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Design Thinking

Innovation erfolgreich umsetzen

1028
2019
978-3-7398-8010-5
978-3-7398-3010-0
UVK Verlag 
Roman Simschek
Fabian Kaiser

Dieses Buch gibt einen hervorragenden Überblick über ein Thema, das aus der gegenwärtigen Welt des agilen Projektmanagements nicht mehr wegzudenken ist: Design Thinking ist eine Sammlung von Werkzeugen, Methoden und Grundsätzen, welche Teams unterstützen, Lösungen zu komplexen Fragestellungen zu erarbeiten. Die Anwendung aus Sicht des Nutzers steht dabei immer im Vordergrund. Design Thinking weist sehr viele Schnittmengen mit Agilität auf und bietet daher eine ideale Ergänzung zu modernen Projektmanagementmethoden wie SCRUM. Das Buch richtet sich nicht nur an kreative Mitarbeiter in Startups, die auf Innovation setzen wollen und müssen. Es bietet auch etablierten Unternehmen, die eine frische Sicht auf die Optimierung ihrer Produkte und Dienstleistungen werfen möchten, ein effektives Toolset, um Kreativität und ein agiles Mindset zu fördern.

<?page no="0"?> Dieses Buch gibt einen hervorragenden Überblick über ein Thema, das aus der gegenwärtigen Welt des agilen Projektmanagements nicht mehr wegzudenken ist: Design Thinking ist eine Sammlung von Werkzeugen, Methoden und Grundsätzen, welche Teams unterstützen, Lösungen zu komplexen Fragestellungen zu erarbeiten. Die Anwendung aus Sicht des Nutzers steht dabei immer im Vordergrund. Design Thinking weist sehr viele Schnittmengen mit Agilität auf und bietet daher eine ideale Ergänzung zu modernen Projektmanagementmethoden wie SCRUM. Das Buch richtet sich nicht nur an kreative Mitarbeiter in Startups, die auf Innovation setzen wollen und müssen. Es bietet auch etablierten Unternehmen, die eine frische Sicht auf die Optimierung ihrer Produkte und Dienstleistungen werfen möchten, ein effektives Toolset, um Kreativität und ein agiles Mindset zu fördern. ISBN 978-3-7398-3010-0 www.uvk.de Simschek / Kaiser DESIGN THINKING Roman Simschek, Fabian Kaiser Innovation erfolgreich umsetzen DESIGN THINKING 53010_Simschek_Kaiser_Umschlag.indd Alle Seiten 26.09.2019 10: 22: 39 <?page no="2"?> Roman Simschek Fabian Kaiser Design Thinking Innovationen effektiv managen UVK Verlag · München <?page no="3"?> Roman Simschek und Fabian Kaiser sind die Gründer und Inhaber der Agile Heroes GmbH, einer der führenden Beratungen zum Thema Agiles Projektmanagement und Innovation. Sie beraten in Deutschland, Österreich und der Schweiz namhafte Unternehmen und helfen ihnen dabei, ihre Initiativen und Projekte erfolgreich zu machen. www.agile-heroes.de Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-7398-3010-0 (Print) ISBN 978-3-7398-8010-5 (E-PDF) ISBN 978-3-7398-0216-9 (E-PUB) © UVK Verlag München 2019 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck UVK Verlag Nymphenburger Strasse 48 · 80335 München Tel. 089/ 452174-65 www.uvk.de Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG Dischingerweg 5 · 72070 Tübingen Tel. 07071/ 9797-0 www.narr.de <?page no="4"?> Vorwort Verehrte Leserin, verehrter Leser, danke, dass du dich zum Kauf dieses Buches entschieden hast. Vielleicht hast du dieses Exemplar auch im Zuge eines Trainingsbesuches bei uns erhalten. Auch dafür und für dein Vertrauen danken wir dir sehr. Design Thinking und andere agile Projektmanagementmethoden sind heute nicht mehr aus dem Berufsalltag vieler Unternehmen wegzudenken. Ob Apple, Uber, SAP, EBay, AirBnB, Google, Facebook, Amazon oder Spotify, alle vertrauen auf agile Methoden und Design Thinking, um wettbewerbsfähig zu bleiben und immer wieder neue Trends und Innovationen auf den Markt zu bringen. Aber nicht nur Weltkonzerne setzten auf Agilität. Auch immer mehr traditionelle Unternehmen sowie Startups erkennen den Mehrwert dieser Herangehensweise. In diesem Buch wollen wir dir einen Einblick in die Welt des Design Thinking und der Agilität geben. Das Buch beginnt mit einem allgemeinen Teil, in dem wir auf den Ursprung der Methode, den Begriff und die Grundpfeiler des Design Thinking eingehen. Wir werden Rahmenbedingungen, Prinzipien, Teamzusammenstellungen und Prozessphasen beleuchten. <?page no="5"?> 6 Vorwort Im nächsten Kapitel beschreiben wir detailliert den Design-Thinking-Prozess mit seinen sechs Phasen. Zu jeder Phase werdet Ihr mehrere Techniken und Methoden kennenlernen, die Ihr in der Praxis anwenden könnt. Das darauffolgende Kapitel geht auf die Anwendung von Design Thinking in der Praxis ein. Hier beschäftigen wir uns mit allen Aspekten, die wichtig für eine erfolgreiche Einführung von Design-Thinking-Methoden und des Design Thinking Mindsets im Unternehmen und / oder einem Team sind. Im letzten Kapitel stellen wir die Prinzipien der Agilität sowie weiterer agilen Methoden, die mit dem Design Thinking kompatibel sind, vor. In diesem Buch verzichten wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf Doppelbezeichnungen und verwenden das generische Maskulinum. Diese Formulierung bezieht sich natürlich ausdrücklich auch auf weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten. Wie du bereits gemerkt hast, duzen wir unsere Leser. Wir sind der Meinung, dass in der aktuellen schnellen Welt, in der wir leben, das „Du“ einfacher zu schreiben und zumindest hier in diesem Buch die richtige Wahl ist. Solltest du Fragen haben, kannst du dich jederzeit gerne an uns wenden! Dieses Buch und seine Aktualität und Weiterentwicklung leben von der Kommunikation mit Euch. Deswegen freuen wir uns auf Eure Anregungen, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge.  Fabian Kaiser fkaiser@agile-heroes.de  Roman Simschek rsimschek@agile-heroes.de Wir sind auch telefonisch erreichbar unter ( 069) 244 046 44. <?page no="6"?> Vorwort 7 Wir wollen an dieser Stelle Lisa Ziemer danken, die in hervorragender und engagierter Weise uns bei der strukturellen und inhaltlichen Erstellung dieses Buch unterstützt hat. Ohne sie wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Herzlichsten Dank und viel Erfolg Roman Simschek Fabian Kaiser Frankfurt am Main, September 2019 <?page no="8"?> Inhaltsübersicht 1 Design Thinking Grundlagen.........................................................................................17 2 Design-Thinking-Prozess.................................................................................................33 3 Design Thinking in der Praxis ........................................................................................95 4 Design Thinking und andere agile Methoden...................................................... 121 Glossar .......................................................................................................................................... 149 Informationsquellen und Literatur .................................................................................... 157 Abbildungsverzeichnis........................................................................................................... 161 Stichwortverzeichnis ............................................................................................................... 163 <?page no="10"?> Inhalt Vorwort ........................................................................................................................................... 5 1 Design Thinking Grundlagen .......................................................................... 17 Was ist Design Thinking? .......................................................................................17 Warum ist Design Thinking so erfolgreich? .....................................................18 Design Thinking: Ursprung ...................................................................................19 Designer vs. Design Thinker .................................................................................21 Design Thinking: Grundpfeiler.............................................................................21 Prinzipien .....................................................................................................................23 Rahmenbedingungen.............................................................................................24 Team..............................................................................................................................25 Phasen ..........................................................................................................................28 2 Design-Thinking-Prozess .................................................................................. 33 Kick-off-Workshop....................................................................................................33 Phase 1: Verstehen ...................................................................................................36 2.2.1 Brainstorming: Erste Annahmen .........................................................................37 2.2.2 Semantische Analyse...............................................................................................38 <?page no="11"?> 12 Inhalt 2.2.3 Sweet-und-Sour-Spot-Methode..........................................................................39 2.2.4 User Journey Map .....................................................................................................41 2.2.5 Value Chain .................................................................................................................45 Phase 2: Beobachten ...............................................................................................46 2.3.1 Stilles Beobachten / Fly on the Wall...................................................................47 2.3.2 Interviews ....................................................................................................................47 2.3.3 Vorbereitung ..............................................................................................................48 Interviewtechniken ..................................................................................................49 2.4.1 Offene Fragen ............................................................................................................49 2.4.2 Die 5-Whys ..................................................................................................................50 2.4.3 80/ 20 .............................................................................................................................51 2.4.4 Interview-Struktur ....................................................................................................52 2.4.5 Länge und Anzahl der Interviews .......................................................................54 Interview-Arten .........................................................................................................55 2.5.1 Straßeninterviews.....................................................................................................55 2.5.2 Fokusgruppen............................................................................................................56 2.5.3 Tiefergehende Interviews......................................................................................57 2.5.4 Direkte Auswertung.................................................................................................57 2.5.5 Interview Synthese...................................................................................................59 <?page no="12"?> Inhalt 13 2.5.6 Dot Voting ...................................................................................................................60 2.5.7 Bedürfnis vs. Hürde ..................................................................................................61 2.5.8 2x2-Matrix....................................................................................................................61 Phase 3: Standpunkt generieren .........................................................................63 2.6.1 Personas .......................................................................................................................64 2.6.2 Extreme Nutzer..........................................................................................................68 2.6.3 Design Thinking Challenge ...................................................................................69 Lösungsphasen-Kick-off-Workshop...................................................................70 Phase 4: Ideen finden ..............................................................................................71 2.8.1 Crazy 8 ..........................................................................................................................72 2.8.2 6-3-5-Methode oder Build on Ideas of Others................................................73 2.8.3 SCAMPER .....................................................................................................................75 2.8.4 Walt-Disney-Methode .............................................................................................76 Phase 5: Prototypen entwickeln..........................................................................78 2.9.1 Wireframes, Mockups und Klickdummies........................................................80 2.9.2 Landing Pages............................................................................................................82 2.9.3 Videoprototypen ......................................................................................................83 2.9.4 3D-Prototypen ...........................................................................................................84 <?page no="13"?> 14 Inhalt 2.10 Phase 6: Testen ..........................................................................................................85 2.10.1 Geschichten des Scheiterns ..................................................................................86 2.10.2 Experiment Board .....................................................................................................87 2.11 Evaluierungs-Workshop ........................................................................................88 2.12 Iterationen...................................................................................................................89 2.13 Challenge Abschluss-Workshop..........................................................................91 3 Design Thinking in der Praxis ......................................................................... 95 3.0.1 Business Model Canvas...........................................................................................97 3.0.2 Lean Canvas ................................................................................................................99 3.0.3 Stakeholder-Matrix................................................................................................ 101 3.0.4 Retrospektiven........................................................................................................ 104 Tools ........................................................................................................................... 110 3.1.1 Timebox .................................................................................................................... 110 3.1.2 Post-Its ....................................................................................................................... 111 3.1.3 Nützliches Material................................................................................................ 113 Checklisten............................................................................................................... 115 3.2.1 Vor dem Design-Thinking-Prozess .................................................................. 115 3.2.2 Während des Design-Thinking-Prozesses (Problemraum) ..................... 117 <?page no="14"?> Inhalt 15 3.2.3 Während des Design-Thinking-Prozesses (Lösungsraum) ..................... 118 3.2.4 Nach dem Design-Thinking-Prozess (Retrospektive) ............................... 120 4 Design Thinking und andere agile Methoden ......................................121 Agilität ....................................................................................................................... 122 Design Thinking Sprint / Google Sprint......................................................... 126 4.2.1 SCRUM ....................................................................................................................... 128 4.2.2 Kanban....................................................................................................................... 133 4.2.3 Systems Thinking................................................................................................... 136 4.2.4 Service Design......................................................................................................... 137 4.2.5 Lean StartUp ............................................................................................................ 138 4.2.6 PRINCE 2 Agile ........................................................................................................ 141 4.2.7 Extreme Programming ....................................................................................... 144 4.2.8 Fazit............................................................................................................................. 147 Glossar .......................................................................................................................................... 149 Informationsquellen und Literatur .................................................................................... 157 Abbildungsverzeichnis........................................................................................................... 161 Stichwortverzeichnis ............................................................................................................... 163 <?page no="16"?> 1 Design Thinking Grundlagen Was ist Design Thinking? Design Thinking bezeichnet eine Sammlung von agilen Methoden, Tools und Techniken, die - in Kombination - Teams unterstützen, komplexe Probleme zu lösen und Innovationen zu schaffen. Ziel ist es, nutzerzentrierte Ideen zu entwickeln, zu testen und somit den größtmöglichen Wert für Unternehmen, Stakeholder und Nutzer zu generieren. Gerade in Startups ist Design Thinking die Methode, um Innovation zu fördern und Kreativität freizusetzen; insbesondere wenn wenige Daten vorhanden sind beziehungsweise das Problem noch recht unspezifisch und / oder sehr komplex ist. Natürlich werden Design-Thinking-Methoden auch in etablierten großen Unternehmen tagtäglich genutzt - vor allem um Produkte und Dienstleistungen zu optimieren, neue Zielgruppen und Nischen zu erschließen und wenn die Problemstellungen sehr nutzerzentriert sind. Was genau dies bedeutet, werden wir auf den nächsten Seiten erörtern. <?page no="17"?> 18 1 Design Thinking Grundlagen Warum ist Design Thinking so erfolgreich?  Immer mehr Unternehmen wenden Design-Thinking-Methoden an, um Prozesse effizienter und Produkte wettbewerbsfähiger zu machen.  Design-Thinking-Methoden unterstützen Teams dabei, Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und Mehrwert von Lösungen (Mensch, Technik, Wirtschaft) zu erörtern und miteinander zu vereinbaren.  Innovationen, die auf dem Markt bestehen wollen, müssen die Schnittmenge zwischen diesen Aspekten (Mensch, Technik, Wirtschaft) treffen und dabei die Machbarkeit innerhalb der Organisation beachten. Unternehmen stehen heutzutage vor anderen Herausforderungen als noch vor 30 Jahren: Globale Märkte, wachsende Konkurrenz, Kunden, die Zugang zu fast unbegrenzten Informationen haben, die Wichtigkeit von Kundenrezensionen und sich immer rasanter verändernde Bedingungen. Unternehmen sehen sich daher gezwungen, neue Produkte, Features und Services in immer kürzeren Abständen auf den Markt zu bringen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies ist auch mit Risiken verbunden. Ein neues Produkt, das nicht vom Markt angenommen wird, bringt nicht nur finanzielle Schäden mit sich, sondern kann die Reputation und somit den Erfolg eines Unternehmens nachhaltig schädigen. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen kann dies schnell zu einer ernsthaften Krise führen. Wie können wir also sicherstellen, dass Innovationen beziehungsweise Weiterentwicklungen von Produkten erfolgreich sind? Das Anwenden der Design- Thinking-Methode gibt hierzu natürlich keine 100%ige Garantie. Studien haben <?page no="18"?> 1.3 Design Thinking: Ursprung 19 jedoch gezeigt, dass Unternehmen, die Design Thinking anwenden, durchaus signifikante positive Entwicklungen bei der Einführung von neuen Produkten sowie der Optimierung bestehender Produkte verzeichnen. Unternehmen, die Design-orientiert arbeiten, haben den S&P-Index über 10 Jahre mit 219% outperformt und haben über einen 1,5-mal größeren Marktanteil. Design Thinking ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil es beide Aspekte vereint:  Wir beschäftigen uns mit den Fragen: Was braucht der Kunde, um ein bestimmtes Problem zu lösen?  Und: Wie können wir ihm helfen, dieses Problem auf eine andere Art zu lösen als es in der Vergangenheit getan wurde oder wie die Konkurrenz es tut? Der Design-Thinking-Prozess ist darauf ausgelegt, genau das zu erreichen. Design Thinking: Ursprung Design Thinking ist derzeit ein Megatrend. Immer mehr Unternehmen, Teams und Startups nennen Design Thinking als eine der wichtigsten Methoden zur (Weiter-)Entwicklung ihrer Produkte und Dienstleistungen; deshalb sollten wir Design Thinking nicht als „irgendein Hype“ abtun. Den Ursprung der Design- Thinking-Prinzipien können wir bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts finden. Bauhaus Die grundlegenden Ideen und Prinzipien des Design Thinking haben ihre Wurzeln bereits in Entwicklungen in den 1920er Jahren. Damals wurde in der Bau- <?page no="19"?