Alles neu
Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung
0412
2021
978-3-7398-8081-5
978-3-7398-3081-0
UVK Verlag
Friedrich Glauner
Bernd Villhauer
Die Lebensdauer von Geschäftsmodellen verkürzt sich zusehends. Heute sehen sich Unternehmen mit der Tatsache konfrontiert, dass im Durchschnitt etwa alle zehn Jahre ein bestehendes Geschäftsmodell durch ein neues abgelöst werden muss, wenn das Unternehmen erfolgreich bleiben will. Die Autoren erinnern an den grundlegenden Tatbestand, dass Unternehmen dort benötigt werden, wo ein Nutzen gestiftet werden soll, den eine Einzelperson nicht erwirken kann. Sie zeigen einerseits auf ganzheitliche Art und Weise die vielfältigen Herausforderungen der Unternehmen in einer äußerst dynamischen und disruptiven Umwelt auf. Gleichzeitig beschreiben sie Wege zu Lösungen, die nicht nur das betriebswirtschaftliche Problem lösen, sondern auch den Blick auf die ganzheitliche Verantwortung und werteorientiertes Handeln richtet. Das Buch stellt heraus, dass mittel- und langfristig der Unternehmenserfolg sichergestellt werden kann, wenn sich das Geschäftsmodell mit symbiotischen Mehrwertschöpfungen an den universellen Erfolgsprinzipien ausrichtet, mit denen die Natur ihre Austauschprozesse organisiert.
<?page no="0"?> Wirkung Ertrag Überleben Kooperation Prozesse Werte Verantwortung Nutzen Sinn Ressourcen Alles neu Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung Friedrich Glauner, Bernd Villhauer <?page no="1"?> RZ_Kapitel_0_Titelei_Inhalt_Editorial.indd 2 26.02.21 10: 59 <?page no="2"?> Alles neu Friedrich Glauner, Bernd Villhauer UVK Verlag · München Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung RZ_Kapitel_0_Titelei_Inhalt_Editorial.indd 3 12.03.21 13: 36 <?page no="3"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 1. Auflage © UVK Verlag 2021 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Grafische Konzeption, Layout/ Satz: Annette Berger - Grafikdesign, Hamburg | info@berger-grafikdesign.de Abbildungen: Astrid Ackermann Adobe Stock: aleksei_derin iStockphoto: Alpha-C, Amin Yusifov, barkarola, Bigmouse108, Ekaterina Vakhrameeva, FancyTapis, Marina Dekhnik, Nataliia Volyk, Penti-Stock, Ponomariova_Maria, Serhii Brovko, Svitlana Ivanova Lektorat: das textteam www.das-textteam.de Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3081-0 (Print) ISBN 978-3-7398-8081-5 (ePDF) 53081_Glauner_Impressum.indd 1 53081_Glauner_Impressum.indd 1 08.03.2021 13: 08: 30 08.03.2021 13: 08: 30 <?page no="4"?> 5 Alles neu: Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung Vorwort ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 6 Wirtschaft am Scheideweg ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 8 Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 22 Der Geschäftsplan ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 92 Der Werkzeugkasten: Unternehmen planen und gestalten ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 134 1. Die Planungslandkarte ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 136 2. Der Fragenkatalog »Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung« ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 143 3. Das Leitbild ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 154 4. Das Argumentations-Struktogramm zur Zielgruppenansprache ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 169 5. Die Wettbewerbs-, Benchmark- und Stärken-Schwächen-Analyse ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 171 6. Das Wettbewerbsmonster ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 173 7. Der Fragenkatalog »Positionierung und Markenkernentwicklung« ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 174 8. Der Geschäfts- und Finanzierungsplan ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 178 9. Das Wertecockpit ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 180 Glossar ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 185 Leseempfehlungen ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 199 Zu den Autoren ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ 202 Inhalt RZ_Kapitel_0_Titelei_Inhalt_Editorial.indd 5 12.03.21 13: 36 <?page no="5"?> 6 Alles neu: Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung Vorwort Dieses Buch richtet sich an zwei Zielgruppen: Gründerinnen und Gründer, die ihre Geschäftsidee zum Erfolg bringen möchten, sowie Verantwortliche in bestehenden Organisationen, die eine zukunftsfähige Strategie entwickeln wollen. Es reflektiert eigene Gründererfahrungen ebenso wie langjährige Erfahrungen als Mentor für Gründerinnen und Gründer sowie Einsichten aus dem geschäftlichen Umgang mit Verantwortungsträgern auf der Geschäftsleitungs- und Vorstandsebene von mehr als 400 Unternehmen, darunter auch multinationale Großkonzerne und DAX-Unternehmen. Vor diesem Hintergrund entfaltet »Alles neu« einen Paradigmenwechsel bei der Planung und Entwicklung nachhaltig tragfähiger Unternehmen: das Paradigma der Ethikologie. Es verknüpft die ethischen und ökologischen Gesetze ressourcenschöpfender Austauschbeziehungen mit dem strategischen und operativen Instrumentarium zur Steuerung des Unternehmens als einem lebenden System. Der Titel »Alles neu« wurde dabei vom Verlagsleiter Jürgen Schechler vorgeschlagen, als er die im Buch dargestellte Operations- und Leistungslogik zukunftsfähiger Geschäftsmodelle analysierte. Es sind Geschäftsmodelle, deren Leistungsversprechen ist, dass sie in jedem Zyklus auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner natürlichen und gesellschaftlichen Umgebungssysteme mehr und neue Ressourcen schöpfen, als in den Prozessen genutzt oder verbraucht worden sind. Entstanden ist das Konzept eines Wirtschaftens, das Ressourcen schöpft anstatt sie zu vernichten, aus der Frage, wie wir unser Wirtschaften zukunftsfähiger gestalten können. Die Antwort lautet: dann, wenn wir uns aus den im ersten Kapitel skizzierten mentalen und psychologischen Fallen befreien, in die uns das heutige ökonomische Denken gebracht hat. Das gelingt, wenn wir die Zentralbegriffe des heutigen Wirtschaftens, namentlich Knappheit, Wettbewerb, Wachstum und Ertrag, ersetzen durch einen Handlungsfokus, der auch nicht-ökonomische Kapitalformen und Renditen in den Blick nimmt, die ein Unternehmen für sich erschließen muss, wenn es sich langfristig erfolgreich behaupten möchte. Wie und mit welchen Hebeln das möglich ist, entfaltet das zweite Kapitel. Im dritten werden diese Hebel in einer »Schritt für Schritt«-Anleitung zum Rezept der zukunftsfähigen Geschäftsplanung zusammengefügt und daran anschließend die Werkzeuge beschrieben, die dabei zum Einsatz kommen. Da das Vokabular zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle sicherlich für einige Leser ungewohnt ist, schließt das Buch mit einem Glossar. Dort werden alle zentralen Begriffe in ihrem Zusammenhang erklärt. RZ_Kapitel_0_Titelei_Inhalt_Editorial.indd 6 12.03.21 13: 36 <?page no="6"?> 7 Alles neu: Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung Als Antwort auf die Herausforderungen, vor denen Start-ups und Unternehmen heute stehen, geht das Buch sowohl über die bisherigen Ansätze des systemischen Managements hinaus, wie sie etwa von Stafford Beer (Viable Systems Modell), den St.Galler Managementmodellen (Fredmund Malik, Günter Müller-Stewens und Christoph Lechner, Johannes Rüegg-Stürm und Simon Grand) sowie von Peter Senge (Modell der lernenden Organisation) und von Otto Scharmer (Theorie U) beschrieben werden, als auch über die aktuellen Nachhaltigkeitsmodelle etwa der Kreislaufwirtschaft oder der Triple-Bottom-Line-Betrachtung (John Elkington). Auch der Business Canvas von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur wird mit der hier vorgestellten Planungslandkarte auf eine sachlich und qualitativ neue Ebene geführt. Dabei zeigt »Alles neu« anhand vieler Beispiele, wie Unternehmen mit ressourcenschöpfenden Geschäftsmodellen Wettbewerbsvorteile entwickeln können, die sie nachhaltig gesteigert wettbewerbsfähig machen. Auch wenn ein Hauptautor mit Fug und Recht behaupten kann, dass die maßgeblichen Gedanken des Werkes von ihm stammen, stimmt das niemals ganz. Denn alles, was sie oder er verfasst hat, lebt aus dem Gespräch und der Lektüre und damit von anderen. So auch hier. Ohne die genannten Erfahrungen und Ansätze sowie ohne die vielen Gespräche insbesondere mit Bernd Villhauer wäre das vorliegende Buch nicht auf diese Weise entstanden. Umso mehr freut es mich, dass er sich zur Co-Autorenschaft bereiterklärt hat. Mit seinem Sachverstand als Sparringspartner hat er nicht nur zur Präzisierung des »Tübinger Entwicklungsmodells zukunftsfähigen Wirtschaftens« beigetragen, sondern auch dazu, dass der vorliegende Leitfaden seine eigene klare Sprache gefunden hat. Wir hoffen, dass »Alles neu« vielen Start-ups und bestehenden Unternehmen Wege zeigt und sie dazu ermutigt, mit substanziellen Nutzenstiftungen ökonomisch erfolgreich dazu beizutragen, dass die Ressourcenbasis aller Sub-, Haupt- und Umgebungssysteme angereichert wird, von der ihre Unternehmen leben. Wo das gelingt, werden sie die Träger eines Veränderungsprozesses, der nicht nur sie selbst, sondern auch die Menschheit zukunftsfähig macht. Friedrich Glauner & Bernd Villhauer Tübingen, 12.02.2021 RZ_Kapitel_0_Titelei_Inhalt_Editorial.indd 7 12.03.21 13: 36 <?page no="7"?> Kapitel 1 RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 8 26.02.21 11: 05 <?page no="8"?> Zukunftsfähige Unternehmen begreifen, dass sie die heutigen Regeln des Wettbewerbs durchbrechen müssen, wenn sie auch morgen noch erfolgreich wirtschaften wollen. Als Vorreiter für das neue Paradigma der Ethikologie unterfüttern sie ihr Leistungsversprechen mit einer Ethik der kooperativen Verantwortung, die das Geschäftsmodell an den ökologischen Prinzipien symbiotischer Ressourcenschöpfungsprozesse ausrichtet. Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 9 26.02.21 11: 05 <?page no="9"?> 10 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Globaler Wettbewerb Unser heutiges Wirtschaften produziert einen noch nie da gewesenen Wohlstand für viele, zugleich aber auch Gefahren, die in zunehmendem Maß das Überleben der Nutznießer und Schöpfer dieses Wohlstands bedrohen. Aus Sicht von Unternehmen hat diese Gefahr ein konkretes Gesicht: die Halbwertszeit von Geschäftsmodellen. Ausgelöst durch den technologischen Fortschritt verkürzt sich die durchschnittliche Lebensspanne von Unternehmen im wettbewerbsgetriebenen Prozess der kreativen Zerstörung immer stärker. Betrug sie in den 1950er-Jahren noch mehr als 60 Jahre, schrumpfte sie bis 1985 auf 25 Jahre und beträgt heute im Schnitt lediglich etwas mehr als 10 Jahre. Wollen Unternehmen im Wettbewerb bestehen und nicht zwangsweise aus dem Markt scheiden, stehen sie vor der Aufgabe, sich in immer kürzeren Zyklen neu erfinden zu müssen. Dabei sind sie aufgefordert, sowohl ihr Leistungsversprechen als auch ihre Organisation flexibel und unverwechselbar so anzupassen, dass sie auch zukünftig ertragreich wirtschaften. Überlebensfähigkeit Der Unternehmens-GAU Der größte anzunehmende Unfall eines Unternehmens - sein GAU - ist das zwangsweise Ausscheiden aus dem Markt, sei es durch unfreiwillige Geschäftsaufgabe, feindliche Übernahme oder durch Insolvenz. Er tritt ein, wenn das Geschäftsmodell eines Unternehmens seine Marktfähigkeit verliert, wenn die Organisation nicht wettbewerbsfähig ist oder wenn das Unternehmen kein ausreichendes Risiko- und Strategiemanagement betreibt, um auf Veränderungen angemessen reagieren zu können. Megatrend 3 Beschleunigung aller Prozesse Megatrend 4 Wegfall von Geschäftsfeldern und -modellen Megatrend 2 Verlust von Alleinstellungsmerkmalen Vertikale und horizontale Entgrenzung von Märkten Megatrend 1 RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 10 26.02.21 11: 05 <?page no="10"?> 11 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Bedürfnisse wecken Vielfach wünschen wir uns den Zweitpartner oder streben nach dem Drittwagen. Nur selten aber kaufen wir uns einen Vierttoaster oder eine fünfte Waschmaschine. In den heutigen Überflussgesellschaften sind fast alle Märkte gesättigt. Und dort, wo noch Bedarf besteht, haben die Menschen oft nicht die Mittel, um das von ihnen Benötigte zu erwerben. Das stellt Unternehmen vor das zentrale Problem des heutigen Wirtschaftens: Um in den sich immer schneller drehenden Märkten bestehen zu können, müssen sie in gesättigten Märkten wachsen. Das aber gelingt nur dann, wenn sie immer neue Konsumbedürfnisse wecken, durch deren Befriedigung sie selbst ertragreich wachsen können. Hierzu werfen sie Produkte auf den Markt, deren einziger Nutzen darin besteht, den Konsumzwang zu bedienen, von dem unser heutiges Wirtschaften lebt. Das ist die Achillesferse des ökonomischen Handelns. In den Überflussgesellschaften lebt der Erfolg vieler Unternehmen zu großen Teilen vom Konsum um des Konsums willen. Unternehmen müssen dabei Güter produzieren, die überflüssig sind. Es ist das Prinzip der »Fast Fashion«-Ökonomie, bei der Unternehmen ihre Kunden dazu animieren, im Sinnsurrogat des Konsums ihr Glück zu suchen. Fast Fashion »Fast Fashion« ist der Begriff für ein Beschleunigungsphänomen der Modemärkte, das auch andere Märkte prägt. Produzenten und Marken wie Zara, H&M, Primark oder GAP versuchen dabei ihre Produkte in immer schnelleren Zyklen zu immer günstigeren Preisen an die Frau respektive den Mann zu bringen. Dabei liegt das Glücksversprechen nicht im Produkt, sondern im Konsumerlebnis des reinen Kaufs. Sinnsurrogate Der ökonomische Zwang, in gesättigten Märkten wachsen und sich stets neu erfinden zu müssen, führt dazu, dass Unternehmen die heutigen Überflussmärkte mit immer neuen Produkten und Leistungen überfluten, deren Nutzen oft nur noch ein Sinnsurrogat ist. Denn ihr Konsum lebt aus dem schwarmdummen Zwang, dass wir mit Geld, das wir nicht haben, Dinge kaufen, die wir nicht benötigen, um Menschen zu imponieren, die wir nicht mögen. Die Nobelpreisträger George Akerlof und Robert Shiller nennen das das „Fischen nach Dummen“. Es ist für sie das Kennzeichen einer degenerierten Ökonomie, die ihre Nutzenversprechen systematisch auf Manipulationen und Täuschungen aufbaut und dabei die Abreicherungsspirale aus globalisiert ressourcenzerstörendem Wachstum und Konzentration antreibt. Unser heutiger Wohlstand lebt vom Konsum von Produkten, die überflüssig sind. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 11 26.02.21 11: 05 <?page no="11"?> 12 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Raubbauspiralen Analysieren wir den Kollaps von Märkten und Gesellschaften, gibt es ein Muster. Deutlich wird dies am gut dokumentierten Kollaps von Gesellschaften, wie er von Jared Diamond beschrieben sowie in der grundlegenden NASA-Studie »Human and nature dynamics (HANDY): Modeling inequality and use of resources in the collapse or sustainability of societies« von Safa Motesharrei, Jorge Rivas und Eugenia Kalnay mathematisch analysiert und prognostizierbar modelliert worden ist. In den vergangenen Jahrtausenden kollabierten Gesellschaften aus einem von zwei mathematisch kalkulierbaren Gründen. Entweder zerstörten sie, wie die Kultur der Osterinseln, die Der Spiegel des Wohlstands Der Erfolg unseres heutigen Wirtschaftens führt zur paradoxen Situation, dass die derzeitigen Wertschöpfungsprozesse und die daraus erwachsende Wohlstands- und Wohlfahrtszunahme zunehmend zu globalen Problemen führen, die die Menschheit insgesamt bedrohen. Denn der für das Wirtschaftswachstum benötigte Konsum führt in eine Raubbauspirale, die die Basis unseres Wohlstandes erodieren lässt. Deutlich wird dieses Paradoxon der destruktiven Wohlstandsschöpfung an zwei Zahlenreihen, die die Wirkungen unseres Wirtschaftens auf den Punkt bringen: 66 / 2100 / 4 sowie 9 / 2050 / 500. Die erste Zahlenreihe besagt, dass mit einer mittleren Wahrscheinlichkeit von 66 % die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2100 um 4 ° Celsius höher liegen wird als um 1900. Würde diese Sachlage eintreffen, greift die zweite Zahlenreihe. Ausgelöst durch die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen der Lebenswelt (fortschreitender Ressourcenraubbau, Artensterben, durch Unwetterkatastrophen, Waldbrände, Wassermangel und Wüstenbildung verursachter Verlust fruchtbarer Mutterböden und Lebensräume sowie daraus resultierende Migration, Konflikte und Kriege) werden im Jahr 2100 von den geschätzt rund 9 bis 10 Milliarden Menschen, die die Erde um 2050 bevölkern werden, migrations-, kriegs- und umbruchsbedingt vielleicht noch eine Milliarde bis möglicherweise lediglich nur noch 500 Millionen überleben. Im Klartext heißt dies: Unsere ökonomisch für viele höchst erfolgreichen Wirtschafts- und Konsumformen führen dazu, dass innerhalb der nächsten rund 80 Jahre möglicherweise neun von zehn, ja vielleicht sogar 18 oder 19 von 20 Menschen dem zerstörerischen Sog unserer heutigen Formen der Wohlstandsmehrung zum Opfer fallen. Die verbleibenden Menschen werden in diesem Umbruch auf eine Stufe Der für das Wirtschaftswachstum notwendige Konsum führt in Raubbauspiralen, die die Basis unseres Wohlstandes erodieren lassen. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 12 26.02.21 11: 05 <?page no="12"?> 13 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg zurückkatapultiert, von der wir uns aktuell noch keine konkreten Vorstellungen machen können. Ob das so kommen wird, ist somit eine Frage unserer künftigen Konsum- und Wirtschaftsweisen. Wollen wir eine Zukunft haben, die einen besseren Weg nimmt, als es vorgezeichnet erscheint, benötigen wir neue Formen des Wirtschaftens, die mit ökonomisch erfolgreichen Geschäftsmodellen dazu beitragen, dass die Probleme gelöst werden, die unsere heutigen Konsum- und Wirtschaftsgepflogenheiten verursachen. eigene Ressourcenbasis oder das Maß an Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft führte zu einem Umbruch, wie etwa in Frankreich zu Zeiten der Französischen Revolution. Zukunftsfähig wirtschaften erfordert ein Unternehmertum, das neue Wege geht und mit ökonomisch erfolgreichen Geschäftsmodellen dazu beiträgt, dass die heutigen Raubbauspiralen in ein Wirtschaften überführt werden, bei dem in jedem Zyklus mehr und neue Ressourcen geschöpft werden, als im Zyklus genutzt oder verbraucht worden sind. Im Unterschied zu früher schaukeln sich in der heutigen Globalisierung erstmals in der Geschichte der Menschheit beide Sachverhalte wechselseitig auf. Denn mit immer günstigeren Produkten versuchen die Gesellschaften den Bedarf von Konsumenten so zu befriedigen, dass Ungleichheiten aufgefangen werden. Das aber führt zu einem verstärkten Ressourcenraubbau, der die globale Ungleichheit und diese wiederum den Ressourcenraubbau immer weiter anheizen. Der Catch-22 destruktiver Wohlstandsmehrung Die Dynamik vom technischen Fortschritt und globalisierten Konsum Ungleichheit Ressourcenraubbau Preise Aufruhr geteilter Wohlstand RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 13 26.02.21 11: 05 <?page no="13"?> 14 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Von Hasen und Igeln Das Paradox der destruktiven Wohlstandsschöpfung und die daraus entstehenden Herausforderungen für Unternehmen und die Menschheit beleuchten den entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen: es ist ihre Fähigkeit, neue Wege zu gehen. Neue Wege gehen zu können, erfordert den Mut, die bisher bewährten Wege infrage zu stellen. Im Bereich des Wirtschaftens heißt dies, dass Unternehmen die gängigen Routen und Sicherungssysteme für ihren Aufstieg zu den Gipfeln des Erfolgs auf radikale Weise überprüfen. Es heißt, den Wurzeln der heutigen Wirtschaftslogik auf den Grund zu gehen und die aktuell geltende Wettbewerbslogik sowie das dahinterstehende mentale Modell des Wirtschaftens auf den Prüfstand zu stellen. Das Bild für die geltende Wettbewerbslogik liefert die Fabel vom Hasen und Igel. In ihr macht sich der Hase über die krummen Beine des Igels lustig. Der fordert daraufhin den Hasen zum Wettlauf heraus. Wer verliert, zahlt dem Gewinner ein Preisgeld von einem Golddukaten und einer Flasche Branntwein. Überzeugt davon, dass er das Rennen gewinnt, willigt der Hase ein. Den Wettkampf verliert er jedoch, weil er nicht, wie der Igel, die Wettbewerbslogik durchbricht, mit der der Hase an den Start geht. Als beide losstürmen, bleibt der Igel nach wenigen Schritten stehen und lässt den Hasen davonziehen. Denn er weiß, dass am Ende des Ackers seine ihm zum Verwechseln ähnliche Frau aus einer Ackerfurche hervorspringen wird, um den Hasen mit den Worten zu empfangen: „Ick bün all hier! “ („Ich bin schon da! “). Der Hase, der dieses Spiel nicht durchschaut, verlangt ein weiteres Rennen und verliert erneut. Gefangen im selbstsicheren Wissen, dass er doch schneller laufen kann als der Igel, drängt er so lange auf die Fortsetzung des Wettkampfs, bis er tot zusammenbricht. Gescheitert ist der Hase daran, dass er einer Wettbewerbslogik verhaftet blieb, die der Igel ausgehebelt hat. Der Hase hat sich auf sich selbst und seine bewährte Schnelligkeit verlassen. Er hat dabei nicht Kooperation schlägt selbstbezogenen Wettbewerb! RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 14 26.02.21 11: 05 <?page no="14"?> 15 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg begriffen, dass Kooperation, sprich das Zusammenwirken mit anderen, selbst jene im Wettbewerb siegen lässt, die in allen wettbewerbsrelevanten Aspekten schwächer und langsamer sind als jene, die sich aufgrund ihrer Stärken selbstgewiss im Vorteil wähnen. Möchte man daraus eine grundlegende Einsicht ableiten, lautet sie für den Bereich der Unternehmensentwicklung: Es genügt heute nicht mehr, auf die sich abzeichnenden Veränderungen mit den selbstbezogenen Mustern des »Größer, Schneller, Stärker« zu reagieren, sondern mit dem Bewusstsein, dass die bisher erfolgreichen Dominanzstrategien unserer Wettbewerbslogik zur Ausbildung von sich selbst konditionierenden Handlungsmustern führen. Sie treiben unser Handeln in eine Richtung, wo wir das Spiel, wenn wir es wie gewohnt fortführen, verlieren werden. Für die Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle heißt das: Wollen Unternehmen zukunftsfähig werden, müssen sie auch bei den bisher bewährten Rezepten und Strategien für erfolgreiches Wirtschaften neue Wege gehen. Konkret: Streben Unternehmen weiterhin in der bisher bewährten Logik nach persönlichem Erfolg, beschleunigen sie den Weg auch des eigenen Scheiterns. Tragen sie dagegen mit kooperativ angelegten Geschäftsmodellen dazu bei, dass die heutigen Raubbauspiralen sowie die daraus erwachsenden globalen Problemlagen gemindert werden, sichern sie nicht nur ihren eigenen ökonomischen Erfolg ab, sondern auch die Basis für das gemeinsam erfolgreiche Wirtschaften: Kooperation schlägt selbstbezogenen Wettbewerb! Zukunftsfähige Unternehmen durchbrechen die heute gängige Wettbewerbslogik des »Größer, Schneller, Stärker«. Sie gehen neue Wege! RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 15 26.02.21 11: 05 <?page no="15"?> 16 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Mentale Hürden: Das Modell der Ökonomie Die größte Hürde, die Unternehmen zu überwinden haben, wenn sie zukunftsfähig wirtschaften wollen, ist die Einsicht, dass das mentale Modell des Wirtschaftens eine Zwangslogik begründet, die das Paradox der destruktiven Wohlstandsmehrung befeuert. Diese Zwangslogik entspringt vier Vorstellungen, die die Ecksteine des heutigen Wirtschaftsverständnisses bilden: Knappheit, Wettbewerb, Ertrag und Wachstum. Zu einem Handlungsprogramm verdichtet, begründen diese vier Vorstellungen die Prämissen des heutigen ökonomischen Denkens: 1. Prämisse: Menschen und Unternehmen sind rationale Nutzenoptimierer. 2. Prämisse: Güter und Mittel (Ressourcen) sind knapp. 3. Prämisse: Im Kampf um knappe Güter und Mittel stehen sowohl Menschen als auch Unternehmen im Wettbewerb. 4. Prämisse: Die optimale Form des Austauschs knapper Güter erfolgt in freien Wettbewerbsarenen (Märkten), die nach den Regeln von Angebot und Nachfrage organisiert sind. 5. Prämisse: Wettbewerbsvorteile im profitorientierten Kampf um knappe Güter und Mittel führen zu Erträgen, die wiederum als Mittel im Wettbewerb eingesetzt werden können. 6. Prämisse: Kreativität und Intelligenz können Mittelknappheit ersetzen, sodass die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle selbst angestammte „Platzhirsche“ vom Markt fegen kann. Aus diesen Prämissen erwachsen die zentralen Glaubenssätze der Ökonomie: 1. Erfolgreiches Wirtschaften gründet in der Gestaltung von Austauschprozessen, bei denen durch den intelligenten Einsatz knapper Mittel (Organisationsfokus) im Markt (Marktfokus) Engpässe und Bedürfnisse (Kundenfokus) so behoben bzw. befriedigt werden, dass beim Unternehmen Erträge entstehen (Ertragsfokus). 2. Erträge erwachsen nur dann und nur dort, wo die Rückflüsse aus einem Mitteleinsatz höher sind als der Wert der zuvor eingesetzten Mittel. Diese zwei Glaubenssätze der Ökonomie begründen das Mantra des Wettbewerbs: Outwit, outsmart, outperform! Überlisten, übervorteilen, schlagen! Be different or die! Unterscheide dich oder stirb! Be better or vanish! Sei besser oder verschwinde! Wo sich Unternehmen an diesem Mantra orientieren, beflügeln sie das Paradox der destruktiven Wohlstandsschöpfung. Ihr individuell rationales und als solches oft ökonomisch höchst erfolgreiches Handeln führt dabei in mentale Fallen, die auf der Ebene der Gruppe und des Gesamtsystems zu höchst negativen Effekten führen: Beschleunigung, Disruption, Konzentration, Ressourcenraubbau. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 16 26.02.21 11: 05 <?page no="16"?> 17 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Das mentale Modell der Ökonomie begründet vier psychologische Fallen, die unser wirtschaftliches Handeln prägen: Wer in Kategorien der Knappheit denkt, handelt in der Psychologie der Angst und Gier. Sie oder er beginnt zu horten! Wer in Kategorien des Ertrags denkt, handelt in der Logik der Externalisierung. Sie oder er sucht die Kosten seines oder ihres Handelns auszulagern! Wer in Kategorien des Wettbewerbs denkt, handelt in der Logik der Selbstbezüglichkeit. Sie oder er konzentriert sich auf den eigenen Vorteil! Wer in Kategorien des Wachstums denkt, handelt in der Logik der Dominanz. Sie oder er möchte mehr und mehr auf sich alleine vereinen! Im Bann dieser Psychologie des Wettbewerbs spekulieren alle Marktteilnehmer darauf, mehr zu gewinnen, als sie investieren. Wenn aber alle aus dem System mehr herausziehen wollen, als sie in es einzahlen, führt das dazu, dass alle systematisch danach streben, die Kosten ihres Wirtschaftens auszulagern (zu externalisieren). Am Ende führt dies zu einer sich mehr und mehr beschleunigenden Spirale der Konzentration von Marktmacht und Erträgen in der Hand von wenigen und der Abreicherung (Minderung) von Mitteln und Ressourcen auf der Ebene des Systems als Ganzem. Hierbei erhalten immer weniger Gewinner alles, finanziert durch die übergroße Zahl der Verlierer, die nichts mehr bekommen. Das führt zu den sich schon heute abzeichnenden Verwerfungen, die die Existenz von immer mehr Unternehmen und möglicherweise die Zukunftsfähigkeit der Menschheit als Ganzes bedrohen. Mentale Fallen: Die Psychologie des Wettbewerbs Wenn alle systematisch danach streben, mehr aus dem System herauszuziehen, als sie in es einzahlen, führt dies zu einer sich mehr und mehr beschleunigenden Spirale der Konzentration von Marktmacht und Erträgen in der Hand von wenigen und der Minderung von Mitteln und Ressourcen auf der Ebene des Systems als Ganzem. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 17 26.02.21 11: 05 <?page no="17"?> 18 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Unternehmen am Scheideweg Wollen Unternehmen weiterhin erfolgreich wirtschaften, stehen ihnen zwei Wege offen. Sie können das große Spiel des selbstbezogenen Wettbewerbs um Marktmacht, Dominanz und Erträge fortführen oder auf das kleine Spiel eines Wirtschaftens umsteuern, bei dem symbiotisch-kooperative Mehrwertstiftungen den Kern ihres wirtschaftlichen Motors bilden. Das große Spiel des selbstbezogenen Wettbewerbs schreibt die heutige Logik des Wirtschaftens fort. Zugunsten des individuellen Erfolgs wird dabei mehr und mehr die ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Basis zerstört, die die Unternehmen für ihr eigenes Wirtschaften benötigen. Dabei kommen eine immer größere Anzahl von Unternehmen und Geschäftsmodellen aus dem Tritt, weil sie in diesem Wettbewerb nicht mehr bestehen können. Unternehmen, die das große Spiel des Wettbewerbs nicht mehr spielen wollen oder spielen können, bleibt das kleine Spiel der symbiotisch-kooperativen Mehrwertstiftung. Durch die Vernetzung vielfältigster kleinteiliger Strukturen schaffen sie eine breite Teilhabebasis für die Vielen, die die eigene Geschäftstätigkeit langfristig absichern helfen. Das gelingt dort, wo das Streben nach individuellem Gewinn so ausgestaltet wird, dass es nicht nur das Überleben des eigenen Unternehmens absichert, sondern zugleich auch die Überlebensfähigkeit der Umgebungssysteme, in denen und aus denen heraus das Unternehmen wirtschaftet. Es erfordert Geschäftsmodelle, die die Verantwortungsmärkte der Bewusstseinsökonomie von morgen bedienen. Zukunftsfähige Geschäftsmodelle bedienen die Verantwortungsmärkte für nachhaltig zukunftsfähiges Wirtschaften. Sie folgen der Logik der Natur und gründen in einem Werteverständnis, das begreift, dass Ertrag und Erfolg eine Funktion von Nutzenstiftungen sind, die sich nicht mit ökonomischen Ertragskennzahlen messen lassen. Aus individuellem Antrieb heraus organisieren zukunftsfähige Unternehmen innovative, sich ökonomisch selbst tragende Nutzen- und Mehrwertstiftungskreisläufe, die die Raubbauspiralen der destruktiven Wohlstandsmehrung erfolgreich durchbrechen helfen. Kunden sowie alle an den Wertschöpfungsketten beteiligten Akteure werden dabei befähigt, aktiv zu den ökonomischen, gesellschaftlichen und ökologischen Wertschöpfungsprozessen beizutragen. Die Gesamtsumme der Transaktionen zwischen den einzelnen Teilnehmern führt so dazu, dass auf allen Ebenen von Menschen, Unternehmen, der Natur und der Gesellschaft in jedem Zyklus mehr sowie neue und zusätzliche Ressourcen geschöpft werden, als in den Prozessen genutzt und verbraucht worden sind. Bewusstsein und Verantwortung sind die Basisressource zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Diese leben aus der Einsicht, dass die ökonomische Wertschöpfung eine Funktion von primär nichtökonomischen Werteschöpfungen ist. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 18 26.02.21 11: 05 <?page no="18"?