausserdem vom König der Ströme, dem Rhein, dessen Wasser oft wie flüssiger Kristall glänzt, bei Nacht den Sternenhimmel widerspiegelt; rings umher erblickt man fruchtbarstes Land, überall mit Weinbergen, Feldern und Wiesen bestellt. 4 Diese Begeisterung für die Bodenseelandschaft seiner Heimatstadt, die er schon mit 13 Jahren beim Eintritt in das Kloster Weingarten verlassen musste, äußerte Buzelin als alter Mann. Er litt in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, musste vor schwedischen Truppen erst nach Wien, dann nach Venedig fliehen, bevor er nach Kriegsende in sein Kloster zurückkehren konnte. Etwa 20 Jahre nach Kriegsende, als die Kriegsverwüstungen immer noch im Landschaftsbild Konstanz: Gesamtansicht von Südwesten Kolorierte Federzeichnung des Geometers Johann Baptist von Lob von 1799 <?page no="14"?> 14 Einleitung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sichtbar waren, weil Siedlungen zerstört wurden und Land verwüstet blieb, fiel Buzelin vor allem die besondere Fruchtbarkeit seiner Konstanzer Heimat auf. Des Weiteren hob er einige Landschaftselemente hervor, wenn er von wohl bestellten Weinbergen, Feldern und Wiesen spricht. Der Ackerbau auf den Feldern und die Viehhaltung auf den Wiesen sicherten vielen Stadtbewohnern ihren Lebensunterhalt. Darüber hinaus weisen die Weinberge darauf hin, dass die Konstanzer Zeitgenossen von Buzelin einen Becher Wein schätzten. Buzelin zählt drei objektiv fassbare Landschaftselemente auf, was von einem Zeichner und Kartographen zu erwarten ist. Er beschreibt sie jedoch nicht nur sachlich, sondern lässt seine Freude und Bewunderung beim Anblick seiner Heimat einfließen. Dies kann er vorbehaltlos, da er an der mühsamen Arbeit nicht beteiligt ist, um das fruchtbarste[s] Land zu ermöglichen. Ein Konstanzer Ackerbürger hätte wohl eine andere Einstellung zur selben Gegend formuliert. Die Wahrnehmung der Natur ist zunächst subjektiv und gilt für den, der sich über sie äußert. Darüber hinaus ist die Einstellung eines Individuums zur Umwelt immer auch von der jeweiligen Gesellschaft geprägt, zu der es gehört. Seine Aussage gibt deshalb allgemeinere Einblicke in die historische Situation, in der sie geäußert wird. Der Historiker Jürgen Osterhammel postuliert entsprechend: Das Lesen von Landschaften hat ebenso seine Geschichte wie das Urteil darüber, was gefährdete oder zerstörte Natur sei. 5 In diesem Sinne soll die Geschichte der Stadtlandschaft von Konstanz auszugsweise „gelesen“ und „beurteilt“ werden. Dabei sollen jegliche Einschätzungen aufgenommen werden, nicht nur negative wie im obigen Zitat (gefährdete oder zerstörte Natur). Die historische Spurensuche seit dem Mittelalter soll an Beispielen analysieren, wie Menschen über viele Generationen hinweg einen weitgehend gleichbleibenden Landschaftsraum bis in unsere Gegenwart nach ihren Bedürfnissen nutzten. Des Weiteren, welche Bedeutung er für sie hatte und wie sie ihn wahrnahmen. Dabei geht es nicht darum, möglichst vollständig und chronologisch einzelne Stadtberei- <?page no="15"?> Einleitung 15 che zu erfassen. Vielmehr soll in einem zeitlichen Längsschnitt der Wert herausgearbeitet werden, den die Konstanzer Stadtlandschaft für die differenzierte städtische Gesellschaft im Laufe einer langen Generationenkette hatte und bis heute hat. Ausgegangen wird dabei von unterschiedlichen Elementen, die zum größeren Teil schon seit dem Mittelalter in der reichhaltigen Konstanzer Stadtlandschaft vorhanden sind. So stellt ein Besucher des Konstanzer Konzils, Dietrich von Nieheim, im Spätmittelalter mit Blick auf Konstanz fest: Außerhalb und in der Nähe derselben sind große Weingärten, Felder, Gärten, Wiesen und Wälder, durchweg ein Land, auf dem der besondere Segen Gottes zu ruhen scheint. 6 Neben der reinen Aufzählung der Landschaftselemente erwähnt der fremde Besucher, ein päpstlicher Beamter, die große Fruchtbarkeit des Landes, die er ausschließlich dem Segen Gottes zuschreibt. Doch liegen diese eben nicht in einer quasi von Gott erschaffenen, reinen Natur, sondern sind Teile der von Menschenhand geprägten Konstanzer Kulturlandschaft, wo sich über viele Generationen hinweg Menschen durch große ökonomische, ökologische und ästhetische Leistungen eine dauerhafte Heimat schufen. Sie formten die Natur zum einen nach grundsätzlich lebenswichtigen Bedürfnissen, zum anderen aber auch zu ihrem Vergnügen. <?page no="17"?> Wald- und Flurlandschaft Welche Herausforderung es für die Menschen bedeutete, die vorgegebene Natur so für ihre Grundbedürfnisse zu nutzen, dass sie sich dauerhaft an einem Ort niederlassen konnten, ist schwer vorstellbar. Es ging nicht nur darum, die von ihr zur Verfügung gestellten Rohstoffe als nützlich zu erkennen und zu verarbeiten, sondern so nachhaltig zu wirtschaften, dass die Erträge auch nach längerem Aufenthalt zur Existenzsicherung ausreichten. Das gab die Natur nicht einfach so her, sondern die Menschen mussten seit der Jungsteinzeit in die Natur eingreifen, um ihre Bedürfnisse so gut wie möglich erfüllen zu können. Zum Beispiel wurde ein verschilftes und verbuschtes Landstück entwässert, von allen Unkräutern befreit und umgegraben, damit man Getreide säen konnte. Über viele Generationen hinweg haben Menschen durch ihren hohen Arbeitseinsatz das Land am See nutzbar gemacht und entsprechend geformt. Für sie galt über viele Jahrhunderte die bereits in der Bibel bei der Vertreibung von Eva und Adam aus dem Paradies formulierte Prophezeiung: Blick über Wald- und Wiesenlandschaft - Gesamtansicht von Nordwesten Stahlstich von Louis Thümling um 1850 <?page no="18"?> 18 Wald- und Flurlandschaft Verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen. (Buch Moses, Genesis 3) Die ältesten Formen der dadurch entstandenen Kulturlandschaft - Wälder, Felder und Wiesen - sollen als erstes anhand von Beispielen aus der langen Stadtgeschichte auf sich verändernde oder gleichbleibende Nutzungen hin untersucht werden. Wald Aus den Wäldern der Stadt und Umgebung deckten die Konstanzer in früheren Zeiten bis weit in die Gegenwart ihren Holzbedarf. Jeder Haushalt benötigte große Mengen an Brennholz zum Kochen und Heizen, bevor Ende des 19. Jahrhunderts Steinkohle und Gas als Energieträger genutzt werden konnten. Um die Ressourcen des Waldes zu schonen, sammelte man Reisig im Unterholz und verwertete somit auch noch kleinste, dürre Ästchen. Auch das Holz der Buchen diente als Brennholz. Dagegen wurde das wertvolle, aus alten Fichten, Eichen und Eschen gewonnene Holz vor allem zum Bauen verwendet. Diese Nutzung stand in Konstanz insbesondere beim Erweitern der mittelalterlichen Stadt im Vordergrund. Bauholz wurde im Mittelalter sowohl für die Erstellung von Gebäuden, aber auch für die Gewinnung von mehr Bauland in den feuchten, Ufer nahen Zonen in großem Maß benötigt. Man konnte den alten Siedlungskern innerhalb der schützenden Stadtmauern in den tiefer liegenden Flachwasserzonen nur erweitern, wenn sie aufgefüllt und durch hölzerne Gitterkonstruktionen befestigt wurden. Die auf dem feuchten, aufgeschütteten Gelände Richtung See errichteten Gebäude ruhen alle auf Holzgittern, was bis heute für einen großen Teil der Altstadthäuser gilt. Dafür rammte man Pfähle in den feuchten Untergrund und legte darauf horizontal einen Rost. Ohne diese Fundamentierung hätte man keine Mauer hochziehen können. <?page no="19"?> Wald 19 Im Jahr 1524 wird von den Vorarbeiten zu einem Neubau eines Hauses uff dem stäg hinder der pfallentz [heutige Bahnhofstraße] berichtet, dass man anfing , pfäl inn grund ze schlahen und hat man ain rham gelegt von großen wyßthannen [= Weißtannen] […] und hat man derselbigen nunzehen geprucht inn die lennge und schlusstuck, und zwischen alle schluss voll eerliner pfäl [= Erlenpfähle] geschlagen 7 . Man kann sich vorstellen, welch hoher Bedarf an Holz bei der Stadterweiterung Richtung See anfiel, wenn bei einem einzigen Wohnhaus schon 19 Weißtannen gefällt werden mussten und noch viel mehr Erlen, nur um den Baugrund zu befestigen. Bei größeren Bauvorhaben stieg der Holzverbrauch noch deutlich an. Das prunkvolle Stadthaus des Klosters Salem am Fischmarkt wurde Anfang des 14. Jahrhunderts erbaut und man verbrauchte allein für den Spickpfahlrost zur Befestigung des Baugrundes 6000 m³ Holz - allerdings vor allem Fichte, Tanne, Buche und Erle. 8 Für die Befestigung von Bauuntergrund hätte man idealer Weise nur sehr alte Eichen verwendet, deren Holz besonders hart und langlebig ist. Diese waren in der Konstanzer Umgebung schon zu jener Zeit rar und begehrt und deshalb gar kostlich, also sehr teuer 9 , sodass man auf andere Holzarten ausweichen musste. Bei der Befestigung der nördlichen Wasserseite Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die Palisaden aus Tannenholz gefertigt. Das veranlasste den dafür zuständigen Baumeister Conrad Grünenberg zu der skeptischen Bemerkung, dass ain bumaister hie nach wisse, wie lang sie gewertt habint. 10 Er hielt wohl nicht allzu viel von der Lebensdauer von Tannenholz im Wasser. Dabei hatte der ursprüngliche Wald im direkten Umland von Konstanz noch im frühen Mittelalter einen sehr hohen Bestand an Starkeichen, d.h. von hoch gewachsenen Bäumen, die älter als 500 Jahre waren. Bereits im 10. Jahrhundert sind jedoch die alten Baumbestände um Konstanz weitgehend gefällt worden, wie durch archäologische Grabungen nachgewiesen werden konnte. Dendrochronologische Untersuchungen an Holzresten von Stegkonstruktionen, deren <?page no="20"?> 20 Wald- und Flurlandschaft Holz 994/ 995 geschlagen wurde, ergaben, dass die dort verwendeten Eichen bis auf ein einziges älteres Exemplar bei ihrer Fällung lediglich ein Alter zwischen 80 und 120 Jahren aufwiesen. Die alten, viel robusteren Eichenstämme fehlten bereits, da der Wald im 9. Jahrhundert intensiv genutzt worden war. 11 Der fortwährende Holzeinschlag dezimierte die Waldflächen, die man jedoch durch gezielte Maßnahmen erhielt und lediglich verjüngte. Man fällte die Bäume so, dass der Wald lichter wurde, aber vereinzelte alte Eichen stehen blieben. In dem ausgedünnten Wald konnten junge Bäume aus „Kernwüchsen“ und „Stockausschlägen“ gut nachwachsen und die Lücken des Baumeinschlags ersetzen. Unter „Kernwüchsen“ versteht man bei Eichen, dass sie aus Eicheln auskeimen. Wenn der Boden durch in Wald getriebene Schweine aufgelockert worden war, was damals durchaus üblich war, gediehen die Schösslinge der beim Fressen übersehenen Eicheln umso besser. 12 Stockausschläge heißt, dass aus dem Wurzelstock eines gefällten Baumes einige neue Triebe wachsen, wofür sich wiederum Eichen, aber auch andere Baumarten gut eignen. Man köpfte den alten Hochstamm auf etwa ein bis drei Meter Höhe, auf der danach neue Äste austrieben. Oft bildeten die nachwachsenden Stockausschläge verkrümmte Stämmchen, deren Holz man trotzdem für Flechtwerk von Fachwerkhäusern verwenden konnte. Bäume aus Stockausschlägen ließ man nicht über so viele Jahre stehen, bis sie Hochstämme bildeten, sondern fällte sie früher: Der […] Abhieb von Stockausschlägen in einem Turnus von etwa 20 Jahren und von Kernhölzern alle rund 60 bis 80 Jahre ist charakteristisch für die Nutzung von Mittelwäldern 13 . Die dadurch entstandene neue Waldform ist gekennzeichnet durch zwei Baumebenen, bei denen gerade gewachsene, alte Bäume die niedrigeren und krüppeligeren Stämmchen weiter unten überragen. In Konstanz lässt sich ein solcher Mittelwald gesichert für die Bestände des 13. Jahrhunderts nachweisen. 14 Bei archäologischen Ausgrabungen wurden Holzreste gefunden, die einem Mittelwald aus dieser Zeit zugeordnet werden konnten. Ebenso stammen weitere Holzfunde von Bäumen aus der Mitte und vom Ende des <?page no="21"?> Wald 21 13.-Jahrhunderts und weitere aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts aus einem Mittelwald der Umgebung. Diese Form der Waldwirtschaft erwies sich langfristig als nachhaltig und konnte den enormen Holzbedarf decken, der durch die Stadterweiterung um 1200 noch einmal deutlich anstieg, als eine verstärkte Bauphase einsetzte. Lange Zeit wurden im Mittelalter vor allem reine Holzbauten errichtet, zunehmend jedoch Fachwerkbauten, bei denen man nur für Stützbalken und die Dachstühle das kostbare Holz von alten, geraden Stämmen benötigte. Dagegen konnte man billigeres, jüngeres Holz aus Stockausschlägen für das Flechtwerk mit Lehmverfüllungen verwenden. Das sparte den wichtigen Rohstoff, den man Jahrhunderte lang nicht nur für den Außen- , sondern auch für den Innenausbau der Häuser verbrauchte, so für Treppen oder für Möbel. In der Renaissancezeit leisteten sich die wohlhabende Patrizier als besonderen Luxus schwere Kassettendecken aus Holz, aber auch ein Siechenhaus erhielt eine prächtige Holztür. Anhand eines großen Bauvorhabens des 16. Jahrhunderts lässt sich ermessen, wie viel Holz damals aufgebracht werden musste und konnte. So benötigte man zum Beispiel 1585 für die Errichtung einer Mühle auf der Rheinbrücke 931 Eichen, 2499 Tannen und 167 Portal eines Hauses am Obermarkt <?page no="22"?> 22 Wald- und Flurlandschaft Buchen 15 . Der hohe Verbrauch erklärt sich schon dadurch, dass allein für ein Mühlrad - für Mühlenwerke, Übersetzungen und Zahnräder - große Mengen von stabilem Holz verwendet wurden. Nicht nur ein Müller, sondern jeder Handwerker arbeitete mit aus Holz hergestellten Werkzeugen und etliche von ihnen erstellten zudem Holzprodukte, seien es Haushaltsgeräte, Boote, Wagen oder Fässer. Nicht umsonst verbrauchte eine Stadt im Mittelalter sehr viel mehr Holz als ein Dorf. Wenn man zudem bedenkt, dass die Fundamente der Stadtmauer und ihre Tore sowie die Befestigung von Wegen durch Bretter („Bohlenwege“) aus Holz waren, ist die damalige nachhaltige Waldnutzung zu bewundern, auch wenn wohl nicht alles verwendete Holz aus der unmittelbaren Umgebung stammte. So kam das Holz beim Wiederaufbau des durch einen Brand zerstörten Klosters Petershausen Mitte des 12. Jahrhunderts aus einem Wald bei Bregenz, was sicherlich dem leichten Transport der Stämme auf dem Bodensee geschuldet war. 16 Der Stadtwald war nicht nur intensiv genutzter Holzlieferant. Die Konstanzer verwerteten auch die Früchte des Waldes. Der Fund einer Keramikscherbe in Konstanz aus dem späten 14. Jahrhundert, an dem eine Kruste mit angebrannten Erdbeerkernen klebte, 17 belegt, dass man diese Früchte kannte und im nahen Wald, vorrangig am Waldrand pflückte. Man kann davon ausgehen, dass neben Erdbeeren dort auch Haselnüsse, Kratzbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Hagebutten und Schlehen gepflückt wurden. 18 Waldfrüchte und Pilze ergänzten den Speisezettel lange Zeit als wichtige Nahrungsmittel. Heute ist das Sammeln von Beeren und Pilzen im Wald ein Hobby für wenige. Dass diese Nutzungsart wieder reaktiviert werden kann, ist eine nicht zu unterschätzende Funktion eines Stadtwaldes als stille Reserve für Notzeiten. Ein 1941 geborener Konstanzer erinnerte sich, wie er als Kind in der Hungerzeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Stadtwald Bucheckern auflas. In einer Zeit, in der Lebensmittel, auch Öl, knapp waren und rationiert wurden, brauchte man die Ressourcen des Waldes plötzlich wieder: […] erreicht man unter dichtem grünem Blätterdach den Schauplatz des Geschehens. Auf braunem Waldboden sich bücken, Bucheckerle aufsammeln, ins Töpfchen tun, ab und zu eines mit <?page no="23"?> Wald 23 schmerzenden Fingern aufbrechen, in den Mund stecken, den bitter schmeckenden Buchensamen zerbeißen. Das Töpfchen wird nie und nimmer voll, und das Säckchen auch nicht. Die Mütter der sammelnden Kinder liefern die Bucheckern ab, bekommen wohl eine Sonderration Öl dafür oder so. 19 Dass schon immer Kinder aus dem Wald Früchte holten, bezeugt auch der Konstanzer Maler Joseph Mosbrugger (1810-1869) in seinen Jugenderinnerungen. Er war - allerdings etwa 200 Jahre früher - als Junge im selben Stadtwald unterwegs, wenn er sich mit der Großfamilie am Wochenende im Landhaus „Sattlerhäusle“ vor der Stadt bei seiner Großmutter aufhielt. Konstanzer Stadtlandschaft um 1853 <?page no="24"?> 24 Wald- und Flurlandschaft Die Kinder durchstreiften dabei oft den angrenzenden Stadtwald Schwaketen, den er so beschreibt: Im Rücken gegen Norden aber Wald, herrlicher Eichen- und Buchenwald, Waldberge und stille Wiesenthäler dazwischen 20 . Einmal sollten die Kinder den Waldgang nutzen, damit ein unangekündigter Gast durch seine Leibspeise verwöhnt werden kann: geht in den Wald und suchet Schwämme, die der Kreisrath so gerne ass, und natürlich Heidel- und Erdbeeren. 21 Die Erinnerungen an das Sammeln von Pilzen und Beeren klingen so, als ob die Kinder Spaß daran hatten und nicht dazu gezwungen werden mussten. So fährt auch Mosbrugger fort: Manchmal gabs auch Schlachten mit den von den Bäumen vorzeitig abgefallenen Aepfeln 22 . Das Ernten und Spielen im Wald vermischen sich hier. Vielmehr ist für die Mosbrugger-Kinder aus vermögender Familie der Wald in erster Linie ein begehrter Abenteuerspielplatz, wo sie sich ohne Aufsicht der Erwachsenen austoben und kreativ werden konnten: Die Hauptleute hatten hölzerne Schwerter, die 4 Gemeinen Rebsteckenflinten, auch bei feierlichen Anlässen eine Fahne. Da wurden Märsche in die Wälder gemacht, an einzelnen Orten mitten im Wald Rettige gepflanzt oder ein Feind gesucht, und wenn wir keinen fanden, bekämpften wir uns selbst. Ein Hauptgeschäft war uns aber da und dort in dem herrlichen Eichen- und Buchenwald Bänke von Flechtwerk, Erde und Moos zu machen 23 . Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts wird der Wald nicht mehr nur ökonomisch genutzt, sondern ist Erholungsort für reichere Stadtbürger und deren Kinder. Diese neue Nutzungsform des Stadtwaldes als Erholungsoase zeichnete sich immer stärker ab und ist heute vorrangig. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde überlegt, ob ein Teil des Stadtwaldes - der Lorettowald - nicht zu einem Stadtpark umgewandelt werden <?page no="25"?> Wald 25 sollte. 24 Die angrenzende Umgebung dieses Stücks Stadtwaldes lag nahe zum See und wurde mit Villen bebaut, deren Bewohner ihn als Freizeitgelände nutzen wollten. Das galt zunehmend auch für andere Waldgebiete. An Spaziergänge, die er als Kind im Lorettowald unternommen hat, erinnert sich Erich Bloch (1897-1994) im Alter folgendermaßen: Damals war der Wald noch sehr dicht und nicht so stark ausgelichtet wie heute. 25 Ein Wald bietet den Kindern einen Freiraum für eigene Kreativität beim Spielen, lehrt sie aber auch die Früchte und Waldtiere besser zu kennen und zu schätzen als beim theoretischen Lernen. Diese Naturerfahrung möchte heute ein Konstanzer Waldkindergarten kleinen Kindern früh und intensiv vermitteln: Den Kindern steht der ganze Wald mit seinem reichhaltigen Erfahrungs- und Lebensraum zur Verfügung. - Das vielfältige Leben von Tieren und Pflanzen, der Wechsel der Jahreszeiten und der Witterung wird zum unmittelbaren Erlebnis. 26 Blick auf den Waldkindergarten <?page no="26"?> 26 Wald- und Flurlandschaft Eine solch hohe Wertschätzung des Waldes ist nicht selbstverständlich und war nicht immer gegeben. Zwar gibt es für das Verhältnis der Konstanzer zur bewaldeten Umgebung ihrer Stadt keine frühen Zeugnisse, wohl aber wird der Wald bei den frühen Klostergründungen im Bodenseeraum am Rande erwähnt. In der Legende, wie Pirmin 724 das Kloster Reichenau gründet, wird die Insel vor seiner Ankunft als ein Ort mit finsteren Wäldern und dornigem Gebüsch beschrieben. Erst Pirmin verwandelt diese menschenfeindliche Landschaft, in der Kröten, Schlangen, giftige Insekten und weitere Untiere hausen, in eine kultivierte Zivilisation. 27 Der Urwald erscheint in der mündlichen Überlieferung als Gefahr für die Menschen, ist wirtschaftlich nicht attraktiv und schon gar kein Ort der Erholung. Ein ähnlich feindliches Waldbild wird in der sagenhaften Gründung der Einsiedelei und des späteren Klosters St. Gallen Anfang des 7. Jahrhunderts im tiefen Wald gezeichnet. Dort hausen bösartige, wilde Tiere wie Wölfe und Bären. Erst die Einführung des christlichen Glaubens in der Region zähmt diese Tiere und bannt die Gefahren der bewaldeten Wildnis. Der historische Wahrheitskern dieser beiden Sagen ist, dass ein Urwald große Gefahren barg und unter Mühen ein Teil davon für die Klostergründungen gerodet wurde, um Platz für Gebäude und landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. Eine ähnliche Einstellung zum Urwald lässt sich von den zeitgenössischen Bewohnern der Stadt Konstanz annehmen. Rodungen wurden damals als Entwicklungsfortschritt angesehen, wenn dichte, gefährliche Waldstücke durch Überbauung in einen Ort der Zivilisation verwandelt wurden. Auch Teile von größeren Waldgebieten fällte man immer wieder ohne Bedauern, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. So ordnete der Abt des Klosters Petershausen 1277 an, dass Teile des Eichhornwaldes - der heutige Lorettowald - gerodet werden sollten, um Feldfrüchte anzupflanzen. 28 Dies wiederholte sich 1329, als das Kloster Petershausen im gleichen Wald wiederum ein großes Stück aufgab; dieses Mal, um Reben zu pflanzen. 29 Steigender Bedarf an Nahrungs- oder Genussmitteln ließ sich recht einfach durch die Fällung von Wald abdecken, sodass ein Wald diesbezüglich eine sichere Reservefläche darstellte. Darauf weisen bis heute Flurnamen wie Stockacker hin, wo offensichtlich <?page no="27"?> Wald 27 die neuen Äcker um die Wurzelstöcke der Bäume angelegt worden waren. Umgekehrt können Felder oder Weiden auch wieder aufgeforstet werden, wenn dies ökonomisch sinnvoller erscheint. Das geschah im nennenswerten Stil in den 1950er und 1960er Jahren, als man vor allem Fichtenschonungen anlegte. Sie versprachen schnelles Wachstum und damit Holzertrag. Wenn jedoch Wald gerodet wird, um die Siedlungsfläche zu vergrößern, folgt daraus fast immer die endgültige Aufgabe einer freien Naturfläche. Bis in die Gegenwart schien diese Umwandlung von Waldflächen bei anderem Bedarf von den Bürgern nicht hinterfragt worden zu sein. Das hat sich heute geändert, wie anhand eines Beispiels verdeutlicht werden kann. Die Stadtverwaltung Konstanz begann im Herbst 2015 mit Planungen für ein neues Stadtviertel mit 1000 Wohnungen, wofür ein Stadtwald (Schwaketen) hätte gerodet werden müssen. Konstanzer Bürger reagierten auf dieses Vorhaben, indem sie dagegen Unterschriften sammelten und mit Klagen drohten. Das löste eine Kontroverse aus, was höher einzustufen sei - Wald oder Wohngebiet. Schließlich stoppte das Regierungspräsidium Freiburg dieses potentielle Bebauungsvorhaben und ordnete an, es auf anderen Freiflächen ohne Wald umzusetzen. Warum sprachen sich so viele Bürger pro Wald und gegen mehr Wohnraum aus, der in Konstanz fehlt bzw. überteuert ist? Bürger setzen sich für den Erhalt eines Waldes ein, weil sie durch die Überbauung ein Stück Lebensqualität unwiederbringlich verlieren. Ein Stadtwald wird heute von den Bewohnern fast ausschließlich zur Erholung genutzt, wirtschaftliche Aspekte sind nachrangig. Hier suchen Spaziergänger mit und ohne Hund Ruhe und Erholung, zumal wenn sie in dicht bebautem Gebiet ohne Garten leben. Sie erfreuen sich an der Schönheit der Bäume im Frühlingsgrün, in den Herbstfarben oder mit Schnee bedeckt im Winter. Familien mit Kindern finden eine nicht durchgeplante Spielstätte. Es lassen sich Pflanzen entdecken und Tiere beobachten, für die der Wald Lebensraum ist. Sportliche Aktivitäten im Freien sind ebenso bei jedem Wetter ein Erlebnis. Doch nicht nur der Freizeitwert des Stadtwaldes, der einem sozialen Wohnzweck eventuell leichter zu opfern wäre, wird von den <?page no="28"?> 28 Wald- und Flurlandschaft heutigen Konstanzern verteidigt. Vielmehr wird in Zeiten des Klimawandels ein dauernder Bestandsschutz des Waldes aus Gesundheitsgründen verlangt, weil die Bäume Sauerstoff produzieren und das Treibhausgas CO 2 binden. Sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit und verbessern besonders an heißen Tagen durch kühlere Luftströme die Qualität des Stadtklimas, das durch die hohen Feinstaubwerte in Folge des zunehmenden Verkehrs belastet wird. Auf diesen ökologischen Wert eines Waldes verwiesen einige Konstanzer Bürger in Leserbriefen an den Südkurier, als es 2015 um die Auseinandersetzung ging, ob ein Wald nicht aus sozialen Gründen weichen müsste, wenn ein hoher Wohnbedarf besteht: Dieser Wald gehört zur grünen Lunge von Konstanz und ist für alle wichtig […]. Der Wald braucht uns nicht, aber wir den Wald. 30 Diese geradezu existentielle Bedeutung, die hier einem Stadtwald zugemessen wird, ist neu. Ein weiterer Leserbriefschreiber, der auch dieser Meinung ist, fordert entsprechend von der Stadtverwaltung: Aufgrund unserer begrenzten Landschaftssituation sehe ich dringenden Bedarf zu dem vorliegenden Handlungsprogramm Wohnen ein Handlungsprogramm Stadtklima und Stadtgrün zu erarbeiten. Der heutige Wald ist das Ergebnis einer nachhaltigen Bewirtschaftung seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Sein Erhalt wird in der Gegenwart kaum mehr aus ökonomischen, sondern vor allem aus sozialen, gesundheitlichen und ökologischen Gründen verlangt. Diese Haltung ist diametral anders als in früheren Jahrhunderten, als reichlich Waldflächen für viel weniger Menschen zur Verfügung standen. Der Wald wird zu einem verteidigungswerten, kostbaren Gut, das für alle zugänglich bleiben soll. An seine glückliche Kindheitserfahrungen in der Nachkriegszeit genau in diesem bedrohten Wald erinnert sich ein Konstanzer. Für ihn war dieser Stadtwald ein geradezu paradiesischer Ort zu jeder Jahreszeit: <?page no="29"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 29 ein blumenübersäter Hang , an dem sich gut träumen läßt, indem man die vorbeijagenden Wolken beobachtet. Mit dem Schlitten hinunterfahren im Winter, tausendmal und abertausendmal! 31 Getreideäcker und Gemüsefelder Konstanz ist Anfang des 15. Jahrhunderts eine der wichtigsten und reichsten Städte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und wird auch deswegen als Versammlungsort für ein Konzil ausgewählt. Die Stadt kann die vielen Teilnehmer nicht nur standesgemäß unterbringen, sondern auch verköstigen. Einer der vielen Tausenden von Besuchern des Konzils ist Benedictus de Pileo, der sich nicht nur für die theologischen Debatten interessierte, sondern zu einem Kreis von Gelehrten aus verschiedenen Ländern gehörte, die untereinander Handschriften der gerade wiederentdeckten Antike austauschten. Er hielt während seines Aufenthaltes in Konstanz sogar Vorlesungen über antike Texte. 32 Doch hinderte ihn das nicht, einen Blick auf die Stadt zu werfen: Die Stadt Konstanz ist klein, kann aber trotzdem vielen Menschen Herberge geben. […] Allen, die sich hier aufhalten und es selbst miterleben, erscheint es fast unglaublich, wie dieser kleine Ort so viele Gäste mitsamt ihren Pferden unterbringen und ernähren kann. Und weiter: Man möchte glauben, alle Gottheiten der Felder und der Berge [...] und alle anderen guten Götter hätten sich diese Stadt ausersehen 33 . Der Humanist sieht die außerordentliche Leistung, die hinter der Ausrichtung eines solchen mehrjährigen Großereignisses steht, und lobt die Fruchtbarkeit der Stadtlandschaft, die er metaphorisch nicht etwa dem Gott der Christen, sondern antiken Fruchtbarkeitsgöttern zuschreibt. Die Versorgung der vielen Teilnehmer des von 1414 bis 1418 tagenden Konzils gelang jedoch nicht ausschließlich aufgrund der fruchtbaren Konstanzer Felder, sondern auch weil die weitere Umgebung im Hegau und Thurgau die Stadt mit Nahrungsmitteln und <?page no="30"?> 30 Wald- und Flurlandschaft Futter für die mitgeführten Pferde der Besucher belieferte. Über die damals landwirtschaftlich genutzte Stadtlandschaft erfahren wir etwas aus einem Bericht über die Hinrichtung des Reformators Jan Hus 1415. Als der als Ketzer verurteilte Böhme zum Scheiterhaufen vor der Stadt geführt wird, fällt sein letzter Blick darauf: und fürt man in zü Göltinger thor uß - und von großem getrang müst man in füren umb richmans widen huß/ den prül umb hin [...] und fürt man in uff das clain inder usser feld enmitten. 34 Jan Hus verließ die Stadt durch das alte Geltinger Stadttor nach Westen, wo heute die Paradiesstraße auf die Untere Laube trifft. Der große Pulk aufgehetzter Bürger (von großem getrang), die bei der Verbrennung des Ketzers zuschauen wollten, folgten dem Verhafteten über freies Land zunächst über das parallel zur Stadtmauer verlaufende Flurstück prül. Das Gewann Brühl (prül) im westlichen Vorland der Stadt wird nicht näher beschrieben, nur dass der Scheiterhaufen dort im usser feld (= Äußeres Feld) stand. Das Flurstück Brühl, dessen Namen auf feuchte Wiesen verweist, wurde durch eine Straße in zwei Teile zerschnitten. Man unterschied ein „Inneres Feld“ (auch Kleiner Brühl), das näher an der Stadt nördlich der Tägermoosstraße lag, und ein „Äußeres Feld“ (auch Großer Brühl) südlich dieser Straße. Der letzte Weg für Jan Hus führte durch den Brühl bis zur Hinrichtungsstätte, die am äußersten Ende der Flur vermutet wird. Eine geometrische Karte zeigt diese Landschaft vor der westlichen Stadtmauer. Das bewirtschaftete Vorland umfasste nicht nur den Brühl, sondern erstreckte sich auch bogenförmig am linken Rheinufer entlang vor der Stadt Richtung Westen. Das gesamte Gebiet wird bis heute nach einem ehemaligen Frauenkloster „Paradies“ genannt. Um 1250 wurde in dem zuvor Eggenhusen genannten Vorland das claustrum Paradysi apud Constantiam (Kloster Paradies bei Konstanz) vor den Stadttoren gegründet. 35 Als die Nonnen nach über 50 Jahren ihr Kloster in Konstanz aufgeben und Richtung Schaffhausen ziehen, bleibt der Name Paradies bestehen. Was wurde dort angebaut? Genaueres über die Nutzung findet sich in einer Klosterchronik. Denn hier befand sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ganz <?page no="31"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 31 in der Nähe des vermuteten Hinrichtungsortes von Hus am Rande des Brühl ein Kapuzinerkloster: Das Kloster lag vor der Stadtbefestigung auf freiem Feld zwischen lieblichen Gärten, fruchtbaren Äckern und Weinlauben, eine Gegend cui ideoque merito Paradisi nomen olim datum est (der vollkommen zurecht der Namen Paradies gegeben worden war). 36 Wie schon seit Jahrhunderten nutzten die Konstanzer das freie[m] Feld für Ackerbau, zum Weinanbau und legten dort Gärten an. Der Mönch, der selbst nicht die mühsame Landarbeit verrichten musste, sprach von Fröhlichkeit versprechenden Weinlauben und lieblichen Gärten, die er nur nach ästhetischen Aspekten bewertete. Er schwärmte geradezu von der Schönheit dieser nach Westen vorgelagerten, ehemaligen Feuchtgebiete, die parallel zum Rhein verlaufen. Dabei sind mit paradiesischen Zuständen als höchstem Lob aus dem Munde eines Klerikers damals vor allem die Ergiebigkeit des Lageplan vom Paradies, Lithographie um 1826 <?page no="32"?> 32 Wald- und Flurlandschaft Landes und der Genuss der Feldfrüchte verbunden. Denn die existentiell wichtigen fruchtbaren Äcker sorgen für einen ausreichenden Lebensunterhalt in einer Zeit, als dies für viele Menschen keineswegs selbstverständlich war. Über lange Jahrhunderte wird die Gemarkung von Konstanz auch zum Ackerbau genutzt, um auf oft kleinen Feldern vor allem Getreide für das tägliche Brot anzubauen. Viele Konstanzer waren im Mittelalter sogenannte „Ackerbürger“, die Land zur Selbstversorgung bearbeiteten. Ein Problem war, dass die Stadtlage durch den Rheinverlauf und den See beengt ist. So zeichnete sich schon früh Knappheit an Ackerland ab. Im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts haben deshalb angesehene Konstanzer Bürger Landparzellen in einem zuvor gerodeten Teil des rechtsrheinisch gelegenen Eichhornwaldes als Erbzinslehen vom Kloster Petershausen übernommen, um dort Ackerbau zu betreiben. 