> 20 1 Design Thinking Grundlagen haus-Bewegung der Grundsatz „Form follows function“ populär. Dies bedeutet, dass danach gestrebt wurde, Gegenstände nach Funktionen, nicht nach Ästhetik zu entwickeln. Dies ist auch eines der Kernprinzipien des Design Thinking. Systems Thinking In den 1970er Jahren wurde Systems Thinking immer beliebter. Dies beschreibt eine Methode, Probleme in komplexen Systemen zu lösen. Wie beim Design Thinking ist es wichtig, sich nicht zu früh auf eine Lösung festzulegen. Design Thinking Bekannteste Väter des Design Thinking sind der Informatiker Terry Winograd und David Kelly, der Gründer der Innovationsagentur IDEO aus Kalifornien. In Deutschland gilt der SAP-Gründer Hasso Plattner als einer der wichtigsten Pioniere des Design Thinking. In den 1980er Jahren führte David Kelley erstmals die Design-Thinking-Phasen in seiner Agentur ein. Insbesondere der Fokus auf die ersten Phasen, die sich ausschließlich damit befassen, Problem und Nutzerverhalten zu verstehen, revolutionierte das Innovationsmanagement. Heute Viele Unternehmen wie z.B. Apple, SAP, Amazon, Google und Lego wenden heute Methoden des Design Thinking an. 71% der Unternehmen, die Design Thinking nutzen, berichteten in einer Studie aus dem Jahre 2017, dass die Einführung von Design-Thinking-Methoden Unternehmenskultur, Produkterfolg und Kundenzufriedenheit maßgeblich gesteigert hat. 10% der Fortune 500-Unternehmen nennen Design Thinking als Priorität Nummer 1. <?page no="20"?> 1.5 Designer vs. Design Thinker 21 Designer vs. Design Thinker Zunächst einmal sollten wir den Unterschied zwischen einem Designer und einem „Design Thinker“ klären. Den Begriff „Designer“ bringen viele Menschen mit Berufen wie Grafik-, Mode-, oder Produktdesigner in Verbindung. Diese Tätigkeiten verbinden wir häufig mit Kreativität, Ästhetik und gestalterischem Talent. Diese Fähigkeiten haben bei Design Thinking-Anwendern keine hohe Priorität. Design Thinking ist vielmehr eine wissenschaftliche Methode. Sie ermöglicht es einem Team, durch einen klar definierten Prozess mit strukturierten Phasen schneller Lösungen für komplexe Probleme zu finden, die zuvor niemand erkannt hat. Natürlich sollte auch hier eine gewisse Kreativität gegeben sein. Diese hat jedoch nichts mit einer Fähigkeit, sondern mit einer analytischen Vorgehensweise zu tun, welche die Kreativität bei den Teammitgliedern freisetzt. Design Thinking: Grundpfeiler Bevor mit dem eigentlichen Design-Thinking-Prozess begonnen wird, sollte das Design-Thinking-Team bestimmte Grundpfeiler definieren. Diese sind sozusagen das Set-up bzw. der Rahmen, der geschaffen werden sollte, bevor der Prozess gestartet wird. Jeder Design-Thinking-Prozess ist anders, und es ist essentiell, den Design- Thinking-Prozess dementsprechend von Anfang an zu gestalten und gegebenenfalls auch während des Prozesses anzupassen. <?page no="21"?> 22 1 Design Thinking Grundlagen Abbildung 1: Design Thinking: Grundpfeiler Die 4 Grundpfeiler sind:  gemeinsame Prinzipien  Festlegung bestimmter Rahmenbedingungen  Verständnis des Prozesses  Zusammenstellung des Teams Diese Aspekte dürfen bereits während der Vorbereitungsphase - der sogenannten Phase 0 - festgelegt werden. Aber auch hier gilt natürlich: „Learning by Doing“ oder „fail early and adjust.” Die frühzeitige Definition dieser Aspekte gewährleistet eine klare Gestaltung des weiteren Design-Thinking-Prozesses. <?page no="22"?> 1.6 Prinzipien 23 Prinzipien Um Design Thinking erfolgreich umzusetzen, darf eine gewisse Kultur gegeben sein. Teammitglieder und Umfeld leben und fokussieren dabei bestimmte Werte und Prinzipien (das agile Mindset). 1) Es ist erlaubt - sogar erwünscht - Fehler zu machen - ganz nach dem Motto „Fail fast and learn“. 2) Iterationen und ein kontinuierlicher Lernprozess ermöglichen es, Ideen und Lösungsansätze zu verbessern und den größtmöglichen Wert für den Nutzer zu schaffen. 3) Der Nutzer steht im Zentrum des Problems beziehungsweise der daraus resultierenden Ideen. Nur wenn das Team den Standpunkt, die Herausforderungen und die Bedürfnisse des Nutzers wirklich kennt und versteht, kann es erfolgreich nachhaltige Lösungen generieren. 4) Um das zu erreichen, dürfen auch „verrückte“ Ideen geäußert und verfolgt werden. Kreativität soll gefördert, „out oft he box“-Ideen respektiert und mit Offenheit begegnet werden. 5) Teammitglieder kommunizieren auf Augenhöhe und etablieren eine konstruktive Feedback-Kultur. 6) Auch die Räumlichkeiten sind wichtig. Möbel, Material und Werkzeuge sollten flexibel genutzt werden können. Und „Don’t be afraid of Chaos“ - keine Angst vor Chaos während den Anfangsphasen des Prozesses. Das Team setzt auf Quantität; das heißt, eine Vielzahl von Ideen darf generiert werden. Das kann unter Umständen etwas chaotisch wir- <?page no="23"?> 24 1 Design Thinking Grundlagen ken. Aber keine Sorge, der Design-Thinking-Prozess ist so strukturiert, dass das Chaos in jeder weiteren Phase einem sehr klaren Fokus weichen wird. Rahmenbedingungen Bevor mit dem eigentlichen Design-Thinking-Prozess begonnen wird, legt das Team bestimmte Rahmenbedingungen fest. Dies ist wichtig, damit alle Teammitglieder sowie Stakeholder ein gemeinsames Verständnis vom Prozess, von der Philosophie und dem Nutzen dieser Herangehensweise vereint. Nur wenn Transparenz und persönliche Motivation gegeben sind, kann ein Design- Thinking-Prozess maximal erfolgreich sein. Ist Design Thinking im Umfeld noch unbekannt? Dann ist eine kurze Einführung sehr hilfreich. Auch das Umfeld soll die gleiche Vorstellung vom gemeinsamen Ziel und dem sogenannten „Gameplan“ haben. Weitere Fragen, die sich das Team stellt, lauten vielleicht:  Wie lautet die Zielvision?  Wie lange dauert der Design-Thinking-Prozess?  Wie lautet die Timebox für die verschiedenen Phasen?  Wer sind die Teammitglieder?  Welche Kommunikationskanäle werden genutzt? Wie wird dokumentiert?  Gibt es einen Design-Thinking-Coach?  Welche Methoden sollen in den verschiedenen Phasen angewandt werden? <?page no="24"?> 1.8 Team 25 Am Ende des Kapitel 3 findest du eine Checkliste mit Fragen, die dir vor dem Start eines Design-Thinking-Prozesses helfen können. Diese Fragen können sehr gut in einem Kick-off-Workshop geklärt werden (siehe Seite 33). Team Während des Design-Thinking-Prozesses fragen wir uns kontinuierlich: Was braucht der Nutzer? Was kann dem Nutzer helfen? Was stört den Nutzer? Darauf kann es viele Antworten geben. Deshalb war es den Design-Thinking-Vätern von IDEO wichtig, interdisziplinäre Teams zu bilden. Je mehr Experten, Blickwinkel und Ansätze, desto besser! Interdisziplinarität wird bei der Zusammenstellung des Design-Thinking-Teams daher großgeschrieben. Die Teammitglieder sollten gemeinsam über ein breites Wissen zum vorliegenden Thema, sowie individuelle tiefergehende Expertise verfügen. Dadurch gewinnen sie eine gewisse Multiperspektivität und können das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Auf Titel sollte weitestgehend verzichtet und stattdessen Rollen vergeben werden. Z.B. ein Sales und Marketing-Experte (welcher Kunden oder Nutzer besonders gut kennt); Designer (die auf Nutzerfreundlichkeit achten); Strategen, die Vision im Blick behalten; und Analysten, die Verantwortung für Zahlen und Daten übernehmen. Des Weiteren ist es hilfreich, verschiedene Menschentypen in einem Team zu vereinen: Querdenker, Idealisten, Kritiker, Mediatoren und Fans, die als Multiplikatoren agieren. Das Buch Digital Innovation Playbook (Dark Horse Innovations, Murmann Publishers) beschreibt z.B. drei Spielertypen: Die Entdecker, die Gestalter und die Evaluierer. <?page no="25"?> 26 1 Design Thinking Grundlagen Teamgröße In der Regel setzt sich ein Team aus 3 bis 6 Personen zusammen. Bei komplexeren Projekten werden mehrere Teams gebildet, die sich beispielsweise verschiedenen Nutzergruppen widmen. Es gibt verschiedene Gründe, warum Teams eine gewisse Größe nicht überschreiten sollten. Eine dieser Gründe ist die exponentiell steigende Komplexität der Kommunikation, die mit der Größe von Teams in Verbindung steht. Folgende Formel kann hier angewandt werden: n(n-1)/ 2, wobei n für die Anzahl der Teammitglieder steht. Bei einem Team von 6 Mitgliedern haben wir bereits 15 Kommunikationsebenen. Bei einem Team von 10 bereits 45, bei 20 Teammitgliedern bereits 190. Je größer das Team, desto komplizierter und schwieriger wird die Kommunikation. Dies gefährdet einen der Schlüsselwerte der Agilität: Transparenz. Abbildung 2: Kommunikationskanäle in einem Team - 4 Teammitglieder <?page no="26"?> 1.8 Team 27 Abbildung 3: Kommunikationskanäle in einem Team - 10 Teammitglieder Design-Thinking-Leiter In der Welt des Design Thinking wird nicht explizit vorgegeben, welche Rollen es im Team geben muss und wer welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten übernehmen soll. Gerade wenn Design Thinking für viele Teilnehmer noch Neuland ist, ist es ratsam, einen Leiter zu benennen. Oftmals ist dies auch ein externer Berater, der den Prozess als Moderator begleitet. Der Prozessleiter oder „Challenge Manager“ sollte die Teilnehmertypen und ihre Stärken bereits vorab kennenlernen. Die Aufgaben des Challenge Managers sind u.a. die Auswahl der Methoden in den jeweiligen Phasen, die Zusammenstellung von kleineren Teams zum Durchführen verschiedener Aufgaben, das Hinweisen auf das Timeboxing (das Einhalten der Zeitvorgaben; siehe Seite 108), das Besorgen von Material, die Schlichtung von Konflikten innerhalb des Teams und die Vorbereitung <?page no="27"?> 28 1 Design Thinking Grundlagen von Präsentationen. Des Weiteren sollte der Challenge Manager darauf achten, dass eine regelmäßige Kommunikation mit den Stakeholdern stattfindet (siehe Stakeholder Matrix auf Seite 99). Phasen Verschiedene Design-Thinking-Vorreiter gestalten den Design-Thinking-Prozess unterschiedlich. Manch große Unternehmen haben ihren eigenen Design-Thinking-Prozess entwickelt. Der Design-Thinking-Zyklus der Stanford d.school hat fünf Phasen: (1) Emphazise, (2) Define, (3) Ideate, (4) Prototype, (5) Test. SAP hingegen reduziert den Zyklus auf vier Phasen: (1) Explore, (2) Discover, (3) Design, (4) Deliver. IBM gestaltet den Prozess anhand einer sich immer wiederholenden Iterationsschleife, bestehend aus den Phasen <?page no="28"?> 1.9 Phasen 29 (1) Observe, (2) Reflect, (3) Make. Andere Modelle beziehen auch die Implementierungsphase mit ein und erweitern den Prozess nach dem Testen um die Phasen: Story Telling, Pilot, Business Model und gelangen somit auf ganze 9 Phasen. Wir beziehen uns in diesem Buch auf den Prozess der Design Thinking School des HPI, des Hasso Plattner Instituts (www.hpi.de) Der Design-Thinking-Prozess, dem wir uns in den folgenden Kapiteln widmen werden, besteht aus 6 Phasen: 1. Verstehen (Team arbeitsfähig machen) ➔ Status Quo und Problem verstehen ➔ Aufgabenstellung definieren 2. Beobachten ➔ Nutzerverhalten, Hindernisse & Bedürfnisse identifizieren ➔ Annahmen ableiten <?page no="29"?> 30 1 Design Thinking Grundlagen Abbildung 4: Design-Thinking-Prozess <?page no="30"?> 1.9 Phasen 31 3. Standpunkt definieren ➔ Nutzertypen definieren ➔ Problem aus Sicht der Nutzer beschreiben 4. Ideen generieren ➔ Brainstorming ➔ Große Anzahl an Ideen entwickeln 5. Prototypen erstellen ➔ Ideen konkretisieren und fokussieren ➔ Prototypen entwickeln 6. Testen ➔ Feedback einholen, Annahmen testen und Experimente durchfu ̈ hren ➔ Iterieren Die einzelnen Phasen werden wir in den folgenden Kapiteln im Detail beschreiben. <?page no="32"?> 2 Design-Thinking-Prozess Kick-off-Workshop Abbildung 5: Design-Thinking-Prozess Phase 0 Bevor das Team mit dem eigentlichen Design-Thinking-Prozess beginnt, ist es empfehlenswert ein Kick-Off-Meeting zu veranstalten. Hierzu sollten alle Stakeholder (Sponsoren, Manager etc.) und das Team eingeladen werden. Wurde ein Projektleiter, Design Thinking-Leiter oder Challenge Manager ernannt, sollte dieser das Meeting leiten. Ziel des Meetings ist es, die Design Thinking Challenge (die Problembeziehungsweise Aufgabenstellung) zu betrachten und zu formulieren. Die Design Thinking Challenge beschreibt die eigentliche Problemhypothese, z.B. „Wir be- <?page no="33"?> 34 2 Design-Thinking-Prozess nötigen eine neue Plattform, über die Nutzer einen Arztbesuch digital durchführen können, um den Besuch in der Arztpraxis zu vermeiden.“ oder „Wir brauchen ein System für die Urlaubsverwaltung.” Auch wenn am Anfang des Projekts noch niemand weiß, wie die eigentliche Lösung aussehen wird, müssen Aufgabenstellung und Rahmenbedingungen mit allen Stakeholdern kommuniziert werden. Schritt 1: Aufgabenstellung Der Design Thinking-Leiter kann die Aufgabenstellung (ein vorläufiger Entwurf der Design Thinking Challenge) präsentieren. Diese kann im Anschluss „auseinandergenommen” werden. Schritt 2: Begriffe und Informationen Die Teilnehmer können die einzelnen Begriffe genau definieren, Verbindungen und Einschränkungen diskutieren und bereits potentielle Nutzergruppen nennen. Dies kann mit Post-Its gemacht werden, oder aber der Design Thinking- Leiter sammelt den Input und gruppiert diesen. Des Weiteren sollten alle Informationen, die bereits bestehen, gesammelt werden, z.B. welche Personen in den Prozess mit einbezogen werden; welche Ressourcen, Artikel oder Best Practices zur Verfügung stehen, und welche Experten, die unterstützen können. Des Weiteren sollte der Zeitrahmen für die ersten 3 Phasen des Prozesses festgelegt werden. In diesem Workshop geht es jedoch noch nicht um das Budget für die spätere Umsetzung der Lösung. Schritt 3: Alternativen Im Anschluss können mögliche Alternativen für die Formulierung der Challenge besprochen und gesammelt werden. <?page no="34"?> 2.1 Kick-off-Workshop 35 Schritt 4: Auswahl Die Teilnehmer können aus den Alternativen die passendste Challenge wählen. Sinnvoll ist es, wenn jeder Teilnehmer kurz erläutert, warum er für eine bestimmte Challenge stimmt. So wird beispielsweise aus: „Wir brauchen ein System für die Urlaubsverwaltung” nun „Wir möchten Mitarbeiter und Personalverwaltung helfen, Abwesenheiten digital und effizient zu verwalten, um mehr Transparenz und bessere Absprachen im Unternehmen zu schaffen.” Nur wenn die Challenge klar formuliert wurde, kann der eigentliche Design- Thinking-Prozess beginnen. Alle Teilnehmer sollten jedoch wissen, dass sich die Challenge im Laufe des Projektes durchaus ändern kann, da bis dato nur mit Annahmen gearbeitet wird, die während des Prozesses durch die Einbindung von Nutzern geprüft werden. Schritt 5 Zum Schluss wird ein zweiter Workshop, der Lösungsphasen-Kick-off-Workshop, der am Ende von Phase 3 stattfindet, vereinbart (siehe Seite 69). <?page no="35"?> 36 2 Design-Thinking-Prozess Phase 1: Verstehen Abbildung 6: Design-Thinking-Prozess Phase 1 In Phase 1 werden der Ist-Zustand und dessen Herausforderungen definiert und vertieft. Dies kann zum Beispiel mit ersten Expertengesprächen, Recherche aus Praxis und Forschung und Nutzeranalysen erreicht werden. Basierend darauf definiert das Team erste Erkenntnisse und Annahmen. Wichtig ist es, noch nicht in Lösungen zu denken, sondern lediglich den Status Quo und das Problem zu verstehen. Albert Einstein hat einmal gesagt „Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken, und fünf Minuten über die Lösung nachdenken.” Diese Herangehensweise sollte auch im Design Thinking bedacht werden. Erst wenn wir die unbewussten, oftmals versteckten Bedürfnisse der <?page no="36"?> 2.2 Phase 1: Verstehen 37 Nutzer entdecken und verstehen, können wir wirklich innovative, erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Im Folgenden werdet ihr verschiedene Methoden kennenlernen, die in Phase 1 angewandt werden können. Natürlich müssen nicht alle Methoden innerhalb einer Phase ausprobiert werden. Hier sollte der Challenge Manager auswählen. Weitere Methoden findet ihr in den zahlreichen Büchern zum Thema Design Thinking in Anhang: - Brainstorming: Erste Annahmen - Semantische Analyse - Sweet & Sour Spot Methode - User Journey Map - Value Chain 2.2.1 Brainstorming: Erste Annahmen Ziel der ersten Phase „Verstehen“ ist es, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und das Team arbeitsfähig zu machen. Alle Teammitglieder werden auf den gleichen Wissenstand gebracht. Das Team soll erörtern:  Wer ist der User?  Wie passt unser Produkt / Service in sein Leben?  Welche Probleme löst unser Produkt?  Wie und wann wird unser Produkt genutzt?  Welche Features sind wichtig? <?page no="37"?> 38 2 Design-Thinking-Prozess  Wie soll unser Produkt aussehen und funktionieren? Natürlich basieren die Ergebnisse vorerst nur auf Annahmen, die in den weiteren Phasen bestätigt oder widerlegt werden. Am Anfang sollte jedoch nicht nur festgehalten werden, was wir wissen, sondern auch was wir denken nicht zu wissen. Das hört sich vielleicht widersprüchlich an, bedeutet aber lediglich, dass auch die Themen, zu denen noch keine konkreten Erkenntnisse vorliegen, die aber wichtig sein könnten, festgehalten werden.  Schritt 1: Die ersten Annahmen können auf Post-Its schriftlich festgehalten werden  Schritt 2: Diese werden in den Spalten: ‚Bekanntes Wissen‘ und ‚Unbekanntes Wissen‘ gesammelt und geclustert (nach Themen gruppiert).  Schritt 3: Das Team bespricht, ob das bekannte Wissen wirklich fundiert ist oder nur auf Annahmen besteht, und welches der Themencluster in der Spalte ‚Unbekanntes Wissen‘ besonders wertvoll erscheint. Richtig spannend wird es, wenn wir solche Dinge aufdecken, von denen wir gar nicht gewusst haben, dass wir sie nicht wissen. Also völlig neue Erkenntnisse über unsere Nutzer, ihre Bedürfnisse, bisherige Hindernisse und Ziele. 2.2.2 Semantische Analyse Eine weitere Methoden, die häufig in der ersten Phase angewandt wird, ist die Semantische Analyse, auch als ‚Charette‘ bekannt. Die Semantische Analyse stammt aus den Sprachwissenschaften und unterstützt das Team dabei, The- <?page no="38"?> 2.2 Phase 1: Verstehen 39 menfelder und sogenannte Schlüsselwörter mit allen Nuancen und Interpretationsmöglichkeiten zu verstehen. Ziel ist es, hinter jedes Wort zu blicken und im Team zu erörtern, was sich hinter den Begriffen verbirgt. Bevor mit dem Innovationsprozess begonnen wird, sollten alle Teammitglieder das gleiche Verständnis von Begriffen haben. Daher soll durch die Semantische Analyse jeder einzelne Begriff der Aufgabenstellung beleuchtet und analysiert werden. Das Team kann folgendermaßen vorgehen:  Schritt 1: Die Aufgabenstellung oder „Challenge“ wird auf ein Whiteboard oder Flipchart geschrieben, die wichtigsten Begriffe werden eingekreist.  Schritt 2: Das Team führt ein 5-minütiges silent (leises) Brainstorming durch: Was verbindet jeder mit den Begriffen? Welche Assoziationen gibt es?  Schritt 3: Die Erkenntnisse werden in maximal 15 Minuten innerhalb des Teams mitgeteilt.  Schritt 4: Die Ergebnisse können wiederum geclustert werden. 2.2.3 Sweet-und-Sour-Spot-Methode Eine andere Herangehensweise ist die Sweet-und-Sour-Spot-Methode. Diese ist vor allem nützlich, wenn ein bereits bestehendes Produkt oder eine Dienstleistung weiterentwickelt und optimiert werden soll.  Schritt 1: Auf einem Whiteboard werden drei Kreise gezeichnet, die sich in der Mitte schneiden. Ein Kreis steht für das aktuelles Produkt. <?page no="39"?> 40 2 Design-Thinking-Prozess Ein Kreis steht für die Wünsche der Kunden. Und ein Kreis steht für das Angebot der Konkurrenz.  Schritt2: Die Teammitglieder beschriften Post-Its mit Features und Merkmalen des aktuellen Produktes sowie der Produkte der Konkurrenz und denen, die den Nutzern besonders wichtig sind beziehungsweise welche sich die Nutzer wünschen.  Schritt 3: Diese werden in den jeweiligen Abschnitt geklebt. Die Kern-Merkmale werden sich in der Mitte wiederfinden: Solche, die das aktuelle Produkt sowie das Produkt der Konkurrenz vorweisen kann und die von den Kunden verlangt werden. Der sogenannte Sweet Spot liegt in dem Bereich, in dem sich Kundenwünsche und bereits vorhandene Merkmale überschneiden. Diese Merkmale werden noch nicht von der Konkurrenz angeboten und geben dem Team somit einen USP, einen Unique Selling Point oder Wettbewerbsvorteil. Oftmals ist es sinnvoll, diesen Vorteil zu nutzen und weiterauszubauen. Eine Produktoptimierung in diesem Bereich kann den Wettbewerbsvorteil erweitern und die Kunden enger an das Produkt binden. Der Sour Spot hingegen ist der Bereich, in dem sich Kundenwünsche und Angebote der Konkurrenz überschneiden. Hier bieten Mitbewerber etwas an, das die Kunden wünschen, das aktuelle Produkt aber noch nicht vorweist. Wie geht das Team mit diesem Wettbewerbsnachteil um? Entweder das Team entscheidet, dass die Entwicklung dieser Features unumgänglich ist, und konzentriert sich darauf, diese Lücke(n) zu schließen. Oder aber <?page no="40"?> 2.2 Phase 1: Verstehen 41 das Team entscheidet, dass es derzeit sinnvoller ist, sich auf den bereits vorhandenen Wettbewerbsvorteil (Sweet Spot) zu konzentrieren und diesen auszubauen. Wichtig ist es hierbei, das Team entscheiden zu lassen. Die Bereiche, die außerhalb des Kundenkreises liegen, sollten vorerst außen vor gelassen werden. Abbildung 7: Sweet-und-Sour-Spot-Methode 2.2.4 User Journey Map Eine User Journey Map wird erstellt, um herauszufinden, welchen Prozess ein Nutzer bei der Verwendung eines Produktes oder einer Dienstleistung durch- <?page no="41"?> 42 2 Design-Thinking-Prozess läuft. Eine User Journey Map (auch Customer Journey genannt) hilft dabei, Empathie für den Nutzer zu entwickeln und seine Erlebnisse und Entscheidungen besser nachzuvollziehen. Ein Nutzer entscheidet sich in der Regel nicht sofort für einen Kauf, sondern erst wenn er mehrfach mit einem Produkt oder einer Dienstleistung in Berührung kam. Die Kundenperspektive während dieser sogenannten Journey einzunehmen und die emotionale Reise aus Nutzersichtweise zu betrachten, kann daher sehr aufschlussreich sein.  