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Kostenrechnung für Arztpraxen

Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele

0928
2020
978-3-7398-8067-9
978-3-7398-3067-4
UVK Verlag 
Frank Daumann
Lev Esipovich

Gesundheitsreformen, Fachkräftemangel sowie der demographische Wandel stellen Arztpraxen vor zahlreiche Herausforderungen. Der steigende Kostendruck, insbesondere durch Honoraranpassungen und Budgetierungen, verschärft diese Situation. Dennoch können sich Arztpraxen erfolgreich behaupten, sofern sie betriebswirtschaftliche Methoden konsequent anwenden. Frank Daumann und Lev Esipovich bieten hierfür das notwendige Handwerkszeug: Sie vermitteln praxisnah und leicht verständlich die Grundlagen der Kostenrechnung und zeigen die Charaktieritika der Voll- und Teilkostenrechnung auf. Zahlreiche Abbildungen und Fallbeispiele helfen beim Verständnis. Durch Kontrollfragen lässt sich das Erlernte auf einfache Art und Weise festigen. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studium und Praxis.

<?page no="0"?> Frank Daumann, Lev Esipovich Kostenrechnung für Arztpraxen Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele <?page no="1"?> Frank Daumann | Lev Esipovich Kostenrechnung für Arztpraxen Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele <?page no="2"?> Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. <?page no="3"?> Frank Daumann | Lev Esipovich Kostenrechnung für Arztpraxen Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele UVK Verlag · München <?page no="4"?> Einbandmotiv: iStockphoto, © ronstik Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 1. Auflage 2020 © UVK Verlag 2020 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3067-4 (Print) ISBN 978-3-7398-8067-9 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0019-6 (ePub) <?page no="5"?> Vorwort Der steigende Druck zur Wirtschaftlichkeit macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt. Nicht nur Krankenhäuser, sondern auch niedergelassene Ärzte sind daher zunehmend gezwungen, betriebswirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Eine wesentliche Voraussetzung, dies leisten zu können, ist jedoch die Kenntnis der relevanten Informationen. Ein in diesem Zusammenhang elementares Instrument stellt die Kostenrechnung dar: Sie bildet zum einen ab, wo und in welcher Höhe Kosten im Betrieb entstanden sind, und zum anderen hilft sie die Frage zu beantworten, ob die Kosten in ihrer Höhe auch angemessen sind. Die Kostenrechnung liefert also unabdingbare Informationen. Der klassische Anwendungsbereich dieses betriebswirtschaftlichen Werkzeuges ist der Industriebetrieb mit seinem Fokus auf die Produktion von Sachgütern. Nun weist die Arztpraxis insbesondere aufgrund des Fokus auf die Erstellung von Dienstleistungen, die zudem häufig im Komplex erbracht werden, und der vorzufindenden Entlohnungsformen erhebliche Unterschiede zu einem klassischen industriellen Produktionsbetrieb auf. Somit ist es erforderlich, die Kostenrechnung auf die Charakteristika der Arztpraxis zu adaptieren. Dies sind die Gründe, weswegen wir uns entschlossen haben, dieses Lehrbuch zu verfassen. Es soll zum einen die Kostenrechnung im Rechnungswesen verorten und die Grundlagen der Kostenrechnung vermitteln. Zum anderen soll es aufzeigen, wie eine Kostenrechnung vor dem Hintergrund der charakteristischen Merkmale einer Arztpraxis eben dort aufgebaut und durchgeführt werden kann. Zur Entstehung dieses Buchs hat insbesondere Frau Aylin Faber, M. sc., beigetragen. Ihr gebührt unser Dank. Zudem sei besonders Herrn Dr. med. Hansjörg Keller für die zahlreichen Anregungen und Diskussionen gedankt. Ein herzliches Dankeschön gilt den Teilnehmern der vielen Kurse des MBA- Studiengangs Health Care Management an der Universität Bayreuth, die durch ihre Wissbegierde und durch rege Diskussionen dieses Buches maßgeblich initiiert haben. <?page no="6"?> 6 Vorwort Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen. Jena, im Sommer 2020 Frank Daumann und Lev Esipovich <?page no="7"?> Für Ute, Hugo, Elfried, Ferdinand, Johann Abdul und Rosamarie <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort ....................................................................................................... Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 13 Tabellenverzeichnis .................................................................................... 15 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 17 1 Einführung .....................................................................................19 2 Besonderheiten im deutschen Gesundheitswesen .................21 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis...........................................25 3.1 Arztpraxis - eine betriebswirtschaftliche Annäherung................... 25 3.1.1 Die Arztpraxis als Betrieb....................................................................... 26 3.1.2 Hauptzweck und Zielsetzung ................................................................ 26 3.1.3 Leistungsproduktion und Rolle des Rechnungswesens ................... 27 3.2 Externes und internes Rechnungswesen in der Arztpraxis ............ 30 3.2.1 Externes Rechnungswesen ..................................................................... 31 3.2.2 Internes Rechnungswesen...................................................................... 34 3.3 Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis .......................... 35 3.4 Zusammenfassung des Kapitels ............................................................ 37 Literaturempfehlungen ........................................................................... 39 4 Grundlagen der Kostenrechnung...............................................41 4.1 Begriff und Merkmale der Kostenrechnung ....................................... 41 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung ..................................................... 42 4.2.1 Aufwand und Ertrag ................................................................................ 42 4.2.2 Kosten und Leistungen ........................................................................... 42 4.2.3 Neutraler Aufwand .................................................................................. 44 4.2.4 Zweckaufwand und Grundkosten ........................................................ 44 4.2.5 Kalkulatorische Kosten ........................................................................... 45 <?page no="10"?> 10 Inhaltsverzeichnis 4.2.6 Neutraler Ertrag........................................................................................ 47 4.2.7 Zweckertrag und Grundleistungen ...................................................... 47 4.2.8 Kalkulatorische Leistungen.................................................................... 47 4.3 Gliederung der Kosten ............................................................................ 49 4.3.1 Einzelkosten und Gemeinkosten........................................................... 49 4.3.2 Variable und fixe Kosten ........................................................................ 50 4.4 Kostenfunktion ......................................................................................... 54 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung............................................................. 57 4.5.1 Verursachungsprinzip ............................................................................. 57 4.5.2 Proportionalitätsprinzip.......................................................................... 58 4.5.3 Durchschnittsprinzip ............................................................................... 59 4.5.4 Tragfähigkeitsprinzip .............................................................................. 60 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung ........................................... 61 4.7 Betriebsabrechnungsbogen .................................................................... 63 4.8 Systeme der Kostenrechnung ................................................................ 64 4.8.1 Ist-, Normal- und Plankostenrechnung ............................................... 64 4.8.2 Voll- und Teilkostenrechnung............................................................... 66 4.9 Zusammenfassung des Kapitels ............................................................ 66 Literaturempfehlungen ........................................................................... 68 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis.....................................69 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis.............................................. 69 5.1.1 Kostenerfassung ....................................................................................... 70 5.1.2 Kosteneinteilung nach Kostenarten ..................................................... 71 5.1.2.1 Personalkosten .......................................................................................... 73 5.1.2.2 Werkstoffkosten ....................................................................................... 76 5.1.2.3 Kalkulatorische Kosten ........................................................................... 81 5.1.2.4 Dienstleistungskosten ........................................................................... 103 5.1.3 Aufteilung der Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten ............... 103 5.1.4 Zusammenfassung: Kostenartenrechnung in der Arztpraxis ....... 103 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis ......................................... 104 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis 11 5.2.1 Gliederung von Kostenstellen ............................................................. 105 5.2.2 Ablauf der Kostenstellenrechnung ..................................................... 110 5.2.3 Verfahren zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung ............. 112 5.2.3.1 Kostenschlüssel....................................................................................... 112 5.2.3.2 Anbauverfahren...................................................................................... 114 5.2.3.3 Kostenstellenausgleichsverfahren ...................................................... 119 5.2.4 Zusammenfassung: Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis .... 128 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis .......................................... 130 5.3.1 Kostenträger in der Arztpraxis............................................................ 131 5.3.2 Kostenträgerstückrechnung................................................................. 132 5.3.3 Kostenträgerzeitrechnung .................................................................... 141 5.3.4 Zusammenfassung: Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis ..... 145 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung................................................ 147 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung ............................. 149 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung.......................... 151 Literaturempfehlungen ......................................................................... 171 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis .................................. 172 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung ................................................. 172 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung..... 174 6.2.1 Einstufige Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing) ............... 175 6.2.2 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung .......................................... 180 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis.............................................. 187 6.3.1 Grundlagen der Break-Even-Analyse ................................................ 187 6.3.2 Ansatz der Break-Even-Analyse im Kontext der Arztpraxen ...... 190 6.4 Zusammenfassung des Kapitels .......................................................... 195 Literaturempfehlungen ......................................................................... 171 Quellenverzeichnis.................................................................................... 199 Stichwortverzeichnis ................................................................................. 205 <?page no="13"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Klassische Hauptfinanzierungsarten ................................................... 28 Abb. 2 Grundsystematik der Arztpraxis als Dienstleistungsbetrieb.......... 30 Abb. 3 Bestandteile des Rechnungswesens ..................................................... 31 Abb. 4 Adressaten des externen Rechnungswesens in der Arztpraxis ..... 32 Abb. 5 Adressaten des internen Rechnungswesens in der Arztpraxis. ..... 35 Abb. 6 Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis.......................... 36 Abb. 7 Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten .................................... 43 Abb. 8 Arten von kalkulatorischen Kosten ..................................................... 46 Abb. 9 Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung....................................... 46 Abb. 10 Verhältnis zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten ............................................................................... 51 Abb. 11 Kostenauflösung nach dem mathematischen und statistischen Verfahren ................................................................................................... 52 Abb. 12 Kostenfunktion beim linearen Kostenverlauf.................................... 54 Abb. 13 Schematischer Ablauf der Kostenrechnung. ...................................... 61 Abb. 14 Kostenrechnungssysteme....................................................................... 64 Abb. 15 Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung ...................................... 65 Abb. 16 Ablauf der Kostenartenrechnung ......................................................... 69 Abb. 17 Kostenerfassung ....................................................................................... 71 Abb. 18 Lohnformen............................................................................................... 74 Abb. 19 Abschreibung in der Arztpraxis............................................................ 82 Abb. 20 Abschreibungsmethoden........................................................................ 85 Abb. 21 Graphische Darstellung der Abschreibungsmethoden .................... 88 Abb. 22 Faktoren für die Bestimmung des kalkulatorischen Mischkapitalzinses ................................................................................... 95 Abb. 23 Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten ................ 98 Abb. 24 Kalkulatorische Löhne/ Gehälter in der Arztpraxis ........................ 102 Abb. 25 Typische Aufbauorganisation eines MVZs ...................................... 107 Abb. 26 Allgemeiner Ablauf der Kostenstellenrechnung ............................. 111 Abb. 27 Beziehungen zwischen Vor- und Endkostenstellen. ...................... 116 Abb. 28 Graphische Darstellung des Stufenleiterverfahrens....................... 119 Abb. 29 Formen der Kostenträgerrechnung .................................................... 130 Abb. 30 Kalkulationsverfahren........................................................................... 133 Abb. 31 Ablauf der Gemeinkostenverrechnung auf die Kostenträger in einer Arztpraxis ................................................................................. 137 Abb. 32 Vergleich des Umsatz- und Gesamtkostenverfahrens ................... 142 Abb. 33 Entwicklung der Personalkosten pro Patienten und Jahr ............. 148 <?page no="14"?> 14 Abbildungsverzeichnis Abb. 34 Fixkostenproportionalisierung............................................................ 150 Abb. 35 Prinzipien der Kostenverrechnung bei Teil- und Vollkostenrechnung .................................................................................................. 173 Abb. 36 Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung .............. 174 Abb. 37 Allgemeine Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung ................................................................. 181 Abb. 38 Graphische Darstellung der Break-Even-Analyse .......................... 187 Abb. 39 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis ............................................. 191 <?page no="15"?> Tabellenverzeichnis Tab. 1 Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs ........................................ 43 Tab. 2 Betriebsabrechnungsbogen (BAB). ........................................................ 63 Tab. 3 Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten ....................................... 66 Tab. 4 Gliederung der Kosten.............................................................................. 72 Tab. 5 Vergleich zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung.............................................................................................. 83 Tab. 6 Nutzungsdauer und Abschreibungssatz von Wirtschaftsgütern der Arztpraxis ............................................................................................. 84 Tab. 7 Vergleich linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsart. ...................................................................................... 88 Tab. 8 Aktivseite der Bilanz einer Arztpraxis. ................................................. 92 Tab. 9 Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens. ............................. 94 Tab. 10 Gewerbe-Mietspiegel 2018, Landkreis Meißen sonstige Städte und Gemeinden. ....................................................................................... 100 Tab. 11 Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung. .......................... 109 Tab. 12 Kostenstellengliederung in der Arztpraxis......................................... 110 Tab. 13 Kostenschlüsselkategorien in der Arztpraxis .................................... 113 Tab. 14 Anwendung des Anbauverfahrens in der Arztpraxis. ..................... 118 Tab. 15 Anwendung des Stufenleiterverfahrens in der Arztpraxis ............. 123 Tab. 16 Anwendung des Gleichungsverfahrens in der Arztpraxis.............. 127 Tab. 17 Mögliche Kostenträger in einer Arztpraxis........................................ 131 Tab. 18 Gemeinkostenverrechnung auf Kostenträger. .................................. 138 Tab. 19 Angepasster Betriebsabrechnungsbogen für Arztpraxen. .............. 140 Tab. 20 Praxisergebnisberechnung nach dem Umsatzkostenverfahren. .... 143 Tab. 21 Zeitliche Zuordnung des Personals. .................................................... 153 Tab. 22 Zuordnung der Personalkosten auf die Kostenstellen. .................... 154 Tab. 23 Abschreibungen auf die Praxis- und Laboreinrichtung .................. 156 Tab. 24 Abschreibungen auf die medizinischen Geräte................................. 158 Tab. 25 Kalkulatorische Zinsen auf die Praxis- und Laboreinrichtung ...... 160 Tab. 26 Kalkulatorische Zinsen auf die medizinischen Geräte .................... 162 Tab. 27 Zuordnung der Raumkosten.................................................................. 163 Tab. 28 Zuordnung der sonstigen Kosten. ........................................................ 164 <?page no="16"?> 16 Tabellenverzeichnis Tab. 29 Verteilung der Gemeinkosten. .............................................................. 164 Tab. 30 Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung....... 165 Tab. 31 Aufstellung der Einzelkosten. ............................................................... 167 Tab. 32 Berechnung der Selbstkosten. ............................................................... 167 Tab. 33 Berechnung der Abweichungen. .......................................................... 169 Tab. 34 Fixkostenhierarchien in einer Arztpraxis........................................... 182 <?page no="17"?> Abkürzungsverzeichnis A Aufwand ABM Arbeitsbeschaffungsmaßnahme AfA Absetzung für Abnutzungen AO Abgabenordnung B Basiswert BAB Betriebsabrechnungsbogen BE Betriebsergebnis BEP Break-Even-Point BGB Bürgerliches Gesetzbuch BNK betriebsnotwendiges Kapital BNV betriebsnotwendiges Vermögen D Degressionsbetrag DB Deckungsbeitrag EDV elektronische Datenverarbeitung Eg Ertrag EK Endkostenstelle Es Erlös EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EU Europäische Union EÜR Einnahmen-Überschuss-Rechnung EUR Euro GK Gemeinkosten GKV Gesamtkostenverfahren GMG Gesundheitsmodernisierungsgesetz der gesetzlichen Krankenversicherung HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber IGeL Individuelle Gesundheitsleistungen ILV innerbetriebliche Leistungsverrechnung K Kosten KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung K fix Fixkosten KTr Kostenträger k v variable Kosten (pro Mengeneinheit) K v variable Kosten (gesamt) <?page no="18"?> 18 Abkürzungsverzeichnis KV Kassenärztliche Vereinigung MVZ Medizinisches Versorgungszentrum ND Nutzungsdauer RW Restwert U Umsatz UKV Umsatzkostenverfahren UStG Umsatzsteuergesetz var variabel VK Vorkostenstelle <?page no="19"?> 1 Einführung Die Akteure im ambulanten Sektor des Gesundheitswesens in Deutschland sehen sich mit einer Reihe von Entwicklungen konfrontiert, die für sie erhebliche ökonomische Auswirkungen haben: Zum einen interveniert der Gesetzgeber ständig, um die Ausgaben im Gesundheitswesen einzudämmen, wovon freilich der ambulante Bereich und dessen Honorierung auch nicht verschont bleiben. Zum anderen resultieren aus dem Mangel an Fachkräften erhebliche Herausforderungen. Und schließlich lässt die demographische Entwicklung eine zunehmende Beanspruchung des Leistungsangebots im ambulanten Sektor - und nicht nur dort - erwarten. All diese Entwicklungen verursachen bei den ambulant tätigen Ärzten eine zunehmende Verknappung der finanziellen Mittel und auch anderer Ressourcen. Der daraus resultierende massive Kostendrucks zwingt zum Sparen. Dies bringt jedoch nicht nur negative Aspekte mit sich, sondern kann von Praxisinhabern auch als eine Chance aufgefasst werden, die Wirtschaftlichkeit der Arztpraxis zu erhöhen und damit die Organisation weiterzuentwickeln. Außerdem entspricht die Notwendigkeit der Kostenminimierung den immer stärker werdenden Anforderungen seitens der Eigentümer, Patienten sowie der Krankenkassen nach einem zunehmend bewussten und sparsamen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Um diesen aktuellen Anforderungen gerecht zu werden und die finanzielle Situation zu sichern, benötigen Praxisinhaber neben der medizinischen auch betriebswirtschaftliche Kompetenz - vor allem verlässliche Daten sowohl für die Steuerung der Kosten als auch für die Messung der Effizienz (im Sinne des Kosten-Leistungs-Vergleichs). Solche Daten können dabei mit der nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgebauten Kostenrechnung gewonnen werden. Dieses Führungsinstrument liefert damit die notwendige Datengrundlage zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit einer Arztpraxis. Darüber hinaus kann die Kostenrechnung eine verursachungsgerechte Kalkulation der Leistungsangebote gewährleisten und eine bisher nicht vorhandene Kosten- und Leistungstransparenz gegenüber allen Anspruchsgruppen schaffen. Ausgehend von diesen generellen Aufgaben sollte die Kostenrechnung gegenwärtig und in Zukunft ein zentrales Element des operativen Controllings in jeder Arztpraxis bilden. Trotz ihrer hohen Bedeutung für das Praxismanagement ist die Kostenrechnung in vielen Arztpraxen noch kaum verbreitet. Vielfach begnügen sich <?page no="20"?> 2 1 Einführung Ärzte mit den Informationen, die sie aus der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewinnen können. Befürchtet wird vor allem die damit verbundene Steigerung des Arbeitsaufwandes und der Kosten. Oft fehlen den für das Rechnungswesen verantwortlichen Mitarbeitern, die i. d. R. die Praxisinhaber selbst sind, auch die entsprechenden Kenntnisse. Die Defizite im kostenrechnerischen Wissen können jedoch schwerwiegende Folgen für die Finanz- und Ertragslage einer Praxis haben (z. B. aufgrund falscher Kalkulation des Patientenumsatzes und der damit einhergehenden Terminvergabe). Aber nicht nur in der Praxis, sondern auch in konzeptioneller Hinsicht wird der Kostenrechnung in Arztpraxen teilweise nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Der Fokus der einschlägigen Literatur liegt klassischerweise auf der Industriekostenrechnung. Darüber hinaus wurden einige kostenrechnerische Konzepte in Nonprofit-Organisationen (NPOs) entwickelt (z. B. Fillinger, 1995). Im Fokus von Kostenmanagementansätzen im Gesundheitswesen standen in der Vergangenheit aufgrund der monetären Volumina und damit verbundener Einsparpotentiale in erster Linie Krankenhäuser. Die Notwendigkeit einer Kostenrechnung für Arztpraxen wurde zwar in den 1990er- Jahren erkannt (Frodl, 1996; 2011; 2016; Koch, 2012), jedoch wurden seitdem kaum die Anpassungen von gesundheitspolitischer Seite für ambulante Einrichtungen, wie Arztpraxen und MVZ-Strukturen, berücksichtigt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Kostenrechnung in Arztpraxen aus praktischer Sicht von großer Bedeutung ist, aber aus konzeptioneller Sicht als noch entwicklungsfähig erscheint. Das vorliegende Buch soll daher den Einsatz der Kostenrechnung in Arztpraxen umfangreich und detailliert erläutern. Dabei wird das Konzept der Praxiskostenrechnung Schritt für Schritt entwickelt, sodass der Leser auf diese Weise einen detaillierten Einblick in die kostenrechnerischen Grundlagen sowie spezifischen Instrumente bekommt, die im Praxiskontext angewandt werden können. Somit eignet sich das vorliegende Buch nicht nur für fortgeschrittene, sondern auch für ungeübte Kostenrechner. Darüber hinaus ist es als Lehr- und Übungsbuch konzipiert. Dies bedeutet, dass theoretische Inhalte mit zahlreichen Fallstudien und Aufgaben ergänzt wurden, um das erworbene Wissen an konkreten Beispielen anzuwenden und damit zu festigen. <?page no="21"?> 2 Besonderheiten im deutschen Gesundheitswesen Um das Funktionieren von Arztpraxen zu verstehen, ist zunächst eine Erläuterung des Kontexts, nämlich des deutschen Gesundheitswesens, notwendig. Dieses ist historisch gewachsen und durch zahlreiche Besonderheiten charakterisiert. Bedingt durch den Fokus dieses Lehrbuchs werden in erster Linie die Eigenarten des ambulanten Sektors beschrieben. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 193 Abs. 3 VVG (Gesetz über den Versicherungsvertrag) obliegt jedem Einwohner Deutschlands die Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung, um im Krankheitsfall auf die Funktion der Krankenkassen als Kostenträger zurückgreifen zu können. Im deutschen Gesundheitssystem existieren die gesetzliche und private Krankenversicherung nebeneinander. Die Höhe des Arbeitsentgelts als beitragspflichtige Einnahmen sowie die Art der Tätigkeit, wie beispielsweise Selbstständigkeit, sind ausschlaggebend für die Möglichkeit zum Beitritt in die private Krankenversicherung. Folglich können die gesetzliche und private Krankenversicherung als substituierende Versicherungsträger im Falle von erfüllten Voraussetzungen bezeichnet werden. Sind die Beitrittsvoraussetzungen in die private Krankenversicherung nicht erfüllt, bleibt die Krankenversicherungspflicht für die gesetzliche Krankenversicherung erhalten. Leistungserbringung und -abrechnung gesetzlich versicherter Patienten Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht für Personen, deren beitragspflichtige Einnahmen unter der sog. Versicherungspflichtgrenze bzw. Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen. Diese liegt im Jahr 2020 bei einem monatlichen Bruttoeinkommen aus Arbeitsentgelt oder Rentenzahlungen (§§ 226 und 228 SGV V) in Höhe von 5.212,50 Euro bzw. 62.550 Euro jährlich. In der gesetzlichen Krankenversicherung haben die Versicherten gemäß § 175 SGB V ein allgemeines Kassenwahlrecht. Bei der gewählten Krankenkasse zahlt der Versicherte seinen Anteil an Krankenversicherungsbeiträgen, die sich aus paritätischen Beiträgen für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie möglicherweise einen seit 2015 anfallenden Zusatzbeitrag für den Versicherten zusammensetzen. Im Gegenzug erhält der Versicherte eine Mitgliedbescheinigung wie auch eine elektronische Gesundheitskarte (eGK). Mit Hilfe dieser Karte weist sich der Patient in der Arztpraxis aus. Die medizinische ärztliche Leistung erhält der Patient gemäß dem Sachleistungsprinzip. <?page no="22"?> 22 2 Besonderheiten im deutschen Gesundheitswesen Am Quartalsende übermittelt der Arzt die Abrechnungsdaten an die regional zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV). Nach erfolgreicher Prüfung der Daten wird dem Arzt auf Grundlage der Leistungserbringung das zustehende Arzthonorar für das eingereichte Quartal ausgezahlt. Die Basis der Finanzierung bilden nach §§ 83ff. SGB V Gesamtverträge zwischen den KVen und den Krankenkassenverbänden über die vertragsärztliche Versorgung. Die Gesamtvergütung bemisst sich anhand der folgenden drei Bestandteile: Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV): Diese bemisst sich am Behandlungsbedarf der im KV-Bezirk wohnenden Patienten. Extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV): Diese betrifft Leistungen außerhalb der MGV und inkludiert besonders förderungswürdige Leistungen, wie onkologische Leistungen oder ambulante Operationen, die keiner Mengenbegrenzung unterliegen. Zusätzliche Zahlungen: Diese können im Falle eines nicht vorhersehbaren Behandlungsbedarfs, wie z. B. Epidemien, notwendig werden. Das zu verteilende Honorarvolumen erhält die jeweilige KV von den Gesetzlichen Krankenkassen gemäß dem Wohnortprinzip (§ 85 SGB V): Die Basis hierzu bilden die im KV-Bereich wohnenden Versicherten je Krankenkasse und deren Morbiditätsstruktur. Die sog. Kopfpauschale pro Versicherungsmitglied an die KV erfolgt mit befreiender Wirkung, sodass über diesen Betrag hinaus der Krankenkasse keine weitere Zahlungsverpflichtung obliegt und somit keine Nachforderungen erhoben werden können. Bedingt durch deren Sicherstellungsauftrag für die ambulante medizinische Versorgung fungieren die Kassenärztlichen Vereinigungen als Vermittlerinstitution zwischen den ambulant tätigen Ärzten und den Gesetzlichen Krankenkassenverbänden. In dieser Funktion übernehmen die KVen auch die Verteilung der fach- und hausärztlichen Gesamtvergütung anhand des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) gemäß §§ 84 Abs. 4 und 87b SGB V: Die Berechnung der einzelnen Vergütungsanteile je Praxis bzw. Arzt erfolgt auf Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Der Bewertungsausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes legt hierzu jährlich einen deutschlandweiten Orientierungspunktwert (OPW) fest (§ 81 Abs. 1 SGB V). Dieser stellt die Grundlage der regional geltenden und morbiditätsbedingten Punktwerte in den einzelnen KV-Regionen dar. Die zugrundeliegenden Bewertungszahlen des EBM werden mit dem geltenden Punktwert in Euro-Cent multipliziert, um den Euro-Betrag zu erhalten, der für die erbrachte medizinische Leistung anzusetzen ist. <?page no="23"?> 2 Besonderheiten im deutschen Gesundheitswesen 23 Beispielrechnung : 1) Hausärztliche Versichertenpauschale für einen Patienten zwischen dem 19. und dem vollendeten 54. Lebensjahr: 122 Punkte gem. GOP 03000 des EBM: € € 2) Fachärztliche Versichertenpauschale bei einem Orthopäden für einen Patienten zwischen dem 6. und 59. Lebensjahr: 182 Punkte gem. GOP 18211 des EBM: € € Der nach § 87 Abs. 2e SGB V ermittelte Behandlungsbedarf in den einzelnen KV-Bezirken bildet die Basis für die zu errechnenden arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina (RLV). Die prospektiv verteilten quartalsweisen Honorarvolumina orientieren sich dabei an den tatsächlich erlösten Einzelleistungen in Form von Fallzahlen des Vorjahresquartals. Um eine überproportionale Mengenausweitung, wie sie bis 2008 stattfand, zu vermeiden, existieren seit 2009 Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Auffälligkeiten und Zufallsstichproben sowie prozentuale Abstaffelungen bei Überschreitungen von arztgruppenspezifischen Fallzahlen. Seit dem 01.01.2012 obliegt die Art und Weise der Honorarverteilung den einzelnen regionalen KVen. Die bis dato bundesweit einheitlich geltende Verteilung anhand des RLV wurde aufgehoben. Daraufhin entschlossen sich die KVen Thüringen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz für die Abschaffung der RLV und für die Einführung der Honorarverteilung anhand von Punktzahlen (Ullmann & Busch, 2016, S. 32f.; Wendland, 2016, S. 32ff.). Die anderen 14 KV-Bezirke orientieren sich in unterschiedlichen Formen an der Verteilung über Regelleistungsvolumina. Leistungserbringung und -abrechnung privat versicherter Patienten Ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 62.550 Euro (Stand: 2020) besteht für den Versicherten ein Wahlrecht zum Wechsel in die private oder zum freiwilligen Verbleib in der gesetzlichen Krankenkasse. Durch Zahlung einer risikoorientierten Prämie versichert sich der Patient direkt bei einem i. d. R. privatwirtschaftlichen Versicherungsunternehmen. <?page no="24"?> 24 2 Besonderheiten im deutschen Gesundheitswesen Im Gegensatz zur gesetzlichen fußt die private Krankenversicherung auf dem sog. Kostenerstattungsprinzip: Entsprechend rechnet der Arzt die erbrachte medizinische Leistung direkt mit dem Patienten ab. Anschließend reicht der Patient den Beleg über die ärztlichen Leistungen bei seiner Krankenversicherung ein und erhält, je nach Vertragsbestimmungen, die Kosten ggfs. unter Abzug eines Selbstbehaltes erstattet. Die Abrechnungsgrundlage bildet die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ); sie stellt eine Einzelleistungsvergütung dar: Demnach wird jeder Leistung der GOÄ ein Punktwert als Umrechnungsfaktor in Euro-Cent zugeschrieben. Aufgrund des Behandlungsaufwands, der beispielsweise vom Alter des Patienten oder der Schwere der Erkrankung abhängig ist, kann ein Steigerungsfaktor zwischen dem einfachen und 3,5-fachen Gebührensatz Anwendung finden (Hermanns, 2018, S. 27f.). Darüber hinaus existieren sog. individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die über die in § 12 SGB V genannten „ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungen“ des Kataloges der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen und den wahlärztlichen Leistungen angehören. Hierunter fallen beispielsweise Früherkennungsuntersuchungen, medizinisch-kosmetischen Leistungen oder Anwendungen mit unklarer Wirksamkeit (BÄK, 2014, S. 27f.). Auch gesetzlich versicherte Patienten haben Zugang zu diesen GOÄ- Leistungen. Allerdings sind IGeL sowohl von privat als auch von gesetzlich Versicherten nur nach schriftlicher Vereinbarung gemäß § 630c BGB abrechenbar und direkt vom Patienten zu begleichen. Möglichkeiten der Praxisorganisation Im deutschen Gesundheitssystem existieren diverse Möglichkeiten der Praxisorganisation. Diese reichen von Einzelpraxen über Zusammenschlüsse einzelner Praxen zu Praxisgemeinschaften bis hin zu Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Während Praxisgemeinschaften eher kleinere Organisationseinheiten darstellen, sind in einem MVZ durchschnittlich 6,2 Ärzte beschäftigt (KBV, 2019, S. 3). Diese Organisationsformen fußen auf unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Zielsetzungen. Das MVZ stellt derzeit eine sich zunehmend verbreitende Form dar, weil insbesondere Krankenhäuser die Möglichkeit der Gründung nutzen, um in den ambulanten Sektor vorzudringen. <?page no="25"?> 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Eine Arztpraxis ist als gewinnorientiertes Unternehmen zu verstehen, das bestimmte Gesundheitsleistungen produziert. Durch die Erstellung der medizinischen Leistungen werden Produktionsfaktoren verbraucht oder in Anspruch genommen, wofür Kosten anfallen, und durch Leistungsabsatz werden Erlöse erzieht. In Bezug darauf ist das Praxismanagement auf Informationen der Kostenrechnung angewiesen, die für die Planung, Organisation und Überwachung der Produktionsprozesse sowie für die Kalkulation von privaten Leistungen, wie etwa die privat zu entrichtenden individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), notwendig sind. In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine betriebswissenschaftliche Annäherung an die Artpraxis, indem ihre Ziele, Leistungen und Leistungsproduktion erläutert werden. Danach wird das interne und externe Rechnungswesen der Arztpraxis anhand der Zwecke und Adressaten voneinander abgegrenzt. Anschließend findet eine Auseinandersetzung mit den Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis statt. 3.1 Arztpraxis - eine betriebswirtschaftliche Annäherung In Deutschland nahmen zum 31.12.2018 175.294 Ärzte und Psychotherapeuten an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Diese praktizierten in 81.863 Einzelpraxen, in 26.021 Berufsausübungsgemeinschaften und in 3.173 MVZs (KBV, 2020a). Im Hinblick auf diese Zahlen ist Ärzten, die an der vertragsärztlichen Versorgung, d. h. von gesetzlich versicherten Patienten teilnehmen, mit Abstand die bedeutendste Rolle in der ambulanten medizinischen Versorgung zuzuschreiben. Zudem dienen die ambulant praktizierenden Ärzte als Gatekeeper, also als erste Ansprechpartner der Patienten, für die stationäre Versorgung. In den letzten Jahren ist die ambulante Versorgung außerdem zu einem wichtigen Arbeitgeber in Deutschland geworden. Seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) im Jahr 2004 und der damit einhergehenden Gründungsmöglichkeit von MVZs ist auch eine Anstellung von Ärzten im ambulanten Sektor möglich. Bis zum 31.12.2018 stieg der Anteil an angestellten Ärzten an der Gesamtzahl der niedergelassenen Ärzte bis auf insgesamt 20,7 Prozent an (KBV, 2020b). <?page no="26"?> 26 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Bevor das betriebswirtschaftliche Instrument der Kostenrechnung in der Arztpraxis betrachtet werden kann, bedarf es der Einstufung der Praxen als Betrieb und der Beschreibung des entsprechenden Leistungserstellungsprozesses. Hierfür findet schwerpunktmäßig eine Auseinandersetzung mit den betrieblichen Merkmalen, dem Hauptzweck und der Leistungsproduktion statt. Schließlich wird auf die Bedeutung des Rechnungswesens als betriebswirtschaftliche Querschnittsfunktion in Arztpraxen eingegangen. 3.1.1 Die Arztpraxis als Betrieb Als Betrieb wird grundsätzlich eine Wirtschaftseinheit bezeichnet, die Sachgüter und/ oder Dienstleistungen durch Kombination bestimmter Produktionsfaktoren produziert (in Anlehnung an Jung, 2016, S. 6). Diese Definition trifft auf Arztpraxen zu, da im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit auch eine Produktion und Verteilung knapper Gesundheitsleistungen steht. Der Absatz der hergestellten Dienstleistungen folgt dabei dem sog. „Uno-actu-Prinzip“, dem zeitlichen Zusammenfallen von Erstellung und Konsum (Breyer et al., 2013, S. 189). Zudem herrscht im deutschen Gesundheitswesen weitgehend das sog. Gatekeeper-Prinzip, das besagt, dass jeder Versicherte einen selbst gewählten Hausarzt hat, der für ihn als erster Ansprechpartner im Krankheitsfall dient und ihm das Tor in das Gesundheitssystem öffnet. In Arztpraxen werden Patienten den Kunden gleichgesetzt. Die Leistungen der Arztpraxen stellen in der Regel ein Leistungsbündel dar. So setzt sich beispielsweise das Produkt medizinische Versorgung aus dem Behandlungsspektrum des Arztes und der Teilnahme an spezifischen Versorgungsangeboten, dem Ausstellen von Rezepten und Überweisungen bei medizinischer Notwendigkeit usw. zusammen. Eine Einzelabgeltung der Leistungen findet hier in der Regel nicht statt. Die Vergütung der Leistungen, die an gesetzlich versicherten Patienten erbracht werden, erfolgt quartalsweise. Demgegenüber rechnet der Arzt Leistungen von Privatversicherten sowie IGeL nach Behandlungen ab. Dadurch kann der Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungen und den relevanten Kosten in der Arztpraxis schwer ermittelt werden. 3.1.2 Hauptzweck und Zielsetzung Bei einer Niederlassung in einer Einzelpraxis handelt es sich nach § 18 EStG um eine freiberufliche Tätigkeit. Somit kann eine Arztpraxis in der Form einer Einzelpraxis als Einzelunternehmen geführt werden. Betreibt der Arzt seine Praxis zusammen mit Kollegen, kommen als Rechtsformen die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft) oder die Partnergesell- <?page no="27"?> 3.1 Arztpraxis - eine betriebswirtschaftliche Annäherung 27 schaft (PartG) in Frage. Gleichwohl können einzelne niedergelassene Ärzte, Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wählen. Der Hauptzweck einer Arztpraxis - gleich welcher Rechtsform - ist eindeutig auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, was dazu führt, dass Formalziele (und dabei insbesondere Gewinn und Liquidität) im Vordergrund stehen. Daneben spielen für die Arztpraxis freilich auch die Behandlungsbzw. Versorgungsqualität, die Effektivität der Leistungen und Gesichtspunkte der Behandlungsbzw. Versorgungsgerechtigkeit eine bedeutende Rolle („Magisches Viereck der Gesundheitsökonomie“; Ampofo, 2016, S. 10). Im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung steht die Beziehung zwischen dem Arzt und seinem Patienten. Mit seiner Tätigkeit geht die Erwartung einher, dass er sein Wissen und seine Fähigkeiten im Sinne eines Sachwalters, d. h. für die gesundheitlichen Interessen seines Patienten einsetzt. Folglich kann der Arzt auch versorgungsbezogenen Sachzielen folgen, die sich an der Durchführung aller Tätigkeiten zur medizinischen Patientenversorgung orientieren: Erreichen einer hohen Patientenzufriedenheit Soziale Ziele: Förderung der Gemeinschaft zwischen den Mitgliedern des Praxisteams, Renommee durch qualitativ hochwertige Patientenversorgung, Netzwerk von regional ansässigen Fachärzten Einhaltung bestimmter Hygienestandards 3.1.3 Leistungsproduktion und Rolle des Rechnungswesens Ihre spezifischen Ziele verfolgen Arztpraxen durch die Erbringung entsprechender Dienstleistungen. Ausgehend von der allgemeinen Definition von Dienstleistungen und ihrer Merkmale zeichnen sich ärztliche Leistungen durch hohe Immaterialität und Integrativität aus. Dabei bedeutet Integrativität, dass auf Grundlage des vorherrschenden Uno-Actu-Prinzips für die Erstellung von medizinischen Leistungen die Teilnahme des externen Faktors (des Patienten) erforderlich ist. Die Herstellung von Dienstleistungen gliedert sich grundsätzlich in vier Phasen (Finanzierung, Beschaffung, Vorproduktion und Endproduktion). Im Folgenden werden diese erläutert, wobei hier ergänzend auf die Rolle des Rechnungswesens im Leistungserstellungsprozess eingegangen wird. <?page no="28"?> 28 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Phase 1: Finanzierung Um Produktionsfaktoren beschaffen und Leistungen produzieren zu können, sind Arztpraxen auf Finanzmittel angewiesen. Die klassischen Finanzierungsformen lassen sich wie folgt unterscheiden: Abb. 1: Klassische Hauptfinanzierungsarten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Littich & Schober, 2013, S. 297. Die bedeutendste Einnahmequelle der Praxen stellt das ärztliche Honorar aus der Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung, aus der Behandlung von Privatpatienten und aus der Durchführung von Selbstzahler-Leistungen (IGeL) dar. Diese Einnahmen werden beispielsweise durch die Ausstellung von Gutachten oder durch eine Teilhabe an der Forschung ergänzt, wenn der Arzt die genannten Leistungen erbringt (Obermann et al., o. J., S. 30). Die Einnahmen aus der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten werden im Durchschnitt auf mehr als zwei Drittel der Gesamteinnahmen beziffert. Die Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten belaufen sich auf durchschnittlich rund 20 Prozent der Gesamteinnahmen. Auf Selbstzahler- Leistungen, die sowohl von privatals auch von gesetzlich versicherten Patienten direkt zu begleichen sind, wie beispielsweise IGeL, gehen weniger als zehn Prozent der Gesamteinnahmen zurück (ebd.). Die Finanzierung von Investitionen, wie z. B. kostenintensiven medizinischen Geräten, erfolgt i. d. R. in Abhängigkeit der Finanzlage der Praxis und des Praxisinhabers durch eine Kreditfinanzierung. <?page no="29"?