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Besieg den inneren Schweinehund!

Selbstmotivation im digitalen Studium

0513
2020
978-3-7398-3061-2
UVK Verlag 
Antje Ries
Stephanie Walter

Und plötzlich digital Sich und das eigene Studium ganz ungewohnt vom heimischen PC aus zu organisieren, klingt zunächst verlockend, ist aber ohne Frage eine große Herausforderung. Es fehlt der Austausch mit anderen Studierenden, Dozenten und Beratungsstellen vor Ort, die sonst so toll unterstützen bei der Organisation des eigenen Studiums. Gleichzeitig benötigt es eine große Portion Selbstmotivation! Der vorliegende Studienratgeber richtet sich an alle Studierenden, unabhängig von Fachrichtung oder Semester, die sich gerade im digitalen Studienalltag zu Recht finden müssen. Mit wertvollen Tipps und Tricks behalten Sie in ihrem "Online-Studium auf Zeit" alles im Blick!

<?page no="0"?> Study@home Besieg den inneren Schweinehund! Selbstmotivation im digitalen Studium Antje Ries, Stephanie Walter <?page no="1"?> Was bedeutet Studieren im Quadrat? Erfolgreich studieren, das ist leichter gesagt als getan. Denn zwischen Hörsaal, Bibliothek und Prüfungen gibt es im Studi-Alltag so manche Herausforderung zu meistern. Die UVK-Reihe »Studieren im Quadrat« hilft Ihnen dabei. Bislang sind erschienen:  Beruf und Studium: Büffeln nach Feierabend  Besieg den inneren Schweinehund!  Bring Ordnung ins Chaos!  Don‘t Panic! Studienabbruch als Chance  Erfolgreich gründen: Start-Up im Studium  Gechillt und entspannt durchs Studium  Gib endlich ab! Die Abschlussarbeit erfolgreich fertigstellen  Leg jetzt los und bleib am Ball!  Los geht’s: Mein Berufseinstieg  Mein Praktikum: Bewerben, einsteigen, aufsteigen  Stay cool: Überzeugend präsentieren im Studium  Vom Studenten zum Chef <?page no="2"?> Antje Ries, Stephanie Walter Studieren im Quadrat Besieg den inneren Schweinehund! Selbstmotivation im digitalen Studium UVK Verlag · München <?page no="3"?> Antje Ries hat BWL, Germanistik und Soziologie studiert und in über 10 Jahren Unternehmensberatung Projektmanagement von der Pike auf gelernt. Sie ist Geschäftsführerin des Unternehmens WissenReich Bildung & Consulting und kombiniert erfolgreich Betriebswirtschaft, Projektmanagement und Erwachsenenbildung … weil Wissen erfolgreich macht. Stephanie Walter hat BWL studiert und sich lange Zeit mit vielfältigen Marketingprojekten beschäftigt. Als zertifizierte Sozialmanagerin gründete sie 2020 das Unternehmen wortgewandt und berät Menschen in Krisen- und Ausnahmesituationen. Dabei unterstützt sie ihre Klienten im Umgang mit neuen Herausforderungen und motiviert sie, ihre persönlichen Ressourcen und Kompetenzen zielgerichtet einzusetzen. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek ISBN 978-3-7398-3061-2 (E-PDF) ISBN 978-3-7398-0006-3 (E-PUB) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlag 2020 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · 72070 Tübingen info@narr.de www.narr.de <?page no="4"?> Vorwort Und plötzlich digital - sich und das eigene Studium ganz ungewohnt vom heimischen PC aus zu organisieren, klingt zunächst verlockend, ist aber ohne Frage eine große Herausforderung. Es fehlt der Austausch mit anderen Studierenden, Dozenten und Beratungsstellen vor Ort, die sonst so toll unterstützen bei der Organisation des eigenen Studiums. Gleichzeitig benötigt es eine große Portion Selbstmotivation! In den gemütlichen eigenen vier Wänden mit jeder Menge digitaler Ablenkung und ohne den ab und zu strengen Blick des Lehrenden ist der innere Schweinehund omnipräsent und gewinnt leider allzu oft die Oberhand. Der vorliegende Studienratgeber richtet sich an alle Studierenden, unabhängig von Fachrichtung oder Semester, die sich gerade im digitalen Studienalltag zurecht finden müssen. Denn wichtiger denn je sind nun die Schlüsselkompetenzen: Selbstmotivation, Selbstorganisation und Zeitmanagement, auf welche wir in drei Teilen kompakt und mit wertvollen Tipps und Tricks eingehen.  Teil 1 - Besieg den inneren Schweinehund!  Teil 2 - Bring Ordnung ins Chaos!  Teil 3 - Leg jetzt los und bleib am Ball! So behalten Sie in Ihrem „Online-Studium auf Zeit“ alles im Blick, lernen Ihre Zeit effektiv zu organisieren und bleiben stets motiviert! <?page no="5"?> 6 Vorwort Unser ganz besonderer Dank gilt Candy Hobracht, die mit ihren kreativen und witzigen Ideen die theoretischen Inhalte visuell aufbereitet und diesem Buch mit ihren Grafiken den nötigen Schwung verliehen hat. Unser Dank gilt außerdem den vielen „digitalen Studierenden“, die uns im Rahmen unserer Tätigkeiten mit ihrem regen Interesse an der Thematik, ihren vielen Fragen und den nützlichen Tipps überhaupt und gerade jetzt auf die Idee zu diesem Ratgeber gebracht haben. Gute Argumente mit Vollgas und Schwung ins digitale Semester zu starten? Dann los! Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen unseres Ratgebers und viel Erfolg beim Studieren. Frankfurt und Lorsch, im Mai 2020 Antje Ries und Stephanie Walter <?page no="6"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................................. 5 1 Nicht verzweifeln - Veränderung als Chance sehen ............................................11 2 Das eigene Motivationsverhalten ................................................................................17 Was ist Motivation? ...............................................................................................................17 Was für ein Motivations-Typ bin ich? .............................................................................19 Reicht Motivation allein aus, um Ziele zu erreichen? ...............................................22 Warum man den Rubikon erst überschreiten muss! ................................................25 3 Das Phänomen „Aufschieben“.......................................................................................32 Wie wirkt sich Aufschieben aus? ......................................................................................32 Was sind die Konsequenzen des Aufschiebens? .......................................................35 Gehört Aufschieben einfach dazu? .................................................................................36 Was bedeutet das für das digitale Studium? ...............................................................38 4 Sich selbst motivieren .......................................................................................................40 Wie fange ich an? - Den inneren Schweinehund überwinden ............................44 Wie bleibe ich dran? - Motiviert sein und es auch bleiben! ..................................54 5 Ideen zur Selbstmotivation .............................................................................................62 Tipp 1 - Kreative Mittagspausengestaltung.................................................................62 <?page no="7"?> 8 Inhaltsverzeichnis Tipp 2 - Virtuell verbunden ................................................................................................63 Tipp 3 - Musik-Sessions im eigenen Wohnzimmer ...................................................63 Tipp 4 - Kults aus vergangenen Jahrzehnten ..............................................................64 Tipp 5 - Zeit endlich mal verrückt zu sein .....................................................................64 Quellen für weiterführende Informationen .......................................................................67 Index ................................................................................................................................................69 <?page no="8"?> „Verschiebe nicht auf morgen, was genauso gut auf übermorgen verschoben werden kann.“ Quelle: Mark Twain <?page no="10"?> 1 Nicht verzweifeln - Veränderung als Chance sehen Seit Jahren beschäftigt sich Deutschland mit der Planung, Förderung und Umsetzung von Digitalisierungskonzepten. Die Digitalisierung betrifft schon längst nicht mehr nur Unternehmen, sondern auch staatliche Institutionen sowie das Gesundheitswesen und erstreckt sich nahezu auf alle Lebensbereiche. Neue oder veränderte Geschäftsmodelle entstehen: Autos werden per App geteilt, Sprachen werden online gelernt, Musik und Filme werden gestreamt. Die digitale Transformation hat das Leben bereits grundlegend verändert. Abläufe werden schneller und einfacher, die technologischen Entwicklungen sind rasant und beeinflussen das Informations-, Kommunikations- und Konsumverhalten der Menschen. Im alltäglichen Leben ist es selbstverständlich, digitale Medien zu nutzen. Online-Games, Streaming-Dienste, Messenger-Services und Social- Media prägen unser aller Freizeitverhalten. Mit dem steigenden Anspruch an die Nutzung von digitalen Medien steht auch das Bildungswesen vor einer neuen Herausforderung. Mit dem 2019 verabschiedeten „DigitalPakt Schule“ hält die Digitalisierung auch endlich Einzug in deutsche Bildungseinrichtungen: Intelligente Whiteboards werden in den Schulen installiert, digitale Arbeitsplätze in den Bibliotheken geschaffen, die ersten Schritte zu intelligenten Lehrmethoden unternommen. Dennoch ist es um digitale Formate in der Lehre an den Hochschulen Deutschlands vielfach noch schlecht bestellt. So hatte das „Hochschulforum Digitalisierung“ im vergangenen Jahr festgestellt, dass vielen Hochschulen die Entwicklung von Online- <?page no="11"?