Schritt 1: Um eine User Journey Map zu erstellen, überlegen wir uns: - Welche Schritte durchläuft ein Nutzer, bis er sich für ein Produkt oder eine Dienstleistung entscheidet? - Mit welchen Personen / Kommunikationskanälen / Informationsquellen / Tools kommt der Nutzer in Berührung? - Wo sind die sogenannten Touchpoints, d.h. wann kommt der Nutzer direkt mit dem Produkt oder Service in Berührung? - Jeder Schritt löst eine Emotion aus - positiv, negativ oder neutral. Wie fühlte sich der Nutzer? - Wie lange dauert die „Journey“?  Schritt 2: Visualisieren der User Journey oder Nutzerreise. Zum Erstellen einer User Journey Map gibt es verschiedene Templates. Wir möchten euch hier zwei vorstellen. <?page no="42"?> 2.2 Phase 1: Verstehen 43 Template 1 ist die kompaktere Variante. Hier werden anhand von Punkten die verschiedene Schritte festgehalten. Diese werden chronologisch platziert und stellen gleichzeitig dar, wie sich der Nutzer währen dieses Schrittes gefühlt hat. Die Touchpoints können gegebenenfalls neben den Punkten festgehalten werden. Abbildung 8: User Journey Map 1 In Template 2 verwenden wir Spalten und können somit mehr Informationen festhalten. <?page no="43"?> 44 2 Design-Thinking-Prozess Abbildung 9: User Journey Map 2  Schritt 3: Die User Journeys unterschiedlicher Nutzer unser Nutzergruppen können anhand der User Journey Maps verglichen werden. Gegebenenfalls finden sehr ähnliche Journeys statt, die zusammengefügt werden können. Das Team möchte vor allem herausfinden, an welchem Punkt die Nutzer Probleme haben, wo der Ablauf nicht reibungslos funktioniert, wo Umwege gegangen werden, wo es zu Verzögerungen kommt, oder wo ein Wert- oder Informationsverlust stattfindet. Kurz: Wo kann der Prozess beschleunigt werden und wo verbirgt sich Verbesserungspotenzial? <?page no="44"?> 2.2 Phase 1: Verstehen 45 Achtung Kunde ist nicht gleich Nutzer! Im Design-Thinking-Prozess beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem Nutzer, auch wenn dies eventuell mit den Anforderungen des Kunden kollidiert. 2.2.5 Value Chain Entwickeln wir ein Produkt für einen Kunden, der jedoch nicht der Endnutzer ist, kann die Verwendung einer Value Chain oder Value Proposition Chain hilfreich sein. Hier werden nicht nur der Kunde, sein Nutzen, seine Motivation und seine Hindernisse aufgeschrieben, sondern auch die der Endnutzer. Es ist äußerst wichtig, nicht nur die Bedürfnisse des Kunden zu analysieren, sondern auch mit den Kunden des Kunden zu sprechen und diese zu beobachten und zu verstehen. Ist es das Ziel, beispielsweise eine App oder einen E-Shop für ein Unternehmen zu entwickeln, sollten nicht nur auf die Anforderungen des B2B-Kunden eingegangen werden. Viel wichtiger ist es, die Kunden des Unternehmens zu beobachten und zu befragen. Diese Recherchen können wertvolle Informationen liefern, die dem B2B-Kunden selbst noch nicht bewusst waren. Des Weiteren können wir Konflikte zwischen den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden und der Nutzer aufdecken. <?page no="45"?> 46 2 Design-Thinking-Prozess Phase 2: Beobachten Abbildung 10: Design-Thinking Phase 2 Ziel der zweiten Phase, dem Beobachten, ist es, das Problem aus Nutzersicht zu vertiefen. Das Team möchte Nutzerverhalten und Nutzertypen im Detail verstehen und sogenannte Insights - tiefergehende Einsichten - generieren. Diese erhält es zum Einem durch Datenanalyse und durch sogenannte „Synthese-Methode“, also quantitative Methoden, und zum Andern durch sogenannte Feldstudien, die auch in den Sozialwissenschaften angewandt werden, also qualitative Methoden. Die Kombination dieser beiden Techniken ist ideal, um Wissen über die Bedürfnisse des Nutzers zu generieren und zu vertiefen. <?page no="46"?> 2.3 Phase 2: Beobachten 47 Im Folgenden gehen wir auf verschiedene Techniken, die in Phase 2 angewandt werden können, ein. 2.3.1 Stilles Beobachten / Fly on the Wall Besteht die Möglichkeit, Nutzer direkt zu beobachten, kann dies eine sehr aufschlussreiche Methode in Phase 2 sein. Hierbei ermittelt das Team (am besten in 2er-Teams) sozusagen verdeckt. Die Nutzer werden vor und während der Beobachtungsphase nicht angesprochen, sondern aus sicherer Entfernung beobachtet. Von Interesse sind insbesondere unbewusste Handlungen. Im Nachgang ist es durchaus sinnvoll, ein Interview mit den beobachteten Nutzern zu führen. 2.3.2 Interviews Das Durchführen von Interviews ist eine extrem häufig angewandte Methode während Phase 2. Daher werden wir uns auf den folgenden Seiten intensiv mit dem Vorgehen während eines Interviews befassen. Im Design Thinking werden Interviews durchgeführt, um  Empathie fu ̈ r die Zielgruppe zu gewinnen,  Annahmen zu (in)validieren,  neue, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen,  verborgene Bedürfnisse zu entdecken, die der Nutzer noch nicht bewusst wahrgenommen hat,  die Motivation des Nutzers zu verstehen. Die Interviews, welche die wertvollsten Einsichten liefern, sind tiefergehende, qualitative Interviews. <?page no="47"?> 48 2 Design-Thinking-Prozess Nichtsdestotrotz kann es aber auch durchaus hilfreich sein, am Anfang eines Design-Thinking-Sprints kürzere Interviews, auch Straßeninterviews genannt, durchzuführen. 2.3.3 Vorbereitung Die richtige Vorbereitung der Interviews ist hierbei von hoher Relevanz. Bevor die Teammitglieder auf Nutzer zugehen, um Interviews durchzuführen, erstellen sie einen Leitfaden und führen ein Probeinterview innerhalb des Teams durch. Natürlich sollte der Interviewer während des Interviews individuell auf das Gegenüber eingehen und die Fragen gegebenenfalls anpassen. Trotzdem ist ein gewisser Leitfaden notwendig, um zu vermeiden, dass zu sehr vom eigentlichen Thema abgeschweift wird. Bevor mit dem Interviewprozess begonnen wird, kann das Team einen Themenleitfaden folgendermaßen erstellen:  Schritt 1: Themen clustern (gruppieren)  Schritt 2: 3 Minuten Silent Brainstorming (Interviewfragen auf Post-Its schreiben)  Schritt 3: 5 Minuten Fragen im Team konsolidieren, Reihenfolge festlegen  Schritt 4: Interview-Probelauf durchführen: Es ist sinnvoll, einige kurze Probeinterviews durchzuführen. Möglicherweise stellt das Team fest, dass einige Fragen nicht die erhofften Erkenntnisse offenlegen, und kann diese rechtzeitig anpassen. <?page no="48"?> 2.4 Interviewtechniken 49 Wichtig ist, dass alle Teammitglieder eine Einführung in die richtige Fragetechnik bekommen. Wie ein guter Reporter oder ein Staatsanwalt wollen wir dem Interviewten Erkenntnisse entlocken, über die er sich bis dato vielleicht selbst nicht bewusst ist oder nicht in Verbindung mit dem eigentlichen Problem gebracht hat. Natürlich soll sich der Interviewte nicht bedrängt fühlen oder in einer unangenehmen Lage wiederfinden. Ziel ist es, dass der Interviewte durch die richtige Fragestellung von sich aus tieferliegende Erkenntnisse preisgibt. Auf die richtige Interviewtechnik gehen wir auf den nächsten Seiten ein. Interviewtechniken Auch Interviews müssen geübt werden. Es ist wichtig, verschiedene Techniken zu kennen, diese auszuprobieren und zu kombinieren. Drei nützliche Techniken beziehungsweise Richtlinien sind hier:  Offene Fragen  5-WHYs  80/ 20 2.4.1 Offene Fragen Wie werden überhaupt richtig Fragen gestellt? Während der Interviews stellt der Interviewer idealerweise offene Fragen, d.h. Fragen, die nicht nur mir Ja oder Nein beantwortet werden, sondern die dem <?page no="49"?> 50 2 Design-Thinking-Prozess Interviewpartner die Möglichkeit geben, von Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart zu berichten.  Statt zu fragen „War diese Erfahrung gut oder schlecht? “ fragt er zum Beispiel „Was war deine beste oder schlechteste Erfahrung? “  Statt zu fragen „War dies schwierig“ fragt er beispielsweise „Was war die größte Herausforderung? “  Statt zu fragen „Magst du XY? “ fragt er “Wie stehst du zu XY? “ Der Fokus soll hier dadurch auf Verhaltensmustern und Emotionen gelegt werden. Indem keine geschlossenen Fragen gestellt werden, wird der Interviewte angeregt, sich selbst nach dem Warum zu fragen. Somit erhält das Team aussagekräftigere Antworten. Haben die Interviewer eine besonders interessante oder überraschende Antwort erhalten, ist es wichtig nachzuhaken, z.B. durch die 5-Why- Methode. 2.4.2 Die 5-Whys Stoßen die Interviewer auf eine besonders überraschende Antwort, ist es sinnvoll, dieser auf den Grund zu gehen. Die 5-Why- oder 5-Warum-Methode ist hier sehr hilfreich. Dabei wird immer weiter nach dem Warum gefragt, um den Kern des Problems aufzudecken. Hier ein Beispiel:  Frage: „Warum sind Sie mit der Kommunikation im Team unzufrieden? “ Antwort: „Alle nutzen nur E-Mails. Das ist unübersichtlich und veraltet.“ <?page no="50"?> 2.4 Interviewtechniken 51  Frage: „Warum nutzen alle nur E-Mails? “ Antwort: „Weil bis dato noch kein anderes Tool eingeführt wurde.“  Frage: „Warum wurde bis dato noch kein anderes Tool eingeführt? “ Antwort: „Weil noch niemand mit der Auswahl und Einführung beauftragt wurde? “  Frage: „Warum wurde noch niemand damit beauftragt? “ Antwort: „Weil das Management noch keinen Verantwortlichen festgelegt hat.“  Frage: „Warum hat das Management noch keinen Verantwortlichen festgelegt? “ „Weil der Wunsch von Seiten der Mitarbeiter noch nicht deutlich geäußert wurde.“ Das eigentliche Problem liegt hier also nicht bei der Kommunikation an sich, sondern daran, dass der Wunsch nach einem modernen Kommunikationstool noch nicht geäußert wurde. Wir dürfen natürlich mehr als 5 Warum-Fragen stellen, wenn dies sinnvoll ist. Der Interviewte sollte sich aber dabei nicht wie im Kreuzverhör fühlen. Ein gewisses Fingerspitzengefühl ist auch hier essentiell. 2.4.3 80/ 20 Eine gute Richtlinie ist die 80/ 20-Aufteilung. Die Interviewer versuchen, den Interviewten 80 Prozent des Gespräches reden zu lassen. Macht der Interviewte eine Denkpause, sollte nicht direkt nachgehakt werden. Die Pause abzuwarten ist wichtig, denn dies bedeutet lediglich, dass der Interviewte grübelt und seine <?page no="51"?> 52 2 Design-Thinking-Prozess Antwort eventuell überdenkt. Dies bedarf unter Umständen etwas Übung. Erzählt der Interviewte Geschichten und formuliert diese in der ersten Person, ist das ein guter Indikator, dass er nicht nur die Antworten gibt, von denen er denkt, dass sie „richtig“ oder „gesellschaftlich kompatibel“ sind. 2.4.4 Interview-Struktur Beim Erstellen des Interview-Leitfadens kann es hilfreich sein, eine gewisse Struktur einzuhalten und die Fragen anhand dieser Struktur zu sortieren. Eine Interview-Struktur kann folgendermaßen aussehen: - Einleitung und Vorstellung: Hier stellen sich die Interviewer vor, erklären den Interviewten, um was es bei dem Projekt geht und wie lange das Interview ungefähr dauern wird. Es soll eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden. Der Interviewte soll auf die Art und Tiefe der Fragen vorbereitet werden. - Rapport aufbauen: Damit der Interviewte sich wohlfühlt, sollte eine gewisse Beziehung aufgebaut werden, z.B. indem die Interviewer erklären, warum dem Team oder dem Unternehmen dieses Problem oder Projekt besonders am Herzen liegt. - Allgemeine Fragen: Um erste Einblicke zu gewinnen, stellen die Interviewer am Anfang allgemeine Fragen, wie „XY bedeutet für dich? “ Nach jeder Antwort können wir durch die Frage „warum? “ tieferliegende Antworten aufdecken. <?page no="52"?> 2.4 Interviewtechniken 53 - Auf die Gegenwart und Vergangenheit beziehen: Damit der Interviewte in die Thematik einsteigt, sollte nach Erfahrungen aus der Vergangenheit gefragt werden. Ziel ist es, dass sich der Interviewte an Erlebnisse erinnert und diese mit bestimmten Emotionen (Wut, Frustration, Angst, Freude, Sicherheit etc.) in Verbindung bringt. Diese Art von Fragen wird den größten Teil des Interviews in Anspruch nehmen. Die Fragen sollten sowohl positive und negative, wie auch alltägliche und überraschende Erlebnisse oder Ausnahmesituationen umfassen, z.B.: „Was war das schönste / schlimmste Erlebnis in Bezug auf XY? “ „Was empfindest du als normal / was hat dich überrascht / zufrieden / unzufrieden / wütend gemacht? “ Auch hier sollten wir durch „Warum“-Fragen nachhaken. - Herausforderungen: Nachdem sich der Interviewte auf ein Ereignis in der Vergangenheit bezogen hat, können die Interviewer weiter in die Tiefe gehen. „Warum hat er/ sie sich in dieser Situation so gefühlt? “ „Welche Hindernisse gab es? “ „Mit welchen Stakeholdern/ Tools/ Prozessen kam er/ sie in Berührung? “ - Wünsche/ Bedürfnisse: Nun soll erörtert werden, was die Situation verbessert hätte. Dies muss sich nicht grundsätzlich auf negative Erfahrungen beziehen. Auch wenn der Interviewte von einem grundlegend positiven Erlebnis berichtet, gibt es sicherlich einige Punkte, die Verbesserungspotential bergen. Daher möchten die Interviewer nun herausfinden, was gefehlt hat, was sich der Interviewte gewünscht hätte oder was die Situation noch besser <?page no="53"?> 54 2 Design-Thinking-Prozess gemacht hätte. Gegebenenfalls kann auch eine „Zauberstab-Frage“ gestellt werden: „Wenn du dir die ideale Lösung (ohne jegliche Restriktionen, die es in der realen Welt gibt) in dieser Situation vorstellen dürftest, wie würde sie aussehen? “ oder „du hast einen Wunsch frei, was würdest du dir in Bezug auf diese Situation wünschen? “ - Zusammenfassung: Zu guter Letzt werden die Erkenntnisse nochmals zusammengefasst. Z.B. „Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann hast du ...“ „Ich habe verstanden, dass ...“ usw. Die Interviewer wollen sichergehen, dass sie die Antworten der Interviewten richtig interpretieren. Daher ist es auch absolut legitim, während des Interviews bei Bedarf immer wieder nachzuhaken. Des Weiteren sollte vor allem auf die Erzählungen eingegangen werden, die nicht mit unseren ersten eigenen Annahmen übereinstimmen. 2.4.5 Länge und Anzahl der Interviews Wie lange sollte ein Interview sein? Dies hängt ganz von der Thematik ab. Da wir dem Kern des Problems wirklich auf den Grund gehen und die tieferliegenden Ursachen und Bedürfnisse des Nutzers verstehen möchten, sollte für ein Interview in der Regel mindestens eine Stunde angesetzt werden. Bei sehr komplexen Themen kann dies auch bis zu 3 Stunden dauern. Auch hier sollte vorab eine Timebox festgelegt werden. Laut The Dark Horse-Innovation macht es wenig Sinn, mehr als 20 Interviews durchzuführen, da mehr Interviews erfahrungsgemäß keine neuen Erkenntnisse bringen. <?page no="54"?> 2.5 Interview-Arten 55 Interview-Arten 2.5.1 Straßeninterviews Für diese Methode nimmt sich das Team höchstens einen Tag. Straßeninterviews sind von allem dann sinnvoll, wenn die ersten Annahmen noch nicht geprüft wurden und wenig validierte Erkenntnisse vorliegen. Straßeninterviews können grundsätzlich überall durchgeführt werden. Es ist nicht essenziell, dass Personen aus der Zielgruppe befragt werden, denn vorerst sollen nur (weitere) Informationen gesammelt und gruppiert werden. Diese sollen Input für spätere tiefergehende Interviews liefern und helfen, Fragen zu spezifizieren. Ein Straßeninterview sollte ca. 15 Minuten dauern. Die Interviews werden zu zweit durchgeführt. Ein Teammitglied stellt die Fragen, das andere Teammitglied macht Notizen und beobachtet den Interviewten. Oftmals weichen Menschen aus, wenn sie auf der Straße angesprochen werden, da sie denken, man möchte ihnen etwas verkaufen oder sei auf der Jagd nach einer Unterschrift. Es ist hilfreich, wenn die Teammitglieder diese Annahme direkt widerlegen und erklären, dass sie lediglich an der Meinung des Gegenübers interessiert sind. Möglicherweise findet das Team sogar Personen, die für spätere tiefergehende Interviews geeignet sind. Im Nachgang bespricht das Team die Erkenntnisse, vor allem die, die überraschend waren. Darauf basierend kann der Interviewleitfaden für die darauffolgenden tiefergehenden Interviews angepasst werden. <?page no="55"?> 56 2 Design-Thinking-Prozess 2.5.2 Fokusgruppen Auch Gruppeninterviews oder Fokusgruppen können sehr aufschlussreich sein. Der Interviewleiter sollte hier allerdings darauf achten, dass die durchsetzungsfähigen, extrovertierten Teilnehmer die Meinung der introvertierten Mitglieder nicht zu stark beeinflussen und eine sogenannte „Gruppendummheit“ entsteht. Um zu verhindern, dass sich die Gruppe zu schnell auf eine Richtung festlegt, ist es daher von Vorteil, Menschen, die sich nicht gut oder gar nicht kennen, und Menschen mit verschiedenen Hintergründen, aus unterschiedlichen Positionen und Schichten in einer Gruppe zusammenzuführen. Audio- oder Videoaufnahmen können für die spätere Analyse genutzt werden. Gruppeninterviews dauern in der Regel nicht länger als 3 Stunden. Tipp In unserer heutigen multikulturellen Gesellschaft ist es besonders wichtig, auch kulturelle Hintergründe bei der Analyse miteinzubeziehen. Auch bei den Interviews können diese eine große Rolle spielen. Befragen wir viele Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, kann es hilfreich sein, einen Ethnologen oder Kulturwissenschaftler miteinzubeziehen. Antworten von Interviewten können auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen, auch wenn sich das gleiche Bedürfnis dahinter verbirgt. So ist es in manchen Kulturen unhöflich, Bitten oder Fragen abzulehnen oder älteren Menschen zu widersprechen. Diese Dynamiken sollten Design Thinker immer im Blick behalten, um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Als Design Thinker sollten wir daher nicht nur demografische, sondern auch kulturelle Unterschiede betrachten. <?page no="56"?> 2.5 Interview-Arten 57 2.5.3 Tiefergehende Interviews Um wirklich wertvolle Erkenntnisse aufzudecken, möchten wir die Interviewten dazu bringen, über nicht offensichtliche Hindernisse, Bedürfnisse, Wünsche und Motivationen zu sprechen. Solche, die er vielleicht bis zu dem Interview selbst noch nicht bewusst wahrgenommen hat. Tiefergehende Interviews werden am besten ebenfalls zu zweit durchgeführt. Ein Teammitglied stellt überwiegend die Fragen und versucht von Anfang an eine gewisse Beziehung zum Interviewpartner herzustellen und so empathisch wie möglich aufzutreten. Die Interviewten sollten das Gefühl haben, dass auch „ungewöhnliche“ Antworten erlaubt und sogar erwünscht sind. Je mehr sie sich verstanden und nicht beurteilt fühlen, desto ehrlicher werden die Informationen sein, die sie preisgeben. Kommunizieren auf Augenhöhe ist hier der Schlüssel. Kann kein richtiger Rapport aufgebaut werden, kann es hilfreich sein, wenn der Interviewer etwas von sich erzählt oder anbietet, Fragen des Gegenübers zu beantworten, um das Gespräch weniger einseitig erscheinen zu lassen. Das zweite Teammitglied agiert wieder als Beobachter. Alle Informationen sowie Beobachtungen (Mimik, Gestik, Sprechpausen, Widersprüche in den Aussagen) sollten vom Beobachter notiert werden. Am Ende des Interviews können diese, wenn nötig, wieder aufgegriffen werden. Der Beobachter kann zu diesem Zeitpunkt Fragen stellen. 2.5.4 Direkte Auswertung Nach jedem Interview sollten sich die beiden Teammitglieder direkt über die Erkenntnisse austauschen. Sehr gut kann dies anhand eines Templates mit verschiedenen Spalten gemacht werden. <?page no="57"?> 58 2 Design-Thinking-Prozess Abbildung 11: Interviewauswertung  Was waren die wichtigsten Aussagen?  Hatten wir den Eindruck, dass der Interviewte ehrlich war?  Was sollten wir beim nächsten Interview anpassen?  Was hat euch überrascht?  Welche Annahmen wurden bestätigt?  Was habt ihr nicht erwartet? <?page no="58"?> 2.5 Interview-Arten 59  Was ist das größte Bedu ̈ rfnis?  Was ist die spannendste Erkenntnis?  Wo stecken Neuigkeiten drin? Ziel des Interviews ist es nicht, eine Lösung zu generieren oder zu erwarten, dass die Interviewten eine Lösung parat haben. Während Phase 2 befindet sich das Team noch im Problemraum, d.h. anstatt in Lösungen zu denken, konzentrieren sich die Teammitglieder darauf, das Problem zu verstehen. Die besondere Fähigkeit des Design Thinkers ist es, Hintergründen und Zusammenhängen des Verhaltens sowie der Emotionen der Nutzer auf den Grund zu gehen. Menschen wissen oftmals selbst nicht genau, warum sie auf eine bestimmte Art und Weise handeln und fühlen. Sie kennen die unbewussten, tieferliegenden Gründe noch nicht und wissen daher nicht genau, was sie brauchen oder suchen. In einem gutgeführten Interview können diese (teilweise) aufgedeckt werden. Auch hier Bedarf es etwas Übung. Je mehr Interviews ein Design Thinker gemacht hat, desto eher weiß er, wann es sich lohnt, tiefergehend nachzufragen. 2.5.5 Interview Synthese Die Insights - die bedeutendsten Erkenntnisse - werden dann mit dem gesamten Team zusammengestellt und konsolidiert. Um die wichtigsten Erkenntnisse aus den Interviews zu sammeln, kann die Storytelling-Methode angewandt werden. Dabei berichtet der Interviewer dem Rest des Teams - wie ein Geschichtenerzähler - von den Inhalten des Interviews. Die Zuhörer sammeln die wichtigsten Aspekte auf Post-Its. Nachfragen ist erlaubt. <?page no="59"?> 60 2 Design-Thinking-Prozess Hier sollen vor allem die unerwarteten Erkenntnisse und die, die vorherige Annahmen widerlegen, hervorgehoben werden. Das Storytelling sollte ca. 25% des eigentlichen Interviews dauern, d.h. bei einem 1-stündigen Interview sollte die Timebox ca. 15 Minuten sein. Nachdem alle „Storys“ erzählt wurden, können die Post-Its an eine Wand geklebt und geclustert beziehungsweise verschiedenen Themengebieten zugeordnet werden. Wiederholen sich Post-Ist, kann dies ein Indikator dafür sein, dass dieser Punkt besonders relevant ist und viele Nutzer betrifft. Wurden die Interviewergebnisse nach Themen geclustert, wird jedes Cluster mit einer Überschrift versehen. 2.5.6 Dot Voting Wurden verschiedene Cluster herausgearbeitet, können die wichtigsten Erkenntnisse durch die Dot-Voting-Methode herausgefiltert werden. Dabei erhält jedes Teammitglied 5 Punkte (z.B. kleine runde Aufkleber, die in fast jedem Moderatorenkoffer zu finden sind) und platziert diese nach Wichtigkeit auf den Clustern. Je mehr Punkte ein Cluster erhält, desto wichtiger. Gibt es Uneinigkeiten, kann natürlich jedes Teammitglied erläutern, warum ein Thema besonders wichtig erscheint. Eventuell können danach in einer weiteren Voting-Phase nochmals neue Punkte vergeben werden. Nun kann sich das Team auf eine oder mehrere Erkenntnisse einigen, die in den kommenden Phasen weiter vertieft werden sollen. Nun zeigen wir weitere Cluster-Methoden auf. <?page no="60"?