37 Bauern bei der Feldarbeit, Blick auf die Stadt von Nordwesten um 1835 Aquatinta von Caspar Burckhard <?page no="33"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 33 Dass mittelalterliche Stadtbürger ihr Getreide lange Zeit auch selbst anbauten, dafür haben Archäologen bei Grabungen Belege gefunden: In den Bodenschichten mittelalterlicher Städte finden sich häufig Überreste der Getreidereinigung , also Unkraut, Stroh und Spelzen. Es wurde also innerhalb der Stadtmauern Getreide gereinigt, eventuell sogar dort gedroschen. Dabei kann es sich nur um Korn gehandelt haben, das die Stadtbewohner selbst anbauten - Getreide aus dem Umland hätten sie nur in gereinigtem Zustand erhalten. 38 In einer Konstanzer Latrine des frühen 14. Jahrhunderts fand man Getreidearten wie Hirse, Weizen, Emmer, Einkorn und Dinkel. Roggen ist in Konstanz selten. Man aß lieber helles Brot. Hirse wurde insbesondere als Brei genossen und kommt in großen Mengen vor. 39 Die wichtigste Getreidesorte, die auf den Äckern um Konstanz gedieh, war Dinkel, der in Konstanz so vorherrschend war, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch nur als „Korn“ bezeichnet wurde. Auf den Parzellen baute man neben Getreide auch Öl- und Faserpflanzen an, wie Lein, woraus man Öl und Tuch herstellte, oder Hanf für Tauwerk. Aus Hanf konnte man auch Rauschgift gewinnen. 40 Noch im 15. Jahrhundert gab es in Konstanz „Ackerbürger“, die Tagelöhner brauchten, die auf dem Feld das Getreide mähten und es anschließend droschen. Belegt ist dies für das Jahr 1434, wo Valger, Erbrecher und Schnitter zu dem Haber auf dem zentralen Obermarkt vermittelt wurden. 41 Heute sind Getreidefelder aus dem Stadtbild verschwunden und Getreideprodukte werden importiert. Dieser Prozess begann schon im Hochmittelalter, als die Selbstversorgung die steigenden Bedürfnisse an Nahrungsmitteln nicht mehr ausreichend abdeckte und zunehmend das Umland die Stadtbevölkerung mit Getreide und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen belieferte. Dies kam der im Handel und Handwerk beschäftigten Bevölkerung <?page no="34"?> 34 Wald- und Flurlandschaft entgegen. Der Wohlstand in der Stadt ermöglichte den Zukauf von Getreide und Fleisch, bedeutete aber auch eine Abhängigkeit vom Umland. Das führte bei Missernten zu großen Problemen. In den Jahren von 1569 bis 1575 kam es in ganz Süddeutschland zu erheblichen Ernteausfällen, weil die Winter zu kalt und die Sommer zu nass waren. 1571 war der Winter besonders eisig und schneereich, sodass das Wintergetreide erfror und eine der seltenen Seegfrörnen, eine komplette Vereisung des gesamten Bodensees, auftrat. 42 Deshalb gab es nicht mehr genügend Getreide und die Einwohner von Konstanz konnten den Ausfall nicht auffangen. Die Bauern der umliegenden Region stellten die Lieferungen von Getreide, aber auch von Fleisch und Schmalz weitgehend ein, da sie zu wenig erzeugten und das Wenige selbst benötigten. Landwirtschaftliche Produkte aus weit entfernten, vom Unwetter nicht betroffenen Gegenden zu holen, war damals nur schwer möglich. Vor allem die ärmeren Konstanzer litten Hunger, da sie die hohen Preise nicht bezahlen konnten und selbst keine Äcker besaßen, um wenigstens etwas Getreide zur Verfügung zu haben. 43 Zu einer großen Hungerkrise kam es auch 1770 und 1771, als es zwei Jahre lang in Deutschland Missernten gab. Das eingeführte Getreide wurde knapp und entsprechend sehr teuer. Ein Konstanzer Handlanger konnte für seinen Tageslohn von 16 bis 18 Kreuzern gerade 1 ¼ Pfund Brot kaufen. 44 Die Not der Bevölkerung konnte schon damals durch den Anbau auf mehr eigenen Flächen nicht aufgefangen werden. Denn die Ansiedlung von Gewerbe und mehr Bebauung verminderte die landwirtschaftlich genutzten Flächen. 1784 wurde innerhalb des Stadtgebietes auf ca. 200 Hektar Landwirtschaft betrieben. 45 Die Hälfte dieser Fläche war privates Eigentum von Konstanzern Bürgern. Ein Viertel gehörte der Geistlichkeit, wovon kein Bürger profitierte. Das andere Viertel war im städtischen Besitz, was auch Bürgern teilweise zugute kam, wenn sie ihr Vieh auf Gemeindewiesen treiben konnten oder von städtischen Stiftungen Vorteile hatten. <?page no="35"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 35 Auf privatem Grund wurde in dieser Zeit nur noch wenig Getreide angebaut: Die Bürger und Beisassen besaßen im Verhältnis rund ein Jauchert 46 Acker zu zwei Jauchert ‚Reeben‘ zu drei Jauchert Krautgartenfelder. Kohl aus der Vorstadt Paradies und Konstanzer ‚Seewein’ brachten als agrarische Ausfuhrartikel mit Abstand den höchsten Erlös; der Getreidebau und die Viehzucht auf den wenigen Wiesen lohnte kaum und diente überwiegend der Selbstversorgung. 47 Die noch in der Landwirtschaft arbeitenden Konstanzer betrieben auf ihren kleinen Landparzellen im 18. Jahrhundert gerade noch so viel Ackerbau, dass sie ihren eigenen Bedarf an Getreide und Fleisch abdecken konnten. Sie orientierten sich neu und bauten Produkte an, die sie mit höheren Gewinnen verkaufen konnten: Wein und Gemüse. Entsprechend verschwanden Getreidefelder und vor allem grüne Gemüsefelder bestimmten das städtische Landschaftsbild. Plan von Konstanz Kupferstich, erste-Hälfte des 18 Jahrhunderts <?page no="36"?> 36 Wald- und Flurlandschaft Das fiel schon Anfang des 19. Jahrhunderts Hermann von Pückler- Muskau auf, der 1806 als Reisender nach Konstanz kam und diese Art von Landschaftsgestaltung im Stadtteil Paradies recht ungnädig bemängelte: Konstanz besitzt ein Paradies - sonderbar genug , daß der Ort, der so genannt wird, bloß mit Küchengewächsen und Fruchtbäumen prangt - sollte man nicht fast glauben, der Gott derjenigen, deren Paradies so beschaffen ist, müßte der Bauch sein? 48 Der junge Adlige, der durch die Schönheit seiner von ihm Jahre später angelegten Landschaftsparks in Muskau und Branitz berühmt wurde, ließ hier schon erkennen, dass für ihn bei der Landschaftsbeurteilung ästhetische Kriterien galten. Er schaute auf die Konstanzer Gemüselandschaft herab, die der Versorgung der Stadtbürger diente. Die Nutzung des offenen Stadtgebietes für Gemüseanbau war für Konstanz so typisch, dass Ende des 19. Jahrhunderts in Blick auf das Paradies von der Unteren Laube aus <?page no="37"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 37 Meyers Konversationslexikon von 1895 der Stadtteil Paradies mit zahlreichen Gärten und Gemüsefeldern besonders erwähnt wird. 49 Auch heute werden die wenigen noch landwirtschaftlich genutzten Flächen für Gemüseanbau genutzt. Dabei liegt der Großteil der Konstanzer Gemüsefelder auf hoheitlich zur Schweiz gehörendem Gebiet jenseits der Staatsgrenze, dem Tägermoos, was eine rechtlich ganz besondere Konstellation darstellt. Diese Fläche ist wohl deshalb noch weitgehend „Krautland“, weil es die Stadt Konstanz nicht zur Überbauung freigeben kann, obwohl sie Eigentümerin ist. Diese Besonderheit „deutsch-schweizerischen“ Gemüseanbaus lässt sich nur historisch erklären. Das am Seerhein Richtung Gottlieben sich erstreckende Tägermoos war ursprünglich ein Feuchtgebiet und gehörte zu einem Konstanzer Kloster. Seit dem 13. Jahrhundert kaufte die Stadt immer mehr dieser klösterlichen Liegenschaften zur landwirtschaftlichen Nutzung auf und stellte dieses Gemeindeland mit den feuchten Wiesen seinen Bürgern vor allem zur Tierhaltung zur Verfügung. 50 1499 kam diese Fläche vor den Stadttoren von Konstanz staatsrechtlich zur Schweiz, die Eigentums- und Nutzungsrechte behielt Konstanz. Schon Anfang des 16. Jahrhunderts war das Tägermoos für die Ernährung der Konstanzer Bevölkerung unabdingbar, 51 wobei es überwiegend Weideland war. 1769 wurde noch unter österreichischer Herrschaft von Wien aus angeordnet, dass die brach liegenden Allmendwiesen entwässert und einzelnen Bürgern zur ertragreicherer, landwirtschaftlicher Nutzung übergeben werden sollte. 52 Um 1800, als viele ärmere Konstanzer auf eigene Versorgung angewiesen waren, wurde dieser lang verschleppte Plan endlich umgesetzt und das ödgelegene[s] Alment, das vornehmlich als Viehweide 53 genutzt wurde, in Parzellen eingeteilt. Diese wurden an Konstanzer Bürger per Losverfahren vergeben, da es zu viele Interessenten gab, die Felder pachten wollten. Eine breite Bevölkerungsschicht von armen Handwerkern und Taglöhnern konnte so die kärgliche Existenz verbessern, indem man mühsam sein eigenes Gemüse auf dem im Tägermoos gepachteten Feld zog. Trotz der hohen Nachfrage im Verlauf des 19. Jahrhunderts blieb ein Teil des Tägermooses feuchtes Brachland, das man nicht zum Feldanbau nutzen konnte: <?page no="38"?> 38 Wald- und Flurlandschaft Der städtische Besitz umfaßte 438 Morgen […] und zehn Morgen auf deutschem Gebiet. Von dieser Fläche sind 360 Morgen zu Bürgernutzenteilen in 710 Loosen verteilt, 42 Morgen sind verpachtet, 36 Morgen sind teils Ödung , teils Lett- und Sandgruben. 54 Erst unter dem liberalen Bürgermeister Max Stromeyer, der von 1866 bis 1877 amtierte, gelang die Melioration des gesamten Gebietes. Er konnte den zunächst einsetzenden Widerstand der um ihre kleinen Parzellen fürchtenden Gärtner brechen, indem er Schulungen in moderner Landwirtschaft abhalten ließ. Dabei ließ er auch kostenlos Torferde zur Bodenverbesserung verteilen und Meerrettichpflanzen, um die Gemüsesorten zu ergänzen. 1869 hielt der Bürgermeister fest: Der Gemüsebau im Paradies erfreut sich eines sehr gesunden Fortgangs und findet im Großhandel das Gemüse zu schönen Preisen reichen Absatz nach der Schweiz. 55 Einige Jahre später wird das gesamte Tägermoos neu eingeteilt und als wirtschaftlich nutzbares Ackerland in größeren Parzellen als bisher verpachtet. Die steigenden Erträge werden nicht nur auf dem Plan des Tägermooses von 1788 <?page no="39"?> Getreideäcker und Gemüsefelder 39 Konstanzer Wochenmarkt, sondern auch in der Schweiz verkauft, was für die Gemüsebauern durchaus einträglich war. Allerdings ist die Arbeit auf den Feldern bis zum Einsatz von Maschinen schweißtreibend und zeitaufwändig. Es gilt über lange Zeit, was der Reiseschriftsteller August Sander notierte, als er 1781 die auf dem Feld arbeitenden Familien in Konstanz beobachtete: Im Paradies nähren sich wirklich 50 Familien von der Gärtnerei. […] Arbeitsam sind die Leute im höchsten Grad, im Sommer gehen sie früh schon um zwei Uhr aufs Feld, bauen alles mit der Hacke, mit der Hand, nehmen ihr Essen und ihre Kinder mit und kommen vor Nacht nicht zurück. 56 Auch Kinder begleiteten ihre Eltern und wurden zur Arbeit herangezogen. Die Sicherung der Existenz musste dem Land mühsam abgerungen werden. An diesem harten Erwerbsleben änderte sich lange Zeit wenig. Anfang des 20. Jahrhunderts wird der Alltag der Gemüsebauer von einem Historiker so beschrieben: im Winter standen wir morgens um sechs Uhr auf, im Sommer schon um vier Uhr. Vater Richard H. und die ältesten Söhne Richard jun. und Thomas gingen sommers gleich aufs Feld oder auf die Wiesen, um Grünfutter zu schneiden und Gemüse für den Markt zu richten. 57 Einen völlig anderen Blick auf diese Gemüselandschaft warf der Autor eines Lexikonartikels, der Anfang des 19. Jahrhunderts erschien, nachdem Konstanz dem Großherzogtum Baden zugeschlagen worden war und der volkswirtschaftliche Nutzen des neuen, ehemals vorderösterreichischen Gebietes für das Land Baden abgeschätzt wurde. 1813 erkennt J.B. Kolb in seinem Artikel „Handwerk und Gewerbe“ für das „Historisch-statistisch-topographische Lexikon von dem Großherzogtum Baden“ einen hohen volkswirtschaftlichen Wert in dieser Stadtlandschaft: Überall findet man Kultur, und jener Wohlstand wird bald wieder zurückkehren, den diese Gegend vor dem letzten so kostspieligen <?page no="40"?> 40 Wald- und Flurlandschaft Kriege reichlich genossen hatte. […] der neue Anbau des Deggermooses außer den Wällen und Gräben des Paradieses versprechen der Stadt den herrlichsten Nutzen und die besten Aussichten für die Zukunft. 58 Das grüne Krautland im Tägermoos spielt heute bei der Gemüseversorgung der Stadtbevölkerung kaum mehr eine Rolle. Wie nützlich jedoch lokale Eigenversorgung ist, erwies sich während der Notzeiten der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert. Während des Ersten Weltkrieges durften die Paradiesler Gemüsebauern die Grenze mit besonderen Ausweispapieren passieren und weiterhin Gemüse auf ihren Feldern anbauen. Zwar verkauften sie einen Teil ihrer Erträge lieber zu einem deutlich höheren Preis in der Schweiz als in Konstanz, was zudem viel einfacher war, da jede Gemüseausfuhr von den Schweizer Behörden genehmigt werden musste. Trotzdem ergänzte Gemüse aus dem Tägermoos auch den zunehmend knappen Lebensmittelmarkt in Konstanz. Denn dieses Gemüse konnte frei verkauft werden und unterlag nicht der sonst damals in Deutschland staatlichen Bewirtschaftung. 59 Auch im Zweiten Weltkrieg half das Gemüse aus dem Tägermoos bei der angespannten Versorgungslage. Eine Zeitlang hatten die Gemüsebauern keinen Zugang zu ihren Feldern mehr, da die Grenze geschlossen wurde. Doch konnten sie ab Herbst 1940 ihr Land wieder bestellen. In dieser Zeit war der Verkauf des Gemüses in der Schweiz für sie viel lukrativer und konnte nie ganz unterbunden werden. Der politische Druck auf die Gemüsebauern von deutschen Stellen war jedoch hoch. Sie sollten ihre gesamten Ernteerträge in Konstanz abliefern. Das gelang zwar nie ganz, trotzdem profitierten die Konstanzer: Allerdings erging es Konstanz hier offenbar besser als anderen Reichsteilen […]. In der Gemüseversorgung lag Konstanz deutlich über dem Reichsdurchschnitt. Hier zahlten sich die ländlich geprägte Besiedlungsstruktur und sicher auch das energische Vorgehen in Sachen Tägermoos aus. 60 <?page no="41"?> Wiesen 41 Die Stadt von heute könnte sich in eventuell kommenden Notzeiten nicht einmal ansatzweise versorgen. Das Auflassen landwirtschaftlich genutzter Naturflächen hat jedoch noch eine andere Seite. Mit den Feldern verschwand auch ein geschätztes Stück Naturland, das der Naherholung diente. Dort spazierte man durch grüne oder gelbe Fluren, konnte die aufsteigenden Lerchen beobachten und ihrem Gesang lauschen. Heute gibt der Verkehrslärm den Grundton an. Wiesen Wiesen mit grasenden Nutztieren sind aus dem Stadtbild verschwunden, obwohl über lange Jahrhunderte die Viehhaltung der eigentliche Zweck für die Wiesenlandschaftsform war. Im Mittelalter weideten auf den feuchten Wiesen in Seenähe vor allem Schafe, Ziegen und Rinder, wie man aus der Zusammensetzung der aufgefundenen Knochenreste in Konstanzer Latrinen folgern kann. Die Menschen aßen damals bevorzugt das Fleisch dieser Tiere, aber auch das von Hühnern und Schweinen. Es fanden sich zwar Hinweise auf den Fleischgenuss von aus heutiger Sicht ungewöhnlichen Fleischlieferanten wie Katzen, Pfauen, Iltisse oder Wildvögel, die jedoch beim Verzehr von der Menge her kaum eine Rolle spielten. Das meiste Fleisch, was auf den Tisch kam, stammte von Haustieren, die man selbst hielt. 61 Fleisch zu essen galt lange Zeit als Luxus. Die meisten Haustiere wurden weniger zur Schlachtung gehalten, sondern um Eier, Milch, aber auch Leder, Horn und Borsten zu gewinnen. Ochsen waren wichtige Gespanntiere, Pferde für den Fernhandel notwendig. Die Tiere weideten nicht nur auf dem für die Heugewinnung wichtigen, aber knappen Wiesenland, sondern das Kleinvieh suchte sich sein Futter auf Grasflächen hinter den Häusern und lief dabei frei in der Stadt herum. So gab es in der Niederburg im späten Mittelalter den sogenannten Gänsbühl, ein Garten- und Wiesengelände mitten in der Stadt zwischen den Gassen, einen kleinen Hügel oder Abhang , auf dem sich die Gänse der Altvorderen tummelten und am Rheinufer dem Wasser nachgingen. 62 <?page no="42"?> Ritter rauben eine Viehherde . Minnekästchen um 1320 42 Wald- und Flurlandschaft Diese Art der freien Tierhaltung bereitete zunehmend Probleme, vor allem weil immer mehr Schweine innerhalb der Stadt umherliefen. Deshalb verordnete der Rat der Stadt im 14. Jahrhundert aus hygienischen Gründen, dass kein Bürger mehr als ein einziges Schwein auf die Straße treiben durfte. 63 Die Schweinehaltung innerhalb der Stadt dauerte an, führte jedoch immer wieder zu Auseinandersetzungen in der Bürgerschaft. In einem Gerichtsurteil von 1624 wurde eine Klage wegen Geruchsbelästigung durch einen Schweinestall auf dem Nachbargrundstück stattgegeben. Ein Schweinstall durfte nur errichtet werden, wenn zur Grenze ein Mindestabstand von drei ein halb „Werkschuh“ 64 - also etwa einem Meter - eingehalten wurde. 65 Die Stadtbürger hielten sich über lange Jahrhunderte Tiere, was nicht leicht war, da schon im Mittelalter offensichtlich zu wenig Wiesenland zur Verfügung stand, um den Bedarf an Grünfutter und Heu zu decken. Dabei konnten sie ihre Tiere nicht nur auf eigenen, sondern auch auf der Gemeinde gehörenden Wiesen vor der Stadt, den sogenannten Allmenden, weiden lassen. Diese Allmendflächen wurden im Laufe der Jahrhunderte durch städtischen Zukauf sogar vergrößert, was die Bedeutung der Viehhaltung für die allgemeine Versorgungslage unterstreicht. So stellte Ende des 13. Jahrhunderts die Stadt ihren Bürgern feuchten Wiesengrund ze ir weide zur Beweidung im Tägermoos zur Verfügung, den sie dem Abt des Schottenklosters abgekauft hatte. 66 Dort konnte das Vieh, von einem städtischen Hirten betreut, grasen. <?page no="43"?> Wiesen 43 Allerdings war die Haltung größerer Tiere außerhalb der Stadtmauern nicht ungefährlich, wie eine Darstellung auf einem Minnekästchen zeigt, das in Konstanz aus Nussbaumholz angefertigt wurde. Ein Konstanzer steht vor einem Stadttor (links) und muss hilflos mit ansehen, wie vier mit Schwertern und einer mit einer Armbrust bewaffnete Ritter seine Viehherde rauben und wegtreiben. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um den von der Stadt angestellten Kuhhirten, der täglich die Tiere auf die Wiesenflächen vor der Mauer treiben musste. Dass dieses Motiv, wie ein Bürger wehrlos Raubrittern beim Tierdiebstahl zuschaut, für ein Schmuckkästchen gewählt wird, beruht auf tatsächlichen Erfahrungen der Bürger mit verarmten Rittern des Umlandes. Überliefert ist ein Pferderaub aus dieser Zeit (1314). In einem Konstanzer Gasthaus übernachteten damals gleichzeitig ein Kaufmann aus Speyer mit Waren und Pferden sowie ein Ritter aus Altstätten im Rheintal. Bei der Weiterreise, als der Kaufmann die sichere Stadt verlassen hatte, überfiel ihn der Ritter und raubte ihm seine Pferde. 67 Die Tierhaltung von Pferden und Rindern war aufwändig und teuer, sodass der verarmte Landadel zu diesen gewaltsamen Überfällen griff. Doch viel problematischer als die Überfallsgefahr war die Sicherung ausreichender Futtermittel auf den zur Verfügung stehenden Wiesen. Wie existentiell das kostbare Weideland für die Konstanzer Bürger war, zeigt sich an tätlichen Auseinandersetzungen um dessen Nutzungsrechte. 1152 kam es zu einem solchen Streit zwischen den Konstanzer Bürgern und dem vor der Stadt liegenden Stift Kreuzlingen. Die nach Süden wachsende Stadt verschlang Grünland und die Konstanzer Bürger erhoben Anspruch auf ein altes Recht, das ihnen angeblich erlaube, ihre Tiere auf einer dem Stift Kreuzlingen gehörenden Wiese nach der Heuernte grasen zu lassen. Diese Wiese - später Morderwiese genannt - lag unmittelbar vor den Stadtmauern. Da das Stift Kreuzlingen die Weiderechte ausschließlich bei sich sah, eskalierte die Meinungsverschiedenheit. Um ihrem angeblichem Recht Nachdruck zu verleihen, zerstörten die Konstanzer Bürger Häuser und Weingärten des Stiftes und behandelten die Wiese wie eine Allmende, die sie auch befuhren und den darauf führenden Weg ihrer Gerichtsbarkeit unterstellten. Das Stift <?page no="44"?> 44 Wald- und Flurlandschaft Kreuzlingen brachte den Konflikt um diese Feuchtwiese nicht nur dem Konstanzer Bischof zur Anzeige, sondern bemühte noch König und Papst. Schließlich gelang dem Bischof von Konstanz ein Ausgleich zwischen den um die Beweidung zerstrittenen Gegnern. Das Stift behielt die ausschließliche Nutzung ihrer Wiese, die Bürger bekamen vom Stift wertvolle Hilfe beim Erneuern der Stadtmauern. 68 Wiesen blieben ein rares und deshalb kostbares Gut, das es zu verteidigen galt, da die Tiere vor Ort durchgefüttert werden mussten. Im 17. Jahrhundert gab es einen regelrechten „Heukrieg“ zwischen Konstanzer Bürgern und dem vor der Stadt gelegenen Kloster Petershausen. 1659 beanspruchte der Abt von Petershausen das Heu, das an den Stadtmauern gemäht wurde, für sein Kloster. Daraufhin behinderten Konstanzer Bürger den Heutransport in die klösterlichen Scheunen und warfen den Abt vom Heuwagen, der wiederum die Konstanzer vor dem Konstanzer Bischofsgericht anklagte. Dieses stellte sich in seinem Urteil auf die kirchliche Seite und verhängte die höchste religiöse Strafe, die es damals gab. Der Generalvikar exkommunizierte alle an dem Überfall auf den Heuwagen Beteiligten. Diesen völligen Ausschluss ihrer Mitbürger aus dem religiösen Leben nahmen die Konstanzer nicht hin und es kam zu einem Aufstand. Der Konstanzer Bischof floh daraufhin vor den Aufständischen aus seinem Bischofssitz in das benachbarte Jesuitenkolleg. Er nahm danach die Exkommunikation der Konstanzer Bürger zurück und beließ den Konstanzern das Heurecht an den Wiesenrändern um die Stadtmauer. 69 Der Vorfall zeigt, unter welchem existentiellen Druck die aufwändige Tierhaltung damals stand, die schon im Verlauf des Mittelalters auf städtischem Land zurückging. Denn im späteren Mittelalter wurden Milchprodukte in der Stadt auf den Markt gebracht, die in den Dörfern des Umlandes erzeugt wurden. Das gilt auch für Fleisch, da die städtischen Metzger Rinder von Bauern aus dem Umland aufkauften. Noch in den 1880er Jahren wurden im Vorort Paradies, einem heutigen Wohnviertel, Nutztiere wie Pferde, Rinder und Schweine gehalten. 70 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Art der Tierhaltung zur Fleischerzeugung aufgegeben. <?page no="45"?> Wiesen 45 Seit dem Mittelalter gab es noch eine andere Nutzung von Wiesenland, sogenannte Baumgärten. Dort pflanzte man Nutzbäume, wobei das Gras im Unterwuchs als Tierfutter verwendet wurde. Über die dort angepflanzten Baumsorten erfahren wir mehr, wenn man annimmt, dass auch die Konstanzer Baumgärten den klösterlichen ähnelten: Im Baumgarten […] waren Apfel-, Birn- und Pflaumenbäume, Speierling , Mispeln, Lorbeerbäume, Eßkastanien, Quitten- und Pfirsichbäume sowie Haselnuß-, Mandel-, Maulbeer- und Walnußbäume vorgesehen. 71 Konstanzer Gerichtsakten führen auf die Spur von solchen Baumgärten. Aus einem Gerichtsurteil von 1579 erfahren von einem Nachbarschaftsstreit in Petershausen. Ein gewisser Konradt von Schwarzach zeigte seinen Nachbarn Ver an, der auf seiner Parzelle einen Nussbaum in Zaunnähe zu seinem eigenen Baumgarten gepflanzt hatte. Er fürchtete um ein fruchtbares Wachstum seiner Nutzbäume, wenn der Baum des Nachbarn groß würde und sie beschattete. Tatsächlich gab das Gericht ihm recht. Die Ernte in einem Baumgarten durfte nicht eingeschränkt werden, da Baumfrüchte für die Selbstversorgung gebraucht und entsprechend geschützt wurden. 72 Die Baumgärten lagen meistens im Vorstadtbereich. So besaß der Patrizier Heinrich in der Bünd einen 3,6 Hektar großen Obstgarten vor der Mauer zwischen Stadelhofergasse und Mordergasse (heutige Rosgartenstraße). Er gab bereits 1252 den Obstanbau auf diesem Gelände auf und unterteilte sein Grundstück in einzelne Parzellen, die er in Erbleihe an Bürger vergab, damit sie darauf Häuser bauen konnten. Ein Teil der städtischen Wiesenlandschaft wurde zum erweiterten Siedlungsgebiet der Stadt, woran der Name der Neugasse erinnert. 73 Auch archäologische Befunde weisen darauf hin, dass die Konstanzer im Mittelalter Obst anbauten. Bei der Ausgrabung einer Konstanzer Latrine des frühen 14. Jahrhunderts fand man Spuren von Äpfeln, Birnen, Süß- und Sauerkirschen, Zwetschgen, Pflaumen und Pfirsichen. 74 Aus diesen Funden lässt sich allerdings nicht ein- <?page no="46"?> Obstbäume beim Inneren Paradieser Tor Gemälde von Joseph Mosbrugger um 1836 46 Wald- und Flurlandschaft deutig darauf schließen, dass diese Früchte aus städtischen Obstanbau stammten. Darauf weist die Archäologin Marion Sillmann hin: Birnen, Süß- und Sauerkirschen, Pflaumen, Zwetschgen und Walnuß mögen sowohl kultiviert als auch von verwilderten Bäumen und Hecken gesammelt worden sein. 75 <?page no="47"?> Wiesen 47 Doch im Laufe der Zeit und mit wachsender Bevölkerung nahm der gezielte Obstanbau auf Wiesenland zu. Da hochstämmige Obstbäume nur begrenzte Zeit tragen, mussten die Bäume nicht nur jedes Jahr beschnitten, sondern auch alte ersetzt werden. Man züchtete ertragreichere, neue Sorten. Einen wesentlichen Schub im Obstanbau gab es Ende des 18. Jahrhunderts, als ihn Standesherrschaften aus wirtschaftlichen Gründen propagierten und auf ihrem Land Streuobstwiesen angelegt wurden. 76 Auch in den Städten pflanzte man vermehrt Obstbäume, was man auch von Konstanz annehmen kann. In einem Lexikonartikel von 1813 wird sogar der vielversprechende Obstanbau im Stadtteil Paradies hervorgehoben: Die Obstbäume im Paradies nahe der Stadt Konstanz, welche im Jahre 1767 gepflanzt wurden, […] versprechen der Stadt den herrlichsten Nutzen und die besten Aussichten für die Zukunft. 77 Insbesondere Äpfel und Birnen wurden nicht nur zu Marmelade oder Mus verarbeitet, sondern vor allem zu Saft gepresst und als vergorener Most getrunken. Die zuletzt genannte Form der Vorratshaltung wurde von vielen Konstanzer Familien bis weit ins 20. Jahrhundert betrieben. Wie verbreitet der Obstanbau dafür war, davon weiß Erich Bloch (1897-1994) in seinen Kindheitserinnerungen zu berichten: Eindrucksvoll waren auch die Großmostereien, die es […] in Konstanz gab. Bei uns in der Nähe, in der Neugasse, […] stand ebenfalls so eine Presse, eine Mosterei. Wenn im Herbst gemostet wurde, haben sie die Abfälle in fast meterhohen Haufen bis zur Straße hin gesammelt, und diese Haufen lagen ungefähr zwei Wochen da und haben einen ungeheuren Verwesungsgeruch über die ganze Straße verbreitet. […] es hat insgesamt nur einige Wochen im Jahr gedauert. 78 Die Ernte wurde von der gesamten Familie eingebracht, um anschließend als Saft, Marmelade oder Dörrobst konserviert zu werden. Dieses Motiv nahm der in Konstanz unterrichtende Pädagoge <?page no="48"?> 48 Wald- und Flurlandschaft Ludwig Friedrich Göbelbecker in seine von ihm verfasste Schulfibel für den Anfangsunterricht auf, die 1903 zum ersten Mal erschien. Völlig neu für die damalige Zeit stellte der Reformpädagoge darin das Kind und seine Lebenswelt in den Mittelpunkt: Auf der breiten Basis der Natur und des Menschenlebens […] soll der Anschauungskreis des Kindes […] sich entfalten. 79 Auch wenn Göbelbecker die Familie bei der Obsternte idealiter darstellen lässt, liegt seiner Vorstellung die Realität seines Konstanzer Alltags zugrunde. Wie auf der Abbildung zu sehen ist, erntet eine Familie. Die Mutter pflückt die höher hängenden Birnen in den Korb, wohingegen der Vater zwar einen Korb in der Hand hält, sich aber untätig mit einer vorbeispazierenden Dame unterhält. Die Kinder helfen begeistert mit, ein Junge klettert in den Baum, ein anderer steigt auf die Leiter und andere Kinder sammeln gefallene Birnen in den Korb. Der Hund ist auch dabei und will nach einer Birne schnappen, die ein Junge ihm vor die Schnauze hält. Ein gut gekleideter Junge und sei- Familie bei der gemeinsamen Obsternte <?page no="49"?> Wiesen 49 ne Schwester mit Hütchen schauen dem Schauspiel zu und scheinen zu der Dame zu gehören. Das kleinste Kind der Familie sitzt im Wägelchen und knabbert an einer Birne. Im Hintergrund ernten zwei Frauen Kartoffeln. Die Szene wirkt sehr fröhlich und knüpft an eine Alltagserfahrung der Kinder an, die Erntezeit im Herbst. Das Motiv einer gemeinsamen Obsternte findet in der heutigen Stadtlandschaft keine Entsprechung mehr. Die großen Obstwiesen sind aus dem Stadtgebiet verschwunden. Damit entfällt ein Naturraum, der auch für soziales Beisammensein genutzt wurde. Obstbäume stehen heute bestenfalls in privaten Hausgärten, wobei der Hauptzweck nicht die Obsternte ist, sondern die Freude an den im Frühling so prächtig blühenden Pflanzen oder dem bunten Herbstlaub. Doch schon in früheren Zeiten erfreute man sich nicht nur an den Früchten, sondern auch an der Schönheit der blühenden Obstbäume. So würdigte Lilly Braumann-Honsell, eine Konstanzer Schriftstellerin, Anfang des 20. Jahrhunderts die Obstblüte am Bodensee, indem sie ihrer Romanheldin folgende Worte in den Mund legte: Sie möchte die Landschaft lebendig werden lassen, die ihr bis jetzt nur durch ihre Schönheit lieb gewesen war. Heute lag sie im Blütenmeer der großen Birnbäume, die im Volksmund ‚Sülibirreböm‘ heißen, Bäume so groß wie Eichen und Ulmen mit wundervoll wehendem Geäst, die überall die Bodenseegegend schmücken bis heute, die das Obst zum Most und Haustrunk geben. 80 Im 21. Jahrhundert gibt es in der Stadtlandschaft keine ökonomisch genutzte Wiesen mehr - weder in Form von Streuobstwiesen noch als Weideland. Dadurch ging Grünland verloren, das durchaus auch einen ästhetischen Wert besaß. Schon früher wurde die Schönheit der Wiesenlandschaft erkannt, an der sich jeder erfreuen konnte. So genoss der Schriftsteller Gustav Schwab den Blick vom Münsterturm Richtung Westen in die grünen Fluren. Sein 1827 erschienener Text preist geradezu die Stadtlandschaft und ist beste Werbung für die Stadt als attraktives Reiseziel dank ihrer Landschaft: <?page no="50"?> 50 Wald- und Flurlandschaft Wenn man dieses herrliche Schauspiel vom Konstanzer Turme herab genossen hat, wird man auch die Umgebung der Stadt besser zu würdigen wissen, und, da man das Große und Erhabene so ganz in der Nähe haben kann, wird man mit wahrem Genügen auf den ebenen Wiesen des fruchtbaren beschatteten „Paradieses“, wo nur der reichste Natursegen den Ausblick nach allen Seiten hin verbaut, sich lagern. 81 Gustav Schwab äußerte den Wunsch, auf den Wiesen zu lagern. Er wollte sich dort erholen und die Landschaft genießen, was sehr modern wirkt. Die wenigen Wiesen, die es heute noch gibt, wurden fast alle in Rasenflächen verwandelt. Grüne Grasflächen werden häufig gemäht und sind Erholungsoasen im Stadtgebiet, wo sich die Städter tatsächlich auch lagern können. Sehr oft werden sie für sportliche Aktivitäten genutzt, insbesondere wenn sie in öffentlicher Hand sind. Allerdings finden sich in solch kurz gehaltenen Rasenflächen keine Wildkräuter oder Wiesenblumen mehr und dadurch auch keine darin oder davon lebenden Tiere. Der ästhetische Genuss für Auge und Ohr der blühenden Sommerwiesen war fraglos vielfältiger als bei heutigen Rasenflächen. Blick vom Münsterturm aus nach Westen Ölgemälde von Nikolaus Hug 1848 <?page no="51"?> Nützliche und „lustige“ Gärten Zwar wird die Gestaltung der Stadtlandschaft lange Zeit vor allem durch existenzielle Bedürfnisse ihrer Bewohner geprägt. Doch gibt es schon in der mittelalterlichen Stadtlandschaft Elemente, die nicht ausschließlich aus pragmatischen Aspekten angelegt wurden. Damals genossen Konstanzer einen Becher Wein, den sie ihrem eigenen Weingarten verdankten. Auch in den Hausgärten baute man neben Nutzpflanzen zunehmend Zierpflanzen an. Neben den Nutzgärten entwickelte sich die Form des Ziergartens, in dem man Blumen oder Sträucher pflanzte, um sich an ihnen zu erfreuen. Dies gilt umso mehr für kunstvoll gestaltete Parkanlagen. Der im 13.