> 12 Besieg den inneren Schweinehund! Vorlesungen personell, technisch und didaktisch zu aufwendig ist. Deutschland scheint auf der Stelle zu treten. Und dann plötzlich - quasi über Nacht - bringt die Corona-Pandemie das deutsche Bildungssystem zum Erliegen. Homeschooling und Homestudying sind Begrifflichkeiten, die erst einmal erfunden und im deutschen Sprachgebrauch etabliert werden müssen. Die Corona-Pandemie mit all ihren Auswirkungen und den daraus resultierenden Fragestellungen stellt das deutsche Bildungswesen vor eine nie dagewesene Herausforderung. Die Welt scheint im ersten Moment stillzustehen, bevor sie sich plötzlich rasend schnell zu drehen beginnt. Innerhalb weniger Tage müssen Regierung, Schulen und Universitäten Pläne für Online-Vorlesungen entwickeln, Plattformen zum Austausch müssen geschaffen, neue Strukturen und Prozesse festgelegt werden. Erstmals stellt sich die Frage nach der technischen Ausstattung der Lehrenden und Lernenden, sprich der Dozenten und Studenten. Reicht die Bandbreite aus, um Online-Präsenz-Veranstaltungen zu halten und an diesen teilzunehmen? Hat wirklich jeder Student das passende technische Equipment, um dem Unterricht folgen zu können? Halten die Universitäts-Server dieser Auslastung stand? Im ersten Schritt wird der Semesterbeginn in vielen Bundesländern verschoben. Damit gewinnen alle Beteiligten Zeit, um das Nötigste zu organisieren und den neuen Alltag zu strukturieren. Vor allem Sie als Student werden nun stark gefordert, nicht nur, weil Ihr bisheriger Alltag auf den Kopf gestellt wird. War bis jetzt der Uni-Alltag durch vielerlei Vorgaben geregelt, müssen Sie sich plötzlich neben den Lerninhalten mit ganz anderen Themengebieten beschäftigen. Zeit, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen, neue Strukturen und Prozesse für das Homestudying zu entwerfen, Zeit einen eigenen Plan für das kommende digitale Semester zu erarbeiten. <?page no="12"?> 1 Nicht verzweifeln - Veränderung als Chance sehen 13 Gleichzeitig müssen Sie dafür Sorgen tragen, dass Sie stets motiviert und mit Engagement am Ball bleiben. Solch stark einschneidende Veränderungen können einerseits als Chance für etwas Neues empfunden, andererseits als völlige Katastrophe wahrgenommen werden. Sie verlangen auf jeden Fall einiges von Ihnen ab. Die folgende Übung soll Ihnen helfen, das „Chaos“ in Ihrem Kopf zu sortieren. Übung: Meine Vorstellung vom digitalen Semester Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und überlegen Sie, welche Vorstellung Sie von einem digitalen Semester haben. Was verbinden Sie damit? Handelt es sich eher um Befürchtungen oder sehen Sie der Herausforderung eher sorglos entgegen? Wo würden Sie sich auf dem untenstehenden Spektrum der Vorstellungen einordnen? <?page no="13"?> 14 Besieg den inneren Schweinehund! Warum ist es wichtig, dass Sie sich frühzeitig ein Bild vom digitalen Semester, Ihren damit verbundene Sorgen und Ängsten, Vorstellungen und Ideen machen? Die Antwort auf diese Frage ist relativ einfach: Ihre individuellen Vorstellungen wirken sich darauf aus, wie Sie an die kommenden Aufgaben herangehen, wie Sie mit möglichen Problemen und Hindernissen umgehen und die Chancen für sich nutzen werden. Beim Formen von Vorstellungen greifen Sie dabei auf verschiedene Quellen wie zum Beispiel persönliche Erfahrungen zurück. Liegen diese nicht vor, werden Sie Vergleiche zu Situationen mit ähnlichen Anforderungen ziehen oder sich auf Erfahrungen anderer - meist nahestehender Personen mit ähnlichen Fähigkeiten - berufen. Auf diese Weise lassen sich die verschiedenen Vorstellungen vom rein digitalen Arbeiten erklären. Vielleicht ist die Situation für Sie gänzlich neu, andere Studierende haben bereits erste Erfahrungen mit digitalem Arbeiten gemacht. Und auch wenn Sie kein Digital Native sind, liegen Ihnen doch bereits vielerlei Informationen vor, die sich auf die Vorstellung eines digitalen Semesters auswirken und Hinweise über Chancen und Risiken geben, die im Homestudying auftreten können. Übung: Chancen und Risiken beim Homestudying Denken Sie an Ihr digitales Studium und die damit verbundenen neuen Herausforderungen: Auf welche Probleme oder Hindernisse könnten Sie stoßen? Welche Chancen und Vorteile bringt die neue Situation für Sie mit sich? Listen Sie Ihre zentralen Ideen auf: <?page no="14"?> 1 Nicht verzweifeln - Veränderung als Chance sehen 15 Chancen 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ 4)________________________________________________________________________________ 5)________________________________________________________________________________ Risiken 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ 4)________________________________________________________________________________ 5)________________________________________________________________________________ Würden Sie nun die von Ihnen angefertigte Liste mit denen Ihrer Kommilitonen vergleichen, fiele Ihnen mit Sicherheit auf, dass es einerseits Probleme gibt, die andere Studenten mit Ihnen teilen, aber auch Risiken, die nur Ihnen aufgefallen sind. Ebenso verhält es sich mit den wahrgenommenen Chancen, die die neue Situation für Sie mit sich bringen kann. Dies ist völlig natürlich und in erster Linie von den bereits erlebten Situationen und Erfahrungen abhängig, aber auch von Ihrem persönlichen Naturell. Nutzen Sie nun das erworbene Wissen, um sich der neuen Herausforderung zu stellen. Vertrauen Sie auf Ihre eigenen Fähigkeiten, suchen Sie den Austausch <?page no="15"?> 16 Besieg den inneren Schweinehund! mit anderen Studierenden, um mögliche Probleme zu lösen, unterstützen Sie sich gegenseitig. Bitte bedenken Sie stets: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“. Nicht alles kann von Anfang an perfekt laufen. Verzweifeln Sie nicht, wenn mal etwas schief geht, geben Sie nicht auf, wenn die ersten neu gedachten digitalen Prozesse und Strukturen noch nicht perfekt passen. „Übung macht den Meister! “ Lassen Sie sich auf diese Art des Studierens ein! Richten Sie Ihr Augenmerk auf die Chancen, die diese Herausforderungen mit sich bringen und vergessen Sie nicht, sich zwischendurch für Ihre geleistete Arbeit und Ihre erreichten Ziele zu belohnen. <?page no="16"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten Was ist Motivation? „Ich lege jetzt gleich los! “ „Da habe ich wirklich Lust drauf! “ „Das kann ich besonders gut! “ All diese Sätze haben etwas gemeinsam: sie sind Ausdruck von Motivation. Aber was ist Motivation überhaupt? Motivation ist neben der Lust zur Ausführung einer bestimmten Tätigkeit der Motor menschlichen Handelns. Motivation mobilisiert Handlungen, gibt diesen eine Richtung und ist damit ein entscheidender Faktor zur Erreichung von festgelegten Zielen. Motivation ist dabei in verschiedenen Phasen des Handelns wirksam, u.a. spielt sie eine wichtige Rolle bei der Auswahl einer Handlung aus verschiedenen Handlungsalternativen. Sicherlich ist Ihre Motivation höher, Dinge zu bearbeiten, die Ihnen leicht von der Hand gehen und für die Sie sich interessieren, als Themengebiete zu analysieren, die Ihnen kompliziert erscheinen. Die Motivation hat auch einen großen Einfluss auf Ihre Ausdauer und die Intensität, mit der Sie sich mit Aufgaben beschäftigen. Ein Buch über Hundeerziehung zu lesen ist nicht sonderlich spannend. Haben Sie sich aber gerade einen Hund zugelegt, werden Sie das Buch verschlingen, sich Tipps notieren, gleich versuchen diese umzusetzen, sich sogar an dem neu errungenen Wissen erfreuen. Kurzum: Sie sind motiviert. <?page no="17"?> 18 Besieg den inneren Schweinehund! Merke Motivation ist der Motor des menschlichen Handelns. Motivation setzt also den Grundstein für den Beginn von Handlungen, für die Intensität, mit der einer Handlung nachgegangen wird, sowie für die Aufrechterhaltung der Handlung (Ausdauer). Prozesse der Motivation sind somit maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung von Handlungen beteiligt. „Ich habe keine Lust darauf! “ „Das mache ich lieber morgen! “ „Ich kann das sowieso nicht! “ Auch diese Sätze haben etwas gemeinsam: sie sind Ausdruck fehlender Motivation und ein Anzeichen für „Aufschieberitis“. Auch Aufschieben kann als zielgerichtetes Handeln betrachtet werden - Ziel des Aufschiebens ist die Vermeidung der Tätigkeit. Was wissenschaftlich sinnvoll erscheint, ist es im wahren Leben nicht immer. Wenn Sie ungeliebte Tätigkeiten vor sich herschieben, sich immer wieder mit ihnen beschäftigen, sie dann aber doch wieder auf die Seite legen, vergeuden Sie schlicht und ergreifend Zeit und Energie. Hinzu kommt die Frustration darüber, es wieder einmal nicht geschafft zu haben. Stellen Sie sich einen Wäscheberg vor. Wenn Sie nicht mit dem Waschen beginnen, wird der Berg jeden Tag größer. Irgendwann ist Ihr Kleiderschrank leer. Hätten Sie gleich zu Beginn eine Maschine Wäsche gewaschen, müssten Sie nun nicht einen ganzen Tag dafür opfern. Versuchen Sie sich also auch den ungeliebten Tätigkeiten anzunähern. Sie müssen ja nicht gleich Schwarz-, Weiß- und Buntwäsche an einem Tag waschen, eine Maschine reicht. Belohnen Sie sich, wenn Sie die Tätigkeit beendet haben. <?page no="18"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 19 Was für ein Motivations-Typ bin ich? Was motiviert mich? Kann ich mich selbst motivieren oder brauche ich dafür z.B. das Lob eines anderen Menschen? Motivation kann ganz unterschiedliche Quellen haben, die sich individuell unterscheiden. So sind für jeden Menschen unterschiedliche Ziele und Anreize attraktiv. Grundsätzlich kann man jedoch zwischen zwei Motivationstypen unterscheiden. Der extrinsische Motivations-Typ Extrinsische Motivation wird von äußeren Faktoren bestimmt. Das bedeutet, dass die Quelle der Motivation in der Erwartung einer positiven Konsequenz Ihres Handelns liegt. Die Ausführung der Handlung ist somit instrumentell, d.h. sie dient der Erreichung bestimmter Konsequenzen. Typische Quellen extrinsischer Motivation sind somit positive und negative Verstärkung, bspw. durch den Erhalt von Geld oder anderen Belohnungen wie Süßigkeiten oder Lob für das Ausführen der Tätigkeit. Wenn Sie also der extrinsische Motivations-Typ sind, fällt es Ihnen schwer sich selbst zu motivieren. Sie sind immer auf einen Anreiz von außen angewiesen. Dies stellt Sie vor eine große Herausforderung, da beim Homestudying diese Reize nun ausbleiben. Motivationstipp für den extrinsischen Typ Lob ist Ihr großer Motivator? Vereinbaren Sie einen Telefontermin mit Ihrem Dozenten oder Professor, in dem Sie ihm Ihre aktuellen Arbeitsfortschritte präsentieren und sich ein Feedback abholen. Sie brauchen etwas Handfestes? Überlegen Sie sich, wie Sie sich <?page no="19"?