> 2.5 Interview-Arten 61 2.5.7 Bedürfnis vs. Hürde Bei der sogenannten Nutzer-Motivations-Analyse (Dark Horse) werden die Informationen, die während der Interviews gesammelt wurden, in Paare untergliedert. Auf der einen Seite werden alle Wünsche, Ziele und Bedürfnisse der Nutzer festgehalten:  Was macht dem Nutzer Spaß? Warum?  Was macht den Nutzer zufrieden? Warum?  Was motiviert den Nutzer? Was ist intrinsische und extrinsische Motivation? Warum? Auf der anderen Seite werden alle die Hürden sowie die Touchpoints festgehalten:  Was beeinflusst den Nutzer?  Welche äußeren Einflüsse steuern den Nutzer?  Welche Rahmenbedingungen, Auftraggeber, Stakeholder und Beziehungen spielen hier eine Rolle? Die wichtigsten und aussagekräftigsten Paare können dann in der nächsten Phase als Grundlage für die Generierung des Standpunktes aufgegriffen werden. 2.5.8 2x2-Matrix Eine ähnliche Cluster-Methode ist die Erstellung einer 2x2-Matrix mit den Feldern:  Widersprüche: Wo stehen Aussage und Verhalten der Nutzer im Konflikt? <?page no="61"?> 62 2 Design-Thinking-Prozess  Prioritäten: Was ist dem Nutzer besonders wichtig? Wo liegen die Prioritäten?  Überraschungen: Welche unserer Annahmen wurden widerlegt? Was hatten wir vorher nicht bedacht?  Gemeinsamkeiten: Was ist bei vielen Nutzern ähnlich? Was haben diese Nutzer sonst noch gemeinsam? Die Sammlung von Gemeinsamkeiten ist ein wichtiger erster Schritt für die Erstellung von Personas (siehe Seite 63). Welche Methoden verwendet werden, entscheidet auch hier vorerst der Challenge Master. Konnte die Methode keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefern, sollten weitere Methoden genutzt werden, bevor das Team zur nächsten Phase übergeht. <?page no="62"?> 2.6 Phase 3: Standpunkt generieren 63 Phase 3: Standpunkt generieren Abbildung 12: Design-Thinking-Prozess Phase 3 Das Ziel der dritten Phase „Standpunkt generieren” ist es, das Problem aus Sicht des Nutzers neu zu definieren. Dabei können folgende Tools helfen:  Personas (bleibt langfristig im Gedächtnis, hilft dem Team, auf einen Stand zu kommen)  Problem-Statements oder User Storys In Phase 3 verwendet das Team die Erkenntnisse aus den ersten beiden Phasen, um den Kern des übergeordneten Problems für bestimmte Nutzergruppen sehr genau zu analysieren. Nachdem sie in Phase 1 und 2 die Nutzergruppen genau kennenlernten, definieren sie nun konkrete Standpunkte - Points of View. <?page no="63"?> 64 2 Design-Thinking-Prozess Die Definition von Standpunkten ist besonders hilfreich, da  das Team inspiriert wird, weiterzuarbeiten;  eine Grundlage entsteht, um Entscheidungen treffen zu können;  es ein Fokus auf das Problem gibt;  die wichtigsten Blickwinkel auf das Problem herausgearbeitet werden. 2.6.1 Personas Nachdem das Team die Nutzer in Phase 2 genauer verstanden hat, können diese nun anhand von „Personas“ beschrieben werden. Eine „Persona“ ist kein Profil einer einzelnen Person, sondern eine Zusammenfassung eines Nutzertypen, welche mit einem bestimmten Nutzerverhalten in Verbindung gebracht wird, sozusagen ein Archetype, „das Kondensat, die Essenz aller befragten Nutzer“ oder der „personalisierte Zielgruppen-Stellvertreter.“ Die Beschreibung dieser fiktiven Person beginnt mit Namen, Alter, Profession, akademischen Hintergrund, Beruf, Position, Familienstand, Hobbys. Hier müssen die Teammitglieder ihre Fantasie nutzen und ihrer Intuition vertrauen. Die Familie (Kinder, Partner, Haustiere) und der Freundeskreis dürfen ebenfalls beschrieben werden. In einem zweiten Schritt können die finanzielle Situation, Wohnsituation und Wohnort dargestellt werden. Auch das Aussehen und Auftreten können wichtig sein. Eine Skizze oder ein Foto aus einer Zeitschrift genügen. Auch die Charaktereigenschaften der Persona sollten grob beschrieben werden. <?page no="64"?> 2.6 Phase 3: Standpunkt generieren 65  Welche Hobbys hat die Persona?  Was ist der Persona wichtig?  Welche Ziele hat die Persona (emotional, funktional, sozial)?  Ist die Persona intro- oder extrovertiert?  naturverbunden?  reisefreudig?  sportlich?  Einzelgänger? Die Nutzung von digitalen Medien sollte nicht außer Acht gelassen werden.  Ist die Persona ein Power User oder eher ein Casual User?  Welche Medien nutzt die Persona, wie intensiv und wie oft?  Ist die Persona in der Nutzung eher proaktiv oder reaktiv? Eher innovativ oder konservativ?  Werden Medien eher im Team (Teamplayer) genutzt oder allein (Lone Fighter)? Eher global oder lokal? Des Weiteren können Kompetenzen, Skills und Talente festgehalten werden.  Ist die Persona besonders kommunikativ, strukturiert, analytisch?  Welche Sprachen spricht sie? Nun werden auf die Problemstellung folgende Aspekte beschrieben <?page no="65"?> 66 2 Design-Thinking-Prozess  Hindernisse (Pain Points): Was funktioniert schlecht mit dem aktuellen Produkt / Service / Angebot?  Bedürfnisse (Needs): Welches sind die Bedürfnisse/ Ziele des Nutzers (emotional, funktional, sozial)?  Welche Aufgaben werden mit dem Produkt / Service unterstützt?  Ziele (Main Goals): Inwiefern machen aktuelle Produkte / Service / Angebote den Kunden glücklich? Des Weiteren wird festgehalten, welche Verantwortlichkeiten die Persona hat und mit welchen Stakeholdern sie interagiert; z.B. Kunden, Kollegen, Chefs bei einem berufsbezogen Problem. Am besten fasst das Team den Standpunkt in einem Zitat dieser Persona zusammen. Eine Persona hilft den Blickwinkel und die derzeitige Erfahrung eines Nutzertypen noch besser zu verstehen. Das Team sollte jedoch nicht alle Erkenntnisse, die gesammelt wurden, in einer Persona vereinigen. Es ist häufig besser, mehrere Personas zu erstellen anstatt nur eine sehr allgemeine. <?page no="66"?> 2.6 Phase 3: Standpunkt generieren 67 Abbildung 13: Persona Template <?page no="67"?> 68 2 Design-Thinking-Prozess 2.6.2 Extreme Nutzer Besonders aussagekräftige Erkenntnisse können durch sogenannte „Extreme Nutzer“ aufgedeckt werden. Extreme Nutzer sind solche, die ein Produkt oder einen Service a) besonders häufig nutzen, b) sehr intensiv nutzen (Power-Nutzer), c) auf andere Art und Weise wie vom Hersteller vorgesehen nutzen. d) Die Nutzung komplett ablehnen (Verweigerer). Auch die Verweigerer werden als Extreme Nutzer beschrieben, da ihr Verhalten von Durchschnitt der normalen Nutzer abweicht. Einige der Erkenntnisse werden „zu extrem“ sein, um diese als wichtige Erkenntnisse weiterzuverfolgen. Andere können jedoch Aufschluss auf Dinge geben, die auch auf die „normalen“ Nutzer zutreffen. Fragen, die hierbei weiterhelfen, sind:  Warum wird ein Produkt / eine Dienstleistung abgelehnt? Ist dies auch für andere Nutzer relevant?  Wie passen extreme Nutzer das Produkt an? Warum passen sie es an? Besteht die Möglichkeit Power-Nutzern und Verweigerer zu analysieren und zu verstehen, sollten deren Standpunkte unbedingt im weiteren Verlauf genutzt werden. <?page no="68"?> 2.6 Phase 3: Standpunkt generieren 69 2.6.3 Design Thinking Challenge Während Phase 3 ist es wichtig, das Problemstatement beziehungsweise die Design Thinking Challenge, die während des Kick-off-Workshops formuliert wurde, anzupassen. Die überarbeitete Design Thinking Challenge sollte folgende Elemente beinhalten:  Wer (Nutzer)  Ziel  Grund / Bedürfnis Es ist wichtig, das Statement positiv zu formulieren. Es sollte keine fertigen Lösungen beinhalten und nicht zu eng formuliert werden, so dass keine Lösungen von Vornherein ausgeschlossen werden. Die Formulierung des Problemstatements ist äußerst wichtig, da wir hier in einem Satz, verständlich für alle, auf den Punkt bringen, wo Potenzial für Innovation liegt. Spontan möchten wir oftmals direkt auf ein Problemstatement mit einer Lösung antworten. Dies soll jedoch vermieden werden, denn durch offensichtliche Lösungen werden keine innovativen Ideen entstehen. Erst wenn festgehalten wurde, welche(s) Problem(e) für welche(n) Nutzertypen gelöst werden soll und warum, kann mit dem Prozess weiter fortgefahren werden. In dieser Phase dürfen durchaus mehrere Challenges formuliert werden, die sich auf verschiedene Nutzertypen beziehen. Im Lösungsphasen-Kick-off-Workshop wird dann entschieden, welche beiden Challenges weiterverfolgt werden. <?page no="69"?> 70 2 Design-Thinking-Prozess Lösungsphasen-Kick-off-Workshop Nach Abschluss der drei Phasen im Lösungsraum ist es in der Regel Zeit, die Stakeholder wieder zusammenzubringen und den aktuellen Stand des Projektes zu präsentieren. Dies ist vor allem bei mehrwöchigen Prozessen sinnvoll. Ziel des Workshops ist es, die aktuellen Ergebnisse vorzustellen, Experten zu hören und weitere Entscheidungen zu treffen. Der Ablauf kann folgendermaßen gestaltet werden  Schritt 1: Das Team präsentiert die neuen Ergebnisse und gibt einen Überblick über die Nutzertypen, Nutzerverhalten, Problem-Statements und Insights aus den Interviews. Hier sollte so viel wie möglich visuell gearbeitet werden. Gegebenenfalls wird der Vorschlag für die Neuformulierung der Challenge vorgestellt.  Schritt 2: Experten (z.B. aus dem Marketing und der Marktforschung) können Input geben.  Schritt 3: Stakeholder stellen Fragen.  Schritt 4: Die Entscheidung wird getroffen, welches Problem-Statement oder welche Problem-Statements weiterverfolgt werden sollen, um in Phase 4 innovative Ideen zu entwickeln. Finanzielle Aspekte werden auch hier noch außen vorgelassen. Zum Ende des Workshops sollte der Folge-Workshop, der sogenannte Evaluierungs-Workshop, angekündigt werden. Dieser findet nach Abschluss der Phase 6 statt (siehe Seite 90). <?page no="70"?> 2.8 Phase 4: Ideen finden 71 Phase 4: Ideen finden Abbildung 14: Design-Thinking-Prozess Phase 4 In Phase 4 gehen wir vom Problemraum in den Lösungsraum über. Nachdem wir Phase 3 abgeschlossen haben, haben alle Teammitglieder das gleiche Verständnis vom Kern des Problems. Nun geht es in die wirklich kreative Phase. Das bedeutet, das Team beginnt Ideen basierend auf den Erkenntnissen aus den Phasen 1-3 weiterzuentwickeln und auszuarbeiten. Hier sind Post-Its, Filzstifte, Metaplanwände oder Whiteboards und Klebepunkte hilfreich. Wichtig ist es zu bedenken, dass in Phase 4 auf Quantität statt Qualität gesetzt wird. Ziel ist es, so viele Ideen wie möglich zu sammeln. Das kann etwas chaotisch wirken. Aber keine Sorge, am Anfang ist es normal, dass „Chaos“ bei der Ideenfindung herrscht. Das ist kein Grund zur Besorgnis. Dieses vermeintliche <?page no="71"?> 72 2 Design-Thinking-Prozess Chaos wird in den nächsten Phasen einem Fokus weichen. Der sogenannte Fuzzy Process zeigt, wie sich im Laufe des Design-Thinking-Prozesses ein klarer Fokus herauskristallisiert. Abbildung 15: Fuzzy Process by Newman Durch verschiedene Brainstorming-Methoden werden in Phase 4 Ideen gesammelt, geclustert und vertieft. Beispiele für Brainstorming-Methoden sind:  Crazy 8  6-3-5-Methode  SCAMPER  Walt-Disney-Methode 2.8.1 Crazy 8  Schritt 1: Jedes Teammitglied erhält ein DIN A4- oder DIN A3-Papier mit 8 Kästchen.  Schritt 2: Jemand stoppt die Zeit (8 ⨯ 40 Sekunden ohne Pause). Jedes Teammitglied hat jeweils 40 Sekunden Zeit, um eine Idee / einen Lösungsvorschlag in einem Kästchen zu skizieren und in einem Satz zu beschreiben. <?page no="72"?> 2.8 Phase 4: Ideen finden 73 Tipp Es ist nicht erlaubt, zu einem vorherigen Kästchen zurückzukehren. Sollten die Ideen ausgehen, ist es nützlich, zu überlegen: - „Wie würde James Bond / der Dalai Lama / Elon Musk / Google / Apple dieses Problem lösen? “, oder - „Wie würden wir das Problem ohne Technologie / ohne Budget / ohne Budgetlimits / … lösen? “ - „Was können wir tun, um das Problem noch schlimmer zu machen? “ (Kopfstand-Methode) Ihr werdet überrascht sein, welche Ideen in so kurzer Zeit generiert werden können.  Schritt 3: Nachdem die Zeit abgelaufen ist, stellen alle ihre Ideen - die Crazy 8 - vor.  Schritt 4: Diese werden z.B. durch Dot-Voting bewertet. Beim Dot-Voting darf jedes Teammitglied Punkte (z.B. 5) für seine Favoriten vergeben. Die Ideen mit den meisten Punkten werden nun vertieft. Die Vertiefung von Ideen findet im folgenden Schritt statt, z.B. durch die folgende Methode. 2.8.2 6-3-5-Methode oder Build on Ideas of Others  Schritt 1: Die Ideencluster mit den meisten Punkten werden ausgewählt. Jeder Teilnehmer erhält ein Blatt mit jeweils 3 Spalten und 6 Zeilen (bei 5 Teilnehmern). <?page no="73"?> 74 2 Design-Thinking-Prozess  Schritt 2: Die Ideen werden in die erste Zeile eingetragen, dann werden die Blätter weitergereicht und jeder hat 5 Minuten Zeit, die Ideen des Vorgängers zu vertiefen. Er beschreibt z.B.: Welche Details, möglichen Probleme, Hindernisse, Features etc. sind wichtig? Nach 5 Minuten wird die ausgearbeitete Idee an ein anderes Teammitglied weitergegeben und von diesem wiederum weiterentwickelt.  Schritt 3: Nach mehreren Runden (je nach Teilnehmeranzahl) werden die ausgearbeiteten Ideen im Team angeschaut und diskutieret. Der Begriff 6-3-5-Methode geht auf die Zusammenstellung: ‚6 Teilnehmer, je 3 Ideen und 5-mal weitergeben‘ zurück. Natürlich kann man diese Zahlen beliebig anpassen. Abbildung 16: 6-3-5-Template <?page no="74"?> 2.8 Phase 4: Ideen finden 75 2.8.3 SCAMPER Arbeiten wir an der Optimierung eines bereits vorhanden Produktes oder einer bereits vorhandenen Dienstleistung, kann die SCAMPER-Methode neue Sichtweisen bringen. Hierbei stellt sich jedes Teammitglied 7 Fragen:  Substitute: Was kann ersetzte werden? Das können Features, Material, Lieferanten, Personen, Serviceleistungen etc. sein  Combine: Was kann kombiniert werden? Gibt es Komponenten, Ideen oder Angebote, die sich überschneiden und zusammengefasst werden können?  Adapt: Was kann angepasst werden? Welche zusätzlichen Funktionen und Aspekte können hinzugefügt werden?  Modify: Was kann geändert werden? Können Veränderungen an Design, Größe, Layout etc. einen Mehrwert bringen?  Put to other Purposes: Wie können wir unser Produkt / unsere Dienstleistung noch nutzen? Gibt es weitere sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, evtl. nur von Teilbereichen?  Eliminate: Was können wir reduzieren? Gibt es Komponenten, die wir löschen oder vereinfachen sollten?  Reverse: Was können wir umkehren? Gibt es Funktionen, die wir konträr nutzen können? Wäre eine andere Reihenfolge sinnvoll? Verläuft die Customer Journey so wie angenommen oder wäre eine Umstellung im Ablauf hilfreich? Auch hier ist es hilfreich, mit einer Timebox, z.B. 1 Minute pro Frage zu arbeiten. Die Erkenntnisse, die besonders neu erscheinen, sollten im Team verglichen werden. <?page no="75"?> 76 2 Design-Thinking-Prozess 2.8.4 Walt-Disney-Methode Wie schon in vorherigen Kapiteln beschrieben, ist unser Team idealerweise interdisziplinär und vereint einen Mix verschiedener Menschentypen. So werden höchstwahrscheinlich sowohl tendenziell optimistische wie auch tendenziell pessimistische Menschen Teil des Teams sein. Eine gute Methode, um diese auf einen Nenner zu bringen und um die Bedenken der Skeptiker zu adressieren, ist die Walt-Disney-Methode (diese wurde tatsächlich von Walt Disney erfunden).  Schritt 1: Die Problemstellung und / oder das Ziel wird vorgestellt.  Schritt 2: Es bilden sich Teams mit je 4 Teammitgliedern. In jedem Team gibt es folgende Rollen: den Träumer, den Kritiker, den Realist und den Beobachter. Der Träumer ist überzeugt, dass alles möglich ist und dass weder Grenzen noch Risiken das Projekt behindern werden. Er geht von dem Idealzustand in einer perfekten Welt aus. Probleme oder Hindernisse beschäftigen den Träumer nicht. Der Kritiker nimmt die konträre Haltung ein. Alles was schief gehen kann, wird im Szenario des Kritikers schief gehen. Er zählt alle möglichen Probleme, Risiken und Hürden auf, auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist, dass diese auftreten werden. Der Realist geht pragmatisch vor. Er überlegt sich, was getan werden muss, um das Projekt umzusetzen. Er stellt praktische Fragen wie: Wer, was, wie lange, wie viel, wie etc. Gegenüber der überschwänglichen Einschätzung <?page no="76"?> 2.8 Phase 4: Ideen finden 77 des Träumers und den Bedenken des Kritikers verhält er sich zunächst neutral. Der Beobachter notiert die wichtigsten Argumente der Gruppe. Die Teilnehmer (außer dem Beobachter) nehmen jeweils einmal jede Rolle ein.  Schritt 3: Wurden die Rollen verteilt, gibt es ca. 3 Minuten Bedenkzeit, damit sich jeder in seine Rolle einfinden und seine Standpunkte definieren kann. Dann werden diese reihum jeweils 3 Minuten vorgetragen.  Schritt 4: Die Rollen wechseln, so dass jeder einmal jede Rolle eingenommen hat. Der Beobachter wechselt seine Rolle nicht.  Schritt 5: Nach 3 Runden hat jeder jede Rolle eingenommen und das Problem aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Der Beobachter stellt die Ergebnisse zusammen. Für die Bedenkenträger kann es anfänglich schwierig sein, sich in die Rolle des Träumers zu versetzen, genauso wie sich der grundsätzlich optimistische Typ nicht mit der Rolle des Kritikers direkt identifizieren kann. Gerade daher kann es sinnvoll sein, diese Methode anzuwenden, wenn verschiedene Menschentypen aufeinanderstoßen und neu in einem Team vereint sind. Die Ergebnisse, die der Beobachter festgehalten hat, sollten natürlich auch weiterverfolgt werden. Folgende Fragen sind hierbei nützlich:  Welche Träumer-Szenarien sollen wir weiterverfolgen?  Welche Kritiker-Gedanken sollen wir genauer untersuchen und welchen sollen wir entgegenwirken?  Welche Realisten-Ideen sollen wir umsetzen? <?page no="77"?> 78 2 Design-Thinking-Prozess Die Walt-Disney-Methode kann auch eine sehr hilfreiche Methode bei einem ersten Kick-off-Workshop sein (siehe Seite 33). Grundsätzlich sollte sich das Team auf maximal drei Ideen einigen, die es in der nächsten Phase des Prozesses weiterverfolgt. Phase 5: Prototypen entwickeln Abbildung 17: Design-Thinking-Prozess Phase 5 In den Phasen 5 und 6 geht es darum, Ideen in Form von Prototypen zu konkretisieren, Feedback einzuholen, die Machbarkeit der Ideen zu testen und schließlich Iterationen durchzuführen. <?page no="78"?> 2.9 Phase 5: Prototypen entwickeln 79 Prototypen können ganz unterschiedliche Formen annehmen. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie Ideen greifbar und testbar machen. Perfektion ist dabei nicht nötig beziehungsweise sogar unerwünscht. Verschiedene Methoden des Prototyping sind:  Storyboards, Visionboards  Wireframes, Mockups, Klickdummies  Papierprototypen  3D- / Lego-Prototypen  Rollenspiele  Landing Pages  Attrappen  Videoclips Wichtige Guidelines in dieser Phase sind:  „Verliebe dich nicht in deinen Prototypen”, d.h. gehe nicht davon aus, dass Tester deinen Prototypen genauso gut finden wie du. Sei offen für Kritik.  Mut zur Lücke: Je unfertiger der Prototyp, desto wertvoller das Feedback, und  je unfertiger der Prototyp, desto einfacher ist es für das Team, den Prototypen gegebenenfalls zu verwerfen. Wurde drei Wochen an einem Prototyp gebastelt, ist es umso schwerer, eine Niederlage einzugestehen und die „verlorene“ Zeit zu rechtfertigen (natürlich ist die Zeit keinesfalls verloren, <?page no="79"?> 80 2 Design-Thinking-Prozess denn das Team hat auch in diesem Fall wichtige Erkenntnisse darüber gesammelt, wie die Lösung nicht aussehen darf).  Nicht zu viel Zeit mit der Organisation der Tester verbringen. In vielen Fällen genügt es anfänglich, Tester „auf der Straße“ zu finden. Diese müssen nicht zwingend zur Zielgruppe gehören.  Je mehr Iterationen, desto besser das Ergebnis. Der Iterationsprozess sollte nicht unendlich in die Länge gezogen werden. Bei Unsicherheit gilt jedoch hier: Besser eine Iteration mehr als eine zu wenig durchführen, bevor es in die Entwicklung geht. 2.9.1 Wireframes, Mockups und Klickdummies Besonders in der IT-Branche sind Wireframes, Mockups und Klickdummies als Prototypen besonders beliebt. Sie können schnell erstellt und getestet werden, beispielsweise bei der Entwicklung einer App, einer Webseite oder einer Software. Sie geben schnell einen Eindruck zur Benutzeroberfläche, ohne dass eine App oder Software bereits vollständig programmiert sein muss. Der einfachste Weg ist, mit Stift und Papier (oder Stift und Post-Its) zu starten. Wir zeichnen den Start-Screen oder Startbildschirm auf. Je nachdem, auf welchen Button ein Nutzer klickt, erscheint ein neuer Screen. Diese malen wir wiederum auf, so dass wir eine Reihe von Wegen und Abzweigungen erstellen, welche die Abfolge eines möglicher Nutzungsverlaufs darstellen. Dies ist auch als Wireframe bekannt und wird oftmals als Vorstufe des Mockups genutzt. Ein Wireframe kann folgendermaßen aussehen: <?page no="80"?> 2.9 Phase 5: Prototypen entwickeln 81 Abbildung 18: Wireframe Es ist oftmals unmöglich, alle Varianten darzustellen. Wichtig ist jedoch herauszufinden, ob der Nutzer dem Verlauf folgt, den das Team vorgesehen hat, und wenn nicht, warum? Wo gibt es eventuell Probleme oder wo geht ein Nutzer in <?page no="81"?> 82 2 Design-Thinking-Prozess die falsche Richtung? Erst nachdem wir die rudimentären Wireframes getestet haben, sollten wir uns auf das Design konzentrieren. Ein Mockup ist im Vergleich zum Wireframe ein ausgereifterer Prototyp. Es gibt eine Vielzahl von Programmen, welche die digitale Erstellung von Mockups ermöglichen. Auch hier ist zu empfehlen, im ersten Schritt wenig Zeit in Design zu investieren. Äußerst hilfreich und leicht bedienbar sind Apps wie PROTT. Damit können Fotos von gezeichneten Screens gemacht und diese mit Befehlen hinterlegt werden. Somit können Buttons und Verlinkungen direkt am Handy getestet werden. Klickdummies können wir als nächste Stufe in der Evolution der Prototypen ansehen. Sie sind eine teilweise interaktionsfähige Bedieneroberfläche und weisen bereits Designmerkmale auf. Wichtig ist, dass keine oder sehr wenig Zeit in die Programmierung investiert wird. Die Prototypen helfen, widersprüchliches Nutzungsverhalten und Probleme bei der Bedienung und Navigation aufzudecken. Sind diese gefunden und behoben worden, können in weiteren Iterationen auch nach und nach weitere Details und Design-Aspekte einfließen und vom Nutzer beurteilt werden. 