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Kostenrechnung für öffentliche Apotheken

Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele

0928
2020
978-3-7398-8068-6
978-3-7398-3068-1
UVK Verlag 
Frank Daumann
Lev Esipovich

Seit Jahren wächst der Wettbewerbsdruck auf öffentliche Apotheken - besonders durch den zunehmenden Online-Handel mit Medikamenten. Das konsequente Anwenden betriebswirtschaftlicher Methoden kann Apothekerinnen und Apothekern dabei helfen, sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen trotzdem erfolgreich auf dem Markt zu behaupten. Frank Daumann und Lev Esipovich bieten hierfür das notwendige Handwerkszeug: Sie vermitteln praxisnah und leicht verständlich die Grundlagen der Kostenrechnung und zeigen die Charakteristika der Voll- und Teilkostenrechnung auf. Zahlreiche Abbildungen und Fallbeispiele helfen beim Verständnis. Durch Kontrollfragen lässt sich das Erlernte auf einfache Art und Weise festigen. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studium und Praxis.

<?page no="0"?> Daumann, Esipovich Kostenrechnung für öffentliche Apotheken Frank Daumann, Lev Esipovich Kostenrechnung für öffentliche Apotheken Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele <?page no="1"?> Frank Daumann | Lev Esipovich Kostenrechnung für öffentliche Apotheken Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele <?page no="2"?> Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. <?page no="3"?> Frank Daumann | Lev Esipovich Grundlagen, Methoden und Fallbeispiele UVK Verlag · München Kostenrechnung für öffentliche Apotheken <?page no="4"?> Einbandmotiv: iStockphoto, Pornpak Khunatorn Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 1. Auflage 2020 © UVK Verlag 2020 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3068-1 (Print) ISBN 978-3-7398-8068-6 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0021-9 (ePub) <?page no="5"?> Frank Daumann: Meinen Eltern, Erika und Heinrich (†), gewidmet. <?page no="7"?> Vorwort Die öffentliche Apotheke als Handels- und als Produktionsbetrieb gerät zunehmend in das Spannungsfeld zweier säkularer Entwicklungen: Zum einen führt das Internet zu einer höheren Markttransparenz - Preisunterschiede werden in kürzester Zeit aufgedeckt - und es ermöglicht neue Angebotsformen (Stichwort: Online-Handel). Zum anderen erhöhen sich regelmäßig die Ausgaben des Gesundheitssystems und der Gesetzgeber sieht sich laufend gezwungen, durch neue staatliche Interventionen dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Auch die Apotheke als maßgeblicher Vertriebsweg von Arzneimitteln wird sich diesen Eingriffen nicht entziehen können. Der dadurch zunehmende Wettbewerb bedeutet jedoch, dass erhöhte Anstrengungen unternommen werden müssen, um bisherige Marktpositionen zu erhalten und um Verbesserungen zu erzielen. Damit sind wiederum Gefahren, aber auch Chancen verbunden. Diese Situation macht es erforderlich, die vorhandenen betriebswirtschaftlichen Instrumentarien effizient zu nutzen und damit die sich abzeichnenden Gefahren zu erkennen und in Erfolge umzuwidmen. Maßgeblichen Stellenwert kommt in diesem Zusammenhang der Analyse der Kosten des betrieblichen Geschehens zu. Dies leistet die Kostenrechnung. Da die Apotheke als Kombination eines Handelsmit einem Produktionsbetrieb - wenngleich das Produktionselement durch Fertigarzneimittel immer weiter zurückgedrängt wird - besondere Strukturelemente aufweist, lassen sich die Kostenrechnungselemente eines Industriebetriebes nicht ohne entsprechende Adaption auf sie übertragen. Vor diesem Hintergrund ist nun dieses Buch zu bewerten: Es hat das Ziel, speziell für die Apotheke die Grundlagen der Kostenrechnung anhand praxisnaher Beispiele vorzustellen. Damit liegt das Schwergewicht jedoch nicht darauf, Patentrezepte für individuelle Problemstrukturen etwa in Form eines Entscheidungsbaums zu präsentieren. Vielmehr soll der Leser in die Problematik der Kostenrechnung theoriegeleitet eingeführt und mit ihren Grundprinzipien vertraut gemacht werden. Ausgehend davon werden Möglichkeiten des Einsatzes des Kostenrechnungsinstrumentariums für die Apotheke aufgezeigt. Das übergeordnete Ziel dabei ist, dem Leser die „Denkart“ der Kostenrechnung nahezubringen, sodass er nach der Lektüre dieses Buches in der Lage ist, betriebsspezifische Problemstellungen selbst zu lösen. <?page no="8"?> 8 Vorwort Zum Verständnis des Buches sind minimale Vorkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre notwendig, über die jedoch jeder Pharmazeut verfügt. Zur Entstehung dieses Buches haben besonders Frau Apothekerin Ursula Jakob, Herr Apotheker Michael Bechert, Herr Apotheker Tobias Brandl, Herr Apotheker Claus Pöhlmann und Herr Dr. med. Christian Kasper beigetragen. Ihnen gilt unser besonderer Dank. Dank gebührt Frau Lana Passon für die Durchsicht des Manuskripts sowie den hilfsbereiten Damen der Bibliothek der Hochschule Hof, die einen effizienten Zugriff auf die einschlägige Literatur ermöglichten. Wir wünschen dem geneigten Leser viel Freude bei der Lektüre und freuen uns über entsprechende Anregungen. Jena, im Sommer 2020 Frank Daumann und Lev Esipovich <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort ....................................................................................................... 7 Abbildungsverzeichnis ................................................................................. 13 Tabellenverzeichnis ..................................................................................... 15 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ 17 1 Einführung .....................................................................................19 2 Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen ...21 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke ....................25 3.1 Externes und internes Rechnungswesen in der Apotheke.............. 25 3.1.1 Externes Rechnungswesen ..................................................................... 26 3.1.2 Internes Rechnungswesen ...................................................................... 28 3.2 Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke ........................... 29 3.3 Zusammenfassung des Kapitels ............................................................ 31 Literaturempfehlungen ........................................................................... 32 4 Grundlagen der Kostenrechnung...............................................33 4.1 Begriff und Merkmale der Kostenrechnung ....................................... 33 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung ..................................................... 34 4.2.1 Aufwand und Ertrag ................................................................................ 34 4.2.2 Kosten und Leistungen............................................................................ 34 4.2.3 Neutraler Aufwand .................................................................................. 36 4.2.4 Zweckaufwand und Grundkosten ........................................................ 36 4.2.5 Kalkulatorische Kosten ........................................................................... 37 4.2.6 Neutraler Ertrag........................................................................................ 38 4.2.7 Zweckertrag und Grundleistungen ...................................................... 39 4.2.8 Kalkulatorische Leistungen.................................................................... 39 4.3 Gliederung der Kosten ............................................................................ 41 <?page no="10"?> 10 Inhaltsverzeichnis 4.3.1 Einzelkosten und Gemeinkosten........................................................... 41 4.3.2 Variable und fixe Kosten......................................................................... 42 4.4 Kostenfunktion ......................................................................................... 46 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung............................................................. 49 4.5.1 Verursachungsprinzip ............................................................................. 49 4.5.2 Proportionalitätsprinzip.......................................................................... 50 4.5.3 Durchschnittsprinzip ............................................................................... 51 4.5.4 Tragfähigkeitsprinzip .............................................................................. 52 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung ........................................... 53 4.7 Betriebsabrechnungsbogen .................................................................... 55 4.8 Systeme der Kostenrechnung ................................................................ 56 4.8.1 Ist-, Normal- und Plankostenrechnung ............................................... 56 4.8.2 Voll- und Teilkostenrechnung............................................................... 58 4.9 Zusammenfassung des Kapitels ............................................................ 58 Literaturempfehlungen ........................................................................... 60 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke ......................................61 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke ............................................... 61 5.1.1 Kostenerfassung........................................................................................ 62 5.1.2 Kosteneinteilung nach Kostenarten ..................................................... 63 5.1.2.1 Personalkosten .......................................................................................... 65 5.1.2.2 Materialkosten .......................................................................................... 67 Ermittlung der Materialkosten .............................................................. 68 5.1.2.3 Kalkulatorische Kosten ........................................................................... 73 5.1.2.4 Sachkosten ................................................................................................. 94 5.1.2.5 Kosten für fremde Dienstleistungen .................................................... 95 5.1.2.6 Sonstige Kosten......................................................................................... 95 5.1.3 Aufteilung der Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten ................. 96 5.1.4 Zusammenfassung: Kostenartenrechnung in der Apotheke .......... 96 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke............................................. 97 5.2.1 Gliederung von Kostenstellen ............................................................... 98 5.2.2 Ablauf der Kostenstellenrechnung ..................................................... 104 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis 11 5.2.3 Verfahren zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung ............. 106 5.2.3.1 Kostenschlüssel....................................................................................... 107 5.2.3.2 Anbauverfahren ...................................................................................... 108 5.2.3.3 Kostenstellenausgleichsverfahren ...................................................... 114 5.2.4 Zusammenfassung: Kostenstellenrechnung in der Apotheke ..... 123 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke............................................ 125 5.3.1 Kostenträger in der Apotheke ............................................................. 126 5.3.2 Kostenträgerstückrechnung................................................................. 127 5.3.3 Kostenträgerzeitrechnung .................................................................... 134 5.3.4 Zusammenfassung: Kostenträgerrechnung in der Apotheke ...... 138 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung................................................ 139 5.4.1 Allgemeine Auswertungen mit Kennzahlen .................................... 139 5.4.2 Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen.......................... 142 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung ............................. 145 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung .......................... 147 Literaturempfehlungen ......................................................................... 157 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke.................................... 159 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung ................................................. 159 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung..... 162 6.2.1 Einstufige Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing) ............... 162 6.2.2 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung .......................................... 166 6.3 Break-Even-Analyse in der Apotheke ............................................... 171 6.3.1 Grundlagen der Break-Even-Analyse ................................................ 171 6.3.2 Ansatz der Break-Even-Analyse im Kontext der Apotheke.......... 174 6.4 Zusammenfassung des Kapitels .......................................................... 177 Literaturempfehlungen ......................................................................... 1 7 Sonderprobleme der Kostenrechnung in der Apotheke .... 179 7.1 Mehrbesitz und Kostenrechnung ........................................................ 179 7.2 Versandhandel......................................................................................... 182 <?page no="12"?> 12 Inhaltsverzeichnis 7.3 Zusammenfassung.................................................................................. 184 Literaturempfehlungen ......................................................................... 1 Quellenverzeichnis..................................................................................... 187 Stichwortverzeichnis .................................................................................. 191 <?page no="13"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Umsatzstruktur öffentlicher Apotheken im Jahre 2018................... 24 Abb. 2 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke................................ 26 Abb. 3 Adressaten des externen Rechnungswesens in der Apotheke ....... 27 Abb. 4 Adressaten des internen Rechnungswesens der Apotheke ............ 29 Abb. 5 Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke ........................... 30 Abb. 6 Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten .................................... 35 Abb. 7 Arten von kalkulatorischen Kosten ..................................................... 38 Abb. 8 Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung. ...................................... 38 Abb. 9 Verhältnis zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten ............................................................................... 43 Abb. 10 Kostenauflösung nach dem mathematischen und statistischen Verfahren ................................................................................................... 44 Abb. 11 Kostenfunktion beim linearen Kostenverlauf.................................... 47 Abb. 12 Schematischer Ablauf der Kostenrechnung. ...................................... 53 Abb. 13 Kostenrechnungssysteme....................................................................... 56 Abb. 14 Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung ...................................... 57 Abb. 15 Ablauf der Kostenartenrechnung ......................................................... 61 Abb. 16 Kostenerfassung ....................................................................................... 63 Abb. 17 Lohnformen............................................................................................... 66 Abb. 18 Abschreibung in der Apotheke. ............................................................ 74 Abb. 19 Abschreibungsmethoden........................................................................ 77 Abb. 20 Graphische Darstellung der Abschreibungsmethoden .................... 80 Abb. 21 Faktoren für die Bestimmung des kalkulatorischen Mischkapitalzinses ................................................................................... 87 Abb. 22 Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten ................ 90 Abb. 23 Kalkulatorische Personalkosten in der Apotheke ............................. 93 Abb. 24 Allgemeiner Ablauf der Kostenstellenrechnung ............................. 105 Abb. 25 Beziehungen zwischen Vor- und Endkostenstellen. ...................... 110 Abb. 26 Graphische Darstellung des Stufenleiterverfahrens....................... 114 Abb. 27 Formen der Kostenträgerrechnung. ................................................... 125 Abb. 28 Kalkulationsverfahren........................................................................... 128 Abb. 29 Vergleich des Umsatz- und Gesamtkostenverfahrens. .................. 135 Abb. 30 Entwicklung des Wareneinsatzes im Verhältnis zum Umsatz ..... 140 Abb. 31 Entwicklung der Personalkosten im Verhältnis zu Umsatz und Rohgewinn. ..................................................................................... 141 Abb. 32 Fixkostenproportionalisierung............................................................ 146 <?page no="14"?> 14 Abbildungsverzeichnis Abb. 33 Prinzipien der Kostenverrechnung bei Teil- und Vollkostenrechnung .................................................................................................. 160 Abb. 34 Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung. ............. 161 Abb. 35 Allgemeine Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung ................................................................. 167 Abb. 36 Graphische Darstellung der Break-Even-Analyse. ......................... 171 Abb. 37 Break-Even-Analyse in der Apotheke ............................................... 175 <?page no="15"?> Tabellenverzeichnis Tab. 1 Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs ........................................ 35 Tab. 2 Betriebsabrechnungsbogen...................................................................... 55 Tab. 3 Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten ....................................... 58 Tab. 4 Gliederung der Kosten .............................................................................. 64 Tab. 5 Vergleich zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung.............................................................................................. 75 Tab. 6 Steuerliche Nutzungsdauern von typischen Wirtschaftsgütern in der Apotheke.......................................................................................... 75 Tab. 7 Vergleich linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsart ....................................................................................... 79 Tab. 8 Aktivseite in der Apothekenbilanz ........................................................ 83 Tab. 9 Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens .............................. 85 Tab. 10 Gewerbe-Mietspiegel 2018, Stadt Meißen ............................................ 92 Tab. 11 Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung ........................... 101 Tab. 12 Kostenstellengliederung in der Apotheke .......................................... 102 Tab. 13 Kostenstellengliederung einer großen Apotheke mit Filialen ....... 103 Tab. 14 Kostenstellengliederung einer kleinen Apotheke............................. 104 Tab. 15 Kostenschlüsselkategorien in der Apotheke...................................... 107 Tab. 16 Anwendung des Anbauverfahrens in der Apotheke........................ 113 Tab. 17 Anwendung des Stufenleiterverfahrens in der Apotheke .............. 118 Tab. 18 Anwendung des Gleichungsverfahrens in der Apotheke ............... 122 Tab. 19 Mögliche Kostenträger in einer Apotheke ......................................... 126 Tab. 20 Ergebnisberechnung in der Apotheke nach dem Umsatzkostenverfahren.................................................................................................... 136 Tab. 21 Wirtschaftlichkeitsanalyse in den Kostenstellen der Burg- Apotheke.................................................................................................... 145 Tab. 22 Verteilung der Personalkosten auf die Kostenstellen der Rats- Apotheke.................................................................................................... 148 Tab. 23 Verteilung der kalkulatorischen Abschreibungen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. ............................................................... 149 Tab. 24 Verteilung der kalkulatorischen Zinsen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke ................................................................................... 150 Tab. 25 Verteilung der sonstigen kalkulatorischen Kosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke.. .............................................................. 151 Tab. 26 Verteilung der Sachkosten auf die Kostenstellen der Rats- Apotheke.................................................................................................... 152 <?page no="16"?> 16 Tabellenverzeichnis Tab. 27 Verteilung der Kosten für fremde Dienstleistungen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. ........................................................ 152 Tab. 28 Verteilung der sonstigen Kosten auf die Kostenstellen der Rats- Apotheke.................................................................................................... 152 Tab. 29 Verteilung der Gemeinkosten. .............................................................. 153 Tab. 30 Inanspruchnahme des Facility Managements und des Fuhrparks....153 Tab. 31 Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung....... 154 Tab. 32 Berechnung der Abweichungen ........................................................... 155 Tab. 33 Berechnung von Selbstkosten und Listenverkaufspreis.................. 156 Tab. 34 Fixkostenhierarchien in einer Apotheke ............................................ 168 Tab. 35 Anwendung der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke............................................................................................. 170 Tab. 36 Modifizierte einstufige Deckungsbeitragsrechnung für eine Filialapotheke als Profit-Center. ........................................................... 182 <?page no="17"?> Abkürzungsverzeichnis A Aufwand ABM Arbeitsbeschaffungsmaßnahme AfA Absetzung für Abnutzungen AO Abgabenordnung B Basiswert BAB Betriebsabrechnungsbogen BE Betriebsergebnis BEP Break-Even-Point BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege BNK betriebsnotwendiges Kapital BNV betriebsnotwendiges Vermögen D Degressionsbetrag DB Deckungsbeitrag EDV elektronische Datenverarbeitung Eg Ertrag EK Endkostenstelle Es Erlös EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EU Europäische Union EÜR Einnahmen-Überschuss-Rechnung EUR Euro GK Gemeinkosten GKV Gesamtkostenverfahren HGB Handelsgesetzbuch IHK Industrie- und Handelskammer ILV innerbetriebliche Leistungsverrechnung K Kosten Kap. Kapitel K fix Fixkosten KTr Kostenträger k v variable Kosten (pro Mengeneinheit) K v variable Kosten (gesamt) LAK Landesapothekerkammer <?page no="18"?> 18 Abkürzungsverzeichnis LAV Landesapothekerverband ND Nutzungsdauer QM Qualitätsmanagement RW Restwert U Umsatz UKV Umsatzkostenverfahren UStG Umsatzsteuergesetz var variabel VK Vorkostenstelle <?page no="19"?> 1 Einführung Die Apotheken nehmen eine Schlüsselstellung im deutschen Gesundheitswesen ein, da ihnen „die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ (§ 1 Abs. 1 ApoG) obliegt. Die Apotheke übt vor diesem Hintergrund die folgenden Aufgaben aus: die Produktion von Arzneimitteln, die Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten an die Patienten (Handel) und die Aufklärung der Patienten über Nebenwirkungen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (Beratung). Daneben vertreibt die Apotheke „apothekenübliche Artikel“ wie Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse und andere Waren mit gesundheitsförderndem Bezug. Die konstitutive Einbindung der Apotheke in das Gesundheitswesen und ihre Stellung als Handels- und Produktionsbetrieb verorten die Apotheke im Schnittpunkt mehrerer säkularer Einwicklungen: Die Nutzung von Skaleneffekten und der Fixkostendegression: Diese produktionstechnischen Besonderheiten sowie zunehmende Regulierungen und die Intensivierung des Preiswettbewerbs führen zu einer Konzentration bei der Produktion. Im Bereich der Apotheke wird dies durch ein verstärktes Zurückdrängen des produzierenden Elements deutlich; der Vertrieb von Fertigarzneimitteln überwiegt in der Durchschnittsapotheke die Produktion von Arzneimitteln bei weitem. Das Internet zieht zum einen eine verstärkte Markttransparenz sowohl für den Kunden bzw. Patienten als auch für den Mitwettbewerber nach sich. D. h., dass sich die Preissetzungsspielräume in den Bereichen, in denen die Preise frei gebildet werden können, sukzessive verengen. Zum anderen ist das Internet das Fundament für neue Geschäftsmodelle, von denen eine Intensivierung des Wettbewerbs insbesondere im Einzelhandel ausgeht. Die Internetapotheke wird damit zu einem omnipräsenten und effektiven Wettbewerber der stationären Apotheke. Der technische Fortschritt im Gesundheitswesen erweitert die medizinischen Handlungsoptionen erheblich. Dieser Sachverhalt führt zusammen mit der demographischen Entwicklung zu einer zunehmenden Einengung <?page no="20"?> der finanziellen Spielräume im Gesundheitswesen. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf seit Mitte der 1970er-Jahre mit einer Fülle von Kostensenkungsgesetzen reagiert, ohne der Entwicklung Herr werden zu können. Dies sind die groben Entwicklungstendenzen, mit denen sich der Arzneimittelmarkt und damit die stationäre Apothekenlandschaft konfrontiert sehen. Vor diesem Hintergrund wird es für die stationäre Apotheke zunehmend wichtiger, die Organisation effizient zu gestalten sowie Geschäfts- und Arbeitsprozesse hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Ein effizientes Management der vorhandenen Ressourcen setzt jedoch entsprechende Informationen voraus, die nur eine Kostenrechnung liefern kann: Sie verschafft die notwendige Datengrundlage zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Apotheke, stellt eine verursachungsgerechte Kalkulation der Leistungsangebote sicher und schafft Transparenz über die tatsächlichen Kosten des Produkt- und Leistungsangebots. Trotz ihrer großen Bedeutung für das Apothekenmanagement ist die Kostenrechnung in vielen Apotheken noch kaum verbreitet. Vielfach begnügen sich Apotheker mit den Informationen, die sie aus dem Jahresabschluss oder aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung im Zusammenhang mit der durch den Steuerberater durchgeführten Buchführung erhalten. Da sich keine Werke identifizieren lassen, die sich mit den Besonderheiten der Kostenrechnung von Apotheken auseinandersetzen, soll das vorliegende Buch diese Lücke schließen und die Einsatzmöglichkeiten der Kostenrechnung in Apotheken umfangreich und detailliert erläutern. Dabei wird das Konzept der Kostenrechnung Schritt für Schritt entwickelt, sodass der Leser auf diese Weise einen detaillierten Einblick in die kostenrechnerischen Grundlagen sowie spezifischen Instrumente bekommt, die in der Apotheke angewandt werden können. Insbesondere hat dieses Buch die folgenden Ziele: Es soll einen verständlichen Einblick in die Grundprinzipien der Kostenrechnung und Kostensteuerung geben, die einschlägigen Begrifflichkeiten vermitteln, die theoretischen Grundzusammenhänge erläutern, die Verwertbarkeit des Instrumentariums für die Apotheke aufzeigen sowie Ansatzpunkte für die Lösung individueller Problemlagen vermitteln. 2 <?page no="21"?> 2 Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen Die öffentliche Apotheke agiert auf einem Markt, der sich durch eine Vielzahl von Regulierungen auszeichnet. Dazu gehören zuvorderst die folgenden gesetzlichen Normen: Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz - ApoG) Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO) Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz - ChemG) Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) Dabei zeichnet sich der Handlungsspielraum der öffentlichen Apotheke durch die folgenden wesentlichen Charakteristika aus: Niederlassungsfreiheit: Die öffentliche Apotheke unterliegt nicht einer räumlichen Niederlassungsbeschränkung wie dies etwa bei ambulant tätigen Ärzten der Fall sein kann. Öffentliche Aufgabe (§1 Abs. 1 ApoG): Die Apotheke erfüllt eine öffentliche Aufgabe, nämlich die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Fremdbesitzverbot (§ 2 Abs. 1 i. V. m. §§ 7 und 8 ApoG): Die Apotheke muss durch einen oder mehrere Apotheker betrieben werden. Persönliche Leitung (§ 7 ApoG): Der Apotheker ist verpflichtet, die Apotheke persönlich zu leiten. Er kann also beispielsweise keinen Fremdgeschäftsführer mit dieser Aufgabe betrauen. Eingeschränktes Mehrbesitzverbot (§ 1 Abs. 2 ApoG): Der Apotheker kann neben seiner Hauptapotheke maximal drei Filialapotheken betreiben, die wiederum in räumlicher Nähe der Hauptapotheke liegen müssen (§ 2 Abs. 4 (2) ApoG). Die Etablierung von Apothekenketten, wie sie beispielsweise aus den USA und dem Vereinigten Königreich bekannt sind, ist also mit dieser Regelung - zumindest bis dato - nicht vereinbar. <?page no="22"?> 22 2 Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen Eingeschränkte Rechtsformwahl (§ 8 ApoG): Betreibt der Apotheker die Apotheke allein, ist diese in Form eines Einzelunternehmens zu führen. Mehrere Apotheker können eine Apotheke als BGB-Gesellschaft oder als oHG betreiben. Insbesondere sind haftungsbeschränkende Rechtsformen für die Apotheke nicht gestattet. Durch die Apothekenbetriebsordnung werden Vorgaben bezüglich der Ausstattung der Apotheke, der Lagerhaltung, des Personals und des Labors konstituiert. Weiterhin beinhalten das Arzneimittel-, das Chemikalien- und das Betäubungsmittelgesetz umfangreiche Vorgaben hinsichtlich der Handhabung von Arzneimitteln und Reagenzien. Das Arzneimittelgesetz systematisiert zudem das Hauptprodukt der Apotheke. So wird zwischen den folgenden Arzneimittelkategorien unterschieden: Apothekenpflichtige Arzneimittel: Für diese Arzneimittel besteht eine Vertriebswegebindung über die Apotheke. Dabei können wiederum verschreibungspflichtige (§ 48 AMG) - sog. Rx-Präparate - und nicht verschreibungspflichtige (einfache apothekenpflichtige) Arzneimittel - sog. OTC-Präparate - unterschieden werden. Freiverkäufliche Arzneimittel: Diese Arzneimittel unterliegen nicht der Apothekenbindung. Ihr Verkauf an Verbraucher ist jedoch ebenfalls reguliert (§ 50 AMG). Die Arzneimittelpreisverordnung schränkt den Einsatz des Aktionsparameters Preis für die Apotheke erheblich ein: Während im OTC-Bereich und bei freiverkäuflichen Arzneimitteln der Preis durch die Apotheke frei gesetzt werden kann, unterliegen verschreibungspflichtige Arzneimittel einer Preisbindung der zweiten Hand. Bei Fertigarzneimitteln erfolgt auf dem Herstellerabgabepreis inkl. Großhandelszuschlag (= Apothekeneinkaufspreis) auf Ebene der Apotheke ein 3 %-iger Zuschlag sowie eine fixe Pauschale von 8,35 Euro und ein zusätzlicher Betrag von 0,21 Euro zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Auf diesen Netto-Apothekenverkaufspreis wird die MwSt i. H. v. 19 % aufgeschlagen, woraus sich der Brutto-Apothekenverkaufspreis ergibt. Bei Arzneimitteln, die an Patienten der Gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden, wird eine gesetzliche Zuzahlung der Versicherten erhoben (10 % auf den Brutto-Apothekenverkaufspreis, jedoch mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro) und den Kassen ein Apothekenabschlag von 1,77 Euro gewährt. Bei Rezepturen wird auf den Apothekeneinkaufspreis für die Stoffe (Wirkstoff, Grundlage etc.) und die Verpackung ein Festzuschlag von 90 % erhoben. Dazu wird ein Rezepturzuschlag für die Herstellung (für Tees und Lösungen bis 300 Gramm 3,50 Euro, für Salben bis 200 <?page no="23"?> 2 Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen 23 Gramm 6 Euro und für Kapseln bis 12 Stück 8 Euro) und ein Fixentgelt von 8,50 Euro addiert. Auf diesen Netto-Taxpreis wird wiederum die MwSt i. H. v. 19 % aufgeschlagen, sodass sich der Brutto-Taxpreis ergibt. Der GKV-Patient hat hier ebenfalls eine Zuzahlung von 10 % (in den o. g. Grenzen) zu leisten. Zudem erhalten die Gesetzlichen Krankenkassen wiederum einen Apothekenabschlag von 1,77 Euro. Beim Vorliegen von Rabattverträgen zwischen den Krankenkassen und den Arzneimittelherstellern kann es zu Durchbrechungen dieses Preisbildungsschemas kommen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist schließlich, dass der Bewerbung von Arzneimitteln durch die Apotheke enge Grenzen gesetzt sind. So darf die Apotheke nicht für verschreibungspflichtige Arzneimittel werben. Werbung ist hingegen für die Arzneimittel des OTC-Bereichs gestattet. Von besonderer Bedeutung ist die Einbindung der Apotheke in das Gesundheitswesen. Unabhängig davon, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist, bedarf er, um aus der Apotheke verschreibungspflichtige Medikamente zu erhalten, eines Rezepts, das i. d. R. der Arzt ausstellt. D. h., der Arzt ist eine Art Gatekeeper für den Rx-Bereich. Der Apotheker hat in diesem Bereich kaum Möglichkeiten, die Nachfrage selbst zu stimulieren. Die finanzielle Abwicklung verläuft bei einem privat versicherten Patienten aufgrund des Kostenerstattungsprinzips direkt, d. h., das entsprechende Arzneimittel muss vom Patienten i. d. R. sofort bezahlt werden. Das GKV-System basiert hingegen auf dem Sachleistungsprinzip, das freilich verwässert wurde: Der gesetzlich versicherte Patient wird allenfalls mit einer Zuzahlung konfrontiert, insofern er nicht davon befreit ist. Den Großteil des Preises erhält der Apotheker direkt von der Gesetzlichen Krankenkasse. Zum Ende des Jahres 2018 existierten in der Bundesrepublik Deutschland 19.423 öffentliche Apotheken, von denen 14.882 als Hauptbzw. als Einzelapotheke und 4.541 als Filialen geführt wurden (ABDA, 2019). Dabei zeigte sich in den letzten zehn Jahren ein rückläufiger Trend (Anzahl der öffentlichen Apotheken im Jahre 2008: 21.602). Das Gesamtmarktvolumen, das durch öffentliche Apotheken bedient wird, hatte 2018 eine Größenordnung von 50,76 Mrd. Euro netto. Dabei macht der Arzneimittelumsatz am Gesamtumsatz etwa 90 % aus (45,87 Mrd. Euro). Der Rest fällt auf das apothekenübliche Ergänzungssortiment (4,88 Mrd. Euro). Vom Arzneimittelumsatz wird ein Großteil (41,04 Mrd. Euro) mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erzielt. <?page no="24"?> 24 2 Die öffentliche Apotheke und ihre Rahmenbedingungen Abb. 1: Umsatzstruktur öffentlicher Apotheken im Jahre 2018. Quelle: ABDA (2019). Eine zunehmende Veränderung der Vertriebsstruktur tritt durch den Versandhandel auf, der zwar im Rx-Bereich umsatzmäßig bislang etwa 1 % ausmacht, aber im OTC-Bereich bereits 15 % überschritten hat. Dabei verfügen rund 2.900 Apotheken auch über eine Versandhandelserlaubnis und sind sowohl auf dem stationären als auch auf dem Versandhandelssegment präsent. <?page no="25"?> 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke Eine Apotheke ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, das Arzneimittel herstellt, Arzneimittel und apothekenübliche Artikel vertreibt und Beratungsdienstleistungen anbietet. In der Apotheke werden zur Bereitstellung dieses Angebots Produktionsfaktoren verbraucht oder in Anspruch genommen, wofür Kosten anfallen, und durch den Absatz der Produkte und der Erbringung der Leistungen Erlöse erzielt. Ein effizientes Management der Apotheke ist daher auf Informationen der Kostenrechnung angewiesen, die für die Planung, Organisation und Überwachung der Produktionsprozesse sowie für die Kalkulation der einschlägigen Produkte und Leistungen notwendig sind. In diesem Kapitel soll nun das interne vom externen Rechnungswesen der Apotheke anhand der Zwecke und Adressaten abgegrenzt werden. Anschließend werden die Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke beleuchtet. 3.1 Externes und internes Rechnungswesen in der Apotheke Ausgangspunkt der Beschäftigung mit der Kostenrechnung in der Apotheke stellt die Überlegung nach dem Ziel der Informationsübermittlung dar. In Bezug darauf unterscheidet die Literatur traditionell zwischen dem externen und dem internen betriebswirtschaftlichen Rechnungswesen, wobei die Kostenrechnung dem internen Rechnungswesen zugeordnet wird (siehe Abbildung 2). Bei der Unterscheidung zwischen „extern“ und „intern“ werden klassischerweise der Adressatenkreis und die damit verbundenen Aufgaben des jeweiligen Rechnungswesens angesprochen. Im Folgenden werden die beiden Rechnungswesensarten anhand ihrer Aufgaben und Adressaten in der Apotheke voneinander abgegrenzt. <?page no="26"?> 26 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke Abb. 2: Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sigloch, 2011, S. 2. 3.1.1 Externes Rechnungswesen Unter dem externen Rechnungswesen versteht man die nach gesetzlicher Maßgabe zu erstellenden Rechnungen. Das klassische externe Rechnungswesen setzt sich dabei aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen (siehe Abbildung 2): Buchführung Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und ggf. Anhang) Inventar Die Buchführung dient der Erfassung der Geschäftsvorfälle. Dabei unterscheidet man zwischen einfacher Buchführung, bei der nur die zahlungswirksamen Einnahmen und Ausgaben ohne Gegenkonten verbucht werden und die für die Erstellung einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ausreicht, und doppelter Buchführung, bei der bei jedem Geschäftsvorfall mindestens zwei Konten angesprochen werden und die die Voraussetzung für die Erstellung eines Jahresabschlusses darstellt. Das Inventar ist ein vollständiges, detailliertes art-, mengen- und wertmäßiges Verzeichnis aller Vermögensgegenstände und der Schulden (siehe § 240 Abs. 1 HGB), das durch körperliche Bestandsaufnahme (Inventur) erstellt wird. <?page no="27"?> 3.1 Externes und internes Rechnungswesen in der Apotheke 27 Das externe Rechnungswesen richtet sich, wie der Name schon sagt, in der Regel an externe Adressaten - klassischerweise an das Finanzamt. Im Hinblick auf Apotheken können jedoch weitere Adressaten hinzukommen wie beispielsweise die Lieferanten (z. B. der Pharmagroßhandel) und die Kreditgeber usw. (siehe Abbildung 3). Im Folgenden werden die relevanten gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf die möglichen Aufzeichnungspflichten sowie weitere Aufgaben der Finanzbuchhaltung erläutert. Abb. 3: Adressaten des externen Rechnungswesens in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Der Apotheker, der eine Apotheke betreibt, ist Kaufmann im Sinne des § 1 HGB und damit verpflichtet gemäß § 238 HGB Bücher zu führen. Daraus leitet sich auch eine Buchführungspflicht für steuerliche Zwecke gemäß § 140 AO und gemäß § 4 Abs. 1 i. v. m. § 5 EStG die Verpflichtung ab, den Jahresüberschuss mittels eines Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln. Hierbei wird der Jahresüberschuss als Differenz zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelt. Das Betriebsvermögen stellt dabei vereinfacht eine Addition der zum entsprechenden Stichtag im Unternehmen vorhandenen positiven und negativen Wirtschaftsgüter (im Handelsrecht würde hier von Vermögensgegenständen und Schulden gesprochen) dar. Hier erfolgt eine Periodisierung. Die Grundlage für den Betriebsvermögensvergleich liefert die doppelte Buchführung und die Inventur (Bestandsaufnahme des Betriebsvermögens). Eine Ausnahme davon regelt § 241a HGB. So sind Apotheker, die an zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren weniger als 600.000 Euro Umsatz im Wirtschaftsjahr und interne Adressaten Adressaten des externen Rechnungswesens der Apotheke Finanzverwaltung Apotheker Kreditgeber (Banken) externe Adressaten Lieferanten (Pharmagroßhandel, Pharmahersteller etc.) <?page no="28"?> 28 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke weniger als 60.000 Euro Jahresüberschuss im Wirtschaftsjahr erwirtschaften, von der Pflicht zur Buchführung und zur Erstellung eines Inventars befreit. Diese Personengruppe ermittelt den Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) gem. § 4 Abs. 3 EstG: Bei dieser Rechnung wird der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt. Es findet also vereinfacht ein Kassenbestandsvergleich ohne jegliche Periodisierung statt. Als Basis der EÜR reicht eine einfache Buchführung aus. Durchbrochen wird dieses reine Zufluss-Abflussprinzip insbesondere bei den Gütern des Anlagevermögens. So werden die Anschaffungskosten der nicht abnutzbaren Güter des Anlagevermögens erst bei einer Veräußerung oder Entnahme derselben als Betriebsausgaben (und der Veräußerungswert bzw. der Entnahmewert als Betriebseinnahmen) berücksichtigt. Bei abnutzbaren Gütern des Anlagevermögens werden die Anschaffungskosten nicht einmalig als Betriebsausgaben erfasst, sondern in Form von Abschreibungen über die Nutzungsdauer des betreffenden Gutes verteilt. 3.1.2 Internes Rechnungswesen Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen externen Rechnungswesen gibt es auch die freiwillig geführte interne Rechnung. Sie dient primär als internes Informationsinstrument über das, was in der Apotheke geschieht. Das interne Rechnungswesen umfasst die Kosten- und Leistungsrechnung mit ihren jeweiligen Unterarten, die Investitionsrechnung (Analyse der Vorteilhaftigkeit einer Investitionsmöglichkeit) sowie weitere Rechnungen (z. B. Finanzplanung und -rechnung) und diverse Statistiken. Die Kostenrechnung als wesentlicher Teil des internen Rechnungswesens beschäftigt sich mit folgenden Fragen: Welche Kosten fallen in der Apotheke an? (z. B. Personalkosten, Materialkosten) Wo wurden die Kosten in der Apotheke verursacht? (Lager, Verkauf, Zytostatika-Labor) Welche Kosten verursachen die einzelnen Versorgungsleistungen? (Kosten eines Fertigarzneimittels, einer Rezeptur) Im Unterschied zum externen Rechnungswesen befinden sich die Adressaten des internen Rechnungswesens der Apotheke klassischerweise innerhalb des Unternehmens: Es handelt sich dabei in erster Linie um den Apotheker. Zum externen Adressatenkreis können neben Banken Fördermittelgeber (öffentliche Hand etc.) treten (siehe Abbildung 4). Dieser externe Adressatenkreis benötigt unter Umständen detaillierte Informationen über die Kosten, um zielgerechte Entscheidungen bei der Vergabe von Krediten treffen zu können oder um Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen. <?page no="29"?