> 3.1 Arztpraxis - eine betriebswirtschaftliche Annäherung 29 Phase 2: Beschaffung von Produktionsfaktoren Die Basis des Faktorkombinationsprozesses bilden Produktionsfaktoren. Daher müssen zunächst die für die Leistungserstellung notwendigen (internen) Faktoren an entsprechenden Märkten beschafft werden. Zu den typischen Produktionsfaktoren von Arztpraxen zählen dabei Personal- und Sachmittel (Infrastruktur, Material, Rechte, Praxissoftware). Phase 3: Vorproduktion Der eigentliche Herstellungsprozess von Dienstleistungen findet nicht in einem Schritt wie bei der Sachgüterproduktion statt, sondern gliedert sich in die Phasen der Vor- und der Endproduktion (Corsten, 1994, S. 60ff.). Im Rahmen der Vorproduktion wird die Leistungsbereitschaft der Arztpraxis durch die Kombination von internen Produktionsfaktoren erzeugt, ohne dass der externe Faktor (z. B. Patient) daran teilnimmt. Die Leistungsbereitschaft stellt dabei einen Inputfaktor für die Endproduktion dar. Phase 4: Endproduktion In der sogenannten Phase der Endproduktion (z. B. Sprechstunde mit Arzt- Patienten-Kontakt) ist die Teilnahme des externen Faktors, in unserem Fall des Patienten, erforderlich. Dabei kommt es aufgrund der nicht gegebenen Lagerbarkeit der produzierten Leistungen zur sogenannten Konsumtion: Leistungen werden gemäß dem bereits erwähnten Uno-actu-Prinzip zusammen mit dem Abnehmer produziert und von ihm gleichzeitig konsumiert. Insofern treten Patienten als Abnehmer und Ärzte als Produzenten auf. Rolle des Rechnungswesens im Prozess der Leistungserstellung Um zu gewährleisten, dass der Prozess der Leistungserstellung sowie der Absatz gemessen an den betrieblichen Zielsetzungen erfolgreich ablaufen, ist der Praxisinhaber auf die zahlenmäßigen Daten des Rechnungswesens angewiesen. Mit seinen sämtlichen Methoden und Verfahren erfasst und überwacht es das betriebliche Geschehen in der Praxis. Damit unterstützt das Rechnungswesen den Praxisinhaber bei der Planung, Organisation und Kontrolle der Grundfunktionen „Finanzierung“, „Beschaffung“, „Vorproduktion“ <?page no="30"?> 30 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis und „Endproduktion/ Absatz“ und kann demnach als betriebliche Querschnittsfunktion der Arztpraxis bezeichnet werden. Der dargelegte Ablauf der Leistungsproduktion in der Arztpraxis wird in der Abbildung 2 zusammenfassend skizziert. Abb. 2: Grundsystematik der Arztpraxis als Dienstleistungsbetrieb. Quelle: Eigene Darstellung. 3.2 Externes und internes Rechnungswesen in der Arztpraxis Ausgangspunkt der Beschäftigung mit der Kostenrechnung in der Arztpraxis stellt die Überlegung nach dem Ziel der Informationsübermittlung dar. In Bezug darauf unterscheidet die Literatur traditionell zwischen dem externen und dem internen betriebswirtschaftlichen Rechnungswesen, wobei die Kostenrechnung dem internen Rechnungswesen zugeordnet wird (siehe Abbildung 3). Bei der Unterscheidung zwischen „extern“ und „intern“ werden klassischerweise der Adressatenkreis und die damit verbundenen Aufgaben des jeweiligen Rechnungswesens angesprochen. Im Folgenden werden die beiden Rechnungswesensarten anhand ihrer Aufgaben und Adressaten in der Arztpraxis voneinander abgegrenzt. <?page no="31"?> 3.2 Externes und internes Rechnungswesen in der Arztpraxis 31 Abb. 3: Bestandteile des Rechnungswesens. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sigloch, 2011, S. 2. 3.2.1 Externes Rechnungswesen Definition und Klassifikation Unter dem externen Rechnungswesen versteht man die nach gesetzlicher Maßgabe zu erstellenden Rechnungen. Das klassische externe Rechnungswesen setzt sich dabei aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen (siehe Abbildung 3): Buchführung Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und ggf. Anhang) Inventar Die Buchführung dient der Erfassung der Geschäftsvorfälle. Dabei unterscheidet man zwischen einfacher Buchführung, bei der nur die zahlungswirksamen Einnahmen und Ausgaben ohne Gegenkonten verbucht werden und die für die Erstellung einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ausreicht, und doppelter Buchführung, bei der bei jedem Geschäftsvorfall mindestens zwei Konten angesprochen werden und die die Voraussetzung für die Erstellung eines Jahresabschlusses darstellt. Das Inventar ist ein vollständiges, detailliertes art-, mengen- und wertmäßiges Verzeichnis aller Vermögens- <?page no="32"?> 32 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis gegenstände und der Schulden (siehe § 240 Abs. 1 HGB), das durch körperliche Bestandsaufnahme (Inventur) erstellt wird. Das externe Rechnungswesen richtet sich, wie der Name schon sagt, in der Regel an externe Adressaten - klassischerweise an das Finanzamt. Im Hinblick auf Arztpraxen können jedoch weitere Adressaten hinzukommen wie beispielsweise die regional zuständige Kassenärztliche Vereinigung, die Landesärztekammer, Kostenträger, d. h. Krankenkassen, Kreditinstitute usw. (siehe Abbildung 4). Im Folgenden werden die relevanten gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf die möglichen Aufzeichnungspflichten sowie weitere Aufgaben der Finanzbuchhaltung erläutert. Abb. 4: Adressaten des externen Rechnungswesens in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. Die steuerliche Gewinnermittlung in der Arztpraxis Für die Arztpraxis bestehen in Abhängigkeit der gewählten Rechtsform prinzipiell zwei Formen der steuerlichen Gewinnermittlung: Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) gem. § 4 Abs. 3 EStG: Bei dieser Rechnung wird der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt. Es findet also vereinfacht ein Kassenbestandsvergleich ohne jegliche Periodisierung statt. Als Basis der EÜR reicht dabei eine einfache Buchführung aus. Durchbrochen wird dieses reine Zufluss-Abflussprinzip insbesondere bei den Gütern des Anlage- <?page no="33"?> 3.2 Externes und internes Rechnungswesen in der Arztpraxis 33 vermögens. So werden die Anschaffungskosten der nicht abnutzbaren Güter des Anlagevermögens erst bei einer Veräußerung oder Entnahme derselben als Betriebsausgaben (und der Veräußerungswert bzw. der Entnahmewert als Betriebseinnahmen) berücksichtigt. Bei abnutzbaren Gütern des Anlagevermögens werden die Anschaffungskosten nicht einmalig als Betriebsausgaben erfasst, sondern in Form von Abschreibungen über die Nutzungsdauer des betreffenden Gutes verteilt. Der Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG: Hierbei wird der Gewinn als Differenz zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelt. Das Betriebsvermögen stellt dabei vereinfacht eine Addition der zum entsprechenden Stichtag im Unternehmen vorhandenen positiven und negativen Wirtschaftsgüter (im Handelsrecht würde hier von Vermögensgegenständen und Schulden gesprochen) dar. Hier erfolgt eine Periodisierung. Die Grundlage für den Betriebsvermögensvergleich liefert die doppelte Buchführung und die Inventur (Bestandsaufnahme des Betriebsvermögens). Aufgrund ihrer freiberuflichen Tätigkeit zählen Ärzte im Allgemeinen nicht zu den gewerblichen Unternehmern. Demzufolge kann der Gewinn bei der Einzelpraxis, bei der BGB-Gesellschaft und bei der Partnergesellschaft durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt werden. Wahlweise besteht für diese Rechtsformen die Option zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich). Betreiben Ärzte die Praxis bzw. das MVZ als Praxiszusammenschluss in der Rechtsform einer GmbH, besteht diese Wahlmöglichkeit nicht mehr. Die GmbH muss den Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich ermitteln. Sonstige Formen des externen Rechnungswesens in der Arztpraxis Weitere Aufzeichnungspflichten, die für die Besteuerung von Bedeutung sein können, bestehen für diejenigen Arztpraxen, die bezahlte Arbeitnehmer beschäftigen. In diesem Fall sind auch nicht bilanzierende Praxen gesetzlich dazu verpflichtet, für den Lohnsteuerabzug Lohnkonten für jeden Arbeitnehmer zu führen (§ 41 EStG). Spezielle Aufzeichnungspflichten ergeben sich auch aus der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Darüber hinaus müssen umsatzsteuerpflichtige Arztpraxen nach § 22 UStG zur Feststellung der zu zahlenden Umsatzsteuer einige Zusatzaufzeichnungen vornehmen wie z. B. die Aufzeichnung der Entgelte bei umsatzsteuerpflichtigen Leistungen. <?page no="34"?> 34 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Praxisinhaber als Freiberufler oder Unternehmer haben die Möglichkeit, staatliche Förderungen in Anspruch zu nehmen. In diesen Fällen kann die Finanzbuchhaltung auch als Verwendungsnachweis von den Fördermittelgebern gefordert werden (z. B. von öffentlichen Institutionen). 3.2.2 Internes Rechnungswesen Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen externen Rechnungswesen gibt es auch die freiwillig geführte interne Rechnung. Sie dient primär als internes Informationsinstrument über das, was in der Arztpraxis geschieht. Das interne Rechnungswesen umfasst die Kosten- und Leistungsrechnung mit ihren jeweiligen Unterarten, die Investitionsrechnung (Analyse der Vorteilhaftigkeit einer Investitionsmöglichkeit) sowie weitere Rechnungen (z. B. Finanzplanung und -rechnung) und diverse Statistiken. Die Kostenrechnung als wesentlicher Teil des internen Rechnungswesens beschäftigt sich dabei mit folgenden Fragen: Welche Kosten fallen in der Arztpraxis an? (z. B. Personalkosten, Materialkosten) Wo wurden die Kosten in der Arztpraxis verursacht? (z. B. Anmeldung, Einkauf, Labor, Behandlungszimmer, Verwaltung) Welche Kosten verursachen die einzelnen Versorgungsleistungen? (z. B. Kosten pro Behandlungsfall, für eine Therapie) Im Unterschied zum externen Rechnungswesen befinden sich die Adressaten des internen Rechnungswesens in gewinnorientierten Unternehmen klassischerweise innerhalb des Unternehmens. Es können aber auch externe Adressaten wie Fördermittelgeber, Organisationen der Selbstverwaltung, wie beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung, Krankenkassen oder Banken sein (siehe Abbildung 5). Dieser externe Adressatenkreis benötigt unter Umständen detaillierte Informationen über die Kosten, um zielgerechte Entscheidungen bei der Vergabe von Krediten treffen zu können oder um Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen. Mögliche Adressaten des internen Rechnungswesens einer Arztpraxis werden in der folgenden Abbildung dargestellt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Arztpraxen keine strikte Trennung in extern und intern in Bezug auf den Adressatenkreis des Rechnungswesens besteht: Sowohl das externe als auch das interne Rechnungswesen produziert Daten, die für die interne Nutzung sowie auch für Außenstehende von Relevanz sein können. <?page no="35"?> 3.3 Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis 35 Abb. 5: Adressaten des internen Rechnungswesens in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. In der Praxis existieren erhebliche Unterschiede zwischen externem und internem Rechnungswesen, die insbesondere aus der Nutzung und Weitergabe der Informationen durch den Praxisinhaber resultieren. Eine detaillierte Informationsaufbereitung erfolgt bei den internen Rechenwerken, sodass eine geeignete Grundlage für die Entscheidungen des Praxismanagements vorliegt. Somit stellt das interne Rechnungswesen viel detailliertere Informationen als das externe Rechnungswesen bereit. Darüber hinaus ist auf die große Methodenvielfalt beim internen Rechnungswesen hinzuweisen, die auf die hier nicht vorhandenen gesetzlichen Vorschriften zurückzuführen ist (Rautenberg, 2000, S. 25). 3.3 Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis Einer Beschäftigung mit der Kostenrechnung sollten Überlegungen über deren Bedeutung für eine Arztpraxis vorangehen: Der grundlegende Mehrwert der Kostenrechnung für eine Praxis ergibt sich daraus, dass sie die Schwächen der Buchhaltung in Bezug auf das Ausmaß der bereitgestellten Informationen kompensiert: So weist die Buchhaltung am Ende einer Periode nur die Höhe des Gewinns bzw. Verlustes auf, sagt aber nichts darüber, durch welche konkreten medizinischen und nicht medizinischen Leistungen das Ergebnis zustande gekommen ist. Diese Informationen sind jedoch von entscheidender <?page no="36"?> 36 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Bedeutung, um die Einflussfaktoren des Ergebnisses detailliert zu analysieren. Mit der Bereitstellung detaillierter Daten erfüllt die Kostenrechnung folgende Funktionen in einer Arztpraxis: Planungsbzw. Lenkungsfunktion, Kontrollfunktion, Motivationsfunktion, Legitimations-/ Kommunikationsfunktion und Dokumentationsfunktion (siehe Abbildung 6). Im Folgenden werden diese Funktionen der Kostenrechnung kurz erläutert. Abb. 6: Funktionen der Kostenrechnung in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. [1] Lenkungs-/ Planungsfunktion Die im Rahmen der Kostenrechnung erfassten Informationen stellen die Grundlage der Planungs- und Entscheidungsaufgabe der Praxisführung dar. Dabei soll die Kostenrechnung durch ihre Informationen den Praxisinhaber in die Lage versetzen, die praxis- und leistungsspezifischen Prozesse entscheidungsorientiert und zielentsprechend zu steuern. Besonders wichtig sind kostenrechnerische Kalkulationsdaten für die operative und strategische Entscheidungsfindung im Produktionsbereich, d. h. im angebotenen Behandlungsspektrum des Arztes. [2] Kontrollfunktion Im Allgemeinen dient die Kostenrechnung einer Arztpraxis der Wirtschaftlichkeitskontrolle. Die Kontrollfunktion der Kostenrechnung bezieht sich dabei auf vergangene Ereignisse. Demnach werden Kostenrechnungsdaten regelmäßig benötigt (z. B. quartalsweise), um Plan- und Soll-Werte im Rahmen einer Abweichungsanalyse zu vergleichen. Diese Analyse liefert wichtige Auskünfte beispielsweise über den tatsächlichen Ressourcenverbrauch, über den Zielerreichungsgrad (Effektivität) und über die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung in der Praxis (Effizienz). Auf Basis der Abweichungsanalyse sollen auch die Planungswerte für die nächsten Perioden verbessert werden. <?page no="37"?> 3.4 Zusammenfassung des Kapitels 37 [3] Motivationsfunktion Dadurch, dass die Kostenrechnung mit Hilfe der errechneten Zahlenwerke die Ursachenanalyse betreiben soll, können daraus bestimmte Verhaltensänderungen der Praxisführung und -mitarbeiter ausgelöst werden. Demnach kann Kostenrechnung auch als Motivationsinstrument zur Verbesserung des Verhaltens oder zur Setzung von Anreizen in der Arztpraxis eingesetzt werden. [4] Legitimations- und Kommunikationsfunktion Weiterhin können die Praxisinhaber Kosteninformationen dazu nutzen, um eigene Entscheidungen und Handlungen zu legitimieren, die möglichen relevanten Anspruchsgruppen über die wirtschaftliche Situation der Praxis zu informieren oder diese in der Richtigkeit einer Entscheidung zu überzeugen. Insbesondere bei den von vornherein „unpopulären“ Entscheidungen wie Einsparmaßnahmen können entsprechende kostenrechnerische Informationen helfen, Mitarbeiter von der Notwendigkeit dieser Schritte zu überzeugen. [5] Dokumentationsfunktion Schließlich dienen die Daten aus der Kostenrechnung der Dokumentation der Kosten und deren Zuordnung zu Bezugsobjekten. Die Dokumentation der Kostenrechnungsdaten liefert ein wertmäßiges Abbild des Geschehens in der gesamten Praxis, in den Abteilungen und in den einzelnen Behandlungsleistungen. Dabei stellt diese Funktion eine wichtige Voraussetzung dar, damit die Kostenrechnung die anderen, oben aufgeführten Funktionen erfüllen kann. Darüber hinaus liefert die Kostenrechnung Informationen für externe Dokumentationen (z. B. Kosten- und Wirtschaftlichkeitsinformationen bei Beantragung eines Kredits), was bereits im Kapitel 3.2.2 thematisiert wurde. 3.4 Zusammenfassung des Kapitels Arztpraxen sind private Forprofit-Betriebe, die i. d. R. Leistungsbündel produzieren. Um ihre Ziele zu erreichen, erstellen Arztpraxen Dienstleistungen. Diese zeichnen sich durch hohe Immaterialität und Integrativität aus. Bei der Produktion von ärztlichen Versorgungsleistungen können folgende Grundfunktionen unterschieden werden: Finanzierung, Beschaffung von Produktionsfaktoren und Produktion. Dabei gliedert sich die Phase der Produktion im Gegensatz zu Sachgüterproduzenten in Vorproduktion und Endproduktion: <?page no="38"?> 38 3 Rechnungswesen in der Arztpraxis Im Rahmen der Vorproduktion wird die Leistungsbereitschaft der Arztpraxis durch Kombination interner Produktionsfaktoren hergestellt und bei der Endproduktion wirkt der externe Faktor (der Patient) mit. Da keine Lagerbarkeit der Gesundheitsleistungen gegeben ist, findet mit der Endproduktion gleichzeitig der Absatz statt (sogenannte Konsumtion gemäß dem Uno-actu- Prinzip). Das Rechnungswesen kann dabei als betriebliche Querschnittsfunktion der Arztpraxis bezeichnet werden. Mit seinen Methoden und Verfahren erfasst und überwacht es das betriebliche Geschehen in der Praxis. Dabei kann das Rechnungswesen in ein internes und ein externes Rechnungswesen gegliedert werden. Das externe Rechnungswesen stellt die nach gesetzlicher Maßgabe zu erstellenden Rechnungen dar und setzt sich in der Arztpraxis entweder aus einer Buchführung und EÜR oder eben einer Buchführung mit Jahresabschluss und Inventar zusammen. Neben dem externen Rechnungswesen gibt es das interne Rechnungswesen, das freiwillig durchgeführt wird. Dieses dient primär als internes Informationsinstrument und überwacht das, was in der Arztpraxis geschieht. Das interne Rechnungswesen umfasst dabei die Kosten- und Leistungsrechnung mit ihren jeweiligen Unterarten, die Investitionsrechnung (Analyse der Vorteilhaftigkeit einer Investitionsmöglichkeit), weitere Rechnungen (z. B. Finanzplanung und -rechnung) sowie diverse Statistiken. Ein wesentlicher Teil des internen Rechnungswesens ist die Kostenrechnung. Sie dient der Planung, Organisation und Kontrolle des Praxisgeschehens. Darüber hinaus erfüllt sie eine Motivations- und Dokumentationsfunktion und kann zur Kommunikation sowie Legitimation von Entscheidungen eingesetzt werden. <?page no="39"?> 3.4 Zusammenfassung des Kapitels 39 Kontrollfragen Kann eine Arztpraxis als Betrieb bezeichnet werden? Begründen Sie Ihre Antwort! Durch welche Merkmale zeichnen sich Praxisleistungen aus? Beschreiben Sie den Prozess der Leistungsproduktion in einer Arztpraxis! Aus welchen Quellen finanzieren Arztpraxen ihre Arbeit? Grenzen Sie das externe Rechnungswesen vom internen Rechnungswesen ab! Aus welchen Bestandteilen setzt sich das externe Rechnungswesen zusammen? Welche Funktionen erfüllt das externe Rechnungswesen in einer Arztpraxis? Aus welchen Bestandteilen setzt sich das interne Rechnungswesen zusammen? An wen richtet sich das interne Rechnungswesen überwiegend? Welche Funktionen erfüllt die Kostenrechnung in einer Arztpraxis? Literaturempfehlungen Ampofo, A. (2016). Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Mediziner und medizinisches Fachpersonal. Wiesbaden: Springer Gabler. Insb. S. 45-86 Schierenbeck, H. und Wöhle, C. B. (2016). Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre. 19. Aufl. Berlin/ Boston: De Gruyter Oldenbourg. Insb. Kapitel 7. <?page no="41"?> 4 Grundlagen der Kostenrechnung Nachdem eine betriebswirtschaftliche Annäherung an die Arztpraxis erfolgt ist sowie Funktionen und Adressaten der Kostenrechnung in Praxen dargestellt wurden, soll in weiteren Kapiteln der Einsatz der allgemeinen Kostenrechnung unter der Berücksichtigung ihrer Besonderheiten übertragen werden. Zu diesem Zweck werden in diesem Kapitel zunächst definitorische und theoretische Grundlagen der Kostenrechnung erläutert. 4.1 Begriff und Merkmale der Kostenrechnung Unter dem Begriff „Kostenrechnung“ soll im weiteren Verlauf dieses Lehrbuches folgendes verstanden werden: Die Kostenrechnung ist Teil des internen Rechnungswesens einer Arztpraxis. Sie erfasst mengen- und wertmäßig den Verzehr bzw. die Inanspruchnahme von Produktionsfaktoren im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung sowie die damit gekoppelte Leistungsverwertung (in Anlehnung an Olfert, 2018, S. 35). Es gilt dabei zu beachten, dass sich die Kostenrechnung durch folgende Merkmale auszeichnet (in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 25f.): Die Kostenrechnung erfolgt immer kalkulatorisch, d. h., sie basiert nicht auf Zahlungsmittelbewegungen, sondern auf Realgüterbewegungen. In der Kostenrechnung werden demnach keine Ausgaben und Einnahmen wie in der EÜR, sondern Kosten und Leistungen erfasst. Demnach will die Kostenrechnung möglichst realitätsgetreue Informationen bereitstellen. Die Kostenrechnung erfolgt überwiegend kurzfristig, d. h., sie nimmt Berechnungen in einem Zeithorizont bis zu einem Jahr vor. Die kostenrechnerischen Informationen dienen dabei als Grundlage für operative Entscheidungen. Die Kostenrechnung ist eine Erfolgsrechnung, d. h., die Ermittlung des Erfolges (Gewinn oder Verlust) steht immer am Ende einer Berechnungsperiode. Dafür werden die Kosten für eine Periode den entsprechenden Erlösen in dieser Periode gegenübergestellt. Die Kostenrechnung erfolgt laufend, d. h., sie wird in regelmäßigen Abständen zu einem fixen Termin immer wieder neu erstellt und nicht fallweise, wie dies beispielsweise bei der Investitionsrechnung der Fall ist. Die Kostenrechnung ist an keine gesetzlichen Normen gebunden. <?page no="42"?> 42 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung Im Rahmen der Kostenrechnung wird ein spezifisches Fachvokabular verwendet, das in diesem Kapitel an praxisbezogenen Beispielen ausführlich erläutert wird. Hierfür findet eine Abgrenzung der zentralen Begriffe der Buchführung (Aufwand und Ertrag) und der Kostenrechnung (Kosten und Leistungen) statt. Ergänzend dazu wird auf deren jeweilige Ausprägungen eingegangen. 4.2.1 Aufwand und Ertrag Zunächst ist eine wichtige Unterscheidung zwischen den Begriffen „Aufwand“ und „Ertrag“ zu treffen. Beide Termini implizieren die Zunahme oder Reduzierung des Gesamtvermögens einer Arztpraxis in einer bestimmten Periode. Sind die Erträge höher als die Aufwendungen, bezeichnet man die Differenz aus beiden zeitraumbezogenen Größen als Gewinn. Im umgekehrten Fall wird sie als Verlust bezeichnet (Coenenberg et al., 2016, S. 20f.): Ertrag Aufwand = Gewinn (+)/ Verlust ( ) Der jeweils zu Periodenende ermittelte Gewinn bzw. Verlust ändert dabei (im positiven oder negativen Sinn) das bilanziell erfasste Eigenkapital (= Reinvermögen) (ebd.). Dabei ist zu beachten, dass Aufwand und Ertrag in der Arztpraxis nur bei einer doppelten Buchführung bzw. bei einem Jahresabschluss in Erscheinung treten. 4.2.2 Kosten und Leistungen Die Kostentheorie unterscheidet grundsätzlich zwischen dem pagatorischen und dem wertmäßigen Kostenbegriff, wobei sich im Rahmen der Kostenrechnung im Laufe der Zeit der wertmäßige Kostenbegriff gegen den pagatorischen Kostenbegriff durchgesetzt hat (Coenenberg et al., 2016, S. 25). Wenn nach der pagatorischen Begriffsfassung Kosten nur zahlungswirksame sachzielorientierte Güterverbräuche darstellen, werden Kosten bei der wertmäßigen Begriffsfassung als „[…] der bewertete Verbrauch von Produktionsfaktoren zur Erstellung und zum Absatz der betrieblichen Leistung und zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft“ definiert (Scherrer, 2005, S. 672). Demnach bezieht sich der wertmäßige Kostenbegriff im Unterschied zum Aufwand nur auf das betriebsnotwendige Vermögen und zeichnet sich durch die folgenden drei Merkmale aus (Steger, 2010, S. 21): <?page no="43"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 43 Güterverbrauch Es liegt ein Güterbzw. Leistungsverbrauch vor. Leistungsbezogenheit Der Güterbzw. Leistungsverbrauch ist sachzielbezogen (betriebsbedingt). Bewertung Es erfolgt eine Bewertung der Verbrauchsmengen. Tab. 1: Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Steger, 2010, S. 21. Leistungen stehen dabei den Kosten gegenüber und stellen das Ergebnis der betrieblichen Faktorkombination dar (Olfert, 2018, S. 44). Der Begriff „Leistungen“ stellt dabei einen traditionellen Begriff der Kostenrechnung dar, wobei in den letzten Jahren stattdessen vermehrt der Begriff „Erlöse“ verwendet wird (Weber & Weißenbergen, 2015, S. 47). Die Differenz aus Leistungen bzw. Erlösen und Kosten ergibt das Betriebsbzw. Praxisergebnis. Leistungen Kosten = Betriebsergebnis Aus den Geltungsbereichen bzw. Definitionen der beiden Begriffspaare „Kosten und Leistungen“ sowie „Ertrag und Aufwand“ ergeben sich Überschneidungen bzw. Unterschiede. Der Aufwand-Kosten-Komplex soll mit Hilfe von Abbildung 7 charakterisiert werden. Im Folgenden werden die einzelnen Bestandteile des Aufwand-Kosten-Komplexes definiert und an auf die Arztpraxis bezogenen Beispielen erläutert. Abb. 7: Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 25. <?page no="44"?> 44 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.2.3 Neutraler Aufwand Als neutralen Aufwand bezeichnet man grundsätzlich solche Aufwendungen, bei denen ein Leistungsbezug fehlt und die daher keinen Kostencharakter haben (in Anlehnung an Scherrer et. al., 2005, S. 674). Aus kostenrechnerischer Sicht ergibt es keinen Sinn, solche Aufwendungen in die laufende Kalkulation mit einzubeziehen, weil dadurch Verzerrungen in den zu ermittelnden Zahlen entstehen. Der Bereich des neutralen Aufwandes besteht dabei aus praxisfremdem Aufwand, außerordentlichem Aufwand und periodenfremdem Aufwand (siehe Abbildung 7). Praxisfremder Aufwand umfasst solche Aufwendungen, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit den praxistypischen Tätigkeiten stehen und deshalb nicht zugleich Kosten sind. Hierbei handelt es sich also um erfolgswirksame Geschäftsvorfälle, welche nicht der eigentlichen Praxistätigkeit entsprechen. Praxisfremder Aufwand sind beispielsweise Ausgaben für nicht genutzte Fahrzeuge, Grundstücke oder Gebäude. Der nächste Bereich des neutralen Aufwandes ist der außerordentliche Aufwand. Dieser umfasst solche Aufwendungen, die zwar dem Praxiszweck direkt zugeordnet werden können, aber hinsichtlich der Art außerordentlich sind. Dieser Fall liegt vor, wenn in der Praxis etwas nicht geplant bzw. durch einen Zufall bedingt passiert (z. B. es entsteht ein Schaden oder Defekt). Demgemäß werden außerordentliche Aufwendungen beispielsweise für Renovierungsbzw. Modernisierungsarbeiten in der Arztpraxis oder für die Reparatur des Pkws für Hausbesuche getätigt. Weiterhin zählen solche Geschäftsvorfälle zum neutralen Aufwand, die früheren Leistungen zuzurechnen sind. Diese werden als periodenfremde Aufwendungen bezeichnet. Zu den periodenfremden Aufwendungen zählen beispielsweise Steuernachzahlungen oder im laufenden Jahr bezahlte Mietzahlungen für Praxisräumlichkeiten, die sich jedoch auf das vorherige Jahr beziehen. 4.2.4 Zweckaufwand und Grundkosten Wenn Kosten in ihrer Höhe den Aufwendungen entsprechen, kann von Grundkosten und Zweckaufwand (praxistypischer, periodenbezogener, ordentlicher Aufwand) gesprochen werden (Scherrer, 2005, S. 674f.). In diesem Überschneidungsbereich findet man den im unmittelbaren Zusammenhang mit dem praxistypischen Sachziel stehenden, jeweils auf den gleichen Betrag lautenden, bewerteten Güterverzehr. Wenn der Zweckaufwand den Grundkosten entspricht, stimmt das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Ergebnis der Kosten- und Leistungsrechnung überein. Zweck- <?page no="45"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 45 aufwand bzw. Grundkosten sind beispielsweise Ausgaben für medizinisches Personal, Verwaltungsabgaben an die zuständige KV, Reisekosten und Seminargebühren zu Fort- und Weiterbildungen, aufwandsgleiche Kapitalzinsen auf das fremdfinanzierte sachzielbezogene Vermögen usw. 4.2.5 Kalkulatorische Kosten Neben den bereits erläuterten Bestandteilen des Aufwand-Kosten-Komplexes gibt es zudem den Bereich der kalkulatorischen Kosten. Unter diesem Begriff fasst man die sogenannten Zusatzkosten und Anderskosten zusammen (Eisele & Knobloch, 2019, S. 812). Die Zusatzkosten entstehen zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Praxiszweck, aber ihnen steht kein Aufwand gegenüber. Dazu zählen kalkulatorische Miete (= Opportunitätskosten für die betriebliche Nutzung von Sachressourcen, die im eigenen Besitz sind bzw. zur Nutzung kostenfrei überlassen wurden) und kalkulatorische Löhne (= Opportunitätskosten für die Nutzung von Personalressourcen). Den Anderskosten kann dagegen ein Aufwand zugeordnet werden, aber in einer anderen (geringeren oder größeren) Höhe. Die Anderskosten umfassen demnach kalkulatorische Abschreibungen (= Kalkulation des Substanzverzehrs zu Wiederbeschaffungskosten), kalkulatorische Wagniskosten (= Kalkulation nicht fremdversicherter Schadensfälle aus Einzelrisiken) und kalkulatorische Zinsen (= Kalkulation der marktüblichen und risikoadäquaten Kapitalverzinsung für das betriebsnotwendige Kapital). Die kalkulatorischen Zinsen können dabei je nach ihrer Art zu den Zusatzkosten oder den Anderskosten gehören. So sind kalkulatorische Zinsen auf das eigenfinanzierte sachzielbezogene Vermögen zu den Zusatzkosten zu zählen, da ihnen in der Buchführung kein Aufwand zugeordnet werden kann. Kalkulatorische Kapitalzinsen auf das fremdfinanzierte sachzielbezogene Vermögen stellen Grundkosten dar, wenn sie aufwandsgleich anfallen. Wenn aber zur Vereinfachung der Kostenrechnung mit konstanten, normalisierten Fremdkapitalkostensätzen gerechnet wird, stellen sie Anderskosten dar. Dies ergibt dann Kosten, die sich von den faktischen Zinszahlungen unterscheiden (Coenenberg et al., 2016, S. 99). Die gesamte Systematik der kalkulatorischen Kosten wird in der Abbildung 8 dargestellt. <?page no="46"?> 46 4 Grundlagen der Kostenrechnung Abb. 8: Arten von kalkulatorischen Kosten. Quelle: Eigene Darstellung. Nachdem der Kosten-Aufwand-Komplex und seine Bestandteile erläutert wurden, wird im Folgenden der Leistungs-Ertrags-Komplex dargestellt. Gemäß Abbildung 9 werden die einzelnen Bestandteile dieses Komplexes definiert und an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Abb. 9: Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 25. Leistung / Erlös (Erhöhung des Betriebsergebnisses) Ertrag (Erhöhung des Reinvermögens) neutraler Ertrag Zweckertrag (leistungsgleicher Ertrag) Grundleistung (ertragsgleiche Leistung) betriebsfremd außerordentlich periodenfremd kalkulatorische Leistungen (Zusatz- und Andersleistungen) <?page no="47"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 47 4.2.6 Neutraler Ertrag Ein wichtiger Begriff im Rechnungswesen ist der sogenannte neutrale Ertrag. Diesem steht grundsätzlich keine Leistung bzw. kein Erlös gegenüber (Olfert, 2018, S. 42). Dabei werden drei Arten von neutralen Erträgen unterschieden. Zunächst gibt es den Bereich des praxisfremden Ertrags. Dieser steht für einen bewerteten Güterzuwachs, der nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Praxiszweck steht. Aus Sicht einer Arztpraxis können erhaltene Mietzinsen als betriebsfremde Erträge definiert werden (z. B. für die Vermietung einer nicht genutzten Räumlichkeit der Praxis). Die zweite Art umfasst außerordentliche Erträge. Diese stehen zwar im Zusammenhang mit dem Praxiszweck, fallen aber unregelmäßig oder vereinzelt an. Ein außerordentlicher Ertrag ist beispielsweise ein einmaliger Ertrag aus der Veräußerung eines medizinischen Gerätes für Ultraschalluntersuchungen. In der tradierten Kostenrechnung für erwerbswirtschaftliche Unternehmungen werden auch solche Sonderposten wie Spenden und Schenkungen als außerordentliche Erträge erfasst. Die dritte Art der neutralen Erträge sind periodenfremde Erträge. Diese entstehen durch die Leistungserstellung und Leistungsverwertung in der Arztpraxis, erfolgen aber in einer späteren Periode. Demgemäß sind beispielsweise Rückerstattungen für die Kfz-Steuer aus dem vergangenen Jahr als periodenfremder Ertrag zu bezeichnen. 4.2.7 Zweckertrag und Grundleistungen Der Zweckertrag stellt denjenigen Güterzuwachs dar, der der Grundleistung entspricht und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem primären Sachziel der Praxis steht. Daraus ableitend bezeichnet man als Grundleistung solche Erlöse, die gleich dem Zweckertrag sind (Weber & Weißenberger, 2015, S. 47). Zum Zweckertrag bzw. zur Grundleistung sind beispielsweise Einnahmen aus der Behandlung von GKV-Patienten und aus Selbstzahler-Leistungen zu zählen. 4.2.8 Kalkulatorische Leistungen Leistungen, denen keine Erträge (= sogenannte Zusatzleistungen) oder Erträge in anderer Höhe gegenüberstehen (= sogenannte Andersleistungen), werden als kalkulatorische Leistungen bzw. Erlöse bezeichnet (Weber & Weißenberger, 2015, S. 45). Kalkulatorische Leistungen entstehen beispielsweise dann, wenn eine kostenlose medizinische Behandlung von Flüchtlingen ohne Krankenversicherung erfolgt. <?page no="48"?> 48 4 Grundlagen der Kostenrechnung Aufgabe: Abgrenzung der verschiedenen Kosten- und Leistungskategorien in der Arztpraxis Im letzten Jahr gab es in der Musterpraxis einige Geschäftsvorfälle, die in der unteren Tabelle aufgelistet sind. Ordnen Sie die Geschäftsvorfälle ein, indem Sie sie den verschiedenen Kostenbzw. Leistungskategorien zuordnen. Begründen Sie Ihre Angaben! Sachverhalt Kategorie Gegen Barzahlung werden zwei neue Behandlungsliegen gekauft. Das Faxgerät wird für 200 € verkauft. Am Quartalsanfang überweist die KV eine Abschlagszahlung (insg. 30.000 €). Die Kosten für Renovierungsarbeiten in der Praxis belaufen sich auf 900 €. Die Stromrechnung beträgt 300 €. Die KV überweist der Praxis eine Nachzahlung für das letzte Quartal des vergangenen Jahres. Es fallen Aufwendungen für eine Rechtsberatung in Höhe von 150 € an. Die Gemeinde stellt dem Arzt einen Raum für eine wöchentliche Sprechstunde kostenfrei zur Verfügung. Der Steuerberater stellt eine Rechnung über 3.000 € für Buchhaltungsarbeiten im letzten Quartal des vergangenen Jahres. Der Arzt behandelt einen Obdachlosen, der über keine Krankenversicherung verfügt, unentgeltlich. Der Landwirt, der das hinter der Arztpraxis, aber zum Betriebsvermögen gehörende Grundstück mäht, erhält 300 Euro aus der Kasse der Praxis. Das Praxisteam erhält eine einmalige Spende in Höhe von 50 € von einem langjährigen zufriedenen Patienten vor Weihnachten. Legende: (a) betr.-fremd. Aufw.; (b) a. o. Aufw.; (c) periodenfr. Aufw.; (d) Zweckaufw.; (e) kalk. Kosten; (f) betr.-fremd. Ertr.; (g) a. o. Ertr.; (h) periodenfr. Ertr.; (i) Zweckertr.; (j) kalk. Ertr. <?page no="49"?> 4.3 Gliederung der Kosten 49 4.3 Gliederung der Kosten Die Durchführung der Kostenrechnung in der Arztpraxis erfordert eine detaillierte Gliederung der Kosten nach mehreren Merkmalen. Neben dem Zeitbezug der Kosten (Ist-, Normal- und Plan- Kapitel 4.8.1) und dem Ausmaß der Kostenverrechnung (Voll- Kapitel 4.8.2) unterscheidet man zwei weitere wesentliche Gliederungsarten (Scherrer, 2005, S. 676): In Bezug auf die Verrechenbarkeit der Kosten auf einen Träger (z. B. einzelne Behandlungsleistungen wie eine Ultraschalluntersuchung) wird zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten unterschieden. In Abhängigkeit der Kosten von der „Beschäftigung“ können Kosten in ihre fixen und variablen Anteile (fixe und variable Kosten) aufgeteilt werden. Im Folgenden werden diese beiden Gliederungsarten sowie deren Zusammenhänge an praxisbezogenen Beispielen erläutert 4.3.1 Einzelkosten und Gemeinkosten Diejenigen Kosten, die einem Kostenträger - in der Arztpraxis ist das in der Regel eine bestimmte medizinische Leistung wie z. B. eine Ultraschalluntersuchung, ein EKG oder eine Blutabnahme (zum Begriff „Kostenträger“ siehe insbesonde 5.3.1) - zugerechnet werden können, werden als Einzelkosten bezeichnet. Hierunter fallen beispielsweise Kosten über verbrauchtes Material usw. Einzelkosten können also direkt einem bestimmten Kostenträger in der Arztpraxis zugeordnet werden. Umgekehrt stellen Gemeinkosten solche Kosten dar, die sich nicht direkt einem Kostenträger, also einer bestimmten medizinischen Leistung, zuordnen lassen. Beispielsweise stellen Verwaltungskosten (Kosten für Kommunikation, Büroausstattung und Büromaterial, Kontoführungsgebühren, Raummiete), Abschreibungen für medizinische Geräte, Kosten der Rechts- und Steuerberatung die typischen Gemeinkosten in einer Arztpraxis dar. Darüber hinaus gibt es die sogenannten unechten Gemeinkosten. Diese könnten zwar einer bestimmten medizinischen Leistung zugeordnet werden, aber aus Wirtschaftlichkeitsgründen werden diese gemeinsam für mehrere Bezugsobjekte erfasst. Beispielsweise könnten Wasser- und Stromzählerstände nach jeder medizinischen Leistung abgelesen werden, um auf diese Weise die exakte Höhe der Strom- und Wasserkosten zu ermitteln. Diese Vorgehensweise erscheint jedoch aus praktischer Sicht sehr aufwendig, sodass <?page no="50"?> 50 4 Grundlagen der Kostenrechnung Strom- und Wasserkosten als Gemeinkosten erfasst werden. Ein anderes Beispiel wären die Kosten für Desinfektionsmittel. Aufgabe: Einteilung der Kosten nach ihrer Zurechenbarkeit Der Inhaber der Musterpraxis für Innere Medizin hat in der letzten Periode einige Belege erhalten. Nun möchte er diese in Einzel- und Gemeinkosten einordnen. Helfen Sie ihm dabei! Als Kostenträger mögen die einzelnen medizinischen Leistungen der Praxis gelten. 4.3.2 Variable und fixe Kosten In vielen Arztpraxen machen die sogenannten fixen Kosten, die oftmals auch als Bereitschaftskosten bezeichnet werden, einen umfangreichen Kostenblock aus. Diese fallen definitionsgemäß immer konstant in gleicher Höhe an - unabhängig von der produzierten Leistungsmenge und der damit einhergehenden Auslastung der Praxis (beispielsweise unabhängig von der Anzahl der behandelten Patienten). Demnach existieren diese Kosten in jedem Fall, egal ob keine, einhundert oder eintausend Patienten pro Monat behandelt werden. In einer Arztpraxis werden beispielsweise die Gehälter der Medizinischen Fachangestellten, Miete für die Praxisräume sowie monatliche Gebühren für den Internetbzw. Telefonanschluss zu den fixen Kosten gezählt. Kostenart/ Bezugsgröße Einzelkosten (EK)/ Gemeinkosten (GK) Kontoführungsgebühren bei der Sparkassenfiliale Gehalt für eine Medizinische Fachangestellte Neues Praxisschild für die Eingangstür Kosten für Beißringe bei Gastroskopien Kalkulatorischer Lohn des Praxisinhabers Kosten für Einmalunterlagen für Untersuchungsliege Gehalt für eine MFA, die nur für Laborleistungen wie die Blutabnahme zuständig ist Fahrtkosten des Arztes zu Hausbesuchen <?page no="51"?> 4.3 Gliederung der Kosten 51 In der Regel stellen fixe Kosten Gemeinkosten im Sinne der nicht gegebenen Zurechenbarkeit dar. Variable Kosten sind dagegen solche Kosten, die sich bei der Änderung der Beschäftigung auch ändern (Scherrer, 2005, S. 678). Oft stellen variable Kosten gleichzeitig Einzelkosten dar, denn wenn eine Praxisleistung (z. B. eine Ultraschalluntersuchung oder Blutabnahme) nicht hergestellt wird, werden beispielsweise auch solche Produktionsfaktoren wie Materialien nicht gebraucht. Trotzdem existieren auch solche variablen Kosten, die sich nicht den Einzelkosten im Sinne der Zurechenbarkeit auf die einzelnen Kostenträger/ Leistungen zuordnen lassen. So gibt es bestimmte Kostenarten, die mit steigender Ausbringungsmenge „automatisch“ mitsteigen, aber trotzdem schwerlich einer einzelnen Leistung zugerechnet werden können. Beispielsweise werden bei einem Radiologen mit zunehmender Anzahl an MRT-Aufnahmen auch die Stromkosten und die Kosten für Desinfektionsmittel entsprechend ansteigen. Dieser zusätzliche Produktionsfaktorenverbrauch kann jedoch aufgrund der dortigen „Produktion“ von unterschiedlichen medizinischen Leistungen kaum einer konkreten Praxisleistung zugerechnet werden, sodass die entstehenden Kosten eigentlich variabel sind, aber trotzdem als Gemeinkosten be- Kapitel 4.3.1). In Abbildung 10 wird der Zusammenhang zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten dargestellt. Abb. 10: Verhältnis zwischen Einzelu. Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 58. <?page no="52"?> 52 4 Grundlagen der Kostenrechnung Zur Differenzierung der Kosten nach variablen und fixen Anteilen, was insbesondere als Grundlage für die Teilkostenrechnung eine große Rolle spielt, können grundsätzlich unterschiedliche Methoden angewandt werden (siehe hierzu Horsch, 2018, S. 159ff.). Die einfachste und am meisten verbreitete ist die buchtechnische Methode, bei der Kosten einzelner Kostenarten auf Grundlage von Erfahrungswerten analysiert und als fix oder variabel eingestuft werden. Hierbei ist die Frage entscheidend, inwieweit sich die Kosten verringern, wenn die Produktion erhöht oder reduziert wird. Die Kostenänderung entspricht dabei den variablen Kosten, die sich aufgrund der Beschäftigungsänderung ebenso erhöhen bzw. reduzieren. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Bezeichnung bzw. die Art der Kosten nicht immer aussagen, ob Kosten variabel oder fix sind. So können Stromkosten sowohl variabel (für die Durchführung einer Röntgenleistung) als auch fix (in der Verwaltung) sein (in Anlehnung an Berndt et al., 2015, S. 48). Darüber hinaus können die variablen und fixen Kostenanteile nicht immer eindeutig voneinander getrennt werden - dies sind die sogenannten „Mischkosten“ (Olfert, 2018, S. 68f.). Beispielsweise beinhalten oft Stromoder Telefonkosten eine Grundgebühr (beschäftigungsunabhängig) und mengenabhängige Anteile (beschäftigungsabhängig). Bei den nicht eindeutigen Sachverhalten müssen Annahmen über den Kostenverlauf getroffen werden, indem eine Kostenfunktion aufgestellt wird Kapitel 4.4). Hierfür stehen die Methoden der mathematischen und statistischen Kostenspaltung zur Verfügung, die im Folgenden kurz erläutert werden. Abb. 11: Kostenauflösung nach dem mathematischen (l.) und statistischen (r.) Verfahren. Quelle: Joos-Sachse, 2006, 203f. <?page no="53"?> 4.3 Gliederung der Kosten 53 Bei der mathematischen Kostenspaltung, auch Zweipunktmethode und Hoch-Tief-Punkt-Methode genannt, wird die Kostenfunktion mit Hilfe zweier Wertepaare (jeweils bestehend aus dem Beschäftigungsgrad und den dazugehörigen Gesamtkosten) festgelegt. Dabei wird ein linearer Kostenverlauf angenommen. Betrachtet man die graphische Abbildung der mathematischen Kostenspaltung (siehe Abbildung 11, links), so gilt der Schnittpunkt mit der Ordinate, die der Kostenachse entspricht, als Höhe des fixen Bestandteils der relevanten Kosten. Der variable Kostenbestandteil beginnt, der Kostenfunktion folgend, auch in diesem Schnittpunkt. Auf Basis der ermittelten Steigung von a kann der variable Kostenanteil pro Leistungseinheit kalkuliert werden (Joos-Sachse, 2014, S. 203). Bei der statistischen Kostenspaltung (auch Methode der kleinsten Quadrate bzw. Regressionsanalyse genannt) müssen zuerst mehrere Beschäftigungs- Gesamtkosten-Wertepaare vorhanden sein. Diese ergeben sich aus den entsprechenden Dokumentationen der Kosten und der Beschäftigung in den relevanten Perioden. Daran schließt sich zunächst eine statistische Analyse an, deren Ziel darin besteht, eine Regressionsgerade zu berechnen. Bei dieser Gerade ist die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen ihr und den Kostenwerten am kleinsten (siehe Abbildung 11, rechts) (Steger, 2010, S. 385ff.). Genauso wie in der mathematischen Ermittlung wird mit der sich ergebenden Regressionsgerade verfahren: Es wird eine Steigung a berechnet, die die Höhe der variablen Kosten angibt. Das Verfahren der statistischen Kostenspaltung kommt allerdings in der Praxis nur selten zur Anwendung. Aufgabe: Fixe und variable Kosten in der Arztpraxis Ein Augenarzt bietet für Kinder eine objektive Refraktionsbestimmung mit Cycloplegie (zeitweiliger medikamentöser Lähmung des Ziliarmuskels) an. Die Lähmung des Ziliarmuskels wird dabei durch Eintropfen des Wirkstoffs Cyclopentolathydrochlorid erzielt. Die Untersuchung findet in einem kleinen Sprechzimmer statt, das zu den Praxisräumen gehört. Nun wird nach den Kosten gesucht, die sich durch die Anzahl der durchgeführten Refraktionsbestimmungen ändern. Unterscheiden Sie in der folgenden Tabelle zwischen fixen und variablen Kosten. Kostenart/ Bezugsgröße Angebot einer objektiven Refraktionsbestimmung: fix/ variabel Stromkosten inkl. Grundgebühr (Verwaltung) Gehalt MFA <?page no="54"?> 54 4 Grundlagen der Kostenrechnung Medikationskosten für Cyclopentolathydrochlorid Praxismiete Verwaltungsabgaben an die KV Kosten für Desinfektionsspray Abschreibungen für das Skiaskop Stromkosten (kleines Sprechzimmer) 4.4 Kostenfunktion Die Gesamtkosten eines Produkts bzw. einer Dienstleistung setzen sich entsprechend der typischen Gesamtkostenfunktion aus Fixkosten und variablen Kosten zusammen. Wird dabei ein linearer Kostenverlauf angenommen, sieht die Kostenfunktion folgendermaßen aus: K(x) = K + k × x K(x) - Gesamtkosten; K fix - Fixkosten; k v - variable Kosten pro Mengeneinheit; x = Anzahl der Einheiten (z. B. Ultraschalluntersuchungen) In der folgenden Abbildung wird der Verlauf der linearen Gesamtkostenfunktion dargestellt. Graphisch handelt es sich um eine Gerade mit einer konstanten Steigerung, die die x-Achse in Höhe der Fixkosten schneidet. Dabei verdeutlicht die Abbildung noch einmal, dass fixe Kosten auch dann existieren, wenn in der Praxis keine einzige Leistungseinheit produziert wird. Abb. 12: Kostenfunktion beim linearen Kostenverlauf. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="55"?