2.9.2 Landing Pages Möchte das Team testen, ob ein bestimmtes Produkt Anklang beim Nutzer findet, bevor die Produktion beginnt, kann eine Verkaufsseite oder Landing Page im Internet weitere Einsichten bringen. Hierzu wird das Produkt lediglich online angeboten, ohne dass es tatsächlich existiert. Dies ist auch als „Fake Door Testing“ bekannt. Eine Beschreibung, eine Grafik und der Preis des Produkts reichen aus. Natürlich sollte die Seite auch auf diversen Portalen oder über eine Marke- <?page no="82"?> 2.9 Phase 5: Prototypen entwickeln 83 ting-Kampagne verbreitet werden. Das Kundenverhalten (Verweildauer, Absprungrate etc) geben wichtige Informationen. Klickt ein interessierter Kunde auf „Kaufen“, erscheint in der Regel eine Meldung, dass das Produkt derzeit noch nicht auslieferungsfähig ist. Somit können wir mit Hilfe von Analyse- und Trackingtools wie Google Analytics feststellen, wie viele Menschen an unserem Produkt interessiert sind und einen Kauf tätigen würden. Des Weiteren können somit bereits Leads potenzieller Kunden gesammelt werden. 2.9.3 Videoprototypen Im Jahr 2008 hatte der Gründer von Dropbox, Drew Houston, die Idee für das heute weltbekannte Dokumentenmanagementsystem. Es war jedoch zu aufwändig und kostspielig, einen Prototyp zu erstellen. Drew Houston erstellte ein Video, das sich an „Early Technology Adopters“ richtete, solche Nutzer, die gerne neue Produkte ausprobieren und relativ versiert sind; also die potentiellen Nutzer der ersten Dropbox-Version. Bevor es Dropbox oder einen eigentlichen Prototyp gab, gab es also ein Video, in welchem Vorteile und Funktionen des Systems erklärt und visualisiert wurden. In dem Video erklärte Houston, dass es noch keine fertige Version des Systems gibt, jeder sich jedoch als Tester für die Beta-Versionen melden konnte. Fast über Nacht stieg die Warteliste der Beta-Tester von 5.000 auf 75.000 an. Somit konnte das Team erkennen und rechtfertigen, dass eine große Nachfrage herrschte und sich die Entwicklung des Systems sehr wahrscheinlich lohnen würde. <?page no="83"?> 84 2 Design-Thinking-Prozess Ein Videoclip, z.B. ein Erklärvideo, in dem die Idee erläutert wird, kombiniert mit einem Aufruf für Beta-Tester kann dem Team Aufschluss darüber geben, ob es sich lohnt, die Idee weiterzuverfolgen. Diese Methode wird auch in Crowdfunding-Kampagnen genutzt. 2.9.4 3D-Prototypen 3D-Prototypen können aus den verschiedensten Materialien und in den verschiedensten Größen gebaut werden. Oftmals bietet es sich anfänglich an, günstigere Materialien wie Pappe, Styropor, Karton, Knete, Lego und Bastelmaterial zu verwenden. Je ausgereifter der Prototyp im Laufe der Iterationen wird, desto hochwertigeres Material kann verwendet werden. Gegebenenfalls ist dann auch ein 3D-Druck sinnvoll. Dadurch können Teile oder Konstruktionen kostengünstig und realitätsgetreu nachgebaut werden. Dies ist auch als Rapid Prototyping bekannt (Rapid Prototyping wird häufig in den Ingenieurswissenschaften angewandt). <?page no="84"?> 2.10 Phase 6: Testen 85 Phase 6: Testen Abbildung 19: Design-Thinking-Prozess Phase 6 Neben den Nutzertests werden wir auch auf weitere Methoden eingehen:  Geschichten des Scheiterns  Experiment Boards Phase 6 dient dazu, Annahmen zu testen und Experimente durchzuführen. Das Testen ist die Phase, in der Mehrwert, Machbarkeit und Anwendbarkeit durch Feedback von potenziellen Nutzern validiert oder widerlegt wird. Hier ist es nicht wichtig, dass eine große Anzahl von Nutzern den Prototyp oder die Prototypen testet, denn Studien haben ergeben, dass die Qualität der Er- <?page no="85"?> 86 2 Design-Thinking-Prozess gebnisse nicht mit der Anzahl der Tester steigt. Bereits fünf Tester reichen in den meisten Fällen völlig aus, um wertvolle Erkenntnisse zu sammeln und 80 Prozent der Fehler zu finden (Nielsen-tudie). Nutzertest, Interviews oder A/ B-Tests zum Vergleich verschiedener Prototypen eignen sich für diese Phase. Während des Nutzertests werden Testern verschiedene Szenarien vorgeben, die diese durchspielen und ausprobieren. Teammitglieder beobachten und machen Notizen. Die Tester geben z.B. anhand von Fragebögen oder in Interviews Feedback. Basierend auf den Ergebnissen wird der Prototyp dann angepasst, und eine weitere Testphase beginnt. Die Anzahl der Iterationen ist abhängig von den Ergebnissen und muss von Projekt zu Projekt individuell bestimmt werden. Erst nach mehreren Iterationen wird die Wirtschaftlichkeit verifiziert. 2.10.1 Geschichten des Scheiterns Auch innerhalb der Organisation ist es essentiell, alle Stakeholder und Bedenkenträger einzubeziehen und vom Lösungsweg zu überzeugen. Ein Weg, dies zu tun, ist die Pre-Mortem-Methode (Dark Horse). Ziel dieser Methode ist es vor allem, die Kritiker und Pessimisten einzubeziehen und Risiken zu finden.  Schritt 1: Am besten ist es, die Skeptiker, wenn möglich aus verschiedenen Bereichen (Rechtsabteilung, Personalwesen, Technologie, Marketing, Controlling etc.), zu diesem Workshop einzuladen. <?page no="86"?> 2.10 Phase 6: Testen 87  Schritt 2: Die Aufgabe an die Teilnehmer lautet: „Stellt Euch vor, das Projekt scheitert im Laufe der nächsten 12 Monate. Wir finden uns in einem Jahr wieder hier ein, um die Gründe des Scheiterns zu besprechen. Was ist schiefgelaufen? Woran ist das Projekt gescheitert? Welche Risiken wurden nicht bedacht oder nicht richtig eingeschätzt? Welche unerwarteten Probleme sind aufgetreten? “  Schritt 3: Die Teilnehmer haben ca. 15 Minuten Zeit, die „Geschichte des Scheiterns“ zu verfassen.  Schritt 4: Die Gründe des Scheiterns werden diskutiert und priorisiert. Eine Methode, die Risiken oder Ursachen zu priorisieren ist, diese auf einem Graphen anzuordnen. Die x-Achse stellt die Schadenshöhe und die y-Achse die Eintrittswahrscheinlichkeit dar. Je höher sowohl Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit, desto ernstzunehmender ist das Risiko.  Schritt 5: Im nächsten Schritt legen wir konkrete Lösungen fest, diese Risiken zu vermeiden. Somit werden auch Kritiker abgeholt und haben vielleicht sogar das Gefühl, dass sie einen gewissen Anteil am Erfolg des Projektes haben. 2.10.2 Experiment Board Um Tests auszuwerten, können Beobachtungen und Erkenntnisse in einem Experiment Board notieret werden. Hierzu notieren wir Annahme, Experiment, Ziel, Tester, Ergebnis und Insight. <?page no="87"?> 88 2 Design-Thinking-Prozess Abbildung 20: Experiment Board Basierend auf den Ergebnissen wird der Prototyp dann angepasst, und eine weitere Testphase beginnt. Evaluierungs-Workshop Nach Abschluss des ersten Zyklus (nach Durchlaufen der Phasen 1-6) sollte ein weiterer Workshop mit Stakeholdern stattfinden. Ziel dieses Workshops ist es, die Prototypen und Testergebnisse vorzustellen und darauf basierend Entscheidungen für die weiteren Iterationen zu treffen. <?page no="88"?> 2.12 Iterationen 89 Zu diesem Zeitpunkt werden auch Experten aus dem Bereich Finanzierung und Marketing hinzugezogen. Das Team sollte maximal drei Lösungsansätze vorstellen. Nachdem das Team die Ergebnisse der Phasen aus dem Lösungsraum präsentiert hat, können Stakeholder sowie Experten Fragen stellen beziehungsweise beantworten. Der Challenge Manager sollte die Moderation übernehmen. Im Anschluss wird entschieden, welche Lösungsansätze weiterverfolgt werden. Hier sollten maximal zwei ausgewählt werden. Des Weiteren kann evaluiert werden, welche Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden, welche Tests durchgeführt und welche Tester in der nächsten Iteration hinzugezogen werden. Der Evaluierungs-Workshop kann nach weiteren Iterationen nochmals durchgeführt werden. Idealerweise einigen wir uns im Laufe der Iterationen auf eine einzige Lösung, die dann mit dem gesamten Team weiterentwickelt wird. Iterationen Nach dem Testen im ersten Zyklus werden in der Regel weitere Iterationen durchgeführt. Dies ist ein in immer wiederkehrenden Zyklen erfolgendes Projektvorgehen. Wo im Prozess wir eine Iteration beginnen, hängt von den Testergebnissen ab. <?page no="89"?> 90 2 Design-Thinking-Prozess Abbildung 21: Iterationen <?page no="90"?> 2.13 Challenge Abschluss-Workshop 91  Eventuell wird nach dem Testen festgestellt, dass der Prozess wieder von vorne, in Phase 1, begonnen werden muss, um Nutzer noch genauer beobachten und verstehen zu können.  Eventuell wird wieder in Phase „Ideen entwickeln“ begonnen und an neuen Lösungswegen gearbeitet.  Oder aber das Team beginnt die Iteration in Phase 5 und optimiert den Prototyp basierend auf den Testergebnissen. Der neue Prototyp wird dann natürlich wieder getestet. Nicht nur nach Abschluss eines Design-Thinking-Zyklus sind Iterationen erlaubt. Stellt das Team beispielsweise fest, dass die Ergebnisse einer Phase noch nicht zufriedenstellend sind, ist es durchaus sinnvoll, eine oder mehrere Iterationen innerhalb einer Phase durchzuführen. Hier kann es auch sinnvoll sein, andere Methoden zu verwenden. Challenge Abschluss-Workshop Nachdem die Lösung, für die sich Team und Stakeholder entschieden haben, in mehreren Iterationen getestet und optimiert wurde, gelangt das Team schließlich zum Ende des Design-Thinking-Prozesses. Die erste Herausforderung - eine Lösung zu entwickeln und durch Prototypen zu testen - ist erfolgreich beendet. Die zweite Herausforderung beginnt nun - die tatsächliche Umsetzung und der Markteintritt. Nach der letzten Iteration sollte daher ein weiterer Workshop mit allen Stakeholdern und gegebenenfalls beteiligten Experten stattfinden. Ziel dieses Work- <?page no="91"?> 92 2 Design-Thinking-Prozess shops ist es, die neue Innovation vorzustellen und zu entscheiden, ob und wie weiter vorgegangen wird (Implementation). Das Team beschreibt kurz den Verlauf des Design-Thinking-Prozesses und stellt die Lösung, die letztendlich entwickelt wurde (also die Innovation) vor. Die Vorstellung dieser Innovation kann zuerst in einem Elevator Pitch stattfinden, bevor auf die Details eingegangen wird. Ein Elevator Pitch ist die Zusammenfassung der positiven Aspekte einer Idee in unter einer Minute. Der Kerngedanke dahinter ist, dass während einer Fahrt im Aufzug (Elevator) die anderen Mitreisenden von einer Idee überzeugt werden, so dass sie Interesse haben, das Gespräch weiterzuführen. Das Team sollte sowohl auf die Ausgangs-Challenge, Erkenntnisse und Anpassung dieser Challenge, Beweise während der Testphase und natürlich den Ansatz für die weitere Vorgehensweise eingehen. Bei der Vorstellung der weiteren Vorgehensweise ist es ratsam, vorab Experten aus verschiedenen Abteilungen wie Finanzierung und Marketing miteinzubeziehen. Das Team sollte ein klares Model für die Umsetzung haben, auch wenn nicht alle Teammitglieder aktiv in der weiteren Implementation beteiligt sein werden. Folgende Fragen sollten beantwortet werden können:  Wie lange wird die Umsetzung ungefähr dauern?  Wann ist mit einem ersten Launch zu rechnen?  Wie viel Budget, Mitarbeiter und Ressourcen benötigen wir für die Umsetzung? <?page no="92"?> 2.13 Challenge Abschluss-Workshop 93  Wie viel Budget, Mitarbeiter und Ressourcen benötigen wir für die spätere Instandhaltung, kontinuierliche Verbesserung und den langfristigen Erfolg?  Welche Risiken gibt es?  Wie stehen die Risiken im Verhältnis zu den Chancen?  Welche Marktdaten konnten wir zusammentragen?  Welche Informationen fehlen noch?  Wie passt die Lösung ins Unternehmensportfolio? Auch auf die Frage nach der konkreten Umsetzungsmethode kann bereits eingegangen werden. Eignet sich bei diesem Projekt vielleicht die Entwicklung nach SCRUM oder eher nach PRINCE 2 Agile oder Extreme Programming (siehe Seiten 127, 140 und 144)? Das Ziel des Workshops ist, dass die Entscheider ein Urteil über die Implementierung treffen. Soll die Innovation weiter umgesetzt oder verworfen werden? Ist dies im Rahmen dieses Workshops nicht möglich, sollte ein genauer Termin für die Entscheidung festgehalten werden. Zu oft zieht sich die Implementierung sonst in die Länge oder verläuft ganz im Sand. <?page no="94"?> 3 Design Thinking in der Praxis In den vorangegangenen Kapiteln konnten wir einen guten Einblick in die Theorie des Design Thinking gewinnen. Das ist jedoch nur „die halbe Miete“, denn auch bei der Umsetzung in die Praxis gibt es einiges zu beachten. In diesem Kapitel werden wir euch Werte und Methoden vorstellen, die die Einführung von Design Thinking erleichtern. Um eine erfolgreiche Einführung von Design Thinking in Unternehmen und in Teams zu gewährleisten, sollten vorab bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden.  Veränderungen der Unternehmenskultur können sich schwierig gestalten, daher ist es sinnvoll, diese in kleinen Schritten einzuführen anstatt die Prozesse komplett umzukrempeln. Es ist hilfreich, mit Methoden zu experimentieren und die Mitarbeiter aktiv nach Input und Feedback zu fragen (unser Motto lautet: „Just do it, and start small“).  Transparenz und Kommunikation müssen in der gesamten Organisation großgeschrieben werden. Hierbei kann es hilfreich sein, eine Kultur des Lernens, z.B. durch Impulsvorträge, zu schaffen. Somit lernen auch die Mit- <?page no="95"?> 96 3 Design Thinking in der Praxis arbeiter, die (noch) nicht direkt in agile Projekte involviert sind, etwas über neue Themen wie Design Thinking und Agilität.  Im Team kann es hilfreich sein, Meetings in Workshops umzustrukturieren. Insbesondere ein Kick-off-Workshop in Form eines Demo-Design-Thinking- Prozesses kann sehr effektiv sein. Hier ist es wichtig, ein lösbares Problem zu wählen, so dass das Team den Workshop mit einem guten Gefühl beendet. Eine Option für die Gestaltung einer Design-Thinking-Demo kann das Thema: „Wie schaffen wir es, in unserem Unternehmen innerhalb der nächsten sechs Monate agiler zu arbeiten? “  Jedes Teammitglied sollte darin unterstützt werden, Achtsamkeit zu üben, insbesondere aktives Zuhören und Visualisieren. Halbtägige Visualisierungs- Workshops machen nicht nur Spaß, sondern nehmen vielen Menschen die Hemmnis vor dem Zeichnen.  Jeder kann innovatives und kreatives Denken lernen. Die Annahme, dass es kreative und nicht-kreative Menschen gibt, hat im Design Thinking keinen Platz. Daher ist es sinnvoll, Menschen zu identifizieren, die bereits innovativ agieren und heterogene Teams bilden können. Jeder im Team sollte bestimmte Stärken mitbringen und diese an die restlichen Teammitglieder weitergeben.  Regelmäßige Retrospektiven, während denen das Team Prozesse, Tools und Zusammenarbeit unter die Lupe nimmt, sind essenziell. Auch wenn sich die Zusammenarbeit sehr gut gestaltet, sollten Retrospektiven nicht übersprungen werden, um Stillstand zu vermeiden. Kontinuierliche Optimierung ist eine der Säulen von Agilität und des Design Thinking. <?page no="96"?> 3 Design Thinking in der Praxis 97 Zur Unterstützung dieser Werte und um die Einführung von Design Thinking im Unternehmen reibungslos zu gestalten, können wir verschiedene Methoden und Hilfsmittel verwenden. Im Folgenden stellen wir einige vor:  Business Model Canvas  Lean Canvas  Stakeholder Matrix  Retrospektiven  Tools  Checklisten 3.0.1 Business Model Canvas Um die Einführung von Design Thinking in einem Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu gestalten ist es wichtig, dass es mit der Entwicklung des gesamten Geschäftsmodels kompatibel ist. Mitarbeiter, die Design-Thinking-Methoden anwenden, sollten Zusammenhänge und Visionen des gesamten Unternehmens verstehen (lernen). Ebenso sollten diejenigen Mitarbeiter, die nicht direkt in Design-Thinking-Projekte involviert sind, die Prinzipien und den Mehrwert dieser Methode verstehen. Eine hervorragende Methode, um ein Unternehmen als Ganzes zu verstehen, ist das Business Model Canvas oder das Lean Canvas. Das Business Model Canvas wurde von Alexander Osterwalder erstellt und visualisiert Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung verschiedener Schlüsselfaktoren. Es gibt zahlreiche Vorlagen und Tools. <?page no="97"?> 98 3 Design Thinking in der Praxis Eine bekannte Variante beinhaltet die folgenden 9 Felder:  Kunden: Wer soll unser Produkt kaufen oder nutzen?  Wertangebot  Vertriebs- und Kommunikationskanäle: Wie erhalten Kunden unser Angebot, Vertrieb und Marketing? Abbildung 22: Business Model Canvas <?page no="98"?> 3 Design Thinking in der Praxis 99  Kundenbeziehungen: Persönlicher Kontakt, digitale Medien, Gewinnung und Bindung von Kunden  Einnahmequellen: fest definierte Preise, variable Preise, Abonnements  Schlüsselaktivitäten: Was benötigen wir, um unser Produkt herzustellen oder unsere Dienstleistung anzubieten? Was benötigen wir, um unsere Geschäftsidee zu verwirklichen?  Schlüsselressourcen: Personal, Räumlichkeiten, Kapital  Schlüsselpartner: Welche Strategischen Partner, Lieferanten und Dienstleister steigern unsere Effektivität?  Kosten: Ressourcen, Partner, Aktivitäten, fixe Kosten Vor Beginn eines Design-Thinking-Prozesses kann das Team diese Felder ausfüllen und während des Prozesses immer wieder kontrollieren, ob und wie die erarbeiteten Innovationen mit den Inhalten der Business Model Canvas übereinstimmen. Bei der Vorstellung neuer Ideen in Workshops mit den Stakeholdern (siehe Seite 88) kann das Team auf die aktuellen Unternehmensziele und -modelle hinweisen und somit zeigen, dass Innovationen mit diesen nicht im Widerspruch stehen. 3.0.2 Lean Canvas Die Lean Canvas ist eine reduzierte Version der Business Model Canvas und eignet sich vor allem für Startups und Unternehmen, die sich in unternehmerisches Neuland begeben. <?page no="99"?> 100 3 Design Thinking in der Praxis Die Lean Canvas kann aus den folgenden 11 Feldern bestehen: Abbildung 23: Lean Canvas  Problemstellung  bestehende Alternativen (Konkurrenz)  Kundensegmente <?page no="100"?> 3 Design Thinking in der Praxis 101  Early Adopters (die Gruppe, die wir mit unseren Kunden am ehesten ansprechen werden)  Unique Value Proposition (Alleinstellungsmerkmal). Am besten fasst man dieses in einem Satz zusammen. Dies stellt den Kern der Canvas (der Leinwand) dar.  Lösung  Kanäle  unfairer Vorteil  Key Metrics/ Kennzahlen  Einnahmen  Kosten Wichtig ist es, die Canvas kontinuierlich anzupassen. Daher ist es nützlich, die verschiedenen Felder (Metaplanwände können hierfür sehr gut genutzt werden) mit Post-Its zu befüllen. Verändert sich etwas in einem Feld, hat dies sehr wahrscheinlich auch Auswirkungen auf die anderen Felder. 3.0.3 Stakeholder-Matrix Wie bereits in Kapitel 2 (siehe Seite 33) beschrieben, ist es essenziell, die Stakeholder kontinuierlich zu informieren und für Transparenz zu sorgen. Am Anfang eines Projektes kann es daher sehr hilfreich sein, eine Stakeholder-Matrix zu erstellen. Die Stakeholder-Matrix besteht aus einer x- und y-Achse und 4 Quadranten. Die x-Achse steht für das Interesse der Stakeholder an dem Projekt, die y- <?page no="101"?> 102 3 Design Thinking in der Praxis Achse für den Einfluss beziehungsweise die Entscheidungsbefugnis der Stakeholder im Projekt. Auf dieser Matrix können nun Personen oder Gruppen von Personen platziert werden, die zu den Stakeholdern des Projektes zählen. Die 4 Quadranten kategorisieren unsere Stakeholder automatisch in Stakeholder mit 1) niedrigem Interesse und niedrigem Einfluss 2) hohem Interesse und niedrigem Einfluss Abbildung 24: Stakeholder Matrix <?page no="102"?> 3 Design Thinking in der Praxis 103 3) niedrigem Interesse und hohem Einfluss 4) hohem Interesse und hohem Einfluss Dementsprechend können wir nun die Kommunikation mit diesen Stakeholdern im Voraus planen:  Die Kommunikation mit Stakeholdern aus Kategorie 1, z.B. Kollegen aus anderen Projekten oder Abteilungen, die geringes Interesse und wenig oder keine Entscheidungsbefugnis haben, sollten trotzdem mit Basisinformationen versorgt werden. Dies kann anhand eines Newsletters oder Beitrags auf der Homepage gemacht werden. Diese Kategorie sollte nicht ganz außer Acht gelassen werden, denn daraus können schließlich Stakeholder mit hohem Interesse werden.  Zu Personen aus Kategorie 2 mit hohem Interesse, aber wenig Macht zählen z.B. Mitarbeiter, die später intern mit unserem Produkt arbeiten, Nutzer und Kunden. Es ist wichtig, diese einzubeziehen und als Fürsprecher zu gewinnen. Diese Gruppe eignet sich auch besonders gut als Tester. Die Kommunikation sollte hier ausgeprägter sein als zu Kategorie 1.  Personen aus Kategorie 3 haben eine hohe Entscheidungsbefugnis, jedoch geringes Interesse an dem Projekt. Dies können z.B. Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder oder Abteilungsleiter aus anderen Bereichen sein, die marginal mit dem Produkt arbeiten werden. Diese Stakeholder sollten regelmäßig über den Fortschritt und die Erreichung von Meilensteinen informiert und um Feedback gebeten werden. <?page no="103"?> 104 3 Design Thinking in der Praxis Idealerweise können sie zu Kategorie 4 konvertiert werden.  Die wichtigsten Personen sind die Key-Stakeholder aus Kategorie 4 mit sowohl hohem Interesse wie auch hohem Einfluss, z.B. Sponsoren, Manager, Geschäftsführer, Qualitätsbeauftragte. Dieser Gruppe muss besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese Stakeholder müssen nicht nur in Entscheidungen einbezogen werden, sondern das Team oder der Projektleiter sollte regelmäßig separate Gespräche vereinbaren. So ist es wahrscheinlicher, dass Entscheidungen bei wichtigen Meetings auch im Sinne des Teams ausfallen. Durch regelmäßige Einzelgespräche, in denen die Wünsche, Befürchtungen und Anforderungen der Key-Stakeholder diskutiert werden, kann ein vorzeitiger Stopp des Projektes durch einen der Key-Stakeholder verhindert werden. Je mehr die Stakeholder involviert wurden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt nach der Design-Thinking-Phase weitergeführt wird. Anhand der Stakeholder-Matrix kann das Team bereits vor Projektbeginn entscheiden, wann, wie oft und über welche Kanäle mit den Stakeholdern kommuniziert werden soll. 3.0.4 Retrospektiven Erfolgreiche Unternehmen und Teams überprüfen regelmäßig, wie sie die (Zusammen-)Arbeit besser machen können. Auch dann, wenn eigentlich alles rund läuft, denn Verbesserungsmöglichkeiten bestehen immer. Diese Verbesserungsmöglichkeiten können z.B. in Retrospektiven erörtert werden. <?page no="104"?