> 3.2 Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke 29 Abb. 4: Adressaten des internen Rechnungswesens der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Apotheken keine strikte Trennung in extern und intern in Bezug auf den Adressatenkreis des Rechnungswesens besteht: Sowohl das externe als auch das interne Rechnungswesen produziert Daten, die für die interne Nutzung sowie auch für Außenstehende von Relevanz sein können. In der Praxis existieren erhebliche Unterschiede zwischen externem und internem Rechnungswesen, die insbesondere aus der Nutzung und Weitergabe der Informationen durch den Apotheker resultieren. Eine detailliertere Informationsaufbereitung erfolgt bei den internen Rechenwerken, sodass eine geeignete Grundlage für die Entscheidungen des Apothekenmanagements vorliegt. Somit stellt das interne Rechnungswesen viel detailliertere Informationen als das externe Rechnungswesen bereit. Darüber hinaus ist auf die große Methodenvielfalt beim internen Rechnungswesen hinzuweisen, die auf die hier nicht vorhandenen gesetzlichen Vorschriften zurückzuführen ist (Rautenberg, 2000, S. 25). 3.2 Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke Einer Beschäftigung mit der Kostenrechnung sollten Überlegungen über deren Bedeutung für eine Apotheke vorangehen: Der grundlegende Mehrwert der Kostenrechnung für eine Apotheke ergibt sich daraus, dass sie die Buchhaltung in Bezug auf das Ausmaß der bereitgestellten Informationen ergänzt: So weist die Buchhaltung am Ende einer Periode nur die Höhe des Gewinns bzw. Verlustes auf, sagt aber nichts darüber, durch welche konkreten Sach- Adressaten des internen Rechnungswesens der Apotheke Fördermittelgeber Banken interne Adressaten externe Adressaten Apotheker <?page no="30"?> 30 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke verhalte das Ergebnis zustande gekommen ist. Diese Informationen sind jedoch von entscheidender Bedeutung, um die Einflussfaktoren des Ergebnisses detailliert zu analysieren. Mit der Bereitstellung detaillierter Daten erfüllt die Kostenrechnung folgende Funktionen in einer Apotheke: Planungsbzw. Lenkungsfunktion, Kontrollfunktion, Motivationsfunktion, Legitimations-/ Kommunikationsfunktion und Dokumentationsfunktion (siehe Abbildung 5). Im Folgenden werden diese Funktionen der Kostenrechnung kurz erläutert. Abb. 5: Funktionen der Kostenrechnung in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. [1] Lenkungs-/ Planungsfunktion Die im Rahmen der Kostenrechnung erfassten Informationen stellen die Grundlage der Planungs- und Entscheidungsaufgabe der Apothekenführung dar. Dabei soll die Kostenrechnung durch ihre Informationen den Apotheker in die Lage versetzen, die Geschäftsprozesse in der Apotheke entscheidungsorientiert und zielentsprechend zu steuern. Besonders wichtig sind kostenrechnerische Kalkulationsdaten für die operative und strategische Entscheidungsfindung im Sortiment der Apotheke. [2] Kontrollfunktion Im Allgemeinen dient die Kostenrechnung dem Apotheker zur Wirtschaftlichkeitskontrolle. Die Kontrollfunktion der Kostenrechnung bezieht sich auf vergangene Ereignisse. Demnach werden Kostenrechnungsdaten regelmäßig benötigt (z. B. quartalsweise), um Plan- und Soll-Werte im Rahmen einer Abweichungsanalyse zu vergleichen. Diese Analyse liefert wichtige Auskünfte beispielsweise über den tatsächlichen Ressourcenverbrauch, über den Zielerreichungsgrad (Effektivität) und über die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung in der Apotheke (Effizienz). Auf Basis der Abweichungsanalyse sollen auch die Planungswerte für die nächsten Perioden verbessert werden. <?page no="31"?> 3.3 Zusammenfassung des Kapitels 31 [3] Motivationsfunktion Dadurch, dass die Kostenrechnung mit Hilfe der errechneten Zahlenwerke die Ursachenanalyse betreiben soll, können daraus bestimmte Verhaltensänderungen der Apothekenführung und -mitarbeiter ausgelöst werden. Demnach kann Kostenrechnung auch als Motivationsinstrument zur Verbesserung des Verhaltens oder zur Setzung von Anreizen eingesetzt werden. [4] Legitimations- und Kommunikationsfunktion Weiterhin kann der Apotheker Kosteninformationen dazu nutzen, um eigene Entscheidungen und Handlungen zu legitimieren, die möglichen relevanten Anspruchsgruppen über die wirtschaftliche Situation der Apotheke zu informieren oder diese in der Richtigkeit einer Entscheidung zu überzeugen. Insbesondere bei den von vornherein „unpopulären“ Entscheidungen wie Einsparmaßnahmen können entsprechende kostenrechnerische Informationen helfen, Mitarbeiter von der Notwendigkeit dieser Schritte zu überzeugen. [5] Dokumentationsfunktion Schließlich dienen die Daten aus der Kostenrechnung der Dokumentation der Kosten und deren Zuordnung zu Bezugsobjekten. Die Dokumentation der Kostenrechnungsdaten liefert ein wertmäßiges Abbild des Geschehens in der gesamten Apotheke. Dabei stellt diese Funktion eine wichtige Voraussetzung dar, damit die Kostenrechnung die anderen, oben aufgeführten Funktionen erfüllen kann. Darüber hinaus stellt die Kostenrechnung Informationen für externe Dokumentationen (z. B. Kosten- und Wirtschaftlichkeitsinformationen bei Beantragung eines Kredits) bereit. 3.3 Zusammenfassung des Kapitels Apotheken sind private Forprofit-Betriebe, die Arzneimittel herstellen, verkaufen und den Patienten beraten. Das Rechnungswesen der Apotheke nimmt eine betriebliche Querschnittsfunktion ein: Mit seinen Methoden und Verfahren erfasst und überwacht es das betriebliche Geschehen. Dabei kann das Rechnungswesen in ein internes und ein externes Rechnungswesen gegliedert werden. Das externe Rechnungswesen stellt die nach gesetzlicher Maßgabe zu erstellenden Rechnungen dar und besteht in der Apotheke i. d. R. aus einer Buchführung mit Jahresabschluss und Inventar. Neben dem externen Rechnungswesen gibt es das interne Rechnungswesen, das freiwillig durchgeführt wird. Dieses dient primär als internes Informationsinstrument <?page no="32"?> 32 3 Rechnungswesen in der öffentlichen Apotheke und überwacht die Geschäftsprozesse der Apotheke. Das interne Rechnungswesen umfasst dabei die Kosten- und Leistungsrechnung mit ihren jeweiligen Unterarten, die Investitionsrechnung (Analyse der Vorteilhaftigkeit einer Investitionsmöglichkeit), weitere Rechnungen (z. B. Finanzplanung und -rechnung) sowie diverse Statistiken. Ein wesentlicher Teil des internen Rechnungswesens ist die Kostenrechnung. Sie dient der Planung, Organisation und Kontrolle des wirtschaftlichen Geschehens in der Apotheke. Darüber hinaus erfüllt sie eine Motivations- und Dokumentationsfunktion und kann zur Kommunikation sowie Legitimation von Entscheidungen eingesetzt werden. Kontrollfragen Kann eine Apotheke als Betrieb bezeichnet werden? Begründen Sie Ihre Antwort! Durch welche Merkmale zeichnet sich das Angebot der Apotheke aus? Grenzen Sie das externe Rechnungswesen vom internen Rechnungswesen ab! Aus welchen Bestandteilen setzt sich das externe Rechnungswesen zusammen? Welche Funktionen erfüllt das externe Rechnungswesen in einer Apotheke? Aus welchen Bestandteilen setzt sich das interne Rechnungswesen zusammen? An wen richtet sich das interne Rechnungswesen überwiegend? Welche Funktionen erfüllt die Kostenrechnung in einer Apotheke? Literaturempfehlungen Zum Rechnungswesen allgemein: Jung, H. (2016). Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (13. Aufl.). München: Oldenbourg. Schierenbeck, H. & Wöhle, C. B. (2016). Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre (19. Aufl.). Berlin/ Boston: De Gruyter Oldenbourg. Insb. Kapitel 7. <?page no="33"?> 4 Grundlagen der Kostenrechnung Nachdem die Funktionen und Adressaten der Kostenrechnung in der Apotheke dargestellt wurden, soll in weiteren Kapiteln der Einsatz der allgemeinen Kostenrechnung unter der Berücksichtigung der Besonderheiten der Apotheke erläutert werden. Zu diesem Zweck finden in diesem Kapitel zunächst definitorische und theoretische Grundlagen der Kostenrechnung Berücksichtigung. 4.1 Begriff und Merkmale der Kostenrechnung Unter dem Begriff „Kostenrechnung“ soll im weiteren Verlauf dieses Lehrbuches folgendes verstanden werden: Die Kostenrechnung ist Teil des internen Rechnungswesens einer Apotheke. Sie erfasst mengen- und wertmäßig den Verzehr bzw. die Inanspruchnahme von Produktionsfaktoren im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung sowie die damit gekoppelte Leistungsverwertung (in Anlehnung an Olfert, 2018, S. 73). Es gilt dabei zu beachten, dass sich die Kostenrechnung durch folgende Merkmale auszeichnet (in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 25f.): Die Kostenrechnung erfolgt immer kalkulatorisch, d. h., sie basiert nicht auf Zahlungsmittelbewegungen, sondern auf Realgüterbewegungen. In der Kostenrechnung werden demnach kein Aufwand und keine Erträge wie in der Buchhaltung, sondern Kosten und Leistungen erfasst. Demnach will die Kostenrechnung möglichst realitätsgetreue Informationen bereitstellen. Die Kostenrechnung erfolgt überwiegend kurzfristig, d. h., sie nimmt Berechnungen in einem Zeithorizont bis zu einem Jahr vor. Die kostenrechnerischen Informationen dienen dabei als Grundlage für operative Entscheidungen. Die Kostenrechnung ist eine Erfolgsrechnung, d. h., die Ermittlung des Erfolges (Gewinn oder Verlust) steht immer am Ende einer Berechnungsperiode. Dafür werden die Kosten für eine Periode den entsprechenden Erlösen in dieser Periode gegenübergestellt. Die Kostenrechnung erfolgt laufend, d. h., sie wird in regelmäßigen Abständen zu einem fixen Termin immer wieder neu erstellt und nicht fallweise, wie dies beispielsweise bei der Investitionsrechnung der Fall ist. Die Kostenrechnung ist an keine gesetzlichen Normen gebunden. <?page no="34"?> 34 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung Im Rahmen der Kostenrechnung wird ein spezifisches Fachvokabular verwendet, das in diesem Kapitel an apothekenbezogenen Beispielen ausführlich erläutert wird. Hierfür findet eine Abgrenzung der zentralen Begriffe der Buchführung (Aufwand und Ertrag) und der Kostenrechnung (Kosten und Leistungen) statt. Ergänzend dazu wird auf deren jeweilige Ausprägungen eingegangen. 4.2.1 Aufwand und Ertrag Zunächst ist eine wichtige Unterscheidung zwischen den Begriffen „Aufwand“ und „Ertrag“ zu treffen. Beide Termini implizieren die Zunahme oder Reduzierung des Gesamtvermögens einer Apotheke in einer bestimmten Periode. Sind die Erträge höher als die Aufwendungen, bezeichnet man die Differenz aus den beiden zeitraumbezogenen Größen als Gewinn. Im umgekehrten Fall wird sie als Verlust bezeichnet (Coenenberg et al., 2016, S. 20f.): Ertrag Aufwand = Gewinn (+)/ Verlust ( ) Der jeweils zu Periodenende ermittelte Gewinn bzw. Verlust ändert dabei (im positiven oder negativen Sinn) das bilanziell erfasste Eigenkapital (= Reinvermögen) (ebd.). 4.2.2 Kosten und Leistungen Die Kostentheorie unterscheidet grundsätzlich zwischen dem pagatorischen und dem wertmäßigen Kostenbegriff, wobei sich im Rahmen der Kostenrechnung im Laufe der Zeit der wertmäßige Kostenbegriff gegen den pagatorischen Kostenbegriff durchgesetzt hat (Coenenberg et al., 2016, S. 25). Wenn nach der pagatorischen Begriffsfassung Kosten nur zahlungswirksame sachzielorientierte Güterverbräuche darstellen, werden Kosten bei der wertmäßigen Begriffsfassung als „[…] der bewertete Verbrauch von Produktionsfaktoren zur Erstellung und zum Absatz der betrieblichen Leistung und zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft“ definiert (Scherrer, 2005, S. 672). Demnach bezieht sich der wertmäßige Kostenbegriff im Unterschied zum Aufwand nur auf das betriebsnotwendige Vermögen und zeichnet sich durch die folgenden drei Merkmale aus (Steger, 2010, S. 21): <?page no="35"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 35 Güterverbrauch Es liegt ein Güterbzw. Leistungsverbrauch vor. Leistungsbezogenheit Der Güterbzw. Leistungsverbrauch ist sachzielbezogen (betriebsbedingt). Bewertung Es erfolgt eine Bewertung der Verbrauchsmengen. Tab. 1: Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Steger, 2010, S. 21. Leistungen stehen dabei den Kosten gegenüber und sind das Ergebnis der betrieblichen Faktorkombination (Olfert, 2018, S. 43f.). Der Begriff „Leistungen“ stellt einen traditionellen Begriff der Kostenrechnung dar, wobei in den letzten Jahren stattdessen vermehrt der Begriff „Erlöse“ verwendet wird (Weber & Weißenbergen, 2015, S. 43). Die Differenz aus Leistungen bzw. Erlösen und Kosten ergibt das Betriebsergebnis. Leistungen Kosten = Betriebsergebnis Aus den Geltungsbereichen bzw. Definitionen der beiden Begriffspaare „Kosten und Leistungen“ sowie „Ertrag und Aufwand“ ergeben sich Überschneidungen bzw. Unterschiede. Der Aufwand-Kosten-Komplex soll mit Hilfe von Abbildung 6 charakterisiert werden. Im Folgenden werden die einzelnen Bestandteile des Aufwand-Kosten-Komplexes definiert und an apothekenspezifischen Beispielen erläutert. Abb. 6: Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 25. Aufwand (Verminderung des Reinvermögens) Kosten (Verminderung des Betriebsergebnisses) neutraler Aufwand Zweckaufwand (betriebstypischer, perioden-bezogener, ordentlicher Aufwand) Grundkosten (aufwandsgleiche Kosten) betriebsfremd außerordentlich periodenfremd kalkulatorische Kosten Anderskosten Zusatzkosten <?page no="36"?> 36 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.2.3 Neutraler Aufwand Als neutralen Aufwand bezeichnet man grundsätzlich solche Aufwendungen, bei denen ein Leistungsbezug fehlt und die daher keinen Kostencharakter haben (in Anlehnung an Scherrer et. al., 2005, S. 674). Aus kostenrechnerischer Sicht ergibt es keinen Sinn, solche Aufwendungen in die laufende Kalkulation mit einzubeziehen, weil dadurch Verzerrungen in den zu ermittelnden Zahlen entstehen. Der Bereich des neutralen Aufwandes besteht dabei aus betriebsfremdem Aufwand, außerordentlichem Aufwand und periodenfremdem Aufwand (siehe Abbildung 6). Betriebsfremder Aufwand umfasst solche Aufwendungen, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit den apothekentypischen Tätigkeiten stehen und deshalb nicht zugleich Kosten sind. Hierbei handelt es sich also um erfolgswirksame Geschäftsvorfälle, die nicht der eigentlichen Apothekentätigkeit entsprechen. Betriebsfremder Aufwand sind beispielsweise Verluste aus Geschäften mit Wertpapieren, die im Betriebsvermögen gehalten werden. Der nächste Bereich des neutralen Aufwandes ist der außerordentliche Aufwand. Dieser umfasst solche Aufwendungen, die zwar dem Apothekenzweck direkt zugeordnet werden können, aber hinsichtlich der Art außerordentlich sind. Dieser Fall liegt vor, wenn in der Apotheke etwas nicht geplant bzw. durch einen Zufall bedingt passiert (z. B. es entsteht ein Schaden oder Defekt). Demgemäß werden außerordentliche Aufwendungen beispielsweise für die Reparatur des Kommissionierautomaten oder der defekten Heizanlage in der Apotheke getätigt. Weiterhin zählen solche Geschäftsvorfälle zum neutralen Aufwand, die früheren Wirtschaftsperioden zuzurechnen sind. Diese werden als periodenfremde Aufwendungen bezeichnet. Zu den periodenfremden Aufwendungen zählen beispielsweise Nachzahlungen für die Berufsgenossenschaft für das vergangene Wirtschaftsjahr oder Nachzahlungen für die Nebenkosten aus der Anmietung der Geschäftsräume aus dem vergangenen Jahr. 4.2.4 Zweckaufwand und Grundkosten Wenn Kosten in ihrer Höhe den Aufwendungen entsprechen, kann von Grundkosten und Zweckaufwand (betriebstypischer, periodenbezogener, ordentlicher Aufwand) gesprochen werden (Scherrer, 2005, S. 674f.). In diesem Überschneidungsbereich findet man den im unmittelbaren Zusammenhang mit dem apothekentypischen Sachziel stehenden, jeweils auf den gleichen Betrag lautenden, bewerteten Güterverzehr. Wenn der Zweckaufwand den Grundkosten entspricht, stimmt das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Ergebnis der Kosten- und Leistungsrechnung überein. Zweck- <?page no="37"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 37 aufwand bzw. Grundkosten sind beispielsweise Aufwendungen für das Personal, der Wareneinsatz, der Beitrag für die Apothekerkammer und die Aufwendungen für Strom und Wasser in der Apotheke. 4.2.5 Kalkulatorische Kosten Neben den bereits erläuterten Bestandteilen des Aufwand-Kosten-Komplexes gibt es zudem den Bereich der kalkulatorischen Kosten. Unter diesem Begriff fasst man die sogenannten Zusatzkosten und Anderskosten zusammen (Eisele & Knobloch, 2019, S. 868). Die Zusatzkosten entstehen zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zweck der Apotheke, aber ihnen steht kein Aufwand gegenüber. Dazu zählen kalkulatorische Miete (= Opportunitätskosten für die betriebliche Nutzung von Sachressourcen, die im eigenen Besitz sind bzw. zur Nutzung kostenfrei überlassen wurden) und kalkulatorische Löhne (= Opportunitätskosten für die Nutzung von Personalressourcen). Den Anderskosten kann dagegen ein Aufwand zugeordnet werden, aber in einer anderen (geringeren oder größeren) Höhe. Die Anderskosten umfassen demnach kalkulatorische Abschreibungen (= Kalkulation des Substanzverzehrs zu Wiederbeschaffungskosten), kalkulatorische Wagniskosten (= Kalkulation nicht fremdversicherter Schadensfälle aus Einzelrisiken) und kalkulatorische Zinsen (= Kalkulation der marktüblichen und risikoadäquaten Kapitalverzinsung für das betriebsnotwendige Kapital). Die kalkulatorischen Zinsen können je nach ihrer Art zu den Zusatzkosten oder den Anderskosten gehören. So sind kalkulatorische Zinsen auf das eigenfinanzierte sachzielbezogene Vermögen zu den Zusatzkosten zu zählen, da ihnen in der Buchführung kein Aufwand zugeordnet werden kann. Kalkulatorische Kapitalzinsen auf das fremdfinanzierte sachzielbezogene Vermögen stellen Grundkosten dar, wenn sie aufwandsgleich anfallen. Wenn aber zur Vereinfachung der Kostenrechnung mit konstanten, normalisierten Fremdkapitalkostensätzen gerechnet wird, stellen sie Anderskosten dar. Dies ergibt dann Kosten, die sich von den faktischen Zinszahlungen unterscheiden (Coenenberg et al., 2016, S. 99). Die gesamte Systematik der kalkulatorischen Kosten wird in Abbildung 7 dargestellt. <?page no="38"?> 38 4 Grundlagen der Kostenrechnung Abb. 7: Arten von kalkulatorischen Kosten. Quelle: Eigene Darstellung. Nachdem der Kosten-Aufwand-Komplex und seine Bestandteile erläutert wurden, wird im Folgenden der Leistungs-Ertrags-Komplex dargestellt. Gemäß Abbildung 8 werden die einzelnen Bestandteile dieses Komplexes definiert und an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Abb. 8: Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 25. 4.2.6 Neutraler Ertrag Ein wichtiger Begriff im Rechnungswesen ist der sogenannte neutrale Ertrag. Diesem steht grundsätzlich keine Leistung bzw. kein Erlös gegenüber (Olfert, 2018, S. 42). Dabei werden drei Arten von neutralen Erträgen unterschieden. kalkulatorische Kosten Zusatzkosten Anderskosten kalkulatorische Miete kalkulatorischer Lohn kalk. Zinsen (auf Eigenkapital) kalkulatorische Abschreibungen kalkulatorische Wagniskosten kalk. Zinsen* (auf Fremdkapital) * Soweit mit konstanten, normalisierten Fremdkapitalkostensätzen gerechnet wird <?page no="39"?> 4.2 Grundbegriffe der Kostenrechnung 39 Zunächst gibt es den Bereich des betriebsfremden Ertrags. Dieser steht für einen bewerteten Güterzuwachs, der nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zweck der Apotheke steht. Aus Sicht einer Apotheke können erhaltene Mietzinsen als betriebsfremde Erträge definiert werden (z. B. für die Vermietung einer nicht genutzten Räumlichkeit der Apotheke oder eines Stellplatzes auf dem apothekeneigenen Grundstück). Die zweite Art umfasst außerordentliche Erträge. Diese stehen zwar im Zusammenhang mit dem Zweck der Apotheke, fallen aber unregelmäßig oder vereinzelt an. Ein außerordentlicher Ertrag ist beispielsweise ein einmaliger Ertrag aus der Veräußerung des bereits vollständig abgeschriebenen Kassensystems oder des bereits vollständig abgeschriebenen vollautomatischen Kapselfüllers. In der tradierten Kostenrechnung für erwerbswirtschaftliche Unternehmungen werden auch solche Sonderposten wie Spenden und Schenkungen als außerordentliche Erträge erfasst. Die dritte Art der neutralen Erträge sind periodenfremde Erträge. Diese entstehen durch die Leistungserstellung und Leistungsverwertung in der Apotheke, erfolgen aber in einer späteren Periode. Demgemäß sind beispielsweise Rückerstattungen für die Kfz-Steuer aus dem vergangenen Jahr als periodenfremder Ertrag zu bezeichnen. 4.2.7 Zweckertrag und Grundleistungen Der Zweckertrag stellt denjenigen Güterzuwachs dar, der der Grundleistung entspricht und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem primären Sachziel der Apotheke steht. Daraus ableitend bezeichnet man als Grundleistung solche Erlöse, die gleich dem Zweckertrag sind (Weber & Weißenberger, 2015, S. 45). Zum Zweckertrag bzw. zur Grundleistung zählen beispielsweise Einnahmen von Privatpatienten für abgegebene Medikamente, Einnahmen aus der Veräußerung von OTC-Präparaten oder auch Einnahmen von der GKV für an GKV-Patienten abgegebene Medikamente. 4.2.8 Kalkulatorische Leistungen Leistungen, denen keine Erträge (= sogenannte Zusatzleistungen) oder Erträge in anderer Höhe gegenüberstehen (= sogenannte Andersleistungen), werden als kalkulatorische Leistungen bzw. Erlöse bezeichnet (Weber & Weißenberger, 2015, S. 45). Kalkulatorische Leistungen entstehen beispielsweise dann, wenn der Apotheker OTC-Präparate an Bedürftige abgibt, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen, sich die Apotheke im Wohnhaus des Apothekers befindet, für die der Apotheker somit keine echte Miete bezahlt. <?page no="40"?> 40 4 Grundlagen der Kostenrechnung Aufgabe: Abgrenzung der verschiedenen Aufwands-/ Kosten- und Ertrags-/ Leistungskategorien in der Apotheke Im letzten Jahr gab es in der Musterapotheke einige Geschäftsvorfälle, die in der unteren Tabelle aufgelistet sind. Ordnen Sie die Geschäftsvorfälle ein, indem Sie sie den verschiedenen Kostenbzw. Leistungskategorien zuordnen. Begründen Sie Ihre Angaben! Sachverhalt Kategorie Gegen Barzahlung wird ein automatischer Vollmetall-Kapselfüller für 2.600 Euro netto gekauft. Das komplett abgeschriebene Faxgerät wird für 200 Euro verkauft. Im laufenden Monat werden 40.000 Euro (nach Abzug der MwSt.) von Privatpatienten für Medikamente vereinnahmt. Für die Berufsgenossenschaft müssen Beiträge in Höhe von 230 Euro für das vergangene Jahr nachgezahlt werden. Die Kosten für Renovierungsarbeiten in der Offizin belaufen sich auf 900 Euro. Die Stromrechnung beträgt 300 Euro. Es fallen Aufwendungen für eine Rechtsberatung in Höhe von 750 Euro an. Ein zufriedener Patient macht der Apotheke ein Geldgeschenk von 500 Euro. Der Warmwasserboiler der Heizanlage der Apotheke birst und muss ausgetauscht werden. Die Reparaturkosten belaufen sich auf 2.300 Euro. Die Apotheke führt für das ortsansässige Altherren-Fußballteam kostenlos Blutzuckertests durch. Der Landwirt, der das hinter der Apotheke, aber zum Betriebsvermögen gehörende Grundstück mäht, erhält 300 Euro aus der Apothekenkasse. Legende: (a) betr.-fremd. Aufw.; (b) a. o. Aufw.; (c) periodenfr. Aufw.; (d) Zweckaufw.; (e) kalk. Kosten; (f) betr.-fremd. Ertr.; (g) a. o. Ertr.; (h) periodenfr. Ertr.; (i) Zweckertr.; (j) kalk. Ertr. <?page no="41"?> 4.3 Gliederung der Kosten 41 4.3 Gliederung der Kosten Die Durchführung der Kostenrechnung in der Apotheke erfordert eine detaillierte Gliederung der Kosten nach mehreren Merkmalen. Neben dem Zeitbezug der Kosten (Ist-, Normal- und Plank Kapitel 4.8.1) und dem Ausmaß der Kostenverrechnung (Voll- Kapitel 4.8.2) unterscheidet man zwei weitere wesentliche Gliederungsarten (Scherrer, 2005, S. 676): In Bezug auf die Verrechenbarkeit der Kosten auf einen Träger (z. B. einzelnes Medikament wie etwa eine N1-Packung Aspirin) wird zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten unterschieden. In Abhängigkeit der Kosten von der „Beschäftigung“ können Kosten in ihre fixen und variablen Anteile (fixe und variable Kosten) aufgeteilt werden. Im Folgenden werden diese beiden Gliederungsarten sowie deren Zusammenhänge an apothekenbezogenen Beispielen erläutert. 4.3.1 Einzelkosten und Gemeinkosten Diejenigen Kosten, die einem Kostenträger - in der Apotheke ist das in der Regel ein bestimmtes Medikament oder eine Rezeptur (zum Begriff „Kosten- 5.3.1) - zugerechnet werden können, werden als Einzelkosten bezeichnet. Hierunter fallen beispielsweise Einstandspreise für die Fertigarzneimittel oder für die Wirkstoffe usw. Einzelkosten können also direkt einem bestimmten Kostenträger in der Apotheke zugeordnet werden. Umgekehrt stellen Gemeinkosten solche Kosten dar, die sich nicht direkt einem Kostenträger, also einem bestimmten Produkt, zuordnen lassen. Beispielsweise stellen die Verwaltungskosten (Kosten für Kommunikation, Büroausstattung und Büromaterial, Kontoführungsgebühren, Raummiete), die Personalkosten, Abschreibungen für technische Geräte sowie die Kosten der Rechts- und Steuerberatung die typischen Gemeinkosten in einer Apotheke dar. Darüber hinaus gibt es die sogenannten unechten Gemeinkosten. Diese könnten zwar einem bestimmten Produkt oder einem anderen Kostenträger wie etwa dem Kunden zugeordnet werden, aber aus Wirtschaftlichkeitsgründen werden sie gemeinsam für mehrere Bezugsobjekte erfasst. Beispielsweise könnte der Stromverbrauch für den Kommissionierautomaten nach jedem Kommissioniervorgang durch Ablesen des Stromzählers erfasst werden, um auf diese Weise die exakte Höhe der Stromkosten zu ermitteln. Diese Vor- <?page no="42"?> 42 4 Grundlagen der Kostenrechnung gehensweise erscheint jedoch aus praktischer Sicht sehr aufwendig, sodass Stromkosten als Gemeinkosten erfasst werden. Ein anderes Beispiel wären die Kosten für die Apotheken Umschau, die von den Kunden kostenlos mitgenommen werden kann. Aufgabe: Einteilung der Kosten nach ihrer Zurechenbarkeit Der Apotheker der Bären-Apotheke hat in der letzten Periode einige Belege erhalten. Nun möchte er diese in Einzel- und Gemeinkosten einordnen. Helfen Sie ihm dabei! Als Kostenträger mögen die einzelnen Fertigarzneimittel gelten. 4.3.2 Variable und fixe Kosten In vielen Apotheken machen die sogenannten fixen Kosten, die oftmals auch als Bereitschaftskosten bezeichnet werden, einen umfangreichen Kostenblock aus. Diese fallen definitionsgemäß immer konstant in gleicher Höhe an - unabhängig von der Anzahl der abverkauften Fertigarzneimittel oder der produzierten Rezepturen und der damit einhergehenden Auslastung der Apotheke. Demnach existieren diese Kosten in jedem Fall, egal ob keine, sechstausend oder fünfzehntausend Arzneimittel-Packungen pro Monat verkauft werden. In einer Apotheke werden beispielsweise die Gehälter der Kostenart/ Bezugsgröße Einzelkosten (EK)/ Gemeinkosten (GK) Kontoführungsgebühren bei der Sparkassenfiliale Gehalt für eine pharmazeutisch-technische Assistentin Kosten für ein neues Apotheken-A Beschaffungskosten für Fertigarzneimittel Kalkulatorischer Lohn des Apothekers Umsatzbonus für Apothekenmitarbeiter Kosten für die Beschaffung der Apotheken Umschau Fahrtkosten für das Ausfahren von Arzneimitteln <?page no="43"?> 4.3 Gliederung der Kosten 43 PTAs, die Miete für die Räume sowie die monatlichen Gebühren für den Internetbzw. Telefonanschluss zu den fixen Kosten gezählt. In der Regel stellen fixe Kosten Gemeinkosten im Sinne der nicht gegebenen Zurechenbarkeit dar. Variable Kosten sind dagegen solche Kosten, die sich bei der Änderung der Beschäftigung auch ändern (Scherrer, 2005, S. 678). Oft stellen variable Kosten gleichzeitig Einzelkosten dar, denn wenn eine Arzneimittelpackung nicht verkauft oder eine Rezeptur nicht hergestellt wird, werden beispielsweise auch solche Produktionsfaktoren wie Materialien nicht gebraucht. Trotzdem existieren auch solche variablen Kosten, die sich nicht den Einzelkosten im Sinne der Zurechenbarkeit auf die einzelnen Kostenträger/ Leistungen zuordnen lassen. So gibt es bestimmte Kostenarten, die mit steigender Ausbringungsmenge „automatisch“ mitsteigen, aber trotzdem schwerlich einer einzelnen Leistung zugerechnet werden können. Beispielsweise werden bei einer zunehmenden Kundenfrequenz in einer mit einem Kommissionierautomaten ausgestatteten Apotheke auch die Stromkosten ansteigen. Dieser zusätzliche Produktionsfaktorenverbrauch kann jedoch aufgrund des dortigen Absatzes von unterschiedlichen Produkten kaum einem Produkt direkt zugerechnet werden, sodass die entstehenden Kosten eigentlich variabel sind, aber trotzdem als Gemeinkosten behandelt werden müssen (siehe auch „un- Kapitel 4.3.1). In Abbildung 9 wird der Zusammenhang zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten dargestellt. Abb. 9: Verhältnis zwischen Einzelu. Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 58. <?page no="44"?> 44 4 Grundlagen der Kostenrechnung Zur Differenzierung der Kosten nach variablen und fixen Anteilen, was insbesondere als Grundlage für die Teilkostenrechnung eine große Rolle spielt, können grundsätzlich unterschiedliche Methoden angewandt werden (siehe hierzu Horsch, 2020, S. 193ff.). Die einfachste und am meisten verbreitete ist die buchtechnische Methode, bei der Kosten einzelner Kostenarten auf Grundlage von Erfahrungswerten analysiert und als fix oder variabel eingestuft werden. Hierbei ist die Frage entscheidend, inwieweit sich die Kosten verringern, wenn die Produktion von Rezepturen bzw. der Abverkauf von Fertigarzneimitteln erhöht oder reduziert wird. Die Kostenänderung entspricht den variablen Kosten, die sich aufgrund der Beschäftigungsänderung ebenso erhöhen bzw. reduzieren. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Bezeichnung bzw. die Art der Kosten nicht immer aussagen, ob Kosten variabel oder fix sind. So können Stromkosten sowohl variabel (für die Inbetriebnahme des vollautomatischen Kapselfüllers) als auch fix (in der Verwaltung) sein (in Anlehnung an Berndt et al., 2015, S. 48). Darüber hinaus können die variablen und fixen Kostenanteile nicht immer eindeutig voneinander getrennt werden - dies sind die sogenannten „Mischkosten“ (Olfert, 2018, S. 68f.). Beispielsweise beinhalten oft Strom- oder Telefonkosten eine Grundgebühr (beschäftigungsunabhängig) und mengenabhängige Anteile (beschäftigungsabhängig). Bei den nicht eindeutigen Sachverhalten müssen Annahmen über den Kostenverlauf getroffen werden, indem eine Kostenfunktion aufgestellt wird Kapitel 4.4). Hierfür stehen die Methoden der mathematischen und statistischen Kostenspaltung zur Verfügung, die im Folgenden kurz erläutert werden. Abb. 10: Kostenauflösung nach dem mathematischen (l.) und statistischen (r.) Verfahren. Quelle: Joos-Sachse, 2014, S. 227ff. a K x x x x x x x x x x x K fix K K fix x K K x x <?page no="45"?> 4.3 Gliederung der Kosten 45 Bei der mathematischen Kostenspaltung, auch Zweipunktmethode und Hoch-Tief-Punkt-Methode genannt, wird die Kostenfunktion mit Hilfe zweier Wertepaare (jeweils bestehend aus dem Beschäftigungsgrad und den dazugehörigen Gesamtkosten) festgelegt. Dabei wird ein linearer Kostenverlauf angenommen. Betrachtet man die graphische Abbildung der mathematischen Kostenspaltung (siehe Abbildung 10, links), so gilt der Schnittpunkt mit der Ordinate, die der Kostenachse entspricht, als Höhe des fixen Bestandteils der relevanten Kosten. Der variable Kostenbestandteil beginnt, der Kostenfunktion folgend, auch in diesem Schnittpunkt. Auf Basis der ermittelten Steigung von a kann der variable Kostenanteil pro Leistungseinheit kalkuliert werden (Wöhe et al., 2016, S. 852f.). Bei der statistischen Kostenspaltung (auch Methode der kleinsten Quadrate bzw. Regressionsanalyse genannt) müssen zuerst mehrere Beschäftigungs- Gesamtkosten-Wertepaare vorhanden sein. Diese ergeben sich aus den entsprechenden Dokumentationen der Kosten und der Beschäftigung in den relevanten Perioden. Daran schließt sich zunächst eine statistische Analyse an, deren Ziel darin besteht, eine Regressionsgerade zu berechnen. Bei dieser Gerade ist die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen ihr und den Kostenwerten am kleinsten (siehe Abbildung 10, rechts) (Steger, 2010, S. 385ff.). Genauso wie in der mathematischen Ermittlung wird mit der sich ergebenden Regressionsgerade verfahren: Es wird eine Steigung a berechnet, die die Höhe der variablen Kosten angibt. Das Verfahren der statistischen Kostenspaltung kommt allerdings in der Praxis nur selten zur Anwendung. Aufgabe: Fixe und variable Kosten in der Adler-Apotheke Die Adler-Apotheke hat die Arzneimittelversorgung des nahegelegenen Altenheims Abendrot übernommen. Hierzu wurde ein spezieller Raum eingerichtet, um eine patientenindividuelle Arzneimittelverblisterung durchführen zu können. Dabei wurde zum Befüllen von Becherblistern eine Blistermaschine eines niederländischen Herstellers beschafft. Nun wird nach den Kosten gesucht, die sich durch die Anzahl der hergestellten Becherblister ändern. Unterscheiden Sie in der nachstehenden Tabelle zwischen fixen und variablen Kosten. <?page no="46"?> 46 4 Grundlagen der Kostenrechnung Kostenart/ Bezugsgröße Kosten der Verblisterung: fix/ variabel Stromkosten inkl. Grundgebühr (Verwaltung) Gehalt der für das Blistern zuständigen Fachkraft Gehalt der die vorbereitenden Blistertätigkeiten (z. B. das initiale Entblistern vor dem Befüllen der Maschine) ausführenden Kraft Einstandspreise der umzublisternden Fertigarzneimittel Miete für die Apothekenräume Beschaffungskosten der Becherblister Kosten für Reinigung des Blisterraumes Abschreibungen für das Blistergerät Stromkosten (Blisterraum) 4.4 Kostenfunktion Die Gesamtkosten eines Produkts bzw. einer Dienstleistung setzen sich entsprechend der typischen Gesamtkostenfunktion aus Fixkosten und variablen Kosten zusammen. Wird dabei ein linearer Kostenverlauf angenommen, sieht die Kostenfunktion folgendermaßen aus: K(x) = K + k × x K(x) - Gesamtkosten; K fix - Fixkosten; k v - variable Kosten pro Stück; x = Anzahl der Einheiten (z. B. Paracetamol N1-Packung) In der folgenden Abbildung wird der Verlauf der linearen Gesamtkostenfunktion dargestellt. Graphisch handelt es sich um eine Gerade mit einer konstanten Steigung, die die y-Achse in Höhe der Fixkosten schneidet. Dabei verdeutlicht die Abbildung noch einmal, dass fixe Kosten auch dann existieren, wenn in der Apotheke keine einzige Arzneimittelpackung verkauft wird. <?page no="47"?> 4.4 Kostenfunktion 47 Abb. 11: Kostenfunktion beim linearen Kostenverlauf. Quelle: Eigene Darstellung. Fallbeispiel: Kostenfunktion, Durchschnittskosten und Grenzkosten in der Apotheke Eine Apotheke plant im nächsten Jahr insgesamt 120.000 Packungen Fertigarzneimittel abzusetzen. Der Apotheker möchte die geplanten Gesamtkosten ausrechnen. Es wird vorgeschlagen, dies mit Hilfe einer Kostenfunktion auf Basis der Planungsdaten durchzuführen, wobei die Angabe der Fixkosten pro Jahr und der variablen Kosten pro Packung erfolgen soll. Helfen Sie dem Apotheker, die Kostenfunktion aufzustellen und die Gesamtkosten zu berechnen, wenn folgende monatliche Daten vorliegen: Kalk. Lohn Apotheker 5.000 € fix Gehälter für festangestellte PTAs (inkl. Lohnnebenkosten) 5.500 € fix Bürobedarf 500 € fix Raumkosten 2.000 € fix Abschreibungen 6.000 € fix Einstandspreis für eine Arzneimittelpackung 4 € var. Apotheken Umschau pro Exemplar 0,39 € var. Zugaben pro Arzneimittelpackung 0,20 € var. Anhand der vorliegenden tabellarischen Kostenaufstellung wird ersichtlich, dass die Kosten für den Lohn des Apothekers, die festangestellten PTAs, Bürobedarf, Raumkosten und die Abschreibungen zu den Fixkosten zählen. Diese Kosten existieren unabhängig von der Anzahl der verkauften Arzneimittelpackungen in einer Periode. Insgesamt ergeben sich Fixkosten in Höhe von 19.000 Euro pro Monat. <?page no="48"?> 48 4 Grundlagen der Kostenrechnung Für jede veräußerte Arzneimittelpackung entstehen Kosten in Höhe von 4 Euro in Form des Einstandspreises, 0,39 Euro für die Zeitschrift Apotheken Umschau (hier wird davon ausgegangen, dass mit jeder Arzneimittelpackung eine Zeitschrift abgegeben wird) und 0,20 Euro für Zugaben. Zusammen ergibt dies 4,59 Euro pro Arzneimittelpackung an variablen Kosten. Dementsprechend können die geplanten Gesamtkosten der Apotheke im nächsten Jahr mit Hilfe der folgenden Kostenfunktion berechnet werden: K(x) = K + k × x = 19.000,00 € × 12 + 4,59 € × 120.000 = 778.800,00 € x - Anzahl der veräußerten Arzneimittelpackungen Weiterhin möchte der Apotheker wissen, wie hoch die Durchschnittskosten bzw. Stückkosten einer Arzneimittelpackung sind. Diese ergeben sich, wenn die Gesamtkosten durch die abgesetzte Menge x (im vorliegenden Fall ist das die Anzahl der veräußerten Arzneimittelpackungen) geteilt werden: k = K(x) x = 778.000,00 € 120.000 = 6,49 € Darüber hinaus wird nach Grenzkosten für die Veräußerung einer zusätzlichen Arzneimittelpackung gefragt. Grenzkosten sind dabei die zusätzlichen Kosten, die durch die Produktion oder den Absatz einer zusätzlichen Leistungseinheit entstehen. Mathematisch stellen diese die erste Ableitung der Kostenfunktion dar. Bei linearen Kostenfunktionen entsprechen die Grenzkosten den variablen Kosten: K (x) = dK(x) d(x) = 4,59 € Aufgabe: Kostenspaltung und Kostenfunktion in der Apotheke Die Adler-Apotheke stellt Zytostatika in einem 60 m 2 großen Reinraumlabor (Reinraumklasse A in D) her. Dabei werden im Durchschnitt 95 Rezepturen pro Tag produziert. Die Wirkstoffmischung wird in 500ml-Flaschen abgefüllt. Als Trägerflüssigkeit kommt sterile Kochsalzlösung zum Einsatz. Die Produktion wird mit 2 PTAs durchgeführt; zudem werden je eine Apothekenhelferin für die Taxierung und für die Warenwirtschaft eingesetzt. Ein Apotheker prüft die Rezepturen. Die auftraggebende onkologische Praxis wird fünfmal am Tag beliefert. Das dafür verwendete Fahrzeug wird ausschließlich für die Belieferung der Zytostatika genutzt. Die Kosten des Zytostatika-Labors sind in der unteren Tabelle angegeben. <?page no="49"?> 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung 49 Führen Sie die Kostenspaltung in variable und fixe Anteile durch, wenn als Ausbringungsmenge die Anzahl der Rezepturen verwendet wird, und stellen Sie darauf aufbauend die Gesamtkostenfunktion für einen Monat auf! 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung In der einschlägigen Fachliteratur sind verschiedene Prinzipien zu finden, nach denen die ermittelten Kosten in einem Betrieb auf die einzelnen Produkte bzw. Dienstleistungen verteilt werden können (Plinke & Rese, 2015, S. 47ff.; Coenenberg et al., 2016, S. 71f.). In diesem Kapitel werden diese Prinzipien dargelegt und an einigen praxisbezogenen Beispielen genauer erläutert. 4.5.1 Verursachungsprinzip Nach dem Verursachungsprinzip werden die Kosten den Kostenträgern, den Kostenstellen und den Perioden zugerechnet, die diese auch verursacht Kostenarten Kostenbetrag fix/ variabel Kalk. Abschreibungen pro Monat auf die Einrichtung des Reinraumlabors 5.800 € Personalkosten für die angestellten Mitarbeiter, die ausschließlich im Labor Verwendung finden (inklusive Lohnnebenkosten, pro Monat) 12.000 € Kalkulatorische Miete für das Reinraumlabor 600 € Kalkulatorischer Lohn des Apothekers (anteilig für seine Tätigkeit im Labor) pro Monat 4.000 € Kosten für Treibstoff zum Transport der Zytostatika 135 € Abschreibung des Transportfahrzeuges pro Monat 310 € Verbrauchsmaterialien (Handschuhe, Chemospikes, Schutzkittel etc.) pro Monat 2.300 € Kosten einer 500 ml-Flasche 1,20 € Kosten von 500 ml steriler Kochsalzlösung 0,95 € Kosten der Wirkstoffe (Epirubicin, Cyclophosphamid, Docetaxel etc.) pro Rezeptur 50 € <?page no="50"?> 50 4 Grundlagen der Kostenrechnung haben. Hierbei muss jedoch auf eine eindeutige Zuordnung geachtet werden, was bei Apotheken mit einem umfangreichen Gemeinkostenblock mit großer Komplexität verbunden ist. Das Verursachungsprinzip stellt das zentrale Prinzip der Kostenrechnung dar. Aus diesem Grund sollen alle Rechnungen in der Apotheke unter der Voraussetzung erfolgen, dass Kosten und Leistungen möglichst verursachungsgerecht den Kostenobjekten zugewiesen werden sollen. Fallbeispiel: Anwendung des Verursachungsprinzips in der Apotheke Das Verursachungsprinzip ist grundsätzlich dann „rein“ eingehalten, wenn beim Wegfall eines Kostenträgers auch alle dazu zugeordneten Kosten wegfallen. So kann der Wareneinsatz beim Abverkauf von Fertigarzneimitteln absolut verursachungsgerecht zugeordnet werden. Wenn es allerdings möglich wäre, wie im oberen Beispiel dargestellt, so leicht alle Kosten einem bestimmten Arzneimittel oder einer Rezeptur zuzuordnen, wäre die Kostenrechnung in der Apotheke keine große Herausforderung. In der Apotheke ist eine eindeutige Zurechenbarkeit nach dem Verursachungsprinzip an vielen Stellen nicht möglich, z. B. bei den Raumkosten, beim kalkulatorischen Lohn des Apothekers, bei den Abschreibungen für den Kommissionierautomaten usw. In solchen Fällen kommen unterschiedliche Hilfsprinzipien in Form bestimmter Verrechnungsschlüssel in Frage: das Proportionalitätsprinzip, das Durchschnittsprinzip und das Tragfähigkeitsprinzip. 4.5.2 Proportionalitätsprinzip Eines der Hilfsprinzipien der Kostenrechnung ist das sogenannte Proportionalitätsprinzip. Nach diesem Prinzip werden Kosten proportional zu bestimmten Maß- oder Bezugsgrößen auf die Kostenobjekte verteilt; dabei soll die Ursache-Wirkungs-Beziehung prinzipiell berücksichtigt werden. Demnach erfolgt die Verteilung der Gemeinkosten mittels Schlüsselung. Das Proportionalitätsprinzip wird in der Regel bei der Verrechnung der Gemeinkosten angewandt, also bei Kosten, die nicht oder wenn doch, dann nur schwierig Kostenstellen, Kostenträgern oder Perioden verursachungsgerecht zugewiesen werden können. Fallbeispiel: Proportionalitätsprinzip in der Apotheke In der Löwen-Apotheke ist nach Feierabend eine Putzkraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit dem Reinigen der Räume beschäftigt. Die Putzkraft erhält einen Monatslohn (inkl. Lohnnebenkosten) von 735 Euro. Der <?page no="51"?