> 4.4 Kostenfunktion 55 Fallbeispiel: Kostenfunktion, Durchschnittskosten und Grenzkosten in der Arztpraxis Ein Internist, der sich ausschließlich auf die Durchführung von Gastroskopien fokussiert hat, plant im nächsten Jahr insgesamt 1.200 Gastroskopien anzubieten. Der Praxisinhaber möchte die geplanten Gesamtkosten ausrechnen. Es wird vorgeschlagen, dies mit Hilfe einer Kostenfunktion auf Basis der Planungsdaten durchzuführen, wobei die Angabe der Fixkosten pro Jahr und der variablen Kosten pro Gastroskopie stattfinden soll. Helfen Sie dem Praxisinhaber, die Kostenfunktion aufzustellen und die Gesamtkosten zu berechnen, wenn folgende monatliche Daten vorliegen: Kalk. Lohn Praxisinhaber 5.000 € fix Gehälter für festangestellte MFAs (inkl. Lohnnebenkosten) 5.500 € fix Büro- und Praxisbedarf 500 € fix Raumkosten 2.000 € fix Abschreibungen 1.000 € fix Desinfektionsmittel pro Gastroskopie 4 € var. Beißringe pro Gastroskopie 1 € var. Sonstige variable Kosten für Verbrauchsgüter pro Gastroskopie 8 € var. Anhand der vorliegenden tabellarischen Kostenaufstellung wird ersichtlich, dass die Kosten für den Lohn des Praxisinhabers, die festangestellten MFAs, Büro- und Praxisbedarf, Raumkosten und die Abschreibungen zu den Fixkosten zählen. Diese Kosten existieren unabhängig von der Anzahl der Gastroskopien in einer Periode. Insgesamt ergeben sich Fixkosten in Höhe von 14.000 Euro pro Monat. Für die Durchführung einer Gastroskopie entstehen Kosten in Höhe von 4 Euro für Desinfektionsmittel, 1 Euro für Beißringe und 8 Euro für sonstige Verbrauchsgüter. Zusammen ergibt dies 13 Euro pro Gastroskopie an variablen Kosten. Dementsprechend können die geplanten Gesamtkosten der Praxis im nächsten Jahr mit Hilfe der folgenden Kostenfunktion berechnet werden: K(x) = K + k × x = 14.000 × 12 + 13 × 1.200 = 183.600€ x - Anzahl der geplanten Gastroskopien <?page no="56"?> 56 4 Grundlagen der Kostenrechnung Weiterhin möchte die Praxisführung wissen, wie hoch die Durchschnittskosten bzw. Stückkosten einer Gastroskopie sind. Diese ergeben sich, wenn die Gesamtkosten durch die Leistungsmenge x (im vorliegenden Fall ist das die Anzahl der Gastroskopien) geteilt werden: k = K(x) x = 183.600 1.200 = 153 € Darüber hinaus wird nach Grenzkosten für die Produktion einer zusätzlichen Gastroskopie gefragt. Grenzkosten sind dabei die zusätzlichen Kosten, die durch die Produktion einer zusätzlichen Leistungseinheit entstehen. Mathematisch stellen diese die erste Ableitung der Kostenfunktion dar. Bei linearen Kostenfunktionen entsprechen die Grenzkosten den variablen Kosten: K (x) = ( ) ( ) = 13 € Aufgabe: Kostenspaltung und Kostenfunktion in der Arztpraxis In einem Herzkatheterlabor werden minimalinvasive Untersuchungen am Herzen durchgeführt. Dabei liegt der Patient auf einem in alle Richtungen beweglichen Tisch. Mit Hilfe eines beweglichen Röntgenröhren-Detektor- Systems (2D-Projektionsverfahren) lässt sich das Herz aus unterschiedlichsten Perspektiven adäquat abbilden. Um eine Herzkranzgefäßdarstellung (Koronarangiographie) vornehmen zu können, wird röntgendichtes jodhaltiges Kontrastmittel in die Herzkranzgefäße gespritzt. Auf diese Weise sind dieselben auf den entstehenden Röntgenbildern (luminographisch) erkennbar. Die Kosten des Herzkatheterlabors sind in der folgenden Tabelle angegeben und beziehen sich auf einen Monat, sofern nichts anderes angegeben wurde. Kostenarten Kostenbetrag fix/ variabel Raumkosten 6.600 € Personalkosten für die angestellten Mitarbeiter der Praxis (inklusive Lohnnebenkosten) 12.000 € Abschreibungen für medizinische Geräte 1.600 € Kalkulatorischer Lohn des Arztes 12.000 € <?page no="57"?> 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung 57 Kosten für Kontrastmittel pro Untersuchung 12,50 € Sonstige variable Kosten pro Untersuchung 14,00 € Praxis- und Bürobedarf 500 € Führen Sie die Kostenspaltung in variable und fixe Anteile durch, wenn als Ausbringungsmenge die Anzahl an Herzkatheteruntersuchungen verwendet wird, und stellen Sie darauf aufbauend die Gesamtkostenfunktion für einen Monat auf! 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung In der einschlägigen Fachliteratur sind verschiedene Prinzipien zu finden, nach denen die ermittelten Kosten in einem Betrieb auf die einzelnen Produkte bzw. Dienstleistungen verteilt werden können (Plinke & Rese, 2015, S. 47ff.; Coenenberg et al., 2016, S. 69f.). In diesem Kapitel werden diese Prinzipien dargelegt und an einigen praxisbezogenen Beispielen genauer erläutert. 4.5.1 Verursachungsprinzip Nach dem Verursachungsprinzip werden die Kosten den Kostenträgern, den Kostenstellen und den Perioden zugerechnet, die diese auch verursacht haben. Hierbei muss jedoch auf eine eindeutige Zuordnung geachtet werden, was bei Arztpraxen mit einem umfangreichen Gemeinkostenblock mit großer Komplexität verbunden ist. Das Verursachungsprinzip stellt das zentrale Prinzip der Kostenrechnung dar. Aus diesem Grund sollen alle Rechnungen in der Praxis unter der Voraussetzung erfolgen, dass Kosten und Leistungen möglichst verursachungsgerecht den Kostenobjekten zugewiesen werden sollen. Fallbeispiel: Anwendung des Verursachungsprinzips in der Arztpraxis Das Verursachungsprinzip ist grundsätzlich dann „rein“ eingehalten, wenn beim Wegfall eines Kostenträgers auch alle dazu zugeordneten Kosten wegfallen. So können Materialkosten in der Regel einer Praxisleistung absolut verursachungsgerecht zugeordnet werden. Wenn z. B. keine Ultraschalluntersuchung durch den Arzt als notwendig erachtet wird, bedeutet das, dass beispielsweise auch die Materialkosten für das Ultraschallgel wegfallen. <?page no="58"?> 58 4 Grundlagen der Kostenrechnung Wenn es allerdings möglich wäre, wie im oberen Beispiel dargestellt, so leicht alle Kosten einer bestimmten Praxisleistung zuzuordnen, wäre die Kostenrechnung in der Arztpraxis keine große Herausforderung. In Praxen ist eine eindeutige Zurechenbarkeit nach dem Verursachungsprinzip an vielen Stellen nicht möglich, z. B. bei den Verwaltungskosten, beim kalkulatorischen Lohn des Praxisinhabers, bei den Abschreibungen für die Praxisausstattung usw. In solchen Fällen kommen unterschiedliche Hilfsprinzipien in Form bestimmter Verrechnungsschlüssel in Frage: das Proportionalitätsprinzip, das Durchschnittsprinzip und das Tragfähigkeitsprinzip. 4.5.2 Proportionalitätsprinzip Eines der Hilfsprinzipien der Kostenrechnung ist das sogenannte Proportionalitätsprinzip. Nach diesem Prinzip werden Kosten proportional zu bestimmten Maß- oder Bezugsgrößen auf die Kostenobjekte verteilt; dabei soll die Ursache-Wirkungs-Beziehung prinzipiell berücksichtigt werden. Demnach erfolgt die Verteilung der Gemeinkosten mittels Schlüsselung. Das Proportionalitätsprinzip wird in der Regel bei der Verrechnung der Gemeinkosten angewandt, also bei Kosten, die nicht oder wenn doch, dann nur schwierig Kostenstellen, Kostenträgern oder Perioden verursachungsgerecht zugewiesen werden können. Fallbeispiel: Proportionalitätsprinzip in der Arztpraxis Sprechzimmer A Sprechzimmer B Sprechzimmer C Patientenzahl 80 480 240 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung 0,1 0,6 0,3 Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung 1.000 € 6.000 € 3.000 € Die Musterpraxis für Dermatologie hat insgesamt 800 Patienten pro Quartal, die in drei unterschiedlichen Sprechzimmern behandelt werden. Dabei werden, aufgrund der Anordnung der Räumlichkeiten und der Praxisorganisation mit Blick auf die unterschiedlichen medizinischen Leistungen, in Sprechzimmer A 80 Patienten, in Sprechzimmer B 480 und in Sprechzimmer C 240 Patienten behandelt. Gemäß des Proportionalitätsprinzips werden die Gemeinkosten in Höhe von 10.000 Euro nach den jeweiligen Anteilen der Patienten (also 1: 6: 3) auf die entsprechenden Behandlungs- <?page no="59"?> 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung 59 räume verteilt. Andere mögliche Kostenschlüsselarten in der Arztpraxis 5.2.3.1 detailliert erläutert. 4.5.3 Durchschnittsprinzip Ein weiteres Kostenverteilungsprinzip ist das sogenannte Durchschnittsprinzip. Wie sein Name schon ankündigt, werden bei seinem Einsatz die Gemeinkosten durch die Anzahl der Bezugsobjekte dividiert und dann gleichmäßig auf diese verteilt. Problematisch bei dem Durchschnittsprinzip ist, dass die tatsächliche Belastung der Produktionsmittel unbeachtet bleibt. Fallbeispiel: Anwendung des Durchschnittsprinzips in der Arztpraxis Die Musterpraxis für Dermatologie mit 800 Patienten pro Quartal verfügt über insgesamt drei Behandlungsräume. Im Jahr 2019 hat die Praxis Gemeinkosten in Höhe von 10.000 Euro verursacht. Diese sollen nun nach dem Durchschnittsprinzip den einzelnen Sprechzimmern zugeordnet werden. Sprechzimmer A Sprechzimmer B Sprechzimmer C Patientenzahl 80 480 240 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung 1 3 1 3 1 3 Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung 3.333,33 € 3.333,33 € 3.333,33 € Anhand der oberen Tabelle wird ersichtlich, dass die Gemeinkosten im gleichen Verhältnis, also durchschnittlich zwischen den einzelnen Behandlungsräumen aufgeteilt werden. Dabei bleibt die Anzahl behandelter Patienten pro Räumlichkeit, aber vor allem der tatsächliche Verbrauch bei den einzelnen Behandlungsleistungen unberücksichtigt. Aus diesem Grund könnte es sein, dass beispielsweise Sprechzimmer A ein Drittel der entsprechenden Kosten zu tragen hat trotz eines deutlich geringeren Patientenumsatzes als Sprechzimmer B. <?page no="60"?> 60 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.5.4 Tragfähigkeitsprinzip Neben dem Proportionalitätsprinzip und dem Durchschnittsprinzip ist noch das Tragfähigkeitsprinzip als Hilfsprinzip der Kostenverrechnung anzuführen. Bei seiner Anwendung werden Gemeinkosten den Kostenobjekten im proportionalen Verhältnis zu den Leistungsgrößen wie den Absatzpreisen, den Deckungsbeiträgen oder dem Umsatz anteilig berechnet. Beispielsweise: Je höher der Umsatz eines Produktes ist, umso höhere Gemeinkosten werden diesem Produkt zugeteilt. Eine mögliche Bezugsgröße für die Anwendung des Tragfähigkeitsprinzips in der Arztpraxis ist die Summe der Patientenerlöse pro Behandlung, die im folgenden Fallbeispiel thematisiert wird. Fallbeispiel: Anwendung des Tragfähigkeitsprinzips in der Arztpraxis Die rheumatologische Musterpraxis hat sich auf die Behandlung von Gelenkbeschwerden spezialisiert. Im vergangenen Jahr waren 800 Patienten in Behandlung. Die Praxis bietet drei unterschiedliche Behandlungsleistungen bei rheumatischen Gelenkbeschwerden an. Jede Leistung hat einen individuellen Preis, der selbst vom Patienten als IGeL zu tragen ist, falls er diese in Anspruch nehmen möchte: - Behandlung A (UV-Strahlung): 240 Euro für sechs Behandlungen pro Jahr - Behandlung B (Infrarotstrahlung): 120 Euro für sechs Behandlungen pro Jahr - Behandlung C (elektromagnetische Wellen): 180 Euro für sechs Behandlungen pro Jahr Insgesamt hat die Praxis im Jahr 2019 Gemeinkosten in Höhe von 10.000 Euro verursacht. Diese sollen nun nach dem Tragfähigkeitsprinzip den einzelnen Behandlungen zugeordnet werden. Behandlung A Behandlung B Behandlung C Patientenzahl 100 450 250 Betrag pro Jahr und Patient 240 € 120 € 180 € Erlöse aus Patientenbehandlungen 24.000 € 54.000 € 45.000 € <?page no="61"?> 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung 61 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung 0,19 0,44 0,37 Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung 1.900 € 4.400 € 3.700 € Aus der oberen Tabelle kann entnommen werden, dass die Gemeinkosten entsprechend dem Patientenerlös zwischen den einzelnen Behandlungen aufgeteilt werden. So erhält beispielsweise Behandlung A einen Anteil von 24.000 € / (24.000 € + 54.000 € + 45.000 €) = 0,19. Dabei bleibt auch hier der tatsächliche Verbrauch in den einzelnen Behandlungen unberücksichtigt. 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung In diesem Abschnitt sollen zunächst die allgemeine Vorgehensweise und der Aufbau der Kostenrechnung näher erläutert werden. Wie der folgenden Übersicht entnommen werden kann, gliedert sich die Kostenrechnung in drei wesentliche Teilbereiche: Kostenartenrechnung (Kostenerfassung und -systematisierung), Kostenstellenrechnung (Kostenzuordnung) und Kostenträgerrechnung (Kalkulation und Erfolgsrechnung) (siehe Abbildung 13). Abb. 13: Schematischer Ablauf der Kostenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Mit der Kostenartenrechnung kann zunächst die Frage beantwortet werden, welche Kosten angefallen sind. Hierzu werden die relevanten Kostenarten ermittelt und nach Einzel- oder Gemeinkosten gegliedert (Kalenberg, 2013, S. 33ff.). Die Kostenartenrechnung stellt dabei den ersten Schritt der Kosten- <?page no="62"?> 62 4 Grundlagen der Kostenrechnung rechnung dar und bildet somit die Grundlage für die Kostenstellen- und die Kostenträgerrechnung (Olfert, 2018, S. 76). Die in der Kostenartenrechnung ermittelten Gemeinkosten werden mit Hilfe der Kostenstellenrechnung in die nächste Stufe der Kostenrechnung übertragen. Die Kostenstellenrechnung kann dabei die Frage beantworten, wo die Kosten angefallen sind, die den Kostenträgern nicht unmittelbar zugerechnet werden können. Hierfür werden die Gemeinkosten mit Hilfe von Kostenschlüsseln auf Abrechnungsbezirke (Vor- und Endkostenstellen) umgelegt. Entsprechend der Leistungsbeziehungen zwischen einzelnen Kostenstellen sollen im nächsten Schritt der Kostenstellenrechnung die Kosten von Vorkostenstellen auf Endkostenstellen verrechnet werden. Im letzten Schritt wird mit Hilfe der Kostenträgerrechnung die Frage beantwortet, wofür die Kosten im Betrieb angefallen sind. Hierfür werden die Gesamtkosten in der Kostenträgerrechnung auf die einzelnen Angebote bzw. Leistungen (Kostenträgerstückrechnung) und auf einen bestimmten Zeitraum (Kostenträgerzeitrechnung) bezogen ermittelt. Dabei ist das Ziel der Kostenträgerstückrechnung herauszufinden, was dem Betrieb die Herstellung einer bestimmten Leistung kostet. In der Kostenrechnung bezeichnet man diese Größe als „Selbstkosten“. Die Ermittlung des Betriebserfolges durch die Analyse der Gesamtkosten bzw. Gesamtleistungen einer Periode im Rahmen der Kostenträgerzeitrechnung stellt ein weiteres Ziel der Kostenrechnung dar. Hier stellt sich am Ende einer Rechnungsperiode ex post heraus, ob ein Verlust oder Gewinn erwirtschaftet wurde (Kalenberg, 2013, S. 106f.). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Ziel der Kostenrechnung darin besteht, Kosten zu erfassen und in Einzelkosten sowie Gemeinkosten aufzuteilen, um diese am Ende möglichst verursachungsgerecht einem Kostenträger zuzuordnen. Im Rahmen des vorliegenden Lehrbuches wird diese klassische Vorgehensweise der Kostenrechnung an die Besonderheiten Kapitel 5.2 und 5.3). <?page no="63"?> 4.7 Betriebsabrechnungsbogen 63 4.7 Betriebsabrechnungsbogen BAB Zahlen der Buchhaltung kalkulatorische Kosten Verteilungsschlüssel Kostenstellen Vorkostenstellen Endkostenstellen Kostenarten primäre Kosten sekundäre Kosten interne Leistungsverrechnung Gesamt-kosten Tab. 2: Betriebsabrechnungsbogen (BAB). Quelle: Eigene Darstellung. Das zentrale Werkzeug der Kostenrechnung in einem Betrieb bildet der sogenannte Betriebsabrechnungsbogen (BAB) (siehe Tabelle 2), der seine Anwendung klassischerweise in der Kostenstellenrechnung findet. Der BAB stellt eine Kostenkontrollrechnung in tabellarischer Form dar und dient primär dazu, bestimmte Kostenarten, in erster Linie die Gemeinkosten, über die Kostenbereiche auf die einzelnen Verbraucherstellen (Kostenstellen) gemäß dem zuvor erläuterten Ablauf der Kostenrechnung zu verteilen. Entsprechend dieser Aufgabe ist der BAB nach Kostenarten (Zeilen) und Kostenstellen (Spalten) gegliedert. <?page no="64"?> 64 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.8 Systeme der Kostenrechnung Im Rahmen der Kostenrechnung können verschiedene Ansätze unterschieden werden, mit welcher Zielsetzung bzw. Aussagekraft man die Kostenverrechnung vornimmt und auf welchen Zeitraum sich die zu verrechnenden Kosten beziehen. Diese Ansätze sind in Abbildung 14 dargestellt. Abb. 14: Kostenrechnungssysteme. Quelle: Eigene Darstellung. 4.8.1 Ist-, Normal- und Plankostenrechnung Grundsätzlich lassen sich nach dem zeitlichen Horizont Ist-, Normal- und Plankosten unterscheiden. Diese Unterscheidung bildet wiederum die Grundlage für eine Differenzierung der Kostenrechnungssysteme: Von einer Ist- Kostenrechnung spricht man, wenn sich die verrechneten Kosten auf die Vergangenheit beziehen. Dieser Vorgang erfolgt stets ex post, also im Nachhinein. Die genaue Nachkalkulation der anfallenden Kosten und des effektiv erwirtschafteten Betriebsergebnisses stellen den großen Vorteil der Ist-Kostenrechnung dar. Auf der anderen Seite existiert eine Reihe von bedeutenden Nachteilen: So ergeben sich Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlich angefallenen Kosten (z. B. bei der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung). Weiterhin ist eine Wirtschaftlichkeits- und Kostenkontrolle allein auf Ist-Kostenbasis nicht umsetzbar, da ein Vergleichsmaßstab, also eine Sollgröße, fehlt, die erst einen Vergleich zwischen den tatsächlich angefallenen und den geplanten Kosten ermöglicht (Kalenberg, 2013, S. 143ff.). <?page no="65"?> 4.8 Systeme der Kostenrechnung 65 Abb. 15: Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung. Quelle: Wöhe, 2016, S. 988. Eine Sonderform der Ist-Kosten stellen die sogenannten Normalkosten dar. Diese werden aus den Durchschnitten der um außerordentliche Vorgänge bereinigten Ist-Kosten der letzten Perioden gebildet. Daraus ergeben sich „geglättete“ Kosten, mit deren Hilfe beispielsweise Schwankungen in Preisen und Mengen ausgeglichen werden (Schierenbeck & Wöhle, 2016, S. 801) und die als Sollgröße dienen können (Mumm, 2019, S. 136f.). Mittels der Normalkostenrechnung kann generell eine effiziente Kosten- und Wirtschaftlichkeitskontrolle innerhalb einer Arztpraxis erfolgen. Problematisch ist jedoch dabei, dass Normalkosten als Sollgrößen immer noch den Mangel des Vergangenheitsbezuges aufweisen. Das bedeutet, dass in den Normalkosten die Unwirtschaftlichkeiten der Vergangenheit mit eingehen. Aus diesem Grund sind die Normalkosten nur bedingt als Vergleichsmaßstab geeignet. Um den Mangel des „Vergangenheitsbezuges“ der Normalkostenrechnung abzuhelfen bzw. eine differenziertere und somit aussagekräftigere Abweichungsanalyse durchführen zu können, wurde für Planungszwecke („Vorkalkulation“) die sogenannte Plankostenrechnung entwickelt (siehe Abbildung 15). So ergibt eine Planung nur dann einen Sinn, wenn die erwarteten Selbstkosten ex ante angegeben werden, d. h. die Plankosten (= erwartete Selbstkosten) vorab feststehen. Die Wirtschaftlichkeit anhand der Plankosten sowie der ermittelten Ist-Kosten zu überprüfen, stellt dabei die Aufgabe der Kontrolle dar. <?page no="66"?> 66 4 Grundlagen der Kostenrechnung In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten zusammengefasst. Ist-Kosten Normalkosten Plankosten Zeitbezug Vergangenheit Vergangenheit Zukunft Kosteninhalt d. h. Interpretation von „Kosten“ effektiv entstandene Kosten in einer speziellen Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Arztpraxis üblicherweise entstehende Kosten für eine solche Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Arztpraxis planmäßig entstehende Kosten für eine planmäßige Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Arztpraxis Tab. 3: Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 29. 4.8.2 Voll- und Teilkostenrechnung Die Kosten können auch nach dem Grad der Weiterverrechnung unterschieden werden. Von einer Vollkostenrechnung spricht man dabei, wenn alle angefallenen Kosten einer Periode auf die Kostenträger umgelegt bzw. weiterverrechnet werden. Auf Basis der Vollkosten erfolgt die überwiegende Mehrheit der Berechnungen in der tradierten Kostenrechnung. Mit Hilfe dieser Rechnung kann man Plan-, Ist- und Normal-Kostenrechnungen durchführen. Allerdings hat die Vollkostenrechnung Grenzen in ihrer Aussagekraft, die im 5.5 näher betrachtet werden. Auf der anderen Seite spricht man von der Teilkostenrechnung, auch Grenzkostenrechnung genannt, wenn nur Teile aller ermittelten Kosten weiterverrechnet werden. So werden im Rahmen der Teilkostenrechnung dem Kostenträger lediglich die variablen Kosten zugeordnet. Damit vermeidet man eine Verrechnung der Gemeinkosten, wie sie im Rahmen der Vollkostenrechnung praktiziert wird. 4.9 Zusammenfassung des Kapitels In diesem Kapitel fand die Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Kostenrechnung statt. Die Kostenrechnung basiert auf dem wertmäßigen Kostenbegriff und erfasst demnach den Werteverzehr, der sich durch die <?page no="67"?> 4.9 Zusammenfassung des Kapitels 67 betriebliche Leistungserstellung und -verwertung ergibt. Die Erfassung des Werteverzehrs erfolgt dabei kalkulatorisch, laufend, kurzfristig sowie erfolgsbezogen und ist an keine gesetzlichen Vorschriften gebunden. Die Durchführung der Kostenrechnung erfordert eine detaillierte Gliederung der Kosten nach mehreren Merkmalen. Grundsätzlich unterscheidet man dabei zwei wesentliche Gliederungsarten: In Bezug auf die Verrechenbarkeit der Kosten auf einen Träger bzw. ein Objekt wird zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten unterschieden. In Abhängigkeit der Kosten von der „Beschäftigung“ können Kosten in ihre fixen und variablen Anteile (fixe und variable Kosten) aufgeteilt werden. Die Kostenrechnung erfolgt grundsätzlich in drei Schritten: Die Kostenartenrechnung erfasst alle angefallenen Kosten und gliedert diese nach Arten sowie Einzelkosten und Gemeinkosten; die Kostenstellenrechnung verteilt die (Gemein-)Kosten nach dem Ort ihrer Entstehung, und die Kostenträgerrechnung verteilt die Kosten auf verschiedene Kostenträger, also auf Produkte und Leistungen. Dieser Vorgang kann dabei auf Voll- und Teilkostenbasis sowie vergangenheits- und zukunftsbezogen erfolgen. Schließlich sind verschiedene Prinzipien zu unterscheiden, nach denen die angefallenen Kosten auf die einzelnen Produkte bzw. Dienstleistungen verteilt werden können. Diese sind das Verursachungsprinzip, das Proportionalitätsprinzip, das Tragfähigkeitsprinzip und das Durchschnittsprinzip. Kontrollfragen Definieren Sie den Begriff „Kostenrechnung“! Legen Sie die typischen Merkmale der Kostenrechnung dar! Stellen Sie die Unterschiede zwischen Aufwand und Kosten mit Hilfe einer graphischen Darstellung dar. Gehen Sie dabei auf alle Unterbereiche des Aufwand-Kosten-Komplexes ausführlich ein! Geben Sie für jeden Unterbereich ein praxisbezogenes Beispiel! Stellen Sie die Unterschiede zwischen Ertrag und Leistung mit Hilfe einer graphischen Darstellung dar. Gehen Sie dabei auf alle Unterbereiche des Ertrag-Leistungs-Komplexes ausführlich ein! Geben Sie für jeden Unterbereich ein praxisbezogenes Beispiel! Erläutern Sie den Unterschied zwischen den Begriffspaaren „Einzelkosten“ und „Gemeinkosten“ sowie „fixe Kosten“ und „variable <?page no="68"?> 68 4 Grundlagen der Kostenrechnung Kosten“. Geben Sie für jeden der vier Begriffe ein praxisbezogenes Beispiel an! Was versteht man unter „Kostenspaltung“ und zu welchem Zweck wird diese durchgeführt? Welche Verrechnungsprinzipien der Kostentheorie gibt es? Geben Sie in knappen prägnanten Sätzen den Grundgedanken jedes Prinzips wieder! Erläutern Sie kurz den dreigliedrigen Ablauf der Kostenrechnung! Welche Funktion erfüllt der Betriebsabrechnungsbogen im Rahmen der Kostenrechnung? Welche Zeithorizonte liegen den Ist-, Normal- und Plankosten zugrunde? Erläutern Sie den jeweiligen Sinn und Zweck hinter dieser Einteilung! Was ist der grundsätzliche Unterschied zwischen der Voll- und Teilkostenrechnung? Literaturempfehlungen Zu Grundlagen der Kostenrechnung allgemein: Fischbach, S. (2018). Grundlagen der Kostenrechnung (7. Aufl.). München: Vahlen. Olfert, K. (2018). Kostenrechnung (17. Aufl.). Ludwigshafen: Kiehl. Insb. S. 21-85 Scherrer, G. (2005). Kostenrechnung. In: Bea, F.X., Friedl, B. und Schweitzer, M. (Hrsg.). Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 2: Führung (S. 668-758). Stuttgart: Lucius & Lucius. Zu Grundlagen der Kostenrechnung in Arztpraxen: Börkircher, H. (2004). Kostenmanagement in der Arztpraxis. In: Börkircher, H. (Hrsg.). Betriebswirtschaftliche Praxisführung für Ärzte. S. 143-154. Berlin/ Heidelberg: Springer. Frodl, A. (2011). Kostenrechnung und Kostenmanagement im Gesundheitsbetrieb. Betriebswirtschaft für das Gesundheitswesen. Wiesbaden: Gabler. Insb. S. 55-81. Koch, J. (2012). Betriebswirtschaftliches Grundwissen für Arztpraxen. Rechnungslegung und Controlling (3. Aufl.). Berlin: Erich Schmidt. Insb. S. 165- 180. <?page no="69"?> 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Die praktische Umsetzung der Vollkostenrechnung entwickelte sich nach dem Ersten Weltkrieg. Der Ausgangspunkt war dabei die Notwendigkeit, Produktpreise zu ermitteln. Der Grundgedanke der Vollkostenrechnung leitet sich unmittelbar aus diesem Rechnungszweck ab: Auf Basis der in einer Periode anfallenden Gesamtkosten sollen die Kosten der einzelnen Produkte oder Dienstleistungen bestimmt werden. Die Vollkostenrechnung zielt also darauf ab, „[…] sämtliche anfallende Kosten auf die Produkte und deren Einheiten zu verteilen“ (Weber & Weißenberger, 2015, S. 486). In diesem Kapitel wird diese allgemeine Vorgehensweise der Vollkostenrechnung speziell an die Besonderheiten der Arztpraxen angepasst. Dabei erfolgt zunächst die Auseinandersetzung mit den drei Stufen der Kostenrechnung, nämlich der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Im Anschluss daran werden die Möglichkeiten der Auswertung der Vollkostenrechnung aufgezeigt und die Probleme der Vollkostenrechnung diskutiert. 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis Die grundsätzliche Aufgabe der Kostenartenrechnung besteht darin, die Kosten zum Zweck einer verursachungsgerechten Weiterverrechnung an Kostenstellen und Kostenträger vollständig zu erfassen und nach einzelnen Kostenarten sowie nach Einzel- und Gemeinkosten eindeutig und überschneidungsfrei zu gliedern (Kalenberg, 2013, S. 33). Dementsprechend erfolgt die Kostenartenrechnung in drei Schritten, wie in der folgenden Abbildung dargestellt ist. Abb. 16: Ablauf der Kostenartenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 29. Aufgrund der großen Bedeutung der Kostenartenrechnung für alle nachfolgenden Rechenvorgänge im Rahmen der Kostenstellen- und Kostenträger- <?page no="70"?> 70 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis rechnung hat sie folgende Anforderungen zu erfüllen (Manz & Dahmen, 2014, S. 11): Die realen Gegebenheiten sollen möglichst strukturgleich in Kostenzahlen abgebildet werden. Die Nachprüfbarkeit soll anhand von Belegen gewährleistet werden. Die Kostenartenrechnung soll vollständig, genau und aktuell erfolgen. Die Kostenartenrechnung soll den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und der Flexibilität folgen. Die Kostenartenrechnung soll Angaben in Bezug auf die Periodenzuordnung und den Aufgabencharakter liefern. Dabei kann die Kostenartenrechnung nicht nur als Zuarbeiter für alle nachfolgenden Rechenvorgänge fungieren, sondern eine eigenständige Rolle einnehmen. So kann sie einen ersten Überblick über die Kostenstruktur und das Kostenniveau in einer Arztpraxis geben und als Ausgangspunkt für kostenartenbezogene Planungen, Kontrollen und Analysen verwendet werden (in Anlehnung an Manz & Dahmen, 2014, S. 12). 5.1.1 Kostenerfassung Die Frage, die sich zu Beginn des Kostenrechnungsprozesses stellt, ist folgende: Woher erhält man die notwendigen Daten? Grundsätzlich kann eine Erfassung der Grundkosten (aufwandsgleiche Kosten) aus der Finanzbuchhaltung der Praxis erfolgen. Dabei hat die doppelte Buchführung gegenüber der einfachen Buchführung einen großen Vorteil, da sie in ihren Prinzipien der Kostenrechnung ähnelt. Aus diesem Grund kann die doppelte Buchführung die Kostenrechnung besonders einfach mit Daten beliefern. Ergänzen können die Finanzbuchhaltung als Hauptquelle der Kostenrechnung Nebenrechnungen wie die Honorar- und Gehaltsabrechnungen, die der Ermittlung von Personalkosten dienen, sowie die Material- und Anlagenabrechnungen, durch die die Bestände sowie die Zu- und Abgänge an Werkstoffen und Anlagen erfasst werden. Die Praxisbuchhaltung stößt jedoch als Datenlieferant für die Kostenrechnung an mehreren Stellen an ihre Grenzen (Stelling, 2009, S. 25). Das ist insbesondere der Fall, wenn die Finanzbuchhaltung gar keine Kosten oder Kosten in anderer Höhe erfasst (die sogenannten kalkulatorischen Kosten), wenn sie eine andere periodenmäßige Erfassung der Kosten aufweist (beispielsweise werden in der Kostenrechnung im Gegensatz zur Buchhaltung Urlaubslöhne gleichermaßen auf das ganze Jahr verteilt), oder <?page no="71"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 71 wenn die Kostenrechnung eine weitere Kostenaufschlüsselung der durch die Buchhaltung erfassten Kosten erfordert (z. B. Trennung von Einzel- und Gemeinkosten). Insbesondere aufwendig ist dabei die Ermittlung kalkulatorischer Kosten, da diese in der Praxisbuchhaltung nicht erfasst werden. Aus diesem Grund müssen die kalkulatorischen Kosten gesondert ermittelt werden (z. B. durch Stundenaufstellung, durch Berechnung der Wagniskosten, anhand von Flächenberechnungen für die Räumlichkeiten usw.) (siehe Abbildung 17). Abb. 17: Kostenerfassung. Quelle: Eigene Darstellung. 5.1.2 Kosteneinteilung nach Kostenarten Im zweiten Schritt der Kostenartenrechnung müssen die erfassten Kosten eindeutig, überschneidungsfrei und lückenlos nach Kostenarten unterteilt werden. Als Kostenart gilt dabei die Menge aller Kosten, denen ein Merkmal in gleicher Weise zugrunde liegt (Steger, 2010, S. 174). Allgemein gibt es unterschiedliche Kriterien, nach denen Kosten eingeteilt werden können. Diese sind die Art der verbrauchten Produktionsfaktoren, die Zurechenbarkeit auf die Kostenträger, der Verlauf der Beschäftigungsänderungen, die betrieblichen Funktionsbereiche, die Art der Kostenerfassung und die Kostenträger (siehe Tabelle 4). <?page no="72"?> 72 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Gliederungskriterium Kostenarten Art der verbrauchten Güter Materialkosten, Personal- und Sozialkosten, Abschreibungen, Zinsen, Mietkosten, Kostensteuern, Gebühren und Beiträge, Fremdleistungskosten usw. Zurechenbarkeit auf Kostenträger Einzelkosten und Gemeinkosten betriebliche Funktionsbereiche Entwicklung, Beschaffung, Lagerhaltung, Transport, Produktion, Verwaltung, Vertrieb, Finanzen usw. Verlauf der Beschäftigungsänderungen fixe und variable Kosten Art der Kostenerfassung aufwandsgleiche Kosten (Grundkosten), kalkulatorische Kosten Kostenträger (Leistungseinheiten) Kosten der Produkte, Produktgruppen, Bereiche, Abteilungen, Standorte Tab. 4: Gliederung der Kosten. Quelle: Eigene Darstellung. Um Doppelerfassungen zu vermeiden, wird grundsätzlich die Kosteneinteilung nach der Art der verbrauchten Produktionsfaktoren empfohlen (Scherrer, 2005, S. 715). Demgemäß kann für Arztpraxen folgende Kosteneinteilung vorgeschlagen werden, wobei eine tiefere Gliederung bei jeder Kostenart möglich ist: Personalkosten (Löhne, Gehälter, Sozialleistungen, lohn- und gehaltsabhängige Abgaben usw.) Dienstleistungskosten (Beratungskosten, Kammerbeiträge, Steuern, Transport-/ Reisekosten, Versicherungskosten, Fax-/ Telefonkosten, Mieten, Pacht usw.) Werkstoffkosten (Kosten für Verbrauchsgüter) Kalkulatorische Kosten (kalkulatorische Gehälter, Mieten, Zinsen, Abschreibungen usw.) Im folgenden Buchabschnitt werden diese allgemein für Arztpraxen in Frage kommenden Kostenarten sowie die Möglichkeiten der entsprechenden Kostenerfassung detailliert erläutert. Darüber hinaus wird auch auf die Relevanz der einzelnen Kostenarten für Arztpraxen eingegangen. <?page no="73"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 73 5.1.2.1 Personalkosten 1 Personalkosten entstehen durch die Tätigkeit von Mitarbeitern in einem Betrieb. Sie umfassen dabei nicht nur Lohn- und Gehaltskosten, sondern auch die Sozialversicherungsbeiträge sowie alle weiteren in Verbindung mit der Arbeitsleistung anfallenden Kosten (Steger, 2010, S. 200). Insbesondere bei Dienstleistungsproduzenten bilden Personalkosten in der Regel den größten Kostenblock. Dabei lassen sich folgende Gruppen an Mitarbeitern in Arztpraxen unterscheiden, wobei auch Mischformen existieren: Verwaltungskräfte (z. B. Praxismanager) Wartungspersonal (z. B. Hausmeister) Medizinisches Fachpersonal (nicht ärztlich, z. B. MFA) Ärztliches Fachpersonal Praktikanten, Auszubildende usw. Leasing, ABM und ähnliche Programme Unterschiedliche Aufgabenbereiche der Mitarbeit in der Arztpraxis können als Grundlage für eine tiefere Gliederung der Personalkosten verwendet werden. Personalkosten können grundsätzlich in der Kostenartengruppe „Löhne, Gehälter, betrieblicher Personalaufwand“ erfasst (Scherrer, 2005, S. 718) und nach folgenden Kategorien gegliedert werden (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 40ff.; Känel, 2008, S. 160ff.): Lohn/ Gehalt: Hier handelt es sich um Arbeitsentgelt für Praxisangestellte. Honorare und Entschädigungen für Externe: Diese Kategorie umfasst sämtliche Honorare und Entschädigungen an Externe, für die keine Sozialleistungen abgerechnet werden (z. B. Berater usw.). Leistungszulage/ Prämie: Dazu gehören beispielsweise Jahresprämien für Angestellte. Mehrarbeitsvergütung: Hier handelt es sich um Aufschläge beispielsweise für Wochenendarbeit im Rahmen des KV-Bereitschaftsdienstes für Praxismitarbeiter. Gehaltszulagen: Gehaltszulagen werden gezahlt, wenn Mitarbeiter Kinder haben. 1 Der Begriff „Personalkosten“ wird hier synonym für die Kosten verwendet, die durch bezahlte Mitarbeit verursacht werden. <?page no="74"?> 74 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Gesetzliche Sozialaufwendungen: Diese umfassen den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung (der Arbeitgeber zahlt 50 Prozent der Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung und 100 Prozent der Unfallversicherung). Gesetzliche soziale Leistungen: Hierzu zählen z. B. Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall. Freiwillige soziale Leistungen: Hierzu gehören z. B. Ausgaben für Betriebsrente. Sonstige Personalkosten: Darunter fallen Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung der Praxismitarbeiter, Personalrekrutierung (Kosten für Schaltung der Inserate und Vermittlungsgebühren), Personalanlässe (Mitarbeiterausflug, Weihnachtsessen etc.) und weiteres (Geschenke, Jubiläen, Abfindungen etc.). Abb. 18: Lohnformen. Quelle: § 87, Abs. 1 BetrVG. Die Höhe der Löhne und Gehälter kann sich nach unterschiedlichen Kriterien bemessen. Grundsätzlich kommen als Erfassungsbzw. Berechnungsbasis für Löhne, Gehälter und Honorare Zeit und Leistung in Frage (siehe Abbildung 18). Zeitlohn steht dabei für einen Entlohnungsgrundsatz mit einer festen Vergütung für eine bestimmte Zeiteinheit. Ist diese Zeiteinheit eine Stunde, so wird von Stundenlohn und entsprechend von Zeitlohn und Gehalt gesprochen (REFA, 1991, S. 63). Die Berechnung des Zeitlohns erfolgt gemäß dieser Definition rein nach körperlicher Anwesenheit. Dabei kann eine etwaige Leistungszulage nach subjektiven Kriterien (z. B. Motivation bzw. Einsatz- <?page no="75"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 75 bereitschaft der Praxismitarbeiter) oder auch objektiven Kriterien (z. B. Auslastung der Praxis) gewährt werden. In den meisten Betrieben erfolgt die Entlohnung monatsweise, was heutzutage zum Regelfall geworden ist. Der vereinbarte Monatslohn wird dabei unabhängig von der Länge des Monats sowie der Anzahl an Sonn- und Feiertagen gezahlt. Für Akkordlohn gibt der Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation folgende Definition an (REFA, 1991, S. 32): „Akkordlohn ist ein Entlohnungsgrundsatz, bei dem der Lohn in der Regel anforderungs- und leistungsabhängig differenziert wird. Als Leistungskennzahl wird die vom Menschen beeinflussbare Mengenleistung beziehungsweise der daraus abgeleitete Zeitgrad benutzt. Der Zeitgrad ist auf eine bestimmte Bezugsleistung bezogen“. Gemäß dieser Definition erfolgt die Entlohnung im Akkordlohn anhand der Leistung, d. h. der Produktion innerhalb eines Zeitintervalls, wobei bei Zeitakkord die Untergrenze der tarifliche Mindestlohn pro Stunde ist. Beim Geldakkord gibt es dieses Grundgehalt nicht. Hier wird das Entgelt vollständig auf Basis der produzierten Menge berechnet. Der Prämienlohn kommt zusätzlich zum Grundlohn hinzu und wird beispielsweise auf Basis der Steigerung der betrieblichen Ergebnisse oder auf Basis der geschaffenen Kosteneinsparung an die entsprechenden Praxismitarbeiter ausgezahlt. In der Ist-Kostenrechnung werden die Arbeitszeiten und Akkordleistungen mit tatsächlichen Lohnsätzen bzw. Akkordlohnsätzen bewertet. Bei der Normalkostenrechnung erfolgt die Bewertung im Gegensatz dazu anhand der Durchschnittssätze aus vergangenen Perioden. An dieser Stelle ist zu unterstreichen, dass für die Berechnung nicht der Nettolohn, sondern der Bruttolohn maßgeblich ist, der sich aus dem Tariflohn zuzüglich aller gesetzlichen Zulagen, des gesetzlichen Sozialaufwandes, aller Zuschläge und Prämien ergibt (Scherrer, 2005, S. 718). Neben Zeit- und Leistungslohn gibt es weitere Formen der Vergütung. So spricht man bei der Bezahlung für ein ganzes Projekt von Pauschalentlohnung. Darüber hinaus existiert auch ein umsatzbzw. absatzabhängiges Arbeitsentgelt, das insbesondere bei gewinnorientierten Unternehmen von Relevanz ist. In Arztpraxen kommt bei der Ermittlung der Personalkosten vor allem die Arbeitszeit zum Tragen. So bekommen in der Regel die Voll- und Teilzeitbeschäftigten einen monatlichen Lohn ausgezahlt. Honorarkräfte rechnen ihre Tätigkeit ebenso nach Zeit ab (i. d. R. stundenweise) und stellen der Praxis am Ende des Monats eine Rechnung. Trotzdem können Mitarbeiter unter Umständen nach der Anzahl der absolvierten Leistungen vergütet werden, was grundsätzlich der Definition des Akkordlohns entspricht. <?page no="76"?> 76 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis 5.1.2.2 Werkstoffkosten Werkstoffkosten (synonym für Materialkosten) fallen grundsätzlich für Materialien an, die im Rahmen des Produktionsprozesses verarbeitet werden und in das Endprodukt eingehen. Unter dem Oberbegriff Werkstoffe lassen sich folgende Kategorien subsumieren (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 35ff.): Rohstoffe: Unter Rohstoffe fallen alle Güter, die als Hauptbestandteil in das zu produzierende Produkt eingehen. Sie stellen somit einen wesentlichen Bestandteil des Produktes dar (z. B. Metall beim EKG-Gerät). Da der Output der Arztpraxen immateriell ist, fehlt im Produktionsprozess der Rohstoffansatz. Somit ist diese Art der Werkstoffkosten für Arztpraxen irrelevant. Hilfsstoffe: Als Hilfsstoffe werden sämtliche Güter bezeichnet, die unmittelbar in das Endprodukt eingehen, jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Bei einem EKG-Gerät wären dies beispielsweise Lötmaterialien und Kunststoffe. Aufgrund der Immaterialität der zu erbringenden Leistungen fehlen in der Regel auch Hilfsstoffe bei der Produktion in Arztpraxen. Betriebsstoffe: Diese Art der Werkstoffe wird nur zur Einsatzbereitschaft der Produktion benötigt und geht dementsprechend nicht in das Produkt ein. In der Arztpraxis können das Wasser in den Behandlungsräumen, Strom in der Praxis, Reinigungsmittel oder auch Büromaterial sein. Handelswaren: Bei Handelswaren handelt es sich um zugekaufte Produkte. Verfügt der Arzt z. B. über ein Dispensierrecht würden hierunter Fertigarzneimittel fallen. Prinzipiell gehören hierzu auch Hilfsmittel, die vom Arzt direkt an den Patienten abgegeben werden. Zulieferteile: Zulieferteile sind Fremdbezugsteile, die ohne weitere Bearbeitung in das zu fertigende Produkt eingehen. In der Arztpraxis könnten hierunter etwa Einwegspritzen, Einweghandschuhe oder auch Kontrastmittel subsumiert werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Werkstoffkosten aufgrund der Immaterialität der produzierten Leistungen nur in einem geringeren Maße für Arztpraxen relevant sind, wie es die obere Erläuterung verdeutlicht. <?page no="77"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 77 Ermittlung der Werkstoffkosten Um die Werkstoffkosten in einem Betrieb zu ermitteln, müssen zunächst die Materialverbrauchsmengen erfasst werden. Dies kann nach drei Methoden erfolgen, wobei sie sich in ihrer Genauigkeit unterscheiden: Zugangsmethode Inventurmethode Skontrationsmethode (oder auch Fortschreibungsmethode) Im Folgenden werden diese Methoden zur Erfassung der Verbrauchsmengen kurz erläutert. Im Anschluss daran werden Verfahren zur Bewertung der Materialverbrauchsmengen dargestellt. [1] Die Zugangsmethode Bei dieser Methode werden sofort sämtliche laut Lieferschein angefallenen Zugänge der betroffenen Periode als Verbrauch verzeichnet. Die Zugangsmethode ist insbesondere für Güter geeignet, die aufgrund ihrer geringen Lagerfähigkeit unverzüglich verbraucht werden müssen. In der Regel sind das schnell verderbliche Waren wie beispielsweise einige Lebensmittel für das Wartezimmer oder auch schnell ablaufende Medikamente und Impfstoffe. [2] Die Inventurmethode Wie dem Namen dieser Methode entnommen werden kann, arbeitet sie nach der grundsätzlichen Vorgehensweise der Inventur: Zum Anfangsbestand werden zunächst die ins Lager zugegangenen Waren addiert. Danach wird davon der mittels Inventur ermittelte Endbestand abgezogen. Rechnerisch ergibt sich daraus die Zahl der Abgänge der Abrechnungsperiode. Die Inventurmethode bietet sich insbesondere dann an, wenn die körperliche Bestandsaufnahme der Güter einfach durchführbar ist (z. B. Waren im Lager der Praxis). Liegt dieser Fall jedoch nicht vor, zeigt sich ihr Einsatz als wirtschaftlich unzweckmäßig (Mumm, 2019, S. 47). Anzumerken ist jedoch, dass bei der Inventurmethode der unterjährige Verwaltungsaufwand sehr gering ist. Bestandsminderungen (Schwund) durch Diebstahl oder unsachgemäße Lagerung können nicht festgestellt werden und gehen direkt als Verbrauch in die Kostenrechnung ein. <?page no="78"?> 78 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis [3] Die Skontrationsmethode (oder auch Fortschreibungsmethode) Die Skontrationsmethode setzt die Aufzeichnung von Materialentnahmen mit sog. Entnahmescheinen voraus. Demnach wird bei jeder Entnahme von Gütern aus dem Lager ein Entnahmeschein ausgefüllt, um den entsprechenden Abgang an Material zu erfassen. Die Summe der Mengen auf den Entnahmescheinen ergibt den Verbrauch der Periode. Bei dieser Methode geht der Schwund im Lager nicht in den Verbrauch ein. Als Nachteil der Skontrationsmethode ist der zusätzlich hinzukommende Verwaltungsaufwand zu nennen, der sich jedoch durch entsprechende EDV-Systeme oder selbst mithilfe einfacher Excel-Tabellen in Grenzen halten lässt (Kalenberg, 2013, S. 37f.). Um den Schwund, der etwa durch Diebstahl oder dem Verderb der Ware wegen einer unsachgemäßen Lagerung entsteht, berechnen zu können, müssen die Verbrauchswerte aus der Inventurmethode mit denen der Skontraktionsmethode verglichen werden. Ergibt sich beispielsweise nach der Inventurmethode ein Verbrauch von 250 Mengeneinheiten und nach der Skontraktionsmethode von 210 Mengeneinheiten, dann sind im Lager 40 Mengeneinheiten verloren gegangen (Schwund). Gleichwohl können eine Ursache dafür auch Fehler bei der Erfassung der Zugänge, Abgänge oder des Bestandes sein. Sind die Verbrauchsmengen erfasst, können im nächsten Schritt ihre Kosten ermittelt werden. Diese ergeben sich aus dem mengenmäßigen Verbrauch multipliziert mit dem Preis. Für die Preisermittlung existieren dabei verschiedene Verfahren, wobei im Folgenden nur die, die in der Praxis am häufigsten verwendet werden, erläutert werden: Ist-Preisverfahren: Verwendung der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten Methode des periodischen Durchschnittspreises Methode der gleitenden Durchschnittspreise Festpreisverfahren Dabei kommen die Ist-Preisverfahren vornehmlich zum Einsatz, um Selbstkosten oder Verkaufspreise zu kalkulieren. Das Festpreisverfahren dient dazu, bei Preisschwankungen die Wirtschaftskontrolle durchzuführen und dabei diese Preisschwankungen als Ursache von Abweichungen auszuschließen. <?page no="79"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 79 Ist-Preisverfahren: Verwendung der historischen Anschaffungskosten Dieses Verfahren wird dann angewandt, wenn sich keine Preisveränderungen ergeben. In diesem Fall werden die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet, um den Verbrauch zu berechnen. Ist-Preisverfahren: Methode des periodischen Durchschnittspreises Bei dem Verfahren des periodischen Durchschnittspreises wird einmalig für jede Periode ein Durchschnittspreis ermittelt, der zur Berechnung des Verbrauchs verwendet wird. Um das Verfahren an einem Beispiel aufzuzeigen, wurden in der folgenden Tabelle die Lagerbewegungen von Einmalspritzen abgetragen. Datum Veränderung Menge Preis in €/ Stück 1.1. Anfangsbestand 200 1,00 13.4. Verbrauch 140 4.5. Zugang 1 200 0,70 1.9. Verbrauch 160 4.9. Zugang 2 100 0,80 Der Verbrauch auf Basis des periodischen Durchschnittspreises wird nun wie folgt ermittelt: Schritt 1: Vorerst werden die Zugänge und der Anfangsbestand mit ihren jeweiligen Preisen multipliziert und addiert. Schritt 2: Dann wird der Gesamtwert durch die kumulierte Menge geteilt. In unserem Beispiel ergibt also 420 Euro/ 500 Stück einen Durchschnittspreis von 0,84 Euro pro Stück. Schritt 3: Im nächsten Schritt wird die Summe aller Verbräuche ermittelt: In unserem Fall wurden 300 Stück (140 + 160) verbraucht. Schritt 4: Schließlich wird der Jahresverbrauch mit dem Durchschnittspreis multipliziert. Das bedeutet, dass sich ein Verbrauch in Höhe von 252 Euro (300 Stück × 0,84 Euro) ergibt. Die Bewertung des Endbestands der restlichen 200 Stück wird aus der Differenz zwischen 420 und 252 Euro errechnet und beträgt also 168 Euro. <?page no="80"?