> 3 Design Thinking in der Praxis 105 Im SCRUM sind Retrospektiven beispielsweise obligatorisch. Während einer Retrospektive beschäftigt sich das Team mit dem „WIE“, d.h. mit Verhalten, der Teamarbeit, Prozessen, Menschen und Werkzeugen. Das „WAS“, also das Produkt oder die Dienstleistung, wird während diesen Meetings weitestgehend außen vorgelassen. Wie bei allen agilen Projektmanagementmethoden sind Retrospektiven auch im Design Thinking äußerst sinnvoll. Denn nicht nur durch die ständige Verbesserung unserer Produkte und Dienstleistungen, sondern auch durch die kontinuierliche Optimierung der internen Prozesse wird sich ein Unternehmen langfristig erfolgreich weiterentwickeln. In der Regel ist es ratsam, eine Retrospektive nach jedem Design-Thinking- Prozess durchzuführen. Bei sehr langen Prozessen kann man die Retrospektive z.B. auch alle vier Wochen ansetzen. Ziel einer Retrospektive ist es, Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und festzuhalten, wie diese umgesetzt werden. Hier ist es sinnvoll, einen Moderator zu benennen, der den Ablauf des Meetings gestaltet. Eine bewährte Vorgehensweise ist die Durchführung von 5 Phasen. Jede Phase kann durch eine Vielzahl von Methoden gestaltet werden. Im Folgenden stellen wir die Phasen und einige dieser Methoden vor. Weitere Methoden findet ihr z.B. unter retromat.org Phase 1: Set the Stage (Einleitung) Wir möchten die Teilnehmer für die Dauer der Retrospektive (ca. 1-3 Std.) aus dem Arbeitsalltag abholen. Daher ist es sinnvoll, die Retrospektive in einem anderen Raum (nicht dem gewohnten Arbeitsplatz der Teilnehmer) zu veranstalten. So können Störungen durch Telefon und E-Mail vermieden werden. <?page no="105"?> 106 3 Design Thinking in der Praxis Die Teilnehmer sollen Abstand vom Alltagsgeschäft gewinnen. Zu Beginn genügt oftmals eine kurze Einführungsphase, z.B.: a) Alle Teilnehmer beschreiben den letzten Design-Thinking-Prozess mit drei Adjektiven; oder b) alle platzieren sich auf einer Linie (imaginär oder auf dem Boden mit Klebeband befestigt) von 1 bis 5. ‚1‘ bedeutet, dass der letzte Design-Thinking- Prozess nicht zufriedenstellend war, ‚5‘, dass er sehr gut war. Diese Bewertung bezieht sich nicht auf das Ergebnis, sondern die Art und Weise, wie gearbeitet wurde; oder c) in Teams, die sich bereits gut kennen, kann jeder versuchen zu beschreiben, wie der Platznachbar seiner Meinung nach den letzten Design-Thinking- Prozess erlebt hat. Dieser kann die Einschätzung dann kommentieren. Phase 2: Gather Data (Informationen sammeln) In der 2. Phase geht es darum, Informationen zu sammeln. Das Team kann z.B. durch Brainstorming-Methoden Themengebiete, die verbessert werden können, erörtern und clustern. Hier einige Methoden: a) Glad/ Sad/ Mad: Alle Teilnehmer halten auf Post-Its fest, was sie fröhlich (glad), traurig (sad) und wütend (mad) gemacht hat. b) 4 Ls - Liked, Learned, Lacked, Longed for: Die Teilnehmer halten auf Post-Its fest, was wie mochten (liked), lernten (learned), vermissten (lacked) und sich wünschten (longed for). c) Teilnehmer halten auf Post-Its fest: Womit möchten wir beginnen, womit aufhören und womit weitermachen wie bisher? Wovon möchten wir mehr, wovon weniger machen? <?page no="106"?> 3 Design Thinking in der Praxis 107 d) Schiff: Der Moderator zeichnet ein Schiff mit Segel und Anker sowie einen Eisberg und einen „Nordstern“. Die Teilnehmer platzieren ihre Post-Its wie folgt: Positive Aspekte und Ereignisse, welche die Arbeit vorangetrieben haben, am Segel; negative Ereignisse, welche die Arbeit behindert haben, am Anker. Vorausblickend können mögliche Hindernisse und Risiken, die in Zukunft auftreten können, am Eisberg platziert werden. Wünsche, sogenannte „Nice-to-have“-Eigenschaften, werden am Nordstern platziert. e) Detektiv-Methode: Alle Teilnehmer schreiben mindestens zwei positive und zwei negative Aspekte auf Post-Its. Einer davon ist gelogen. Die anderen Teammitglieder müssen raten, was gelogen ist. Dies trägt dazu bei, dass sich alle Teilnehmer aktiv beteiligen, anstatt nur halbherzig zuzuhören. Tut sich das Team schwer, brauchbare Informationen zu sammeln, besteht die Möglichkeit, die Anwendung der Prinzipien des Design Thinking unter die Lupe zu nehmen. Jeder beantwortet die Fragen: - Wurden Fehler willkommen geheißen? - Wurde visuell gearbeitet? - Wurden verrückte Ideen zugelassen? - Wurde hierarchielos zusammengearbeitet? - Wurde nicht direkt in Lösungen gedacht? - War das Team interdisziplinär? - Wurde die Timebox eingehalten? etc. Die Teilnehmer können bewerten, wie gut (5 Punkte) oder schlecht (1 Punkt) die Werte gelebt wurden. Die Prinzipien mit den schlechteren Bewertungen sollten dann genauer betrachtet werden. <?page no="107"?> 108 3 Design Thinking in der Praxis Phase 3: Generate Insights (Einsichten finden) Nachdem in Phase 2 Informationen gesammelt wurden, können diese nun geclustert und priorisiert werden, z.B. durch die Dot-Voting-Methode (siehe Seite 60). Die wichtigsten Themencluster werden nun genauer betrachtet, z.B. durch: a) die 5-Why-Methode (siehe Seite 50) b) 6-3-5-Methode (siehe Seite 73) c) „Speed Dating“: Jeder nimmt sich ein Thema vor, das er gerne tiefergehend betrachten möchte. In Paaren befragen sich Teilnehmer nun zu den jeweiligen Themen und erörtern Lösungen (5 Minuten pro Thema). Nach 10 Minuten wechseln die Partner, bis jeder mit jedem gesprochen hat. Danach werden die Lösungen vorgestellt. d) „Katastrophe“: Die Teilnehmer stellen sich vor, was passieren würde, wenn das nächste Design-Thinking-Projekt eine absolute Katastrophe wäre. Die Ideen beziehungsweise Auslöser werden gesammelt und umgekehrt. Phase 4: Define Action (Lösungen definieren) In Phase 4 wird entschieden, welche Maßnahmen getroffen werden, um die Verbesserungsvorschläge umzusetzen. a) Sind die Maßnahmen und Lösungsvorschläge noch etwas zu schwammig, kann man sie nach den SMART-Kriterien bewerten und Details hinzufügen, d.h. sind sie S: spezifisch, M: messbar, A: akzeptiert, R: realistisch, T: terminiert? Diese Kriterien können dann hinzugefügt oder angepasst werden. <?page no="108"?> 3 Design Thinking in der Praxis 109 b) Wurden klare Schritte definiert, können wir in drei Spalten festhalten: was - wer - bis wann (z.B. auf einem Flipchart), d.h. wer ist verantwortlich für welche Aufgabe und bis wann sollte dies erledigt sein oder bis wann sollte ein Statusbericht geliefert werden. c) Eine weitere Methode besteht aus der Erstellung eines Graphen. Die x- Achse steht für die Schwierigkeit, diese Maßnahme umzusetzen, und die y- Achse für den Mehrwert, den diese Maßnahme, wenn sie erfolgreich umgesetzt wird, haben wird. Die Maßnahmen, die einen hohen Mehrwert und relativ wenig Aufwand und Schwierigkeiten mit sich bringen (die sogenannten Low Hanging Fruits), können zuerst umgesetzt werden. Phase 5: Close the Retrospective (Abschluss) Am Ende sollten die Teilnehmer mit einem guten Gefühl und voll motiviert in den Arbeitsalltag entlassen werden. Hier ist es sinnvoll, Feedback zum Meeting einzuholen, z.B. wieder anhand der Linie (1-5) aus der ersten Phase. Alle Teilnehmer sollten klar äußern dürfen, was ihnen gefallen hat, was sie gelernt haben, was sie gerne ändern möchten und wie hoch sie die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass die Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden. Sollte große Skepsis an der Umsetzung herrschen, sollte der Moderator hier wieder nachhaken und mögliche Hindernisse identifizieren, besprechen und wenn möglich aus dem Weg räumen. Gleich, welche Methoden angewendet werden, der Moderator darf für Abwechslung sorgen. Daher ist es durchaus sinnvoll, bei jeder Retrospektive neue Methoden anzuwenden. Sind die Teilnehmer eher introvertiert und analytisch, sollte man bei den ersten Retrospektiven nicht allzu verspielte Methoden wäh- <?page no="109"?> 110 3 Design Thinking in der Praxis len. Der Moderator sollte hier ein gewisses Fingerspitzengefühl mitbringen, um sicherzustellen, dass sich alle Teilnehmer bei der Vorgehensweise ernstgenommen fühlen. Tools Verschiedene Hilfsmittel sollten bereits vor Beginn eines Design-Thinking- Prozesses besorgt werden. 3.1.1 Timebox Das Timeboxing steht für die Regel, dass bestimmte Phasen oder die Durchführung bestimmter Techniken einen vorher festgelegten Zeitrahmen nicht überscheiten dürfen. Viele von uns kennen die Problematik: ein Meeting wird angesetzt, von 14.00 Uhr bis Open End. Das Team diskutiert, die eher extrovertierten Teilnehmer schweifen in lange Monologe aus und Details werden überproportional lange erörtert. Dies kann dazu führen, dass am Ende des Tages, wenn die Konzentration und Motivation gegen Null gehen, noch keine Entscheidung getroffen wurde. Durch Timeboxing wird dies vermieden. Unter Druck können viele Menschen besser und fokussierter arbeiten. Wenn wir wissen, dass wir nur eine Stunde zur Verfügung haben, um uns auf einen Lösungsweg zu einigen, finden wir diesen in der Regel auch in der vorgegebenen Zeit. <?page no="110"?> 3.1 Tools 111 Ein sehr nützliches und kostengünstiges Tool ist der Time Timer. Dort wird anhand einer roten Fläche angezeigt, wie viel Zeit verbleibt. Abbildung 25: Time Timer Sollte es nicht zur Verfügung stehen, kann natürlich auch ein Smartphone oder eine Eieruhr verwendet werden. Wichtig ist hier, dass ein Timekeeper benannt wird, der regelmäßig die verbleibende Zeit an das Team weitergibt. 3.1.2 Post-Its Post-Its sind aus agilen Teams und aus dem Design-Thinking-Prozess nicht mehr wegzudenken. Warum sind sie so nützlich? Ziel des Teams ist es, Wissen schnell zu sammeln, zusammenzutragen, zu teilen, zu clustern und evtl. zu verwerfen. Mit Post-Its können wir dies sehr einfach umsetzten. So können wir beispielweise die wichtigsten Erkenntnisse aus Interviews auf Post-Its festhalten, diese im Team vorstellen und auf eine Wand kleben. Danach <?page no="111"?> 112 3 Design Thinking in der Praxis clustern wir die Post-Its (fügen sie zu übergeordneten Themengebieten zusammen) und besprechen diese dann. Auch hier gibt es einige Regeln, die beachtet werden sollten: Ein Post-It sollte idealerweise aus einem Statement (maximal 5 Wörter) und einer Zeichnung bestehen. Indem wir das Statement kurzhalten, müssen wir uns überlegen, wie wir komplexe Probleme knapp und prägnant beschreiben. Unter Zeichnung verstehen wir hier lediglich ein Icon, eine Skizze oder eine Strichzeichnung. Visualisierte Informationen können viel schneller erkannt und verarbeitet werden. Hierfür müssen sie weder akkurat noch schön sein. Oftmals besteht eine gewisse Resistenz gegenüber dem Zeichnen. Das ist normal, da die meisten von uns es nicht gewohnt sind zu malen. Nichtdestotrotz bringt es einen großen Mehrwert, wenn wir die Teammitglieder dazu bringen können, ihre Ideen auch zu visualisieren. Eine Methode, um das Eis zu brechen, ist es Teammitglieder in Paare aufzuteilen. Nun hat jeder 3 Minuten Zeit, den anderen zu malen. Dies ist am Anfang oftmals unangenehm, da man das Gegenüber natürlich so realitätsgetreu wie möglich darstellen möchte. Doch die Scheu verfliegt, sobald jeder erkennt, dass die Zeichnungen der anderen Teammitglieder auch nicht besser sind. Diese Übung nimmt den Druck, „gut“ zeichnen zu müssen. Ein weiterer Tipp in Sachen Post-Its: Reißt die Post-Its immer nach unten ab, nicht nach oben. So verbiegen sie sich nicht und haften länger an einer Fläche. <?page no="112"?> 3.1 Tools 113 Abbildung 26: Post-It 3.1.3 Nützliches Material Um einen Design-Thinking-Prozess umzusetzen, benötigen wir eine Anzahl von Materialien. Der Raum, in dem wir arbeiten, sollte hell und möglichst geräumig ist, die Möbel leicht verschiebbar und flexibel einsetzbar. Z.B. gibt es Tische, die auch als Whiteboard genutzt werden können. Metaplanwände und/ oder Whiteboards sind essenziell. Auch hier gibt es moderne Lösungen wie Tapete, die mit Whiteboard-Markern beschriftet werden kann, oder Magnetfarbe, so dass Magnete an der Wand haften. Weitere Materialien, die nicht fehlen dürfen, sind:  Post-Its in verschiedenen Farben und Größen  Whiteboard Marker <?page no="113"?> 114 3 Design Thinking in der Praxis  Filzstifte für die Beschriftung der Post-Its (diese sollten nicht zu dünn sein, damit man die beschrifteten Post-Its auch von der anderen Seite des Raums lesen kann, z.B. Stabilo Pen 68)  Papier  Magnete und/ oder Reißzwecken Für den Bau der Prototypen (insbesondere wenn noch nicht feststeht, welche Art von Prototyp gebaut werden soll):  A3-Papier  farbiges Papier oder Karton  Zeitschriften für Collagen  Klebeband  Klebstoff  Lego  Knete  Styropor  Garn  Schere  Tacker  Heftklammern  Lineal <?page no="114"?> 3.2 Checklisten 115  Maßband  Filz  Holzstäbchen, Streichhölzer oder Strohhalme Grundsätzlich ist es ratsam, eine große Auswahl an Material bereit zu stellen, mit dem die Teilnehmer kreativ und unbeschwert an die Erstellung einer Lösung gehen können. Durch die Verwendung von Bastelmaterial können Prototypen kostengünstig und schnell entwickelt werden. Die Teilnehmer hegen grundsätzlich keine Scheu, außergewöhnliche Richtungen auszuprobieren, da die Bauten einfach verworfen und geändert werden können. Des Weiteren werden hier auch diejenigen Teilnehmer abgeholt, die von sich behaupten, nicht kreativ zu sein. Denn im Design Thinking ist Kreativität kein angeborenes Talent, sondern eine Fähigkeit, die jeder Teilnehmer im Laufe des Prozesses verbessert und zu nutzen lernt. Checklisten Wie bereits beschrieben, gibt es viele Aspekte, die ihr bei der Einführung eines Design-Thinking-Prozesses beachten solltet. Die folgende Checkliste kann euch helfen, euch darauf vorzubereiten und immer wieder zu reflektieren, was ihr eventuell verbessern könnt. 3.2.1 Vor dem Design-Thinking-Prozess  Gibt es eine Person im Team, die sich bereits gut mit den Methoden des Design Thinking auskennt? <?page no="115"?> 116 3 Design Thinking in der Praxis  Sollten wir einen externen Design-Thinking-Berater hinzuziehen?  Wie groß soll das Team sein? Wer wird Mitglied des Design-Thinking-Teams?  Ist das Team interdisziplinär aufgestellt? Vereint das Team verschiedene Menschentypen?  Ist allen Beteiligten klar, warum wir Design Thinking anwenden möchten?  Wurde auch außerhalb des eigentlichen Design-Thinking-Teams eine kurze Einführung gegeben, um Verständnis und Transparenz zu schaffen?  Wurden Skeptiker (innerhalb und außerhalb des Teams) versucht mit ins Boot zu nehmen? Wie wurde vorgegangen? Hat das funktioniert?  Haben wir geeignete Räumlichkeiten (hell, flexible Büromöbel)?  Haben wir alle Materialien, um zu starten (Post-Its, dicke Stifte, Whiteboards, Metaplanwände, Papier, Stoppuhr)?  Ist es sinnvoll, einen „Demo Design Thinking Sprint“ von maximal zwei Tagen zu veranstalten, um den Teammitgliedern die Herangehensweise vor dem Start des eigentlichen Projektes besser zu vermitteln?  Wer sind unserer Stakeholder?  Wie werden wir mit den Stakeholdern kommunizieren? Sollten wir eine Stakeholder-Matrix erstellen?  Welche Kommunikationskanäle werden genutzt?  Wie werden die Ergebnisse dokumentiert? Wer dokumentiert die Ergebnisse?  Wie lange darf die Problemphase (Phasen 1-3) dauern? <?page no="116"?> 3.2 Checklisten 117 3.2.2 Während des Design-Thinking-Prozesses (Problemraum)  Sollten wir einen Kickoff-Workshop veranstalten? Welche Stakeholder werden zu diesem Kickoff-Workshop eingeladen?  Wurde die Design Thinking Challenge (die Problemhypothese) klar formuliert?  Welche Methoden möchten wir währen der ersten drei Phasen anwenden?  Wie lange nehmen wir uns für die einzelnen Methoden Zeit?  Führen wir nach jeder Phase eine kurze Retrospektive durch, um unsere Techniken und die angewandten Methoden zu reflektieren und Feedback von anderen Teammitgliedern einzuholen? Wie wird das Feedback festgehalten? Wird zu einem späteren Zeitpunkt kontrolliert, ob das Feedback umgesetzt wurde?  Arbeiten wir alle visuell (mit Skizzen und Zeichnungen)?  Werden die Timeboxes eingehalten? Reichen die Timeboxes aus, oder sind sie zu knapp beziehungsweise zu großzügig bemessen?  Wie ist die Kommunikation im Team? Wird Wissen geteilt? Sind alle Teammitglieder offen für „verrückte“ Ideen? Wie wird Feedback auf konstruktive Art und Weise gegeben? Werden alle Prinzipien und Regeln eingehalten?  Haben wir den Nutzer ausreichend beobachtet und verstanden?  Sind wir dem Problem wirklich auf den Grund gegangen und haben neue Erkenntnisse gewonnen, oder kratzen wir lediglich an der Oberfläche? <?page no="117"?> 118 3 Design Thinking in der Praxis  Wie viele Nutzergruppen können wir identifizieren? Haben wir „Extreme Nutzer“ gefunden? Auf welche Nutzergruppen sollten wir uns konzentrieren?  Zu welchem Zeitpunkt sollten wir Stakeholder miteinbeziehen? Ist ein Workshop am Ende der Problemphase sinnvoll? Was ist das Ziel dieses Workshops? Welche Stakeholder / Experten sollten einladen werden?  Haben wir in den ersten drei Phasen bereits in Lösungen gedacht oder uns auf die Ergründung des Problems konzentriert?  Wie lange darf die Lösungsphase (Phasen 4-6) dauern? 3.2.3 Während des Design-Thinking-Prozesses (Lösungsraum)  Haben wir alle Informationen, um mit den Phasen des Lösungsprozesses zu beginnen?  Konnten alle Stakeholder von den bisherigen Ergebnissen überzeugt werden?  Haben wir uns auf maximal drei Ideen geeinigt, bevor wir in die Prototypen- Phase gehen?  Welches Material / Hilfsmittel / Apps benötigen wir, um unsere Prototypen zu erstellen?  Wer testet die Prototypen und wie viele Tester soll es geben? <?page no="118"?> 3.2 Checklisten 119  Wann ist es sinnvoll, einen Workshop mit Stakeholdern und Experten zu veranstalten? Welche Experten sollten hinzugezogen werden? Welche Daten benötigen wir, um den Workshop zu gestalten? Können wir im Workshop maximal zwei Prototypen präsentieren und diese mit Daten untermauern? Sollen sich die Stakeholder und Experten im Workshop für eine Lösung entscheiden?  In welcher Phase beginnen wir die zweite Iteration? Genügt es, den Prototyp zu verbessern? Benötigen wir neue Ideen? Oder müssen wir vielleicht sogar zurück zum Problemraum, um den Nutzer noch besser zu verstehen?  Haben wir uns bereits mit der möglichen weiteren Vorgehensweise beschäftigt? Wurden alle Experten, die an der Umsetzung des eigentlichen Produktes oder Services beteiligt sein werden, hinzugezogen? Ist unserer Lösung mit dem übergeordneten Geschäftsmodell kompatibel?  Wie kann unsere Lösung ins Unternehmensportfolio integriert werden? Welche Investitionen müssen über einen längeren Zeitraum getätigt werden, um die Lösung zu entwickeln, auf den Markt zu bringen und langfristigen Erfolg zu gewährleisten?  Welche Risiken und Chancen gibt es?  Wann veranstalten wir den Abschluss Workshop? Welche Stakeholder und Experten sollen eingeladen werden? Haben wir vorab mit Entscheidungsträgern gesprochen und wie stehen diese zu einer Weiterführung des Projektes? <?page no="119"?> 120 3 Design Thinking in der Praxis 3.2.4 Nach dem Design-Thinking-Prozess (Retrospektive)  Welche Phasen und Methoden sind besonders gut gelaufen? Welche nicht? Warum?  Welche Prinzipien des Design Thinkings wurden beachtet? Welche nicht? Warum?  War das Team ausgewogen? Gab es Konflikte? Wie wurden diese gelöst? Konnten sich alle Teammitglieder gleichwertig einbringen?  Wie viele Iterationen haben wir gemacht?  War die Anzahl angemessen?  Welchen Verbesserungsvorschlag sollten wir unbedingt im nächsten Design-Thinking-Prozess umsetzen?  Falls der Lösungsvorschlag abgelehnt wurde: Warum wurde er abgelehnt? <?page no="120"?> 4 Design Thinking und andere agile Methoden Design Thinking und Agilität Agiles Arbeiten rückt heute in vielen Unternehmen immer mehr in den Fokus. In diesem Kapitel stellen wir vor, welche Prinzipien verschiedene agile Methoden verbindet und wie diese in Kombination mit Design Thinking angewandt werden können. Da Design Thinking als Innovationsprozess grundsätzlich am Anfang eines Entwicklungszyklus steht, kann die Anwendung weiterer agiler Methoden während der Produktionsphase und Wartungsphase eine ideale Ergänzung darstellen. Im letzten Kapitel beschäftigen wir uns daher mit  Agilität und Agiles Manifest  Design Thinking Sprint  SCRUM  Kanban  Systems Thinking  Service Design  Lean Startup  PRINCE 2 Agile  Extreme Programming <?page no="121"?> 122 4 Design Thinking und andere agile Methoden Agilität Design Thinking ist ein agiler Prozess. Immer mehr Unternehmen haben es sich heute auf die Fahne geschrieben, agil zu arbeiten. Dies kann auf die verschiedensten Arten und Weisen gelebt werden. Was haben alle agilen Methoden und Frameworks gemeinsam und welche agilen Methoden und Rahmenwerke gibt es? Dies werden wir im letzten Kapitel erörtern. Agile Projekte setzen im Wesentlichen auf kurze und regelmäßige Entwicklungszyklen. So kann auf Veränderungen, insbesondere auch in Bezug auf die Anforderungen, die der Kunde und Nutzer an das Endprodukt stellt, schnell reagiert werden. Zudem kann regelmäßig und kurzfristig Feedback eingeholt und angepasst werden. Wie in den vorherigen Kapiteln beschrieben, setzt Design Thinking auf kurze Entwicklungszyklen und inkrementelles und iteratives Vorgehen. Des Weiteren liegt der Fokus bei agilen Projekten auf einem frühen Markteintritt. Ziel ist es hierbei, möglichst früh Feedback vom Markt und den Nutzern zu erhalten. Dieses Feedback wird dann immer wieder in neuen Zyklen und Versionen des Produktes eingebracht. So entsteht einerseits sehr schnell ein Produkt, das am Markt ist und sich gleichzeitig fortlaufend verbessert und damit im Kundenwert steigt. Auch beim Design Thinking stehen der Nutzer und frühes Feedback im Fokus. Agile Projekte bauen auf eine gewisse Art von Teamarbeit. Hierbei stehen Transparenz (alle haben Zugriff zu allen Informationen, Wissen wird geteilt), Hierarchielosigkeit (Rollen anstatt Titel), Offenheit (alle dürfen Ideen äußern) <?page no="122"?