> 4.5 Prinzipien der Kostenrechnung 51 Verkauf hat eine Größe von 130 m 2 , das Labor 40 m 2 , das Büro der Verwaltung 15 m 2 und das Lager 60 m 2 . Gemäß des Proportionalitätsprinzips wird nun der Lohn der Putzkraft (Gemeinkosten) nach der Größe der Räume verteilt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Reinigungsdauer proportional zur Größe der Räume verhält. Verkauf Labor Verwaltung Lager Fläche [m 2 ] 130 40 15 60 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung 0,53 0,16 0,06 0,25 Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung [€] 389,55 117,60 44,10 183,75 4.5.3 Durchschnittsprinzip Ein weiteres Kostenverteilungsprinzip ist das sogenannte Durchschnittsprinzip. Wie sein Name schon ankündigt, werden bei seinem Einsatz die Gemeinkosten durch die Anzahl der Bezugsobjekte dividiert und dann gleichmäßig auf diese verteilt. Problematisch bei dem Durchschnittsprinzip ist, dass die tatsächliche Belastung der Produktionsmittel unbeachtet bleibt. Fallbeispiel: Anwendung des Durchschnittsprinzips in der Apotheke Die Dorf-Apotheke beschäftigt eine Putzkraft zum Reinigen der Räumlichkeiten für 400 Euro (inkl. Lohnnebenkosten). Die Apotheke verfügt über vier Räume: einen Verkaufsraum (60 m 2 ), einen Laborraum (20 m 2 ), ein Büro für die Verwaltung (15 m 2 ) und das Lager (30 m 2 ). Die Kosten für die Reinigung sollen nun nach dem Durchschnittsprinzip zugeordnet werden. Verkauf Labor Verwaltung Lager Fläche [m 2 ] 60 20 15 30 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung ¼ ¼ ¼ ¼ Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung [€] 100,00 100,00 100,00 100,00 Anhand der oberen Tabelle wird ersichtlich, dass die Gemeinkosten im gleichen Verhältnis, also durchschnittlich zwischen den einzelnen Räu- <?page no="52"?> 52 4 Grundlagen der Kostenrechnung men aufgeteilt werden. Dabei bleibt die Fläche der Räume unberücksichtigt. 4.5.4 Tragfähigkeitsprinzip Neben dem Proportionalitätsprinzip und dem Durchschnittsprinzip ist noch das Tragfähigkeitsprinzip als Hilfsprinzip der Kostenverrechnung anzuführen. Bei seiner Anwendung werden Gemeinkosten den Kostenobjekten im proportionalen Verhältnis zu den Leistungsgrößen wie den Absatzpreisen, den Deckungsbeiträgen oder dem Umsatz anteilig berechnet. Beispielsweise: Je höher der Umsatz eines Produktes ist, umso höhere Gemeinkosten werden diesem Produkt zugeteilt. Eine mögliche Bezugsgröße für die Anwendung des Tragfähigkeitsprinzips in der Apotheke ist die Summe der Erlöse pro Arzneimittel, die im folgenden Fallbeispiel thematisiert wird. Fallbeispiel: Anwendung des Tragfähigkeitsprinzips in der Apotheke Eine PTA, deren Personalkosten sich auf 2.500 Euro im Monat (inkl. Lohnnebenkosten) belaufen, ist ausschließlich mit der Zubereitung von drei dermatologischen Magistralrezepturen beschäftigt: Ethanolhaltige Ethacridinlactat-Monohydrat-Lösung 0,1 % (EEML), Hydrophile Triclosan- Creme 1 % (HTC) und Polihexanid-Macrogolsalbe 0,1 % (PMS). Dabei werden folgende Mengen im Monat produziert: Menge [Einh.] Stückerlös [€] Ethanolhaltige Ethacridinlactat-Monohydrat-Lösung 0,1 % (100 g) 150 17,76 Hydrophile Triclosan-Creme 1 % (100 g) 400 19,36 Polihexanid-Macrogolsalbe 0,1 % (100 g) 250 23,22 Nun sollen die Personalkosten der PTA nach dem Tragfähigkeitsprinzip den einzelnen Magistralrezepturen zugeordnet werden. EEML HTC PMS Einheiten 150 400 250 Stückerlös [€] 17,76 19,36 23,22 Erlöse aus Magistralrezepturen [€] 2.664,00 7.744,00 5.805,00 <?page no="53"?> 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung 53 Schlüssel für Gemeinkostenverrechnung 0,16 0,48 0,36 Ergebnis der Gemeinkostenverrechnung [€] 400,00 1.200,00 900,00 Aus der oberen Tabelle kann entnommen werden, dass die Gemeinkosten entsprechend dem Erlös zwischen den einzelnen Rezepturen aufgeteilt werden. So erhält beispielsweise die Rezeptur Ethanolhaltige Ethacridinlactat-Monohydrat-Lösung einen Anteil von 2.664 € / (2.664 € + 7.744 € + 5.805 €) = 0,16. Dabei bleibt auch hier der tatsächliche zeitliche Bedarf der PTA zur Herstellung der einzelnen Rezepturen unberücksichtigt. 4.6 Allgemeiner Ablauf der Kostenrechnung In diesem Abschnitt sollen zunächst die allgemeine Vorgehensweise und der Aufbau der Kostenrechnung näher erläutert werden. Wie der folgenden Übersicht entnommen werden kann, gliedert sich die Kostenrechnung in drei wesentliche Teilbereiche: Kostenartenrechnung (Kostenerfassung und -systematisierung), Kostenstellenrechnung (Kostenzuordnung) und Kostenträgerrechnung (Kalkulation und Erfolgsrechnung) (siehe Abbildung 12). Abb. 12: Schematischer Ablauf der Kostenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Mit der Kostenartenrechnung kann zunächst die Frage beantwortet werden, welche Kosten angefallen sind. Hierzu werden die relevanten Kostenarten ermittelt und nach Einzel- oder Gemeinkosten gegliedert (Kalenberg, 2013, S. 33ff.). Die Kostenartenrechnung stellt dabei den ersten Schritt der Kosten- Kostenartenrechnung Systematisierung: Welche Kosten entstehen im Betrieb? Kostenstellenrechnung Organisationseinheit: Wo entstehen Kosten im Betrieb? Kostenträgerrechnung Produkt/ Dienstleistung: Wofür entstehen Kosten im Betrieb? EK GK GK <?page no="54"?> 54 4 Grundlagen der Kostenrechnung rechnung dar und bildet somit die Grundlage für die Kostenstellen- und die Kostenträgerrechnung (Olfert, 2018, S. 76). Die in der Kostenartenrechnung ermittelten Gemeinkosten werden mit Hilfe der Kostenstellenrechnung in die nächste Stufe der Kostenrechnung übertragen. Die Kostenstellenrechnung kann die Frage beantworten, wo die Kosten angefallen sind, die den Kostenträgern nicht unmittelbar zugerechnet werden können. Hierfür werden die Gemeinkosten mit Hilfe von Kostenschlüsseln auf Abrechnungsbezirke (Vor- und Endkostenstellen) umgelegt. Entsprechend der Leistungsbeziehungen zwischen einzelnen Kostenstellen sollen im nächsten Schritt der Kostenstellenrechnung die Kosten von Vorkostenstellen auf Endkostenstellen verrechnet werden. Im letzten Schritt wird mit Hilfe der Kostenträgerrechnung die Frage beantwortet, wofür die Kosten im Betrieb angefallen sind. Hierfür werden die Gesamtkosten in der Kostenträgerrechnung auf die einzelnen Angebote bzw. Leistungen (Kostenträgerstückrechnung) und auf einen bestimmten Zeitraum (Kostenträgerzeitrechnung) bezogen ermittelt. Dabei ist das Ziel der Kostenträgerstückrechnung herauszufinden, was dem Betrieb die Herstellung einer bestimmten Leistung kostet. In der Kostenrechnung bezeichnet man diese Größe als „Selbstkosten“. Die Ermittlung des Betriebserfolges durch die Analyse der Gesamtkosten bzw. Gesamtleistungen einer Periode im Rahmen der Kostenträgerzeitrechnung stellt ein weiteres Ziel der Kostenrechnung dar. Hier stellt sich am Ende einer Rechnungsperiode ex post heraus, ob ein Verlust oder Gewinn erwirtschaftet wurde (Kalenberg, 2013, S. 106f.). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Ziel der Kostenrechnung darin besteht, Kosten zu erfassen und in Einzelkosten sowie Gemeinkosten aufzuteilen, um diese am Ende möglichst verursachungsgerecht einem Kostenträger zuzuordnen. Im Rahmen des vorliegenden Lehrbuches wird diese klassische Vorgehensweise der Kostenrechnung an die Besonderheiten der Apotheke a Kapitel 5.2 und 5.3). <?page no="55"?> 4.7 Betriebsabrechnungsbogen BAB Zahlen der Buchhaltung kalkulatorische Kosten Verteilungsschlüssel Kostenstellen Vorkostenstellen Endkostenstellen Kostenarten primäre Kosten sekundäre Kosten interne Leistungsverrechnung Gesamtkosten Tab. 2: Betriebsabrechnungsbogen. Quelle: Eigene Darstellung. Das zentrale Werkzeug der Kostenrechnung in einem Betrieb bildet der sogenannte Betriebsabrechnungsbogen (BAB) (siehe Tabelle 2), der seine Anwendung klassischerweise in der Kostenstellenrechnung findet. Der BAB stellt eine Kostenkontrollrechnung in tabellarischer Form dar und dient primär dazu, bestimmte Kostenarten, in erster Linie die Gemeinkosten, über die Kostenbereiche auf die einzelnen Verbraucherstellen (Kostenstellen) gemäß dem zuvor erläuterten Ablauf der Kostenrechnung zu verteilen. Entsprechend dieser Aufgabe ist der BAB nach Kostenarten (Zeilen) und Kostenstellen (Spalten) gegliedert. 4. 5 <?page no="56"?> 56 4 Grundlagen der Kostenrechnung 4.8 Systeme der Kostenrechnung Im Rahmen der Kostenrechnung können verschiedene Ansätze unterschieden werden, mit welcher Zielsetzung bzw. Aussagekraft man die Kostenverrechnung vornimmt und auf welchen Zeitraum sich die zu verrechnenden Kosten beziehen. Diese Ansätze sind in Abbildung 13 dargestellt. Abb. 13: Kostenrechnungssysteme. Quelle: Eigene Darstellung. 4.8.1 Ist-, Normal- und Plankostenrechnung Grundsätzlich lassen sich nach dem zeitlichen Horizont Ist-, Normal- und Plankosten unterscheiden. Diese Unterscheidung bildet wiederum die Grundlage für eine Differenzierung der Kostenrechnungssysteme: Von einer Ist- Kostenrechnung spricht man, wenn sich die verrechneten Kosten auf die Vergangenheit beziehen. Dieser Vorgang erfolgt stets ex post, also im Nachhinein. Die genaue Nachkalkulation der anfallenden Kosten und des effektiv erwirtschafteten Betriebsergebnisses stellen den großen Vorteil der Ist-Kostenrechnung dar. Auf der anderen Seite existiert eine Reihe von bedeutenden Nachteilen: So ergeben sich Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlich angefallenen Kosten (z. B. bei der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung). Weiterhin ist eine Wirtschaftlichkeits- und Kostenkontrolle allein auf Ist-Kostenbasis nicht umsetzbar, da ein Vergleichsmaßstab, also eine Sollgröße, fehlt, die erst einen Vergleich zwischen den tatsächlich angefallenen und den geplanten Kosten ermöglicht (Kalenberg, 2013, S. 143ff.). Eine Sonderform der Ist-Kosten stellen die sogenannten Normalkosten dar. Diese werden aus den Durchschnitten der um außerordentliche Vorgänge <?page no="57"?> 4.8 Systeme der Kostenrechnung 57 bereinigten Ist-Kosten der letzten Perioden gebildet. Daraus ergeben sich „geglättete“ Kosten, mit deren Hilfe beispielsweise Schwankungen in Preisen und Mengen ausgeglichen werden (Schierenbeck & Wöhle, 2016, S. 801) und die als Sollgröße dienen können (Mumm, 2019, S. 5, S. 161 und S. 312). Mittels der Normalkostenrechnung kann generell eine effiziente Kosten- und Wirtschaftlichkeitskontrolle innerhalb einer Apotheke erfolgen. Problematisch ist jedoch dabei, dass Normalkosten als Sollgrößen immer noch den Mangel des Vergangenheitsbezuges aufweisen. Das bedeutet, dass in den Normalkosten die Unwirtschaftlichkeiten der Vergangenheit mit eingehen. Aus diesem Grund sind die Normalkosten nur bedingt als Vergleichsmaßstab geeignet. Abb. 14: Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung. Quelle: Wöhe et al., 2016, S. 912. Um den Mangel des „Vergangenheitsbezuges“ der Normalkostenrechnung abzuhelfen bzw. eine differenziertere und somit aussagekräftigere Abweichungsanalyse durchführen zu können, wurde für Planungszwecke („Vorkalkulation“) die sogenannte Plankostenrechnung entwickelt (siehe Abbildung 14). So ergibt eine Planung nur dann einen Sinn, wenn die erwarteten Selbstkosten ex ante angegeben werden, d. h. die Plankosten (= erwartete Selbstkosten) vorab feststehen. Die Wirtschaftlichkeit anhand der Plankosten sowie der ermittelten Ist-Kosten zu überprüfen, stellt dabei die Aufgabe der Kontrolle dar. In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten zusammengefasst. <?page no="58"?> 58 4 Grundlagen der Kostenrechnung Ist-Kosten Normalkosten Plankosten Zeitbezug Vergangenheit Vergangenheit Zukunft Kosteninhalt d. h. Interpretation von „Kosten“ effektiv entstandene Kosten in einer speziellen Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Apotheke üblicherweise entstehende Kosten für eine solche Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Apotheke planmäßig entstehende Kosten für eine planmäßige Periode (oder Leistungserstellung) in dieser Apotheke Tab. 3: Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 29. 4.8.2 Voll- und Teilkostenrechnung Die Kosten können auch nach dem Grad der Weiterverrechnung unterschieden werden. Von einer Vollkostenrechnung spricht man dabei, wenn alle angefallenen Kosten einer Periode auf die Kostenträger umgelegt bzw. weiterverrechnet werden. Auf Basis der Vollkosten erfolgt die überwiegende Mehrheit der Berechnungen in der tradierten Kostenrechnung. Mit Hilfe dieser Rechnung kann man Plan-, Ist- und Normal-Kostenrechnungen durchführen. Allerdings hat die Vollkostenrechnung Grenzen in ihrer Aussagekraft, die im 5.5 näher betrachtet werden. Auf der anderen Seite spricht man von der Teilkostenrechnung, auch Grenzkostenrechnung genannt, wenn nur Teile aller ermittelten Kosten weiterverrechnet werden. So werden im Rahmen der Teilkostenrechnung dem Kostenträger lediglich die variablen Kosten zugeordnet. Damit vermeidet man eine Verrechnung der Gemeinkosten, wie sie im Rahmen der Vollkostenrechnung praktiziert wird. 4.9 Zusammenfassung des Kapitels In diesem Kapitel fand die Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Kostenrechnung statt. Die Kostenrechnung basiert auf dem wertmäßigen Kostenbegriff und erfasst demnach den Werteverzehr, der sich durch die betriebliche Leistungserstellung und -verwertung ergibt. Die Erfassung des Werteverzehrs erfolgt kalkulatorisch, laufend, kurzfristig sowie erfolgsbezogen und ist an keine gesetzlichen Vorschriften gebunden. <?page no="59"?> 4.9 Zusammenfassung des Kapitels 59 Die Durchführung der Kostenrechnung erfordert eine detaillierte Gliederung der Kosten nach mehreren Merkmalen. Grundsätzlich unterscheidet man zwei wesentliche Gliederungsarten: In Bezug auf die Verrechenbarkeit der Kosten auf einen Träger bzw. Objekt wird zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten unterschieden. In Abhängigkeit der Kosten von der „Beschäftigung“ können Kosten in ihre fixen und variablen Anteile (fixe und variable Kosten) aufgeteilt werden. Die Kostenrechnung erfolgt grundsätzlich in drei Schritten: Die Kostenartenrechnung erfasst alle angefallenen Kosten und gliedert diese nach Arten sowie Einzelkosten und Gemeinkosten; die Kostenstellenrechnung verteilt die (Gemein-)Kosten nach dem Ort ihrer Entstehung, und die Kostenträgerrechnung verteilt die Kosten auf verschiedene Kostenträger, also auf Produkte und Leistungen der Apotheke. Dieser Vorgang kann auf Voll- und Teilkostenbasis sowie vergangenheits- und zukunftsbezogen erfolgen. Schließlich sind verschiedene Prinzipien zu unterscheiden, nach denen die angefallenen Kosten auf die einzelnen Produkte bzw. Dienstleistungen verteilt werden können. Diese sind das Verursachungsprinzip, das Proportionalitätsprinzip, das Tragfähigkeitsprinzip und das Durchschnittsprinzip. Kontrollfragen Definieren Sie den Begriff „Kostenrechnung“! Legen Sie die typischen Merkmale der Kostenrechnung dar! Stellen Sie die Unterschiede zwischen Aufwand und Kosten mit Hilfe einer graphischen Darstellung dar. Gehen Sie dabei auf alle Unterbereiche des Aufwand-Kosten-Komplexes ausführlich ein! Geben Sie für jeden Unterbereich ein Beispiel aus der Apotheke! Stellen Sie die Unterschiede zwischen Ertrag und Leistung mit Hilfe einer graphischen Darstellung dar. Gehen Sie dabei auf alle Unterbereiche des Ertrag-Leistungs-Komplexes ausführlich ein! Geben Sie für jeden Unterbereich ein Beispiel aus der Apotheke! Erläutern Sie den Unterschied zwischen den Begriffspaaren „Einzelkosten“ und „Gemeinkosten“ sowie „fixe Kosten“ und „variable Kosten“. Geben Sie für jeden der vier Begriffe ein Beispiel aus der Apotheke an! Was versteht man unter „Kostenspaltung“ und zu welchem Zweck wird diese durchgeführt? <?page no="60"?> 60 4 Grundlagen der Kostenrechnung » Welche Verrechnungsprinzipien der Kostentheorie gibt es? Geben Sie in knappen prägnanten Sätzen den Grundgedanken jedes Prinzips wieder! » Erläutern Sie kurz den dreigliedrigen Ablauf der Kostenrechnung! » Welche Funktion erfüllt der Betriebsabrechnungsbogen im Rahmen der Kostenrechnung? » Welche Zeithorizonte liegen den Ist-, Normal- und Plankosten zugrunde? Erläutern Sie den jeweiligen Sinn und Zweck hinter dieser Einteilung! » Was ist der grundsätzliche Unterschied zwischen der Voll- und Teilkostenrechnung? Literaturempfehlungen Zu Grundlagen der Kostenrechnung allgemein: Fischbach, S. (2018). Grundlagen der Kostenrechnung (7. Aufl.). München: Vahlen. Olfert, K. (2018). Kostenrechnung (17. Aufl.). Ludwigshafen: Kiehl. Insb. S. 21-85. Scherrer, G. (2005). Kostenrechnung. In Bea, F.X., Friedl, B. und Schweitzer, M. (Hrsg.). Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 2: Führung (S. 668-758). Stuttgart: Lucius & Lucius. <?page no="61"?> 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Die praktische Umsetzung der Vollkostenrechnung entwickelte sich nach dem Ersten Weltkrieg. Der Ausgangspunkt war die Notwendigkeit, Produktpreise zu ermitteln. Der Grundgedanke der Vollkostenrechnung leitet sich unmittelbar aus diesem Rechnungszweck ab: Auf Basis der in einer Periode anfallenden Gesamtkosten sollen die Kosten der einzelnen Produkte oder Dienstleistungen bestimmt werden. Die Vollkostenrechnung zielt also darauf ab, „[…] sämtliche anfallende Kosten auf die Produkte und deren Einheiten zu verteilen“ (Weber & Weißenberger, 2015, S. 378). In diesem Kapitel wird diese allgemeine Vorgehensweise der Vollkostenrechnung speziell an die Besonderheiten der Apotheke angepasst. Dabei erfolgt zunächst die Auseinandersetzung mit den drei Stufen der Kostenrechnung, nämlich der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Im Anschluss daran werden die Möglichkeiten der Auswertung der Vollkostenrechnung aufgezeigt und die Probleme der Vollkostenrechnung diskutiert. 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke Die grundsätzliche Aufgabe der Kostenartenrechnung besteht darin, die Kosten zum Zweck einer verursachungsgerechten Weiterverrechnung an Kostenstellen und Kostenträger vollständig zu erfassen und nach einzelnen Kostenarten sowie nach Einzel- und Gemeinkosten eindeutig und überschneidungsfrei zu gliedern (Kalenberg, 2013, S. 33). Dementsprechend erfolgt die Kostenartenrechnung in drei Schritten, wie in der unteren Abbildung dargestellt ist. Abb. 15: Ablauf der Kostenartenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 29. Aufgrund der großen Bedeutung der Kostenartenrechnung für alle nachfolgenden Rechenvorgänge im Rahmen der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung hat sie folgende Anforderungen zu erfüllen (Manz & Dahmen, 2001, S. 11): <?page no="62"?> 62 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Die realen Gegebenheiten sollen möglichst strukturgleich in Kostenzahlen abgebildet werden. Die Nachprüfbarkeit soll anhand von Belegen gewährleistet werden. Die Kostenartenrechnung soll vollständig, genau und aktuell erfolgen. Die Kostenartenrechnung soll den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und der Flexibilität folgen. Die Kostenartenrechnung soll Angaben in Bezug auf die Periodenzuordnung und den Aufgabencharakter liefern. Dabei kann die Kostenartenrechnung nicht nur als Zuarbeiter für alle nachfolgenden Rechenvorgänge fungieren, sondern eine eigenständige Rolle einnehmen. So kann sie einen ersten Überblick über die Kostenstruktur und das Kostenniveau in einer Apotheke geben und als Ausgangspunkt für kostenartenbezogene Planungen, Kontrollen und Analysen verwendet werden (in Anlehnung an Manz & Dahmen, 2001, S. 12). 5.1.1 Kostenerfassung Die Frage, die sich zu Beginn des Kostenrechnungsprozesses stellt, ist folgende: Woher erhält man die notwendigen Daten? Grundsätzlich kann eine Erfassung der Grundkosten (aufwandsgleiche Kosten) aus der Finanzbuchhaltung der Apotheke erfolgen. Ergänzen können die Finanzbuchhaltung als Hauptquelle der Kostenrechnung Nebenrechnungen wie die Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die der Ermittlung von Personalkosten dienen, sowie die Material- und Anlagenabrechnungen, durch die die Bestände sowie die Zu- und Abgänge an Werkstoffen und Anlagen erfasst werden. Die Buchhaltung stößt jedoch als Datenlieferant für die Kostenrechnung an mehreren Stellen an ihre Grenzen (Stelling, 2009, S. 25). Das ist insbesondere der Fall, wenn die Finanzbuchhaltung gar keine Kosten oder Kosten in anderer Höhe erfasst (die sogenannten kalkulatorischen Kosten), wenn sie eine andere periodenmäßige Erfassung der Kosten aufweist (beispielsweise werden in der Kostenrechnung im Gegensatz zur Buchhaltung Urlaubslöhne gleichermaßen auf das ganze Jahr verteilt), oder wenn die Kostenrechnung eine weitere Kostenaufschlüsselung der durch die Buchhaltung erfassten Kosten erfordert (z. B. Trennung von Einzel- und Gemeinkosten). Insbesondere aufwendig ist dabei die Ermittlung kalkulatorischer Kosten, da diese in der Apothekenbuchhaltung nicht erfasst werden. Aus diesem Grund müssen die kalkulatorischen Kosten gesondert ermittelt werden (z. B. durch <?page no="63"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 63 Stundenaufstellung, durch Berechnung der Wagniskosten, anhand von Flächenberechnungen für die Räumlichkeiten usw.) (siehe Abbildung 16). Abb. 16: Kostenerfassung. Quelle: Eigene Darstellung. 5.1.2 Kosteneinteilung nach Kostenarten Im zweiten Schritt der Kostenartenrechnung müssen die erfassten Kosten eindeutig, überschneidungsfrei und lückenlos nach Kostenarten unterteilt werden. Als Kostenart gilt die Menge aller Kosten, denen ein Merkmal in gleicher Weise zugrunde liegt (Steger, 2010, S. 174). Allgemein gibt es unterschiedliche Kriterien, nach denen Kosten eingeteilt werden können. Diese sind die Art der verbrauchten Produktionsfaktoren, die Zurechenbarkeit auf die Kostenträger, der Verlauf der Beschäftigungsänderungen, die betrieblichen Funktionsbereiche, die Art der Kostenerfassung und die Kostenträger (siehe Tabelle 4). Buchhaltung der Apotheke Kostenartenrechnung Datenfluss Konto 1 Konto 2 Konto 3 Konto 4 kalkulatorische Kosten Kostenart A Kostenart B Kostenart C Kostenart D <?page no="64"?> 64 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Gliederungskriterium Kostenarten Art der verbrauchten Güter Materialkosten, Personal- und Sozialkosten, Abschreibungen, Zinsen, Mietkosten, Kostensteuern, Gebühren und Beiträge, Fremdleistungskosten usw. Zurechenbarkeit auf Kostenträger Einzelkosten und Gemeinkosten betriebliche Funktionsbereiche Entwicklung, Beschaffung, Lagerhaltung, Transport, Produktion, Verwaltung, Vertrieb, Finanzen usw. Verlauf der Beschäftigungsänderungen fixe und variable Kosten Art der Kostenerfassung aufwandsgleiche Kosten (Grundkosten), kalkulatorische Kosten Kostenträger (Leistungseinheiten) Kosten der Produkte, Produktgruppen, Bereiche, Filialen Tab. 4: Gliederung der Kosten. Quelle: Eigene Darstellung. Um Doppelerfassungen zu vermeiden, wird grundsätzlich die Kosteneinteilung nach der Art der verbrauchten Produktionsfaktoren empfohlen (Scherrer, 2005, S. 715). Demgemäß kann für Apotheken folgende Kosteneinteilung vorgeschlagen werden, wobei eine tiefere Gliederung bei jeder Kostenart möglich ist: Personalkosten (Löhne, Gehälter, Sozialleistungen, lohn- und gehaltsabhängige Abgaben usw.) Materialkosten/ Wareneinsatz (Beschaffungskosten für Fertigarzneimittel, Wirkstoffe, Handelswaren usw.) Kalkulatorische Kosten (kalkulatorische Löhne, Mieten, Zinsen, Abschreibungen usw.) Sachkosten (Raumkosten, Werbekosten, Kosten für Büromaterialien, Kfz- Kosten usw.) Kosten für fremde Dienstleistungen (Beratungskosten, Jahresabschlusskosten, Handwerkerkosten usw.) Sonstige Kosten (Versicherungen, Gebühren, Beiträge, Kostensteuern usw.) <?page no="65"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 65 Im folgenden Buchabschnitt werden diese allgemein für Apotheken in Frage kommenden Kostenarten sowie die Möglichkeiten der entsprechenden Kostenerfassung detailliert erläutert. Darüber hinaus wird auch auf die Relevanz der einzelnen Kostenarten für Apotheken eingegangen. 5.1.2.1 Personalkosten Personalkosten entstehen durch die Tätigkeit von Mitarbeitern in einem Betrieb. Sie umfassen nicht nur Lohn- und Gehaltskosten, sondern auch die Sozialversicherungsbeiträge sowie alle weiteren in Verbindung mit der Arbeitsleistung anfallenden Kosten (Steger, 2010, S. 200). Dabei lassen sich folgende Gruppen an Mitarbeitern in Apotheken unterscheiden, wobei auch Mischformen existieren: Verwaltungskräfte (z. B. PKAs) Wartungspersonal (z. B. Hausmeister, Reinigungskräfte, Fahrer) Apothekenspezifisches Fachpersonal (z. B. Apotheker, PTAs, Pharmazieingenieure) Praktikanten, Auszubildende usw. Mitarbeiter in Leasing-, ABM- und ähnlichen Programmen Unterschiedliche Aufgabenbereiche der Beschäftigten können als Grundlage für eine tiefere Gliederung der Personalkosten in der Apotheke verwendet werden. Personalkosten können grundsätzlich in der Kostenartengruppe „Löhne, Gehälter, betrieblicher Personalaufwand“ erfasst (Scherrer, 2005, S. 718) und nach folgenden Kategorien gegliedert werden (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 40ff.; Känel, 2008, S. 160ff.): Lohn/ Gehalt: Hier handelt es sich um Arbeitsentgelt für die Angestellten in der Apotheke. Leistungszulage/ Prämie: Dazu gehören beispielsweise Jahresprämien für Angestellte. Mehrarbeitsvergütung: Hier handelt es sich um Aufschläge beispielsweise für Notdienste. Gehaltszulagen: Gehaltszulagen werden z. B. gezahlt, wenn Mitarbeiter Kinder haben. Gesetzliche Sozialaufwendungen: Diese umfassen den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung (der Arbeitgeber zahlt 50 % der Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung und 100 % der Unfallversicherung). <?page no="66"?> 66 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Gesetzliche soziale Leistungen: Hierzu zählen z. B. Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall. Freiwillige soziale Leistungen: Hierzu gehören etwa Fahrtkostenzuschüsse, Verpflegungszuschüsse und Ausgaben für die Betriebsrente. Sonstige Personalkosten: Darunter fallen Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung der Apothekenmitarbeiter, Personalrekrutierung (Kosten für Schaltung der Inserate und Vermittlungsgebühren), Personalanlässe (Mitarbeiterausflug, Weihnachtsessen etc.) und weiteres (Geschenke, Jubiläen, Abfindungen etc.). Die Höhe der Löhne und Gehälter bemisst sich nach unterschiedlichen Kriterien: Grundsätzlich kommen als Berechnungsbasis für Löhne und Gehälter die Kriterien Zeit und Leistung in Frage (siehe Abbildung 17). Zeitlohn steht für einen Entlohnungsgrundsatz mit einer festen Vergütung für eine bestimmte Zeiteinheit. Ist diese Zeiteinheit eine Stunde, so wird von Stundenlohn und entsprechend von Zeitlohn und Gehalt gesprochen (REFA, 1991, S. 63). Die Berechnung des Zeitlohns erfolgt gemäß dieser Definition rein nach körperlicher Anwesenheit. Dabei kann eine etwaige Leistungszulage nach subjektiven Kriterien (z. B. Motivation bzw. Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter in der Apotheke) oder auch objektiven Kriterien (z. B. Auslastung der Apotheke) gewährt werden. In den meisten Betrieben erfolgt die Entlohnung monatsweise, was heutzutage zum Regelfall geworden ist. Der vereinbarte Monatslohn wird unabhängig von der Länge des Monats sowie der Anzahl an Sonn- und Feiertagen gezahlt. Abb. 17: Lohnformen. Quelle: § 87 Abs. 1 BetrVG. <?page no="67"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 67 Für Akkordlohn gibt der Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation folgende Definition an (REFA, 1991, S. 32): „Akkordlohn ist ein Entlohnungsgrundsatz, bei dem der Lohn in der Regel anforderungs- und leistungsabhängig differenziert wird. Als Leistungskennzahl wird die vom Menschen beeinflussbare Mengenleistung beziehungsweise der daraus abgeleitete Zeitgrad benutzt. Der Zeitgrad ist auf eine bestimmte Bezugsleistung bezogen“. Gemäß dieser Definition erfolgt die Entlohnung im Akkordlohn anhand der Leistung, d. h. der Produktion innerhalb eines Zeitintervalls, wobei bei Zeitakkord die Untergrenze der tarifliche Mindestlohn pro Stunde ist. Beim Geldakkord gibt es dieses Grundgehalt nicht. Hier wird das Entgelt vollständig auf Basis der produzierten Menge berechnet. Der Prämienlohn kommt zusätzlich zum Grundlohn hinzu und wird beispielsweise auf Basis der Steigerung der betrieblichen Ergebnisse oder auf Basis der geschaffenen Kosteneinsparung an die entsprechenden Apothekenmitarbeiter ausgezahlt. In der Ist-Kostenrechnung werden die Arbeitszeiten und Akkordleistungen mit tatsächlichen Lohnsätzen bzw. Akkordlohnsätzen bewertet. Bei der Normalkostenrechnung erfolgt die Bewertung im Gegensatz dazu anhand der Durchschnittssätze aus vergangenen Perioden. An dieser Stelle ist zu unterstreichen, dass für die Berechnung nicht der Nettolohn, sondern der Bruttolohn maßgeblich ist, der sich aus dem Tariflohn zuzüglich aller gesetzlichen Zulagen, des gesetzlichen Sozialaufwandes, aller Zuschläge und Prämien ergibt (Scherrer, 2005, S. 718). Neben Zeit- und Leistungslohn gibt es weitere Formen der Vergütung. So spricht man bei der Bezahlung für ein ganzes Projekt von Pauschalentlohnung. Darüber hinaus existiert auch ein umsatzbzw. absatzabhängiges Arbeitsentgelt, das insbesondere bei gewinnorientierten Unternehmen von Relevanz ist. In Apotheken kommt bei der Ermittlung der Personalkosten vor allem die Arbeitszeit zum Tragen. So bekommen in der Regel die Voll- und Teilzeitbeschäftigten einen monatlichen Lohn ausgezahlt. Trotzdem können Mitarbeiter unter Umständen nach der Anzahl der absolvierten Leistungen vergütet werden, was grundsätzlich der Definition des Akkordlohns entspricht. Hier wäre z. B. an Umsatzbeteiligungen bei der Veräußerung von Langsamdrehern zu denken. 5.1.2.2 Materialkosten Materialkosten ) (auch Warenverbrauch) fallen grundsätzlich für Materialien an, die im Rahmen des Produktionsprozesses verarbeitet werden und in das Endprodukt eingehen bzw. die sich in Form des Einstandspreises bei Handels- <?page no="68"?> 68 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke betrieben im Warenverbrauch niederschlagen. Unter dem Oberbegriff Material lassen sich folgende Kategorien subsumieren (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 35ff.): Rohstoffe: Unter Rohstoffe fallen alle Güter, die als Hauptbestandteil in das zu produzierende Produkt eingehen. Sie stellen somit einen wesentlichen Bestandteil des Produktes dar (z. B. Wirkstoffe wie Cisplatin bei der Herstellung von Zytostatika). Hilfsstoffe: Als Hilfsstoffe werden sämtliche Güter bezeichnet, die unmittelbar in das Endprodukt eingehen, jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Bei dermatologischen Salben wäre dies etwa die Trägersubstanz, bei Zytostatika beispielsweise die sterile Kochsalzlösung. Betriebsstoffe: Diese Art der Werkstoffe wird nur zur Einsatzbereitschaft der Produktion benötigt und geht dementsprechend nicht in das Produkt ein. In der Apotheke können das Heizöl für die Zentralheizung, Reinigungsmittel oder auch Büromaterial sein. Handelswaren: Bei Handelswaren handelt es sich um zugekaufte Produkte. Diese Kategorie umfasst in der Apotheke die Fertigarzneimittel und macht regelmäßig den größten Teil der Materialkosten aus. Zulieferteile: Zulieferteile sind Fremdbezugsteile, die ohne weitere Bearbeitung in das zu fertigende Produkt eingehen. Bei der Herstellung von Salben könnten das etwa die Behälter sein, beim Umblistern z. B. die Becher- oder Schlauchbeutelblister. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Materialkosten in der Apotheke einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Ermittlung der Materialkosten Um die Materialkosten in einem Betrieb zu ermitteln, müssen zunächst die Materialverbrauchsmengen erfasst werden. Dies kann nach den folgenden vier Methoden erfolgen: Zugangsmethode Inventurmethode Skontrationsmethode (oder auch Fortschreibungsmethode) Rückrechnungsmethode Im Folgenden werden diese Methoden zur Erfassung der Verbrauchsmengen kurz erläutert. Im Anschluss daran werden Verfahren zur Bewertung der Materialverbrauchsmengen dargestellt. <?page no="69"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 69 [1] Die Zugangsmethode Bei dieser Methode werden sofort sämtliche laut Lieferschein angefallenen Zugänge der betroffenen Periode als Verbrauch verzeichnet. Ein periodengerechter Verbrauch kann mit dieser Methode nur erfasst werden, wenn der Lagerbestand am Ende der verschiedenen Perioden weitgehend konstant bleibt. Daher ist die Zugangsmethode insbesondere für Güter geeignet, die aufgrund ihrer geringen Lagerfähigkeit unverzüglich verbraucht werden müssen. In der Regel sind das schnell verderbliche Waren wie beispielsweise bestimmte Impfstoffe oder schnell ablaufende Medikamente. [2] Die Inventurmethode Wie dem Namen dieser Methode entnommen werden kann, arbeitet sie nach der grundsätzlichen Vorgehensweise der Inventur: Zum Anfangsbestand werden zunächst die ins Lager zugegangenen Waren addiert. Danach wird davon der mittels Inventur ermittelte Endbestand abgezogen. Rechnerisch ergibt sich daraus die Zahl der Abgänge der Abrechnungsperiode. Die Inventurmethode bietet sich insbesondere dann an, wenn die körperliche Bestandsaufnahme der Güter einfach durchführbar ist (z. B. weil nur wenige Bestände zu erfassen sind). Liegt dieser Fall jedoch nicht vor, zeigt sich ihr Einsatz als wirtschaftlich unzweckmäßig (Mumm, 2019, S. 41). Anzumerken ist jedoch, dass bei der Inventurmethode der unterjährige Verwaltungsaufwand sehr gering ist. Bestandsminderungen (Schwund) durch Diebstahl oder unsachgemäße Lagerung können nicht direkt festgestellt werden und gehen deshalb als Verbrauch in die Kostenrechnung ein. [3] Die Skontrationsmethode (oder auch Fortschreibungsmethode) Die Skontrationsmethode setzt die Aufzeichnung von Materialentnahmen mit sog. Entnahmescheinen voraus. Demnach wird bei jeder Entnahme von Gütern aus dem Lager ein Entnahmeschein ausgefüllt, um den entsprechenden Abgang an Material zu erfassen. Die Summe der Mengen auf den Entnahmescheinen ergibt den Verbrauch der Periode. Bei dieser Methode geht der Schwund im Lager nicht in den Verbrauch ein. Als Nachteil der Skontrationsmethode ist der zusätzlich hinzukommende Verwaltungsaufwand zu nennen, der sich jedoch durch entsprechende EDV-Systeme oder selbst mithilfe einfacher Excel-Tabellen in Grenzen halten lässt (Kalenberg, 2013, S. 37f.). Anfangsbestand Zugänge Endbestand Verbrauch + _ <?page no="70"?> 70 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke [4] Die Rückrechnungsmethode Bei der Rückrechnungsmethode wird der Verbrauch über Stücklisten aus den verkauften Mengen zurückgerechnet. Um es an einem Beispiel einer anderen Branche deutlich zu machen: Ein Fahrradhersteller hat bei der Veräußerung eines Fahrrades stets einen Verbrauch von zwei Felgen. Die Materialwirtschafssysteme der Apotheke können den Verbrauch auf Basis der Rückrechnungsmethode ermitteln. Schwund und Ausschuss (also beispielsweise der Verwurf bei der Zytostatika-Herstellung oder eine unsachgemäß zusammengestellte Salbe) werden nicht als Verbrauch erfasst. Um den Schwund, der etwa durch Diebstahl oder dem Verderb der Ware wegen einer unsachgemäßen Lagerung entsteht, berechnen zu können, müssen die Verbrauchswerte aus der Inventurmethode mit denen der Skontraktionsmethode verglichen werden. Ergibt sich beispielsweise nach der Inventurmethode ein Verbrauch von 250 Mengeneinheiten und nach der Skontraktionsmethode von 210 Mengeneinheiten, dann sind im Lager 40 Mengeneinheiten verloren gegangen (Schwund). Gleichwohl können eine Ursache dafür auch Fehler bei der Erfassung der Zugänge, Abgänge oder des Bestandes sein. Der Ausschuss lässt sich wiederum aus der Kombination der Rückrechnungsmethode und der Skontraktionsmethode errechnen: Ermittelt die Rückrechnungsmethode einen Verbrauch von 180 Mengeneinheiten, dann ergibt sich ein Ausschuss in Höhe von 30 Mengeneinheiten (= 210-180 ME). Sind die Verbrauchsmengen erfasst, können im nächsten Schritt ihre Kosten ermittelt werden. Diese ergeben sich aus dem mengenmäßigen Verbrauch multipliziert mit dem Preis. Für die Preisermittlung existieren verschiedene Verfahren, wobei im Folgenden nur die, die in der Praxis am häufigsten verwendet werden, erläutert werden: Ist-Preisverfahren: Verwendung der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten Methode des periodischen Durchschnittspreises Methode der gleitenden Durchschnittspreise Festpreisverfahren Dabei kommen die Ist-Preisverfahren vornehmlich zum Einsatz, um Selbstkosten oder Verkaufspreise zu kalkulieren. Das Festpreisverfahren dient dazu, bei Preisschwankungen die Wirtschaftskontrolle durchzuführen und dabei diese Preisschwankungen als Ursache von Abweichungen auszuschließen. <?page no="71"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 71 Ist-Preisverfahren: Verwendung der historischen Anschaffungskosten Dieses Verfahren wird dann angewandt, wenn sich keine Preisveränderungen ergeben. In diesem Fall werden die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet, um den Verbrauch zu berechnen. Ist-Preisverfahren: Methode des periodischen Durchschnittspreises Bei dem Verfahren des periodischen Durchschnittspreises wird einmalig für jede Periode ein Durchschnittspreis ermittelt, der zur Berechnung des Verbrauchs verwendet wird. Um das Verfahren an einem Beispiel aufzuzeigen, wurden in der folgenden Tabelle die Lagerbewegungen von N2-Packungen Paracetamol eines Jahres abgetragen. Datum Veränderung Menge Preis in €/ Packung 1.1. Anfangsbestand 200 1,00 13.4. Verbrauch 140 4.5. Zugang 1 200 0,70 1.9. Verbrauch 160 4.9. Zugang 2 100 0,80 Der Verbrauch auf Basis des periodischen Durchschnittspreises wird nun wie folgt ermittelt: Schritt 1: Zuerst werden die Zugänge und der Anfangsbestand mit ihren jeweiligen Preisen multipliziert und addiert. Schritt 2: Dann wird der Gesamtwert durch die kumulierte Menge geteilt. In unserem Beispiel ergibt also 420 Euro/ 500 Packungen einen Durchschnittspreis von 0,84 Euro pro Packung. Schritt 3: Im nächsten Schritt wird die Summe aller Verbräuche ermittelt: In unserem Fall wurden 300 Packungen (140+160) verbraucht. Schritt 4: Schließlich wird der Jahresverbrauch mit dem Durchschnittspreis multipliziert. Das bedeutet, dass sich ein Verbrauch in Höhe von 252 Euro (300 Packungen × 0,84 Euro) ergibt. Die Bewertung des Endbestands der restlichen 200 Packungen wird <?page no="72"?> 72 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Datum Menge Preis in €/ Packung Gesamtwert in € Anfangsbestand 1.1. 200 1,00 200 + Zugang 1 4.5. 200 0,70 140 + Zugang 2 4.9. 100 0,80 80 = Zwischensumme 500 420 Ist-Preisverfahren: Methode der gleitenden Durchschnittspreise Die Kosten des Verbrauchs können auch über die Methode der gleitenden Durchschnittspreise ermittelt werden. Die Vorgehensweise entspricht dem periodischen Verfahren, wohingegen lediglich nach jedem Lagerzugang ein neuer Durchschnitt gebildet wird, welcher in Folge maßgeblich für die Beurteilung des Verbrauchs ist (siehe nachstehende Tabelle). Datum Menge Preis in €/ Packung Gesamtwert in € Anfangsbestand 1.1. 200 1,00 200,00 - Verbrauch 13.4. 140 1,00 140,00 (Lagerbestand) 60 1,00 60,00 + Zugang 1 4.5. 200 0,70 140,00 (Lagerbestand) 260 0,7692 200,00 - Verbrauch 1.9. 160 0,7692 123,08 (Lagerbestand) 100 0,7692 76,92 + Zugang 2 4.9. 100 0,80 80,00 Endbestand 200 0,7846 156,92 Im gegebenen Fall ergibt sich beispielsweise durch die Division von 60 durch 140 ein neuer Durchschnittspreis von 0,7692 Euro, mit dem der Verbrauch am 1.9. bewertet wird (0,7692 × 160 = 123,70 Euro). Der Jahresverbrauch wird aus der Summe der Verbräuche vom 13.4. und vom 1.9. errechnet und beträgt also 140,00 + 123,70 = 263,70 Euro. Das gleitende Durchschnittsverfahren aus der Differenz zwischen 420 und 252 Euro errechnet und beträgt also 168 Euro. <?page no="73"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 73 gewährleistet eine schnellere Orientierung des Lagerbestandes und des Verbrauches an den Einstandspreisen als das periodische Durchschnittsverfahren, bei dem eine derartige Anpassung nur einmal pro Periode stattfindet. Dies ist unerheblich, wenn die Preisveränderungen vergleichsweise langsam vonstattengehen, wie das in der Apotheke regelmäßig der Fall ist. In anderen Branchen kann das jedoch eine erhebliche Bedeutung aufweisen (Stichwort: Tankstelle). Festpreisverfahren Ein weiteres Verfahren zur Ermittlung des kostenmäßigen Verbrauchs ist das sogenannte Festpreisverfahren. Hier bildet der anfängliche Preis die Basis für die Berechnung, der in der ganzen Periode konstant bleibt (z. B. der vom Jahresanfang, im oberen Beispiel also 1,00 Euro). Etwaige Preisschwankungen bleiben dabei ungeachtet (Sigloch, 2011, S. 228). 5.1.2.3 Kalkulatorische Kosten Weiterhin sind in der Kostenartenrechnung die kalkulatorischen Kosten zu erfassen. Diese stellen aufwandsungleiche Kosten dar und sind entweder zu 4.2.5). Im Weiteren werden die unterschiedlichen Kategorien der kalkulatorischen Kosten an Beispielen aus der Apotheke erläutert. Dabei soll auch auf den Sinn der Erfassung jeder einzelnen Kategorie eingegangen werden. Kalkulatorische Abschreibungen Abschreibungen stellen den Werteverzehr für materielle und immaterielle Gegenstände eines Betriebs dar. Dabei wird zwischen bilanziellen (pagatorischen) Abschreibungen (für externe Zwecke) und kalkulatorischen Abschreibungen (für interne Zwecke wie die Kostenrechnung) unterschieden (Olfert, 2018, S. 123ff.). Sowohl in der Kostenrechnung als auch in der Bilanz werden planmäßige Abschreibungen bei den abnutzbaren Vermögensgegenständen wie beispielsweise bei der Geschäftsausstattung oder den technischen Anlagen (z. B. Kommissionierautomat, Blistergerät) vorgenommen. Bei außerordentlichen Wertminderungen kommen zudem sowohl bei abnutzbaren als auch bei nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen (z. B. dem Betriebsgrundstück) außerplanmäßige Abschreibungen zur Anwendung (siehe Abbildung 18). So muss beispielsweise der Pkw, mit dem Arzneimittel verfahren werden, komplett abgeschrieben werden, wenn er durch einen Unfall einen Totalschaden erleidet und nicht mehr instandgesetzt wird. <?page no="74"?