> 20 Besieg den inneren Schweinehund! selbst motivieren können, in dem Sie die Belohnung für ein erreichtes Ziel schon zu Beginn der Tätigkeit in Aussicht stellen: Wenn ich meine Hausarbeit mit 2,0 abschließe, kaufe ich mir das neue Sommerkleid, das mir so gut gefallen hat, oder das gerade erschienene Spiel für die Playstation. Setzen Sie sich selbst Anreize und belohnen Sie sich. Der intrinsische Motivations-Typ Unter intrinsischer Motivation hingegen versteht man eine Motivation, welche sich aus der Person oder aus der Tätigkeit selbst heraus ergibt. Im Gegensatz zur extrinsischen Motivation steht hier kein instrumenteller Zweck der Ausführung der Handlung im Mittelpunkt. Vielmehr geht es in diesem Fall um die Ausführung der Tätigkeit selbst, die mit positiven Gefühlen einhergeht und so motivationssteigernd wirkt. Typische Quellen intrinsischer Motivation sind Neugier und Interesse. Intrinsische Motivation bahnt somit den Weg interessensbestimmter Handlungen und geht daher häufig mit einem stärkeren persönlichen Bezug und einer höheren Übereinstimmung der Tätigkeit mit eigenen Zielen einher. Wenn Sie ein intrinsischer Motivations-Typ sind, fällt es Ihnen leicht sich selbst zu motivieren, äußere Faktoren spiele dabei keine Rolle. Sie finden die Motivation in Ihrer Tätigkeit z.B. im Erreichen einer bestimmten Note oder darin, dass Sie nun Experte in einem Themengebiet sind. Sie sind stolz auf Ihre Leistungen und Ihre erreichten Ziele. Eigenlob stinkt? - In diesem Fall nicht! <?page no="20"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 21 Motivationstipp für den intrinsischen Typ Eigentlich sind Sie als intrinsischer Motivationstyp perfekt auf das Homestudying vorbereitet. Sie werden in den neuen Herausforderungen, den digitalen Lehr- und Lernmethoden und dem selbstständigen Arbeiten Ihre Motivationsquellen wie ganz von alleine finden. Gönnen Sie sich trotzdem zwischendurch mal eine kleine Belohnung - es wird Ihnen sicherlich guttun. Um herauszufinden, welcher Motivations-Typ Sie sind, können Sie die folgende Übung nutzen: Übung: Persönliche Motivationsanreize Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und überlegen Sie, was für Sie persönlich Anreize sind, die Sie motivieren. Unterscheiden Sie dabei zwischen extrinsischen und intrinsischen Reizen. Notieren Sie Ihre fünf persönlichen größten Anreize. Sind diese eher extrinsischer oder eher intrinsischer Natur? Finden Sie so heraus, welcher Motivationstyp Sie sind! Extrinsische Anreize: 1)_______________________________________________________________________________ 2)_______________________________________________________________________________ 3)_______________________________________________________________________________ <?page no="21"?> 22 Besieg den inneren Schweinehund! 4)______________________________________________________________________________ 5)______________________________________________________________________________ Intrinsische Anreize 1)______________________________________________________________________________ 2)______________________________________________________________________________ 3)______________________________________________________________________________ 4)______________________________________________________________________________ 5)______________________________________________________________________________ Reicht Motivation allein aus, um Ziele zu erreichen? Motivation ist also maßgeblich an der Vorbereitung und der Durchführung von Handlungen beteiligt, indem sie zielgerichtetes Handeln in Gang setzt. Mit Ihrer eigenen Motivation haben Sie demnach den Grundstein gelegt, mit den festgelegten Aufgaben zu beginnen und diese zielgerichtet abzuarbeiten. Nun stellt sich die Frage, ob Motivation alleine ausreicht, um Ihre Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Haben Sie nun mit dem Homestudying begonnen und motiviert den ersten Vorlesungen gelauscht, stellt sich die Frage, ob Sie auch das ganze Semester motiviert am Ball bleiben können, um am Schluss eine gute Note zu erreichen. Wirkt die Motivation wie ein Schneeball, den man einen schneebedeckten Berg hinabrollt, so dass wenn die Handlung einmal ins Rollen gekommen ist, deren Durchführung nicht mehr zu stoppen ist, bis der Schneeball, der sich auf seinem Weg zu einer Schneekugel entwickelt hat, am Fuße des Berges angekommen ist? <?page no="22"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 23 Leider ist menschliches Verhalten sehr viel komplexer als das Verhalten des beschriebenen Schneeballs. Die Antwort lautet demnach: Bloße Motivation allein reicht nicht für die Erreichung von Zielen aus. Um von der Zielsetzung tatsächlich zur Zielerreichung zu gelangen, benötigen Sie neben der Motivation auch die Fähigkeit der Selbststeuerung bzw. Selbstregulation. Unter Selbstregulation versteht man die Fähigkeiten zur Steuerung von Emotionen, Handlungen, Aufmerksamkeit, Impulsen und Gedanken. Das bedeutet, dass Sie selbst die Kontrolle über Ihr eigenes Handeln und Erleben haben. Sie sind also dafür verantwortlich, fokussiert bei der Sache zu bleiben, sich nicht ablenken zu lassen, den Blick von der WhatsApp-Nachricht auf dem Handy wieder zurück zum eigentlichen Vorlesungsgeschehen zu richten. Gerade wenn Sie ein Thema nicht so sehr interessiert und Ihre Gedanken abschweifen, müssen Sie sich wieder selbst motivieren. Das kostet manchmal richtig viel Kraft und Energie. Die Energie, die Sie für die willentliche Umsetzung von Zielen benötigen, bezeichnet man dabei als Volition oder besser bekannt als Willenskraft. <?page no="23"?> 24 Besieg den inneren Schweinehund! Merke Volition beschreibt die Willenskraft, die Sie benötigen, um Ihre Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Grundlage der Volition sind Fähigkeiten der Selbstregulation, also das willentliche Beeinflussen von Handlungen und Erlebnissen. Ein weiterer Faktor, der eine essentielle Rolle im Motivationsprozess spielt, ist der allseits bekannte „innere Schweinehund“. Gerade bei der Erreichung von langfristigen Zielen taucht er immer wieder auf und versucht Sie von Ihrem eigentlichen Weg abzulenken. Grund für das Erwachen des inneren Schweinehunds ist das Ausbleiben einer kurzfristigen Belohnung. Besonders wenn Sie lange auf ein Ziel hinarbeiten müssen, z.B. die Abgabe einer Hausarbeit, kann Ihnen zwischendurch mal die Puste ausgehen. Es scheint viel reizvoller, eine unliebsame Tätigkeit immer wieder aufzuschieben und sich damit zwar kurzfristig zu belohnen (z.B. durch die gewonnenen „freie“ Zeit), als an der Arbeit weiterzuschreiben und den Erfolg nach der Abgabe zu genießen. Jetzt müssen Sie genügend Willenskraft und Motivation aufbringen, um am Ball zu bleiben. Hierfür sind verschiedene Prozesse der Aufmerksamkeitslenkung, der Emotionssowie der Handlungsregulation notwendig. Merke Damit Sie Ihre Ziele effektiv verfolgen und erreichen können, benötigen Sie neben der Motivation auch Willenskraft (Volition). <?page no="24"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 25 Motivation dient dabei der Zielsetzung und dem Handlungsbeginn, während Volition die Aufrechterhaltung des zielgerichteten Handelns ermöglicht. Volition bedarf dabei des Aufbringens von Energie, um Hürden, die den Arbeitsprozess gefährden, zu überwinden. Diesen Prozess kennt man im Alltag als das Überwinden des inneren Schweinehundes. Warum man den Rubikon erst überschreiten muss! Um Erfolg zu haben, müssen Ziele realisiert werden - das gilt im Studium ebenso wie im privaten Umfeld. Im vorangegangenen Kapitel haben Sie die beiden Begriffe der Motivation und der Volition kennengelernt, die eine entscheidende Bedeutung für die Zielerreichung haben. Doch wie genau hängen diese beiden Konstrukte zusammen? Warum können Sie Ihre guten Vorsätze häufig nicht in die Tat umsetzten? Mit ihrem Rubikon-Modell liefern die Motivationspsychologen Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer einen Aufbau, wie Motivation und Volition eingesetzt werden, um das Ziel am Ende des Prozesses tatsächlich zu erreichen und nicht zwischendurch an den Hürden zu scheitern. Das Rubikon-Modell umfasst vier Handlungsphasen, die die Zusammenhänge zwischen Zielsetzung und Zielerreichung, also zwischen Motivation und Volition darstellen und zielgerichtetes Handeln erklären. Was ist der Rubikon? - Eine kurze Zeitreise! Die Rubikon-Methode basiert auf der Metapher „den Rubikon über- <?page no="25"?> 26 Besieg den inneren Schweinehund! schreiten“ und hat ihren Ursprung vor mehr als 2000 Jahren. Damals, um genau zu sein 49 v. Chr., überschritt Julius Cäsar mit seinen Soldaten den kleinen italienischen Grenzfluss Rubikon und löste damit einen Bürgerkrieg aus. Aus diesem Krieg ging Cäsar als Alleinherrscher des antiken Roms hervor. Bei der Überquerung des Flusses soll Caesar die berühmten Worte „alea iacta est“ (die Würfel sind gefallen) gesagt haben. Seitdem gilt die Überschreitung des Rubikons als Metapher für eine folgenschwere und weitreichende Entscheidung, die nicht widerrufen werden kann. Der Handlungsverlauf des Rubikon-Modells beginnt mit der Phase des Abwägens. An diese schließt sich eine Phase des Planens an, die wiederum in einer Phase der Durchführung mündet. Am Ende des Prozesses steht schließlich eine Phase der Bewertung. Die einzelnen Handlungsphasen stellen jeweils verschiedene Aufgaben an den Handelnden, die erfüllt werden müssen, um die jeweilige Phase erfolgreich ab- <?page no="26"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 27 zuschließen und so in die nächste Phase übergehen zu können. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen mit ihren phasenspezifischen Anforderungen und Aufgaben vorgestellt. Phase des Abwägens Die erste Phase des Rubikon-Modells stellt die Phase des Abwägens dar. Die zentrale Aufgabe dieser Phase besteht darin, sich bewusst zu werden, welche Wünsche und Anliegen in die Tat umgesetzt werden sollen, um im Anschluss daraus eine konkrete Zielsetzung abzuleiten. Das bedeutet, dass Sie von den verschiedenen Handlungsoptionen eine auswählen, die dann von einem Wunsch (ich möchte…; ich könnte…) in ein Ziel (ich will…; ich werde…) umgewandelt wird. Diesen Schritt der Umwandlung des Wunsches in ein Ziel wird als „Überschreiten des Rubikons“ bezeichnet. Mit dem Überschreiten des Rubikons haben Sie eine unwiderrufliche Entscheidung getroffen. Sie haben sich verpflichtet, das Ziel zu erreichen, Ihr Handeln ist von Entschlossenheit und Sicherheit geprägt. In diesem Moment findet der Übergang von Motivation in Volition statt. Die nun entstandene Selbstverpflichtung stellt von nun an eine Herausforderung an Ihren Willen dar. Eine Abwendung von Ihrem Ziel (aufgeben, sich um entscheiden) geht mit psychischen Kosten einher (z.B. Enttäuschung, Einbußen im Selbstwert). Zentrale Fragen der Phase des Abwägens Folgende Fragen sollten mit „ja“ beantwortet werden, bevor Sie in die nächste Handlungsphase eintreten: <?page no="27"?> 28 Besieg den inneren Schweinehund! ▶ Haben Sie verschiedene Wünsche und Anliegen beachtet und im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit geprüft? ▶ Haben Sie diese verschiedenen Optionen gegeneinander abgewogen? ▶ Haben Sie sich als Ergebnis des Abwägungsprozesses für die Umsetzung eines Wunsches/ Anliegens entschieden? ▶ Haben Sie den verbindlichen Entschluss gefasst, die Umsetzung dieses Wunsches/ Anliegen zu Ihrem Ziel zu machen? Phase des Planens Die zweite Phase des Rubikon-Modells umfasst die Zeitspanne zwischen der Entscheidung für ein Ziel und der Umsetzung dieses Ziels. Häufig können Ziele nicht unmittelbar und spontan umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für umfangreiche und wichtige Vorhaben. Hier gilt es günstige Gelegenheiten abzuwarten und die Voraussetzungen für die Umsetzung von zielförderlichen Handlungen zu schaffen. Zentrale Fragen der Phase des Planens Folgende Fragen sollten mit „ja“ beantwortet werden, bevor Sie in die nächste Handlungsphase eintreten: ▶ Haben Sie detaillierte Pläne für die Umsetzung Ihres Vorhabens entwickelt? ▶ Beinhalten diese Pläne konkrete Vorsätze bezüglich günstiger <?page no="28"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 29 Gelegenheiten (wann, wo, wie) für den Beginn der Handlungsumsetzung? ▶ Haben Sie die festgelegten Gelegenheiten rechtzeitig erkannt und die notwendige Energie für den Beginn der Handlung aufgebracht? Phase der Durchführung Mit dem Beginn einer zielführenden Handlung ist der Übergang in die Phase der Durchführung geschafft. Ob ein in der Phase des Planens gefasster Vorsatz tatsächlich zum Beginnen einer Handlung führt, hängt davon ab, wie stark die gefasste Intention ist und ob sich eine günstige Gelegenheit (z.B. passende Stimmung, Zeit, Ort) für deren Umsetzung bietet. Zentrale Fragen der Phase des Durchführens Folgende Fragen sollten mit „ja“ beantwortet werden, bevor Sie in die nächste Handlungsphase eintreten: ▶ Haben Sie es geschafft, die Durchführung Ihres Vorhabens gegen innere und äußere Einflüsse abzuschirmen? ▶ Haben Sie Energie und Anstrengung aufgebracht, um die Handlung trotz Hindernissen aufrechtzuerhalten? ▶ Haben Sie es geschafft, Ihr Vorhaben nach Unterbrechungen wieder aufzunehmen? ▶ Haben Sie die Durchführung der Handlung bei Zielerreichung beendet? <?page no="29"?> 30 Besieg den inneren Schweinehund! Phase der Bewertung Der Übergang in die letzte Phase des zielgerichteten Handelns erfolgt mit der Zielerreichung. Im Mittelpunkt dieser letzten Phase des Rubikon-Modells steht die Bewertung des Handlungsergebnisses. Dabei wird zum einen das Ergebnis mit der ursprünglichen Zielabsicht verglichen, zum anderen geht es um eine Bewertung des Handlungsprozesses. Ziel dabei ist es den Erfolg der Zielerreichung zu bewerten. Darüber hinaus können durch die Bewertung des Prozesses förderliche und hinderliche Umstände der Zielverwirklichung identifiziert werden. Die Ergebnisse dieser Bewertung können dann für zukünftige Tätigkeiten genutzt werden. Zentrale Fragen der Phase der Bewertung Folgende Fragen sollten mit „ja“ beantwortet werden, bevor Sie den Prozess des zielgerichteten Handelns beenden und sich für die Umsetzung eines neuen Zieles entscheiden können: ▶ Haben Sie das Ergebnis des Prozesses mit Ihren anfänglichen Erwartungen an das Ziel abgeglichen? ▶ Haben Sie den Prozess der Zielerreichung reflektiert und förderliche und hinderliche Umstände identifiziert? ▶ Haben Sie es geschafft, sich von der aktuellen Absicht loszulösen? ▶ Gehört Aufschieben einfach dazu? <?page no="30"?> 2 Das eigene Motivationsverhalten 31 Mit Kenntnis des Rubikon-Modells sind Sie nun in der Lage, Ihren eigenen Motivations- und Antriebsprozess zu überprüfen und wenn nötig je nach Phase zu intervenieren - das heißt sich selbst zu motivieren. Im Verlauf dieses Ratgebers werden Sie viele hilfreiche Tipps und Tricks zur Selbstmotivation kennenlernen, welche wir in ihrer theoretischen Grundlage immer wieder aus psychologischer Sicht auf das Rubikon-Modell beziehen werden. <?page no="31"?> 3 Das Phänomen „Aufschieben“ Wie wirkt sich Aufschieben aus? Wer kennt es nicht: Man sitzt gemeinsam mit einem Stapel Bücher und geschätzten 50 offenen Tabs im Internetbrowser vor seinem Laptop und versucht verzweifelt, an der Hausarbeit zu arbeiten. Dabei fällt auf, dass der Boden ganz schön dreckig ist, der Wäschekorb schon wieder überquillt und sich das Geschirr zu hohen Türmen aufstapelt. Unter diesen Umständen ist ein Weiterarbeiten ja quasi unmöglich, wie soll man denn in einer solchen Umgebung konzentriert arbeiten können? Also Laptop zu, Wischmopp raus und erst mal die längst überfälligen Arbeiten im Haushalt erledigen. Plötzlich scheinen die sonst so unliebsamen Aufgaben gar nicht mehr so schlimm. Das hier beschriebene Szenario stellt einen typischen Fall von „Aufschieberitis“ dar - die unangenehme Aufgabe des Schreibens der Hausarbeit wird zugunsten anderer (angenehmerer oder einfach weniger unangenehmerer) Aufgaben unterbrochen und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Aufschieben ist ein erlerntes Verhaltensmuster, mit dem Ziel Unangenehmes zu vermeiden und Angenehmes anzustreben. Im Falle es Aufschiebens geht es darum, unangenehme Gefühle wie Langeweile, Frustration oder Angst zu vermeiden. In dem Sie also die ungeliebte Aufgabe zur Seite legen, eliminieren Sie die Quelle der Frustration und wenden sich etwas Positivem zu. Gleichzeitig geht Aufschieben häufig zusätzlich mit der Aufnahme einer weniger unangenehmen Aufgabe (z.B. putzen) oder sogar einer als angenehm erlebten <?page no="32"?> 3 Das Phänomen „Aufschieben“ 33 Tätigkeit (z.B. Freunde treffen) einher. Die neue Tätigkeit reduziert dabei nicht nur die unangenehmen Gefühle, sondern ruft positive Gefühle wie Freude, Spaß oder Erfolg hervor, was den positiven Effekt des Aufschiebens zusätzlich verstärkt. Die Liste der Alternativtätigkeiten ist lang, beinahe unbegrenzt. Wenn Sie keine Lust haben Dinge zu tun und völlig unmotiviert sind, fallen Ihnen viele Alternativen ein, die Sie jetzt lieber tun würden. Das können sogar Dinge sein, die Sie normalerweise gar nicht mögen. Hauptsache Sie müssen sich nicht mehr mit der bisherigen Tätigkeit auseinandersetzten. Gerade bei Haushaltstätigkeiten sehen Sie schnell ein Ergebnis, erzielen in wenigen Minuten Erfolge, werden belohnt für das was Sie geleistet haben. Zufriedenheit und Stolz macht sich breit. Paradoxerweise vergessen Sie dabei ganz, dass Sie eigentlich die Hausarbeit hätten schreiben wollen und Sie mit dem zu bearbeitenden Thema keinen Schritt weiter gekommen sind. Sie haben Ihr Ziel also völlig aus den Augen verloren und sind dabei auch noch äußerst glücklich und zufrieden. Diese „Aufschieberitis“ ist wirklich seltsam. Übung: Meine typischen Aufschiebe-Verhaltensweisen Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und versetzen Sie sich gedanklich zurück in Ihre letzte Prüfungsphase. Erinnern Sie sich an den vorbereitenden Arbeitsprozess und listen Sie Ihre mit der Arbeit verbundenen Gefühle auf: <?page no="33"?> 34 Besieg den inneren Schweinehund! 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ 4)________________________________________________________________________________ 5)________________________________________________________________________________ Denken Sie nun daran, welche Aufschiebe-/ Alternativverhaltensweisen Sie in solchen Situationen typischerweise zeigen und listen Sie diese ebenfalls auf. 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ 4)________________________________________________________________________________ 5)________________________________________________________________________________ Und? Haben Sie die Fallen erkannt, die Sie sich immer wieder selbst stellen? Manchmal reicht es, seine eigenen Fehler zu erkennen, um diese zukünftig zu vermeiden. Und wenn Sie mal wieder die gerade begonnene Hausarbeit zur Seite legen, um zu bügeln und zu putzen, dann lächeln Sie sich selbst an, räumen Sie Bügelbrett und Wischmopp zurück in den Schrank, gönnen sich eine kurze Pause um sich wieder zu fokussieren und schreiben Sie weiter an Ihrer Hausarbeit. <?page no="34"?> 3 Das Phänomen „Aufschieben“ 35 Was sind die Konsequenzen des Aufschiebens? Wie alles im Leben bringt auch das Aufschieben Konsequenzen mit sich! Betrachtet man beispielsweise typische studentische Arbeitsprozesse, so zeigt sich, dass Aufschieben häufiger vorkommt, je weiter der Abgabetermin in der Zukunft liegt. Je näher die Abgabefrist kommt, umso fleißiger scheinen Studierende zu arbeiten. Woran liegt das? Die Beantwortung dieser Frage zeigt ein zentrales Problem des Aufschiebens: Je häufiger die Studierenden zu Beginn der Bearbeitungszeit aufschieben, desto enger wird der zeitliche Rahmen oder mit anderen Worten desto kürzer wird das Zeitfenster, in der die Arbeit letztendlich erledigt werden muss. Die gleiche Menge Arbeit in kürzerer Zeit zu erledigen, geht unter anderem mit Stress und Gefühlen der Verzweiflung sowie der Wut einher. Bildlich gesprochen führt Aufschieben langfristig gesehen zu einem wachsenden Berg an Arbeit, dessen negative Konsequenzen die positiven Effekte des Aufschiebens deutlich übersteigen. Langfristig gesehen hat Aufschieben somit eine bestrafende Wirkung. Typische Konsequenzen des Aufschiebens ▶ Stress und steigender (Zeit-)Druck ▶ Einbußen in der Qualität der Arbeit ▶ Verpassen von Fristen ▶ Schlechtes Gewissen ▶ Bewertungsängste ▶ Steigerung negativer, mit der Aufgabe verbundener Gefühle <?page no="35"?