> 19 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Diese bewusstseinsgetragenen Verantwortungsmärkte sind die Antwort auf die Herausforderungen, welche sich aus der dramatischen Veränderung der Lebenswelt ergeben, wirtschaften wir weiter so wie bisher. In diesen Märkten sind Bewusstsein und Verantwortung die Basisressource und damit zugleich das Medium und der Motor zur Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle, die auf die Leitthemen der Zukunft einzahlen. Anders als die Wissensmärkte der heutigen Wissensökonomie, die, wie die Beispiele aus der Informationstechnologie, der Life Sciences, der KI sowie der Mensch-Maschine-Systeme zeigen, im Mantra des heutigen ökonomischen Denkens gefangen bleiben, setzen Geschäftsmodelle für die Verantwortungsmärkte von morgen auf umfassende Mehrwertstiftungen, die auch auf den Ebenen der Mit-, Um- und Nachwelt zu Ressourcenschöpfungen führen. Solche zukunftsfähigen Geschäftsmodelle leben aus dem Bewusstsein, dass die ökonomische Wertschöpfung eine Funktion von primär nichtökonomischen Werteschöpfungen ist. Die Ausgestaltung zukunftsfähiger Werteschöpfungsprozesse ist deshalb der Kernwertschöpfungsprozess bewusstseinsökonomischer Geschäftsmodelle. Sie bedienen die Verantwortungsmärkte von morgen. Mit dem Motto »Be valuable or die! «, »Sei wertehaltig oder stirb! « weist er den Weg zu den Wettbewerbsvorteilen von morgen. Das Mantra zukunftsfähiger Geschäftsmodelle lautet: »Sei wertehaltig oder stirb! « von im Grunde austauschbaren Produkten und Dienstleistungen für die heutigen Überflussmärkte kommt ebenso an ihre Grenzen wie sinn- und funktionsentleerte Innovationen. Die Herausforderung einer zukunftsfähigen Strategieentwicklung besteht deshalb darin, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die mit ökonomisch erfolgreichen Mitteln einen Nutzen stiften, der auch den Anforderungen an eine gedeihliche Entwicklung der Umwelt, Mitwelt und Nachwelt genügt. Das gelingt dort, wo die Nutzenstiftung auf der Ebene der Unternehmen Erträge abwirft und auf der Ebene der Umgebungssysteme (Umwelt, Mitwelt, Nachwelt) dazu führt, dass die Ressourcenbasis angereichert wird und wächst, anstatt wie heute dazu zu führen, dass sie mehr und mehr erodiert. Verantwortungsmärkte Waren die Märkte bis in die 1960er-Jahre hinein Anbietermärkte, drehten sich diese mit der ersten Sättigung und der Ölkrise in den 1970er-Jahren. In den 1990er-Jahren wurde der Markt zu einem reinen Nachfragemarkt. Heute haben sich auch diese Märkte radikal gewandelt. Knappheit besteht nicht mehr aufseiten der Angebote, sondern ausschließlich aufseiten der Konsumenten. Ihnen fehlen oft schlicht die Zeit und das Geld für angestrebten Konsum. Selbst wenn sie genug davon hätten, könnten sie die überbordende Angebotsfülle nicht mehr wahrnehmen und bewerten. Wie die täglich wachsende Zahl von Internetvergleichsportalen zeigt, ist die Konsumwelt von einer Angebotsfülle geprägt, die der Verbraucher nicht mehr wahrnehmen und bewerten kann. Für die Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle hat das Konsequenzen. Denn die Entwicklung RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 19 26.02.21 11: 05 <?page no="19"?> 20 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Alles Neu: Lernen von der Natur Bisher haben wir die Natur im Bild der Ökonomie gelesen. Wir haben unterstellt, dass auch die Natur ein knappheitsfixierter Markt sei, bei dem nur die Harten in den Garten kommen, sprich ins Paradies, wo den Erfolgreichen die Früchte ihrer Arbeit wie pralle Weintrauben von den Büschen und Bäumen hängen. Es ist das Mantra des knappheitsfixierten Wettbewerbs, bei dem jeder mit jedem in Konkurrenz steht. Aber die Natur lebt nicht (nur) aus dem Geist von Knappheit, Kampf und Wettbewerb. Vielmehr ist sie der Ort, wo aus vielfältigsten Formen der symbiotischen Kooperation die Ressourcen geschöpft werden, von denen sich das System nährt, indem es sich immer weiter anreichert, ausdifferenziert und wächst. Zukunftsfähige Unternehmen lernen von der Natur. Sie organisieren symbiotische Nutzenstiftungs- und Ressourcenschöpfungskreisläufe, bei dem der Faktor Mensch sowie substanzielle Mehrwertstiftungen im Zentrum des Geschäftsmodells stehen. Mit diesem Fokus verknüpfen zukunftsfähige Unternehmen die Logik der Werte (Ethik) mit der Logik der Natur (Ökologie) zu einer neuen Logik des ethikologischen Wirtschaftens. Ethikologische Geschäftsmodelle verknüpfen das ethisch-moralische Konzept eines humanen Wirtschaftens, das sich mit Menschen in den Dienst von Menschen stellt, mit den Naturprinzipien des Lebendigen zu einem ressourcenschöpfenden Erfolgsprogramm. Es lebt aus dem Wissen, dass und warum Unternehmen lebende Systeme sind, die nur dort erfolgreich gedeihen, wo sie sich in ihrer Organisation und Planung an den im nächsten Kapitel zu beschreibenden universellen Erfolgsprinzipien des Lebendigen ausrichten. Wo Unternehmen diesen Erfolgsprinzipien der Natur Rechnung tragen, erlangen sie eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit, die für alle ertragreich wirkt, die an den unternehmerischen Aktivitäten mitwirken oder von ihnen betroffen sind. RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 20 26.02.21 11: 05 <?page no="20"?> 21 Alles neu: Wirtschaft am Scheideweg Unternehmen sind lebende Systeme. Sie können nur dann zukunftsfähig gedeihen, wenn sie ihre Geschäftsmodelle an den universellen Erfolgsprinzipien der Natur ausrichten, indem sie sich ökonomisch selbst tragen und mit substanziellen Nutzenstiftungen dazu beitragen, dass die Menschheit überlebensfähig bleibt! Das alte Denken 1. Ego 2. Ertrag (€ / $ / £) 3. Knappheit 4. Wettbewerb 5. Dominanz 6. Größe 7. Wachstumszwang 8. Ressourcennutzung 9. Externalisierung Das neue Denken 1. System 2. Substanzielle Nutzenstiftung 3. Überfluss 4. Kooperation und Symbiose 5. Partnerschaft 6. Kleinteiligkeit und Vilelfalt 7. Mehrwertstiftung 8. Ressourcenschöpfung 9. Teilhabe und Befähigung Die Paradigmen zukunftsfähigen Wirtschaftens RZ_Kapitel_1_Alles neu.indd 21 26.02.21 11: 05 <?page no="21"?> Kapitel 2 RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 22 26.02.21 11: 15 <?page no="22"?> Unternehmen werden zukunftsfähig, wenn sie ihre Werteschöpfungs- und Nutzenstiftungsprozesse so ausgestalten, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner lokalen und globalen Umgebungssysteme Mehrwerte geschaffen werden, die das gesamte System nachhaltig tragen und den Gesamtressourcengrundstock der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme auf natürliche Weise wachsen lassen. Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 23 26.02.21 11: 15 <?page no="23"?> 24 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle jedem Menschen auf jeweils einzigartige Weise aus bis zu 1.800 unterschiedlichen Gattungen, 36.000 unterschiedlichen Arten sowie 10 bis 100 Billionen einzelnen Bakterien und Mikroorganismen zusammensetzt. Kollabiert dieses System, stirbt sein Träger, der Holobiont. Werden die Mikroorganismen im Zusammenhang mit den körpereigenen Prozessen dagegen gestärkt, befähigt ihr Zusammenspiel das holobiontische System zum offenen Austausch mit anderen Holobionten und dazu, dass sie auf ihre Umwelt reagieren, lernen und sich erfolgreich fortpflanzen können. Lebende Systeme Lebende Systeme, ob Hasen, Igel oder Menschen, sind sich selbst steuernde holobiontische Systeme. Als Individuen erhalten sie sich im Austausch mit ihrer Umwelt dadurch aufrecht, dass sie sich nach innen ausfalten in ein komplexes Geflecht von Elementen (Zellen, Knochen, Organe …), Prozessen (Blutkreislauf, Nahrungsversorgung, Informationsverarbeitung, Lernverhalten …) und Strukturen (Nervensystem, Skelett, Bewegungsapparat …). In diesem Geflecht verschränken sich in jedem Lebewesen verschiedene kybernetisch geschlossene Rückkopplungskreisläufe mit mehreren offenen Durchflusssystemen und Transformationsprozessen zu einem kybernetisch offenen Rückkopplungsprozess, mit dem sich das Lebewesen nach außen an seine Umwelt koppelt. Passen alle Elemente, Prozesse und Systeme des Holobionten optimal zusammen, führt das zur gesteigerten Lebensfähigkeit des Organismus. Er hat dann die Möglichkeit, sich innerhalb der eigenen Lebensspanne erfolgreich erneuern und fortpflanzen zu können. Die Blaupause für die Entwicklung und Passung lebender Systeme wird dem einzelnen Organismus mit seiner DNA eingeschrieben. Sie ist das Programm, mit dem nicht nur die innere Organisation, sondern auch seine Aktionsräume und damit seine Lern-, Verhaltens- und Fortpflanzungsmöglichkeiten festgelegt werden. Holobionten Alle höheren Lebewesen, seien es Menschen, Vögel, Fische und Säuger oder andere komplexe Tiere wie Reptilien und Insekten sind mit Bernhard Kegel gesprochen Holobionten. Sie entstehen durch das Zusammenwirken verschiedener Organismen, die sich im Holobionten zu einer unverwechselbaren Einheit zusammenschließen. Dabei können die einzelnen Organismen nur deshalb für sich existieren, weil sie sich im Holobionten zu einer unverwechselbaren Einheit verbinden, wo alle füreinander nützlich sind. Das geschieht dort, wo sowohl die DNA der einzelnen Organismen als auch die DNA des Holobionten dafür sorgen, dass sich das Gesamtsystem entwickeln und verändern kann. Hierzu organisiert sich der Holobiont in miteinander verbundene Rückkopplungssysteme, mit denen der holobiontische Organismus seine Umweltbeziehungen regelt. So repräsentiert beispielsweise der menschliche Verdauungstrakt ein Mikrobiom, sprich ein intestinales Ökosystem aus vielen eigenständigen Mikroorganismen, das sich bei RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 24 26.02.21 11: 15 <?page no="24"?> 25 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Hasengenese: Die Organisationslogik lebender Systeme DNA Verhalten, Lernen ... Entwicklung innen: Organismus (holobiontisches System) Elemente: Zellen, Bakterien, Knochen, Organe ... Strukturen: Skelett, Bewegungsapparat … Prozesse: Blutkreislauf, Informationsverarbeitung ... außen: Umwelt (Hasen, Füchse …) RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 25 26.02.21 11: 15 <?page no="25"?> 26 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Soziale Systeme Menschen, Hunde und Löwen, aber auch Elefanten, Delfine, Ameisen oder Bienen sind nicht nur holobiontische Systeme, sondern soziale Systeme. Das Medium ihrer Sozialität ist die Kommunikation, sei es in Form des gemeinsamen Heulens der Wölfe, des Tanzes der Bienen oder des Gesangs der Wale. Bei uns Menschen ist unsere Sozialität an unser Sprache und unser Bewusstsein geknüpft. In ihnen erleben wir die Welt als einen Zusammenhang von Bedeutungen, mit denen wir uns, der Welt und unseren Handlungen einen Sinn geben. Dieser Sinn prägt, wie und wozu wir in der Welt handeln. Kommunikation Mit unserer Sprache drücken wir der Welt unseren Stempel auf. Sie ist der Ort, wo wir uns mit anderen über uns und die Weltverhältnisse austauschen. Reflexion (das Selbstgespräch) genauso wie gemeinsam abgestimmtes Handeln gründen in unserer Sprachfähigkeit. Dabei gilt für alle sprachlich vermittelten Kommunikationsprozesse: Sie sind der Ausdruck praktischer Weltverhältnisse, deren unterschiedliche Facetten sich in der Sprache der Jäger, der Rechtsanwälte, der Börse oder des Handwerks auskristallisieren. Wählen wir die falsche Sprache oder die falsche Form der Kommunikation, führt das zu Konflikten: wir denken und handeln dann in der falschen Sinnlogik. Sinnsysteme Das Sinngeschehen, aus dem heraus wir als Menschen leben, ist das unverbrüchliche Netz, das die einzelnen Episoden unseres Lebens zu einem dichten Muster verwebt, das uns trägt. Wo wir in diesem Sinn aufgehen, handeln wir stimmig. Der von uns hochgehaltene Sinn wirkt dann als Grund (Auslöser) und Ziel (Zweck) unseres Handelns und damit als der zentrale Treiber, wie und wozu wir in die Welt eingreifen und sie verändern. Folgen wir dem falschen Sinn, führt dies dazu, dass wir faktisch zwanghaft in der Welt falsch handeln. KybernEthik Als Medium unserer Sozialität ist unsere Sprache das zentrale kybernetische System, mit dem wir unsere individuellen und kollektiven Weltverhältnisse organisieren. Deshalb ist unsere Sprache der Spiegel unserer Gründe, wie und wozu wir in der Welt handeln. Wollen wir die Sachverhalte richtig wahrnehmen und reflektieren, um daraus lernen zu können, erfordert dies, dass wir uns über unsere Sinnsysteme Rechenschaft ablegen. Deshalb ist die menschliche Sprache der kybernetische Ort der Ethik, sprich der Ort, wo unsere Verantwortung beginnt. Mit Heinz von Foersters Wortschöpfung »KybernEthik« gesprochen lebt diese Verantwortung aus der Weisheit »Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte. / Achte auf Deine Worte, denn sie werden Deine Taten. / Achte auf Deine Taten, denn sie werden Deine Gewohnheiten. / Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. / Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal«. Sie beschreibt die Einsicht, dass wir unser Schicksal in der Welt mit unseren Gedanken und Worten besiegeln, und damit mit den Sinnsystemen, die unser Handeln in der Welt anleiten. Folgen wir den falschen Sinnsystemen, besiegeln wir mit ihnen unser Schicksal in der Welt. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 26 26.02.21 11: 15 <?page no="26"?> 27 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Soziale Systeme DNA Verhalten, Lernen ... geteilte Emotionen und Wünsche Umwelt Entwicklung innen: holobiontisches System Elemente: Zellen, Bakterien, Knochen, Organe ... Strukturen: Skelett, Bewegungsapparat … Prozesse: Blutkreislauf, Informationsverarbeitung ... außen: soziales System Elemente: Menschen ... Strukturen: Organisationsformen der Gemeinschaft (z. B. Familie, Peer-Gruppen …) Prozesse: Kommunikations-, Lern- und Lebenspraktiken ... RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 27 26.02.21 11: 15 <?page no="27"?> 28 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Nutzenstiftende Systeme Menschen sind nicht nur Lebewesen, die ihre Austauschbeziehungen bevorzugt im Medium der Sprache organisieren, sondern technisch begabte Wesen. Zur Bewältigung komplexer Aufgaben erfinden sie Werkzeuge. Dabei haben sie entdeckt, dass ihre Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit die Super-Werkzeuge sind, mit denen sie zur Lösung immer komplexerer Probleme und Wünsche immer ausgefeiltere Werkzeuge herstellen können. Das ideale Werkzeug zur Lösung hochkomplexer Probleme und Wünsche ist die Gründung eines Unternehmens. Denn als Zusammenschluss von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten ermöglichen Unternehmen die Lösung komplexer Produkte und Dienstleistungen, die ein Einzelner alleine nicht bewerkstelligen kann. Das gilt für die Produktion von Autos, Flugzeugen und Mobiltelefonen ebenso wie für die Aufführung einer Oper oder für eine Herz-, Lungen- oder Nierentransplantation. Wo Unternehmen sich so organisieren, dass Ideen und Kreativität sprudeln und im kommunikativen Austausch kooperativ zusammengeführt werden, entstehen innovative Lösungen, die einen substanziellen Nutzen stiften. Das begründet die Werkzeugformel (Zweckformel) der Unternehmung: Unternehmen sind nutzenstiftende Systeme, in denen Menschen mit Menschen auf koordinierte Weise kooperieren, um für Menschen komplexe Aufgaben zu lösen. Zur Lebensformel wird diese Werkzeugformel, wenn der Zweck der Unternehmung Positives bewirkt. Nehmen wir eine Anleihe am Lebenselixier Wasser und seiner chemischen Zusammensetzung H2O, lässt sich diese Lebensformel mit H 3 O S N ausdrücken: »Humans with Humans for Humans in need of Organisation to satisfy substantial Needs«. In die Unternehmenssprache übersetzt besagt diese Lebensformel: Der Gründungsakt eines Unternehmens entspringt der Notwendigkeit, kooperieren zu müssen, um eine komplexe Not wenden, sprich einen substanziellen Nutzen stiften zu können. In dieser Lebensformel der Unternehmung stehen die ersten beiden H für die Kooperationskraft, die im Unternehmen zwischen den beteiligten Menschen entfaltet werden muss (»Humans with Humans«), damit das Unternehmen seinen Zweck erfüllen Unternehmen sind Werkzeuge zur Lösung hochkomplexer Probleme und Wünsche. Erfolgreich werden sie dort, wo sie sich in der Logik lebender Systeme organisieren. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 28 26.02.21 11: 15 <?page no="28"?> 29 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle kann. Das dritte H sowie das S N bezeichnen dagegen den Dienlichkeitsfokus und mit ihm die Adressaten und den substanziellen Nutzen, der durch das Unternehmen gestiftet wird (»Humans for Humans«). Das O schließlich betont das Organisationsgebot, das in und mit dem Unternehmen zu gestalten ist, wenn die Dynamik des »Humans with Humans« zur konkreten Wertschöpfung, eben der substanziellen Nutzenstiftung des »Humans for Humans« führen soll. Wo diese Nutzenstiftung wirkt, ist sie die Basis für den Unternehmenserfolg. Nutzenstiftende Systeme innen: Kooperationssystem Elemente: Menschen ... Strukturen: Organisation ... Prozesse: Kommunikation ... außen: Nutzen(Zweck)System Elemente: Menschen, Organisationen ... Strukturen: Märkte, Bedürfnisse ... Prozesse: Wirkungen ... (ökonomisch / ökologisch / sozial) Werte DNA Nutzen Zweck Not RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 29 26.02.21 11: 15 <?page no="29"?> 30 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Lebenszyklen Alle Unternehmen teilen die Genese und Struktur lebender Systeme. Sie entstehen aus dem Zusammenschluss von Informationen und Ressourcen, die sich im Geschäftsmodell zu einem eigenständigen System ausbilden. Dabei durchläuft dieses System die gleichen Entwicklungsprozesse, die die Genese aller Lebewesen prägen. In den verschiedenen Phasen seiner Entwicklung faltet es sich nach innen in immer weitere Elemente (Mitarbeiter, Standorte, Assets …), Strukturen (Abteilungen, Funktionen …) und Prozesse (Abläufe, Verfahren ...) aus, um sich nach außen in seiner Umwelt (dem Markt) erfolgreich bewegen, erneuern und fortpflanzen zu können. Im Gegensatz zu Lebewesen, die bei der Zeugung des neu entstehenden Organismus mit ihrem Genom ihre unverwechselbare DNA erhalten, die den Aktionsradius ihres Lebensweges festlegt, wird der Entwicklungsweg der Unternehmung dem Unternehmen von außen durch die Menschen eingeschrieben, die das Unternehmen gründen bzw. es auf den einzelnen Stufen seines Lebensweges prägen und tragen. Die Form und der Entwicklungsweg des Unternehmens werden durch die Zwecksetzung der Unternehmung geprägt, mit der ein Unternehmen gegründet und geführt wird. Dabei bilden die Unternehmenswerte und das daran ablesbare Leistungsversprechen den Kern der Unternehmung als lebendes System. Als Werte-DNA geben sie vor, wie und wohin sich das Unternehmen entwickeln soll. Merke: Als lebende Systeme sind Unternehmen holobiontische Systeme. Ihre Zwecksetzungen können sie nur dort erfüllen, wo das Unternehmen von den Beiträgen her denkt, die es für die Elemente (Menschen), Subsysteme (Kunden, Lieferanten, Partner …) und Umgebungssysteme (Umwelt, Mitwelt, Gesellschaft) stiftet, aus denen heraus es sich selbst aufrechterhält. Hierbei gilt: auch Unternehmen sind nur dort lebensfähig, wo sie in der offenen Organisation offener Prozesse ihre Weltbeziehungen so organisieren, dass sie überlebensfähig bleiben. Mit Blick auf diese Lebensfähigkeit zielt die Selbstorganisation der Unternehmen darauf ab, das zwangsweise Ausscheiden aus dem Markt abzuwenden. Das gelingt dort, wo sie mit marktfähigen Produkten und Leistungen sowie einer wettbewerbsfähigen Organisation einen Nutzen stiften, der nicht nur sie selbst, sondern auch die sie tragenden Sub- und Umgebungssysteme stärkt. Überlebensfähig werden Unternehmen dort, wo sie mit marktfähigen Produkten und Leistungen sowie einer wettbewerbsfähigen Organisation einen Nutzen stiften, der nicht nur sie selbst, sondern auch die sie tragenden Sub- und Umgebungssysteme stärkt. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 30 26.02.21 11: 15 <?page no="30"?> 31 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Lebenszyklus-Modell Werte DNA innen: Unternehmenssystem Elemente: Mitarbeiter, Standorte, Assets ... Strukturen: Abteilungen, Funktionen ... Prozesse: Abläufe, Verfahren ... außen: Marktsystem Elemente: Kunden, Lieferanten, Marktbegleiter, Regulatoren … Strukturen: Märkte, Wettbewerb ... Prozesse: Innovationen ... Umweltsysteme Elemente: lebende Systeme Strukturen: Gesellschaften, Lebensräume ... Prozesse: Wirkungen ... (ökonomisch / ökologisch / sozial) Nutzen Zweck Not Geschäftsmodell 1 Geschäftsmodell 2 Ressourcen Mittel Ressourcen Mittel Zeit Informationen Ideen RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 31 26.02.21 11: 15 <?page no="31"?> 32 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Fünf Systeme Der Lebenszweck der Unternehmung erschließt sich in seinem Nutzen als Werkzeug. Wir benötigen Unternehmen dort, wo durch organisierte Kooperation ein Nutzen gestiftet werden soll, den ein Mensch alleine nicht bewerkstelligen kann. Damit dieser Nutzen vom Unternehmen auf sichere Weise gestiftet werden kann, muss sich das Unternehmen mit seinen Nutzenstiftungen selbst erhalten können. Der Nutzenfokus der Unternehmen richtet sich somit auf zwei Ziele: nach außen auf den Grund seiner Notwendigkeit, sprich auf den Nutzen, den es für Dritte stiftet, und nach innen auf seine eigene Überlebensfähigkeit, die es mit seinen Nutzenstiftungen absichert. Analog zu den körpereigenen Stoffwechsel- und Informationskreisläufen, mit denen sich ein Organismus im permanenten Abgleich der Innen- und Außenzustände reguliert, verschränken sich zur lebensfähigen Erfüllung dieses doppelten Nutzenfokus in jedem Unternehmen fünf ineinandergreifende Systeme zu einem organischen Gesamtprozess. 1. Physisch operiert das Unternehmen als lebendes System in der Systemlogik der Kooperation 2. Institutionell operiert es als Wettbewerbssystem in der Systemlogik der Nutzenstiftung 3. Kommunikativ operiert es als Sinnsystem in der Systemlogik von Sinnversprechen 4. Ökonomisch operiert es als Durchflusssystem in der Systemlogik von Erträgen 5. Operativ agiert es als Steuerungssystem in der Systemlogik der Werte Als dynamische Vektoren stecken diese fünf Systemlogiken den Raum ab, wie sich das Unternehmen nach innen und außen entfalten und wirksam werden, sprich sich mit seinen Nutzenstiftungen erfolgreich überlebensfähig halten kann. Unternehmen sind Kooperationssysteme. Wir benötigen sie dort, wo durch organisierte Kooperation ein Nutzen gestiftet werden soll, den ein Mensch alleine nicht bewerkstelligen kann. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 32 26.02.21 11: 15 <?page no="32"?> 33 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Aus Sicht zukunftsfähiger Nutzenstiftungen wird der auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Innenfokus dieser fünf Systemlogiken durch fünf Leistungslogiken unterfüttert. Im marktseitigen Außenverhältnis fokussieren sie das Leistungsversprechen der Unternehmung so, dass sich das Unternehmen als lebendes System mit seinen eigenen Leistungen aufrechterhalten kann: 1. Die Systemlogik der Kooperation mündet in die Leistungslogik des Überlebens 2. Die Systemlogik der Nutzenstiftung mündet in die Leistungslogik der Wirkungen 3. Die Systemlogik der Sinnversprechen mündet in die Leistungslogik der Ressourcenschöpfung 4. Die Systemlogik des Ertrags mündet in die Leistungslogik der Verantwortung 5. Die Systemlogik der Werte mündet in die Leistungslogik der Prozesse Wo diese Systeme den Anforderungen der Umgebungssysteme (Außenperspektive) gerecht werden und dazu optimal aufeinander abgestimmt sind (Innenperspektive), führt ihr Zusammenwirken zur gesteigerten Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens als lebendem System. Mit geringerem Aufwand erzielt es dann größere Wirkung. Die Systemlogik der Unternehmung Kooperation institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System Ertrag operatives System Prozesse Wer te physisches System Überleben RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 33 26.02.21 11: 15 <?page no="33"?> 34 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Dynamische Steuerungssysteme Als lebende Systeme, die sich durch ihre spezifische Nutzenstiftung am Leben erhalten, sind Unternehmen dynamische Steuerungssysteme. Der Fokus dieser Steuerung richtet sich auf zwei Dynamiken. Nach innen gerichtet auf die optimale Abstimmung der fünf verschiedenen System- und Leistungslogiken, die zusammenwirken müssen, wenn das Unternehmen überleben möchte. Nach außen gerichtet auf den Zweck der Unternehmung, der mit Blick auf die sich wandelnden Umweltgegebenheiten immer wieder anzupassen ist. Getragen wird dieser doppelte Fokus vom fraktalen Blick auf das Grundbzw. Lebensfraktal, mit dem die Lebenslogik und Entwicklungsdynamik der Unternehmung geplant und gesteuert werden kann. Es besteht aus einem schräg nach oben stehenden Dreieck, dessen Eckpunkte den Raum abstecken, in welchem sich das Unternehmen als lebendes Entwicklungssystem bewegt. Der untere Punkt markiert die Geschichtsachse der Herkunft und Genese des Unternehmens. Der obere rechte Punkt markiert die in der Zukunft gelegene Wirkungsachse des Nutzens und Zweckes, aus denen heraus die Unternehmensentwicklung abgeleitet wird. Dynamisch in Bewegung gehalten wird das Unternehmen auf dieser Zeitachse durch einen dritten, quer zur der Zeitachse liegenden Fluchtpunkt. Als Dimension spannt er den Verantwortungsraum auf, den das Unternehmen füllen muss, wenn es auf seinem Weg in die Wirksamkeit zukunftsfähig werden möchte. Wo das gelingt, organisiert sich das Unternehmen nach Ordnungskriterien, die in immer neuen Triangulationen den Raum zwischen den fünf nach innen und außen gerichteten System- und Leistungslogiken so aufspannen, dass das Unternehmen auf die Anforderungen der Umweltbedarfe reagieren kann. Fraktale Fraktale sind sich selbst wiederholende Strukturen. Sie falten sich nach innen und außen in immer kleinere Einheiten aus, wobei sie in dieser Entwicklung im immer größeren Maßstab das gleiche Muster wiederholen und das Gesamtgebilde wachsen lassen. Das Prinzip dieses Wachstums ist das Prinzip der selbstwirksamen Selbstähnlichkeit. Es ist das fraktale Prinzip der Natur. In der Geometrie finden wir solche fraktalen Strukturen in der Mandelbrotmenge, dem Sierpinski-Dreieck oder der Koch-Flocke, die einer idealen Schneeflocke gleicht. Und in der Natur bei Kristallen ebenso wie bei Farnen oder dem Blumenkohl. Selbst die Entwicklung von Ökosystemen folgt der fraktalen Entwicklungslogik. Sie wachsen, indem sie sich in immer kleinteiligeren Biotopen und Nischen ausdifferenzieren, wobei diese Ausdifferenzierung das Spiegelbild ist für das selbstwirksame Prinzip des Wachstums der Großökosysteme. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 34 26.02.21 11: 15 <?page no="34"?> 35 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Triangulation Triangulation ist ein Verfahren, bei dem auf einem Kontinuum zwischen zwei Polen ein spezifischer Wert oder eine konkrete Einheit durch ein Drittes in Spannung gehalten wird, was außerhalb des Kontinuums liegt und dafür sorgt, dass ein Raum bzw. ein Feld entsteht, in dem sich der Wert oder die Einheit entwickeln und bewegen kann. Das eingängigste Beispiel findet sich in der von Paul Helwig zum Wertequadrat erweiterten Aristotelischen Tugendlehre. Für Aristoteles ist die Tugend ein Mittleres zwischen seiner negativen und positiven Entartung (Mut ist das Mittlere zwischen Feigheit und Tollkühnheit). Allerdings, so Paul Helwig, kann diese Tugend nur dann voll entwickelt werden, wenn sie auf dem Kontinuum ihrer positiven oder negativen Entwertung in Balance gehalten wird. Hierzu benötigt sie einen Schwesterwert, der außerhalb des Kontinuums von Feigheit, Mut und Tollkühnheit liegt. Bei »Mut« wäre das zum Beispiel der Schwesterwert »Vorsicht‹, wobei sich beide, Mut und Vorsicht, wechselweise auspendeln. Denn auch der Schwesterwert »Vorsicht« benötigt den korrespondierenden Wert »Mut« (oder Entscheidungsfreude), damit die Vorsicht nicht in Übervorsicht, sprich Zögerlichkeit oder gar Handlungsunfähigkeit umschlägt (positive Entwertung der Vorsicht) oder in blindes Vertrauen abgleitet (negative Entwertung der Vorsicht). Herkunft Wirkung Verantwortung Raum Zeit Weltgegebenheiten Märkte Mit-, Um-, Nachwelt Das Grundfraktal der Unternehmung RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 35 26.02.21 11: 15 <?page no="35"?> 36 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Die Kernfraktale der Unternehmung Aus dem Lebensfraktal der Unternehmung leiten sich die operativen Kernfraktale ab, mit denen der Entwicklungsweg des Unternehmens geplant und gesteuert werden kann. Das erste Kernfraktal der Unternehmung fokussiert den Faktor Mensch und aktiviert im Unternehmen das Feld der Kooperation. Es ist das Fraktal der Leistungsbedingungen, wie es sich aus der Triangulation der im System nach innen hin wirkenden Systemlogiken der Kooperation, der Nutzenstiftung und des Ertrags ergibt, wenn sich diese nach außen hin in den Leistungslogiken der Wirkungen, der Verantwortungsübernahme und der Überlebenssicherung auskristallisieren. Die Formel für das dynamische Gleichgewichtssystem des Kernfraktals der Leistungsbedingungen lautet: »Kooperation + Nutzen = Ertrag + Überleben«, sprich kooperative Nutzenstiftungen sind die Voraussetzungen dafür, dass das Unternehmen die Erträge erwirtschaften kann, mit denen es sein eigenes Überleben abzusichern in der Lage ist. Das zweite Kernfraktal der Unternehmung fokussiert die Unternehmensprozesse unter dem Aspekt der Aktivierung von Verantwortung. Es ist das Fraktal der Leistungserstellung. Es entsteht aus der Triangulation der nach innen wirkenden Systemlogiken der Nutzenstiftung, des Ertrags und der Werte, wenn sich diese Systemlogiken nach außen hin auskristallisieren in den Leistungslogiken der Prozessgestaltung, der Wirkungen und der Verantwortungsübernahme. Die Formel für das dynamische Gleichgewichtssystem des Fraktals der Leistungserstellung lautet: »Werte + Erträge = Nutzen + Verantwortung«, sprich Werte und Erträge sind die Voraussetzungen für verantwortungsvolle Nutzenstiftungen, die das Unternehmen tragen. Das dritte Kernfraktal der Unternehmung ist das Fraktal der Leistungswirkungen. Es fokussiert die Ressourcenschöpfungsprozesse, die das Unternehmen zu gestalten hat, wenn es seine eigene Lebens- und Leistungsfähigkeit absichern möchte. Das Fraktal der Leistungswirkungen entsteht nach innen hin aus der Triangulation der Systemlogiken der Werte, der Nutzen- und der Sinnstiftung, welche sich nach außen hin auskristallisieren in den Leistungslogiken der Prozesse, der Wirkungen sowie der Ressourcenschöpfung. Die Formel für das dynamische Gleichgewichtssystem des Fraktals der Leistungswirkungen lautet: »Nutzen + Sinn = Werte + Wirkungen«, sprich tragfähige Nutzen- und Sinnversprechen sind die Voraussetzungen für Werte, die eine durchschlagende Wirkung entfalten. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 36 26.02.21 11: 15 <?page no="36"?> 37 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Im Zusammenwirken dieser drei Kernfraktale der Unternehmung wirken die nach innen im Nutzen- und Sinnversprechen gefassten normativen Werte des Leistungsversprechens als Parameter für die nach außen gerichteten operativen Leistungsprozesse, mit denen sich das Unternehmen aufrechterhalten kann. Wo sie greifen, sichern sie die Erträge ab, die das Unternehmen für sein eigenes Überleben benötigt. Fraktal der Leistungsbedingungen Fraktal der Leistungserstellung Fraktal der Leistungswirkungen Kernfraktale der Unternehmung institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System Ertrag operatives System Prozesse Wer te physisches System Überleben Kooperation RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 37 26.02.21 11: 15 <?page no="37"?> 38 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Zukunftsfaktor Kooperation Die Betrachtung der ineinandergreifenden Systemlogiken der Unternehmung führt nur dann zu Ergebnissen, die das Unternehmen langfristig tragen, wenn der fraktale Blick der Unternehmenssteuerung verbunden wird mit dem organischen Blick auf das Unternehmen als lebendes System. Möglich wird dies, wenn wir uns dem zentralen Medium und Mechanismus zuwenden, der das Unternehmen trägt: Kooperation. Analog zum Blutkreislauf und der Rolle des Blutes für die Aufrechterhaltung holobiontischer, lebender Systeme ist Kooperation das zentrale Elixier, ohne das kein Unternehmen existieren kann. Mit Blick auf dieses Lebenselement leiden die meisten Unternehmen an einer grassierenden Blutarmut und damit an einem vitalen Leistungsmangel. Deutlich wird das am Sozialkapital, das im Unternehmen wirkt. Es setzt sich zusammen aus der Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen, ihrem wechselweisen Vertrauen untereinander und in das Unternehmen sowie ihrem Willen, das eigene Wissen mit anderen zu teilen. Getragen wird dieses Sozialkapital durch die im Unternehmen wirkenden Werte. Wo die das Unternehmen tragenden Werte so ausgerichtet sind, dass sie eine offene Kommunikations- und Kooperationskultur stärken, führt dies zu gesteigerten Sozialkapitalrenditen und das zur gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit der Organisation. Wo dagegen die Dynamik der im Unternehmen wirkenden Kräfte und Werte so ausgerichtet ist, dass sie das Misstrauen und ein selbstbezogenes Vorteilsdenken beflügelt, führt dies zu Demotivationsrenten, die auf lange Sicht alle Leistungsfacetten der Unternehmung nachhaltig schwächen. Sozialkapitalrenditen und Demotivationsrenten Laut den jährlichen Erhebungen des Marktforschungsinstituts Gallup zur Loyalität und Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern, deren Ergebnisse für Deutschland seit Jahren nahezu konstant ausfallen, haben 16 % aller in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter innerlich gekündigt. Das sorgt für einen volkswirtschaftlichen Schaden, den Gallup für das Jahr 2019 mit rund 122 Milliarden € beziffert. Weitere 69 % aller Beschäftigten machen lediglich Dienst nach Vorschrift. Nur der verbleibende Rest von 15 % der Mitarbeiter setzt sich mit Herz, Hirn, und Hand loyal engagiert für sein Unternehmen ein. Und das ist der Durchschnitt! Bei vielen Unternehmen fällt diese Quote noch deutlich schlechter aus, da es auch solche gibt, die den Schnitt beträchtlich heben. In Zahlen gesprochen bedeutet der Gallup-Befund, dass von 100 € Personalaufwand 16 € komplett verloren sind. Weitere 69 € des eingesetzten Kapitals verzinsen sich nicht. Lediglich 15 € erwirtschaften eine Rendite. Allein die Umwandlung der innerlich Gekündigten zu Mitarbeitern, die Dienst Gesteuert wird dieser Faktor über die das Unternehmen tragenden Werte. Wo sie im Unternehmen nachhaltig verankert und gelebt werden, führen sie zu Sozialkapitalrenditen. Wo sie dagegen dysfunktionale Misstrauenskulturen befeuern, führen sie zur Demotivationsrente mangelnder Leistungsbereitschaft. nach Vorschrift leisten, würde dafür sorgen, dass das Unternehmen in allen seinen Leistungen und Prozessen beträchtlich leistungsfähiger werden könnte. Und das bei gleich bleibenden Kosten! RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 38 26.02.21 11: 15 <?page no="38"?> 39 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Der Umgang mit Komplexität ist die Achillesferse der Unternehmung. Anders als das Komplizierte, das vereinfacht werden kann und das, wo es vereinfacht wird, im Unternehmen Energien und Ressourcen freisetzt, lässt sich das Komplexe nicht reduzieren. Scheinbare Komplexionsreduktion setzt deshalb auch keine Kraftreserven frei. Im Gegenteil. Wo das Komplexe vereinfacht wird, steigt das unternehmerische Risiko. Denn in der Vereinfachung des Komplexen werden die einander beeinflussenden Kräfte und Faktoren nicht aufgehoben, sondern nur ausgeblendet. Damit aber wirken sie weiter, ohne dass man sie noch wahrnehmen und sachgerecht auf sie reagieren kann. Der unternehmerisch erfolgreiche Umgang mit Komplexität erfordert Kommunikations- und Kooperationsprozesse, die die Organisation nach innen und außen zu einem offenen System machen, das im Zusammenspiel seiner verschiedenen Elemente (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Marktbegleiter …), Prozesse (Abläufe, Verfahren, Innovationen …) und Strukturen (Abteilungen, Funktionen …) auch komplexe Veränderungen wahrnehmen und angemessen darauf reagieren kann. Das gelingt dort, wo sich das Unternehmen als lernende Organisation aufstellt. tiven. Dieser erhöht die Komplexität. Zur Bewältigung dieser Sachlage ist ein multidimensional offener Umgang mit Informationsträgern (Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und sonstigen Anspruchsgruppen und Partnern) erforderlich. Soll er gelingen, bedarf es gemeinsam getragener Werte wie Partnerschaft, Achtung, Offenheit, Fairness, Wahrhaftigkeit und Gegenseitigkeit, die einen vertrauensvollen Umgang miteinander ermöglichen. Wo das gelebte Kommunikations- und Kooperationsverhalten im Unternehmen von diesem Basiskanon eines humanen Miteinanders getragen wird (es ist das von Hans Küng begründete Weltethos), führt das zu Motivationsrenditen. Sie steigern das im Unternehmen wirkende Sozialkapital aus Loyalität, Vertrauen und geteiltem Wissen auf eine Weise, dass der zur Sicherung von Innovationspotenzialen benötigte Umgang mit Diversität so gesteuert werden kann, dass Konfliktpotenziale und Transaktionskosten gesenkt werden und eine lernende Organisation entsteht, die zugleich flexibel, wandlungsfähig, unverwechselbar und gesteigert leistungsfähig bleibt. Offene Systeme und lernende Organisationen Mit Blick auf die kontinuierlich wachsende Komplexität des Unternehmensumfeldes sind Gründer, Führungskräfte und Unternehmen genötigt, ihre Entscheidungen zunehmend in unübersichtlichen Situationen zu treffen. Um einen tragfähigen Entscheidungshorizont gewinnen zu können, benötigt es Input von Menschen mit anderen Perspek- Achillesferse Komplexität Der gelingende Umgang mit Komplexität erfordert auf allen Ebenen der Unternehmung ein Prozessdenken, bei dem „Diversität“ sowie „Offenheit für das Neue“ die Leitkriterien für die Organisationsentwicklung sind. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 39 26.02.21 11: 15 <?page no="39"?> 40 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Ertrag und Erfolg sind eine Funktion von Nutzenstiftungen, die sich nicht mit ökonomischen Ertragskennzahlen messen und steuern lassen. Die Entwicklung solcher Nutzenstiftungen erfordert ein Steuerungssystem, das Abschied nimmt von selbstbezogenen Zwecken und ertragsfixierten Leistungszielen. Achillesferse Steuerung Anders als lebende Systeme, die sich selbst regulieren, können sich Unternehmen nicht selbst steuern. Weder verfügen sie, wie wir Menschen, über ein Eigenbewusstsein, noch über eine dem Unternehmen fest eingeschriebene Werte-DNA, die den Aktionsradius der Organisation verbindlich absteckt. Für die Steuerung der Unternehmung folgen daraus drei Dilemmata der Unternehmenswerte: 1. Das Dilemma der Selbstbezüglichkeit von Werten: Welche Werte sollen im Unternehmen leitend sein? Wer entscheidet darüber und wie wird darüber entschieden? 2. Das Dilemma der Dominanz von Akteuren in sozialen Systemen: Welche Menschen erhalten die legitime Kraft, das Unternehmen und seine Werte zu prägen? Wer entscheidet darüber und wie wird darüber entschieden? 3. Das Dilemma der systemischen Blindheit: Wie wird das Problem der Blindheit von Unternehmen gegenüber ihren im Unternehmen gelebten Werten gelöst? Wie kann gewährleistet werden, dass die angestrebten Unternehmenswerte langfristig im Unternehmen verankert bleiben und die Organisation nicht durch Freibeuterwerte auf negative Weise verändert wird? Aus diesen Dilemmata entsteht die zentrale Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen: Wie und nach welchen Kriterien sollen sie gesteuert werden? Die Antwort hierzu lautet bündig: Will ein Unternehmen ernsthaft zukunftsfähig werden, muss es sich in seinen Zielen und Prozessen an den universellen Erfolgsprinzipien der Natur ausrichten. Das aber heißt, Abschied zu nehmen von selbstbezogenen Zwecken und Leistungszielen. Denn als lebendes System kann das Unternehmen nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn es einen Beitrag zu den Sub- und Umgebungssystemen leistet, aus denen heraus es lebt. Für die Steuerung der Unternehmung bedeutet dies zu begreifen, dass Ertrag und Erfolg RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 40 26.02.21 11: 15 <?page no="40"?> 41 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle eine Funktion von Nutzenstiftungen sind, die sich nicht mit ökonomischen Ertragskennzahlen messen lassen. Will das Unternehmen zukunftsfähig werden, benötigt es folglich ein Mess- und Steuerungssystem, das die Ökosystemleistungen sowie die Nutzen-, Ressourcen- und Mehrwertschöpfungseffekte bemisst, mit denen das Unternehmen seine Erträge erwirtschaftet. Freibeuterwerte Das Paradebeispiel für die freibeuterhafte Kaperung der Werte-DNA eines Unternehmens ist die Deutsche Bank. Lange Zeit galten die Herren in Blau als Leuchttürme für ehrbares Kaufmannstum. Im Rahmen der Liberalisierung der Finanzmärkte seit den 1980er-Jahren änderte die Bank ihr Verantwortungsverständnis auf eine Weise, die dazu führte, dass die Deutsche Bank unter den Vorstandsvorsitzenden und Sprechern des Vorstands Hilmar Kopper, Josef Ackermann und Anshu Jain in nur 20 Jahren zum börsennotierten Leuchtturm organisierter Kriminalität mutierte. Wie John Cryan auf der Hauptversammlung 2016 berichtete, war die Deutsche Bank zu diesem Zeitpunkt in rund 7.800 Strafverfahren verwickelt. Schon im Jahr zuvor zitierte Tim Kanning von der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im Artikel »Die Deutsche Bank wird zur Rechtsabteilung« aus der Hauptversammlung von 2015 den Sachstand, dass von damals um die 7.000 Verfahren noch 6.000 anhängig seien und die Bank unter Jürgen Fitschen und Anshu Jain für die schon abgeschlossenen Verfahren schon fast 9 Milliarden Euro gezahlt habe. Legt man rein rechnerisch die Anzahl der Verfahren auf die Mitarbeiter des Konzerns um und legt dabei großzügig den Höchststand von 98.311 Mitarbeitern zugrunde, die im Jahr 2000 im Gesamtkonzern tätig waren, produzierte so etwas mehr als jeder Zwölfte ein gerichtsanhängiges Strafverfahren. Angesichts der reinen Zahlen handelte es sich hierbei also nicht um Ausnahmen und einzelne persönliche Verfehlungen, sondern um eine in der Werte-DNA der Bank verankerte Handlungslogik, die die Bank zum Ort organisierter Kriminalität verkommen ließ. Treffend schreibt Nadine Oberhuber hierzu in ihrem Beitrag »Kulturwandel mit Krawall«, der am 22. Mai 2014 in „Zeit-Online“ erschien: »2013 zahlte die Deutsche Bank dreimal so hohe Boni wie sie an Gewinn nach Steuern einfuhr. Die Investmentbanker ›plündern den Konzern‹, kritisieren Marktbeobachter inzwischen. Daran wird sich vermutlich wenig ändern, auch wenn Fitschen ankündigt, dass auch etliche Mitarbeiter künftig mehr Festgehalt und weniger Boni beziehen sollen. Das Ziel der Bank sei: ›Diejenigen zu belohnen, die unsere Überzeugungen umsetzen.‹« Es waren dies die Überzeugungen, dass Betrug sich lohnt. Als Nadine Oberhuber ihren Artikel verfasste, waren erst 1.000 von den später rund 7.800 aktenkundigen Verfahren gegen die Bank anhängig. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 41 26.02.21 11: 15 <?page no="41"?> 42 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Achillesferse Wachstum Die im 17. und 18. Jahrhundert einsetzende Entwicklung des modernen ökonomischen Denkens fällt in eine Zeit, in der auch die Naturwissenschaften und die Aufklärung ihren Aufschwung nahmen. Dabei teilen alle drei geistigen Errungenschaften die gleiche Basis, nämlich die Überzeugung, dass der Fortschritt für jene, die ihn beflügeln, Vorteile bereitet. Im Glauben, dass der Fortschritt die Quelle des Erfolgs sei, bündeln sich die zentralen Begriffe, mit denen wir bis heute die Welt interpretieren: Wettbewerb, Knappheit, Fortschritt, Wachstum. Im naturwissenschaftlichen Denken prägen sie unser Verständnis vom Erkenntnisfortschritt und im aufgeklärt rationalen Denken unsere Vision, dass der Wettbewerb der Ideen die Freiheit der Menschen beflügelt. Im ökonomischen Denken begründen diese Begriffe schließlich unsere Vorstellungen vom Ertrag: Erträge entstehen aus dem erfolgreichen Wettbewerb beim Einsatz knapper Güter (Organisationsperspektive), die dazu verwendet werden, um im Markt und bei Kunden Bedarfsprobleme zu beheben (Markt- und Kundenperspektive). Wo das gelingt, entstehen nicht nur Erträge, sondern mit ihnen auch gesellschaftlicher Wohlstand. Das aber ist möglicherweise ein Fehlschluss. Denn das reine Ertragsdenken führt in die im ersten Kapitel skizzierten Raubbauspiralen, an denen wir heute leiden. Beharren wir in unseren Vorstellungen des Wettbewerbs, der Knappheit, des Wachstums und von Erträgen auf einem »weiter so wie bisher«, kann das heutige Wohlstandsversprechen möglicherweise schon sehr kurzfristig in sein Gegenteil umschlagen. Auch das Wesen der Natur lesen wir im Licht unserer menschgemachten Vorstellungen von Wettbewerb, Knappheit, Fortschritt und Wachstum. Wir berufen uns dabei auf Charles Darwin und das Prinzip des »Survival of the fittest«, neudeutsch gesprochen auf den Grundsatz, dass nur die Kämpfer den Sieg davontragen. Aber dieser Grundsatz ist falsch! Denn die Natur ist nicht immer und nicht nur ein ewiger Kampf aller gegen alle, den nur die gewinnen, die möglichst viele der knappen Ressourcen auf sich alleine vereinen. Vielmehr organisieren sich natürliche Austauschsysteme und die Welt des Lebendigen am zentralen Wirkungsgesetz der Natur: dem Gesetz der symbiotischen Überfluss- und Ressourcenschöpfung. Es ist verantwortlich für den Sachverhalt, dass die Natur, wo sie sich frei entfalten kann, kontinuierlich wächst, indem sie sich zum Wohl ihrer einzelnen Elemente (Arten) und des Systems als Ganzem in immer neuen und kleinteiligeren Facetten weiterentwickelt und ausdifferenziert. Das universelle Erfolgsprinzip der Natur ist das Prinzip symbiotischer Überfluss- und Ressourcenschöpfungen. Wollen Unternehmen dieses Erfolgsprinzip für sich nutzen, müssen sie sich von den Mythen befreien, in deren Licht wir die Natur und das Marktgeschehen betrachten. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 42 26.02.21 11: 15 <?page no="42"?> 43 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Wenn wir die Biomasse und Artenvielfalt betrachten, die das System des Lebendigen innerhalb der letzten 3,5 Milliarden Jahre hervorgebracht hat, sticht ein scheinbares Paradox ins Auge: 99 % aller Arten, die sich im Verlauf der letzten 3,5 Milliarden Jahre entwickelt haben, sind ausgestorben, und das ganz ohne unser Zutun. Zugleich ist im selben Zeitraum das Reich des Lebendigen sowohl in der Breite der Artenvielfalt als auch in der Tiefe des Ressourcengrundstocks (Biomasse und organisch verwertbare Lebensbausteine) kontinuierlich gewachsen. Dabei hat sich das Gesamtsystem des Lebendigen in immer vielfältigere, kleinräumigere, regional entkoppelte Nischen, Biotope und Sonderexistenzen ausdifferenziert. Am scheinbar paradoxen Wachstumsgeschehen der Natur können die Grundprinzipien abgelesen werden, nach denen sich das System des Lebendigen ausrichtet: Das Prinzip der Natur orientiert sich nicht an Kriterien der Knappheit und der schonenden Ressourcennutzung, sondern an der verschwenderischen Schöpfung von Überfluss, - Überfluss verstanden als ein ganzheitlicher Rückkopplungsprozess, bei dem in intakten Ökosystemen auf allen Ebenen des Systems und seiner Subsysteme Mehrwerte sowie neue und zusätzliche Ressourcen geschaffen werden, die dem System zufließen und es qualitativ und quantitativ wachsen lassen. den Systeme auf der Erde. Wo er intakt ist, führt er zum Wachstum von Lebensressourcen, die sich in immer kleinräumigeren Subsystemen des Lebendigen weiter ausdifferenzieren und anreichern. Ressourcenwachstum Das bedeutsamste Beispiel für den Prozess der Anreicherung der Natur mit Ressourcen und Lebensbausteinen ist die Ausbildung von Sauerstoff durch zunächst anaerobe, später auch aerobe Bakterien und Mikroorganismen (Plankton) sowie noch später dann durch die vielfältigsten Formen von wasser- und landgestützten Organismen (Algen und Pflanzen). Sie hat vor rund 3,5 Milliarden Jahren begonnen und war die Grundvoraussetzung, dass sich auf der Erde überhaupt höheres Leben hat entwickeln können. Auch heute noch ist dieser Prozess der Photosynthese der wichtigste energetische und stoffliche Beitrag zur Stabilisierung der leben- Mythos Nachhaltigkeit Die Natur ist ein Prozess der verschwenderischen Überschussproduktion, bei dem in jedem ihrer Zyklen mehr und neue Ressourcen geschöpft werden, als im Zyklus genutzt oder verbraucht worden sind. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 43 26.02.21 11: 15 <?page no="43"?> 44 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Mythos Wettbewerb Nicht Wettbewerb, sondern Symbiose ist die treibende Kraft der Natur. Egal, wohin wir schauen, ob in unseren Körper, in marine Riffsysteme oder in das Pflanzensystem von Wäldern, es ist das Zusammenspiel von Organismen und Arten unterschiedlichster Gattungen und Formen, die einen einzelnen Organismus und eine einzelne Art überlebensfähig machen. Dabei wiederholt sich das holobiontische Prinzip der organischen Symbiose im einzelnen Organismus auf der Ebene von Biotopen und Ökosystemen. Ihre Elemente (einzelne Lebewesen) und das System als Ganzes können nur dann bestehen, wenn sie sich im Austausch mit anderen symbiotischen Systemen zu einem Gesamtsystem zusammenschließen, das für alle Subsysteme Mehrwerte schafft. Nicht (nur) der Wettbewerb um knappe Ressourcen ist somit das grundlegende Organisationsprinzip der Natur, sondern die Organisation symbiotischer Mehrwertkreisläufe. Wollen sich einzelne Elemente in diesem System selbst erhalten, müssen sie mit anderen Elementen des Systems so zusammenwirken, dass auch das Gegenüber und das Gesamtsystem gestärkt werden. Das gilt nicht nur individuell für jedes einzelne Lebewesen, sei es ein Wolf, ein Hase, eine Biene, ein Mensch oder eben auch ein Unternehmen, sondern ebenso für komplette Ökosysteme. Auch sie werden getragen vom symbiotischen Austausch zwischen verschiedenen Biotopen und Ökosystemen mit höchst unterschiedlichen Arten, die ihr individuelles Leben und das Überleben der eigenen Art nur dadurch absichern, dass sie sich für andere und das Gesamtsystem als unverzichtbar nützlich erweisen. Anreizsysteme Falsche Anreize im Wettbewerb um die, so Richard Dawkins, »besten Gene« führt zum Exodus der Art. Deutlich wird dies an der Population der Riesenhirsche (Megaloceros Giganteus). Vor rund 400.000 Jahren hat sie sich herausgebildet und starb vor rund 11.000 Jahren aus. Wollten sich einzelne Hirsche fortpflanzen, war es für sie geboten, ein zumindest größeres Geweih als ihre Konkurrenten zu schieben. Über lange Symbiosen Symbiosen in der Natur sind Kooperationen zwischen Ungleichen. Ein treffendes Beispiel sind Waldökosysteme und dort das vielfach verschlungene Mykorrhiza-Pilz-Pflanzenwurzelgeflecht zwischen einzelnen Pflanzen und Pilzen. In diesem System verbinden sich auf der ersten Ebene einzelne Mykorrhiza-Pilzarten mit den Wurzeln einzelner Baum- und Pflanzenarten, um wechselweise durch Nährstoff- und Wasserversorgung voneinander zu profitieren. Auf einer zweiten Ebene werden über die Vernetzung der verschiedenen Mykorrhiza-Pilz-Pflanzenwurzelgeflechte Spurenelemente und Nährstoffe auch zwischen verschiedenen Pflanzenarten ausgetauscht. Dabei unterstützen gesunde Pflanzen geschwächte Pflanzen auch anderer Arten, damit das Gesamtsystem intakt bleibt und so alle stärkt. Das Organisationsgesetz der Natur folgt dem Prinzip symbiotischer Mehrwertkreisläufe. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 44 26.02.21 11: 15 <?page no="44"?> 45 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Aussterben oder überleben ist weniger eine Frage von Anpassung und Fitness als vielmehr eine Frage der Anreizsysteme und Systembeiträge. Deutlich wird dies, wenn wir die Gründe betrachten, weshalb 99 % aller Arten im Verlauf der letzten 3,5 Milliarden Jahre ausgestorben sind. Ursächlich hierfür waren einerseits exogene, also äußere Sachverhalte, wie etwa beim fünften großen Massensterben ein Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren vor der Halbinsel Yucatan in Mexiko. In dessen Folge gingen insgesamt rund 75 % aller damals lebenden Arten zugrunde. Relevanter als exogene sind zwei endogene, d. h. in der Art selbst liegende Gründe, dass eine Art aus dem Leben ausscheidet. Der erste sind falsche Anreizsysteme im Wettkampf um die »besten Gene«. Bedeutsamer ist jedoch der zweite Grund: Schöpfen die Individuen einer einzelnen Art keinen Mehrwert für ihre Umgebungssysteme, wird die Art im evolutionären Prozess über kurz oder lang von der Natur ausgesondert. Betreiben sie Raubbau an den Systemressourcen, wie etwa Algen bei einer Algenblüte, kann aufgrund solch eines Ereignisses sogar das ganze Ökosystem kollabieren. Mythos »Survival of the fittest« sterben alle auf Sauerstoff und Sauerstoffzufuhr angewiesenen Lebewesen und auch die Algen selbst ab. Sie sinken zu Boden, wo sie verwesen und toxische Stoffe freisetzen. In der Folge entsteht eine »Todeszone«, die erst dann wieder von neuem Leben besetzt werden kann, wenn sich Bakterien und Organismen ansiedeln, die dafür sorgen, dass die toxischen Stoffe abgebaut werden und neuer Sauerstoff produziert und in das System eingetragen wird. Jahrtausende war dieses Anreizsystem für das Fortkommen der Art scheinbar erfolgreich. Es führte jedoch dazu, dass am Ende fast alle ein Geweih mit sich herumtrugen, das sich negativ auf die Art als Ganzes auswirkte. Denn aufgrund der schieren Größe ihrer wahrlich beeindruckenden Geweihe waren die Hirsche wohl nicht mehr genügend fluchtfähig und mussten in kurzer Zeit kollektiv die Arena des Lebendigen verlassen. Algenblüte Aufgrund eines überreichen Nährstoffeintrags kommt es bei starker Sonneneinstrahlung in manchen Gewässern zu einer schlagartigen Vermehrung der Algen an der Wasseroberfläche. Hierdurch wird dem Wasser der Sauerstoff entzogen, da die Algen für ihr Wachstum viel Sauerstoff benötigen und zugleich den Lichteinfall ins Wasser hemmen, so dass die Photosynthese bei den anderen Wasserpflanzen eingeschränkt wird. Kollabiert dann der Sauerstoffkreislauf des Gewässers, Aussterben oder überleben ist weniger eine Frage von Fitness und Anpassung als vielmehr eine Frage der richtigen Anreizsysteme. Falsche Anreize, Raubbau, egozentrierte Vorteilsnahme sowie mangelnde Produktion von Systemressourcen, die das Gesamtsystem anreichern und wachsen lassen, sind die Gründe für das Scheitern einer Art in der Natur RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 45 26.02.21 11: 15 <?page no="45"?> 46 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Nützlich sein In Ökosystemen sind auf längere Sicht gesehen nur jene Subsysteme überlebensfähig, die einen Mehrwert für das Gesamtsystem stiften, der über den Eigennutzen hinausgeht, den das Subsystem für sich aus den Umgebungssystemen zieht. Das ist das erste Systemgesetz der belebten Natur. An der ökologischen Nutzenbilanz von Bienen und anderen Bestäubern kann dieses Mehrwertgesetz der belebten Natur veranschaulicht werden. Der Nutzen, den Pollinatoren für ihre Umgebungssysteme stiften, ist weitaus größer als das, was sie an Pollen und Nektar aus den von ihnen bestäubten Blüten für sich und die Aufzucht ihrer Brut gewinnen. Und dieses Mehrwertprinzip der Bienen erklärt, weshalb die Natur kontinuierlich gewachsen ist, obwohl 99 % aller Arten, die je gelebt haben, ausgestorben sind: Die Natur ist ein hochdynamischer Verschwendungsprozess, bei dem nur die Arten überleben, die für das Gesamtsystem einen Nutzen und Mehrwert stiften, der größer ist als das, was sie für sich aus dem System ziehen. Aus dem Naturgesetz der ressourcenschöpfenden Mehrwertstiftung leitet sich das zweite Systemgesetz der belebten Natur ab. Es ist das Wachstumsgesetz der ressourcenschöpfenden Differenzierung und lautet: Mehrwertkreisläufe sind Austauschkreisläufe, bei denen der Ressourcengrundstock im Einklang mit den grundlegenden Organisationsprinzipien der Natur sich kontinuierlich ausdifferenziert und wächst. Der Mehrwert des Honigs Der vielfach zitierte und als „fake-quote“ Albert Einstein zugeschriebene Satz »Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben« mag weit übertrieben sein. Jedoch haben Forscher um den in Harvard lehrenden Wissenschaftler Samuel Myers herausgearbeitet, dass Pollinatoren wie Bienen und Hummeln einen unverzichtbaren Beitrag für die globale Agrarwirtschaft leisten, der sich auf 35 % der globalen Lebensmittelproduktion aufsummiert. Zusätzlich sind sie unmittelbar und direkt verantwortlich für die Versorgung von 40 % des Weltbedarfs an ausgewählten Mikronährstoffen wie beispielsweise das Vitamin A. Intrapoliert vom Beitrag des Honigs zur menschlichen Ernährung kann angenommen werden, dass der Beitrag der Bienen für die Ökosysteme, in denen sie bestäubend tätig sind, wohl ähnlich bedeutsam ausfällt. Würden die Bienen global und in kurzer Zeit aussterben, hätte das nicht nur gravierende Folgen für die menschliche Ernährung, sondern auch für die Welt des Lebendigen, da die Fortpflanzungsdynamik der Pflanzenbasis drastisch eingeschränkt würde. Die Natur ist ein hochdynamischer Verschwendungsprozess, bei dem nur die Arten überleben, die für das Gesamtsystem einen Nutzen und Mehrwert stiften, der größer ist als das, was sie aus dem System für sich herausziehen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 46 26.02.21 11: 15 <?page no="46"?> 47 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Mythos Skalierbarkeit, Dominanz, Größe Die Natur operiert nicht nach Gesichtspunkten von Wachstumszwang, Skalierbarkeit und Größe, sondern ausschließlich nach dem Kriterium der systemischen Nutzenstiftung, die die einzelnen Elemente im System für das System als Ganzes leisten. Eine Feldmaus muss nicht zum Hasen mutieren, um überlebensfähig zu bleiben. Es genügt, dass sie bleibt, was sie ist, vorausgesetzt, sie verhält sich gemäß den Erfolgsprinzipien der Natur. Solange sie einen Nutzen stiftet, der an das System gebunden bleibt, und dabei die eigene Art wie auch das gesamte System stärkt anstatt zu schwächen, bleibt sie bestehen; - zumindest so lang, so lange sie im innerartlichen Wettbewerb um die besten Gene nicht falschen Anreizmustern folgt, die die Art verschwinden lässt, so lange sie im zwischenartlichen Wettbewerb flucht- und anpassungsfähig bleibt und so lange der Welt nicht erneut »der Himmel auf den Kopf fällt«, so wie damals der lebenden Welt vor 66 Millionen Jahren beim Meteoriteneinschlag auf der Halbinsel Yucatan. handenen Artenvielfalt (Anzahl der im System lebenden Arten) wachsen lässt. Die Beispiele für diesen Mechanismus finden wir in landgestützten Waldökosystemen sowie in maritimen Riffökosystemen: Betrachten wir das Meer als Fläche, werden lediglich 0,1 Prozent der Meeresbodenfläche von Riffen belegt. Dabei sind sie die wahren Hotspots des Lebens im Meer. Denn zumindest temporär sind diese Riffe die Heimstatt für rund 25 % aller Arten, die das Meer bewohnen. Der Reichtum der Riffe entstand, weil sich diese Ökosysteme über einen sehr langen Zeitraum in immer weitere Nischen und Kleinstnischen ausdifferenzierten. Je vielfältiger, kleinteiliger und regional entkoppelter ein Ökosystem ist, desto schneller und besser kann es im Rahmen der im System und seinen Arten vorgegebenen Spielräume auf Veränderungen reagieren. Schnell reagieren können ökologische Systeme also nur dort, wo sie die dazu benötigte Vielfalt und Mächtigkeit (Ressourcenbasis) entwickeln, die es ihnen ermöglicht, sich anpassen und verändern zu können. Skaleneffekte Das Skalenprinzip der Natur folgt nicht den menschgemachten Ideen der Skalierbarkeit, Dominanz und Größe, welche in der Vision des exklusiven Monopols ihr Ideal finden, sondern richtet sich nach dem Naturgesetz der Mächtigkeit: Die stabilsten Ökosysteme sind nicht jene, in denen eine Art alle anderen dominiert und verdrängt oder in der ein System sich über alle anderen Systeme erhebt. Vielmehr sind es jene Systeme, in denen sich die Vielfalt des Systems anhand der Erfolgsprinzipien der Natur in immer kleinteiligere Nischen ausdifferenziert und dabei einen Überflusskreislauf aktiviert, der das System sowohl in der zur Verfügung stehenden Biomasse als auch in der Mächtigkeit der vor- RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 47 26.02.21 11: 15 <?page no="47"?