> 74 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Für die Berechnung der Abschreibungskosten, die den Reinvestitionsbedarf abdecken sollen, werden in der Regel nicht die ermittelten Abschreibungsbeträge aus der Finanzbuchhaltung zu Grunde gelegt, die als Basis die historischen Herstellungsbzw. Anschaffungskosten verwenden, sondern kalkulatorische Ausgangswerte (z. B. Wiederbeschaffungswerte, Zeitwerte). Mit dieser Vorgehensweise wird eine möglichst hohe Verursachungsgerechtigkeit angestrebt. Bei stabilem Preisniveau kann jedoch auch ein historischer Preis als adäquate Kalkulationsbasis für kalkulatorische Abschreibungen verwendet werden. Abb. 18: Abschreibung in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Darüber hinaus wird bei kalkulatorischen Abschreibungen als Berechnungsbasis nicht die laut gesetzlicher AfA-Tabelle vorgeschriebene Nutzungsdauer (wie im Rahmen der Finanzbuchhaltung) verwendet, sondern die tatsächliche Abnutzungsdauer, die davon erheblich abweichen kann: So haben HV-Tische eine steuerliche Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle von 10 Jahren. Tatsächlich werden sie aber beispielsweise in der Apotheke 15 Jahre genutzt. Für die Zwecke der Kostenrechnung ergibt sich also eine andere Nutzungsdauer als für die Finanzbuchhaltung. Dementsprechend kann der anzusetzende Abschreibungssatz in der Kostenrechnung und in der Buchhaltung variieren. Fallbeispiel: Unterschiede zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung Die Unterschiede zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung können am Beispiel einer linearen Abschreibung eines Botenfahrzeuges, das zum Verfahren von Arzneimitteln dient, erläutert werden. Laut AfA-Tabelle wird ein Pkw linear über sechs Jahre abgeschrieben. Der <?page no="75"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 75 Anschaffungspreis beträgt 20.000 Euro. Im Gegensatz dazu wird bei kalkulatorischer Abschreibung die (wirtschaftliche) Nutzungsdauer mit acht Jahren geplant. Dabei wird in acht Jahren aufgrund der Inflation mit einem Wiederbeschaffungspreis in Höhe von 25.000 Euro gerechnet. Als bilanzielle Abschreibung ergibt sich aus der Division von 20.000 Euro und 6 Jahren ein jährlicher AfA-Betrag von 3.333,33 Euro. In der kalkulatorischen Abschreibung hingegen ergibt sich ein Betrag von 3.125 Euro p. a. aus der Division von 25.000 Euro und 8 Jahren (siehe Tabelle 5). bilanzielle Abschreibung kalkulatorische Abschreibung Nutzungsdauer 6 8 Ausgangswert 20.000 € 25.000 € Abschreibungsmethode linear linear Abschreibungsrate 3.333,33 € 3.125,00 € Tab. 5: Vergleich zwischen kalkulatorischer und bilanzieller Abschreibung. Quelle: Eigene Darstellung. Die geplante wirtschaftliche Nutzungsdauer muss geschätzt werden, was sich nach den konkreten Gegebenheiten richten muss. In Tabelle 6 wird ein möglicher Ansatz zur Schätzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern der Apotheke dargestellt. Die Werte basieren auf den AfA-Tabellen (BMF, 2000) und können als erste Orientierung dienen. Vermögensgegenstand der Apotheke (steuerliche) Nutzung (in Jahren) Aktenschränke 13 Büromöbel 13 Computerkassen 6 Kommissionierer 8 Laboreinrichtung 14 Laborgeräte 13 Personalcomputer und Peripheriegeräte 3 Tresore 13 Verkaufstheken 10 Tab. 6: Steuerliche Nutzungsdauern von typischen Wirtschaftsgütern in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BMF (2000). <?page no="76"?> 76 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Da die genaue Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter nur schwer zu bestimmen ist, kommt es oft zu Fehleinschätzungen. In diesem Fall stehen grundsätzlich drei alternative Lösungen zur Auswahl, die am folgenden Fallbeispiel erläutert werden sollen (in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 97ff.). Fallbeispiel: Fehleinschätzung der Nutzungsdauer Vor sechs Jahren erwarb die Marien-Apotheke einen neuen Kommissionierer. Die entsprechenden Anschaffungskosten (100.000 Euro) werden linear abgeschrieben, die geplante Nutzungsdauer zum Zeitpunkt des Erwerbs wurde auf 8 Jahre geschätzt. Nun stellt der Apotheker und der Techniker des Herstellers fest, dass der Kommissionierer eigentlich in einem guten Zustand ist und zwei Jahre länger genutzt werden kann (insgesamt 10 Jahre). Folgende drei Alternativen zur Korrektur kalkulatorischer Abschreibungen werden in der Praxis formuliert: [1] Es wird vorgeschlagen, den bisherigen Abschreibungsbetrag beizubehalten. In diesem Fall werden 25.000 Euro (12.500 Euro × 2 Jahre) mehr abgeschrieben. [2] Der am Ende des sechsten Jahres stehende Restbuchwert in Höhe von 25.000 Euro wird auf die restlichen vier Jahre linear abgeschrieben. Der Restbuchwert am Ende der Nutzungsdauer beträgt dann 0 Euro. [3] Am Ende des sechsten Jahres ermittelt man den ursprünglich richtigen Abschreibungsbetrag bei einer Nutzungsdauer von 10 Jahren in Höhe von 10.000 Euro und verrechnet diesen in den folgenden Jahren. In diesem Fall werden 15.000 Euro mehr abgeschrieben. Die ersten beiden formulierten Alternativen sind grundsätzlich abzulehnen, da diese Verfahren den tatsächlichen verursachungsgerechten Ressourcenverbrauch nicht realistisch abbilden können. Die dritte Alternative stellt das einzige Verfahren dar, das die noch folgenden Rechnungsperioden mit dem tatsächlichem Werteverzehr belastet. Aus diesem Grund sollte dieses Verfahren von der Marien-Apotheke angewandt werden. Der tatsächliche Werteverzehr gilt auch als Orientierung für den Fall, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ausfällt, als geschätzt wird. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Vorschriften können bei der kalkulatorischen Abschreibung alle Abschreibungsmethoden angewandt werden: lineare, geometrisch-degressive, arithmetisch-degressive, progressive und leistungsabhängige Abschreibung. Im Gegensatz dazu dürfen in der Bilanz nur die lineare und mit starken Einschränkungen die geometrisch-degressive Abschreibung genutzt werden (Olfert, 2018, S. 127ff.). Im Folgenden werden die <?page no="77"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 77 verschiedenen Methoden zur Berechnung kalkulatorischer Abschreibungen erläutert (siehe Abbildung 19). Abb. 19: Abschreibungsmethoden. Quelle: Eigene Darstellung. Lineare Abschreibung Bei der linearen Abschreibung wird der Basiswert eines Anlagegutes auf die Rechnungsperioden, in denen das Gut voraussichtlich genutzt wird, verteilt. Die Verteilung erfolgt dabei linear, also gleichmäßig. Demgemäß wird der jährliche Abschreibungsbetrag ausgerechnet, indem der Basiswert durch die Zahl der Nutzungsjahre dividiert wird. Am Ende der Nutzungsdauer hat das Gut einen Wert von 0 Euro. A = B ND A = Abschreibungsbetrag; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer Diese Methode wird aufgrund ihrer Einfachheit in der Praxis am häufigsten angewandt. Zudem kann die gleichmäßige Belastung als „Ausdruck einer angestrebten Periodengerechtigkeit“ interpretiert werden. Dies stellt ein bedeutendes Argument aus Sicht der Kostenrechnung dar, da keine Periode gegenüber der anderen bevorzugt bzw. benachteiligt wird. Gegen das Verfahren ist einzuwenden, dass es nicht dem typischen Verlauf des potenziellen Veräußerungserlöses entspricht, der nicht linear, sondern eher degressiv (unterproportional) verläuft. Aus diesem Grund werden mitunter in der kostenrechne- <?page no="78"?> 78 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke rischen Praxis degressive Abschreibungsmethoden angewandt (Weber & Weißenberger, 2015, S. 327f.). Arithmetisch-degressive Abschreibung Bei der arithmetisch-degressiven Abschreibung wird von Periode zu Periode in abnehmenden Raten abgeschrieben. Die Abnahme erfolgt dabei um einen stets gleich bleibenden Betrag (der sogenannte Degressionsbetrag D). Dies führt zu degressiven, also immer geringeren Abschreibungsbeträgen. Auch bei dieser Methode ergibt sich am Ende der Nutzungsdauer der Wert von 0 Euro. D = B ND × (ND + 1) 2 A = D × (ND + 1 t) D = Degressionsbetrag; A = Abschreibungsbetrag im Zeitpunkt t; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer; t = Anzahl vergangener Perioden Geometrisch-degressive Abschreibung Kommt die geometrisch-degressive Abschreibungsart zur Anwendung, erfolgt die Abschreibung ebenso in abnehmenden Raten. Die Raten werden jedoch nicht um einen konstanten Betrag, wie dies bei der arithmetisch-degressiven Abschreibung der Fall ist, sondern um einen konstanten Prozentsatz p vermindert. Im Unterschied zu den anderen Abschreibungsarten ergibt sich hier stets ein Restwert. Um dies zu umgehen, wird oftmals nach einer bestimmten Anzahl von Perioden auf eine lineare Abschreibung des Restwertes übergegangen. p = 100 × (1 ) A = Restwert(t 1) × p p = Abschreibungssatz; A = Abschreibungsbetrag; B = Basiswert; ND = geschätzte Nutzungsdauer; t = Anzahl vergangener Perioden Die beiden dargestellten degressiven Abschreibungsmethoden führen zu einer nicht gleichmäßigen Belastung der Rechnungsperioden, deren Anwendung sich jedoch aus betriebswirtschaftlicher Sicht begründen lässt: Mit zunehmender Nutzungsdauer der technischen Geräte nehmen auch die Instandhaltungskosten progressiv zu. Beide Kostenarten (kalkulatorische Abschrei- <?page no="79"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 79 bung und Instandhaltungskosten) führen zu einer relativen Gleichbelastung der Perioden. In Tabelle 7 findet sich ein Vergleich der drei erläuterten Abschreibungsarten am Beispiel der Abschreibung eines automatischen Blistergeräts (Wiederbeschaffungswert von 15.000 Euro), das am 1.1.2020 beschafft wurde. Zeitpunkt der Abschreibung linear arithmetischdegressiv geometrischdegressiv 31.12.2020 15.000 -3.000 15.000 -5.000 15.000 -5.535 31.12.2021 12.000 -3.000 10.000 -4.000 9.465 -3.493 31.12.2022 9.000 -3.000 6.000 -3.000 5.972 -2.186 31.12.2023 6.000 -3.000 3.000 -2.000 3.768 -1.408 31.12.2024 3.000 -3.000 1.000 -1.000 2.378 -878 31.12.2025 0 0 1.500 Tab. 7: Vergleich linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsart. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 95f. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht graphisch die Unterschiede zwischen linearer, arithmetisch- und geometrisch-degressiver Abschreibungsmethode. A = 15.000 5 Jahre = 3.000 = 15.000 5 × (5 + 1) 2 = 1.000 = 1.000 × (5 + 1 1) = 5.000 = 100 × (1 1.500 15.000 ) = 36,9% = 15.000 × 0,369 = 5.535 <?page no="80"?> 80 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Abb. 20: Graphische Darstellung der Abschreibungsmethoden. Quelle: Eigene Darstellung. Arithmetisch- und geometrisch-progressive Abschreibungen Eine weitere Form der Abschreibung ist die progressive Abschreibung. Im Unterschied zu den degressiven Abschreibungen steigen hier die Abschreibungsraten, wobei die Progression auch arithmetisch oder geometrisch verlaufen kann. In der Praxis wird diese Methode nur sehr selten angewandt, da mit der zunehmenden Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts auch seine Instandhaltungskosten progressiv zunehmen. Dadurch kommt es insbesondere in den letzten Abschreibungsperioden zu einer doppelten Belastung. Da dieses Verfahren keine Bedeutung für die Apotheke hat, wird hier auf ein entsprechendes Rechenbeispiel verzichtet. Leistungsabhängige Abschreibung Im Gegensatz zu den anderen Abschreibungsmethoden, denen die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes zugrunde liegt, richtet sich die leistungsabhängige Abschreibung nach seiner Inanspruchnahme. Demnach werden die Herstellungsbzw. Wiederbeschaffungskosten entsprechend der tatsächlichen jährlichen Leistungsinanspruchnahme auf Basis eines zu schätzenden Gesamtvolumens verteilt. Da das Verfahren eine Messung der Leistungsabgabe erfordert, ist es schwer anwendbar und eignet sich nur für die Abschreibung weniger Güter der Apotheke wie z. B. für das Botenfahrzeug (hier wäre eine Leistungsmessung mit Hilfe des jeweiligen Kilometerstandes möglich). 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 1 2 3 4 5 linear arithmetisch-deg. geom.-deg. (RW=1.500) <?page no="81"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 81 Fallbeispiel Die Sonnen-Apotheke fährt mit einem Botenfahrzeug Arzneimittel aus, die beim Besuch des Patienten in der Apotheke nicht vorrätig waren. Die Wiederbeschaffungskosten des Fahrzeuges betragen 27.000 Euro. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug eine Gesamtleistung von 250.000 km aufweist. Im ersten Jahr werden nun 30.000 km und im zweiten Jahr 22.000 km zurückgelegt. Die Abschreibung berechnet sich dann wie folgt: Abschreibung (1. Jahr) = 27.000 € × 30.000 km 250.000 km = 3.240 € Abschreibung (2. Jahr) = 27.000 € × 22.000 km 250.000 km = 2.376 € Kalkulatorische Zinsen Die kalkulatorischen Zinsen (auch kalkulatorische Zinskosten genannt) stellen einen weiteren kalkulatorischen Kostenblock dar. Sie werden für das gebundene Gesamtkapital, das zur Finanzierung des Sachziels eingesetzt wird, unabhängig von der Art der Finanzierung (Eigen-/ Fremdkapital) berechnet und weichen daher meist von dem im Rahmen der Buchhaltung erfassten Zinsaufwand ab. Wird das Kapital aber nicht sachzielbezogen eingesetzt, handelt es sich bei Kapitalzinsen nicht um Kosten, sondern um neutrale Aufwendungen, die in der Kostenrechnung nicht erfasst werden (Steger, 2010, S. 240). Im Rahmen der kalkulatorischen Zinsen muss zunächst zwischen Zinsen auf Fremdkapital und auf Eigenkapital unterschieden werden. Die Bereitstellung des Fremdkapitals für die Finanzierung sachzielbezogener Zwecke kann grundsätzlich als Dienstleistung angesehen werden, was als betriebsnotwendiger Verbrauch von Produktionsfaktoren zu verstehen ist (Hans, 2002, S. 114). Dem Ansatz der kalkulatorischen Kapitalzinsen auf Eigenkapital liegt dagegen der Opportunitätskostengedanke zugrunde. Unter Opportunitätskosten werden dabei entgangene Erlöse der nächstbesseren Verwendung verstanden. Demzufolge stellt das beispielsweise in einer Apotheke in Anlagen investierte Eigenkapital einen Wertverzehr dar, denn man hätte damit auf dem Kapitalmarkt Zinserträge erwirtschaften können (in Anlehnung an Fillinger, 1995, S. 124). Grundsätzlich lassen sich die kalkulatorischen Zinsen aus dem betriebsnotwendigen Kapital multipliziert mit einem Kalkulationszinssatz ermitteln (siehe nachfolgende Formel) (Steger, 2010, S. 240). <?page no="82"?> 82 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Kalk. Zinsen = betriebsnotwendiges Kapital × Zinssatz Im Folgenden soll die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen schrittweise beschrieben werden. Schritt 1: Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens Den Ausgangspunkt der Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals stellt die Erfassung des betriebsnotwendigen Vermögens des Betriebs dar. Unter dem betriebsnotwendigen Vermögen versteht man das Vermögen, das zur Erreichung des Betriebszwecks beiträgt. Die Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens erfolgt i. d. R. anhand der in der Bilanz enthaltenen Vermögenswerte der Aktivseite (Coenenberg et al., 2016, S. 101). Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nicht alle Bestandteile der bilanzierten Vermögenswerte betriebsnotwendiges Vermögen darstellen und diese daher nicht zur Ermittlung der kalkulatorischen Kosten herangezogen werden sollten. Aus diesem Grund sind von dem gesamten bilanziell ausgewiesenen Vermögen alle nicht der Realisierung des Sachziels eines Betriebs dienenden Vermögensteile abzuziehen (Steger, 2010, S. 242). Dazu gehören beispielsweise ungenutzte oder fremdgenutzte Räumlichkeiten in der Apotheke, Grundstücke im Betriebsvermögen, die nicht oder für andere Zwecke genutzt werden, Pkws im Betriebsvermögen, die nicht für die Apotheke genutzt werden, usw. Dabei ist Folgendes zu beachten: Werden kalkulatorische Zinsen nur in Bezug auf das Eigenkapital der Apotheke ermittelt (Zinsen auf Fremdkapital können aus der Finanzbuchhaltung übernommen werden), muss nur das betriebsnotwendige Vermögen ermittelt werden, das durch das Eigenkapital finanziert wird. Im folgenden Exkurs wird der Aufbau der Aktivseite einer Apothekenbilanz erläutert, der die Grundlage für die Ermittlung des betriebsnotwendigen (Umlauf- und Anlage-)Vermögens darstellt. Exkurs: Aufbau der Aktivseite der Bilanz einer Apotheke Die Aktivseite der Bilanz setzt sich aus drei Hauptpositionen zusammen: Anlagevermögen, Umlaufvermögen und Rechnungsabgrenzungsposten. Beim Anlagevermögen handelt es sich um solche Vermögenswerte, die nicht zur Veräußerung bestimmt sind und dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen. Dabei wird das Anlagevermögen in immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen untergliedert. Das Umlaufvermögen umfasst dagegen solche Vermögensgegenstände, die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, und die keine Posten der Rechnungsabgrenzung darstellen. Dazu gehören Vorräte, Forderungen, Wertpapiere, der Kas- <?page no="83"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 83 senbestand und die Bankguthaben. Der dritte Bereich der Aktivseite sind Rechnungsabgrenzungsposten. Hierbei handelt es sich um eine Bilanzposition, die Ausgaben umfasst, die vor dem Abschlussstichtag getätigt wurden, wobei die eigentliche Leistung nach dem Abschlussstichtag erfolgt. In der folgenden Tabelle ist der allgemeine Aufbau der Aktivseite einer Bilanz einer Apotheke mit entsprechenden Beispielen dargestellt. Aktiva in der Apotheke A. Anlagevermögen I. Immaterielle Vermögensgegenstände z. B. Firmen-/ und Geschäftswert bei erworbenen Apotheken, entgeltlich erworbene Software II. Sachanlagen z. B. unbebaute und bebaute Grundstücke, Gebäude, technische Geräte (Blistergerät, Kommissionierautomat), Büroeinrichtung, Einrichtung der Offizin, Fahrzeuge III. Finanzanlagen z. B. Aktien (langfristige Anlage von Mitteln) B. Umlaufvermögen I. Vorräte z. B. Warenbestand an Fertigarzneimitteln, Bestand an Wirkstoffen II. Forderungen z. B. Forderungen gegenüber der GKV III. Wertpapiere z. B. Aktien (kurzfristige Anlage von Mitteln) IV. Kassenbestand, Bankguthaben z. B. Kontoguthaben bei Kreditinstituten, Bestand der Barkasse C. Rechnungsabgrenzungsposten Tab. 8: Aktivseite in der Apothekenbilanz. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="84"?> 84 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Bei der Betrachtung des allgemeinen Aufbaus der Aktivseite wird deutlich, dass alle ihre Bestandteile für Apotheken unter Umständen von Relevanz sein können. So handelt es sich bei immateriellen Vermögensgegenständen um nicht physische Vermögenswerte der Apotheke wie den Geschäfts- und Firmenwert oder eine entgeltlich erworbene Software (z. B. Apothekenmanagementsoftware). Finanzanlagen schließen solche Wertpapiere ein, die in der Apotheke langfristig gehalten werden sollen (in der Regel mehr als 1 Jahr). Darüber hinaus können Apotheken auch Sachanlagen in Form von unbebauten und bebauten Grundstücken, Gebäuden, technischen Geräten oder auch Fahrzeugen besitzen. Beim Umlaufvermögen sind vornehmlich die Bestände an Fertigarzneimitteln und Wirkstoffen von Bedeutung. Daneben sind das Kontoguthaben bei Kreditinstituten, der Bestand der Barkasse sowie Forderungen gegenüber der GKV relevant. Zum Umlaufvermögen einer Apotheke zählen auch Wertpapiere, die kurzfristig gehalten werden (weniger als ein Jahr). Schritt 2: Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens Die Bewertung des betriebsnotwendigen (Umlauf- und Anlage-)Vermögens erfolgt in der Kostenrechnung nicht bei allen Posten gleich. Beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen der Apotheke (z. B. Grundstück) wird als Wertansatz der kalkulatorische Ausgangswert zu Grunde gelegt. Hierbei handelt es sich in der Regel um die Anschaffungskosten bzw. um Werte, die sich aus der Finanzbuchhaltung ergeben. Bei Preissteigerungen werden die Wiederbeschaffungskosten verwendet. Beim abnutzbaren Anlagevermögen (z. B. technische Geräte, Offizin-Einrichtung, Laborausstattung) kann die Bewertung mit Restwertverzinsung oder Durchschnittswertverzinsung erfolgen. Bei der Restwertverzinsung werden die kalkulatorischen Zinsen auf Basis der Restwerte berechnet. Diese ergeben sich aus dem Anschaffungswert abzüglich der zwischenzeitlich angefallenen Abschreibungen. Bei Durchschnittswertverzinsung wird dagegen als Wertansatz der halbe kalkulatorische Ausgangswert (Anschaffungs-/ Herstellungskosten oder Wiederbeschaffungskosten) verwendet: Wertansatz = Anschaffungs/ Herstellungskosten 2 oder = Wiederbeschaffungskosten 2 <?page no="85"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 85 In der Praxis wird die Durchschnittswertmethode aufgrund ihrer einfachen Handhabung oft der Restwertmethode vorgezogen (Steger, 2011, S. 245). Was das Umlaufvermögen anbelangt, befindet sich dieses nur für kurze Zeit in der Apotheke. Daher kann seine Höhe innerhalb einer Periode stark schwanken. Aus diesem Grund wird das betriebsnotwendige Umlaufvermögen nicht mit einem sich aus der Bilanz ergebenden Stichtagsbestand, sondern mit dem Durchschnittsbestand der relevanten Abrechnungsperiode angesetzt. In der folgenden Tabelle werden die relevanten Wertansätze in Abhängigkeit von der Vermögensform zusammenfassend dargelegt. Vermögensform Wertansatz nicht abnutzbares betriebsnotwendiges Anlagevermögen (z. B. Grundstück) kalkulatorischer Ausgangswert abnutzbares betriebsnotwendiges Anlagevermögen (z. B. langlebige technische Geräte) hälftiger kalkulatorischer Ausgangswert (Durchschnittswertmethode) oder Ausgangswert abzüglich der zwischenzeitlich angefallenen Abschreibungen (Restbuchwertmethode) betriebsnotwendiges Umlaufvermögen: - Vorräte (Arzneimittelbestand) - Zahlungsmittelbestände (z. B. Barkassenbestände) geleistete Anzahlungen - Forderungen usw. durchschnittlicher Buchwert Tab. 9: Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="86"?> 86 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Schritt 3: Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals Nachdem das betriebsnotwendige Vermögen ermittelt und bewertet wurde, kann schließlich das betriebsnotwendige Kapital der Apotheke entsprechend dem angeführten Schema ausgerechnet werden: betriebsnotwendiges Vermögen Abzugskapital = betriebsnotwendiges Kapital Unter dem sogenannten Abzugskapital, das vom betriebsnotwendigen Vermögen abgezogen werden muss, ist das der Apotheke zinsfrei zur Verfügung stehende Fremdkapital zu verstehen (z. B. Lieferantenkredite des Pharmagroßhandels, Vorauszahlungen von Privatpatienten). Schritt 4: Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes Im nächsten Schritt wird der kalkulatorische Zinssatz ermittelt. Dieser ist individuell für jede Apotheke. Für die Ermittlung des Zinssatzes müssen dabei der Zinssatz für Fremdkapital und der Zinssatz für Eigenkapital berücksichtigt werden. Erfolgt die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals mit dem Fremdkapitalzins, kann dafür ein Durchschnittssatz angewandt werden (in diesem Fall sind Zinskosten als Anderskosten zu betrachten). Die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes für das Eigenkapital erfolgt nach dem Opportunitätskostenprinzip. Demgemäß ist dafür der Zinssatz der nächstgünstigsten Verwendung relevant (Steger, 2011, S. 248). In der Praxis orientiert man sich dabei überwiegend am langfristigen und risikoarmen Kapitalmarkt wie z. B. dem Markt für Staatsanleihen. Der aktuelle Zins für zehnjährige Staatsanleihen in Deutschland liegt beispielsweise bei etwa -0,52 % (Stand: März 2020). Hierzu wird in der Regel ein (Risiko-)Zuschlag addiert, um das Risiko einer Fehleinschätzung zu berücksichtigen. Ist der dann ermittelte Zinssatz negativ, werden die kalkulatorischen Zinsen weggelassen. Grundsätzlich steht man bei der Berechnung von Zinskosten vor der Wahl, kalkulatorische Zinsen auf Eigen- und Fremdkapital gemeinsam oder getrennt zu ermitteln. Werden die Zinsen getrennt ermittelt, können Kosten des Fremdkapitaleinsatzes aus der Buchführung übernommen und die Kosten des Eigenkapitaleinsatzes entsprechend der oberen Beschreibung ergänzend berechnet werden. Werden Zinskosten aber zusammen berechnet, muss ein gemeinsamer Mischzinssatz ermittelt werden, da die kalkulatorischen Zinsen sowohl auf das Fremdals auch auf das Eigenkapital anfallen. Hierzu ist nicht nur die Höhe von Eigen- und Fremdkapitalzinsen von Bedeutung, sondern auch die Kapitalstruktur der Apotheke, d. h. das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital (siehe Abbildung 21). Der Mischzins ergibt sich dann aus der <?page no="87"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 87 Summe von Eigenkapitalzinssatz multipliziert mit dem jeweiligen Eigenkapitalanteil und Fremdkapitalzinssatz multipliziert mit dem Fremdkapitalanteil. Zu unterstreichen ist auch, dass der gemeinsame Mischzinssatz nur bei langfristigen strukturellen Veränderungen (z. B. in der Kapitalstruktur, beim Zinsniveau) angepasst werden muss. Die Anpassung an jede Änderung wäre zu aufwendig und würde die Vergleichbarkeit der kostenrechnerischen Ergebnisse untereinander erschweren (Klümper & Zimmermann, 2002, S. 114). Abb. 21: Faktoren für die Bestimmung des kalkulatorischen Mischkapitalzinses. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Klümper & Zimmermann, 2002, S. 114. Schritt 5: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen Nachdem das betriebsnotwendige Kapital der Apotheke und der Zinssatz ermittelt wurden, können schließlich die kalkulatorischen Zinsen entsprechend der unteren Formel berechnet werden: kalkulatorische Zinsen = kalkulatorischer Zinssatz × betriebsnotwendiges Kapital Fallbeispiel: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen der Dorf-Apotheke Die Dorf-Apotheke besitzt ein Grundstück (Wiederbeschaffungswert: 80.000 Euro), auf dem sich das Apothekengebäude befindet (Wiederbeschaffungswert: 450.000 Euro). Ein Drittel des Gebäudes steht derzeit leer und soll zu Kooperationszwecken an eine Praxis für Allgemeinmedizin vermietet werden. In den anderen zwei Dritteln des Gebäudes ist die Apotheke untergebracht. Der Wiederbeschaffungswert der langlebigen technischen Geräte sowie der Apothekenausstattung beträgt 200.000 Euro. Zudem bestehen Forderungen gegenüber der GKV in Höhe von 250.000 Euro. Der Kassenbestand und der Kontobestand der Apotheke liegen zusammen bei insgesamt 210.000 Euro. Das Kapital der Apotheke besteht zu 60 % aus <?page no="88"?> 88 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Eigen- und zu 40 % aus Fremdkapital. Die Höhe der Lieferantenkredite betrug in der relevanten Rechnungsperiode 80.000 Euro. Anhand dieser Informationen sollen kalkulatorische Zinsen für ein Jahr ermittelt werden, wenn der Zins für Staatsanleihen bei 1 % liegt und der durchschnittliche Fremdkapitalzins 2 % beträgt. Die Bewertung des abnutzbaren betriebsnotwendigen Anlagevermögens soll nach der Durchschnittswertmethode vorgenommen werden. Schritte 1 und 2: Ermittlung und Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens (mit Durchschnittswertmethode) Grundstück 80.000 = 80.000 Nutzung des Apothekengebäudes (2/ 3 Gebäude) 450.000 × 2/ 3 2 = 150.000 nicht genutzte Fläche des Gebäudes (1/ 3 Gebäude) nicht betriebsnotwendig = 0 langlebige technische Geräte, Apothekenausstattung 200.000 2 = 100.000 Forderungen 250.000 = 250.000 Kasse, Konto 210.000 = 210.000 durchschnittliches betriebsnotwendiges Vermögen (BNV) . Schritt 3: Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals (BNK) Als Abzugskapital vom betriebsnotwendigen Vermögen werden die Lieferantenkredite in Höhe von 80.000 Euro berücksichtigt : BNK = BNV Abzugskapital = 790.000 80.000 = 710.000 € Schritt 4: Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes Der kalkulatorische Zinssatz stellt den sogenannten Mischzins dar, der sich aus Eigen- und Fremdkapitalzinsen nach dem durchschnittlichen Verhältnis der Eigen- und Fremdfinanzierung der Apotheke ergibt. 0,01 × 0,6 + 0,02 × 0,4 = 0,006 + 0,008 = 0,014 bzw. 1,4 % <?page no="89"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 89 Schritt 5: Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen Die kalkulatorischen Zinsen für das gesamte Jahr ergeben sich schließlich aus dem Produkt des betriebsnotwendigen Kapitals und des im Schritt 4 errechneten Mischzinssatzes: kalkulatorische Zinsen = 710.000 × 0,014 = 9.940 € Kalkulatorische Wagniskosten Die betriebliche Tätigkeit in Apotheken ist mit bestimmten Risiken verbunden, die im Hinblick auf ihre Höhe und ihren Zeitpunkt zufällig auftreten können. Diese Risiken können im Rahmen der Kostenrechnung über die sogenannten kalkulatorischen Wagnisse erfasst werden. Dabei sollen kalkulatorische Wagniskosten nur solche Risiken abdecken, die nicht anderweitig durch eine Versicherung erfasst werden bzw. die durch eine Versicherung gar nicht erfasst werden können (siehe Abbildung 22). Mit der Erfassung kalkulatorischer Wagniskosten werden die unvorhersehbar und unstetig anfallenden Kosten für unsichere Ereignisse geglättet. Damit sollen eventuelle Schwankungen bei der Ermittlung der Kosten in der Apotheke vermieden werden. Die tatsächlich anfallenden Beträge werden dabei als außerordentlicher Aufwand erfasst und nicht in die Kostenrechnung der Apotheke übernommen. Grundsätzlich unterscheidet man folgende Arten von Wagnissen: Beständewagnis (= Lagerverluste durch Diebstahl, Verfall, Wertverlust wegen technischen Fortschritts usw.), Fertigungswagnis (= etwaige Mehrkosten durch Arbeits- oder Konstruktionsfehler), Vertriebswagnis (= Forderungsausfälle, Währungsverluste), Gewährleistungswagnis (= Kosten für Gewährleistungen wie Ersatzlieferungen, Kulanz usw.), Entwicklungswagnis (= fehlgeschlagene Forschungs- und Entwicklungsarbeiten) und Anlagewagnis (= Ausfälle, Wertminderungen, vorzeitiges Nutzungsende der Anlagegüter) (Olfert, 2018, S. 140). <?page no="90"?> 90 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Abb. 22: Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten. Quelle: Manz & Dahmen, 2001, S. 22. In Apotheken sind vor allem das Beständewagnis, das Fertigungswagnis und das Gewährleistungswagnis von Relevanz: Beständewagnis: Bei der Lagerung der Arzneimittel und der Wirkstoffe kann es durch unsachgemäße Lagerung, durch Diebstahl oder durch Überschreiten des Haltbarkeitsdatums zu Schwund kommen. Fertigungswagnis: Bei der Herstellung von Rezepturen und dabei insbesondere von Zytostatika kann es aufgrund von Unachtsamkeit oder anderen Produktionsfehlern zu Ausschuss kommen. Ebenfalls in diese Kategorie fällt der Verwurf bei der Zytostatika-Herstellung. Gewährleistungswagnis: Bei einer fehlerhaften Herausgabe von Arzneimitteln, die anschließend retourniert werden, ist der Apotheker gezwungen, dieselben zu entsorgen und das richtige Medikament herauszugeben. Die Berechnung der kalkulatorischen Wagniskosten erfolgt durch Multiplikation der zweckdienlichen Bezugsbasis des laufenden Jahres mit einem Wagnissatz, der aus historischen Erfahrungswerten und/ oder Statistiken bekannt ist (Steger, 2010, S. 254). Die Bezugsbasis können beispielsweise im Falle eines Fertigungswagnisses die Erlöse der produzierten Rezepturen sein. Wagnissatz (%) = Wagnisverluste vergangener Perioden Bezugsgröße × 100 <?page no="91"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 91 Fallbeispiel: Ermittlung kalkulatorischer Wagniskosten In der Mohren-Apotheke konnte anhand von Erfahrungswerten festgestellt werden, dass über die letzten zehn Jahre hinweg bei einem durchschnittlichen Wareneinsatz bei Rx-Präparaten von 500.000 Euro Präparate im Wert von 1.500 Euro verfallen. Hierfür wird zunächst der Wagnissatz berechnet: Wagnissatz (%) = . . × 100 = 0,3 % Die kalkulatorischen Wagniskosten eines bestimmten Jahres ergeben sich dadurch, dass der zuvor berechnete Wagnissatz von 0,3 % mit dem Wareneinsatz an Rx-Präparaten in dem entsprechenden Jahr (600.000 Euro) multipliziert wird. Wagniskosten der Periode = 0,003 × 600.000 = 1.800 € Die Wagniskosten in Höhe von 1.800 Euro werden in der Kostenrechnung der Apotheke erfasst, um den Schwund bei Rx-Präparaten kalkulatorisch zu berücksichtigen. Anmerkung: Ein großes Problem bei den Wagniskosten ist es - wie bei jeder Versicherung - einen guten Prädiktor für die auftretenden Kosten zu finden. Der hier gewählte Prädiktor „Wareneinsatz“ ist insofern nicht sehr gut geeignet, den Schwund bei Rx-Präparaten zu prognostizieren, da ein höherer Wareneinsatz vermutlich eine höhere Umschlagsgeschwindigkeit des Warenlagers impliziert und diese dazu führt, dass die Arzneimittel tendenziell eher abverkauft werden. Der Wagnissatz müsste also aller Wahrscheinlichkeit nach mit steigendem Wareneinsatz sinken. Kalkulatorische Mietkosten Eine weitere für Apotheken relevante kalkulatorische Kostenart ist die kalkulatorische Miete. Diese wird in gewinnorientierten Unternehmen für Grundstücke, Gebäude und Gegenstände berechnet, die sich nicht im Eigentum des Unternehmens befinden, aber vom Einzelunternehmer oder Gesellschafter für betriebliche Zwecke kostenlos oder deutlich unter dem Marktpreis zur Verfügung gestellt werden (Olfert, 2018, S. 144). In der Finanzbuchhaltung ist bei derartigen Mietverhältnissen keine Verbuchung von Aufwendungen zulässig (Steger, 2010, S. 256). Mit der Berücksichtigung kalkulatorischer Mietkosten soll die Verzerrung der Kostensituation vermieden werden, die sich daraus ergibt, dass man die Grundstücke, Gebäude und Gegenstände eigentlich von fremden Dritten zum <?page no="92"?> 92 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke üblichen Marktpreis mieten müsste. Allerdings soll die kalkulatorische Miete nicht angesetzt werden, wenn schon kalkulatorische Abschreibungen oder Zinsen in Bezug auf dasselbe Objekt erfasst werden, denn dadurch käme es zur Doppelbelastung (Olfert, 2018, S. 144; Steger, 2011, S. 256). Bei der Erfassung bzw. Bewertung der kalkulatorischen Mietkosten orientiert man sich in der Regel an der durchschnittlichen Miete für vergleichbare Räume und Gegenstände. Die durchschnittliche Miete für vergleichbare Räume kann aus dem Gewerbe-Mietspiegel, der normalerweise von den Stadtverwaltungen erstellt wird, entnommen werden. In der folgenden Tabelle ist beispielsweise ein Auszug aus dem Gewerbe-Mietspiegel 2018 im IHK-Kammerbezirk Dresden abgebildet. Flächen- oder Gewerbeart Preisspanne [€/ m²] (netto, 2/ 3-Spanne) Mittelwert [€/ m²] (netto) Einzelhandel - zentrale Lage 9,00-15,00 11,10 Einzelhandel - Randlage 5,00-8,40 6,10 Büro 3,60-9,80 5,50 Praxis 4,00-8,00 5,70 Produktion/ Werkstätten 3,00-7,00 4,60 Lager 1,00-3,00 2,00 Tab. 10: Gewerbe-Mietspiegel 2018, Stadt Meißen. Quelle: Industrie und Handelskammer Dresden, 2018, S. 18. Fallbeispiel: Berechnung der kalkulatorischen Miete Um die Lebensqualität der Einwohner im Landkreis Meißen zu verbessern, werden einer Apotheke Räume (144 m²) in der Randlage der Stadt Meißen kostenfrei durch das Land zur Verfügung gestellt, ohne dass eine bestimmte Nutzungsdauer festgelegt wird. Um die Verzerrung der Kostensituation auszugleichen und sich für den Fall des Wegfalls der Nutzungsmöglichkeit abzusichern, möchte nun der Apotheker die kalkulatorische Miete im Rahmen der Kostenrechnung erfassen. Hierbei wird der aktuelle Gewerbe-Mietspiegel der Stadt Meißen verwendet (siehe Tabelle 10), nach dem der Mittelwert pro Monat und m² für Räume im Einzelhandel in der Randlage 6,10 Euro beträgt. Entsprechend diesem Wert kann die kalkulatorische Miete wie folgt berechnet werden: <?page no="93"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 93 kalkulatorische Miete = 144 × 6,10 € = 878,40 € Da die Vereinbarung getroffen wurde, dass der Raum dem Land überlassen werden kann, sobald er wieder benötigt wird, sollte die Apotheke dazu die kalkulatorische Miete in der Kalkulation der Preise berücksichtigen. Auf diese Weise wäre, für den Fall der notwendigen Abgabe, die Finanzierung eines alternativen Raums sichergestellt. Kalkulatorische Personalkosten Ein weiterer Bestandteil des kalkulatorischen Kostenblocks ist der kalkulatorische Lohn. In Kapitalgesellschaften erhalten leitende Mitarbeiter für ihre Arbeit als Vorstandmitglieder oder Geschäftsführer Gehälter, die als Personalkosten im Rahmen der Kostenrechnung erfasst werden. Bei den Personengesellschaften oder Einzelunternehmen werden den Inhabern jedoch keine Gehälter gezahlt, weil ihre Leistung über den Gewinn entlohnt wird. Da also der Unternehmerlohn über den Gewinn erwirtschaftet werden soll, muss er in der Regel bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen auf kalkulatorischer Kostenbasis in der Preisberechnung im Sinne des Opportunitätskostenprinzips berücksichtigt werden (Olfert, 2018, S. 142). Ähnlich gestaltet sich die Erfassung der kalkulatorischen Personalkosten in der Apotheke. Insbesondere das Gehalt des Inhabers der Apotheke oder entgeltlos mitarbeitender Familienangehöriger fällt u. a. hierunter. Abb. 23: Kalkulatorische Personalkosten in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 106. Die Erfassung und Bewertung kalkulatorischer Personalkosten kann auf Basis des geleisteten Outputs in folgenden Schritten erfolgen: <?page no="94"?> 94 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke [1] Zuerst müssen die stundenmäßigen Leistungen des betreffenden Personals erhoben werden. [2] Danach ist ein Stundensatz für die Berechnung der stundenmäßigen Leistungen dieses Personals festzulegen. Die Höhe des kalkulatorischen Stundensatzes kann mit Hilfe von durchschnittlichen Gehältern von bezahlten Angestellten in vergleichbarer Position aus anderen Betrieben der gleichen Branche ermittelt werden. Für eine Apotheke könnte sich der angesetzte Stundensatz des Inhabers beispielsweise an der Vergütung eines angestellten Apothekers in einer vergleichbaren Apotheke richten. [3] Die stundenmäßigen Leistungen des betreffenden Personals müssen gemäß diesem Stundensatz berechnet werden. [4] Weiterhin muss analysiert werden, an welchen Stellen die Aufnahme kalkulatorischer Kosten in den Betriebsabrechnungsbogen der Apotheke und die Berücksichtigung dieser bei der Kalkulation der Kostenträger (z. B. Fertigarzneimittel, Rezepturen) Sinn ergibt. Schließlich ist zu kontrollieren, inwieweit eine effiziente Nutzung dieser Tätigkeit in der Apotheke gewährleistet ist. 5.1.2.4 Sachkosten Der Begriff Sachkosten ist weitgehend unspezifiziert und findet vor allem Anwendung bei öffentlichen Haushalten. Dort werden unter Sachkosten all diejenigen Kosten verstanden, die nicht zu den Personalkosten zählen. Im Kontext einer Kostenrechnung für Apotheken sollen unter dem Begriff „Sachkosten“ Raumkosten (Miete, Pacht, Kosten für Strom, Wasser, Reinigung etc.), Kfz-Kosten (Kosten für Treibstoff, Reinigung, Instandhaltung etc.), Werbekosten (Kosten für Homepage, Werbemittel, Sponsoring etc.), Kommunikationskosten (Kosten für Telefon, Internet, Porto etc.), Reisekosten, Kosten für Büromaterialien, Kosten des Geldverkehrs (Bankgebühren etc.) und sonstige Sachkosten (Kosten für Literatur etc.) subsumiert werden. Dabei ist eine trennscharfe Abgrenzung nicht immer möglich: So können beispielsweise die kalkulatorische Miete bei unentgeltlich überlassenen Räumen oder die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen bei eigenen Räumen entweder bei den kalkulatorischen Kosten oder aber bei den Raumkosten erfasst werden. <?page no="95"?> 5.1 Kostenartenrechnung in der Apotheke 95 Die Sachkosten können weitgehend direkt aus der Finanzbuchhaltung entnommen werden; ihre Erfassung ist daher wenig kompliziert. Je nachdem, welchen Umfang die Sachkosten haben, kann es freilich auch zweckdienlich sein, eine Aufspaltung beispielsweise in Raumkosten, Kfz- Kosten und sonstige Sachkosten vorzunehmen. Eine stärkere Differenzierung würde auf der einen Seite einen größeren Zuordnungsaufwand generieren, aber auf der anderen Seite bei der Wirtschaftlichkeitskontrolle die Identifikation von Problemfeldern erleichtern. 5.1.2.5 Kosten für fremde Dienstleistungen Hierunter werden Kosten für Dienstleistungen, die von externen Anbietern bezogen wurden, zusammengefasst (Steger, 2010, S. 209). Daher werden sie auch Fremdleistungskosten genannt. Die Kosten für fremde Dienstleistungen können in der Regel direkt aus der Finanzbuchhaltung übernommen werden. Insofern ist ihre Erfassung mit keiner großen Schwierigkeit verbunden. Zu den Kosten für fremde Dienstleistungen gehören in der Apotheke regelmäßig Kosten für Handwerker, Kosten für die Übernahme von Regiearbeiten (z. B. Verblisterung im Lohnauftrag), Honorare des Steuerberaters (z. B. für die Buchführung, den Jahresabschluss und für die Steuergestaltung), Softwareberatungskosten, Honorare von Rechtsanwälten (z. B. bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen) und Gutachtern (z. B. im Zusammenhang mit einem Rechtsverfahren), Honorare für Unternehmensberater (z. B. zur Optimierung des Außenauftritts oder des Einkaufs) sowie Kosten für sonstige Dienstleistungen (z. B. Lieferdienst für Medikamente). 5.1.2.6 Sonstige Kosten Unter dem Begriff „sonstige Kosten“ werden sämtliche Kosten zusammengefasst, die nicht bereits unter den o. g. Kostenarten eine Heimat gefunden haben. Dazu zählen insbesondere Versicherungen (Berufsgenossenschaft, Geschäftsversicherung, Betriebshaftpflichtversicherung, Produkthaftpflichtversicherung etc.) <?page no="96"?> 96 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Kostensteuern (hierzu zählen die Steuern, die einen Kostencharakter aufweisen, durch die Apotheke bzw. den Apotheker direkt bezahlt werden müssen und unabhängig vom Gewinn auftreten. Dies wären z. B. die Grundsteuer, die Kfz-Steuer und früher die Vermögensteuer und die Gewerbekapitalsteuer), Beiträge an Kammern (z. B. LAK, IHK), Vereinigungen sowie Verbänden (z. B. LAV), und Gebühren (z. B. für Franchise). Gleichwohl könnten die Grundsteuer und die Kfz-Steuer unter den Sachkosten als Raumbzw. Kfz-Kosten erfasst werden. Die sonstigen Kosten lassen sich ebenfalls problemlos der Finanzbuchhaltung entnehmen. 5.1.3 Aufteilung der Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten Nachdem die Kosten nach Kostenarten gegliedert wurden, müssen sie zum Zweck der weiteren Verrechnung auf die Kostenträgerkonten als Einzelkosten und Gemeinkosten im Sinne der Zurechenbarkeit zu den Endleistungen der Apotheke aufgeteilt werden. Die Verrechnung der Einzelkosten erfolgt direkt, indem die Kostenartenkonten entlastet und die Einzelkosten gleich an die Kostenträgerkonten übertragen werden. Die Gemeinkosten werden dagegen zuerst im Rahmen der Kostenstellenrechnung einzelnen Kostenstellen zugeordnet und erst danach auf die Kostenträger übertragen. 