- Jahrhundert lebende Gelehrte Albertus Magnus sieht in ihnen Das Umland von Konstanz mit Weinbergen und einem alten Torkel Gemälde von Johann Sebastian Dürr um 1799 <?page no="52"?> 52 Nützliche und „lustige“ Gärten Orte ohne großen Nutzen oder Ertrag [...] die man Lustgärten nennt. Sie dienen [...] vornehmlich dem Ergötzen zweier Sinne, nämlich des Gesichts und des Geruchs. 82 Was hatte und hat es mit den auch dem Vergnügen dienenden Naturflächen auf sich? Weingärten Die Stadtlandschaft wurde bis weit in das 20. Jahrhundert hinein von größeren Rebflächen geprägt. Den Weinanbau haben die Römer an den Bodensee gebracht und noch heute werden in Konstanz Reben gepflanzt und gekeltert, wenn auch in sehr viel kleinerem Umfang. Den Konstanzer Wein tranken nicht nur die Stadtbewohner, sondern er war auch außerhalb der Stadt über einen langen Zeitraum ein gefragtes Exportgut. Auch Stadtbesucher wussten diese Konstanzer Spezialität offensichtlich zu schätzen. Andrea de Franceschi, venezianischer Gesandtschaftssekretär, veröffentlichte Ende des 15. Jahrhunderts einen Bericht über seine Reisen, in dem er auch auf seinen Aufenthalt in Konstanz eingeht. Er erinnerte folgendermaßen daran: Die Stadt ist von höchster Schönheit; […] Am Ufer des Sees gibt es eine große Menge Weinberge aller Art 83 . Es ist anzunehmen, dass er den Konstanzer Wein auch probiert hat. Ein weiterer Reisender des 19. Jahrhunderts, Gérard de Nerval, besuchte Konstanz 1839. Der Schriftsteller, der durch seinen Reisebericht über den Orient berühmt wurde, würdigte die Stadt geradezu hymnisch. Dabei glaubte er, dass Konstanz seinen weltweiten, guten Ruf dem exzellentem Wein verdanke, der hier wächst: Constance ! c’est un bien beau nom et un bien beau souvenir! C’est la ville la mieux située de l’Europe, le sceau splendide qui réunit le nord de l’Europe au Midi, l’Occident et l’Orient. Cinq nations viennent boire à son lac, […]. Constance est une petite Constantinople, couchée, à l’entrée d’un lac immense, sur les deux rives du Rhin, paisible encore. Longtemps on descend vers elle par les <?page no="53"?> Weingärten 53 plaines rougeâtres, par les coteaux couverts des ces vignes bénies qui répandent encore son nom dans l’univers; l’horizon est immense. 84 Übersetzt heißt das: Konstanz! Welch ein wunderschöner Name und welch eine wunderschöne Erinnerung! Es ist die am besten gelegene Stadt Europas, das prächtige Siegel, das den Norden Europas mit dem Süden verbindet, ebenso den Okzident und den Orient. Fünf Nationen kommen an seinen See, um zu trinken. […] Konstanz ist ein kleines Konstantinopel, das am Eingang eines riesigen Sees liegt, auf beiden Ufern des noch friedlichen Rheins. Lange Zeit wandert man zu ihr hinab über rötliche Ebenen und über Hänge, die mit diesen gepriesenen Reben bedeckt sind, die zudem seinen Namen in der Welt verkünden; unermesslich ist der Horizont. Was ist heute noch geblieben von diesem laut Gérard de Nerval weltweit bekannten Konstanzer Weinanbau? Auf einer kleinen Fläche am Raiteberg und an der Sonnhalde, die beide im Besitz der städtischen Spitalstiftung sind, werden weiterhin Rebstöcke gepflegt und daraus Wein gewonnen, der überwiegend von den Konstanzern selbst getrunken wird. Von „weltweitem“ Export kann jedenfalls keine Rede sein, aber Weinanbau ist immer noch ein besonderes Kennzeichen für die Konstanzer Stadtlandschaft. Zwar wird der städtische Wein regelmäßig am Hauptfest des Jahres, der Konstanzer Fasnacht, in Narrenreden als zu saueres „Bürgertröpfle“ verspottet. Doch ist Wein weiterhin ein für Konstanz typisches Markenprodukt, auf das man stolz ist. Der Anteil von Rebflächen an der heutigen Stadtlandschaft rechtfertigt nicht, den Konstanzer Weinanbau hervorzuheben, wohl aber ist die über Jahrhunderte in der Stadt gepflegte Tradition etwas Besonderes. Dies gilt zum einen für die nach Süden Richtung See gelegene Rebfläche an der Friedrichshöhe, die ursprünglich bis zur Ebene des trockengelegten ehemaligen Egelsees reichte, wo heute Wohnhäuser stehen. Der Rebhang hieß bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts „Schallenbergshalde“ nach einem alten Patriziergeschlecht, das in Konstanz im 14. Jahrhundert Bürgermeister stellte und hier ein großes Rebgut unterhielt. 85 In diesem Rebgebiet hatte der Konstanzer Patrizier Konrad Lind schon im Jahr 1363 <?page no="54"?> 54 Nützliche und „lustige“ Gärten einen eigenen Torkel, ein eigenes kleines ‚Weinberg‘-Haus mit einer Weinpresse. 86 Ein weiterer Südhang am Raiteberg wurde ebenfalls kontinuierlich bis heute mit Reben bepflanzt. Der Landschaftsname Raiteberg verweist auf den Beginn des Weinanbaus an dieser Stelle. Abt Gebhard III. des Klosters Petershausen (gest. 1556) gestattete den Konstanzern den damals noch mit Wald bewachsenen Hang, der lange Zeit nach dem ersten Klosterabt Gebhardsberg hieß, zu Weingärten „auszureuten“ (= zu roden). Er stellte dabei die Bedingung, dass das Land nur so genutzt werden durfte und verbot, daraus Wiesenland für Viehwirtschaft oder Felder zum Ackerbau anzulegen. 87 Der heutige Rebhang am Raiteberg ist ein Rest der ursprünglich sehr großen Weinanbauflächen des 983 gegründeten Konstanzer Klosters Petershausen, die es vor allem rechtsrheinisch zwischen Hörnle und den Gebäuden der Abtei besaß. Schon 1329 ist der Weinanbau für das Kloster so wichtig, dass eine Waldfläche von zwei Jauchert 88 im Eichhornwald gerodet wurde, um dort Reben zu pflanzen. 89 Solche Flächen waren aufwändig anzulegen und zu bewirtschaften. Dafür zuständig waren die Rebbauern, Rebleute genannt, die zum Kloster gehörten und in Hinterhausen - ursprünglich Husen hinder Aichhorn - wohnten. 90 Sie arbeiteten in den Weinbergen und kelterten den Wein vor Ort, da damals der Transport der Weintrauben in die Stadt in flüssiger Form stattfand. Der Nikolai-Torkel oberhalb des Hörnles gehörte zu den Weinbergen des Klosters Petershausen, der bereits im 16. Jahrhundert erwähnt wird und nach der Nikolaus-Pfarrkirche von Petershausen benannt wurde. Der heutige barocke Bau von 1710 wurde aufwändig aufgeführt und enthielt eine große Weinpresse. Doch diente er bis zur Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts den Mönchen während der Sommerzeit auch als „Lusthaus“. Zu ihrer Unterhaltung bauten sie in seiner Nähe sogar noch eine Kegelbahn im Wald. 91 Für die Rebleute des Klosters waren die Weingärten dagegen keineswegs nur „lustige Gärten“, wo Wein getrunken wurde, da sie beim Rebschnitt oder bei der Weinlese einen schweißtreibenden, hohen Arbeitseinsatz leisten mussten. Auch die Dominikaner des Inselklosters unterhielten bis ins 18. Jahrhundert Rebflächen, die nordwestlich des noch heute bestehen- <?page no="55"?> Weingärten 55 den Torkels in der Nähe der Therme am Hang lagen. Die erste Erwähnung einer Weinpresse der Dominikaner, der „Predigertorkel“, reicht ins 15. Jahrhundert zurück und noch bis 1900 wurde auf diesem Gelände Wein gekeltert, wenn auch nicht mehr durch Klosterleute, da das aufgelöste Kloster in andere Hände übergegangen war. 92 Ab dem 20. Jahrhundert werden die Rebflächen, die rechtsrheinisch in Seenähe lagen, aufgegeben und mit Villen bebaut. Nicht nur die Klöster pflegten den Weinanbau, sondern auch die Bürger der Stadt hatten seit dem Mittelalter eigene Weingärten. In der Vorstadt im Paradies werden schon im 14. Jahrhundert die dortigen Bewohner als „Rebleute“ erwähnt, die Wein erzeugten. 93 Die Konstanzer Rebleute schlossen sich zu einer Zunft zusammen, die nicht nur das Gewerbe ordnete, für Geschäfte und das Sozialleben zuständig war, sondern zunehmend politische Teilhabe verlangte. Deshalb beteiligten sich Rebleute am Streit zwischen Patriziern und Zünften im 15. Jahrhundert, als um die Macht im Rat gerungen wurde. 1423 gingen sie mit Waffengewalt gegen einen Patrizier vor, der ein Mitglied ihrer Zunft verhaftet hatte. Die gesamte Zunft der Rebleute fühlte sich dadurch in ihrer Ehre gekränkt, die wiederhergestellt werden sollte. Deshalb nahmen sie für sich sogar das Recht in Anspruch, gegen den dem Konstanzer Patriziat angehörenden Hans Schwarz kämpfen zu dürfen, wie es nach dem Fehderecht dem Adel bei einer Ehrverletzung zustand. Der Nikolai-Torkel <?page no="56"?> 56 Nützliche und „lustige“ Gärten Fünfzig Rebleute rächten ihr Mitglied, indem sie gewaltsam in das vor der Stadtmauer beim Schottenkloster liegende Sommerhaus des Patriziers eindrangen und es verwüsteten. Zudem nahmen sie in dem nahe auf dem Seerücken liegenden Dorf Berg, das dem Patrizier gehörte, einige seiner Bauern gefangen. 94 Dieses resolute Vorgehen gegen einen Patrizier zeugt nicht nur von einem großen Selbstbewusstsein der Rebleute, sondern zeigt ihre herausragende Stellung in der damaligen Stadtgesellschaft, die sie sich durch den erfolgreichen Weinanbau erworben hatten. Die Rebflächen der Konstanzer lagen vielfach am Stadtrand, aber auch mitten in der ummauerten Stadt gab es Weingärten, die den eignen Bedarf deckten. Ein Beispiel aus der Niederburg verdeutlicht das: Der Gänsbühl wird von der Schreibergasse […] durchschnitten und 1488 als Garten-, Wiesen- und Rebgelände mit dem Namen ,Rheingart‘ bezeichnet. 95 Man pflanzte Weinstöcke beim Haus und kelterte die Trauben im Herbst in der eigenen Torkel. Die Herstellung eines eigenen Hausweines wurde von den Konstanzern über lange Zeit praktiziert. Der vergorene Traubensaft wurde nicht nur gerne getrunken, sondern war bekömmlicher als das oft hygienisch bedenkliche Wasser. Doch nutzten die Konstanzer ihre für Weinanbau ideale Landschaft in dem milden Seeklima zunehmend, um Wein für den Export zu erzeugen, was sehr lukrativ war. Entsprechend wurden die Rebflächen im Außenbereich erweitert. Im 17. Jahrhundert vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) war der Erlös aus dem Weinverkauf die eigentliche Basis des bürgerlichen Wohlstandes in Konstanz. So konstatierte Conrad Beyerle im Jahr 1900 in seinem Werk über Konstanz im Dreißigjährigen Krieg: Unter den Gewerben ragte die Zunft der Rebleute hervor und war an die Stelle der einst hochberühmten Leineweber getreten, wie denn der Weinbau in der Seegegend um jene Zeit noch ein viel bedeutenderer war als heutzutage. Große Teile Oberschwabens und des Allgäus deckten ihren Weinbedarf auf dem Konstanzer Markte. 96 <?page no="57"?> Weingärten 57 Der Weinanbau der Konstanzer Bürger blieb über lange Zeit bis ins 20. Jahrhundert eine einträgliche Quelle und diente nicht nur dem eigenen Vergnügen. Allerdings konnten sich größere Weinberge nur reichere Bürger leisten, die soviel Land bewirtschafteten, dass sie es nicht ausschließlich zur Selbstversorgung benötigten. Dieser soziologische Aspekt kann beispielhaft an einem Flurstück aufgezeigt werden, das am Raiteberg lag und auf dem Jahrhunderte lang Reben angebaut wurden. 97 Es gehörte ursprünglich zu dem großen Weinanbau-Areal des Klosters Petershausen. Abt Andreas Öchsle verkaufte 1589 davon zwei Jauchert 98 Reben mit einem dazugehörenden Torkelgebäude an den Konstanzer Stadtschreiber Jakob Hüetlin. Dieser gehörte zur Stadtelite, ebenso vier weitere Besitzer, die das Flurstück im Laufe des 17. Jahrhunderts erwarben. So auch der Patrizier Konrad Fels, der es samt neu erbauten Gebäuden 1659 übernahm. Die Käufer des Rebgutes waren oft Ratsherren oder hatten andere wichtige Ämter inne. Dies gilt auch für das 18. Jahrhundert, wo das Rebgut öfter in neue Hände überging, wenn sich nämlich nach dem Tod des jeweiligen Eigentümers des Rebguts seine Erben davon trennten. Offensichtlich war das Vermögen auch in der städtischen Elite nicht ausreichend, um so ein Rebgut zu behalten, dessen Größe sich inzwischen fast verdoppelt hatte. Ab dem 19. Jahrhundert gehörte es Bürgern, die nicht mehr aus dieser politischen Führungsschicht kamen. Längere Zeit wurde es von einer Familie Lauber bewirtschaftet und ging dann Mitte des Jahrhunderts an den Kaffeewirt Franz Joseph Leo, bevor es 1892 von dem Landwirt Karl Kretz aufgekauft wurde, der den Torkelbau abreißen ließ. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist die über lange Zeit für den Weinanbau genutzte Liegenschaft ein Bauernhof. Und schon 1851 heißt es in einer in der Konstanzer Zeitung erschienenen Anzeige, dass neben 2 Jauchert Reben am Gebhardsberg mit vorzüglichem rothen Gewächse auch 1 ½ Jauchert Ackerfeld und Wiese allda mit circa 60 Stück tragbaren Bäumen besetzt zum Verkauf stünden. 99 Daraus kann man schließen, dass auf dem Gut auch Getreide angebaut und sein Wiesenland neben dem Obstanbau zur Tierhaltung genutzt wurde, worauf das ebenfalls in der Anzeige erwähnte Stallgebäude hinweist. Dies zeigt einen großen Vorteil von <?page no="58"?> 58 Nützliche und „lustige“ Gärten kultivierten Naturflächen gegenüber überbauten. Wenn sich die Bedürfnisse ändern, kann man das Land der momentan gebrauchten Nutzung zuführen. Statt Weinreben wird dann zum Beispiel Getreide angebaut. Rebflächen sind für die Existenzsicherung nicht unbedingt notwendig und waren deshalb auch Reserveflächen für Notzeiten, wenn man auf Wein zugunsten von Brot verzichten musste und es nicht zu beidem reichte. Doch nutzten die Konstanzer ihren Weingarten nicht nur zur Weinerzeugung - sei es zum Eigenbedarf oder aus wirtschaftlichen Gründen -, sondern verweilten dort auch. Die wohlhabenden Familien hatten schon im Mittelalter einen Landsitz inmitten ihrer Rebflächen. Ulrich Richental, der berühmte Chronist des Konstanzer Konzils, besaß neben einem Obstgarten einen Weingarten an einem Hang am Salzberg. Darauf befand sich ein Torkelgebäude, das so ausgestattet war, dass Richental König Sigismund und sein Gefolge am Johannistag 1415 dorthin zum Feiern einlud. 100 Man kann sich vorstellen, dass bei einer solche Festivität eine Menge Wein geflossen ist. Es ist bemerkenswert, dass sich ein Bürger der Stadt den Aufwand einer solchen Einladung leisten konnte. Rebhang am Raiteberg <?page no="59"?> Weingärten 59 Aber auch in kleineren Weingärten ließen sich die Konstanzer ihren Wein schmecken. Sie bauten auf ihren Rebflächen vor der Stadt schon im Mittelalter kleine Häuschen, in denen Arbeitsgeräte gelagert wurden und eine Weinpresse stand. Im Laufe der Zeit wurden viele der ursprünglich nur dem Keltern dienenden Rebhäuschen zu „Lusthäuschen“ erweitert, wo man das Wochenende verbringen konnte oder bei größerem Anbau auch dauerhaft wohnte. Je nach Vermögen waren sie recht unterschiedlich ausgestattet, wie man Verkaufsinseraten aus dem 19. Jahrhundert entnehmen kann. Von einem am Silvanerweg liegenden Gebäude heißt es 1871: Rebhäuschen mit Abtritt und Stiegenhausanbau, Steinriegel, neu. Und ein größeres wurde drei Jahre zuvor so beschrieben: Wohn- und Ökonomiegebäude unter einem Dach. Stein, Steinriegel, Bretterschirm, [Zustand] theils neu, theils alt. 101 Die Rebhäuschen inmitten der Weinberge waren auch für Jugendliche Orte, wo man von Erwachsenen unbeobachtet, sein angebetetes Mädchen treffen konnte. Der Schriftsteller Jacob Picard erin- Rebhäuschen am Lorettowald Gemälde von Nikolaus Hug 1836 <?page no="60"?> 60 Nützliche und „lustige“ Gärten nert sich, wie er in seiner Jugend um das Jahr 1900 bei einem Rebhäuschen auf ein Mädchen wartete: Da oben, nahe der Bank, die ein wenig vom Gebüsch verdeckt wurde, wenn man von der Stadt her kam, stand aber auch ein Rebhäuschen am Rande des Weinbergs, alt, in barocker Bauart zwischen hohem Gesträuch. Man sagte, ein Bischof habe es sich zur Freude einst gebaut. […] Schon war ich da und lagerte mich vor dem Häuschen am Gesträuch; es war ein starker Holunderbusch im betäubenden Geruch der flachen gelblich-weißen Blütendolden, auf denen kleine schwarze Fliegen saßen, und nebenan stand ein Heckenrosenstrauch, übersät von den zarten rosa Kelchen. Die Flur sang in ihren sommerlichen Lauten, und ein Mükkenschwarm schwebte auf und ab in der abendlichen Sonne. Wie deutlich ist mir alles geblieben! 102 Die Liebe zur heimatlichen Landschaft hält ein Leben lang an und der alte Schriftsteller hat immer noch das Bild von dem Weingarten im Frühling genau vor Augen. Man spürt seine Freude darüber, dass er als Jugendlicher so viel Freiraum in der Natur finden konnte. Auch wenn man nicht selbst Rebflächen besaß, konnte sich jeder Spaziergänger an ihrem Anblick erfreuen. Jedes größere Hofgut im Konstanzer Umland umfasste große Rebflächen und kelterte im eigenen Torkel seinen Wein vor Ort. Das galt auch für das sogenannte Sattlerhäusle, das Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz der angesehenen Witwe Anna Maria Hüetlin war, die aus dem Konstanzer Stadtpatriziat stammte und die dort mit der gesamten Großfamilie ihre Wochenenden verbrachte. 103 Sie investierte in das Landgut und ließ 1812 sogar der damaligen Mode folgend einen Pavillon mit griechischen Säulen errichten, der von Pflanzen umrankt wurde. Die vermögende Familie erholte sich gemeinsam auf ihrem Anwesen. Dazu gehörten große Rebflächen, die von einem Rebmann und seiner Familie bewirtschaftet wurden. Doch nahm die Familie Hüetlin selbst am landwirtschaftlichen Jahresablauf regen Anteil. Dies gilt ganz besonders für die Weinlese im Herbst. Ein Enkel der <?page no="61"?> Weingärten 61 Besitzerin, der Maler Joseph Mosbrugger (1810-1869) hält in seinen Erinnerungen fest, wie er diese Zeit als Kind miterlebte: Nun erst wenn die Haupt- und schönste Zeit des ganzen Jahres, der Herbst mit guten Aussichten herankam, dann kam auch für uns die Zeit der grossen Lust und Genusses. Es hatte wohl jeder etwas wohlhabende Einwohner der Stadt etwas eigene Reben. So auch die Grossmutter, und zwar an 4 verschiedenen Bergen. Der Hauptherbst war aber im Rebberg Sattlerhäusle. Da war natürlich von der ganzen Bekannt- und Verwandtschaft jeder eingeladen, der nur kommen wollte. Trauben, Käs, Schinken, Würste war genug da, und Kaffee, Wein süsser neuer und alter nach Belieben. 104 Er hält weiterhin fest: Es ist der Herbst so recht das Bild der üppigsten Lebensfülle. In der Freude eine ganze Jahressorge glücklich heim zu bringen, spart auch ein sonst Karger diesmal nichts. Diese Trauben, dies beste von allem Obst, dieser aus der Trotte klar laufende süsse Wein, und noch die freundliche Herbstsonne dazu; wer möchte nicht heiter gestimmt sein. Und so war es auch jeweils da bei alt und jung. Wir sprangen, sangen, spielten, halfen zeitweis wieder Trauben lesen, Butten tragen, und essen und trinken. […] so dass das Herbstvergnügen manchmal gegen 14 Tage dauern konnte und Ende dieser Zeit die Zungen vom Zerdrücken der Beeren förmlich wund wurden. 105 Die Traubenernte wurde zum Familien- und Bekanntenfest, bei dem sich Alt und Jung vergnügten und gemeinschaftlich die Ernte einbrachten und in dem eigenen Torkel vor Ort Wein kelterten. Dies traf auch für weniger vermögende Familien zu, die nur einen kleinen Weingarten hatten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als immer mehr private Weingärten aufgegeben wurden, ging somit nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine soziale Nutzung von Stadtlandschaft verloren. Der große Einbruch in der langen Tradition des Konstanzer Weinanbaus geschah ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein Grund hierfür war das Auftreten von tierischen und pflanzlichen Schädlingen sowie Frost- und Hageljahre. Dies hatte zur Fol- <?page no="62"?> 62 Nützliche und „lustige“ Gärten ge, dass nun zahlreiche der einstigen umfangreichen Rebflächen auch auf Konstanzer Gemarkung ausgestockt und zu risikoloseren landwirtschaftlichen Nutzungsarten, vor allem dem Obst- und Gemüsebau, sowie zu Bauland umgewandelt wurden. 106 Der Rückgang der Rebflächen zu dieser Zeit ist auf Widrigkeiten der Natur zurückzuführen, aber auch auf die soziale Not. Wenn ein ärmerer Konstanzer damals ein Landstück bewirtschaftete, war das zumAnbau von Gemüse oder Kartoffeln nötig, um seine Familie vor Hunger zu bewahren. Als die Wirtschaftskraft gegen Ende des Jahrhunderts wuchs und sich Industrie entwickelte, überbaute man ehemaliges Rebland. Dies setzte sich im 20. Jahrhundert fort, als die Stadt sich ins Umland ausdehnte. Heute gibt es nur noch die der städtischen Spitalstiftung gehörenden Rebenflächen an der Sonnhalde und am Raiteberg. Im Gebäude der Spitalstiftung steht im Keller die letzte Konstanzer Weinpresse, die noch in Gebrauch ist. In den Kellern der Bürger befinden sich keine mehr, dort wird höchstens gekaufter Spitalwein gelagert. Die Stadt Konstanz verpachtet die Flächen, um weiterhin Weinanbau auf städtischem Spitalland aus ökonomischen Gründen zu betreiben. Die andere Nutzung der Weinbergflächen als Erholungsraum an sommerlichen Wochenenden oder bei privaten Weinfesten anlässlich der Weinlese im Herbst ist verloren gegangen. Das wird auch nicht durch das kommerzielle Konstanzer Weinfest aufgewogen, das einmal im Jahr auf einem öffentlichen Platz stattfindet. Nutz- und Ziergärten Die bei Häusern gelegenen Privatgärten widerspiegeln heutzutage die individuellen Vorlieben und Bedürfnisse ihrer Eigentümer. Die Ausgestaltung kann von Kräuter- und Salatbeeten, Beerensträuchern, Blumenrabatten, exotisch bepflanzten Töpfen, gepflasterten Sitz- und Stellplätzen, Rasenflächen mit Grill bis zu großen Doppelgaragen reichen. Noch vor wenigen Jahrzehnten glichen sich die Gärten eines Wohnviertels, da die Bepflanzung ähnlichen Zwecken diente. Auch die ästhetische Ausgestaltung größerer Gartenanla- <?page no="63"?> Nutz- und Ziergärten 63 gen folgte bis zum 20. Jahrhundert ganz bestimmten Regeln, wobei das Schönheitsideal einer bestimmten Epoche von den Eliten geprägt und mitgetragen wurde. Als der österreichische Maler Joseph Anton Koch Ende des 18.-Jahrhunderts bei einer Reise auch nach Konstanz kam, notierte er in seinem 1791 erschienenen Reiseskizzenbuch: Nun eilte ich nach der von Constanz durch den Rhein getrennten und mit derselben durch eine Brücke verbundenen Abtei Petershausen [...] Von dem schönen Klostergarten aus genoß ich der herrlichsten Aussicht. Nur schade ist es, daß der gute Gartengeschmack in diesen hierzu wohlgelegenen Gegenden nicht genug bekannt ist. 107 Koch kann voraussetzen, dass sein damaliger Leser weiß, was mit gute[m] Gartengeschmack gemeint ist, den er vermisst, und wie man sich einen schönen Klostergarten vorzustellen hat. Der heutige Leser muss dafür eine Ansicht des damaligen Klostergartens zu Hilfe nehmen. Garten des Klosters Petershausen Mitte des 19 Jahrhunderts Kupferstich von Johann Gottfried Böck <?page no="64"?> 64 Nützliche und „lustige“ Gärten Man erkennt ein Areal, auf dem die Natur kunstvollen Formen unterworfen wurde. An der Seekante als Gartenabschluss stehen Bäume schnurgerade in einer Reihe. Die rechteckige Form der gleich großen Beete vor der Prälatur und die zu einer Raute geformten Beete vor der Kirche prägen neben parallel verlaufenden Wegen den streng geordneten Garten. Offensichtlich entsprach nur eine formale Gartenanlage dem ästhetischen Zeitgeschmack. Bei allem gestalterischen Wandel, was die Bepflanzung von Gärten im Laufe der Jahrhunderte angeht, stellt sich die Frage: Was kennzeichnet eigentlich ein als Garten genutztes Landschaftselement? In einem Lexikonartikel aus dem 18. Jahrhundert wird Garten folgendermaßen definiert: Garten, ist ein mit Mauren, Plancken oder Zaunen umgebenes und wohlverwahrtes Stück Landes, welches entweder mit Obst=Bäumen, oder mit allerhand in die Haußhaltung dienenden Kräutern, Wurtzeln und Früchten, oder mit Spatzier=Gängen, Hecken, Parterren, Blumen, und anderen mehr zur Lust, als zum Nutzen versehene Dingen, oder mit allerley zur Medicin dienlichen inn= und ausländischen Gewächsen besetzt und bepflanzt ist 108 . Somit war ein Garten im Gegensatz zum offenen Feld vor allem zum Schutz vor Tieren umzäunt und bezieht sich auch heute noch immer auf ein klar umgrenztes Stück Land, das bepflanzt wurde. Diese Umgrenzung wird durch das Wort „Garten“ ausgedrückt, das auf das indogermanische „gher“ zurückgeht, was „fassen“ bedeutet. Unter „ghortos“ verstand man etwas Eingefasstes und Geschlossenes. 109 Die Umfriedung des eigenen Gartens galt lange Zeit als unabdingbar. Im 16. Jahrhundert wurde in Konstanz rechtsverbindlich festgehalten, wie der umgrenzte Garten zum Nachbargarten auszusehen hat: Wer einen „grünen hag“ haben wollte, mußte denselben zwei Werkschuh 110 von der Marke setzen, für einen „dürren zaun“ genügte ein halber Werkschuh. 111 <?page no="65"?> Nutz- und Ziergärten 65 Bei dem erstgenannten grünen Zaun, einer Hecke, wurde genau vorgegeben, dass sie mindestens einmal alle drei Jahre beschnitten werden musste. Aus Gerichtsakten dieser Zeit geht hervor, dass um diese Grenzzäume zwischen Nachbarn durchaus gestritten wurde. In einem Urteil zu einem dürren Zaun mit fehlenden Latten heißt es, dass anstatt des schlechten zeinlins 112 durch weitere Latten die Grenze zum Nachbarn völlig geschlossen werden müsste. Die Bepflanzung eines Gartens dient verschiedenen Zwecken, kann aber grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilt werden, wie in dem o.g. Lexikonartikel verdeutlicht wird. Zum einen pflanzt man zum Nutzen, damit ein Haushalt sich im eigenen Garten mit Gemüse, Obst, Kräutern und Hülsenfrüchten versorgen kann und extra hervorgehoben, damit Heilkräuter für die Behandlung von Krankheiten im eigenen Garten wachsen. Auf der anderen Seite setzt man Blumen und Hecken zur Lust und damit zur Freude und zum Vergnügen der Gartenbesitzer. Diese beiden Aspekte der Gartenkultur wurden und werden in privaten Gärten je nach den Bedürfnissen der Besitzer sehr unterschiedlich betont. Ärmere Konstanzer Familien nutzten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ihren Garten vorrangig zur Selbstversorgung, wohingegen ein Garten bei einer städtischen Villa ausschließlich mit Zierpflanzen bestückt wurde. Es gibt folglich Gärten, die beides vereinbaren, aber auch reine Nutzbzw. Ziergärten. Schaut man in die Stadtgeschichte zurück, gehören private Gärten der Stadtbürger schon im Mittelalter zum Stadtbild. Sie lagen innerhalb der Stadtmauern an den Gassen hinter den Häusern und dienten über lange Zeit als reine Nutzgärten zur Selbstversorgung. Die Kultivierung von Zierpflanzen beginnt sich erst Ende des Mittelalters in den Hausgärten zu verbreiten. Solche Gärten - oder Bünde, wie sie genannt wurden - lagen im Mittelalter aber auch zwischen Mauer und Graben, da das zur Verfügung stehende freie Land innerhalb der Mauer zur Versorgung nicht ausreichte. Nach diesen Bünden im Westen der Stadt nannte sich sogar ein altes Konstanzer Patriziergeschlecht, die Bündrich, deren Bündrichshof bei solchen Gärten errichtet worden ist (heutiges Landgericht). Zudem wurden außerhalb der Stadtmauern <?page no="66"?> 66 Nützliche und „lustige“ Gärten größere Gärten angelegt, wie zum Beispiel am „kleinen Brühl“ im Westen der Stadt oder im Süden in Stadelhofen. 113 Insbesondere im Vorland der Stadt im Stadtteil Paradies bestritten die Bewohner über lange Zeit neben dem Rebenanbau ihren Lebensunterhalt aus ihren Nutzgärten. Bereits 1386 werden die gartner […] vom Paradis 114 als eine auf Gartenanbau spezialisierte Bürgergruppe genannt, die allerdings keine eigene Zunft bildete. Über viele Jahrhunderte wurden die Grünflächen zwischen den Häusern in der Stadt als Gärten genutzt, in denen Gemüse, Hülsenfrüchte und Kräuter, aber auch Beeren für den Eigenbedarf wuchsen. Darin hielt man oft auch noch Kleinvieh wie etwa Hühner, sodass Eier und bisweilen auch Fleisch auf den Teller kamen. 115 Man weiß durch archäologische Ausgrabungen in Konstanz einiges über die Pflanzen der frühesten Gärten. In einer Latrine, die im frühen 14. Jahrhundert befüllt worden ist, fand man Spuren von Bohnenkraut, Dill, Fenchel, Gurken, Koriander, Kresse, Linsen, Mohn, Pastinak, Petersilie, Rüben, Rübsen [eine Kohlart], Schwarze[m] Senf und Sellerie. 116 Fenchel wurde zunächst nur als Gewürz und nicht als Gemüse verwendet. Aus Mohn wurde wie auch aus Lein vor allem Öl gewonnen und er diente auch zu medizinischen Zwecken. In derselben Latrine gab es auch Reste von Beeren, nämlich von Wein- und Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und Holunder. 117 Ein größerer Teil der nachgewiesenen Beeren ist wahrscheinlich in dieser Zeit noch von wild wachsenden Sträuchern am Waldrand gepflückt worden. Beerensträucher werden erst seit dem späten Mittelalter kultiviert und zunehmend in Gärten gepflanzt. Vor allem Stachel- und Johannisbeersträucher waren in Konstanz beliebt. Direkte Nachweise von weiteren Gemüsesorten fehlen bislang für das mittelalterliche Gartenland in Konstanz. Doch wurden sicherlich mehr angepflanzt. Allgemein gilt für Südwestdeutschland, dass es in den damaligen Hausgärten außer den oben genannten auch noch Rettiche, Kresse und vor allem eine reiche Palette an Gewürzen gab, wie etwa Ysop, Basilikum, Raute und Winter-Bohnenkraut und Koriander, […] Wacholder, Beifuß, Gartenmelde, Brunnenkresse und Fuchsschwanz. 118 Zudem wuchsen Rettiche und Spinat <?page no="67"?> Nutz- und Ziergärten 67 darin, ab dem Spätmittelalter sogar Paprika. Fast alle diese Sorten sind bereits von den Römern nach Germanien importiert worden. Ein Nutzgarten diente auch dazu, um im Krankheitsfall oder zur Stärkung der Gesundheit Kräuter aus dem eigenen Garten zu pflücken. Lange Zeit waren Heilmittel aus der Stadtapotheke sehr teuer und wurden nur bei schweren Erkrankungen gekauft. Das Wissen um die heilende Wirkung von bestimmten Kräutern und ihre richtige Anwendung ging von den mittelalterlichen Benediktinerklöstern aus - wie überhaupt das Wissen um Pflanzen. Zum einen folgten die Mönche ihrem Leitspruch „ora et labora“ (bete und arbeite), sodass die Arbeit im Klostergarten neben den Gebeten ein wichtiger Bestandteil im Tagesablauf war. Schon der berühmte, idealtypische Klosterplan von St. Gallen, der um 820 im Kloster Reichenau angefertigt wurde, sah innerhalb des ummauerten Klosterbezirks mehrere Gartenteile vor, die vor allem die Klostergemeinschaft mit Lebensmittel versorgen sollten. Man konzipierte einen symmetrisch ausgerichteten Nutzgarten mit rechteckigen Beeten, in denen die Mönche Gemüse, Hülsenfrüchte und vor allem Kräuter anbauen konnten, einfach alles, was die Klosterküche benötigte. Der Plan weist außerdem einen gesonderten Bereich eines „hortus sanitatis“ (Garten der Gesundheit) mit Heilkräutern aus, damit die Mönche Salben und Säfte herstellen konnten. Denn in den mittelalterlichen Benediktinerklöstern wurden von medizinisch gelehrten Mönchen nicht nur die Mitbrüder gepflegt, sondern auch die Kranken der Umgebung behandelt. Der Heilgarten war eine Art Apotheke, aus dem man die Medizin für die Krankenversorgung gewinnen konnte, die bis in das 13. Jahrhundert nur von Klöstern wahrgenommen wurde. Auch wenn diese idealtypischen Vorstellungen nie vollständig umgesetzt wurden, ist der St. Gallener Klosterplan Jahrhunderte lang Leitbild bei der Anlage von Klostergärten, wobei jeweils lokale Gegebenheiten und Bedürfnisse berücksichtigt wurden. Das gilt auch für die Gärten des Chorherrenstiftes Kreuzlingen, das vor den Stadttoren im Süden lag. In den ummauerten Gärten pflanzte man alles an, was man zur Selbstversorgung der geistlichen Gemeinschaft benötigte. <?page no="68"?