> 4.1 Agilität 123 und Interdisziplinarität im Vordergrund. Dies sind Werte, die auch im Design Thinking groß geschrieben werden. In agilen Projekten sind Fehler willkommen. Das Motto lautet hier: Fail fast! Dies ist wahrscheinlich die Regel, die wir Deutsche mit Abstand am wenigsten beherrschen: uns einzugestehen, dass wir nicht erfolgreich sind. In vielen Projekten erleben wir das Gleiche. Am Anfang wollen es alle „Agile“ machen (gleichgesetzt mit „jung“ und „cool“), haben aber das Thema Agilität nur ansatzweise verstanden. Das Ergebnis ist, dass auf einmal alle in kurzen Hosen zur Arbeit kommen, sich anfangen zu duzen, Post-Its an die Wand kleben, jedem möglichst viel Freiraum lassen und denken, dass keine Struktur oder Dokumentation richtig ist. Dann werden, vor allem in Konzernen, viele Millionen „verbraten“, nur um nach der typischen Storming-Phase eines Teams festzustellen, dass Agilität doch nicht nur „cool“ sein bedeutet. Als nächstes werden weitere Millionen in die Hand genommen, um das Projekt einzuschränken, Reportings und Dokumentationen einzuführen, die Stunden in der Erstellung brauchen und am Ende niemand wirklich liest, nur um dem Lenkungssauschuss oder dem Vorstand das Gefühl zu geben, er würde wieder die Kontrolle u ̈ ber das Projekt erlangen. Monate später und nachdem alle Bemühungen des mittleren Managements auf einmal nicht mehr ausreichen, um zu verbergen, dass das Projekt plötzlich doch zwei Jahre länger dauert als ursprünglich geplant und das Produkt sowieso nur ein Zehntel des eigentlich angestrebten Mehrwertes bietet, hat das Projekt inzwischen einen Punkt erreicht, den alle fürchten: den Point of no Return. Der Point of no Return ist ein Zeitpunkt im Laufe eines Projekts, bei dem bereits sehr viel Geld investiert wurde und bereits ein halbfertiges Produkt im Raum steht, weshalb ein Abbruch praktisch nicht mehr möglich erscheint. <?page no="123"?> 124 4 Design Thinking und andere agile Methoden Beim agilen Arbeiten sollten wir uns immer wieder daran erinnern, dass Fehler, die früh erkannt werden, durchaus positiv sein können, denn langfristig vermeiden sie hohe Ausgaben und Frustration bei Unternehmen und Nutzern. Überspitzt gesagt: Im agilen Team ist es gut, schnell zu scheitern. Agiles Manifest als Basis für agiles Projektmanagement Wer sich mit agilem Projektmanagement beschäftigt, hat sicherlich schon einmal von dem Agilen Manifest gehört. Das Agile Manifest ist quasi der gemeinsame Nenner, auf den sich verschiedenste Vertreter von Agilität im Jahre 2001 geeinigt haben. Die Wertepaare des agilen Manifests stellen jeweils zwei Wertepaare gegenüber, wobei das linke Wertepaar wichtiger als das rechte angesehen wird. Die Prinzipien des Agilen Manifest spiegeln sich auch in den Prinzipien des Design Thinking wider. Die Wertepaare sind:  Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge  Funktionierende Produkte über umfassender Dokumentation  Kooperation mit dem Kunden über Vertragsverhandlungen, und  Reaktionen auf Veränderungen über Planerfüllung Die 12 Prinzipien des Agilen Manifests lauten:  Kundenzufriedenheit  Anforderungsänderungen als Wettbewerbsvorteil  Regelmäßige Auslieferung in kurzen Zeitspannen  Tägliche Zusammenarbeit im Projekt <?page no="124"?> 4.1 Agilität 125  Teams aus motivierten Individuen  Kommunikation von Angesicht zu Angesicht  Funktionieren der Produkte / Dienstleistungen / Software  Nachhaltigkeit  Technische Exzellenz  Einfachheit  Selbstorganisierende Teams  Regelmäßige Reflektion und Anpassung Abbildung 27: Agile Manifesto <?page no="125"?> 126 4 Design Thinking und andere agile Methoden Design Thinking Sprint / Google Sprint Die Dauer eines Design-Thinking-Prozesses ist nicht festgelegt. Diese hängt von der Komplexität des Projektes und dem Umfang des Problems und der Lösung ab. Je nachdem, wie viele Iterationen gemacht werden (müssen), kann der Design-Thinking-Prozess länger oder kürzer als geplant dauern. Grundsätzlich gilt auch hier: das Team sollte sich nicht zu viel Zeit nehmen, sondern lieber knapp kalkulieren. Jack Knapp hat im Rahmen von Google Ventures über 150 Startup-Projekte betreut. Basierend auf seine Erfahrungen konzeptionierte er den Design Thinking Sprint. Ein Design Sprint, oder Google Sprint, durchläuft die Phasen eines normalen Design-Thinking-Prozesses in genau fünf Tagen. Ziel ist es, innerhalb dieser kurzen Zeit ein visuelles Konzept für die Benutzerführung herauszuarbeiten. Da die Zeit begrenzt ist, ist es wichtig, bereits vorab Kunden- / Nutzer- / Expertengespräche zu führen. Es ist auch sinnvoll, dass alle Teammitglieder immer Vollzeit während des Sprints anwesend sind. Im Vergleich zu anderen Design-Thinking-Prozessen beschäftigt sich der Design Thinking Sprint mit einer ganz konkreten Fragestellung. Montag: Verstehen/ Analysieren: Die Aufgabenstellung wird präsentiert, Entwicklungen, Neuerungen, Markt, Probleme und eventuelle Anknüpfungspunkte werden diskutiert. Dienstag: Ideen generieren/ Lösungsansätze finden Jeder Teilnehmer des Design Thinking Sprints bringt seine Ideen zu Papier. <?page no="126"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 127 Mittwoch: Entscheiden Die besten Ideen, die als Prototyp umgesetzt werden sollen; werden ausgewählt. User Stories werden erstellt, die Planung für den Prototypen wird erstellt. Abbildung 28: Google Sprint Donnerstag: Prototyping Die Prototypen müssen für Tester benutzbar sein, um später ein wertvolles Feedback zu erhalten. Freitag: Testen Die Prototypen werden Nutzern, idealerweise außerhalb der Organisation, vorgestellt und von diesen ausprobiert. Das Team sammelt Feedback. <?page no="127"?> 128 4 Design Thinking und andere agile Methoden Ein Design Thinking Sprint ist beispielsweise zu empfehlen, um Lösungen für die Challenge zu finden: „Wie können wir Design Thinking zeitnah in unser Unternehmen einführen, um in unserem Team agiler zu arbeiten? “ So lernt das Team anhand dieses Sprints bereits die Methoden von Design Thinking kennen und hat gleichzeitig einen Game-Plan entwickelt, wie diese Methoden erfolgreich und nachhaltig im Unternehmen etabliert werden können. 4.2.1 SCRUM SCRUM ist eines der bekanntesten Rahmenwerke, um Projekte agil umzusetzen. Die Methode stammt aus der Softwarebranche, wird heute jedoch in vielen verschiedenen Branchen angewendet. SCRUM basiert auf kurzen Entwicklungszyklen, den sogenannten Sprints, mit fest definierten Rollen (SCRUM Master, Product Owner und Entwicklungs-Team), Events (Sprint Planning, Daily SCRUM, Sprint Review und Sprint Retrospektive) sowie Artefakten (Product Backlog, Sprint Backlog, Increment). SCRUM und Design Thinking lassen sich sehr gut kombinieren. So könnte nach dem Abschluss der Design-Thinking-Phase eine Entwicklungsphase mit SCRUM zur erfolgreichen Umsetzung der Lösung führen. Wieso ist SCRUM so erfolgreich? SCRUM ist äußerst einfach gehalten. Alle Regeln umfassen gerade einmal rund 20 Seiten. SCRUM trifft einfach den Nerv der Zeit. In Zeiten, in denen Informationen und Komplexitäten unseren Alltag beherrschen, kommt ein schlankes und leicht verständliches Framework gerade recht. <?page no="128"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 129 Die Praxis beweist, dass SCRUM in der Welt des Projektmanagements angekommen ist und so schnell auch nicht mehr wegzudenken ist. Die Rollen innerhalb von SCRUM SCRUM Product Owner Der SCRUM Product Owner hat die volle Verantwortung für das Produkt. Er allein priorisiert, welche Features für ein Produkt umgesetzt werden, welche nach hinten gestellt und welche Features gar nicht umgesetzt werden. Natürlich bedarf es hierbei eines großen Vertrauens seitens der Stakeholder und der gesamten Organisation. SCRUM Master Der SCRUM Master begleitet das Entwicklungsteam auf dem Weg der Erstellung des Produkts. Er unterstützt methodisch in der Anwendung von SCRUM, gilt in vielen Meetings als Moderator und managt während der Entwicklungsarbeit Hindernisse um das Entwicklungsteam herum. Seine Kerndisziplin besteht darin, das Entwicklungsteam vor Dingen, die das Team vor dem Entwickeln abhalten, zu schützen. SCRUM-Entwicklungsteam Das SCRUM-Entwicklungsteam ist ein 3bis 9-köpfiges Team an Entwicklern, welche in ihrer Gesamtkompetenz dazu befähigt sind, Produkte zu designen, zu entwickeln und zu testen. <?page no="129"?> 130 4 Design Thinking und andere agile Methoden Abbildung 29: SCRUM-Prozess Der SCRUM-Prozess (1) Stakeholder: Im SCRUM-Prozess kommt der Stakeholder mit (2) Anforderungen auf den <?page no="130"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 131 (3) Product Owner zu. (4) Durch regelmäßige Refinements werden die Anforderungen konkret beschrieben und dann in das (5) Product Backlog gelegt. Das Product Backlog stellt innerhalb von SCRUM den großen Plan für das gesamte Produkt dar. Innerhalb diesem werden alle Anforderungen von den Stakeholdern an das Produkt niedergeschrieben und seitens des Product Owners beschrieben und priorisiert. (6) Das Sprint Planning dient dann im Rahmen der ersten offiziellen Zeremonie von SCRUM, zum Planen des so genannten Sprints. Der Sprint hat in diesem Schaubild keine eigene Nummerierung, da der Sprint alle dort aufgezeigten Aktivitäten & Zeremonien enthält. Exkurs Sprint: Ein Sprint dauert laut SCRUM zwischen einer und vier Wochen. Je nachdem, wie oft ein Stakeholder ein Reporting haben möchte und Teams sich in Zeremonien begeben möchten, muss ein Zeitraum zwischen diesen Zyklen gewählt werden. Je länger ein Sprint dauert, desto länger dauern auch die Zeremonien. Oft wird der Begriff Sprint auch einer Iteration gleichgesetzt. Dies ist aber nicht immer dasselbe. (7) Die Ergebnisse des Sprint Plannings werden im Sprint Backlog niedergeschrieben. Hierbei ist nicht unbedingt eine Priorisierung notwendig, solange sich das Team auf das für den Sprint ausgelobte Ziel committet. Im Grunde genommen stehen innerhalb des Sprint Backlogs alle für den Sprint <?page no="131"?> 132 4 Design Thinking und andere agile Methoden zu erfüllenden Stories drin, die sich das Team nach und nach zur Entwicklung heranzieht. (8) Entwicklungsarbeit und (9) Entwicklungsteam Das Entwicklungsteams setzt innerhalb der Entwicklungsarbeit die Stories aus dem Sprint Backlog Schritt für Schritt um. (10) Daily SCRUM Bei Bedarf trifft sich das Entwicklungsteam jeden Tag mit dem SCRUM Master, um über den aktuellen Sprint-Fortschritt zu sprechen und eventuelle Hindernisse zu identifizieren. Oft wird das Daily SCRUM auch als Daily StandUp beschrieben. Es geht maximal 15 Minuten und sollte persönlich abgehalten werden. Hier haben auch die Stakeholder die Möglichkeit, sich über den aktuellen Entwicklungsstand zu informieren. (11) Sprint Review Am Ende jeden Sprints werden die Arbeitsergebnisse dann dem Stakeholder vorgestellt. (12) Increment Das Increment ist das am Ende entstandene (Teil-)Produkt / Output des Teams, welches im Sprint Review vorgestellt wird und auf dessen Basis die Stakeholder dem Product Owner Feedback in Form von Anforderungen für den nächsten Sprint geben können. <?page no="132"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 133 (13) Sprint Retrospektive Eine Zeremonie, bei dem am Ende jedes Sprints über die guten und schlechten Dinge der Zusammenarbeit gesprochen wird. Ziel ist es hier, Verbesserungspotenzial zu erkennen und dieses im nächsten Sprint umzusetzen. 4.2.2 Kanban Kanban ist ein Tool für die agile Prozessteuerung (Kan steht für Signal, Ban für Karte). Es stammt aus Japan und wurde dort von Taiichi Ohno, einem Ingenieur bei Toyota, in den 1940er Jahren entwickelt, um Inventar besser zu managen, Lagerbestände zu reduzieren und die Fertigungsprozesse in einen gleichmäßigeren Rhythmus zu bringen. Heute wird es in allen Branchen angewandt. Durch Kanban visualisiert das Team Aufgaben auf einem Kanban Board oder Taskboard. Dort werden die jeweiligen Aufgaben, der Bearbeitungsstand und das zuständige Teammitglied festgehalten. Tasksboards mit verschiedenen Spalten (z.B. Backlog, To Do, In Progress, Done) schaffen Transparenz und fokussieren darauf, möglichst schnell und möglichst häufig releasefähige Inkremente auszuliefern. Bei Kanban ist die Anzahl paralleler Arbeiten, begrenzt und somit können kürzere Durchlaufzeiten erreicht und Probleme schnell sichtbar gemacht werden. Kanban Boards können sowohl analog (mit Post-Its) wie auch digital geführt werden. Wie auch Design Thinking und SCRUM basiert die Methode auf selbstorganisierenden Teams. Daher ist auch die Anwendung von Kanban in Kombination mit <?page no="133"?> 134 4 Design Thinking und andere agile Methoden Design Thinking kompatibel beziehungsweise durchaus sinnvoll. So können wir z.B. die verschiedenen Phasen und Methoden des Design Thinking anhand eines Kanban Boards visualisieren. Vor allem wenn mehrere Teams an der Erstellung verschiedener Lösungen und Prototypen arbeiten, können wir so sicherstellen, dass alle parallel in der gleichen Phase arbeiten und den Zeitplan einhalten. Abbildung 30: Analoges Kanban Board <?page no="134"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 135 Abbildung 31: Digitales Kanban Board Bei der Anwendung von Kanban sollten diese drei Regeln insbesondere beachtet werden:  Visualisierung Visualisiere deine To-dos, um die Arbeit transparent zu machen. Transparenz schafft Vertrauen, das im Team zu einem echten Erfolgsfaktor wird. Außerdem vereinfacht die Visualisierung eine Menge: To-dos sind einfacher zu verstehen, es ist einfacher, den Überblick zu behalten, und es ist einfacher, Abhängigkeiten innerhalb mehrerer Tasks zu identifizierten.  Limitierte Arbeit Die Arbeit zu limitieren hat einen extremen Vorteil: Das Team und der Entwickler bleiben maximal fixiert. Es gibt Zeiten, in denen gef ü hlt jede Deadline auf dem gleichen Tag liegt. Viele unterschiedliche Projekte auf einmal <?page no="135"?> 136 4 Design Thinking und andere agile Methoden bringen dann nicht ansatzweise das gleiche Ergebnis wie eine fokussierte Abarbeitung nacheinander. Alleine der Gedanke beziehungsweise die Ansicht vieler To-dos hat hierbei schon einen großen Effekt. Das ist der Grund, wieso viele Zeitmanagement-Workshops einem als Tipp mitgeben, bei einer Aufgabe, die eine Menge Konzentration benötigt, auch Handy und E-Mail- Programme auszustellen. In Kanban gilt ganz einfach das Prinzip: aus den Augen, aus den Sinn. Je weniger Aufgaben auf dem Kanban-Board zu sehen sind, desto höher ist die Fokussierung des Teams auf die bestehenden To-dos.  Pull Prinzip Eine weitere Anwendung innerhalb der Kanban-Methode ist das Prinzip, sich die Arbeit als Entwickler/ Teammitglied selbstständig auszusuchen und abzuarbeiten. In vielen Projekten ist es die Aufgabe der Projekt- oder Teammanager, die Arbeit an die einzelnen Teammitglieder zu verteilen. Das bewirkt, dass die Teammitglieder natürlich oft nicht die Arbeit machen, die sie lieben. Das hat zur Folge, dass es schwerer ist, hier eine Motivation herzustellen. 4.2.3 Systems Thinking Eine genaue Definition von Systems Thinking zu finden ist nicht ganz einfach, denn Systems Thinking ist keine Methode, sondern eine Denkweise. Systems Thinking weist viele Gemeinsamkeiten mit Design Thinking auf und kann komplementär ergänzt werden. Eine gute Definition von Barry Clemson lautet: <?page no="136"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 137 „Systems Thinking is a way to deal with complex messes, situations where there are many interacting elements causing big problems.“ Systems Thinking beschäftigt sich mit sehr multidimensionalen, oftmals globalen Problemstellungen und Ökosystemen und betrachtet diese ganzheitlich. (z.B. Global Warming). Das Zusammenspiel vieler Faktoren und deren Abhängigkeiten werden hier betrachtet. Sogenannte Nebenwirkungen einer potenziellen Lösung werden erörtert und die langfristigen Auswirkungen, die eine Lösung haben kann, in Betracht gezogen. Wie auch im Design Thinking ist es das Ziel, im Systems Thinking die Situation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und mögliche Lösungsansätze durch Iterationen zu prüfen und anzupassen. Im Gegensatz zum Design Thinking stellt Systems Thinking jedoch nicht den Nutzer und seine Bedürfnisse in den Vordergrund, sondern fragt danach, wie Elemente des Systems verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Eine Kombination aus beiden Herangehensweisen kann jedoch nützlich sein, z.B. bei sehr komplexen Interaktionen zwischen Nutzern und Systemen. Auch wenn nach vielen Design Thinking-Iterationen noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden wurde, kann ein Systems Thinking-Ansatz helfen, die gesamte Situation besser zu verstehen und Zusammenhänge zu visualisieren. 4.2.4 Service Design Service Design ist sehr eng mit den Design Thinking verwandt, beschränkt sich jedoch auf den Prozess der Entwicklung von Dienstleistungen. Auch im Service <?page no="137"?> 138 4 Design Thinking und andere agile Methoden Design werden in verschiedenen Phasen empirische Methoden angewandt, um nutzerzentrierte Ergebnisse zu erhalten, die im Folgenden eine Grundlage für die Weiterentwicklung der Dienstleistung bieten. Ein Service Design Sprint gliedert sich in der Regel in fünf Phasen:  Forschungsphase.  Problemidentifikation  Ideenfindung und -auswahl  Prototyping und Entwicklung  Implementierung Seit den 1990er Jahren wird Service Thinking auch an deutschen Hochschulen gelehrt. Das Wachstumspotenzial von Dienstleistungen im Vergleich zu Produkten ist den letzten Jahren stark angestiegen, nichtsdestotrotz wird in Deutschland weitaus mehr in die Produktentwicklung als in die Entwicklung von Dienstleistungen investiert. Voraussichtlich werden der Dienstleistungsbereich und somit auch Methoden wie Service Design immer mehr an Wert gewinnen. 4.2.5 Lean StartUp Wie in der Betriebswirtschaftslehre gelernt, benötigt man eine Strategie, die auf lange Sicht den Weg ebnet. Eine Strategie ist ein Output, der durch viele Überlegungen über die richtige Vorgehensweise zustande kommt. Für ein agiles Projekt, welches in vielen Fällen ein neues Produkt dem Markt zur Verfügung stellt, bietet sich durchaus die Methode „Lean StartUp“ an. Lean Start- Up ist eine Strategie, wie ein Produkt auf den Markt „released“ wird. Hierbei geht <?page no="138"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 139 es vor allem darum, ein Produkt nicht über das „Big Bang“-Prinzip, also ein über eine lange Zeit entwickeltes Produkt auf den Markt zu bringen, sondern vielmehr darum, eine Produktvision in ein kleinstes anzunehmendes Produkt zu verändern. Dieses kleinste anzunehmende Produkt nennt sich in der Lean StartUp-Welt Minimal Viable Product (MVP). Durch den Release eines MVPs schafft man es, schnell Feedback des Marktes beziehungsweise des Kunden zu erhalten. Dieses hilft, die weiteren Produkt-Features zu priorisieren und auf Basis dessen dann die weiteren Versionen zu erstellen. Die Methode Lean StartUp wurde ursprünglich für Startups entwickelt, welche durch diese Vorgehensweise schnell erfolgreich werden können. Sie eignet sich jedoch in vielen weiteren Bereichen von agil-gemanagten Projekten. Die Methode umfasst im Grunde vier umfangreiche Regelwerke. Man kann es auch als „Motto“ für ein Projekt sehen. Diese sind: Erschaffe, messe, lerne Hierbei geht es darum, dass nach der zyklischen Produktentwicklung Zeit investiert werden sollte, um das Erschaffene zu testen, es zu messen und aus den gemessenen Daten zu lernen. Amazon und weitere große Technik-Riesen können das fantastisch. Sie schalten zwei Arten von Funktionalität live. Die eine bewirkt das Eine; die andere Funktionalität das Andere. Das Interessante? User-Kreis A bekommt Funktionalität 1 und User-Kreis B erhält Funktionalität 2, ohne dass das jemals jemand erkennt. <?page no="139"?> 140 4 Design Thinking und andere agile Methoden Ziel ist es herauszufinden, welche der beiden Funktionalitäten besser beim User ankommen. Dieses Vorgehen nennt sich A/ B-Testing und hat einen sehr hohen Impact auf das weitere Projekt. MVP Wie bereits oben beschrieben sollte das MVP immer das erste Inkrement eines jeden Projekts sein. Schlank und mit Grundfunktionalität ist ein GoLive deutlich schneller zu vollziehen als mit großen umfangreichen Features. Das, was man dann von den Kunden lernt, ist ungemein wichtig fu ̈ r das Folgeprojekt. Fail Fast Wie oben beschrieben kann die Denkweise „Fail Fast“ dazu führen, dass ein Projekt sehr schlank gestartet wird und durch das Ausprobieren von „Trial and Error“ sehr schnell erkannt wird, ob und wenn ja, was der richtige Weg ist. Fail Fast bedeutet: Scheitere. Scheitere auch oft. Aber scheitere schnell! Denn nichts ist schmerzhafter als die Erkenntnis, viel Geld in die Entwicklung von Produkten gesteckt zu haben, die am Ende nicht „fliegen“ werden. Verbessere das Lernen Durch ständige Retrospektiven und den Kaizen-Ansatz wird das Lernen zu einem elementaren Bestandteil eines Projekts. Kaizen ist ein japanisches Sprichwort und bedeutet so viel wie „immer nach dem nächsthöheren Ast greifen“. Das sollte stets Motto im Projekt sein. Durch verschiedene Arten von Wissenstransfers kann man ferner sicherstellen, dass auch das Lernen sich stets verbessert. <?page no="140"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 141 Abbildung 34: Lean Startup 4.2.6 PRINCE 2 Agile Anders als das klassische PRINCE 2-Framework ist PRINCE2 Agile kein eigenes Framework. Vielmehr ist es eine Art Toolbox, um in einem Projekt herauszufinden, wie klassische und agile Arbeitsweise zusammenpassen und welche Techniken und Tools aus beiden Welten es gibt. Dass Agilität immer wichtiger wird, haben nicht zuletzt auch die offiziellen Rechte-Inhaber von PRINCE2 bemerkt, weshalb sie sich mit Agilitätsexperten zusammengetan haben, um dieses Framework zu generieren. Festzustellen ist, dass auch diese Variante von PRINCE2 keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Vielmehr geht es darum, dem Anwender eine Vorstel- <?page no="141"?