> 80 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Datum Menge Preis in €/ Stück Gesamtwert in € Anfangsbestand 1.1. 200 1,00 200 + Zugang 1 4.5. 200 0,70 140 + Zugang 2 4.9. 100 0,80 80 = Zwischensumme 500 420 Ist-Preisverfahren: Methode der gleitenden Durchschnittspreise Die Kosten des Verbrauchs können auch über die Methode der gleitenden Durchschnittspreise ermittelt werden. Die Vorgehensweise entspricht dem periodischen Verfahren, wohingegen lediglich nach jedem Lagerzugang ein neuer Durchschnitt gebildet wird, welcher in Folge maßgeblich für die Beurteilung des Verbrauchs ist (siehe nachstehende Tabelle). Datum Menge Preis in €/ Stück Gesamtwert in € Anfangsbestand 1.1. 200 1,00 200,00 - Verbrauch 13.4. 140 1,00 140,00 (Lagerbestand) 60 1,00 60,00 + Zugang 1 4.5. 200 0,70 140,00 (Lagerbestand) 260 0,7692 200,00 - Verbrauch 1.9. 160 0,7692 123,08 (Lagerbestand) 100 0,7692 76,92 + Zugang 2 4.9. 100 0,80 80,00 Endbestand 200 0,7846 156,92 Im gegebenen Fall ergibt sich beispielsweise durch die Division von 60 durch 140 ein neuer Durchschnittspreis von 0,7692 Euro, mit dem der Verbrauch am 1.9. bewertet wird (0,7692 × 160 = 123,70 Euro). Der Jahresverbrauch wird aus der Summe der Verbräuche vom 13.4. und vom 1.9. errechnet und beträgt also 140 + 123,7 = 263,7 Euro. <?page no="81"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 81 Festpreisverfahren Ein weiteres Verfahren zur Ermittlung des kostenmäßigen Verbrauchs ist das sogenannte Festpreisverfahren. Hier bildet der anfängliche Preis die Basis für die Berechnung, der in der ganzen Periode konstant bleibt (z. B. der vom Jahresanfang, im oberen Beispiel also 1,00 Euro). Etwaige Preisschwankungen bleiben dabei ungeachtet (Sigloch, 2011, S. 228). 5.1.2.3 Kalkulatorische Kosten Weiterhin sind in der Kostenartenrechnung die kalkulatorischen Kosten zu erfassen. Diese stellen aufwandsungleiche Kosten dar und sind entweder zu 4.2.5). In Arztpraxen bilden die kalkulatorischen Kosten grundsätzlich einen großen Block. Die meisten Praxen tun sich jedoch damit schwer, solche Sachverhalte zu erfassen, für die es keine Auszahlungen gibt, die aber trotzdem Kosten darstellen. Die Erfassung der kalkulatorischen Kosten könnte dennoch den Praxisinhabern helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden, die Wirtschaftlichkeit der Praxisarbeit zu erhöhen und zu einer realistischen Darstellung der wirtschaftlichen Wirklichkeit beitragen. Im Weiteren werden die unterschiedlichen Kategorien der kalkulatorischen Kosten an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Dabei soll auch auf den Sinn der Erfassung jeder einzelnen Kategorie eingegangen werden. Kalkulatorische Abschreibungen Abschreibungen stellen den Werteverzehr für materielle und immaterielle Gegenstände eines Betriebs dar. Dabei wird zwischen bilanziellen (pagatorischen) Abschreibungen (für externe Zwecke) und kalkulatorischen Abschreibungen (für interne Zwecke wie die Kostenrechnung) unterschieden (Offert, 2013, S. 123ff.). Sowohl in der Kostenrechnung als auch in der Bilanz werden planmäßige Abschreibungen bei den abnutzbaren Vermögensgegenständen wie beispielsweise bei den medizinischen Geräten vorgenommen. Bei außerordentlichen Wertminderungen kommen zudem sowohl bei abnutzbaren als auch bei nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen (z. B. dem Praxisgrundstück) außerplanmäßige Abschreibungen zur Anwendung (siehe Abbildung 19). So muss beispielsweise der Pkw für Hausbesuche, der durch einen Unfall einen Totalschaden erleidet und nicht mehr instand gesetzt wird, komplett abgeschrieben werden. Für die Berechnung der Abschreibungskosten, die den Reinvestitionsbedarf abdecken sollen, werden in der Regel nicht die ermittelten Abschreibungsbeträge <?page no="82"?> 82 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis aus der Finanzbuchhaltung zu Grunde gelegt, die als Basis die historischen Herstellungsbzw. Anschaffungskosten verwenden, sondern kalkulatorische Ausgangswerte (z. B. Wiederbeschaffungswerte, Zeitwerte). Mit dieser Vorgehensweise wird eine möglichst hohe Verursachungsgerechtigkeit angestrebt. Bei stabilem Preisniveau kann jedoch auch ein historischer Preis als adäquate Kalkulationsbasis für kalkulatorische Abschreibungen verwendet werden. Abb. 19: Abschreibung in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. Darüber hinaus wird bei kalkulatorischen Abschreibungen als Berechnungsbasis nicht die laut gesetzlicher AfA-Tabelle vorgeschriebene Nutzungsdauer (wie im Rahmen der Finanzbuchhaltung) verwendet, sondern die tatsächliche Abnutzungsdauer, die davon erheblich abweichen kann: So hat eine Behandlungseinheit des Zahnarztes eine steuerliche Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle von 10 Jahren. Tatsächlich wird sie aber beispielsweise in der Praxis 15 Jahre genutzt. Für die Zwecke der Kostenrechnung ergibt sich also eine andere Nutzungsdauer als für die Finanzbuchhaltung. Dementsprechend kann der anzusetzende Abschreibungssatz in der Kostenrechnung und in der Buchhaltung variieren. Fallbeispiel: Unterschiede zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung Die Unterschiede zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung können am Beispiel einer linearen Abschreibung des Pkws für Hausarztbesuche erläutert werden. Laut AfA-Tabelle wird ein Pkw linear über sechs Jahre abgeschrieben. Der Anschaffungspreis beträgt 20.000 Euro. Im Gegensatz dazu wird bei kalkulatorischer Abschreibung die (wirtschaf- <?page no="83"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 83 tliche) Nutzungsdauer mit acht Jahren geplant. Dabei wird in acht Jahren aufgrund der Inflation mit einem Wiederbeschaffungspreis in Höhe von 25.000 Euro gerechnet. Als bilanzielle Abschreibung ergibt sich aus der Division von 20.000 Euro und 6 Jahren ein jährlicher AfA-Betrag von 3.333,33 Euro. In der kalkulatorischen Abschreibung hingegen ergibt sich ein Betrag von 3.125 Euro p. a. aus der Division von 25.000 Euro und 8 Jahren (siehe Tabelle 5). bilanzielle Abschreibung kalkulatorische Abschreibung Nutzungsdauer 6 8 Ausgangswert 20.000 € 25.000 € Abschreibungsmethode linear linear Abschreibungsrate 3.333,33 € 3.125,00 € Tab. 5: Vergleich zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung. Quelle: Eigene Darstellung. Die geplante wirtschaftliche Nutzungsdauer muss geschätzt werden, was sich nach den konkreten Gegebenheiten richten muss. In Tabelle 6 wird ein möglicher Ansatz zur Schätzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern der Arztpraxen dargestellt. Die Werte basieren dabei auf den Afa-Tabellen für den Wirtschaftszweig „Gesundheitswesen“ (BMF, 1995), die als erste Orientierung dienen können. <?page no="84"?> 84 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Vermögensgegenstand des Praxis (wirtschaftliche) Nutzung (in Jahren) Abschreibungssatz (in %) EKG-Gerät 8 12 Endoskopie-Gerät 5 20 Medizinische Großgeräte (z. B. Kernspintomograph, Röntgengerät, Linearbeschleuniger) 8 12 EDV-Geräte, Büromaschinen/ Kommunikationssysteme 3-5 33,33-20,00 Mobiliar und Einrichtungen 15 7 Tab. 6: Nutzungsdauer und Abschreibungssatz von Wirtschaftsgütern der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an BMF, 1995). Da die genaue Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter nur schwer zu bestimmen ist, kommt es oft zu Fehleinschätzungen. In diesem Fall stehen grundsätzlich drei alternative Lösungen zur Auswahl, die am folgenden Fallbeispiel erläutert werden sollen (in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 92f. und 97). Fallbeispiel: Fehleinschätzung der Nutzungsdauer Vor sechs Jahren erwarb die radiologische Musterpraxis ein neues MRT. Die entsprechenden Anschaffungskosten (500.000 Euro) werden linear abgeschrieben, die geplante Nutzungsdauer zum Zeitpunkt des Erwerbs wurde auf 8 Jahre geschätzt. Nun stellt die Praxisführung und der Techniker des Herstellers fest, dass das MRT eigentlich in einem guten Zustand ist und zwei Jahre länger genutzt werden kann (insgesamt 10 Jahre). Folgende drei Alternativen zur Korrektur kalkulatorischer Abschreibungen werden in der Praxis formuliert: [1] Es wird vorgeschlagen, den bisherigen Abschreibungsbetrag beizubehalten. In diesem Fall werden 125.000 Euro (62.500 Euro × 2 Jahre) mehr abgeschrieben. [2] Der am Ende des sechsten Jahres stehende Restbuchwert in Höhe von 125.000 Euro wird auf die restlichen vier Jahre linear abgeschrieben. Der Restbuchwert am Ende der Nutzungsdauer beträgt dann null Euro. <?page no="85"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 85 [3] Am Ende des sechsten Jahres ermittelt man den ursprünglich richtigen Abschreibungsbetrag bei einer Nutzungsdauer von 10 Jahren in Höhe von 50.000 Euro und verrechnet diesen in den folgenden Jahren. In diesem Fall werden 25.000 Euro mehr abgeschrieben. Die ersten beiden formulierten Alternativen sind grundsätzlich abzulehnen, da diese Verfahren den tatsächlichen verursachungsgerechten Ressourcenverbrauch nicht realistisch abbilden können. Die dritte Alternative stellt das einzige Verfahren dar, das die noch folgenden Rechnungsperioden mit dem tatsächlichem Werteverzehr belastet. Aus diesem Grund sollte dieses Verfahren von der Musterpraxis angewandt werden. Der tatsächliche Werteverzehr gilt auch als Orientierung für den Fall, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ausfällt, als geschätzt wird. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Vorschriften können bei der kalkulatorischen Abschreibung alle Abschreibungsmethoden angewandt werden: lineare, geometrisch-degressive, arithmetisch-degressive, progressive und leistungsabhängige Abschreibung. Im Gegensatz dazu dürfen in der Bilanz nur die lineare und mit starken Einschränkungen die geometrisch-degressive Abschreibung genutzt werden (Olfert, 2018, S. 126ff.). Im Folgenden werden die verschiedenen Methoden zur Berechnung kalkulatorischer Abschreibungen erläutert (siehe Abbildung 20). Abb. 20: Abschreibungsmethoden. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="86"?> 86 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Lineare Abschreibung Bei der linearen Abschreibung wird der Basiswert eines Anlagegutes auf die Rechnungsperioden, in denen das Gut voraussichtlich genutzt wird, verteilt. Die Verteilung erfolgt dabei linear, also gleichmäßig. Demgemäß wird der jährliche Abschreibungsbetrag ausgerechnet, indem der Basiswert durch die Zahl der Nutzungsjahre dividiert wird. Am Ende der Nutzungsdauer hat das Gut einen Wert von 0 Euro. A = B ND A = Abschreibungsbetrag; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer Diese Methode wird aufgrund ihrer Einfachheit in der Praxis am häufigsten angewandt. Zudem kann die gleichmäßige Belastung als „Ausdruck einer angestrebten Periodengerechtigkeit“ interpretiert werden. Dies stellt ein bedeutendes Argument aus Sicht der Kostenrechnung dar, da keine Periode gegenüber der anderen bevorzugt bzw. benachteiligt wird. Gegen das Verfahren ist einzuwenden, dass es nicht dem typischen Verlauf des potenziellen Veräußerungserlöses entspricht, der nicht linear, sondern eher degressiv (unterproportional) verläuft. Aus diesem Grund werden mitunter in der kostenrechnerischen Praxis degressive Abschreibungsmethoden angewandt (Weber & Weißenberger, 2015, S. 87). Arithmetisch-degressive Abschreibung Bei der arithmetisch-degressiven Abschreibung wird von Periode zu Periode in abnehmenden Raten abgeschrieben. Die Abnahme erfolgt dabei um einen stets gleich bleibenden Betrag (der sogenannte Degressionsbetrag D). Dies führt zu degressiven, also immer geringeren Abschreibungsbeträgen. Auch bei dieser Methode ergibt sich am Ende der Nutzungsdauer der Wert von 0 Euro. D = B ND × (ND + 1) 2 A = D × (ND + 1 t) D = Degressionsbetrag; A = Abschreibungsbetrag im Zeitpunkt t; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer; t = Anzahl vergangener Perioden <?page no="87"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 87 Geometrisch-degressive Abschreibung Kommt die geometrisch-degressive Abschreibungsart zur Anwendung, erfolgt die Abschreibung ebenso in abnehmenden Raten. Die Raten werden jedoch nicht um einen konstanten Betrag, wie dies bei der arithmetisch-degressiven Abschreibung der Fall ist, sondern um einen konstanten Prozentsatz p vermindert. Im Unterschied zu den anderen Abschreibungsarten ergibt sich hier stets ein Restwert. Um dies zu umgehen, wird oftmals nach einer bestimmten Anzahl von Perioden auf eine lineare Abschreibung des Restwertes übergegangen. p = 100 × (1 ) A = Restwert(t 1) × p p = Abschreibungssatz; A = Abschreibungsbetrag; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer; t = Anzahl vergangener Perioden Die beiden dargestellten degressiven Abschreibungsmethoden führen zu einer nicht gleichmäßigen Belastung der Rechnungsperioden, deren Anwendung sich jedoch aus betriebswirtschaftlicher Sicht begründen lässt: Mit zunehmender Nutzungsdauer der medizinischen Geräte nehmen auch die Instandhaltungskosten progressiv zu. Beide Kostenarten (kalkulatorische Abschreibung und Instandhaltungskosten) führen zu einer relativen Gleichbelastung der Perioden. In Tabelle 7 findet sich ein Vergleich der drei erläuterten Abschreibungsarten am Beispiel der Abschreibung eines innovativen fahrbaren Ultraschallgeräts (Wiederbeschaffungswert von 15.000 Euro), das am 1.1.2020 beschafft wurde. Zeitpunkt der Abschreibung linear arithmetisch-degressiv geometrisch-degressiv 31.12.2020 15.000 -3.000 15.000 -5.000 15.000 -5.535 31.12.2021 12.000 -3.000 10.000 -4.000 9.465 -3.493 31.12.2022 9.000 -3.000 6.000 -3.000 5.972 -2.186 <?page no="88"?> 88 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis 31.12.2023 6.000 -3.000 3.000 -2.000 3.768 -1.408 31.12.2024 3.000 -3.000 1.000 -1.000 2.378 -878 31.12.2025 0 0 1.500 Tab. 7: Vergleich linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsart. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 95f. Die untere Abbildung verdeutlicht graphisch die Unterschiede zwischen linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsmethode. Abb. 21: Graphische Darstellung der Abschreibungsmethoden. Quelle: Eigene Darstellung. Arithmetisch- und geometrisch-progressive Abschreibungen Eine weitere Form der Abschreibung ist die progressive Abschreibung. Im Unterschied zu den degressiven Abschreibungen steigen hier die Abschreibungsraten, wobei die Progression auch arithmetisch oder geometrisch verlaufen kann. In der Praxis wird diese Methode nur sehr selten angewandt, da mit der zunehmenden Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts auch seine A = 15.000 5 Jahre = 3.000 = 15.000 5 × (5 + 1) 2 = 1.000 = 1.000 × (5 + 1 1) = 5.000 = 100 × (1 1.500 15.000 ) = 36,9% = 15.000 × 0,369 = 5.535 <?page no="89"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 89 Instandhaltungskosten progressiv zunehmen. Dadurch kommt es insbesondere in den letzten Abschreibungsperioden zu einer doppelten Belastung. Da dieses Verfahren keine Bedeutung in der Praxis hat, wird hier auf ein entsprechendes Rechenbeispiel verzichtet. Leistungsabhängige Abschreibung Im Gegensatz zu den anderen Abschreibungsmethoden, denen die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes zugrunde liegt, richtet sich die leistungsabhängige Abschreibung nach seiner Inanspruchnahme. Demnach werden die Herstellungsbzw. Wiederbeschaffungskosten entsprechend der tatsächlichen jährlichen Leistungsinanspruchnahme auf Basis eines zu schätzenden Gesamtvolumens verteilt. Da das Verfahren eine Messung der Leistungsabgabe erfordert, ist es schwer anwendbar und eignet sich nur für die Abschreibung weniger Praxisgüter wie z. B. eines Pkws für Hausbesuche (hier wäre eine Leistungsmessung mit Hilfe des jeweiligen Kilometerstandes möglich). Aufgrund dieser geringen Relevanz für Arztpraxen wird auch bei der leistungsabhängigen Abschreibung auf ein Rechenbeispiel verzichtet. Kalkulatorische Zinsen Die kalkulatorischen Zinsen (auch kalkulatorische Zinskosten genannt) stellen einen weiteren kalkulatorischen Kostenblock dar. Sie werden für das gebundene Gesamtkapital, das zur Finanzierung des Sachziels eingesetzt wird, unabhängig von der Art der Finanzierung (Eigen-/ Fremdkapital) berechnet und weichen daher meist von dem im Rahmen der Buchhaltung erfassten Zinsaufwand ab. Wird das Kapital aber nicht sachzielbezogen eingesetzt, handelt es sich bei Kapitalzinsen um keine Kosten, sondern um neutrale Aufwendungen, die in der Kostenrechnung nicht erfasst werden (Steger, 2010, S. 240). Im Rahmen der kalkulatorischen Zinsen muss zunächst zwischen Zinsen auf Fremdkapital und auf Eigenkapital unterschieden werden. Die Bereitstellung des Fremdkapitals für die Finanzierung sachzielbezogener Zwecke kann grundsätzlich als Dienstleistung angesehen werden, was als betriebsnotwendiger Verbrauch von Produktionsfaktoren zu verstehen ist (Hans, 2002, S. 114). Dem Ansatz der kalkulatorischen Kapitalzinsen auf Eigenkapital liegt dagegen der Opportunitätskostengedanke zugrunde. Unter Opportunitätskosten werden dabei entgangene Erlöse der nächstbesseren Verwendung verstanden. Demzufolge stellt das beispielsweise in einer Arztpraxis in Anlagen investierte Eigenkapital einen Wertverzehr dar, denn man hätte damit auf <?page no="90"?> 90 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis dem Kapitalmarkt Zinserträge erwirtschaften können (in Anlehnung an Fillinger, 1995, S. 124). Kalkulatorische Zinskosten sind insbesondere für solche Praxen von besonderer Relevanz, die in eigene Anlagen investieren wollen (z. B. Praxisräume, medizinische Großgeräte), was üblicherweise sehr kapitalinvestiv ist. Grundsätzlich lassen sich die kalkulatorischen Zinsen aus dem betriebsnotwendigen Kapital multipliziert mit einem Kalkulationszinssatz ermitteln (siehe untere Formel) (Steger, 2010, S. 240). Kalk. Zinsen = betriebsnotwendiges Kapital × Zinssatz Im Folgenden soll die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen schrittweise beschrieben werden. Schritt 1: Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens Den Ausgangspunkt der Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals stellt die Erfassung des betriebsnotwendigen Vermögens des Betriebs dar. Unter dem betriebsnotwendigen Vermögen versteht man das Vermögen, das zur Erreichung des Betriebszwecks beiträgt. Die Ermittlung des betriebsnotwendigen Praxisvermögens erfolgt i. d. R. anhand der in der Bilanz enthaltenen Vermögenswerte der Aktivseite (Coenenberg et al., 2016, S. 100). Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nicht alle Bestandteile der bilanzierten Vermögenswerte betriebsnotwendiges Vermögen darstellen und diese daher nicht zur Ermittlung der kalkulatorischen Kosten herangezogen werden sollten. Aus diesem Grund sind von dem gesamten bilanziell ausgewiesenen Vermögen alle nicht der Realisierung des Sachziels eines Betriebs dienenden Vermögensteile abzuziehen (Steger, 2010, S. 242). Dazu gehören beispielsweise ungenutzte oder fremdgenutzte Praxisräumlichkeiten. Dabei ist Folgendes zu beachten: Werden kalkulatorische Zinsen nur in Bezug auf das Eigenkapital der Praxis ermittelt (Zinsen auf Fremdkapital können aus der Praxisbuchhaltung übernommen werden), muss nur das betriebsnotwendige Vermögen ermittelt werden, das durch das Eigenkapital finanziert wird. Im folgenden Exkurs wird der Aufbau der Aktivseite der Praxisbilanz erläutert, der die Grundlage für die Ermittlung des betriebsnotwendigen (Umlauf- und Anlage-)Vermögens darstellt. Dabei ist zu beachten, dass im Regelfall die Arztpraxis eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (EÜR) durchführt und deswegen keinen Jahresabschluss und damit auch keine Bilanz aufstellt. Die Werte der Aktivpositionen des Anlagevermögens müssen gleichwohl auch für die EÜR erfasst werden. <?page no="91"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 91 Relevante Aktivpositionen des Umlaufvermögens (wie etwa die Höhe des Bankkontos, der Kassenbestand oder Vorräte an Verbrauchsmaterialien) lassen sich überschlagsmäßig bestimmen und haben in der Regel einen untergeordneten Wert. Exkurs: Aufbau der Aktivseite der Bilanz einer Arztpraxis Die Aktivseite der Bilanz setzt sich aus drei Hauptpositionen zusammen: Anlagevermögen, Umlaufvermögen und Rechnungsabrechnungsposten. Beim Anlagevermögen handelt es sich um solche Vermögenswerte, die nicht zur Veräußerung bestimmt sind und dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen. Dabei wird das Anlagevermögen in immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen untergliedert. Das Umlaufvermögen umfasst dagegen solche Vermögensgegenstände, die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, und die keine Posten der Rechnungsabgrenzung darstellen. Dazu gehören Vorräte, Forderungen, Wertpapiere, der Kassenbestand und die Bankguthaben. Der dritte Bereich der Aktivseite sind Rechnungsabgrenzungsposten. Hierbei handelt es sich um eine Bilanzposition, die Ausgaben umfasst, die vor dem Abschlussstichtag getätigt wurden, wobei die eigentliche Leistung nach dem Abschlussstichtag erfolgt. In der folgenden Tabelle ist der allgemeine Aufbau der Aktivseite einer Bilanz einer Arztpraxis mit entsprechenden Beispielen dargestellt. Aktiva in der Arztpraxis A. Anlagevermögen I. Immaterielle Vermögensgegenstände z. B. Immaterielle Praxiswerte bei erworbenen Praxissitzen, entgeltlich erworbene Software II. Sachanlagen z. B. unbebaute und bebaute Praxisgrundstücke, Gebäude, wie Praxisräume, medizinische Geräte, Büroeinrichtung, Einrichtung der Behandlungsräume, Fahrzeuge III. Finanzanlagen z. B. Aktien (langfristige Anlage von Mitteln) <?page no="92"?> 92 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis B. Umlaufvermögen I. Vorräte z. B. Warenbestände in der Praxis II. Forderungen z. B. Forderungen aus KV-Honoraren, Forderungen aus Selbstzahler-Leistungen III. Wertpapiere z. B. Aktien (kurzfristige Anlage von Mitteln) IV. Kassenbestand, Bankguthaben z. B. Kontoguthaben bei Kreditinstituten, Bestand der Praxiskasse C. Rechnungsabgrenzungsposten Tab. 8: Aktivseite der Bilanz einer Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. Bei der Betrachtung des allgemeinen Aufbaus der Aktivseite wird deutlich, dass alle ihre Bestandteile für Arztpraxen unter Umständen von Relevanz sein können. So handelt es sich bei immateriellen Vermögensgegenständen um nicht physische Vermögenswerte der Praxis wie immaterielle Praxiswerte oder eine entgeltlich erworbene Software (z. B. Praxismanagementsoftware). Finanzanlagen schließen solche Wertpapiere ein, die in der Praxis langfristig gehalten werden sollen (in der Regel mehr als 1 Jahr). Darüber hinaus können Praxen auch Sachanlagen in Form von unbebauten und bebauten Grundstücken besitzen oder über Gebäude (Praxisräumlichkeiten), medizinische Geräte oder auch Praxisfahrzeuge verfügen. Beim Umlaufvermögen sind das Kontoguthaben bei Kreditinstituten, der Bestand der Praxiskasse sowie Forderungen aus KV-Honoraren oder Selbstzahler-Leistungen relevant. Zudem haben Praxen i. d. R. auch Warenbestände im Lager, die sie auf der Aktivseite als Umlaufvermögen ausweisen müssen. Zum Umlaufvermögen einer Arztpraxis zählen auch Wertpapiere, die kurzfristig gehalten werden (weniger als ein Jahr). Schritt 2: Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens Die Bewertung des betriebsnotwendigen (Umlauf- und Anlage-)Vermögens erfolgt in der Kostenrechnung nicht bei allen Posten gleich. Beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen der Arztpraxis (z. B. Praxisgrundstück) wird als Wertansatz der kalkulatorische Ausgangswert zu Grunde gelegt. Hierbei <?page no="93"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 93 handelt es sich in der Regel um die Anschaffungskosten bzw. um Werte, die sich aus der Finanzbuchhaltung ergeben. Bei Preissteigerungen werden die Wiederbeschaffungskosten verwendet. Beim abnutzbaren Anlagevermögen (z. B. medizinische Geräte) kann die Bewertung mit Restwertverzinsung oder Durchschnittswertverzinsung erfolgen. Bei der Restwertverzinsung werden die kalkulatorischen Zinsen auf Basis der Restwerte berechnet. Diese ergeben sich aus dem Anschaffungswert abzüglich der zwischenzeitlich angefallenen Abschreibungen. Bei Durchschnittswertverzinsung wird dagegen als Wertansatz der halbe kalkulatorische Ausgangswert (Anschaffungs-/ Herstellungskosten oder Wiederbeschaffungskosten) verwendet: Wertansatz = Anschaffungs / Herstellungskosten 2 oder = Wiederbeschaffungskosten 2 In der Praxis wird die Durchschnittswertmethode aufgrund ihrer einfachen Handhabung oft der Restwertmethode vorgezogen (Steger, 2011, S. 245). Was das Umlaufvermögen anbelangt, befindet sich dieses nur für kurze Zeit in der Praxis. Daher kann seine Höhe innerhalb einer Periode stark schwanken. Aus diesem Grund wird das betriebsnotwendige Umlaufvermögen nicht mit einem sich aus der Bilanz ergebenden Stichtagsbestand, sondern mit dem Durchschnittsbestand der relevanten Abrechnungsperiode angesetzt. In der folgenden Tabelle werden die relevanten Wertansätze in Abhängigkeit von der Vermögensform zusammenfassend dargelegt. Vermögensform Wertansatz nicht abnutzbares betriebsnotwendiges Anlagevermögen (z. B. Praxisgrundstück) kalkulatorischer Ausgangswert abnutzbares betriebsnotwendiges Anlagevermögen (z. B. langlebige medizinische Geräte) hälftiger kalkulatorischer Ausgangswert (Durchschnittswertmethode) oder Ausgangswert abzüglich der zwischenzeitlich angefallenen Abschreibungen (Restbuchwertmethode) <?page no="94"?> 94 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis betriebsnotwendiges Umlaufvermögen: - Zahlungsmittelbestände (z. B. Praxiskassenbestände) geleistete Anzahlungen - Vorräte (z. B. an Betriebsstoffen) - Forderungen usw. durchschnittlicher Buchwert Tab. 9: Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens. Quelle: Eigene Darstellung. Schritt 3: Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals Nachdem das betriebsnotwendige Vermögen ermittelt und bewertet wurde, kann schließlich das betriebsnotwendige Kapital der Arztpraxis entsprechend dem unten angeführten Schema ausgerechnet werden: betriebsnotwendiges Vermögen Abzugskapital = betriebsnotwendiges Kapital Unter dem sogenannten Abzugskapital, das vom betriebsnotwendigen Vermögen abgezogen werden muss, ist das der Praxis zinsfrei zur Verfügung stehende Fremdkapital zu verstehen (z. B. Förderungen der öffentlichen Hand oder Lieferantenkredite). Schritt 4: Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes Im nächsten Schritt wird der kalkulatorische Zinssatz ermittelt. Dieser ist individuell für jede Arztpraxis. Für die Ermittlung des Zinssatzes müssen dabei der Zinssatz für Fremdkapital und der Zinssatz für Eigenkapital berücksichtigt werden. Erfolgt die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals mit dem Fremdkapitalzins, kann dafür ein Durchschnittssatz angewandt werden (in diesem Fall sind Zinskosten als Anderskosten zu betrachten). Die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes für das Eigenkapital erfolgt nach dem Opportunitätskostenprinzip. Demgemäß ist dafür der Zinssatz der nächstgünstigsten Verwendung relevant (Steger, 2011, S. 248). In der Praxis orientiert man sich dabei überwiegend am langfristigen und risikoarmen Kapitalmarkt wie z. B. dem Markt für Staatsanleihen. Der aktuelle Zins für zehnjährige Staatsanleihen in Deutschland liegt beispielsweise bei etwa -0,52 Prozent (Stand: März 2020). Hierzu wird in der Regel ein (Risiko-)Zuschlag addiert, um das Risiko einer Fehleinschätzung zu berücksichtigen. Bleibt der dann <?page no="95"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 95 ermittelte kalkulatorische Zinssatz negativ, werden die kalkulatorischen Zinsen weggelassen. Grundsätzlich steht man bei der Berechnung von Zinskosten vor der Wahl, kalkulatorische Zinsen auf Eigen- und Fremdkapital gemeinsam oder getrennt zu ermitteln. Werden die Zinsen getrennt ermittelt, können Kosten des Fremdkapitaleinsatzes aus der Buchführung übernommen und die Kosten des Eigenkapitaleinsatzes entsprechend der oberen Beschreibung ergänzend berechnet werden. Werden Zinskosten aber zusammen berechnet, muss ein gemeinsamer Mischzinssatz ermittelt werden, da die kalkulatorischen Zinsen sowohl auf das Fremdals auch auf das Eigenkapital anfallen. Hierzu ist nicht nur die Höhe von Eigen- und Fremdkapitalzinsen von Bedeutung, sondern auch die Kapitalstruktur der Praxis, d. h. das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital (siehe Abbildung 22). Der Mischzins ergibt sich dann aus der Summe von Eigenkapitalzinssatz multipliziert mit dem jeweiligen Eigenkapitalanteil und Fremdkapitalzinssatz multipliziert mit dem Fremdkapitalanteil. Zu unterstreichen ist auch, dass der gemeinsame Mischzinssatz nur bei langfristigen strukturellen Veränderungen (z. B. in der Kapitalstruktur, beim Zinsniveau) angepasst werden muss. Die Anpassung an jede Änderung wäre zu aufwendig und würde die Vergleichbarkeit der kostenrechnerischen Ergebnisse untereinander erschweren (Klümper & Zimmermann, 2002, S. 114). Abb. 22: Faktoren für die Bestimmung des kalkulatorischen Mischkapitalzinses. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Klümper & Zimmermann, 2002, S. 114. Schritt 5: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen Nachdem das betriebsnotwendige Kapital der Praxis und der Zinssatz ermittelt wurden, können schließlich die kalkulatorischen Zinsen entsprechend der folgenden Formel berechnet werden: kalkulatorische Zinsen = kalkulatorischer Zinssatz × betriebsnotwendiges Kapital <?page no="96"?> 96 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Fallbeispiel: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen in der Arztpraxis Die Musterpraxis für Orthopädie besitzt ein Grundstück (Wiederbeschaffungswert: 50.000 Euro), auf dem sich das Praxisgebäude befindet (150.000 Euro). Ein Drittel des Praxisgebäudes steht derzeit leer und soll zu Kooperationszwecken an eine Praxis für Physiotherapie vermietet werden. In den anderen zwei Dritteln des Gebäudes praktizieren die Orthopäden der Musterpraxis. Der Wiederbeschaffungswert der langlebigen medizinischen Geräte sowie anderer Infrastruktur der Praxis beträgt 200.000 Euro. Der Kassenbestand und der Kontobestand der Praxis liegen zusammen bei insgesamt 10.000 Euro. Das Kapital der Praxis besteht zu 60 Prozent aus Eigen- und zu 40 Prozent aus Fremdkapital. Die Höhe der Lieferantenkredite betrug in der relevanten Rechnungsperiode 10.000 Euro. Anhand dieser Informationen sollen kalkulatorische Zinsen für ein Jahr ermittelt werden, wenn der Zins für Staatsanleihen bei 1 Prozent liegt und der durchschnittliche Fremdkapitalzins 2 Prozent beträgt. Die Bewertung des abnutzbaren betriebsnotwendigen Anlagevermögens soll nach der Durchschnittswertmethode vorgenommen werden. Schritte 1 und 2: Ermittlung und Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens (mit Durchschnittswertmethode) Grundstück 50.000 = 50.000 Nutzung des Praxisgebäudes (2/ 3 Gebäude) 150.000 × 2/ 3 2 = 50.000 nicht genutzte Fläche des Praxisgebäudes (1/ 3 Gebäude) nicht betriebsnotwendig = 0 langlebige Medizintechnik, sonstige Praxisinfrastruktur 200.000 2 = 100.000 Kasse, Konto 10.000 = 10.000 durchschnittliches betriebsnotwendiges Vermögen (BNV) . <?page no="97"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 97 Schritt 3: Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals (BNK) Als Abzugskapital vom betriebsnotwendigen Vermögen werden die Lieferantenkredite in Höhe von 10.000 Euro berücksichtigt : BNK = BNV Abzugskapital = 210.000 10.000 = 200.000 € Schritt 4: Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes Der kalkulatorische Zinssatz stellt den sogenannten Mischzins dar, der sich aus Eigen- und Fremdkapitalzinsen nach dem durchschnittlichen Verhältnis der Eigen- und Fremdfinanzierung der Praxis ergibt. 0,01 × 0,6 + 0,02 × 0,4 = 0,006 + 0,008 = 0,014 bzw. 1,4 % Schritt 5: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen Die kalkulatorischen Zinsen für ein Jahr ergeben sich schließlich aus dem Produkt des betriebsnotwendigen Kapitals und des im Schritt 4 errechneten Mischzinssatzes: kalkulatorische Zinsen = 200.000 × 0,014 = 2.800 € Kalkulatorische Wagniskosten Die betriebliche Tätigkeit in Arztpraxen ist mit bestimmten Risiken verbunden, die im Hinblick auf ihre Höhe und ihren Zeitpunkt zufällig auftreten können. Diese Risiken können im Rahmen der Kostenrechnung über die sogenannten kalkulatorischen Wagnisse erfasst werden. Dabei sollen kalkulatorische Wagniskosten nur solche Risiken abdecken, die nicht anderweitig durch eine Versicherung erfasst werden bzw. die durch eine Versicherung gar nicht erfasst werden können (siehe Abbildung 23). Mit der Erfassung kalkulatorischer Wagniskosten werden die unvorhersehbar und unstetig anfallenden Kosten für unsichere Ereignisse geglättet. Damit sollen eventuelle Schwankungen bei der Ermittlung von Praxiskosten vermieden werden. Die tatsächlich anfallenden Beiträge werden dabei als außerordentlicher Aufwand erfasst und nicht in die Kostenrechnung der Arztpraxis übernommen (in Anlehnung an Seufert, 1999, S. 119). Grundsätzlich unterscheidet man folgende Arten von Wagnissen: Beständewagnis (= Lagerverluste durch Diebstahl, Schwund, Wertverlust wegen technischen Fortschritts usw.), Fertigungswagnis (= etwaige Mehrkosten durch Arbeits- oder Konstruktionsfehler), Vertriebswagnis (= Forderungsausfälle, Währungsverluste), Gewährleistungswagnis (= Kosten für Gewährleistungen wie Ersatzlieferungen, Kulanz usw.), Entwicklungswagnis (= fehlgeschla- <?page no="98"?> 98 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis gene Forschungs- und Entwicklungsarbeiten) und Anlagewagnis (= Ausfälle, Wertminderungen, vorzeitiges Nutzungsende der Anlagengüter) (Olfert, 2018, S. 141). Abb. 23: Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten. Quelle: Manz & Dahmen, 2014, S. 22. In Arztpraxen sind vor allem das Beständewagnis, das Anlagewagnis und das Vertriebswagnis von Relevanz: Beständewagnis: Arztpraxen lagern Verbandsmaterialien und Medikamente, die durch Verfall, unsachgemäße Lagerung und Diebstahl von Schwund betroffen sind. Anlagewagnis: Viele Arztpraxen besitzen neben den Anlagegütern im administrativen Bereich (Räumlichkeiten der Verwaltung und Anmeldung, EDV-Anlagen, Büro-Ausstattung) auch umfassende medizinisch-technische Einrichtungen (medizinische Großgeräte, Behandlungseinrichtungen) mit entsprechender Ausstattung. Diese Anlagegüter sind dem Risiko von Diebstahl, Brand, Verkürzung der Nutzungsdauer sowie der Obsoleszenz (Veralterung) ausgesetzt. Vertriebswagnis bzw. Debitorenwagnis: Viele Praxen hatten zumindest einmal das Problem, das einzelne Selbstzahler ihre Leistungen nicht bezahlt haben. Für den Ausfall von Forderungen aus Praxisleistungen ist das sogenannte Vertriebswagnis bzw. Debitorenwagnis anzusetzen. Durch dessen Erfassung in der Kostenrechnung können eventuelle Forderungsausfälle in der Planung berücksichtigt werden. <?page no="99"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 99 Die Berechnung der kalkulatorischen Wagniskosten erfolgt durch Multiplikation der zweckdienlichen Bezugsbasis des laufenden Jahres mit einem Wagnissatz, der aus historischen Erfahrungswerten und/ oder Statistiken bekannt ist (Steger, 2010, S. 254). Die Bezugsbasis können beispielsweise im Falle eines Gewährleistungswagnisses die Selbstkosten der produzierten Dienstleistungen sein. Wagnissatz (%) = Wagnisverluste vergangener Perioden Bezugsgröße × 100 Fallbeispiel: Ermittlung kalkulatorischer Wagniskosten In der Hausarztpraxis konnte anhand von Erfahrungswerten festgestellt werden, dass jedes Jahr durchschnittlich 50 von insgesamt 5.000 Selbstzahler-Leistungen aus unterschiedlichen Gründen wie Tod, Krankheit, Umzug, finanzielle Probleme usw. nicht gezahlt werden oder einen Kostenerlass beim Praxisinhaber beantragen. Dadurch entstehen der Praxis Forderungsausfälle, die in der Praxiskostenrechnung berücksichtigt werden sollen. Hierfür wird zunächst der Wagnissatz berechnet: Wagnissatz (%) = . × 100 = 1 % Die kalkulatorischen Wagniskosten einer Jahresperiode ergeben sich dadurch, dass der zuvor berechnete Wagnissatz von einem Prozent mit der Summe der gesamten Selbstzahler-Leistungen (100.000 Euro) multipliziert wird. Wagniskosten der Periode = 0,01 × 100.000 = 1.000 € Um Schwankungen bei der Berechnung von Praxisleistungen zu eliminieren, werden also 1.000 Euro an kalkulatorischen Wagniskosten in der Kostenrechnung der Praxis erfasst. Kalkulatorische Mietkosten Eine weitere für Arztpraxen relevante kalkulatorische Kostenart ist die kalkulatorische Miete. Diese wird in gewinnorientierten Unternehmen für Grundstücke, Gebäude und Gegenstände berechnet, die sich nicht im Eigentum des Unternehmens befinden, aber vom Einzelunternehmer oder Gesellschafter für betriebliche Zwecke kostenlos oder deutlich unter dem Marktpreis zur Verfügung gestellt werden (Olfert, 2018, S. 145). In der Finanzbuch- <?page no="100"?> 100 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis haltung ist bei derartigen Mietverhältnissen keine Verbuchung von Aufwendungen zulässig (Steger, 2010, S. 256). Mit der Berücksichtigung kalkulatorischer Mietkosten soll die Verzerrung der Kostensituation vermieden werden, die sich daraus ergibt, dass man die Grundstücke, Gebäude und Gegenstände eigentlich von fremden Dritten zum üblichen Marktpreis mieten müsste. Allerdings soll die kalkulatorische Miete nicht angesetzt werden, wenn schon kalkulatorische Abschreibungen oder Zinsen in Bezug auf dasselbe Objekt erfasst werden, denn dadurch käme es zur Doppelbelastung (Olfert, 2018, S. 145; Steger, 2011, S. 256). Bei der Erfassung bzw. Bewertung der kalkulatorischen Mietkosten orientiert man sich in der Regel an der durchschnittlichen Miete für vergleichbare Räume und Gegenstände. Die durchschnittliche Miete für vergleichbare Räume kann aus dem Gewerbe-Mietspiegel, der normalerweise von den Stadtverwaltungen erstellt wird, entnommen werden. In der folgenden Tabelle ist beispielsweise ein Auszug aus dem Gewerbe-Mietspiegel 2018 im Kammerbezirk Dresden abgebildet. Flächen- oder Gewerbeart Preisspanne in EUR pro m² Mittelwert in EUR pro m² Einzelhandel 4,00-13,00 6,60 Büro/ Verwaltung 3,30-8,90 5,40 Praxis 4,00-7,50 6,00 Gastronomie 3,50-6,00 5,00 Produktion/ Werkstätten 2,50-6,00 4,50 Lager 1,00-3,80 2,20 Tab. 10: Gewerbe-Mietspiegel 2018, Landkreis Meißen sonstige Städte und Gemeinden. Quelle: Industrie und Handelskammer Dresden, 2018, S. 18f. Fallbeispiel: Berechnung der kalkulatorischen Miete Ein Hausarzt mit 1.000 Patienten pro Quartal erhält aufgrund der schwierigen Situation in eher ländlichen Gebieten in Ostdeutschland eine Praxis (100 m²) im Landkreis Meißen kostenfrei durch das Land zur Verfügung gestellt, ohne dass eine bestimmte Nutzungsdauer festgelegt wurde. Um die Verzerrung der Kostensituation auszugleichen und sich für den Fall des Wegfalls der Nutzungsmöglichkeit abzusichern, möchte nun der Praxis- <?page no="101"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 101 inhaber die kalkulatorische Miete im Rahmen der Praxiskostenrechnung erfassen. Hierbei wird der aktuelle Gewerbe-Mietspiegel des Landkreises Meißen verwendet (siehe Tabelle 10), nach dem der Mittelwert pro Monat und m² für Praxisräume 6,00 Euro beträgt. Entsprechend diesem Wert kann die kalkulatorische Miete wie folgt berechnet werden: kalkulatorische Miete = 100 × 6,00 € = 600,00 € Da die Vereinbarung getroffen wurde, dass der Raum dem Land überlassen werden kann, sobald er wieder benötigt wird, sollte die Praxisführung dazu die kalkulatorische Miete in der Kostenplanung berücksichtigen. Auf diese Weise wäre, für den Fall der notwendigen Abgabe, die Finanzierung eines alternativen Raums sichergestellt. Kalkulatorische Personalkosten Ein weiterer Bestandteil des kalkulatorischen Kostenblocks ist der kalkulatorische Lohn. In Kapitalgesellschaften erhalten leitende Mitarbeiter für ihre Arbeit als Vorstandmitglieder oder Geschäftsführer Gehälter, die als Personalkosten im Rahmen der Kostenrechnung erfasst werden. Bei den Personengesellschaften oder Einzelunternehmen werden den Inhabern jedoch keine Gehälter gezahlt, weil ihre Leistung über den Gewinn entlohnt wird. Da also der Unternehmerlohn über den Gewinn erwirtschaftet werden soll, wird er in der Regel bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen auf kalkulatorischer Kostenbasis in der Preisberechnung im Sinne des Opportunitätskostenprinzips berücksichtigt (Olfert, 2018, S. 143). Ähnlich gestaltet sich die Erfassung der kalkulatorischen Gehälter/ Löhne für das Praxispersonal. Insbesondere das Gehalt des Inhabers einer Einzelpraxis fällt u. a. hierunter, genauso wie beispielsweise der Lohn von angestellten Ärzten in Weiterbildung für Allgemeinmedizin, der durch die regional zuständige KV und die Krankenkassen in Form einer Förderung gezahlt wird (siehe Abbildung 24). Auf diese Weise kann der Werteverzehr der nicht (von der Praxis) bezahlten Tätigkeit berücksichtigt werden. <?page no="102"?> 102 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Abb. 24: Kalkulatorische Löhne/ Gehälter in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung Coenenberg et al., 2016, S. 74. Die Erfassung und Bewertung kalkulatorischer Lohnkosten kann auf Basis des geleisteten Outputs in folgenden Schritten erfolgen: [1] Zuerst müssen die stundenmäßigen Leistungen des betreffenden Personals erhoben werden. [2] Danach ist ein Stundensatz für die Berechnung der stundenmäßigen Leistungen dieses Personals festzulegen. Die Höhe des kalkulatorischen Stundensatzes kann dabei mit Hilfe von durchschnittlichen Gehältern von bezahlten Angestellten in vergleichbarer Position aus anderen Betrieben der gleichen Branche ermittelt werden. Für eine Arztpraxis könnte sich der angesetzte Stundensatz des Praxisinhabers beispielsweise nach einem angestellten Fach- oder Oberarzt im Krankenhaus richten. Bei einem Arzt in Weiterbildung wäre das durchschnittliche Gehalt eines Assistenzarztes im Krankenhaus das Äquivalent. [3] Die stundenmäßigen Leistungen des betreffenden Personals müssen gemäß diesem Stundensatz berechnet werden. [4] Weiterhin muss analysiert werden, an welchen Stellen die Aufnahme kalkulatorischer Kosten in den Betriebsabrechnungsbogen der Praxis und die Berücksichtigung dieser bei der Kalkulation der Praxisleistungen (Selbstzahler-Leistungen) Sinn ergibt. Schließlich ist zu kontrollieren, inwieweit eine effiziente Nutzung dieser Tätigkeit in der Arztpraxis gewährleistet ist. <?page no="103"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Arztpraxis 103 5.1.2.4 Dienstleistungskosten Dienstleistungskosten sind Kosten für alle Dienstleistungen, die von externen Anbietern bezogen wurden (Steger, 2010, S. 209). Daher werden sie auch Fremdleistungskosten genannt. Dienstleistungskosten können in der Regel direkt aus der Finanzbuchhaltung übernommen werden. Insofern ist ihre Erfassung mit keiner großen Komplexität verbunden. Der Kostenblock der Dienstleistungskosten kann ein großes Spektrum in der Arztpraxis umfassen. So können Dienstleistungskosten für Miete/ Pacht, Versicherung, Laborkosten, Werbung, Transport, Fracht, Steuerberatung, Instandhaltung, Wartung sowie Rundfunkgebühren anfallen. Weitere Kosten in der Arztpraxis, die zu den Dienstleistungskosten zählen, sind typische, alltäglich anfallende Kosten wie Telefon-/ Internetkosten, Portogebühren, Kontoführungsgebühren etc. Auch Kosten für solche Sachleistungen wie Energie und Wasser können als Dienstleistungskosten bezeichnet werden, obwohl sie streng genommen zu den Werkstoffkosten zu zählen sind (Manz & Dahmen, 2014, S. 21). 5.1.3 Aufteilung der Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten Nachdem die Kosten nach Kostenarten gegliedert wurden, müssen sie zum Zweck der weiteren Verrechnung auf die Kostenträgerkonten als Einzelkosten und Gemeinkosten im Sinne der Zurechenbarkeit zu den Endleistungen der Praxis aufgeteilt werden. Die Verrechnung der Einzelkosten erfolgt direkt, indem die Kostenartenkonten entlastet und die Einzelkosten gleich an die Kostenträgerkonten übertragen werden. Die Gemeinkosten werden dagegen zuerst im Rahmen der Kostenstellenrechnung einzelnen Kostenstellen zugeordnet und erst danach auf die Kostenträger übertragen. 