> 68 Nützliche und „lustige“ Gärten Mönche kultivierten verschiedenartige Pflanzen im Klostergarten, wobei sie auf großes botanisches Wissen zurückgreifen konnten, das in den Klöstern vorhanden war und das auch auf sonst nicht zugänglichen, antiken Schriften über Pflanzenkunde beruhte. Von den mittelalterlichen Klöstern aus verbreitete sich die Gartenkultur. Dies gilt insbesondere für das vor den Toren von Konstanz liegende Kloster Reichenau, das zur Karolingerzeit nicht nur ein religiöses Machtzentrum war, sondern auch ein Ort großer Gelehrsamkeit. Zwar verfassten die Reichenauer Mönche vor allem religiöse Werke, aber auch die früheste Schrift über Pflanzenkunde wurde hier angefertigt. Der berühmte Reichenauer Abt Walahfrid Strabo schrieb noch als Mönch im Jahre 827 in Gedichtform eine Abhandlung über die Kräuter seines Klostergartens. In seinem „hortulus“ (= Gärtchen) erfasste er 23 Pflanzenarten, wobei die meisten davon Heilkräuter sind. Er unterwies den Leser über die richtige Pflege und den gesundheitlichen Nutzen. So heißt es entsprechend dem medizinischen Wissensstand des 9. Jahrhunderts im „hortulus“ beim Salbei: 119 Augustinerkloster in Kreuzlingen mit seinen großen Gartenanlagen Stich von Johann Saedeler 1633 <?page no="69"?> Nutz- und Ziergärten 69 Nr. 3 Salbei Leuchtend blühet Salbei ganz vorn am Eingang des Gartens, Süß von Geruch, voll wirkender Kräfte und heilsam zu trinken. Manche Gebresten der Menschen zu heilen, erwies sie sich nützlich Salbei gilt auch heute noch als probates Mittel gegen Reizhusten. Man kann davon ausgehen, dass einige im „hortulus“ aufgeführte Heilkräuter auch in einem typischen mittelalterlichen Garten in Konstanz wuchsen. Durch Grabungsfunde nachgewiesen ist für die Zeit um 1300 als Heilpflanze die Ringelblume. 120 In den heutigen Gärten werden ehemals als Heilkräuter verwendete Pflanzen nicht mehr aus medizinischen Gründen gepflanzt, sondern - wenn überhaupt - als Gewürze, als Teepflanzen oder gar als Gartenschmuck. Der einst sehr nützliche „Heilgarten“ verschwand mit der Einführung von Krankenversicherungen, welche die Kosten von in Apotheken gekauften Medikamenten übernahmen. Konstanzer Gärten in der Sierenmoos-Siedlung und in Petershausen Luftaufnahme um 1935 <?page no="70"?> 70 Nützliche und „lustige“ Gärten Dagegen reicht der Anbau von Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte in den Konstanzer Gärten bis in die Gegenwart. Denn bis weit in das 20. Jahrhundert hinein brauchten viele Familien die Gartenerträge aus ökonomischen Gründen. Eine gute Ernte wurde abgesehen vom Wetterglück nur erzielt, wenn der Gärtner einen hohen Kenntnisstand über die richtige Pflege der Nutzpflanzen hatte. Deshalb gibt der Reichenauer Mönch Strabo schon in seinem Gartenbuch „hortulus“ sehr genaue Anleitungen zum erfolgreichen Gärtnern. So lehrt er im zweiten Abschnitt seiner Schrift die richtige Bewässerungstechnik bei Trockenheit, wenn man eine reiche Ernte erzielen will. Darin heißt es: 2. Schwierigkeit des Gartenbaus Eifer des Gärtners und Frucht seiner Arbeit […] Andererseits, wenn trockene Zeiten Weigerten etwa den Segen des Taus, dann trieben mich eifrig Liebe zum Garten und Sorge, daß nicht die fasrigen, kleinen Wurzeln erschlafften vor Durst, in geräumigen Krügen zu schleppen Ströme erfrischenden Wassers und tropfenweise zu gießen Aus den eigenen Händen, damit nicht in heftigem Schwalle Allzu reichliche Fluten verschwemmtem die keimenden Saaten. […] Nein, er [= Garten, M.S.] hat, was er beinah vertrocknet empfing , in gehöhlte Gruben versetzt, mir erstattet voll wiedererwachender Grüne, Vielfach vermehrt in zahlreicher Frucht die Aussaat belohnend. Nun braucht es Dichtertalent, Erkenntnis und Schönheit der Rede, Um zu verkünden die Namen und Kräfte so reichlicher Ernte, Daß auch das Kleine dadurch mit hoher Ehre sich schmücke. Man spürt die Freude am Gärtnern, auch wenn das Wasser bei Trockenheit in schweren Krügen herangeschleppt werden muss. Die Aussicht auf eine üppige Ernte wird geradezu hymnisch gepriesen. Im 9. Jahrhundert sind reichhaltig gedeckte Tische etwas Besonderes und verdienen Anerkennung, auch durch kunstvolle Literatur. Üblicherweise stand der Kampf um genügend Nahrung für die <?page no="71"?> Nutz- und Ziergärten 71 Menschen im Vordergrund. Diese war selbst für den adligen Mönch eines wohlhabenden Klosters nicht selbstverständlich. Man kann deshalb den späteren Klosterabt verstehen, wenn er sich als Feinschmecker erweist. So führt er unter „7. Melone“ genüsslich aus: […] Zerteilt man das hohle Gehäuse von Hand in Zahlreiche Stückchen, so freut sich der Gastfreund bei Tische des guten Leckerbissens der Gärten. Denn Weiße des Fleischs und Aroma Schmecken dem Gaumen, und nicht wird solcherlei Speise die harten Backenzähne erschrecken […] Ähnliche Leckerbissen verspricht er Gärtnern, die Kürbisse großziehen. Unter „6. Kürbis“ heißt es: […] getränket im Fette der dampfenden Pfanne, Mögen fürwahr die wohlzubereiteten Stücke gar manchmal Trefflich den Nachtisch versehen als süße Delikatesse. Läßt man jedoch die Frucht am Mutterstock ihrer Pflanze Dulden des Sommers Glut, und schneidet sie reif mit dem Messer, Kann als Gefäß sie gestaltet werden zu stetem Gebrauche, Kräutergarten des Klosters Reichenau <?page no="72"?> 72 Nützliche und „lustige“ Gärten Schafft man die Eingeweide heraus aus dem bauchigen Körper, Schneidend leicht mit dem Eisen, im Drehen das Innere glättend. Die mühsame Gartenarbeit wird am Ende nicht nur durch köstliche Mahlzeiten belohnt, sondern Strabo gibt auch, ganz Praktiker, eine Anleitung, wie aus einem Kürbis ein Trinkgefäß wird. Dass Gartenland bis weit in das 20. Jahrhundert noch lange für viele Familien existenzsichernd war, lässt sich anhand einer Gartensiedlung aufzeigen, die in den 1930er Jahren in einem trockengelegten Moor vor allem für kinderreiche Arbeiterfamilien angelegt wurde, dem Haidelmoos. Ziel war die intensive Bewirtschaftung der mit großen Gärten ausgestatteten Siedlungsstellen, um auch in Notzeiten eine krisenfeste Versorgung der Familien sicherzustellen. 121 Deshalb mussten die künftigen Bewohner Kenntnisse im Gartenbau und in der Kleintierzucht nachweisen. 1935 wurden die ersten Häuser von Familien bezogen, vor denen die gewaltige Arbeit lag, das Moor endgültig zu kultivieren und in brauchbares Gartenland zu verwandeln. Darin erinnert sich ein Bewohner 1976 folgendermaßen: Das Auffüllen der Wassertümpel, Ausstocken von Baumwurzeln und Gestrüpp, das Planieren des Geländes - all dies bedeutete harte Arbeit für die Familien, denn die Siedler standen alle in Arbeit. Die vordersten Siedlungen hatten noch bis zu 70 Zentimeter hoch Wasser im Keller, bis dann die Kanalisation in Ordnung gebracht wurde. Ratten, Schlangen, Kröten und Frösche bevölkerten das Baugelände und das Moor. Das Gartengelände mußte mit Obst und Gemüse bepflanzt werden. Blumen waren verboten. Ziegen, Milchschafe, Kaninchen und Geflügel belebten alsbald das ganze Siedlungsgebiet. 122 In diesem Bericht wird deutlich, wie mühsam und schwierig die Entwässerung des Moores war. Die künftigen Siedler mussten nicht <?page no="73"?> Nutz- und Ziergärten 73 nur ihr eigenes Grundstück kultivieren, sondern als Auflage der Stadt auch noch weitere Parzellen im Moor. Das Moor wurde für die Bewirtschaftung der Siedler aufgeteilt, jeder Siedler mußte 1000 m² Moorgelände übernehmen. In den folgenden Jahren gab es dann im Moor eine reiche Ernte an Kartoffeln, Gemüse und Futtermitteln für die Kleintiere. 123 Diese harte Arbeit, zu der auch die Kinder herangezogen wurden, zahlte sich für die Familien in den Notzeiten während und nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Nicht nur Wohnraum, sondern auch Nutzgärten wurden als Notwendigkeit für sozial schwächere Familien angesehen. Dies gilt auch für die Planung einer neuen Arbeitersiedlung im Stadtgebiet in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. In einem Geschäftsbericht des Spar- und Bauvereins Konstanz zur Bebauung der Austraße von 1956 heißt es: Gartenland der Haidelmoos-Siedlung um 1955 <?page no="74"?> 74 Nützliche und „lustige“ Gärten Doch war es möglich, jedem Mieter ein größeres Stück Land als Hausgarten zu geben. Dabei ist nicht nur der erzielte Ertrag zu rechnen, noch höher zu schätzen ist der gesundheitliche und ideelle Wert der Gartenarbeit für den berufstätigen Menschen. Bei der neuzeitlich aufgelockerten Bauweise kommen die Bewohner reichlich in den Genuß von Luft, Licht und Sonne [...] Die Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung der Kinder sind hier draußen in der freien Natur in jeder Weise gegeben. 124 Hier wird Nutzgärten in einer Arbeitersiedlung nicht nur eine ökonomische, sondern sogar vorrangig eine gesundheitsfördernde und pädagogische Funktion zugesprochen. Der Aufenthalt im Freien während der Gartenarbeit sollte die lange Arbeitszeit der Arbeiter in oft sehr schlechter Luft und dunklen Hallen ausgleichen und die gesunde Entwicklung ihrer Kinder fördern. Diese Auffassung von Gartenarbeit gab es in Konstanz schon hundert Jahre zuvor. Als unter der Ägide des Konstanzer Bistumsverwesers von Wessenberg Mitte des 19. Jahrhunderts eine „Anstalt für Rettung verwahrloster Kinder zu Konstanz“ eingerichtet wurde 125 , war dabei eine große Gartenanlage vorgesehen. In die Erziehungsanstalt wurden schulpflichtige Mädchen eingewiesen, die durch ungünstige Charakterveranlagung und Familienverhältnisse oder ihre Umgebung sittlich moralisch gefährdet erscheinen. 126 Die Mädchen mussten nicht nur die Schule besuchen und alle Haushaltstätigkeiten verrichten, sondern auch im Garten arbeiten. Gartenarbeit galt als wichtige Resozialisierungsmaßnahme, welche die positive Entwicklung der „sittlich verdorbenen Mädchen“ förderte und ihrer Gesundheit zugute kam: Die abwechselnde Beschäftigung in Haus und Garten [… und ...] viel Bewegung in frischer Luft verfehlen ihre Wirkung nicht 127 stellte der dafür zuständige Amtsarzt fest. <?page no="75"?> Nutz- und Ziergärten 75 Für Konstanzer Kinder waren die Gärten jedoch nicht nur Arbeitsorte, sondern auch kreative Freiräume. So erinnerte sich Erich Bloch im Alter gerne an seine Kindheit, die er um 1900 mitten in der Stadt verbracht hatte: Wir haben zunächst in der Rosgartenstraße gewohnt, später dann in der Sigismundstraße, und meine Frau wohnte als Kind in der Bahnhofstraße. Dort konnten wir spielen und spielen, Ball, Schlagball, Handball und Verstecken, ‚Räuber und Handschuh‘ und was wir nur wollten, in den Gärten, hinten und vorn über die Mauern. 128 Für ihn und seine Freunde waren Gärten große Spielplätze: Wir haben als Kinder zum Beispiel oft in der Schwedenstraße gespielt, in den schönen Gärten bei den Häusern an der Grenze. 129 Die damalige fortschrittliche Pädagogik erkannte, dass nicht nur Gartenarbeit, sondern das freie Spielen in den Gärten für die gesun- Wessenbergheim mit Gartenanlage, erste Hälfte des 20 Jahrhunderts <?page no="76"?> 76 Nützliche und „lustige“ Gärten de Entwicklung von Kindern wichtig war. Der in Konstanz an der Stefanschule lehrende, reformpädagogisch orientierte Lehrer Göbelbecker hat nach diesem Grundsatz eine Gartenszene in seiner Deutschland weit verbreiteten Grundschulfibel aufgenommen, in denen sich Kinder mit ihren Großeltern aufhalten. Die gezeigte Gartenidylle, in denen der Flieder blüht, Pfingstrosen prangen und eine grüne Laube einlädt, enthält einen Bezug zu real denkbaren familiären Vorkommnissen. Die Strickarbeit der Großmutter wurde offensichtlich durch den Familienhund gestört, worauf Großvater und zwei Kinder herbeieilen, um sie zu trösten. Auf der Blumenwiese liegt mit Puppe im Arm noch friedlich schlafend das jüngste Mädchen, was demnächst durch eine Ziege unsanft geweckt werden wird. Der in dem Schulbuch abgebildete Garten enthält keine Beete mit Nutzpflanzen, sondern ist ein reiner Ziergarten, ein Erholungsort für die bürgerliche Familie. Diese Gartenform ist heute vorherrschend, setzte sich jedoch erst langsam durch, als Gartenland nicht mehr zur Existenzsicherung gebraucht wurde. Die Kultivierung von Blumen galt lange Zeit als ein Luxus, den sich nur Mönche in Familienszene in einem Ziergarten <?page no="77"?> Nutz- und Ziergärten 77 ihrem Klostergarten oder gut situierte Bürger bei ihren Anwesen leisten konnten. Die wild vorkommende Begonie schmückte als eine der frühesten Blumen mittelalterliche Gärten. Doch sind die wichtigsten Gartenblumen während des gesamten Mittelalters die Gladiolen, die zu den Schwertlilien gehören. So lobte bereits Strabo in seinem „hortulus“ unter Nummer 11: Du bescherst mir den Schmuck deiner purpurfarbenen Blüte Früh im Sommer an Stelle des dunkellieblichen Veilchens. Allerdings führt Strabo die Gladiole nicht nur als Blumenschmuck auf, sondern weist auch darauf hin, dass sie bei Blasenschmerzen in Form eines in Wein angerührten Heiltrankes medizinischen Nutzen hat. Man spürt seine Freude über die Farbenpracht der Blumenblüten der purpurfarbenen Gladiolen und dunkellieblichen, violetten Veilchen. Eine purpurrote Blume galt in damaliger Zeit, als nur dem König diese besonders kostbare Farbe zugestanden wurde, als besonders schön, wohingegen violett die Farbe des Leides und der Demut symbolisierte. Eine weitere Blume wird von dem Mönch in folgenden Metaphern verherrlicht: 14. Lilie Leuchtende Lilien, wie soll im Vers und wie soll im Liede Würdig euch preisen die dürftige Kunst meiner nüchternen Muse? Euer schimmerndes Weiß ist Widerschein schneeigen Glanzes, Holder Geruch der Blüte gemahnt an die Wälder von Saba. Nicht übertrifft an Weiße der parische Marmor die Lilien, Nicht an Düften die Narde […] Der Mönch erfreut sich an der Schönheit der weiß strahlenden und intensiv duftenden Lilienblüte. Doch auch bei dieser Blume denkt er gleichzeitig an die nützliche Seite dieser Pflanze, wenn er sie in seinen weiteren Ausführungen als ein gutes Gegenmittel bei Schlangenbiss empfiehlt und als Heilmittel bei Quetschungen und Verrenkungen der Glieder. <?page no="78"?> 78 Nützliche und „lustige“ Gärten Im weiteren Verlauf des Gedichtes verknüpft Strabo die Lilie mit der Marienverehrung, da diese weiße Blume im Mittelalter als ein Symbol der Reinheit und Jungfräulichkeit gilt. Das belegen auch die pastellfarbenen Lilien auf zeitgenössischen Marienbilder. Diese symbolische Pflanzenkunde ist in dieser Zeit allgemein verbreitet. Das Besondere des Verfassers des Hortulus ist, dass er tatsächlich botanische Kenntnisse niederschreibt. Die Königin aller Blumen, die der fromme Gelehrte geradezu hymnisch preist, ist die Rose: 25. Rose […] die Rose alljährlich üppig goldgelben Flor ihrer purpurnen Blüte, die allen Schmuck der Gewächse Alsbald an Kraft und Duft, wie man sagt, so weit überstrahlte, Daß man mit Recht als die Blume der Blumen sie hält und erkläret. Sie erzeuget ein Öl, das nach ihrem Namen genannt wird, Wie oft dieses zum Segen der Sterblichen nützlich sich zeiget, - Keiner der Menschen vermag es zu wissen oder zu sagen. Bis heute schätzt man Rosengärten in ihrer Blütezeit als Ergebnis hoher Gartenkünste, was für frühere Jahrhunderte umso mehr gilt. Auf einen mittelalterlichen Rosengarten im Stadtzentrum weist nicht nur der Name einer heutigen Straße hin, sondern auch der des Stadtmuseums, das in dem im Mittelalter erbauten Haus „zum Rosgarten“ und seinem Nachbargebäude untergebracht ist. 130 1454 wurden die beiden Gebäude zu einem prächtigen Zunfthaus umgebaut. Seitdem wird das Eingangsportal durch ein Steinwappen geschmückt, auf dem auch als Hinweis auf die Namensgebung ein Rosenbaum in einem Garten zu erkennen ist. Sowohl die Konstanzer Patrizier des Mittelalters als auch die wohlhabenden Bürger des 19. Jahrhunderts erholten sich in ihrer Mußezeit in ihren Rosengärten. Die Wahrnehmung der Rosenblüte als besonderer Genuss zieht sich über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart hinein. In Konstanzer Gärten lassen sich aufgrund von Pflanzenresten, die in archäologischen Grabungen gefunden wurden, Gartenblumen erst nach 1300 nachweisen. Durch Funde belegt ist, dass man sich im <?page no="79"?> Nutz- und Ziergärten 79 späteren Mittelalter auf jeden Fall an Akelei, Gartennelke, Schleierkraut, Nachtviole, Blaustern und Hiobsträne erfreute. 131 Die luxuriöse Variante eines reinen Ziergartens, in dem die Pflege und das Kultivieren von Zierpflanzen zu einem beliebten Zeitvertreib wurde, konnten sich lange Zeit nur vermögende Bürger oder Klöster leisten. Für Mönche konnte die Pflege von besonderen Pflanzen zu einer Art von Meditation werden, wie es der Maler Nikolaus Hug auf seinem Bild 1829 festhält. Die Chorherren des Stifts Kreuzlingen vor den Toren von Konstanz scheinen fast andächtig ihrer gärtnerischen Tätigkeit nachzugehen. Ein anderer Klostergarten auf einer der Stadt vorgelagerten Insel verlockte den weitgereisten Landschaftskenner Heinrich Sander sogar zu folgender Vorstellung: Das Dominikanerkloster steht auf einer anmuthigen Insel, die der Rhein macht, hat einen hübschen Garten […] Dominikaner Mönche des Chorherrenstifts Kreuzlingen bei der Gartenarbeit Aquarell von Nikolaus Hug 1829 <?page no="80"?> 80 Nützliche und „lustige“ Gärten möchte ich eben nicht werden, aber da wohnen, […] das möchte ich, das sähe ich als eine grosse Glückseligkeit im Leben an! 132 Das ist ein großes Lob für den hübschen Konstanzer Garten, den der Besucher in seinen 1784 erschienenen Reisebeschreibungen extra erwähnt und als einen „locus amoenus“, einen lieblichen Ort, hervorhebt. Mit wachsendem Wohlstand pflegten auch die normalen Stadtbürger immer kunstvollere Ziergärten anzulegen. Dabei war es früher viel schwieriger als heute, dabei erfolgreich zu sein. Die Pflanzen mussten erst mühsam aus Samen gezogen oder durch Stecklinge herangezüchtet werden. Wenn dies nicht gelang, konnte man keine Ersatzpflanzen in einem Gartencenter nachkaufen. Doch seit der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich regelrecht eine bürgerliche Gartenkultur. Es erschienen Gartenzeitschriften, die sicher auch von manchen Konstanzern gelesen wurden, in denen man Pflanzanleitungen fand, aber auch neue Züchtungen vorgestellt wurden. Allmählich verbreiteten sich auch exotische Pflanzen, deren Samen oder Knollen man bestellen oder auch von Reisen mitbringen konnte. Hatte man einen prächtig blühenden Garten mit einer großen Pflanzenvielfalt, war man voller Stolz darauf und schmückte sein Heim mit bunten Blumensträußen. Für wohlhabendere Stadtbürger wurden die zunehmend nach ästhetischen Gesichtspunkten angelegten, großen Gärten zu gefragten Aufenthaltsstätten im Sommer. Wie selbstverständlich eine vom Haus aus zugängliche Gartenanlage für wohlhabende Bürger wurde, widerspiegelt sich in einer Puppenstube, die Mitte des 19. Jahrhunderts angefertigt wurde. Dieses beliebte Spielzeug bürgerlicher Mädchen bereitete sie auf ihr Leben als Hausherrin repräsentativer Räume in ihrem späteren Heim vor, wozu auch ein kunstvolles Gartenareal gehörte. Eine größere, repräsentative Gartenanlage, die ursprünglich zu einem Nonnenkloster gehört hatte, gestaltete Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts eine vermögende Adlige, die nach Konstanz gezogen war. Sie erwarb das Gelände des am Rheintor gelegenen, ehemaligen Klosters St. Peter an der Fahr, das schon Ende des 18. <?page no="81"?> Nutz- und Ziergärten 81 Jahrhunderts aufgelöst worden war. Die neue Besitzerin ließ nicht nur das alte „Stainhaus“ der Nonnen zu einem prächtigen Wohnhaus umbauen, sondern auch einen kunstvollen Garten anlegen. Dieser Garten mit Blick auf den Seerhein und die alte Rheinbrücke wurde zu einem Freizeitsalon für die gesamte der Stadtelite angehörende Familie, die sich hier gemeinsam vergnügte und jeden Sonntag im Gartenpavillon Kaffee trank. 133 Der Garten, der frühere Klosterfriedhof, war von einer Mauer umgeben und begrenzt von den beiden Türmen am Rheinsteig , dem Rheintorturm und dem Pulverturm. 134 Die Schriftstellerin Lilly Braumann-Honsell, 1867 in Konstanz geboren, war eine Großnichte dieser adligen Gartenbesitzerin und hielt gute hundert Jahre, nachdem der Garten bepflanzt wurde, fest: Heute noch steht das große Haus mit dem Garten, den ‚tante [sic! ] Joséphine‘ angelegt und in dem noch die herrliche Blutbuche steht, die sie selbst gepflanzt hat. 135 Gartenanlage in einer Überlinger Puppenstube, Mitte des 19 Jahrhunderts <?page no="82"?> 82 Nützliche und „lustige“ Gärten Eine solche kunstvoll gestaltete Gartenanlage erfordert neben großen Summen für die Anpflanzung einen dauerhaft hohen gärtnerischen Aufwand. Wenn man solche Orte besonderer Poetik schafft, dann sind das Projekte, die ihre volle Schönheit oft erst Jahrzehnte später entfalten. Dies gilt insbesondere für Arrangements mit Bäumen. Die Anlage solch prächtiger, privater Gärten steht im Zusammenhang mit einem Familienbild, bei dem die Angehörigen in Konstanz bleiben und die Garteninvestitionen ihrer Vorfahren genießen können. Eine herrliche Blutbuche wird nicht nur für einen selbst und seine eigene Generation gepflanzt. Auch deshalb werden heute keine solch aufwändigen, großen Gärten in bester Seelage mehr angelegt. Lilly Braumann-Honsell hatte nicht nur Zugang zu dem oben erwähnten Garten ihrer Tante am Rhein, sondern wuchs in einem Gartenparadies am See auf der Reichenau auf, das sie mit allen Sinnen wahrnimmt: Nichts weckt die Erinnerung so sehr wie Gerüche, das hat wohl jeder Mensch schon an sich selbst erfahren. Auch im alten Garten roch es besonders für unsere Nasen. Wenn die Sonne heiß auf den buchsbaumeingefaßten Kieswegen lag , dann flimmerte es über den Rabatten und duftete nach Lavendel, Pfefferminz und Sommerrosen. Und wenn ein schwüler, feuchter Augusttag war, so roch es nach überreifen Mirabellen und Zwetschgen süß und schwer und nach gefallenem Nußbaumlaub, ein wenig bitter. 136 Ein solcher Garten versorgte seine Bewohner nicht nur mit Essbarem und Blumenschmuck, sondern war ein lebendiger Ort, der sich im Jahresverlauf und je nach Wetterlage fortwährend veränderte und für die Betrachterin nie langweilig erschien. Auch der Dichter Eduard Mörike empfand große Gartenfreuden, als er sich in Egelshofen vor den Toren von Konstanz aufhielt. In einem Brief vom 1./ 2. Mai 1851 hält er mit Worten geradezu ein Gartenidyll fest: Dicht unter meinen Fenstern im Eckzimmer, am Weg nach Emishofen, Gottlieben u.s.f., liegt ein kleines Gärtchen mit Laube, von <?page no="83"?> Nutz- und Ziergärten 83 einem niedern schneeweißen Zaun umgeben, worin Aurikeln aller Art blühn. Sodann fangen Weinberge an, es folgt eine einsame Kelter, bei Hecken voll Bienengesumse, ein umgestürzter Most-Trog davor dient als ein angenehmer Sitz im Mittagschatten, wohin zuweilen Clärchen ihr Strickzeug mitnimmt. Und etwas später im Brief heißt es: Der Gukuk ruft aus den dichten Obstgärten heraus; wir hören ihn schon früh im Bett. 137 Der besondere Reiz dieses Hausgartens lag darin, dass er am Rand einer Bebauung den Blick in die vom Dichter besonders hervorgehobenen Weinberge ermöglichte. Die ins Auge fallende Schönheit von Gartenanlagen ist im 19. Jahrhundert so wichtig, dass selbst Industriebauten wie das 1862 errichtete Gaswerk mit einem Garten umgeben werden. Technische Anlagen und Natur schlossen sich nicht aus. Die bürgerlichen Ziergärten sind quasi Bestandteil der neuerbauten Villen, die Anfang des 20. Jahrhunderts in eine an der rechtsrheinischen Seeseite sich erstreckende Parklandschaft mit wenigen Landsitzen hinein gebaut wurden. Dabei plante man von vornhe- Offene Landschaft vor der Stadt um 1820, Blick von Tägerwilen aus Aquatinta von Johannes Hausheer <?page no="84"?> 84 Nützliche und „lustige“ Gärten rein Haus und Garten als ein Ensemble. Nur wenige dieser alten Gärten blieben in ihrer ursprünglichen Form bis heute erhalten. Die Wahrnehmung von Gärten hängt nicht nur von der Jahreszeit und der Witterung ab, sondern in die Betrachtung eines Gartens fließen auch sehr subjektive Stimmungen ein. In seinen autobiografischen Erinnerungen stellt der Schriftsteller Jacob Picard seine Gefühle dar, die er als Gymnasiast empfand, als er für ein Mädchen schwärmte und in Konstanzer Villengärten schaute: Der Sommerabend war schwer und schön in den offenen Straßen, die durch die Gärten, zwischen den Bäumen und all dem übrigen Wachstum hinliefen. Überall her kamen Düfte der Pflanzen in ihrer ersten Blüte. Die Glycinien hingen wie blaue Schleier über die Balkone, dunkelrote Pfingstrosen brüsteten sich aus den dichten Büschen ihrer Blätter am Rande der Beete um die kleineren Pflanzen her, um Goldlack, der schon gelblich war, späte Primeln und um erste Levkojen; und da und dort kam ein süßer Duftregen hoch Alter Konstanzer Villengarten <?page no="85"?> Nutz- und Ziergärten 85 von den hängenden Trauben der Akaziendolden, die vereinzelt in den Gartenecken standen. 138 Die Gefühle des Verliebtseins überträgt er in einer anderen Sommernacht auf den Garten, in den er hinausschaut. Die sinnliche Wahrnehmung des Gartens entspricht der inneren Stimmung des Jugendlichen und er fühlt sich der Schönheit des Gartens nahe, den er idealisiert: In der Nacht erwachte ich. Ein Frühsommerregen rauschte dicht herab vor dem offenen Fenster. Die Luft war kühl erfrischend, als ich mich hinauslehnte und das Wasser über den heißen Kopf strömen ließ. Aus den Holunderbüschen im Vorgarten, deren weißgelbliche Blütenteller wie unwirklich heraufleuchteten, kam der bittere, erregend kräftige Geruch. […] Ich breitete die Arme, so als gelte es, alles in sich aufzunehmen und mich mit ihm zu vereinigen: das heraufkommende himmlische Licht, das ganze Wachstum draußen und den Geruch der Pflanzen, die eins geworden mit allem, und es war eine unsichtbare Brücke, ein lebendiger Strom hinüber über die ganze Stadt zur Geliebten. 139 Parallel zu nach ästhetischen Kriterien und dem Geschmack des Gartenbesitzers geformten Ziergärten blieben die meisten Konstanzer Gärten auch noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein meistens eine Mischung aus Nutz- und Ziergärten. Vor allem in Notzeiten bewährte sich der Gemüseanbau im eigenen Garten als Ergänzung des Speisezettels. Dies zeigte sich zuletzt für viele Konstanzer nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Lebensmittel knapp waren; sie waren bereits mit Kriegsbeginn rationiert worden. Der Konstanzer Lehrer Herbert Holzer hält in seinem Tagebuch am 13.-Juli 1947 fest: Garten: Seit 5 Tagen das erste Fallobst, infolgedessen vorgestern auch das erste Apfelmus. - Die Rosen am Hauseingang sind verblüht. Es leuchten nur noch sechs bis zehn flatterige Spätlinge heraus. Tomaten zum Teil schon halbgroß. Sugetti und Gurken blühen. Himbeeren fast zu Ende, ebenso Johannisbeeren. Stachel- <?page no="86"?> 86 Nützliche und „lustige“ Gärten beeren in der Vollreife. Süßbirnen bereits gelb. Aprikosenbaum wirft Überfluß ab. Stangenbohnen blühen, Hockerbohnen schon dreimal geerntet. Tabak steht gut, bis zu 40 Zentimeter hoch. - Phlox blüht bereits. - In der Frühe meistens Herbstahnung erzeugende Stimmung. 140 Der Zeichenlehrer ist dankbar für die reifen Gartenfrüchte. Aber auch in der Zeit des Mangels an Lebensmitteln spürt man geradezu eine tiefe Liebe zu seinem Garten. Er findet in der schwierigen Nachkriegszeit darin nicht nur Nahrhaftes und Aussicht auf Rauchwaren, sondern schöpft aus ihm Trost und Freude. Die Pflege eines solchen Nutz- und Ziergartens erfordert einiges an gärtnerischem Einsatz. Um die teilweise mühsame Gartenarbeit zu umgehen, nehmen heutige Gartenstücke zunehmend eine pflegeleichte Form an. Es dominieren dann Rasenstücke und immergrüne Sträucher, was für Insekten und Vögel weniger Nahrung und Nistplätze bedeutet. Der neueste Trend geht sogar soweit, dass man auf Pflanzen verzichtet und seinen Garten mit verschiedenfarbigem Kies auffüllt. Aber auch wenn sich Hausgärten vermehrt in pflanzenarme, kleine Freizeitinseln verwandeln, gibt es weiterhin Gemüseanbau, wenn auch oft aus anderen Gründen als früher. Wer sein eigenes Biogemüse oder Obst erzeugt, tut dies aus gesundheitlichen Erwägungen heraus oder zum reinen Zeitvertreib. Es ist jedoch keineswegs selbstverständlich, dass man Gärtnern als Hobby in seiner Freizeit betreiben kann. Privates Gartenland fehlt zunehmend, da alte Gärten teilweise überbaut werden und bei Neubauten im Außenbereich oft keine ausreichende Gartenfläche vorhanden ist. Ein eigener Garten gilt in der dicht bebauten Stadt nicht mehr als selbstverständlich, sondern eher als Luxusgut. Dabei wurden Anfang des 20. Jahrhunderts Gartensiedlungen geradezu als idealtypische Stadtviertel propagiert und auch in Konstanz im Sierenmoos umgesetzt. Diese Siedlung, die nach dem Ersten Weltkrieg erbaut wurde, steht heute als Ensemble unter Denkmalschutz und deshalb sind die dortigen Gärten immer noch vorhanden. Für die momentane Stadtplanung steht die Beschaffung von mehr Wohnraum an erster Stelle, um ihrer sozialen Verantwortung <?page no="87"?> Nutz- und Ziergärten 87 gerecht zu werden. Infolgedessen dürfen private Gärten immer dichter überbaut werden, auch wenn Anwohner dagegen protestieren. Selbst Gärten im Eigentum der Stadt Konstanz, die früher aus sozialen Gründen günstig an ärmere, kinderreiche Familien verpachtet wurden, werden zugunsten von Bebauung aufgegeben. So wurden die großen Gärten der Haidelmoos-Siedlung aufgrund städtischer Verwaltungsvorgaben geteilt und zu Bauland deklariert. Der damals für die Planung zuständige Baubürgermeister befand, dass an Gemüseanbau und folglich an größeren Gärten künftig kein Bedarf mehr bestehe. Daran lässt sich der eklatante Wandel festmachen, wie städtisches Gartenland eingeschätzt und genutzt wird. Auch wenn man Gartenland nicht mehr braucht, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, nutzen es die heutigen Konstanzer aus anderen Gründen. Die große Nachfrage in der Bevölkerung nach Schrebergärten auf städtischem Gebiet zeigt, dass Gärtnern ein beliebtes Hobby gerade auch von jungen Familien ist, weil sie oft in Wohnungen leben, die keinen unmittelbaren Zugang zu Stadtgrün oder zu einer eigenen Terrasse haben. Der natürliche Jahreskreislauf wird hier sinnlich erlebbar und für Kinder ist dieser Kontakt mit Pflanzen und den im Garten lebenden Tieren ein Leben lang prägend. Das kann keine Computeranimation ersetzen. Somit sprechen soziale Gründe nicht nur für Bebauung, sondern auch für den Erhalt von Gärten. Gärten in der Sierenmoos-Siedlung (Grünenbergweg) um 1930 <?page no="88"?> 88 Nützliche und „lustige“ Gärten Diesen Gedanken greift eine neue Bewegung auf, der sogenannte Agrarian Urbanism, die dem Thema Nahrung einen wichtigen Platz in der Gemeinschaft einräumt und den gemeinsamen Anbau von Nahrungsmitteln vor Ort fordert. 