> 48 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Die universellen Erfolgsprinzipien der Natur Aus dem Sachverhalt, dass sich die Natur nach Gesichtspunkten der Mehrwert- und Ressourcenschöpfung organisiert, leiten sich die universellen Erfolgsprinzipien des Lebendigen ab. Sie lauten: Betrachten wir einen Pfau im Amazonasbecken: Kein Oberaffe aus der Waldkrone schreibt ihm vor, wie lang sein Federschweif zu sein hat oder nach welchen Regeln der Kunst er sein Rad schlagen soll. Solange der Vogel seine »Pfauin« bezirzen kann, dabei vor Feinden fluchtfähig bleibt und darüberhinaus für seine Umgebungssysteme einen symbiotischen Nutzen und Mehrwert stiftet, anstatt Raubbau zu betreiben, wird er dort weiter leben können. Und damit erschließen sich die weiteren Erfolgsprinzipien der Natur: Die Natur organisiert sich weniger anhand der Kategorien von Wettbewerb und schonender Ressourcennutzung als vielmehr anhand der Kategorien: Symbiose, verschwenderische Überflussproduktion, ressourcenschöpfende Kooperation. Wollen Unternehmen die Erfolgsprinzipien des Lebendigen für sich nutzen, sind sie angehalten, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die in Prozesse einer symbiotischen Überflussproduktion münden, bei der alle, die an der Leistungserstellung beteiligt sind, einen Mehrwert stiften, der die Basis der eigenen Existenz absichern hilft, indem er dem System als Ganzem zufließt und es in immer kleinteiligeren Subsystemen wachsen lässt. Freiheit, Kleinteiligkeit, Vielfalt, Regionalität, Mehrwertstiftung. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 48 26.02.21 11: 15 <?page no="48"?> 49 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Wollen Unternehmen mit ganzheitlichen Nutzenstiftungen die Ressourcenbasis ihrer Geschäftstätigkeit stärken, müssen sie ihre Strategien der selbstbezogenen Vorteilsnahme vom Kopf auf die Füße stellen. Primär- und Sekundärnutzenstiftung Zur Aktivierung der Erfolgsprinzipien des Lebendigen im Unternehmen sind die fünf System- und Leistungslogiken der Unternehmung so aufeinander abzustimmen, dass der selbstbezogene Blick auf die eigene Organisation und die eigenen Erträge nach außen auf das zentrale Nutzenversprechen sowie die Wirkungen und Systemleistungen gerichtet wird, die das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen in der Welt stiften möchte. Zwei Nutzendimensionen sind dabei zu unterscheiden: Der Primärnutzen als Kern des Leistungsversprechens. Wo er trägt und das Leistungsversprechen von der Organisation zu marktfähigen Konditionen angeboten wird, ist er die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftsmodells. Über den Primärnutzen hinaus müssen anhand einer Sekundärnutzenanalyse die Wirkungen betrachtet werden, die das Unternehmen mit seinen Primärnutzenstiftungen in der Welt hervorruft. Lebt die Primärnutzenstiftung von Raubbaueffekten und Externalisierungen, die die Umgebungssysteme schwächen, ist die Sekundärnutzenbilanz negativ. Wird die Primärnutzenstiftung dagegen von positiven Sekundärnutzeneffekten begleitet, ist sie positiv. Aus Sicht der Systemlogik lebender Systeme gesehen ist der Prozess der unternehmerischen Sekundärnutzenstiftung das Pendant zum symbiotischen Prozess der ökologischen Produktion von Systemleistungsüberschüssen, nach denen die Natur ihre Ressourcen- und Mehrwertstiftungsprozesse organisiert. Denn mit der Sekundärnutzenstiftung reichert ein Unternehmen die gesamtsystemische Ressourcenbasis seiner Umgebungssysteme an, von der auch es selbst lebt. Wollen Unternehmen mit ganzheitlichen Primär- und Sekundärnutzenstiftungen dazu beitragen, dass sie die Ressourcenbasis ihrer Geschäftstätigkeit stärken, müssen die heute gängigen Strategeme der egozentrierten Vorteilsnahme vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Das gelingt, wenn sich die Unternehmung und das Geschäftsmodell anhand der ethikologischen Paradigmen zukunftsfähigen Wirtschaftens ausrichten. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 49 26.02.21 11: 15 <?page no="49"?> 50 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Systemleistungsüberschüsse Systemleistungsüberschüsse entstehen, wo mit der unternehmerischen Primärnutzenstiftung zusätzliche Sekundärnutzen erwirkt werden, die den Umgebungssystemen der Mit, Um- und Nachwelt zufließen. Die systemisch auf der Ebene der Mit,- Um-, und Nachwelt angesiedelten Sekundärnutzeneffekte errechnen sich aus Beiträgen, die über die unmittelbar produktbezogenen Leistungseffekte eines Produktes oder Geschäftsmodells hinausgehen. Diese Beiträge orientieren sich an drei Vektoren: dem Teilhabepotenzial, dem Befähigungspotenzial sowie dem Ressourcenschöpfungspotenzial, die mit einem Produkt oder Geschäftsmodell verknüpft sind. Der Terminus „Teilhabepotenzial“ bezieht sich auf die ökonomische Betrachtung, wie viele Akteure (Menschen) aktiv in den Wertschöpfungsprozess der Primärnutzenstiftung eingebunden sind und durch ihren eigenen Beitrag persönlich davon profitieren. Die Kernfrage nach dem Teilhabepotenzial lautet: Fördert das Geschäftsmodell, das Produkt oder die Dienstleistung auf den Ebenen der Mit-, Um- und Nachwelt Teilhabe und Vielfalt oder Konzentration? Der Terminus „Befähigungspotenzial“ bezieht sich auf die Betrachtung, ob und auf welche Weise die an der Primärnutzenstiftung beteiligten Akteure (Leistungsersteller wie beispielsweise Produzenten, Lieferanten und Mittler sowie Leistungsadressaten und Konsumenten) in ihrer eigenen Existenz dazu befähigt werden, an dieser oder anderen Primärnutzenstiftungen teilzuhaben. Die Kernfrage nach dem Befähigungspotenzial lautet: Fördert das Geschäftsmodell, das Produkt oder die Dienstleistung auf den Ebenen der Mit-, Um- und Nachwelt menschliche Fähigkeiten, Potenziale und Ressourcen oder nicht? Der Terminus „Ressourcenschöpfungspotenzial“ bezieht sich auf die Betrachtung, ob und auf welche Weise ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Geschäftsmodell auf der Ebene der ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen und natürlichen Umgebungssysteme Mehrwerte und Ressourcen schöpft. Die Kernfrage nach dem Ressourcenschöpfungspotenzial lautet: Schöpft das Geschäftsmodell, das Produkt oder die Dienstleistung auf der Ebene der natürlichen und gesellschaftlichen Systeme der Um-, Mit- und Nachwelt neue und zusätzliche Ressourcen oder wirtschaftet es lediglich ressourcenneutral oder schlimmstenfalls ressourcenvernichtend? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 50 26.02.21 11: 15 <?page no="50"?> 51 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle in der Region Sundarbans ausgebildet, 21.000 Mangrovenbäume zu pflanzen, um der Landerosion in den dem Mangrovenwaldsaum nachgelagerten Schwemmgebieten entgegenzuwirken. Auf den so gesicherten Flächen betreiben die Frauen eine nachhaltige Imkereiwirtschaft und den Anbau von Fruchtbäumen, wobei sie mit den in selbstständiger Arbeit gewonnenen Früchten und Honigprodukten (Honig, Wachs, Propolis) für sich und ihre Familien ein auskömmliches Einkommen erwirtschaften. Dabei leistet das sich ökonomisch selbst tragende Geschäftsmodell auch auf der Ebene der Mit-, Um- und Nachwelt positive Zusatzeffekte. Denn nicht nur konnten sich die Frauen nach ihrer Befähigung im Waldbau und der Imkereiwirtschaft selbstständig aus ihrer wirtschaftlich prekären Lage befreien, sondern sie stärkten mit ihrer Arbeit auch die lokalen Ökosysteme und leisteten dabei zusätzlich einen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erderwärmung. Denn Mangrovenwälder können bis zu fünffach mehr CO 2 speichern als intakte Regenwälder. Ethikologische Geschäftsmodelle Die Wortneuschöpfung „Ethikologie“ leitet sich aus der Verknüpfung der Worte „Ethik“ und „Ökologie“ ab. Ethikologische Geschäftsmodelle verknüpfen das ethisch-moralische Konzept eines humanen Wirtschaftens, das sich mit Menschen in den Dienst von Menschen stellt, mit den ökologischen Prinzipien der Ressourcenschöpfung. Ein Beispiel für solch ein zukunftsfähiges ethikologisches Geschäftsmodell ist das Projekt »300 x 110«, das von der in Nürtingen ansässigen Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft SOCEO entwickelt worden ist. Im Rahmen des auf drei Jahre angelegten Projektes wurden 300 sozial benachteiligte Inderinnen ökonomische Wirkung ökologische Wirkung soziale Wirkung Teilhabe Ressourcenschöpfung Befähigung Vektoren ethikologischer Geschäftsmodelle RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 51 26.02.21 11: 15 <?page no="51"?> 52 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der wertschöpfenden Vielfalt Ethikologische Geschäftsmodelle ersetzen die ökonomischen Konzepte von Knappheit, Wettbewerb und Wachstum durch eine Geschäftslogik, die sich an den Systemgesetzen des Lebendigen orientiert. In Anlehnung an die Wachstumsprozesse der Natur bieten sie Produkte und Dienstleistungen an, die auf die Verantwortungsmärkte von morgen einzahlen: Sie setzen Anreicherungs- und Befähigungsprozesse in Gang, die zu substanziellen Mehrwertstiftungen führen, welche das Gesamtsystem ressourcenschöpfend wachsen lassen. Die Leitfrage des Paradigmas der wertschöpfenden Vielfalt lautet: Mit welchen Verfahren und Maßnahmen kann mein Unternehmen wie, wo und für wen Prozesse in Gang setzen, die wertschöpfende Vielfalt fördern und sichern? lisierung, gekoppelt mit einem an natürlichen Stoffkreisläufen orientierten Ressourcenmanagement, das auf konsequente Mehrwertschöpfung setzt, die auch dem System und Dritten zugutekommt. Ressourcenschöpfung in Commodity-Märkten Das in Nürnberg als Gruppe ansässige Unternehmen Wiegel Feuerverzinken ist mit gut 200 Milllionen Euro Jahresumsatz einer der europäischen Marktführer in der Feuerverzinkung von Eisenteilen. Seine Marktführerschaft erwirkte Wiegel durch eine konsequent gelebte Strategie der Dezentra- Die Dezentralisierungsstrategie verfolgt das Ziel, Kunden mit kurzen Wegen und individuell zugeschnittenen Liefer- und Reaktionszeiten zu bedienen. Hierzu hat Wiegel im europäischen Raum zwischenzeitlich rund 30 Standorte mit jeweils 50 bis 90 Mitarbeitern aufgebaut, die als eigenständige Gesellschaften nahe beim Kunden angesiedelt sind. Mit welchen Verfahren und Maßnahmen kann mein Unternehmen wie, wo und für wen Prozesse in Gang setzen, die wertschöpfende Vielfalt fördern und sichern? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 52 26.02.21 11: 15 <?page no="52"?> 53 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma substanzieller Mehrwertstiftungen Ethikologische Geschäftsmodelle setzen dem blinden Streben nach Differenzierung ein entschiedenes »Be valuable or die! « - »Sei wertehaltig oder stirb! «, entgegen. »Wertehaltig sein« bedeutet in dieser Sichtweise, dass das Unternehmen mit seinen Produkten und Dienstleistungen einen Nutzen stiftet, der mehr umfasst als selbstbezogene Ertragsziele. Wo das der Fall ist, führen die unternehmerischen Leistungsversprechen zu Anreicherungsprozessen, die in eine breit gefächerte Teilhabe sowie den Aufbau von Ressourcen münden, die, wie das Beispiel von Wiegel Feuerverzinken zeigt, über die Primärnutzenstiftung hinaus auch auf der Sekundärnutzenebene der Mit-, Um- und Nachwelt das Gesamtsystem stützen. Die Leitfrage des Paradigmas substanzieller Mehrwertstiftung lautet: Mit welchen Produkten und Dienstleistungen schafft mein Unternehmen wo, für wen, wie und wodurch einen substanziellen Nutzen? doppelten Vorteil, dass Wiegel den benötigten Rohstoff günstig erwerben kann, da die Lieferanten Einnahmen anstatt Kosten für ihre Abfallentsorgung erzielen. Beim anschließenden Einsatz der Säure achtet Wiegel darauf, dass sie nach der Verwendung als Klärmedium aufbereitet wird. Hierzu stimmt Wiegel die Zusammensetzung der gebrauchten Bäder detailliert mit den Bedarfen von kommunalen und privaten Klärunternehmen ab, damit diese mit der Zuführung der säurehaltigen Medien ihre Prozesse optimieren können. Sowohl bei den Kommunen bzw. Unternehmen als auch bei Wiegel führt das zu erheblichen Kosteneinsparungen. Durch den Verzicht von Blei und Cadmium in den Zinkbädern hat Wiegel zudem seinen Prozess so optimiert, dass die feuerverzinkten Teile nach ihrem Lebenszyklus - bis zu 70 Jahre - als Eisen eingeschmolzen werden können. Hierbei verdampft das Zink - einer der essenziellen Lebensbausteine - und kann als Reinzink ohne den Anfall von Blei und Cadmium zurückgewonnen und wie das eingeschmolzene Eisen in weiteren Produktionszyklen immer wieder neu eingesetzt werden. Für den ökonomischen Erfolg vielleicht noch relevanter ist das konsequente Ressourcenmanagement von Wiegel. Im Gegensatz zum Wettbewerb, der in seinen Produktionsprozessen einen hohen Aufwand beim Stoffeinsatz auch giftiger Stoffe wie etwa Blei oder Cadmium verzeichnet, hat Wiegel Produktionsprozesse entwickelt, bei denen auf solche Stoffe vollkommen verzichtet werden kann und beim Einsatz anderer Stoffe enorme Einsparungen erzielt werden. So kauft Wiegel beispielsweise die für die Entrostung der zu verzinkenden Teile benötigten Säuren nicht nur als Rohstoff vom Markt, sondern auch von Unternehmen, in deren Fertigung Säure als Abfall entsteht. Das hat den Mit welchen Produkten und Dienstleistungen schafft mein Unternehmen wo, für wen, wie und wodurch einen substanziellen Nutzen? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 53 26.02.21 11: 15 <?page no="53"?> 54 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Symbiose Ethikologische Geschäftsmodelle setzen der Strategielogik von Wettbewerb, Externalisierung und Dominanz ein Kooperationsverständnis entgegen, das dem ökologischen Prinzip der symbiotischen Nutzenstiftung verpflichtet ist. Sie begreifen, dass angesichts der heute wirkenden Abreicherungs-, Konzentrations- und Ressourcenraubbauprozesse nur noch solche Unternehmen überlebensfähig sein werden, die Wertschöpfungskreisläufe in Gang setzen, welche auf breiter Basis zum Aufbau der Ressourcen führen, aus denen das Unternehmen, seine Umgebungssysteme und das Gesamtsystem leben. Die Leitfrage des Paradigmas der Symbiose lautet: Mit wem kann mein Unternehmen wo, wie und mit welchen Leistungen in Symbiosen treten, die zu einer Wertschöpfung führen, die das Gesamtsystem tragen, fördern und teilhabeorientiert ausdifferenzieren? Internalisierung und Inklusion Folgt man dem in Harvard lehrenden Strategieguru Michael Porter, müssen sich Unternehmen bei der Planung ihrer Geschäftsmodelle im Markt gegen Gefahren wappnen, die ihnen von Marktbegleitern (Mitbewerbern und neu in den Markt eintretenden Konkurrenten), der Verhandlungsmacht von Kunden und Lieferanten sowie von der Entwicklung von Ersatzprodukten drohen. Porters Modell der Wettbewerbskräfte ist so das Spiegelstück zum ökonomischen Externalisierungsstreben und das Herzstück des heute gängigen Strategiedenkens. Es sieht doppelte Wettbewerbsvorteile dort winken, wo man die Kosten des eigenen Handelns auf Dritte, etwa Lieferanten, Kunden oder Mitbewerber, auslagern kann. Dieses Denken speist sich aus dem Mantra von Knappheit, Wettbewerb, Wachstum und einem selbstbezogenen Ertragsdenken, das die heutigen Abreicherungsspiralen der destruktiven Wohlstandsmehrung immer weiter beschleunigt. Die Prinzipien der Internalisierung und Inklusion gehen den umgekehrten Weg. Im Sinn ökologischer Symbiosen zwischen Ungleichen begründen sie Kooperationen mit Konkurrenten, Mitbewerbern, Lieferanten, Kunden und sonstigen Partnern, die gemeinsam ein eigenständiges Ökosystem errichten, das für alle daran Beteiligten Mehrwerte bietet. Das Prinzip der gesamtnutzenfördernden Kooperation mit Wettbewerbern, Kunden, Lieferanten zur Anreicherung der Systeme, aus denen die einzelnen Partner und Organisationen leben, folgt der Leitfrage: Wer ist im System, wer ist draußen? Produziert ein Unternehmen mit Kunden und Lieferanten, sind sie Teil des Systems. Bezieht es von Liefe- Mit wem kann mein Unternehmen in Symbiosen treten, die zu einer Wertschöpfung führen, die das Gesamtsystem tragen, fördern und ausdifferenzieren? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 54 26.02.21 11: 15 <?page no="54"?> 55 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle sind, die lediglich nur eine Maschine beziehen. Aufgrund des Wirtschaftseinbruchs erhielten sie jedoch von ihren Hausbanken keinen Kredit, um eine angestrebte Anlage erwerben zu können. Trumpf nahm das zum Anlass, eine eigene Bank zu gründen, um die Finanzierung der Kunden sicherzustellen. Für die Kunden hatte das den Vorteil, dass sie zu guten Finanzierungskonditionen die gewünschten Maschinen beziehen konnten. Neben dem so abgesicherten Absatz hatte Trumpf zusätzlich den Vorteil, dass nicht nur die Kundenbeziehungen gestärkt wurden, sondern mit der gesicherten Finanzierung die einzelnen Anlagen in Kooperation mit den Kunden auf deren individuelle Belange hin ausgelegt werden konnten. Dadurch wurde die Neu- und Weiterentwicklung im F&E-Bereich gemeinsam mit den Kunden vorangetrieben und das dabei entwickelte Knowhow für das gesamte Ökosystem des Laserfertigungskosmos fruchtbar gemacht. In der Folge konnten so wechselweise Wettbewerbsvorteile gesichert und die Existenz vieler kleinerer und mittlerer Unternehmen und ihrer Arbeitsplätze erfolgreich abgesichert werden. ranten und produziert es für Kunden, sind diese draußen und damit kein Teil des Systems, der das System stärkt. Ein Beispiel für die ressourcenschöpfende Anreicherung des eigenen Ökosystems mit positiven Sekundäreffekten auch für die vielfältigen Umgebungssysteme liefert der Maschinenbauer TRUMPF GmbH + Co. KG in Ditzingen. Als Weltmarktführer für Laserschneidanlagen verzeichnete Trumpf während der globalen Finanzkrise 2008 einen drastischen Umsatzeinbruch. Dieser kam auch zustande, da viele Trumpf-Kunden kleinere und mittlere Unternehmen Das Paradigma der Anreicherung Ethikologische Geschäftsmodelle setzen der Perspektive der selbstbezogenen Vorteilsnahme ein Kooperationsdenken entgegen, das die Betroffenen zu Beteiligten macht. Hierbei werden Lieferanten, Geschäftspartner und Kunden ein integraler Bestandteil der unternehmerischen Wertschöpfungsperspektive, weshalb sie in ihrer eigenen Leistungsfähigkeit aktiv vom Unternehmen gefördert werden. Das zentrale Augenmerk des Paradigmas der Anreicherung lautet Befähigung (Enabling), Ausweitung (Enhancement), integrierend verdichtende Vervielfältigung (Enrichment). Die Systempartner innerhalb des Gesamtsystems werden in dieser Sichtweise in ihren eigenen Zwecksetzungen befähigt und die Ausgestaltung von Fremdnutzenstiftungen zur Basis der Eigennutzenstiftung. Das Paradigma der Anreicherung setzt den externalisierenden Wettbewerbsstrategien der Aus- und Abgrenzung eine Strategie der Einbeziehung entgegen. Ihre Prinzipien lauten Internalisierung und Inklusion. Die Leitfrage hierzu lautet: Mit welchen Partnern Maßnahmen, Prozessen und Leistungen können wir in welchen Bereichen, Märkten, Ebenen Akteure so befähigen, dass eine gemeinsame Wertschöpfung entsteht, die zu Ressourcenwachstum führt? Mit welchen Partnern kann mein Unternehmen wo und wie Akteure so befähigen, dass eine gemeinsame Wertschöpfung entsteht, die zu Ressourcenwachstum führt? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 55 26.02.21 11: 15 <?page no="55"?> 56 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Bewusstseinsschöpfung Das Paradigma der Bewusstseinsschöpfung setzt dem ökonomischen Paradigma exklusiver Kernkompetenzen das Faktum entgegen, dass erfolgreiche Geschäftsmodelle für die Verantwortungsmärkte von morgen von vernetzten Austauschprozessen, Mehrwertkreisläufen und Ressourcenschöpfungsprozessen leben. Ihre Organisation erfordert die Entwicklung einer Unternehmenskultur, in der Befähigung, Nutzenstiftung, Kooperation, Kommunikation und Vernetzung zentrale Treiber sowohl für den Aufbau von Sozialkapital als auch die Ausgestaltung von Hochleistungsteams für substanziell nutzenstiftende Geschäftsmodelle sind. Die Leitfrage des Paradigmas der Bewusstseinsschöpfung lautet: Wie kann ich in und mit meinem Unternehmen wen, wo, wie so befähigen, dass eine Innovations-, Kreativitäts- und Verantwortungskultur der Mehrwertschöpfung entsteht, die das Unternehmen zum unverzichtbaren Herzstück von wert- und werteschöpfenden Austauschprozessen macht? Ökosystemleistungen Ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Organisation von Austauschprozessen, Mehrwertkreisläufen und Ressourcenschöpfungsprozessen als Erfolgsfaktor für das Geschäftsmodell bietet die HiPP GmbH & Co.KG aus Pfaffenhofen. Das Unternehmen ist der europäische Marktführer im Bereich hochwertiger gesunder Babynahrung. Seit über 60 Jahren und damit lange vor dem Aufkommen sogenannter grüner und nachhaltiger Geschäftsmodelle implementierte HiPP ein unverwechselbares Nutzenversprechen: »Spitzenqualität im Einklang mit der Natur.« Auf der Grundlage einer im Netz abrufbaren Ethik-Charta wird dieses Nutzenversprechen bei HiPP mit den Mitteln eines konsequenten Wertemanagements im Unternehmen umgesetzt. Dabei zielt dieser Werteschöpfungsprozess auf den Kernnutzen des Leistungsversprechens. Denn das Nutzenversprechen wird auf der Grundlage folgender Leitwerte konsequent in allen Liefer- und Prozessketten umgesetzt: »Allgemeinwohl vor Eigenwohl, Qualität, Effizienz, Nachhaltigkeit, Schutz der Natur und schonender Umgang mit den anvertrauten Gütern, Unternehmergeist als Grundlage ökonomischer und gesellschaftlicher Wert- und Werteschöpfung.« Deutlich werden diese Werte des Nutzenversprechens in den Lieferantenbeziehungen. Damit HiPP für seine Produkte jederzeit die angestrebte Rohstoffgüte beziehen kann, arbeitet das Unternehmen auf Wie kann unser Unternehmen eine Innovations-, Kreativitäts- und Verantwortungskultur befördern, die das Unternehmen zum unverzichtbaren Herzstück wert- und werteschöpfender Austauschprozesse macht? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 56 26.02.21 11: 15 <?page no="56"?> 57 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ternehmen gemeinsam mit HiPP ein Geschäftsmodell, das analog zu natürlichen Ökosystemen sein Leistungsversprechen konsequent und transparent an der Idee symbiotisch ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe ausrichtet. der Grundlage langfristiger Abnahmeverpflichtungen mit ausgewählten, selbstständigen Landwirten überdurchschnittlich guten Konditionen zusammen, damit diese die Pflanzen so anbauen, dass die ökologischen Anbauvorgaben von HiPP erfüllt werden. Der Anbau ist dabei so auszugestalten, dass der Mutterboden mit jedem Pflanzzyklus nährstoffreicher wird und gesund und natürlich wächst. Heute leben so europaweit rund 8.000 selbstständige Agrarun- Wie können wir unser Geschäftsmodell so aufstellen, dass Ressourcenschöpfungen entstehen, aus denen sich das Unternehmen und seine Umgebungssysteme nähren? Das Paradigma der Bewusstseinsökonomie Das Paradigma der Bewusstseinsökonomie setzt der ökonomischen Externalisierungslogik, bei der beim Unternehmen anfallende Kosten nach Möglichkeit an Dritte ausgelagert werden, das Paradigma ethikologischer Geschäftsmodelle entgegen. Diese durchbrechen die Abreicherungs-, Konzentrations- und Ressourcenraubbauspiralen des heutigen Wirtschaftens, indem sie Ressourcenschöpfungsprozesse in Gang setzen, die den ökologischen Prinzipien der Natur verpflichtet sind. Anstatt mit rein ökonomischen Leistungskennzahlen arbeitet das Paradigma der Bewusstseinsökonomie mit Parametern, die die Ökosystemwirkungen der Unternehmensprozesse zu einem Leistungs- und Wertschöpfungsbestandteil des eigenen Geschäftsmodells machen. Die Leitfrage des Paradigmas der Bewusstseinsökonomie lautet: Wie und mit welchen Geschäftsmodellen kann mein Unternehmen Prozesse entwickeln, die zu einer Ressourcenschöpfung führen, aus der sich nicht nur das Unternehmen, sondern auch seine Umgebungssysteme nähren? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 57 26.02.21 11: 15 <?page no="57"?> 58 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Ressourcenschöpfung Das Paradigma der Ressourcenschöpfung lebt vom Grundprinzip der Natur: In verschwenderischen Überflussschleifen setzt die Natur einen Prozess in Gang, der auf der Ebene des Gesamtsystems zu einer kontinuierlichen Ressourcenanreicherung führt, aus dem sich die einzelnen Elemente (Organismen) und Subsysteme (Biotope und Ökosysteme) nähren, indem sie dazu beitragen, dass das Gesamtsystem wächst. Hierbei nutzen Ökosysteme Selbststeuerungskräfte, die das System dadurch stabil halten, dass sie es in seiner hochdynamischen Wandlungsfähigkeit anreichern. In diesem Ressourcenschöpfungsprozess werden all jene Subsysteme aus dem System aus- und abgestoßen, die über kurz oder lang weniger in das System einbringen, als sie aus ihm herausziehen. Dadurch sorgt das System dafür, dass es sich in seinen vielfältigen symbiotischen Prozessen immer weiter und kleinteiliger entfaltet und wächst. Die Stabilität solcher Systeme und der Veränderungsaufwand, sie überlebensfähig zu halten, sind so eine direkte Funktion ihrer Komplexität. Je komplexer, kleinteiliger und vielfältiger das Gesamtsystem ist, desto stabiler und flexibler ist es und desto geringer ist der Aufwand für Anpassungsleistungen, da die Veränderungsdynamik von kleinteilig organisierten Subsystemen vor Ort aufgefangen wird. Wachstum führt dabei nicht, wie das heutige ökonomisch getriebene Wachstum, in Konzentrations- und Raubbauspiralen, sondern in Anreicherungsprozesse, die sich selbst nähren, indem sie den Ressourcengrundstock wachsen lassen. Die Leitfrage des Paradigmas der Ressourcenschöpfung lautet: Wie ist die Prozesskette zu gestalten, damit auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme sich selbst tragende Mehrwertstiftungen entstehen, die die Ressourcenbasis des Gesamtsystems anreichern? Interface sein Rohstoff-Sourcing auf eine komplett neue Strategie umgestellt. Diese zielt nicht nur darauf ab, auf der Grundlage von Kreislaufwirtschaftsprinzipien nachhaltige Recyclingprozesse in Gang zu bringen, sondern verfolgt zudem das Ziel, auf lokaler Ebene vor Ort tragfähige Ressourcenschöpfende Geschäftsmodelle Das an der NASDAQ gelistete und in 110 Ländern tätige US-amerikanische Unternehmen Interface Inc. ist mit einem Umsatz von knapp 1,2 Mrd. US-$ in 2018 Weltmarktführer für modulare Bodenbeläge und Teppichböden im Office- und Großgebäudebereich. Die Bodenbeläge werden aus Kunststoffen gewebt. Zur Herstellung des Materials werden umfangreiche Ressourcen an Erdöl und Energie verbraucht. Vor einigen Jahren hat Wie ist die Prozesskette zu gestalten, damit auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme sich selbst tragende Mehrwertstiftungen entstehen, die die Ressourcenbasis des Gesamtsystems anreichern? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 58 26.02.21 11: 15 <?page no="58"?> 59 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Ethikologie Bei der Entwicklung und Planung von Unternehmen kommt es oft zu »Trade-offs« zwischen dem für das eigene Überleben notwendigen Gewinnstreben und den Moralansprüchen, die die Umwelt an das Unternehmen stellt. Mit Blick auf die Mikrologik unternehmerischen Handelns bricht das Paradigma der Ethikologie den Gegensatz auf, der scheinbar zwischen dem Profitstreben und der Moral besteht. Es zeigt, dass zukunftsfähige Unternehmensführung aus Wertestrategien entspringt, die ein sozialkapital-, kooperations- und leistungsförderndes humanes Miteinander mit substanziellen Nutzenstiftungen verknüpfen, an denen alle teilhaben, die an der Umsetzung der Nutzenstiftung mitwirken oder davon betroffen sind. Die marktfähige Gestaltung solcher Nutzenstiftungen erfordert eine bewusstseinsfördernde Unternehmenskultur für Hochleistungsteams, die die Verantwortungsmärkte der Zukunft bespielen. Ethische Werte und ökologisches Denken werden dabei zu Kolben des ökonomischen Motors, mit dem sie ihre Geschäftsmodelle betreiben. Die Leitfrage des Paradigmas der Ethikologie lautet: Wie und mit welchen Menschen, Mitteln, Verfahren und Werten kann eine bewusstseinsschöpfende Unternehmenskultur befördert werden, die dazu dient, dass Hochleistungsteams ökonomisch erfolgreiche Geschäftsmodelle für die Verantwortungsmärkte der Zukunft entwickeln? Ökosystem der Meere großen Schaden anrichten würden. Mit der Aufforderung, ausgemusterte Fischernetze zu sammeln, zu verkaufen und in die weltweite Lieferkette zurückzuführen, wird nicht nur der ökologische Schaden im Meer reduziert, sondern die Netze einer zweiten Nutzung zugeführt, die zu einer dritten und vierten Nutzung führen können, da die von Interface produzierten Teppichwaren selbst recycelbar sind. Neben diesen Effekten erzielt Interface jedoch noch einen weitaus relevanteren Effekt. Es schafft für die lokale Bevölkerung vor Ort umweltschonende Einnahmequellen, die dazu führen, dass sich regionale Wirtschaftskreisläufe etablieren, die nicht mehr auf Überfischung und Ressourcenraubbau gründen, sondern auf einer Ressourcenschöpfung, die die lokalen Ökosysteme entlastet und die lokale Gesellschaft bereichert. ressourcenschöpfende Wirtschaftskreisläufe zu etablieren. Hierzu hat Interface das Projekt »Net-Works« ins Leben gerufen. Net-Works ist ein Teilprojekt der vom Gründer Ray Andersen entwickelten Langfriststrategie »Mission Zero«. Dieses zielt darauf ab, den kompletten Ressourcenverbrauch von Interface zu 100 % mit recycelten oder erneuerbaren Ressourcen zu decken. Im Rahmen dieses Ziels kauft Interface mit seinem Net- Works-Programm von Fischern weggeworfene Netze auf, die im Wie können wir eine bewusstseinsschöpfende Unternehmenskultur ausbilden, in der Hochleistungsteams ökonomisch tragfähige Geschäftsmodelle für die Verantwortungsmärkte der Zukunft entwickeln? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 59 26.02.21 11: 15 <?page no="59"?> 60 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Mikrologik des unternehmerischen Handelns Die Mikrologik des unternehmerischen Handelns richtet sich auf die Überlebensfähigkeit der Unternehmung. Wollen Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen zukunftsfähig werden, sind sie angehalten, eine Strategieperspektive einzunehmen, die eine Potenz höher ansetzt als bisherige Strategieansätze, die oft noch ein Ideal der absoluten Marktbeherrschung, der absoluten Beherrschung der Wertschöpfungskette sowie der uneingeschränkten Ertragsgestaltung auf Grundlage exklusiver Produkteigenschaften hochhalten. Sie träumen davon, möglichst monopolistisch den Markt (Kunden und Wettbewerber), die Wertschöpfungskette (Lieferanten und Kunden) sowie die Produkt- und Preisgestaltung (Monopol im Anbietermarkt) zu beherrschen. Ausgangspunkt für die Entwicklung von Geschäftsmodellen, die das Unternehmen zukunftsfähig machen, sind die realen Konsequenzen auf den Ebenen der Mit-, Um- und Nachwelt, welche aus unseren heutigen Formen des Wirtschaftens erwachsen, sowie die dahinterliegenden mentalen Treiber (Vorstellungen und Überzeugungen), die das Marktgeschehen prägen. Entgegen den heutigen aus dem Knappheits-, Wettbewerbs-, Wachstums- und Ertragsdenken entstandenen Beschleunigungs- und Konzentrationsdynamiken zielen zukunftsfähige Geschäftsmodelle auf die Ausgestaltung von Kooperations-, Mehrwertstiftungs- und Ressourcenschöpfungsstrategien, mit denen das Unternehmen im Verbund mit anderen Unternehmen überlebensfähig wird. Die Mikrologik der Überlebensfähigkeit führt so in neue Formen des Wirtschaftens, bei denen die Visionäre ethikologischer Geschäftsmodelle zu Treibern der Bewusstseinsökonomie von morgen werden. Mit ihren Wertestrategien weisen sie den Weg zu den Wettbewerbsvorteilen von morgen. Die Leitfrage des Paradigmas der Mikrologik unternehmerischen Handelns lautet: Wie und mit welchen Geschäftsmodellen kann ein Unternehmen entkoppelte Mehrwertkreisläufe in Gang setzen, die dazu führen, dass das Unternehmen für die es tragenden Umgebungssysteme unentbehrlich wird? Wie und mit welchen Geschäftsmodellen kann unser Unternehmen entkoppelte Mehrwertkreisläufe in Gang setzen, damit das Unternehmen für die es tragenden Umgebungssysteme unentbehrlich wird? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 60 26.02.21 11: 15 <?page no="60"?> 61 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Entkoppelung Das Paradigma der Entkoppelung setzt der Beschleunigungsspirale der global entgrenzten Märkte ein Geschäftsverständnis entgegen, das auf regional entkoppelte Anreicherungsprozesse schwört. Es begreift, dass Unternehmen der global voranschreitenden Beschleunigungs- und Konzentrationsdynamik erfolgreich begegnen können, wenn sie sich, wie die Beispiele von Schamel Meerrettich oder der Klosterbrauerei Reutberg zeigen, an den kleinräumigen Erfolgsprinzipien der Natur ausrichten. Zukunftsfähig werden jene Unternehmen bleiben, die in der nach innen und außen wirksamen Organisation von wertschöpfender Teilhabe kleingliedrige Mehrwertstiftungsketten in Gang setzen, die zu einer umfassenden Anreicherung von natürlichen und humanen Ressourcen führen und so den Grund für die eigene Existenzfähigkeit legen. Die Leitfrage des Paradigmas der Entkoppelung lautet: Wie und mit welchen Partnern und Strategien kann ein Unternehmen in Symbiosen treten, um Geschäftsmodelle zu entwickeln, welche sich von den Beschleunigungsspiralen der global entgrenzten Märkt entkoppeln? Wie und mit welchen Partnern und Strategien können wir symbiotische Mehrwertkreisläufe entwickeln, die sich erfolgreich von den Beschleunigungsspiralen der global entgrenzten Märkte entkoppeln? RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 61 26.02.21 11: 15 <?page no="61"?> 62 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Mit diesem Werteverständnis sowie seinem Fokus auf konsequente Qualität und Mehrwertstiftung ist Schamel 2014 als Top-Marke ausgezeichnet worden. Schon 2007 wurde das Unternehmen zudem als Marke des Jahrhunderts in das Buch »Deutsche Standards - Marken des Jahrhunderts« aufgenommen. Dort steht Schamel Meerrettich neben Marken wie Mercedes, Tempo, Nivea, UHU, Lufthansa, Miele oder Persil. Entkopplungsstrategien Ein gutes Beispiel für ressourcenschöpfende Entkoppelungsstrategien liefert die Schamel Meerrettich GmbH & Co.KG aus Baiersdorf, Franken. Dabei verdeutlicht Schamel, wie Unternehmen ihre Zukunftsfähigkeit dadurch absichern können, dass sie das heutige Prozessdenken durch ein Systemdenken ersetzen, das drei übergeordnete Effekte bedient: entkoppelte Ressourcenschöpfungen, tragfähige Mehrwertkreisläufe und multidimensional integrierte Teilhabenetzwerke. Das in fünfter Generation geführte Unternehmen beschäftigt gut 50 Mitarbeiter und bewegte sich lange Zeit in einem Weltmarkt, bei dem Größe und Marktmacht zentrale Parameter für den Markterfolg waren. Entsprechend gab es einen immer größeren Druck auf Einkaufskonditionen und Preise, die für die europäischen und deutschen Meerrettichhersteller zunehmend zum Problem wurden. Zur Absicherung seiner Zukunft hat Schamel deshalb gemeinsam mit den lokalen Sonderkulturbauern die »Schutzgemeinschaft Bayerischer Meerrettich« ins Leben gerufen. Zusammen mit rund 100 lokalen Krenbauern (Kren ist die Pflanze, aus der die Meerrettichwurzel gewonnen wird) hat das Unternehmen erwirkt, dass dem „Bayerischen Meerrettich“ das EU-Prädikat »geschützte geographische Angabe (g.g.A.)« verliehen wurde. Ziel war es, die bayerische Meerrettichkultur mit ihrem regional kleinteiligen Anbau und ihrer besonderen kulinarischen Vielfalt zu schützen. Davon profitiert die gesamte Herstellungskette: Die im Markt erzielten Preise für zertifizierten bayerischen Meerrettich sind heute etwa doppelt so hoch wie die Weltmarktpreise. Auch ökologisch und sozial sichert die Schutzgemeinschaft ab, dass die kleinteiligen Strukturen des ökologischen Anbaus erhalten bleiben. Grundlage hierfür ist ein gemeinsam getragenes Werteverständnis, das sich allen ansässigen Anbauern und Produzenten öffnet, die die Werte und Ziele der Schutzgemeinschaft teilen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 62 26.02.21 11: 15 <?page no="62"?> 63 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Entkoppelte Mehrwertkreisläufe Ein weiteres gutes Beispiel für den Aufbau eines Mehrwertkreislaufes, der sich als Ökosystem selbst trägt, indem er sich aus dem übergeordneten Marktgeschehen entkoppelt hat und so für die es tragenden Sub- und Umgebungssysteme unentbehrlich wird, liefert die Klosterbrauerei Reutberg im oberbayerischen Sachsenkam bei Bad Tölz. Nach einer langen Geschichte des Brauens im Frauenkloster Reutberg bei Bad Tölz wurde die Brauerei Reutberg 1924 als Genossenschaft gegründet. Ziel war es, durch genossenschaftliche Rückvergütungssysteme der örtlichen Bauernschaft günstiges Bier zu beschaffen. Nach wechselvoller Geschichte stand die Brauerei Ende der 1980er-Jahre vor dem Aus. Der Kern der Genossen hat sich damals zusammengefunden, um das Fortbestehen der Brauerei zu gewährleisten. Hierzu wurde ein Finanzierungsmodell entwickelt, bei dem jeder Genosse Anteilsscheine im Wert von 100 bis 300 DM zeichnen konnte. Unabhängig davon, wie viele Anteilsscheine ein Genosse erworben hatte, hatte er nur eine Stimme. Der stimmberechtigte Anteilsschein wurde bei der jährlichen Hauptversammlung mit zwei Maß Bier und einem Essen naturalverzinst. Dadurch wurde der Anreiz gesetzt, dass die Anteilsscheine möglichst breit gestreut werden. Bei Austritt erhält der Genosse seine eingezahlten Anteile zurück. Schon kurz nach dieser Konstruktion standen die Anteile in der Region und insbesondere bei Münchner Studenten hoch im Kurs. Denn mit einer jährlichen Naturalverzinsung von mehr als 30 % des Nennwertes zeigte die Einlage eine Verzinsung, die am Wertpapiermarkt seinesgleichen sucht. Für den Markterfolg wichtiger ist jedoch, dass rund um die im März stattfindende Hauptversammlung ein zehntägiges Volksfest gefeiert wird. Mit ihm eröffnet Reutberg öffentlichkeitswirksam den jährlichen Reigen des bayerischen Festkalenders, der in das Oktoberfest mündet. In einem weiteren Schritt haben die Genossen festgelegt, dass die Anzahl der zugelassenen Genossen auf 5.200 gedeckelt wird. Nur wenn einer austritt, kann aus der Warteliste ein neuer aufgenommen werden. Mit dieser »Verknappungsstrategie« geht eine regionale Hochpreisplatzierung einher, die weitgehend auf Marketing verzichtet, da die Genossen selbst die zentralen Marken- und Werbeträger sind. Auch Reutberg hat mit dieser Konstruktion einen sich selbst tragenden Wertschöpfungskreislauf entwickelt, der sich vom sonstigen bayerischen, deutschen und globalen Biermarkt entkoppelt hat und das Unternehmen auch davon befreit, zwanghaft Jahr um Jahr wachsen zu müssen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 63 26.02.21 11: 15 <?page no="63"?> 64 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der werteschöpfenden Teilhabe Das Paradigma der werteschöpfenden Teilhabe transformiert das Paradigma der betriebswirtschaftlichen Wertschöpfung. Es begreift, dass jede Form von Wertschöpfung eine Funktion vorgängiger Werteschöpfung ist. Im mentalen Modell ethikologischer Geschäftsmodelle resultiert zukunftsfähige Wertschöpfung aus einer ganzheitlichen Werteschöpfung, die zur Absicherung der eigenen Existenz die Belange der Mit-, Um- und Nachwelt so integriert, dass daraus ein Geschäftsmodell entsteht, das für alle Mehrwerte stiftet. Diese Werteschöpfung zielt auf die Entwicklung von Bewusstseinsressourcen, um Hochleistungsteams dazu zu befähigen, sich selbst tragende Ressourcenschöpfungskreisläufe anzutreiben. Das Paradigma werteschöpfender Teilhabe zielt so auf eine zweifache Resilienz, die das Unternehmen zukunftsfähig macht, indem es sich selbst dadurch absichert, dass es seine Umgebungssysteme überlebensfähig hält. Das Paradigma der wertschöpfenden Teilhabe lebt aus dem Prinzip der Befähigung. Die strategische Leitfrage des Paradigmas der werteschöpfenden Teilhabe lautet: Wie, wo und für wen organisiert ein Geschäftsmodell wertschöpfende Teilhabe? Wer muss dabei wo, wie und wodurch so befähigt werden, dass das Zusammenspiel der Akteure einen Anreicherungsprozess in Gang setzt, der zu ressourcenschöpfenden Mehrwertkreisläufen führt? Wie organisiert unser Geschäftsmodell eine werteschöpfende Teilhabe, die Anreicherungsprozesse in Gang setzt, mit denen ressourcenschöpfende Mehrwertkreisläufe betrieben werden? Symbiotische Mehrwertketten Ein gutes Beispiel für symbiotische Mehrwertketten und Teilhabekreisläufe liefert das 1994 in Wellington, Neuseeland, gegründete Unternehmen Icebreaker New Zealand Ltd. Mit seinen Produkten aus Merinowolle etablierte Icebreaker ein neues Marktsegment: Funktionskleidung aus 100 % Merinowolle. Von Anfang an wurde beim Aufbau des Unternehmens darauf geachtet, dass die herausragende Funktionalität des Ausgangsgewebes mit einer substanziellen Mehrwertstrategie unterfüttert wird, die die Produkte von Icebreaker unverwechselbar macht. Diese Mehrwertentwicklung orientiert sich an vier Feldern: Tierschutz, Umweltschutz, Sozialstandards, Produktionsstandards. Für die Herstellung und Verarbeitung des Rohstoffs verwendet Icebreaker ausschließlich Wolle von Merinoschafen, die von kleinen Schafzuchten in naturnaher Weidehaltung gehalten werden, wobei die Weidehaltung einen Beitrag zur naturnahen Sicherung des Landschaftsbildes und der natürlichen Flora und Fauna liefert. Die Herden werden einzeln geschoren und die Wolle in diesen Losgrößen weiter verarbeitet. In allen Arbeitsschritten wie Färben, Spinnen, Weben, Nähen achtet Icebreaker darauf, dass Nachhaltigkeitsstandards RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 64 26.02.21 11: 15 <?page no="64"?> 65 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Das Paradigma der Befähigung Das ethikologische Paradigma der Befähigung setzt an der Einsicht an, dass zukunftsfähige ökonomische Wertschöpfung darin gründet, dass Unternehmen Geschäftsmodelle entwickeln, die multidimensionale Anreicherungsprozesse in Gang setzen. Hierzu sind die Akteure der unterschiedlichen Prozess-, Leistungs- und Konsumketten so zu befähigen, dass sie als aktive Träger des Wertschöpfungsprozesses dazu beitragen, dass sich das Gesamtsystem kontinuierlich anreichert und ausdifferenziert. Solche Befähigungsstrategien setzen auf substanzielle Nutzenstiftungen, die in der Logik der Fremdnutzenstiftung danach fragen, wo, wie und auf welchen Ebenen der Wertschöpfungskette Individuen und Unternehmen so befähigt werden können, dass sie als aktiver Teil bei der Ausgestaltung der angestrebten Nutzenstiftungen mitwirken. Auch das Paradigma der Befähigung gründet in der Einsicht, dass die ökonomische Wertschöpfung eine Funktion von nichtökonomischen Werteschöpfungen ist und dass zukunftsfähige Strategien der Werteschöpfung den Weg zu den Wettbewerbsvorteilen von morgen weisen. Die Leitfrage des Paradigmas der Befähigung lautet: Mit welchen Leistungen kann mein Unternehmen wo, wie und auf welchen Ebenen der Wertschöpfungskette und der Umgebungssysteme Individuen und Unternehmen so befähigen, dass sie als aktiver Teil bei der Ausgestaltung entkoppelter Mehrwertkreisläufe zu Akteuren einer Nutzenstiftung werden, die sowohl die Existenz des Unternehmens als auch seiner Umgebungssysteme absichert? Mit welchen Leistungen können wir auf welchen Ebenen der Wertschöpfungskette und der Umgebungssysteme Menschen und Unternehmen so befähigen, dass sie zu Leistungsträgern einer Nutzenstiftung werden, die sowohl das Unternehmen als auch seine Umgebungssysteme absichern? abbaubar. Das Geschäftsmodell von Icebreaker setzt so auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette auf substanziell nachhaltige Nutzenstiftung, wobei dieser Nutzenstiftungsprozess so gestaltet ist, dass auf allen Ebenen des Produktlebenszyklus Mehrwerte entstehen. sowie Arbeitsschutz und faire Entlohnung eingehalten werden. In jedem Kleidungsstück befindet sich eine Nummer, über die der Endkunde im Internet den Entstehungsweg seines Kleidungsstückes bis zurück zur ursprünglichen Schafherde verfolgen kann. Dabei hat die Merinowolle gegenüber Synthetikstoffen vielfältige Produktvorteile. Ausgemusterte Kleidungsstücke sind nicht nur recycelbar, sondern - können sie nicht mehr recycelt werden - auch ohne Rückstände biologisch RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 65 26.02.21 11: 15 <?page no="65"?> 66 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle 1. Unternehmen sind komplexe Werkzeuge. Wir benötigen sie zur Erstellung von Nutzenstiftungen, die ein Mensch alleine nicht bewerkstelligen kann. Der Werkzeugcharakter des Unternehmens begründet seine Zweckformel: Unternehmen sind nutzenstiftende Kooperationssysteme, in denen Menschen mit Menschen zusammenwirken, um für Menschen einen Nutzen zu stiften. 2. Jedes Kooperationssystem ist ein Raum, der sich über Werte organisiert. Beim Unternehmen sind dies die Leitwerte des Nutzenversprechens sowie die Prozesswerte der gelebten Unternehmenskultur. Das begründet die Werteformel der Unternehmung: Passen das Nutzenversprechen und die im Unternehmen gelebte Organisationskultur zusammen und zu den Anforderungen seiner Umgebungssysteme, stärken sie das Unternehmen. Passen sie nicht, schwächt das seine Erfolgsfähigkeit. 3. Als komplexe Kooperationssysteme teilen Unternehmen die Funktionslogik lebender Systeme. Sie falten sich aus in ein holobiontisches System aus Elementen, Prozessen und Strukturen, mit dem das Unternehmen in der offenen Organisation offener Prozesse seine Weltbeziehungen so organisiert, dass es überlebensfähig bleibt. Das begründet die Lebensformel der Unternehmung: Unternehmen sind lebensfähig, wenn sie mit marktfähigen Produkten und Leistungen sowie einer wettbewerbsfähigen Organisation einen Nutzen stiften, der nicht nur sie selbst trägt, sondern auch die das Unternehmen tragenden Sub- und Umgebungssysteme stärkt, aus denen heraus das Unternehmen sich selbst aufrecht erhält. 4. Die Lebensformel der Unternehmung begründet das Ressourcenschöpfungsprinzip zukunftsfähiger Geschäftsmodelle: Zukunftsfähige Geschäftsmodelle tragen sich ökonomisch selbst und mit substanziellen Nutzenstiftungen dazu bei, dass auf allen Systemebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme die Ressourcenbasis wächst, von der sich das Unternehmen nährt. Die ethikologischen Axiome zukunftsfähiger Geschäftsmodelle RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 66 26.02.21 11: 15 <?page no="66"?> 67 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle 5. Das Ressourcenschöpfungsprinzip zukunftsfähiger Geschäftsmodelle begründet den operativen Fokus der Unternehmung: Im nutzenorientierten Abgleich der Innen- und Außenzustände konzentriert sich das Unternehmen auf die Aktivierung der Faktoren, die das Unternehmen tragen: Menschen, Ressourcen, Kommunikation, Prozesse und Steuerung. Hierzu organisiert sich das Unternehmen nach fünf ineinandergreifenden Systemlogiken zu einem organischen Leistungsprozess, bei dem in jedem Zyklus mehr und neue Ressourcen geschöpft werden, als im Zyklus genutzt oder verbraucht worden sind. 6. Der operative Fokus der Unternehmung begründet das Wertschöpfungsgesetz der Unternehmung: Ertrag und Erfolg sind die Folge einer Nutzenstiftung, die sich nicht mit Ertrags- und Erfolgskennzahlen messen lässt. 7. Das Wertschöpfungsgesetz begründet das Werteschöpfungsprinzip des Unternehmens: Die unternehmerische Nutzenstiftung ist die Grundlage der Wertschöpfung. Wertschöpfung gründet in WERTEschöpfung. 8. Das unternehmerische Werteschöpfungsprinzip begründet den Kernwertschöpfungsprozess der Unternehmung: WERTEschöpfung ist der KernWERTschöpfungsprozess des Unternehmens. 9. Der Kernwertschöpfungsprozess der Unternehmung begründet die universelle Erfolgsformel zukunftsfähiger Geschäftsmodelle: Unternehmen sind zukunftsfähig, wenn sie ihre Werteschöpfungs- und Nutzenstiftungsprozesse so ausgestalten, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner lokalen und globalen Umgebungssysteme Mehrwerte geschaffen werden, die das gesamte System nachhaltig tragen und den Gesamtressourcengrundstock der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme auf natürliche Weise wachsen lassen. Unternehmen werden zukunftsfähig, wenn sie ihre Werteschöpfungs- und Nutzenstiftungsprozesse so ausgestalten, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner lokalen und globalen Umgebungssysteme Mehrwerte geschaffen werden, die das gesamte System nachhaltig tragen und den Gesamtressourcengrundstock der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme auf natürliche Weise wachsen lassen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 67 26.02.21 11: 15 <?page no="67"?> 68 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Act Operative Erfolgsfaktoren Als Werkzeug, das Menschen schaffen, um einen komplexen Nutzen stiften zu können, den ein Mensch alleine nicht erwirken kann, lebt jedes Unternehmen aus dem kontinuierlichen Abgleich seiner inneren Zustände und Belange mit den Belangen und Zuständen der Umwelt. Dieser Abgleich erfolgt in vier sich kontinuierlich wiederholenden Phasen der Planung, der Handlung, der Kontrolle und der Anpassung. In dieser erstmals von dem Physiker, Ingenieur und Statistiker, Walter Andrew Shewhart, definierten sowie von seinem Schüler und Pionier für das evolutionäre Qualitätsmanagement, William Edwards Deming, perfektionierten »Plan-Do-Check-Act-Steuerung« werden die nach innen und außen wirkenden System- und Leitstungslogiken der Unternehmung so operationalisiert, dass das Unternehmen flexibel und dynamisch auf Veränderungen reagieren sowie sich proaktiv entwickeln und bei Bedarf neu erfinden kann. Fünf operative Erfolgsfaktoren stehen bei diesem Planungs- und Steuerungsprozess im Zentrum: Wo diese operativen Erfolgsfaktoren passgenau ineinandergreifen und die zentralen Leistungsfaktoren „Dynamik“, „Stabilität“ und „Teamorientierung“ aktivieren, sind sie die Basis dafür, dass sich das Unternehmen mit seinen Nutzenstiftungen selbst erhalten kann. Menschen, Ressourcen, Kommunikation, Prozesse, Steuerung Nutzen, Res sourcen Motivation, Ertrag Do Do Check Check Act Plan Plan RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 68 26.02.21 11: 15 <?page no="68"?> 69 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Erfolgsfaktor Menschen Der Faktor Menschen wird aktiviert, wenn das Feld der Leistungsbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Kooperation so aufgespannt wird, dass das Fraktal der Leistungsbedingungen entsteht. Hierzu werden die nach innen wirkenden Systemlogiken der Nutzenstiftung, der Kooperation und der Erträge aufeinander abgebildet. Aus dieser Triangulation entsteht der nach außen gerichtete Wirkungs- und Verantwortungsraum, mit dem das Unternehmen sein eigenes Überleben absichern kann: Möchte das Unternehmen als lebendes System bestehen, benötigt es gesunde Erträge. Diese entstehen, wo Menschen mit Menschen auf eine Weise kooperieren, dass ein substanzieller Nutzen entsteht, der im Markt bevorzugt nachgefragt wird. Das ist dort der Fall, wo das Geschäftsmodell zu ertragsstiftenden Konditionen eine Wirkung entfaltet, die den Belangen aller an der Nutzenstiftung Beteiligten oder von ihr Betroffenen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Partner, Umwelt, Mitwelt, Nachwelt) Rechnung trägt. Fraktal der Leistungsbedingungen institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Wer te Kooperation Ertrag physisches System Überleben Fokus Kooperation: Aktivierung Faktor Menschen Fokus Wirkung: Aktivierung Faktor Überleben RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 69 26.02.21 11: 15 <?page no="69"?> 70 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Erfolgsfaktor Ressourcen Aus der Triangulation der Systemlogik des Ertrags mit den Systemlogiken der Sinn- und der Nutzenstiftung entsteht das Fraktal der Ressourcenschöpfung. Mit ihm wird der Faktor »Ressourcen« aktiviert und unter dem Gesichtspunkt der Bewusstseinsstiftung fokussiert. Hierzu wird das Feld der Ressourcenschöpfung anhand von Sinnversprechen so aktiviert, dass im Unternehmen Bewusstseinsressourcen entstehen, mit denen es sein Leistungsversprechen umsetzen kann: Möchte das Unternehmen als lebendes System bestehen, muss es Bewusstseinsressourcen schöpfen, mit denen zukunftsfähige Nutzenstiftungen entwickelt und zu ertragsstiftenden Geschäftsmodellen verdichtet werden können. Wo das gelingt, führt der Prozess der Schöpfung von Bewusstseinsressourcen innerhalb der Unternehmung zu Motivationsrenditen sowie nach außen zu einer Wirkung der Leistungserstellung, die das Unternehmen gesteigert ertragsfähig macht. Die erfolgreiche Sinn- und Nutzenstiftung wird so zum zentralen Faktor für die nachhaltige Erwirtschaftung gesunder Erträge. Mitarbeiter über deren Stärken entwickeln und einsetzen, in allen Parametern der Unternehmensleistung um bis zu mehrere Faktoren besser abschneiden als Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ohne Berücksichtigung von deren Stärken einsetzen. Und auch für die einzelnen Menschen, die ihr Stärkenpro- Bewusstseinsressourcen Bewusstsein ist die Basisressource zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle für die Verantwortungsmärkte von morgen. Dabei wirkt diese Ressource sowohl auf der Anbieterseite als auch auf der Konsumentenseite als Innovationstreiber. Denn Geschäftsmodelle der Bewusstseinsökonomie setzen auf substanzielle Nutzenstiftungen, die auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme Mehrwerte schöpfen. Ein Beispiel für Geschäftsmodelle, die die Produktion von Bewusstseinsressourcen als Motor für ihr Geschäftsmodell nutzen, ist das von Don Clifton und dem US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Gallup entwickelte »Strengthfinder«-Modell. Hinter diesem Modell verbirgt sich ein psychologisches Programm, mit dem Menschen ihr persönliches Stärkenprofil ermitteln können. Es ist bei jedem Mensch unterschiedlich ausgeprägt, wobei sich das Stärkenprofil im Verlauf des Lebens nicht nennenswert verschiebt. Lediglich können die einzelnen Stärken durch entsprechendes Training verstärkt und ausgebaut werden. Wo sie dagegen ungenutzt brach liegen, bleiben sie unterentwickelt. Die Pointe der von Gallup angebotenen Stärkenanalyse liegt darin, dass Unternehmen, die ihre RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 70 26.02.21 11: 15 <?page no="70"?> 71 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle fil kennen, hat dieses Wissen Vorteile. Denn sie können sich dann passgenauer die Positionen aussuchen, die zu ihren Stärken passen. Das führt zu besseren Ergebnissen ihrer Leistungen, da die Stärken zumeist von ihren Interessen gespiegelt werden, sowie zu einer erhöhten Motivation, Zufriedenheit und persönlichem Erfolg. Indem Gallup dieses Modell bei Unternehmen schult und berät, hat es für sich ein Geschäftsmodell entwickelt, das sowohl auf allen Ebenen des eigenen Unternehmens als auch auf allen Ebenen seiner Kunden zur Optimierung von Systemressourcen beiträgt. Fraktal der Ressourcenschöpfung Fokus Nutzen: Aktivierung Faktor Sinn Fokus: Bewustsein Aktivierung Faktor Ressourcen institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Wer te Kooperation Ertrag physisches System Überleben RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 71 26.02.21 11: 15 <?page no="71"?> 72 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Erfolgsfaktor Prozesse Aus der Triangulation der Systemlogik der Nutzenstiftung mit den Systemlogiken der Werte und des Ertrages entsteht das Fraktal der Leistungserstellung. Es aktiviert den Faktor Prozesse und spannt das Feld der Leistungserstellung unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung auf: Möchte das Unternehmen als lebendes System bestehen, benötigt es ein Nutzenversprechen, dass das Unternehmen nachhaltig trägt. Das ist dort der Fall, wo die Leistungsprozesse von einem Prozessverständnis getragen werden, bei dem bei allen Akteuren (Mitarbeiter, Lieferanten, Partner) die ganzheitliche Verantwortungsübernahme für die eigenen Leistungsanteile im Zentrum des Leistungsversprechens steht. Wo das der Fall ist, entfaltet die operative Umsetzung des Leistungsversprechens eine Wirkung, die mit ökonomisch erfolgreichen Mitteln die Bedarfe der Verantwortungsmärkte von morgen bedient. beispielsweise noch vor 12: 00 Uhr mittags ein Auftrag aus den USA ein, kann er oft schon am selben Tag ausgeliefert werden, da die Fertigung variabel ausgelegt ist. Damit die Waren beim Kunden schnell ankommen, hat Schmalz eine staatliche Zulassung als Zollprüfstelle erwirkt. Alle Waren, die bei Schmalz in Glatten verpackt werden, sind zollkonform mit Papieren ausgestattet, so dass sie ohne weitere Zollprüfung in Häfen oder Flughäfen auf direktem Weg ver- Ressourcenschöpfende Hochleistungsprozesse Ein gutes Beispiel dafür, wie man mit ressourcenschöpfenden Hochleistungsprozessen zum Marktführer aufsteigen kann, liefert die J. Schmalz GmbH aus Glatten im Schwarzwald. Das in dritter Generation geführte Familienunternehmen ist mit rund 1.500 Mitarbeitern Weltmarktführer im Bereich hochspezialisierter Vakuumtechnologien für den Transport sowie die Verarbeitung und Verpackung von unterschiedlichsten Produkten und Stoffen aus Glas, Metall, Kunststoffen, Holz oder Papier. Hierzu fertigt Schmalz ein Produktsortiment aus vielen tausend Einzelteilen, Klein- und Großserien, das von kleinsten selbstentwickelten Pumpen, Saugsystemen und Näpfen bis hin zu Komponenten und großen Greifanlagen reicht, die beispielsweise bei vollautomatischen Fertigungen und Verpackungsstraßen zum Einsatz kommen. Zur Bewältigung der hochkomplexen Fertigungsprozesse, die auftragsbestimmt jeden Tag neu geplant wird, setzt Schmalz auf ein Prozessmanagement, das in allen Facetten der Unternehmung sich darauf konzentriert, Systemressourcen zu schöpfen, die für die Kunden zu Mehrwerten führen. Ein Beispiel hierfür ist das Lager- und Liefermanagement. Schmalz betreibt in Glatten einen Fertigungsprozess sowie ein Hochregallager, bei dem relevante Teile im rollierenden Fertigungsverfahren innerhalb von Stunden gefertigt und geliefert werden können. Trifft RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 72 26.02.21 11: 15 <?page no="72"?> 73 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle sandt werden können. Mit dem gleichen Fokus einer konsequenten Ressourcenschöpfung wurde das Hochregallager mit einem automatisierten Transportsystem ausgestattet. Die Bremsvorgänge des Greifsystems werden dabei in Energie umgewandelt, mit der das System selbst betrieben wird. Auch die Gebäude sind so ausgelegt, dass sie Energie liefern, egal ob es gerade schneit, regnet, stürmt oder die Sonne scheint. Die Grundlage für dieses ressourcenschöpfende Prozessmanagement ist eine Verantwortungskultur, bei der teamorientierte Kooperation und der Fokus auf kontinuierlicher Verbesserung aller Prozesse im Zentrum der Unternehmensführung stehen. Von den rund 950 Mitarbeitenden in Glatten werden im Schnitt sieben bis acht Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter und Jahr eingereicht. In eigenverantworteter Selbstorganisation der Teams und Abteilungen werden dabei rund 80 % dieser Vorschläge schon innerhalb von zwei Wochen umgesetzt. Möglich wurde dies durch eine Führungskultur, bei der die ganzheitliche Verantwortungsübernahme für die eigenen Leistungsanteile im Zentrum des Prozessmanagements steht. Fraktal der Leistungserstellung Fokus Nutzen: Aktivierung Faktor Ertrag Fokus Verantwortung: Aktivierung Faktor Prozesse institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Wer te Kooperation Ertrag physisches System Überleben RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 73 26.02.21 11: 15 <?page no="73"?> 74 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Erfolgsfaktor Kommunikation Der Erfolgsfaktor Kommunikation wird aktiviert, wenn das Feld der Sinnversprechen unter den Gesichtspunkten der Motivation so aufgespannt wird, dass aus der Triangulation der Systemlogik des Sinns mit den Systemlogiken der Nutzenstiftung und des Überlebens das Fraktal der Sinnversprechen entsteht. Analog zum Blutkreislauf, der als organischer Basisprozess nur dann lebenserhaltend wirkt, wenn er sich mit den Durchflusssystemen der Sauerstoffzufuhr und der Ernährung zum voll funktionsfähigen Energiesystem des Organismus verschränkt, wird das unternehmerische Lebenselixier Kooperation nur dann erfolgswirksam, wenn es kommunikativ so auf das Nutzenversprechen der Unternehmung ausgerichtet wird, dass im Unternehmen Sinnpotenziale und Motivationsrenditen entstehen. Das ist dann der Fall, wenn die Mission der Nutzenstiftungen so mit einer Vision für die Wirkungen des Sinnversprechens verknüpft wird, dass bei allen, die an der Nutzenstiftung beteiligt oder von ihr betroffen sind, das Bedürfnis entsteht, daran aktiv teilhaben und mitwirken zu wollen. Die kommunikative Produktion von Sinnversprechen für substanzielle Nutzenstiftungen ist der Basisprozess für die Entwicklung von Kommunikationsrenditen, mit denen das Unternehmen sein Überleben absichern kann. Getan ist nicht gekonnt! Damit etwas »gekonnt« wird, muss es so erläutert werden, dass die Verfahrens- und Handlungsanweisungen selbsterklärend sind! Das ist die kommunikative Dimension der Befähigung. Gekonnt ist nicht gewollt! Damit etwas gekonnt und gewollt wird, muss der Adressat so über- Kommunikationsrenditen Kommunikationsrenditen entstehen, wo der Umgang im Unternehmen fair, transparent und sachgerecht so gestaltet wird, dass die sechs Dimensionen der gelungenen Kommunikation erfüllt und bei allen an der Leistungserstellung mitwirkenden Personen deren Können (Fähigkeiten) und Wollen (Motivation) aktiviert werden: Gesagt ist nicht gehört! Um gehört zu werden, muss man Aufmerksamkeit erregen! Das ist die kommunikative Dimension der Aufmerksamkeit. Gehört ist nicht verstanden! Um verstanden zu werden, muss man im Modus und Inhalt klar strukturierte Botschaften vermitteln! Das ist die kommunikative Dimension der Verständlichkeit. Verstanden ist nicht einverstanden! Um Einverständnis zu erhalten, muss das Gegenüber anerkannt und die Kommunikation auf die Belange des Gegenübers abgestimmt werden! Das ist die kommunikative Dimension der Überzeugungskraft. Einverstanden ist nicht getan! Damit Einverständnis zu aktiver Umsetzung führt, ist der kommunizierte Inhalt so herunterzubrechen, dass der Adressat weiß, was zu tun ist, wie es zu tun ist und warum es für ihn sinnvoll ist, es zu tun! Das ist die kommunikative Dimension der Motivation. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 74 26.02.21 11: 15 <?page no="74"?> 75 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Fehler von Mitarbeitern sind in der Regel das Ergebnis kommunikativer Führungsfehler - Fehler des Mitarbeiters also Fehler der Führungskraft! zeugt und befähigt werden, dass er das Ziel eigenständig engagiert umsetzt! Das ist die kommunikative Dimension der Begeisterung. Aus diesem kleinen Einmaleins der gelungenen Kommunikation entsteht die Kommunikationsrendite. Sie ist das Ergebnis aus der gesteigerten Leistungsbereitschaft (Wollen), der gesteigerten Leistungsfähigkeit (Können) und der gesteigerten Leistungstätigkeit (motiviertes Tun) bei der Umsetzung von übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten. Wo dagegen gegen das kleine Einmaleins der gelungenen Kommunikation verstoßen wird, kommt es zu Fehlern und Demotivationsrenten. Deshalb gilt für den Faktor »Kommunikation« der kommunikative Grundsatz: Fehler von Mitarbeitern sind in der Regel das Ergebnis kommunikativer Führungsfehler - Fehler des Mitarbeiters also Fehler der Führungskraft! Fraktal der Sinnversprechen institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Wer te Kooperation Ertrag physisches System Überleben Fokus Sinn: Aktivierung Faktor Motivation Fokus Überleben: Aktivierung Faktor Kooperation RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 75 26.02.21 11: 15 <?page no="75"?> 76 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Erfolgsfaktor Steuerung Aus der Triangulation der Systemlogik der Werte mit den Systemlogiken der Nutzenstiftung und des Sinns entsteht das Fraktal der Leistungswirkungen. Es aktiviert den Faktor Steuerung und spannt das Feld der Leistungswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Mittel- und Ressourcenschöpfung auf: Die Steuerung der Leistungswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Mittelaktivierung ersetzt den betriebswirtschaftlichen Blick auf den Umgang mit knappen Mitteln - betriebswirtschaftlich gesprochen das knappheitsfixierte Mantra der Transaktionskostenanalyse, bei dem durch »Make or Buy«-Entscheidungen Kosten nicht nur minimiert, sondern nach Möglichkeit durch Externalisierung auf Dritte ausgelagert werden - durch den Fokus auf die Aktivierung aller Mittel und Ressourcen, mit denen das Unternehmen seine multidimensionale Wert- und Werteschöpfungen in Gang setzen kann. Das gelingt dort, wo das Unternehmen auf allen Ebenen des Systems die Prozesslandschaft so steuert, dass Mehrwerte entstehen, die das vielgestaltige Ressourcenkapital der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme anreichern. Aufseiten der Umgebungssysteme sind dies das natürliche Kapital, bestehend aus Naturressourcen, sowie das gesellschaftliche und das institutionelle Kapital, bestehend aus Rechtssystemen, freien Märkten, sozialen Sicherungssystemen, Schulen, Ausbildungsprogrammen. Ressourcenkapital Aus dem vierten ethikologischen Axiom zukunftsfähiger Geschäftsmodelle - »Zukunftsfähige Geschäftsmodelle tragen sich ökonomisch selbst und mit substanziellen Nutzenstiftungen dazu bei, dass auf allen Systemebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme die Ressourcenbasis wächst, von der sich das Unternehmen nährt! « - leitet sich die multidimensionale Kapitalperspektive ab, die das Unternehmen einnehmen muss, wenn es die Mittel- und Ressourcen erwirtschaften möchte, die es für sein eigenes Gedeihen benötigt. Aufseiten der mit dem Unternehmen verbundenen Menschen sind dies das Sozialkapital, bestehend aus Vertrauen, Kooperationswilligkeit, geteiltem Wissen und Verantwortungsübernahme; das Humankapital, bestehend aus Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Bewusstsein, Reflexionsfähigkeit, Imaginationsfähigkeit und Kreativität; das emotionale Kapital (Einfühlungsvermögen) sowie das spirituelle Kapital, bestehend aus Lebensvertrauen, Kraft, Mitmenschlichkeit, Idealismus und Begeisterungsfähigkeit. Aufseiten der Organisation sind dies das ökonomische Kapital, bestehend aus finanziellen Mitteln sowie aus Rechten und anderen ökonomisch be- und verwertbaren Assets wie Marken, Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Inventar, Produkte und Lagerbestände; das technische Kapital, bestehend aus Know-how, Verfahren und Prozessen sowie das kulturelle Kapital, bestehend aus den im Unternehmen gelebten Werten der Kooperations- und Kommunikationskultur (Wertekapital). RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 76 26.02.21 11: 15 <?page no="76"?> 77 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Wo das Unternehmen mit seinen Leistungen dazu beiträgt, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme der Ressourcengrundstock dieser Kapitalarten angereichert wird und wächst, schafft es die materielle Basis, mit der es sich selbst gesteigert wettbewerbsfähig halten kann. Verengt es sich dagegen in seiner Leistungserstellung einseitig auf die Produktion von Erträgen und damit einseitig auf die rein ökonomische Kapitalproduktion, trägt es möglicherweise mit ressourcenzerstörenden Geschäftsmodellen und Geschäftspraktiken dazu bei, dass die Ressourcenbasis der Umgebungssysteme geschwächt wird. In der Folge kann das dazu führen, dass auch die eigene Ressourcenbasis erodiert und die Lebensgrundlagen der Unternehmung langfristig schwinden. Fraktal der Leistungswirkungen institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Wer te Kooperation Ertrag physisches System Überleben Wo das Unternehmen mit seinen Leistungen dazu beiträgt, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme das Ressourcenkapital wächst, schafft es die Basis, mit der es sich selbst gesteigert wettbewerbsfähig halten kann. Fokus Werte: Aktivierung Faktor Steuerung Fokus Ressourcen: Aktivierung Faktor Verantwortung RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 77 26.02.21 11: 15 <?page no="77"?> 78 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Leistungsfaktor Dynamik und Stabilität Die Natur operiert bei der Steuerung komplexer Systeme nach dem Gesetz der starken und schwachen Verbindungen. Dabei liefern die schwachen Verbindungen den Schlüssel für die Stabilität dieser Systeme. Kybernetisch gesprochen organisieren sich Großsysteme wie etwa ein Wald- oder Riffökosystem, aber auch Kleinsysteme wie einzelne Holobionten durch die Ausbildung von vielfältigen Subsystemen, die sich über ein Netzwerk multidimensionaler Verbindungen zum Großsystem zusammenschließen. In diesen Subsystemen sind deren Elemente zumeist nur untereinander verbunden. Es sind schwache Verbindungen, weil sie keinen Einfluss auf die anderen Subsysteme des Großsystems ausüben können. Einige wenige von ihnen stehen dagegen zusätzlich auch mit einzelnen Elementen aus anderen Subsystemen in Verbindung. Sie bilden die Knoten im Systemgeflecht (Netzwerk) des Großsystems und produzieren starke Verbindungen, weil sie das Zusammenspiel der verschiedenen Subsysteme beeinflussen können. Aufgrund dieser Organisationslogik kann das Großsystem schnell auf Veränderungen reagieren und atmen, da sich die Elemente der Subsysteme auf kurzem Weg selbst regulieren und zugleich Informationen zwischen den Subsystemen schnell über die Knoten des Netzwerkes ausgetauscht werden. Übertragen auf die Unternehmung liefert dieses Organisationsprinzip der Natur den Schlüssel für die erfolgreiche Ausrichtung von Organisationen. Denn es verknüpft das operative Führungsprinzip der Selbstorganisation mit dem visionären das mit den Gezeitenzyklen das auf der Erde befindliche Wasser so in Bewegung gebracht hat, dass sich dort Mischungen und Sauerstoffeinträge ergaben, aus denen sich erste Organismen entwickeln konnten. Ein weiteres Beispiel sind Spurenelemente und Vitamine. Deren Wirkungen auf den Organismus sind oft weitaus stärker als jene aus der sonstigen, Feldlinien Was gab Kolumbus Fokus und Richtung? Sein Wille und sein Kompass. Sein Wille entsprang der Vision, die Westroute nach Indien zu finden; sein Kompass war das Mittel, mit dem er die „Santa Maria“ auf Kurs halten konnte. Um kompassgesteuert Kurs halten zu können, benötigt es einen stabil verankerten Magnetkern - es ist der Metallkern im Zentrum unserer Erde -, an dessen Feldlinien der Kompass ausgerichtet werden kann. In Abwandlung von Antoine de Saint-Exupérys geflügeltem Wort - »Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer« - ist dieser Kern nicht die zu schürende Sehnsucht nach dem dem weiten Meer, sondern die starke Vision einer Leistungswirkung die gepaart mit dem Rüstzeug zu ihrer Umsetzung zur konkreten Mission des Leistungsversprechens verdichtet wird. Die in der Mission (dem Leistungsversprechen) konkretisierte Vision der Leistungswirkung ist der Kompass, an dem die Selbststeuerungskräfte der Organisation so ausgerichtet werden können, dass der Erfolg planbar wird. Starke und schwache Verbindungen Starke Wirkungen entstehen in der Natur eher aus schwachen als aus starken Kräften und Verbindungen. Das Reich des Lebendigen ist selbst dafür das Beispiel. Entstanden ist es durch das Gravitationsfeld des Mondes, RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 78 26.02.21 11: 15 <?page no="78"?> 79 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle mengenmäßig deutlich umfangreicheren Nahrungsmittelaufnahme. Übertragen auf die Unternehmung wird das starke Prinzip der schwachen Kräfte gespiegelt im fälschlicherweise dem Management-Guru Peter Drucker zugeschriebenen Bonmot »Culture eats Strategy for Breakfast«, sprich der Einsicht, dass selbst die besten Strategien und Geschäftsmodelle scheitern, wenn die gelebte Organisationskultur von den falschen Werten getragen wird. Verglichen mit den starken, sprich harten Werten, wie sie die Betriebswirtschaft mit ihren ökonomischen Kennzahlensystemen lehrt und predigt, sind es deshalb die schwachen, sprich weichen Werte der Unternehmenskultur, die am Ende darüber entscheiden, mit welcher Güte und Wirkungskraft das Unternehmen seine Leistungsversprechen erfüllen kann. Führungsprinzip der Feldliniensteuerung. Das Prinzip der Selbstorganisation lebt aus den schwachen Verbindungen, die die Elemente der einzelnen Subsysteme untereinander pflegen - etwa die Personen eines Teams, einer Abteilung oder einer Organisationseinheit. Übersteigen diese Einheiten nicht die überschaubare Anzahl von bis zu maximal 150 Personen (das ist die kritische Grenze für die Steuerungsfähigkeit von organisatorischen Einheiten), können sich die Mitglieder dieser Einheiten auf kurzem Weg flexibel und agil selbst steuern. Das visionäre Führungsprinzip der Feldliniensteuerung lebt dagegen aus den starken Verbindungen der Knoten, die die einzelnen Subsysteme zu einem Netzwerk verknüpfen. Beim Unternehmen sind dies die Personen, die innerhalb der Unternehmung die Verbindungen zwischen den einzelnen Abteilungen, Teams und Standorten absichern sowie jene Personen, die nach außen die Verbindungen zum Ökosystem aus Kunden, Lieferanten, Partnern und anderen Personen und Systemen pflegen, in welchem sich das Unternehmen bewegt. Die Voraussetzung für die erfolgreiche Verschränkung beider Organisationsprinzipien ist eine offene Organisationskultur sowie ein Kompass, mit dem das Unternehmen feldlinienorientiert gesteuert werden kann. Starke und schwache Verbindungen RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 79 26.02.21 11: 15 <?page no="79"?> 80 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Leistungsfaktor Hochleistungsteams Wollen Unternehmen mit substanziellen Nutzenstiftungen im Wettbewerb bestehen, sind sie aufgefordert, zugleich immer flexibler und unverwechselbarer zu werden. Die Lösung dieses Paradoxons moderner Unternehmensführung gelingt dort, wo Unternehmen eine identitätsstiftende Organisationskultur entwickeln, in der der Umgang miteinander von Achtung, Respekt, Vertrauen und geteilter Verantwortungsübernahme getragen wird. Wo das der Fall ist, kann sich das Unternehmen zu einem Hochleistungsteam entwickeln, das für seine Kunden flexibel einen unverwechselbaren Nutzen und Mehrwerte stiftet, die das Unternehmen tragen. Die Ausbildung von Hochleistungsteams erfordert ein Kommunikations- und Kooperationsverhalten, dass das im Unternehmen wirkende Sozialkapital aus Loyalität, Vertrauen und geteiltem Wissen steigert, indem es alle an einer Problemlösung Beteiligten berücksichtigt und in die Lösung mit einbezieht. vante konzentrieren. Bei komplexen Sachverhalten kann das dazu führen, dass etwas ausgeblendet wird, was mit Blick auf die komplexe Situation relevant ist, obwohl es aus der Erfahrungssicht der beteiligten Expertinnen und Experten als unwichtig bewertet Hochleistungsteams Übergibt man eine komplexe Aufgabe einer Gruppe, in der jeder eigenständig für sich eine Lösung erarbeiten soll, erhält man aus dem Rücklauf der Lösungsvorschläge ein Spektrum, das von teils ungenügenden Lösungen bis hin zu Expertenlösungen reicht. Übergibt man die gleiche Aufgabe einem durchschnittlichen Team, ist das Ergebnis oft unbefriedigend. In der Regel fällt es nämlich schlechter aus als die beste Einzellösung. Denn häufig kommt es bei Team-Entscheidungen zu Diskussionen, bei denen sich am Ende die Meinung jener durchsetzt, die im Team die Alpha-Rolle innehaben, oder es wird per Mehrheit abgestimmt. Dabei fallen Expertenansichten oft unter den Tisch, da Expertinnen und Experten vielfach introvertierte Menschen sind und im Prozess der Entscheidungsfindungen nicht immer das notwendige Gehör erhalten. Wird die Aufgabe dagegen von einem Hochleistungsteam bearbeitet, fällt die Lösung oft noch besser aus als die besten Expertenvorschläge. Denn Expertentum entsteht aus der Verdichtung von vielfältigen Erfahrungen zu einem konkreten Wissensfundus. In dieser Verdichtung wird alles ausgeblendet, was aus Sicht der Experten unwichtig erscheint. Nur so kann sich die Expertin oder der Experte auf das Rele- RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 80 26.02.21 11: 15 <?page no="80"?> 81 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle wird. Oft wird dieses Relevante dabei gerade von jenen vorgebracht, die selbst keine Experten oder aber Experten auf einem vollkommen anderen Gebiet sind. Hochleistungsteams organisieren sich deshalb nach dem Prinzip der offenen Organisation offener Lösungen. Hierbei werden auch solche Vorschläge und Ansichten in der Entscheidungsfindung berücksichtigt, die bei herkömmlichen Teamprozessen und Expertenlösungen unter den Tisch fallen. Der Unterschied zwischen normalen Teams und Hochleistungsteams besteht somit darin, dass sich letztere als lernende Systeme aufstellen. Sie spielen auch solche Fragen und Lösungen durch, die bei durchschnittlichen Teamlösungen unter den Tisch fallen. Aus den Erfolgsfaktoren der Unternehmung als lebendes System leitet sich das Planungssystem zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ab. Es bildet die Prozess- und Systemlandschaft des Unternehmens in einer integrierten Planungslandkarte ab. (siehe Der Werkzeugkasten, S. 136) Dabei werden die normativen, operativen und systemischen Dimensionen des Unternehmens als einem lebenden System sowohl einzeln in den Blick genommen, als auch als zusammenhängendes System aufeinander abgebildet. Das Kriterium für diese Abbildung ist die Stimmigkeit und Passung der inneren Organisation mit Blick darauf, wie sich das Unternehmen mit seinen Leistungen in seiner Umwelt bewegen möchte und überlebensfähig halten kann. Die einzelnen Felder der Planungslandkarte entstehen aus der Verschränkung Systemdimensionen der Leistungsbedingungen (normative Dimension), der Leistungserstellung (strategische und operative Dimension) sowie der zu messenden Leistungswirkungen (systemische Dimension) mit den Planungsebenen zur konkreten Ausgestaltung der Leistungstreiber. In der Innen-Außenausfaltung der Unternehmung schichten sie sich von Innen und unten nach Außen und oben in vier Planungsebenen auf: 1. in die Ebene der Werte, über die sich das Unternehmen als lebendes Kooperationssystem organisiert. 2. in die Ebene der Mission (des Leistungsversprechens) und der dazu notwendigen Organisation, Prozesse, Partner und Netzwerke, mit denen das Leistungsversprechen umgesetzt werden soll. 3. in die Ebenen Wirkungen (Vision 1), die mit der Umsetzung der Primärnutzenstiftung auf der Ebene der Kunden und Systempartner sowie dem eigenen Unternehmen entstehen. 4. in die Ebene der Ressourcenschöpfungsleistungen und Sekundärnutzenstiftungen (Vision 2), die die Umsetzung des Leistungsversprechens auf den Systemebenen der Mit-, Um- und Nachwelt erwirkt. Das Planungssystem zukunftsfähiger Geschäftsmodelle RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 81 26.02.21 11: 15 <?page no="81"?> 82 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Innen normative Dimension der Leistungsbedingungen strategische und operative Dimension der Leistungserstellung systemische Dimension der Leistungswirkungen Außen Vision 2 Wirkung des Leistungsversprechens in der Welt Ressourcenschöpfungen Systemwirkungen Mit-, Um-, Nachwelt zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung Vision 1 Wirkung des Leistungsversprechens beim Kunden Produkte & Dienstleistungen Nutzen Systempartner (Kunden, Lieferanten, …) und Unternehmen (Renditen) erste Wirkungsebene der Leistungserstellung Mission Leistungs- und Nutzenversprechen (Leitwerte) Prozesse Systempartner und Netzwerke Kunden Lieferanten Geschäftspartner Stakeholder der Leistungserstellung Prozessebene der Leistungserstellung Werte Unternehmenskultur (Prozesswerte) Kooperation Mitarbeitende (Motivation) Werteebene der Leistungserstellung Die Planungslandkarte der Unternehmung institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Werte Kooperation Ertrag physisches System Überleben RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 82 26.02.21 11: 15 <?page no="82"?> 83 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Die Arbeit mit der Planungslandkarte orientiert sich am ersten Kernsatz der erfolgreichen Unternehmensentwicklung. Er lautet: »Resonanz und Fokus ergeben Wirkung.« „Resonanz“ bedeutet, dass das Unternehmen in seiner Außenorientierung passgenau auf die Anforderungen und Belange der Umwelt reagiert. „Fokus“ bedeutet dagegen, dass es sich in seiner Reaktionsfähigkeit auf die Umweltbelange darauf konzentriert, Leistungsangebote zu entwickeln, die auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme zu Systemleistungsüberschüssen führen, die die Basis des Unternehmens absichern, indem sie nach innen und außen die Ressourcenbasis der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme anreichern und stärken. Das gelingt, wo aus dem Zusammenspiel der fünf Systemlogiken des Unternehmens die Feldlinien eines Nutzenversprechens entstehen, das den ethikologischen Erfolgsprinzipien der Natur verpflichtet ist. Das ist dort der Fall, wo die Wirkungsorientierung des Leistungsversprechens konsequent am Ressourcenschöpfungsprinzip ausgerichtet wird, das das Unternehmen auf lange Sicht operativ tragfähig macht. Je höher die Amplituden der Resonanz ausschlagen, um daraus den Fokus für die eigenen Ressourcenschöpfungsleistungen ableiten zu können, desto höher ist die Wirkungsenergie, mit der das Unternehmen sein Leistungsversprechen ins Ziel bringen kann. Der Fokus der Unternehmensentwicklung RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 83 26.02.21 11: 15 <?page no="83"?> 84 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Der Prozess der Unternehmensplanung Egal, ob es sich bei der Unternehmensplanung um eine Neugründung oder bei einem bestehenden Unternehmen um die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells, die Entwicklung einer neuen Strategie oder um einen Change-Prozess handelt, mit dem das Unternehmen neu ausgerichtet werden soll: Der Planungsprozess gleicht einer »Echternacher Springprozession«. In sich wiederholenden Vor- und Rückschritten werden die Felder der Planungslandkarte immer wieder neu aufeinander abgetragen und mit Blick auf die Wirkungsziele des Leistungsversprechens strategisch und operativ zugespitzt. Dabei wird im Planungsprozess die horizontal lineare Zeitachse der Wirkungsfokussierung in eine vertikal trichterförmig verlaufende Planungsperspektive gekippt und Stufe um Stufe die Geschäftsidee, das Geschäftsmodell und der Geschäftsplan entwickelt. In diesem trichteranalytischen Verdichtungsprozess ist der Geschäftsplan das Instrument, mit der das normative Leistungsversprechen operativ in seine Wirksamkeit gebracht wird. Der strategische und operative Geschäftsplan der Leistungserstellung übernimmt dabei die doppelte Funktion einer Blaupause zur Entwicklung des Vehikels (des Unternehmens), mit dem das Ziel erreicht werden soll, sowie die Funktion einer Landkarte, mit der das Vehikel in der Marktlandschaft zu seinem Ziel gesteuert werden kann. Dabei gilt auch für diesen Plan der universelle Mediengrundsatz: »Die Blaupause ist nicht das Vehikel und die Karte nicht das Gebiet! « Wie die Karte nicht die Landschaft ist, die das Fahrzeug anhand der Karte durchfährt, ist der Geschäftsplan weder das Unternehmen noch das Marktgeschehen, in dem das Unternehmen seinen Weg nimmt, sondern lediglich das Instrument, mit dem sowohl das Fahrzeug (die Organisation) als auch sein Weg in der Marktlandschaft entwickelt und ausgerichtet werden können, sobald sich das Unternehmen auf den Weg macht, um sein Ziel zu erreichen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 84 26.02.21 11: 15 <?page no="84"?> 85 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Blaupausen und Landkarten Merke: Die Karte ist nicht das Gebiet, die Blaupause nicht das Gebäude, Vehikel oder Werkzeug. Sie ersetzen nicht den Weg und die Herstellung des dazu notwendigen Mittels, helfen aber, auf dem Weg zur Zielerreichung mit den erwarteten und nicht erwarteten Hindernissen besser umgehen zu können. Analog ist der Geschäftsplan nicht die sichere Fahrkarte zum Erfolg, sehr wohl aber das Instrument der Wahl, um zur Zielerreichung ein entsprechendes Vehikel entwickeln sowie auf der Fahrt zum Ziel unerwartet auftretende Schwierigkeiten und Hindernisse durch die Neuausrichtung der Route umgehen und lösen zu können. Ein Flug zum Mond erfordert eine Rakete, eine Untersuchung des Meeresgrundes die Entwicklung eines U-Boots und eine Bergexpedition den Aufbau einer verlässlichen Seilmannschaft. Dabei erfordern alle drei Missionen jeweils unterschiedliche Organisationen, Prozesse, Routen und Sicherungssysteme, wenn sie ihr definiertes Ziel erfolgreich erreichen wollen. Wie eine gute Karte und Blaupause hilft ein guter Plan sowohl bei der Vorbereitung und Nachjustierung der Schritte zum Ziel als auch bei der Entwicklung der optimalen Instrumente und Vehikel, mit denen das Ziel erreicht werden kann. Erfolgreich wird die Planung, wenn sie mit einem Steuerungssystem verknüpft wird, das auf die bei der Umsetzung des Wegs vorgefundenen Situationen, Weiser und Hindernisse reagiert, damit die Wege und Mittel bei Bedarf situationsgerecht neu ausgerichtet und weiterentwickelt werden können. Bei Unternehmen ist die Planung die Karte und das Wertecockpit das Steuerungssystem, mit dem die Schritte und Wege zum Ziel überprüft und nachjustiert werden. Der Stufenprozess der Planung Geschäftsidee Geschäftsmodell Geschäftsplan Leistungserstellung Wertecockpit Organisation / Kommunikation Wirkung / Ertrag Sinn / Nutzen RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 85 26.02.21 11: 15 <?page no="85"?> 86 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Der Planungshorizont Der mit der Planungslandkarte für zukunftsfähige Geschäftsmodelle erstellte Geschäftsplan verknüpft zwei Planungsperspektiven: die Zeitperspektive der Wirkungsorientierung, in der Diktion der Kartenmetapher gesprochen die Wegperspektive des Leistungsversprechens, sowie die Sachperspektive der Unternehmensentwicklung, in der Diktion der Blaupausenmetapher gesprochen die Mittel- und Prozessperspektive. Beide Perspektiven entspringen dem Nutzenversprechen des Geschäftsmodells. Als normative Dimension der Unternehmung legt es mit der Mission und Vision sowohl die Unternehmensziele als auch die operativen Werte, Mittel und Prozesse fest und damit das Vehikel (die Organisation und ihre Unternehmenskultur), mit der das Ziel erreicht werden soll. Die normative Dimension der Unternehmung wird mit der C4-Matrix definiert und gesteuert. Sie entsteht aus den beiden zentralen Entwicklungsachsen des Unternehmens: der Stabilisierungsachse sowie der Wachstumsachse der Unternehmung. Mit den Dimensionen der Unternehmensidentität (Corporate Identity) und der Unternehmenswerte (Corporate Values) wirkt die Stabilisierungsachse nach innen, indem sie den Wertekern und damit die Werte-DNA der Unternehmung fixiert. Dieser Wertekern legt fest, wofür das Unternehmen steht (Nutzenversprechen), was es bewirkt (Mission, Vision) und wie es bewirkt wird (Unternehmenskultur). Als Rückgrat der Unternehmung ist die Stabilisierungsachse der entscheidende Faktor dafür, wie sich das Unternehmen auf der nach außen gerichteten Wachstumsachse entwickeln und in den Dimensionen des Unternehmenswissens (Corporate Knowledge) und der Unternehmensentwicklung (Corporate Development) erfolgreich entfalten kann. Damit sich das Unternehmen auf seiner Wachstumsachse konkret entwickeln kann, werden in der Unternehmensplanung die Zeit- und Sachperspektiven zu einem einheitlichen Planungssystem verbunden, bei dem mehrere Planungsinstrumente (siehe Der Werkzeugkasten, S. 134) zum Einsatz kommen. Die normative Dimension der Unternehmung umgreift dabei den kompletten Lebenszyklus des Unternehmens. Innerhalb dieses Zeithorizontes ergibt sich aufgrund von Veränderungen im Marktgeschehen oft die Notwendigkeit, dass ein Geschäftsmodell oder zumindest die Unternehmensstrategie gewechselt oder angepasst werden muss. Um frühzeitig auf diese Notwendigkeiten reagieren zu können, operiert das Planungssystem mit drei ineinandergreifenden Geschäftsplänen: einem in der Regel auf sieben Jahre angelegten Strategieplan, einem in der Regel auf drei Jahre angelegten Geschäftsplan sowie einem operativ jährlich neu zu budgetierenden Jahresplan. Der Fokus dieser Pläne konzentriert sich auf die strategische und operative Leistungserstellung. Sie legen fest, wie und nach welchen Maßgaben auf der Ebene der Organisation und Prozesse sowie der Ebene der Produkte und Dienstleistungen das Unternehmen welche Projekte, Maßnahmen, Produkte, Schritte und Ergebnisse entwickelt und mit welchen Ergebnissen umsetzen soll. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 86 26.02.21 11: 15 <?page no="86"?> 87 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Im Rahmen der strategischen und operativen Planung werden diese Pläne innerhalb eines Geschäftsmodellzyklus kontinuierlich nachgeführt und auf der Grundlage der normativen Dimension der Unternehmung in allen Aspekten der Sachhorizonte des Unternehmens überprüft und angepasst. Notwendige Strategie- und Geschäftsmodellwechsel können so frühzeitig aufgegriffen und in der strategischen und operativen Planung auf den Weg gebracht werden. Sachhorizont Wer sind wir? Was wollen wir bewirken? Wo stehen wir heute? Wo wollen wir hin? Zeithorizont Wachstum Wachstum Wertschöpfung Wertschöpfung Geschäftsmodell Ressourcen Organisation Finanzen Die C4-Matrix Corporate Identity Corporate Development Corporate Knowledge Corporate Values Zeit 1 Jahr operativer Zeitraum Budget-Plan 2-4 Jahre mittelfristiger Zeitraum Business-Plan 5-7 Jahre strategischer Zeitraum Strategie-Plan ∞ normativer Zeitraum Mission, Vision, Werte ∞ Leitbild und Geschäftsmodell Identität Wissen Werte Entwicklung C4-Matrix RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 87 26.02.21 11: 15 <?page no="87"?> 88 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Steuerungsperspektiven: Das Wertecockpit Die Nachführung der Unternehmensplanung im Geschäftsverlauf erfolgt mit dem Instrument des Wertecockpits. (siehe Der Werkzeugkasten, S. 180) Es verknüpft drei Kennzahlenperspektiven: die Nutzen- und Werteschöpfungskennzahlen, mit denen die Nutzen- und Ressourcenschöpfungseffekte der unternehmerischen Leistungserstellung bemessen werden; die Organisations- und Prozesskennzahlen, mit denen die operativen Prozesse nach der Produktivitäts-, Effizienz und Effektivitätskriterien bemessen werden, sowie die Finanzkennzahlen, mit denen die ökonomischen Effekte der Unternehmensaktivitäten bemessen werden. Ausgehend vom sechsten und achten ethikologischen Axiom zukunftsfähiger Geschäftsmodelle, »Ertrag und Erfolg sind die Folge einer Nutzenstiftung, die sich nicht mit Ertrags- und Erfolgskennzahlen messen lässt« (sechstes Axiom) sowie »Werteschöpfung ist der Kernwertschöpfungsprozess des Unternehmens« (achtes Axiom), entfaltet sich die Logik des Wertecokpits nach dem Prinzip einer Treiberlandkarte. In ihr stehen die Werteschöpfungsprozesse und damit der Kernwertschöpfungsprozess der Unternehmung im Zentrum des Steuerungssystems. Als Indexwerte für die Messung der Nutzen- und Werteschöpfungsleistungen dienen das Nutzenversprechen des Geschäftsmodells, wie es in den Leitwerten des Leistungsversprechens gefasst wird, das Wertekapital der Unternehmenskultur, wie es in den Prozess- und Umgangswerten des gelebten Miteinanders zum Ausdruck kommt, sowie das im Unternehmen wirkende Sozial- und Bewusstseinskapital, das die Leistungsparameter der Kommunikation, Kooperation, Motivation (Sozialkapitalrendite) sowie der Innovationskraft zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle (Bewusstseinskapitalrendite) antreibt. Wertecockpits Merke: Die Planungslandkarte und das Wertecockpit zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle entspringen der Logik der Unternehmung als lebendes System. Im Gegensatz zu herkömmlichen Planungs- und Steuerungskonzepten, die sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus einer am Ziel der Nachhaltigkeit orientierten gesellschaftlichen Sicht den Zentralvorstellungen des ökonomischen Denkens verhaftet bleiben (Knappheit, Wettbewerb, Wachstum, Erträge) und so schon im Planungsprozess das Unternehmen einseitig ertrags- und knappheitsfixiert ausrichten, vermerken beide Instrumente, dass Unternehmen nur dann zukunftsfähig werden, wenn sie sich an den Erfolgsprinzipien der Natur ausrichten. Der Fokus bei der Entwicklung, Planung und Steuerung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle orientiert sich deshalb am Grundprinzip der Natur: der Gestaltung von Systemleistungsüberschüssen, mit denen das Ökosystem gestärkt wird, aus dem heraus die einzelnen Systemelemente leben und gedeihen. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 88 26.02.21 11: 15 <?page no="88"?> 89 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Wertekapital Werteschöpfungsprozesse sind der Kernwertschöpfungsprozess der Unternehmung. Sie stehen im Zentrum des Steuerungssystems für zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Deutlich wird dies beispielsweise am im Unternehmen wirkenden Sozialkapital. Verfügt das Unternehmen über einen soliden Grundstock an Vertrauen, Kooperationsbereitschaft und geteiltem Wissen, führt dies zu Leistungs- und Vertrauensrenditen, welche sich in gesteigertem Verantwortungsbewusstsein und Kooperationswillen niederschlagen. Sie sind die Voraussetzung für die Ausbildung eines tragfähigen Humankapitals, mit dem Bewusstseinsressourcen für Geschäftsmodelle geschöpft werden, die Verantwortungsrenditen beflügeln, welche auf die Verantwortungsmärkte der Zukunft (die Belange der Mit-, Um- und Nachwelt) einzahlen. Dieses Wertekapital ist der Treiber für die Primärnutzenstiftung sowie die mit der Primärnutzenstiftung einhergehenden Mehrwert- und Sekundärnutzenstiftungen: Mit dem Fokus auf die Wirkungen, die das Leistungsversprechen der Primärnutzenstiftung bei den Partnern hervorruft (Kunden und sonstige Stakeholder), wird im Feld der Primärnutzenstiftung gemessen, mit welcher Güte das Nutzenversprechen des Unternehmens konkret erfüllt wird. Flankiert wird diese Leistungsmessung durch den Fokus auf die Systemleistungen der Mehrwert- und Sekundärnutzenstiftungen, die auf der Ebene der Mit-, Um- und Nachwelt durch das Geschäftsmodell erwirkt werden. Zusammengenommen ergeben beide Felder das Messfeld der Nutzen- und Wertschöpfungsleistung, die das Geschäftsmodell bewirkt. Der Fokus dieser Nutzen- und Wertschöpfungsleistung liegt auf der Messung der internen und externen Ressourcenschöpfungen, die mit der Leistungserstellung im Unternehmen sowie auf den Ebenen der Kunden, Partner und Umgebungssysteme erbracht werden. In der Organisationsperspektive wird die Nutzen- und Ressourcenschöpfungsperspektive flankiert durch kennzahlenbasierte Steuerungssysteme, die, wie beispielsweise Balanced Score Card-Modelle, EFQM-Leistungsrechnungen und sonstige Performanz-Messungen, anhand von Produktivitäts- und Leistungskennzahlen die Effizienz und Effektivität der Leistungserstellung bemessen. Wo ein Unternehmen einen Nutzen stiftet, der im Markt nachgefragt wird und ihn operativ effizient und effektiv zu Konditionen anbietet, die ertragsstiftend wirken, kommt die Finanzperspektive zum Tragen. In ihr wird einerseits die ökonomische Leistungskraft der Unternehmung gemessen, sowie im Rahmen eines integrierten Reporting-Verfahrens die Gesamtressourcenleistung, die das Unternehmen mit seinen Aktivitäten schöpft. Werteschöpfungsprozesse sind der Kernwertschöpfungsprozess der Unternehmung. Sie stehen im Zentrum des Steuerungssystems für zukunftsfähige Geschäftsmodelle. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 89 26.02.21 11: 15 <?page no="89"?> 90 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Der Hasensprung: zukunftsfähige Geschäftsmodelle planen, gründen und entwickeln Die Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle erfordert einen Hasensprung. Es ist der Sprung aus der alten Wettbewerbslogik, die im knappheitsfixierten Ertragsdenken gefangen bleibt und darauf setzt, mit selbstbezogenen Stärken und Kompetenzen den Wettlauf auf den Märkten gewinnen zu wollen, in die neue Wettbewerbslogik. Sie orientieren sich an den natürlichen Gesetzen symbiotischer Nutzen- und Ressourcenschöpfungsketten sowie ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe. Der Hasensprung gelingt Unternehmen dort, wo ein Start-up oder ein bestehendes Unternehmen die Planung seines Geschäftsmodells an der Lebenslogik ausrichtet, die jedes Unternehmen prägt. Sie entspringt der Einsicht, dass jedes Unternehmen ein komplexes lebendes System ist, dass sich nur dann erfolgreich aufrecht erhalten kann, wenn es die im Unternehmen wirkenden und nach innen und außen ausfaltenden System- und Leistungslogiken so aufeinander abstimmt, dass das Unternehmen einen Beitrag für seine Umwelt stiftet, der nicht nur sein eigenes Überleben absichert, sondern auch das Überleben der Umgebungssysteme befördert, aus denen heraus es existiert. Zukunftsfähige Geschäftsmodelle orientieren sich an den universellen Erfolgsprinzipien der Natur. Sie tragen sich ökonomisch selbst und mit substantiellen Nutzenstiftungen dazu bei, dass die Ressourcenbasis aller das Unternehmen tragenden Sub-, Haupt- und Umgebungssysteme angereichert wird, aus der heraus das Unternehmen lebt und wirkt! RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 90 26.02.21 11: 15 <?page no="90"?> 91 Alles neu: Die universellen Erfolgsprinzipien zukunftsfähiger Geschäftsmodelle Die Metapher des Hasensprungs verbindet die Logik lebender Systeme mit der betriebswirtschaftlichen Logik der Unternehmung als prozessorientiertem Steuerungssystem. Anhand des Planungssystems zukunftsfähiger Geschäftsmodelle verknüpft sie die normative Dimension der Leistungsbedingungen, die strategische und operative Dimension der Leistungserstellung sowie die systemische Dimension der Leistungswirkungen zu einem Fahrplan, der auf allen Ebenen des Unternehmens die verschiedenen Systemfacetten zu einer Systemlandkarte verknüpft, mit der das Leistungsversprechen des Unternehmens wirkungsorientiert fokussiert und die Entwicklungsschritte des Unternehmens auf allen inneren und äußeren Systemebenen transparent geplant und gesteuert werden können. RZ_Kapitel_2_Alles neu.indd 91 26.02.21 11: 15 <?page no="91"?> Kapitel 3 RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 92 26.02.21 11: 50 <?page no="92"?> Ein guter Plan liefert nicht den gesicherten Weg zum Erfolg. Er ist aber der Königsweg, wenn es darum geht, auf dem Weg zum Erfolg das Scheitern weniger wahrscheinlich werden zu lassen. Alles neu: Der Geschäftsplan RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 93 26.02.21 11: 50 <?page no="93"?> 94 Alles neu: Der Geschäftsplan Die Entwicklung des Geschäftsplans erfolgt in drei Schritten: Im ersten wird die Geschäftsidee ausgearbeitet. Sie entsteht aus dem Abgleich der eigenen Interessen und Stärken mit den Bedarfen der Umwelt. Bei Start-ups und Neugründungen beginnt dieser Prozess in der Regel mit der Geschäftsidee, die die Gründerinnen und Gründer mit sich herumtragen. Oft entsteht diese Idee schon vor dem Abgleich mit den realen Umweltbedarfen und spiegelt eigene Neigungen und Wünsche. Wo das der Fall ist, beginnt der Geschäftsplanungsprozess damit, dass die Geschäftsidee mit den eigenen Mitteln und Möglichkeiten abgeglichen wird und beide dann auf die Chancen und Risiken abgetragen werden, die mit der Umsetzung der Geschäftsidee verbunden sind. Bei bestehenden Unternehmen verläuft dieser Prozess oft umgekehrt. Häufig stehen sie vor der Aufgabe, dass sie aufgrund veränderter Marktlagen ihr bestehendes Geschäftsmodell ändern müssen oder dass sie im Rahmen von Diversifizierungsbestrebungen ein zusätzliches Geschäftsmodell entwickeln wollen. Ausgehend von den eigenen Mitteln und Möglichkeiten setzen sie dann einen Strategie- und Innovationsprozess auf, der die eigenen Stärken, Schwächen und Möglichkeiten mit bestehenden oder entstehenden Umweltbedarfen abgleicht und daraus die neue Geschäftsidee ableitet. Im zweiten Schritt des Planungsprozesses wird die Geschäftsidee zum Geschäftsmodell verdichtet. Hierbei wird in umfangreichen Eigenpotenzial- und Umfeldanalysen überprüft, wie die Geschäftsidee so in eine Alleinstellung gebracht werden kann, dass das Unternehmen mit der Umsetzung seines Leistungsversprechens die Mittel und Ressourcen erwirtschaftet, mit denen es seine eigene Entwicklung erfolgreich finanzieren und absichern möchte. Im dritten Schritt des Planungsprozesses wird das Geschäftsmodell mit einem Geschäftsplan unterlegt. Bei bestehenden Unternehmen erfolgt diese Planung auf der Grundlage von zwei ineinandergreifenden Plänen: dem Strategieplan, der üblicherweise auf eine Sieben-Jahres-Perspektive ausgelegt wird, sowie dem operativen Geschäftsplan, der drei Jahre umfasst. Bei neu zu gründenden Unternehmen mündet der Planungsprozess in den auf drei Jahre ausgelegten operativen Geschäftsplan sowie einen Finanzierungsplan für die Gründung und den Geschäftsaufbau. Beide werden auf eine Best-Case-, Worst-Case- und Plan-Case-Variante heruntergebrochen, um die zur Gründung notwendigen Mittel und Ressourcen aktivieren bzw. einwerben zu können. Wo die Neugründung oder die Einführung eines neuen Geschäftsmodells erfolgreich ist, werden diese Pläne nach ihrer Einführung im rollierenden Verfahren regelmäßig überprüft und nachgeführt. Bei Bedarf werden sie dabei bis zu dem Punkt angepasst, wo aufgrund der Lebenszyklusphasen des Geschäftsmodells ein Geschäftsmodellwechsel ansteht und geplant werden muss. Als Instrument für diesen dreistufigen Prozess dient die Planungslandkarte zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Im Planungsprozess dient sie dazu, in einem systematischen Verfahren (siehe Der Werkzeugkasten, S. 136) alle das Unternehmen tragenden Systemdimensionen so aufeinander abzubilden, dass ein stimmiger Leistungsprozess entsteht, mit dessen geplanter Umsetzung das Unternehmen sein Überleben im Markt absichern kann. 3 Der Planungsprozess RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 94 26.02.21 11: 50 <?page no="94"?> 95 Alles neu: Der Geschäftsplan Innen normative Dimension der Leistungsbedingungen strategische und operative Dimension der Leistungserstellung systemische Dimension der Leistungswirkungen Außen Vision 2 Wirkung des Leistungsversprechens in der Welt Ressourcenschöpfungen Systemwirkungen Mit-, Um-, Nachwelt zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung Vision 1 Wirkung des Leistungsversprechens beim Kunden Produkte & Dienstleistungen Nutzen Systempartner (Kunden, Lieferanten, …) und Unternehmen (Renditen) erste Wirkungsebene der Leistungserstellung Mission Leistungs- und Nutzenversprechen (Leitwerte) Prozesse Systempartner und Netzwerke Kunden Lieferanten Geschäftspartner Stakeholder der Leistungserstellung Prozessebene der Leistungserstellung Werte Unternehmenskultur (Prozesswerte) Kooperation Mitarbeitende (Motivation) Werteebene der Leistungserstellung Die Planungslandkarte der Unternehmung institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Werte Kooperation Ertrag physisches System Überleben RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 95 26.02.21 11: 50 <?page no="95"?> 96 Alles neu: Der Geschäftsplan Ausgehend vom angestrebten Leistungs- und Nutzenversprechen (der Mission), werden anhand der Planungslandkarte zunächst die Felder der linken Spalte (Mission, Vision, Werte) bearbeitet, um die normativen Grundlagen des Leistungsversprechens zu definieren. Anhand dieser Festlegungen werden dann die Felder der rechten Spalte entwickelt und alle Parameter für die Erzielung der angestrebten Leistungswirkungen ausgearbeitet (Mitarbeiter, Systempartner und Netzwerke, Nutzen Stakeholder sowie Mit-, Um- und Nachwelt). Anhand der mittleren Spalte des Planungssystems wird daraus für alle Ebenen und Facetten der Leistungserstellung der konkrete Geschäftsplan abgeleitet. Dabei werden die System- und Prozessebene der Mission, der Prozesse und der Systempartner / Netzwerke auf allen Ebenen der strategischen und operativen Dimension der geplanten Leistungserstellung abgetragen und in einer auf drei Jahre angelegten operativen Maßnahmenplanung alle Facetten der Unternehmensplanung wie beispielsweise die Gestaltung des Leistungsangebots, der Vermarktungs- und Vertriebsaktivitäten, der Personalentwicklung, der Prozesslandschaft sowie der Finanzierung mit konkreten Zahlen, Zielen, Maßnahmen und prognostizierten Ergebnissen unterlegt. In Form einer Trichteranalyse verläuft der Planungsprozess so in vier Phasen. In der ersten werden auf der Grundlage von Umfeld- und Eigensituationsanalysen das Geschäftsmodell und die erste Fassung des Leitbildes für die nach innen und außen wirkende Mission, Vision sowie die dazu notwendigen Ressourcen und Werte des Leistungsversprechens (Leitwerte) und der Umgangswerte der Unternehmenskultur (Prozesswerte) erarbeitet. In der zweiten Phase werden bei bestehenden Unternehmen in einer vertieften Umfeld- und Eigensituationsanalyse die Umsetzungsoptionen für das Geschäftsmodell geprüft und das Geschäftsmodell sowohl hinsichtlich seines Leistungsversprechens als auch hinsichtlich seiner Leistungsverrechnungsoptionen so zugespitzt, dass in der dritten Phase die erforderlichen Maßnahmen, Schritte und Projekte für die Umsetzung des Geschäftsmodells festgelegt werden können. Nach Abschluss dieser Phase werden dann im vierten Schritt die konkreten Planwerte für das Wertecockpit ausgearbeitet (siehe Werkzeugkasten), mit dem der Erfolg des Geschäftsmodells gesteuert werden kann. Der Fokus des Wertecockpits konzentriert sich dabei auf die Steuerung der ressourcenschöpfenden Systemleistungen, die das Unternehmen als lebendes System tragen. Das Planungsverfahren und der Planungsfokus RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 96 26.02.21 11: 50 <?page no="96"?> 97 Alles neu: Der Geschäftsplan Analyse Strategische Optionen Maßnahmen & Projekte Cockpit Die Planungsphasen Der Planungsfokus Wachstum Wertschöpfung Wertschöpfung Geschäftsmodell Ressourcen Organisation Finanzen Wachstum Die C4-Matrix Corporate Identity Corporate Development Corporate Knowledge Corporate Values C4-Matrix Identität Wissen Werte Entwicklung Phase 1 Umfeldanalyse Eigensituationsanalyse Kernkompetenzen & Geschäftsmodell Ressourcen- & Wertschöpfung Phase 2 Strategische Optionen Kernkompetenzen von morgen Geschäftsfelder & Positionierung Wertschöpfungsprozesse Stoßrichtung Phase 3 Maßnahmen / Projekte Mitarbeiter / Führung Markt/ Kunde Prozesse Finanzen Phase 4 Wertecockpit Unternehmenswerte Mitarbeiter/ Führung Nutzversprechen Markt/ Kunde Prozesse Finanzen Phase 1 & 4 Leitbild Mission, Vision, Werte RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 97 26.02.21 11: 50 <?page no="97"?> 98 Alles neu: Der Geschäftsplan Gründerinnen und Gründer beginnen den Planungsprozess für ihr Start-up in der Regel mit einer Geschäftsidee. Bestehende Unternehmen, die den Wunsch verspüren, ihr Geschäftsmodell zu verändern oder die aufgrund veränderter Marktlagen gezwungen sind, es zu ersetzen, weil das bestehende nicht mehr trägt, stehen dagegen oft vor der Aufgabe, dass sie zunächst eine neue Geschäftsidee finden müssen. Trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangslagen nutzen beide die gleichen Werkzeuge, mit denen sie eine neue Geschäftsidee entwickeln bzw. die schon vorhandene Geschäftsidee auf ihre Marktfähigkeit hin überprüfen. Das erste Tool ist die von Matthias Horx und dem Zukunftsinstitut entwickelte Megatrendkarte. Mit ihr können Gründer und bestehende Unternehmen das Geschäftsfeld eingrenzen, in dem sie sich engagieren wollen. Megatrends sind große Veränderungen der Gesellschaft, die global, langfristig und tiefgreifend wirken: etwa die Globalisierung, die Verschiebung der Altersstruktur, die Veränderung der Märkte durch technologische Sprünge oder die Herausforderungen einer wachsenden Weltbevölkerung, der Ressourcenübernutzung sowie sonstige Veränderungen in der unmittelbaren und weiteren Lebenswelt. Zahlt eine Geschäftsidee mit ihrem konkreten Nutzenversprechen auf einen oder mehrere dieser Megatrends ein, liegt sie in einem Markt, der sich entwickelt und wächst. Bedient sie dagegen keinen dieser Trends, liegt sie entweder in einer sehr engen Nische ohne nennenswertes Wachstum und Veränderungspotenzial, oder gar in einem Geschäftsfeld, das aufgrund der sich verändernden Marktlagen mehr und mehr verschwinden wird. Ein Beispiel dafür ist das klassische Bankgeschäft, das zunehmend der Digitalisierung, dezentralen Finanzierungsformen und der Künstlichen Intelligenz zum Opfer zu fallen droht. Die im Netz abrufbare Megatrendkarte (http: / / www.zukunftsinstitut.de/ dossier/ megatrends/ ) verknüpft die Endpunkte verschiedener Megatrends zu einer Streckenkarte, die wie bei einem U-Bahn-Netz verschiedene Stationen und Knotenpunkte aufweist. Unternehmen und Gründende können so schnell den Weg zu jenen Märkten, Trends und Entwicklungen finden, für die sie mit ihren Mitteln und Möglichkeiten geeignete Angebote entwickeln können, die passgenau auf die entstehenden Bedarfe abgestimmt sind. Ist das Geschäftsfeld lokalisiert, in dem die Geschäftsidee entwickelt oder gefunden werden soll, kommt das zweite Tool zur Entwicklung der Geschäftsidee zum Einsatz. Es ist das um eine vierte Dimension ergänzte Igel-Prinzip von Jim Collins. In seiner Ursprungsform stellt es drei Fragen: 1. Was ist unsere wahre Passion? 2. Worin können wir die Besten sein? 3. Was ist unser wirtschaftlicher Motor? Eine Geschäftsidee, die im Schnittfeld dieser Fragen eine Antwort auf bestehende Kundenbedürfnisse liefert, hat große Chancen auf Erfolg. Wo wir mit Passion vorangehen, haben 3.1. Der Weg zur Geschäftsidee Die Geschäftsidee RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 98 26.02.21 11: 50 <?page no="98"?> 99 Alles neu: Der Geschäftsplan wir die Motivation, den Mut und die Ausdauer, selbst bei Schwierigkeiten und Strapazen die Extrameile zu gehen, die jede Person und jedes Unternehmen gehen muss, wenn sie oder es eine bestehende oder neue Geschäftsidee zum Erfolg führen will. Passion allein genügt aber nicht. Stellen wir uns einen begeisterten Sportler vor, der eher kleinwüchsig ist und von schmächtiger Statur. Er begeistert sich für Body-Building und träumt davon, als Mr. Universum Karriere zu machen, um danach in Hollywood als Schauspieler reich zu werden. Egal aber, wie viele Eisen er stemmen wird, allein schon aufgrund seines Körperbaus wird er niemals sein Ziel erreichen. Anders ist es jedoch, wenn er aus seinen körperlichen Gaben und seinem unbedingten Willen, im Sport siegen zu wollen, ableitet, welche Sportart zu ihm passt. Hier kommen beispielsweise Ausdauersportarten wie das Extremgehen in Betracht. Dort ist ein leichter Körperbau von Vorteil, sodass ein vom Durchhaltewillen getriebener Sportler bei entsprechendem Engagement und Training gute Chancen hat, der Beste zu werden. Wo er es schafft, kann er nach spektakulären Siegen bei Extremwettkämpfen ein viel gebuchter Redner und Trainer für Motivationsseminare werden und auf diese Weise zum angestrebten vielfachen Millionär aufsteigen. Erfolgreich wird eine Geschäftsidee also nur da, wo wir mit Passion auf eine Weise zu den Besten vorstoßen, die es uns ermöglicht, für uns einen wirtschaftlichen Motor zu entwickeln, der uns trägt. Das aber - und hier kommt eine über Jim Collins Igel-Prinzip hinausgehende vierte Dimension ins Spiel, gelingt nur dort, wo das aus der Geschäftsidee abgeleitete Geschäftsmodell - im Fall des Extremsportlers besteht es in der Monetarisierung seiner im unbedingten Siegwillen dokumentierten Leidens- und Durchsetzungsfähigkeit - eine tragfähige Antwort auf die Frage gibt: 4. Welchen Nutzen stiften wir? Verfügt ein Unternehmen über ein unverwechselbares Nutzenversprechen, das im Sinn symbiotischer Nutzenstiftungen dazu beiträgt, dass alle, die bei der Leistungserstellung mitwirken oder von ihr betroffen sind, einen Nutzen davon haben, der sie trägt, steigert das die Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auf lange Sicht. Was ist unsere wahre Passion? Was ist unser wirtschaftlicher Motor? Worin können wir die Besten sein? Welchen Nutzen stiften wir? Das erweiterte Igel-Prinzip RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 99 26.02.21 11: 50 <?page no="99"?> 100 Alles neu: Der Geschäftsplan Das Feld der Geschäftsidee: Leitfragen Fokus 1. In welchen Geschäftsfeldern und Marktsegmenten können wir mit unseren Mitteln und Möglichkeiten welche Probleme und Kundenbedarfe lösen? http: / / www.zukunftsinstitut.de/ dossier/ megatrends/ ➞ Kundenbedarfe / Kundenproblemstellungen 2. Welchen substanziellen Nutzen wollen wir damit stiften? ➞ Nutzen (Wirkung) Das Schnittfeld tragfähiger Geschäftsideen: Leitfragen Fokus 1. Was ist unsere wahre Passion? ➞ Motivation (Extrameile) 2. Worin können wir die Besten sein? „spitz“ schlägt „breit“ 3. Welchen Nutzen stiften wir? Leistungsversprechen 4. Was ist unser wirtschaftlicher Motor? Geschäftsmodell RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 100 26.02.21 11: 50 <?page no="100"?> 101 Alles neu: Der Geschäftsplan Das Geschäftsmodell ist die Weise, wie ein Unternehmen, ein Start-up oder eine beliebige andere Organisation ihr Leistungs- und Nutzenversprechen so anbietet und verrechnet, dass die Organisation die ökonomischen Mittel zur Absicherung des eigenen Überlebens erwirtschaften kann. Jedes Geschäftsmodell setzt sich somit aus zwei Gesichtspunkten zusammen: dem Nutzen- und Leistungsversprechen (Primärnutzenversprechen) sowie dem Monetarisierungsmechanismus, sprich der Weise, wie das Primärnutzenversprechen so angeboten wird, dass sich die Organisation mit der Leistungserstellung finanzieren kann. Das gilt selbst für nicht gewinnorientierte Organisationen. Auch sie können ihre Leistungen nur dann erbringen, wenn sie mit ihrem Engagement eine Wirkung erzielen, die Spender derart begeistert, dass sie das Anliegen der Stiftung mit eigenen Mitteln unterstützen. Soll ein Geschäftsmodell erfolgreich sein, müssen das primäre Leistungs- und Nutzenversprechen und der Monetarisierungsmechanismus so zusammenwirken, dass sie einander verstärken. Das im Geschäftsmodell konkretisierte Prinzip der doppelten Wirkungsstiftung gilt sowohl in der Außenwirkung des Geschäftsmodells wie auch in der Innenwirkung der Unternehmung als lebendes System (Stichwort Motivation und Leistungsfähigkeit). Denn es begründet nicht nur das im vorangegangenen Kapitel erläuterte sechste Axiom zukunftsfähiger Geschäftsmodelle, sprich die Einsicht, dass Ertrag und Erfolg die Folge einer Nutzenstiftung sind, die sich nicht mit Ertragskennzahlen messen lässt, sondern auch den universellen Organisationsleitsatz »Wer Leistung ernten will, muss Nutzen stiften«. Dieser Leitsatz der Nutzenstiftung gilt sowohl für ertragsorientiert wirtschaftende Unternehmen als auch für alle Facetten von nicht ertragsorientiert wirtschaftenden Organisationen, wie sie im Bereich kultureller, politischer oder auch sozial orientierter Unternehmungen, Stiftungen, Parteien und Organisationen anzutreffen sind. Sie alle können sich nur dann finanzieren und damit für sich eine Renditeleistung ernten, wenn sie mit ihren Angeboten für Dritte einen Nutzen stiften, der im Markt nachgefragt wird und der alle an der Leistungserstellung Beteiligten so begeistert, dass sie gerne an der Nutzenstiftung teilhaben bzw. mitwirken wollen. Das doppelte Wirkungsprinzip erfolgreicher Geschäftsmodelle Ein gutes Beispiel für das doppelte Wirkungsprinzip erfolgreicher Geschäftsmodelle sind »Sell & lease back«-Dienstleistungen, mit dem Finanzierungsdienstleister zur Finanzierung von Unternehmen beitragen. Das »Sell & lease back«-Geschäftsmodell hat folgende Nutzen- und Ertragslogik: Ein Unternehmen mit finanziellen Engpässen, das über einen schon bezahlten Anlagen- und Maschinenpark verfügt, möchte sich eine weitere Maschine zulegen. Aufgrund bestehender Risiken kann es diese nicht auf dem herkömmlichen Weg per Bankkredit oder 3.2. Von der Geschäftsidee zum Geschäftsmodell Das Geschäftsmodell RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 101 26.02.21 11: 50 <?page no="101"?> 102 Alles neu: Der Geschäftsplan Leasingvertrag finanzieren. Zur Freisetzung der benötigten Mittel verkauft es seinen Maschinenpark an einen Finanzdienstleister, von dem es die Anlagen zurückleast. Mit den so freigesetzten Mitteln kann es die benötigte neue Anlage erwerben. Das Geschäftsmodell des Finanzdienstleisters besteht darin, dass er auf der Nutzenseite seinen Kunden durch den Kauf und das Rückleasing von deren Anlagen die benötigten Finanzmittel verschafft. Auf der Monetarisierungsseite finanziert sich der Dienstleister dabei einer- Wertschöpfungsnetzwerke Prägnante Beispiele, wie zukunftsfähige Geschäftsmodelle ihr Leitungsversprechen mit einem Wertschöpfungsnetzwerk umsetzen, bei dem die Netzwerkpartner nicht nur zur kundenorientierten Primärnutzenstiftung beitragen, sondern auch in ihrem Zusammenwirken als Ganzes umfangreiche Sekundärnutzen stiften, die die Ressourcenbasis der Umgebungssysteme anreichern, bieten seits aus einem Aufschlag bei den Leasinggebühren, die der Kunde zu entrichten hat, sowie durch die Abdeckung des eigenen Risikos beim Kauf der Anlagen, das dadurch minimiert wird, dass der Dienstleister den Anlagenpark zu einem geringeren Preis erwirbt als dem aktuellen Verkehrswert und so sein Ausfallrisiko dadurch absichert, dass er bei Bedarf die übernommenen Anlagen ohne Verlust am Markt weiterveräußern kann. die schon im letzten Kapitel dargestellten Geschäftsmodelle des Babynahrungsherstellers HiPP GmbH & Co.KG, des Bodenbelagsherstellers Interface Inc. oder von Wiegel Feuerverzinken. Sie alle aktivieren sowohl innerhalb ihrer jeweiligen Unternehmung als auch auf der Ebene der Systempartner sowie ihrer Umgebungssysteme ein ganzheitliches Sinn-, Werte- und Nutzenversprechen, das zum Gedeihen nicht nur ihrer eigenen Un- Die Ableitung des Geschäftsmodells: Leitfragen Fokus 1. Wie und auf welche Weise erstellen wir unser Nutzenversprechen und bieten es so an, dass wir davon profitabel „leben“ und die für die Fortexistenz des Unternehmens notwendigen Mittel und Ressourcen schöpfen können? ➞ Geschäftskonzept Leistungsversprechen (substanzieller Primärnutzen) / Geschäftsprozesse / wirtschaftlicher Motor 2. Wer ist Teil des Systems und trägt mit welchen Leistungen aktiv zur Erstellung der Nutzenstiftung bei? ➞ Wertschöpfungsnetzwerke 3. Wo und wie schöpft das Geschäftsmodell auf der Ebene der Umgebungssysteme für wen welche Mehrwerte? ➞ substanzieller Sekundärnutzen (Teilhabe / Befähigung / Ressourcenschöpfung) RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 102 26.02.21 11: 50 <?page no="102"?> 103 Alles neu: Der Geschäftsplan cular economy) verpflichtet sind. In diesen Symbiosen werden die bei den einzelnen Unternehmen entstehenden Abfälle und sonstige stofflich oder energetisch nutzbare Ressourcen (Wärme, Kälte, Dampf) sowie im Produktionsprozess entstehende Nebenprodukte von anderen im Industriepark angesiedelten Unternehmen in deren Produktionsprozessen als Ressource genutzt. Das bringt nicht nur für die stoffliefernden und stoffabnehmenden Unternehmen ökonomische Vorteile, sondern im Sinn eines ressourcenschöpfenden Mehrwertkreislaufs auch für die Kommune Kalundborg sowie die lokalen und überregionalen Umgebungssysteme positive ökonomische, ökologische und soziale Effekte: Aufgrund der symbiotischen Vernetzung der breit ausdifferenzierten Unternehmenslandschaft wurden die angesiedelten Unternehmen langfristig an den Standort gebunden und für die Region ein vielfältiges Arbeitsplatzangebot, ein stetes Steuereinkommen sowie insgesamt geringere Kosteneffekte bei den kommunalen Serviceleistungen wie beispielsweise der Entsorgung erzielt. ternehmungen, sondern auch zur positiven Entwicklung der beteiligten Netzwerkpartner und Umgebungssysteme beiträgt. Ein weiteres Beispiel, wie das Prinzip der unternehmenssichernden Ressourcenschöpfung durch den Aufbau von Wertschöpfungsnetzwerken so umgesetzt werden kann, dass für alle Beteiligten und ihre Umgebungssysteme Mehrwerte entstehen, ist der Industriepark Kalundborg in Dänemark (https: / / www. ellenmacarthurfoundation.org/ case-studies/ effective-industrial-symbiosis & http: / / www.symbiosis.dk/ en/ ). Es zeigt, dass auch Kommunen mit ihrer Ansiedlungspolitik ein Geschäftsmodell entwickeln können, das sie und die beteiligten Unternehmen leistungsstärker macht. Das von der Kommune Kalundborg in einem Private-Public-Partnership-Modell entwickelte Industriegebiet wurde unter Beteiligung der angesiedelten Unternehmen so geplant, dass ein Netzwerk aus verschiedensten industriellen Symbiosen entstand, die der Idee der Kreislaufwirtschaft (cir- RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 103 26.02.21 11: 50 <?page no="103"?> 104 Alles neu: Der Geschäftsplan Wer behauptet, alles für alle anzubieten, leistet nichts für niemanden. Wo es darauf ankommt, eine Leistung zu erbringen, die einen Nutzen stiftet, der nachhaltig wirkt, suchen wir den Sachverstand. Das gilt für das Handwerk ebenso wie für die Programmierung einer Fertigungslogistik, das kulinarische Angebot eines auf eine Regionalküche spezialisierten Restaurants oder im Bereich der Medizin, wo wir uns lieber an eine Fachärztin oder einen Facharzt wenden anstatt an jemanden, der der Sache nach nicht kundig ist. Selbst für die allgemeinmedizinisch ausgebildeten Hausärzte gilt diese Regel. Auch dort haben jene den größten Zulauf, die ihre Patienten sachgerecht an die geeigneten Fachmediziner weiterleiten und so dafür sorgen, dass sie gesunden. Wo Allgemeinärzte über diese Fähigkeit verfügen, sind auch sie Spezialisten: nämlich Spezialisten in der Vordiagnostik und der Kenntnis, wer den Patienten am besten behandeln kann. Aus dem Prinzip der konzentrierten Leistungskraft entspringen die beiden Kernleitsätze zur Nutzenprofilierung des Leistungsversprechens: »Resonanz und Fokus ergeben Wirkung« sowie »Spitz schlägt breit«. Wo sich ein Geschäftsmodell in Resonanz auf die Umweltbelange spitz auf einen konkreten Bedarf fokussiert, den das Unternehmen besser als alle anderen befriedigen kann, bündelt es seine Energie zu einer durchschlagenden Wirkungskraft, die sich im Markt monetarisieren lässt. Gesteigert wird diese Wirkungskraft, wenn die eigenen Stärken unterfüttert werden durch ein symbiotisches Wertschöpfungsnetzwerk, bei dem die Systempartner mit eigenen Leistungen dazu beitragen, dass das angestrebte Leistungsversprechen auf optimale Weise umgesetzt werden kann. Die Nutzenprofilierung des Leistungsversprechens RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 104 26.02.21 11: 50 <?page no="104"?