5.1.4 Zusammenfassung: Kostenartenrechnung in der Apotheke Die Kostenartenrechnung bildet die erste Stufe der Kostenrechnung einer Apotheke. Deren primäre Aufgabe besteht darin, sämtliche Kosten der Apotheke zu erfassen, nach Kostenarten und anschließend nach Einzel- und Gemeinkosten zu gliedern. Zum Zweck der Kostenerfassung ist eine doppelte Buchführung von großem Vorteil, da sie in ihren Prinzipien der Kostenrechnung ähnelt. Es muss jedoch beachtet werden, dass die Buchhaltung als Datenlieferant für die Kostenrechnung an mehreren Stellen ihre Grenzen findet. Beispielsweise werden im Rahmen der Buchhaltung nur pagatorische Kosten erfasst, sodass kalkulatorische Kosten unberücksichtigt bleiben. Für Apotheken sind vor allem folgende Kostenarten relevant: Materialkosten bzw. Wareneinsatz, Personalkosten, kalkulatorische Kosten, Sachkosten, Kosten für fremde Dienstleistungen und sonstige Kosten. Dabei kann gleichwohl auch eine andere Gliederung der Kostenarten vorgenommen werden. <?page no="97"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 97 Kontrollfragen Definieren Sie den Begriff der Kostenartenrechnung und skizzieren Sie typische Anforderungen an diese! Beschreiben Sie den Ablauf der Kostenartenrechnung! An welchen Stellen findet die Finanzbuchhaltung als Datenlieferant für die Kostenrechnung der Apotheke ihre Grenzen? Nennen Sie allgemeine Kriterien, nach denen Kosten gegliedert werden können! Welche Kostenarten sind für Apotheken relevant? Nach welchen Kategorien können Personalkosten in einer Apotheke eingeteilt werden? Welche Materialkosten können für Apotheken von Relevanz sein? Nennen Sie entsprechende Beispiele! Welche Unterarten können bei kalkulatorischen Kosten unterschieden werden? Nennen Sie für jede Unterart jeweils ein Beispiel aus der Apotheke! Für welche Güter müssen Abschreibungen durchgeführt werden? Nennen Sie Abschreibungsmethoden, die im Rahmen der Kostenrechnung angewandt werden können! Nach welcher Formel werden kalkulatorische Zinsen berechnet? Welche Arten der Wagniskosten sind für Apotheken von Relevanz? Nennen Sie drei Beispiele für Sachkosten in einer Apotheke! Was versteht man unter Kosten für fremde Dienstleistungen? Erläutern Sie die Kategorien der sonstigen Kosten und nennen Sie jeweils ein Beispiel aus der Apotheke! 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke Die zweite Stufe der Kostenrechnung bildet die Kostenstellenrechnung. Hier wird der Frage nachgegangen, wo die Kosten in der Apotheke entstehen. Hierbei geht es ausschließlich um Kosten, die nicht unmittelbar einem Kostenträger zugewiesen werden können. Mit anderen Worten versucht die Kostenstellenrechnung zu ergründen, an welchem Ort die Gemeinkosten an- <?page no="98"?> 98 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke gefallen sind, um diese im weiteren Verlauf der Kostenrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträger zu verrechnen bzw. zu verteilen (Kalenberg, 2013, S. 69). Somit stellt sie das Bindeglied zwischen der Kostenarten- und der Kostenträgerrechnung dar. Mit der Verteilung der Gemeinkosten erfüllt die Kostenstellenrechnung folgende Aufgaben (Haberstock, 2008, S. 103f.): Unterstützung der Berechnung der Herstellungsbzw. Selbstkosten der Kostenträger Darstellung der Leistungsbeziehungen innerhalb der Apotheke oder im Apothekenverbund Erhöhung der Kalkulationsgenauigkeit Kontrolle der Kostenstellen (z. B. durch Soll-Ist-Vergleich) 5.2.1 Gliederung von Kostenstellen Um die Kostenstellenrechnung durchzuführen, ist eine organisatorische Einteilung der gesamten Apotheke in Kostenstellen notwendig. Kostenstellen werden dabei wie folgt definiert: Kostenstellen „[…] sind betriebliche Abrechnungseinheiten […], für die Kosten gesondert geplant, erfasst und kontrolliert werden können“ (Kalenberg, 2013, S. 71). Demnach stellen einzelne, rechnungstechnisch eindeutig abgrenzbare Bereiche Kostenstellen innerhalb einer Apotheke dar. Die konkrete Kostenstelleneinteilung wird nach den Gegebenheiten der jeweiligen Apotheke vorgenommen und kann sich dementsprechend von Fall zu Fall unterscheiden. Im Folgenden sollen Grundsätze und Kriterien der Kostenstellenbildung sowie Arten der Kostenstellen in Apotheken dargestellt werden. Grundsätze der Kostenstellenbildung Die Bildung von Kostenstellen wird unter der Prämisse der möglichst verursachungsgerechten Zuordnung von Gemeinkosten und damit unter Berücksichtigung folgender Grundsätze vorgenommen (in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 104f.; Scherrer, 2005, S. 722): Möglichkeit der Kostenzuordnung: Um das kostenrechnerische Prinzip der Verursachungsgerechtigkeit möglichst genau zu realisieren, ist es wichtig, dass die angefallenen Kosten sich anhand geeigneter Bezugsbzw. Schlüsselgrößen (z. B. Fläche) möglichst eindeutig auf eine Kostenstelle zurechnen lassen. Abgrenzbarer Verantwortungsbereich: Jede Kostenstelle sollte personell von anderen Kostenstellen abgrenzbar sein. Mit anderen Worten sollte eine Kostenstelle unter persönlicher Verantwortung eines Bereichsleiters <?page no="99"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 99 (Kostenstellenleiters) stehen, der die Kosten seiner Kostenstelle beeinflussen kann. Die Wirtschaftlichkeit in der Führung einer Kostenstelle kann dann durch die Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Kosten beurteilt werden. Wirtschaftlichkeit: Die Kostenstellenbildung muss immer unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Übersichtlichkeit erfolgen. Es würde beispielsweise keinen Sinn ergeben, für einen Einmannbetrieb mehrere Kostenstellen zu bilden. Kriterien für die Bildung von Kostenstellen Die Bildung von Kostenstellen unter Beachtung der oben genannten Grundsätze kann nach unterschiedlichen Gliederungskriterien erfolgen (in Anlehnung an Friedl, 2018, S. 129): Gliederung nach räumlichen Gesichtspunkten: Bei diesem Kriterium werden räumlich abgegrenzte Leistungsbereiche als Kostenstellen erfasst. Demgemäß können beispielsweise die Verwaltung, der Verkauf, das Lager und das Labor als Kostenstellen definiert werden. Eine Kostenstellenstruktur, die allein auf diesem Kriterium basiert, ist jedoch in keiner Apotheke gegeben. Deswegen müssen weitere Kriterien für die Bildung von Kostenstellen herangezogen werden. Gliederung nach Kostenträgergesichtspunkten: Weitere Kostenstellen können in Apotheken nach Gruppen von Produkten oder Leistungen und nach Produkten oder Leistungen selbst gebildet werden. Die unter diesem Gesichtspunkt gebildeten Kostenstellen können beispielsweise Fertigarzneimittel und Rezepturen sein; in diesem Fall sind die Kostenstellen mit den Kostenträgern identisch. Gliederung nach Funktions- und Verantwortungsbereichen: Nach diesem Kriterium werden gleichartige Aufgaben zu einer Kostenstelle zusammengefasst, wobei auch hier immer ein Kostenstellenverantwortlicher gegeben sein muss. Demnach können solche Funktionsbzw. Verantwortungsbereiche wie Verwaltung, Herstellung und Verkauf als Kostenstellen festgelegt werden. Wie der obigen Ausführung entnommen werden kann, können gleich mehrere Kriterien für die Bildung von Kostenstellen in einer Apotheke in Betracht gezogen werden. Dabei hängt die jeweilige Kostenstellenstruktur vor allem von der vorliegenden Produktions- und Organisationsstruktur der Apotheke ab. So hat eine große Apotheke, die zugleich Heime beliefert und Zytostatika herstellt, einen komplizierteren Kostenstellenaufbau als eine <?page no="100"?> 100 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke kleine Apotheke etwa in einem Flughafen, die vornehmlich OTC-Präparate absetzt. Arten der Kostenstellen Sind einzelne Kostenstellen in der Apotheke gebildet, müssen diese nach der Art der Kostenverrechnung, also nach abrechnungstechnischen Aspekten sinnvoll eingeteilt werden, um eine innerbetriebliche Kostenverrechnung zwischen den einzelnen Kostenstellen zu ermöglichen. Hier wird zwischen Vorkostenstellen und Endkostenstellen unterschieden. Die klassischen Endkostenstellen in einem Sachgüterbetrieb sind beispielsweise Verwaltung, Beschaffung, Vertrieb, Fertigung und Forschung/ Entwicklung. Das sind also diejenigen Bereiche, die betriebliche Leistungen für Dritte produzieren und zwischen denen keine innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen bestehen (z. B. keine gegenseitige Aushilfe bei Montage- oder Wartungsarbeiten). Vorkostenstellen erbringen dagegen ausschließlich betriebsinterne Leistungen. In diesen werden alle Gemeinkosten erfasst, die für den Betrieb insgesamt anfallen und keiner Endkostenstelle direkt bzw. eindeutig zurechenbar sind (z. B. Geschäftsführungskosten, Abschreibungen usw.) (in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 120f.). Folgt man nun der dargelegten Definition für Vor- und Endkostenstellen, so ergibt sich folgende Vorgehensweise bei der Gliederung der Kostenstellen nach der Art der Kostenverrechnung: Zunächst werden die Vorkostenstellen der Apotheke definiert. Auf den Vorkostenstellen werden Kosten interner Leistungen gesammelt, um diese dann später auf die Endkostenstellen weiter zu verrechnen. Als interne Leistungen gelten dabei jene Ergebnisse des Leistungsprozesses, die von der Apotheke erstellt und verbraucht werden und nicht an Patienten, an die Öffentlichkeit oder an andere Dritte abgegeben werden (in Anlehnung an Fillinger, 1995, S. 31). Interne Leistungen der Apotheke werden demnach von solchen Kostenstellen wie Facility Management (Hausverwaltung) und Fuhrpark usw. erbracht. Im zweiten Schritt erfolgt die Bildung der Endkostenstellen der Apotheke: Da Endkostenstellen unmittelbar an der Produktion externer Leistungen (diese werden in erster Linie an Kunden abgegeben) beteiligt sind, können einzelne Bereiche der Apotheke als Endkostenstellen definiert werden. Ergänzend ist anzumerken, dass innerbetriebliche Leistungsbeziehungen nicht nur zwischen Vor- und Endkostenstellen bestehen können, sondern auch zwischen einzelnen Vorkostenstellen. Zwischen Endkostenstellen sollten dabei definitionsmäßig keine Leistungsbeziehungen existieren. In der <?page no="101"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 101 folgenden Tabelle werden Beispiele für die Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung in einer Apotheke aufgeführt. Art der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung Beispiele stelle(n) Der Fuhrpark (VK) wird vom Facility Management (VK) in Anspruch genommen; das Facility Management (VK) verwaltet die Garage des Fuhrparks (VK) stelle(n) Der Fuhrpark (VK) wird vom Verkauf (EK) zum Verfahren von Medikamenten in Anspruch genommen; das Facility Management (VK) verwaltet die Räume des Lagers (EK) stelle(n) nach Definition sind keine innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen möglich Tab. 11: Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung. Quelle: Eigene Darstellung. Eine weitere Einteilung der Kostenstellen kann nach der Art, wie die Leistungen der Apotheke in Verbindung mit dem Abnehmerkreis stehen, vorgenommen werden. Im Hinblick auf dieses Einteilungskriterium kann zwischen Hauptkostenstellen, Nebenkostenstellen, allgemeinen Hilfskostenstellen und speziellen Hilfskostenstellen unterschieden werden (Coenenberg et al., 2016, S. 121; Weber & Weißenberger, 2015, S. 287f.). Hauptkostenstellen umfassen dabei solche Bereiche, die unmittelbar dem Hauptzweck der Apotheke dienen (Verkauf - Offizin) und Endprodukte (z. B. Beratungsleistungen, Rezepturen) herstellen, die direkt an die Patienten als Abnehmer abgegeben werden. Nebenkostenstellen produzieren ebenso direkt abzugebende Leistungen. Im Unterschied zu den Hauptkostenstellen dienen diese Leistungen jedoch nicht dem unmittelbaren Hauptzweck der Apotheke. Als Nebenkostenstellen können demnach solche Bereiche definiert werden, die die eigentliche Leistung der Apotheke ergänzen. Hierunter fällt etwa das Veranstaltungsmanagement, das notwendig ist, um Veranstaltungen zu gesundheitsrelevanten Themen (z. B. Hypertonie, Diabetes) durchzuführen. Ein weiteres Beispiel dafür wäre eine Kostenstelle, die vordiagnostische Leistungen erstellt (z. B. Blutzucker-Messungen). Da sowohl Hauptals auch Nebenkostenstellen Endprodukte herstellen, sind sie zu den Endkostenstellen zu zählen. <?page no="102"?> 102 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Im Gegensatz zu Haupt- und Nebenkostenstellen produzieren Hilfskostenstellen betriebsinterne Leistungen und üben damit eine (interne) Servicefunktion für andere Kostenstellen aus. Hierbei kann zwischen sog. allgemeinen und speziellen Hilfskostenstellen differenziert werden. Während die allgemeinen Hilfskostenstellen Leistungen „für Kostenstellen aller (mehrerer) Unternehmensbereiche“ erbringen, dienen die speziellen Hilfskostenstellen der Erbringung von Leistungen ausschließlich an spezielle Bereiche des Unternehmens (Weber & Weißenberger, 2015, S. 287). Zu den allgemeinen Hilfskostenstellen gehört in der Apotheke das Facility Management. Als spezielle Hilfskostenstelle kann in der Apotheke der Fuhrpark identifiziert werden, insofern er etwa nur Ausfahrdienstleistungen für den Verkauf tätigt, falls bestimmte Präparate nicht vorrätig sind und dem Kunden nachgeliefert werden sollen. Sowohl allgemeine als auch spezielle Hilfskostenstellen haben den Charakter von Vorkostenstellen, da sie interne Leistungen herstellen. Traditionell wird die Verwaltung, deren Leistungen man eigentlich als Serviceleistungen für andere Kostenstellen sehen könnte, als Hauptkostenstelle und damit als Endkostenstelle geführt. In der folgenden Tabelle ist die erläuterte Kostenstellengliederung in der Apotheke zusammenfassend abgebildet. Kostenstellengliederung in der Apotheke Vorkostenstellen: Kostenstellen, die interne Leistungen erbringen Endkostenstellen: Kostenstellen, die externe Leistungen erbringen Allgemeine Hilfskostenstellen Spezielle Hilfskostenstellen Hauptkostenstellen Nebenkostenstellen Kostenstellen, die eine interne Servicefunktion für alle anderen Kostenstellen erbringen (z. B. Facility Management) Kostenstellen, die nur für spezielle andere Kostenstellen Serviceleistungen erbringen (z. B. Fuhrpark) Kostenstellen, die dem Zweck der Apotheke unmittelbar dienen (z. B. Verkauf, Zytostatika-Labor, Verwaltung) Kostenstellen, die nicht unmittelbar dem Apothekenzweck dienen (z. B. Vordiagnostik, Veranstaltungsmanagement) Tab. 12: Kostenstellengliederung in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="103"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 103 Potentielle Gliederung der Kostenstellen in der Apotheke Im Folgenden sollen Vorschläge für eine Kostenstellengliederung einer großen und einer kleinen Apotheke gemacht werden. Zur großen Apotheke gehören drei Filialapotheken. Die große Apotheke versorgt Heime, wozu sie eine Umblisterung im eigenen Haus vornimmt, und stellt Zytostatika her. Kostenstellengliederung einer großen Hauptapotheke mit drei Filialapotheken Vorkostenstellen: Kostenstellen, die interne Leistungen erbringen Endkostenstellen: Kostenstellen, die externe Leistungen erbringen Allg. Hilfskostenstellen Spez. Hilfskostenstellen Hauptkostenstellen Nebenkostenstellen Facility Management Fuhrpark Geschäftsführung Verkauf I - IV Allg. Labor I - IV Verblisterung Zytostatika-Labor Lager I - IV Verwaltung Veranstaltungs- management Vordiagnostik Tab. 13: Kostenstellengliederung einer großen Apotheke mit Filialen. Quelle: Eigene Darstellung. Jede Filialapotheke verfügt über einen Verkauf und ein allgemeines Labor. Zudem muss jede Filialapotheke ein eigenes Lager vorhalten. Der Fuhrpark und das Facility Management sind zentralisiert und an die Hauptapotheke angebunden. Die Verblisterung und die Herstellung der Zytostatika sind ebenfalls zentralisiert. Die Kostenstelle Geschäftsführung übt das Management des gesamten Konglomerats aus und steuert die Filialapotheker, die wiederum in den Filialapotheken die Managementfunktionen wahrnehmen. Für die Filialapotheker wurde aber keine eigene Kostenstelle gebildet, sondern diese werden dem jeweiligen Verkauf zugeordnet. Die Aufgaben der Verwaltung sind in der Hauptapotheke in einer eigenen Abteilung gebündelt. Die Kostenstelle Veranstaltungsmanagement ist damit befasst, Veranstaltungen mit gesundheitsrelevanten Themen zu initiieren und zu organisieren. <?page no="104"?> 104 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Gleichwohl würden sich die Kostenstellen Veranstaltungsmanagement, Zytostatika und Verblisterung erübrigen, wenn diese Tätigkeiten nicht in der Apotheke wahrgenommen werden. Werden keine eigenen Fahrzeuge unterhalten, da Botendienste mit einem Lieferdienst abgewickelt werden, entfällt die Kostenstelle Fuhrpark. Zudem könnte auf die Kostenstelle Hausverwaltung beispielsweise bei einer Apotheke verzichtet werden, die in einem Einkaufscenter untergebracht ist. Die anfallenden Raumkosten könnten dann direkt auf die anderen Kostenstellen nach m 2 geschlüsselt verteilt werden. Die kleine Apotheke beschränkt sich auf die Grundfunktionen und wird beispielsweise durch einen Apotheker betrieben, der zur Unterstützung neben anderem Personal einen Apotheker in Teilzeit angestellt hat. Kostenstellengliederung einer kleinen Apotheke Vorkostenstellen: Kostenstellen, die interne Leistungen erbringen Endkostenstellen: Kostenstellen, die externe Leistungen erbringen Allg. Hilfskostenstellen Spez. Hilfskostenstellen Hauptkostenstellen Nebenkostenstellen Facility Management Fuhrpark Verkauf Allg. Labor Verwaltung Lager Tab. 14: Kostenstellengliederung einer kleinen Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Hier nimmt die Verwaltung zugleich die Managementaufgaben wahr. Je nachdem, ob das Facility Management und der Fuhrpark von der gleichen Person oder von unterschiedlichen Personen - durchaus in Teilzeit - betreut werden, bietet sich die Zusammenlegung dieser beiden Kostenstellen oder eben die Trennung an. 5.2.2 Ablauf der Kostenstellenrechnung Wie im Kapitel 4.7 bereits erläutert wurde, stellt der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) das zentrale Instrument der Kostenrechnung dar. Der Aufbau des BABs erfolgt im Längsschnitt nach Vor- und Endkostenstellen. Entlang dieser müssen die von der Kostenartenrechnung ermittelten Gemeinkosten auf die Kostenstellen verteilt werden. <?page no="105"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 105 Unabhängig von der gewählten Kostenarten- und Kostenstellengliederung wird der Ablauf der Kostenstellenrechnung „klassischerweise“ in die zwei folgenden Aufgabenbereiche gegliedert (siehe Abbildung 24): Abb. 24: Allgemeiner Ablauf der Kostenstellenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 116. [1] Verrechnung der primären Gemeinkosten Zunächst werden Gemeinkosten, die direkt beispielsweise anhand von Belegen nach dem Verursachungsprinzip zugeordnet werden können, auf die entsprechenden Vor- und Endkostenstellen verteilt (direkte Verteilung). Anschließend werden die Gemeinkosten, die sich nicht direkt zurechnen lassen (z. B. Kosten für Strom oder Wasser), mithilfe von Kapitel 5.2.3.1) auf die jeweiligen Kostenstellen zugerechnet (indirekte Verteilung). Damit befinden sich schließlich auf allen Kostenstellen die zugehörigen primären Gemeinkosten. [2] Verrechnung der sekundären Gemeinkosten/ Durchführung der Leistungsverrechnung Im zweiten Schritt werden die primären Gemeinkosten, die auf den Vorkostenstellen gesammelt wurden, im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung auf die Kostenstellen weiterverrechnet, die die Leistungen der Vorkostenstellen in Anspruch genommen haben. Dabei können die Kosten sowohl auf andere Vorkostenstellen als auch auf Endkostenstellen weiterverrechnet werden und werden dort zu sogenannten sekundären Gemeinkosten. <?page no="106"?> 106 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke 5.2.3.1). Am Ende dieses Schrittes finden sich alle Gemeinkosten der Vorkostenstellen auf den Endkostenstellen wieder. Mit dieser Vorgehensweise soll eine Verursachungsgerechtigkeit zumindest annäherungsweise hergestellt werden. So können beispielsweise diejenigen Kosten, die für die Nutzung der Räume entstehen und auf der entsprechenden Vorkostenstelle gesammelt werden, auf die einzelnen Produkte und Leistungen der Apotheke entsprechend der jeweiligen Inanspruchnahme weiter verrechnet werden. Zur indirekten Verteilung und zur Verrechnung der sekundären Gemeinkosten stehen verschiedene Verfahren und Kostenschlüssel zur Verfügung, die im nächsten Kapitel detailliert erläutert werden. Im Rahmen der Vollkostenrechnung wird also - wie eben erläutert - gefordert, dass am Ende der internen Leistungsverrechnung nur noch Endkostenstellen offen sind. Dies bedeutet, dass sämtliche Kosten der Vorkostenstellen komplett auf diese verrechnet worden sein müssen. 5.2.3 Verfahren zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung Im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden Kosten der Vorkostenstellen mit Hilfe von bestimmten Schlüsselbzw. Bezugsgrößen auf empfangende Endkostenstellen verteilt. Entscheidend für die Weiterverrechnung sind Leistungen, die zur internen Nutzung produziert werden. Dabei unterscheidet man zwei Verfahrensarten der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung je nach den berücksichtigten Leistungsbeziehungen zwischen den Kostenstellen: einseitige Leistungsverrechnung gegenseitige Leistungsverrechnung Bei der einseitigen Leistungsverrechnung werden nur die Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen und Endkostenstellen berücksichtigt („Anbauverfahren“). Bei der gegenseitigen Leistungsverrechnung werden Leistungsbeziehungen auch zwischen Vorkostenstellen untereinander einseitig („Stufenleiterverfahren“) oder wechselseitig berücksichtigt („Gleichungsverfahren“). Im Folgenden werden diese Verfahren der Kostenverrechnung beschrieben und an praxisbezogenen Beispielen verdeutlicht. Zuvor wird aber noch auf die unterschiedlichen Arten der Verrechnungsbzw. Kostenschlüssel in der Apotheke eingegangen. <?page no="107"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 107 5.2.3.1 Kostenschlüssel Für die Verrechnung der Gemeinkosten von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen und für die indirekte Verteilung müssen zunächst die entsprechenden Kostenschlüssel bestimmt werden. Die Kostenschlüssel dienen als Bezugsgröße für die Verrechnung der Kosten und sollen daher die Kostenverursachung in der Apotheke möglichst realitätsnah und linear reflektieren. Es ist darauf hinzuweisen, dass in verschiedenen Literaturquellen zum Begriff „Kostenschlüssel“ auch der Begriff „Verrechnungspreis“ synonym verwendet wird, denn es handelt sich im Grunde um Preise für intern bereitgestellte Leistungen (Coenenberg et al., 2016, S. 132ff.). Grundsätzlich können Kostenschlüssel nach der Leistungseinheit (Mengenschlüssel) bzw. nach der Inanspruchnahme (Zeitschlüssel) berechnet werden, wie es in Tabelle 15 dargestellt wurde. Bei Mengenschlüsseln kann zwischen Raum-, Längen-, Zähl- und Verbrauchsgrößen unterschieden werden (Coenenberg et al., 2016, S. 132ff.). Kostenschlüssel in der Apotheke Mengenschlüssel Zeitschlüssel Raumgrößen Längengrößen Zählgrößen Verbrauchsgrößen Zeitgrößen z. B. Mietkosten nach m² (Apothekenräume, Grundstück) z. B. Inanspruchnahme des Pkws für Botenfahrten nach gefahrener Kilometerzahl z. B. Verwaltungskosten nach Anzahl der Rezepte z. B. Energiekosten nach verbrauchten kWh, Wasserkosten nach m³ z. B. Personalkosten nach Arbeitsstunden Tab. 15: Kostenschlüsselkategorien in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 132ff. Die Kostenverrechnung über Verteilungsschlüssel ist nicht frei von Problemen. So kann der Grundsatz der eindeutigen Zurechenbarkeit bei bestimmten Kostenstellen nur schwer erfüllt werden. Zu solchen „problematischen“ Kostenstellen sind vor allem die Hausverwaltung (Facility Management) zu zählen. Es fällt dabei schwer, für diese Kostenstellen einen geeigneten Kostenschlüssel als realistische Maßgröße der Kostenverursachung zu finden, sodass die interne Leistungsverrechnung exakt und kostengerecht erfolgt, zumal Lager- und Kellerräume eine andere Arbeitsintensität der Hausverwal- <?page no="108"?> 108 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke tung abverlangen als etwa der Verkaufsbereich. Zur Lösung dieses Problems könnte die Raumgröße herangezogen werden. Die Raumgröße stellt grundsätzlich einen plausiblen Kostenschlüssel zur Zuordnung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen nach dem Proportionalitätsprinzip dar. Damit wird freilich dem Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit nicht vollkommen entsprochen. Verursachungsgerechter wäre hier beispielsweise eine Umlage nach Zeitaufwand. Dies lässt sich jedoch rechnungstechnisch kaum realisieren. Darüber hinaus können beim Aufstellen der Verrechnungskostenschlüssel auch Gewichtungen vorgenommen werden. Beispielsweise kann bei der Verteilung der Reinigungskosten einer Apotheke neben der Fläche auch der Verschmutzungsgrad herangezogen werden (in Anlehnung an Schuster, 2011, S. 139). Schließlich ist zu unterstreichen, dass die interne Leistungserbringung keine konstante Größe darstellt. Daher gilt es, die Kostenschlüssel laufend nachzukalkulieren und an neue Erkenntnisse anzupassen. 5.2.3.2 Anbauverfahren Beim Anbauverfahren (auch das sogenannte Blockumlageverfahren) erfolgt die Verrechnung der Gemeinkosten über den Betriebsabrechnungsbogen. Dabei werden innerbetriebliche Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen nicht berücksichtigt. Dies bedeutet, dass hier von möglichen Leistungsbeziehungen zwischen Vorkostenstellen vollständig abstrahiert wird. Aus diesem Grund ist das Anbauverfahren einerseits wenig aufwendig, da rechentechnisch nur eine einfache Umlage der Kosten von Vorkostenstellen auf Endkostenstellen benötigt wird. Andererseits ist es realitätsfern, da einige Kostenstellenbeziehungen außer Acht gelassen werden (Steger, 2010, S. 283f.). Sofern aber in einer Apotheke keine gegenseitigen Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen bestehen, kann dieses einfache Verfahren der Kostenverrechnung ohne Bedenken angewandt werden. Das Prinzip der Weiterverrechnung der Kosten im Rahmen des Anbauverfahrens wird an einem Fallbeispiel detailliert erläutert. Fallbeispiel: Kostenverrechnung nach dem Anbauverfahren Die Bienen-Apotheke besitzt zwei kleine Filialapotheken und hat sich die in der folgenden Tabelle ersichtliche Kostenstellenstruktur gegeben. Die Größe der Filialapotheken und der Hauptapotheke gab Anlass, sämtliche Funktionen weitgehend in je einer Kostenstelle zu erfassen. Die Geschäfts- <?page no="109"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 109 führung wird hier als Vorkostenstelle interpretiert, da ihre Leistung darin besteht, das effizienten Wirken der anderen Kostenstellen zu gewährleisten. Im Durchschnitt bearbeiten die drei Apotheken die folgende Anzahl an Rezepten pro Tag: - Hauptapotheke: 350 Rezepte - Filialapotheke I: 120 Rezepte - Filialapotheke II: 140 Rezepte Die Flächen der drei Apotheken werden durch die Kostenstelle Facility Management betreut, die - ebenso wie der Fuhrpark und die Geschäftsführung - in der Hauptapotheke untergebracht ist. Dabei verteilen sich die Raumgrößen wie folgt (bei der Raumgröße der Hauptapotheke sind die Räume des Fuhrparks und der Geschäftsführung abgezogen worden): Kostenstellen und Flächen der Bienen-Apotheke Vorkostenstellen (VK) Endkostenstellen (EK) Facility Man. (VK1) Fuhrpark (VK2) Geschäftsführung (VK3) - 20 m² 25 m² Hauptapotheke (EK1) Filialapotheke I (EK2) Filialapotheke II (EK3) 140 m² 110 m² 100 m² Die Apotheke besitzt auch zwei Pkws, die zur Kostenstelle Fuhrpark gehören, insgesamt etwa 5.500 km im Monat gefahren und die wie folgt von den anderen Kostenstellen genutzt werden: - Hauptapotheke: 2.000 km - Filialapotheke I: 1.500 km - Filialapotheke II: 1.000 km - Geschäftsführung: 800 km - Facility Management: 200 km Zudem sind die primären Gemeinkosten im Monat bekannt. <?page no="110"?> 110 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Kostenstellen und primäre Gemeinkosten der Bienen-Apotheke Vorkostenstellen (VK) Endkostenstellen (EK) Facility Man. (VK1) Fuhrpark (VK2) Geschäftsführung (VK3) 5.700 € 5.132 € 5.320 € Hauptapotheke (EK1) Filialapotheke I (EK2) Filialapotheke II (EK3) 34.200 € 26.150 € 23.300 € Nun besteht die Aufgabe darin, die Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen zu verteilen. Entsprechend den Ausgangsdaten steht jede Vorkostenstelle mit allen Endkostenstellen in einer Leistungsbeziehung. Darüber hinaus haben auch einige Vorkostenstellen ein Leistungsverhältnis zueinander (z. B. Facility Management und Geschäftsführung). Da aber beim Anbauverfahren nur die Leistungsverrechnung zwischen den Vor- und Endkostenstellen vorgenommen wird, können an dieser Stelle die internen Beziehungen gemäß der folgenden Abbildung außer Acht gelassen werden. Abb. 25: Beziehungen zwischen Vor- und Endkostenstellen. Quelle: Eigene Darstellung. Bei den Vorkostenstellen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) ist die verursachungsgerechte Kostenverrechnung nach eindeutigen Kostenschlüsseln in Form von internen Preisen möglich. So werden die Kosten der Vorkostenstelle VK2 nach gefahrenen Kilometern verteilt. Der Verrechnungsschlüssel ergibt sich, indem die primären Gemeinkosten des Fuhrparks in Höhe von 5.132 Euro durch die Gesamtkilometerzahl geteilt werden. Da die Leistungsbeziehung zwischen den Vorkostenstellen im Rahmen des Anbauverfahrens, <?page no="111"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 111 wie bereits erwähnt, nicht erfasst wird, müssen noch die von der VK1 und der VK3 gefahrenen Kilometer von der Gesamtkilometeranzahl abgezogen werden (insgesamt 1.000 km). Der Kostenschlüssel ergibt sich schließlich aus der Division der Gesamtkosten durch 4.500 km: q ( ) = 5.132 € 6.000 km 1.500 km = 1,14 € pro km Für die Übertragung der Kosten der Vorkostenstelle VK1 (Facility Management) auf die Endkostenstellen werden die (Raum-)Kosten der VK3 (Geschäftsführung) und VK2 (Fuhrpark) nicht abgezogen, da die internen Leistungsbeziehungen zwischen den Vorkostenstellen nicht erfasst werden. Somit werden die Gesamtkosten der VK1 zwischen den Endkostenstellen (Hauptapotheke und Filialapotheken) nach räumlicher Beanspruchung (pro m²) verteilt, wobei der folgende Kostenschlüssel gilt: q ( ) = 5.700 € 350 m² = 16,29 € pro m² Bei solchen Vorkostenstellen wie der Geschäftsführung ist eine Verrechnung nach Leistungseinheiten bzw. zeitlicher Inanspruchnahme nur schwer realisierbar. Deswegen können für die Verrechnung dieser Kosten, wie bereits im Kapitel 5.2.3.1 beschrieben wurde, die Anzahl an Rezepten im Vergleichszeitraum als Verteilungsschlüssel gemäß des Proportionalitätsprinzips verwendet werden. Der dahinter liegende Grundgedanke ist, dass die zeitliche Inanspruchnahme der Geschäftsführung sich proportional zur Anzahl an Rezepten verhält. q ( ) = 5.320 € 610 Rezepte = 8,72 € pro Rezept Entsprechend den berechneten Kostenschlüsseln kann jetzt die Umlage der Kosten von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen erfolgen. Die auf eine Endkostenstelle entfallenden sekundären Gemeinkosten ergeben sich durch die Multiplikation des zuvor ermittelten Kostenschlüssels mit der Anzahl der für die Endkostenstelle erbrachten Leistungen. Die sekundären Gemeinkosten für die Hauptapotheke können wie folgt berechnet werden (Anmerkung: Die Werte in Tabelle 16 weichen geringfügig ab, da dort mit den exakten Kostenschlüsseln gerechnet wurde). GK . = Umlage (VK1) + Umlage (VK2) + Umlage (VK3) = 16,29 € × 140 + 1,14 € × 2.000 + 8,72 € × 350 = 7.612,60 € <?page no="112"?> 112 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Sind die sekundären Gemeinkosten der Hauptapotheke ermittelt, können diese nun mit den primären Gemeinkosten in Höhe von 34.200 Euro summiert werden: GK = GK . + GK . = 34.200 € + 7.612,60 € = 41.812,60 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für Filialapotheke 1 (EK2) und Filialapotheke 2 (EK3) nach dem Anbauverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 16 abgebildeten Gesamtergebnis ab. <?page no="113"?> Einsatz des Anbauverfahrens in der Apotheke Angaben pro Monat Summe Schlüssel* Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Geschäftsführung Hauptapotheke Filialapotheke I Filialapotheke II VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 primäre GK (€) 99.802,00 5.700,00 5.132,00 5.320,00 34.200,00 26.150,00 23.300,00 Umlage VK1 (€) 5.700,00 2.280,00 1.791,43 1.628,57 Inanspruchnahme (in m²) 350 16,29 €/ m² 140 110 100 Umlage VK2 (€) 5.132,00 2.280,89 1.710,67 1.140,44 Inanspruchnahme (in km) 4.500 1,14 €/ km 2.000 1.500 1.000 Umlage VK3 (€) 5.320,00 3.052.46 1.046,56 1.220,98 Inanspruchnahme (nach Rezepten) 610 8,72 €/ Rezept 350 120 140 Summe Hauptkostenstellen (€) 56.200,00 41.813,35 30.698,65 27.290,00 * Bei der Weiterverrechnung werden die exakten Kostenschlüssel verwendet. Tab. 16: Anwendung des Anbauverfahrens in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 11 <?page no="114"?> 114 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke 5.2.3.3 Kostenstellenausgleichsverfahren Es wird deutlich, dass das Anbauverfahren zwar recht einfach ist, aber lediglich ein Näherungsverfahren darstellt, weil es Leistungsverflechtungen zwischen den Vorkostenstellen ausblendet. An diesem bedeutenden Kritikpunkt setzen die sogenannten Kostenstellenausgleichsverfahren an, bei denen eine verursachungsgerechte Weiterverrechnung erfolgt, indem Leistungsbeziehungen auch zwischen den Vorkostenstellen berücksichtigt werden. Dabei kann hier die Verrechnung der Gemeinkosten einseitig, nach dem sogenannten „Stufenleiterverfahren“ (auch „Treppenverfahren“), oder auch wechselseitig, nach dem sogenannten „Gleichungsverfahren“, erfolgen. Diese zwei Prinzipien der Kostenverrechnung werden im Folgenden an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Stufenleiterverfahren Beim Stufenleiterverfahren werden nur die Kosten der leistenden Vorkostenstelle umgelegt. Nicht erfasst werden dabei jedoch alle Rückkoppelungsprozesse anderer Vorkostenstellen. Dies bedeutet, dass hier die Gemeinkosten von einer Vorkostenstelle nur auf alle nachgelagerten Kostenstellen verrechnet werden (siehe Abbildung 26) (Coenenberg et al., 2016, S. 127f.). Abb. 26: Graphische Darstellung des Stufenleiterverfahrens. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haberstock, 2008, S. 131. Das Stufenleiterverfahren gliedert sich in zwei Schritte. Zunächst werden die liefernden Vorkostenstellen in eine abrechnungstechnisch eindeutige Reihenfolge gebracht. Um eine möglichst verursachungsgerechte Verteilung der <?page no="115"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 115 Kosten zu erreichen, sollte die Verrechnung mit der Kostenstelle beginnen, die lediglich Leistungen an andere Kostenstellen abgibt und nach Möglichkeit keine oder nur sehr wenige Leistungen von anderen Kostenstellen empfängt. Danach werden die Kosten der an zweiter Stelle stehenden Vorkostenstelle anhand von Kostenschlüsseln auf nachgelagerte Kostenstellen umgelegt (Coenenberg et al., 2016, S. 127). Da das Stufenleiterverfahren gegenseitige Leistungsverflechtungen zwischen zwei Vorkostenstellen in eine der beiden Richtungen ausblendet, stellt es auch ein Näherungsverfahren dar. Dabei hängt die Güte des Ergebnisses bzw. das Ausmaß des Verrechnungsfehlers von der gewählten Reihenfolge der Vorkostenstellen ab. Insofern kann beim Stufenleiterverfahren durch eine bewusste Änderung der Kostenstellenreihenfolge das Ergebnis der Kostenrechnung manipuliert werden. Fallbeispiel: Kostenverrechnung nach dem Stufenleiterverfahren Wählt man das Stufenleiterverfahren, um die Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen gemäß der Ausgangsdaten am Anfang des Abschnitts 5.2.3.2 zu verteilen, kann die gegenseitige Beziehung zwischen den Vorkostenstellen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) nur einseitig erfasst werden. In Bezug darauf muss zunächst geprüft werden, welche der beiden Kostenstellen die geringsten Leistungen von der jeweilig anderen Kostenstelle empfängt. VK2 wird insgesamt von allen Kostenstellen für 5.500 km in Anspruch genommen, wovon 200 km auf VK1 entfallen. Dies ergibt bei Berücksichtigung dieser Leistungsbeziehung 186,62 Euro. VK1 stellt insgesamt 395 m² zur Verfügung, davon 20 m² für die VK2. Dies ergibt im Falle einer Berücksichtigung dieser Leistungsbeziehung 288,61 Euro. Demzufolge ist die Leistung von VK1 an VK2 bedeutender und sollte deshalb berücksichtigt werden. Dagegen wird die Lieferung von VK2 an VK1 beim Stufenleiterverfahren außer Acht gelassen. <?page no="116"?> 116 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Zusammenfassend ergibt sich nun folgende Reihenfolge der Vorkostenstellen: Nachdem nun die Reihenfolge der Vorkostenstellen geklärt wurde, kann mit dem Verteilen der Kosten begonnen werden. Zunächst werden die Kosten von VK1 (Facility Management) auf die Vor- und Endkostenstellen verrechnet. Der entsprechende Kostenschlüssel in Höhe von 14,43 Euro pro m² ergibt sich aus der Division der Gesamtkosten der Kostenstelle Facility Management (5.700,00 Euro) durch die Gesamtfläche des Gebäudes (395 m²): q ( ) = 5.700,00 € 395 m² = 14,43 € pro m² In einem weiteren Schritt werden die Kosten der zweiten Vorkostenstelle (Fuhrpark) umgelegt. Die Gesamtkosten dieser Kostenstelle ergeben sich dabei aus der Summe ihrer primären Kosten (5.132,00 Euro) und der Kosten, die durch die Leistungsbeziehung zu VK1 entstanden sind (288,61 Euro). Diese sog. sekundären Gemeinkosten des Fuhrparks ergeben sich durch die Inanspruchnahme der Garage (20 m²) und ermitteln sich wie folgt: 14,43 €/ m² × 20 m² = 288,61 €. Somit betragen die Gesamtkosten von VK2 insgesamt 5.420,61 Euro. Da die von VK2 an VK1 gelieferte Leistung beim Stufenleiterverfahren nicht erfasst wird, müssen die entsprechenden 200 km von der Gesamtleistung VK2 (5.500 km) abgezogen werden. (Anmerkung: Auch wenn der Fuhrpark für eigene Zwecke bewegt würde - etwa zur Inspektion -, bliebe dies unberücksichtigt.) Demnach ergibt sich folgender Kostenschlüssel für VK2: q ( ) = 5.420,61 € 5.500 km 200 km = 1,02 € pro km Nachdem die Kosten von VK1 und VK2 auf die anderen Vorkostenstellen und die Endkostenstellen mit dem ermittelten Kostenschlüssel umgelegt wurden, können die Kosten von VK3 (Geschäftsführung) berechnet werden. Die Kosten von VK3 ergeben sich aus der Summe der primären Kosten der Kostenstelle (5.320,00 Euro) und der Kosten, die durch die Leistungsinanspruchnahme von VK1 (360,75 Euro) und VK2 (816,00 Euro) entstanden sind. Somit VK 1 VK 2 VK 3 VK 3 <?page no="117"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 117 betragen die neu berechneten Gesamtkosten von VK3 6.496,75 Euro. Dementsprechend muss auch der Verrechnungsschlüssel der Vorkostenstelle neu berechnet werden: q ( ) = 6.496,75 € 610 Rezepte = 10,65 € pro Rezept Schließlich werden die nach dem Stufenleiterverfahren ermittelten Kosten der Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen gemäß dem Umfang der jeweiligen Leistungsbeziehung verrechnet. Die sekundären Gemeinkosten der Hauptapotheke (EK1) ergeben sich aus der folgenden Berechnung: GK . = Umlage(VK1) + Umlage(VK2) + Umlage(VK3) = 14,43 € × 140 + 1,02 € × 2.000 + 10,65 € × 350 = 7.787,70 € (Anmerkung: Die Werte in Tabelle 17 weichen geringfügig ab, da dort mit den exakten Kostenschlüsseln gerechnet wurde.) Nachdem die sekundären Gemeinkosten von EK1 berechnet wurden, können die primären Gemeinkosten von EK1 in Höhe von 34.200 Euro mit den verrechneten sekundären Gemeinkosten summiert werden: GK = GK + GK = 34.200,00 € + 7.787,70 € = 41.987,70 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für die Filialapotheke I (EK2) und die Filialapotheke II (EK3) nach dem Stufenleiterverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 17 abgebildeten Gesamtergebnis ab. <?page no="118"?> 118 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Einsatz des Stufenleiterverfahrens in der Apotheke Angaben pro Monat Summe Schlüssel* Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Geschäftsführung Hauptapotheke Filialapotheke I Filialapotheke II VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 Primäre GK (€) 99.802,00 5.700,00 5.132,00 5.320,00 34.200,00 26.150,00 23,300,00 Umlage VK1 (€) 5.700,00 288,61 360,76 2.020,25 1.587,34 1.443,04 Inanspruchnahme (in m²) 395 14,43 €/ m² 20 25 140 110 100 Umlage VK2 (€) 5.420,61 818,20 2.045,51 1.534,13 1.022,76 Inanspruchnahme (in km) 5.300 1,02 €/ km 800 2.000 1.500 1.000 Umlage VK3 (€) 6.498,96 3.728,91 1.278,48 1.491,57 Inanspruchnahme (nach Rezepten) 610 10,65 €/ Rezept 350 120 140 Summe Hauptkostenstellen (€) 99.802,00 41.994,68 30.549,96 27.257,36 * Bei der Weiterverrechnung werden die exakten Kostenschlüssel verwendet. Tab. 17: Anwendung des Stufenleiterverfahrens in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="119"?> Gleichungsverfahren Das exakte Verfahren zur Kostenverrechnung im Rahmen der Kostenstellenrechnung ist das sogenannte Gleichungsverfahren. Bei seinem Einsatz werden Leistungsbeziehungen zwischen allen Kostenstellen berücksichtigt. Somit wird hier eine verursachungsgerechte Weiterverrechnung der Kosten gewährleistet. Aus diesem Grund liefert das Gleichungsverfahren im Unterschied zum Anbau- und Stufenleiterverfahren eine realistische Abbildung der Kostenverteilung. Auch die Manipulationsanfälligkeit ist bei diesem Verfahren gering, da die Anordnung der Vorkostenstellen keinen Einfluss auf das Verrechnungsergebnis hat. Das Prinzip des Gleichungsverfahrens beruht auf der Verwendung eines Systems linearer Gleichungen. Sofern es sich zwischen zwei Vorkostenstellen um einen gegenseitigen Leistungsaustausch handelt und die Verrechnungspreise unbekannt sind, kann folgendes Gleichungssystem aufgestellt werden (Olfert, 2018, S. 189): m × q = K + L × q m × q = K + L × q m 1 = Leistungseinheit der Kostenstelle 1 m 2 = Leistungseinheiten der Kostenstelle 2 q 1 = Kostensatz pro Leistungseinheit der Kostenstelle 1 q 2 = Kostensatz pro Leistungseinheit der Kostenstelle 2 K p1 = Primärkosten der Kostenstelle 1 K p2 = Primärkosten der Kostenstelle 2 L 12 = Leistung der Kostenstellen 1 an Kostenstelle 2 L 21 = Leistung der Kostenstellen 2 an Kostenstelle 1 Das Prinzip des Gleichungsverfahrens soll zunächst anhand eines allgemeinen Rechenbeispiels verdeutlicht werden: Die Fuhrparkkostenstelle (VK1) weist insgesamt 20.000 gefahrene Kilometer (km) auf. Dafür hat sie 10.000 Euro an primären Gemeinkosten verbraucht. An die Kantine (VK2) liefert die Fuhrparkkostenstelle eine Leistung im Umfang von 5.000 Kilometern. Dabei produziert die Kantine insgesamt 2.000 Mahlzeiten (mz). Davon verbraucht sie selbst 100 Mahlzeiten und liefert noch 100 Mahlzeiten an Vorkostenstelle VK1. Für die Produktion der Mahlzeiten hat die Kantine 20.000 Euro ausgegeben. 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 1 <?page no="120"?