141 Gemüse und Obst sollen auf städtischen Grundstücken angebaut werden, die für alle zugänglich sind und wo sich jeder damit versorgen kann. In Konstanz wird dieses Anliegen unter dem Namen „Essbare Stadt“ geführt und ist in der verdichteten Stadt nicht leicht umzusetzen. Es fehlt an öffentlichen Flächen, die dafür geeignet sind und nicht für andere Zwecke benötigt werden, sodass man sogar darüber diskutierte, ob man trotz der gesundheitsschädlichen Emissionen Verkehrskreisel einbeziehen könnte. Das Projekt der Gemeinschaftsgärten startete im Frühjahr 2017 auf einem städtischen Areal vor dem Konventbau des ehemaligen Klosters Petershausen, auf dem in den 1980er Jahren passend zu dem Barockgebäude ein formaler Garten angelegt worden war. Auf einem Teil der öffentlichen Gartenanlage entfernte man die mit Buchsbaum umrandeten Rosenbeete und legte stattdessen 28 Gemüsefelder an. Auf diese Weise gewann man zwar einen Gemeinschaftsgarten, gleichzeitig verlor man aber einen öffentlich zugänglichen Ziergarten, an dessen Anblick sich viele erfreut hatten. Entsprechende Reaktionen gab es in der Bevölkerung, wo sich jemand von dem teilweisen Kahlschlag enttäuscht zeigte. Andererseits begrüßte eine Vertreterin vom BUND die Umwidmung des Stadtgrüns und sieht darin sogar einen Vorbildcharakter, wie man Grün in der Stadt anders gestalten kann. 142 Archäologisches Landesmuseum und Stadtarchiv, die beiden Nutzer des Gebäudes, zeigten sich wenig erfreut über die nicht kommunizierte Umnutzung eines Teils des Klostergartens. Bahnt sich hier ein Interessenskonflikt an? Als weitere Form von gemeinsamer Gartenbewirtschaftung gibt es in Konstanz zwei sogenannte „Interkulturelle Gärten“. Seit 2011 wird ein kleinerer Garten von 320 m² in einem internationalen Quartier „interkulturell“ gepflegt und geerntet. Und ein noch viel kleinerer Garten mit nur drei Gemüsebeeten wird vom selben „Verein Miteinander“ seit 2015 gemeinsam mit Flüchtlingen unterhalten. 143 Durch gemeinsames Gärtnern soll ein Beitrag zur Integration geleistet werden. Auch sonst begegnen sich in städtischen <?page no="89"?> Parkanlagen 89 Schrebergärten inzwischen verschiedene Nationen, wie die Beflaggung erkennen lässt. Parkanlagen Ein Park ist ein „Lustgarten“, der sich von der umgebenden Natur deutlich abgrenzt und meistens auf ein größeres Gebäude bezogen ist. Wer sein Land in einen Park umgestaltet, formt dieses Stück Natur nach ästhetischen Gesichtspunkten und verwirklicht darin seine Vorstellungen von einem kunstvollen Naturraum. Gestaltungselemente sind Pflanzen, Wege, Architekturteile oder Statuen, die nach vorgegebenen Mustern arrangiert werden. Ein weiterer, oft zentraler Bestandteil eines Parkareals ist Wasser in unterschiedlicher Form, etwa als Fontäne oder künstlicher Wasserlauf. Ein Park will beeindrucken und repräsentiert immer auch den Status seines Besitzers, nach dessen Vorlieben er ausgerichtet ist: Den Besitzern […] und den Architekten, die die Anlagen schufen, ging es darum, bei den Menschen, die im Garten lustwandelten, verschiedene Empfindungen hervorzurufen; daher legte man sonnige und schattige, trockene und feuchte, kühle und warme Plätze an, eine heiße Terrasse mit Aussicht und die klamme Grotte, in die man sich zurückziehen konnte. 144 Die Anlage und Unterhaltung eines Parks erforderte viel Zeit und hohe finanzielle Mittel. Ein kunstvoll geschaffener Naturpark war Ausdrucksform der in der jeweiligen Zeit herrschenden Vorstellungen von idealer Natur und kulturellen Leitlinien. Wer die Mittel für einen Park aufbrachte, gehörte zur Elite und teilte die zeitgenössischen Vorgaben. In der Renaissancezeit wurde ein Park nach geometrischen Formen entwickelt, Beete und Wege entsprechend angelegt, Bäume nach linearen Perspektiven platziert und Hecken in die vorgegebene Form geschnitten. Ganz anders sieht ein Landschaftspark im 19. Jahrhundert aus, der sich an der offenen Landschaft orientierte und bei der Pflanzung von Bäumen und Wegen natürliche Formen nachzeichnete. <?page no="90"?> 90 Nützliche und „lustige“ Gärten Begibt man sich in Konstanz auf Spurensuche nach Parks, sind die ursprünglichen Anlagen längst verschwunden. Auch wenn sie nicht überbaut werden, bleiben Areale der Gartenkunst nicht lange erhalten. Denn nur wenige Pflanzen erreichen ein hohes Alter und werden oft durch andere Sorten ersetzt. Zwar können Bäume sehr alt werden, wachsen aber nicht nach planerischen Vorgaben, sodass sie fortwährend in die vorgesehene Form gebracht werden müssen. Überhaupt verlangt der Erhalt eines Parks intensive Gartenarbeit, die schnell nicht mehr finanzierbar ist. Erstaunlicherweise entstand schon seit dem 14. Jahrhundert auf der rechten Rheinseite zwischen Petershausen und Hinterhausen zwischen lockerer Bebauung eine Parklandschaft am Uferbereich, die sich von den Rebflächen an den oberhalb gelegenen Hängen absetzte. Wie kam es dazu? Die Anlage dieser weitläufigeren „Lustgärten“ steht in engem Zusammenhang mit Landgütern, auf denen sich wohlhabende Konstanzer vor der Stadtmauer ein „sumerhus“ (= Sommerhaus) erbauten. Ihren im Leinenhandel gewonnenen Reichtum investierten sie in große Landsitze im Grünen: Im Jahre 1399 besaß z.B. die „Geschlechter-Familie“ von Tettikoven dort draußen am Seeufer ein festes Haus mit einem Belfried, d.h. mit einem Turm, die beide innerhalb eines Weihers standen, d.h. nichts anderes als eine Wasserburg. 145 Die Patrizier verbrachten die Sommermonate in dem schönem Ambiente ihres Sommerhauses inmitten der Natur. Sie gingen dort nicht nur ihrem Vergnügen, sondern auch Geschäften nach, wie Heinrich von Altdorf, der 1294 eine Urkunde in seinem Sommerhaus ausstellte. 146 Die mittelalterliche Parkanlagen dieser Patrizier sind zwar nicht mehr in der Natur auffindbar, doch zeigt die idealisierte Darstellung einer Gesellschaft in offener Landschaft auf einem erhalten gebliebenen Wandgemälde, welche Bedeutung das städtische Umland damals hatte. <?page no="91"?> Parkanlagen 91 Das Bild, das um 1470 entstanden ist, befand sich im Haus „zum hinteren Pflug“ der bekannten Konstanzer Patrizierfamilie Blarer, die ihr Haus in der Münzgasse mit diesem Motiv schmückte, was bei einer Größe von 3,60 auf 1,60 Meter nicht zu übersehen war. 147 Die abgebildete Natur wirkt zwar wie bei Theaterkulissen nach idealen Vorstellungen kombiniert, legt aber reale Gegebenheiten zugrunde. Die vermögende Familie wählte als Bildmotiv das gesellige Zusammensein von selbstbewussten Frauen und Männern, die sich in und vor einer schönen Landschaft beim Kartenspiel unter Lautenklängen vergnügen. Die festlich gekleidete Gesellschaft trifft sich in einem ummauerten Garten, der an eine Flusslandschaft mit dahinterliegenden Hügeln grenzt. Im Mittelpunkt des stilisierten Gartens befindet sich ein gotischer Brunnen und eine Art Aussichtsturm auf die Umgebung. Der Blick vom Garten geht auf eine vom Menschen gestaltete Landschaft, wo auf Anhöhen größere, teilweise mit Türmen bewehrte Anlagen zu sehen sind, die von dichten Baumgruppen umgeben sind. Dazwischen liegen Lichtungen, von denen aus man die Schönheit der Natur genießen kann. Die Sommerhäuser veränderten die Landschaft am Seeufer. Aus feuchten Wiesen oder Waldstücken wurden Parkareale mit blühenden Pflanzen und Bäumen, die keine Erträge bringen mussten, sondern deren Wuchsform und Blätterfarbe gefallen sollten. Diese Landschaft diente dem eigenen Vergnügen, aber auch dem Repräsentieren, wenn man dort Gäste empfing. Im Jahre 1474 kam ein Gartenanlage mit Blick auf offene Parklandschaft Ölgemälde auf Bohlenwand, Konstanz um 1470 <?page no="92"?> 92 Nützliche und „lustige“ Gärten Patrizier aus Halle durch die Stadt, als er sich von einer Pilgerfahrt nach Südfrankreich auf dem Heimweg befand. Er genoss für einige Zeit die Gastfreundschaft eines aus dem Konstanzer Patriziat stammenden Zürcher Chorherren und berichtete von Sehenswürdigkeiten der Stadt. Dabei hatte er auch einen Blick für die Stadtlandschaft und hielt sich gerne im Garten seines Gastgebers auf. Offensichtlich lernte er auch die „Lustgärten“ bei den Sommerhäusern vor der Stadt kennen, über die er notierte, dass die burgere vor der stad [...] lustige garten [= Lustgärten, M.S.] besäßen. 148 Der berühmte Humanist Erasmus v. Rotterdam nahm 1522 eine Einladung in Konstanz an, wo er sich mit Mitgliedern des Konstanzer Humanistenkreises traf. Er hielt sich drei Wochen lang bei dem Konstanzer Domherren Johann von Bozenheim auf, einem Manne, dem meines Erachtens an Güte und Redlichkeit nur wenige gleichkommen. […] In der Sommerwohnung , die mein Gastfreund für mich hatte zurichten lassen, war nahe beim Tisch ein Gemälde von Paulus […] Doch ich breche ab, denn man hätte zehn Tage zu tun, um alles Vorzügliche und Sehenswerte dieses Hauses gebührend zu betrachten 149 . Erasmus äußert sich in seinem Brief geradezu elegisch über das Sommerhaus seines Gastgebers und beschreibt die Gemälde sehr genau. Er lobt ausführlich die reichhaltigen Mahlzeiten und zählt die vornehmen Gäste auf, die zu Gesprächen in das im Grünen gelegene Sommerhaus kamen und mit ihm diskutierten. Allerdings erwähnte er die Landschaft, in der er sich befand, nur am Rande: Den Reiz des Ganzen erhöht noch die Lage des Ortes. Konstanz liegt nämlich an einem großen See, der sich mehrere tausend Schritte weit in die Länge und Breite erstreckt und äußerst angenehme Ausblicke bietet. Die Schönheit der Lage wird durch die bewaldeten Berge vermehrt, die nah und fern zu sehen sind. 150 Die Landsitze der Patrizier und hohen Kleriker waren Erholungsorte, wo man sich in einem prächtig ausgestatteten Gebäude, aber genauso in der freien Natur des „Lustgartens“ aufhielt und Gäste <?page no="93"?> Parkanlagen 93 einlud. Eine solche Landhauskultur entwickelte sich schön früh im Umkreis der oberitalienischen Städte, wo kunstvolle Gartenanlagen entstanden. Italienische Gartenkunst könnte für Konstanzer Patrizier tatsächlich als Vorbild gedient haben, da sie mit oberitalienischen Städten, vor allem mit Mailand, 151 Handel trieben. Eine realistische Schilderung, wie eine solche aussah, findet sich in der Literatur. Boccaccio beschreibt in seinem Werk „Decamerone“ einen ummauerten Garten im Umland von Florenz, wo es Schatten spendende Lauben, mit duftenden Rosen umsäumte Wege und in der Mitte einen Brunnen mit einer Fontäne gibt. Dort suchten zehn junge Menschen Zuflucht, als sie 1348 vor der Pest flohen, die in Florenz wütete. Die Schönheit des kunstvoll gestalteten Naturraumes bot ihnen Trost in dieser bedrohlichen Situation. Die in einer Erzählung einem „Lustgarten“ zugeschriebene Schutzfunktion suchten Konstanzer Anfang des 17. Jahrhunderts tatsächlich in ihren „Sommerhäusern“ und „Lustgärten“. Als sich 1611 die Pest in der Stadt ausbreitete, zog sich die Stadtelite auf ihre Landsitze zurück. Darunter befanden sich viele Mitglieder des Kleinrates und ihre Familien, die hofften, in der Natur einer Ansteckung zu entgehen. Die meist zum Tod führende Krankheit löste Panik aus und es kam zu einem Aufsehen erregenden Zwischenfall. Bewohner von Petershausen trieben den reichen Kaufmann Anton Oleon über die Rheinbrücke in die Stadt zurück, der aus der Stadt in sein rechtsrheinisch gelegenes Sommerhaus fliehen wollte. Sie hofften dadurch eine Verbreitung der Seuche in ihrem Vorort zu verhindern. 152 Im 19. Jahrhundert entstanden vor allem auf der rechtsrheinischen Uferseite neue Parkanlagen. Ein Beispiel dafür ist der Park des Domherrn Johann Paul Reichsgraf von Thurn und Valsassina zu Berg, der auf einem 1816 erworbenen alten Rebgut - heutiges Areal der Schmiederkliniken - verwirklicht wurde. Direkt vor dem neu erbauten Landhaus des Domherrn, das von künstlich gestautem Wasser umgeben war und damit auf einer kleinen Insel lag, befand sich der „pleasure ground“, d.h. ein formal gestalteter Parkteil, der wie ein erweiterter Raum von der Architektur des Bauwerks in die Natur überleitete. Von da aus konnte ein Gartenbesucher auf verschlungenen Wegen durch den daran anschließenden Landschaftsgarten spazieren, wo sich ihm immer neue Aus. <?page no="94"?> Landhaus und Park des Grafen Thurn Kolorierte Radierung von Nikolaus Hug 1829 94 Nützliche und „lustige“ Gärten blicke eröffneten. Dieses Konzept wollte eine natürlich entstandene Landschaft vorgeben, obwohl alles durchgeplant war und die Pflanzen entsprechend angeordnet und beschnitten wurden. Zudem enthielt der Park auch Architekturelemente wie einen kleinen Tempel (Monopteros), ein Landhäuschen und eine Eremitage. Die Gestaltungsform und Nutzung des Thurn’schen Parks erinnert an den ältesten Landschaftspark auf dem europäischen Kontinent in Wörlitz-Dessau, den Fürst Franz von Dessau seit den 1760er Jahren nach intensiven Studien in England auf seinem Territorium anlegen ließ. Bei einem Parkbesuch 1778 urteilt Goethe sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. 153 Der Fürst öffnete seinen Schlosspark für die Bevölkerung, die sich an der ideal gestalteten Natur erfreuen konnte, aber auch entsprechend dem Zeitgeist der Aufklärung bilden sollte. Ebenso freizügig verhielt sich der Domherr von Thurn, der mit seinem Park einen erlaubten Genuß des Lebens 154 anstrebte und diesen <?page no="95"?> Parkanlagen 95 mit der Öffentlichkeit teilen wollte. Die Konstanzer konnten zu seinem Park spazieren, der auf der einen Seite den Blick auf den See und die dahinter liegenden Berge und auf der anderen Seite in die offene Reblandschaft ermöglichte. Sie freuten sich über die vielfältige Pflanzenwelt und erweiterten dabei gleichzeitig ihr Wissen über fremde oder antike Kulturen. Selbst nach dem Tod des Gartengründers 1832 besuchte man weiterhin den Thurnschen Park. In einem Roman, der Mitte des 19. Jahrhunderts erschien und dessen Autor Carl Spindler in Konstanz gelebt hat, wird die Handlung eng an das historisch fassbare Stadtleben angelehnt. Der Erzähler lässt eine Gruppe von Höhergestellten aus Adel und Bürgertum zu dem ehemaligen Thurnschen Anwesen am See entlang promenieren: Wenn man, über die Rheinbrücke schreitend, Konstanz verläßt, und rechts am See hinaufgeht, geräth man auf einen äußerst angenehmen Fußweg , der durch grünes Gebüsch, an ein paar ländlichen Wohnungen und an dem so heimelich gelegenen Gebhardsbrünnele vorbei schleicht. […] Neben dem bescheidenen Käntle [= Landgasthaus, M.S.] prunkt in einem etwas vornehmen Gewande ein Landgut mit einem geräumigen Herrenhause, einem Fantasieschlößchen - leider in sumpfiger Tiefe gelegen, sonst wär´s schöner als das Herrenhaus mit Garten, Rebgeländen, Wirthschaftshäusern und Ställen - kurz ein ländliches alles in allem. In früheren Zeiten einem Grafen Thurn gehörig , der ein Domherr des Konstanzer Stifts gewesen, ists in späteren Zeiten in andere, dritte, vierte Hände gerathen 155 . Auch fremde Reisende kannten diese Konstanzer Attraktion, so 1827 der Schriftsteller Gustav Schwab. Er lobte die neue Gartenanlage, durch die der unfruchtbare Hügel […] in einen Schattengang , die sumpfigste Wiese in ein Wasserbehältniß, das Ganze in einen Lustgarten umgestaltet 156 worden sei. <?page no="96"?> 96 Nützliche und „lustige“ Gärten Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts entstanden am rechten Seeufer immer mehr Parkanlagen. Die Auswahl an Pflanzen war damals schon reichhaltig und ermöglichte kunstvolle Arrangements: Das 19. Jahrhundert bescherte den Gärtnern eine unüberschaubare Fülle neuer Pflanzen und Bäume. Sammler hatten rund um den Globus hunderte gartenwürdiger Arten zusammengetragen und Züchter unzählige neue Sorten entwickelt. […] Das Herausstellen der Individualität und Eigenart einzelner Bäume sowie die gezielte Farbkombination waren das zentrale Anliegen der Gartengestalter. 157 Auf dem rechten Ufer von der Rheinbrücke nach Westen wurden am Seerhein mit zunehmender Industrialisierung, die in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts durch den Beitritt Badens zum Zollverein einsetzte, Fabriken erbaut. Die Lage am Rhein war gefragt, da sie einen direkten Zugang zum Wasser bot, das man bei der Produktion oder Entsorgung benötigte. Dort gelegene Landgüter wurden Parklandschaft auf der rechten Rheinseite um 1875 <?page no="97"?> Parkanlagen 97 aufgegeben und an Unternehmer verkauft. So übernahm ein Baron Hoggeur das Laubersche Gut und gründete dort eine Fabrik. 158 Doch bedeutete die Ansiedlung von Industrie auf einer Fläche damals nicht, dass das Grün bei dieser Nutzung verschwand. Sogar eine Parklandschaft vertrug sich damit, was folgendes Beispiel zeigt. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts hatte der aus Genf emigrierte Fabrikant Schlumberger westlich von Petershausen das am Rhein gelegene Landgut „Zur Schneckenburg“ übernommen, um eine Indiennemanufaktur zu bauen. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde sie von den aus Aarau stammenden Brüder Herosé übernommen und als Appreturenfabrik weiter geführt. 159 Die Fabrikantenfamilie wohnte bei ihrer Fabrik und ließ um ihre Villa einen Park anlegen. An den prachtvollen Bäumen am Seeufer konnte sich nicht nur die Industriellenfamilie erfreuen, sondern über lange Zeit hinweg auch Konstanzer Bürger, wenn sie am Seeufer entlang spazierten. Villa Herosé mit Park Foto der Familie Wolf um 1895 <?page no="98"?> 98 Nützliche und „lustige“ Gärten Erst in der Gegenwart wurde der sogenannte Herosé-Park, der nach der Firmenauflösung Ende des 20. Jahrhunderts in städtische Hände übergegangen ist, weitgehend überbaut. Ein kleiner Rest blieb als öffentliches Grünareal erhalten. Stand dort im 19. Jahrhundert neben Fabrikgebäuden eine Villa in einem großen Park, gibt es heute viele, private Eigentumswohnungen mit sehr kleinem öffentlichen Parkrest, dessen intensive Nutzung zu Konflikten zwischen Anwohnern und laut Feiernden führt. Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts hörte auch allmählich die Jahrhunderte alte Tradition auf, dass reiche Stadtbürger einen Teil ihres Vermögens in einen Landsitz vor der Stadt investierten, zu dessen festem Bestandteil eine dem Vergnügen dienende Grünfläche mit besonders ausgewählten Pflanzen gehörte. Um 1900 legte ein Konstanzer Stadtrat namens Marrendt an der Schweizer Grenze neben seinem Haus einen Tierpark an, in dem unter Bäumen Gehege für Rehe, Kaninchen und Fasane umzäunt waren, deren munterem Treiben 160 die Konstanzer zuschauen konnten. Der Parkgeschmack hatte sich gewandelt. Nicht mehr griechische Tempelchen zierten die Naturanlage, sondern Familien mit Kindern schauten den Tieren zu. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden Parkanlagen bei Hotels, die explizit für Erholung suchende Gäste geplant werden. Der zunehmende Tourismus zog Hotelneubauten nach sich und sogar die Stadt Konstanz unter Federführung des liberalen Bürgermeisters Max Stromeyer beteiligte sich an diesem Bauboom. 1875 wurde das Bad-Hotel eröffnet, das freilich schon ein Jahr später Konkurs anmelden musste. Es befand sich auf dem großen Landschaftsareal eines ehemaligen Landgutes direkt am rechten Seeufer. Der Prachtbau, der sich in die offene Parklandschaft am See einfügte, wurde von einem privaten Investor als „Konstanzer Hof “ weitergeführt. Zu dem Hotel gehörte ein sich zum See öffnender Park. Die Anlage war auf den Haupteingang hin zentriert, vor dem eine Fontäne hochschoss. Die Wege verliefen nicht gerade, sondern sie sollten die Gäste zum Verweilen bringen, da sie in Verschwenkungen durch die Grünfläche führten. Die Grünfläche wurde mit solitär stehenden Bäumen aufgelockert. Sitzecken und ein großer Pavillon machten einen Aufenthalt im Freien attraktiv. <?page no="99"?> Parkanlagen 99 Bei Föhn konnte man von hier aus nicht nur auf den See und die Altstadt, sondern auch noch auf das Panorama der Alpen blicken. Trotzdem erwies sich der Hotelbetrieb als nicht rentabel. 1890 errichtete man dort die „Heilanstalt für Nervenkranke - Constanzer Hof “, die nur wenige Jahre später von dem Internisten Theodor Büdingen übernommen und als Sanatorium weitergeführt wurde. Der für vermögende Hotelgäste angelegte Park blieb erhalten und diente über viele Jahre zur Regeneration von Kranken. Nach der Schließung des Klinikbetriebes wurde das Gebäude 1972 abgerissen. Doch bis heute gibt es noch die inzwischen verwilderte Parkanlage mit ihrem dichten, alten Baumbestand. Der heutige Eigentümer darf das wertvolle Grundstück am See nicht einfach nach Gutdünken bebauen, da die Stadt Vorgaben macht, um einen möglichst großen Teil des Parks zu erhalten. Im Juli 2017 wurde ein Baugesuch für ein 25 Meter hohes Hotelgebäude und einen höchst umstrittenen Hubschrauberlandeplatz eingereicht. 161 Wie weit diese Pläne umgesetzt werden, ist offen. Denn in den letzten Jahrzehnten ist der ökologische Wert des in Privatbesitz befindenden Parks, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, erkannt worden. Eine Bürgerinitiative setzt sich vehement für den Erhalt des ungepflegten Geländes mit vielen alten Büdingen-Park um 1916 Lithographie auf einer Postkarte <?page no="100"?> 100 Nützliche und „lustige“ Gärten Bäumen ein, weil sie darin eine grüne Oase für Menschen und darin lebenden Tieren in einem Wohngebiet sieht. Ab dem 20. Jahrhundert werden keine große Parkanlagen mehr im Stadtgebiet verwirklicht. Eine der letzten wurde noch am Ende des 19. Jahrhunderts direkt am See von einem ehemaligen preußischen Minister geschaffen. Dieser ließ sich beim großzügigen Wohnhaus von einer Wasserburg inspirieren und bestückte den dazu gehörenden Park mit alten Ruinen unter sorgfältig ausgewählten Bäumen. Für die Enkelin des Bauherren und Tochter des Dichters Wilhelm v. Scholz Irmgard, 1897 geboren, war der künstlich geschaffene Naturpark etwas Selbstverständliches. 1907 schrieb sie als Kind in ihr Aufsatzheft, wie die Familie des Ministers dort lebte: Büdingen Park 2017 <?page no="101"?> Parkanlagen 101 Wenn wir im Sommer da sind, so wohnen wir bei unseren Großeltern in der Nähe von Konstanz. Meine Großeltern besitzen ein Schloss; das liegt in einem Park, der gehört auch ihnen. Sie besitzen auch ein kleines Landhaus, das ganz mit wildem Wein umrankt ist. Es liegt außerhalb des Parkes. Es ist mehr Feld, Wiese und Acker als Park. […] Morgens stehen wir auf und essen Frühstück; dann arbeiten wir mit Mama. Wenn wir fertig sind, so gehen wir in das Luftbad, was sich in der Nähe des Sees auf einer Wiese befindet. Es gehört auch unseren Großeltern. Das Luftbad geht in zwei Teile abzuteilen; in dem einen sind wir und Mama. Mama hat ein Lufthemd an; wir hatten früher keins an. Wenn wir diesen Sommer hinkommen, so ziehe ich manchmal eines an. Ich gehe aber lieber ohne Lufthemd, weil man sich da viel freier bewegen kann. In dem anderen Teil ist [vom Lehrer durchgestrichen, M.S.] sind unser Großvater und unsere Großmutter. 162 Das Mädchen genoss besonders den Teil des Parks mit Luftbad, wo sie, ihr Bruder und ihre Mutter, getrennt von den Großeltern, ein Sonnenbad nehmen konnten, gut geschützt vor allzu neugierigen Blicken. Sich leicht bekleidet in der Natur aufzuhalten, galt in jener Zeit als sehr fortschrittlich. Die Wohlhabenden konnten sich in ihrem privaten Refugium über die damals strengen Badesitten hinwegsetzen. Die Parkkultur der Begüterten ging im Laufe des 20. Jahrhunderts sehr zurück. Einige Parks wurden unterteilt und darauf Villen gebaut, sodass nur noch Reste in Form von Gärten erhalten sind, die sich im heutigen Musikerviertel befinden. Andere wurden ganz aufgegeben. Ein privater Park ist heutzutage eine Rarität, zumal keine neue entstehen. Wenn keine privaten Parkanlagen mehr geplant werden, liegt das nicht nur an den hohen Kosten und fehlenden Landflächen, sondern auch an der Wertschätzung. Private Parks sind für Reiche angesichts einer bis dato beispiellosen Mobilität ein verzichtbarer Luxus, für den man sein Geld nicht ausgibt. Eine solche Investition bringt nicht nur keinen ökonomischen Gewinn, sondern verursacht sogar laufend Kosten. So erscheint dieses städtische Landschaftselement in der Zukunft nur dann gesichert zu sein, wenn Parks in öffentlicher Hand sind und Stadtbürger ihren Erhalt als unverzichtbar von der Stadtverwaltung einfordern. <?page no="103"?> Öffentliches Stadtgrün Ein Stadtgebiet war und ist nie nur aufgeteilt in Parzellen, die in privatem Besitz sind. Schon die Bewohner einer griechischen Polis in der Antike versammelten sich auf dem Marktplatz, um politische Entscheidungen zu diskutieren, und hielten Heeresversammlungen auf einem großen öffentlichen Platz ab. Öffentliche Begegnungsstätten waren der politische Kitt, der die Stadtbürger zusammenhielt. Das gilt auch für die Stadt Konstanz seit dem Mittelalter bis heute, wo es öffentliche Orte in freier Natur gab und gibt. Plätze und Freizeitgelände Die Altstadt von Konstanz gruppierte sich im Mittelalter geradezu um zentrale Plätze, die bei Straßenkreuzungen öffentlichen Raum für unterschiedliche Bedürfnisse der Bürger boten. Waren sie über Obermarkt Stahlstich um 1860 <?page no="104"?> 104 Öffentliches Stadtgrün lange Jahrhunderte oft ungepflastert, sind heute fast alle versiegelt und zumindest in bestimmten Zeiten für den Verkehr freigegeben, sodass sie den Bürgern nicht immer als Begegnungszonen zur Verfügung stehen. Die vielleicht wichtigste Funktion eines mittelalterlichen Platzes war die Abhaltung von Märkten. Denn Stadtleben war ohne Marktplätze, wo Waren angeboten und gekauft wurden, undenkbar. Der Namen eines Konstanzer Platzes - Fischmarkt - verweist auf seine ursprüngliche Funktion, bietet heute aber sehr verkleinert nur noch Raum für einen Brunnen vor der stark befahrenen Einfahrt zu einem Parkhaus. Der eigentliche Platz wird nur noch als Straße genutzt (heutige Zollernstraße). Der älteste Marktplatz, der um das Jahr 900 von Bischof Salomon III. gegründet wurde, lag im Osten vor der Stefanskirche. Noch heute wird auf dem Stefansplatz - allerdings nur zweimal in der Woche - mitten in der Altstadt ein Markt abgehalten, auf dem sich die Konstanzer mit frischem Gemüse, Obst und anderen Lebensmitteln eindecken können. An diesen zwei Vormittagen gehört der versiegelte Platz den Marktleuten und wird für den Verkehr gesperrt. Der Obermarkt (s. Abb. auf S. 103) war im Mittelalter als Gerichtsstätte besonders wichtig, da der Reichsvogt hier seine Urteile fällte. Die Stadt besaß das Privileg der Blutgerichtsbarkeit, sodass in manchen Fällen ein Todesurteil auf diesem öffentlichen Platz gleich vollstreckt wurde. Auch wer zur öffentlichen Schaustellung verurteilt wurde, erlitt diese Demütigung auf dem Obermarkt, wo der Pranger stand. In der Erntezeit diente der Platz im späteren Mittelalter dazu, dass man dort Tagelöhner anwerben konnte. Er hatte also auch eine wirtschaftsrelevante Funktion. Zudem war er Schauplatz von politischen Auseinandersetzungen. In der ältesten Stadtchronik wird von Zunftaufständen im 14. Jahrhundert berichtet, bei denen es dort zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen bewaffneten Patriziern und aufständischen Zünften kam. 1370 unterlagen die Patrizier und wurden als Feiglinge verspottet, weil sie fluhend zu den kindbettern und nahmen frowenmentel um sich, etlich hießent sich beschließen in ain tubenschlag , etlich vergruben sich unter bettstroh 163 . <?page no="105"?> Plätze und Freizeitgelände 105 Heute wird der Platz nur noch friedlich genutzt von vielen Fußgängern, die hier durcheilen, und im Sommer von Gästen eines nahe gelegenen Restaurants. Und jedes Jahr findet an Fasnacht in Anlehnung an die Geschichtstradition ein unterhaltsames Narrengericht statt. Es gab über lange Zeit weitere, kleinere Plätze in der Stadt, auf denen man sich am Feierabend oder in anderen Mußestunden traf. Sie sind meistens überbaut oder in Verkehrsflächen einbezogen worden, sodass grüne Ruheoasen mit ein paar Bänken in der Stadt weitgehend verschwunden sind. Dies trifft auch auf den zentralen Platz in der in den 1920er Jahren erstellten Gartensiedlung Sierenmoos zu, der nicht nur als Treffpunkt geplant wurde, sondern auch Einkaufsmöglichkeiten vor Ort bot. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Der bedeutendste Platz der Altstadt, die Marktstätte, ist heute versiegelt und baumlos. Hier finden noch ab und zu Kunstmärkte statt und der alljährliche Weihnachtsmarkt. Anlässlich der Konstanzer Straßenfasnacht wird der Platz jedes Jahr von Narren bevölkert, die auf der Straße „schnurren“, was auf eine alte Tradition zurückgehen soll. Platz an der Linde im Sierenmoos 2017 <?page no="106"?> 106 Öffentliches Stadtgrün Der Platz könnte die politische Stadtgeschichte erzählen. So feierte man im Kaiserreich auch in Konstanz am 2. September 1895 den Tag von Sedan und erinnerte an den Sieg über Frankreich, der 25 Jahre zurücklag: Um 10 Uhr bewegte sich sodann ein Festzug durch die Stadt, wie ihn Konstanz wohl noch selten gesehen hat […] durch die dichtbesetzten Straßen zum Kriegerdenkmal auf der Marktstätte 164 . Auch die Nationalsozialisten entdeckten für ihre Aufmärsche schon früh die Marktstätte, auf der sie ihre Macht demonstrierten. Heute versammeln sich noch ab und zu Bürger zu politischen Kundgebungen auf dem großen Platz im Freien. Er ist jedoch vor allem Zentrum des politischen Lebens, wobei ein Teil der Fläche zunehmend kommerziell betrieben wird. Zur Zeit diskutieren die Konstanzer Bürger über eine Neugestaltung ihrer Marktstätte, u.a. auch darüber, ob man Bäume pflanzen soll. Fasnachtsumzug 1893 auf der Marktstätte <?page no="107"?> Plätze und Freizeitgelände 107 Es gibt einen Platz, der im Mittelalter viel wichtiger war und heute kaum mehr wahrgenommen wird, der Obere Münsterhof. Damals war die Freifläche vor dem Amtssitz des Bischofs deutlich größer und bevölkerter. Der Bischof gab dort großartige Empfänge für seine bedeutenden Besucher und sogar Turniere mit vielen Gästen wurden auf dem Hof vor der Bischofspfalz veranstaltet. Hier versammelten sich die Konstanzer Bürger, wenn sie dem Bischof und König ihren Treueeid schworen. 165 Derselbe Ort ist heute eine grüne Stadtoase, die abseits des Getümmels liegt. Nicht nur für Erwachsene spielte sich ein Teil ihres gesellschaftlichen Lebens in öffentlicher Stadtnatur ab. Auch Kinder hielten Oberer Münsterhof 1892 <?page no="108"?> 108 Öffentliches Stadtgrün sich viel im Freien auf Plätzen und Straßen auf. Der Konstanzer Erich Bloch, am Ende des 19. Jahrhunderts geboren, erinnerte sich folgendermaßen daran: Am liebsten haben wir natürlich an der Bruderturmgasse gespielt; wo heute der Autoparkplatz ist, da standen früher nur Kastanienbäume. Wir nannten das ‚unsere Allee‘. 166 Beim Rückblick eines alten Mannes, der als Jude 1939 emigrieren musste, auf eine glückliche Kindheit in freier Natur am See schwingt Bedauern über den Verlust von innerstädtischen Freiräumen mit. Den pädagogisch wertvollen Aspekt von Stadtgrün erkannte man zunehmend im Laufe des 19. Jahrhunderts und plante entsprechend große und kindgerechte Schulhöfe, um die gesunde Entwicklung von Klein an zu fördern. Als 1889 eine Volksschule für Mädchen erbaut wurde, pflanzte man Kastanienbäume auf dem weiträumigen Schulhof. Denn Spielhöfe seien auch nach Ansicht des Stadtrats mehr wert als Turnhallen. 167 Bis heute spielen Kinder auf dem Schulhof der alten Wallgutschule, der allerdings teilweise durch eine große Sporthalle überbaut wurde. Auch andere Schulhöfe aus dieser Zeit wurden verkleinert, obwohl die Schülerzahl bei weitem höher liegt als damals. Auf Kosten der Grünflächen erweiterte man Schulgebäude, sodass die heutigen Schüler weniger Raum beim gemeinsamen Spielen im Freien haben, zumal ihnen immer öfter nur versiegelte Flächen auf dem Schulhof zur Verfügung stehen. Dies gilt zum Beispiel weitgehend für den Schulhof der neuen Gemeinschaftsschule, von dem entsprechend wenig Anreiz zu kreativem Spielen ausgeht und der in der Sommerhitze eher zu meiden ist. Kinder erhalten darauf keinen Zugang zur Natur. Andererseits bemüht sich die Stadt vor allem für Jugendliche um Sportanlagen auch und gerade im Freien. In der heutigen Zeit, in der viele Bürger kein eigenes Gartengrün mehr haben, sind allgemein zugängliche Grünanlagen, die für verschiedene Sportaktivitäten zur Verfügung gestellt werden, von besonderer Bedeutung. In den Erhalt und in neue Anlagen - meist größere Rasenflächen - investiert die Stadt, da die wachsende Bevölkerung diese Erholungsräume unbedingt benötigt. <?page no="109"?