> 36 Besieg den inneren Schweinehund! ▶ Enttäuschung („Ich hab’s mal wieder nicht geschafft.“) ▶ Selbstabwertung/ Versagensgefühle und -ängste ▶ Abnehmende Motivation Gehört Aufschieben einfach dazu? „Eigentlich wollte ich heute die Welt retten, aber es regnet.“ Überall wo Motivation und Volition eine Rolle spielen, findet sich auch immer die Gefahr des Aufschiebens. Wieso ist dem so? Motivation und Volition verdeutlichen, dass Sie für die Bewältigung einer Aufgabe Energie aufbringen müssen, insbesondere dann, wenn Sie Hindernisse überwinden, Ablenkungsquellen ausschalten oder Gewohnheiten ändern müssen. Dies entspricht im Sinne des „Lust-Unlust-Prinzips“ nicht der vom Menschen präferierten Handlung. Kurzum: Der Mensch ist von Natur aus faul und sucht den Weg des geringsten Widerstandes. Er sucht - wann immer es ihm möglich ist - das Angenehme auf und vermeidet das Unangenehme. Das Aufbringen von Energie wird als unangenehm wahrgenommen, da es bedeutet, dass Widerstände (z.B. negative Gefühle) überwunden werden müssen. Aufschieben spielt demnach prinzipiell in allen Phasen des zielgerichteten Handelns eine zentrale Rolle und gefährdet den Arbeitsprozess und die damit verbundene Zielerreichung. In diesem Zusammenhang hat man festgestellt, dass es bestimmte phasenspezifische Aufgaben und Anforderungen gibt, die besonders anfällig für das Aufschieben sind. <?page no="36"?> 3 Das Phänomen „Aufschieben“ 37 Die „typischen“ Aufschiebe-Phasen sind:  Übergang zwischen Abwägen und Planen Menschen tendieren dazu, Entscheidungen aufzuschieben. Im Handlungsprozess führt dies dazu, dass keine verbindliche Entscheidung für die Verfolgung eines Zieles getroffen wird, somit kein Ziel definiert wird und der Übergang in die Phase des Planens nicht erfolgen kann.  Handlungsbeginn Menschen neigen darüber hinaus dazu, den Beginn einer zielführenden Handlung aufzuschieben. Gründe hierfür sind häufig ungünstige und ungenaue Planungen, die sich in der fehlenden Bildung konkreter Vorsätze widerspiegeln. Auch eine zu detaillierte Planung bei mangelnder Flexibilität begünstigt das Aufschieben.  Aufrechterhaltung der Handlung Auch wenn die zielführende Handlung einmal begonnen wurde, fällt es Menschen häufig schwer, diese aufrechtzuerhalten. Mit dem einhergehenden Konzentrationsverlust, der Ablenkung durch äußere Einflüsse und damit einhergehende Misserfolgserlebnisse stellen hohe Anforderungen an die eigene Willenskraft. Auch die Wiederaufnahme der Handlung nach Unterbrechungen (z.B. nach dem Mittagessen) wird durch diese Aspekte erschwert. Warum ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, in welchen konkreten Handlungsphasen man auf Probleme stößt, die Aufschiebe-Verhalten begünstigen? Die Antwort ist recht einleuchtend: Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen bietet nicht nur die Möglichkeit, Probleme zu identifizieren, sondern bietet auch Ansatzpunkte, um den Arbeitsprozess zu vereinfachen und effektiver zu gestalten. So gibt das Modell an, wie der Prozess des zielgerichteten Handelns im Idealfall ablaufen könnte und bietet so Stellschrauben, an denen bei <?page no="37"?> 38 Besieg den inneren Schweinehund! auftretenden Problemen gedreht werden kann. Damit bietet es die Möglichkeit, den identifizierten Problemen zu begegnen und entspannt zum Ziel zu kommen. Was bedeutet das für das digitale Studium? Aufschieben stellt ein erlerntes Verhalten dar und ist im universitären Kontext ein weitverbreitetes Phänomen. Individuelles Aufschiebeverhalten im Hinblick auf das Arbeiten im Homestudying hängt eng mit den im Verlauf des Studiums gemachten Erfahrungen in diesem Bereich zusammen. So mag es sein, dass Sie im Studium die Erfahrung gemacht haben, dass Ihnen das Arbeiten alleine zu Hause schwer fällt und Sie den Austausch mit Kommilitonen benötigen, um motiviert zu sein oder dass Sie vor allem alleine besonders gut arbeiten können. Ihre Erfahrungen prägen also die Herangehens- und Sichtweise auf die neue Situation des digitalen Studiums. Zudem können die gemachten Erfahrungen verschiedene Verhaltensweisen verfestigt haben, die im Rahmen des bisherigen Studiums gut funktioniert haben, jedoch im Hinblick auf das rein digitale Semester problematisch werden können. Sie können somit nicht immer auf „Altbewährtes“ zurückgreifen und müssen neue Wege gehen. Dies betrifft nicht nur Ihre Motivation, sondern u.a. auch Ihr Organisations- und Arbeitsverhalten. Durch die höhere Komplexität und die neuartigen Anforderungen, die ein digitales Semester im Vergleich zu einem gewöhnlichen Semester an Sie persönlich stellt, kann es dazu kommen, dass Probleme sogar verstärkt werden oder Ihnen bis dahin unbekannte Probleme noch zusätzlich auftreten können. <?page no="38"?> 3 Das Phänomen „Aufschieben“ 39 Praxistipps Erkennen Sie die „Aufschieberitis“ als das an, was sie ist: erlernte Verhaltensweise und einstudiertes Denkmuster, die allein nur Sie ändern können. Reflektieren Sie Ihr Verhalten, identifizieren Sie Ihre individuellen „Baustellen“ und entwickeln Sie entsprechende Lösungen. <?page no="39"?> 4 Sich selbst motivieren Nun stellt sich eigentlich nur noch die Frage „Wie soll ich das machen? Wie kann ich das digitale Studium denn nun erfolgreich bewerkstelligen? “ In den vorangegangenen Kapiteln findet sich bereits die ein oder andere Übung, mit denen versucht wurde, einen persönlichen Bezug zu den theoretischen Hintergründen herzustellen. Diese Übungen in der Kombination bilden die ersten Schritte einer sogenannten Problem- und Bedingungsanalyse. Solche Analysen dienen der Identifikation des eigentlichen Problems sowie der Faktoren, die dazu führen, dass das Problem aufrechterhalten bleibt. Eine Auseinandersetzung mit diesen Faktoren kann dabei sowohl während des Arbeitsprozesses (wenn das Problem schon da ist), als auch vor Beginn des Arbeitsprozesses (um potenziellen Problemen vorzubeugen) sinnvoll sein. Dies hilft Ihnen den Arbeitsprozess insgesamt zu entspannen und aufkommende Frustration zu vermeiden. Wenn Sie Probleme mit dem Aufschieben haben, könnte es also - egal in welchem Stadium des Studiums Sie sich aktuell befinden - hilfreich für Sie sein, eine kurze Problem- und Bedingungsanalyse durchzuführen. Übung: Problem- und Bedingungsanalyse Denken Sie an Ihr Studium und das Stadium, in dem Sie sich aktuell befinden, und beantworten Sie folgende Fragen bezüglich Ihres Aufschiebeverhaltens: <?page no="40"?> 4 Sich selbst motivieren 41 Welche konkreten Aufgaben und Vorhaben schieben Sie auf? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ Mit welchen Emotionen/ Gedanken gehen diese Aufgaben einher? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ In welchen Situationen (räumlich, zeitlich, …) neigen Sie dazu, diese Aufgaben aufzuschieben? Welche Faktoren dieser Situationen fördern Aufschiebeverhalten? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ <?page no="41"?> 42 Besieg den inneren Schweinehund! Welche Aufschiebe-/ Alternativverhaltensweisen zeigen Sie in solchen Situationen? ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ Mit welchen Emotionen/ Gedanken geht das Aufschieben einher? ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ Welche positiven Auswirkungen gehen (kurz- und langfristig) mit dem Aufschieben für Sie einher? ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ <?page no="42"?> 4 Sich selbst motivieren 43 Welche negativen Auswirkungen gehen (kurz- und langfristig) mit dem Aufschieben für Sie einher? ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ Unter Einbezug der vorangegangenen Fragen: Was genau hindert Sie daran effektiv zu arbeiten? ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ Wie bereits beschrieben ist das Ziel der Problem- und Bedingungsanalyse die Identifikation von (potenziellen) Problemen sowie von ungünstigen aufrechterhaltenden Faktoren. Sie kann daher immer angewandt werden, wenn Probleme auftreten oder erwartet werden. Die ausführliche Beschäftigung mit dem Problem und den Bedingungen, die zu diesem Problem beitragen, führt dabei zu einem vertieften Verständnis für das Problem. Gleichzeitig liefert sie Hinweise darauf, wie den jeweiligen Problemen begegnet werden kann bzw. an welchen Stellen die Problemlösung ansetzen sollte. Dieses Wissen wiederum erleichtert <?page no="43"?> 44 Besieg den inneren Schweinehund! die Suche nach Lösungen enorm, da man nun eine Idee bekommt, in welche Richtung man schauen sollte. Wie fange ich an? - Den inneren Schweinehund überwinden Und da ist er wieder: der altbekannte innere Schweinehund. Ob es nun darum geht, sich zum Joggen aufzuraffen, aus dem warmen Bett aufzustehen oder eben sich an den Schreibtisch zu setzen, um endlich mit der Arbeit an der Abschlussarbeit zu beginnen - immer wieder stellt sich uns dieser innere Schweinehund in den Weg und verhindert, dass Sie einfach die geplanten Tätigkeiten ausführen können. Dem tatsächlichen Beginn der Tätigkeit geht also so gut wie immer ein Kampf mit diesem inneren Schweinehund voraus - und das kostet zusätzliche Energie. Wie bereits beschrieben wurde, ist der berühmte Kampf mit dem inneren Schweinehund aus psychologischer Sicht nichts anderes als das Aufwenden von Motivation und Willenskraft, um die belohnende Wirkung des Aufschiebens zu überwinden. Mit anderen Worten geht es darum, die kurzfristige Belohnung bewusst aufzuschieben. Da dies gegen die natürliche Tendenz des Menschen Angenehmes aufzusuchen und Unangenehmes zu vermeiden geht, wird dieses Aufwenden von Motivation und Willenskraft als ein innerer Kampf wahrgenommen, der mit dem Aufbringen von Energie durch die Anwendung selbstregulativer Fähigkeiten einhergeht. Exkurs: Mein innerer Schweinehund Etwas zu bekämpfen, was man nicht sehen oder greifen kann, kann unter Umständen schwierig sein. Manchmal hilft es daher, abstrak- <?page no="44"?