5.1.4 Zusammenfassung: Kostenartenrechnung in der Arztpraxis Die Kostenartenrechnung bildet die erste Stufe der Praxiskostenrechnung. Deren primäre Aufgabe besteht darin, sämtliche Praxiskosten zu erfassen, nach Kostenarten und anschließend nach Einzel- und Gemeinkosten zu gliedern. Zum Zweck der Kostenerfassung ist eine doppelte Buchführung von großem Vorteil, da sie in ihren Prinzipien der Kostenrechnung ähnelt. Es muss jedoch beachtet werden, dass die Buchhaltung als Datenlieferant für die Kostenrechnung an mehreren Stellen ihre Grenzen findet. Beispielsweise werden im Rahmen der Buchhaltung nur pagatorische Kosten erfasst, sodass kalkulatorische Kosten unberücksichtigt bleiben. <?page no="104"?> 104 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Für Arztpraxen sind vor allem folgende Kostenarten relevant: Personalkosten, Dienstleistungskosten, Werkstoffkosten (Betriebsstoffe) und kalkulatorische Kosten. Kontrollfragen Definieren Sie den Begriff der Kostenartenrechnung und skizzieren Sie typische Anforderungen an diese! Beschreiben Sie den Ablauf der Kostenartenrechnung! An welchen Stellen findet die Praxisbuchhaltung als Datenlieferant für die Kostenrechnung ihre Grenzen? Nennen Sie allgemeine Kriterien, nach denen Kosten gegliedert werden können! Welche Kostenarten sind für Arztpraxen relevant? Nach welchen Kategorien können Personalkosten in einer Arztpraxis eingeteilt werden? Welche Materialkosten können für Arztpraxen von Relevanz sein? Nennen Sie entsprechende Beispiele! Welche Unterarten können bei kalkulatorischen Kosten unterschieden werden? Nennen Sie für jede Unterart jeweils ein praxisbezogenes Beispiel! Für welche Güter müssen Abschreibungen durchgeführt werden? Nennen Sie Abschreibungsmethoden, die im Rahmen der Kostenrechnung angewandt werden können! Nach welcher Formel werden kalkulatorische Zinsen berechnet? Welche Arten der Wagniskosten sind für Arztpraxen von Relevanz? Nennen Sie drei Beispiele für Dienstleistungskosten in einer Arztpraxis! 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis Die zweite Stufe der Kostenrechnung bildet die Kostenstellenrechnung. Hier wird der Frage nachgegangen, wo die Kosten in der Praxis entstehen. Hierbei geht es ausschließlich um Kosten, die nicht unmittelbar einem Kostenträger zugewiesen werden können. Mit anderen Worten versucht die Kostenstellen- <?page no="105"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 105 rechnung zu ergründen, an welchem Ort die Gemeinkosten angefallen sind, um diese im weiteren Verlauf der Kostenrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträger zu verrechnen bzw. zu verteilen (Kalenberg, 2013, S. 69). Somit stellt sie das Bindeglied zwischen der Kostenarten- und der Kostenträgerrechnung dar. Mit der Verteilung der Gemeinkosten erfüllt die Kostenstellenrechnung folgende Aufgaben (in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 103f.): Unterstützung der Berechnung der Herstellungsbzw. Selbstkosten der Kostenträger Darstellung der Leistungsbeziehungen innerhalb der Praxis oder des MVZs Erhöhung der Kalkulationsgenauigkeit Kontrolle der Kostenstellen (z. B. durch Soll-Ist-Vergleich) 5.2.1 Gliederung von Kostenstellen Um die Kostenstellenrechnung durchzuführen, ist eine organisatorische Einteilung der gesamten Arztpraxis in Kostenstellen notwendig. Kostenstellen werden dabei wie folgt definiert: Kostenstellen „[…] sind betriebliche Abrechnungseinheiten […], für die Kosten gesondert geplant, erfasst und kontrolliert werden können“ (Kalenberg, 2013, S. 71). Demnach stellen einzelne, rechnungstechnisch eindeutig abgrenzbare Bereiche Kostenstellen innerhalb einer Arztpraxis dar. Die konkrete Kostenstelleneinteilung wird dabei nach den Gegebenheiten der jeweiligen Arztpraxis vorgenommen und kann sich dementsprechend von Fall zu Fall unterscheiden. Im Folgenden sollen Grundsätze und Kriterien der Kostenstellenbildung sowie Arten der Kostenstellen in Arztpraxen dargestellt werden. Grundsätze der Kostenstellenbildung Die Bildung von Kostenstellen wird unter der Prämisse der möglichst verursachungsgerechten Zuordnung von Gemeinkosten und damit unter Berücksichtigung folgender Grundsätze vorgenommen (in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 104f.; Scherrer, 2005, S. 722): Möglichkeit der Kostenzuordnung: Um das kostenrechnerische Prinzip der Verursachungsgerechtigkeit möglichst genau zu realisieren, ist es wichtig, dass die angefallenen Kosten sich anhand geeigneter Bezugsbzw. Schlüsselgrößen (z. B. Fläche, Patientenzahl usw.) möglichst eindeutig auf eine Kostenstelle zurechnen lassen. Abgrenzbarer Verantwortungsbereich: Jede Kostenstelle sollte personell von anderen Kostenstellen abgrenzbar sein. Mit anderen Worten sollte <?page no="106"?> 106 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis eine Kostenstelle unter persönlicher Verantwortung eines Bereichsleiters (Kostenstellenleiters) stehen, der die Kosten seiner Kostenstelle beeinflussen kann. Die Wirtschaftlichkeit in der Führung einer Kostenstelle kann dann durch die Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Kosten beurteilt werden. Wirtschaftlichkeit: Die Kostenstellenbildung muss immer unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Übersichtlichkeit erfolgen. Es würde beispielsweise keinen Sinn ergeben, für einen Einmannbetrieb mehrere Kostenstellen zu bilden. Kriterien für die Bildung von Kostenstellen Die Bildung von Kostenstellen unter Beachtung der oben genannten Grundsätze kann nach unterschiedlichen Gliederungskriterien erfolgen (in Anlehnung an Friedl, 2018, S. 129): Gliederung nach räumlichen Gesichtspunkten: Bei diesem Kriterium werden räumlich abgegrenzte Leistungsbereiche als Kostenstellen erfasst. Demgemäß können beispielsweise die Verwaltung, die Anmeldung und das Labor als Kostenstellen definiert werden. Eine Kostenstellenstruktur, die allein auf diesem Kriterium basiert, ist jedoch in keiner Praxis gegeben. Deswegen müssen weitere Kriterien für die Bildung von Kostenstellen herangezogen werden. Gliederung nach Kostenträgergesichtspunkten: Weitere Kostenstellen können in Arztpraxen nach Gruppen von Leistungen und nach Leistungen selbst gebildet werden. Die unter diesem Gesichtspunkt gebildeten Kostenstellen können beispielsweise in größeren Organisationsformen die einzelnen ärztlichen Praxen (= Leistungsgruppe) oder auch einzelne ärztliche Fachbereiche sein (= Leistungen; in diesem Fall sind die Kostenstellen mit den Kostenträgern identisch), je nachdem welche kostenrechnerische Struktur des Wertschöpfungsprozesses ausgewählt wird. Diese Gliederungsart ist sinnvoll, da die Ärzte im Sinne von Abteilungsleitern als direkte Ansprechpartner bei der Planung der Leistungen und deren Kosten sowie bei Kostenabweichungen fungieren können. Dadurch kann eine gezielte Wirtschaftlichkeitskontrolle durchgeführt werden. Gliederung nach Funktions- und Verantwortungsbereichen: Nach diesem Kriterium werden gleichartige Aufgaben zu einer Kostenstelle zusammengefasst, wobei auch hier immer ein Kostenstellenverantwortlicher gegeben sein muss. Demnach können solche Funktionsbzw. Verantwortungsbereiche wie Verwaltung, Diagnose und EKG als Kostenstellen festgelegt werden. <?page no="107"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 107 Wie der obigen Ausführung entnommen werden kann, können gleich mehrere Kriterien für die Bildung von Kostenstellen in einer Arztpraxis in Betracht gezogen werden. Dabei hängt die jeweilige Kostenstellenstruktur vor allem von der vorliegenden Produktions- und Organisationsstruktur der Praxis ab. So hat ein Medizinisches Versorgungszentrum mit unterschiedlichen Fachärzten und weiteren nicht ärztlichen Leistungserbringern, wie beispielsweise einer Ergo- und Physiotherapiepraxis, einen komplizierteren Kostenstellenaufbau als eine Einzelpraxis. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Kostenstelleneinteilung direkt aus der Organisationsstruktur und den gegebenen Verantwortungsbereichen der Praxis abzuleiten (in Anlehnung an Horak, 1995, S. 350). Als Voraussetzung für diese Vorgehensweise muss eine umfassende Organisationsanalyse durchgeführt werden. Organigramme und Arbeits- und Stellenverteilungspläne geben wichtige Hinweise für die Bildung der Kostenstellen in der Praxis (ebd., S. 350). So liefert die untere Darstellung der organisatorischen Struktur eines MVZs mit verschiedenen Fachrichtungen die richtungsweisenden Ansätze für die entsprechende Kostenstellenerfassung. Demnach können beispielsweise folgende Kostenstellen definiert werden: Geschäftsführung, Verwaltung, Ärztliche Leitung, Praxis 1, Praxis 2 und Praxis 3. Abb. 25: Typische Aufbauorganisation eines MVZs. Quelle: Eigene Darstellung. Arten der Kostenstellen Sind einzelne Kostenstellen in der Arztpraxis gebildet, müssen diese nach der Art der Kostenverrechnung, also nach abrechnungstechnischen Aspekten sinnvoll eingeteilt werden, um eine innerbetriebliche Kostenverrechnung <?page no="108"?> 108 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis zwischen den einzelnen Kostenstellen zu ermöglichen. Hier wird zwischen Vorkostenstellen und Endkostenstellen unterschieden. Die klassischen Endkostenstellen in einem Sachgüterbetrieb sind beispielsweise Verwaltung, Beschaffung, Vertrieb, Fertigung und Forschung/ Entwicklung. Das sind also diejenigen Bereiche, die betriebliche Leistungen für Dritte produzieren und zwischen denen keine innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen bestehen (z. B. keine gegenseitige Aushilfe bei Montage- oder Wartungsarbeiten). Vorkostenstellen erbringen dagegen ausschließlich betriebsinterne Leistungen. In diesen werden alle Gemeinkosten erfasst, die für den Betrieb insgesamt anfallen und keiner Endkostenstelle direkt bzw. eindeutig zurechenbar sind (z. B. Geschäftsführungskosten, Abschreibungen usw.) (in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 120f.). Folgt man nun der dargelegten Definition für Vor- und Endkostenstellen, so ergibt sich folgende Vorgehensweise bei der Gliederung der Kostenstellen nach der Art der Kostenverrechnung: Zunächst werden die Vorkostenstellen der Praxis definiert. Auf den Vorkostenstellen werden Kosten interner Leistungen gesammelt, um diese dann später auf die Endkostenstellen weiter zu verrechnen. Als interne Leistungen gelten dabei jene Ergebnisse des Leistungsprozesses, die von der Arztpraxis erstellt und verbraucht werden und nicht an Patienten, an die Öffentlichkeit oder an andere Dritte abgegeben werden (in Anlehnung an Fillinger, 1995, S. 31). Interne Praxisleistungen werden demnach von solchen Kostenstellen wie Praxisinhaber, Geschäftsführung im Falle einer anderen Organisationform, wie einem MVZ, der Patientenaufnahme an der Anmeldung oder betriebsinterner Wartung/ Pflege usw. erbracht. Im zweiten Schritt erfolgt die Bildung der Endkostenstellen der Praxis: Da Endkostenstellen unmittelbar an der Produktion externer Leistungen (diese werden in erster Linie an Patienten sowie möglicherweise Nicht-Patienten abgegeben) beteiligt sind, können einzelne Praxisabteilungen, Behandlungsräume und medizinische Leistungen als Endkostenstellen definiert werden. Ergänzend ist anzumerken, dass innerbetriebliche Leistungsbeziehungen nicht nur zwischen Vor- und Endkostenstellen bestehen können, sondern auch zwischen einzelnen Vorkostenstellen. Zwischen Endkostenstellen sollten dabei definitionsmäßig keine Leistungsbeziehungen existieren. In der folgenden Tabelle werden Beispiele für die Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung in einer Arztpraxis aufgeführt. <?page no="109"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 109 Art der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung Beispiele stelle(n) Der Fuhrpark (VK) wird von der Geschäftsführung (VK) in Anspruch genommen; das Facility Management (VK) verwaltet die Garage des Fuhrparks (VK) stelle(n) Der Fuhrpark (VK) wird vom Arzt für Hausbesuche (EK) in Anspruch genommen; das Facility Management (VK) verwaltet die Behandlungsräume (EK) stelle(n) nach Definition sind keine innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen möglich Tab. 11: Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung. Quelle: Eigene Darstellung. Eine weitere Einteilung der Kostenstellen kann nach der Art, wie Praxisleistungen in Verbindung mit dem Abnehmerkreis stehen, vorgenommen werden. Im Hinblick auf dieses Einteilungskriterium kann zwischen Hauptkostenstellen, Nebenkostenstellen, Hilfskostenstellen und verwaltungsbezogenen Kostenstellen unterschieden werden (Coenenberg et al., 2016, S. 121). Hauptkostenstellen umfassen dabei solche Bereiche, die unmittelbar dem Hauptzweck der Praxis dienen (Patientenbetreuung) und Endprodukte (z. B. medizinische Leistungen, Untersuchungen, Behandlungsmethoden) herstellen, die direkt an die Patienten als Abnehmer abgegeben werden. Nebenkostenstellen produzieren ebenso direkt abzugebende Leistungen. Im Unterschied zu den Hauptkostenstellen dienen diese Leistungen jedoch nicht dem unmittelbaren Praxishauptzweck. Als Nebenkostenstellen können demnach solche Bereiche definiert werden, die die eigentliche Leistung in der Praxis, nämlich die Diagnose und Therapie, ergänzen. Hierunter fällt etwa das Veranstaltungsmanagement, das Veranstaltungen zu ausgewählten gesundheitsrelevanten Themen organisiert. Da sowohl Hauptals auch Nebenkostenstellen Endprodukte herstellen, sind sie zu den Endkostenstellen zu zählen. Im Gegensatz zu Haupt- und Nebenkostenstellen produzieren Hilfskostenstellen praxisinterne Leistungen und üben damit eine (interne) Servicefunktion für alle anderen Kostenstellen aus. Zu solchen Kostenstellen sind in der Arztpraxis beispielsweise die Anmeldung und die Wartungsdienste zu zählen. Verwaltungsbezogene (Hilfs-)Kostenstellen erbringen ebenso interne <?page no="110"?> 110 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Leistungen. Diese befassen sich aber speziell mit der Leitung und Verwaltung der Praxis (z. B. Praxismanager, Praxisinhaber, Anmeldung usw.). Sowohl Hilfskostenstellen als auch verwaltungsbezogene Kostenstellen haben den Charakter der Vorkostenstellen, da sie interne Leistungen herstellen. In der folgenden Tabelle ist die erläuterte Kostenstellengliederung in der Arztpraxis zusammenfassend abgebildet. Kostenstellengliederung in der Arztpraxis Vorkostenstellen: Kostenstellen, die interne Leistungen erbringen Endkostenstellen: Kostenstellen, die externe Leistungen erbringen Hilfskostenstellen verwaltungsbezogene Kostenstellen Hauptkostenstellen Nebenkostenstellen Kostenstellen, die eine interne Servicefunktion ausüben (z. B. Wartung, Fuhrpark, Facility Management) Kostenstellen, die sich mit Leitung und Verwaltung beschäftigen (z. B. Praxismanagement, Geschäftsführung, Verwaltung) Kostenstellen, die dem Praxiszweck unmittelbar dienen (z. B. Facharztpraxen im MVZ, Behandlungsräume, Labor) Kostenstellen, die nicht unmittelbar dem Praxiszweck dienen (z. B. Veranstaltungsmanagement) Tab. 12: Kostenstellengliederung in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. 5.2.2 Ablauf der Kostenstellenrechnung Wie im Kapitel 4.7 bereits erläutert wurde, stellt der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) das zentrale Instrument der Kostenrechnung dar. Der Aufbau des BABs erfolgt dabei im Längsschnitt nach Vor- und Endkostenstellen. Entlang dieser müssen die von der Kostenartenrechnung ermittelten Gemeinkosten auf die Kostenstellen verteilt werden. Unabhängig von der gewählten Kostenarten- und Kostenstellengliederung wird der Ablauf der Kostenstellenrechnung „klassischerweise“ in die zwei folgenden Aufgabenbereiche gegliedert (siehe Abbildung 26): <?page no="111"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 111 [1] Verrechnung der primären Gemeinkosten Zunächst werden Gemeinkosten, die direkt beispielsweise anhand von Belegen nach dem Verursachungsprinzip zugeordnet werden können, auf die entsprechenden Vor- und Endkostenstellen verteilt (direkte Verteilung). Anschließend werden die Gemeinkosten, die sich nicht direkt zurechnen lassen pitel 5.2.3.1) auf die jeweiligen Kostenstellen zugerechnet (indirekte Verteilung). Damit befinden sich schließlich auf allen Kostenstellen die zugehörigen primären Gemeinkosten. Abb. 26: Allgemeiner Ablauf der Kostenstellenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 116. [2] Verrechnung der sekundären Gemeinkosten/ Durchführung der Leistungsverrechnung Im zweiten Schritt werden die primären Gemeinkosten, die auf den Vorkostenstellen gesammelt wurden, im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung auf die Kostenstellen weiterverrechnet, die die Leistungen der Vorkostenstellen in Anspruch genommen haben. Dabei können die Kosten sowohl auf andere Vorkostenstellen als auch auf Endkostenstellen weiterverrechnet werden. Auf den empfangenden Kostenstellen werden diese Kosten zu sogenannten sekundären Gemeinkosten. Zur Kostenverrechnung werden wiederum Schlüsse finden sich alle Gemeinkosten der Vorkostenstellen auf den Endkostenstellen wieder. Mit dieser Vorgehensweise soll eine Verursachungsgerechtigkeit zumindest annäherungsweise hergestellt werden. So können beispielsweise diejenigen <?page no="112"?> 112 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Kosten, die für die Nutzung der Praxisräume entstehen und auf der entsprechenden Vorkostenstelle gesammelt werden, auf die einzelnen medizinischen Leistungen entsprechend der jeweiligen Inanspruchnahme weiter verrechnet werden. Zur indirekten Verteilung und zur Verrechnung der sekundären Gemeinkosten stehen dabei verschiedene Verfahren und Kostenschlüssel zur Verfügung, die im nächsten Kapitel detailliert erläutert werden. Im Rahmen der Vollkostenrechnung wird also - wie eben erläutert - gefordert, dass am Ende der internen Leistungsverrechnung nur noch Endkostenstellen offen sind. Dies bedeutet, dass sämtliche Kosten der Vorkostenstellen komplett auf diese verrechnet worden sein müssen. 5.2.3 Verfahren zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung Im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden Kosten der Vorkostenstellen mit Hilfe von bestimmten Schlüsselbzw. Bezugsgrößen auf empfangende Endkostenstellen verteilt. Entscheidend für die Weiterverrechnung sind dabei Leistungen, die zur internen Nutzung produziert werden. Dabei unterscheidet man zwei Verfahrensarten der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung je nach den berücksichtigten Leistungsbeziehungen zwischen den Kostenstellen: einseitige Leistungsverrechnung gegenseitige Leistungsverrechnung Bei der einseitigen Leistungsverrechnung werden nur die Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen und Endkostenstellen berücksichtigt („Anbauverfahren“). Bei der gegenseitigen Leistungsverrechnung werden Leistungsbeziehungen auch zwischen Vorkostenstellen untereinander einseitig („Stufenleiterverfahren“) oder wechselseitig berücksichtigt („Gleichungsverfahren“). Im Folgenden werden diese Verfahren der Kostenverrechnung beschrieben und an praxisbezogenen Beispielen verdeutlicht. Zuvor wird aber noch auf die unterschiedlichen Arten der Verrechnungsbzw. Kostenschlüssel in der Arztpraxis eingegangen. 5.2.3.1 Kostenschlüssel Für die Verrechnung der Gemeinkosten von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen und für die indirekte Verteilung müssen zunächst die entsprechenden Kostenschlüssel bestimmt werden. Die Kostenschlüssel dienen dabei als Bezugsgröße für die Verrechnung der Kosten und sollen daher die Kostenverursachung in der Arztpraxis möglichst realitätsnah und linear reflektieren. Es ist darauf hinzuweisen, dass in verschiedenen Literaturquellen <?page no="113"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 113 zum Begriff „Kostenschlüssel“ auch der Begriff „Verrechnungspreis“ synonym verwendet wird, denn es handelt sich im Grunde um Preise für intern bereitgestellte Leistungen (Coenenberg et al., 2016, S. 132ff.). Grundsätzlich können Kostenschlüssel nach der Leistungseinheit (Mengenschlüssel) bzw. nach der Inanspruchnahme (Zeitschlüssel) berechnet werden, wie es in Tabelle 13 dargestellt wurde. Dabei kann bei Mengenschlüsseln zwischen Raum-, Längen-, Zähl- und Verbrauchsgrößen unterschieden werden (Coenenberg et al., 2016, S. 132ff.). Kostenschlüssel in der Arztpraxis Mengenschlüssel Zeitschlüssel Raumgrößen Längengrößen Zählgrößen Verbrauchsgrößen Zeitgrößen z. B. Mietkosten nach m² (Praxisräume, Grundstück) z. B. Inanspruchnahme des Pkws für Hausbesuche nach gefahrener Kilometerzahl z. B. Verwaltungskosten nach der Fallzahl z. B. Energiekosten nach verbrauchten kWh, Wasserkosten nach m³ z. B. Personalkosten nach Arbeitsstunden Tab. 13: Kostenschlüsselkategorien in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 132ff. Die Kostenverrechnung über Verteilungsschlüssel ist nicht frei von Problemen. So kann der Grundsatz der eindeutigen Zurechenbarkeit bei bestimmten Kostenstellen nur schwer erfüllt werden. Zu solchen „problematischen“ Kostenstellen sind vor allem die Praxisführung und der administrative Bereich (Praxisverwaltung, Praxismanager) zu zählen. Es fällt dabei schwer, für diese Kostenstellen einen geeigneten Kostenschlüssel als realistische Maßgröße der Kostenverursachung zu finden, sodass die interne Leistungsverrechnung exakt und kostengerecht erfolgt. Zur Lösung dieses Problems könnte die durchschnittliche Fallzahl als Kostenschlüssel für die Verrechnung der Führungs- und Verwaltungskosten herangezogen werden. Demnach werden die relevanten Kosten auf die entsprechenden Vorkostenstellen verteilt und dann gemäß der Fallzahl auf die einzelnen Fachbereiche oder auf medizinische Behandlungen verrechnet. Die durchschnittliche Fallzahl stellt grundsätzlich einen plausiblen Kostenschlüssel zur Zuordnung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen nach dem Pro- <?page no="114"?> 114 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis portionalitätsprinzip dar. Trotzdem muss angemerkt werden, dass damit dem Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit nicht vollkommen entsprochen wird. Verursachungsgerechter wäre hier beispielsweise eine Umlage nach Zeitaufwand. Dies lässt sich jedoch rechnungstechnisch kaum realisieren. Darüber hinaus können beim Aufstellen der Verrechnungskostenschlüssel auch Gewichtungen vorgenommen werden. Beispielsweise kann bei der Verteilung der Reinigungskosten einer Arztpraxis neben der Fläche auch der Verschmutzungsgrad herangezogen werden (in Anlehnung an Schuster, 2011, S. 139). Schließlich ist zu unterstreichen, dass die interne Leistungserbringung keine konstante Größe darstellt. Daher gilt es, die Kostenschlüssel laufend nachzukalkulieren und an neue Erkenntnisse anzupassen. 5.2.3.2 Anbauverfahren Beim Anbauverfahren (auch das sogenannte Blockumlageverfahren) erfolgt die Verrechnung der Gemeinkosten über den Betriebsabrechnungsbogen. Dabei werden innerbetriebliche Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen nicht berücksichtigt. Dies bedeutet, dass hier von möglichen Leistungsbeziehungen zwischen Vorkostenstellen vollständig abstrahiert wird. Aus diesem Grund ist das Anbauverfahren einerseits wenig aufwendig, da rechentechnisch nur eine einfache Umlage der Kosten von Vorkostenstellen auf Endkostenstellen benötigt wird. Andererseits ist es realitätsfern, da einige Kostenstellenbeziehungen außer Acht gelassen werden (Steger, 2010, S. 283f.). Sofern aber in einer Arztpraxis keine gegenseitigen Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen bestehen, kann dieses einfache Verfahren der Kostenverrechnung ohne Bedenken angewandt werden. Das Prinzip der Weiterverrechnung der Kosten im Rahmen des Anbauverfahrens wird an einem Fallbeispiel detailliert erläutert. Fallbeispiel: Kostenverrechnung nach dem Anbauverfahren Das Muster-MVZ ist eine Praxisorganisation mit drei verschiedenen Fachbereichen und rund 3.000 Patienten pro Quartal: - Fachbereich 1, Allgemeinmedizin: 1.500 Patienten - Fachbereich 2, Innere Medizin: 900 Patienten - Fachbereich 3, Orthopädie: 600 Patienten Dem MVZ gehört ein Gebäudekomplex (insg. 500 m²), der von der Kostenstelle Facility Management verwaltet wird. Im Gebäude befinden sich dabei auch das Büro der Verwaltung (30 m²) und eine Garage (20 m²), die aus- <?page no="115"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 115 schließlich vom Fuhrpark genutzt wird. Die sonstigen Flächen werden wie folgt genutzt: - Fachbereich 1: 100 m² - Fachbereich 2: 200 m² - Fachbereich 3: 150 m² Das MVZ besitzt auch einen Pkw, der zur Kostenstelle Fuhrpark gehört und der hauptsächlich von den einzelnen Fachbereichen für Hausbesuche genutzt wird (Fachbereich 1: 6.500 km, Fachbereich 2: 2.500 km, Fachbereich 3: 1.500 km). Aber auch die Verwaltung (500 km) und der Hausmeister des Gebäudes - er ist Beschäftigter des Facility Managements - (1.000 km) nehmen den Pkw in einzelnen Fällen im Rahmen ihrer Tätigkeit in Anspruch. Insgesamt ist der Pkw im letzten Quartal 12.000 km gefahren worden. Gemäß dieser Ausgangsdaten ergeben sich folgende Vor- und Endkostenstellen, die nach dem Abschluss der Verrechnung primärer Gemeinkosten mit den entsprechenden Kosten pro Quartal bereits versehen wurden. Nun besteht die Aufgabe darin, die Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen zu verteilen. Kostenstellen im Muster-MVZ Vorkostenstellen (VK) Endkostenstellen (EK) Facility Man. (VK1): Fuhrpark (VK2): Verwaltung (VK3): 27.000 € 6.000 € 18.000 € Fachbereich 1 (EK1): Fachbereich 2 (EK2): Fachbereich 3 (EK3): 1.700 € 1.500 € 2.000 € <?page no="116"?> 116 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Abb. 27: Beziehungen zwischen Vor- und Endkostenstellen. Quelle: Eigene Darstellung. Entsprechend den Ausgangsdaten steht jede Vorkostenstelle mit allen Endkostenstellen in einer Leistungsbeziehung. Darüber hinaus haben auch einige Vorkostenstellen ein Leistungsverhältnis zueinander (z. B. Facility Management und Verwaltung). Da aber beim Anbauverfahren nur die Leistungsverrechnung zwischen den Vor- und Endkostenstellen vorgenommen wird, können an dieser Stelle die internen Beziehungen gemäß der vorstehenden Abbildung 27 außer Acht gelassen werden. Bei den Vorkostenstellen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) ist die verursachungsgerechte Kostenverrechnung nach eindeutigen Kostenschlüsseln in Form von internen Preisen möglich. So werden die Kosten der Vorkostenstelle VK2 nach gefahrenen Kilometern verteilt. Der Verrechnungsschlüssel ergibt sich, indem die Gesamtkosten in Höhe von 6.000 Euro durch die Gesamtkilometerzahl geteilt werden. Da die Leistungsbeziehung zwischen den Vorkostenstellen im Rahmen des Anbauverfahrens, wie bereits erwähnt, nicht erfasst wird, müssen noch die von der VK1 und der VK3 gefahrenen Kilometer von der Gesamtkilometeranzahl abgezogen werden (insgesamt 1.500 km). Der Kostenschlüssel ergibt sich schließlich aus der Division der Gesamtkosten durch 10.500 km: q ( ) = 6.000 € 12.000 km 1.500 km = 0,57 € pro km Für die Übertragung der Kosten der Vorkostenstelle VK1 (Facility Management) auf die Endkostenstellen werden die (Raum-)Kosten der VK3 (Verwaltung) und VK2 (Fuhrpark) nicht abgezogen, da die internen Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen nicht erfasst werden. Somit werden die Gesamtkosten der VK1 zwischen den Endkostenstellen (Fachbereichen) <?page no="117"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 117 nach räumlicher Beanspruchung (pro m²) verteilt, wobei der folgende Kostenschlüssel gilt: q ( ) = 27.000 € 450 m² = 60,00 € pro m² Bei solchen Vorkostenstellen wie der Verwaltung ist eine Verrechnung nach Leistungseinheiten bzw. zeitlicher Inanspruchnahme nur schwer realisierbar. Deswegen können für die Verrechnung der Verwaltungskosten, wie bereits im Kapitel 5.2.3.1 beschrieben wurde, die Anzahl an Patienten als Verteilungsschlüssel gemäß des Proportionalitätsprinzips verwendet werden. q ( ) = 18.000 € 3.000 = 6,00 € pro Patient Entsprechend den berechneten Kostenschlüsseln kann jetzt die Umlage der Kosten von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen erfolgen. Die auf eine Endkostenstelle entfallenden sekundären Gemeinkosten ergeben sich durch die Multiplikation des zuvor ermittelten Kostenschlüssels mit der Anzahl der für die Endkostenstelle erbrachten Leistungen. Die sekundären Gemeinkosten für den Fachbereich 1 können wie folgt berechnet werden (Anmerkung: Die Werte in Tabelle 14 weichen geringfügig ab, da dort mit den exakten Kostenschlüsseln gerechnet wurde.): GK . = Umlage (VK1) + Umlage (VK2) + Umlage (VK3) = 60,00 € × 100 + 0,57 € × 6.500 + 6,00 € × 1.500 = 18.705,00 € Sind die sekundären Gemeinkosten des Fachbereichs 1 ermittelt, können diese nun mit den primären Gemeinkosten in Höhe von 1.700 Euro summiert werden: GK = GK . + GK . = 1.700 € + 18.705,00 € = 20.405,00 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für Fachbereich 2, Innere Medizin (EK2), und Fachbereich 3, Orthopädie (EK3), nach dem Anbauverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 14 abgebildeten Gesamt ergebnis ab. <?page no="118"?> 118 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Einsatz des Anbauverfahrens in der Arztpraxis Angaben pro Quartal Summe Schlüssel Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Verwaltung Fachbereich 1 Fachbereich 2 Fachbereich 3 VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 primäre GK (€) 56.200,00 27.000,00 6.000,00 18.000,00 1.700,00 1.500,00 2.000,00 Umlage VK1 (€) 27.000,00 6.000,00 12.000,00 9.000,00 Inanspruchnahme (in m²) 450 60,00 €/ m² 100 200 150 Umlage VK2 (€) 6.000,00 3.714,29 1.428,57 857,14 Inanspruchnahme (in km) 10.500 0,57 €/ km* 6.500 2.500 1.500 Umlage VK3 (€) 18.000,00 9.000,00 5.400,00 3.600,00 Inanspruchnahme (nach Patientenzahl) 3.000 6,00 €/ Patient 1.500 900 600 Summe Hauptkostenstellen (€) 56.200,00 20.419,29 20.328,57 15.457,14 * Die Weiterverrechnung erfolgt mit dem exakten Kostenschlüssel. Tab. 14: Anwendung des Anbauverfahrens in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="119"?> 5.2.3.3 Kostenstellenausgleichsverfahren Es wird deutlich, dass das Anbauverfahren zwar recht einfach ist, aber lediglich ein Näherungsverfahren darstellt, weil es Leistungsverflechtungen zwischen den Vorkostenstellen ausblendet. An diesem bedeutenden Kritikpunkt setzen die sogenannten Kostenstellenausgleichsverfahren an, bei denen eine verursachungsgerechte Weiterverrechnung erfolgt, indem Leistungsbeziehungen auch zwischen den Vorkostenstellen berücksichtigt werden. Dabei kann hier die Verrechnung der Gemeinkosten einseitig, nach dem sogenannten „Stufenleiterverfahren“ (auch „Treppenverfahren“), oder auch wechselseitig, nach dem sogenannten „Gleichungsverfahren“, erfolgen. Diese zwei Prinzipien der Kostenverrechnung werden im Folgenden an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Stufenleiterverfahren Beim Stufenleiterverfahren werden nur die Kosten der leistenden Vorkostenstelle umgelegt. Nicht erfasst werden dabei jedoch alle Rückkoppelungsprozesse anderer Vorkostenstellen. Dies bedeutet, dass hier die Gemeinkosten von einer Vorkostenstelle nur auf alle nachgelagerten Kostenstellen verrechnet werden (siehe Abbildung 28) (Coenenberg et al., 2016, S. 127). Abb. 28: Graphische Darstellung des Stufenleiterverfahrens. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 131. Das Stufenleiterverfahren gliedert sich in zwei Schritte. Zunächst werden die liefernden Vorkostenstellen in eine abrechnungstechnisch eindeutige Reihenfolge gebracht. Um eine möglichst verursachungsgerechte Verteilung der Kos- 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 11 <?page no="120"?> 120 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis ten zu erreichen, sollte die Verrechnung mit der Kostenstelle beginnen, die lediglich Leistungen an andere Kostenstellen abgibt und nach Möglichkeit keine oder nur sehr wenige Leistungen von anderen Kostenstellen empfängt. Danach werden die Kosten der an zweiter Stelle stehenden Vorkostenstelle anhand von Kostenschlüsseln auf nachgelagerte Kostenstellen umgelegt (Coenenberg et al., 2016, S. 127). Da das Stufenleiterverfahren gegenseitige Leistungsverflechtungen zwischen zwei Vorkostenstellen in eine der beiden Richtungen ausblendet, stellt es auch ein Näherungsverfahren dar. Dabei hängt die Güte des Ergebnisses bzw. das Ausmaß des Verrechnungsfehlers von der gewählten Reihenfolge der Vorkostenstellen ab. Insofern kann beim Stufenleiterverfahren durch eine bewusste Änderung der Kostenstellenreihenfolge das Ergebnis der Kostenrechnung manipuliert werden. Fallbeispiel: Kostenverrechnung nach dem Stufenleiterverfahren Wählt man das Stufenleiterverfahren, um die Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen gemäß der Ausgangsdaten am Anfang des Kapitels 5.2.3.2 zu verteilen, kann die gegenseitige Beziehung zwischen den Vorkostenstellen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) nur einseitig erfasst werden. In Bezug darauf muss zunächst geprüft werden, welche der beiden Kostenstellen die geringsten Leistungen von der jeweilig anderen Kostenstelle empfängt. VK2 wird insgesamt von allen Kostenstellen für 12.000 km in Anspruch genommen, wovon 1.000 km auf VK1 entfallen. Dies ergibt bei Berücksichtigung dieser Leistungsbeziehung 500 Euro. VK1 stellt insgesamt 500 m² zur Verfügung, davon 20 m² für VK2. Dies ergibt im Falle einer Berücksichtigung dieser Leistungsbeziehung 1.080 Euro. Demzufolge ist die Leistung von VK1 an VK2 bedeutender und sollte deshalb berücksichtigt werden. Dagegen wird die Lieferung von VK2 an VK1 beim Stufenleiterverfahren außer Acht gelassen. <?page no="121"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 121 Zusammenfassend ergibt sich folgende Reihenfolge der Vorkostenstellen: Nachdem nun die Reihenfolge der Vorkostenstellen geklärt wurde, kann mit dem Verteilen der Kosten begonnen werden. Zunächst werden die Kosten von VK1 (Facility Management) auf die Vor- und Endkostenstellen verrechnet. Der entsprechende Kostenschlüssel in Höhe von 54 Euro pro m² ergibt sich aus der Division der Gesamtkosten der Kostenstelle Facility Management (27.000 Euro) durch die Gesamtfläche des Gebäudes (500 m²): q ( ) = 27.000 € 500 m² = 54,00 € pro m² In einem weiteren Schritt werden die Kosten der zweiten Vorkostenstelle (Fuhrpark) umgelegt. Die Gesamtkosten dieser Kostenstelle ergeben sich dabei aus der Summe ihrer primären Kosten (6.000 Euro) und der Kosten, die durch die Leistungsbeziehung zur Vorkostenstelle VK1 entstanden sind (1.080 Euro). Diese sog. sekundären Gemeinkosten des Fuhrparks ergeben sich durch die Inanspruchnahme der Garage (20 m²) und ermitteln sich wie folgt: 54 €/ m² × 20 m² = 1.080 €. Somit betragen die Gesamtkosten von VK2 7.080 Euro. Da die von VK2 an VK1 gelieferte Leistung beim Stufenleiterverfahren nicht erfasst wird, müssen die entsprechenden 1.000 km von der Gesamtleistung der Vorkostenstelle VK2 (12.000 km) abgezogen werden. (Anmerkung: Auch wenn der Fuhrpark für eigene Zwecke bewegt würde - etwa zur Inspektion -, bliebe dies unberücksichtigt.) Demnach ergibt sich folgender Kostenschlüssel für VK2: q ( ) = 7.080 € 12.000 km 1.000 km = 0,64 € pro km Nachdem die Kosten von VK1 und VK2 auf die anderen Vorkostenstellen und die Endkostenstellen mit dem ermittelten Kostenschlüssel umgelegt wurden, können die Kosten von VK3 (Verwaltung) berechnet werden. Die Kosten von VK3 ergeben sich aus der Summe der primären Kosten der Kostenstelle (18.000 Euro) und der Kosten, die durch die Leistungsinanspruchnahme der Vorkostenstellen VK1 (1.620 Euro) und VK2 (321,82 Euro) entstanden sind. (Achtung: Aufgrund der Berechnung mit exakten Werten können sich hier kleine Differenzen ergeben.) Somit betragen die neu berechneten Gesamt- VK 1 VK 2 VK 3 VK 3 <?page no="122"?> 122 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis kosten der VK3 19.941,82 Euro. Dementsprechend muss auch der Verrechnungsschlüssel der Vorkostenstelle neu berechnet werden: q ( ) = 19.941,82 € 3.000 Patienten = 6,65 € pro Patient Schließlich werden die nach dem Stufenleiterverfahren ermittelten Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen gemäß dem Umfang der jeweiligen Leistungsbeziehung verrechnet. Die sekundären Gemeinkosten des Fachbereichs 1 (EK1) ergeben sich aus der folgenden Berechnung: GK . = Umlage(VK1) + Umlage(VK2) + Umlage(VK3) = 54,00 € × 100 + 0,64 € × 6.500 + 6,65 € × 1.500 = 19.554,55 € (Anmerkung: Die Werte in Tabelle 15 weichen geringfügig ab, da dort mit den exakten Kostenschlüsseln gerechnet wurde.) Nachdem die sekundären Gemeinkosten der EK1 berechnet wurden, können die primären Gemeinkosten der EK1 in Höhe von 1.700 Euro mit den verrechneten sekundären Gemeinkosten summiert werden: K = GK + GK = 1.700,00 € + 19.554,55 € = 21.254,55 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für Fachbereich 2 (EK2) und Fachbereich 3 (EK3) nach dem Stufenleiterverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 15 abgebildeten Gesamtergebnis ab. <?page no="123"?> EEinsatz des Stufenleiterverfahrens in der Arztpraxis Angaben pro Quartal Summe Schlüssel* Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Verwaltung Fachbereich 1 Fachbereich 2 Fachbereich 3 VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 Primäre GK (€) 56.200,00 27.000,00 6.000,00 18.000,00 1.700,00 1.500,00 2.000,00 Umlage VK1 (€) 27.000,00 1.080,00 1.620,00 5.400,00 10.800,00 8.100,00 Inanspruchnahme (in m²) 500 54,00 €/ m² 20 30 100 200 150 Umlage VK2 (€) 7.080,00 321,82 4.183,64 1.609,09 965,45 Inanspruchnahme (in km) 11.000 0,64 €/ km* 500 6.500 2.500 1.500 Umlage VK3 (€) 19.941,82 9.970,91 5.982,55 3.988,36 Inanspruchnahme (nach Patientenzahl) 3.000 6,65 €/ Patient* 1.500 900 600 Summe Hauptkostenstellen (€) 56.200,00 21.254,55 19.891,64 15.053,82 * Die Weiterverrechnung erfolgt mit den exakten Werten für die Kostenschlüssel. Tab. 15: Anwendung des Stufenleiterverfahrens in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 1 <?page no="124"?> 124 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Gleichungsverfahren Das exakte Verfahren zur Kostenverrechnung im Rahmen der Kostenstellenrechnung ist das sogenannte Gleichungsverfahren. Bei seinem Einsatz werden Leistungsbeziehungen zwischen allen Kostenstellen berücksichtigt. Somit wird hier eine verursachungsgerechte Weiterverrechnung der Kosten gewährleistet. Aus diesem Grund liefert das Gleichungsverfahren im Unterschied zum Anbau- und Stufenleiterverfahren eine realistische Abbildung der Kostenverteilung. Auch die Manipulationsanfälligkeit ist bei diesem Verfahren gering, da die Anordnung der Vorkostenstellen keinen Einfluss auf das Verrechnungsergebnis hat. Das Prinzip des Gleichungsverfahrens beruht auf der Verwendung eines Systems linearer Gleichungen. Sofern es sich zwischen zwei Vorkostenstellen um einen gegenseitigen Leistungsaustausch handelt und die Verrechnungspreise unbekannt sind, kann folgendes Gleichungssystem aufgestellt werden (Olfert, 2018, S. 189): m × q = K + L × q m × q = K + L × q m 1 = Leistungseinheit der Kostenstelle 1 m 2 = Leistungseinheiten der Kostenstelle 2 q 1 = Kostensatz pro Leistungseinheit der Kostenstelle 1 q 2 = Kostensatz pro Leistungseinheit der Kostenstelle 2 K p1 = Primärkosten der Kostenstelle 1 K p2 = Primärkosten der Kostenstelle 2 L 12 = Leistung der Kostenstellen 1 an Kostenstelle 2 L 21 = Leistung der Kostenstellen 2 an Kostenstelle 1 Das Prinzip des Gleichungsverfahrens soll zunächst anhand eines allgemeinen Rechenbeispiels verdeutlicht werden: Die Fuhrparkkostenstelle (VK1) weist insgesamt 20.000 gefahrene Kilometer (km) auf. Dafür hat sie 10.000 Euro an primären Gemeinkosten verbraucht. An die Kantine (VK2) liefert die Fuhrparkkostenstelle eine Leistung im Umfang von 5.000 Kilometern. Dabei produziert die Kantine insgesamt 2.000 Mahlzeiten (mz). Davon verbraucht sie selbst 100 Mahlzeiten und liefert noch 100 Mahlzeiten an Vorkostenstelle VK1. Für die Produktion der Mahlzeiten hat die Kantine 20.000 Euro ausgegeben. Mit den gegebenen Daten soll nun ein Gleichungssystem aufgestellt werden, das die wechselseitige Leistungsbeziehung zwischen den Vorkostenstellen <?page no="125"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 125 exakt abbildet. In der Gleichung links wird aus mathematischer Sicht die Gesamtleistung der Vorkostenstelle abgetragen und rechts all das, was dafür aufgewendet werden musste: I. 20.000q = 10.000 + 100q II. 2.000q = 20.000 + 100q + 5.000q Wenn man die beiden Gleichungen auflöst, ergibt sich ein Verrechnungssatz von 12 Euro für eine Mahlzeit aus der Kantine und 0,56 Euro für einen gefahrenen Kilometer. Im Gegensatz zu der Berechnung nach dem Gleichungsverfahren würde beim Stufenleiterverfahren entweder erst die Kostenstelle Fuhrpark auf die Kostenstelle Kantine umgelegt oder umgekehrt. Dies führt jeweils zu unterschiedlichen Verrechnungssätzen, weil die Gegenleistung einer der Vorkostenstellen ignoriert wird. Bezugnehmend auf das Fallbeispiel am Anfang des Kapitels 5.2.3.2 wird deutlich, dass mit dem Gleichungsverfahren alle Leistungsbeziehungen, auch die gegenseitige Beziehung zwischen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) erfasst werden können. Dafür müssen zunächst die Kostenschlüssel der gegebenen Vorkostenstellen neu berechnet werden, was mit Hilfe des folgenden Gleichungssystems umgesetzt werden kann, wobei die internen Preise (q) als unbekannt gelten: (VK1) 500 m² × q = 27.000 € + 1.000 km × q (VK2) 12.000 km × q = 6.000 € + 20 m² × q (VK3) 3.000 Pat. × q = 18.000 € + 30 m × q + 500 km × q Die einzelnen Gleichungen des aufgestellten Gleichungssystems besagen, dass die Gesamtkosten einer Vorkostenstelle sich aus den primären Gemeinkosten und den sekundären Gemeinkosten in Form von anteiligen Kosten der relevanten Vorkostenstellen ergeben. Löst man nun das Gleichungssystem nach den Unbekannten (Hinweis: die unterschiedlichen Einheiten können hierzu vernachlässigt werden), kann berechnet werden, wie viel eine Leistungseinheit der jeweiligen Vorkostenstelle kostet: q = 55,18 € q = 0,59 € q = 6,65 € Auf Basis der ermittelten Kostenschlüssel kann im weiteren Schritt die Umlage der Kosten durchgeführt werden. Beispielsweise erfolgt die Umlage der <?page no="126"?> 126 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Kosten der Kostenstelle Facility Management (VK1) mit dem berechneten internen Preis in Höhe von 55,18 Euro, der für die jeweilige empfangende Kostenstelle mit der von dieser in Anspruch genommenen Fläche multipliziert werden muss. Sind die Kosten der Vorkostenstellen ermittelt, können diese mit Hilfe der Kostenschlüssel von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen der Praxis umgelegt werden. Die sekundären Kostenstellenkosten der Abteilung 1 (EK1) ergeben sich aus folgender Berechnung: GK . = Umlage (VK1) + Umlage (VK2) + Umlage (VK3) = 55,18 € × 100 + 0,59 € × 6.500 + 6,65 € × 1.500 = 19.328,00 € Nachdem die sekundären Gemeinkosten der Abteilung 1 (EK1) berechnet wurden, können jetzt ihre primären Gemeinkosten in Höhe von 1.700 Euro mit den sekundären Gemeinkosten summiert werden: K = GK + GK = 1.700 € + 19.328 € = 21.028 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für den Fachbereich 2 (EK2) und den Fachbereich 3 (EK3) nach dem Gleichungsverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 16 abgebildeten Gesamtergebnis ab. <?page no="127"?> Einsatz des Gleichungsverfahrens in der Arztpraxis Angaben pro Quartal Summe Schlüssel Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Verwaltung Fachbereich 1 Fachbereich 2 Fachbereich 3 VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 Primäre GK (€) 56.200,00 27.000,00 6.000,00 18.000,00 1.700,00 1.500,00 2.000,00 Umlage VK1 (€) 27.590,00 1.103,60 1.655,40 5.518,00 11.036,00 8.277,00 Inanspruchnahme (in m 2 .) 500 55,18 €/ m² 20 30 100 200 150 Umlage VK2 (€) 7.103,60 590,00 295,00 3.835,00 1.475,00 885,00 Inanspruchnahme (in km) 12.000 0,59 €/ km 1.000 500 6.500 2.500 1.500 Umlage VK3 (€) 19.950,0 9.975,00 5.985,00 3.990,00 Inanspruchnahme (nach Patientenzahl) 3.000 6,65 €/ Patient 1.500 900 600 Summe Haupt-kostenstellen (€) 56.176,00 (Rundungsdiff.) 21.028,00 19.996,00 15.152,00 Tab. 16: Anwendung des Gleichungsverfahrens in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 12 <?page no="128"?