> Plätze und Freizeitgelände 109 Reine Sportflächen sind eine späte Erscheinung in der Geschichte des Landschaftsnutzung. Es gab sie aber auch schon früher im kleineren Maß. Dass viele Erwachsene regelmäßig Sport treiben, ist erst vorstellbar, als im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer mehr Bürger tatsächlich Zeit erübrigen konnten, die sie nicht zur Existenzsicherung benötigten. Allerdings vergnügten sich schon seit langem Konstanzer auf den im Winter zugefrorenen See- und Weiherflächen. Schlittschuhlaufen entwickelte sich dementsprechend zu dem im Winter von Groß und Klein ausgeübten Sport. Besonders beliebt bei den Schlittschuhläufern war ein Wiesenplatz jenseits des Grenzbaches auf Schweizer Hoheitsgebiet, das sog. „Eisdöbele“. Es gehört zu einem größeren Areal, dem „Schweizer Döbele“, das aber im Besitz der Stadt Konstanz ist. 168 Der Platz wurde im Januar 1880 zum ersten Mal geflutet und entwickelte sich sehr schnell zu einem viel aufgesuchten Vergnügungsplatz für die Konstanzer, aber auch für ihre Schweizer Nachbarn. Neben sportlichen Wettkämpfen wurde die schon früh mit Scheinwerfern ausgestattete Eisfläche ein viel frequentierter Ort mit unterhaltsamen Veranstaltungen, bei denen Alkohol ausgeschenkt wurde und man Schulhof der Gemeinschaftsschule <?page no="110"?> 110 Öffentliches Stadtgrün sich an Imbissbuden verköstigen konnte. Vor allem die Jugend traf sich beim Eislauf: Welche prächtige Gelegenheit, ein zartes Händchen fester zu fassen, ein kühneres Wörtchen zu wagen, als im gewöhnlichen Alltagsleben gestattet wird, so der Kommentar der Konstanzer Zeitung. 169 Diese Nutzung des Platzes ging bis in die 1970er Jahre, in denen es von der neu erbauten Eishalle in Klein Venedig abgelöst wurde. 170 Die im Sommer betriebenen Sportarten führten im 20. Jahrhundert dazu, dass die Kommune ihren Bürgern Sportplätze, insbesondere Fußballplätze, zur Verfügung stellte. Ein besonderes Ereignis war die Einweihung des neuen Sportstadions am Hörnle. Diese ehemalige Kiesgrube wurde schon davor sportlich genutzt, wenn dort Motorsportler ihre Runden drehten. Die größte städtische Sportanlage wurde 1935 eröffnet und von den Nationalsozialisten propagandistisch ausgeschlachtet, da sie die Verwirklichung der „Bodenseekampfbahn“ an der Grenze zur Schweiz als Vorzeigeprojekt forciert hatten. In dieser Sportanlage fanden von Anfang an Großveranstaltungen statt, wohingegen sie für die damals zumeist noch nicht motorisierten Konstanzer zu weit außen lag. Man nutzte den nächst gelegenen, oft einfachen Bolzplatz in seinem Wohngebiet. Nicht viele Plätze davon sind heute im Altsiedlungsgebiet Das „Eisdöbele“ 1910 <?page no="111"?> Plätze und Freizeitgelände 111 übrig. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch sie bald überbaut werden und alle Sportanlagen in Außenbezirken am Stadtrand liegen. Durch diese Entwicklung wird nicht nur ein Stück Grün inmitten von Bebauung aufgegeben, sondern für die am Sport interessierten Kinder bedeutet das weite Wege. Die ersten Sportstätten dienten nicht ausschließlich dem Freizeitvergnügen. Der 1862 gegründete Konstanzer Turnverein sah im Sport wie damals üblich eine nationale Aufgabe, da die Ertüchtigung von jungen Männern auch als militärisch nutzbar propagiert wurde. Er setzte sich für einen geeigneten städtischen Turnplatz[es] 171 ein und warb bei der Stadt dafür, dass dieser zentral auf dem Stefansplatz im Zusammenhang mit dem Umbau des ehemaligen Klosters zu einer Schule realisiert werden sollte. Sowohl Ältere als auch Jüngere sollten sportlich ertüchtigt werden und sogar der Unterricht im Bajonettfechten wurde in Erwägung gezogen. Die Verbindung von Sportvergnügen und Wehrertüchtigung gab es schon im Mittelalter. Dazu traf man sich auf einer großen Wiesenfläche, der „statt Blatz“, vor den Stadttoren auf dem Brühl. Turnfest auf der Jahnwiese 1924 <?page no="112"?> 112 Öffentliches Stadtgrün Dort maßen sich die Erwachsenen in den verschiedensten Spielen, vor allem im Zweikampf, wobei es immer wieder zu Falschspiel und üblen Schwüren kommen konnte; dort spielten aber auch die Kinder „ehrbarer Leute“; dort wurden Turniere abgehalten; dort standen die Zielstatt und das Schützenhaus der „Büchsenschützen“, der „Schießgesellen“, die hier übten und hier ihre Schützenfeste abhielten. 172 Solche Schießübungen waren nicht nur dazu da, um am Ende einen Schützenkönig zu krönen, sondern immer auch Vorbereitungen für den Ernstfall, wenn die Stadtbürger ihre Stadt verteidigen mussten. 1610 trat sogar eine Situation ein, in der sich Schützenfest und drohender Kriegsfall mischten, als vor der Stadt brandenburgische Truppen lagen. Um verteidigungsbereit zu sein, stellte man auf dem Großen Brühl für alle Eventualitäten Geschütze auf. Man nutzte diese für ein sportliches Zielschießen und brauchte sie zum Glück nicht militärisch. 173 In späterer Zeit dienten die Schießstätten in der Stadt nur noch zum sportlichen Wettkampf. Schon der Schießstand im Paradies Zeichnung von Gebhard Gagg, nach einer alten Zeichnung aus der Luzerner Diepold Schilling Chronik 1513 <?page no="113"?> Plätze und Freizeitgelände 113 1438 gegründete Schützenverein verstand die Schießübungen als bürgerliches Freizeitvergnügen. Heute sind alle damaligen Schießstätten aus dem Stadtbild verschwunden. Umgekehrt ist in der jüngsten Vergangenheit ein großer Platz öffentlich zugänglich geworden, der über lange Zeit nur Mönchen und anschließend dem Militär vorbehalten war. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts, als Konstanz zum Großherzogtum Baden kam, wurden die Gebäude des säkularisierten Klosters Petershausen schon bald militärisch genutzt. Ab 1862 waren badische Einheiten dort fest stationiert und auf dem Platz vor dem alten Torkelgebäude des ehemaligen Klosters wurde exerziert und fanden Paraden statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen französische Truppen bis zu ihrem Abzug 1978 das Kasernengelände. Ein paar Jahre später erwarb es die Stadt und die Konstanzer Bürgerschaft erhielt auf diese Weise einen großen, nahe am Rhein gelegenen Platz als Geschenk. Dort können unter alten Platanen Kinder toben, Erwachsene Boccia spielen und Bürgerfeste veranstalten. Gruppe von Offizieren in der Klosterkaserne um 1900 <?page no="114"?> 114 Öffentliches Stadtgrün Eine Besonderheit der Konstanzer Stadtlandschaft ist, dass sie sich manchmal ohne menschliches Zutun vergrößert. Dies geschieht in trockenen, kalten Wintern, wenn der See so wenig Wasser führt, dass im Flachwasserbereich vor der Stadt Inseln entstehen, wo ansonsten Seefläche ist. Die Konstanzer nutzten dieses Phänomen 1858 zu einem besonderen Vergnügen. Zwischen dem Leuchtturm und dem nördlichen Seeufer, dem sogenannten Aletrain, war eine so große Fläche trocken gefallen, dass viele Konstanzer Narren ausgiebig Fasnacht auf dem Seegrund feierten. Auf der zeitlich eingeschränkt vorhandenen Fläche baute man nicht nur Buden auf, sondern veranstaltete dort sogar ein Schützenfest. 174 Doch nur sehr selten fällt der See so tief, sodass man für kurze Zeit ohne jegliches menschliches Dazutun einen Landgewinn hat, auf dem man sich vergnügen kann. Dagegen wurde am See durch Aufschüttungen dauerhaft Land gewonnen, das sich so nutzen lässt. 1869 veranlasste der damalige Bürgermeister Max Stromeyer, dass auf der rechten Seite des Seerheins zwischen der heutigen Zumsteinstraße und der Villa Prym ein Promenadenweg am Seeufer entlang entstand. Vor dem Ersten Weltkrieg plante man auf der anderen Rheinseite ebenfalls einen Spazierweg. Die Stadtbürger sollten sich die Schönheit ihrer am See gelegenen Stadtlandschaft beim Promenieren erschließen können. 175 Der eigentliche Durchbruch für den heute am See entlang geführten Uferweg erfolgte erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Initiative für eine Seepromenade ging vor allem vom damaligen Konstanzer SPD-Stadtrat und Gewerkschaftler Erwin Reisacher aus, der sich vehement dafür einsetzte, dass die Allgemeinheit direkten Zugang am gesamten See zwischen alter Rheinbrücke und Fähreanleger in Staad bekam. Eine Mehrheit im Gemeinderat schloss sich dem Anliegen an, stieß aber auf heftigen Widerstand von Villenbesitzern, die von ihren Grundstücken aus direkten, ausschließlich privaten Zugang zum See hatten. Sie klagten gegen die Uferwegpläne der Stadt. Erst 1975 entschied das Freiburger Verwaltungsgericht, dass die Stadt Gelände für einen Uferweg vor den Villengrundstücken aufschütten darf. Seitdem können die Konstanzer bis zur Fähre immer direkt am See unter alten Bäumen auf einem Naturweg entlang spazieren oder joggen, von dem aus man <?page no="115"?> Gartenkunst im Öffentlichen Raum 115 überall im See baden kann. Die Allgemeinheit hat damit ein großes, künstlich geschaffenes Landschaftsstück erhalten. Gartenkunst im Öffentlichen Raum In der Altstadt gibt es direkt am See einen öffentlichen Park - den Stadtgarten. Man kann unter alten Bäumen promenieren, sich auf Bänken an den See setzen oder von dort aus ein Boot mieten. Auf dem Gelände befindet sich eine Konzertmuschel für Veranstaltungen und junge Familien nutzen einen Kinderspielplatz. Dass sich Konstanzer und Touristen in dem Parkgelände vergnügen, geht auf eine lange Tradition zurück. Im 19. Jahrhundert kam mit wachsendem Wohlstand bürgerlicher Schichten der Wunsch auf, dass verschönerte Naturflächen geschaffen werden sollten, wo Stadtbewohner und die steigende Zahl von Touristen sich erholen könnten. Dafür setzten sich insbesondere die Mitglieder des 1875 gegründeten Verschönerungsvereins ein. Für diesen Zweck plante man einen Park mitten in der Stadt direkt am See, was mit einem hohen Aufwand verbunden war. Das dafür vorgesehene Gelände zwischen dem Hafen und der Insel des ehemaligen Dominikanerklosters lag im Flachwasserbereich des Sees, sodass ab 1876 große Auffüllungen durchgeführt werden mussten. Drei Jahre später wurde die Schaffung eines Landschaftsparks auf ehemaligem Seegelände allgemein gefeiert: Der größte Theil des Platzes, der noch vor kurzer Zeit ein so widerliches Aussehen hatte, ist nunmehr bepflanzt; einzelne Bäume stehen bereits in schönstem Blätterschmucke da. 176 Neben einem Schwanenteich und Gondelhafen wurde acht Jahre später noch ein Musikpavillon zum Vergnügen der durch den Park flanierenden Besucher hinzugefügt. Allerdings schränkte die Abhängigkeit vom Wetter die musikalischen Freuden der Parkbesucher ein. Das galt gleich für die Einweihung des Pavillons: <?page no="116"?> 116 Öffentliches Stadtgrün Das Publikum hatte, der zeitweisen Aufklärung des Himmels vertrauend, sich in dichten Scharen eingestellt, wurde aber durch einen Platzregen noch vor Schluß des Programms jählings auseinandergetrieben. 177 Die Beliebtheit der Parkkonzerte war jedoch bei Einheimischen und Fremden nachhaltig. Unter anderem findet sich davon ein Widerhall in einem Gedicht von Stefan Zweig, der sich in der zweiten Strophe des Gedichtes „Stadt am See“ an den Konstanzer Stadtpark so erinnert: Im Uferpark Musik aus dunklen Lauben, ein Lied: kennst du das alte Lied nicht mehr? So lieb, so trüb wie Saft aus schweren Trauben ganz langsam quillt das Lied die Wellen her. 178 Nicht nur für Fremde war und ist dieser Stadtpark ein öffentlicher Vergnügungsraum, sondern ebenso für Konstanzer Familien. Der 1897 geborene Erich Bloch erinnert sich, wie selbstverständlich Familien zum Spaziergang am Sonntag den Stadtpark aufsuchten: Blick auf den Stadtgarten vom Konzilsgebäude aus, um 1880 <?page no="117"?> Gartenkunst im Öffentlichen Raum 117 Wenn die Zeit nicht reichte für weitere Ausflüge, dann ging man auch in den Stadtgarten oder in die Seestraße, wo am Sonntag ganz Konstanz promenierte. Wir Kinder mußten dann Hand in Hand in unseren guten Sonntagskleidern schön brav vor den Eltern laufen. Es wurde gar nicht gerne gesehen, wenn sich ein Kind losgerissen hat. Ich bin ganz gerne hinunter zum Seeufer gesprungen, um flache Steine auf dem Wasser hüpfen zu lassen - doch solche Dinge haben die Eltern nicht gerne gesehen. Wenn man sich gar ausgetobt hat und dabei hinfiel und ein Loch in den Hosen hatte - das war schon sehr schlimm! 179 Die Parkfreuden für bürgerliche Kinder dieser Zeit waren eher eingeschränkt. Das ist heute völlig anders, wenn Kinder meistens sogar gemeinsam mit ihren Eltern im Park spielen. Die öffentliche Grünfläche wird nicht länger nur bewundert, sondern man läuft über den Rasen oder sonnt sich darauf. Die Konstanzer nehmen ihren Park als gemeinsamen Besitz wahr, in dem Spaziergänger im Stadtgarten um 1900 <?page no="118"?> 118 Öffentliches Stadtgrün in den Sommermonaten Events aller Arten stattfinden. Vor allem am Seenachtsfest ist der Stadtgarten die gute „grüne Stube“, von der aus man das Feuerwerk bewundert. Insbesondere die Stadtjugend hat die Tradition von Konzerten aufgegriffen, die bis heute in einer Konzertmuschel stattfinden, und führt sie ihrem jeweiligen Musikgeschmack gemäß weiter. Konstanzer Jugendliche nutzten und nutzen den Stadtpark nicht nur zum Musikgenuss. Gegenüber dem Stadtpark lag noch bis 1911 das Gymnasium, das bis zum Umzug in ein neues Gebäude nur Jungen besuchen durften. Wenn sich ein damaliger Gymnasiast während des Unterrichts langweilte oder eingesperrt fühlte, konnte er sich mit dem Ausblick von seinem Klassenzimmer auf den Park trösten: Denn draußen stand ein Sommertag , ein lichter Junitag überm See; aus dem Fenster schaute man über die großen Kronen der Platanen des ganz nahen Stadtgartens, der halb vom See umschlossen war, auf das heiter grüne Gewässer. Hier im Stadtgarten verbrachten wir unsere Schulpausen, aus dem alten Gebäude […] in kurze Freiheit entlassen. 180 Die Jungen bewunderten bei einem ihrer Parkbesuche nicht nur die kunstvoll arrangierte Botanik. In der Nähe des Stadtparks gab es in dieser Zeit den sogenannten „Bummel“, bei dem sich Schüler ab zwölf oder dreizehn Jahren und Schülerinnen etwas später ein Stelldichein auf der Marktstätte gaben, an der die Höhere Töchterschule lag. Daran erinnerte sich Erich Bloch als alter Mann: Die Straßen waren also dunkel und schummrig , und das war sehr angenehm für die Buben und Mädchen. Man hakte sein Mädchen ein und hat sie begleitet, und - wenn man schon etwas älter war - hat man auch mal einen kleinen Umweg gemacht in den Stadtgarten. Die Jugendlichen entkamen im dunklen Stadtpark der dauernden Aufsicht von Erwachsenen und wussten dies offensichtlich auch zu nutzen, wie Erich Bloch weiter ausführt: <?page no="119"?> Gartenkunst im Öffentlichen Raum 119 Eines Tages auf dem Bummel meinte sie: ‚So Erich, jetzt gehen wir in den Stadtgarten! ‘ Und beim Denkmal für den berühmten Musikmeister Handloser sagte sie: ‚Komm, wir gehen mal da hinter, da sieht uns niemand! ‘ - und gab mir einen Kuß auf die Wange. Dann sagte sie: ‚Das hat wunderbar geschmeckt, wie eine Meringe. Gib mir auch so einen Kuß! ‘ Dann gab auch ich ihr einen Kuß auf die Wange, und sie fragte mich: ‚Wie hat es bei dir geschmeckt? ‘ ‚Es hat wunderbar geschmeckt, wie eine Schillerlokke! ‘ - das war damals meine Leibspeise. Da waren wir vielleicht vierzehn Jahre alt. 181 Auch in der Großen Pause schauten die größeren Gymnasiasten, ob sie ihre Angebetete im Stadtgarten treffen konnten, wenn die „Höheren Töchter“ auch Pause hatten. Als wir zum See kamen, war das grünlich blaue Wasser leicht gekräuselt von einem Wind, der geradewegs östlich aus dem heiteren Himmel zu kommen schien. Man roch die Blüten, das etwas fischelnde Wasser und den Wind in einem betäubenden Gemisch. Die anderen trieben sich schon, ihre Brote essend, unter den Platanen umher, und auf den Wegen, an deren Rändern die ersten Girlanden der roten Buschrosen von den Drähten hingen. […] Allein, so sehr ich schaute, ich vermochte sie nicht zu entdecken. 182 Über lange Zeit erholten sich die Stadtbürger vorrangig in privaten Gärten und Wohlhabendere sogar in ihren Parks. Doch mit dem zunehmenden wirtschaftlichen Aufschwung im letzten Teil des 19. Jahrhunderts konnte sich die Stadt direkt am See mitten in der Stadt einen Bürger-Park leisten. Dabei hatte die Stadtverwaltung schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer auch die Touristen im Blick, die eine attraktiv gestaltete Stadt im öffentlichen Raum vorfinden sollten. Neben dem Stadtpark dienten dazu Anlagen vor öffentlichen Gebäuden, die man aufwändig gestaltete, wie etwa den Hof vor dem Rentamt. Es ist dort eine künstliche Felsengruppe entstanden, die der Wirklichkeit sehr nahe kommt und mit ihrem über die stellenweise mit <?page no="120"?> 120 Öffentliches Stadtgrün Moos belegten Felsen plätschernden Wasser einen hübschen Anblick gewährt. 183 Trotz hoher Kosten wollte man nicht nur für die Ankurbelung des Tourismus städtische Grünflächen verschönern, sondern den eigenen Bürgern mitten in der Stadt einen Zufluchtsort [...] nach des Tages Lasten und Mühen 184 bieten. Öffentlicher Raum, der Entschleunigung in der Hektik des Stadtlebens ermöglicht, ist heute noch wichtiger als vor hundert Jahren. Vor allem in den Sommermonaten bevölkern die Konstanzer das „Hörnle“, ein großzügig angelegtes Parkgelände mit vielen alten Bäumen, wo jedermann kostenlos Zutritt hat und sich sonnen oder im See baden kann. Die Stadt unterhält das Freizeitgelände, auf dem ein Feld für Strandvolleyball, ein Kinderspielplatz, ein Kinderplanschbecken und ein großes Schachspiel für Spaß und Erholung von Jung und Alt sorgen. Einige kommunale Verantwortungsträger hatten schon vor über hundert Jahren einen Blick für allen Bürgern zugängliche Naturfreuden. Erstaunlich und bewundernswert ist, dass sich der Stadtbaumeister Paul Jordan in der finanziell und politisch äußerst angespannten und fragilen Situation nach dem Ersten Weltkrieg dieser Aufgabe verpflichtet fühlte. Er setzte durch, dass Anfang der 1920er Jahre, als die Stadtgärtnerei im Paradies verlegt werden musste, auf deren neuem Gelände ein Palmenhaus gebaut wurde. Der Komplex umfasste ein Verwaltungs- und Wohngebäude für den Stadtgärtner und daran angebaut ein Glashaus zum Schutz exotischer Pflanzen. Dieses Palmenschauhaus war öffentlich zugänglich und ist bis heute eine Ruheoase inmitten der Stadthektik. Das Gelände der Stadtgärtnerei wurde zu einer Parkanlage insbesondere für die Bewohner des Stadtteils Paradies, welche die Begehrlichkeiten der Stadtverwaltung für andere Zwecke erfolgreich abwehrten. Das Palmenhaus steht unter Denkmalschutz und beherbergt immer noch exotische Pflanzen. Eine Bürgerinitiative gewährleistet, dass die grüne Stadtinsel sozial und kulturell genutzt wird. Im Gebäude, in dem der BUND und die Deutsch-Tschechische Vereinigung untergebracht sind, finden Veranstaltungen statt und im Gelände können sich die Konstanzer in ihrem Quartier unter alten Bäumen erholen. 185 <?page no="121"?> Gartenkunst im Öffentlichen Raum 121 Die Neugründung eines öffentlichen Parks mitten in der Stadt ist heute nicht mehr vorstellbar, da die hohe Nachfrage nach neuem Wohnraum keinen Platz dafür lässt. Es gilt die Prämisse, dass der Wohnungsbeschaffung aus sozialen Gründen Vorrang vor allen anderen Nutzungen der freien Flächen einzuräumen ist. Bei der Planung eines neuen Stadtteils wird kein Park eingeplant. Im Gegenteil zeigt die Auseinandersetzung um das Parkgelände beim Palmenhaus, dass es schwierig ist, bestehende Anlagen zu erhalten. Dabei spielt offensichtlich auch der finanzielle Aspekt für gärtnerische Pflegearbeiten eine wichtige Rolle. Die Stadtgärtner legen keine neuen Parks mehr an, sondern verwandeln höchstens Inseln im Kreisverkehr und Mittelstreifen der Straßen in attraktive Grünflächen. Es gab aber in der jüngsten Vergangenheit in der Stadtlandschaft von Konstanz eine neue, große Gartenanlage, für deren Umsetzung sogar ein Waldstück gerodet wurde. Darauf entstand, allerdings nicht unter städtischer Ägide, der Botanische Garten der Universität Konstanz. Man könnte in ihm eine moderne Variante und Weiterentwicklung eines klösterlichen Kräutergartens sehen. Palmenhaus mit Gartenanlagen 1933 <?page no="122"?> 122 Öffentliches Stadtgrün Die säkulare Form eines „Gartens des medizinischen Wissens“ - hortus medicus - entstand parallel zu der Gründung von Universitäten, so wurde der Botanische Garten der alten Universität Freiburg bereits um 1620 angelegt. Die Verknüpfung von naturwissenschaftlichen Fakultäten an einer Universität und von botanischen Gartenanlagen wurde bis in die Gegenwart beibehalten. Entsprechend erhielt die 1966 gegründete Universität Konstanz ihren Botanischen Garten, den sie seit 1991 als einen „Wissenspark“ unterhält. Als Besonderheit wurde eine Sammlung von ca. 300 Arten von Wildkräutern sowie von Pflanzen, die nur noch an einigen Stellen am Strand des Bodensees vorkommen, angelegt. Auf dem Gelände wachsen unter anderem Mohnblumensorten, die schon früher medizinisch als Schlafmittel verwendet wurden. Alte Färbepflanzen und ehemalige Ackerbegleitflora sollen in diesem Garten vor dem Aussterben bewahrt werden. Diese grüne Lehranstalt erhält und fördert tradiertes Wissen und ist eine Samenbank für die Zukunft, falls einheimische Kräuter in freier Natur aussterben sollten. 186 Nicht nur Studenten, sondern auch Konstanzer Bürger können ihr Wissen erweitern, wenn die dem Land gehörende Universität zu Besichtungen in ihren Botanischen Garten einlädt. Blick in den Botanischen Garten der Universität Konstanz <?page no="123"?> Gartenkunst im Öffentlichen Raum 123 Keine Neugründung, sondern eine allmähliche Transformation eines großen, der Stadt gehörenden Naturgeländes zu einer Art Parkanlage findet gegenwärtig auf dem Hauptfriedhof statt. 1870 wurde der alte Friedhof auf dem Schottenplatz beim Seerhein aufgegeben. Als Begründung gab der damalige Bürgermeister Max Stromeyer an, dass der ohnehin lettige Boden bei einem Pegelstand von 5- Fuß, in den Gräbern einen Fuß Wasser aufweise. Die Toten zersetzten sich in dem feuchten Untergrund nur langsam, was zu abscheulichen Zuständen führte. 187 Doch wurde das jetzige Gelände am damaligen Stadtrand nicht nur pragmatisch ausgewählt, weil die Toten dort in trockenem Boden bestattet werden konnten. Für die Trauernden sollte ihr Gedenken in einer würdevollen Umgebung stattfinden, damit sie so Trost und Hoffnung schöpfen können: Der neue Friedhof hat, wenn auch entlegener, keinen dieser Übelstände und wird überdies ein schöner Aussichtspunkt und angenehmer Spaziergang werden, kommentiert damals die Presse. 188 Städtischer Hauptfriedhof 1928 <?page no="124"?> 124 Öffentliches Stadtgrün Ein großes Areal mit großzügiger Baumbepflanzung stellte die Stadt allen ihren Bürgern als würdigen Erinnerungsort zur Verfügung. Eine Besonderheit von Konstanz war und ist, dass tatsächlich jeder Konstanzer Bürger seine Ruhestätte darin finden konnte, sei er der katholischen, evangelischen oder jüdischen Religion zugehörig. Juden erhielten einen besonders ausgewiesenen Teil, in dem sie ihre Toten im israelitischen Ritus bestatten konnten. Diese Regelung gilt bis heute, zeugte aber im 19. Jahrhundert von einem klaren Bekenntnis zu Toleranz und bürgerlicher Gleichheit. In der ersten Zeit prägten vor allem dichte Gräberreihen das Friedhofsareal. Inzwischen sind die Bäume hoch gewachsen und die Grabanlagen treten in den Hintergrund, zumal die vielen Urnenbestattungen in heutiger Zeit weniger Raum benötigen. Der ursprünglich für alle geltende Totenritus mit Grablegung auf dem städtischen Friedhof wird weniger wahrgenommen und eine andere Nutzung wird verstärkt. Der Friedhof wird zunehmend als Parkgelände von Spaziergängern geschätzt, die seinen alten Baumbestand und die Ruhe suchen. Nicht einfach zu lösen ist, wie eine Stadt in Zukunft über ein derart großes Gelände verfügt, wenn der Rückgang der Gräbernachfrage weiter anhält. Ob man sich vorstellen könnte, den Friedhof als öffentlichen Raum für viele Funktionen zu nutzen wie im Mittelalter? Die Kirchhöfe der spätmittelalterlichen Städte und Dörfer wurden allesamt auch profan genutzt, und zwar dienten sie als Spiel- und Vergnügungsplätze, als Treffpunkte, als Ort des Asyls, als Werkplatz, als Gerichtsstätte und als Marktplatz. Der Glaube an das Weiterleben der Toten führte zu einer ausgelebten Gemeinschaft mit den Verstorbenen. 189 Im Laufe des Spätmittelalters verlieren sich die profanen Nutzungen, da man sie bei steigendem Wohlstand vom Freien in Gebäude verlegte. Die Zukunft des Park ähnlichen Friedhofsareals ist offen. Allerdings setzt die Achtung vor der Totenruhe neuen Formen enge Grenzen. <?page no="125"?> Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft Die historische Spurensuche nach dem Verhältnis der Stadtbewohner zu ihrem natürlichen Lebensraum ergibt, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Landschaftsflächen über viele Generationen hinweg vielfältig genutzt und wahrgenommen haben. Dabei kann ein Landschaftselement oft mehrere Zwecke gleichzeitig erfüllen, was ein großer Vorteil ist. Die kulturell differenzierte Stadtgesellschaft veränderte die städtische Natur nach ihren jeweiligen Bedürfnissen, hielt jedoch auch über lange Zeit bis in die Gegenwart an bewährten Formen fest. Dadurch entstand die diversifizierte Konstanzer Stadtlandschaft. Seitdem prägen Wald, Wiesengrün, Rebflächen, Gartenland, Parkanlagen, Obstgärten, grüne Plätze und Krautfelder bis heute das Stadtbild. Sie wurden zwar im Laufe der Zeit teilweise auf dem Gelände verschoben, ihr Aussehen durch andere Pflanzen oder Pflege verändert und ihre Fläche verkleinert. Doch durchgängig über die vielen Jahrhunderte gingen die Stadtbewohner mit dem natürlichen Lebensraum eine sehr enge Bindung ein und passten ihn ihren jeweiligen Interessen an. Wichtige Veränderungen und Kontinuitäten der Stadtlandschaft sollen abschließend zusammengefasst werden. Über lange Jahrhunderte stand die Existenzsicherung an erster Stelle. Als „Ackerbürger“ baute ein Teil der Konstanzer Bevölkerung im Mittelalter auf den Feldern Getreide an und hielt Tiere auf Weiden. Heute sind diese beiden Landschaftselemente aus dem Landschaftsbild verschwunden, weil fast alle Lebensmittel nicht mehr im städtischen Raum produziert werden. Nur noch im Tägermoos gibt es Gemüsefelder. Dagegen bestand ein Teil der Stadtlandschaft über all die Jahrhunderte hinweg aus Wald, auch wenn er heute nicht mehr zur Existenzsicherung gebraucht wird. Im Mittelalter war man jedoch von den Walderträgen in hohem Maße abhängig. Den Rohstoff Holz brauchte man zum Bauen und Heizen genauso wie zur Herstellung von Werkzeugen und anderen Gebrauchsgegenständen. Man ergänzte den Speiseplan, indem man Pilze und Früchte sammelte. Bei der heutigen Nutzung spielt der ökonomische Aspekt für die Stadtbewohner keine zentrale Rol- <?page no="126"?> 126 Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft le mehr. Vielmehr dient der Wald vor allem als Erholungsoase und als pädagogisch wichtiger Erlebnisraum. Er ist ökologisch wertvoll, da er als „grüne Lunge“ zur Verbesserung des Stadtklimas beiträgt. Wie beim Wald kommt es auch bei fast allen anderen Landschaftselementen im Laufe der Jahrhunderte zu einer Nutzungsverschiebung. Die ökonomische tritt zurück; soziale und andere Zwecke werden wichtiger. So wird heute zum Beispiel auf Wiesenland kein Tierfutter geschnitten oder Heu getrocknet, sondern auf kurz gehaltenen Rasenflächen treibt man Sport oder sonnt sich. Doch schon im Mittelalter lässt sich nachweisen, dass die Landschaft nicht nur der Existenzsicherung diente. Es gab öffentliche Wiesenplätze als Treffpunkte zum Feste feiern und für Wettkämpfe, was insbesondere für Schießstätten galt. Aber erst der wachsende Wohlstand der Stadtbevölkerung erlaubte es, Landparzellen nicht mehr ausschließlich ökonomisch nutzen zu müssen. Das gilt insbesondere für Gartenland, das im Laufe der Zeit weniger zur Selbstversorgung mit Gemüse und anderen Nutzpflanzen diente, sondern zunehmend zur Freude des Gärtners mit Zierpflanzen bestückt wurde. Selbst in Notzeiten wie nach dem Zweiten Weltkrieg wuchsen in Gärten weiterhin Blumen, vielleicht gerade weil man dort Trost suchte und fand. Dieser psychologische Wert der Stadtlandschaft ist nicht zu unterschätzen, wie die ausgewählten Beurteilungen aus verschiedenen Zeiten belegen. Ausschließlich nach ästhetischen Gesichtspunkten legten Vermögende vor allem seit dem 19. Jahrhundert großzügige Parks an, die man bewunderte und goutierte, was auch für viele Gärten bei den im 20. Jahrhundert erbauten Villen im Musikerviertel gilt. Der städtischen Elite dienten sie nicht nur zur Erholung im Familienkreis, sondern auch als repräsentative Lebensräume. Doch um Stadtlandschaft zu genießen, muss man nicht wohlhabend sein. Die überlieferten, vor allem im Herbst in der Erntezeit stattfindenden Feste in privaten Weingärten sprechen für sich. Über lange Zeit betrieb man den aufwändigen Weinanbau aus ökonomischen Gründen, was nicht ausschloss, dass man sich in Rebhäuschen traf. Es gab also auch diesen sozialen Aspekt. Heute werden die städtischen Rebflächen nur noch ökonomisch genutzt. <?page no="127"?> Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft 127 Eine auffallende Veränderung gibt es bei den Besitzverhältnissen in der Stadtlandschaft. Hatte im Mittelalter noch jede bürgerliche Familie eigenes Land in der Stadt, wohnen heute zwar viele Konstanzer großzügiger und besser ausgestattet, haben jedoch keinen eigenen Besitzanteil an der Stadtlandschaft mehr. Auch wenn sie nicht Eigentümer waren, hatten die meisten Bürger bis weit in die Gegenwart Zugang zu einem Gartenstück, wo sie ihr eigenes Gemüse anbauen oder sich in der Freizeit mit Groß und Klein erholen konnten. Gerade ärmere Familien waren auf eine Gartenparzelle angewiesen, um den Speiseplan kostengünstig zu ergänzen. Heute gilt ein kleiner Garten schon fast als Luxus für Besserverdienende, da die Verknappung der Landschaft Gärten rar bzw. teuer macht. Die Gartenfreuden werden für die meisten Konstanzer reduziert auf Balkonpflanzen oder öffentliche Grünanlagen. Damit wächst die Verantwortung der Stadtverwaltung für das kommunale Stadtgrün. Die Verschiebung von privatem Land zu öffentlichen Räumen zeigt sich bei einem anderen Landschaftselement - den Parkanlagen - ebenfalls. Die privaten Parks sind sehr zurückgegangen oder wurden flächenmäßig stark verkleinert. Dagegen unterhält die Kommune für ihre Bürger im dichter werdenden Stadtgebiet öffentliche Parks als Erholungsorte. Das gilt auch für kommunale Rasenflächen, die zum Sport genutzt werden, wohingegen private Wiesenstücke kaum noch vorhanden sind. Andererseits werden die öffentlichen Freiflächen zunehmend versiegelt, seien es verkleinerte Schulhöfe oder nur noch dem Straßenverkehr dienende, asphaltierte Plätze. Der Rückblick auf die Bedeutung dieses städtischen Lebensraumes zeigt, wie intensiv er nicht nur ökonomisch genutzt, sondern über viele Generationen hinweg vielfältig erlebt und wahrgenommen wurde. Selbst wenn sich über Jahrhunderte nur einzelne, zumeist der gebildeten Führungsschicht angehörenden Stimmen dazu äußerten, wird nicht nur der individuelle, sondern ebenso der soziale Wert in allen Zeiten sichtbar. Die Stadtlandschaft war für die Konstanzer Stadtbürger immer sehr wertvoll, auch wenn ihre Gründe dafür wechseln konnten. In der Gegenwart wird sie jedoch durch mehr Verkehrsflächen, Industrieanlagen, aber vor allem durch verstärkte Wohnbebauung mit hohem Garagenanteil immer <?page no="128"?