> 4 Sich selbst motivieren 45 ten Phänomenen eine Form zu geben. Nehmen Sie sich daher einige Minuten Zeit und stellen Sie sich Ihren persönlichen inneren Schweinehund vor Ihrem inneren Auge vor. Wie sieht er aus? Wie gelingt es ihm Sie von der Arbeit abzuhalten? Was bringt er an Eigenschaften und Waffen für den Kampf mit? Malen Sie ein Bild Ihres inneren Schweinehundes in den untenstehenden Kasten. Was bedeutet dies nun für die Lösung des Problems des inneren Schweinehundes? Wie kann ich diesen nervigen Begleiter meines digitalen Studiums in den Griff bekommen? Der psychologische Hintergrund des Phänomens liefert uns bereits die Waffen für den uns bevorstehenden Kampf: Motivation und Willenskraft. Das bedeutet, Sie können sich am besten für den Kampf mit dem inneren Schweinehund wappnen, indem Sie Methoden der Steigerung von Motivation und Willenskraft anwenden. Mit den folgenden Tipps legen Sie Ihren inneren Schweinehund erfolgreich an die Leine! <?page no="45"?> 46 Besieg den inneren Schweinehund! Sich ganz bewusst für das digitale Semester entscheiden Ein besonders leichtes Spiel hat der innere Schweinehund, wenn Sie - im Sinne des Rubikon-Modells den Rubikon noch nicht überschritten, d.h. das erfolgreiche Absolvieren des digitalen Semesters noch nicht als Ziel festgelegt haben. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen führt das Fehlen einer Zielabsicht dazu, dass Sie in einer „ich müsste“-Einstellung verharren, anstatt in eine „ich möchte“- Einstellung übergehen zu können. Dadurch gelingt es Ihnen nicht, Ihre Aufmerksamkeit auf die Zielerreichung zu fokussieren. Vielmehr bleibt Ihre Aufmerksamkeit offen für alles andere. Mit anderen Worten: Sie sind sich der vielen vergleichsweise attraktiveren Alternativen zur Teilnahme am digitalen Studium sehr bewusst und können diese nicht ohne weiteres ausblenden. Der Übergang in die Phase des Planens gelingt daher nicht. An diesem Punkt Handlungen zu beginnen resultiert daher in eher halbherzigen Versuchen, die wenig effektiv und produktiv ausfallen und so zu Frustration führen. In die Einschätzung der Realisierbarkeit gehen Überlegungen über zeitliche Ressourcen und für die Ausführung benötigte Mittel, die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten für die Bewältigung der Aufgabe sowie Annahmen über situative Komponenten wie günstige Gelegenheiten ein. Schaut man sich diese Einflussfaktoren in Bezug auf die Einschätzung der Realisierbarkeit an, so ist klar, dass Einflüsse auf diese limitiert sind, da nicht all diese Komponenten unter der eigenen Kontrolle stehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Überlegungen über diese Punkte nicht trotzdem hilfreich sein können! Praxistipps Bei der Einschätzung der Realisierbarkeit ist eine konkrete Auseinandersetzung mit den Faktoren, auf denen die Einschätzung ba- <?page no="46"?> 4 Sich selbst motivieren 47 siert, unbedingt notwendig, um ein realistisches Bild zu entwickeln. Nehmen Sie sich daher die Zeit, sich Gedanken über die einzelnen Faktoren zu machen. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen, sich mit der Realisierbarkeit auseinanderzusetzen: Schätzen Sie Ihre zeitlichen Ressourcen für das aktuelle Semester ein, indem Sie sich einen Überblick über die Zeitspanne verschaffen, die Ihnen realistisch noch zur Verfügung steht. Hilfreich kann hierbei ein Kalender sein, in den Sie bereits feststehende Termine sowie alle neu geltenden Fristen eintragen. Machen Sie sich Gedanken darüber, welche Mittel und Ressourcen (z.B. Literatur, Räume für Datenerhebungen, bestimmte Programme) Sie benötigen, um digital studieren zu können. Stehen diese bereits zur Verfügung oder wissen Sie, wie Sie an die benötigten Mittel kommen oder an wen Sie sich wenden müssen? Reflektieren Sie Ihre eigenen Fähigkeiten. Sie haben in Ihrem Studium bereits jede Menge Schlüsselkompetenzen erworben. Machen Sie sich dies bewusst! Ein geeignetes Mindset schaffen Ein wichtiger aufrechterhaltender Faktor für das Aufschiebeverhalten, den sich der innere Schweinehund zunutze macht, sind aufschiebeförderliche Gedanken, Vorstellungen und Einstellungen. Sie sind die Waffen des inneren Schweinehunds, mit denen er versucht, Sie zum Aufschieben zu verführen. Aufschiebeförderliche Gedanken, Überzeugungen und Einstellungen können <?page no="47"?> 48 Besieg den inneren Schweinehund! unterschiedliche Formen annehmen. Typisch sind Rechtfertigungen, Selbstberuhigungen und demotivierende Gedanken. Im schlimmsten Fall können aufschiebeförderliche Gedanken auch Selbstabwertungen beinhalten. Aufschiebeförderliche Gedanken können sich zudem auf alles Mögliche beziehen. So können Sie einen Bezug zu den eigenen Fähigkeiten im Hinblick auf die Aufgabenbewältigung, zu den Anforderungen der Aufgabe selbst oder zu der Gesamtsituation haben. Aufschiebeförderliche Gedanken sind also vielfältig und weit verbreitet. Eins haben sie jedoch alle gemeinsam: Sie verhindern, dass Sie mit dem täglichen Studienarbeiten beginnen, indem sie Aufschieben begünstigen. Aufschiebeförderlichen Gedanken zu begegnen ist nicht einfach. Es gibt keine pauschalen Strategien, um solche Gedanken zu verändern. Jedoch ist es möglich, sich ein Mindset (d.h. ein bestimmtes Denkmuster und -system) anzueignen, das einigen dieser Gedanken entgegenwirkt bzw. diesen den Wind aus den Segeln nimmt und so zu einer positiveren und optimistischeren Grundeinstellung gegenüber dem digitalen Studium führt. Praxistipps Beginnen Sie ungünstige Vorstellungen im Hinblick auf das digitale Studium zu hinterfragen und sich mit anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Es hat sich gezeigt, dass es sich besonders günstig auf das Bewältigen von schwierigen und langfristigen Aufgaben auswirkt, wenn diese als Herausforderung verstanden werden, in deren Bewältigungsprozess man eigene Fähigkeiten prüfen und neue Fähigkeiten erwerben kann. Dabei wird die Aufgabe als Lernmöglichkeit verstanden und der Fokus liegt auf dem Prozess der Aufgabenbewältigung und nicht auf den Ergebnissen. Diese herausfor- <?page no="48"?> 4 Sich selbst motivieren 49 dernde Sichtweise geht mit einer gesteigerten Motivation („Ich will das schaffen! “) und einer Freude im Hinblick auf den Arbeitsprozess durch die Aussicht auf Lernzuwachs einher. Durch diese Verbindung der Aufgabe mit positiven Gefühlen und Gedanken, wird das Ziel mehr und mehr von einem Vermeidungsziel („Ich muss das schaffen, damit ich keine negativen Konsequenzen erhalte.“) zu einem Annäherungsziel („Ich möchte das schaffen und dabei viel lernen.“), was sich wiederum günstig auf das Beginnen und ausdauernde Bearbeiten der Aufgabe auswirkt. Finden Sie für sich selbst einen positiven Zugang zum digitalen Studium. Nehmen Sie sich etwas Zeit und überlegen Sie, welchen positiven Blickwinkel man auf die aktuell durchaus außergewöhnliche Situation haben kann. Realistisch planen Zentrale Voraussetzung für den Beginn einer Handlung ist nach dem Rubikon- Modell eine gute Vorbereitung und Planung der Handlung. Studien zeigen, dass eine konkrete Planung die Handlungsausführung wahrscheinlicher macht. Doch wie plant man so ein digitales Semester richtig? Häufig ist das Problem, dass sich Studierende ganz und gar auf die Institution Universität verlassen und einfach versuchen, drauf los zu studieren. In diesem Fall fehlt dem Studium eine Struktur und die Studierenden verlieren leicht den Überblick. Zeitliche Aspekte sowie Vorstellungen über Umfang und benötigte <?page no="49"?> 50 Besieg den inneren Schweinehund! Ressourcen finden keine Beachtung. Die Arbeit scheint so nie zu enden. Ein anderes häufiges Problem stellen unrealistische Pläne dar. Studierende nehmen sich mehr vor als sie in der geplanten Zeit schaffen können. Selbstgesetzte Ziele werden so nicht erreicht und unerledigte Arbeiten stapeln sich immer mehr auf. Auch hier erfolgt eine falsche Einschätzung der zeitlichen Perspektive und der benötigten Ressourcen. Beide beschriebenen ungünstigen Planungen führen auf kurz oder lang zu Misserfolgserlebnissen und Frustration und somit im Weiteren zu abnehmender Motivation und zunehmenden Aufschieben. Aufschiebeförderliche Gedanken werden verstärkt, indem das Scheitern auf die eigenen Fähigkeiten bezogen wird. Wie kann man dies verhindern? Praxistipps Damit im Verlauf des Arbeitsprozesses keine Frustration durch ungünstige Planung entsteht, ist es wichtig, die Planung an die zeitlichen und persönlichen Ressourcen und Fähigkeiten anzupassen. Folgende Tipps sollten für eine realistische Planung beachtet werden: Unterteilen Sie das aktuelle Semester ganz bewusst in Teilziele. Nutzen Sie einen Kalender, in den Sie alle wichtigen Termine eintragen und überlegen Sie, wie viel Zeit Ihnen für welche Tätigkeit zur Verfügung steht. ▶ Legen Sie konkrete Zeitfenster für die Bearbeitung der einzelnen Studienfächer fest. ▶ Berücksichtigen Sie bei der Planung einzelner Arbeitseinheiten Ihre Konzentrationsfähigkeit, die Komplexität der jeweiligen Aufgaben und die verfügbaren zeitlichen Ressourcen. Nutzen Sie <?page no="50"?> 4 Sich selbst motivieren 51 als Faustregel, sich nur etwa 50% dessen vorzunehmen, was Sie sich ersten Überlegungen nach für ein bestimmtes Zeitfenster haben vornehmen wollen. ▶ Unterteilen Sie auch einzelne Arbeitseinheiten in kleinere Teilschritte und planen Sie Pausen ein. Setzen Sie dabei die Arbeitseinheiten nicht zu lang an. ▶ Planen Sie Arbeitseinheiten so, dass Sie mit den unangenehmsten und schwierigsten Aufgaben beginnen und mit leichteren und angenehmeren Arbeiten aufhören, um sich den Arbeitsprozess so angenehm wie möglich zu gestalten und Ihre Konzentrationsfähigkeit optimal zu nutzen. ▶ Definieren Sie auch für Pausen feste Zeiten und Längen. Setzen Sie sich zudem ein Ende für die Arbeitszeit (Spätestens um … Uhr ist Schluss! ). ▶ Planen Sie Puffertage ein, für den Fall, dass unvorhergesehene Ereignisse oder dringende Aufgaben anfallen. ▶ Passen Sie Ihre Planung für kommende Arbeitseinheiten aufgrund der im Arbeitsprozess gemachten Erfahrungen an. Extratipp: Viele weitere Informationen über Organisation und Zeitmanagement finden Sie in den anderen Teilen dieser Serie! Wie bereits beschrieben steigert eine konkrete Planung die Wahrscheinlichkeit der Handlungsdurchführung. Jedoch sollten Sie beachten, dass Sie nicht zu kleinschrittig und detailliert planen, da eine solche Planungsstrategie ebenfalls <?page no="51"?