> 128 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis 5.2.4 Zusammenfassung: Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis Die Kostenstellenrechnung bildet die zweite Stufe der Kostenrechnung. Ihre primäre Aufgabe besteht darin zu analysieren, an welchen Orten in der Arztpraxis die Gemeinkosten angefallen sind, um diese im weiteren Verlauf der Kostenrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträger zu verrechnen. Für die Bildung der Kostenstellen in einer Arztpraxis können gleich mehrere Kriterien in Betracht gezogen werden. So kann die Kostenstellenbildung nach räumlichen Gesichtspunkten, nach Kostenträgergesichtspunkten und nach Funktions-/ Verantwortungsbereichen erfolgen. Dabei hängt die Kostenstellenstruktur einer Arztpraxis von der vorliegenden Organisationsstruktur ab. Im Hinblick darauf liefern das Organigramm der Einrichtung und die gegebenen Verantwortungsbereiche wichtige Hinweise für die Bildung der Kostenstellen. Grundsätzlich können mehrere Kategorien von Kostenstellen voneinander abgegrenzt werden. Nach der Art, wie die von den Kostenstellen erbrachten Praxisleistungen in Verbindung mit dem Abnehmerkreis stehen, unterscheidet man vier Kostenstellenkategorien: Hauptkostenstellen (z. B. Praxisabteilungen, Fachbereiche im MVZ), Nebenkostenstellen (z. B. Veranstaltungsmanagement), Hilfskostenstellen (z. B. Fuhrpark, Facility Management) und verwaltungsbezogene Kostenstellen (z. B. Geschäftsführung in einem MVZ). Nach der Art der Kostenverrechnung können Kostenstellen nach Vor- und Endkostenstellen gegliedert werden. Dabei unterteilt sich der Ablauf der Kostenstellenrechnung in die folgenden zwei Schritte: Zunächst werden die primären Gemeinkosten auf Vor- und Endkostenstellen verrechnet. Danach werden Kosten, die auf Vorkostenstellen gesammelt wurden, unter Verwendung von Wert- oder Mengenschlüsseln im Rahmen der praxisinternen Leistungsverrechnung auf die Endkostenstellen weiterverrechnet. Die praxisinterne Kostenverrechnung kann dabei nach unterschiedlichen Verfahren erfolgen (Anbauverfahren, Stufenleiterverfahren, Gleichungsverfahren), wobei das exakte Verfahren das Gleichungsverfahren ist, da es alle gegebenen Leistungsbeziehungen zwischen einzelnen Kostenstellen berücksichtigt. <?page no="129"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis 129 Kontrollfragen Welche Aufgaben kann die Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis erfüllen? Definieren Sie den Begriff „Kostenstelle“! Benennen Sie Grundsätze, nach denen Kostenstellen allgemein gebildet werden sollen! Welche Kriterien zur Bildung von Kostenstellen sind für Arztpraxen relevant? Nach welchen zwei Kriterien können Kostenstellen eingeteilt werden? Was ist der Unterschied zwischen Vor- und Endkostenstellen? Nennen Sie jeweils zwei Beispiele für Vor- und Endkostenstellen in einer Arztpraxis! Was wird unter „innerbetrieblicher Leistung“ verstanden? Beschreiben Sie zwei Beispiele für innerbetriebliche Leistungen in einer Arztpraxis! Welche Kostenschlüssel können für Arztpraxen relevant sein? Nennen Sie drei konkrete Beispiele! Schildern Sie den allgemeinen Ablauf der Kostenstellenrechnung! Was ist der Unterschied zwischen dem Anbauverfahren, dem Stufenleiterverfahren und dem Gleichungsverfahren der Kostenverrechnung? Wo sehen Sie die Problematik beim Anbau- und Stufenleiterverfahren? Welche Problematik ergibt sich bei Arztpraxen in Bezug auf die verursachungsgerechte Verrechnung der Kosten von den verwaltungsbezogenen Vorkostenstellen (z. B. Geschäftsführung in einem MVZ)? <?page no="130"?> 130 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis Nachdem in den vorherigen Kapiteln die Anwendung der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung in der Arztpraxis erläutert wurde, soll in diesem Kapitel die dritte und abschließende Stufe der Kostenrechnung, nämlich die Kostenträgerrechnung, beschrieben werden. Im Rahmen der Kostenträgerrechnung geht es um die folgende Frage: Was haben die Kostenträger der Arztpraxis gekostet? Um diese Frage beantworten zu können, müssen die Einzelkosten und die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger übertragen werden. Dafür werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung und die Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung übernommen. Die Kostenträgerrechnung erfüllt gleich mehrere Aufgaben. Zum einen dient sie der Informationsgewinnung und Kontrolle, indem mit ihrer Hilfe die Produktionskosten der einzelnen (Praxis-)Angebote ermittelt werden können. Mit diesen Daten kann dann die Wirtschaftlichkeit sowohl einzelner Leistungen und der Produktionsbereiche (Praxen/ Fachbereiche) bei größeren Praxisstrukturen als auch der gesamten Organisation überprüft werden. Zum anderen spielt die Kostenträgerrechnung in der Kalkulation der Leistungsentgelte (z. B. bei Selbstzahler-Leistungen) eine bedeutende Rolle, indem sie richtungsweisende Werte für Leistungsbzw. Entgeltuntergrenzen vorgibt. Wobei hier zu bedenken gegeben werden muss, dass wie bereits in tel 2 erwähnt die Selbstzahler-Leistungen lediglich einen geringen Anteil an den Praxiseinnahmen ausmachen im Gegensatz zu den weniger planbaren und kalkulierbaren Leistungen bei gesetzlich versicherten Patienten. Abb. 29: Formen der Kostenträgerrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Die Kostenträgerrechnung kann als Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation oder kalkulatorische Stückrechnung) und als Kostenträgerzeitrechnung (Betriebsergebnisrechnung oder kurzfristige Periodenrechnung) durchgeführt werden (siehe Abbildung 29). Die Kostenträgerstückrechnung ermittelt dabei die Selbstbzw. Herstellkosten pro Leistungseinheit (z. B. Kosten pro medi- <?page no="131"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 131 zinische Leistung). Die Kostenträgerzeitrechnung wird dagegen angewandt, um sämtliche Kosten für die innerhalb einer bestimmten Periode entstandene Produktmenge - gegliedert nach Leistungsarten - zu berechnen (z. B. Gesamtkosten einer medizinischen Leistung im Monat, Quartal oder Jahr). Aus der Gegenüberstellung von Gesamtkosten und Gesamterlösen ergibt sich dann die kurzfristige Erfolgsrechnung der gesamten Praxis (in Anlehnung Manz & Dahmen, 2001, S. 36). 5.3.1 Kostenträger in der Arztpraxis Unter einem Kostenträger wird „[…] jede selbstständige Leistungsbzw. Produktionseinheit einer Organisation verstanden“ (Coenenberg et al., 2016, S. 137). Bezugnehmend auf diese Definition kommen als Kostenträger alle Leistungen einer Arztpraxis in Frage. Aufgrund der Heterogenität der Praxisleistungen können dies Dienstleistungen, ein einzelner Kunde bzw. Patient oder auch Leistungsbereiche sein (siehe Tabelle 17). Je nach kostenrechnerischem Konzept können auch allgemeine Verwaltungskosten oder Kosten der Führungsorgane auf eigens angelegten Kostenträgern erfasst werden, um das Problem der Gemeinkostenverrechnung zu umgehen. Für viele Arztpraxen stellt die Identifikation von Kostenträgern eine große Herausforderung dar. Im Hinblick darauf kann empfohlen werden, Kostenträger auf Basis eines klar strukturierten Leistungskatalogs zu identifizieren (Coenenberg et al., 2016, S. 137 und 312). Kostenträger Beispiel Dienstleistung Medizinische Behandlung, Röntgenaufnahme usw. Patient/ Kunde Einzelner Patient, für den eine konkrete Leistung hergestellt wird Fachbereich/ Abteilung Verwaltung, Fachbereiche im MVZ Tab. 17: Mögliche Kostenträger in einer Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. In der einschlägigen Fachliteratur wird zwischen Haupt-, Neben- und Hilfskostenträgern unterschieden (Schuh et al., 2011, S. 398): Hauptkostenträger stellen Leistungen dar, deren Erstellung und Vertrieb der eigentliche Zweck des jeweiligen Betriebs ist. <?page no="132"?> 132 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Nebenkostenträger sind solche Kostenträger, deren Herstellung im engen technischen und/ oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Produktion von Hauptkostenträgern steht. Hilfskostenträger (auch Gemeinkostenträger genannt) sind solche Kostenträger, auf denen innerbetriebliche Leistungen oder Projekte gesammelt werden, ohne dass diese jedoch am Markt veräußert werden und damit zu umsatzwirksamen Erlösen führen. Leistungen der Hilfskostenträger werden im Innenverhältnis abgegeben und ihre Produktion ist für die Herstellung von Haupt- und Nebenkostenträgern notwendig. Da ein Hilfskostenträger nicht direkt an Dritte abgegeben wird, hat er einen rein fiktiven Charakter und wird lediglich zu Berechnungszwecken eingesetzt. Die dargelegte Unterscheidung zwischen Haupt-, Neben- und Hilfskostenträgern kann auch in den Kontext der Arztpraxen übertragen werden. So sind beispielsweise medizinische Behandlungsleistungen (z. B. Röntgenaufnahmen, Blutabnahme, Impfung) als klassische Hauptkostenträger zu betrachten, da diese sich an die Patienten der Praxis richten und dem primären Praxiszweck entsprechen. Dabei lässt sich feststellen, dass viele Hauptkostenträger der Arztpraxis gleichzeitig aus mehreren Leistungen zusammengesetzt werden können (z. B. medizinische Beratung und konkrete Behandlungsleistung) und somit ein Leistungsbündel darstellen. Als Hilfskostenträger kann unter Umständen die allgemeine Führungs- und Verwaltungstätigkeit in der Praxis abgegrenzt werden. Diese Hilfskostenträger werden von solchen Kostenstellen wie beispielsweise „Verwaltung“ produziert. In Abhängigkeit vom kostenrechnerischen Konzept der jeweiligen Praxis können auf einem derartigen Kostenträger verwaltungsbezogene (Gemein-)Kosten gesammelt werden, wodurch eine geschlüsselte Abgabe an die anderen Kostenstellen bzw. -träger vermieden werden kann. 5.3.2 Kostenträgerstückrechnung Wie bereits beschrieben wurde, sollen im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung die Selbstkosten einzelner Kostenträger ermittelt werden. Hierfür werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung und Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung übernommen und den entsprechenden Kalkulationsobjekten zugewiesen. Wenn die Einzelkosten der Kostenträger bereits bekannt sind, stellt die Verrechnung der Gemeinkosten auf Kostenträger insbesondere dann eine Herausforderung dar, wenn die Endkostenstellen nicht den Kostenträgern entsprechen. In der industriebezogenen Kostenrechnung stehen für die Verrechnung der Gemeinkosten spezielle Kalkulationsverfahren zur Verfügung, mit denen die <?page no="133"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 133 Selbstkosten mit Hilfe der Proportionalität ermittelt werden können. Diese sind die Divisionskalkulation, die Äquivalenzziffernkalkulation, die Zuschlagskalkulation und die Kuppelkalkulation. Der Vorteil dieser Verfahren besteht in der Erleichterung des Berechnungsvorgangs, da sonst die Kostenverrechnung auf einen Kostenträger für jeden Einzelfall speziell erfolgen müsste. Ein Nachteil ist aber der Mangel an einer verursachungsgerechten Verrechnung, da nicht mit genauen Zahlen, sondern mit Kosten-Proportionalität gearbeitet wird. Abb. 30: Kalkulationsverfahren. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 139. Die Anwendung der Kalkulationsverfahren richtet sich nach dem jeweiligen Produktionsverfahren. Dabei gilt folgende Regel: Je größer die Produktvielfalt eines Betriebes ist, desto feingliedriger muss auch das Kalkulationsverfahren sein (siehe Abbildung 30). Da beispielsweise im Dienstleistungssektor die typischen Fertigungsverfahren „Einzelproduktion“ oder „Kleinserie“ sind, kommen hier die Zuschlags- und die Äquivalenzzifferkalkulation zum Einsatz, wobei in Ausnahmefällen auch die Divisionskalkulation eingesetzt wird (i. d. R. in einem Einproduktbetrieb). Im Folgenden werden diese drei Kalkulationsverfahren kurz vorgestellt, wobei ihr möglicher Einsatz im Rahmen der Kostenrechnung für die Arztpraxis diskutiert werden soll. <?page no="134"?> 134 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Kalkulationsverfahren Divisionskalkulation Die Divisionskalkulation ist eine einfache Kalkulationsmethode, bei der die Gesamtkosten einer Betrachtungsperiode durch die Zahl der hergestellten bzw. abgesetzten Leistungseinheiten oder Kostenträger der Periode dividiert wird: Selbstkosten pro Kalkulationsobjekt = Einzelkosten + Gemeinkosten Anzahl der Kalkulationsobjekte Diesem Berechnungsschema entsprechend werden die Kosten mit Hilfe grober Durchschnittswerte auf die Menge gleicher Einheiten eines Produkts bzw. einer Dienstleistung verteilt. Deshalb wird diese Methode vor allem in solchen Betrieben angewandt, die identische Produkte herstellen (Horngren et al., 2001, S. 91f.). Demzufolge eignet sich die Divisionskalkulation vor allem dann, wenn alle Praxisangebote von der Dauer, der Gestaltung und dem Ressourcenverbrauch absolut identisch sind. Aus diesem Grund ist diese Kalkulationsmethode vor allem in einer „Ein-Produkt-Praxis“ anwendbar (z. B. in einer Radiologiepraxis, die nur Röntgenaufnahmen des Thorax durchführt). Im Rahmen der Divisionskalkulation erfolgt keine Trennung in Kostenträgereinzelkosten und Kostenträgergemeinkosten, was die Stufe der Kostenstellenrechnung und den darin verbundenen Aufwand erspart (Scherrer, 2005, S. 741). Dabei gilt bei der Anwendung der Divisionskalkulation die grundlegende Bedingung, dass Produktions- und Absatzmenge identisch sein sollen, was bei der Sachgüterproduktion nicht immer der Fall ist (Manz & Dahmen, 2014, S. 37). Diese Bedingung trifft jedoch auf Dienstleistungsproduzenten (und somit auch auf Arztpraxen) zu, da die Produktion immaterieller Güter aufgrund nicht gegebener Lagerfähigkeit gleichzeitig mit der Konsumtion erfolgt (das sog. „Uno-Actu-Prinzip“). Äquivalenzziffernkalkulation Ein weiteres Kalkulationsverfahren im Rahmen der vereinfachten Kostenträgerstückrechnung ist die sogenannte Äquivalenzziffernkalkulation. Im Unterschied zur Divisionskalkulation wird diese bei Sortenfertigung bzw. ähnlichen/ verwandten Produkten angewandt. Als solche gelten Leistungen, die zwar hinsichtlich der Produktionsfaktoren gleichartig sind, aber nicht gleiche Kosten verursachen. Somit wird bei der Äquivalenzziffernkalkulation davon ausgegangen, dass hergestellte Leistungen in einem Verhältnis zueinanderstehen, was mit Äquivalenzziffern ausgedrückt wird (Olfert, 2018, S. 205f.). <?page no="135"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 135 Gemäß der oberen Beschreibung ist die Äquivalenzziffernkalkulation für unterschiedliche Praxisleistungen geeignet, die den gleichen Produktionsfaktoreinsatz benötigen. Als Beispiel dafür kann die Röntgenabteilung einer Radiologie-Praxis genannt werden, deren Leistungen (z. B. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule, der Extremitäten, des Kopfes) mit dem gleichen Produktionsfaktoreinsatz stattfinden, von ihrer Dauer und der Anzahl der Leistungserbringung jedoch unterschiedlich sind. Im Hinblick darauf kommen als Äquivalenzziffern der entsprechende zeitliche Umfang einer Röntgenaufnahme oder die Patientenzahl in Frage. Im folgenden Beispiel werden die gesamten Gemeinkosten der Kostenstelle „Radiologie“ in Höhe von 600.000 Euro auf drei Kostenträger (Röntgen, MRT und CT) nach der Äquivalenzziffernkalkulation aufgeteilt. Zunächst wird eine Basis - nämlich das Ausmaß der Inanspruchnahme der Ressource - bestimmt, der die Äquivalenzziffer 1 zugeordnet wird. Im gegebenen Beispiel wird als Basis die Dauer einer Röntgenaufnahme mit 0,25 Stunden als 1 verwendet. Damit ergibt sich jeweils für das MRT und CT die Äquivalenzziffer von 2 (= 0,50 Std./ 0,25 Std.). Im nächsten Schritt werden die sogenannten Recheneinheiten berechnet. Diese stellen das Produkt aus der jeweiligen Äquivalenzziffer und der entsprechenden Leistungsanzahl pro Periode dar. In unserem Beispiel ergibt sich für das MRT eine Recheneinheit von 4.380 (= 2.190 × 2). Auf die gleiche Weise werden für Röntgen 1.825 und für CT 2.920 Recheneinheiten ermittelt. Insgesamt ergeben sich 9.125 Recheneinheiten. Im nächsten Schritt können nun die Gemeinkosten entsprechend dem jeweiligen Anteil an Recheneinheiten auf die drei Leistungen aufgeteilt werden, so wie das in der folgenden Tabelle dargestellt ist. Die Berechnung erfolgte mit den exakten Kosten pro Leistungseinheit; deswegen kommt es zu geringfügigen Abweichungen. Leistung Anzahl pro Jahr Dauer einer Einheit in Std. Äquivalenzziffer Recheneinheiten GK pro Leistung [€] anteilige GK pro Periode [€]* MRT 2.190 0,50 2 4.380 122,20 267.617,11 CT 1.460 0,50 2 2.920 122,20 178.411,40 Röntgen 2.520 0,25 1 2.520 61,01 153.971,49 Gesamt 9.820 600.000,00 <?page no="136"?> 136 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis (Einfache) Zuschlagskalkulation Die Zuschlagskalkulation wird in der Regel bei Produkten und Dienstleistungen angewandt, die sich völlig voneinander unterscheiden und daher im Rahmen einer Einzelproduktion erstellt werden. Bei der Zuschlagskalkulation wird die Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger in Kostenträgereinzelkosten und Kostenträgergemeinkosten vorgenommen. Dabei wird die Summe der Gemeinkosten pro Hauptkostenstelle ins Verhältnis zu den Einzelkosten des jeweiligen Kostenträgers gesetzt. Dieses Verfahren unterstellt somit für alle Kostenstellen und Kostenträger die gleiche proportionale Beziehung zwischen den Einzel- und Gemeinkosten, was jedoch insbesondere in der Dienstleistungsproduktion nur selten der Fall ist. Im Gegensatz zur Divisionskalkulation ist bei der Zuschlagskalkulation die Splittung der Gesamtkosten in Einzel- und Gemeinkosten erforderlich. Alternativ werden in vielen Dienstleistungsbetrieben als Zuschlagsbasis die Personaleinzelkosten eingesetzt: Kostenzuschlagssatz = Gemeinkosten Einzelkosten Wendet man die Zuschlagskalkulation in einer Arztpraxis an, so wird allen Praxisangeboten - Kostenträgern - der Anteil an Gemeinkosten zugerechnet, der sich nach den jeweiligen Einzelkosten richtet. Diese Vorgehensweise unterstellt also, dass beispielsweise bei einer Steigerung der Einzelkosten bei einer Gastroskopie (z. B. Kosten für Propofol) die entsprechenden Gemeinkosten (z. B. Personalkosten) in der Kostenstelle proportional ansteigen würden. Allerdings dürften sich in der Realität die Gemeinkosten nur bedingt proportional zu den Einzelkosten verhalten. Aus diesem Grund eignet sich die Zuschlagskalkulation für die Anwendung in einer Arztpraxis nur mit Einschränkungen. Unproblematisch wäre sie beispielsweise, wenn die Ausbringungsmenge (hier etwa die Anzahl an Gastroskopien) in den verschiedenen betrachteten Perioden konstant gehalten wird. Die Anwendung der Kalkulationsverfahren im Rahmen der Praxiskostenrechnung ist nur in einzelnen Fällen sinnvoll: Beispielsweise kann bei identischen Praxisangeboten die Divisionskalkulation und bei verwandten medizinischen Leistungen die Äquivalenzziffernkalkulation angewandt werden. In den anderen Fällen, wenn es sich beispielsweise um medizinische Angebote mit unterschiedlichem Produktionsfaktoreinsatz handelt, könnte eine Zuschlagskalkulation Anwendung finden. Um den Anteil eines medizinischen Leistungsangebots an Gemeinkosten ohne Einsatz eines Kalkulationsverfahrens zu berechnen (Einzelkosten sind <?page no="137"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 137 bereits bekannt), empfiehlt es sich, die auf den (Vor-)Kostenstellen gesammelten Gemeinkosten direkt auf diesen Kostenträger mit Hilfe von Kostenschlüsseln zu übertragen (zu den Kostenschlüsseln siehe Kapitel 5.2.3.1). In diesem Fall werden Kostenträger als Endkostenstellen behandelt. Sind auch allgemeine Fachbereichskosten vorhanden, die beispielsweise auf einer Endkostenstelle gesammelt werden, müssen dann auch sie auf die relevanten Kostenträger übertragen werden. Dies kann auch über einen Kostenschlüssel erfolgen (z. B. „Patientenanzahl“, „Dauer der medizinischen Behandlung“). Unter allgemeinen Fachbereichskosten können dabei solche Kosten zusammengefasst werden, die in einem Fachbereich entstehen, aber keinem der Kostenträger direkt zugeordnet werden können. Hierunter fallen in der Regel Personalkosten. Alternativ zu einer Endkostenstelle kann auch ein Hilfskostenträger gebildet werden, auf dem allgemeine Fachbereichskosten gesammelt werden. Bei den beiden Vorschlägen handelt es sich hier jedoch um unterschiedliche Bezeichnungen, was an dem kostenrechnerischen Vorgang nichts ändert. In der folgenden Abbildung ist das Schema für eine Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenträger skizziert. Abb. 31: Ablauf der Gemeinkostenverrechnung auf die Kostenträger in einer Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. Aus den obigen Ausführungen wird ersichtlich, dass der Vorgang der Gemeinkostenverrechnung auf die Kostenträger mit der Kostenstellenrechnung verknüpft werden kann. Durch die Verknüpfung der beiden Schritte kann der Ablauf der Kostenrechnung vereinfacht und der rechnerische Aufwand verkleinert werden, denn sonst müssten die Gemeinkosten einmal im Rahmen der Kostenstellenrechnung (z. B. auf einzelne Fachbereiche in MVZ) und dann noch einmal im Rahmen der Kostenträgerrechnung (auf die jeweiligen Angebote der entsprechenden Abteilung) verrechnet werden. Es folgt nun ein Rechenbeispiel der direkten Kostenverrechnung von den Vorkostenstellen (die interne Leistungsverrechnung zwischen den Vorkos- <?page no="138"?> 138 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis tenstellen wurde bereits vorgenommen) auf die Endkostenstelle „Fachbereich A“ und die Kostenträger „Behandlung 1“ und „Behandlung 2“. Dabei werden durch den Fachbereich A nur die beiden Behandlungen vorgenommen. Die anderen Fachbereiche B, C etc. erbringen ebenfalls verschiedene Behandlungen, die aber nicht weiter betrachtet werden sollen. Im grau markierten Bereich findet dabei die Umlage der Kosten der Endkostenstelle „Fachbereich A“ auf die jeweiligen Kostenträger entsprechend der Patientenzahl bei Behandlung 1 und Behandlung 2 statt. Angaben in € p. a. Summe Schlüssel Fach bereich A Behandlung 1 Behandlung 2 EK KTr1 KTr2 Kostenstellen-/ Kostenträger-EK (€) 20.000,00 31.000,00 Kostenstellen-/ Kostenträger-GK (€) Umlage Facility Management (€) 6.000,00 3.000,00 Inanspruchnahme Facility Management (pro m²) 200 m² 30 €/ m² 100 Umlage Fuhrpark (€) 7.000,00 2.000,00 - 1.000,00 Inanspruchnahme (in km) 7.000 1 €/ km 2.000 0 1.000 Umlage Verwaltung (€) 20.000,00 - 6.250,00 3.750,00 Inanspruchnahme (nach Gesamt-Patientenzahl) 800 25 €/ Patient 250 150 Umlage Fachbereichskosten (€) 5.000,00 3.125,00 1.875,00 Inanspruchnahme (nach Fachbereichs-Patientenzahl) 400 2,50 €/ Patient 250 150 Summe Kostenträgerkosten (€) 29.375,00 37.625,00 Tab. 18: Gemeinkostenverrechnung auf Kostenträger. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="139"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 139 Der dargelegte Vorgang der direkten Gemeinkostenverrechnung von den Vorkostenstellen auf die Kostenträger zeigt grundsätzlich, dass die Grenzen zwischen der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung im Kontext einer Arztpraxis eher als fließend betrachtet werden können. Zwar sind das aus theoretischer Sicht unterschiedliche Instrumente der Kostenrechnung, aber aus den praktischen Gründen eignet sich für Arztpraxen eine Mischform aus den beiden Instrumenten besser. Dementsprechend kann der BAB an diese Besonderheit der Kostenrechnung in der Arztpraxis angepasst werden, indem die Kostenträgerrechnung in die Kostenstellenrechnung integriert wird (siehe Tabelle 19). <?page no="140"?> AAngepasster Betriebsabrechnungsbogen (BAB) für Arztpraxen Angaben in € p. a. Summe Schlüssel Vorkostenstellen Fachbereich 1 allgemeine Abt.- Kosten medizinische Leistung 1 medizinische Leistung 2 VK 1 VK 2 EK 1 KTr 1.1 KTr 1.2 primäre GK Umlage VK 1 Umlage VK 2 sekundäre GK Umlage EK 1 auf KTr Gesamtkosten der KTr Fachbereichskosten Gesamt Erlös Tab. 19: Angepasster Betriebsabrechnungsbogen für Arztpraxen. Quelle: Eigene Darstellung. 14 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis <?page no="141"?> Im Hinblick darauf muss ergänzt werden, dass oft in der kostenrechnerischen Praxis der Arztpraxen die Begriffe „Kostenstelle“ und „Kostenträger“ nicht exakt voneinander abgegrenzt werden. Beispielsweise können neben den verwaltungstechnischen Bereichen auch Fachbereiche und medizinische Leistungen als Kostenstellen behandelt werden. Jede Struktur der Kostenrechnung erscheint dabei legitim, solange die Verantwortlichen in Kenntnis darüber sind, welche betriebswirtschaftlichen Sachverhalte sich hinter den relevanten Konten verbergen. Nachdem die gesamten Kostenträgerkosten nun ermittelt werden konnten, stellt sich die Frage, wie hoch die Stückkosten einer Arztpraxis sind. Als Stückkosten werden dabei die Kosten eines Zurechnungsobjekts bezeichnet (Kosten je Einheit). Demnach ergeben sich die Stückkosten aus der Division der Gesamtkosten eines Praxisangebots pro Periode durch die Leistungsmenge x (z. B. Anzahl der Patienten oder medizinischen Leistungen). Das Problem bei der Stückkostenberechnung im Kontext der Arztpraxis besteht jedoch darin, dass viele Angebote, wie bereits erwähnt, ein Leistungsbündel darstellen (z. B. medizinische Beratung verbunden mit der Möglichkeit einer konkreten Behandlungsleistung und dementsprechend diversen anzusetzenden Abrechnungsziffern). Bei solchen Angeboten müssten dann die einzelnen Leistungen als Kostenträger genutzt werden. Die Stückkosten des Leistungsbündels ergäben sich dann als Summe der Stückkosten der Einzelleistungen. Stellt ein Praxisangebot eine einheitliche Leistung dar (z. B. Röntgenleistungen der Wirbelsäule), können seine Stückkosten im Rahmen der Vollkostenrechnung ohne Weiteres ermittelt werden, indem beispielsweise die entsprechenden Jahresgesamtkosten durch die Anzahl der im Jahr behandelten Patienten dividiert werden. 5.3.3 Kostenträgerzeitrechnung Eine weitere Aufgabe der Kostenträgerrechnung besteht in der Ermittlung des kurzfristigen Betriebsbzw. Praxiserfolgs. Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich die sogenannte Kostenträgerzeitrechnung, die die für die Kostenträger in der betrachteten Abrechnungsperiode (z. B. Monat, Quartal oder Jahr) jeweils angefallenen Kosten ausweist. Die Kostenträgerzeitrechnung kann nach zwei Methoden erfolgen: nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV) oder dem Gesamtkostenverfahren (GKV). Unterschiede zwischen beiden Verfahren sind insbesondere bei der Berücksichtigung von Lagerveränderungen zu beobachten, was vor allem in der 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 1 <?page no="142"?> 142 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Sachgüterproduktion relevant ist. So werden beim UKV den Umsätzen einer Periode nur die Kosten für diejenigen Leistungen gegenübergestellt, die auch tatsächlich abgesetzt wurden (Kalenberg, 2013, S. 135). Beim GKV werden dagegen alle Kosten herangezogen (und auch alle Umsatzerlöse) und durch die Lagerbestandsveränderungen korrigiert. Trotz dieser Unterschiede ergibt sich bei gleichzeitiger korrekter Anwendung beider Verfahren das gleiche Betriebsergebnis für ein und dieselbe Periode (Steger, 2010, S. 351). Eine anschauliche Übersicht über das Verhältnis von GKV und UKV zueinander bietet die folgende Abbildung. Abb. 32: Vergleich des Umsatz- und Gesamtkostenverfahrens. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 198. Aufgrund der weitgehenden Immaterialität und der Nichtlagerfähigkeit der hergestellten Leistungen ist für Arztpraxen der explizite Ausweis von Bestandsveränderungen, wie dies das Gesamtkostenverfahren vorschreibt, unerheblich. Aus diesem Grund bestehen aus Sicht der Arztpraxen Unterschiede zwischen UKV und GKV nur in Bezug auf die Kostenerfassung: Beim GKV werden die Kosten nach Kostenarten gegliedert und anschließend den Umsatzerlösen der Periode nach Produktarten gegenübergestellt. Dagegen werden beim UKV die Herstellkosten sowie die Umsatzerlöse nach Produktarten gegliedert und einander gegenübergestellt. Der Vorteil des GKV ist die einfache Handhabung, da die Kosten aus der Kostenartenrechnung übernommen werden können. Darüber hinaus erleichtert dieses Verfahren Kostenstrukturanalysen zum Zweck der Steuerung (Joos- Sachse, 2014, S. 193). So kann mithilfe des GKVs folgende Frage beantwortet <?page no="143"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 143 werden: Welche Kostenart beeinflusst das Kostengefüge der Praxis am geringsten oder am meisten? Auf der anderen Seite ist ein großer Nachteil des GKVs, dass es eben keine Differenzierung nach Absatzmengen erlaubt, sondern lediglich das Gesamtergebnis ermittelt (ebd.). Aufgrund dieses Nachteils erscheint es zweckmäßig, die Kosten der Periode (z. B. Quartal, Halbjahr oder Jahr) nach Kostenträgern bzw. Kostenträgergruppen zu gliedern und sie dann den Erlösen dieser Periode gegenüberzustellen, so wie dies das UKV vorschreibt. Auf diesem Weg kann der kurzfristige Erfolg einzelner Praxisangebote, Abteilungen und der gesamten Arztpraxis ermittelt werden (in Anlehnung an Joos-Sachse, 2014, S. 194). Als großer Nachteil des UKVs ist jedoch der zu betreibende Aufwand zu sehen (vor allem bei größeren Arztpraxen, wie MVZs mit mehreren Fachbereichen), der von Nöten ist, um die differenzierten Zahlen aus Kostenträger- und Kostenstellenrechnung zu übertragen. Bei der Anwendung des UKVs in einer Arztpraxis muss bedacht werden, dass ihre Erlöse aus verschiedenen Quellen stammen können. So kann zwischen direkten und indirekten Erlösen unterschieden werden: Dabei können direkte Erlöse einem Kostenträger direkt zugeordnet werden (z. B. Erlöse aus der Erbringung einer medizinischen Leistung durch Selbstzahler oder die regional zuständige KV) und indirekte Erlöse (Honorare für Vorträge, Spenden usw.) nicht (in Anlehnung an Horak, 1995, S. 353). Das Umsatzkostenverfahren erfolgt nach kontenmäßiger Darstellung wie folgt: Praxisergebnis Kosten der Periode (nach Leistungsarten) direkte Erlöse der Periode (nach Leistungsarten) indirekte Erlöse der Periode Gewinn Verlust Tab. 20: Praxisergebnisberechnung nach dem Umsatzkostenverfahren. Quelle: Eigene Darstellung. Die Vorgehensweise bei der Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs im Rahmen des UKVs soll für Arztpraxen anhand des folgenden Fallbeispiels näher erläutert werden. <?page no="144"?> 144 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Fallbeispiel: Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs Die HNO-Praxis hat sich, neben der grundlegenden Diagnostik, auch bei gesetzlich versicherten Patienten auf kleinere operative Eingriffe, die Therapie von Vertigo (Schwindel) sowie die Behandlung von Schwerhörigkeit durch einen geschädigten Hörnerv (retrocochleäre Erkrankung) spezialisiert. Aufgrund dieser Spezialisierung finden besonders häufig drei unterschiedliche Behandlungsangebote Anwendung: Behandlung A umfasst eine direkte Laryngoskopie bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum 5. Lebensjahr (GOP 09313), Behandlung B die Abklärung einer retro-cochleären Erkrankung (GOP 09326) und Behandlung C ist die Prüfung der Labyrinthe mit mystagmographischer Aufzeichnung zur Abklärung von Vertigo (GOP 09325). Für die einzelnen medizinischen Leistungen fallen neben den laufenden Kosten für das Personal, die Räumlichkeiten und Betriebskosten zusätzlich auch beispielsweise für Behandlung A Kosten für Verbrauchsmaterialen, wie Einmalhandschuhe und OP-Tücher, Medikamente für die Sedierung und auch Kosten für die Aufbereitung des Laryngoskops an. Für Behandlung B kommen, je nach Anamnese und vermuteter Ursache, Kosten für Verbrauchsmaterialien wie auch für die Reinigung wiederverwendbarer Instrumente und Betriebskosten für die Untersuchung mittels elektrischer Reaktionsaudiometrie hinzu. Für Behandlung C sind als variable Kosten die Desinfektion der Videomaske sowie die Betriebskosten der Infrarotkamera zu nennen. Die Summe der einzelnen für die Untersuchung notwendigen Bestandteile ergeben die Kosten pro Behandlungseinheit. Es soll der Praxiserfolg im Kalenderjahr 2019 ermittelt werden, wobei folgende Daten in Bezug auf dieses Kalenderjahr gegeben sind: Behandlung A Behandlung B Behandlung C Erlös pro Behandlung 20 € 38 € 28 € Kosten pro Behandlungseinheit 23 € 18 € 10 € Anzahl der Behandlungen pro Jahr 250 360 420 Nach der Berechnung der Gesamtkosten und der Umsatzerlöse aus den Patientenbehandlungen ergibt sich folgendes Ergebniskonto: <?page no="145"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis 145 Praxisergebnis Gesamtkosten pro Jahr: Behandlung A: 5.750 € Behandlung B: 6.480 € Behandlung C: 4.200 € direkte Erlöse pro Jahr: Angebot A: 5.000 € Angebot B: 13.680 € Angebot C: 11.760 € Gewinn: 14.010 € Wie man auf einen Blick erkennen kann, liegen die Erlöse der Behandlungen B und C über den damit verbundenen Kosten. Behandlung A bringt der Praxis einen Verlust in Höhe von 750 Euro im Jahr. Diese Verluste können dabei aus dem Gewinn der Behandlungen B und C vollständig gedeckt werden. Als Ergebnis hat die HNO-Praxis nach dem UKV einen Jahresgewinn von 14.010 Euro. 5.3.4 Zusammenfassung: Kostenträgerrechnung in der Arztpraxis Die dritte Stufe der Kostenrechnung, die Kostenträgerrechnung, geht der Frage nach, was die Kostenträger einer Arztpraxis gekostet haben. Während die Einzelkosten direkt aus der Kostenartenrechnung übernommen werden können, stellt die Zuordnung der Gemeinkosten in den meisten Fällen eine große Herausforderung dar. Dabei eignen sich die klassischen Kalkulationsmethoden für die Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger im Kontext der Arztpraxen nur in Ausnahmefällen. Beispielsweise können die Divisionskalkulation bzw. die Äquivalenzziffernkalkulation nur für die Kostenberechnung jeweils gleicher bzw. ähnlicher Praxisleistungen eingesetzt werden. Dies macht deutlich, dass diese Kalkulationsverfahren eher für kleinere, spezialisierte Arztpraxen mit einer einheitlichen Angebotspalette von Bedeutung sein können. Für die übrigen Arztpraxen sollte folgendes Verrechnungsprinzip in Erwägung gezogen werden: Die auf den Vorkostenstellen gesammelten Gemeinkosten können direkt auf die Endkostenstellen und Kostenträger mit Hilfe von Verrechnungsschlüsseln übertragen werden, wobei auf den (fachbereichsbezogenen) Endkostenstellen nur die allgemeinen Fachbereichskosten gesammelt werden. Im nächsten Schritt werden dann die allgemeinen Fachbereichskosten auf die Kostenträger (z. B. entsprechend der Patientenzahl) übertragen. Diese Vorgehensweise der Gemeinkostenverrechnung macht <?page no="146"?> 146 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis deutlich, dass die Grenzen zwischen der Kostenträgerrechnung und der Kostenstellenrechnung im Kontext der Praxiskostenrechnung fließend sind. Demgemäß lässt sich die Kostenträgerrechnung in die Kostenstellenrechnung durch eine entsprechende Anpassung des BABs integrieren. Grundsätzlich kann die Kostenträgerrechnung stückbezogen als Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation oder kalkulatorische Stückrechnung) oder zeitbezogen als Kostenträgerzeitrechnung (Betriebsergebnisrechnung oder kurzfristige Periodenrechnung) durchgeführt werden. Wie die Auseinandersetzung mit dem Einsatz der Kostenträgerrechnung in Arztpraxen zeigt, ist die Stückrechnung vor allem dann sinnvoll, wenn es sich bei einem Kostenträger um eine einzelne medizinische Leistung (z. B. Röntgenaufnahme) handelt. Die Kosten eines Leistungsbündels müssten dann als Summe der Kosten der sie konstituierenden Einzelleistungen berechnet werden. Kontrollfragen Erläutern Sie, was unter dem Begriff „Kostenträgerrechnung“ zu verstehen ist! Skizzieren Sie typische Aufgaben der Kostenträgerrechnung! Welche zwei Formen der Kostenträgerrechnung gibt es? Erläutern Sie den Unterschied zwischen diesen! Definieren Sie den Begriff „Kostenträger“ und grenzen Sie Hauptkostenträger, Nebenkostenträger und Hilfskostenträger im Kontext der Arztpraxen ab! Geben Sie einen Überblick über das Ermittlungsschema der Divisionskalkulation und der Äquivalenzziffernkalkulation! Bei welchen Praxisleistungen können diese zur Stückkostenberechnung sinnvoll eingesetzt werden? Skizzieren Sie die in diesem Lehrbuch vorgeschlagene Vorgehensweise der Gemeinkostenverrechnung, die bei Praxisangeboten mit einem unterschiedlichen Produktionsfaktoreinsatz angewandt werden kann! Was ist die Voraussetzung, damit die Kostenträgerstückrechnung in Bezug auf ein medizinisches Praxisangebot durchgeführt werden kann? Erläutern Sie die Unterschiede zwischen GKV und UKV! Welche Vor- und Nachteile ergeben sich bei ihrem Einsatz im Rahmen der Praxiskostenrechnung? <?page no="147"?> 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung 147 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung Die Erfassung der Kosten und ihre Zuordnung zu Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern ermöglichen einen umfassenden Überblick über die Kosten einer Arztpraxis. Dabei können die mit der Kostenrechnung gewonnenen Daten nicht nur als Ansatz für die Festlegung der Entgelte benutzt werden, auch für die Steuerung und Kontrolle in der Arztpraxis sind sie von großer Relevanz. Um die kostenrechnerischen Daten für die entsprechenden Führungsentscheidungen bzw. -aufgaben nutzen zu können, müssen sie zunächst unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ausgewertet werden, indem interne und externe Kostenvergleiche durchgeführt werden. Ein praxisinterner Vergleich kann periodenweise erfolgen, indem die angefallenen Kosten einer Periode mit den entsprechenden Kosten anderer Perioden (= Zeitvergleich) verglichen werden, oder mit Soll-Werten, indem der sogenannte Soll-Ist-Vergleich durchgeführt wird (in Anlehnung an Homann, 1995, S. 172ff.). Darüber hinaus können auf Basis von Kostendaten Kennzahlen gebildet werden, die neben einer Kontrolle der Erreichung der wirtschaftlichen Praxisziele sowie einem praxisinternen Vergleich der Kostenentwicklung nach Perioden sowie nach Soll-Werten auch einen externen Vergleich (z. B. mit anderen Arztpraxen) ermöglichen. Auf diese Weise lassen sich Kostensenkungspotentiale in Bezug auf einzelne Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger ermitteln und durch entsprechende Anpassungen ausschöpfen. Als Kennzahlen werden dabei solche Zahlen bezeichnet, „[…] die sich auf betriebswirtschaftlich wichtige Tatbestände beziehen und diese in konzentrierter Form darstellen“ (Olfert, 2018, S. 48). Allgemein können zwei Arten von Kennzahlen unterschieden werden: absolute Kennzahlen (Einzelzahlen, Summen, Differenzen usw.): Diese Kennzahlen lassen sich ohne Weiteres aus den kostenrechnerischen Unterlagen der Praxis entnehmen, haben jedoch eine begrenzte Aussagekraft. relative Kennzahlen (Wirtschaftlichkeit, Rentabilität usw.): Diese Kennzahlen stellen sogenannte Verhältniszahlen dar, da hier zwei oder mehr Werte zueinander ins Verhältnis gestellt werden. Die relativen Kennzahlen haben daher eine höhere Aussagekraft als absolute Kennzahlen, was insbesondere im externen Vergleich von großer Bedeutung ist. Grundsätzlich können Kennzahlen auf allen drei Stufen der Kostenrechnung (Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung) gebildet werden. Im Folgenden soll auf einzelne, für Arztpraxen besonders relevante relative Kennzahlen eingegangen werden. <?page no="148"?> 148 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Eine der wichtigen Kennzahlen innerhalb der Kostenartenrechnung ist die Summe einer Kostenart (z. B. Personalkosten) pro Patienten zu einem bestimmten Stichtag (in Anlehnung an Schurr et al., 2008, S. 32f.; Coenenberg et al., 2016, S. 69f.). Diese Kennzahl liefert Informationen in Bezug auf die Kostenentwicklung einer bestimmten Kostenart im Verhältnis zur Patientenwicklung (siehe Abbildung 33). Je höher dabei die Kosten pro Patienten ausfallen, umso größer ist auch diese Kennzahl. Im Hinblick darauf soll das primäre Ziel der Praxisführung darin bestehen, diese Kennzahl so klein wie möglich zu halten. Abb. 33: Entwicklung der Personalkosten pro Patienten und Jahr. Quelle: Eigene Darstellung. Eine weitere wichtige Kennzahl im Rahmen der Kostenartenrechnung ist die sogenannte Kostenartwachstumsrate. Die Kennzahl misst das relative Wachstum einer bestimmten Kostenart im Laufe einer Periode und spiegelt die Entwicklung der Kosten in der abgelaufenen Periode im Vergleich zu den Perioden davor wider. = Summe der Kostenart zum Zeitpunkt t Summe der Kostenart zum Zeitpunkt t 1 × 100 Darüber hinaus können folgende relative Kennzahlen im Rahmen der Kostenartenrechnung gebildet werden: Fortbildungskosten pro Mitarbeiter, Personalkosten pro Mitarbeiter, kalkulatorische Lohnkosten des Praxisinhabers usw. <?page no="149"?> 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung 149 Auch im Rahmen der Kostenstellenrechnung können aussagekräftige Kennzahlen aufgestellt werden. Diese werden zur Steuerung konkreter Kostenstellen mit dem Ziel der Kostenbeeinflussung eingesetzt. Demnach können Kosten einer Kostenstelle, die je nach Größe der Praxis unterschiedlich gebildet werden kann, (z. B. Fachbereich, Verwaltung) in Bezug auf die Patientenzahl oder auch Mitarbeiterzahl dargestellt werden. Weiterhin kann auch das Verhältnis der Kostenentwicklung einer bestimmten Kostenstelle im Laufe einer Periode mit Hilfe der Kostenstellenwachstumsrate abgebildet werden: = Summe der Kosten in Kostenstelle i zum Zeitpunkt t Summe der Kosten in Kostenstelle i zum Zeitpunkt t 1 × 100 Kennzahlen können auch bedeutende Informationen in Bezug auf Praxiskostenträger liefern, indem sie die Kostenentwicklung einer Leistung (z. B. einer medizinischen Behandlung), mehrerer Leistungen eines Bereichs oder aller Praxisangebote darstellen. Beispiele für solche Kennzahlen sind Gesamtkosten der Praxis pro Patienten oder Behandlungskosten pro Patienten. Eine zentrale Kennzahl in der Arztpraxis stellt die Kennzahl für (Kosten-) Wirtschaftlichkeit dar, die das Maß für die Einhaltung des ökonomischen Prinzips bildet. Diese kann für unterschiedliche Praxisebenen berechnet werden (in Bezug auf die gesamte Praxis, auf einen Fachbereich oder eine konkrete Leistung). Dabei ist die Wirtschaftlichkeit umso höher, je größer der Wert dieser Kennzahl ist. Kostenwirtschaftlichkeit = Erlös Kosten 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung Mit der Vollkostenrechnung bekommt die Geschäftsführung in der Arztpraxis sicherlich ein bewährtes Instrument an die Hand, um Kosten zu erfassen und kostendeckende Entgelte zu kalkulieren. Die bisher betrachtete Vollkostenrechnung hat jedoch gravierende Defizite, die hier näher erläutert werden sollen. Ein bedeutendes Defizit der Vollkostenrechnung besteht darin, dass bei der Gemeinkostenverrechnung sämtliche Kosten auf die einzelnen Praxisleistungen übertragen werden. Dabei lassen sich Gemeinkosten per Definition nicht verursachungsgerecht auf die Kostenträger umlegen. Zwar stehen in der Arztpraxis plausible Kostenschlüssel zur Zuordnung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen und Kostenträger zur Verfügung (z. B. die Patientenzahl), <?page no="150"?> 150 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis sie bilden aber die Wirklichkeit nur näherungsweise verursachungsgerecht ab. Aus diesem Grund entspricht die Verrechnung der Gemeinkosten mit Hilfe von Kostenschlüsseln in der Regel dem Proportionalitätsprinzip, aber nicht dem Verursachungsprinzip. Aufgrund dieses Mangels kann eine verursachungsgerechte Kostenanalyse auf Vollkostenbasis nur eingeschränkt erfolgen. Dieses Problem betrifft insbesondere Arztpraxen mit einem hohen Anteil der Wertschöpfung in Querschnittbereichen. Beispielsweise stellen verwaltungsbezogene Tätigkeiten, für die Mitarbeiter, Räumlichkeiten und Ausstattung (z. B. IT) gebraucht werden, in der Regel einen wesentlichen Kostentreiber in (Groß-)Praxen dar. Dabei sind die entsprechenden Kosten den einzelnen Kostenobjekten kaum verursachungsgerecht zuordenbar. Abb. 34: Fixkostenproportionalisierung. Quelle: Eigene Darstellung. Ein weiteres Defizit der Vollkostenrechnung besteht darin, dass die Fixkosten so behandelt werden, als ob es möglich wäre, diese zu proportionalisieren, indem diese auf einzelne Kostenträgereinheiten aufgeteilt werden. Dadurch ergibt sich der Anschein, dass sämtliche Fixkosten beeinflussbar wären. Dieser Anschein trügt jedoch, denn fixe Kosten stellen die sogenannten Bereitschaftskosten dar und fallen naturgemäß immer an, egal ob zwei oder zwanzig Patienten pro Periode behandelt werden. Der Zusammenhang mit der Proportionalisierung der Fixkosten wird in der Abbildung 34 graphisch dargestellt: Werden mehr Patienten als ursprünglich geplant ( X ist1 ) behandelt, dann fällt der auf jede zusätzliche Einheit entfallende Fixkostenteil niedriger aus als bei der geplanten Menge ( X p ). Gegenteilig ist es genau dann, wenn <?page no="151"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 151 weniger als die geplante Menge produziert wird. In diesem Fall erhöhen sich die anteiligen Fixkosten überproportional ( X ist2 ) (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 206). Daraus resultierend kann die Vollkostenrechnung zu falschen Entscheidungen in Arztpraxen führen, da die entscheidungsrelevanten Kosten nicht voneinander isoliert behandelt werden. So kann mit der Vollkostenrechnung nicht genau ermittelt werden, welchen Anteil an Fixkosten ein Praxisangebot trägt. Da jedoch Fixkosten bei der kleiner werdenden Produktionsleistung nicht sinken, sondern gleichbleiben, riskieren Arztpraxen, die Fixkosten nicht mehr decken zu können, wenn beispielsweise ein Praxisangebot abgeschafft wird oder die Nachfrage nach bestimmten Praxisleistungen sinkt. Dies könnte zu Problemen bei der Ressourcenbeschaffung, zu Liquiditätsproblemen und in letzter Konsequenz zur Insolvenz der Praxis führen. Darüber hinaus erscheint eine Verrechnung sämtlicher Kosten auf die Kostenträger in Bezug auf eine transparente Kalkulation der Preise für medizinische Leistungen nicht zweckmäßig. Zu beachten ist ohnehin, dass die Preise für medizinische Leistungen nicht frei gesetzt werden dürfen. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Vollkostenrechnung die Kostenverursachung nicht immer realistisch abbildet, nur eine eingeschränkte Entscheidungsorientierung in Bezug auf die differenzierte Kalkulation der medizinischen Leistungen bietet und mit einem großen Rechenaufwand verbunden ist. An diesen Kritikpunkten setzt die Teilkostenkostenrechnung an, deren Einsatz in der Arztpraxis im Kapitel 6 umfangreich erläutert wird. 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung Eine Praxis für internistische Leistungen mit dem Schwerpunkt endoskopischer Untersuchungen behandelt ausschließlich GKV-Patienten. Das Leistungsspektrum umfasst folgende Leistungen: Ultraschall-Untersuchungen Herz-Kreislauf-Untersuchungen Endoskopische Untersuchungen Röntgen-Untersuchungen Knochenbiopsien Funktions- und Labordiagnostik <?page no="152"?> 152 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Für die beiden wesentlichen Leistungen, die nach dem Umsatz einen Anteil von rund 75% ausmachen, können nach EBM 2019 etwa folgende Erlöse erzielt werden: Coloskopie: 270 EUR Gastroskopie: 140 EUR Ziel ist es, die Selbstkosten der Praxis für die beiden Leistungen zu berechnen und eine Wirtschaftlichkeitskontrolle durchzuführen. Die Betrachtung bezieht sich auf ein komplettes Wirtschaftsjahr. Hierzu wird wie folgt vorgegangen: Schritt 1: Sämtliche Gemeinkosten werden nach Kostenarten gegliedert. Dabei werden folgende Kostenarten definiert: Personalkosten Abschreibungen für die Praxis- und Laboreinrichtung und für die medizinischen Geräte Kalkulatorische Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapital Raumkosten sonstige Kosten (Anmerkung: Auf die Berechnung kalkulatorischer Wagnisse wurde verzichtet, da diesbezügliche Vorgänge in der Vergangenheit sich unter Kostengesichtspunkten als vernachlässigbar erwiesen haben). Schritt 2: Im Rahmen der Kostenstellenrechnung werden diese Kosten den Kostenstellen zugerechnet. Hierbei werden folgende Kostenstellen gebildet: VK 1 : Verwaltung/ allgemeines Praxismanagement (Vorkostenstelle bzw. Hilfskostenstelle) VK 2 : Vorbereitung Endoskopie (Vorkostenstelle bzw. Hilfskostenstelle) U 1 : Diagnostik und Therapie I (Gastro; Hauptkostenstelle) U 2 : Diagnostik und Therapie II (Colo; Hauptkostenstelle) U 3 : Diagnostik und Therapie III (sonstige Untersuchungen und Behandlungen; Hauptkostenstelle) Schritt 3: Bei der abschließenden Kostenträgerrechnung werden die Kosten einer Behandlung ermittelt, indem die Einzelkosten <?page no="153"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 153 Schritte 1 und 2: Erfassung der Kostenarten und Zuordnung zu den Kostenstellen Personalkosten In den Personalkosten sind die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitsgebers, etwaige Direktversicherungen und Vermögenswirksame Leistungen enthalten. Für den Internisten wurde ein kalkulatorischer Unternehmerlohn von 180.000 Euro angesetzt. Die zeitliche Zuordnung wurde über mehrere Jahre hinweg beobachtet und erfasst. Person Tätigkeit Kosten [€] p. a. VK 1 [%] VK 2 [%] U 1 [%] U 2 [%] U 3 [%] Internist 180.000,00 20 60 20 Frau Anton Gastrologische Untersuchungen 27.705,38 100 Frau Bauer Anmeldung, Labor, Sono, kardiologische Untersuchungen 29.419,49 20 80 Frau Cäsar Büro 25.042,91 100 Frau Dehner Endoskopie, Anmeldung, Labor, Sono und kardiologische Untersuchungen 24.353,11 20 50 30 Frau Emil Endoskopie, Anmeldung, Labor, Sono und kardiologische Untersuchungen 31.175,59 20 60 20 Frau Fehn Reinigung 10.920,00 100 Frau Günther Praxismanagement, Abrechnung, Qualitätsmanagement 6.480,00 100 Summen 335.096,48 Tab. 21: Zeitliche Zuordnung des Personals. Quelle: Eigene Darstellung. dem jeweiligen Kostenträger direkt und die Gemeinkosten dem Kostenträger über einen Schlüssel zugerechnet werden. Schritt 4: Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitskontrolle wird überprüft, ob die tatsächlichen Kosten (Ist-Kosten) angemessen sind. <?page no="154"?> 154 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Person Kosten [€] p. a. VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Internist 180.000,00 36.000,00 108.000,00 0,00 0,00 36.000,00 Frau Anton 27.705,38 0,00 0,00 27.705,38 0,00 0,00 Frau Bauer 29.419,49 5.883,90 0,00 0,00 0,00 23.535,59 Frau Cäsar 25.042,91 25.042,91 0,00 0,00 0,00 0,00 Frau Dehner 24.353,11 4.870,62 12.176,56 0,00 0,00 7.305,93 Frau Emil 31.175,59 6.235,12 18.705,35 0,00 0,00 6.235,12 Frau Fehn 10.920,00 10.920,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Frau Günther 6.480,00 6.480,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Summen 335.096,48 95.432,55 138.881,91 27.705,38 0,00 73.076,64 Tab. 22: Zuordnung der Personalkosten auf die Kostenstellen. Quelle: Eigene Darstellung. Abschreibungen Bei den Abschreibungen der Kostenrechnung ist davon ausgegangen worden, dass allenfalls marginale Preissteigerungen auftreten und dass die steuerliche Abschreibungsdauer in etwa der tatsächlichen Nutzungsdauer der Anlagegüter entspricht. Mit anderen Worten: Die Abschreibungen der Kostenrechnung wurden in gleicher Höhe wie die steuerlichen gebildet. Lediglich die GWGs wurden - abweichend von der steuerlichen Handhabung - über drei Jahre abgeschrieben, da vermutet wurde, dass bei diesen Gütern die tatsächliche Nutzungsdauer drei Jahre beträgt. Praxiseinrichtung AHK [€] ND [a] Abschr. p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Bestuhlung Wartezimmer 1.303,18 10 130,32 130,32 Einrichtung großes Sprechzimmer 4.227,97 10 422,80 422,80 <?page no="155"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 155 Schränke Anmeldung 6.475,00 10 647,50 647,50 Lamellenstores 682,06 5 136,41 136,41 Schubkastenschrank 622,51 5 124,50 124,50 Schrank Arztzimmer 1.456,57 10 145,66 145,66 Polstermöbel Arztzimmer 2.103,25 10 210,33 210,33 Untersuchungsliege 670,00 5 134,00 134,00 Untersuchungsliege 1.943,84 5 388,77 388,77 Schrankwand und Wandverkleidung 11.044,28 10 1.104,43 1.104,43 Spanische Wand 844,24 5 168,85 168,85 Gerätetische 1.195,82 5 239,16 239,16 Rollstuhl 797,36 5 159,47 159,47 Einrichtung Gastroskopieraum 3.988,08 10 398,81 398,81 Karteischrank 741,28 5 148,26 148,26 Küchenzeile Endoskopie 7.301,24 8 912,66 912,66 sonst. Mobiliar 6.154,52 10 615,45 615,45 EDV-Programme 6.370,37 3 2.123,46 2.123,46 Laserdrucker 611,42 3 203,81 203,81 Notebook 2.719,88 3 906,63 906,63 Drucker Photo 584,64 3 194,88 194,88 <?page no="156"?> 156 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Server Basic Intel 5.470,56 3 1.823,52 1.823,52 Computer I7 826,85 3 275,62 275,62 Workstation 2.995,58 3 998,53 998,53 Monitor 298,81 3 99,6 99,6 PC-Komplett-System 2.414,89 3 804,96 804,96 Multimedia- Projektor 1.246,80 5 249,36 249,36 Laboreinrichtung 1.717,94 10 171,79 171,79 Wäschetrockner 760,8 5 152,16 152,16 Folienschweißgerät 618,05 5 123,61 123,61 Waschmaschine 1.362,00 5 272,4 272,4 Halogenlicht 1.391,53 5 278,31 278,31 PVC-Wannen 997,74 5 199,55 199,55 Diktiergerät 703,9 5 140,78 140,78 Telefonanlage 2.664,20 10 266,42 266,42 GWG 4.617,19 3 1.539,06 1.539,06 Summen 89.924,35 16.911,83 6.952,20 7.560,25 - - 2.399,38 Tab. 23: Abschreibungen auf die Praxis- und Laboreinrichtung. Quelle: Eigene Darstellung. Gerätschaft AHK [€] ND [a] Abschr. p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Erbotom 2.058,90 5 411,79 411,79 Pulsoximeter 785,830 5 157,17 157,17 Kompressor mit Ausblaspistole 1.124,69 5 224,94 224,94 <?page no="157"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 157 Absaugpumpe für Endoskopie- Einheit 580,01 5 116,00 116,00 Ultraschallreinigungsgerät 826,34 3 275,45 275,45 Waschmaschine 21.474,26 5 4.294,85 4.294,85 Überwachungsgerät 5.100,65 5 1.020,13 1.020,13 Dampf- Kleinsterilisator 9.098,73 5 1.819,75 1.819,75 Erbotom 5.031,80 3 1.677,27 1.677,27 Clip Applikator drehbar und Clips 1.192,48 3 397,49 397,49 Clip Applikator drehbar 769,08 3 256,36 256,36 Sekretsauger, tragbar 604,13 5 120,83 120,83 Clip Applikator, drehbar 1.206,40 3 402,13 402,13 3 Video- Gastroskope 31.323,35 5 6.264,67 6.264,67 Lichtquelle Xenon 100 1.059,10 5 211,82 211,82 Prozessor Telecam SL II 2.023,00 5 404,60 404,60 3 Coloskope 33.205,00 5 6.641,00 6.641,00 Prozessor Telecam SL II 2.023,00 5 404,60 404,60 Lichtquelle Xenon 100 1.059,10 5 211,82 211,82 <?page no="158"?> 158 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Folienschweißgerät 515,04 5 103,01 103,01 Operationsleuchte (2 Stück) 2.319,22 5 463,84 463,84 Gerätewagen Endoskopie 1.693,30 5 338,66 338,66 Defiskop 6.522,55 7 931,79 931,79 Mikroskop- Olympus 2.922,03 7 417,43 417,43 Atmolit Absaugpumpe 564,33 5 112,87 112,87 Entwicklungsmaschine 2.300,81 5 460,16 460,16 Sensitometer 1.806,14 5 361,23 361,23 Messkoffer 963,93 5 192,79 192,79 Zentrifuge 668,10 5 133,62 133,62 Eurocam Pro 13.679,60 5 2.735,92 2.735,92 Densitometer 886,68 5 177,34 177,34 Röntgenqualitätskontrollgerät 788,82 5 157,76 157,76 Filmbetrachtungsgerät 979,32 5 195,86 195,86 Blutdruckmesssystem 2.105,50 5 421,10 421,10 Sensitometer 1.055,55 5 211,11 211,11 Summen 162.010,14 33.065,82 - 11.480,61 8.651,67 9.273,35 3.660,20 Tab. 24: Abschreibungen auf die medizinischen Geräte. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="159"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 159 Kalkulatorische Zinsen auf das eingesetzte Kapital Die Praxis ist weitgehend mit Eigenkapital finanziert. Eine sichere Anlage des Eigenkapitals am Kapitalmarkt würde etwa 0,5 Prozent p. a. bringen. Hierzu wird ein Sicherheitszuschlag von 2 Prozent-Punkten addiert, um das erhöhte Risiko bei der Anlage des Kapitals in der Praxis zu berücksichtigen. Der kalkulatorische Zinssatz beträgt somit 2,5 Prozent p. a. Das betriebsnotwendige Kapital wird in Höhe der hälftigen Anschaffungskosten berechnet; etwaige Resterlöse werden vernachlässigt. Zudem werden auch die kalkulatorischen Zinsen auf das Umlaufvermögen vernachlässigt, da das hier gebundene Kapital (Bankkonto etc.) gering ausfällt. Abzugskapital (Lieferantenkredite, Vorauszahlungen von Patienten etc.) ist nicht vorhanden. Anlagegut AHK [€] betriebsnotw. Kapital [€] kalk. Zins p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Bestuhlung Wartezimmmer 1.303,18 651,59 16,29 16,29 Einrichtung großes Sprechzimmer 4.227,97 2.113,99 52,85 52,85 Schränke Anmeldung 6.475,00 3.237,50 80,94 80,94 Lamellenstores 682,06 341,03 8,53 8,53 Schubkastenschrank 622,51 311,26 7,78 7,78 Schrank Arztzimmer 1.456,57 728,29 18,21 18,21 Polstermöbel Arztzimmer 2.103,25 1.051,63 26,29 26,29 Untersuchungsliege 670 335,00 8,38 8,38 Untersuchungsliege 1.943,84 971,92 24,30 24,30 Schrankwand und Wandverkleidung 11.044,28 5.522,14 138,05 138,05 Spanische Wand 844,24 422,12 10,55 10,55 Gerätetische 1.195,82 597,91 14,95 14,95 <?page no="160"?> 160 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Rollstuhl 797,36 398,68 9,97 9,97 Einrichtung Gastroskopieraum 3.988,08 1.994,04 49,85 49,85 Karteischrank 741,28 370,64 9,27 9,27 Küchenzeile Endoskopie 7.301,24 3.650,62 91,27 91,27 sonstiges Mobiliar 6.154,52 3.077,26 76,93 76,93 EDV-Programme 6.370,37 3.185,19 79,63 79,63 Laserdrucker 611,42 305,71 7,64 7,64 Notebook 2.719,88 1.359,94 34,00 34,00 Drucker Photo 584,64 292,32 7,31 7,31 Server Basic Intel 5.470,56 2.735,28 68,38 68,38 Computer I7 826,85 413,43 10,34 10,34 Workstation 2.995,58 1.497,79 37,44 37,44 Monitor 298,81 149,41 3,74 3,74 PC-Komplett- System 2.414,89 1.207,45 30,19 30,19 Multimedia-Projektor 1.246,80 623,40 15,59 15,59 Laboreinrichtung 1.717,94 858,97 21,47 21,47 Wäschetrockner 760,8 380,40 9,51 9,51 Folienschweißgerät 618,05 309,03 7,73 7,73 Waschmaschine 1.362,00 681,00 17,03 17,03 Halogenlichtquelle 1.391,53 695,77 17,39 17,39 PVC-Wannen 997,74 498,87 12,47 12,47 Diktiergerät 703,9 351,95 8,80 8,80 Telefonanlage 2.664,20 1.332,10 33,30 33,30 GWG 4.617,19 2.308,60 57,71 57,71 Summen 89.924,35 44.962,18 1.124,05 456,37 446,58 0,00 0,00 221,11 Tab. 25: Kalkulatorische Zinsen auf die Praxis- und Laboreinrichtung. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="161"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 161 Anlagegut AHK [€] betriebsnotw. Kapital [€] kalk. Zins p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Erbotom 2.058,97 1.029,49 25,74 25,74 Pulsoximeter 785,83 392,92 9,82 9,82 Kompressor mit Ausblaspistole 1.124,69 562,35 14,06 14,06 Absaugpumpe für Endoskopie-Einheit 580,01 290,01 7,25 7,25 Ultraschallreinigungsgerät 826,34 413,17 10,33 10,33 Waschmaschine 21.474,26 10.737,13 268,43 268,43 Marquett Überwachungsgerät 5.100,65 2.550,33 63,76 63,76 Dampf-Kleinsterilisator 9.098,73 4.549,37 113,73 113,73 Erbotom 5.031,80 2.515,90 62,90 62,90 Clip Applikator, drehbar, und Clips 1.192,48 596,24 14,91 14,91 Clip Applikator, drehbar 769,08 384,54 9,61 9,61 Sekretsauger, tragbar 604,13 302,07 7,55 7,55 Clip Applikator, drehbar 1.206,40 603,20 15,08 15,08 3 Video-Gastroskope 31.323,35 15.661,68 391,54 391,54 Lichtquelle Xenon 100 1.059,10 529,55 13,24 13,24 Prozessor Telecam SL II 2.023,00 1.011,50 25,29 25,29 3 Coloskope 33.205,00 16.602,50 415,06 415,06 Prozessor Telecam SL II 2.023,00 1.011,50 25,29 25,29 Lichtquelle Xenon 100 1.059,10 529,55 13,24 13,24 Folienschweißgerät 515,04 257,52 6,44 6,44 <?page no="162"?> 162 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Operationsleuchte (2 Stück) 2.319,22 1.159,61 28,99 28,99 Gerätewagen Endoskopie 1.693,30 846,65 21,17 21,17 Defiskop 6.522,55 3.261,28 81,53 81,53 Mikroskop Olympus 2.922,03 1.461,02 36,53 36,53 Atmolit Absaugpumpe 564,33 282,17 7,05 7,05 Entwicklungsmaschine Konica QX 150H 2.300,81 1.150,41 28,76 28,76 Wellhöfer Sensitometer 1.806,14 903,07 22,58 22,58 Messkoffer Rovi 963,93 481,97 12,05 12,05 Zentrifuge 668,10 334,05 8,35 8,35 Eurocam Pro 13.679,60 6.839,80 171,00 171,00 Densitometer 886,68 443,34 11,08 11,08 Dosimax Röntgenqualitätskontrollgerät 788,82 394,41 9,86 9,86 Filmbetrachtungsgerät 979,32 489,66 12,24 12,24 Blutdruckmesssystem 2.105,50 1.052,75 26,32 26,32 Sensitometer 1.055,55 527,78 13,19 13,19 Summen 162.010,14 81.005,07 2.025,13 - 684,25 540,73 537,65 262,49 Tab. 26: Kalkulatorische Zinsen auf die medizinischen Geräte. Quelle: Eigene Darstellung. Raumkosten Die Praxis befindet sich in angemieteten Räumen mit einer Fläche von 201 m 2 . Davon werden von der Kostenstelle VK 1 49 m 2 (= 24,38 %), von der Kostenstelle VK 2 116 m 2 (= 57,71 %) und von der Kostenstelle U 3 36 m 2 (= 17,91 %) belegt. Die Kostenstellen U 1 und U 2 sind in der Kostenstelle VK 2 untergebracht. Die Raumkosten werden anteilig der Fläche auf die einzelnen Kostenstellen umgelegt. <?page no="163"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 163 Kosten p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Miete Arztpraxis 28.944,72 7.056,18 16.704,42 5.184,13 Abschlagszahlung Gas 3.746,44 913,31 2.162,12 671,00 Reparaturen, Instandhaltung 5.712,57 1.392,62 3.296,81 1.023,15 Reinigung & Desinfektion 2.856,82 696,44 1.648,71 511,67 Summen 41.260,55 10.058,54 23.812,06 0,00 0,00 7.389,95 Tab. 27: Zuordnung der Raumkosten. Quelle: Eigene Darstellung. Sonstige Kosten Der Praxisinhaber verfügt über drei Fahrzeuge. Da alle drei Fahrzeuge auch privat genutzt werden, wurde nur ein Fahrzeug - dies aber komplett - in die Berechnung mit einbezogen. Kosten p. a. [€] VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Rechtsschutz 811,82 811,82 PUV (Vers. f. Praxisunterbr.) 1.683,55 1.683,55 Berufshaftpflicht 1.496,29 1.496,29 Sachversicherung Heilwesen 3.297,49 3.297,49 Berufsgenossenschaft 1.082,56 1.082,56 Porto 1.550,35 1.550,35 Telefon 4.699,80 4.699,80 Bürobedarf 6.661,09 6.661,09 Reinigung Praxiswäsche 270,18 270,18 Wartezimmer-lektüre 933,61 933,61 Blumen/ Deko für Praxis 1.871,57 1.871,57 <?page no="164"?> 164 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Rechts- und Beratungskosten 236,40 236,40 Buchführungskosten 3.860,72 3.860,72 Abschlusskosten 2.760,00 2.760,00 Kfz-Versicherung Vollkasko 830,84 830,84 Kfz-Steuer 553,20 553,20 Kfz-Reparaturen 2.431,03 2.431,03 Leasing Kfz 10.352,74 10.352,74 Treibstoff 1.740,53 1.740,53 Summen 47.123,79 47.123,79 Tab. 28: Zuordnung der sonstigen Kosten. Quelle: Eigene Darstellung. Damit ergeben sich die folgenden Gemeinkosten auf den einzelnen Kostenstellen: Kostenart [€] Kosten insgesamt VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 Personalkosten 335.096,48 95.432,55 138.881,91 27.705,38 0,00 73.076,64 Abschreibung Praxiseinrichtung 16.911,83 6.952,20 7.560,25 0,00 0,00 2.399,38 Abschreibung medizinische Geräte 33.065,82 0,00 11.480,61 8.651,67 9.273,35 3.660,20 kalk. Zins Praxiseinrichtung 1.124,05 456,37 446,58 0,00 0,00 221,11 kalk. Zins medizinische Geräte 2.025,13 0,00 684,25 540,73 537,65 262,49 Raumkosten 41.260,55 10.058,54 23.812,06 0,00 0,00 7.389,95 sonstige Kosten 47.123,79 47.123,79 0,00 0,00 0,00 0,00 Summen 476.607,65 160.023,44 182.865,65 36.897,78 9.811,00 87.009,77 Tab. 29: Verteilung der Gemeinkosten. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="165"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 165 Innerbetriebliche Leistungsverrechnung Im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden die Vorkostenstellen VK 1 und VK 2 gemäß dem Treppenverfahren entsprechend aufgelöst. Dabei erfolgt eine Auflösung der Kosten von VK 1 nach der räumlichen Inanspruchnahme der nachgelagerten Kostenstellen: VK 2 116 qm (= 76,32%) und U 3 36 qm (23,68%). Die Kosten der Kostenstelle VK 2 werden nach der durchschnittlichen Anzahl der erbrachten Gastroskopien und Coloskopien verteilt. So zeigte sich, dass jährlich mit geringen Abweichungen 725 Gastroskopien und 1.120 Coloskopien durchgeführt wurden. Demzufolge werden die Kosten der Kostenstelle VK 2 auf die Kotenstellen U 1 und U 2 im Verhältnis 39,30% und 60,70% verteilt. Gemeinkosten [€] Kosten insgesamt VK 1 VK 2 U 1 U 2 U 3 primäre GK 476.607,65 160.023,44 182.865,65 36.897,78 9.811,00 87.009,77 Umlage VK 1 122.123,15 0,00 0,00 37.900,29 Umlage VK 2 119.846,55 185.142,26 0,00 Summen 476.607,65 156.744,33 194.953,26 124.910,06 Tab. 30: Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Schritt 3: Durchführung der Kostenträgerrechnung Die Kostenträgerrechnung wird wie folgt umgesetzt: Als Kostenträger werden Gastroskopien und Coloskopien definiert. Freilich wäre es auch möglich, weitere Kostenträger zu definieren, wie etwa eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Aus didaktischen Gründen soll sich aber auf diese beiden Kostenträger beschränkt werden. Nach der Definition der Kostenträger erfolgt eine Zuordnung der Einzelkosten auf die Kostenträger. Danach werden die relevanten Gemeinkosten mit einem Schlüssel auf die Kostenträger zugeordnet. <?page no="166"?> 166 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Ermittlung der Einzelkosten Bei den Einzelkosten handelt es sich im Wesentlichen um Materialeinzelkosten. Dabei werden die Gebrauchsmaterialen in größeren Einheiten beschafft. Der Verbrauch pro Behandlung ergibt sich durch die Division der Beschaffungswerte durch die erbrachten Behandlungszahlen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Lagerbestand konstant gehalten wird. Verbrauchsgut [€] Beschaffungskosten Kosten pro Behandlung Kosten pro Gastroskopie Kosten pro Coloskopie Instrumentengel 226,20 0,12 0,12 0,12 Beißring 72,00 0,10 0,10 Spritze 5 ml 0,08 0,07 0,07 0,07 Kodan Tinktur 8,28 0,01 0,01 0,01 Einmalelektrode 134,23 0,07 0,07 0,07 Liegenrolle 460,80 0,25 0,25 0,25 Krankenunterlagen 0,20 0,00 0,00 0,00 Zellstoff 1.368,00 0,74 0,74 0,74 Papierhandtücher 576,00 0,31 0,31 0,31 Mundschutz 360,00 0,20 0,20 0,20 Handschuhe 3.456,00 1,87 1,87 1,87 Schürzen 475,20 0,26 0,26 0,26 Müllbeutel 360,00 0,20 0,20 0,20 Universalbecher 28,80 0,04 0,04 - Sterilisationsschlauch 216,00 0,12 0,12 0,12 Filterplättchen 142,80 0,08 0,08 0,08 Einmalabsaugbehälter 2.232,00 1,21 1,21 1,21 Flächendesinfektion 62,40 0,03 0,03 0,03 Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel, Salz 6.775,20 3,67 3,67 3,67 Schläuche 216,00 0,12 0,12 0,12 Handwaschmittel 239,90 0,13 0,13 0,13 Händedesinfektion 129,60 0,07 0,07 0,07 Hautschutz 122,40 0,07 0,07 0,07 <?page no="167"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 167 Sterilisator 390,43 0,21 0,21 0,21 Polypemfallen 642,60 0,57 - 0,57 Biopsiezange 283,20 0,15 0,15 0,15 Polypektomieschlinge 128,52 0,11 - 0,11 Summe der Einzelkosten 10,10 10,65 Tab. 31: Aufstellung der Einzelkosten. Quelle: Eigene Darstellung. Mit Hilfe der einstufigen Divisionskalkulation werden nun die Gemeinkosten der jeweiligen betroffenen Kostenstellen auf die Kostenträger umgerechnet. Beispielsweise sind in der Kostenstelle U 1 (Diagnostik und Therapie I: Gastro) 156.744,33 Euro an Gemeinkosten aufgelaufen und damit wurden 725 Gastroskopien durchgeführt. Damit ergeben sich Gemeinkosten von 216,20 Euro pro Gastroskopie. Die Addition der zugeschlüsselten Gemeinkosten und der Einzelkosten ergibt schließlich die Selbstkosten: insgesamt Anzahl Kosten pro Gastroskopie [€] Kosten pro Coloskopie [€] Gemeinkosten U 1 156.744,33 725 216,20 Gemeinkosten U 2 194.953,26 1120 174,07 Einzelkosten 10,10 10,65 Selbstkosten 226,30 184,71 Tab. 32: Berechnung der Selbstkosten. Quelle: Eigene Darstellung. Vor dem Hintergrund der Erlöse Gastroskopie: 140 EUR Coloskopie: 270 EUR zeigt sich, dass bei einer Gastroskopie die Selbstkosten (ohne dass dabei jedoch ein Gewinnzuschlag einkalkuliert wurde) erheblich höher als die Erlöse sind. Bei der Coloskopie verhält es sich anders herum. <?page no="168"?> 168 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Schritt 4: Durchführung der Wirtschaftlichkeitskontrolle Die bisherigen Berechnungen basierten auf den tatsächlich in dem betrachteten Jahr entstandenen Kosten (Ist-Kosten). Eine Wirtschaftlichkeitskontrolle setzt nun einen Vergleichsmaßstab voraus. Vereinfacht könnte eine Wirtschaftlichkeitskontrolle wie folgt durchgeführt werden: [1] Als Maßstab werden die durchschnittlichen Selbstkosten für den Kostenträger in den vergangenen Perioden verwendet und geprüft, ob hier eine beachtenswerte Abweichung stattfindet. [2] Als Maßstab lassen sich auch die Normalkosten in den entsprechenden Hauptkostenstellen verwenden. Auch hier würde geprüft, ob die Ist-Kosten von den berechneten Normalkosten erheblich abweichen. [3] Sofern bei diesen Vergleichen Abweichungen stattfinden, wäre in einem weiteren Schritt zu prüfen, welche Kostenart hierfür ursächlich ist. Auf Basis dieser Erkenntnisse könnten dann entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden (Kostenmanagement). Ad [1]/ [3]: Im Durchschnitt der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Selbstkosten von Gastroskopien bei 192 Euro und die von Coloskopien bei 183 Euro lagen. Nun wäre herauszufinden, was diesen größeren Kostenanstieg bei Gastroskopien verursacht hat. In unserem Beispiel könnte sich etwa folgendes zeigen: Die Personalkosten sind im Vergleich zu den vorherigen Perioden höher ausgefallen. Eine weitere Untersuchung ergibt, dass die Mitarbeiterin, die maßgeblich bei den Gastroskopien zum Einsatz kommt (Frau Anton), ein Abwerbungsangebot von einer anderen Praxis erhielt. Um sie zu halten, wurde ihr Gehalt entsprechend erhöht. Eine Überprüfung der Abweichung bei den Coloskopien würde sich aufgrund der Geringfügigkeit erübrigen. Ad [2]/ [3]: Die Normalkosten sind die Kosten, die bei der Ist-Auslastung (Anzahl der produzierten Einheiten) hätten entstehen dürfen. Wenn die Anzahl der produzierten Einheiten in jeder Periode gleich wäre, dann wäre die Wirtschaftlichkeitskontrolle vergleichsweise einfach durchzuführen: Die Normalkosten würden sich einfach als Durchschnitt der Ist-Kosten dieser Kostenstelle in den vergangenen Perioden errechnen. Meist verändert sich die Auslastung jedoch zwischen den Perioden. So werden beispielsweise in einem Jahr 650 Gastroskopien und im anderen Jahr 740 durchgeführt. Dabei ist auch davon auszugehen, dass die Ist-Kosten der betroffenen Kostenstelle im ersten Fall geringer ausfallen als im zweiten Fall. Vor dem Hintergrund von Auslastungsänderungen bemüht man folgenden Grundgedanken: In einer Kostenstelle ergeben sich die Gemeinkosten pro- <?page no="169"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 169 portional in Abhängigkeit von den produzierten Einheiten. Werden mehr Einheiten produziert, dann fallen nach diesem Grundgedanken auch die Gemeinkosten in dieser Kostenstelle entsprechend höher aus. Als Bezugsbasis für die Berechnung der Normalkosten werden die relevanten Einzelkosten ( ) herangezogen, da die Höhe der Einzelkosten ein guter Maßstab für die Anzahl der produzierten Leistungen ist (sie fallen eben nur an, wenn auch Leistungen produziert werden). Durch Division der Ist-Kosten mit den Einzelkosten in den vergangenen Perioden ergibt sich der Normalkostenzuschlag ( ) der entsprechenden Kostenstelle. Aus der Multiplikation des Normalkostenzuschlags ( ) mit den Einzelkosten der laufenden Periode ( ) resultieren die Normalkosten ( ), die dann als Vergleichsmaßstab mit den Ist-Kosten ( ) herangezogen werden. Im vorliegenden Beispiel wird angenommen, dass die Normalkostenzuschläge in der Kostenstelle U 1 (Diagnostik und Therapie I: Gastro) 2.000% und in der Kostenstelle U 2 (Diagnostik und Therapie II: Colo) 1.650% sind. Dies bedeutet beispielsweise, dass in der Kostenstelle U 1 1 Euro an Einzelkosten 20 Euro an Gemeinkosten nach sich zieht. (Anmerkung: Die Einzelkosten für alle erbrachten Gastroskopien und Coloskopien ließen sich errechnen, in dem die Einzelkosten pro Stück - bei Gastroskopien sind das 10,10 Euro mit der erbrachten Anzahl - hier 725 - multipliziert wurden: 10,10 Euro × 725 = 7.322,50 Euro.) Nun werden die Ist-Kosten mit den Normalkosten verglichen. Dies erfolgt, indem man die Normalkosten von den Ist-Kosten subtrahiert ( = - ). Ergibt sich hieraus ein negativer Wert, wird von einer „Überdeckung“ gesprochen: Die Normalkosten reichen aus, um die Ist-Kosten „abzudecken“. Den gegenteiligen Fall bezeichnet man als „Unterdeckung“. U 1 U 2 U 3 Ist-Gemeinkosten [€] 156.744,33 194.953,26 124.910,06 Bezugsbasis [€] 7.322,50 11.928,00 ? Ist-Zuschlagssatz [%] 2.141% 1.634% ? Normalzuschlagssatz [%] 2.000% 1.650% ? Normalkosten [€] 146.450,00 196.812,00 ? - Abweichung [€] 10.294,33 -1.858,74 ? Tab. 33: Berechnung der Abweichungen. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="170"?> 170 5 Vollkostenrechnung in der Arztpraxis Im vorliegenden Fall tritt bei U 1 eine Unterdeckung und bei U 2 eine Überdeckung auf. Wie bereits unter ad [1.]/ [3.] erläutert, wäre es nun sinnvoll zu prüfen, was die Ursache für diese Unterdeckung in U 1 ist und dann gegebenenfalls darauf zu reagieren. Wie bereits unter 5.5 erwähnt, hat dieses Vorgehen eine begrenzte Aussagekraft, da ein Großteil der Gemeinkosten der Kostenstellen sich als fix erweisen dürften. Sie reduzieren sich nicht, wenn die erbrachte Leistung vermindert wird, d. h., wenn anstelle von 725 Gastroskopien nur 650 erbracht werden, dürften die meisten Kosten der Kostenstelle U 1 sich nicht verändern. Fazit Für den Arzt wäre u. a. (! ) folgendes zu prüfen: [1] Unter rein ökonomischen Gesichtspunkten wäre eine Fokussierung auf Coloskopien bei Reduzierung der Gastroskopien sinnvoll. [2] Wie hoch ist die Kapazitätsauslastung? Liegt sie nachhaltig deutlich unter Vollauslastung, wäre zu prüfen, wie Kosten reduziert werden können. Dies beträfe insbesondere die Personalkosten. [3] Die Kosten der Kostenstelle VK 2 wurden gemäß der Anzahl von Coloskopien und Gastroskopien weiterverrechnet. Hier wäre zu prüfen, ob eine andere Verteilung der tatsächlichen Kostenentstehung eher gerecht würde (dies könnte dazu führen, dass die Kosten der Gastroskopien sinken und die der Coloskopien steigen würden). [4] Ist der kalkulatorische Unternehmerlohn von 180.000 Euro angemessen? [5] Weiterhin wäre zu prüfen, ob der Gemeinkostenzuschlag nicht auf eine andere Basis bezogen werden sollte. Dies könnte etwa die Anzahl der durchgeführten endoskopischen Untersuchungen sein. Bei den hier als Basis verwendeten Einzelkosten besteht das Problem, dass bei einer geringfügigen Veränderung der Einzelkosten (z. B. bei einer Verteuerung des Desinfektionsmittels oder des Propofols) sich erhebliche Schwankungen der Normalkosten ergeben - dies u. U. in einem Ausmaß, das den Aussagegehalt der Wirtschaftlichkeitskontrolle massiv einschränken würde. [6] Eine Verbesserung der Ertragssituation bei Gastroskopien ließe sich dadurch erzielen, dass verstärkt Privatversicherte behandelt würden. <?page no="171"?> Literaturempfehlungen Allgemein zu Vollkostenrechnung: Coenenberg A.G.; Fischer T.M. & Günther, T. (2016). Kostenrechnung und Kostenanalyse (9. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 69-202 Götze, U. (2010). Kostenrechnung und Kostenmanagement (5. Aufl.). Berlin et al.: Springer. Schweitzer, M. & Küpper, H.-U. (2011). Systeme der Kosten- und Erlösrechnung (10. Aufl.). München: Vahlen. Steger, J. (2010). Kosten- und Leistungsrechnung (5. Aufl.). München: Oldenbourg. Insb. S. 163-370. Zu Vollkostenrechnung in Arztpraxen: Koch, J. (2012). Betriebswirtschaftliches Grundwissen für Arztpraxen. Rechnungslegung und Controlling (3. Aufl.). Berlin: Erich Schmidt. Insb. S. 225- 280. 1 <?page no="172"?> 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Nachdem die Instrumente der Vollkostenrechnung dargestellt wurden, sollen in diesem Kapitel die Rechnungssysteme auf Teilkostenbasis sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung in der Arztpraxis beschrieben werden. Hierfür erfolgt zunächst eine allgemeine Einführung in die Teilkostenrechnung. Anschießend werden zwei Verfahren der Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis, nämlich die einstufige und die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Darauf aufbauend wird schließlich der Einsatz der Break-Even-Analyse in der Arztpraxis veranschaulicht. 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung Die Teilkostenrechnung wurde in der Betriebswirtschaftslehre als Antwort auf die Mängel der Vollkostenrechnung entwickelt. Der hauptsächliche Unterschied zwischen Teil- und Vollkostenrechnung beruht dabei auf dem Umfang der in die Rechnung einbezogenen Kosten: Während die Vollkostenrechnung auf die Zurechnung der Gesamtkosten abzielt, wird im Rahmen der Teilkostenrechnung eine andere Perspektive eingenommen, indem nicht alle Kosten auf die Kostenträger verrechnet werden, sondern nur ihre variablen Anteile. Dabei werden anfallende Fixkosten nicht proportionalisiert und nur in die kurzfristige Erfolgsrechnung übernommen. Die Vorgehensweise auf Teilkostenbasis impliziert also, dass den medizinischen Leistungen nur die Kosten zugewiesen werden, die sie tatsächlich verursacht haben. Demnach wird deutlich, dass die Teilkostenrechnung nach dem Verursachungsprinzip erfolgt, während die Vollkostenrechnung auf dem Proportionalitätsprinzip bzw. Durchschnittsprinzip basiert (siehe Abbildung 35). Dadurch, dass die Teilkostenrechnung auf die Weiterverrechnung bzw. Proportionalisierung der Fixkosten verzichtet, werden Gemeinkosten mit Hilfe von Schlüsselgrößen nur dann auf die Kostenträger verteilt, wenn ihre Verursachung direkt von der Beschäftigung abhängt (z. B. Kosten für Energieverbrauch im Labor). Da aber viele Arten der Gemeinkosten in Arztpraxen weitgehend den fixen Kosten entsprechen (z. B. Verwaltungskosten, Praxisführungskosten usw.), kann die Teilkostenrechnung die Verrechnung der Gemeinkosten bedeutend erleichtern, was einen weiteren Vorteil gegenüber der Vollkostenrechnung darstellt. <?page no="173"?> 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung 173 Abb. 35: Prinzipien der Kostenverrechnung bei Teil- und Vollkostenrechnung. Quelle: In Anlehnung an Mussnig et al., 2014, S. 440. Die allgemeine Vorgehensweise innerhalb der Teilkostenrechnung sieht wie folgt aus (Coenenberg et al., 2016, S. 207f.): Da in der Teilkostenrechnung die variablen und fixen Kosten getrennt voneinander berechnet werden, muss im Rahmen der Kostenartenrechnung eine eindeutige Spaltung aller angefallenen Kosten nicht nur in Einzelkosten und Gemeinkosten, sondern auch in variable und fixe Bestandteile durchgeführt werden. Diese Aufgabe stellt eine Herausforderung insbesondere in Bezug auf Gemeinkosten dar, da Einzelkosten in der Regel variabel in Bezug auf die Beschäftigung sind. Die Kostenspaltung in variable und fixe Anteile muss exakt erfolgen, da dies die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilkostenrechnung ist. Wurden die Kosten ermittelt und nach ihren variablen bzw. fixen Anteilen gegliedert, kann im nächsten Schritt die Verrechnung der variablen Gemeinkosten auf Kostenstellen und Kostenträger erfolgen. Variable Einzelkosten können dabei ohne Weiteres den Kostenträgern zugewiesen werden. Die Kostenstellen- und Kostenträgerstückrechnung auf Teilkostenbasis erfolgt dabei nach der gleichen Vorgehensweise wie auf der Vollkostenbasis, also mit Hilfe von plausiblen Schlüsselgrößen. Der einzige Unterschied besteht jedoch darin, dass Fixkosten nicht in die Berechnung der Kostenstellen- und Kostenträgerstückkosten miteinbezogen werden. Demgemäß werden im Rahmen der praxisinternen Kostenverrechnung von den Vorkostenstellen nur variable Gemeinkosten (z. B. Strom- und <?page no="174"?> 174 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Wasserkosten im Labor) auf die relevanten Endkostenstellen bzw. Kostenträger aufgeteilt. Dies führt dazu, dass in der Kostenträgerstückrechnung nur variable Kosten ausgewiesen werden. In der Abbildung 36 ist die Skizze zur entsprechenden Anpassung des Betriebsabrechnungsbogens an die Teilkostenrechnung dargestellt. Abb. 36: Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 211. Schließlich werden die im Rahmen der Kostenartenrechnung ermittelten Fixkosten in die Erfolgsrechnung en bloc oder stufenweise eingebracht und der Differenz aus den erzielten Erlösen sowie den variablen Kosten (Deckungsbeitrag) gegenübergestellt (ausführlicher dazu siehe Kapitel 6.2). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Teilkostenrechnung ebenso wie die Vollkostenrechnung sich des ganzen dreistufigen Instrumentariums bedient (Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung), innerhalb desselbigen aber ausschließlich die variablen Kosten weiter verrechnet und die fixen Kosten erst zum Schluss abzieht. 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung Die Deckungsbeitragsrechnung ist ein Verfahren der Teilkostenrechnung und wird im Rahmen der kurzfristigen Erfolgsrechnung (Kostenträgerzeitrechnung) angewandt. Dementsprechend besteht das Ziel dieser Rechnungsart darin, den Produktionserfolg eines Betriebs in einer bestimmten Periode nur zu variablen Kosten zu bewerten. Um dies zu realisieren, wird für jede Kostenträgereinheit ein Grenzerfolg berechnet, der als Deckungsbeitrag bezeichnet wird (Weber & Weißenberger, 2015, S. 409). Folglich stellt ein <?page no="175"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 175 Deckungsbeitrag (DB) für ein Bezugsobjekt in der Arztpraxis (z. B. Behandlungsleistung) den Erlös pro Stück p und die variablen Kosten pro Stück k entsprechend der folgenden Formel gegenüber: DB = p k Dabei wird zwischen einstufiger und mehrstufiger Deckungsbeitragsrechnung unterschieden. Die beiden Rechnungsarten auf Teilkostenrechnungsbasis werden in den folgenden Abschnitten detailliert erläutert. 6.2.1 Einstufige Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing) Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung (auch Direct Costing genannt) behandelt die Fixkosten undifferenziert. Entsprechend der allgemeinen Vorgehensweise innerhalb der Teilkostenrechnung, die im Kapitel 6.1 beschrieben wurde, besteht der erste Schritt der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung darin, die Aufspaltung der Kosten in ihre variablen und fixen Anteile durchzuführen. Anschließend werden die variablen Kosten über die Kostenstellen den Kostenträgern zugerechnet und den entsprechenden Erlösen gegenübergestellt. Aus der Differenz aus dem pro Kostenträger erzielten Erlös und diesen so zugerechneten variablen Kosten ergibt sich dann ein Deckungsbeitrag. Im letzten Schritt werden von der Summe der erwirtschafteten Deckungsbeiträge die Fixkosten als Ganzes, d. h. en bloc bzw. undifferenziert abgezogen (Olfert, 2018, S. 291ff.; Steger, 2010, S. 392ff.). Die dargelegte Berechnung des Betriebsergebnisses (BE) basiert dementsprechend auf der folgenden Formel: BE = (p k )x K = (E K ) K p i = Erlös pro Stück des Kostenträgers i E i = Gesamterlöse des Kostenträgers i k vi = variable Kosten pro Stück des Kostenträgers i K vi = gesamte variable Kosten des Kostenträgers i K fix = fixe Kosten i = Kostenträger mit i = (1,2, …, n) Mit der Deckungsbeitragsrechnung kann insbesondere die Ermittlung des kurzfristigen Erfolgs von einzelnen Praxisangeboten einfacher durchgeführt werden als mit Berechnungen im Rahmen der Vollkostenrechnung, in der zwingend alle Kosten auf die Produkte zugeordnet werden. So kann die Berechnung des Deckungsbeitrags der Praxis helfen festzustellen, wie lohnend bzw. gewinnbringend ein bestimmtes Praxisangebot ist, welche Angebote besser gestrichen werden sollten (Aussonderung unprofitabler/ unwirtschaft- <?page no="176"?> 176 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis licher Produkte), wie die Leistungsuntergrenze unterschiedlicher Selbstzahler-Angebote gestaltet werden soll (Preispolitik) oder welche minimale Patientenzahl pro Tag behandelt werden sollte, um die Kosten decken zu können. Hierzu diene folgendes Fallbeispiel. Fallbeispiel: Einstufige Deckungsbeitragsrechnung in der Arztpraxis Eine dermatologische Einzelpraxis behandelt durchschnittlich 750 gesetzlich versicherte Patienten pro Quartal. Da die Praxis seit einiger Zeit „rote Zahlen“ schreibt und der Praxisinhaber einen Verkauf an ein MVZ erwägt, möchte er die Wirtschaftlichkeit der drei am häufigsten erbrachten medizinischen Leistungen der Praxis überprüfen. Bei diesen medizinischen Leistungen handelt es sich um: A: Den Behandlungskomplex einer ausgedehnten offenen Wunde. Da er viele Patienten mit Diabetes Mellitus Typ-2 in seinem Patientenstamm hat, führt er jährlich rund 800 Leistungen bei Patienten mit einem diabetischen Fußsyndrom, das durch Polyneuropathie (Sensibilitätsverlust an der Haut), periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) und eine Begünstigung von Infekten durch die Stoffwechselerkrankung Diabetes hervorgerufen wird. Diese Behandlung erfordert regelmäßige Arzt-Patienten-Kontakte, um nekrotisches Gewebe abzutragen und die Wunde durch entsprechende Verbandmaterialien (ca. 1 Euro pro Patient), wie Wundtamponaden oder Kompressionsverbände, und Antibiotika (ca. 1 Euro pro Patient) zu versorgen. Für die Vor- und Nachbereitungen der Instrumente zur Abtragung des nekrotischen Gewebes, für Verbrauchsmaterialien des Arztes, wie beispielsweise Einmalhandschuhe, Mundschutz und Auflagen für die Behandlungsliege, und für Desinfektionsmittel fallen Kosten in Höhe von 1,50 Euro an. Der EBM weist für diese Behandlung (GOP 10330) einen monetären Betrag von rund 30 Euro aus. B: Die (Teil-)Exzision einer malignomverdächtigen oder malignen Hautveränderung am Körperstamm oder den Extremitäten. Bedingt durch die zunehmende Sonneneinstrahlung und exzessives Sonnenbaden häufen sich die Fälle von dermatoonkologischen Krankheitsbildern, sodass im Jahr 2019 950 (Teil-)Exzisionen durchgeführt wurden. Wird eine pathogene Veränderung der Haut vermutet, nimmt der Dermatologe unter Lokalanästhesie eine Biopsie (Probeentnahme) oder Exzision (Entfernung) des betroffenen Gewebes in Abhängigkeit des Ortes, der Größe und des Typs der Hautveränderung beispielsweise mit einer Kürretage, einem Shaver, einer Nadel oder einem Stanzgerät <?page no="177"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 177 vor und veranlasst eine feingewebliche (histologische) Untersuchung. Nach der Entfernung verschließt er die Wunde, je nach Größe, durch eine Hautnaht oder einen Gewebekleber. Die Kosten für Nahtmaterialien oder Gewebekleber bei einem Wundverschluss belaufen sich auf ca. 0,50 Euro. Für die Vor- und Nachbereitungen zur Durchführung dieses sterilen Eingriffs sind Verbrauchsmaterialien (ca. 2,50 Euro), wie Abdecktücher, Laken für die Behandlungsliege, Mundschutz und Einmalhandschuhe, sowie Desinfektionsmittel und Mittel für die Wiederaufbereitung der verwendeten Instrumente (2,50 Euro) notwendig. Für das Lokalanästhetikum und die Befundung im externen Labor fallen Kosten von insgesamt 2,50 Euro an. Der Dermatologe erhält gemäß GOP 10343 rund 15 Euro für diese Leistung. C: Balneophototherapie bei Patienten mit Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) und atopischer Dermatitis (Neurodermitis). Zur Reduktion der Symptome von Psoriasis und Ekzemen bietet der Dermatologe eine Balneophototherapie (Licht-Bade-Therapie) an, bei der Bäder mit hohen Salzkonzentrationen gemeinsam mit phototherapeutischen Maßnahmen durch UV-Licht Anwendung finden. Für eine Steigerung der Wirksamkeit des UVA-Lichts kann hier zusätzlich 8-Methoxypsoralen (8-MOP) oral appliziert werden. Die Kosten für ein salzhaltiges Bad, Lichttherapie, Medikamente und Reinigung belaufen sich auf 3,50 Euro pro Behandlung. Die Leistung, für die der EBM (GOP 10350) einen Erlös von 43 Euro ausweist, erbringt der Dermatologe 900 mal pro Jahr. Die fixen Kosten für Personal, Instandhaltungs- und Betriebskosten belaufen sich auf 80.000 Euro pro Jahr. Mit Hilfe einer einstufigen Deckungsbeitragsrechnung gilt es zu identifizieren, in welchem Ausmaß jede dieser drei Behandlungen zur Finanzierung der Praxis beiträgt. Auf Basis der erzielten Erkenntnisse sollen Entscheidungen über Korrekturmaßnahmen getroffen werden. Gegeben ist dabei folgende Erlösbzw. Kostenstruktur: <?page no="178"?> 178 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis pro Jahr medizinische Leistungen (mit Anzahl) Leistung A, GOP 10330 Leistung B, GOP 10343 Leistung C, GOP 10350 Erlös pro Stück 30,00 € 15,00 € 43,00 € variable Kosten, z. B. für Verband- und Verbrauchsmaterialien, Medikamente (z. B. Lokalanästhetika, Antibiotika), Betriebsstoffe für einzelne Therapien - 3,50 € - 8,00 € - 3,50 € Stück-Deckungsbeitrag 26,50 € 7,00 € 39,50 € Anzahl der erbrachten Leistungen 800 950 900 = Gesamt-Deckungsbeitrag 21.200,00 € 6.650,00 € 35.550,00 € = Deckungsbeitrag aller Produkte 63.400,00 € fixe Kosten (abzgl. des indirekten Erlöses auf Praxisebene) - 80.000,00 € Praxisergebnis - 16.600,00 € Wie der oberen Tabelle entnommen werden kann, erhält man nach Abzug der jeweiligen variablen Kosten vom direkten Erlös einen Deckungsbeitrag von 21.200 Euro für die medizinische Leistung A, von 6.650 Euro für die Leistung B und von 35.550 Euro für die Leistung C. Jeder separat ermittelte Deckungsbeitrag soll helfen, den Gesamtfixkostenblock in Höhe von 80.000 Euro zu decken. Dabei wurden indirekte Erlöse vom Fixkostenblock bereits abgezogen. Gemäß der allgemeinen Formel für die Berechnung des gesamten Deckungsbeitrags ist im nächsten Schritt die Summe aller drei Deckungsbeiträge zu bilden: DB = (E K ) = 21.200 + 6.650 + 35.550 = 63.400 € Am Ende der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung wird von der gebildeten Summe der gesamte Fixkostenblock der Praxis abgezogen. In dem dargestellten Fallbeispiel beträgt somit das Praxisergebnis (PE) -16.600 Euro: <?page no="179"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 179 PE = (E K ) K = 63.400 80.000 = 16.600 € An diesem Beispiel wird deutlich, dass bei Leistung B im Vergleich zu den anderen beiden Leistungen hohe variable Kosten auftreten und diese somit auch nur in einem geringeren Maß zur Finanzierung der Praxisfixkosten beitragen kann. Insgesamt stehen geringeren Erlösen vergleichsweise hohe variable Kosten bei der medizinischen Leistung B gegenüber. Mit den Einnahmen aus den medizinischen Leistungen A und C müssen primär die hohen Fixkosten der Praxis gedeckt werden. Aufgrund der hohen Fixkostenstruktur im medizinischen Dienstleistungssektor macht die Praxis Verluste. Auf der anderen Seite wird deutlich, dass die medizinische Leistung C das wirtschaftlichste Angebot der Praxis ist, da dieses den höchsten Deckungsbeitrag aufweist und somit auch am meisten zur Deckung der Praxisfixkosten beitragen kann. Dieses Angebot sollte weiterhin von der Praxisleitung gefördert werden, insofern aus medizinischer Sicht Bedarf besteht. Um die finanzielle Lage der Praxis verbessern zu können, möchte nun der Inhaber die Konsequenzen aus der oberen Berechnung ziehen. Dementsprechend werden hier mögliche Korrekturmaßnahmen diskutiert. In der Regel können erwerbswirtschaftliche Betriebe, kurzfristig betrachtet, aus der Perspektive der Teilkostenrechnung den Preis für eine Leistung maximal bis zur Höhe der von ihr verursachten variablen Kosten reduzieren (Joos-Sachse, 2014, S. 224ff.). Im Hinblick darauf würde dies für die Musterpraxis aus dem vorliegenden Fallbeispiel bedeuten, dass ein Behandlungsangebot, das nicht einmal seine variablen Kosten erwirtschaftet, aus dem Praxisangebot gestrichen werden sollte. Das ist im vorliegenden Beispiel nicht der Fall. Zudem ist der medizinische Behandlungsbedarf von der Erkrankung abhängig und kann somit nur bedingt durch den Arzt beeinflusst werden. Aufgrund der Besonderheiten in der medizinischen Versorgung müssen auch weitere Möglichkeiten geprüft werden, die erlauben, alle medizinischen Leistungen weiter erbringen zu können. Im Hinblick darauf bestehen folgende Ansatzpunkte für entsprechende Maßnahmen: Preiserhöhung: Da der Erlös je Behandlung von der geltenden Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vorgegeben wird, stellt eine Preiserhöhung keine Option dar. Senkung variabler Kosten: Variable Kosten der Leistung B können gesenkt werden. Dies kann beispielsweise durch Rationalisierungsmaßnahmen (z. B. beim Energieverbrauch) oder durch Senkung der Materialkosten erreicht werden: Es ist zu überlegen, ob beispielsweise eine <?page no="180"?