> 128 Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft weniger. Das gilt für die begehrte Wohnlage in Konstanz noch stärker als im übrigen Baden-Württemberg, wo täglich 5,2 Hektar Naturland überbaut werden. 190 Der momentane Bauboom ist vor allem auf die Grenzlage zur prosperierenden Schweiz und auf die Attraktivität der Stadt als gefragter Alterswohnsitz zurückzuführen. Die Folge davon ist ein quantitativer Verlust von Stadtgrün, aber auch ein qualitativer, da aufwändige Pflege zurückgeht. Der Schwund der vielseitigen Stadtlandschaft bei steigender Bevölkerungszahl wirkt sich nicht nur auf das Leben der jetzigen, sondern auch künftiger Stadtbewohner aus. Umso größer ist die Verantwortung der Kommune Konstanz, die nicht nur für die im städtischen Besitz befindlichen Landschaftsflächen zuständig ist, sondern planerisch die Nutzung der gesamten Stadtlandschaft steuert. Die Kommune ist insbesondere in ihrer Rolle als Stadtplanerin gefragt, den hohen Wert des Stadtgrüns zu erkennen und der großen Nachfrage nach Bebauung nicht einfach den Vorrang zu geben. Für die künftige Stadtentwicklung gilt es, neben dem „Handlungsprogramm Wohnen“ ein ergänzendes „Handlungsprogramm Naturflächen“ anzustreben. Im wissenschaftlichen Diskurs der Gegenwart sieht man Ansätze, in denen der Wert städtischer Landschaft erkannt und ihr bei Plänen zur Stadtentwicklung eine wichtige Rolle zugewiesen wird: Mit Landschaft Stadt zu machen, ist seitdem in der Urbanistik ein Ansatz, um städtische Gesamtstrukturen im größeren Maßstab zu bearbeiten: Regionale Landschaftsparks strukturieren großräumige Regionen - zum Beispiel die dezentral geprägte Region Stuttgart - mit landschaftlichen Räumen in komplexen Schichten auf mehreren Ebenen. Waren vormals Landschaftsräume als Schutzgebiete negativ definiert - durch all das, was dort verboten ist -, geht es nun darum, disperse oder kleinteilig strukturierte Stadtregionen aus den übergreifenden Landschaftsräumen und -netzen heraus zu entwickeln, die als wertvoll eingeschätzt werden. 191 Die Besonderheit der Stadtlandschaft von Konstanz ist, dass sie nicht mehr entwickelt werden muss, sondern als disperse und klein- <?page no="129"?> Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft 129 teilig strukturierte schon seit Jahrhunderten besteht, die den variablen Bedürfnissen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen angepasst wurde. Insofern unterscheidet sich die planerische Aufgabe in Konstanz von vielen anderen Städten. Hier gilt es nicht neue Formen von Stadtgrün zu schaffen, sondern erst einmal den Wert der gegenwärtigen Stadtlandschaft in ihrer Vielfältigkeit zu erkennen und auch noch für künftige Generationen zu bewahren. Das ist eine gewaltige Herausforderung, wenn man gleichzeitig Wachstum ermöglichen möchte. Will man die Bedeutung von Landschaftsflächen für die Bewohner messen, kommt es sehr darauf an, welche Beurteilungskriterien man anwendet. Die Wertermittlung kann nach ökonomischen, sozialen, ästhetischen, ökologischen, psychologischen, gesundheitsrelevanten oder pädagogischen Aspekten erfolgen. Je nach Auswahl und Gewichtung dieser Punkte kommt man zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Zum anderen stellt sich die Frage, wer darüber befindet. Zwar darf die Kommune die Stadtentwicklung gemäß den rechtlichen Vorgaben unabhängig steuern. Doch ist es überlegenswert, ob sie nicht weitere Akteure zur Beratung hinzuzieht. Das könnten Wissenschaftler, unabhängige Expertenkommissionen, übergeordnete Behörden oder Vertreter der darin lebenden Zivilgesellschaft sein. Die Akzeptanz des zuletzt genannten Akteurs, planerische Entscheidungen mitzutragen, ist von ausschlaggebender Bedeutung. Denn es sind immer Stadtbewohner, die vom Verlust oder Erhalt eines Landschaftsfläche - mag sie noch so unbedeutend oder klein sein - betroffen sind. Wenn sich die Zivilgesellschaft ebenfalls für die vielfältige Stadtlandschaft zuständig sieht, könnte man in einen Prozess eintreten, an dessen Ende der im obigen Zitat erkennbare Gedanke steht, Landschaftsräume aus Einsicht zu bewahren. Das würde bedeuten, dass für erhaltenswert befundene Flächen der Stadtlandschaft nicht mehr durch Strafandrohungen geschützt werden müssten. Das dürfte noch ein langer, aber notwendiger Weg sein. Denn weder lässt sich die gesamte Stadtlandschaft unter gesetzlichen Naturschutz stellen, noch sollte man sie weiterhin zur Überbauung unhinterfragt frei geben. Erhellend für ein weiteres Vorgehen bei der Werteinschätzung des städtischen Grüns kann <?page no="130"?> 130 Fazit: Bedeutung der Stadtlandschaft sein, den Prozess zu untersuchen, der dazu führte, dass heute zwei Landschaftselemente in Konstanz durch Verbote geschützt werden - das Wollmatinger Ried und Stadtbäume. <?page no="131"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz Das Wollmatinger Ried, von dem ein größerer Teil zur Gemarkung Konstanz gehört, ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Diese Uferzone am Seerhein darf nicht mehr nach den Bedürfnissen ihrer Anwohner gemäß der bereits in der Bibel formulierten Maßgabe: Macht euch die Erde untertan genutzt werden. Ein Stück Landschaft wurde der lokalen Governance entzogen und steht unter übergeordnetem staatlichem Schutz, dessen Einhaltung notfalls erzwungen wird. Wie kam es dazu, dass gerade ein Riedgebiet als so wertvoll eingeschätzt wurde und deshalb erhalten bleiben soll? Über viele Jahrhunderte ist die Konstanzer Siedlungsgeschichte davon geprägt, dass die feuchte Uferlandschaft für landwirtschaftliche Nutzungen, aber auch für Bebauung präpariert werden musste. Man veränderte sie deshalb durch Landaufschüttungen, Befestigungsgitter im feuchten Untergrund oder Entwässerungsgräben. Über die Richtigkeit der Eingriffe in die feuchten Riedflächen herrschte über viele Jahrhunderte Konsens und sie wurden nicht als Verlust empfunden. Noch in den 1890er Jahren war man froh, dass die schlammige, kotige Masse, kurzum der Morast bei der Uferauffüllungen des Emmishofer Weihers endlich beseitigt wurde. 192 Weder aus ökonomischen noch aus ästhetischen Aspekten hatten feuchte Uferflächen für die Stadtbewohner über lange Zeit einen Wert. Vor allem im Verlauf des 19. Jahrhunderts, als die Stadt wuchs, verschwanden sie immer mehr aus dem Stadtbild. Insbesondere durch die Aufschüttungen im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau seit Mitte des 19. Jahrhunderts war das Seeufer Richtung Osten weitgehend ohne Riedanteile. Ebenso wurden im Rahmen der zunehmenden linksrheinischen Bebauung weitere Uferbereiche begradigt und trockengelegt. Noch 1904 wurde dort für den Bau eines neuen Schlachthauses Gelände aufgeschüttet. Weitere Aufschüttungen am Ufer unterblieben nur aus Angst vor Hochwassergefahren, die man als groß einschätzte, wenn das natürliche Rheinufer weiter begradigt und befestigt würde. Die für Wasser- und Straßenbau zuständige Oberdirektion untersagte deshalb eine weitere Auffüllung der <?page no="132"?> 132 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz Uferbereiche unterhalb des Schlachthauses. 193 Dagegen wurde im Uferbereich der Seestraße mehr als zwei Morgen Land durch Aufschüttung gewonnen, um die Villenbebauung zu ermöglichen. 194 Auch wenn die maßgebliche Stadtöffentlichkeit vor dem Ersten Weltkrieg sich vor allem Gedanken über die Stadterweiterung und die Architektur neuer Bauten machte, gab es vor Ort Stimmen, die im Sinne des Zeitgeistes den ästhetischen Wert von Natur thematisierten. Vor allem Jugendliche entdeckten die Liebe zur Natur und einige schlossen sich deshalb der Wandervogelbewegung an. Sie suchten in ihrer Freizeit möglichst ursprüngliche, abgelegene Landschaften auf, um gemeinsam ihre Schönheit zu erleben. 195 Eine vom Menschen vermeintlich nicht geprägte Natur wurde zum Ideal, so auch Riedflächen am Bodensee. In diesem Zusammenhang wurden Moore und Uferlandschafen nicht nur als Motiv für junge Künstler attraktiv, sondern ihr Wert änderte sich auch für einige dort ansässige Bewohner. Der 1897 geborene Erich Bloch stellte als alter Mann die Schönheit der Riedlandschaft seiner Kindheit heraus, die in der nahen Umgebung von Konstanz noch vorhanden war. Der Aufenthalt dort bot dem Kind nicht nur die schönsten Seiten von Flora und Fauna, sondern insbesondere einen großen Freiraum: es gab nichts als Wasser und Wiesen und eben das Ried! Das Ufer war Ried, im Grunde ein richtiges Naturschutzgebiet. Es war aber wohl doch nicht geschützt, denn man hat es ja zerstört. Aber es war so schön wie ein Naturschutzgebiet, man konnte dort baden und lauschen und Vögel beobachten. Ich habe unendlich viele schöne Erinnerungen an diese Zeit, und ich kenne heute noch jeden Baum und jeden Strauch. Es gab damals sehr viele Obstwiesen am Ufer, die noch nicht eingezäunt waren wie später die Kuhweiden, die man am Ufer wenig sah. Niemand hatte etwas dagegen, daß wir als Kinder da Fallobst sammelten, Lederäpfel und viele andere gute Sorten. 196 Da die Riedflächen am gesamten Seeufer immer stärker verschwanden, setzten sich Naturfreunde insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend für staatliche Schutzmaßnahmen ein. 1930 wurde eine größere Riedfläche am Stadtrand von Konstanz, das so- <?page no="133"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz 133 genannte Wollmatinger Ried, erst für 5 Jahre, 1938 dann endgültig unter staatlichen Naturschutz gestellt. Es hat jedoch damals nicht nur Befürworter eines solchen Naturschutzgebietes gegeben. Das Ried war für die Konstanzer vor allem in der Badesaison ein beliebtes Naherholungsgebiet, zu dem man weiterhin ohne Auflagen Zugang haben wollte. Das galt auch für das vor Ort stationierte Militär, das dort immer wieder Übungen durchführte. Dieses Feuchtgebiet lag auch nicht einfach brach, sondern die Reichenauer Bauern holten sich dort Brennholz und mähten die Riedwiesen, um Heu oder Streu für ihre Tiere zu gewinnen. 197 Zudem tauchten in dieser Zeit Pläne der Stadt Konstanz auf, die in diesem an den Seerhein angrenzenden Naturgebiet Industriebauten und eine große Hafenanlage vorsahen. Noch 1928 hielt der damalige Leiter des städtischen Bauamtes Theodor Lutz daran fest und wehrte sich gegen Naturschutzforderungen folgendermaßen: Zum Glück ist ja Konstanz auch sonst mit Naturschönheiten reich gesegnet, denen durch die Preisgabe des Wollmatinger Rieds in keiner Weise Abtrag getan wird. 198 Diese weitreichenden Konstanzer Pläne scheiterten und Konstanz hat seit der Eingemeindung des Dorfes Wollmatingen 1934 einen Anteil am Naturschutzgebiet „Wollmatinger Ried“. Das 465 Hektar umfassende Areal zieht sich vom westlichen Stadtrand von Konstanz aus am Seerhein entlang und umfasst auch Flächen auf Reichenauer Gemarkung und von Hegne, die zwischen See und Bundesstraße liegen. Das Land, das in Ufernähe regelmäßig überschwemmt wird, ist durch Röhricht geprägt, auf höher gelegenem Gebiet vor allem durch Feuchtwiesen und Gebüsch. Das Riedgebiet erhielt den hohen staatlichen Schutz, weil nationale, heute sogar europäische Behörden die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren erhalten wollen, die nur dort einen Lebensraum finden. Ein Naturschutzgebiet darf von den Bewohnern vor Ort nicht verändert und zu anderen Zwecken genutzt werden. Die vom Naturschutz vorgegebene, rein ökologische Nutzung hat die Stadt Konstanz in den 1960er Jahren für einen fünf Hektar großen Teil an der Siedlungsgrenze aufheben lassen, der aus dem Schutzgebiet her- <?page no="134"?> 134 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz ausgenommen wurde, um dort Industrie anzusiedeln. Doch verteidigte der für das Wollmatinger Ried zuständige Landrat Seiterich den Erhalt des Schutzgebietes gegenüber weiteren wirtschaftlichen Nutzungen in den Jahren seiner Amtszeit in den 1950er und 1960er Jahren erfolgreich. Naturschutz in dieser Form erfolgte, weil eine Naturfläche für Tiere und Pflanzen erhalten bleiben sollte, um sie vor menschlichen Eingriffen zu schützen. Das geht heute so weit, dass die vom Naturschutzbund betreuten Flächen von Menschen nur bei öffentlichen Führungen betreten werden dürfen, um die Tiere nicht zu stören und die Pflanzen nicht zu beschädigen. Mehr Zugang durch Menschen ist nicht vorgesehen. Das wurde 1945, direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, noch nicht so streng gehandhabt. Die Reichenauer Bauern mähten weiterhin die Riedwiesen, und die Konstanzer gingen in ihrer Freizeit wie früher dorthin. Ein Konstanzer hielt in seinem Tagebuch einen solchen Ausflug seiner Frau in der unmittelbaren Nachkriegszeit fest: Gretel ist mit Gertrud Vetter im Wollmatinger Ried gegenüber Gottlieben zum Baden und Malen. […] Als erfreuliche Nebenernte brachte sie einen schönen Riedstrauß aus Enzian, Blutweiderich, Wiesenknopf, Mädesüß u.s.w. mit. 199 Fasst man den Prozess zusammen, wie es dazu kam, dass eine Riedfläche unter dauerhaften, nationalen Schutz gestellt wurde, gab es zwar vor Ort sich dafür einsetzende Naturfreunde, entscheidend war jedoch die Umsetzung durch übergeordnete, staatliche Stellen. Die im 19. Jahrhundert überregional entstandene Naturschutzbewegung erreichte, dass notfalls auch gegen lokale Interessen durch Verbote und Strafandrohungen wenig vom Menschen genutzte Naturflächen als Naturschutzgebiete ausgewiesen wurden, um so den Lebensraum seltener Pflanzen und Tiere zu sichern. Dieses Naturschutz-Modell ist auf die gegenwärtige Herausforderung nicht übertragbar, bei der es darum geht, die Bedeutung der Stadtlandschaft für die darin lebenden Menschen zu bestimmen, bevor man Flächen aufgibt oder ihren Nutzungswert einschränkt. Will man städtische Landschaftsräume erhalten, muss die Entscheidung vor <?page no="135"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz 135 Ort getroffen und durchgesetzt werden. Einen solchen lokalen Naturschutz für ein Element der Stadtlandschaft anzuordnen, gelingt der kommunalen Verwaltung jedoch nur, wenn auch eine Mehrheit ihrer Bürger diesen mitträgt. Tatsächlich hat die Kommune Konstanz ein Landschaftselement - nämlich Bäume - unter gewissen Voraussetzungen unter Schutz gestellt. Aus ökologischen, ästhetischen und sozialen Gründen hat sie 2006 eine Baumschutzordnung für Bäume in bebautem Gebiet erlassen. Unter § 2 heißt es: Wesentlicher Schutzzweck ist die Bestandserhaltung der Bäume zur Verbesserung des Stadtklimas und zur Sicherung von Lebensstätten der Tier- und Pflanzenwelt, zur Sicherung eines ausgewogenen Naturhaushalts sowie die Belebung , Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes und die Sicherung der Naherholung. 200 Bäume, die einen Stammumfang von mehr als einem Meter auf einem Meter Höhe haben, dürfen nicht gefällt oder geschädigt werden. Einem Stück Natur wird dadurch ein hoher, insbesondere ökologischer Wert zugesprochen. In Zeiten des Klimawandels verbessern Laubbäume nicht nur als Sauerstofflieferanten das Stadtklima, sondern binden auch Stickoxyde und Feinstaub. Ausnahmen von dieser Baumschutzordnung zeigen jedoch, dass nicht alle Stadtbäume geschützt sind. So gilt die Verordnung nicht für Grundstücke unter 350 m² und eine Befreiung ist bei Härtefällen und öffentlichen Belangen vorgesehen. Neu ist jedoch, dass auch auf privaten Grundstücken ein Naturelement geschützt wird, nicht nur weil es für darin lebende Tiere oder Pflanzen besonders wichtig ist, sondern für alle in der Stadt lebenden Menschen. Ein Mehrwert für einen Eigentümer, wenn zum Beispiel ein die Sicht versperrender Baum gefällt werden könnte, wird durch ein städtisches Verbot verhindert. Das zeigt einen Wertewandel, der eine längere Geschichte hat. Ein solcher Eingriff in das Eigentumsrecht von Bürgern ist nur möglich, weil zuvor in einem langen Diskussionsprozess der Wert von in einer Stadtlandschaft stehenden Bäumen erkannt wurde. <?page no="136"?> 136 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz Über viele Jahrhunderte pflanzte man in Konstanz Bäume aus ökonomischen Gründen, um ihr Holz und ihre Früchte zu nutzen. Bäume sind als die größten Pflanzen etwas Besonderes, da sie über viele Jahre wachsen müssen, um ertragreich zu sein. Sie waren nicht nur nützlich, sondern gleichzeitig auch unübersehbare und prägende Landschaftsgestalter, die in Gärten, Wiesen, an Straßenrändern, in Parkanlagen und in Wäldern standen. Dieser ästhetische Aspekt von Bäumen wurde im 19. Jahrhundert vor allem bei der Gestaltung von Parkanlagen genutzt, was allgemein geschätzt wurde. Und so bewunderten die damaligen Konstanzer auch die Bäume in ihrem Stadtgarten. Es gab jedoch gleichzeitig kritische Stimmen gegen städtische Baumpflanzungen vor der eigenen Haustür. Bei der Sanierung der Kreuzlinger Straße in den 1880er Jahren wehrten sich einige Anwohner gegen die Stadt, die dort Bäume einpflanzen wollte. Sie argumentierten, dass die Bäume den Geschäften [...] großen Schaden bringen würden, während die Straße ohne Bäume einen der schönsten Plätze der Stadt geben werde. 201 Weitere ästhetische Gegenargumente waren die Sichtbehinderung durch die Kronen und man wollte lieber auf eine Reihe schöner Häuser gegenüber mit Schaufenstern, stattlichen Firmen schauen als auf eine Reihe von Finken und Spatzen bewohnter unheimlich düsterer Bäume. 202 Nicht nur der ästhetische Reiz von Bäumen wurde in Frage gestellt, sondern noch ein weiterer unerwünschter Effekt der Baumpflanzungen befürchtet. Man gab zu bedenken, dass sich unter den Bäumen Kinder treffen könnten: Wir haben in der Kreuzlinger Vorstadt Maulbeerbäume gehabt. Was war der Nutzen? Den ganzen Tag waren sie belagert von Kindern, die ihr Unwesen unter denselben getrieben und im Herbst sogar hinaufgeklettert sind, um die unreifen Früchte herunterzubengeln. 203 <?page no="137"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz 137 Eine konträre Einschätzung vom Nutzen von Straßenbäumen nahm der Stadtverordnete Realschul-Professor Conrad vor, der auf deren gesundheitliche Bedeutung als Lungen der Stadt hinwies. 204 Diese ökologische Argumentation wirkt sehr modern. Doch der Lehrer unterstrich außerdem noch den sozialen Aspekt von Baumpflanzungen, die er für die Entwicklung von Kindern einforderte. Zu einer weiteren Diskussion über den ästhetischen Wert von Bäumen im Stadtbereich kam es in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wegen Baumfällaktionen. So gab es 1914 Proteste am Lutherplatz gegen den Baumfrevel und bei Fällaktionen beim Konzilsgebäude lautete die Forderung: Schützt unsere alten schönen Bäume! 205 Sogar kritische Stimmen gegenüber der Villenbauung an der Seestraße waren in dieser Zeit zu hören: Protzig und klobig drängen sich die Villen vor, viel zu groß teilweise für die kleinen, harmlosen Vorgärten und Anlagen. Es sei ein Vorteil, dass die Touristen keine Kenntnis davon hätten, dass hier einstens schon alte Baumriesen standen. 206 Hier wird unter ästhetischen Aspekten die Architektur der neuerbauten Häuser mit Elementen der Stadtlandschaft verglichen und bewertet. Dabei werden die alten Baumriesen als besonders schützenswert angesehen und ihnen wird ein schon fast mythologischer Wert zugesprochen, der sie quasi unantastbar machen sollte. Vielleicht symbolisieren Bäume, von denen einige Arten viel älter als Menschen werden, das Leben schlechthin und gelten deshalb als besondere Pflanzen, die man nicht einfach beseitigt. An den Laubbäumen lässt sich Werden und Vergehen im Verlauf des Sonnenjahres nachvollziehen, wenn im Frühjahr ihre Blätter sprießen, die im Sommer grüne Schattenspender sind und im Herbst sich verfärben. Ein kahler Baum verspricht am Jahresende, dass im Frühling der natürliche Kreislauf des Lebens wieder beginnt. Einen solchen hoffnungsvollen Jahresrhythmus verbindet jedenfalls der bekannte Konstanzer Bischofverweser Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860) mit einem Baum. In einem von ihm verfassten Gedicht heißt es: <?page no="138"?> 138 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz An meinen Lieblingsbaum im Herbste Falb weht herab dein Laub! So schwindet alles Schöne, Der Zeit zum Raub! Der Zeit, für alle Töne Des Mitleids taub. Verweht ist jetzt dein Laub! O Loos von allen Dingen! Des Grabes Raub, Zerfällt was wir erringen, Mit uns zu Staub. Wie dürr jetzt, theurer Baum! Doch kommt dein Frühling wieder. Dann denk` ich kaum Noch an die dürren Glieder, Den wüsten Traum. 207 Bäumen scheint auch heute von der Zivilgesellschaft ein ganz besonderer Wert zugemessen zu werden, auch dann, wenn nicht Verbote ihre Abholzung verhindern. Im Februar 2015 wollte die Stadtverwaltung eine Pappel-Allee im Tägermoos aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht fällen, weil einige der Bäume krank und daher gefährlich für die Spaziergänger waren. Insgesamt sollten 116 Bäume bei einem nahe am See verlaufenden Weg zwischen Gottlieben und Konstanz entfernt werden. Nach 41 Fällungen stoppte die Stadt diese Aktion, da der gemeinsame Protest von Schweizer und Konstanzer Bürgern massiv war. Es hatte sich sofort eine Bürgerinitiative gebildet, die nicht nur das Einstellen der Fällungen, sondern auch eine Nachpflanzung verlangten. Die Zivilgesellschaft wehrte sich mit Demonstrationen und einer Petition, gewann einen Teil des Gemeinderates für ihr Anliegen und setzte sich gegen die kommunale Verwaltung durch. In einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten heißt es: <?page no="139"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz 139 Es handelt sich um eine gestalterisch sehr wertvolle und schöne Hybrid-Pappelallee, die in ihrer Art und Grösse absolut einzigartig ist. Es gibt keine vergleichbare Allee in der Schweiz. 208 Die Argumentation der Baumschützer beruhte auf ökologischen, ästhetischen und sozialen Aspekten. Es wurde ersichtlich, dass diese Baumallee von vielen als Erholungsort aufgesucht wird und die alten Pappeln als unverzichtbares Naturelement bewertet werden, das nicht verschwinden darf. Der Wert der Pappel-Allee wurde von der Stadtverwaltung anders eingeschätzt als von den Bürgern. Zivilgesellschaftliches Engagement und nicht staatlich verordneter Naturschutz führte zum Erhalt der Bäume. Der vehemente Einsatz für die Pappeln hat eine Parallele fast 200 Jahre zuvor. Damals versuchten Konstanzer Bürger ebenfalls Pappeln zu retten. Wir wissen davon, weil der junge Graf Hermann von Pückler-Muskau, der später durch seine Landschaftsparks berühmt wurde, sich 1806 auf der Durchreise in Konstanz aufhielt. Er beobachtete dabei folgende Szene: Als ich auf dem Wall am See nach meinem Gasthof [= blauer Hecht, M.S] zurückging , bemerkte ich, daß eine große Anzahl junger Pappeln, die schon anfingen, einigen Schatten zu geben, frisch abgehauen waren. Mehrere Leute beschäftigten sich damit, sie mit Lehm zu verkleben und mit Tüchern zu umbinden, um sie wo möglich noch zu retten; von ihnen erfuhr ich, daß über vierzig dieser jungen Bäume von niederträchtigen Buben diese Nacht abgehauen worden wären. Kann man sich vorstellen, wie es bei unserer Kultur noch Menschen geben kann, die fähig sind, das Böse bloß um seiner selbst willen zu thun! Welcher Nutzen kann irgend Jemandem daraus erwachsen, daß er seinen Mitbürgern und sich selbst ein unschuldiges, seit mehreren Jahren sorg fältig gepflegtes Vergnügen raubt! Wenn doch die Gerechtigkeit dergleichen Baumschänder mit der letzten Strenge zu bestrafen anfinge, ich für meinen Theil gestehe, daß mancher Mörder aus Leidenschaft mir weit mehr Entschuldigung zu verdienen scheint, als ein solcher Sünder, den durchaus nichts als der teuflische Reiz des Bösen treibt. 209 <?page no="140"?> 140 Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz Für den Adligen ist die mutwillige Zerstörung der Pappeln unentschuldbar, weil den Konstanzern durch den Kahlschlag ein Vergnügen genommen wird, nämlich im Schatten von Bäumen zu verweilen, die man seit mehreren Jahren sorg fältig gepflegt hatte. Er bemisst den Schaden nicht ökonomisch am Holzwert. Aus seiner Sicht ist dieser Baumfrevel härter als mancher Mord zu bestrafen, weil in einer Nacht langjährig gehegte Naturelemente aus teuflische[m] Reiz des Bösen beschädigt wurden. Ob die Konstanzern das auch so sahen, erfährt man nicht. Ein adliger Standesherr konnte sich solche drakonischen Strafen vorstellen. Viel schwieriger ist es, in einer demokratischen Gesellschaft Rechtsnormen für einen ausgewogenen Umgang mit Natur zu entwickeln, die wünschenswerter Weise nicht nur deshalb eingehalten werden, weil sie gegebenenfalls sanktioniert, sondern von einer Mehrheit bewusst mitgetragen werden. Das erfordert vielfache Nutzungen der Stadtlandschaft zuzulassen, einschließlich weiterer Besiedelung. Hier eine gerechte Abwägung von teilweise kontroversen Interessen vorzunehmen, ist äußerst schwierig und sollte nicht nur der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat überlassen werden. Der Baumschutz der letzten Jahre kann für die Steuerung bei anderen Stadtlandschaftselementen wegweisend sein. Das Zusammenspiel von kommunaler Verwaltung als staatliche Steuerungsbehörde und der engagierten Zivilgesellschaft könnte Lösungen für den Erhalt des wichtigen Lebensraumes Natur in all seinen Varianten aufzeigen. Es bedeutet für die heute agierende Generation eine große Verantwortung, wenn sie für die Zukunft den Reichtum der Konstanzer Seelandschaft bewahren will. Denn ihre Fruchtbarkeit und Schönheit haben schon Menschen in den Kriegswirren des Dreißigjährigen Krieges zu schätzen gewusst, ebenso wie Jugendliche vieler Zeiten darin ihre erste Verliebtheit widerspiegelt sahen. Nicht umsonst wurde der Name des Stadtteils Paradies immer wieder wörtlich genommen und mit dem biblischen Garten Eden verglichen, der schon vor Jahrtausenden den Traum von menschlichem Glück schlechthin festhielt. Im Sehnsuchtsort Paradies genoss das erste Menschenpaar in Harmonie mit wunderschönen Pflanzen und friedfertigen Tieren ohne Arbeitslast ein zufriedenes Leben. <?page no="141"?> Die Entwicklung des Landschaftsschutzes in Konstanz 141 Auch wenn in der langen Geschichte der Kulturlandschaft dieser ideale Garten eine Utopie blieb, konnte man sich sein kleines, reales Gartenparadies mit viel gärtnerischem Einsatz schaffen, wo man Früchte erntete und sich an der schönen Natur erfreute. Dies sollte auch in Zukunft möglich sein. Ein frühes Zeugnis über Gartenglück in der fruchtbaren Bodenseelandschaft skizzierte vor fast 1200 Jahren der Reichenauer Mönch Strabo am Schluss seines Gartenbuches „hortulus“. In seiner Widmung für Abt Grimaldus heißt es: Wenn du einmal verweilst im Geheg deines grünenden Gartens, Unter dem laubreichen Wipfel der schattigen Obstbäume sitzend, Wo der Pfirsich mit ungleichen Schatten die Strahlen zerstreuet, Während die spielenden Knaben, die fröhliche Schule des Klosters, Dir, die weißlichen Früchte mit zarter, flaumiger Schale Sammeln […] Dann, mein gütiger Vater, gedenke unserer Arbeit. 210 <?page no="143"?> Anmerkungen 1 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 9. 2 Küster: Die Entdeckung der Landschaft, S.40. 3 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 10. 4 Ebd. 5 Osterhammel: Die Verwandlung der Welt, S. 156. 6 Zit. nach Maurer: Konstanz im Mittelalter, II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S.-15. 7 Zit. nach Hirsch: Konstanzer Häuserbuch, S. 85. 8 Becker/ Oexle: Stadt und Umland - dargestellt am Beispiel der Waldnutzung im Umland des mittelalterlichen Konstanz, S. 379. 9 Zit. nach Hirsch: Konstanzer Häuserbuch, S. 64. 10 Ebd. 11 Becker/ Oexle: Stadt und Umland - dargestellt am Beispiel der Waldnutzung im Umland des mittelalterlichen Konstanz, S. 375. 12 Ausführungen dazu bei: Regnath: Das Schwein im Wald. 13 Becker/ Oexle: Stadt und Umland - dargestellt am Beispiel der Waldnutzung im Umland des mittelalterlichen Konstanz, S. 377. 14 Ebd. 15 Johann M. Marmor: Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz 1860, zitiert nach Zimmermann: Konstanz in den Jahren von 1548-1733, S. 175. 16 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 109. 17 Küster: Handel und Import von Nahrungsmitteln, S. 428. 18 Sillmann: Nahrungspflanzen aus der Latrine 10 in Freiburg, Gauchstraße, S. 294. 19 Städele: Von dem und jenem oder Kind sein in Ergatshausen, S. 122. 20 Zit. nach Blechner: Das Sattlerhäusle im Ergaten, S. 19. 21 Ebd., S. 23. 22 Ebd. 23 Ebd. 24 Vgl. Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Aufschwung im Kaiserreich, S. 301. 25 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 9. 26 www.die-wurzelkinder.de 28.8.2016. 27 Die Gründungssagen der Reichenau und von St. Gallen sind entnommen: Petzoldt, Sagen rund um den Bodensee. 28 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 156. 29 Ebd., S. 248. 30 Das Zitat sowie auch das folgende stammen aus zwei Leserbriefen, die beide im Südkurier vom 19.12.2015, Konstanzer Lokalausgabe, veröffentlicht wurden. 31 Städele: Von dem und jenem oder Kind sein in Ergatshausen, S. 123. 32 Maurer: Konstanz im Mittelalter. II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S.-32. 33 Ebd., S. 16. 34 Richental: Chronik des Konzils zu Konstanz 1414-1418, S. 57. 35 Engelsing: Das Tägermoos, S. 79. 36 Zit. nach Zimmermann: Konstanz in den Jahren von 1548-1733, S. 188. 37 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 156 f. 38 Küster: Handel und Import von Nahrungsmitteln, S. 428. 39 Planck: Archäologie in Baden-Württemberg, S. 266. <?page no="144"?> 144 Anmerkungen 40 Küster: Kultur- und Nutzpflanzen in Konstanz, S. 292. 41 Zit. nach Maurer: Konstanz im Mittelalter. II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S. 177. 42 Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas, S. 120. 43 Zimmermann: Konstanz in den Jahren 1548-1733, S.-270. 44 Burkhardt: Konstanz im 18. Jahrhundert, S.-352. 45 Städtische Museen Konstanz, Rosgartenmuseum: Die verdrängten Jahrhunderte, S. 52. 46 Ein Jauchert entspricht ursprünglich der Fläche, die mit zwei Ochsen an einem Tag gepflügt werden kann. Es wird 1872 auf 3.330 m² festgelegt. 47 Städtische Museen Konstanz, Rosgartenmuseum: Die verdrängten Jahrhunderte, S. 52. 48 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 17. 49 Ebd., S. 80. 50 Maurer: Konstanz im Mittelalter. I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 155. 51 Maurer: Konstanz im Mittelalter. II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S.-266 f. 52 Nähere Ausführungen dazu: Engelsing: Das Tägermoos, S. 80. 53 Burkhardt: Konstanz im 18. Jahrhundert, S. 437. 54 Artikel in der Konstanzer Zeitung vom 11. Januar 1870, zit. nach Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Aufschwung im Kaiserreich, S. 9. 55 Engelsing: Das Tägermoos, S. 85. 56 Zit nach ebd., S. 91. 57 Engelsing: Um vier Uhr früh begann der Tag, S. 39. 58 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 108. 59 Burchardt: Konstanz im Ersten Weltkrieg, S. 32. 60 Ders.: Konstanz im Zweiten Weltkrieg, S. 365. Eine ausführliche Darstellung zum Zweiten Weltkrieg gibt Moser: Devisen statt Gemüse, S. 32-41. 61 Vgl. dazu Kokabi: Die Fleischküche, S. 297-299. 62 Aus dem Konstanzer Häuserbuch, zitiert nach Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 290. 63 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 275. 64 Ein Werkschuh ist eine alte Maßeinheit und entspricht in Baden 30 cm. 65 Hirsch: Konstanzer Häuserbuch 1908, S. 59. 