> 142 4 Design Thinking und andere agile Methoden lung davon zu vermitteln, in welchen Ausprägungen die agile Anpassung dieser Weltmethodik PRINCE2 möglich und vielleicht sogar nötig ist, um erfolgreiche (agile beziehungsweise hybride) Projekte im aktuellen Zeitalter zu managen. PRINCE 2 besteht aus vier integrierten Bausteinen:  7 Grundprinzipien - Fortlaufende geschäftliche Rechtfertigung - Lernen aus Erfahrung - Definierte Rollen und Verantwortlichkeiten - Steuern über Managementphasen - Steuern nach dem Ausnahmeprinzip - Produktorientierung - Anpassung an die Projektumgebung  7 Themen - Business Case - Organisation - Qualität - Pläne - Risiko - Änderungen - Fortschritt <?page no="142"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 143  7 Prozesse - Vorbereiten eines Projekts - Starting up a project - Lenken eines Projekts - Directing a project - Initiieren eines Projekts - Initiating a project - Managen eines Phasenu ̈ bergangs - Managing a stage boundary - Steuern einer Phase - Controlling a stage - Managen der Produktlieferung - Managing product delivery - Abschließen eines Projekts - Closing a project und  Anpassung an die Projektumgebung Als Tailoring Guidance des bestehenden PRINCE2-Frameworks werden diese Bausteine im PRINCE2 Agile angepasst. Dies geschieht in PRINCE2 Agile vor allem durch:  die Vereinfachung der Methodik: Oft wurde innerhalb der PRINCE2-Methodik deren umfangreiche Ausprägung kritisiert. Zwar ist eine umfangreiche Methode essentiell, um eine generische Anwendung gewährleisten zu können, jedoch ist die generische Verwendung einer Methode in einer Anpassungsform wie dieser hier nicht mehr derartig notwendig. Die Vereinfachung geschieht z. B. mit der Vereinfachung von Techniken und Praktiken.  die Formalisierung beziehungsweise Informalisierung: Eine weitere Form der Anpassung ist, Meetings zur formalisieren beziehungsweise sie zu informalisieren. Zugegeben, eine Informalisierung ist in einer agilen Ausprägung <?page no="143"?> 144 4 Design Thinking und andere agile Methoden natu ̈ rlich häufiger in Anwendung, als die Meetings noch formeller zu gestalten. Dies geschieht z.B. dadurch, dass Meetings im Stehen bei einer Tasse Kaffee abgehalten werden, oder das gesamte Team auf Kosten der Firma gemeinsam zu Mittag isst.  die Umgestaltung von Formaten: Berichte, Tabellen usw. werden in ihrer Darstellung verändert.  die Zusammenfu ̈ hrung / Splittung: Es werden z.B. viele einzelne Berichte in einem großen Bericht zusammengefu ̈ hrt. Ziel ist es, hierdurch die Kommunikation noch adressatengerechter aufzuteilen und Unterlagen zu entschlacken.  das Renaming: Da PRINCE2 eine vordefinierte Art von Wörtern innerhalb der Terminologie aufweist, stoßen viele Organisationen mit ihrem „Slang“ entgegen. Daher hat es sich bewährt, gewisse Begrifflichkeiten auf die Organisation hin anzupassen, um am Ende auch politischen Gegebenheiten auszuweichen. PRINCE2 Agile ist also eine Form der Weiterentwicklung der bestehenden PRINCE2-Methodik; eine Anpassung für die agile Welt des Projektmanagements. PRINCE2 lebt davon, sich an die Bedürfnisse der jeweiligen Projekte anzupassen. So auch an die Welt agiler Projekte. 4.2.7 Extreme Programming „Extreme Programming“ ist eine agile Vorgehensweise in der Softwareentwicklung. Risiken der klassischen Wasserfallmodelle, wie mangelnde Qualität sowie Termin- und Budgetüberschreitung beziehungsweise Kosten für Änderungen <?page no="144"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 145 nach der Entwicklungsphase, konnten durch Extreme Programming (XP) weitgehend reduziert werden. Extreme Programming wird vor allem bei kleinen bis mittleren Teams eingesetzt, deren Requirements Engineering (Anforderungen) noch nicht klar sind und wenn Änderungen schwer zu vermeiden beziehungsweise schwer vorhersehbar sind. Kurze Entwicklungszyklen, kontinuierliches Feedback von Stakeholdern und ständige Anpassung sind auch hier Schlüssel. Des Weiteren ist das Pair Programming (Programmieren in Paaren) ein zentrales Element. Hierbei nutzen zwei Programmierer eine Tastatur und einen Monitor. Während ein Partner programmiert, liest der andere Korrektur und gibt Feedback. Die Rollen wechseln häufig. Wenn die Zusammenarbeit im Paar gut klappt, hat diese Methode eine weitaus geringere Fehlerquote. Die Programmierer haben zudem ein größeres Vertrauen in das Programm und sind schneller fertig. Das Programmieren wird durch User Stories getrieben. Diese werden automatisch getestet, d.h. jede Story durchläuft mindestens einen Testfall, bevor ein Feature implementiert wird. Die Testfälle werden vor dem Programmieren geschrieben. Auch die Kombination von Extreme Programming und Design Thinking kann durchaus Sinn machen, wenn es sich um Software Projekte handelt. Nach dem Design-Thinking-Prozess, wenn wir bereits User Stories erstellt haben und erste Prototypen getestet wurden, kann im Implementierungsprozess die tatsächliche Software durch Extreme Programming entwickelt werden. Das Team sollte jedoch aus maximal 12 Personen bestehen, und die Programmierer sollten bereits eine gewisse Erfahrung mitbringen. <?page no="145"?> 146 4 Design Thinking und andere agile Methoden Abbildung 33: Extreme Programming <?page no="146"?> 4.2 Design Thinking Sprint / Google Sprint 147 4.2.8 Fazit Wir hoffen, dieses Buch konnte euch einen guten Einblick in die Theorie sowie die Praxis des Design Thinking und der Welt der Agilität geben. Um Design Thinking erfolgreich anzuwenden, empfehlen wir dir, so schnell wie möglich in kleinen Schritten loszulegen und mit den verschiedenen Methoden zu experimentieren. Wir sind uns sicher, dass du und dein Team von so manchen Ergebnissen überrascht sein werdet. Wir wünschen dir viel Spaß und viel Erfolg, Roman Simschek Fabian Kaiser <?page no="148"?> Glossar Abhängigkeiten Beziehungen zwischen Aktivitäten oder Produkten, die Inhalt eines Plans sind. Man unterscheidet externe und interne Abhängigkeiten. Letztere können vom Projektmanager kontrolliert werden, erstere nicht. Agile Methoden Methoden für flexibles Projektmanagement, die Iterationen mit kurzem Zeitrahmen präferieren, in denen die Produkte schrittweise erstellt werden. Auch Design Thinking zählt zu den agilen Methoden und ist mit vielen anderen Rahmenwerken kompatibel. Clustern Beim Clustern werden verschiedene Aspekte eines Projekts oder Ergebnisse einer Design Thinking-Aufgabe mit ähnlichen Eigenschaften gebündelt und in Themengebiete zusammengefasst. Dot Voting Beim Dot Voting können Teilnehmer durch Punktevergabe (z.B. mit Hilfe von Klebepunkten) Favoriten wählen. In der Regel stehen jedem Teilnehmer 3-5 Punkte zur Verfügung, die beliebig vergeben werden können. <?page no="149"?> 150 Glossar Elevator Pitch Methode für eine knappe Zusammenfassung eines Konzeptes oder einer Idee, die während der Dauer eines Aufzugaufenthalts vermittelt werden kann. Empirie Die Empirie besagt, dass Wissen auf Erfahrung und Erkenntnissen basiert, und dass Entscheidungen auf der Basis von diesem bestehenden Wissen erfolgen. Extreme Programming Methode, die das Lösen einer Programmieraufgabe in den Vordergrund der Softwareentwicklung stellt, unter anderem mit Hilfe von Iterationen, Kundenfeedback und Paarprogrammierung Fake Door Entwickelter getäuschter Zugang zu einem Produkt, welches noch nicht existiert, um die potenzielle Nachfrage zu testen Google Sprint Fünftägiger Prozess, während dessen jeden Tag eine Design-Thinking-Phase abgeschlossen wird. Ziel ist es, ein Produkt oder eine Dienstleistung oder deren Optimierung innerhalb einer Arbeitswoche zu realisieren. Dieses wird anhand eines visuellen Konzeptes für die Benutzerführung präsentiert. <?page no="150"?> Glossar 151 Inkrement Teilprodukt, im SCRUM ein potenziell lieferfähiges Ergebnis eines Sprints. Kaizen Aus Japan stammendes, auf einer Philosophie der ewigen Veränderung beruhendes Konzept der Unternehmensführung. Es besteht darin, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang zu halten. Es ist auch unter dem Begriff Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) bekannt. Die zentralen Grundlagen des Kaizen sind Prozessorientierung, Kundenorientierung, Qualitätsorientierung, Kritikorientierung und Standardisierung. Kanban Eine Methode zur Fortschrittsmessung z.B. innerhalb eines SCRUM-Projekts. Klickdummy Interaktiver Prototyp eines anvisierten Produktes, z.B. in Form einer App, Webseite oder Software. Diese werden oftmals mit Hilfe von online Programmen erstellt. Lean StartUp Eine Methode zum schlanken Aufbau von Organisationen, auch von Projektorganisationen. <?page no="151"?> 152 Glossar Lösungsraum Phasen 4 - 6 im Design-Thinking-Prozess, während denen das Team Lösungen entwickelt. Minimal Viable Product (MVP) Ein Begriff aus der Methode „Lean StartUp“. Das MVP gilt innerhalb eines Projekts als die kleinstanzunehmende Produktfertigung, um die Grundfunktionalität des Produkts im Markt zu testen. Man könnte es in der SCRUM-Welt auch als erstes Inkrement bezeichnen, auf dessen Basis dann alle weiteren Features entwickelt und released werden. Mockup Mockups werden auf der Grundlage eines Wireframes erstellt und sind daher detaillierter. Ziel ist es, so genau wie möglich Benutzerführung und Design der zu entwickelnden Software, App oder Webseite abzubilden, ohne Zeit in die eigentliche Programmierung zu stecken. Mockups werden dazu genutzt, Nutzerfeedback einzuholen, bevor das Entwicklungsteam zu programmieren beginnt. Persona Personas sind Nutzertypen, die Personen einer Zielgruppe ihren Verhaltensweisen und Charakteristiken nach kategorisieren. Sie unterstützen das Design- Thinking-Team aufgrund der umfangreichen Beschreibung, sich in die Lage der potenziellen Nutzer zu versetzen und seinen Standpunkt während des Prozesses vertreten zu können. <?page no="152"?> Glossar 153 Personas werden mit Namen, Bild, Funktion, Werdegang und Privatleben versehen. Sie haben Bedürfnisse, Hindernisse, Ziele und Verhaltensweisen. PRINCE2 Framework für effizientes Projektmanagement. Steht für „PRojects IN Controlled Environments“. PRINCE 2 Agile PRINCE2 Agile ist eine Ergänzung zu PRINCE2 und zeigt, wie agile Konzepte in PRINCE2-Projekte einfließen können. PRINCE2 Agile baut auf den PRINCE2-Prinzipien auf und ergänzt diese um agile Prinzipien. PRINCE2 Agile kombiniert so die Vorteile von PRINCE2 und Agilität. Problemraum Phasen 1- 3 im Design-Thinking-Prozess, während denen sich das Team mit der Problemhypothese beschäftigt. Prozess Strukturierte Abfolge von Aktivitäten, die einen definierten Input in einen definierten Output verwandelt. Rapid Prototyping Oberbegriff für verschiedene Verfahren, die das Ziel haben, vorhandene Daten möglichst ohne hohe Kosten und lange Produktionszeiten schnell in Prototypen umzusetzen. <?page no="153"?> 154 Glossar Release Ein Bu ̈ ndel zusammengehöriger Produkte, die eine Einheit bilden und auch als solche getestet, übergeben und implementiert werden. Beim Release wird dieses Bündel auf dem Markt getestet. SCRUM Eine agile Methode zum operationalisierten Ablauf innerhalb eines Projekts. Semantische Analyse Bei der semantischen Analyse handelt es sich um eine Analyseform, die der Sprachwissenschaft entstammt. Hierbei wird der Bedeutungsgehalt eines Wortes analysiert. Im SEO-Bereich gewinnt die semantische Analyse zunehmend an Bedeutung, denn durch die semantische Analyse kommt es zu einer Verbesserung der Suchdienste. Im Design Thinking ist die semantische Analyse wichtig, um ein gleiches Verständnis der Problemstellung zu erhalten. Service Design Eine Innovationsmanagementmethode ähnlich dem Design Thinking, die sich auf die Entwicklung von Dienstleistungen konzentriert. Sponsor Entspricht in der Regel dem Auftraggeber. <?page no="154"?> Glossar 155 Stakeholder Verschiedene Personen oder Gruppen, die unterschiedliche Interessen bezüglich des Projekts haben. Stakeholder Matrix Darstellungsweise, um Stakeholder basierend auf ihrem Einfluss und ihrem Interesse visuell auf einem Graphen zu platzieren. Systems Thinking Denkweise, die sich mit Vernetztheit, Ganzheitlichkeit, Selbstorganisation und Nichtlinearität beschäftigt und komplexe Systeme anhand von System Mapping darstellt. Timebox Die maximale Zeit, die das Team für die Durchführung einer Veranstaltung, einer Methode oder einer Aufgabenstellung nutzen darf. Total Cost of Ownership Summe aller anfallenden Kosten, die bei Investitionen im Voraus identifiziert werden können. Die TCO zeigt bei der Produktentwicklung auf, welche direkten und indirekten Kosten über einen längeren Zeitraum voraussichtlich anfallen werden, um das Produkt zu entwickeln, zu warten und zu optimieren. <?page no="155"?> 156 Glossar User Journey Map Visuelle Darstellung der Interaktion eines Kunden mit einem Unternehmen, einem Produkt, einer Dienstleistung oder der Tätigung eines Kaufs. User Story Technik zur einfachen Erfassung der Anforderung des Verwenders des Projekt- Endprodukts. Ich als >User< möchte >Ziel< um >Nutzen<. Wasserfallmodell Methode zum Projektmanagement, die einen klaren und linearen Ablaufplan hat. Es gibt aufeinanderfolgende Phasen, bei der eine Phase erst beginnt, nachdem die vorherige abgeschlossen wurde. Wireframe Vereinfachter Darstellungsentwurf einer Website oder App, der verwendet wird, um die Positionierung und Größe der Elemente darzustellen. Ein Wireframe beinhaltet Die wichtigsten Inhalte (was? ), einen Layout-Entwurf der Inhalte (wo? ) sowie die Navigation und Benutzerschnittstelle (wie? ). <?page no="156"?> Informationsquellen und Literatur Das Design Thinking Playbook: Mit traditionellen, aktuellen und zukünftigen Erfolgsfaktoren. Taschenbuch von Michael Lewrick, Patrick Link, Larry Leifer, Nadia Langensand, 2018, Vahlen Design Thinking: Radikale Innovationen in einer digitalisierten Welt. Michael Lewrick, 2018, C.H.Beck Sprint: Wie man in nur fünf Tagen neue Ideen testet und Probleme löst. Jack Knapp, 2016, Redline-Verlag Change by Design, Revised and Updated: How Design Thinking Transforms Organizations and Inspires Innovation. Tim Brown, 2019, HarperBusiness Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen. Eric Ries, 2018, Redline-Verlag PRINCE2 Die Erfolgsmethode einfach erklärt. Fabian Kaiser, Roman Simschek, 2019, UKV-Verlag SCRUM Das Erfolgsphänomen einfach erklärt. Roman Simschek, Fabian Kaiser, 2018, UKV-Verlag Design Thinking im Unternehmen: Ein Workbook für die Einführung von Design Thinking. Ingrid Gerstbach, 2016, GABAL Digital Innovation Playbook. Das unverzichtbare Arbeitsbuch für Gründer, Macher und Manager. Dark Horse Innovations, 2016, Murmann Publishers <?page no="157"?> 158 Informationsquellen und Literatur Management Y: Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation. Ulf Brandes, Patrik Gemmer, 2014, Campus-Verlag Holacracy: Ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt. Brian J. Robertson, 2016, Vahlen 77 Tools für Design Thinker: Insider-Tipps aus der Design-Thinking-Praxis. Ingrid Gerstbach, 2017, GABAL Scrum: The Art of Doing Twice the Work in Half the Time. Jeff Sutherland, J.J. Sutherland, 2014, Currency Designing for Growth: A Design Thinking Tool Kit for Managers. Jeanne Liedtka, Tim Ogilvie, 2011, Columbia University Press This Is Service Design Thinking. Basics - Tools - Cases. Marc Stickdorn, Jakob Schneider, BIS Publishers, 2011, Amsterdam Online-Quellen Havard Business Review, Why Design Thinking Works, Jeanne Liedtka https: / / hbr.org/ 2018/ 09/ why-design-thinking-works, Sept-Oct 2018 Issue McKinsey Digital The Power of Design Thinking https: / / www.mckinsey.com/ business-functions/ digital-mckinsey/ our-insights/ the-power-of-design-thinking March 2016 <?page no="158"?> Informationsquellen und Literatur 159 Parts Without a Whole? : The Current State of Design Thinking Practice in Organizations, Jan Schmiedgen, Holger Rhinow, Eva Ko ̈ ppen, Christoph Meinel, Universita ̈ tsverlag Potsdam, https: / / idw-online.de/ de/ attachmentdata45603.pdf, 2015 15 Mind-Blowing Stats About Design Thinking, Giselle Abramovich, https: / / www.cmo.com/ features/ articles/ 2017/ 8/ 4/ 15-mind-blowing-stats-aboutdesign-led-businesses.html October 2, 2017 How to calculate Communication Channels, Saket Bansal, iZenBridge, https: / / www.izenbridge.com/ blog/ how-to-calculate-communication-channels/ 2014 Die sechs Schritte im Design Thinking Innovationsprozess, Hasso Plattner Institut, https: / / hpi.de/ school-of-design-thinking/ design-thinking/ hintergrund/ designthinking-prozess.html Drei Methoden zum Erlernen einer agilen, kundenzentrierten Denkweise, Andre Häusling, Haufe, https: / / www.haufe.de/ personal/ hr-management/ agilitaet-me thoden-zur-identifizierug-von-kundenwuenschen_80_386208.html 2016 Taking Real-Life Seriously: An Approach to Decomposing Context Beyond “Environment” in Living Labs, Lynn Coorevits, An Jacobs, Technical Innovation Management Review https: / / timreview.ca/ article/ 1047, 2017 Verfahren des Rapid Prototyping - Möglichkeiten und Grenzen, J. Hoffmann, https: / / tu-dresden.de/ ing/ maschinenwesen/ if/ ff/ ressourcen/ dateien/ pazat/ forschung/ for_ber_pdf_html/ lit_98_html/ hoff-983.pdf? lang=en Von Google lernen: So funktionieren Design-Sprints, t3n, https: / / t3n.de/ news/ google-product-design-sprints-557076/ , 2014 <?page no="159"?> 160 Informationsquellen und Literatur How Many Test Users in a Usability Study? , Jakob Nielsen, https: / / www.nngroup.com/ articles/ how-many-test-users/ , 2012 Extreme Programming, https: / / www.st.cs.uni-saarland.de/ edu/ lehrer/ xp.pdf Wann fangen Sie an, ein System Thinker zu werden? , Peter Addor, https: / / www.anchor.ch/ denkmuster/ wann-fangen-sie-an-ein-system-thinker-zuwerden/ , 2017 A Definition of Systems Thinking: A Systems Approach, Ross D. Arnold, Jon P. Wade, ScienceDirect, https: / / reader.elsevier.com/ reader/ sd/ pii/ S1877050915002860? token=B4D887A 4A26CF1F16B52896CE5E691467376FD9CD9105EE9AD6A4E57E2E71049A9C66A 450E2F80ED313387610B4B974E, 2015 <?page no="160"?> Abbildungsverzeichnis 1. Design Thinking Grundpfeiler 2. Kommunikationskanäle in Teams 3. Design-Thinking-Prozess 4. Design-Thinking-Prozess Anfang 5. Design-Thinking-Prozess Phase 1 6. Sweet und Sour Spot Methode 7. User Journey Map 1 8. User Journey Map 2 9. Design-Thinking-Prozess Phase 2 10. Interviewauswertung 11. Design-Thinking-Prozess Phase 3 12. Persona Template 13. Design-Thinking-Prozess Phase 4 14. Fuzzy Process by Newman 15. 6-3-5 Methode 16. Design-Thinking-Prozess Phase 5 17. Wireframe 18. Design-Thinking-Prozess Phase 6 19. Experiment Board 20. Iterationen <?page no="161"?> 162 Abbildungsverzeichnis 21. Business Model Canvas 22. Lean Canvas 23. Stakeholder Matrix 24. Time Timer 25. Post-It 26. Agile Manifesto 27. Google Sprint 28. SCRUM-Prozess 29. Analoges Kanban Board 30. Digitales Kanban Board 31. Lean Startup 32. Extreme Programming Modell <?page no="162"?> Stichwortverzeichnis 2x2-Matrix 61 3D-Prototypen 84 6-3-5-Methode 73 80/ 20 51 Agiles Manifest 124 Agilität 122 Analyse, semantische 38 Bauhaus 19 Bedürfnis vs. Hürde 61 Beobachten 46 Build on Ideas of Others 73 Business Model Canvas 97 Challenge Abschluss-Workshop 91 Checklisten 115 Close the Retrospective (Abschluss) 109 Crazy 8 72 Define Action (Lösungen definieren) 108 Design Thinking Challenge 69 Grundpfeiler 21 Leiter 27 Phasen 28 Prinzipien 23 Rahmenbedingungen 24 Sprint / Google Sprint 126 Team 25 Teamgröße 26 Ursprung 19 die 5-Whys 50 direkte Auswertung 57 Dot Voting 60 Erschaffe, messe, lerne 139 Evaluierungs-Workshop 88 Experiment Board 87 <?page no="163"?> 164 Stichwortverzeichnis Extreme Nutzer 68 Extreme Programming 144 Fail Fast 140 Fokusgruppen 56 Gather Data (Informationen sammeln) 106 Generate Insights (Einsichten finden) 108 Geschichten des Scheiterns 86 Grundpfeiler 21 Ideen finden 71 Interview Synthese 59 Interview-Arten 55 Interviews, tiefergehende 57 Interview-Struktur 52 Interviewtechniken 49 Iterationen 89 Kanban 133 Kick-off-Workshop 33, 70 Klickdummies 80 Landing Pages 82 Länge und Anzahl der Interviews 54 Lean Canvas 99 Lean StartUp 138 Mockups 80 MVP 140 Nutzer, extreme 68 nützliches Material 113 Offene Fragen 49 Personas 64 Post-Its 111 PRINCE 2 Agile 141 Prinzipien 23 Programming, Extreme - 144 Prototypen 3D- 84 entwickeln 78 Video-~ 83 <?page no="164"?> Stichwortverzeichnis 165 Rahmenbedingungen 24 Retrospektiven 104 SCAMPER 75 SCRUM 128 semantische Analyse 38 Service Design 137 Set the Stage (Einleitung) 105 Stakeholder-Matrix 101 Standpunkt generieren 63 Stilles Beobachten / Fly on the Wall 47 Straßeninterviews 55 Sweet-und-Sour-Spot-Methode 39 Systems Thinking 136 Team 25 Teamgröße 26 tiefergehende Interviews 57 Timebox 110 Tools 110 User Journey Map 41 Value Chain 45 Videoprototypen 83 Vorbereitung 48 Walt-Disney-Methode 76 Wireframes 80 Workshop, Evaluierungs-~ 88 <?page no="165"?> Dieses Buch gibt einen hervorragenden Überblick über ein Thema, das aus der gegenwärtigen Welt des agilen Projektmanagements nicht mehr wegzudenken ist: Design Thinking ist eine Sammlung von Werkzeugen, Methoden und Grundsätzen, welche Teams unterstützen, Lösungen zu komplexen Fragestellungen zu erarbeiten. Die Anwendung aus Sicht des Nutzers steht dabei immer im Vordergrund. Design Thinking weist sehr viele Schnittmengen mit Agilität auf und bietet daher eine ideale Ergänzung zu modernen Projektmanagementmethoden wie SCRUM. Das Buch richtet sich nicht nur an kreative Mitarbeiter in Startups, die auf Innovation setzen wollen und müssen. Es bietet auch etablierten Unternehmen, die eine frische Sicht auf die Optimierung ihrer Produkte und Dienstleistungen werfen möchten, ein effektives Toolset, um Kreativität und ein agiles Mindset zu fördern. ISBN 978-3-7398-3010-0 www.uvk.de Simschek / Kaiser DESIGN THINKING Roman Simschek, Fabian Kaiser Innovation erfolgreich umsetzen DESIGN THINKING 53010_Simschek_Kaiser_Umschlag.indd Alle Seiten 26.09.2019 10: 22: 39