> 120 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Mit den gegebenen Daten soll nun ein Gleichungssystem aufgestellt werden, das die wechselseitige Leistungsbeziehung zwischen den Vorkostenstellen exakt abbildet. In der Gleichung links wird aus mathematischer Sicht die Gesamtleistung der Vorkostenstelle abgetragen und rechts all das, was dafür aufgewendet werden musste: I. 20.000q = 10.000 + 100q II. 2.000q = 20.000 + 100q + 5.000q Wenn man die beiden Gleichungen auflöst, ergibt sich ein Verrechnungssatz von 12 Euro für eine Mahlzeit aus der Kantine und 0,56 Euro für einen gefahrenen Kilometer. Im Gegensatz zu der Berechnung nach dem Gleichungsverfahren würde beim Stufenleiterverfahren entweder erst die Kostenstelle Fuhrpark auf die Kostenstelle Kantine umgelegt oder umgekehrt. Dies führt jeweils zu unterschiedlichen Verrechnungssätzen, weil die Gegenleistung einer der Vorkostenstellen ignoriert wird. Bezugnehmend auf das Fallbeispiel am Anfang des Kapitels 5.2.3.2 wird deutlich, dass mit dem Gleichungsverfahren alle Leistungsbeziehungen, auch die gegenseitige Beziehung zwischen VK1 (Facility Management) und VK2 (Fuhrpark) erfasst werden können. Dafür müssen zunächst die Kostenschlüssel der gegebenen Vorkostenstellen neu berechnet werden, was mit Hilfe des folgenden Gleichungssystems umgesetzt werden kann, wobei die internen Preise (q) als unbekannt gelten: (VK1) 395 m² × q = 5.700 € + 200 km × q (VK2) 5.500 km × q = 5.132 € + 20 m² × q (VK3) 610 Rez. × q = 5.320 € + 25 m × q + 800 km × q Die einzelnen Gleichungen des aufgestellten Gleichungssystems besagen, dass die Gesamtkosten einer Vorkostenstelle sich aus den primären Gemeinkosten und den sekundären Gemeinkosten in Form von anteiligen Kosten der relevanten Vorkostenstellen ergeben. Löst man nun das Gleichungssystem nach den Unbekannten auf (Hinweis: Die unterschiedlichen Einheiten können hierzu vernachlässigt werden.), kann berechnet werden, wie viel eine Leistungseinheit der jeweiligen Vorkostenstelle kostet: q = 14,93 € q = 0,99 € q = 10,63 € <?page no="121"?> 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 121 Auf Basis der ermittelten Kostenschlüssel kann im weiteren Schritt die Umlage der Kosten durchgeführt werden. Beispielsweise erfolgt die Umlage der Kosten der Kostenstelle Facility Management (VK1) mit dem berechneten internen Preis in Höhe von 14,93 Euro, der für die jeweilige empfangende Kostenstelle mit der von dieser in Anspruch genommenen Fläche multipliziert werden muss. Sind die Kosten der Vorkostenstellen ermittelt, können diese mit Hilfe der Kostenschlüssel von den Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen der Apotheke umgelegt werden. Die sekundären Kostenstellenkosten der Hauptapotheke (EK1) ergeben sich aus folgender Berechnung: GK . = Umlage (VK1) + Umlage (VK2) + Umlage (VK3) = 14,93 € × 140 + 0,99 € × 2.000 + 10,63 € × 350 = 7.790,70 € Nachdem die sekundären Gemeinkosten der Hauptapotheke (EK1) berechnet wurden, können jetzt ihre primären Gemeinkosten in Höhe von 34.200 Euro mit den sekundären Gemeinkosten summiert werden: GK = GK + GK = 34.200 € + 7.790,70 € = 41.990,70 € Aufgabe: Berechnen Sie die Gemeinkosten für die Filialapotheke I (EK2) und die Filialapotheke II (EK3) nach dem Gleichungsverfahren und gleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem in der Tabelle 18 abgebildeten Gesamtergebnis ab. <?page no="122"?> Einsatz des Gleichungsverfahrens in der Apotheke Angaben p.a. Summe Schlüssel* Vorkostenstellen Endkostenstellen Facility Management Fuhrpark Geschäftsführung Haupt- Apotheke Filial- Apotheke I Filial- Apotheke II VK1 VK2 VK3 EK1 EK2 EK3 Primäre GK (€) 99.802,00 5.700,00 5.132,00 5.320,00 34.200,00 26.150,00 23.300,00 Umlage VK1 (€) 5.700,00 298,60 373,25 2.090,20 1.642,30 1.493,00 Inanspruchnahme (in m 2 ) 395 14,93 €/ m² 20 25 140 110 100 Umlage VK2 (€) 5.132,00 198,00 792,00 1.980,00 1.485,00 990,00 Inanspruchnahme (in km) 5.500 0,99 €/ km 200 800 2.000 1.500 1.000 Umlage VK3 (€) 5.320,00 3.720,50 1.275,60 1.488,20 Inanspruchnahme (nach Rezepten) 610 10,63 €/ Rezept 350 120 140 Summe Hauptkostenstellen (€) 99.814,80 (Rundungsdiff.) 41.990,70 30.552,90 27.271,20 * Bei der Weiterverrechnung werden die exakten Kostenschlüssel verwendet . Tab. 18: Anwendung des Gleichungsverfahrens in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. 122 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke <?page no="123"?> 5.2.4 Zusammenfassung: Kostenstellenrechnung in der Apotheke Die Kostenstellenrechnung bildet die zweite Stufe der Kostenrechnung. Ihre primäre Aufgabe besteht darin zu analysieren, an welchen Orten in der Apotheke die Gemeinkosten angefallen sind, um diese im weiteren Verlauf der Kostenrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträger zu verrechnen. Für die Bildung der Kostenstellen in einer Apotheke können gleich mehrere Kriterien in Betracht gezogen werden. So kann die Kostenstellenbildung nach räumlichen Gesichtspunkten, nach Kostenträgergesichtspunkten und nach Funktions-/ Verantwortungsbereichen erfolgen. Dabei hängt die Kostenstellenstruktur einer Apotheke von der vorliegenden Organisationsstruktur ab. Eine Apotheke mit Filialen hat zwangsläufig eine andere Kostenstellenstruktur als eine kleine Apotheke, die in einem Einkaufszentrum untergebracht ist. Grundsätzlich können mehrere Kategorien von Kostenstellen voneinander abgegrenzt werden. Nach der Art, wie die von den Kostenstellen erbrachten Leistungen in Verbindung mit dem Abnehmerkreis stehen, unterscheidet man vier Kostenstellenkategorien: Hauptkostenstellen (z. B. Verkauf, Labor), Nebenkostenstellen (z. B. Veranstaltungsmanagement, Vordiagnostik), Hilfskostenstellen (z. B. Fuhrpark, Facility Management) und verwaltungsbezogene Kostenstellen (z. B. Geschäftsführung in einem Apothekenverband). Nach der Art der Kostenverrechnung können Kostenstellen nach Vor- und Endkostenstellen gegliedert werden. Dabei unterteilt sich der Ablauf der Kostenstellenrechnung in die folgenden zwei Schritte: Zunächst werden die primären Gemeinkosten auf Vor- und Endkostenstellen verrechnet. Danach werden Kosten, die auf Vorkostenstellen gesammelt wurden, unter Verwendung von Wert- oder Mengenschlüsseln im Rahmen der betriebsinternen Leistungsverrechnung auf die Endkostenstellen weiterverrechnet. Die betriebsinterne Kostenverrechnung kann nach unterschiedlichen Verfahren erfolgen (Anbauverfahren, Stufenleiterverfahren, Gleichungsverfahren), wobei das exakte Verfahren das Gleichungsverfahren ist, da es alle gegebenen Leistungsbeziehungen zwischen einzelnen Kostenstellen berücksichtigt. 5.2 Kostenstellenrechnung in der Apotheke 12 <?page no="124"?> 124 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Kontrollfragen Welche Aufgaben kann die Kostenstellenrechnung in der Apotheke erfüllen? Definieren Sie den Begriff „Kostenstelle“! Benennen Sie Grundsätze, nach denen Kostenstellen allgemein gebildet werden sollen! Welche Kriterien zur Bildung von Kostenstellen sind für Apotheken relevant? Nach welchen drei Kriterien können Kostenstellen eingeteilt werden? Was ist der Unterschied zwischen Vor- und Endkostenstellen? Nennen Sie jeweils zwei Beispiele für Vor- und Endkostenstellen in einer Apotheke! Was wird unter „innerbetrieblicher Leistung“ verstanden? Beschreiben Sie zwei Beispiele für innerbetriebliche Leistungen in einer Apotheke! Welche Kostenschlüssel können für Apotheken relevant sein? Nennen Sie drei konkrete Beispiele! Schildern Sie den allgemeinen Ablauf der Kostenstellenrechnung! Was ist der Unterschied zwischen dem Anbauverfahren, dem Stufenleiterverfahren und dem Gleichungsverfahren der Kostenverrechnung? Wo sehen Sie die Problematik beim Anbau- und Stufenleiterverfahren? Welche Problematik ergibt sich bei Apotheken in Bezug auf die verursachungsgerechte Verrechnung der Kosten von den verwaltungsbezogenen Vorkostenstellen (z. B. Geschäftsführung in einem Apothekenverbund)? <?page no="125"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 125 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke Nachdem in den vorherigen Kapiteln die Anwendung der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung in der Apotheke erläutert wurde, soll in diesem Kapitel die dritte und abschließende Stufe der Kostenrechnung, nämlich die Kostenträgerrechnung, beschrieben werden. Im Rahmen der Kostenträgerrechnung geht es um die folgende Frage: Was haben die Kostenträger der Apotheke gekostet? Um diese Frage beantworten zu können, müssen die Einzelkosten und die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger übertragen werden. Dafür werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung und die Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung übernommen. Die Kostenträgerrechnung erfüllt gleich mehrere Aufgaben. Zum einen dient sie der Informationsgewinnung und Kontrolle, indem mit ihrer Hilfe die Produktionskosten der einzelnen (Apotheken-)Angebote ermittelt werden können. Mit diesen Daten kann dann die Wirtschaftlichkeit sowohl einzelner Leistungen und der Produktionsbereiche (Handel/ Rezeptur) bei größeren Apothekenstrukturen als auch der gesamten Organisation überprüft werden. Zum anderen spielt die Kostenträgerrechnung in der Kalkulation der Preise (z. B. bei OTC-Präparaten) eine bedeutende Rolle, indem sie richtungsweisende Werte für Preisuntergrenzen vorgibt. Abb. 27: Formen der Kostenträgerrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Die Kostenträgerrechnung kann als Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation oder kalkulatorische Stückrechnung) und als Kostenträgerzeitrechnung (Betriebsergebnisrechnung oder kurzfristige Periodenrechnung) durchgeführt werden (siehe Abbildung 27). Die Kostenträgerstückrechnung ermittelt dabei die Selbstbzw. Herstellkosten pro Leistungseinheit (z. B. Selbstkosten einer Rezeptur oder eines Medikaments). Die Kostenträgerzeitrechnung wird dagegen angewandt, um sämtliche Kosten für die innerhalb einer bestimmten Periode entstandene Produktmenge - gegliedert nach Produktarten - zu berechnen (z. B. Gesamtkosten einer Arzneimittelgruppe im Monat, Quartal <?page no="126"?> 126 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke oder Jahr). Aus der Gegenüberstellung von Gesamtkosten und Gesamterlösen ergibt sich dann die kurzfristige Erfolgsrechnung der gesamten Apotheke (in Anlehnung Manz & Dahmen, 2001, S. 36). 5.3.1 Kostenträger in der Apotheke Unter einem Kostenträger wird „[…] jede selbstständige Leistungsbzw. Produktionseinheit einer Organisation verstanden“ (Coenenberg et al., 2016, S. 137). Bezugnehmend auf diese Definition kommen als Kostenträger alle Produkte und Leistungen einer Apotheke in Frage. Aufgrund der Heterogenität derselben können dies Produkte, Dienstleistungen oder ein einzelner Kunde bzw. Patient sein (siehe Tabelle 19). Je nach kostenrechnerischem Konzept können auch allgemeine Verwaltungskosten oder Kosten der Führungsorgane auf eigens angelegten Kostenträgern erfasst werden, um das Problem der Gemeinkostenverrechnung zu umgehen. Für viele Apotheken stellt die Identifikation von Kostenträgern eine große Herausforderung dar. Im Hinblick darauf kann empfohlen werden, Kostenträger auf Basis eines klar strukturierten Leistungskatalogs zu identifizieren (Coenenberg et al., 2016, S. 137f. und 312). Kostenträger Beispiel Produkte Fertigarzneimittel, Rezepturen Dienstleistung Verblisterung, Blutzuckerspiegeltest Patient/ Kunde Einzelner Patient, Pflegeheim Tab. 19: Mögliche Kostenträger in einer Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. In der einschlägigen Fachliteratur wird zwischen Haupt-, Neben- und Hilfskostenträgern unterschieden (Schuh et al., 2011, S. 398): Hauptkostenträger stellen Produkte oder Leistungen dar, deren Erstellung und Vertrieb der eigentliche Zweck des jeweiligen Betriebs ist. Nebenkostenträger sind solche Kostenträger, deren Herstellung im engen technischen und/ oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Produktion von Hauptkostenträgern steht. Hilfskostenträger (auch Gemeinkostenträger genannt) sind solche Kostenträger, auf denen innerbetriebliche Leistungen oder Projekte gesammelt werden, ohne dass diese jedoch am Markt veräußert werden und damit zu umsatzwirksamen Erlösen führen. Leistungen der Hilfskosten- <?page no="127"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 127 träger werden im Innenverhältnis abgegeben und ihre Produktion ist für die Herstellung von Haupt- und Nebenkostenträgern notwendig. Da ein Hilfskostenträger nicht direkt an Dritte abgegeben wird, hat er einen rein fiktiven Charakter und wird lediglich zu Berechnungszwecken eingesetzt. Die dargelegte Unterscheidung zwischen Haupt-, Neben- und Hilfskostenträgern kann auch in den Kontext der Apotheken übertragen werden. So sind beispielsweise Fertigarzneimittel, Rezepturen oder einzelne Dienstleistungen (z. B. Umblisterung, Medikamentenmanagement) als klassische Hauptkostenträger zu betrachten, da diese sich an die Kunden der Apotheke richten und dem primären Apothekenzweck entsprechen. Nebenkostenträger könnten z. B. Veranstaltungen zu gesundheitsrelevanten Themen sein oder auch vordiagnostische Untersuchungen. Als Hilfskostenträger kann unter Umständen die Beratungsdienstleistung der Apotheke abgegrenzt werden. Dieser Hilfskostenträger wird von solchen Kostenstellen wie beispielsweise „Verkauf“ produziert. In Abhängigkeit vom kostenrechnerischen Konzept der jeweiligen Apotheke können auf einem derartigen Kostenträger beratungsbezogene (Gemein-)Kosten gesammelt werden, wodurch eine geschlüsselte Abgabe an die anderen Kostenstellen bzw. -träger vermieden werden kann. 5.3.2 Kostenträgerstückrechnung Wie bereits beschrieben wurde, sollen im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung die Selbstkosten einzelner Kostenträger ermittelt werden. Hierfür werden die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung und Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung übernommen und den entsprechenden Kalkulationsobjekten zugewiesen. Wenn die Einzelkosten der Kostenträger bereits bekannt sind, stellt die Verrechnung der Gemeinkosten auf Kostenträger insbesondere dann eine Herausforderung dar, wenn die Endkostenstellen nicht den Kostenträgern entsprechen. In der industriebezogenen Kostenrechnung stehen für die Verrechnung der Gemeinkosten spezielle Kalkulationsverfahren zur Verfügung, mit denen die Selbstkosten mit Hilfe der Proportionalität ermittelt werden können. Diese sind die Divisionskalkulation, die Äquivalenzziffernkalkulation, die Zuschlagskalkulation und die Kuppelkalkulation. Der Vorteil dieser Verfahren besteht in der Erleichterung des Berechnungsvorgangs, da sonst die Kostenverrechnung auf einen Kostenträger für jeden Einzelfall speziell erfolgen müsste. Ein Nachteil ist aber der Mangel an einer verursachungsgerechten Verrechnung, da nicht mit genauen Zahlen, sondern mit Kosten-Proportionalität gearbeitet wird. <?page no="128"?> 128 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Die Anwendung der Kalkulationsverfahren richtet sich nach dem jeweiligen Produktionsverfahren. Dabei gilt folgende Regel: Je größer die Produktvielfalt eines Betriebes ist, desto feingliedriger muss auch das Kalkulationsverfahren sein (siehe Abbildung 28). So erlauben die Zuschlags- und die Äquivalenzziffernkalkulation eine differenzierte Berücksichtigung der Leistungsinanspruchnahme der Produktionsfaktoren. Die Divisionskalkulation vernachlässigt eine unterschiedliche Leistungsinanspruchnahme der Produktionsfaktoren. Beispielsweise lassen sich die Gemeinkosten des Verkaufs in der Apotheke unter der Annahme, die Beratungsdauer jedes Medikaments sei gleich lang, mit der Divisionskalkulation verteilen. Kann aber die Beratungsdauer nach Medikamentengruppen differenziert werden (beispielsweise dauert die Beratung von Antirheumatika 1,5-mal so lange wie die von Analgetika), so bietet sich mindestens ein Äquivalenzziffernverfahren an, da ansonsten die Verursachungsgerechtigkeit der Kostenzuordnung erheblich durchbrochen wird. Im Folgenden sollen nun die verschiedenen Verfahren kurz erläutert werden. Abb. 28: Kalkulationsverfahren. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 139. <?page no="129"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 129 Kalkulationsverfahren Divisionskalkulation Die Divisionskalkulation ist eine einfache Kalkulationsmethode, bei der die Gesamtkosten einer Betrachtungsperiode durch die Zahl der hergestellten bzw. abgesetzten Leistungseinheiten oder Kostenträger der Periode dividiert wird: Selbstkosten pro Kalkulationsobjekt = Einzelkosten + Gemeinkosten Anzahl der Kalkulationsobjekte Diesem Berechnungsschema entsprechend werden die Kosten mit Hilfe grober Durchschnittswerte auf die Menge gleicher Einheiten eines Produkts bzw. einer Dienstleistung verteilt. Deshalb wird diese Methode vor allem in solchen Betrieben angewandt, die identische Produkte herstellen (Horngren et al., 2001, S. 91f.). Demzufolge eignet sich die Divisionskalkulation vor allem dann, wenn die Produkte bei der Inanspruchnahme der Ressourcen weitgehend identisch sind. Dies wäre in der Apotheke etwa bei der Dienstleistung Umblisterung der Fall. Im Rahmen der Divisionskalkulation erfolgt keine Trennung in Kostenträgereinzelkosten und Kostenträgergemeinkosten, was die Stufe der Kostenstellenrechnung und den darin verbundenen Aufwand erspart (Scherrer, 2005, S. 741). Dabei gilt bei der Anwendung der Divisionskalkulation die grundlegende Bedingung, dass Produktions- und Absatzmenge identisch sein sollen, was bei der Sachgüterproduktion nicht immer der Fall ist (Manz & Dahmen, 2001, S. 37). Die Divisionskalkulation soll anknüpfend an das o. g. Beispiel mit der Produktion von Zytostatika verdeutlicht werden: Die Kostenstelle Zytostatika- Labor weist im Monat November 2020 folgende primäre Gemeinkosten aus: Personalkosten (inkl. kalkulatorischer Unternehmerlohn) von 16.000 Euro, kalkulatorische Abschreibungen von 5.800 Euro, eine kalkulatorische Miete von 600 Euro und Sachkosten von 2.745 Euro. Dazu gesellen sich sekundäre Gemeinkosten der Kostenstellen Facility Management und Fuhrpark in Höhe von 1.200 Euro. Die gesamten Gemeinkosten der Kostenstelle Zytostatika- Labor belaufen sich also auf 26.345 Euro. In diesem Zeitraum werden 1.730 Rezepturen fertiggestellt. Damit ergeben sich in der Kostenstelle Zytostatika- Labor anteilige Stückkosten für eine Rezeptur in folgender Höhe anteilige Stückkosten = . , € . = 15,23 €. <?page no="130"?> 130 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Bei dieser Kalkulation wird davon ausgegangen, dass die Produktionsdauer aller Rezepturen gleich lang sei. Ist diese Annahme unzutreffend, dann führt der Einsatz dieser Methode zu verzerrten Ergebnissen. Äquivalenzziffernkalkulation Ein weiteres Kalkulationsverfahren im Rahmen der vereinfachten Kostenträgerstückrechnung ist die sogenannte Äquivalenzziffernkalkulation. Im Unterschied zur Divisionskalkulation wird diese bei Sortenfertigung bzw. ähnlichen/ verwandten Produkten angewandt. Als solche gelten Leistungen, die zwar hinsichtlich der Produktionsfaktoren gleichartig sind, aber nicht gleiche Kosten verursachen. Somit wird bei der Äquivalenzziffernkalkulation davon ausgegangen, dass hergestellte Leistungen in einem Verhältnis zueinanderstehen, was mit Äquivalenzziffern ausgedrückt wird (Olfert, 2018, S. 205ff.). Gemäß der oberen Beschreibung ist die Äquivalenzziffernkalkulation für unterschiedliche Produkte der Apotheke geeignet, die den gleichen Produktionsfaktoreinsatz benötigen. Als Beispiel dafür kann etwa die Kostenstelle Verkauf genannt werden, deren Leistungen (z. B. Abverkauf von Rx-Präparaten, OTC-Präparaten, Rezepturen) mit dem gleichen Produktionsfaktoreinsatz stattfinden, von ihrer Dauer und der Anzahl der Leistungserbringung jedoch unterschiedlich sind. Im Hinblick darauf kommen als Äquivalenzziffern der entsprechende zeitliche Umfang der Beratung oder der Produktion in Frage. Im folgenden Beispiel werden die gesamten Gemeinkosten der Kostenstelle „Zytostatika-Labor“ in Höhe von 26.345 Euro auf drei Kostenträger (Zytostatika für Bronchialkarzinom - ZB -, für Kolonkarzinom - ZK - und für sonstige Karzinome - ZS) nach der Äquivalenzziffernkalkulation aufgeteilt. Zunächst wird eine Basis - nämlich das Ausmaß der Inanspruchnahme der Ressource - bestimmt, der die Äquivalenzziffer 1 zugeordnet wird. Im gegebenen Beispiel wird als Basis die Dauer einer Herstellung eines Zytostatikas für das Kolonkarzinom mit 8 Minuten als 1 verwendet. Damit ergibt sich für ZB die Äquivalenzziffer von 1,25 (= 10 Minuten/ 8 Minuten) und für ZS eine von 1,5 (= 12 Minuten/ 8 Minuten). Im nächsten Schritt werden die sogenannten Recheneinheiten berechnet. Diese stellen das Produkt aus der jeweiligen Äquivalenzziffer und der hergestellten Menge dar. In unserem Beispiel ergibt sich für ZB eine Recheneinheit von 575 (= 460 × 1,25). Auf die gleiche Weise werden für ZK 390 und für ZS 1.320 Recheneinheiten ermittelt. Insgesamt ergeben sich 2.285 Recheneinheiten. Im nächsten Schritt können nun die Gemeinkosten entsprechend dem jeweiligen Anteil an Recheneinheiten auf die drei Rezepturen aufgeteilt werden, so wie das in der folgenden Tabelle dargestellt ist. <?page no="131"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 131 Während die Divisionskalkulation in diesem Fall also einen einheitlichen Zuschlag von 15,23 Euro für alle Rezepturen berechnet, differenziert die Äquivalenzziffernkalkulation nach der zeitlichen Inanspruchnahme der betreffenden Ressource (hier das Zytostatika-Labor). Zuschlagskalkulation Die Zuschlagskalkulation wird in der Regel bei Produkten und Dienstleistungen angewandt, die sich völlig voneinander unterscheiden und daher im Rahmen einer Einzelproduktion erstellt werden. Bei der Zuschlagskalkulation wird die Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger in Kostenträgereinzelkosten und Kostenträgergemeinkosten vorgenommen. Materialeinzelkosten + Materialgemeinkosten Fertigungseinzelkosten + Fertigungsgemeinkosten + Sondereinzelkosten der Fertigung = Materialkosten = Fertigungskosten Zu den Materialeinzelkosten werden die Materialgemeinkosten addiert, um die Materialkosten zu erhalten. In der Apotheke wären die Materialkosten beispielsweise die Einstandspreise für die Wirkstoffe, die Trägersubstanzen und die Verpackung bei einer Rezeptur. Materialgemeinkosten wären die Kosten des Lagers, also etwa kalkulatorische Abschreibungen auf den Lagerraum und anteilige Reinigungskosten. Die Fertigungskosten ergeben sich als Summe der Fertigungseinzelkosten, der Fertigungsgemeinkosten und der Sondereinzelkosten der Fertigung. Fertigungseinzelkosten sind in der Regel Akkordlöhne und unter den Fertigungsgemeinkosten werden beispielsweise die kalkulatorische Abschreibung für den Produktionsraum und die Gehälter Rezeptur Anzahl pro Monat Dauer [Min.] Äquivalenzziffer Recheneinheiten GK pro Rezeptur [€] anteilige GK pro Monat [€] ZB 460 10 1,25 575 14,42 6.633,20 ZK 390 8 1 390 11,53 4.496,70 ZS 880 12 1,5 1.320 17,29 15.215,20 Gesamt 2.285 26.345,10 <?page no="132"?> 132 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke für einen Vorarbeiter oder Meister subsumiert. Unter Sondereinzelkosten der Fertigung versteht man Kosten, die ausschließlich für eine bestimmte Produktreihe entstehen (z. B. Abschreibung auf Spezialwerkzeuge oder Modelle). In der Apotheke werden sich kaum echte Fertigungseinzelkosten in Form von Akkordlöhnen vorfinden. Ebenso dürften keine Sondereinzelkosten der Fertigung hier auftreten. Fertigungsgemeinkosten wären hingegen Kosten in Form der Abschreibung auf Laborgeräte oder Gehälter der die Rezeptur anfertigenden PTAs. Materialkosten + Fertigungskosten = Herstellkosten + Verwaltungsgemeinkosten + Verkaufsgemeinkosten + Sondereinzelkosten des Verkaufs = Selbstkosten + Gewinnzuschlag = Barverkaufspreis + Skonto = Zielverkaufspreis + Rabatt = Listenverkaufspreis (netto) + MwSt = Listenverkaufspreis (brutto) Die Summe aus den Material- und den Fertigungskosten ergibt die Herstellkosten (Achtung: Von den Herstellkosten sind die handels- und steuerrechtlich relevanten Herstellungskosten zu unterscheiden! ). Zu den Herstellkosten werden die Verwaltungsgemeinkosten, die Verkaufsgemeinkosten und die Sondereinzelkosten des Verkaufs addiert, um zu den Selbstkosten zu gelangen. Verwaltungsgemeinkosten sind Kosten, die durch die Verwaltung entstehen (Gehälter für PKAs, Abschreibungen auf Buchhaltungssoftware etc.). Die Verkaufsgemeinkosten sind in der Apotheke die Kosten, die im Verkaufsraum entstehen (kalkulatorische Abschreibungen auf die Einrichtung, Gehälter für das Verkaufspersonal etc.). Unter Sondereinzelkosten des Ver- <?page no="133"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 133 kaufs werden Kosten für spezifisches Verpackungsmaterial oder Provisionen verstanden, die sich auf einen bestimmten Kunden beziehen. Dies ist in der Apotheke regelmäßig nicht anzutreffen. Auf die Selbstkosten werden dann ein Gewinnzuschlag, das Skonto und der Rabatt, sofern dieser gegeben wird, sowie schließlich die Mehrwertsteuer aufgeschlagen. In der Apotheke bestehen im OTC-Bereich Möglichkeiten, sich dieser Kalkulationsform zur Preissetzung zu bedienen. Dabei ist jedoch die Wettbewerbssituation zu berücksichtigen. So lässt sich ein im Vergleich zur Konkurrenz zu hoher Preis kaum durchsetzen. Insbesondere in diesem Bereich ist die Preissensibilität der Nachfrage recht hoch und aufgrund der Versandapotheken mit einer hohen Wettbewerbsintensität zu rechnen. Im Bereich der Rx- Präparate ist zumindest die Kenntnis der eigenen Selbstkosten wichtig, um die Notwendigkeit von Kosteneinsparungen zu prüfen. Die Zuschlagskalkulation unterstellt, dass die Zuschlagssätze unabhängig von der Anzahl der verkauften Produkte und Leistungen konstant bleiben, dass also die Gemeinkosten eigentlich variabel in Bezug auf die Ausbringungsmenge sind. Diese Annahme ist jedoch vor allem bei stark schwankenden Absätzen problematisch. Beispielsweise dürfte die Anzahl der Rezepte im Januar regelmäßig höher ausfallen als im Juli. Trotzdem hat die Apotheke an beiden Monaten vermutlich den gleichen Personalbestand im Verkauf. Demzufolge müssten die Zuschlagssätze im Juli höher ausfallen. Für ein OTC-Präparat würde sich die Kalkulation dann wie folgt darstellen: Der Einkaufspreis einer N1-Packung Paracetamol betrage 1,00 Euro. Materialeinzelkosten 1,00 € + Zuschlag Materialgemeinkosten (Lager): 3 % auf Materialeinzelkosten + 0,03 € = Materialkosten = 1,03 + Fertigungskosten - = Herstellkosten = 1,03 € + Verwaltungsgemeinkosten: 10 % auf Herstellkosten + 0,10 € + Verkaufsgemeinkosten: 15 % auf Herstellungskosten + 0,15 € = Selbstkosten = 1,28 € + Gewinnzuschlag: 10 % auf die Selbstkosten + 0,13 € <?page no="134"?> 134 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke + Skonto und Rabatt - Listenverkaufspreis (netto) = 1,41 € + MwSt: 19 % auf den Listenverkaufspreis + 0,27 € Listenverkaufspreis (brutto) 1,68 € Die entsprechenden Zuschlagssätze können dem Betriebsabrechnungsbogen entnommen werden Kapitel 4.7). Bei der Herstellung einer Rezeptur wären vor allem die Selbstkosten interessant. Die Berechnung würde hier wie folgt verlaufen, wenn die Materialeinzelkosten 5 Euro betrügen: Materialeinzelkosten 5,00 € + Zuschlag Materialgemeinkosten (Lager): 3 % auf Materialeinzelkosten + 0,15 € = Materialkosten = 5,15 + Fertigungskosten: 25 % auf Materialeinzelkosten (Fertigungseinzelkosten wären hier nicht vorhanden. Die Fertigungsgemeinkosten könnten als Zuschlag auf die Materialeinzelkosten gerechnet werden.) + 1,25 = Herstellkosten = 6,40 € + Verwaltungsgemeinkosten 10 % auf Herstellkosten + 0,64 € + Verkaufsgemeinkosten 15 % auf Herstellungskosten + 0,96 € = Selbstkosten = 8,00 € Die ermittelten Selbstkosten können nun mit der vorgeschriebenen Preisbildung für Rezepturen verglichen werden, um Aussagen über die Rentabilität der Produktion zu machen. 5.3.3 Kostenträgerzeitrechnung Eine weitere Aufgabe der Kostenträgerrechnung besteht in der Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs. Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich die sogenannte Kostenträgerzeitrechnung, die die für die Kostenträger in der betrachteten Abrechnungsperiode (z. B. Monat, Quartal oder Jahr) jeweils angefallenen Kosten ausweist. <?page no="135"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 135 Die Kostenträgerzeitrechnung kann nach zwei Methoden erfolgen: nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV) oder dem Gesamtkostenverfahren (GKV). Unterschiede zwischen beiden Verfahren sind insbesondere bei der Berücksichtigung von Lagerveränderungen zu beobachten, was vor allem in der Sachgüterproduktion relevant ist. So werden beim UKV den Umsätzen einer Periode nur die Kosten für diejenigen Leistungen gegenübergestellt, die auch tatsächlich abgesetzt wurden (Kalenberg, 2013, S. 135). Beim GKV werden dagegen alle Kosten herangezogen (und auch alle Umsatzerlöse) und durch die Lagerbestandsveränderungen korrigiert. Trotz dieser Unterschiede ergibt sich bei gleichzeitiger korrekter Anwendung beider Verfahren das gleiche Betriebsergebnis für ein und dieselbe Periode (Steger, 2010, S. 351). Eine anschauliche Übersicht über das Verhältnis von GKV und UKV zueinander bietet Abbildung 29. Abb. 29: Vergleich des Umsatz- und Gesamtkostenverfahrens. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 198. Beim GKV werden die Kosten nach Kostenarten gegliedert und anschließend den Umsatzerlösen der Periode nach Produktarten gegenübergestellt. Dagegen werden beim UKV die Herstellkosten sowie die Umsatzerlöse nach Produktarten gegliedert und einander gegenübergestellt. Der Vorteil des GKV ist die einfache Handhabung, da die Kosten aus der Kostenartenrechnung übernommen werden können. Darüber hinaus erleichtert dieses Verfahren Kostenstrukturanalysen zum Zweck der Steuerung (Joos- <?page no="136"?> 136 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Sachse, 2014, S. 209ff.). So kann mithilfe des GKVs folgende Frage beantwortet werden: Welche Kostenart beeinflusst das Kostengefüge der Apotheke am geringsten oder am meisten? Auf der anderen Seite ist ein großer Nachteil des GKVs, dass es eben keine Differenzierung nach Absatzmengen erlaubt, sondern lediglich das Gesamtergebnis ermittelt (ebd.). Aufgrund dieses Nachteils erscheint es zweckmäßig, die Kosten der Periode (z. B. Quartal, Halbjahr oder Jahr) nach Kostenträgern bzw. Kostenträgergruppen zu gliedern und sie dann den Erlösen dieser Periode gegenüberzustellen, so wie dies das UKV vorschreibt. Auf diesem Weg kann der kurzfristige Erfolg einzelner Produkte der Apotheke, einzelner Bereiche (Verblisterung, Zytostatika-Labor) und der gesamten Apotheke ermittelt werden (in Anlehnung an Joos-Sachse, 2014, S. 209ff.). Als großer Nachteil des UKVs ist jedoch der zu betreibende Aufwand zu sehen, der von Nöten ist, um die differenzierten Zahlen aus Kostenträger- und Kostenstellenrechnung zu übertragen. Das Umsatzkostenverfahren erfolgt nach kontenmäßiger Darstellung wie folgt: Betriebsergebnis Kosten der Periode (nach Produkt- und Leistungsarten) direkte Erlöse der Periode (nach Produkt- und Leistungsarten) Gewinn Verlust Tab. 20: Ergebnisberechnung in der Apotheke nach dem Umsatzkostenverfahren. Quelle: Eigene Darstellung. Die Vorgehensweise bei der Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs im Rahmen des UKVs soll für Apotheken anhand des folgenden Fallbeispiels näher erläutert werden. Fallbeispiel: Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs Eine Apotheke hält etwa 4.000 verschiedene Präparate vor. Dazu kommen noch die Rezepturen und das apothekenübliche Ergänzungssortiment. Die Ermittlung des kurzfristigen Betriebserfolgs (hier beispielsweise für ein Jahr) würde dann folgendes Vorgehen vorsehen: Für jeden Artikel wären der Erlös, die Selbstkosten und die abgesetzte Menge zu erfassen. Während sich der Erlös und die abgesetzte Menge einfach aus dem Materialwirt- <?page no="137"?> 5.3 Kostenträgerrechnung in der Apotheke 137 schaftssystem entnehmen ließe, müssten zur Berechnung der Selbstkosten entsprechende Aufschläge auf den Einstandspreis vorgenommen werden. Ibuflam 600 N1 Ibuflam 600 N2 Ibuflam 600 N3 … Erlös pro Produkt (Fertigarzneimittel, Rezeptur etc.) 10,59 € 12,32 € 15,30 € … Selbstkosten pro Produkt (Fertigarzneimittel, Rezeptur etc.) 1,99 € 3,68 € 6,59 € … Anzahl (Fertigarzneimittel, Rezeptur etc.) 901 347 69 Nach der Berechnung der Gesamtkosten und der Umsatzerlöse aus den einzelnen Produkten ergibt sich folgendes Ergebniskonto (Anmerkung: Zur Berechnung des Betriebsergebnisses soll hier stark vereinfachend nun davon ausgegangen werden, dass die Apotheke nur diese drei Produkte anbietet.): Betriebsergebnis Gesamtkosten pro Jahr: Ibuflam 600 N1: 1.792,99 € Ibuflam 600 N2: 1.276,96 € Ibuflam 600 N3: 454,71 € … direkte Erlöse pro Jahr: Ibuflam 600 N1: 9.541,59 € Ibuflam 600 N2: 4.275,04 € Ibuflam 600 N3: 1.055,70 € … Gewinn: 11.347,67 € Freilich müsste dies nun für alle Produkte der Apotheke vorgenommen werden, um das Betriebsergebnis zu berechnen. Diese Aufgabe ist jedoch in der Praxis überschaubar, da ein Großteil der Daten direkt aus dem Materialwirtschaftssystem entnommen werden kann. <?page no="138"?> 138 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke 5.3.4 Zusammenfassung: Kostenträgerrechnung in der Apotheke Die dritte Stufe der Kostenrechnung, die Kostenträgerrechnung, geht der Frage nach, was die Kostenträger einer Apotheke gekostet haben. Während die Einzelkosten direkt aus der Kostenartenrechnung übernommen werden können, stellt die Zuordnung der Gemeinkosten in den meisten Fällen eine größere Herausforderung dar. Vornehmliche Anwendung können in der Apotheke sowohl die Divisionskalkulation als auch die Äquivalenzziffernkalkulation und die Zuschlagskalkulation finden. Dabei wäre, sofern die entsprechenden Daten vorhanden sind, der Äquivalenzziffern- und der Zuschlagskalkulation der Vorzug zu geben, da sie eine differenzierte Nutzung der Ressourceninanspruchnahme abbilden können. Mit der Kostenträgerzeitrechnung (Betriebsergebnisrechnung oder kurzfristige Periodenrechnung) lässt sich schließlich auf Basis der ermittelten Selbstkosten und der Erlöse der einzelnen Produkte das Betriebsergebnis errechnen. Hier ist dem Umsatzkostenverfahren der Vorzug zu geben. Kontrollfragen Erläutern Sie, was unter dem Begriff „Kostenträgerrechnung“ zu verstehen ist! Skizzieren Sie typische Aufgaben der Kostenträgerrechnung! Welche zwei Formen der Kostenträgerrechnung gibt es? Erläutern Sie den Unterschied zwischen diesen! Definieren Sie den Begriff „Kostenträger“ und grenzen Sie Hauptkostenträger, Nebenkostenträger und Hilfskostenträger im Kontext einer Apotheke ab! Geben Sie einen Überblick über das Ermittlungsschema der Divisionskalkulation und der Äquivalenzziffernkalkulation! Bei welchen Produkten der Apotheke können diese zur Stückkostenberechnung sinnvoll eingesetzt werden? Was ist die Voraussetzung, damit die Kostenträgerstückrechnung in Bezug auf das Angebot der Apotheke durchgeführt werden kann? Erläutern Sie die Unterschiede zwischen GKV und UKV! Welche Vor- und Nachteile ergeben sich bei ihrem Einsatz im Rahmen der Kostenrechnung einer Apotheke? <?page no="139"?> 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung 139 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung Die Erfassung der Kosten und ihre Zuordnung zu Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern ermöglichen einen umfassenden Überblick über die Kosten einer Apotheke. Dabei können die mit der Kostenrechnung gewonnenen Daten nicht nur als Ansatz für die Festlegung der Preise benutzt werden - soweit das rechtlich möglich ist -, sondern auch für die Steuerung und Kontrolle in der Apotheke sind sie von großer Relevanz. Um die kostenrechnerischen Daten für die entsprechenden Führungsentscheidungen bzw. -aufgaben nutzen zu können, müssen sie zunächst unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ausgewertet werden, indem interne und externe Kostenvergleiche durchgeführt werden. Ein interner Vergleich kann periodenweise erfolgen, indem die angefallenen Kosten einer Periode mit den entsprechenden Kosten anderer Perioden (= Zeitvergleich) verglichen werden, oder mit Soll-Werten, indem der sogenannte Soll-Ist-Vergleich durchgeführt wird (in Anlehnung an Homann, 1995, S. 172ff.). Darüber hinaus können auf Basis von Kostendaten Kennzahlen gebildet werden, die eine Kontrolle der Erreichung der wirtschaftlichen Ziele und einen internen Vergleich der Kostenentwicklung nach Perioden gestatten. Zudem wird auch ein externer Vergleich (z. B. mit anderen Apotheken) ermöglicht. Auf diese Weise lassen sich Kostensenkungspotentiale in Bezug auf einzelne Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger ermitteln und durch entsprechende Anpassungen ausschöpfen. 5.4.1 Allgemeine Auswertungen mit Kennzahlen Als Kennzahlen werden solche Zahlen bezeichnet, „[…] die sich auf betriebswirtschaftlich wichtige Tatbestände beziehen und diese in konzentrierter Form darstellen“ (Olfert, 2018, S. 48). Allgemein können zwei Arten von Kennzahlen unterschieden werden: absolute Kennzahlen (Einzelzahlen, Summen, Differenzen usw.): Diese Kennzahlen lassen sich ohne Weiteres aus den kostenrechnerischen Unterlagen der Apotheke entnehmen, haben jedoch eine begrenzte Aussagekraft. relative Kennzahlen (Wirtschaftlichkeit, Rentabilität usw.): Diese Kennzahlen stellen sogenannte Verhältniszahlen dar, da hier zwei oder mehr Werte zueinander ins Verhältnis gestellt werden. Die relativen Kennzahlen haben daher eine höhere Aussagekraft als absolute Kennzahlen, was insbesondere im externen Vergleich von großer Bedeutung ist. <?page no="140"?> 140 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Grundsätzlich können Kennzahlen auf allen drei Stufen der Kostenrechnung (Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung) gebildet werden. Im Folgenden soll auf einzelne, für Apotheken besonders relevante relative Kennzahlen eingegangen werden. Eine der wichtigen Kennzahlen innerhalb der Kostenartenrechnung ist die Summe einer Kostenart (z. B. Materialkosten, Personalkosten) im Verhältnis zum Umsatz zu einem bestimmten Stichtag (in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 479ff.). Dabei spielen in der Apotheke zwei Kostenarten eine vornehmliche Rolle: die Materialkosten (bzw. der Wareneinsatz) und die Personalkosten. So macht der Wareneinsatz im Durchschnitt 76 % des Netto-umsatzes der Apotheke und die Personalkosten machen 11 % des Nettoumsatzes aus (ABDA, 2020). Bei beiden Kennzahlen solle freilich versucht werden, einen möglichst geringen Wert anzustreben. Die historische Entwicklung der beiden Kennzahlen in der Stadt-Apotheke wird in den Abbildungen 30 und 31 nachgezeichnet. Abb. 30: Entwicklung des Wareneinsatzes im Verhältnis zum Umsatz. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="141"?> 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung 141 Abb. 31: Entwicklung der Personalkosten im Verhältnis zu Umsatz und Rohgewinn. Quelle: Eigene Darstellung. Diese Zusammenhänge können auf einzelne Packungen oder Kunden heruntergebrochen werden. = . . . . = . . . . So gibt Herzog (2013, S. 43 ff.) für die Personalkosten pro abverkaufter Packung bei Arzneimitteln einen Durchschnittswert zwischen 2,75 Euro und 3,00 Euro und bezogen auf das gesamte Sortiment einen Durchschnittswert zwischen 2,00 Euro und 2,20 Euro. Die Kennzahl Personalkosten pro Kunde bewegt sich nach Herzog im Durchschnitt zwischen 3,75 Euro und 4,00 Euro (ebd.). Eine weitere wichtige Kennzahl im Rahmen der Kostenartenrechnung ist die sogenannte Kostenartwachstumsrate. Die Kennzahl misst das relative Wachstum einer bestimmten Kostenart im Laufe einer Periode und spiegelt die Entwicklung der Kosten in der abgelaufenen Periode im Vergleich zu den Perioden davor wider. <?page no="142"?> 142 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke = Summe der Kostenart zum Zeitpunkt t Summe der Kostenart zum Zeitpunkt t 1 × 100 Darüber hinaus können folgende relative Kennzahlen im Rahmen der Kostenartenrechnung gebildet werden: Fortbildungskosten pro Mitarbeiter, Personalkosten pro Mitarbeiter, kalkulatorische Lohnkosten des Apothekers usw. Auch im Rahmen der Kostenstellenrechnung können aussagekräftige Kennzahlen aufgestellt werden. Diese werden zur Steuerung konkreter Kostenstellen mit dem Ziel der Kostenbeeinflussung eingesetzt. Demnach können Kosten einer Kostenstelle, die je nach Größe der Apotheke unterschiedlich gebildet werden kann (z. B. Verkauf, Verwaltung, Allgemeines Labor) in Bezug auf die Patientenzahl oder auch Mitarbeiterzahl dargestellt werden. Weiterhin kann auch das Verhältnis der Kostenentwicklung einer bestimmten Kostenstelle im Laufe einer Periode mit Hilfe der Kostenstellenwachstumsrate abgebildet werden: = Summe der Kosten in Kostenstelle i zum Zeitpunkt t Summe der Kosten in Kostenstelle i zum Zeitpunkt t 1 × 100 Kennzahlen können auch bedeutende Informationen in Bezug auf die Kostenträger der Apotheke liefern, indem sie die Kostenentwicklung eines Produkts (z. B. eines Fertigarzneimittels, einer Rezeptur) oder eines Bereichs (Zytostatika-Labor, Verblisterung etc.) darstellen. Beispiele für solche Kennzahlen sind Gesamtkosten der Apotheke pro Produkt oder pro Kunde. Eine zentrale Kennzahl in der Apotheke stellt die Kennzahl für (Kosten- )Wirtschaftlichkeit dar, die das Maß für die Einhaltung des ökonomischen Prinzips bildet. Diese kann für unterschiedliche Ebenen berechnet werden (in Bezug auf die gesamte Apotheke oder auf Teilbereiche: Zytostatika-Labor, Verblisterung etc., oder ein konkretes Produkt). Dabei ist die Wirtschaftlichkeit umso höher, je größer der Wert dieser Kennzahl ist. Kostenwirtschaftlichkeit = Erlös Kosten 5.4.2 Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen Die Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen setzt einen Maßstab voraus, an dem die tatsächlich entstandenen Kosten gemessen werden kön- Kapitel 4.8.1) erwähnt worden. Da die Ermittlung echter Plankosten in der Apotheke schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen ausscheidet, soll hier näher <?page no="143"?