> 180 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Umstellung von wiederverwendbaren Instrumenten nach einer Aufbereitung auf Einmalinstrumente erfolgen sollte. Zudem könnte ein Wechsel des Herstellers von Verbrauchsmaterialien oder zu einem anderen Labor zu einer Kostensenkung führen, wie auch eine Veränderung der Abnahmemengen von Medikamenten oder eine Umstellung auf Generika. Fixkostensenkung: Auf langfristige Sicht können die Fixkosten der Praxis gesenkt werden (z. B. durch Senkung der Personalkostenanteils in der Verwaltung, durch eine Anpassung des ausgezahlten Lohns für den Praxisinhaber oder durch einen Wechsel des Stromanbieters, um die Kosten für die Lichttherapie und somit die allgemeinen Stromkosten zu senken). Im Hinblick auf das zuvor betrachtete Fallbeispiel ergeben sich folgende Vorteile der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung im Vergleich zur Vollkostenrechnung (in Anlehnung an Olfert, 2018, S. 289; Steger, 2010, S. 425): Die Erfolgsanalyse und Erfolgsplanung in einer Praxis gelingen besser, da Fehler bezüglich der Zurechnung von Fixkosten vermieden werden können. Programmpolitische Entscheidungen werden erleichtert, da die aussagekräftigeren Deckungsbeiträge als Kriterium der Förderwürdigkeit einzelner Praxisleistungen dienen. Die Preis- und Kostenkontrolle einzelner Praxisleistungen wird verbessert. Auf der anderen Seite liegt der entscheidende Nachteil der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung in einem unzureichenden Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Fixkosten, da diese als Block in die Erfolgsrechnung einbezogen werden und somit keiner detaillierten Analyse hinsichtlich der einzelnen Bestandteile unterzogen werden können. Aus diesem Grund kann beispielsweise nicht überprüft werden, an welcher Stelle zu hohe Fixkosten in der Praxis anfallen. An diesem Kritikpunkt der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung setzt die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung an, deren Grundlagen und Ansatzmöglichkeiten in einer Arztpraxis im nächsten Kapitel erläutert werden. 6.2.2 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung Ein weiteres System der Teilkostenrechnung ist die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung, die eine Weiterentwicklung des Direct Costing darstellt und deren Nachteile vermeiden soll. Sie unterscheidet sich von der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der differenzierten Behandlung der Fix- <?page no="181"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 181 kosten. Dabei bleibt die grundlegende Vorgehensweise innerhalb der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerstückrechnung identisch. Die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung läuft nach folgender Vorgehensweise ab: Zunächst werden die Fixkosten auf der Basis einer zusätzlichen Analyse in mehrere Teilblöcke gegliedert. Anschließend wird eine Verrechnung der Kostenblöcke stufenweise durchgeführt. Bei diesem Vorgehen werden die Fixkosten also differenziert behandelt, indem sie vom Erlös nicht als Ganzes, sondern in mehreren Blöcken abgezogen werden. Dabei ist es von Bedeutung, dass die einzelnen Fixkostenblöcke verursachungsgerecht und nicht über bestimmte Schlüsselgrößen auf die Bezugsobjekte verrechnet werden (Manz & Dahmen, 2014, S. 58f.). In der Abbildung 37 ist die allgemeine Vorgehensweise der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung dargestellt. Abb. 37: Allgemeine Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 231. Die Identifikation von Fixkostenebenen für die Durchführung der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung erfolgt in den meisten Fällen auf Basis der gegebenen produktbzw. organisationsbezogenen Hierarchie. Je nach Art der Bezugsobjekte können in Arztpraxen drei Fixkostenhierarchien identifiziert werden: Angebotsartenfixkosten <?page no="182"?> 182 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Abteilungs-/ Spartenfixkosten Praxisfixkosten: Verwaltungsfixkosten und Fixkosten der Praxisorgane Die Beschreibung dieser Fixkostenebenen ist in der folgenden Tabelle, versehen mit praxisbezogenen Beispielen, zu finden. Angebotsartenfixkosten (Angebotsebene) Das sind Kosten, die durch die Produktion oder Entwicklung bestimmter Praxisangebote verursacht werden. Sie lassen sich jedoch keiner einzelnen Leistungseinheit zuordnen und haben daher einen fixen Charakter. Hierunter fallen z. B. Kosten für eine festangestellte MFA, die ausschließlich für Blutabnahmen zuständig ist, oder Abschreibungen für spezielle Praxisgeräte, die ausschließlich im Rahmen eines konkreten Leistungsangebots genutzt werden. Kostenträgerfixkosten Abteilungsfixkosten (Abteilungsebene) Diese Kosten fallen für Praxisleistungen einer Sparte bzw. einer Abteilung an. Dabei ist deren Verrechnung auf einzelne Angebote nicht möglich. In der Regel sind dazu allgemeine Abteilungsbzw. Spartenkosten zu zählen, die beispielsweise durch bereichsübergreifende Leistungen entstehen. Verantwortungsbereichsfixkosten Praxisfixkosten I: Verwaltungsfixkosten Diese Fixkosten entstehen in der Regel in verwaltungsbezogenen Kostenstellen (z. B. Praxisverwaltung) und lassen sich nicht auf einzelne Praxisleistungen oder Leistungsbereiche direkt, also ohne Schlüsselung übertragen. Beispiele dafür sind Raumkosten und Reinigungskosten der Anmeldung und des Wartezimmers, Gehälter der Verwaltungsmitarbeiter, Kosten für die Pflege der Praxishomepage, Kosten für das Rechnungswesen, praxisbezogene Marketingkosten usw. Praxisfixkosten II: Fixkosten der Praxisorgane Weitere Praxisfixkosten, die sich nicht direkt auf Praxisleistungen oder Leistungsbereiche zurechnen lassen und für die gesamte Praxis anfallen, sind Fixkosten der Praxisorgane. Dazu zählen beispielsweise in Praxisverbünden Zahlungen an die Ärztekammer usw. Tab. 34: Fixkostenhierarchien in einer Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="183"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 183 Die mehrstufige Verrechnung der Fixkosten ist für die Entscheidungsfindung in einer Arztpraxis von großer Bedeutung. Sie ermöglicht eine Erfolgs- und Wirtschaftlichkeitskontrolle nicht nur in Bezug auf einzelne Praxisleistungen, wie dies bei der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung der Fall ist, sondern auch in Bezug auf die Kosten unterschiedlicher Leistungsbereiche (z. B. Abteilungen) oder Kostenstellen (Praxisverwaltung, Labor, Behandlungsleistungen usw.). Im Folgenden soll die Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung an einem Fallbeispiel erläutert werden. Fallbeispiel: Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung in der Arztpraxis Der Radiologe Herr Dr. Röntgen, als Geschäftsführer und Ärztlicher Leiter des Muster-MVZs, möchte eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung durchführen. Diese soll zur größeren Kostentransparenz in Bezug auf die Praxisleistungen sowie einzelne Verantwortungsbereiche des MVZs beitragen. Das MVZ besteht aus den beiden Fachabteilungen Gynäkologie (Abteilung G) und Radiologie (Abteilung R). Jede der Abteilungen behandelt in unserem Beispiel eine unterschiedliche Anzahl an Patienten mit folgenden medizinischen Leistungen: Abteilung G, Gynäkologie: Leistung 1 - Stanzbiopsie der Mamma unter Ultraschallsicht: Liegt bei einer bildgebenden Untersuchung eine unklare oder auffällige Veränderung vor, dient eine Biopsie (Gewebeentnahme) der zweifelsfreien Absicherung einer Diagnose. Bei tastbaren Verhärtungen oder sonographisch gut sichtbaren Veränderungen des Zellgewebes erfolgt eine Stanzbiopsie. Hierbei wird unter Ultraschallsicht, nach einer Lokalanästhesie im betreffenden Hautbereich, mit einer Spezialnadel vermutetes malignes Gewebe (größere Zellverbände) unter Hochgeschwindigkeit auf einer Brustseite entnommen. Der Gynäkologe veranlasst für das Biopsat eine feingewebliche (histologische) Untersuchung. Für die Untersuchung nutzt der Gynäkologe im MVZ Biopsienadeln zum Einmalgebrauch (5,50 Euro). Kosten für Verbrauchsmaterialien vor, während und nach dem Eingriff, wie u. a. Einmalhandschuhe, Mundschutz, Ultraschallgel, Desinfektionsmittel und Liegenpapier, fallen hier in Höhe von 1,50 Euro an. Das Labor verlangt 2 Euro für die Histologie und den Bericht. Der Gynäkologe erhält gem. dem EBM-Katalog (08320) einen Erlös in Höhe von 46 Euro. Leistung 2 - Urethro(-zysto-)skopie: Zur Abklärung von Blasenfunktionsstörungen wie auch Blasenentleerungsstörungen erfolgt eine endoskopische Untersuchung der Urethra (Harnröhre) und der Harnblase, <?page no="184"?> 184 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis im Zuge deren Gewebeproben entnommen werden können. Die Leistung beinhaltet eine Patientenaufklärung, eine Sedierung und Lokalanästhesie bei Bedarf, eine Probeexzision sowie die Nachbetreuung des Patienten. Für diese Untersuchung nutzt der Gynäkologe ein aufbereitbares, d. h. sterilisierbares, Ureteroskop. Kosten fallen für Verbrauchsmaterialien (u. a. Einmalhandschuhe, Mundschutz, Desinfektionsmittel und Kanülen) in Höhe von 1,50 Euro, für Medikamente (2 Euro), wie das Lokalanästhetikum und die Sedierung, sowie für die Aufbereitung des Ureterskops (1 Euro) und für die Auswertung im Labor (1,50 Euro) an. Das flexible Zystoskop wurde vor 2 Jahren für 4.000 Euro angeschafft. Eine jährliche Abschreibung erfolgt in Anlehnung an Tabelle 6 über 5 Jahre in Höhe von 800 Euro jährlich. Diese Leistung ist mit 30 Euro (GOP 08311) beziffert. Abteilung R, Radiologie: Leistung 1 - Mammographie: Im Rahmen der Krebsfrüherkennungsmaßnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung findet bei Frauen eine Röntgenaufnahme der Brust mit axillärem Fortsatz statt. Die Brust wird dabei zwischen zwei strahlendurchlässigen Plexiglasscheiben möglichst flach zusammengedrückt, um zweidimensionale Aufnahmen des Brustgewebes anzufertigen. Die Patientin steht hierzu vor dem Mammographie-Gerät und eine Radiologie-Assistentin führt die Positionierung durch. Insgesamt fallen bei jeder Untersuchung Kosten in Höhe von 3 Euro für die Vor- und Nachbereitung des Mammographie- Geräts und der Schutzweste aus Blei für den Unterleib mit Desinfektionsmittel sowie für die Betriebsmittel (Röntgenaufnahme) und die Archivierung der Bilder an. Außerdem erfolgt jährlich eine Abschreibung des Mammographie-Gerätes in Höhe von 15.000 Euro pro Jahr. Für diese Leistung erhält der Radiologe gemäß GOP 34270 rund 29 Euro. Leistung 2 - MRT-Untersuchung der weiblichen Brustdrüse für eine Primärtumorsuche: Im Fall eines vermuteten Mamma-Carcinoms erfolgt die native Darstellung des Gewebes mit Hilfe einer Magnetfelduntersuchung. Für die Untersuchung wird die Patientin in Bauchlage in die Magnetröhre gefahren. Um pathogene Strukturen besser sichtbar zu machen, wird vor der Untersuchung ein Kontrastmittel verabreicht, das, anders als bei vielen Röntgenaufnahmen kein Jod enthält, sondern beispielsweise Gadolinium. Für eine ca. zwanzig-minütige Mamma- MRT-Untersuchung fallen rund 12 Euro an Kosten u. a. für Medien und den Verbrauch von Betriebsstoffen sowie für medizinische Einmalartikel, wie beispielsweise der Kanüle für die Verabreichung des Kontrastmittels oder Klebestreifen zur Fixierung, an. Das Kontrastmittel ver- <?page no="185"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 185 ursacht Kosten von 20 Euro. Zudem erfolgt eine jährliche Abschreibung des MRTs (das ausschließlich für diese Untersuchungen genutzt wird) in Höhe von 50.000 Euro pro Jahr, in Anlehnung an die steuerliche Abschreibungstabelle ( siehe Tabelle 6), die vorsieht, dass medizinische Großgeräte mit einer Nutzungsdauer von 8 Jahren abgeschrieben werden. Für diese medizinische Leistung stehen dem Radiologen gem. GOP 34431 237 Euro zu. Neben der Geschäftsführung und dem Ärztlichen Leiter verfügt das MVZ auch über eine Verwaltungsabteilung. Die Verwaltung, wie insbesondere die Abrechnung, übernimmt eine in der gynäkologischen Praxis des MVZs angestellte MFA in Teilzeit. Der Vorgang und das Ergebnis der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung sind in der folgenden Tabelle zu finden. Wie man erkennen kann, werden in dem vorliegenden Beispiel mehrere Ebenen der Fixkosten unterschieden: produktbedingte Fixkosten, Fixkosten auf Abteilungsebene, Verwaltungskosten sowie Kosten der Geschäftsführung und der Pauschale des Ärztlichen Leiters als allgemeine Praxiskosten. Darüber hinaus werden auch Erlöse differenziert behandelt. Wie man sieht, ermöglicht diese Vorgehensweise einen detaillierteren Überblick über die Entstehung des Nettoerfolgs in einer Arztpraxis, als dies beispielsweise bei der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung der Fall ist. Das Ergebnis der durchgeführten mehrstufigen Deckungsbetragsrechnung zeigt im ersten Schritt, dass alle Deckungsbeiträge DB1 der betrachteten medizinischen Leistungen positiv sind. Das bedeutet, dass alle Behandlungen ihre variablen Kosten decken können. Auf der nächsten Fixkostenebene, nach Abzug der produktfixen Kosten, wie der Abschreibung des für die jeweilige Untersuchung benötigten Medizintechnik-Gerätes, sind ebenfalls alle Deckungsbeiträge DB2 positiv. Allerdings wird bereits hier deutlich, dass die ambulante Medizin als Dienstleistungsbranche einen fixkosten- und insbesondere einen personalkostenintensiven Bereich darstellt. Zusammenfassend lässt sich Folgendes feststellen: Um bei den gegebenen Erlösen „schwarze Zahlen“ schreiben zu können, muss das Muster-MVZ die Wirtschaftlichkeit der medizinischen Leistungserstellung der einzelnen Behandlungen überprüfen, indem die variablen Kosten betrachtet werden. Gleichzeitig könnten auch allgemeine Kosten einzelner Abteilungen bzw. auf MVZ-Ebene oder auch Fixkosten auf Praxisebene analysiert werden, was jedoch keine kurzfristige Kostensenkung impliziert. An diesen Aspekten wird ersichtlich, dass die stufenweise Fixkostenberechnung der Führung des Muster-MVZs wichtige Anhaltspunkte dafür geben kann, an welchen Stellen Handlungsbedarf vorliegt. <?page no="186"?> 186 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis pro Jahr medizinische Leistungen Leistung G1 (Stanzbiopsie) Leistung G2 (Urethroskopie) Leistung R1 (Mammographie) Leistung R2 (MRT der Brust) Erlös pro Stück (Werte aus dem EBM-Katalog) 46 € 30 € 29 € 237 € variable Kosten (z. B. Materialkosten, Laborkosten, Betriebskosten usw.) - 9 € - 6 € - 3 € - 32 € = Stück-Deckungsbeitrag (DB 1) 37 € 24 € 26 € 205 € Anzahl der erbrachten Leistungen 1.500 300 1.200 600 = Gesamt-Deckungsbeitrag (DB 2) 55.500 € 7.200 € 31.200 € 123.000 € - Fixkosten der Produktart (z. B. Abschreibungen für Medizintechnik-Geräte) 0 € - 800 € - 15.000 € - 50.000 € = Deckungsbeitrag des Produkts (DB 3) 55.500 € 6.400 € 16.200 € 73.000 € - Fixkosten des Bereichs (z. B. festangestelltes medizinisches Fachpersonal, Betriebskosten usw.) - 60.000 € - 75.000 € = Deckungsbeitrag des Bereichs (DB 4) 1.900 € 14.200 € - Unternehmensfixe Kosten (Verwaltungskosten, Kosten der Geschäftsführung und Pauschale für den Ärztl. Leiter) - 21.000 € = Betriebsergebnis (DB 5) auf MVZ-Ebene -4.900 € <?page no="187"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis 187 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis Neben der im vorherigen Kapitel erläuterten differenzierten Kalkulation liefert die Teilkostenrechnung auch Anwendungsmöglichkeiten für die Berechnung der Gewinnschwelle im Rahmen der sogenannten Break-Even-Analyse. Im Folgenden wird zunächst das Grundmodell dieses Analyseinstruments dargelegt. Darauf aufbauend wird im nächsten Schritt ein spezifisches Konzept der Break-Even-Analyse für Arztpraxen erarbeitet. 6.3.1 Grundlagen der Break-Even-Analyse Durch die im Rahmen der Teilkostenrechnung durchgeführte Spaltung der Gesamtkosten in fixe und variable Anteile wird eine Break-Even-Analyse (auch Gewinnschwellenanalyse genannt) ermöglicht, die der Erfolgsanalyse in einem Betrieb dient. Die Break-Even-Analyse beruht dabei auf mathematischen Berechnungen und stellt ein einfaches Instrument der Kostenrechnung dar, mit dem sich die Beziehungen zwischen Umsatz, Kosten, Gewinn und Beschäftigung darstellen lassen (Olfert, 2018, S. 300). Die Orientierungsgröße bei der Break-Even-Analyse ist der sogenannte Break-Even-Point (BEP), in dem der Gewinn gleich Null ist und der durch den Schnittpunkt von Erlös- und Gesamtkostenkurve graphisch definiert werden kann, wie dies in der Abbildung 38 dargestellt wurde. Dieser Schnittpunkt markiert somit die kritische Menge, bei der der Gesamterlös den Gesamtkosten entspricht. Abb. 38: Graphische Darstellung der Break-Even-Analyse. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="188"?> 188 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Die Anwendung der Break-Even-Analyse ist dabei an folgende Prämissen gebunden (Becker & Holzmann, 2016, S. 95f.): [1] Zunächst wird davon ausgegangen, dass die Erlös- und Kostenentwicklung nur von einer Einflussgröße, nämlich der abgesetzten Menge, abhängt. Dabei spielen andere Einflussgrößen (wie z. B. Rabatte) keine Rolle. [2] Weiterhin wird angenommen, dass ein linearer Gesamtkostenverlauf vorliegt, wobei auch dies in der Realität nur selten anzutreffen ist. [3] Schließlich gilt die Annahme, dass alle Preise und Kosten bekannt und konstant sind. Für die Durchführung der Break-Even-Analyse müssen folgende Ausgangsdaten bekannt sein: Preis des Produktes pro Mengeneinheit ( p ), die variablen Kosten pro Mengeneinheit ( k ), die fixen Kosten der Periode (K ) und die Menge der abgesetzten Einheiten (x) der Periode. Dabei wird die Menge x nicht konstant gehalten und kann dementsprechend angepasst werden (Coenenberg et al., 2016, S. 326f.). Für die oben betrachteten Größen können folgende Funktionen gebildet werden: Erlös: E(x) = p × x Kosten: K(x) = K + k × x Gewinn: G(x) = E(x) K(x) Anschließend lässt sich aus diesen drei Funktionen auch die Formel für die Break-Even-Menge x ableiten. Diese ergibt sich als Quotient von Fixkosten und Deckungsbeitrag (pro Stück), der die Differenz zwischen dem erzielbaren Preis und den variablen Stückkosten darstellt. Die entsprechende Formel sieht wie folgt aus: x = K p k Am leichtesten lässt sich die Break-Even-Analyse an einem konkreten, zunächst nicht praxisbezogenem Beispiel darstellen. Fallbeispiel: Allgemeine Durchführung der Break-Even-Analyse Ein Unternehmen stellt nur ein einziges Produkt her. Die Unternehmensleitung möchte eine Break-Even-Analyse durchführen, mit der die Höhe des Absatzes ermittelt werden soll, bei der die anfallenden Gesamtkosten <?page no="189"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis 189 gedeckt werden. Für die Analyse liegen folgende Daten bezogen auf ein Jahr vor: Preis pro verkaufter Einheit 1.500 Euro Variable Kosten pro Einheit 500 Euro Fixkosten pro Jahr 10 Mio. Euro Marktsättigungsgrenze pro Jahr 15.000 Stück Nach dem Einsetzen der Daten in die Formel für die Ermittlung der kritischen Absatzmenge ergibt sich folgende Break-Even-Menge: x = = . . . = 10.000 Stück/ Jahr Die durchgeführte Berechnung der kritischen Menge x lässt sich dabei wie folgt visualisieren: Allein mit Hilfe der vorhergehenden Abbildung können folgende Schlüsse gezogen werden: Liegt das Absatzvolumen links des Break-Even-Punkts, sind die Gesamtkosten höher als der Erlös, was einen Verlust ergibt. Liegt das Absatzvolumen genau bei 10.000 Produkteinheiten, ist der Gewinn bzw. Verlust gleich Null. Liegt das Absatzvolumen rechts des Break-Even-Punkts, sind die Gesamtkosten niedriger als der Erlös und es entsteht ein Gewinn. <?page no="190"?> 190 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis 6.3.2 Ansatz der Break-Even-Analyse im Kontext der Arztpraxen Die Break-Even-Analyse kann grundsätzlich als anschauliches und einfaches Hilfsmittel für die Steuerung und Überwachung der produzierten Leistungen und deren Kosten auch in Arztpraxen eingesetzt werden. Dieses Instrument verschafft schnell einen Überblick über die Kosten und Erlöse einer Praxisleistung. Bei der Anwendung der Break-Even-Analyse in einer Arztpraxis müssen jedoch einige Besonderheiten beachtet werden: Für die Durchführung der Break-Even-Analyse muss eine Leistungsquantifizierung möglich sein (z. B. in Form der Anzahl von Leistungseinheiten). Dadurch wird die Anwendung der Break-Even-Analyse in Arztpraxen stark limitiert, da bei vielen Angeboten die Leistungsquantifizierung nicht möglich ist. Demnach eignet sie sich für solche Angebote, die aus einer einheitlichen Leistung bestehen. Die Anzahl der Leistungseinheiten hat direkten Einfluss auf die variablen Kosten und somit auch auf die Gesamtkostenhöhe: Je höher die Anzahl der Leitungseinheiten ist, desto höher sind die variablen Kosten. Das Entgelt in Form von Leistungsvergütungen, wie dem Honorar, wird dagegen nicht für eine einzelne medizinische Leistungen bezahlt, sondern für eine Periode (z. B. Quartal bei gesetzlich versicherten Patienten, nach Behandlungsabschluss bei Selbstzahlern), in der eine bestimmte Anzahl von Behandlungen stattfindet. Aus diesem Grund kann argumentiert werden, dass die kumulierten Erlöse der Praxis von der Anzahl der behandelten Patienten (x) und der festgelegten Höhe der Vergütung pro Leistung pro Periode (p = Preis) abhängen. Darüber hinaus sind auch indirekte Erlöse aus anderen Finanzierungsquellen zu beachten (z. B. Spenden), die jedoch in einer Arztpraxis selten zu finden sind und somit im Beispiel unbeachtet bleiben. Die Anzahl und Art der durchgeführten Behandlungseinheiten haben dabei einen direkten Einfluss auf die Erlöse. Daraus folgt, dass die Erlöse bei der Änderung der Anzahl der Behandlungseinheiten nicht fix bleiben. Somit ist hier eine allgemeine Prämisse der Break-Even-Analyse erfüllt: Erlöse und Kosten lassen sich auf eine Einflussgröße, nämlich die Behandlungseinheit (BE) als Menge der behandelten Patienten (x) zurückführen. Basierend auf den oben dargelegten Ausführungen der Break-Even-Analyse in einer Arztpraxis können die allgemeinen Funktionen für Erlös (E), (Gesamt-)Kosten (K) und Gewinn (G) hier Anwendung finden: Erlös: E(x) = p × x <?page no="191"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis 191 Kosten K(x) = K + k × x Gewinn G(x) = (p × x) (K + k × x) p = Preis/ Höhe der Vergütung der Behandlung, x = Leistungsmenge (z. B. Anzahl der Behandlungseinheiten) Aus diesen Funktionen lässt sich anschließend die Formel für die Break-Even- Menge der Leistungsmenge x (z. B. Behandlungseinheiten) ableiten: x = K p k Die Beziehung zwischen Kosten und kumulierten Erlösen wird graphisch in der Abbildung 39 dargestellt. Wie man erkennen kann, befindet sich die Gewinnzone wie bei der herkömmlichen Break-Even-Analyse rechts des Break- Even-Punkts und die Verlustzone links von ihm. Abb. 39: Break-Even-Analyse in der Arztpraxis. Quelle: Eigene Darstellung. Es kann zusammenfassend festgehalten werden, dass es in Arztpraxen mehrere Faktoren gibt, die die Position des Break-Even-Punkts beeinflussen können. Das sind die Höhe der Vergütung einzelner medizinischer Leistungen, die Anzahl der behandelten Patienten pro Periode sowie die Höhe der variablen und fixen Kosten. Aufgrund dessen erweitern sich auch die Anwendungsmöglichkeiten der Break-Even-Analyse im Kontext einer Arztpraxis. Diese könnten dann nicht nur darin bestehen, die kritische Menge x, z. B. die Anzahl der Patientenzahlen, bei der der Gewinn gleich Null ist, zu ermitteln, sondern auch darin, die Zusammensetzung der auf den Gesamterlös Einfluss <?page no="192"?> 192 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis nehmenden Faktoren zu optimieren. Im Hinblick darauf kann die Break- Even-Analyse in der Theorie folgende Fragen beantworten: Welche maximale Anzahl der Behandlungen kann mit den gegebenen Ressourcen durchgeführt werden, sodass der Praxis keine Kapazitätsengpässe entstehen? (Ressourcenplanung) Welche minimale Anzahl an Patienten muss mit einer medizinischen Leistung zu deren festgesetzten monetären Gegenwert behandelt werden, um eine „schwarze Null“ zu erzielen? (Erlösplanung) Die genannten Einflussfaktoren (Patientenanzahl, Höhe der Praxiserlöse aus gesetzlich versicherten Patienten und individuellen Gesundheitsleistungen, Anteil an Privatversicherten, Anzahl der Behandlungen und Sprechstunden) stellen also mehrere Hebel dar, die nur bedingt betätigt werden können, dass die Kostendeckung bzw. die Gewinnschwelle erreicht wird. Allerdings liegen mengenabhängige Obergrenzen in der ambulanten Vergütung vor und bei deren Überschreitung findet eine prozentuale Abstaffelung Anwendung. Der tatsächliche Erlös ist insgesamt schwer planbar und kann erst retrospektiv beurteilt werden. Graphisch und rechnerisch wird der Einsatz der Break-Even-Analyse aus Vereinfachungsgründen modellhaft am Beispiel einer Praxis erläutert, die nur eine medizinische Behandlung anbietet. Fallbeispiel: Anwendung der Break-Even-Analyse in der Arztpraxis Die Strahlentherapiepraxis von Herrn Dr. Strahle hat sich auf die Bestrahlung bei bösartigen Erkrankungen oder raumfordernden Prozessen des ZNS (zentralen Nervensystems) mit einem Linearbeschleuniger spezialisiert und bietet nur diese eine Behandlung (GOP 25321) an. Gesetzlichversicherte Patienten werden, aufgrund seiner Spezialisierung, aus dem ganzen Bundesgebiet in diese Praxis überwiesen, da er ein spezielles Verfahren zur Schonung des umliegenden, gesunden Nervengewebes entwickelt hat. Der Praxisinhaber möchte eine Break-Even-Analyse durchführen, um zu erfahren, wie viele Bestrahlungen je Fraktion (mit einer Einzeldosis pro Tag) (Behandlungseinheiten, BE) pro Jahr durchgeführt werden sollten, dass der Erlös die Kosten vollständig deckt. Für die Analyse liegen dabei folgende Daten bezogen auf ein Jahr vor: <?page no="193"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Arztpraxis 193 Preis pro Bestrahlung je Fraktion 39 Euro Variable Kosten pro Untersuchung 5 Euro Fixkosten pro Jahr 85.000 Euro Dabei sollen folgende Fragen mithilfe der Break-Even-Analyse beantwortet werden: [1] Bei welcher Anzahl an Untersuchungseinheiten wird die Gewinnschwelle erreicht (Break-Even-Point)? Diese Frage soll anhand eines Break-Even-Schaubilds sowie rechnerisch beantwortet werden. [2] Nach Berechnungen des Buchhalters werden sich die Praxisfixkosten im nächsten Jahr um 10.000 Euro erhöhen (ansonsten gelten die Ausgangsbedingungen). Wie viele Bestrahlungen müssten nun erbracht werden, dass die Kosten gedeckt werden? [3] Nach Erscheinen des aktualisierten EBM für das nächste Jahr stellt der Strahlenmediziner fest, dass der Preis pro Bestrahlung auf 37,50 Euro fallen wird. Wie viele Bestrahlungen müssen erbracht werden, um trotz der erhöhten Fixkosten und geringeren Preise Gewinne zu erzielen? Zu [1]: Verwendet man die entwickelte Formel für die Anwendung der Break- Even-Analyse in Arztpraxen, ergibt sich für das vorliegende Beispiel folgende Break-Even-Menge: x = = . = 2.500 UE Graphisch kann dieses Ergebnis folgendermaßen dargestellt werden: <?page no="194"?> 194 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis Aus der oberen Abbildung bzw. der zuvor durchgeführten Rechnung lässt sich Folgendes ableiten: Liegt die Anzahl der Bestrahlungseinheiten links des Break-Even- Punkts (2.500 BE), sind die Gesamtkosten höher als der Erlös. Somit wird hier ein Verlust erzielt. Liegt die Anzahl der Bestrahlungen bei 2.500 im Jahr, ist der Gewinn bzw. Verlust gleich Null. Liegt das Absatzvolumen rechts des Break-Even-Punkts (2.500 BE), sind die Gesamtkosten niedriger als der Erlös. Somit entsteht ein Gewinn. Mit Überschreiten der durch die KV definierten Leistungsobergrenze (hier: 3.500 Bestrahlungen im Jahr) werden die darüber hinaus erbrachten Leistungen nicht mehr voll, sondern lediglich abgestaffelt vergütet. In diesem Fall greift die Budgetierung im Rahmen der Vergütung, um eine übermäßige Ausweitung des Leistungsvolumens zu verhindern. Entsprechend sinkt der Erlös pro zusätzlich erbrachter Leistung bei gleichmäßig ansteigenden Kosten. Zu [2]: Sollten sich die Fixkosten im nächsten Jahr um 10.000 Euro erhöhen, ergibt sich folgende Rechnung: x = = . = 2.795 BE Das errechnete Ergebnis macht deutlich, dass ab 2.795 Untersuchungen pro Jahr die Kosten der Praxis gedeckt werden können. Zu [3]: Wenn sich die Fixkosten im nächsten Jahr um 10.000 Euro erhöhen und der Preis pro Bestrahlung auf 37,50 € sinkt, ergibt sich folgende Rechnung: x = K p k = 95.000 37,50 5 = 2.924 BE Es lässt sich an diesem Beispiel feststellen, dass die Break-Even-Analyse grundsätzlich für Näherungsanalysen und die Problemstrukturierung von Arztpraxen verwendet werden kann. Anhand des Rechenbeispiels 2) wird auch deutlich, dass die Break-Even-Analyse nicht nur die Berechnung der kritischen Anzahl an Patienten ermöglicht, sondern auch zur Berechnung <?page no="195"?> 6.4 Zusammenfassung des Kapitels 195 bzw. Anpassung des Preises einzelner medizinischer Leistungen eingesetzt werden kann, sofern diese eben veränderbar sind. Nun bieten die meisten Arztpraxen nicht nur eine einzige medizinische Behandlung an, wie dies in unserem Beispiel modellhaft dargestellt war, sondern eine Vielzahl von Leistungen. Hier ist es rechnerisch deutlich schwieriger, die Gewinnschwelle zu ermitteln, da eine Vielzahl von Kombinationen der Leistungsangebote möglich ist, die alle zur Deckung der Kosten führen. Als Lösung dieses Problems kann vorgeschlagen werden, nur die Kosten auf der Angebotsebene (Angebotsfixkosten und variable Kosten) sowie direkte, also leistungsbezogene Erlöse auf der Angebotsebene (Vergütung für eine medizinische Behandlung ohne die Versichertenpauschale) in die Analyse miteinzubeziehen. Auf diese Weise können für alle (einheitlichen) Praxisangebote entsprechende Break-Even-Analysen einzeln durchgeführt werden. 6.4 Zusammenfassung des Kapitels In diesem Kapitel wurden einige auf Teilkostenbasis basierende Kostenrechnungssysteme sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten in Arztpraxen erläutert. Im Vergleich zur Vollkostenrechnung werden im Rahmen der Teilkostenrechnung nicht alle Kosten den Praxisleistungen zugerechnet, sondern nur ihre variablen Anteile. Dadurch erfolgt keine Proportionalisierung der fixen Kosten, und den Kostenträgern werden nur die Kosten zugerechnet, die sie tatsächlich verursacht haben. Somit beruht die Teilkostenrechnung auf dem Verursachungsprinzip, was einen großen Vorteil gegenüber der Vollkostenrechnung darstellt. Im Rahmen der Kostenträgerrechnung auf Teilkostenbasis werden zwei Systeme unterschieden: die einstufige und die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung. Beide Instrumente eignen sich zur Anwendung in einer Arztpraxis. Der Unterschied zwischen den einstufigen und mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnungen liegt dabei in der Behandlung der fixen Kosten. Im ersten Fall gehen sie in einem Block in die Praxiserfolgsrechnung ein. Im zweiten Fall erfolgt eine differenzierte Betrachtung der Fixkosten. Für die Durchführung einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung ist dabei eine Unterscheidung in Bezug auf die Fixkostenebenen in der Praxis notwendig. Diese können je nach Praxisstruktur in Angebotsfixkosten, Abteilungs-/ Spartenfixkosten und Praxisfixkosten unterteilt werden. Auf Basis der Trennung zwischen variablen und fixen Kosten sowie einer differenzierten Fixkostenbetrachtung wäre auch die Entwicklung eines transparenten Preissystems möglich, das jedoch aufgrund der geltenden Gebührenordnung nur wenig Spiel- <?page no="196"?> 196 6 Teilkostenrechnung in der Arztpraxis raum für Anpassungen lässt. Der entscheidende Einflussfaktor ist somit die Anzahl behandelter Patienten pro Periode, da pro Patienten und pro Quartal eine Versichertenbzw. Grundpauschale abrechenbar ist. Die weiteren Behandlungsleistungen im Detail aufgrund des medizinischen Bedarfs nehmen freilich ebenfalls Einfluss auf die Höhe der Erlöse. Im weiteren Verlauf des Kapitels erfolgte eine Übertragung der Break-Even- Analyse auf die Besonderheiten der Arztpraxen. Die Betrachtung dieses Instruments, das auf der Trennung zwischen fixen und variablen Kostenanteilen basiert, zeigt, dass es grundsätzlich in einer Arztpraxis eingesetzt werden kann, um einen schnellen und präzisen Überblick über Kosten und Erlöse einzelner Angebote zu erhalten. Dennoch muss angemerkt werden, dass die Anwendung der Break-Even-Analyse in Arztpraxen begrenzt ist. So kann sie nur bei solchen Praxisangeboten durchgeführt werden, die kein Leistungsbündel darstellen, sondern quantifizierbar sind (z. B. durch die Anzahl der Behandlungseinheiten). Kontrollfragen Geben Sie einen Überblick über die Vorgehensweise der Teilkostenrechnung im Rahmen der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung! Was ist der entscheidende Unterschied der Teilkostenrechnung zur Vollkostenrechnung? Welche Vorteile bringt die Teilkostenrechnung im Vergleich zur Vollkostenrechnung? Was sagt der Deckungsbeitrag in Bezug auf ein Praxisangebot aus? Welche Entscheidungen seitens der Praxisleitung oder Geschäftsführung kann die Deckungsbeitragsrechnung unterstützen? Stellen Sie das Berechnungsschema der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung dar! Stellen Sie das Berechnungsschema der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung dar! Welche Fixkostenhierarchien können in einer Arztpraxis unterschieden werden? Was versteht man allgemein unter dem Begriff „Break-Even- Point“? Geben Sie die allgemeine Formel zur Ermittlung der Break- Even-Menge an! Welche Ausgangsdaten müssen bekannt sein, damit auch in der Arztpraxis eine Break-Even-Analyse durchgeführt werden kann? <?page no="197"?> 197 Literaturempfehlungen Teilkostenrechnung allgemein: Coenenberg A.G.; Fischer T.M. & Günther, T. (2016). Kostenrechnung und Kostenanalyse (8. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 207-252 und S. 325-368. Olfert, K. (2018). Kostenrechnung (18. Aufl.). Ludwigshafen: Kiehl. Insb. S. 289- 383. Weber, J. & Weißenberger, B. (2015). 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Zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2637). Umsatzsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386). Zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2886). Versicherungsvertragsgesetz vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631). Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. November 2019 (BGBl. I S. 1942). <?page no="205"?> Stichwortverzeichnis A Abschreibung 81 arithmetisch-degressiv 85, 86 bilanziell 81, 85 geometrisch-degressiv 85, 87 leistungsabhängig 85, 89 linear 85, 86 progressiv 85, 88 Abzugskapital 94 AfA-Tabelle 82 Aktiva 92 Anbauverfahren 112, 114-18, 119 Anlagevermögen 91, 93 Anschaffungskosten 93 Äquivalenzziffer 134 Aufwand 42 außerordentlich 44, 97 neutral 44 periodenfremd 44 vereinsfremd 44 Zweckaufwand 44 B BAB Betriebsabrechnungsbogen BEP Break-Even-Point Betriebsabrechnungsbogen 63, 110, 114, 139, 140 Betriebsergebnis 43, 175 betriebsnotwendiges Kapital 90, 94 betriebsnotwendiges Vermögen 90 Betriebsstoffe 76 Bilanz 31, 90, 91 Break-Even-Analyse 187-95 Break-Even-Menge 188 Break-Even-Point 187, 189 Buchführung 31, 70, 95 D Deckungsbeitrag 174, 175 Deckungsbeitragsrechnung einstufig 175-80 mehrstufig 180-86 Dienstleistung 27 Dienstleistungskosten 103 Direct Costing Deckungsbeitragsrechnung Durchschnittswertverzinsung 93 E EBM 22, 176, 179, 183, 193 EGV 22 Eigenkapital 42, 89, 94 Eigenkapitalzinssatz 95 einheitlicher Bewertungsmaßstab 22 <?page no="206"?> 206 Stichwortverzeichnis Einnahmen-Überschuss-Rechnung 31 Einzelkosten 49, 103, 132, 173 Erlös 43, 181 direkt 143 indirekt 143 Ertrag 42 außerordentlich 47 betriebsfremd 47 neutral 47 periodenfremd 47 Zweckertrag 47 Externes Rechnungswesen Adressaten 32 extrabudgetäre Gesamtvergütung 22 F Fixkosten 50, 54, 150, 172, 173, 174, 180 Abteilungs-/ Spartenfixkosten 182 Abteilungsfixkosten 182 Angebotsartenfixkosten 181, 182 Kostenträgerfixkosten 182 Verantwortungsbereichsfixkos ten 182 Vereinsfixkosten 182 Fortschreibungsmethode Skontrationsmethode Fremdkapital 89, 94 Fremdkapitalzinssatz 95 Funktionen der Kostenrechnung 35-37 G Gebührenordnung für Ärzte 24 Gemeinkosten 49, 103, 105, 108, 110, 112, 113, 119, 132, 149, 172 primär 115 unecht 49 Gesamtkostenverfahren 141, 142 Gewerbe-Mietspiegel 100 Gewinn 42, 101 Gewinn- und Verlustrechnung 31 Gewinnschwelle 187, 195 Gleichungsverfahren 112, 119, 123-27 GOÄ 24, 179 Grenzkosten 56 Grundkosten 44, 45, 70 H Hilfsstoffe 76 I IGeL 24, 26, 28, 60 individuelle Gesundheitsleistungen 24 Integrativität 27 Internes Rechnungswesen 34 Adressaten 34 Inventar 31 Investitionsrechnung 34 Ist-Kosten 106 <?page no="207"?> Stichwortverzeichnis 207 Ist-Kostenrechnung 64, 75 Ist-Preisverfahren 80 J Jahresabschluss 31 K Kalkulation 130 Äquivalenzziffernkalkulation 133, 134-35 Divisionskalkulation 133, 134 Kuppelkalkulation 133 Zuschlagskalkulation 133, 135-36 Kalkulationszinssatz 90 kalkulatorische Kosten 71, 81- 102 Abschreibungen 81 Anderskosten 45 Miete 45 Mietkosten 99-101 Personalkosten 45, 101-2 Wagniskosten 45, 97-99 Zinsen 45, 89-97 Zusatzkosten 45 kalkulatorischer Zinssatz 94 Kennzahlen 147 absolut 147 relativ 147 Konsumtion 29 Kostenarten 71-72 Gliederungskriterien 71 Kostenartenrechnung 61, 69- 103, 110, 132, 173 Kostenartwachstumsrate 148 Kostenbegriff pagatorisch 42 wertmäßig 42 Kostenfunktion 54, 56 Kostenrechnung Ablauf 61 Begriff 41 Merkmale 41 Prinzipien Prinzipien der Kostenrechnung Kostenschlüssel 58, 62, 112, 117, 149 Kostenspaltung buchtechnische 52 mathematische 53 statistische 53 Kostenstellen 62, 105, 110, 113, 141, 149, 173, 175 Arten 107 Bildung 105, 106 Endkostenstelle 62, 108, 114, 132 Hauptkostenstelle 109 Hilfskostenstelle 109 Nebenkostenstelle 109 verwaltungsbezogene 109 Vorkostenstelle 62, 108, 113, 114, 119 Kostenstellenausgleichsverfahren 119 Kostenstellenrechnung 62, 103- 29, 132, 139 Kostenträger 103, 104, 131-32, 133, 141, 172, 173, 175 Hauptkostenträger 131 Hilfskostenträger 132 Nebenkostenträger 132 <?page no="208"?> 208 Stichwortverzeichnis Kostenträgerrechnung 62, 139, 141-45 Kostenträgerstückrechnung 62, 130, 146, 173 Kostenträgerzeitrechnung 62, 130, 146, 174 Krankenversicherung gesetzliche 21, 184 private 21 KV 45, 48, 54, 73, 92, 101, 143 L Leistungen 43 Andersleistungen 47 Grundleistung 47 kalkulatorisch 47 Zusatzleistungen 47 Leistungsbeziehungen 108 Leistungsverrechnung einseitig 112 gegenseitig 112 M Materialkosten Werkstoffkosten Medizinische Versorgungszentren 24 Mengenschlüssel 113 MGV 22 Mischzinssatz 95 morbiditätsbedingte Gesamtvergütung 22 MVZ 20, 25, 33, 105, 107, 110, 114, 115, 128, 131, 143, 176, 183 N Normalkostenrechnung 65, 75 O Opportunitätskosten 89, 94 Opportunitätsprinzip 101 OPW 22 Orientierungspunktwert 22 P Personalkosten 73 Akkordlohn 75 Freiwillige soziale Leistungen 74 Gehalt 73 Gehaltszulagen 73 gesetzliche Sozialaufwendungen 74 gesetzliche soziale Leistungen 74 Honorar 73 Leistungszulage/ Prämie 73 Lohn 73 Mehrarbeitsvergütung 73 Pauschalentlohnung 75 Personalnebenkosten 74 Prämienlohn 75 Zeitlohn 74 Plankostenrechnung 65 Praxisgemeinschaft 24 Prinzipien der Kostenrechnung Durchschnittsprinzip 59 Proportionalitätsprinzip 58, 114 Tragfähigkeitsprinzip 60 <?page no="209"?> Stichwortverzeichnis 209 Verursachungsprinzip 57, 105, 150 R Rechnungsabrechnungsposten 91 Regelleistungsvolumen 23 Restwertverzinsung 93 Risikozuschlag 94 RLV 23 Rohstoffe 76 S Selbstkosten 62, 130, 132 Soll-Ist-Vergleich 147 Soll-Kosten 106 Stückkosten 56 Stufenleiterverfahren 112, 119- 22 T Teilkostenrechnung 52, 66, 172- 96 Treppenverfahren Stufenleiterverfahren U Umlaufvermögen 91, 92, 93 Umsatzkostenverfahren 141, 142, 143 Uno-Actu-Prinzip 134 V variable Kosten 51, 53, 54, 173, 174, 175 vereinsinterne Leistungen 109 Verlust 42 Verrechnungspreis Kostenschlüssel Vollkostenrechnung 66, 129-46, 172, 175 W Wagnis Anlagewagnis 98 Beständewagnis 97 Debitorenwagnis Siehe Vertriebswagnis Entwicklungswagnis 97 Fertigungswagnis 97 Gewährleistungswagnis 97 Vertriebswagnis 97 Wagnissatz 99 Werkstoffkosten 76 Festpreisverfahren 81 Inventurmethode 77 Ist-Preisverfahren 79 Skontrationsmethode 77, 78 Zugangsmethode 77 Wirtschaftlichkeit 106 Z Zeitschlüssel 113 Zeitvergleich 147 <?page no="210"?> Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwis senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft Carsten Homburg, Stefanie Liesenfeld, Julia Kübel Übungsbuch Kosten- und Leistungsrechnung 4., vollständig überarbeitete Auflage 2019, 365 Seiten €[D] 29,99 ISBN 978-3-8252-8751-1 eISBN 978-3-8385-8751-6 BUCHTIPP Das Übungsbuch umfasst 150 Aufgaben mit ausführlichen Lösungen. Alle Aufgaben sind mit Schwierigkeitsgraden gekennzeichnet. Damit können vor allem diejenigen Themen vertieft und praktisch angewandt werden, die im Bachelor-Studium von Bedeutung sind. Inhalt und Aufbau des Übungsbuches orientieren sich am Lehrbuch Schildbach/ Homburg, Kosten- und Leistungsrechnung: Teil 1 beschäftigt sich mit den Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung und verdeutlicht zentrale Begriffe. Teil 2 behandelt die primär für Dokumentations- und Kontrollaufgaben geeignete Istkosten- und Istleistungsrechnung. Teil 3 führt in die Plankosten- und Planleistungsrechnung ein. Das Übungsbuch eignet sich nicht nur für Studenten zur gezielten Prüfungsvorbereitung, sondern gibt auch Praktikern Gelegenheit, ihre Kenntnisse der Kosten- und Leistungsrechnung zu überprüfen und zu ergänzen. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)70 71 97 97 0 \ Fax +49 (0)70 71 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="211"?> Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwis senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft Constanze Janda Medizinrecht 4., überarbeitete und erweiterte Auflage 2019, 421 Seiten €[D] 29,99 ISBN 978-3-8252-5275-5 eISBN 978-3-8385-5275-0 BUCHTIPP Das Medizinrecht ist eine Querschnittsmaterie, die Jahr für Jahr an Bedeutung gewinnt. Sie berührt neben dem Öffentlichen Recht auch das Zivilrecht und Strafrecht. Die vierte Auflage führt in das Rechtsgebiet ein: Constanze Janda geht dabei auf das Recht der gesetzlichen Krankenkassen, das ärztliche Berufsrecht und die Rechtsbeziehungen zwischen Ärzten und Patienten ein. Auch das Vertragsarztrecht, die Leistungserbringung durch Krankenhäuser sowie die Versorgung mit Arzneimitteln und das Heil- und Hilfsmittelrecht stellt sie dar und beleuchtet das Arzthaftungsrecht und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzten. Die aktuelle Gesetzgebung, etwa zum Versichertenentlastungsgesetz sowie zum Terminservice- und Versorgungsgesetz, wurde ebenso berücksichtigt wie die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung zu Patientenverfügungen, zum Behandlungsabbruch oder zur ärztlichen Suizidbegleitung. Das Buch richtet sich an Juristen, Mediziner, Gesundheitsökonomen und Pflegewissenschaftler in Studium und Praxis. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)70 71 97 97 0 \ Fax +49 (0)70 71 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="212"?> Layout Layout www.uvk.de ISBN 978-3-7398-3067-4 Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich- Schiller-Universität Jena. Gesundheitsreformen, Fachkräftemangel sowie der demographische Wandel stellen Arztpraxen vor zahlreiche Herausforderungen. Der steigende Kostendruck, insbesondere durch Honoraranpassungen und Budgetierungen, verschärft diese Situation. Dennoch können sich Arztpraxen erfolgreich behaupten, sofern sie betriebswirtschaftliche Methoden konsequent anwenden. Frank Daumann und Lev Esipovich bieten hierfür das notwendige Handwerkszeug: Sie vermitteln praxisnah und leicht verständlich die Grundlagen der Kostenrechnung und zeigen die Charakteristika der Voll- und Teilkostenrechnung auf. Zahlreiche Abbildungen und Fallbeispiele helfen beim Verständnis. Durch Kontrollfragen lässt sich das Erlernte auf einfache Art und Weise festigen. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studium und Praxis.