66 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil. S. 155. 67 Ebd., S. 257. 68 Genauere Angaben dazu ebd., S. 112. 69 Zimmermann: Konstanz in den Jahren 1548-1733, S. 290 f. 70 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 86. 71 Mader/ Neubert-Mader: Bäume, S. 84. 72 Hirsch: Konstanzer Häuserbuch, S. 54. 73 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 124 f. 74 Planck: Archäologie in Baden-Württemberg, S. 267. 75 Sillmann: Nahrungspflanzen aus der Latrine 10 in Freiburg, Gauchstraße, S. 294. 76 Nähere Ausführungen zur Geschichte der Streuobstwiesen, die vor ca. 200 Jahren einsetzte: Müller: Landschaftselemente aus Menschenhand, Kap.3.2 Streuobst: einst innovativ, jetzt unrationell, S.69 ff. 77 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 108. 78 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 26. 79 Konstanzer Zeitung, 27.12.1913. 80 Braumann-Honsell: Kleine Welt - Große Welt, S. 27. 81 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 21. 82 Zit. nach v. Trotha: Gartenkunst, S. 40. <?page no="145"?> Anmerkungen 145 83 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 7 f. 84 de Nerval: Oevres complètes, II, S.187 f. 85 Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 276. 86 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 248. 87 Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 306. 88 Ein Jauchert entspricht 3.330 m². 89 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 248. 90 Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 280. 91 Ebd. 92 Ebd., S. 277 f. 93 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 248. 94 Ders.: Konstanz im Mittelalter, II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S. 51. 95 Konstanzer Zeitung 1935, zit. nach Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S.-290. 96 Beyerle: Konstanz im Dreißigjährigen Krieg, S. 6. 97 Alle Angaben zu dem Flurstück aus: Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S.-308 f. 98 Vgl. Anm. 88. 99 Konstanzer Zeitung vom 13. Juni 1851, zit. nach: Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 308. 100 Klöckler: Die Konstanzer Handschrift der Konzilchronik des Ulrich Richental, S. 5. 101 Die beiden Anzeigen sind entnommen: Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 273 f. 102 Picard: Werke Teil II, S. 84 f. 103 Blechner: Das Sattlerhäusle im Ergaten, S. 18. 104 Ebd., S. 23 f. 105 Ebd., S. 24. 106 Meschenmoser: Zeugen alter Weinbautradition, S. 262. 107 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 14. 108 Zedlers Universal-Lexikon von 1735, zit. nach Janowitz: Gartenkunstmuseum Schloss Fantaisie, S. 8. 109 von Trotha: Gartenkunst, S. 9. 110 Ein Werkschuh entspricht 30 cm. 111 Zit. nach Hirsch: Konstanzer Häuserbuch, S. 53. 112 Ebd. 113 Maurer: Konstanz im Mittelalter, Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 156. 114 Ebd., S. 248. 115 Städtische Museen Konstanz, Rosgartenmuseum: Die verdrängten Jahrhunderte, S. 52. 116 Planck: Archäologie in Baden-Württemberg, S. 267. 117 Ebd. 118 Rösch: Die Situation in Südwestdeutschland, S. 296. 119 Alle folgenden Zitate aus dem Gartenbuch des Mönches sind entnommen aus: Des Walahfrid von der Reichenau Hortulus. Gedichte über die Kräuter seines Klostergartens vom Jahre 827, Wiedergabe des Druckes von 1510, Neuauflage und Bearbeitung, Reichenau 2011. In dem Druck gibt es keine Seitenzahlen, sodass Seitenangaben nicht möglich sind. 120 Rösch: Die Situation in Südwestdeutschland, S. 297. 121 Klöckler: Selbstbehauptung durch Selbstgleichschaltung, S.- 277. Der Autor erläutert die Gründung der Siedlung im Rahmen der NS-Kommunalpolitik. 122 Südkurier 1976, zit. nach Meschenmoser: So entstand Ergatshausen, S. 104. 123 Ebd., S. 105. 124 Ebd., S. 107. <?page no="146"?> 146 Anmerkungen 125 Ausführungen dazu bei: Foege: Wessenbergs Herzenskind. 126 Aus einem Verwaltungsratsbericht, zit. nach: Albrecht: Auch das Weib ist berufen ..., S.-105. 127 Ebd., S.-112. 128 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 22. 129 Ebd., S. 31. 130 Dazu: Sfedu: Ein Konstanzer Bürgerwerk. 131 Rösch: Die Situation in Südwestdeutschland, S. 297. 132 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 50. 133 Braumann-Honsell: Kleine Welt - Große Welt, S. 196. 134 Ebd., S. 66. 135 Ebd., S. 67. 136 Ebd., S. 233. 137 Zit. nach Kelter/ Kinder: Bodenseegeschichten, S. 79 f. 138 Picard: Werke Teil II, S. 59. 139 Ebd., S. 77. 140 Der Garten lag in der Alpenstraße. Das Tagebuch wurde herausgegeben von Burchardt: Aufregende Tage und Wochen, S. 217. 141 www.klimastadt-konstanz.de 3.4.17. 142 Südkurier, Ausgabe Konstanz, vom 24.3.2017. 143 www.anstiftung.de 16.1.2018. 144 Küster: Geschichte des Waldes, S. 171. 145 Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 248. 146 Ebd., S. 154. 147 Maurer: Konstanz im Mittelalter, II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S.-167. 148 Ebd., S. 197. 149 Zit. nach: Kelter/ Kinder: Bodenseegeschichten, S. 29 f. 150 Ebd., S. 31. 151 Zu den Mailänder Handelsverbindungen vgl.: Maurer: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil, S. 257. 152 Zimmermann: Konstanz in den Jahren von 1548-1733, S. 274. 153 Dessau-Wörlitz an einem Tag, S. 34. 154 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Restauration. Revolution. Liberale Ära, S.-44. 155 Spindler: Die Schwertbergers, S. 160. 156 Vgl. Schmieder: Pause am See. 157 Mader/ Neubert-Mader: Bäume, S. 85. 158 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Restauration. Revolution. Liberale Ära, S.-92. 159 Burkhardt: Konstanz im 18. Jahrhundert, S. 388. 160 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 216. 161 Vgl. dazu Südkurier, Ausgabe Konstanz vom 7.7.2017. 162 Unveröffentlichtes Material aus dem Nachlass von Wilhelm v. Scholz, Aufsatzsatzheft von Irmgard v. Scholz, Stadtarchiv Konstanz, Familienarchiv v. Scholz. 163 Feger: Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, S. 85. 164 Konstanzer Zeitung, 2. September 1873, zit. nach: Klöckler/ Fromm: Konstanz in frühen Photographien, S. 123. 165 Maurer: Konstanz im Mittelalter, Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S. 177. 166 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 22. 167 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 85. 168 Genauere Angaben dazu gibt: Kehrer: Das „Konstanzer Döbele“ in der Schweiz. 169 Engelsing: Das Grammophon spielte zum Eisvergnügen, Südkurier vom 2. März 1999. <?page no="147"?> Anmerkungen 147 170 Dazu auch ders.: Das Tägermoos, S. 54 f. 171 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Restauration. Revolution. Liberale Ära, S.-272. 172 Maurer: Konstanz im Mittelalter, II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, S.-178. 173 Dazu: Zimmermann: Konstanz in den Jahren von 1548-1733, S. 220 f. 174 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Restauration. Revolution. Liberale Ära, S.-227 f. 175 Vgl. ders.: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 299 f. 176 Konstanzer Zeitung vom 28. Mai 1879, zit. nach Klöckler/ Fromm: Konstanz in früheren Photographien, S. 78. 177 Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 89. 178 Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 26. 179 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 48. 180 Picard: Werke Teil II, S. 44. 181 Bloch: Das verlorene Paradies, S. 48. 182 Picard: Werke Teil II, S. 68 f. 183 Zit. nach Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S.-152. 184 Zit. nach ebd. 185 www.palmenhaus-konstanz.de 13.12.2016. 186 Schmidt: Die Botanischen Gärten in Deutschland, S. 197 f. 187 Zit. nach Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Restauration. Revolution. Liberale Ära, S. 311. 188 Zit. nach ebd. 189 Illi: Sterben, Tod und Friedhof, S.-478. 190 Südkurier Konstanz vom 9.1.2017. 191 Wolfrum/ Janson: Architektur der Stadt, S. 115. 192 Zang: Konstanz in Großherzoglicher Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S. 151. 193 Vgl. ebd., S. 215. 194 Ders.: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Restauration. Revolution. Liberale Ära, S.-310. 195 Eine Schilderung der Konstanzer Wandervogelbewegung gibt Erich Bloch, der sich als Gymnasiast schon früh dieser Gruppe anschloss; dazu Näheres in: Bloch, Das verlorene Paradies, S.56 ff. 196 Ebd., S. 31. 197 Vgl. Moser: Entwicklungsprojekte gegen Naturschutz, S. 68-73. 198 Zit. nach ebd., S. 71. 199 Burchardt: Aufregende Tage und Wochen, S. 127. 200 www.stadt.konstanz.de/ rathaus/ ortsrecht 17.1.2017 201 Zit. nach Zang: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Aufschwung im Kaiserreich, S.-86. 202 Zit. nach ebd. 203 Zit. nach ebd. 204 Zit. nach ebd. 205 Zit. nach ebd., S. 301 206 Zit. nach ebd. 207 v. Wessenberg: So versank die Herrlichkeit, S. 103. 208 Thorbecke: Was war los im Tägermoos? S. 42. 209 Zit. nach Klein/ Rosbach: Konstanz, S. 17. 210 Des Walahfrid von der Reichenau Hortulus, Nachdruck Reichenau 2011, zitiert aus der Widmung am Schluss. <?page no="149"?> Literaturverzeichnis Albrecht Christa (Hg.): Auch das Weib ist berufen ..., Konstanz 1997 Becker, Bernd/ Oexle, Judith: Stadt und Umland - dargestellt am Beispiel der Waldnutzung im Umland des mittelalterlichen Konstanz, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S. 374-379 Beyerle, Konrad: Konstanz im Dreißigjährigen Krieg. Schicksale der Stadt bis zur Aufhebung der Belagerung durch die Schweden 1628-1633, Nachdruck der 1900 erschienenen Originalschrift, Offenbach 2001 Blechner, Gernot: Das Sattlerhäusle im Ergaten. Zur Geschichte des Ergatshauser Hofes, in: Delphin-Kreis (Hg.): Von Stadtteilen, Baulichkeiten und Originalen aus Konstanz und der Schweizer Nachbarschaft, Konstanzer Beiträge zu Geschichte und Gegenwart, Neue Folge, Band 1, Konstanz 1986, S. 13-38 Bloch, Erich: Das verlorene Paradies. Ein Leben am Bodensee 1897-1939, bearbeitet v. Werner Trapp (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, Band X X XIII), Sigmaringen 1992 Braumann-Honsell, Lilly: Kleine Welt - Große Welt. Frauen erleben ein Jahrhundert am Bodensee, Neuauflage nach der 2. Auflage von 1951, Konstanz 1981/ 1988 Burchardt, Lothar: Konstanz im Ersten Weltkrieg, in: Konstanz im 20. Jahrhundert. Die Jahre 1914-1945 (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 5), Konstanz 1990, S. 11-66 Burchardt, Lothar: Konstanz im Zweiten Weltkrieg, in: Konstanz im 20. Jahrhundert. Die Jahre 1914-1945 (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 5), Konstanz 1990, S. 348-429 Burchardt, Lothar (Hg.): Aufregende Tage und Wochen. Das Tagebuch des Konstanzer Lehrers Herbert Holzer aus den Jahren 1945-1948 (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, Band 10), Konstanz 2010 Burkhardt, Martin: Konstanz im 18. Jahrhundert, in: Konstanz in der frühen Neuzeit. Reformation. Verlust der Reichsfreiheit. Österreichische Zeit (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 3), Konstanz 1991, S. 313-449 Dessau-Wörlitz an einem Tag. Ein Stadtrundgang, Leipzig 2013 Engelsing, Tobias: Das Grammophon spielte zum Eislaufvergnügen, Südkurier, Ausgabe Konstanz vom 2. März 1999 Engelsing, Tobias: Das Tägermoos. Ein deutsches Stück Schweiz, Konstanz 2016 Engelsing, Tobias: Um vier Uhr früh begann der Tag, in: Familienbande, Konstanzer Familiengeschichte(n) aus vier Jahrhunderten (Konstanzer Museumsjournal 2005), S. 38-47 Feger, Otto: Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, Konstanz 3 1972 Foege, Lisa: Wessenbergs Herzenskind. Geschichte einer sozialen Fürsorgeeinrichtung in Konstanz (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, Band 17), Konstanz 2014 <?page no="150"?> 150 Literaturverzeichnis Glaser, Rüdiger: Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Frankfurt 3 2013 Goebelbecker, Ludwig Friedrich: Das Kind in Haus, Schule und Welt, Leipzig 1914 Hirsch, Fritz: Konstanzer Häuserbuch. Erster Band. Bauwesen und Häuserbau, Offenbach 2000, Neuausgabe der Originalausgabe von 1906 Illi, Martin: Sterben, Tod und Friedhof, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S.-471-479 Janowitz, Esther: Gartenkunstmuseum Schloss Fantaisie, ein Museumsführer, Bayrische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München 2000 Kehrer, Alfred: Das „Konstanzer Döbele“ in der Schweiz, in: Konstanzer Almanach 20, 1980, S. 60-62 Kelter, Jochen/ Kinder, Hermann (Hg.): Bodenseegeschichten, Tübingen 2009 Klein, Diethard H./ Rosbach, Heike (Hg.): Konstanz. Ein Lesebuch, Husum 1990 Klöckler, Jürgen/ Fromm, Norbert: Konstanz in frühen Photographien. Bilder aus der Sammlung Wolf 1860-1930 (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, Band X X XVIII), Ostfildern 2003 Klöckler, Jürgen: Die Konstanzer Handschrift der Konzilchronik des Ulrich Richental. Eine kommentierte Überlieferungsgeschichte, Darmstadt 2013 Klöckler, Jürgen: Selbstbehauptung durch Selbstgleichschaltung. Die Konstanzer Stadtverwaltung im Nationalsozialismus (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, Band XLIII), Ostfildern 2012 Kokabi, Mostefa: Die Fleischküche, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S. 297-299 Küster, Hansjörg: Die Entdeckung der Landschaft. Einführung in eine neue Wissenschaft. München 2012 Küster, Hansjörg: Geschichte des Waldes. Von der Urzeit zur Gegenwart, München 3 2013 Küster, Hansjörg: Handel und Import von Nahrungsmitteln. Pflanzliche Nahrung von nah und fern, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S. 428 f. Küster, Hansjörg: Kultur- und Nutzpflanzen in Konstanz, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönche. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden - Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S.292 f. Mader, Günter/ Neubert-Mader, Laila: Bäume. Gestaltungsmittel in Garten, Landschaft und Städtebau, Stuttgart 1996 Maurer, Helmut: Konstanz im Mittelalter, I. Von den Anfängen bis zum Konzil (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 1), Konstanz 2 1996 <?page no="151"?> Literaturverzeichnis 151 Maurer, Helmut: Konstanz im Mittelalter, II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 2), Konstanz 2 1996 Meschenmoser, Rainer: So entstand Ergatshausen. Die städtebauliche Entwicklung des Konstanzer Quartiers und seiner näheren Umgebung, in: Delphin- Kreis (Hg.): Von Stadtteilen, Baulichkeiten und Originalen aus Konstanz und der Schweizer Nachbarschaft, Konstanzer Beiträge zu Geschichte und Gegenwart, Neue Folge, Band 1, Konstanz 1986, S. 91-121 Meschenmoser, Rainer: Zeugen alter Weinbautradition. Auf der Suche nach Torkeln und Rebhäuschen in Konstanz, in: Das DelphinBuch 11, hrsg. vom Delphin-Kreis, Konstanz 2013, S. 261-329 Moser, Arnulf: Devisen statt Gemüse. Das Konstanzer Paradies und das Schweizer Tägermoos im Zweiten Weltkrieg, in: Konstanzer Almanach 31, 1985, S. 32-41 Moser, Arnulf: Entwicklungsprojekte gegen Naturschutz, in: Bodensee Hefte Nr.-10, Oktober 1988, S. 68-73 Müller, Johannes: Landschaftselemente aus Menschenhand. Biotope und Strukturen als Ergebnis extensiver Nutzung, München 2005 Nerval, Gérard de: Oevres complètes, II, Édition publiée sous la direction de Jean Guillaume et de Claude Pichois, Paris 1984 Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, Jubiläumsedition, München 2013 Petzoldt, Leander: Sagen rund um den Bodensee, Karlsruhe 1990 Picard, Jacob: Werke Teil II, Lengwil 1991 Planck, Peter (Hg.): Archäologie in Baden-Württemberg, Stuttgart 1994 Regnath, Johanna: Das Schwein im Wald. Vormoderne Schweinehaltung zwischen Herrschaftsstrukturen, ständischer Ordnung und Subsistenzwirtschaft, Tübingen 2008 Richental, Ulrich: Chronik des Konzils zu Konstanz 1414-1418, Faksimile der Konstanzer Handschrift, Stuttgart 2013 Rösch, Manfred: Die Situation in Südwestdeutschland, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden- Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S. 295-297 Schmidt, Loki: Die Botanischen Gärten in Deutschland, Hamburg 1997 Schmieder, Dagmar (Hg.): Pause am See. Vom Rebgut zur Reha-Klinik in Konstanz, Konstanz 1993 Sfedu, Tatiana: Ein Konstanzer Bürgerwerk. Das Rosgartenmuseum seit Ludwig Leiner (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, Band 7), Konstanz 2007 Sillmann, Marion: Nahrungspflanzen aus der Latrine 10 in Freiburg, Gauchstraße, in: Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 1300, hrsg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg und der Stadt Zürich, Stuttgart 1992, S.-293-295 Spindler, Carl: Die Schwertbergers, Konstanz 1982, Nachdruck der Erstausgabe von 1844/ 45 <?page no="152"?> 152 Literaturverzeichnis Städele, Dieter: Von dem und jenem oder Kind sein in Ergatshausen, in: Delphin- Kreis (Hg.): Von Stadtteilen, Baulichkeiten und Originalen aus Konstanz und der Schweizer Nachbarschaft. Konstanzer Beiträge zu Geschichte und Gegenwart. Neue Folge, Band 1, Konstanz 1986, S. 122-138 Städtische Museen Konstanz, Rosgartenmuseum (Hg.): Die verdrängten Jahrhunderte. Konstanz als österreichische Stadt 1548-1806 (Konstanzer Museumsjournal 1996), Konstanz 1996 Thorbecke, Christel: Was war los im Tägermoos? Eine deutsch-schweizerische Bürgerinitiative blickt zurück, hrsg. von der Bürgerinitiative zur Rettung der Pappelallee im Tägermoos, 2016 Trotha, Hans von: Gartenkunst. Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies, Berlin 2012 Des Walahfrid von der Reichenau Hortulus. Gedichte über die Kräuter seines Klostergartens vom Jahre 827, Wiedergabe des ersten Wiener Druckes vom Jahre 1510, neu aufgelegt und bearbeitet beim Kunstverlag Keller, Reichenau 2011 Wessenberg, Ignaz Heinrich von: So versank die alte Herrlichkeit. Reisebilder und Gedichte, hrsg. von Klaus Oettinger und Helmut Weidhase, Konstanz 1988 Wolfrum, Sophie/ Janson, Alban: Architektur der Stadt, Stuttgart 2016 Zang, Gert: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Restauration. Revolution. Liberale Ära (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 4.1), Konstanz 1994 Zang, Gert: Konstanz in der Großherzoglichen Zeit. Aufschwung im Kaiserreich (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 4.2), Konstanz 1993 Zimmermann, Wolfgang: Konstanz in den Jahren von 1548-1733, in: Konstanz in der frühen Neuzeit. Reformation. Verlust der Reichsfreiheit, Österreichische Zeit (Geschichte der Stadt Konstanz, Band 3), Konstanz 1991, S.-147- 312 www.anstiftung.de 16.1.2018 www.klimastadt-konstanz.de 3.4.2017 www.palmenhaus-konstanz.de 13.12.2016 www.stadt.konstanz.de/ rathaus/ ortsrecht 17.1.2017 www.die-wurzelkinder.de 28.8.2016 <?page no="153"?> Verzeichnis der Abbildungen S. 9 Konstanz während der schwedischen Belagerung im Herbst 1633. Kupferstich von Matthäus Merian, 1643 (StadtA Konstanz Z I Alte Bildsammlung ) S. 13 Konstanzer Gesamtansicht von Südwesten, kolorierte Federzeichnung von Johann Baptist von Lob, 1799 (Rosgartenmuseum Konstanz T 778) S. 17 Konstanzer Gesamtansicht von Nordwesten um 1850, Stahlstich Louis Thümling (Rosgartenmuseum Konstanz T 173) S. 21 Portal eines Hauses am Obermarkt (StadtA Konstanz Z1.altD9-253) S. 23 Konstanzer Stadtlandschaft um 1853, Tonlithographie um 1853 (Rosgartenmuseum Konstanz 1957/ 103) S. 25 Waldkindergarten, privates Foto S. 31 Lageplan vom Paradies um 1826, Lithographie (Rosgartenmuseum Konstanz T 858) S.32 Bauern bei Feldarbeit, Blick von Nordwesten um 1835, Aquatinta von Caspar Burckhard (Rosgartenmuseum Konstanz 1957/ 71) S. 35 Plan von Konstanz, erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, Kupferstich (Rosgartenmuseum Konstanz 1964/ 232) S. 36 Blick auf das Paradies von der Unteren Laube (StadtA Konstanz Z1.wolf H10-728) S. 38 Plan des Tägermooses von 1788 (StadtA Konstanz Z1.altD651-5) S. 42 Ritter auf Minnekästchen (Schweizerisches Nationalmuseum IN-6957.4) S. 46 Obstbäume beim Inneren Paradieser Tor, Ölbild von Joseph Mosbrugger um 1836 (StadtA Konstanz Z1.altD231-36) S. 48 Familie bei Obsternte, Repro Marita Sennekamp S. 50 Blick vom Münster, Ölgemälde Nikolaus Hug 1848 (Rosgartenmuseum Konstanz T 673) S. 51 Landschaft von Westen, Gemälde von Johannes Dürr um 1799 (Rosgartenmuseum Konstanz T 574) S. 55 Nikolai-Torkel Konstanz, privates Foto S. 58 Rebhang Raiteberg in Konstanz, privates Foto S. 59 Rebhäuschen am Lorettowald, Gemälde von Nikolaus Hug 1836 (StadtA Konstanz Z1.altD271-92) S. 63 Garten des Klosters Petershausen, Kupferstich von Johann Gottfried Böck, Mitte des 19. Jahrhunderts (StadtA Konstanz Z1.altD251-19) S. 68 Augustinerkloster Kreuzlingen, Stich von Johann Saedeler 1633 (StadtA Konstanz Z1.altD471-30) S. 69 Sierenmoosgärten um 1935, Foto Joseph Fischer (StadtA Konstanz Z1.fi.1344) S. 71 Kräutergarten des Klosters Reichenau, privates Foto S. 73 Gartenland Haidelmoos 1955, Foto von Jeanine le Brun (StadtA Konstanz Z1.1513.2) <?page no="154"?> 154 Verzeichnis der Abbildungen S. 75 Wessenbergheim mit Gartenanlage, Foto Joseph Fischer, erste Hälfte 20.-Jh. (StadtA Konstanz Z1.fi.825) S. 76 Familie im Ziergarten, Repro Marita Sennekamp S. 79 Mönche des Chorherrenstifts Kreuzlingen bei Gartenarbeit, Aquarell von Nikolaus Hug, 1829 (Museum Rosenegg Kreuzlingen) S. 81 Gartenanlage in einer Puppenstube aus dem Stadtmuseum Überlingen, Mitte des 19. Jhs., privates Foto S. 83 Offene Landschaft vor der Stadt um 1820, Aquatinta von Johannes Hausheer (StadtA Konstanz Z1.altD14-5) S. 84 Alter Villengarten im Konstanzer Musikerviertel, privates Foto S. 87 Garten Grünenbergweg, um 1930 (StadtA Konstanz 1.wolf H12-2800) S. 91 Liebesgarten, Ölgemälde auf einer Konstanzer Bohlenwand um 1470 (Schweizerisches Nationalmuseum LM-6277.1-7) S. 94 Landhaus und Park des Grafen Thurn, kolorierte Radierung von Nikolaus Hug 1829 ( Rosgartenmuseum Konstanz T 331) S. 96 Parkgelände auf der rechten Rheinseite um 1875 (StadtA Konstanz Z1.wolf H42-4315) S. 97 Villa Herosé mit Park um 1895 (StadtA Konstanz Z1.wolf H19-3833) S. 99 Büdingen-Park um 1916, Lithographie auf Postkarte (StadtA Konstanz Z1.pk.25-0215) S. 100 Büdingen Park 2017, privates Foto S. 103 Obermarkt um 1860, Stahlstich von unbekannter Hand (StadtA Z1.altD261-6) S. 105 Platz an der Linde im Sierenmoos 2017, privates Foto S. 106 Fasnacht auf der Marktstätte 1893 (StadtA Konstanz Z1.wolf H48-4457) S. 107 Oberer Münsterhof 1892 (StadtA Konstanz Z1.altD200-18) S. 109 Schulhof der Gemeinschaftsschule, privates Foto S. 110 Eisdöbele 1910 (StadtA Konstanz Z1.wolf H39-1375) S. 111 Turnfest auf der Jahnwiese 1924, Foto von Joseph Fischer (StadtA Konstanz Z1.fi.852.3) S. 112 Schießstand im Paradies, Gebhard Gagg nach einer alten Zeichnung aus der Luzerner Diepold Schilling Chronik 1513 (Rosgartenmuseum Konstanz T 946) S. 113 Gruppe von Offizieren in der Klosterkaserne um 1900, Foto Fam. Wolf (StadtA Konstanz Z1.wolf H47-4432) S. 116 Stadtgarten um 1880, Foto Fam. Wolf (StadtA Konstanz 1.wolf H24-3929) S. 117 Stadtgarten um 1900, Foto Fam. Wolf (StadtA Konstanz 1.wolf H18-5843) S. 121 Palmenhaus 1933, Foto von Joseph Fischer (StadtA Konstanz Z1.fi.661.1) S. 122 Botanischer Garten der Universität Konstanz, privates Foto S. 123 Hauptfriedhof 1928, Foto German Wolf (StadtA Konstanz F 214) <?page no="156"?> Band 3 Jürgen Klöckler (Hg.) Konstanz in beiden Weltkriegen Festschrift für Lothar Burchardt 2004, 160 Seiten, 26 s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-89669-695-3 Band 6 Robert Heinze Vom Theaterorchester zum internationalen Klangkörper Zum 75-jährigen Jubiläum der Südwestdeutschen Philharmonie 120 Seiten, 45 s/ w und 11 farbigen Abb., Broschur ISBN 978-3-89669-641-0 Band 7 Tatiana Sfedu Ein Konstanzer Bürgerwerk Das Rosgartenmuseum seit Ludwig Leiner 2007, 180 Seiten, 27 s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-89669-640-3 Band 8 Walter Rügert, Andy Theler (Hg.) Vom Grenzzaun zur Kunstgrenze Zur Geschichte eines außergewöhnlichen Projekts 2007, 100 Seiten, 35 farbigen und 13 s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-89669-642-7 Band 9 Lisa Foege Konstanz unter Strom Zum 100-jährigen Bestehen des Elektrizitätswerkes Konstanz 2008, 76 Seiten, 16 s/ w Abb. und 12 farbigen Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-068-8 Band 10 Lothar Burchardt (Hg.) Aufregende Tage und Wochen Das Tagebuch des Konstanzer Lehrers Herbert Holzer aus den Jahren 1945-1948 2010, 246 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86764-251-4 Band 11 Daniela Frey, Claus-Dieter Hirt Französische Spuren in Konstanz Ein Streifzug durch die Jahrhunderte 2011, 186 Seiten, farbigen und s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-322-1 Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz Klicken + Blättern Leseprobe und Inhaltsverzeichnis unter www.uvk.de Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. : Weiterlesen <?page no="157"?> Band 12 Daniel Wilhelm Energie aus dem Paradies Gasversorgung in Konstanz seit 1861 2011, 128 Seiten, farbigen und s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-318-4 Band 13 Heike Kempe (Hg.) Die »andere« Provinz Kulturelle Auf- und Ausbrüche in der Bodensee-Region seit den 1960er Jahren 2013, 200 Seiten, farbigen und s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-363-4 Band 14 David Bruder Soziale Stimme - streitbarer Sachverstand Geschichte des Mieterbundes in Konstanz seit 1912 2012, 154 Seiten, farbigen und s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-381-8 Band 15 Manfred Bosch, Siegmund Kopitzki (Hg.) Wettlauf mit dem Schatten Der Fall (des) Wilhelm von Scholz 2013, 288 Seiten, farbigen und s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-86764-384-9 Band 16 Arnulf Moser Vom Königlichen Garnisons-Lazarett zur Arbeiterwohlfahrt Die wechselvolle Geschichte des Gebäudekomplexes Friedrichstraße 21 in Konstanz von 1882 bis heute 2013, 102 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86764-429-7 Band 17 Lisa Foege Wessenbergs Herzenskind Geschichte einer sozialen Fürsorgeinstitution in Konstanz 2013, 200 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86764-452-5 Band 18 Klaus Oettinger Aufrecht und tapfer Ignaz Heinrich von Wessenberg - ein katholischer Aufklärer Essays, Vorträge, Analekten 2016, 208 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86764-723-6 Klicken + Blättern Leseprobe und Inhaltsverzeichnis unter www.uvk.de Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. : Weiterlesen <?page no="158"?> Band 1 Stefan Feucht (Hg.) 1810 - Die vergessene Zäsur Neue Grenzen in der Region Bodensee-Oberschwaben 2013, 172 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-357-3 1810 fand die territoriale Neuordnung Süddeutschlands während der napoleonischen Ära ihr Ende. Die damals getroffene Grenzziehung wirkt bis heute nach. Die Beiträge einer Tagung des Kulturamts des Bodenseekreises und der Gesellschaft Oberschwaben beschäftigen sich mit den Grenzveränderungen und deren Wahrnehmung durch die Bevölkerung in Oberschwaben und am nördlichen Bodensee. Band 2 Kurt Badt »Mir bleibt die Stelle lieb, wo ich gelebt« Erinnerungen an den Bodensee herausgegeben von Manfred Bosch 2012, 342 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-358-0 Der Berliner Maler und Kunstwissenschaftler Kurt Badt (1890-1973) schrieb seine »Erinnerungen an den Bodensee« 1940/ 41 im Londoner Exil nieder: Nach dem Ersten Weltkrieg hatte er diese Landschaft für sich entdeckt und zu seiner Heimat gemacht, bis er als Jude in den enddreißiger Jahren gezwungen war, sie aufzugeben. Badts umfangreicher Text geht zurück bis zur ersten Begegnung mit dem Bodensee und weitet sich vor dem Hintergrund persönlicher Erfahrungen und Erlebnisse zu einer Darstellung seiner geographischen, historischen, zeitgeschichtlichen, kulturellen und sozialen Realität im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts - immer erfasst mit dem sicheren, quasi stereoskopischen Blick des Künstlers wie des Wissenschaftlers. Band 3 Manfred Bosch, Oswald Burger »Es war noch einmal ein Traum von einem Leben« Schicksale jüdischer Landwirte am Bodensee 1930-1960 Mit einem Beitrag von Christoph Knüppel 2015, 240 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-630-7 In neun Kapiteln werden jüdische Landwirte und Hofbesitzer vorgestellt. Die meisten kamen aus großen Städten an den Bodensee. Sie waren auf der Suche nach einer anderen Lebensweise, oder sie waren in den frühen 30er Jahren aus ihrer Lebensbahn geworfen worden und erwarteten sich von der Abgeschiedenheit der Landschaft den relativen Schutz grenznaher Regionen. Südseite. Kultur und Geschichte des Bodenseekreises Klicken + Blättern Leseprobe und Inhaltsverzeichnis unter www.uvk.de Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. : Weiterlesen <?page no="159"?> Band 1 Andreas Schmauder (Hg.) Macht der Barmherzigkeit Lebenswelt Spital 2000, 176 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-89669-955-8 Band 2 Andreas Schmauder (Hg.) Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee 2. Auflage 2017, 150 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-463-1 Band 3 Andreas Schmauder (Hg.) Die Zeit der Händler 850 Jahre Markt in Ravensburg. 2002, 166 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-89669-776-9 Band 4 Andreas Schmauder (Hg.) Hahn und Kreuz 450 Jahre Parität in Ravensburg 2005, 160 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-89669-565-9 Band 5 Andreas Schmauder, Paul-Otto Schmidt-Michel, Franz Schwarzbauer (Hg.) Erinnern und Gedenken Das Mahnmal Weißenau und die Erinnerungskultur in Ravensburg 2007, 174 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-89669-625-0 Band 6 Marc Spohr Auf Tuchfühlung 1000 Jahre Textilgeschichte in Ravensburg und am Bodensee 2013, 160 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-442-6 Band 7 Elena Bitterer Meine Heimat im Glas Repräsentation in Raum und Zeit bei Heimatvertriebenen in Ravensburg 2014, 270 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-532-4 Band 8 Ina Szymnau Im Zeichen des Krieges Der Erste Weltkrieg und Ravensburg 1914 - 1918 2014, 176 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-533-1 Historische Stadt Ravensburg Klicken + Blättern Leseprobe und Inhaltsverzeichnis unter www.uvk.de Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. : Weiterlesen <?page no="161"?> Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz 19 Marita Sennekamp Grün in der Stadt Marita Sennekamp Grün in der Stadt Eine historische Spurensuche in Konstanz Die vielfältige Konstanzer Stadtlandschaft von heute, geprägt von Wald, Rebflächen, Gärten, Parkanlagen, grünen Plätzen und Gemüsefeldern im Tägermoos, basiert letztlich auf dem Gestaltungswillen von Generationen. Die Historikerin Marita Sennekamp zeigt, wie eine differenzierte Stadtgesellschaft seit dem Mittelalter ihren Lebensraum den jeweiligen Bedürfnissen anpasste. Lange Zeit stand die ökonomische Nutzung im Vordergrund, die jedoch immer auch eine soziale Komponente einschloss. Doch hatte und hat Stadtgrün abseits der reinen Nutzung zweifellos noch weitere Funktionen im Bereich von Ästhetik, Psychologie, Pädagogik und Ökologie. Den zeitlosen Wert des städtischen Grüns für die Einwohnerschaft verdeutlichen eindringliche Zitate von Zeitgenossen. Das gilt angesichts zunehmender Verknappung unbebauter Flächen in der Stadt umso mehr. Die Darstellung aktueller Probleme wie etwa die (Teil-)Fällung einer Pappelallee und ein Blick auf die Entwicklung des Landschaftsschutzes ergänzen diese historische Spurensuche zur Nutzung und Wahrnehmung von Stadtgrün in Konstanz. www.uvk.de ISBN 978-3-86764-848-6