> 5.4 Auswertung der Vollkostenrechnung 143 auf die Wirtschaftlichkeitskontrolle mit Hilfe der Normalkosten eingegangen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Normalkosten als um außerordentliche Vorgänge bereinigte Durchschnittskosten der Vergangenheit freilich auch die Unwirtschaftlichkeiten der Vergangenheit beinhalten („Schlendrian mit Schlendrian vergleichen“, Schmalenbach, 1934, S. 263) und deswegen kein idealer, aber ein durchaus ausreichender Vergleichsmaßstab sind. Die Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen erfordert die Auflösung der Vorkostenstellen auf die Hauptkostenstellen im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Auf dieser Basis lassen sich nun Zuschlagssätze bilden, die die kumulierten Gemeinkosten zu den jeweiligen Einzelkosten in Beziehung setzen. Der dahinterstehende Grundgedanke ist der folgende: Eine höhere Absatzmenge (Fertigarzneimittel) oder eine höhere Produktionsmenge (Rezepturen), die sich beide in höheren Einzelkosten niederschlagen, ziehen proportional höhere Gemeinkosten nach sich. Es wird also angenommen, dass sich die Gemeinkosten zu einem großen Teil als variable Kosten verhalten. Sicherlich ist diese Annahme vergleichsweise unproblematisch, wenn sich die Beschäftigung (die abgesetzten Arzneimittel) stets etwa in der gleichen Größenordnung bewegt. Schwankt sie allerdings sehr stark, dann Kapitel 5.5). Als Zuschlagsbasis bieten sich für die Ermittlung der Zuschlagssätze die folgenden Größen an: Materialeinzelkosten bzw. Wareneinsatz (empfohlen für das Lager) Personaleinzelkosten (empfohlen für die Produktion) Herstellkosten (empfohlen für Verkauf und Verwaltung) Für die Apotheke bietet sich für alle Kostenstellen der Wareneinsatz als Bezugsgröße an, zumal der Produktionsbereich eher von untergeordneter Bedeutung ist. Der Ist-Zuschlagssatz der Kostenstelle Verkauf würde sich demnach wie folgt berechnen: ( ) = ( ) Analog dazu wären die Zuschlagssätze der anderen Kostenstellen zu ermitteln. Die Normalkostenzuschlagssätze ergeben sich aus dem Verhältnis der durchschnittlichen, um außerordentliche Vorgänge bereinigten kumulierten Ist-Gemeinkosten und dem dazu gehörigen kumulierten Wareneinsatz. ( ) = ( ) <?page no="144"?> 144 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Nun lassen sich mit Hilfe des Ist-Zuschlagssatzes und der Ist-Zuschlagsbasis die Normalkosten der betreffenden Periode ermitteln: ( ) = ( ) × Im Anschluss daran werden die Abweichungen als Differenz zwischen den Ist-Kosten und den Normalkosten berechnet. = Fällt diese Differenz positiv aus, gilt also Ist-Kosten > Normalkosten, dann wird von einer „Unterdeckung“ gesprochen. Eine Unterdeckung bedeutet, dass die Ist-Kosten höher ausgefallen sind, als dies nach dem Maßstab hätte sein sollen. Die Unterdeckung ist also ein Signal dafür, dass in der Kostenstelle eine Unwirtschaftlichkeit vorliegen könnte. Im nächsten Schritt wären nun die Kostenarten in der besagten Kostenstelle zu prüfen und herauszufinden, welche sich erhöht haben. So könnten in der Kostenstelle Verkauf beispielsweise die Personalkosten erhöht sein und die Analyse ergeben, dass durch die Erkrankung einer PTA kurzfristig eine Ersatzkraft eingestellt werden musste. Dieser Sachverhalt hat im Zusammenhang mit der Lohnfortzahlung zu den höheren Personalkosten geführt. Fallen die Ist-Kosten geringer aus als die Normalkosten, gilt also Ist-Kosten < Normalkosten; es wird von einer Überdeckung gesprochen. Hier wurde kostengünstiger als im Durchschnitt der Vergangenheit gearbeitet. Fallbeispiel Dieser Sachverhalt soll am Beispiel der Burg-Apotheke verdeutlicht werden. Die Burg-Apotheke hat sich die folgende Hauptkostenstellenstruktur gegeben: - Rezeptur - Warenwirtschaft - Verwaltung - Verkauf Die Zuordnung der primären Gemeinkosten und die anschließende Innerbetriebliche Leistungsverrechnung ergab für den Oktober 2020 folgende Gemeinkosten auf diesen Kostenstellen. Als Zuschlagsbasis wurden der Wareneinsatz bzw. die Materialkosten verwandt. Die Materialkosten der Rezeptur beliefen sich auf 491,08 Euro und der sonstige Wareneinsatz auf 202.205,72 Euro. Das bedeutet, dass die Zuschlagsbasis der Rezeptur 491,08 Euro ist und die der anderen drei Kostenstellen 202.696,80 (= 202.205,72 Euro + 491,08 Euro). <?page no="145"?> 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung 145 BAB Rezeptur Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Summe Gemeinkosten [€] 2.294,81 8.148,96 4.851,03 34.512,20 Zuschlagsbasis [€] 491,08 202.696,80 202.696,80 202.696,80 Ist-Zuschlagssatz 467,29 % 4,02 % 2,39 % 17,03 % Normal-Zuschlagssatz 490,00 % 4,50 % 3,50 % 16,00 % Normalkosten [€] 2.406,29 9.121,36 7.094,38 32.431,49 Abweichung -111,48 -972,40 -2.243,36 +2.080,71 Tab. 21: Wirtschaftlichkeitsanalyse in den Kostenstellen der Burg-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Fallbeispiel Das Ergebnis ist wie folgt zu interpretieren: In den Kostenstellen Rezeptur, Warenwirtschaft und Verwaltung wurde kostengünstiger als in der Vergangenheit gearbeitet. Hier wäre also kein Handlungsbedarf zu identifizieren. Die Kostenstelle Verkauf hat höhere Kosten verursacht. In dieser Kostenstelle müsste nun im nächsten Schritt geprüft werden, was diese Abweichung ausgelöst hat, und gegebenenfalls müssten entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden. Die Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Vorkostenstellen würde ergänzend über deren Verrechnungspreis erfolgen Kapitel 5.2.3). Beispielsweise ließen sich die durchschnittlichen Verrechnungspreise der Vergangenheit heranziehen und als Maßstab verwenden. Im Fuhrpark wäre das etwa der km- Satz oder im Facility Management der m 2 -Satz. 5.5 Probleme und Defizite der Vollkostenrechnung Mit der Vollkostenrechnung bekommt der Apotheker sicherlich ein bewährtes Instrument an die Hand, um Kosten zu erfassen und kostendeckende Entgelte zu kalkulieren. Die bisher betrachtete Vollkostenrechnung hat jedoch gravierende Defizite, die hier näher erläutert werden sollen. <?page no="146"?> 146 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Ein bedeutendes Defizit der Vollkostenrechnung besteht darin, dass bei der Gemeinkostenverrechnung sämtliche Kosten auf die einzelnen Produkte übertragen werden. Dabei lassen sich Gemeinkosten per Definition nicht verursachungsgerecht auf die Kostenträger umlegen. Zwar stehen in der Apotheke plausible Kostenschlüssel zur Zuordnung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen und Kostenträger zur Verfügung (z. B. die Anzahl der Arzneimittelpackungen, der Wareneinsatz), sie bilden aber die Wirklichkeit nur näherungsweise verursachungsgerecht ab. Aus diesem Grund entspricht die Verrechnung der Gemeinkosten mit Hilfe von Kostenschlüsseln in der Regel dem Proportionalitätsprinzip, aber nicht dem Verursachungsprinzip. Aufgrund dieses Mangels kann eine verursachungsgerechte Kostenanalyse auf Vollkostenbasis nur eingeschränkt erfolgen. Abb. 32: Fixkostenproportionalisierung. Quelle: Eigene Darstellung. Ein weiteres Defizit der Vollkostenrechnung besteht darin, dass die Fixkosten so behandelt werden, als ob sie variabel in Bezug auf die Beschäftigung (hier: Ausbringungsmenge bzw. abgesetzte Menge an Fertigarzneimitteln) wären. Tatsächlich handelt es sich dabei zum großen Teil um fixe Kosten: Sie stellen die sogenannten Bereitschaftskosten dar und fallen naturgemäß immer an, egal ob zweihundert oder tausend Arzneimittel pro Periode verkauft werden. Der Zusammenhang mit der Proportionalisierung der Fixkosten wird in Abbildung 32 graphisch dargestellt: Werden mehr Packungen als ursprünglich geplant ( X ) verkauft, dann fällt der auf jede zusätzliche Einheit entfallende Fixkostenteil niedriger aus als bei der geplanten Menge (Xp). Gegenteilig ist es genau dann, wenn weniger als die geplante Menge verkauft wird. In diesem Fall erhöhen sich die anteiligen Fixkosten überproportional ( X ) (in Anlehnung an Kalenberg, 2013, S. 206). <?page no="147"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 147 Daraus resultierend kann die Vollkostenrechnung zu falschen Entscheidungen in der Apotheke führen, da die Gesamtkosten und nicht die entscheidungsrelevanten Kosten betrachtet werden. Da Fixkosten bei der kleiner werdenden Produktionsleistung nicht sinken, sondern gleichbleiben, riskieren Apotheken, die Fixkosten nicht mehr decken zu können, wenn beispielsweise der Absatz einbricht. Darüber hinaus erscheint eine Verrechnung sämtlicher Kosten auf die Kostenträger in Bezug auf eine transparente Kalkulation der Preise im Rx-Bereich als nicht zweckmäßig, zumal hier die Preise nicht frei gesetzt werden dürfen. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Vollkostenrechnung die Kostenverursachung nicht immer realistisch abbildet, nur eine eingeschränkte Entscheidungsorientierung in Bezug auf die differenzierte Kalkulation der Produkte der Apotheke bietet und mit einem großen Rechnungsaufwand verbunden ist. An diesen Kritikpunkten setzt die Teilkostenkostenrechnung an, deren Einsatz in der Apotheke im Kapitel 6 umfangreich erläutert wird. 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung Die Rats-Apotheke ist eine kleine Apotheke in einer deutschen Großstadt mit einem Jahresumsatz um die drei Millionen Euro. Die Apotheke ist weder in der Heimversorgung und im Versandhandel tätig, noch produziert sie Zytostatika. Für die Rats-Apotheke soll nun ein Betriebsabrechnungsbogen für das dritte Quartal 2020 aufgestellt werden. In diesem Zusammenhang sollen eine Wirtschaftlichkeitskontrolle und die Kalkulation eines ausgewählten OTC-Präparates durchgeführt werden. Hierzu wird wie folgt vorgegangen: Schritt 1: Sämtliche Gemeinkosten werden nach Kostenarten gegliedert. Dabei werden folgende Kostenarten definiert: Personalkosten kalkulatorische Kosten Sachkosten Kosten für fremde Dienstleistungen sonstige Kosten <?page no="148"?> 148 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Schritte 1 und 2: Erfassung der Kostenarten und Zuordnung zu den Kostenstellen Personalkosten In den Personalkosten sind die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitsgebers, etwaige Direktversicherungen und vermögenswirksame Leistungen enthalten. Die Apotheke hat - teilweise in Teilzeit - folgende Beschäftigte: 4 Apotheker, 4 PTAs, 3 PKAs, einen Boten und eine Reinigungskraft. Das Gehalt des Inhabers wird unter den kalkulatorischen Kosten erfasst. Da die Beschäftigten nicht einer Kostenstelle direkt zuordenbar, sondern in verschiedenen Kostenstellen tätig sind, wurde die Aufteilung nach Aufzeichnung der Arbeitszeit vorgenommen. Personalkosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Summe 1.228,23 617,15 5.094,11 17.061,02 928,87 74.997,13 Tab. 22: Verteilung der Personalkosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Schritt 2: Im Rahmen der Kostenstellenrechnung werden diese Kosten den Kostenstellen zugerechnet. Hierbei werden folgende Kostenstellen gebildet: VK 1 : Facility Management VK 2 : Fuhrpark EK 1 : Allgemeines Labor EK 2 : Warenwirtschaft EK 3 : Verwaltung EK 4 : Verkauf Schritt 3: Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitskontrolle wird überprüft, ob die tatsächlichen Kosten (Ist-Kosten) der Kostenstellen angemessen sind. Schritt 4: Im Rahmen der Kostenträgerrechnung werden mit Hilfe der Zuschlagskalkulation die Selbstkosten und der Listenverkaufspreis der Apothekenprodukte ermittelt. <?page no="149"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 149 Kalkulatorische Kosten (Abschreibungen, Zinsen, Wagnisse, Unternehmerlohn) Kalkulatorische Abschreibungen Bei den Abschreibungen der Kostenrechnung ist davon ausgegangen worden, dass allenfalls marginale Preissteigerungen auftreten und dass die steuerliche Abschreibungsdauer in etwa der tatsächlichen Nutzungsdauer der Anlagegüter entspricht. Mit anderen Worten: Die Abschreibungen der Kostenrechnung wurden in gleicher Höhe wie die steuerlichen gebildet. Lediglich die GWGs wurden - abweichend von der steuerlichen Handhabung - über drei Jahre abgeschrieben, da vermutet wurde, dass bei diesen Gütern die tatsächliche Nutzungsdauer drei Jahre beträgt. Das Gebäude befindet sich in der Innenstadt und hat einen Wiederbeschaffungswert von 1,8 Mio. Euro (inkl. des Grundstücks von 200 m 2 ). Der Grundstückswert wird mit 140.000 Euro taxiert (200 m 2 zu 700 Euro). Das Gebäude mit einer Nutzfläche von 296 m 2 wird komplett durch die Apotheke genutzt. Der um das Grundstück bereinigte Wiederbeschaffungswert des Gebäudes in Höhe von 1,66 Mio. Euro wird über 50 Jahre linear abgeschrieben, woraus sich eine quartalsmäßige Abschreibung von 8.300 Euro ergibt. Kalk. Abschreibungen [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Gebäude 8.300,00 Kfz 1.249,60 IT 104,03 209,31 104,12 313,06 Einrichtung 168,18 392,22 168,54 795,05 Sonstiges 420,01 205,09 307,58 360,07 425,05 285,80 Summe 8.720,01 1.454,69 579,79 961,60 697,71 1.393,91 Tab. 23: Verteilung der kalkulatorischen Abschreibungen auf die Kostenstellen der Rats- Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="150"?> 150 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Kalkulatorische Zinsen auf das eingesetzte Kapital Die Apotheke ist weitgehend mit Eigenkapital finanziert. Eine sichere Anlage des Eigenkapitals am Kapitalmarkt würde etwa 0,5 % p. a. bringen. Hierzu wird ein Sicherheitszuschlag von 2 %-Punkten addiert, um das erhöhte Risiko bei der Anlage des Kapitals in der Apotheke zu berücksichtigen. Der kalkulatorische Zinssatz beträgt somit 2,5 % p. a. Das betriebsnotwendige Kapital wird in Höhe der hälftigen Anschaffungskosten berechnet; etwaige Resterlöse werden vernachlässigt. Zudem werden auch die kalkulatorischen Zinsen auf das Umlaufvermögen vernachlässigt, da das hier gebundene Kapital (Bankkonto etc.) gering ausfällt. Das Abzugskapital (insbes. Kredite des Pharmagroßhandels) wird ebenso vernachlässigt. Am Beispiel des Gebäudes soll die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen verdeutlich werden: Das Gebäude hat einen Wiederbeschaffungswert von 1,66 Mio. Euro und eine Nutzungsdauer von 50 Jahren. Der Resterlös nach diesen 50 Jahren wird vernachlässigt. Damit ergibt sich folgender kalkulatorischer Zins pro Quartal: . ( . ) = 0,025 × 1.660.000,00 € + 0 € 2 × 4 = 5.187,50 € Kalk. Zinsen [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Grundstück 875,00 Gebäude 5.187,50 sonst. abnutzbare Güter 93,72 66,98 431,28 221,36 452,72 Umlaufvermögen 18,00 1.687,00 Summe 6.062,50 93,72 84,98 2.118,28 221,36 452,72 Tab. 24: Verteilung der kalkulatorischen Zinsen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Kalkulatorische Wagnisse und kalkulatorischer Unternehmerlohn Aufgrund einer Umschlagshäufigkeit des Warenbestandes von 18 im Jahr fällt das Beständewagnis sehr gering aus und wird im Durchschnitt auf 1.430 <?page no="151"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 151 Euro im Jahr kalkuliert. Dies entspricht einem auf das Quartal bezogenem Wagnis von 357,50 Euro. Weitere Wagnisse konnten nicht identifiziert werden. Der kalkulatorische Unternehmerlohn wird auf 6.000 Euro pro Monat inkl. Lohnnebenkosten beziffert. Die Einsatzverteilung des Apothekers auf die verschiedenen Kostenstellen wurde exemplarisch zeitmäßig auf Basis einer Woche erfasst. Sonst. kalk. Kosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Wagnisse 357,50 Unternehmerlohn 1.200,00 1.800,00 15.000,00 Summe 1.557,50 1.800,00 15.000,00 Tab. 25: Verteilung der sonstigen kalkulatorischen Kosten auf die Kostenstellen der Rats- Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Sachkosten Zu den Sachkosten gehören insbesondere die Kosten des Kfzs, die Werbekosten, die Raumkosten (z. B. Kosten für Strom und Wasser) und sonstige Sachkosten. In den Werbekosten sind neben Ausgaben für verschiedene Werbeträger auch Spenden und Sponsoringausgaben enthalten. Zu den sonstigen Sachkosten zählen etwa Kosten für Kommunikation (Telefon etc.), Fachliteratur, die Eichung der Waagen, Papiertüten usw. <?page no="152"?> 152 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Sachkosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Werbekosten 3.972,00 Kfz-Kosten 249,60 Raumkosten 1.645,23 sonstige Sachkosten 23,25 325,65 229,30 385,65 904,39 Summe 1.668,48 249,60 325,65 229,30 4.357,65 904,39 Tab. 26: Verteilung der Sachkosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Kosten für fremde Dienstleistungen Zu den Kosten für fremde Dienstleistungen gehören beispielsweise die Ausgaben für den Steuerberater, die QM-Zertifizierung, die Clearingstelle, den Schornsteinfeger, das EC-Terminal. Kosten für fremde DL [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Summe 387,21 225,63 237,50 32,33 5.732,68 963,27 Tab. 27: Verteilung der Kosten für fremde Dienstleistungen auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Sonstige Kosten Unter den sonstigen Kosten sind die Versicherungen, die Beiträge für BGW, LAK, LAV und IHK sowie die Grundsteuer subsumiert. Sonstige Kosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Summe 475,22 121,35 63,12 38,53 1.521,56 234,29 Tab. 28: Verteilung der sonstigen Kosten auf die Kostenstellen der Rats-Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="153"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 153 Damit ergeben sich die folgenden Gemeinkosten auf den einzelnen Kostenstellen: Summe Gemeinkosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Personal 1.228,23 617,15 5.094,11 17.061,02 928,87 74.997,13 kalk. Abschr. 8.720,01 1.454,60 579,79 961,60 697,71 1.393,91 kalk. Zinsen 6.062,50 93,72 84,98 2.118,28 221,36 452,72 sonst. kalk. Kosten 1.557,50 1.800,00 15.000,00 Sachkosten 1.668,48 249,60 325,65 229,30 4.357,65 904,39 fremde DL 387,21 225,63 237,50 32,33 5.732,68 963,27 sonst. 475,22 121,35 63,12 38,53 1.521,56 243,29 Summe 18.541,65 2.762,14 6.385,15 21.998,56 15.259,83 93.954,71 Tab. 29: Verteilung der Gemeinkosten. Quelle: Eigene Darstellung. Innerbetriebliche Leistungsverrechnung Im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden die Vorkostenstellen Facility Management und Fuhrpark gemäß dem Treppenverfahren entsprechend aufgelöst. Dabei erfolgt eine Weiterverrechnung der Kosten des Facility Managements nach der räumlichen Inanspruchnahme der nachgelagerten Kostenstellen und eine des Fuhrparks nach der in Anspruch genommenen Zeit. So wird der Fuhrpark eingesetzt, um Rezepte von Arztpraxen zu holen, zur Korrektur zu bringen, Arzneimittel an Kunden auszuliefern, Kurierfahrten für Retouren durchzuführen usw. Inanspruchnahme Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Facility Management [m 2 ] 17 21 147 19 92 Fuhrpark [h/ Woche] 3 5 12 Tab. 30: Inanspruchnahme des Facility Managements und des Fuhrparks. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="154"?> 154 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke Damit lassen sich im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung die Gemeinkosten von Facility Management und Fuhrpark wie folgt umlegen: Summe Gemeinkosten [€] Facility Man. Fuhrpark allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Summe 18.541,65 2.762,14 6.385,15 21.998,56 15.259,83 93.954,71 Umlage FM 1.064,89 1.315,45 9.208,18 1.190,17 5.762,95 Umlage Fuhrpark 574,05 956,76 2.296,22 Summe 7.700,60 31.780,77 17.406,76 102.013,88 Tab. 31: Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Quelle: Eigene Darstellung. Schritt 3: Durchführung der Wirtschaftlichkeitskontrolle Die bisherigen Berechnungen basierten auf den tatsächlich in dem betrachteten Quartal entstandenen Kosten (Ist-Kosten). Eine Wirtschaftlichkeitskontrolle setzt nun einen Vergleichsmaßstab voraus. Hier werden als Vergleichsmaßstab die Normalkosten herangezo Kapitel 5.4.2). Als Bezugsbasis für die Berechnung der Normalkosten werden die relevanten Einzelkosten ( ) verwendet. In der Rats-Apotheke werden sinnvollerweise der Wareneinsatz bzw. die Materialeinzelkosten als Bezugsgröße benutzt. Die Materialien für die Herstellung der Rezepturen werden dabei im allgemeinen Labor gelagert und nicht durch die Warenwirtschaft betreut. Allerdings werden sowohl die Fertigarzneimittel (und das apothekenübliche Ergänzungssortiment) als auch die Rezepturen über den Verkauf abverkauft und durch die Verwaltung verwaltet. Die Bezugsbasis der Verwaltung und des Verkaufs sind also die Summe der Materialeinzelkosten des allgemeinen Labors und der Wareneinsatz der Warenwirtschaft. Der Normalkostenzuschlagssatz ( ) der entsprechenden Kostenstelle ergibt sich als Division der um außerordentliche Vorgänge bereinigten Ist-Gemeinkosten dieser Kostenstelle in den vergangenen Perioden durch die zugehörigen Einzelkosten. Aus der Multiplikation des Normalkostenzuschlagssatzes ( ) mit der Bezugsbasis der laufenden Periode ( ) resultieren die Normalkosten ( ), die dann als Maßstab für den Vergleich mit den Ist-Kosten ( ) <?page no="155"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 155 herangezogen werden. Dazu werden die Normalkosten von den Ist-Kosten subtrahiert ( = - ). allg. Labor Warenwirtschaft Verwaltung Verkauf Ist-Gemeinkosten [€] 7.700,60 31.780,77 17.406,76 102.013,88 Bezugsbasis [€] 1.473,24 606.616,80 608,090,04 608,090,04 Ist-Zuschlagssatz [ %] 522,70 5,24 2,86 16,78 Normalzuschlagssatz [ %] 450,25 5,30 3,02 16,75 Normalkosten [€] 6.633,26 32.150,69 18.364,32 101.855,08 - Abweichung [€] 1.067,34 -369,92 -957,56 -158,80 Tab. 32: Berechnung der Abweichungen. Quelle: Eigene Darstellung. Im vorliegenden Fall tritt im allgemeinen Labor eine Unterdeckung auf. Hier wäre es nun sinnvoll zu prüfen, was die Ursache für diese Unterdeckung ist und dann gegebenenfalls darauf zu reagieren. In allen anderen Kostenstellen sind die Ist-Kosten geringer ausgefallen als die Normalkosten. Wie bereits unter 5.5 erwähnt, hat dieses Vorgehen eine begrenzte Aussagekraft, da ein Großteil der Gemeinkosten der Kostenstellen sich als fix erweisen dürften. Sie reduzieren sich nicht, wenn die erbrachte Leistung vermindert wird. Schritt 4: Durchführung der Kostenträgerrechnung Im Rahmen der Kostenträgerrechnung sollen mit Hilfe der Zuschlagskalkulation für die folgenden drei Produkte der Apotheke die Selbstkosten und der Brutto-Listenverkaufspreis errechnet werden: Hydrophile Triclosan-Creme 1 % (100 g) [HTC] Ibuflam 600 (N1-Packung) [Ibu] Isla Moos Pastillen (60 Stück) [IMP] Als Kalkulationssätze werden die Normalzuschlagssätze verwendet, da ja die Ist-Zuschlagssätze ex ante nicht bekannt sind. <?page no="156"?> 156 5 Vollkostenrechnung in der Apotheke [€] HTC Ibu IMP Materialeinzelkosten 2,64 1,66 3,76 + Zuschlag Allg. Labor [450,25 %] + 11,89 - - + Zuschlag Warenwirtschaft [5,3 %] - + 0,09 + 0,20 + Zuschlag Verwaltung [3,02 %] + 0,08 + 0,05 + 0,11 + Zuschlag Verkauf [16,75 %] + 0,44 + 0,28 + 0,63 = Selbstkosten 15,05 2,08 4,70 + Gewinnzuschlag [10 %] + 1,51 + 0,21 + 0,47 = Listenverkaufspreis (netto) 16,56 2,29 5,17 + 19 % MwSt + 3,15 + 0,44 + 0,98 Listenverkaufspreis (brutto) 19,71 2,73 6,15 „Marktpreis“ 23,04 12,60 6,27 Tab. 33: Berechnung von Selbstkosten und Listenverkaufspreis. Quelle: Eigene Darstellung. Auf Grundlage dieser Berechnung lässt sich feststellen, dass die Rats-Apotheke in der Lage ist, mehr als einen 10 %-igen Gewinnzuschlag auf die Selbstkosten zu erwirtschaften. Für das OTC-Produkt bestünde also ein Preissenkungsspielraum. Fazit Im betrachteten Quartal überschritten lediglich die Ist-Gemeinkosten des allgemeinen Labors die Normalkosten; gleichwohl erweist sich diese Abweichung in Relation zu den gesamten Kosten der Apotheke als geringfügig. Insgesamt kann wohl geschlussfolgert werden, dass die Kostenstruktur der Rats- Apotheke die Möglichkeit zum Erzielen eines respektablen Gewinns bietet. Freilich wäre u. a. unter Kostengesichtspunkten folgendes zu prüfen: [1] Wie hoch ist die Kapazitätsauslastung? Liegt sie nachhaltig deutlich unter Vollauslastung, wäre zu prüfen, wie Kosten reduziert werden können. Dies beträfe insbesondere die Personalkosten. [2] Ist der kalkulatorische Unternehmerlohn angemessen? <?page no="157"?> 5.6 Anwendungsbeispiel für die Vollkostenrechnung 157 Literaturempfehlungen Allgemein zu Vollkostenrechnung: Coenenberg A. G.; Fischer T. M. & Günther, T. (2016). Kostenrechnung und Kostenanalyse (9. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 69-206. Götze, U. (2010). Kostenrechnung und Kostenmanagement (5. Aufl.). Berlin et al.: Springer. Schweitzer, M. & Küpper, H.-U. (2016). Systeme der Kosten- und Erlösrechnung (11. Aufl.). München: Vahlen. Steger, J. (2010). Kosten- und Leistungsrechnung (5. Aufl.). München: Oldenbourg. Insb. S. 163-370. Zu Kennzahlen in der Apotheke: Herzog, R. (2013). Kennzahlen in der Apotheke (3. Aufl.). Stuttgart: Deutscher Apotheker. Jung, M. (2018). Controlling in der Apotheke: Wirtschaftlicher Erfolg durch sinnvolle Steuerungsinstrumente (3. Aufl.). Eschborn: Avoxa - Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH. <?page no="159"?> 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Nachdem die Instrumente der Vollkostenrechnung dargestellt wurden, sollen in diesem Kapitel die Rechnungssysteme auf Teilkostenbasis sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung in der Apotheke beschrieben werden. Hierfür erfolgt zunächst eine allgemeine Einführung in die Teilkostenrechnung. Anschließend werden zwei Verfahren der Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis, nämlich die einstufige und mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung an praxisbezogenen Beispielen erläutert. Darauf aufbauend wird schließlich der Einsatz der Break-Even-Analyse in der Apotheke veranschaulicht. 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung Die Teilkostenrechnung wurde in der Betriebswirtschaftslehre als Antwort auf die Mängel der Vollkostenrechnung entwickelt. Der hauptsächliche Unterschied zwischen Teil- und Vollkostenrechnung beruht auf dem Umfang der in die Rechnung einbezogenen Kosten: Während die Vollkostenrechnung auf die Zurechnung der Gesamtkosten abzielt, wird im Rahmen der Teilkostenrechnung eine andere Perspektive eingenommen, indem nicht alle Kosten auf die Kostenträger verrechnet werden, sondern nur ihre variablen Anteile. Dabei werden anfallende Fixkosten nicht proportionalisiert und nur in die kurzfristige Erfolgsrechnung übernommen. Die Vorgehensweise auf Teilkostenbasis impliziert also, dass den Produkten (Fertigarzneimitteln, Rezepturen etc.) nur die Kosten zugewiesen werden, die sie tatsächlich verursacht haben. Demnach wird deutlich, dass die Teilkostenrechnung nach dem Verursachungsprinzip erfolgt, während die Vollkostenrechnung auf dem Proportionalitätsprinzip bzw. Durchschnittsprinzip basiert (siehe Abbildung 33). Dadurch, dass die Teilkostenrechnung auf die Weiterverrechnung bzw. Proportionalisierung der Fixkosten verzichtet, werden Gemeinkosten mit Hilfe von Schlüsselgrößen nur dann auf die Kostenträger verteilt, wenn ihre Verursachung direkt von der Beschäftigung abhängt (z. B. Kosten für Energieverbrauch im Zytostatika-Labor). Da aber viele Arten der Gemeinkosten in einer Apotheke weitgehend den fixen Kosten entsprechen (z. B. Personalkosten, Raumkosten), kann die Teilkostenrechnung die Verrechnung der Gemeinkosten bedeutend erleichtern, was einen weiteren Vorteil gegenüber der Vollkostenrechnung darstellt. <?page no="160"?> 160 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Abb. 33: Prinzipien der Kostenverrechnung bei Teil- und Vollkostenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mussnig et al., 2014, S. 440. Die allgemeine Vorgehensweise innerhalb der Teilkostenrechnung sieht wie folgt aus (Coenenberg et al., 2016, S. 207ff.): Da in der Teilkostenrechnung die variablen und fixen Kosten getrennt voneinander berechnet werden, muss im Rahmen der Kostenartenrechnung eine eindeutige Spaltung aller angefallenen Kosten nicht nur in Einzelkosten und Gemeinkosten, sondern auch in variable und fixe Bestandteile durchgeführt werden. Diese Aufgabe stellt eine Herausforderung insbesondere bei den Gemeinkosten dar; hingegen sind die Einzelkosten in der Regel variabel in Bezug auf die Beschäftigung. Die Kostenspaltung in variable und fixe Anteile muss exakt erfolgen, da dies die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilkostenrechnung ist. Wurden die Kosten ermittelt und nach ihren variablen bzw. fixen Anteilen gegliedert, kann im nächsten Schritt die Verrechnung der variablen Gemeinkosten auf Kostenstellen und Kostenträger erfolgen. Variable Einzelkosten können ohne Weiteres den Kostenträgern zugewiesen werden. Die Kostenstellen- und Kostenträgerstückrechnung auf Teilkostenbasis erfolgt dabei nach der gleichen Vorgehensweise wie auf der Vollkostenbasis, also mit Hilfe von plausiblen Schlüsselgrößen. Der einzige Unterschied besteht jedoch darin, dass Fixkosten nicht in die Berechnung der Kostenstellen- und Kostenträgerstückkosten miteinbezogen werden. Demgemäß werden im Rahmen der betriebsinternen Kostenverrechnung von den Vorkostenstellen nur variable Gemeinkosten (z. B. Strom- und <?page no="161"?> 6.1 Grundlagen der Teilkostenrechnung 161 Wasserkosten im Facility Management oder Kosten für Treibstoff im Fuhrpark) auf die relevanten Endkostenstellen bzw. Kostenträger aufgeteilt. Dies führt dazu, dass in der Kostenträgerstückrechnung nur variable Kosten ausgewiesen werden. In Abbildung 34 ist die Skizze zur entsprechenden Anpassung des Betriebsabrechnungsbogens an die Teilkostenrechnung dargestellt. Abb. 34: Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg et al., 2016, S. 209. Schließlich werden die im Rahmen der Kostenartenrechnung ermittelten Fixkosten in die Erfolgsrechnung en bloc oder stufenweise eingebracht und der Differenz aus den erzielten Erlösen sowie den variablen Kosten (Deckungsbeitrag) gegenübergestellt (ausführlicher dazu siehe Kapitel 6.2). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Teilkostenrechnung ebenso wie die Vollkostenrechnung sich des ganzen dreistufigen Instrumentariums bedient (Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung), innerhalb desselbigen aber ausschließlich die variablen Kosten weiter verrechnet und die fixen Kosten erst zum Schluss abzieht. Kostenstelle VK1 VK2 EK1/ KTr1 EK2/ KTr2 EK3/ KTr3 fix var. fix var. fix var. fix var. fix var. Umlage VK1 Umlage VK2 Fixkosten Fixkosten <?page no="162"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 162 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung Die Deckungsbeitragsrechnung ist ein Verfahren der Teilkostenrechnung und wird im Rahmen der kurzfristigen Erfolgsrechnung (Kostenträgerzeitrechnung) angewandt. Dementsprechend besteht das Ziel dieser Rechnungsart darin, den Produktionserfolg eines Betriebs in einer bestimmten Periode nur zu variablen Kosten zu bewerten. Um dies zu realisieren, wird für jede Kostenträgereinheit ein Grenzerfolg berechnet, der als Deckungsbeitrag bezeichnet wird (Weber & Weißenberger, 2015, S. 394). Folglich stellt ein Deckungsbeitrag (DB) für ein Bezugsobjekt in der Apotheke (z. B. ein Fertigarzneimittel) den Erlös pro Stück p und die variablen Kosten pro Stück k entsprechend der folgenden Formel gegenüber: DB = p k Dabei wird zwischen einstufiger und mehrstufiger Deckungsbeitragsrechnung unterschieden. Die beiden Rechnungsarten auf Teilkostenrechnungsbasis werden in den folgenden Abschnitten detailliert erläutert. 6.2.1 Einstufige Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing) Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung (auch Direct Costing genannt) behandelt die Fixkosten undifferenziert. Entsprechend der allgemeinen Vorgehensweise innerhalb der Teilkostenrechnung, die im Kapitel 6.1 beschrieben wurde, besteht der erste Schritt der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung darin, die Aufspaltung der Kosten in ihre variablen und fixen Anteile durchzuführen. Anschließend werden die variablen Kosten über die Kostenstellen den Kostenträgern zugerechnet und den entsprechenden Erlösen gegenübergestellt. Aus der Differenz aus dem pro Kostenträger erzielten Erlös und diesen so zugerechneten variablen Kosten ergibt sich dann ein Deckungsbeitrag. Im letzten Schritt werden von der Summe der erwirtschafteten Deckungsbeiträge die Fixkosten als Ganzes, d. h. en bloc bzw. undifferenziert abgezogen (Olfert, 2018, S. 293ff.; Steger, 2010, S. 392ff.). Die dargelegte Berechnung des Betriebsergebnisses (BE) basiert dementsprechend auf der folgenden Formel: BE = (p k )x K = (E K ) K p i = Erlös pro Stück des Kostenträgers i E i = Gesamterlöse des Kostenträgers i k vi = variable Kosten pro Stück des Kostenträgers i <?page no="163"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 163 K vi = gesamte variable Kosten des Kostenträgers i K fix = fixe Kosten i = Kostenträger mit i = (1,2, …, n) Mit der Deckungsbeitragsrechnung kann insbesondere die Ermittlung des kurzfristigen Erfolgs von einzelnen Angeboten der Apotheke einfacher durchgeführt werden als mit Berechnungen im Rahmen der Vollkostenrechnung, in der zwingend alle Kosten auf die Produkte zugeordnet werden. So kann die Berechnung des Deckungsbeitrags dem Apotheker helfen festzustellen, wie lohnend bzw. gewinnbringend ein bestimmtes Angebot ist, welche Angebote besser gestrichen werden sollten (Aussonderung unprofitabler/ unwirtschaftlicher Produkte), wie die Preisuntergrenze unterschiedlicher Angebote (hier vor allem im OTC-Bereich) gestaltet werden soll (Preispolitik) oder welche minimale Menge pro Tag abverkauft werden sollte, um die Kosten decken zu können. Hierzu diene folgendes Fallbeispiel. Fallbeispiel: Einstufige Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke Die Hirsch-Apotheke - in einer norddeutschen Kleinstadt gelegen - ist eine kleine Apotheke, die weder in der Heimversorgung noch in der Zytostatika-Produktion tätig ist und auch keine Filialen unterhält. Aus rein didaktischen Zwecken soll das Angebot der Hirsch-Apotheke aus vier verschiedenen Produkten bestehen: Hydrophile Triclosan-Creme 1 % (100 g) [HTC] Ibuprofen 400 (N 1) [IP400] Beerbäckchen-Saft rot (700 ml) [BB] sonstige Produkte (hierunter verbirgt sich das komplette sonstige Angebot der Apotheke) [SP] Ziel ist es nun, mit Hilfe der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung die Wirtschaftlichkeit dieser Produkte und Implikationen für die Sortiments- und Preispolitik abzuleiten. Folgende Sachverhalte für den Monat Oktober 2020 sind bekannt (bei den variablen Kosten handelt es sich um die Einstandspreise): Produkt HTC IP400 BB SP Listenpreis (netto) [€] 19,36 2,98 1,99 37,52 variable Kosten [€] 2,64 2,38 2,49 28,36 abverkaufte Mengen 20 55 40 3.975 <?page no="164"?> 164 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Die fixen Kosten für Personal, Raum etc. belaufen sich auf 26.881 € im Oktober 2020. Mit Hilfe einer einstufigen Deckungsbeitragsrechnung gilt es zu identifizieren, in welchem Ausmaß jede dieser vier Produkte zur Finanzierung der Apotheke beiträgt. Auf Basis der erzielten Erkenntnisse sollen Entscheidungen über Korrekturmaßnahmen getroffen werden. Produkt HTC IP400 BB SP Erlös pro Stück [€] 19,36 2,98 1,99 37,52 variable Kosten [€] - 2,64 - 2,38 - 2,49 - 28,36 = Stück-Deckungsbeitrag [€] 16,72 0,60 -0,50 9,16 abverkaufte Mengen 20 55 400 3.975 = Gesamt-Deckungsbeitrag [€] 334,40 33,00 - 200,00 36.411,00 = Deckungsbeitrag aller Produkte [€] 36.578,40 fixe Kosten [€] - 26.881,00 = Betriebsergebnis [€] 9.697,40 Wie der oberen Tabelle entnommen werden kann, erhält man nach Abzug der jeweiligen variablen Kosten vom direkten Erlös einen Deckungsbeitrag von 16,72 Euro für die Hydrophile Triclosan-Creme 1 % (100 g), 0,60 Euro für eine N1-Packung Ibuprofen 400, -0,50 Euro für eine Flasche Beerbäckchen-Saft rot und 9,16 Euro pro Einheit der sonstigen Produkte. Gemäß der allgemeinen Formel für die Berechnung des gesamten Deckungsbeitrags ist im nächsten Schritt die Summe aller vier Deckungsbeiträge zu bilden: DB = (E K ) = 334,40 + 33,00 200,00 + 36.411,00 = 36.578,40 € Am Ende der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung wird von der gebildeten Summe der gesamte Fixkostenblock der Apotheke abgezogen. In dem dargestellten Fallbeispiel beträgt somit das Betriebsergebnis (BE) 9.877,40 Euro Gewinn: BE = (E K ) K = 36.578,40 26.881,00 = 9.697,40 € <?page no="165"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 165 An diesem Beispiel wird deutlich, wie die einzelnen Produkte zum Betriebsergebnis der Hirsch-Apotheke beitragen. Dabei weist die Rezeptur (HTC) den höchsten und der Saft (BB) einen negativen Stückdeckungsbeitrag auf. Nun sind bei den im Beispiel genannten Produkten unterschiedliche Rahmenbedingungen vorzufinden. Im Falle der Rezeptur ist der Listenpreis extern vorgegeben und die Menge kann aufgrund der Verschreibungspflicht kaum beeinflusst werden. Komplett anders stellt sich die Sachlage bei dem OTC-Präparat und dem Saft dar. Hier können beide Parameter durch die Apotheke direkt beeinflusst werden. Welche Handlungsoptionen bieten sich also der Hirsch-Apotheke, um das Betriebsergebnis zu verbessern? In der Regel können erwerbswirtschaftliche Betriebe, kurzfristig betrachtet, aus der Perspektive der Teilkostenrechnung den Preis für eine Leistung maximal bis zur Höhe der von ihr verursachten variablen Kosten reduzieren (Joos-Sachse, 2014, S. 249ff.), da die Fixkosten kurzfristig nicht abgebaut werden können. Vor diesem Hintergrund kann die Hirsch-Apotheke folgendes tun: Preiserhöhung: Im Falle des Saftes wäre zu prüfen, ob eine Preiserhöhung durchsetzbar ist. Dies hängt von der Preiselastizität der Nachfrage ab. Ist diese hoch, resultiert aus einer geringen Preiserhöhung ein erheblicher Rückgang der abgesetzten Produkte. Senkung variabler Kosten: Die variablen Kosten des Saftes könnten gesenkt werden, indem mit dem Lieferanten nachverhandelt oder der Lieferant gewechselt wird. Bereinigung des Sortiments: Der Saft könnte aus dem Sortiment genommen werden. Hier wäre aber im Vorfeld zu prüfen, ob ein sog. Sortimentseffekt auftritt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Kunden wegen des günstigen Saftes in die Apotheke kämen und dann noch ein Rezept einlösen oder andere Produkte erwerben. Auf diesem Grundgedanken beruhen Lockvogelangebote. Fixkostensenkung: Auf langfristige Sicht können die Fixkosten der Apotheke gesenkt werden (z. B. die Personalkosten durch die Optimierung der Arbeitsprozesse). Im Hinblick auf das zuvor betrachtete Fallbeispiel ergeben sich folgende Vorteile der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung im Vergleich zur Vollkostenrechnung (in Anlehnung an Olfert, 2018, S. 293; Steger, 2010, S. 425): Die Erfolgsanalyse und Erfolgsplanung in einer Apotheke gelingen besser, da Fehler bezüglich der Zurechnung von Fixkosten vermieden werden können. <?page no="166"?> 166 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Programmpolitische Entscheidungen werden erleichtert, da Deckungsbeiträge ein aussagekräftiges Kriterium für das Entfernen bestehender Produkte aus dem Sortiment oder für die Aufnahme neuer Produkte in das Sortiment darstellen. Die Preis- und Kostenkontrolle einzelner Produkte und Leistungen der Apotheke wird verbessert. Auf der anderen Seite liegt der entscheidende Nachteil der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung in einem unzureichenden Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Fixkosten, da diese als Block in die Erfolgsrechnung einbezogen werden und somit keiner detaillierten Analyse hinsichtlich der einzelnen Bestandteile unterzogen werden können. Aus diesem Grund kann beispielsweise nicht überprüft werden, an welcher Stelle zu hohe Fixkosten in der Apotheke anfallen. An diesem Kritikpunkt der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung setzt die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung an, deren Grundlagen und Ansatzmöglichkeiten in der Apotheke im nächsten Kapitel erläutert werden. 6.2.2 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung Ein weiteres System der Teilkostenrechnung ist die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung, die eine Weiterentwicklung des Direct Costing darstellt und deren Nachteile vermeiden soll. Sie unterscheidet sich von der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der differenzierten Behandlung der Fixkosten. Dabei bleibt die grundlegende Vorgehensweise innerhalb der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerstückrechnung identisch. Die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung läuft nach folgender Vorgehensweise ab: Zunächst werden die Fixkosten auf der Basis einer zusätzlichen Analyse in mehrere Teilblöcke gegliedert. Anschließend wird eine Verrechnung der Kostenblöcke stufenweise durchgeführt. Bei diesem Vorgehen werden die Fixkosten also differenziert behandelt, indem sie vom Erlös nicht als Ganzes, sondern in mehreren Blöcken abgezogen werden. Dabei ist es von Bedeutung, dass die einzelnen Fixkostenblöcke verursachungsgerecht und nicht über bestimmte Schlüsselgrößen auf die Bezugsobjekte verrechnet werden (Manz & Dahmen, 2001, S. 58f.; Deimel et al., 2017, S. 315ff.). In Abbildung 35 ist die allgemeine Vorgehensweise der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung dargestellt. <?page no="167"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 167 Abb. 35: Allgemeine Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung. Quelle: Coenenberg et al., 2016, S. 231. Die Identifikation von Fixkostenebenen für die Durchführung der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung erfolgt in den meisten Fällen auf Basis der gegebenen produktbzw. organisationsbezogenen Hierarchie. Je nach Art der Bezugsobjekte können in Apotheken vier Fixkostenhierarchien identifiziert werden: Fixkosten der Produktart Produktgruppenfixkosten Bereichsfixkosten unternehmensfixe Kosten Die Beschreibung dieser Fixkostenebenen ist in der folgenden Tabelle, versehen mit auf die Apotheke bezogenen Beispielen, zu finden. <?page no="168"?> 168 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Fixkosten der Produktart Das sind Kosten, die durch die Produktion oder Entwicklung bestimmter Produkte verursacht werden. Sie lassen sich jedoch keiner einzelnen Leistungseinheit zuordnen und haben daher einen fixen Charakter. Hierunter fallen z. B. die Abschreibungen auf ein Display, das für einen spezifischen Kosmetikartikel beschafft wurde. Kostenträgerfixkosten Produktgruppenfixkosten Diese Fixkosten fallen auf Ebene der Produktart an und lassen sich ausschließlich dieser zuordnen. In der Apotheke wären das die Abschreibungen auf die Einrichtung des Zytostatika- oder des allgemeinen Labors, die Gehälter von Fachpersonal, das nur in einem dieser Labore tätig ist, die Abschreibungen auf den Safe für Betäubungsmittel oder die Abschreibungen auf das Blistergerät, wenn zum Zwecke der Heimversorgung eine Umblisterung von Arzneimitteln vorgenommen wird. Verantwortungsbereichsfixkosten Bereichsfixkosten Diese Fixkosten entstehen auf Ebene des Bereichs und lassen sich ausschließlich diesem zuordnen. Als Bereich wäre im Apothekenverbund eine Filialapotheke zu definieren. Bereichsfixkosten wären also die Abschreibungen auf die Einrichtung der Verkaufsräume in diesen Apotheken oder das Gehalt der Apotheker, die die jeweilige Apotheke betreuen. Unternehmensfixe Kosten Diese Fixkosten ergeben sich auf der Ebene des Apothekenverbundes. Dazu zählen beispielsweise die Kosten für einen gemeinsamen Außenauftritt der Apotheken, die Kosten der Buchhaltung, der kalkulatorische Unternehmerlohn des Apothekeninhabers usw. Tab. 34: Fixkostenhierarchien in einer Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="169"?