> 52 Besieg den inneren Schweinehund! Gefahren birgt. Bleibt vor lauter Planung die Arbeit liegen, so wird der Planungsprozess selbst zu einem Aufschiebeverhalten. Zudem birgt eine zu detaillierte Planung die Gefahr der mangelnden Flexibilität, d.h. bei kleinen Abweichungen von der eigenen Planung kommt es zu Gefühlen der Überforderung und Frustration, die wiederum die Basis für abnehmende Motivation und Aufschieben bilden. Effektive Vorsätze fassen Eine zentrale Voraussetzung für den Beginn von Handlungen ist - dem Rubikon- Modell zufolge - die Entwicklung von konkreten Vorsätzen oder Durchführungsintentionen. Dabei werden die abstrakten Zielabsichten der ersten Phase des Rubikon-Modells in situationsbezogene Handlungsanweisungen übersetzt. Mit anderen Worten wird das gesetzte Ziel mit konkreten Verhaltensweisen verbunden, die in bestimmten, festgelegten Situationen umgesetzt werden, um sich der Zielerreichung anzunähern. Dabei ist die Idee, dass durch die Verbindung von Situationen und Verhaltensweisen, die in diesen Situationen gezeigt werden sollen, die Schwelle für den Handlungsbeginn gesenkt wird, da das Verhalten bei Eintreten der Situation fast automatisch und mechanisch ausgelöst wird. Wirksame Vorsätze zeichnen sich demnach dadurch aus, dass Sie konkrete Angaben darüber enthalten, in welcher Situation (Ort, Zeit) welches konkrete Verhalten gezeigt werden soll. Je konkreter diese Komponenten beschrieben sind, desto höher fällt die Wahrscheinlichkeit dafür aus, dass das Verhalten umgesetzt wird. Praxistipps Effektive Vorsätze beinhalten klar spezifizierte Angaben über eine Situation, in der ein ganz bestimmtes Verhalten gezeigt werden <?page no="52"?> 4 Sich selbst motivieren 53 sollte. Folgende Angaben über die Situation sollten in Ihren Vorsätzen enthalten sein: ▶ Angaben über die Zeit (idealerweise genaue Uhrzeit des Beginns sowie möglichst spezifische Angaben über die Dauer der Tätigkeit) ▶ Angaben über den Ort (idealerweise genaue Ortsangabe mit Bezeichnung des Gebäudes/ Raums und des exakten Durchführungsorts) ▶ Angaben über die Art und Weise der Umsetzung (idealerweise Angaben darüber, welche spezifische Tätigkeit wie und mit welchen Mitteln durchgeführt werden soll) Beispiel für einen effektiven Vorsatz „Morgen früh werde ich mich um 09: 00 Uhr an den Schreibtisch in meinem Zimmer setzten und für 2 Stunden an dem Abschnitt über die psychologischen Wirkmechanismen des Aufschiebens an meinem Laptop unter zu Hilfenahme psychologischer Fachliteratur arbeiten.“ Übung: Verfassen von Vorsätzen Nun sind Sie an der Reihe. Nutzen Sie eine der Zielabsichten, die Sie im Hinblick auf das digitale Semester entwickelt haben, und formulieren Sie konkrete Vorsätze, um das Ziel zu erreichen. <?page no="53"?> 54 Besieg den inneren Schweinehund! Zielabsicht: __________________________________________________________________________________ Vorsätze: 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ Überprüfen Sie im Nachgang: Hatte das Fassen dieser Vorsätze den gewünschten Effekt? Wie bleibe ich dran? - Motiviert sein und es auch bleiben! Ein weit verbreiteter Irrglaube besagt, dass wenn man den inneren Schweinehund erst einmal überwunden hat, eigentlich nichts mehr schiefgehen kann. Betrachtet man nun jedoch das Rubikon-Modell, so wird klar, dass dies etwas zu einfach gedacht ist. Natürlich ist durch das Überwinden des inneren Schweinehundes eine große Hürde im Prozess des zielgerichteten Handelns genommen, jedoch gibt dieser nicht so einfach auf. Er ist lediglich überwunden worden, nicht jedoch besiegt und versucht daher immer weiter Sie zum Aufschieben zu verführen. Dementsprechend lauern auch nachdem die Handlung bereits begonnen wurde noch Gefahren für den Arbeitsprozess. Diese Gefahren nehmen dabei in erster Linie zwei Formen an: Entweder durch Ablenkungen vom bereits begonnenen Arbeitsprozess, oder Unterbrechungen, die es schwierig machen die Tätigkeit wiederaufzunehmen. Zentrale Aufgabe der Durchführungsphase des Rubikon- <?page no="54"?> 4 Sich selbst motivieren 55 Modells ist daher die Abschirmung der Zielhandlung vor inneren und äußeren Einflüssen sowie die Aufwendung von Energie und Anstrengung für die Aufrechterhaltung der Handlung. Natürlich können auch in dieser Phase des Arbeitsprozesses die in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Strategien, Tipps und Tricks angewendet werden. In diesem Abschnitt sollen die bislang beschriebenen Strategien jedoch um spezielle Tipps und Tricks für die Aufrechterhaltung der Handlung ergänzt werden, um so Ihre Ausrüstung für den Sieg über den inneren Schweinhund zu vervollständigen. Ablenkungen entgegenwirken Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurde, stellt Querkonkurrenz im Sinne von attraktiven Ablenkungen ein großes Problem für das konzentrierte Weiterarbeiten dar. Attraktive Alternativen z.B. zum Schreiben an der Hausarbeit können dabei viele Formen annehmen - sei es das Handy, Putzen, aus dem Fenster schauen oder die willkommene Störung durch das Klingeln des Postboten. All diese Ablenkungen führen zu einer kurzzeitigen Entlastung und führen zu einer Unterbrechung des Arbeitsprozesses, in den man sich im Anschluss wieder hineinfinden muss. Leider gibt es kein Wundermittel, das gegen all diese Ablenkungen hilft, jedoch gibt es verschiedene Tricks und Tipps, um die Quellen von Ablenkungen zu minimieren. Praxistipps ▶ Schaffen Sie sich eine geeignete Umgebung, in der möglichst wenige Ablenkungen zu finden sind. <?page no="55"?> 56 Besieg den inneren Schweinehund! ▶ Verbannen Sie alles von Ihrem Arbeitsplatz, was Sie ablenkt oder Ihre Konzentration stört. Hierzu gehört beispielsweise das Handy. Schalten Sie dieses ggf. aus. ▶ Erschweren Sie sich den Zugang zu Ablenkungsmöglichkeiten. Hierbei können Sie ruhig kreativ werden. ▶ Schauen Sie, dass Sie ausgeschlafen sind, genügend gegessen haben und immer etwas zu trinken an Ihrem Arbeitsplatz haben, um körperlichen Störungen wie Müdigkeit, Magenknurren oder ähnlichem vorzubeugen. ▶ Nehmen Sie sich zu Beginn der Tätigkeit einige Minuten Zeit, um zur Ruhe zu kommen und Ihre Konzentration auf die Aufgabe zu lenken. Neben diesen vorbeugenden Maßnahmen, die es mit wenig Anstrengungsaufwand schaffen, Ablenkungen entgegenzuwirken, gibt es zudem verschiedene Möglichkeiten, Ablenkungen während des Arbeitsprozesses entgegenzuwirken. Diese Möglichkeiten bedürfen jedoch eines hohen Maßes an Selbstkontrolle und können daher stellenweise nur unter Aufbringen von Anstrengungen angewandt werden. Lassen Sie sich hiervon nicht entmutigen, sondern versuchen Sie es immer wieder! Praxistipps Versuchen Sie die Ablenkung aus einer weniger attraktiven Sicht zu betrachten (z.B. anstatt die Ablenkung als Belohnung zu sehen, die- <?page no="56"?> 4 Sich selbst motivieren 57 se als langsam wirkendes Gift verstehen). Machen Sie sich die negativen Konsequenzen des Aufschiebens und die positiven Konsequenzen des Dranbleibens bewusst. Bereiten Sie ggf. Zettel oder kleine Sprüche vor, die Ihnen dabei helfen. Sich selbst verstärken Wie bereits dargestellt, ist Aufschieben das Ergebnis eines operanten Konditionierungsprozesses und basiert somit auf dem Prinzip der (kurzfristigen) Belohnung. Dieses Prinzip können Sie umdrehen und sich selbst zunutze machen, indem Sie sich für das Dranbleiben an etwas selbst belohnen. Selbstbelohnung ist ein bewährtes Mittel, um die eigene Motivation zu steigern, und alternativ zum Aufschieben kurzfristige positive Verstärkungen zu schaffen, die dabei helfen, den langen Weg zur Zielerreichung zu erleichtern. Womit Sie sich selbst belohnen, ist Ihnen überlassen. Anreize können vom Schokolade-Naschen, über einen virtuellen Kinoabend mit Freunden bis hin zum Selbstlob reichen. Anreize für Selbstbelohnung sind vielfältig und zugleich hoch individuell. Überlegen Sie, was Ihnen gut tut! Übung: Meine Belohnungen Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und überlegen Sie sich, womit Sie sich selbst belohnen könnten. Was tut Ihnen gut? Welche Anreize würden Sie motivieren, dran zu bleiben? Notieren Sie hier 5 solcher möglichen Selbstbelohnungen in aufsteigender Reihenfolge (von weniger belohnend bis sehr belohnend): <?page no="57"?> 58 Besieg den inneren Schweinehund! 1)________________________________________________________________________________ 2)________________________________________________________________________________ 3)________________________________________________________________________________ 4)________________________________________________________________________________ Das bloße Festlegen von Belohnungen reicht natürlich noch nicht aus. Zwar schaffen diese Belohnungen eine attraktive Alternative zu Ablenkungen, jedoch ist es wichtiger, die Belohnungen richtig einzusetzen. Was ist dafür zu tun? Praxistipps ▶ Belohnen Sie sich nicht nur für das große Ganze, sondern auch für das Erreichen selbstgesetzter Zwischenziele sowie für kleine Erfolge (z.B. pünktliches Anfangen). ▶ Belohnen Sie sich zeitnah. ▶ Koppeln Sie die Belohnung wirklich an die Zielerreichung. Eine Belohnung wirkt nicht als solche, wenn von vorne hinein klar ist, dass Sie diese unabhängig von Ihrer Arbeit erhalten werden. ▶ Versuchen Sie neben extrinsischen Anreizen auch intrinsische Anreize zu finden und diese einzusetzen. Persönliche Bezüge herstellen Nicht nur Belohnungen für die Teilzielerreichung helfen dabei, ein Ziel attrakti- <?page no="58"?> 4 Sich selbst motivieren 59 ver zu gestalten und so die Motivation für das Dranbleiben an der Zielerreichung zu erhöhen. Auch das Ziel bzw. die Zielformulierung selbst kann dazu beitragen, dass man die Erreichung des Ziels konsequent verfolgt. Was muss ein Ziel dafür mitbringen? Als besonders hilfreich hat sich erwiesen, Ziele so zu setzen, dass sie mit persönlichen Wünschen, Vorstellungen und (Lebens-)Plänen übereinstimmen - also so, dass sie eine persönliche Relevanz haben. Solche Ziele sind meist intrinsisch motivierte Ziele. Intrinsische Motivation geht mit einer höheren Ausdauer bei der Zielverfolgung einher, da der Prozess der Zielerreichung bereits mit positiven Gefühlen einhergeht und als gewinnbringend bzw. belohnend wahrgenommen wird. Die Arbeit scheint dabei weniger wie eine Arbeit. Praxistipps Wie können persönliche Bezüge zum digitalen Studium hergestellt werden? Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob verschiedene Interpretationen des aktuell rein digitalen Semesters möglich sind? Ist es ein notwendiges Übel, welches man einfach möglichst schnell über die Bühne bekommen sollte? Oder kann das digitale Studium alternativ als eine Herausforderung wahrgenommen werden, bei der Sie einmal zeigen können, was Sie so draufhaben und welche Sie zudem auch noch perfekt auf einen späteren Job im digitalen Kontext vorbereitet? Es gibt viele Interpretationsmöglichkeiten für diese komplexe und neuartige Situation. Was ist Ihr persönlicher Bezug dazu? Finden Sie eine für Sie stimmige Interpretation! <?page no="59"?> 60 Besieg den inneren Schweinehund! Das Ziel vor Augen haben Dem Rubikon-Modell zufolge sind für die Aufrechterhaltung des zielgerichteten Verhaltens mentale Bilder des Ziels von großer Bedeutung. Das bedeutet, das Ziel vor den Augen zu haben erleichtert Ihnen die zur Erreichung dieses Ziels notwendigen Schritte einzuleiten und durchzuführen. Wieso ist es so wichtig, das Ziel vor Augen zu haben? Wie im Abschnitt über die theoretischen Hintergründe des Aufschiebens beschrieben, basiert Aufschiebeverhalten darauf, dass eine kurzfristige Belohnung einer erst in Zukunft eintretenden Belohnung bevorzugt wird. Aufschieben bietet diese kurzfristige Belohnung, schiebt jedoch die meist größere Belohnung durch die Zielerreichung weiter in die Ferne. Aufgrund dieser Entfernung schwindet der Einfluss des Zieles auf Ihr Handeln und das Ziel wird abstrakter und unspezifischer. Das mentale Bild des Ziels wirkt diesem Prozess nun entgegen. Dadurch, dass sich das Ziel vor Augen geführt wird, wird dieses und somit die mit dem Ziel verbundene, erwartete Belohnung aus der fernen Zukunft in das Hier und Jetzt geholt, wodurch dieses an Relevanz für das aktuelle Verhalten gewinnt. Praxistipps ▶ Nehmen Sie sich vor jeder Arbeitseinheit ein paar Minuten Zeit, in denen Sie die Augen schließen und an Ihr Teilziel für diese Einheiten denken. Stellen Sie sich das Ziel vor und versetzen sich in die Emotionen und Gedanken, die mit der Zielerreichung einhergehen hinein. <?page no="60"?> 4 Sich selbst motivieren 61 ▶ Überlegen Sie sich, wie Sie sich für die Zielerreichung belohnen können. Denken Sie an alle Einzelheiten der Belohnung und wie diese sich auf Ihre Sinneswahrnehmung auswirkt. ▶ Erstellen Sie sich ein Bild von Ihrem Ziel, dass Sie erreichen wollen und nehmen Sie dieses Bild mit an Ihren Arbeitsplatz. Schauen Sie sich dieses Bild aktiv an, wenn Sie merken, dass Ihre Ausdauer nachlässt. ▶ Entwickeln Sie einen Plan oder ein Bild, auf dem Sie den Weg bis zum Ende des digitalen Semesters mit seinen Zwischenzielen abbilden. Markieren Sie hierauf Ihre Annäherung an das Ziel nach jeder Arbeitseinheit. <?page no="61"?> 5 Ideen zur Selbstmotivation Das Ende in Sicht - „Motivations-Booster“ für Ihr seelisches Gleichgewicht! Nun haben Sie gelernt, wie wichtig es ist sich selbst zu motivieren und sich etwas Gutes zu tun. Belohnen Sie sich für Ihre Leistungen, für getane Arbeit, für erreichte Ziele. In Folge finden Sie 5 kreative Ideen, um einmal die Seele baumeln zu lassen, den Stress zu vergessen und einfach nur die Zeit zu genießen. Tipp 1 - Kreative Mittagspausengestaltung Sie haben keine Lust, Ihre Mittagspause schon wieder alleine zu verbringen? Wie wäre es mit einem leckeren Eis und einem kleinen Spaziergang? Setzen Sie sich einfach im Park auf die Bank und genießen Sie die Sonnenstrahlen, den Duft der Blumen, das Zwitschern der Vögel. Rufen Sie die Menschen an, mit denen Sie normalerweise die Pause verbringen und halten Sie einen Kaffeeklatsch. <?page no="62"?> 5 Ideen zur Selbstmotivation 63 Tipp 2 - Virtuell verbunden Endlich mal wieder in einer lustigen Runde zusammensitzen, gemeinsam kochen und essen, einen Film anschauen, ein Bierchen zischen oder einen Cocktail trinken? Videotelefonie macht es möglich! Genießen Sie einen Abend mit Ihren Freunden - 100%- Corona-sicher auf der eigenen Couch. Es ist nicht das gleiche, es bleibt anders. Aber anders bedeutet nicht immer schlecht. Lassen Sie sich auf diese Art des Zusammenseins ein und erfreuen Sie sich daran. Tipp 3 - Musik-Sessions im eigenen Wohnzimmer Die Konzert- und Party-Szene steht still! Öffentliches Tanzen finden Sie sowieso peinlich? Dann ergreifen Sie jetzt die Chance auf eine virtuelle Party. Viele Künstler veranstalten im Moment Konzerte zum Streamen auf YouTube, Facebook und Co. DJs legen stundenlang für Sie auf, um die Langeweile am Samstagabend zu vertreiben. Nehmen Sie diese Angebote wahr und zappeln Sie zu Hause richtig ab. <?page no="63"?> 64 Besieg den inneren Schweinehund! Tipp 4 - Kults aus vergangenen Jahrzehnten Sicherlich kennen Sie den Spruch: „Früher war alles besser! “ Das stimmt nicht wirklich, aber vielleicht haben Sie Lust ein paar Ideen von früher aufzugreifen? Haben Sie schon einmal Ihr Essen mit Lebensmittelfarbe eingefärbt? Wie schmeckt eigentlich ein blauer Kartoffelsalat oder ein rotgrüner Marmorkuchen? Was passiert mit Ihrem Geschmackssinn, wenn Ihr Essen plötzlich ekelig aussieht? Probieren Sie es doch einfach aus. Tipp 5 - Zeit endlich mal verrückt zu sein Sie wollten schon immer mal etwas total Verrücktes oder ganz Besonderes tun, hatten bisher aber keine Zeit, keine Lust und keinen Elan dafür? Nun, dann tun Sie es jetzt! Nutzen Sie die Zeit und den Moment, um besondere Erinnerungen zu schaffen.  Zelten Sie im eigenen Garten und beobachten Sie die Sterne. Vielleicht entdecken Sie sogar die ein oder andere Sternschnuppe. <?page no="64"?> 5 Ideen zur Selbstmotivation 65  Malen Sie ein Bild mit Ihrem eigenen Körper. Kleidung aus, Farbe drauf und dann wälzen Sie sich über eine Leinwand oder ein altes Betttuch. Das Ergebnis wird Sie begeistern.  Erfreuen Sie Ihre Nachbarn mit Ihrem musikalischen Talent. Stellen Sie sich einfach auf die Straße und singen laut Ihr Lieblingslied. Mal schauen, was passiert!  Setzen Sie diese Liste beliebig fort …  …  …  …  …  …  … … In diesem Sinne wünschen wir Ihnen nicht nur ausreichend und dauerhaft anhaltende Motivation, sondern vor allem Glück, Zufriedenheit und eine ordentliche Portion Spaß für Ihr digitales Semester! <?page no="66"?> Quellen für weiterführende Informationen Deci, E. L./ Ryan, R. M.: Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Erschienen in: Zeitschrift für Pädagogik 39 (1993) 2, S. 223-238. Heckhausen, J./ Heckhausen, H. (Hrsg.): Motivation und Handeln. 3. überarb. & aktual. Aufl. Heidelberg (2006), Springer Medizin Verlag. Hoch, D.: Aufschieberitis bei Studenten. 1. Aufl. Hamburg (2019), tredition GmbH. Höcker, A./ Engberding, M./ Rist, F.: Heute fange ich wirklich an! Prokrastination und Aufschieben überwinden - ein Ratgeber. 1. Aufl. Göttingen (2017), Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG. Kuhl, Julius: Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie. Motivation, Emotion und Selbststeuerung. 1. Aufl. Göttingen (2010), Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG. Licz, M.: Wissenschaftliche Arbeiten endlich fertigschreiben! Mit System und Motivation in nur 8 Schritten zur fertigen Bachelor-, Master und Diplomarbeit. 1. Aufl. (2016), Studieren mit Grips. Martens, J.-U./ Kuhl, J.: Die Kunst der Selbstmotivierung. Neue Erkenntnisse der Motivationsforschung praktisch nutzen. 5. überarb. Aufl. Stuttgart (2013), Verlag W. Kohlhammer GmbH. Mazur, J. E.: Lernen und Verhalten. 6. aktual. Aufl. München (2006), Pearson Deutschland GmbH. <?page no="67"?> 68 Besieg den inneren Schweinehund! Mischel, W.: Der Marshmallow Effekt. Wie Willensstärke unsere Persönlichkeit prägt. 4. Aufl. (2018), Pantheon Verlag. Myers, D. G.: Psychologie. 2. erweit. & aktual. Aufl. Heidelberg (2008), Springer Medizin Verlag. Rothermund, K./ Eder, A.: Allgemeine Psychologie: Motivation und Emotion. 1. Aufl. Wiesbaden (2011), VS Verlag für Sozialwissenschaften. Rudolph, U.: Motivationspsychologie kompakt. 3. Aufl. Weinheim Basel (2013), Beltz Verlag. Wirtz, M. A. (Hrsg.): Dorsch. Lexikon der Psychologie. 18. überarb. Aufl. Göttingen (2017), Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG <?page no="68"?> Index Ablenkung 55 Aufschieben 32 Auswirkungen 32 Konsequenzen 35 Verhalten 33 Belohnung 57 Homestudying 14 Innerer Schweinehund 24, 44 Konditionierungsprozess 57 Mindset 47 Mittagspause 62 Motivation 17 Motivationsanreize 21 Motivations-Booster 62 Motivations-Typ 19 extrinsischer Typ 19 intrinsischer Typ 20 Motivationsverhalten 17 persönlicher Bezug 57 Problem- und Bedingungsanalyse 40 Realisierbarkeit 46 Rubikon-Modell 25 Phase der Bewertung 30 Phase der Durchführung 29 Phase des Abwägens 27 Phase des Planens 28 Selbstmotivation 62 Selbstregulation 23 Verrückt sein 64 Volition 24 Vorsätze 52 Willenskraft 24 Zielsetzung 60 <?page no="70"?> ISBN 978-3-7398-3061-2 www.uvk.de Und plötzlich digital Sich und das eigene Studium ganz ungewohnt vom heimischen PC aus zu organisieren, klingt zunächst verlockend, ist aber ohne Frage eine große Herausforderung. Es fehlt der Austausch mit anderen Studierenden, Dozenten und Beratungsstellen vor Ort, die sonst so toll unterstützen bei der Organisation des eigenen Studiums. Gleichzeitig benötigt es eine große Portion Selbstmotivation! Der vorliegende Studienratgeber richtet sich an alle Studierenden, unabhängig von Fachrichtung oder Semester, die sich gerade im digitalen Studienalltag zu Recht finden müssen. Mit wertvollen Tipps und Tricks behalten Sie in ihrem „Online-Studium auf Zeit“ alles im Blick! Antje Ries ist Beraterin, Trainerin, Dozentin und Autorin. Sie unterrichtet in den Fachbereichen Betriebswirtschaft, Marketing und Projektmanagement. Stephanie Walter ist Gründerin des Unternehmens wortgewandt und berät Menschen in Krisen- und Ausnahmesituationen.