> 6.2 Deckungsbeitragsrechnung im Rahmen der Erfolgsrechnung 169 Die mehrstufige Verrechnung der Fixkosten ist für die Entscheidungsfindung in einer Apotheke von großer Bedeutung. Sie ermöglicht eine Erfolgs- und Wirtschaftlichkeitskontrolle nicht nur in Bezug auf einzelne Produkte der Apotheke, wie dies bei der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung der Fall ist, sondern auch in Bezug auf die Kosten unterschiedlicher Bereiche (z. B. Zytostatika-Labor, Heimversorgung). Im Folgenden soll die Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung an einem Fallbeispiel erläutert werden. Fallbeispiel: Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke Die Rosen-Apotheke, zu der eine Filialapotheke gehört, möchte eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung für den Monat Oktober 2020 durchführen. Diese soll zur größeren Kostentransparenz in Bezug auf die Produkte und Bereiche der Rosen-Apotheke beitragen. Der Vorgang und das Ergebnis der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung sind in der folgenden Tabelle zu finden. Vereinfachend soll folgendes Angebot in den beiden Apotheken erhältlich sein: Hydrophile Triclosan-Creme 1 % (100 g) [HTC] sonstige Rezepturen [SR] Ibuprofen 400 (N 1) [IP400] sonstige Fertigarzneimittel [FA] Bei den variablen Kosten handelt es sich um die Einstandspreise der Fertigarzneimittel oder die Materialkosten bei den Rezepturen. Zu den Fixkosten der Produktart gehören beispielsweise die Abschreibungen auf ein spezielles Laborgerät, das in diesem Fall ausschließlich zur Herstellung der Hydrophilen Triclosan-Creme eingesetzt wird. Unter den Fixkosten der Produktgruppe werden z. B. die Abschreibungen auf die Laboreinrichtung und auf das ABC-Register subsumiert. Die Fixkosten des Bereichs umfassen z. B. das Gehalt des Filialapothekers und die Abschreibung auf die Gebäude, in denen die Apotheke untergebracht ist. Die unternehmensfixen Kosten bestehen z B. aus den Kosten für den gemeinsamen Fuhrpark, der Buchhaltung und des kalkulatorischen Unternehmerlohns des Apothekeninhabers. Wie können nun diese Ergebnisse interpretiert werden? Insgesamt zeigt sich, dass die Apotheke zusammen mit der Filialapotheke ein gutes Betriebsergebnis erwirtschaftet, zumal die kalkulatorischen Kosten wie der kalkulatorische Unternehmerlohn oder die kalkulatorischen Zinsen bereits berücksichtigt sind. Defizitär erweist sich das allgemeine Labor in der Filialapotheke. Da Rezepturen angeboten werden müssen, lässt sich das- <?page no="170"?> 170 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke selbe nicht einfach schließen, was anderenfalls eine Option sein könnte. Im allgemeinen Labor müssten also die entsprechenden Fixkosten reduziert werden oder aber es müsste der Absatz an Rezepturen erhöht werden. Insgesamt ist festzustellen, dass die Filialapotheke nur sehr verhalten zum Betriebsergebnis beiträgt. Auch hier wäre demzufolge zu prüfen, ob entweder der Umsatz derselben erhöht werden könnte (Stichwort: Anreizsystem für den Filialapotheker) oder aber Einsparpotentiale bei den Bereichsfixkosten identifiziert und ausgeschöpft werden könnten. Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke [€ bzw. Menge] Hauptapotheke Filialapotheke Produkte HTC SR IP400 FS HTC SR IP400 FS Erlös pro Stück 19,36 21,25 2,98 38,56 19,36 21,25 2,98 38,56 variable Kosten - 2,64 - 3,02 - 2,33 - 28,12 - 2,64 - 3,02 - 2,33 - 28,12 = Stück-DB (DB 1) 16,72 18,23 0,65 10,44 16,72 18,23 0,65 10,44 Menge 26 77 63 4.122 15 63 40 2.530 = Gesamt-DB (DB 2) 434,72 1.403,71 40,95 43.033,68 250,80 1.148,49 26,00 26.413,20 - Fixkosten der Produktart - 23,12 0 0 - 976,12 - 25,21 0 0 - 736,52 = DB des Produkts (DB 3) 411,60 1.403,71 40,95 42.057,56 225,59 1.148,49 26,00 25.676,68 - Fixkosten der Produktgruppe - 236,20 - 2.456,24 - 2.186,12 - 1.652,54 = DB der Produktgruppe (DB 4) 1.579,11 39.642,27 - 812,04 24.050,14 - Fixkosten des Bereichs - 24.563,89 -19.865,22 =Bereichs-DB (DB 5) 16.657,49 3.372,88 - Unternehmensfixe Kosten - 10.265,36 = Betriebsergebnis (DB 6) 9.765,01 Tabelle 35: Anwendung der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. <?page no="171"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Apotheke 171 6.3 Break-Even-Analyse in der Apotheke Neben der im vorherigen Kapitel erläuterten differenzierten Kalkulation liefert die Teilkostenrechnung auch Anwendungsmöglichkeiten für die Berechnung der Gewinnschwelle im Rahmen der sogenannten Break-Even-Analyse. Im Folgenden wird zunächst das Grundmodell dieses Analyseinstruments dargelegt. Darauf aufbauend wird im nächsten Schritt ein spezifisches Konzept der Break-Even-Analyse für Apotheken erarbeitet. 6.3.1 Grundlagen der Break-Even-Analyse Durch die im Rahmen der Teilkostenrechnung durchgeführte Spaltung der Gesamtkosten in fixe und variable Anteile wird eine Break-Even-Analyse (auch Gewinnschwellenanalyse genannt) ermöglicht, die der Erfolgsanalyse in einem Betrieb dient. Die Break-Even-Analyse beruht auf mathematischen Berechnungen und stellt ein einfaches Instrument der Kostenrechnung dar, mit dem sich die Beziehungen zwischen Umsatz, Kosten, Gewinn und Beschäftigung darstellen lassen (Olfert, 2018, S. 304ff.). Abb. 36: Graphische Darstellung der Break-Even-Analyse. Quelle: Eigene Darstellung. Die Orientierungsgröße bei der Break-Even-Analyse ist der sogenannte Break-Even-Point (BEP), in dem der Gewinn gleich 0 ist und der durch den Schnittpunkt von Erlös- und Gesamtkostenkurve graphisch definiert werden kann, wie dies in Abbildung 36 dargestellt wurde. Dieser Schnittpunkt markiert somit die kritische Menge, bei der der Gesamterlös den Gesamtkosten entspricht. <?page no="172"?> 172 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Die Anwendung der Break-Even-Analyse ist an folgende Prämissen gebunden (Becker & Holzmann, 2016, S. 95f.; Olfert, 2018, S. 305): [1] Die Erlös- und Kostenentwicklung hängt nur von einer Einflussgröße, nämlich der abgesetzten Menge, ab. Dabei spielen andere Einflussgrößen (wie z. B. Rabatte) keine Rolle. [2] Es liegt ein linearer Gesamtkostenverlauf vor, wobei auch dies in der Realität nur selten anzutreffen ist. [3] Alle Preise und Kosten sind bekannt und konstant. Für die Durchführung der Break-Even-Analyse müssen folgende Ausgangsdaten bekannt sein: Preis des Produktes pro Mengeneinheit ( p ), die variablen Kosten pro Mengeneinheit ( k ), die fixen Kosten der Periode (K ) und die Menge der abgesetzten Einheiten (x) der Periode. Dabei wird die Menge x nicht konstant gehalten und kann dementsprechend angepasst werden (Coenenberg et al., 2016, S. 326f.). Für die oben betrachteten Größen können folgende Funktionen gebildet werden: Erlös: E(x) = p × x Kosten: K(x) = K + k × x Gewinn: G(x) = E(x) K(x) Anschließend lässt sich aus diesen drei Funktionen auch die Formel für die Break-Even-Menge x ableiten. Diese ergibt sich als Quotient von Fixkosten und Deckungsbeitrag (pro Stück), der die Differenz zwischen dem erzielbaren Preis und den variablen Stückkosten darstellt. Die entsprechende Formel sieht wie folgt aus: x = K p k Am leichtesten lässt sich die Break-Even-Analyse an einem konkreten, zunächst nicht praxisbezogenem, Beispiel darstellen. Fallbeispiel: Allgemeine Durchführung der Break-Even-Analyse Ein Unternehmen stellt nur ein einziges Produkt her. Die Unternehmensleitung möchte eine Break-Even-Analyse durchführen, mit der die Höhe des Absatzes ermittelt werden soll, bei der die anfallenden Gesamtkosten gedeckt werden. Für die Analyse liegen folgende Daten bezogen auf ein Jahr vor: <?page no="173"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Apotheke 173 Preis pro verkaufter Einheit 1.500 Euro Variable Kosten pro Einheit 500 Euro Fixkosten pro Jahr 10 Mio. Euro Marktsättigungsgrenze pro Jahr 15.000 Stück Nach dem Einsetzen der Daten in die Formel für die Ermittlung der kritischen Absatzmenge ergibt sich die folgende Break-Even-Menge: x = = . . . = 10.000 Stück/ Jahr Die durchgeführte Berechnung der kritischen Menge x lässt sich wie folgt visualisieren: Allein mit Hilfe der vorhergehenden Abbildung können folgende Schlüsse gezogen werden: Liegt das Absatzvolumen links des Break-Even-Punkts, sind die Gesamtkosten höher als der Erlös, was einen Verlust ergibt. Liegt das Absatzvolumen genau bei 10.000 Produkteinheiten, ist der Gewinn bzw. Verlust gleich 0. Liegt das Absatzvolumen rechts des Break-Even-Punkts, sind die Gesamtkosten niedriger als der Erlös und es entsteht ein Gewinn. <?page no="174"?> 174 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke 6.3.2 Ansatz der Break-Even-Analyse im Kontext der Apotheke Die Break-Even-Analyse kann grundsätzlich als anschauliches und einfaches Hilfsmittel für die Steuerung und Überwachung der abgesetzten Produkte und deren Kosten auch in Apotheken eingesetzt werden. Dieses Instrument verschafft schnell einen Überblick über die Kosten und Erlöse eines Produkts in der Apotheke. Bei der Anwendung der Break-Even-Analyse in einer Apotheke sind die notwendigen Voraussetzungen weitgehend erfüllt: Sowohl die Erlösals auch die Kostenentwicklung hängen nur von einer Einflussgröße ab, nämlich der abgesetzten Menge an Fertigarzneimitteln bzw. der Anzahl an fertiggestellten Rezepturen. Tatsächlich spielen aber bei einer Zunahme der abgesetzten Menge an Fertigarzneimitteln Rabatte der Pharmagroßhändler eine erhebliche Rolle. Der Gesamtkostenverlauf ist linear bis zu Kapazitätsgrenze, dann treten sprungfixe Kosten auf. So wird es sich sicherlich für eine Apotheke mit vier Beschäftigten in der Offizin kaum darstellen lassen, fünfhundert Rezepte am Tag zu bedienen. Die Preise und Kosten sind bekannt und - mit Einschränkung der Rabatte beim Überschreiten bestimmter Einkaufsmengen - auch konstant. Basierend auf den oben dargelegten Ausführungen der Break-Even-Analyse in einer Apotheke können die allgemeinen Funktionen für Erlös (E), (Gesamt-) Kosten (K) und Gewinn (G) hier Anwendung finden: Erlös: E(x) = p × x Kosten: K(x) = K + k × x Gewinn: G(x) = (p × x) (K + k × x) p = Preis der Arzneimittel, x = Menge (z. B. Arzneimittelpackungen) Aus diesen Funktionen lässt sich anschließend die Formel für die Break-Even- Menge der Absatzmenge x (z. B. abverkaufte Fertigarzneimittel) ableiten: x = K p k Die Beziehung zwischen Kosten und kumulierten Erlösen wird graphisch in Abbildung 37 dargestellt. Wie man erkennen kann, befindet sich die Gewinnzone wie bei der herkömmlichen Break-Even-Analyse rechts des Break-Even- Punkts und die Verlustzone links von ihm. <?page no="175"?> 6.3 Break-Even-Analyse in der Apotheke 175 Abb. 37: Break-Even-Analyse in der Apotheke. Quelle: Eigene Darstellung. Die Break-Even-Analyse kann für die Apotheke folgende Fragen beantworten: Welche maximale Anzahl an Medikamenten kann mit den gegebenen Ressourcen verkauft werden bzw. welche Menge an Rezepturen kann damit produziert werden, sodass der Apotheke keine Kapazitätsengpässe entstehen? (Ressourcenplanung) Welche minimale Anzahl an Produkten muss verkauft werden bzw. welche Menge an Rezepturen muss produziert werden, um eine „schwarze Null“ zu erzielen? (Erlösplanung) Fallbeispiel: Anwendung der Break-Even-Analyse in der Apotheke Die Tulpen-Apotheke hat einen durchschnittlichen Korbumsatz von 48 Euro, der zwischen den Monaten kaum schwankt. Der Wareneinsatz dazu beträgt mit geringen Schwankungen 37 Euro. Im Monat rechnet der Apotheker mit Fixkosten (für Personal, Raum etc.) in Höhe von 27.500 Euro. Dabei sollen folgende Fragen mithilfe der Break-Even-Analyse beantwortet werden: [1] Bei welcher Anzahl an Körben wird die Gewinnschwelle erreicht (Break-Even-Point)? [2] Nach Berechnungen des Apothekers werden sich die Fixkosten zukünftig um 3.300 Euro im Monat erhöhen (ansonsten gelten die Ausgangsbedingungen). Wie viele Körbe müssten nun verkauft werden, dass die Kosten gedeckt werden? <?page no="176"?> 176 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke [3] In direkter Nachbarschaft wird ein Einkaufscenter mit einer Apotheke eröffnet. Der Apotheker muss davonausgehen, dass der Korbumsatz auf 45 Euro absinkt, der Wareneinsatz aufgrund der veränderten Zusammensetzung des Korbes aber gleichbleibt. Wie viele Körbe müssen verkauft werden, um trotz der erhöhten Fixkosten und des geringeren Korbumsatzes Gewinne zu erzielen? Zu [1]: Verwendet man die entwickelte Formel für die Anwendung der Break- Even-Analyse, ergibt sich für das vorliegende Beispiel folgende Break- Even-Menge: x = = . = 2.500 Körbe Zu [2]: Sollten sich die Fixkosten zukünftig im Monat um 3.300 Euro erhöhen, ergibt sich folgende Rechnung: x = = . = 2.800 Körbe Das errechnete Ergebnis macht deutlich, dass ab 2.800 Körben im Monat die Kosten der Apotheke vollständig gedeckt werden können. Zu [3]: Wenn sich die Fixkosten zukünftig um 3.300 Euro erhöhen und der Umsatz pro Korb auf 45 Euro sinkt, ergibt sich folgende Rechnung: x = = . = 3.850 Körbe <?page no="177"?> 6.4 Zusammenfassung des Kapitels 177 Es lässt sich an diesem Beispiel feststellen, dass die Break-Even-Analyse grundsätzlich für Näherungsanalysen und die Problemstrukturierung von Apotheken verwendet werden kann. Anhand des Rechenbeispiels 2) wird auch deutlich, dass die Break-Even-Analyse nicht nur die Berechnung der kritischen Anzahl an zu verkaufenden Produkten ermöglicht, sondern auch zur Berechnung bzw. Anpassung des Preises einzelner Produkte eingesetzt werden kann, sofern diese eben veränderbar sind. 6.4 Zusammenfassung des Kapitels In diesem Kapitel wurden einige auf Teilkostenbasis basierende Kostenrechnungssysteme sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten in Apotheken erläutert. Im Vergleich zur Vollkostenrechnung werden im Rahmen der Teilkostenrechnung nicht alle Kosten den Produkten zugerechnet, sondern nur ihre variablen Anteile. Dadurch erfolgt keine Proportionalisierung der fixen Kosten, und den Kostenträgern werden nur die Kosten zugerechnet, die sie tatsächlich verursacht haben. Somit beruht die Teilkostenrechnung auf dem Verursachungsprinzip, was einen großen Vorteil gegenüber der Vollkostenrechnung darstellt. Im Rahmen der Kostenträgerrechnung auf Teilkostenbasis werden zwei Systeme unterschieden: die einstufige und die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung. Beide Instrumente eignen sich zur Anwendung in einer Apotheke. Der Unterschied zwischen den einstufigen und mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnungen liegt in der Behandlung der fixen Kosten. Im ersten Fall gehen sie in einem Block in die Erfolgsrechnung ein. Im zweiten Fall erfolgt eine differenzierte Betrachtung der Fixkosten. Für die Durchführung einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung ist eine Unterscheidung in Bezug auf die Fixkostenebenen in der Apotheke notwendig. Diese können je nach Struktur der Apotheke unterteilt werden. Auf Basis der Trennung zwischen variablen und fixen Kosten sowie einer differenzierten Fixkostenbetrachtung wäre auch die Entwicklung eines transparenten Preissystems möglich, das jedoch aufgrund der geltenden Preisbindung der zweiten Hand im Rx-Bereich nur wenig Spielraum für Anpassungen lässt. Der entscheidende Einflussfaktor ist somit die Anzahl der abverkauften Produkte. Im weiteren Verlauf des Kapitels erfolgte eine Übertragung der Break-Even- Analyse auf die Besonderheiten der Apotheke. Die Betrachtung dieses Instruments, das auf der Trennung zwischen fixen und variablen Kostenanteilen basiert, zeigt, dass es gut in der Apotheke eingesetzt werden kann, um einen schnellen und präzisen Überblick über Kosten und Erlöse einzelner Produkte oder Produktgruppen zu erhalten. <?page no="178"?> 178 6 Teilkostenrechnung in der Apotheke Kontrollfragen Geben Sie einen Überblick über die Vorgehensweise der Teilkostenrechnung im Rahmen der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung! Was ist der entscheidende Unterschied der Teilkostenrechnung zur Vollkostenrechnung? Welche Vorteile bringt die Teilkostenrechnung im Vergleich zur Vollkostenrechnung? Was sagt der Deckungsbeitrag in Bezug auf ein Produkt der Apotheke aus? Welche Entscheidungen seitens des Apothekers kann die Deckungsbeitragsrechnung unterstützen? Stellen Sie das Berechnungsschema der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung dar! Stellen Sie das Berechnungsschema der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung dar! Welche Fixkostenhierarchien können in einer Apotheke mit Filialapotheken unterschieden werden? Was versteht man allgemein unter dem Begriff „Break-Even- Point“? Geben Sie die allgemeine Formel zur Ermittlung der Break- Even-Menge an! Welche Ausgangsdaten müssen bekannt sein, damit in der Apotheke eine Break-Even-Analyse durchgeführt werden kann? Literaturempfehlungen Teilkostenrechnung allgemein: Coenenberg A. G.; Fischer T. M. & Günther, T. (2016). Kostenrechnung und Kostenanalyse (8. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 207-253 und S. 325- 367. Olfert, K. (2018). Kostenrechnung (18. Aufl.). Ludwigshafen: Kiehl. Insb. S. 293- 387. Weber, J. & Weißenberger, B. (2015). Einführung in das Rechnungswesen (9. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 391-406. Zur Break-Even-Rechnung in Apotheken: Carrol, N. V. (2007). Financial Management for Pharmacists. A Decision Making Approach (3rd ed.). Richmond: Lippincott Williams & Wilkins. Insb. S. 107ff. <?page no="179"?> 7 Sonderprobleme der Kostenrechnung in der theke Zwei wesentliche rechtliche Veränderungen haben in der letzten Zeit zu einer teilweisen Umgestaltung des Apothekenmarktes geführt. Die Nachhaltigkeit und die Intensität dieser Impulse muss sich jedoch noch erweisen: Zum einen hat der Gesetzgeber das Mehrbesitzverbot gelockert und zum anderen einen größeren Spielraum für den Vertriebsweg Versandapotheke geschaffen. Beide Sachverhalte schlagen sich auch in der Kostenrechnung nieder. 7.1 Mehrbesitz und Kostenrechnung Der Grundgedanke, Filialen zu eröffnen, basiert auf der Nutzung von Skalen- und Verbundeffekten sowie der Erzielung von Marktmacht. Skaleneffekte ergeben sich in Form der Verringerung der Stückkosten zum einen durch eine verbesserte Verteilung der Fixkosten über die Stückzahl hinweg und zum anderen durch Lernkurven, wodurch es gelingt, Arbeitsprozesse produktiver zu gestalten. Verbundeffekte resultieren daraus, dass durch eine Erweiterung des Portfolios eine bessere Nutzung der vorhandenen Logistik- und Vertriebsprozesse erfolgt und damit Kosten gesenkt werden können. Diese Effekte lassen sich wie folgt konkretisieren: Bündelung von betriebswirtschaftlichen Aufgaben: So dürften sich die entstehenden Kosten für das Rechnungswesen und Controlling, die Beschaffung, das Marketing und die IT nur unterproportional im Vergleich zum zusätzlichen Umsatz entwickeln. Flexibilisierung: Personalausfälle können leichter kompensiert werden. Aufbau von Marktmacht im Einkauf: Durch größere Beschaffungsmengen verbessert sich die Verhandlungsposition gegenüber dem Pharmagroßhandel und es können bessere Einkaufskonditionen durchgesetzt werden. Verbundeffekte beim Außenauftritt: Durch einen gemeinsamen Außenauftritt können die einmaligen Kosten der Konzeption des Außenauftritts besser verteilt und es kann ein gewisses Markenbewusstsein bei den Kunden etabliert werden. <?page no="180"?> 180 7 Sonderprobleme der Kostenrechnung in der Apotheke Risikostreuung: Durch unterschiedliche Standorte lässt sich das Risiko dergestalt streuen, dass etwa bei Bautätigkeiten im Zufahrtsbereich des einen Standorts Kompensationsmöglichkeiten durch andere Standorte geschaffen werden können. Organisatorisch kann die Einbindung von Filialapotheken auf unterschiedliche Weise erfolgen: Filialapotheke als Profit-Center Filialapotheke als abhängige Kostenstelle Filialapotheke als Profit-Center Das Profit-Center ist ein organisatorisch und rechentechnisch abgeschlossener Bereich, der eine eigene Ergebnisverantwortung aufweist und eine autonome Gestaltung des Ergebnisses vornimmt (Wöhe et al., 2016, S. 112). D. h., der Profit-Center-Leiter kann selbst - in bestimmten Grenzen - entscheiden, welche Investitionen er vornimmt. Übertragen auf die Filialapotheke bedeutet dies, dass der Profit-Center-Leiter darüber befinden kann, ob er für die Filialapotheke einen Kommissionierautomaten beschafft. Eine derartig weite Entscheidungsbefugnis regt unternehmerisches Verhalten auf Ebene des Filialleiters an. Dies setzt aber voraus, dass das Principal-Agent-Problem zwischen Apothekeninhaber und Filialleiter sinnvoll gelöst wird. Dies könnte durch eine ergebnisabhängige Vergütung (soweit diese sich mit dem Standesrecht vereinbaren lässt) erzielt werden. Exkurs: Principal-Agent-Problem Ein Principal-Agent-Problem zeichnet sich dadurch aus, dass der Agent (hier: der Filialapotheker) ein Mehr an entscheidungsrelevanten Informationen als der Principal (hier der Apothekeninhaber) besitzt und dass das Handlungsergebnis (also der Gewinn der Filialapotheke) nicht nur vom Handeln des Agenten, sondern auch von externen, nicht kontrollierbaren Faktoren abhängt (Erlei et al., 2016, S. 71ff.). Es kann also vom Handlungsergebnis nicht unbedingt auf die Anstrengung des Agenten geschlossen werden. Daraus resultiert ein diskretionärer Handlungsspielraum für den Agenten, den dieser zur Verfolgung der eigenen Ziele ausnutzen kann. Mögliche Konsequenzen wären, dass der Filialapotheker sich nicht gänzlich in den Dienst der Apotheke stellt und somit nicht den maximalen Gewinn erwirtschaftet. Als Lösungsmöglichkeiten hierfür bieten sich Anreizund/ oder Kontrollsysteme an. <?page no="181"?> 7.1 Mehrbesitz und Kostenrechnung 181 Folgende Probleme ergeben sich bei einer Profit-Center-Struktur Auflösung der Verbund- und Größenvorteile: Die eigentlich gewünschten umfangreichen Leistungsverflechtungen zwischen der Hauptapotheke und den Filialen könnten aufgrund der weitgehenden Autonomie des Profit-Centers aufgelöst und Verbund- und Größenvorteile verloren gehen. So könnte sich beispielsweise der Filialleiter entscheiden, bei einem anderen Pharmagroßhändler einzukaufen. Hier wären also sinnvollerweise entsprechende Vorgaben der Hauptapotheke einzuführen, was wiederum eine Kompetenzeinschränkung auf Seiten des Filialapothekers bedeutet. Verrechnungspreisproblem für gegenseitige Leistungen: Derartige Vorgaben und die umfangreichen Leistungsverflechtungen erfordern eine Lösung des Verrechnungspreisproblems. So ließen sich etwa durch überhöhte Verrechnungspreise für die Verbundleistungen (z. B. gemeinsames Marketing und Rechnungswesen) Gewinne aus den Filialen abziehen - mit entsprechenden Konsequenzen für die Vergütung des Filialleiters. Abgrenzung der Kosten: Ein weiteres Problem, das bereits oben angedeutet wurde, ist die Abgrenzung der Kosten. So können durch Entscheidungen der Hauptapotheke Kosten für Leistungen auf die Filialen weiterverrechnet werden, die nicht im Interesse der Filiale sind. Werden beispielsweise die Kosten für vergleichsweise teure Schulungsprogramme der Auszubildenden auf alle Filialen umgelegt und manche Filialen haben jedoch keine Auszubildenden auf der Gehaltsliste, werden der Filiale Kosten zugeordnet, ohne dass sie davon einen direkten Nutzen hat. Vergütung des Filialleiters: Um das Principal-Agent-Problem zu entschärfen, bietet sich eine leistungsabhängige Vergütung (hier also eine Gewinnbeteiligung) an. Dabei ist aber der Zeithorizont des Filialleiters zu berücksichtigen: Hat er ein Interesse, nach kurzer Zeit in die eigene Selbständigkeit zu wechseln, sind Anreize vorhanden, den Gewinn kurzfristig unter Vernachlässigung einer nachhaltigen Geschäftsentwicklung zu steigern und dabei etwa auf sinnvolle Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter, die sich erfolgswirksam erst später auswirken, zu verzichten. Die kostentechnische Abbildung der Filialapotheke als Profit-Center kann analog einer Einzelapotheke beispielsweise in Form einer modifizierten Deckungsbeitragsrechnung erfolgen (siehe Tabelle 36). <?page no="182"?> 182 7 Sonderprobleme der Kostenrechnung in der Apotheke Produkte [€] P1 P2 P3 … Erlös pro Stück 10,00 variable Kosten - 7,20 = Stück-Deckungsbeitrag 2,80 abverkaufte Mengen 100 = Gesamt-Deckungsbeitrag 280,00 = Deckungsbeitrag aller Produkte 36.000,00 - Personalkosten kalkulatorische Kosten - Sachkosten - Kosten für fremde Dienstleistungen sonstige Kosten - 25.000,00 = Betriebsergebnis 11.000,00 Tabelle 36: Modifizierte einstufige Deckungsbeitragsrechnung für eine Filialapotheke als Profit-Center. Quelle: Eigene Darstellung. Filialapotheke als abhängige Kostenstelle Eine andere Möglichkeit der organisatorischen Einbindung der Filialapotheken besteht darin, diese als abhängige Kostenstelle zu führen. Damit wird der Entscheidungsspielraum des Filialleiters erheblich eingeschränkt; größere Entscheidungen werden durch den Apothekeninhaber gefällt. Der Vorteil dieser Konstruktion besteht darin, dass eine direkte Steuerung möglich ist. Nachteilig wirkt sich aus, dass innovatives Verhalten auf Ebene des Filialleiters nicht initiiert und vielleicht sogar unterdrückt wird. Die kostentechnische Abbildung erfolgt in diesem Fall beispielsweise über eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung (siehe Tabelle 35). 7.2 Versandhandel Der Versandhandel kann eine Erweiterung des Leistungsspektrums der öffentlichen Apotheke darstellen. Damit werden im Wesentlichen zwei elementare Funktionen verändert, nämlich der Außenauftritt, der ins Internet verlegt wird, und der Distributionskanal. Dies erfordert zusätzliche Einrichtungen: <?page no="183"?> 7.2 Versandhandel 183 Maintenance des Internetauftritts- und des -shops: Es muss ein entsprechender Internetauftritt geschaffen, dieser an aktuelle Entwicklungen angepasst und effizient vermarktet werden (Stichwort: Suchmaschinenoptimierung). Rezeptannahme/ -prüfung: Der Vertrieb von Rx-Präparaten erfordert, dass Rezepte angenommen und fachkundig überprüft werden. Zusammenstellung der Bestellungen: Die Bestellungen müssen zusammengestellt werden. Um hier günstige Kostenstrukturen zu erzielen, müssen Kommissionierautomaten eingesetzt werden, wie sie der Pharmagroßhandel verwendet. Kontrolle der Zusammenstellung: Die Zusammenstellung der Bestellung muss überprüft werden - zum einen, um eine fehlerhafte Belieferung zu vermeiden und zum anderen, um unberechtigte Reklamationen der Kunden abzuwehren. Hierfür bietet sich beispielsweise eine Photographie des Paketinhalts vor Verschließen des Pakets an. Versand der Arzneimittel: Hier ist zu entscheiden, welcher Dienstleister gewählt wird und welche Konditionen mit demselben vereinbart werden können. Inkasso: Anders als in der öffentlichen Apotheke erfolgt hier keine Leistung Zug um Zug. D. h., es muss sichergestellt werden, dass die ausgelieferten Produkte auch bezahlt werden. Dafür bieten sich Möglichkeiten über die Zahlungsmodalitäten bis hin zur Zusammenarbeit mit einem Inkassoinstitut an. Beschwerdemanagement: Es muss eine Position eingerichtet werden, an die sich Kunden mit Beschwerden richten können und die diesen Beschwerden abhelfen kann. Telefonische Beratung: Der Kauf von OTC-Präparaten im Zuge der Selbstmedikation setzt eine kompetente telefonische Beratung voraus. Hierfür sind ebenfalls entsprechende Kapazitäten zu schaffen. Die Einrichtung des Versandhandels verändert die Kostenstruktur. So werden zum einen im Vergleich zur öffentlichen Apotheke zusätzliche Gemeinkosten aufgebaut: Personalkosten (Bestellannahme, Beratung, Beschwerde, Versand usw.) Sachkosten (Kommunikation, Transport, Raumkosten usw.) Kalkulatorische Kosten (Abschreibungen auf IT, Anlagen usw.) Kosten für fremde Dienstleistungen (Inkasso etc.) Zudem verändert sich auch die Zusammensetzung der Einzelkosten. So treten neben den Wareneinsatz insbesondere die folgenden Einzelkosten: <?page no="184"?> 184 7 Sonderprobleme der Kostenrechnung in der Apotheke Verpackungsmaterial Porto Aus Sicht der Kostenrechnung lässt sich der zusätzliche Versandhandel entweder über eine klassische Vollkostenrechnung oder über eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung effizient abbilden. 7.3 Zusammenfassung Die Aufweichung des Mehrbesitzverbotes und die Zulassung des Versandhandels ermöglichen zusätzliche unternehmerische Handlungsspielräume für den Apotheker. Dabei lassen sich durch zusätzliche Filialen Skalen- und Verbundvorteile nutzen sowie die Marktmacht gegenüber dem Pharmagroßhandel ausbauen. Die Integration der Filialen kann am besten im Zuge einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung kostentechnisch abgebildet werden. Dadurch wird der Ergebnisbeitrag einzelner Bereiche transparent. Der Versandhandel unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten als der stationäre Einzelhandel, zu dem die öffentliche Apotheke zählt. So müssen hier nicht nur ganz andere Strukturen aufgebaut werden, sondern auch die Distanz des Kunden (Internetauftritt, Inkasso) überwunden werden. Zur Gewinnung der notwendigen kostentechnischen Aussagen kann der Versandhandel entweder über eine klassische Vollkostenrechnung oder über eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung abgebildet werden. Kontrollfragen Welche betriebswirtschaftlichen Effekte lassen sich durch den Aufbau von Filialen erzielen? Welche prinzipiellen Organisationformen bieten sich für eine Apothekenfiliale an? Was sind deren Vor- und Nachteile? Was versteht man unter dem Principal-Agent-Problem? Wie lässt es sich lösen? Wie können Filialapotheken kostentechnisch abgebildet werden? Welche zusätzlichen Einrichtungen erfordert der Versandhandel? Wie verändert sich durch den Versandhandel die Kostenstruktur der Apotheke? Wie lässt sich der Versandhandel kostentechnisch abbilden? <?page no="185"?> 7.3 Zusammenfassung 185 Literaturempfehlungen Zur Profit-Center-Organisation: Frese, E. (1995). Profit Center und Verrechnungspreis. Organisationstheoretische Analyse eines aktuellen Problems. In ZfbF, Jg. 47, S. 942-954. Zur Principal-Agent-Theorie: Picot, A.; Dietl, H.; Franck, E.; Fiedler, M. & Royer, S. (2015). Organisation. Theorie und Praxis aus ökonomischer Sicht (7. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Insb. S. 89 ff. Zum Apothekenversandhandel: Bundesverband Deutscher Versandapotheken (o. J.). Arzneimittelversandhandel - Exklusive Tipps, häufige Fragen und Erfahrungen aus der Praxis. <?page no="187"?> Quellenverzeichnis ABDA (2019). Die Apotheke. Zahlen. Daten. Fakten. 2019. Zugriff am 15. April 2020 unter: file: / / / C: / Users/ Frank/ AppData/ Local/ Packages/ Microsoft.MicrosoftEdge_8wekyb3d8bbwe/ TempState/ Downloads/ ABDA_ZDF_2019_Brosch %20(1).pdf. Becker, W. & Holzmann, R. (2016). Kosten-, Erlös- und Ergebnisrechnung. Einführung für Bachelor-Studierende. (2. Auflage) Wiesbaden: Springer. Berndt, T.; Franke, F. & Hommel, M. (2015). Begriffserklärungen. In Hommel, M. (Hrsg.), Kostenrechnung - learning by stories (4. Aufl.) S. 19-68. Frankfurt am Main: Recht und Wirtschaft. Bundesverband Deutscher Versandapotheken (o. J.). Arzneimittelversandhandel - Exklusive Tipps, häufige Fragen und Erfahrungen aus der Praxis. Carrol, N. V. (2007). Financial Management for Pharmacists. A Decision Making Approach (3rd ed.). Richmond: Lippincott Williams & Wilkins. Coenenberg A. 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Bayreuth: Unternehmensrechnung und Steuern Uni Bayreuth. Steger, J. (2010). Kosten- und Leistungsrechnung (5. Aufl.). München: Oldenbourg. Stelling, J.N. (2009). Kostenmanagement und Controlling (2. Aufl.). München: Oldenbourg. Weber, J & Weißenberger, B. E. (2015). Einführung in das Rechnungswesen. Bilanzierung und Kostenrechnung (9. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Wöhe, G.; Döring, U. & Brösel, G. (2016). Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre (26. Aufl.). München: Vahlen. <?page no="190"?> 190 Quellenverzeichnis Einschlägige Rechtsquellen Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61). Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2875). Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I S. 1195). Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Januar 2020 (BGBl. I S. 66). Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993). Zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394). Zuletzt geändert durch Artikel 0 des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604). Arzneimittelpreisverordnung vom 14. November 1980 (BGBl. I S. 2147). Zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 9. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1450). Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358). Zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 17. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2850). Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518). Zuletzt geändert durch Artikel 4e des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2651). Bundesministerium der Finanzen (BMF) (2000). AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (AfA-Tabelle "AV"). BStBl I 2000, 1532. Zugriff am 12. April 2020 unter: https: / / www.bundesfinanzministerium.de/ Content/ DE/ Standardartikel/ Themen/ Steuern/ Weitere_Steuerthemen/ Betriebspruefung/ AfA-Tabellen/ Ergaenzende-AfA-Tabellen/ AfA-Tabelle_AV.html. Chemikaliengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3498, 3991). Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2774). Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862). Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2886). Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung. Zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2637). <?page no="191"?> Stichwortverzeichnis A Abschreibung 73 arithmetisch-degressiv 76, 78 bilanziell 73, 76 geometrisch-degressiv 76, 78 leistungsabhängig 76, 80 linear 76, 77 progressiv 76, 80 Abzugskapital 86 AfA-Tabelle 74 Aktiva 84 Anbauverfahren 106, 108-13, 114 Anlagevermögen 82, 83, 84 Anschaffungskosten 84 Äquivalenzziffer 130 Aufwand 34 außerordentlich 36, 89 neutral 36 periodenfremd 36 vereinsfremd 36 Zweckaufwand 36 B BAB Betriebsabrechnungsbogen BEP Break-Even-Point Betriebsabrechnungsbogen 55, 104, 108 Betriebsergebnis 35, 162 betriebsnotwendiges Kapital 81, 86 betriebsnotwendiges Vermögen 82 Betriebsstoffe 68 Bilanz 26, 82 Break-Even-Analyse 171-77 Break-Even-Menge 172 Break-Even-Point 171, 173 Buchführung 26, 86 D Deckungsbeitrag 161, 162, 163 Deckungsbeitragsrechnung einstufig 162-66 mehrstufig 166-70 Direct Costing Deckungsbeitragsrechnung Durchschnittswertverzinsung 84 E Eigenkapital 34, 81, 86 Eigenkapitalzinssatz 87 Einnahmen-Überschuss-Rechnung 26 Einzelkosten 41, 96, 127, 160 Erlös 35, 166 <?page no="192"?> 192 Stichwortverzeichnis Ertrag 34 außerordentlich 39 betriebsfremd 39 neutral 38-39 periodenfremd 39 Zweckertrag 39 Externes Rechnungswesen Adressaten 27 F Fixkosten 42, 46, 146, 159, 160, 161, 166 Kostenträgerfixkosten 168 Verantwortungsbereichsfixkos ten 168 Fortschreibungsmethode Skontrationsmethode Fremdkapital 81, 86 Fremdkapitalzinssatz 87 G Gemeinkosten 41, 96, 98, 100, 105, 106, 108, 114, 127, 146, 159 primär 105, 109 sekundär 106 unecht 41 Gesamtkostenverfahren 135 Gewerbe-Mietspiegel 92 Gewinn 34, 93 Gewinn- und Verlustrechnung 26 Gewinnschwelle 171 Gleichungsverfahren 106, 114, 118-22 Grenzkosten 48 Grundkosten 36, 37, 62 H Hilfsstoffe 68 I internes Rechnungswesen 28 Adressaten 28 Inventar 26 Investitionsrechnung 28 Ist-Kosten 99 Ist-Kostenrechnung 56, 67 Ist-Preisverfahren 72 J Jahresabschluss 26 K Kalkulation 125 Äquivalenzziffernkalkulation 127, 130 Divisionskalkulation 127, 129- 30 Kuppelkalkulation 127 Zuschlagskalkulation 127, 130-34 Kalkulationszinssatz 81 kalkulatorische Kosten 62, 73-94 Abschreibungen 73 Anderskosten 37 Miete 37 Mietkosten 91-93 Personalkosten 37, 93-94 Wagniskosten 37, 89-91 Zinsen 37, 81-89 Zusatzkosten 37 kalkulatorischer Zinssatz 86 <?page no="193"?> Stichwortverzeichnis 193 Kennzahlen 139 absolut 139 relativ 139 Kostenarten 63-65 Gliederungskriterien 63 Kostenartenrechnung 53, 61-96, 105, 127, 160 Kostenartwachstumsrate 141 Kostenbegriff pagatorisch 34 wertmäßig 34 Kostenfunktion 46, 48 Kostenrechnung Ablauf 53 Begriff 33 Merkmale 33 Prinzipien Prinzipien der Kostenrechnung Kostenschlüssel 50, 54, 106, 111, 146 Kostenspaltung buchtechnische 44 mathematische 45 statistische 45 Kostenstellen 54, 98, 99, 105, 107, 142, 160, 162 Arten 100 Bildung 98, 99 Endkostenstelle 54, 100, 108, 127 Hauptkostenstelle 101 Hilfskostenstelle 101 Nebenkostenstelle 101 verwaltungsbezogene 101 Vorkostenstelle 54, 100, 108, 114 Kostenstellenausgleichsverfahren 114 Kostenstellenrechnung 54, 96- 124, 127 Kostenträger 96, 98, 126-27, 127, 159, 160, 162 Hauptkostenträger 126 Hilfskostenträger 126 Nebenkostenträger 126 Kostenträgerrechnung 54, 134- 37 Kostenträgerstückrechnung 54, 125, 160 Kostenträgerzeitrechnung 54, 125, 162 L Leistungen 35 Andersleistungen 39 Grundleistung 39 kalkulatorisch 39 Zusatzleistungen 39 Leistungsbeziehungen 100 Leistungsverrechnung einseitig 106 gegenseitig 106 M Materialkosten Werkstoffkosten Mengenschlüssel 107 Mischzinssatz 86 N Normalkostenrechnung 56, 67 <?page no="194"?> 194 Stichwortverzeichnis O Opportunitätskosten 81, 86 Opportunitätsprinzip 93 P Personalkosten 65 Akkordlohn 67 freiwillige soziale Leistungen 66 Gehalt 65 Gehaltszulagen 65 gesetzliche Sozialaufwendungen 65 gesetzliche soziale Leistungen 66 Leistungszulage/ Prämie 65 Lohn 65 Mehrarbeitsvergütung 65 Pauschalentlohnung 67 Personalnebenkosten 66 Prämienlohn 67 Zeitlohn 66 Plankostenrechnung 57 Prinzipien der Kostenrechnung Durchschnittsprinzip 51 Proportionalitätsprinzip 50, 108 Tragfähigkeitsprinzip 52 Verursachungsprinzip 49, 98, 105, 146 R Rechnungsabrechnungsposten 82 Restwertverzinsung 84 Risikozuschlag 86 Rohstoffe 68 S Selbstkosten 54, 125, 127 Soll-Ist-Vergleich 139 Soll-Kosten 99 Stückkosten 48 Stufenleiterverfahren 106, 114- 17 T Teilkostenrechnung 44, 58, 159- 77 Treppenverfahren Stufenleiterverfahren U Umlaufvermögen 82, 83, 84, 85 Umsatzkostenverfahren 135, 136 V variable Kosten 43, 45, 46, 160, 161, 162 Verlust 34 Verrechnungspreis Kostenschlüssel Vollkostenrechnung 58, 60-138, 159, 163 W Wagnis Anlagewagnis 89 Beständewagnis 89 Entwicklungswagnis 89 Fertigungswagnis 89 Gewährleistungswagnis 89 Vertriebswagnis 89 <?page no="195"?> Stichwortverzeichnis 195 Wagnissatz 90 Werkstoffkosten Festpreisverfahren 73 Inventurmethode 68, 69 Ist-Preisverfahren 71 Skontrationsmethode 68, 69 Zugangsmethode 68, 69 Wirtschaftlichkeit 99 Z Zeitschlüssel 107 Zeitvergleich 139 <?page no="196"?> uistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Stat \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ anagement \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschicht Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ acherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidakt DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus F \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourism \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ WL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanist Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft ologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissensc \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ nguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ aft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen aft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwe \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik emdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinav \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ WL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilolog Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ rt \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosoph ien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissensc Carsten Homburg, Stefanie Liesenfeld, Julia Kübel Übungsbuch Kosten- und Leistungsrechnung 4., vollständig überarbeitete Auflage 2019, 365 Seiten €[D] 29,99 ISBN 978-3-8252-8751-1 eISBN 978-3-8385-8751-6 BUCHTIPP Das Übungsbuch umfasst 150 Aufgaben mit ausführlichen Lösungen. Alle Aufgaben sind mit Schwierigkeitsgraden gekennzeichnet. Damit können vor allem diejenigen Themen vertieft und praktisch angewandt werden, die im Bachelor-Studium von Bedeutung sind. Inhalt und Aufbau des Übungsbuches orientieren sich am Lehrbuch Schildbach/ Homburg, Kosten- und Leistungsrechnung: Teil 1 beschäftigt sich mit den Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung und verdeutlicht zentrale Begriffe. Teil 2 behandelt die primär für Dokumentations- und Kontrollaufgaben geeignete Istkosten- und Istleistungsrechnung. Teil 3 führt in die Plankosten- und Planleistungsrechnung ein. Das Übungsbuch eignet sich nicht nur für Studenten zur gezielten Prüfungsvorbereitung, sondern gibt auch Praktikern Gelegenheit, ihre Kenntnisse der Kosten- und Leistungsrechnung zu überprüfen und zu ergänzen. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)70 71 97 97 0 \ Fax +49 (0)70 71 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="197"?> Layout Layout www.uvk.de ISBN 978-3-7398-3068-1 Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Lev Esipovich ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitsökonomie an der Friedrich- Schiller-Universität Jena. Daumann, Esipovich Kostenrechnung für öffentliche Apotheken Seit Jahren wächst der Wettbewerbsdruck auf öffentliche Apotheken - besonders durch den zunehmenden Online-Handel mit Medikamenten. Das konsequente Anwenden betriebswirtschaftlicher Methoden kann Apothekerinnen und Apothekern dabei helfen, sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen trotzdem erfolgreich auf dem Markt zu behaupten. Prof. Dr. Frank Daumann und Dr. Lev Esipovich bieten hierfür das notwendige Handwerkszeug: Sie vermitteln praxisnah und leicht verständlich die Grundlagen der Kostenrechnung und zeigen die Charakteristika der Voll- und Teilkostenrechnung auf. Zahlreiche Abbildungen und Fallbeispiele helfen beim Verständnis. Durch Kontrollfragen lässt sich das Erlernte auf einfache Art und Weise festigen. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studium und Praxis.