> 105 Alles neu: Der Geschäftsplan Die Definition des Nutzenversprechens Leitfragen Fokus 1. Primärnutzenstiftung: Für wen löst das Geschäftsmodell welches konkrete Problem bzw. stiftet welchen konkreten Nutzen? ➞ Adressaten und Nutzen Wer, wo, was, wie, wann, warum, wie oft? Adressaten: Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, sonstige Systempartner bei der Leistungserstellung 2. Wertschöpfungsnetzwerk: Wer ist als Systempartner ein aktiv beitragender Teil des Leistungssystems, was trägt er bei und wie profitiert er selbst von der Nutzenstiftung? ➞ Systempartner, Beiträge und Vorteile Wer, wo, was, wie, wann, warum, wie oft? Systempartner: Menschen, Unternehmen, Institutionen, Organisationen 3. Sekundärnutzenstiftung: Auf welchen Ebenen der Umgebungssysteme profitiert wer mit welchen Vorteilen wie vom Geschäftsmodell? ➞ Nutznießer und Vorteile Wer, wo, was, wie, wann, warum, wie oft? Nutznießer: Menschen, Unternehmen, Umgebungssysteme der Mit-, Um-, Nachwelt Könige, Herzöge, Ritter und Hintersassen Systempartner bei einem Geschäftsmodell sind Personen, Institutionen, Organisationen, Unternehmungen, die als integraler Bestandteil der eigenen Leistungserstellung vom Unternehmen nicht beliebig ausgetauscht werden können. Mit eigenem Wissen und Können tragen sie aktiv zum Leistungsversprechen des Geschäftsmodells bei. Die Stellung als Systempartner im Wertschöpfungsnetzwerk kann anhand der Lieferantenklassifikation verdeutlicht werden, mit der Original Equipment Manufacturer (OEM) im B-to-B-Markt (Business-to-Business-Markt) ihre Lieferanten einteilen, um ihre Markenprodukte zu optimierten Entwicklungs- und Fertigungskonditionen auf den Markt bringen können. OEMs sind beispielsweise Autohersteller wie Daimler-Benz, BMW und Toyota oder Hersteller von »weißer« und »grauer Ware« wie etwa Miele oder Apple und Samsung. Als Könige des Wertschöpfungsnetzwerks teilen OEMs s ihre Lieferanten in ein Wertschöpfungssystem ein, das vier Ebenen bzw. Ränge, englisch Tiers, hat. Tier 1- und Tier 2-Lieferanten sind für OEMs die Systempartner ihres Wertschöpfungsnetzwerkes und damit ein aktiv (bei)tragender Teil ihres Königreiches. Tier 3- und 4-Lieferanten sind dagegen reine Teilelieferanten und aus Sicht der OEM keine aktiven Systempartner des Wertschöpfungsnetzwerks. In der Renditelogik der OEM-Wertschöpfungskette besteht ihr Beitrag ausschließlich darin, dass sie gegeneinander ausgespielt und bei der reinen Teilelieferung so weit wie möglich im Preis gedrückt werden können. Das gilt nicht für die Systempartner. Sie liefern, wie beispielsweise Bosch oder Continental im Bereich der Automobilindustrie, den OEMs komplette Systeme und Module, die die Tier 1-Lieferanten oft eigenständig entwickeln und gemeinsam mit dem OEM auf deren Belange zuschneiden oder, wie beispielsweise der RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 105 26.02.21 11: 50 <?page no="105"?> 106 Alles neu: Der Geschäftsplan Tier 2-Lieferant HDO Druckguß und Oberflächentechnik GmbH in Paderborn, Komponenten, die in Abstimmung mit den OEM und Tier 1-Systempartnern entwickelt und entweder vom Tier 1-Systempartner oder dem OEM verbaut werden. Dabei bleibt das Entwicklungs- und Fertigungs-Know-how vollständig in der Verfügungsgewalt der Tier 1- und Tier 2-Lieferanten. Aus Sicht der Könige (OEMs) sind diese Systempartner die Herzöge (Tier 1) und Ritter (Tier 2), die den OEMs das schnelle Manövrieren in ihren Entwicklungs- und Innovationsfeldzügen ermöglichen. Als aktiv tragender Teil des Wertschöpfungsnetzwerkes werden sie von den Königen mit Sorgfalt gehegt, da sie die zentralen Säulen ihrer OEM-Reiche sind. Für Tier 3- und Tier 4-Lieferanten gilt das nicht im gleichen Maß. Aus Sicht der OEMs sind sie die frondienstleistenden Bauern und Hintersassen, die für das Heer und den Hofstaat die benötigten Teile liefern, damit ein OEM seine Produkte zu günstigsten Herstellungskosten auf den Markt bringen kann. Da die Tier 3- und Tier 4-Lieferanten nicht in die Entwicklung der zu liefernden Teile eingebunden sind und folglich kein für die OEM bedeutsames Entwicklungs-Know-how und entsprechende Marktmacht haben, werden sie bei Teileauktionen beliebig ausgetauscht, sobald im Markt ein günstigeres Angebot für die ausgeschriebenen Teile vorliegt. Liegt ein Geschäftsmodell in einem B-to-B- Markt wie beispielsweise der OEM-Zulieferindustrie, ist es in der Regel sinnvoll, die eigenen Leistungen und das dazu notwendige Know-how (Kernkompetenzen) so zu entwickeln und auszurichten, dass man im Wertschöpfungsnetzwerk seiner Kunden als Systempartner Platz nimmt. RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 106 26.02.21 11: 50 <?page no="106"?> 107 Alles neu: Der Geschäftsplan Der wirtschaftliche Motor des Geschäftsmodells ist der Mechanismus, mit dem ein Unternehmen sein Leistungsversprechen so am Markt anbietet, dass es die Mittel und Erträge erwirtschaftet, mit denen es sich finanzieren und weiterentwickeln kann. Die Leitfrage zur Entwicklung dieses Motors lautet: Wie und auf welche Weise lässt sich das Nutzenversprechen so monetarisieren, dass das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen die für sein Überleben notwendigen finanziellen Mittel und Ressourcen erwirtschaften und sich auf lange Sicht erfolgreich im Markt aufrechterhalten kann? Fragt man Unternehmerinnen, Unternehmer, Geschäftsführer oder Vorstände im Vertrauen, was ihre Cash-Cows, also die »Milchkühe« sind, mit denen sie sich finanzieren, werden zuweilen und meist unter vorgehaltener Hand nicht die Produkte und Leistungen des Unternehmens genannt, sondern »unsere Mitarbeiter«, »unsere Lieferanten« oder auch »unsere Kunden«. Ganz offen spricht das der Vorstand und Eigner des Billigfliegers Ryanair, Michael O’Leary, aus. In seinen Worten sind Mitarbeiter »auszupressen wie eine Zitrone«. Analog verfahren viele Unternehmen mit ihren Lieferanten oder auch ihren Kunden. Sie dienen ihnen als bevorzugtes Mittel zum Zweck des Geldverdienens. Wo aber Erträge auf Kosten oder zulasten Dritter erwirtschaftet werden, sei es durch Lohndumping, Knebelung der Lieferanten oder durch die Übertölpelung von Kunden, deren Not oder Unwissenheit ausgenutzt wird, indem ihnen zu überhöhten Preisen Produkte und Dienstleistungen angedreht werden, deren Wertigkeit nicht besteht oder nur vorgetäuscht ist, lebt das Unternehmen im Geist der alten Ertragslogik. In ihrem Ertragsstreben setzen sie bevorzugt auf die Externalisierung von Kosten. Wie die im vorangegangenen Kapitel skizzierten Befunde etwa zur Mitarbeiterloyalität zeigen, führt das aber eher zur Schwächung als zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Wo die Mitarbeiter als Milchkühe und nicht als tragende Leistungspartner behandelt werden, schwindet ihre Loyalität, ihre Motivation und damit die Innovations- und Leistungskraft des Unternehmens. Lamentieren dann Unternehmen über ihre Mitarbeiter, ihre Lieferanten oder ihre Kunden, gilt auch hier die Goldene Regel des Verdienens: »Um etwas zu verdienen, muss man in der Regel hart dafür arbeiten«! Und weil das so ist, hat jedes Unternehmen die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten, die es verdient! Es hat ja hart dafür gearbeitet. Wer mit Nüssen zahlt, muss sich nicht wundern, dass er lauter Affen an sich bindet. Will ein Unternehmen für sein Geschäftsmodell einen wirtschaftlichen Motor entwickeln, der das Unternehmen langfristig trägt, muss dieser Motor alle Wertschöpfungsprozesse antreiben, die das Unternehmen gesteigert wettbewerbsfähig machen. Das gelingt dort, wo das Unternehmen neben der ökonomischen Rendite auch die Renditen im Bereich des Bewusstseins-, Sozial- und Wertekapitals im Blick behält. Für die Ertragslogik des wirtschaftlichen Motors heißt dies: Analog zu lebenden Organismen, die Nahrung benötigen, um sich physisch aufrechterhalten zu können, benötigen Unternehmen Erträge, um operativ funktionsfähig bleiben zu können. Wie aber die Nahrungsaufnahme nicht der Lebenszweck eines Organismus ist, ist die Ertragsgenerierung nicht der Lebenszweck der Der wirtschaftliche Motor RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 107 26.02.21 11: 50 <?page no="107"?> 108 Alles neu: Der Geschäftsplan Unternehmung. Der Lebenszweck der Unternehmung ist vielmehr seine im Geschäftsmodell zum Ausdruck gebrachte Nutzenstiftung. Wo sie substanziell trägt und das Unternehmen in seinen operativen Prozessen leistungsfähig aufgestellt ist, kann sie in der Regel zu ertragsstiftenden Konditionen im Markt angeboten werden. Wo sich der wirtschaftliche Motor dagegen in der alten Ertragslogik einseitig auf die Schöpfung ökonomischer Renditen fokussiert, läuft das Unternehmen als lebendes System Gefahr, dass die zentralen Wertschöpfungsprozesse verkümmern, die das Unternehmen zu aktivieren hat, will es sich zukunftsfähig im Markt halten: darunter die Schöpfung der Sozialkapitalrendite »Motivation« sowie die Schöpfung der Motivationsrendite »Wandlungsfähigkeit« und »Innovationskraft«. Die Entwicklung des wirtschaftlichen Motors Leitfragen Fokus 1. Wie kann das Nutzenversprechen so angeboten werden, dass es Kunden und Abnehmer nachfragen? ➞ Leistungsangebot Was, wo, wie, wann, wie oft? Leistungsangebot: Produkte und Dienstleistungen 2. Wie kann das Leistungsangebot so verrechnet werden, dass es zu Erträgen führt? ➞ Leistungsverrechnung Was, wo, wie, wann, wie oft, zu welchen Konditionen und Verrechnungsmodalitäten? 3. Wie kann das Nutzenversprechen so angeboten werden, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme Systemrenditen entstehen, die die Ressourcenbasis des Unternehmens anreichern? ➞ Systemrenditen Was, wo, wie, wann, warum? Systemrenditen: Bewusstseinskapital, Sozialkapital, Wertekapital, Sinnkapital, Reputationsgewinne, Mehrwerte, Ressourcenschöpfungen RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 108 26.02.21 11: 50 <?page no="108"?> 109 Alles neu: Der Geschäftsplan Systemrenditen, dezentrale Mehrwertketten, degressive Preisstrategien Wie der Fokus auf Systemrenditen zu einem der tragenden Teile des Geschäftsmodells wird, mit dem das Unternehmen seine eigene Existenz absichert, kann an der Programmierung und Verrechnung einer IT-Software verdeutlicht werden. In der alten Ertragslogik, wie sie beispielsweise von Microsoft, Oracle, Salesforce oder auch SAP perfektioniert worden ist, wird ein Produkt entwickelt, das man bevorzugt zu jährlichen Nutzungsgebühren dem Kunden in Rechnung stellt. Dadurch können die Anbieter exponentielle Erträge generieren. Denn sobald die Entwicklungskosten für das Programm amortisiert worden sind, fließen ihnen aus den jährlichen Nutzungsgebühren mehr und mehr Erträge zu. Im Ergebnis führt das zur immer stärkeren Konzentration der Marktmacht in der Hand von immer weniger Unternehmen, die wie Mircosoft, SAP oder Oracle in ihrem jeweiligen Feld den Markt schon fast monopolartig prägen. Will sich ein kleineres Unternehmen oder ein Start-up im Softwaremarkt bewähren, ist es sinnvoll, dass es sein Geschäftsmodell an der neuen Logik ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe und der Frage ausrichtet, wie und mit welchen Mitteln das Geschäftsmodell innerhalb des Wertschöpfungsnetzwerkes Mehrwerte stiftet, die das gesamte Netzwerk stärken. Ein Beispiel hierfür sind degressive Preisstrategien. Sie leiten Leverage-Effekte gezielt weiter und stiften so auf allen Ebenen des Wertschöpfungsnetzwerkes Mehrwerte, die den beteiligten Unternehmen zufließen. Nehmen wir eine Software, deren Entwicklung 100.000 Euro kostete und die bei Einsatz von 1.000 Nutzern und einer Lizenzgebühr von 100 Euro p.a. sich nach einem Jahr amortisiert. Über verschiedene Reduktionsmechanismen können hier Leverage-Effekte in das System eingespeist werden. Nach der Amortisation der Entwicklungskosten könnte die Software für deutlich geringere Lizenzgebühren verrechnet werden. Erhöht sich zudem die Basis der Nutzer, könnten Teile der erzielten Skaleneffekte zur zusätzlichen Reduktion der Lizenzgebühr eingesetzt werden. Das führt dazu, dass alle im Netzwerk mehrfach profitieren. Erstens durch den Einsatz der Software (Primärnutzen), zweitens durch degressive Lizenzgebühren, die bei den Nutzern zu Kostenoptimierungen und Wettbewerbsvorteilen (Mehrwert) führen, da sie mit den verringerten Lizenzgebühren Mittel freisetzen, die sie anderweitig einsetzen können. Sie haben deshalb Interesse, dass die Software kontinuierlich verbessert wird und weitere Verbreitung findet. Das führt dazu, dass das Wertschöpfungsnetzwerk wächst, wobei im Sinn einer ressourcenschöpfenden Systemrendite alle im Netzwerk gebundenen Unternehmen gestärkt werden. Je mehr wechselweise Mehrwerte im System gestiftet werden, desto leistungsstärker und widerstandsfähiger werden das Netzwerk und die es tragenden Systempartner. RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 109 26.02.21 11: 50 <?page no="109"?> 110 Alles neu: Der Geschäftsplan Aus dem Leistungsversprechen sowie den Modalitäten, wie es angeboten und verrechnet wird (wirtschaftlicher Motor), ergibt sich das Anforderungsprofil an die Kernkompetenzen, die ein Unternehmen entwickeln und vorhalten muss, wenn es sein Geschäftsmodell zum Erfolg führen will. In der Innen-Außenausfaltung der Unternehmung als lebendem System konzentriert sich die Stoßrichtung der Entwicklung von Kernkompetenzen auf zwei Felder der Planungsmatrix: das Feld des Leistungsversprechens sowie das Feld der Unternehmensprozesse. Im Feld des Leistungsversprechens ist das Nutzenversprechen qualitativ so zuzuspitzen, dass das erweiterte Igel-Prinzip (Seite 99) greift und das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen eine Best-in-Class-Position einnehmen kann, sprich mit seinen Leistungen in seinem Segment der Nutzenstiftung zu den Besten im Markt gehört. Diese Best-in-Class-Position kann darin bestehen, dass der Erfolg des Geschäftsmodells auf einer Preisbzw. Kostenführerschaft, einer Innovationsführerschaft, einer Qualitätsführerschaft oder einer beliebigen anderen Kernkompetenz gründet, wie beispielsweise Stärken in der Lieferlogistik oder bei Finanzierungs- und Verrechnungsmodalitäten. Wo es dem Unternehmen gelingt, im Feld seines Leistungsversprechens eine unverwechselbare Alleinstellung oder gegenüber Mitbewerbern zumindest signifikante Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten, die im Markt auch so wahrgenommen werden, sind die Prozesse der Leistungserstellung so auszurichten, dass daraus Stärken in der Umsetzung des Leistungsversprechens entstehen. Wo diese im Markt nicht frei verkäuflich angeboten werden sowie von Dritten nicht einfach aufgebaut oder kopiert werden können, sind sie die Basis für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Kernkompetenzen Die Entwicklung der Kernkompetenzen Leitfragen Fokus 1. Wie kann die Nutzenstiftung so zugespitzt werden, dass ein unverwechselbares Leistungsversprechen entsteht? ➞ Leitwerte des Leistungsversprechens 2. Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wettbewerbsvorteile müssen wir entwickeln, damit wir unser Leistungsversprechen auf unverwechselbare Weise erfüllen können? ➞ Fähigkeiten und Kernkompetenzen der Leistungserstellung RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 110 26.02.21 11: 50 <?page no="110"?> 111 Alles neu: Der Geschäftsplan Mehr als Glas Ein Beispiel, wie aus der Umsetzung des Leistungsversprechens Kernkompetenzen entstehen, mit denen sich ein Unternehmen gesteigert wettbewerbsfähig macht, liefert das Unternehmen Irlbacher Blickpunkt Glas GmbH aus Schönsee. Mehrere Jahre in Folge wurde der Spezialglasfertiger als eines der 50 innovativsten Unternehmen Bayerns sowie mit weiteren Preisen ausgezeichnet. Schon früh in der über siebzigjährigen Unternehmensgeschichte konzentrierte sich das Familienunternehmen auf die Kernkompetenz innovatives Fertigungs-Know-how, mit dem es eine Alleinstellung im Markt aufbauen konnte. Ausgangspunkt für diesen Fokus war der heterogene Spezialglasmarkt. Er stellt an Lieferanten gegenläufige Anforderungen. So fordern Kunden, wie beispielsweise die Miele & Cie. KG für ihre hochwertigen Geräteblenden, simultan die Fertigung von Großserien zu international konkurrenzfähigen Preisen und von Kleinserien bis hin zu Einzelteilen. Für alle nachgefragten Blenden gelten dabei die gleichen State-of-the-Art-Anforderungen bezüglich Toleranzen bei der höchst anspruchsvollen Bearbeitung von Oberflächen- und Kantengeometrien sowie der Bedruckung der Gläser mit unterschiedlichsten deckenden und transluzenten Farben. Dabei erwarten die Kunden auch Baugruppenfertigungen sowie integrierte Logistiklösungen (z. B. Just-in-Time-Belieferung, Kanbansysteme, Warehousing). Moderne Glasbearbeitung in dieser Komplexität erfordert ein jederzeit transparent wiederholbares Höchstmaß an handwerklicher Präzision, gepaart mit einer herausragend variablen Prozesslogistik in allen Entwicklungs- und Produktionsabläufen und dem Willen, durch innovative Weiterentwicklung der eigenen Fertigungskompetenzen neue Wege zu gehen. Hierzu hat Irlbacher beispielsweise die Chip-on-Glass-Technologie entwickelt und patentieren lassen. Mit dieser Technologie wurden im Bereich von Industrieblenden sowie Blenden im High- End-Home-Bereich neue Möglichkeiten für anspruchsvolle Bedienelemente eröffnet. Im Dickschicht-Druckverfahren werden auf die zuvor aufwendig bedruckten Blenden Leiterbahnen direkt auf das Glas aufgedruckt und mit Chips und elektronischen Steuerungen versehen. Dadurch übernimmt das Glas neben seiner optischen Funktion die Funktion einer Leiterplatine. Im Ergebnis führt das dazu, dass diese Gläser mit einer Optik, Haptik und Funktionalität aufwarten, wie sie Kunden bei den i-Produkten von Apple Inc. vorfinden. Durch den kontinuierlichen Ausbau dieses jederzeit abrufbaren Handwerks-, Fertigungs- und Prozess-Know-hows hat Irlbacher im Bereich High-End-Flachglasbearbeitung eine internationale Position als Innovations- und Qualitätsführer für komplexe technische Lösungen in Glas erworben. Sie geht einher mit einer weit marktüberragenden Eigenkapital-, Rendite- und Cashflow-Quote, mit der Irlbacher seine Innovationskraft kontinuierlich weiterentwickelt und ausbaut. RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 111 26.02.21 11: 50 <?page no="111"?> 112 Alles neu: Der Geschäftsplan Hat ein Start-up oder ein Unternehmen ein klares Bild vom Nutzenprofil seines Leistungsversprechens, seinem wirtschaftlichen Motor sowie den dazu notwendigen Kernkompetenzen, mit denen es sich im Markt bewähren möchte, gilt es, das Geschäftsmodell anhand einer Wettbewerbsanalyse auf den Prüfstand zu stellen. Diese hat zwei Stoßrichtungen. Anhand einer Markt- und Marktumfeldanalyse wird abgeprüft, welche externen Chancen und Risiken für das Geschäftsmodell bestehen. Diese externen Gegebenheiten werden dann anhand einer Eigensituationsanalyse mit den eigenen Stärken und Schwächen abgeglichen. Zur Analyse der Chancen und Risiken, die aus dem Markt und Marktumfeld für das Geschäftsmodell erwachsen, dienen zwei Werkzeuge, mit denen die externen Umfeldfaktoren sowie die Marktlandschaft und Branchenstruktur analysiert und daraus die konkrete Zuspitzung des Geschäftsmodells abgeleitet werden. Das erste ist die auf Michael E. Porter zurückgehende Branchenstrukturanalyse der fünf Wettbewerbskräfte, das zweite die ursprünglich auf Francis J. Aguilar zurückgehende ETPS-Analyse, die im Lauf der Zeit zur PEST- LE-Analyse erweitert worden ist. Das Modell der fünf Wettbewerbskräfte nimmt die Branchenlandschaft in den Blick, in der sich das Geschäftsmodell bewegt. Es fixiert die Struktur, Größe und Veränderungsdynamik des Marktes sowie Marktmacht von Lieferanten, Mitbewerbern, Kunden, neuen Anbietern und Marktpartnern sowie möglichen Substituten, die das angebotene Leistungsversprechen bedrohen könnten. Die aus dem englischen Akronym PESTLE abgeleitete PESTLE-Analyse betrachtet dagegen die Makrokräfte und Marktumfeldfaktoren, die das Marktumfeld prägen. Hierzu gehören alle politischen ökonomischen (economical) sozialen & soziokulturellen technologischen rechtlichen (legal) und ökologischen (ecological) Gegebenheiten, die für das Geschäftsmodell Chancen bieten oder Risiken bergen. Markt- und Marktumfeldanalyse RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 112 26.02.21 11: 50 <?page no="112"?> 113 Alles neu: Der Geschäftsplan Markt- und Marktumfeldanalyse Leitfragen Fokus 1. Wie groß ist der Markt? ➞ Marktvolumen 2. Wie stark und wohin verändert sich der Markt? ➞ Marktdynamik 3. Wie ist der Markt strukturiert? ➞ Branchenstruktur Branchenstruktur: Wettbewerber, Lieferanten, Kunden, Mittler und Partner 4. Was sind die Chancen oder Risiken? ➞ Chancen und Risiken Wettbewerbskräfte nach Michael E. Porter Potenzielle neue Wettbewerber - Fachkräftemangel + Möglichkeit zur Kundenbindung Macht der Lieferanten + kaum Abhängigkeiten + kaum Vorwärtsintegration der Lieferanten Macht der Kunden + Abhängigkeit + Anbieterwechsel leicht Hauptbedrohungen z. B. Preiswettbewerb Rentabilitätsrisiko Ressourcenengpässe Substitutionsprodukte + kaum Substitution durch andere Produkte Marktveränderungen z. B. disruptive Marktveränderungen Marktattraktivität sehr niedrig hoch niedrig sehr hoch mittel + Differenzierungsmöglichkeit + Branchenwachstum + steigende Wettbewerbsintensität Wettbewerb zwischen etablierten Unternehmen Marktveränderungen Markteintrittsbarrieren RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 113 26.02.21 11: 50 <?page no="113"?> 114 Alles neu: Der Geschäftsplan Komplettiert wird die Prüfung des Geschäftsmodells, wenn die nach außen gerichtete Markt- und Umfeldanalyse verbunden wird mit der nach innen gerichteten Analyse der eigenen Stärken und Schwächen. Hierbei werden die bestehenden Stärken und Schwächen herausgearbeitet, die das Start-up oder ein bestehendes Unternehmen hinsichtlich des geplanten Geschäftsmodells aufweist, und mit notwendigen Soll-Zuständen (Ziel-Stärken) abgeglichen, die das Unternehmen entwickeln muss, wenn es sich langfristig erfolgreich in seinem Markt behaupten möchte. Aus der Kombination der Markt- und Marktumfeldanalyse sowie der Analyse der eigenen Stärken und Schwächen erwächst die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken Matrix (englisch SWOT-Analyse), mit der die strategischen Schritte und operativen Maßnahmen abgeleitet werden, damit das Geschäftsmodell erfolgreich im Markt verankert werden kann. Eigensituationsanalyse Eigensituationsanalyse Leitfragen Fokus 1. Wo liegen unsere heutigen Stärken und Schwächen? ➞ Ist-Fähigkeiten 2. Welche Stärken und Schwächen müssen wir entwickeln oder beheben, damit Chancen genutzt und Risiken abgewendet werden können? ➞ Ziel-Fähigkeiten 3. Wo stehen wir mit unseren Stärken und Schwächen im Vergleich zu den Wettbewerbern? ➞ Wettbewerbsvergleich Wettbewerbsvergleich: marktrelevante Stärken und Schwächen im Vergleich zu den Wettbewerbern SWOT- Analyse Eigensituationsanalyse Stärken (Strengths) Schwächen (Weaknesses) Umfeldanalyse Chancen (Opportunities) Welche Chancen passen zu unseren Stärken? Passungsstrategie Welche Schwächen können wir beheben, um uns Chancen zu erschließen? Umwandlungsstrategie Risiken (Threats) Welche Stärken wappnen uns gegen welche Risiken? Neutralisierungsstrategie Wie können wir Schwächen einhegen, damit sie nicht zu Risiken führen? Verteidigungsstrategie Stärken, Schwächen, Risiken, Chancen-Matrix (SWOT-Analyse) RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 114 26.02.21 11: 50 <?page no="114"?> 115 Alles neu: Der Geschäftsplan Aus der Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken- Matrix (SWOT-Analyse) sind die grundlegenden strategischen Entscheidungen abzuleiten, wie das eigene Geschäftsmodell so zugespitzt werden kann, dass es ein Wertschöpfungsnetzwerk antreibt, mit dem Systemrenditen generiert werden, die dem Geschäftsmodell zusätzliche Durchschlagskraft verleihen. Hierzu wird das Prinzip der konzentrierten Leistungskraft auf zwei Aspekte der Unternehmensentwicklung angewandt: erstens auf die Makeor Buy-Entscheidungen für die Leistungserstellung sowie zweitens auf das dazu notwendige Netzwerkmanagement. Mit der Entscheidung, welche Leistungen oder Teilleistungen des Leistungsversprechens vom Unternehmen selbst erbracht werden (make) und welche es vom Markt bezieht (buy), fokussiert das Geschäftsmodell die Kernkompetenzen, über die das Unternehmen verfügen muss, wenn es sich als unverzichtbares Bindeglied im Wertschöpfungsnetzwerk positionieren will. Flankiert wird diese Konzentrationsstrategie durch eine Netzwerkstrategie. Sie dreht die alte Logik des Modells der fünf Wettbewerbskräfte um, indem sie nicht danach fragt, welche Lieferanten, Kunden und Marktpartner das eigene Geschäftsmodell bedrohen könnten. Vielmehr fragt sie im Sinn der neuen Logik ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe danach, welche Systempartner als Teil des Wertschöpfungssystems einen symbiotischen Beitrag für das vom Unternehmen angestrebte Leistungsversprechen liefern, der das gesamte Netzwerk stärkt und überlebensfähig hält. Wo das Geschäftsmodell solche Systempartner aktivieren kann, haben diese oft ein so starkes Eigeninteresse an der Erfüllung des Leistungsversprechens, dass sie im Sinn des Tom-Sawyer-Prinzips sogar dazu bereit sind, eigene Mittel zu investieren, um an seiner Erfüllung mitwirken zu dürfen. Netzwerkmanagement Netzwerkstrategie Leitfragen Fokus 1. Wer ist im System und trägt mit welchen Leistungen dazu bei, dass das Leistungsversprechen des Geschäftsmodells so umgesetzt werden kann, dass symbiotische Systemrenditen entstehen, die das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk stärken? ➞ Systemrenditen RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 115 26.02.21 11: 50 <?page no="115"?> 116 Alles neu: Der Geschäftsplan Das Tom-Sawyer-Prinzip des ressourcenschöpfenden Netzwerkmanagements Ressourcenschöpfendes Netzwerkmanagement zielt auf die Entwicklung von Systemrenditen, aus denen alle im Netzwerk verbundenen Akteure, Unternehmen, Menschen und Institutionen einen Nutzen und Vorteil ziehen, die das Gesamtsystem stützen. Es erfordert, sich von der alten Kooperationslogik zu verabschieden. Diese setzt darauf, Geschäftspartner und Leistungsträger mit Win-Win-Strategien zu binden. Das Problem solcher Strategien besteht jedoch darin, dass win-win-orientierte Kooperationssysteme oft instabil und unbeständig sind. Der Grund hierfür ist psychologischer Natur. Wo es um Gewinne geht, sind viele geneigt, zuerst an den eigenen Vorteil zu denken. Win-Win-Konstruktionen stehen deshalb immer in der Gefahr, dass einer der Partner aus dem System ausschert, um mehr für sich zu beanspruchen als für das Kooperationssystem gut ist. Soll dieser Unsicherheitsfaktor ausgeschlossen werden, ist es aus Sicht des Geschäftsmodelleigners sinnvoll, nicht auf im Kern volatile Win-Win-Strategien zu setzen, sondern auf die Befriedigung von intrinsischen Bedürfnissen, die den Geschäftspartner dazu motivieren, seine Leistungen aus eigenem freien Antrieb heraus zu erbringen. Wie das funktioniert, verdeutlicht eine Episode aus Mark Twains »Huckleberry Finn«. Erzürnt über die vielen Streiche von Tom Sawyer, will dessen Großmutter ihn mit einer erzieherischen Aufgabe maßregeln. Anstatt in seiner Freizeit zu faulenzen, soll er für sie den Gartenzaun neu anstreichen. Als seine Kameraden auf dem Weg zum mittäglichen Schwimmen im Mississippi bei ihm vorbeikommen und ihn dafür hänseln, antwortet er gelassen, dass er jeden Tag schwimmen gehen kann und seine Aufgabe, den Zaun anzustreichen, eine willkommene Abwechslung zum Zeitvertreib sei. Interessiert wollen seine Freunde das auch ausprobieren. Das Netzwerkmanagement Leitfragen Fokus 1. Wer hat ein so großes Interesse daran, eine Aufgabe zu übernehmen, dass er oder sie bereit ist, eigene Mittel in die Lösung der Aufgabe zu investieren? ➞ Netzwerkpartner Netzwerkpartner: Menschen, Unternehmen, Organisationen, Institutionen 2. Was ist das konkrete Interesse, für dessen Befriedigung Netzwerkpartner bereit sind, eigene Mittel zu investieren? ➞ Interessen 3. Wie können wir dazu beitragen, dass die Interessen der Systempartner so befriedigt werden, dass sie eigene Mittel beisteuern, damit das Leistungsversprechen optimal erfüllt wird? ➞ Erfüllungsbedingungen RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 116 26.02.21 11: 50 <?page no="116"?> 117 Alles neu: Der Geschäftsplan aber verweigert ihnen Tom und fragt, was sie ihm dafür geben, wenn er sie einen Teil des Zaunes streichen lässt. Sie zögern nicht und geben ihm dafür verschiedenste Gaben. Das Ergebnis der Geschichte ist bekannt: Während Tom Sawyer reich beschenkt den Nachmittag am Mississippi verbringt, streichen seine Freunde mit Elan den Zaun. Und auch die Großmutter ist zufrieden. Denn bis zum Abend wurde ja die Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt. Aber Achtung! Das Tom-Sawyer-Prinzip des ressourcenschöpfenden Netzwerkmanagements funktioniert nur dann, wenn es, ethisch gesprochen, in der neuen Logik ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe umgesetzt wird, sprich wenn alle Beteiligten das aufrichtige Gefühl haben, dass sie das bekommen haben, was sie wollen, und dass sie auch im Nachhinein nicht den Eindruck haben, einseitig übervorteilt oder ausgebeutet worden zu sein. Kurz: Das Tom-Sawyer-Prinzip wirkt nur dort, wo der Initiator des Kooperationssystems sich darauf konzentriert, dass die Kooperationspartner auf optimale Weise den von ihnen angestrebten Nutzen erfüllt bekommen. Dass das Tom-Sawyer-Prinzip auch im Unternehmensalltag funktioniert und ein starkes Instrument für den Erfolg eines Geschäftsmodells sein kann, zeigt der Energydrink-Hersteller Red Bull GmbH mit Hauptsitz in Fuschl am See. Mit seinem Slogan »Red Bull verleiht Flügel« setzte Red Bull bei der Vermarktung seines Produktes von Anfang an auf eine Netzwerkstrategie, die den Extremsport als Vehikel nutzt. Hierzu kreierte Red Bull Sportevents wie beispielsweise die X-Games sowie einen eigenen Medienkanal, bei dem die besten Extremsportler sowie ausgewählte Sportteams und ein Rennstall von Red Bull gesponsert werden. Aus dieser Strategie, die von einigen Kritikern als sehr zwiespältig beurteilt wird, ist zwischenzeitlich eine globale Eventmaschinerie entstanden, bei der die Extremsportler die aktiven Leistungsträger und Systempartner sind, mit denen sich Red Bull als Marke etabliert, die auf allen Ebenen der Netzwerkpartner multidimensionale Mehrwerte aus Prestige, Spaß, Herausforderung und Einkommenschancen generiert. RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 117 26.02.21 11: 50 <?page no="117"?> 118 Alles neu: Der Geschäftsplan Das Leitbild beschreibt die normative Dimension der Leistungsbedingungen sowie die systemische Dimension der Leistungswirkungen, die das Geschäftsmodell prägen und tragen. Beide Dimensionen des Leistungsversprechens werden im Leitbild so aufeinander abgebildet, dass auf den strategischen und operativen Ebenen der Unternehmensentwicklung alle Prozesse und Schritte zielgerichtet geplant werden können. Die Leitbildentwicklung beginnt, sobald die zentralen Überlegungen zur Geschäftsidee so weit konkretisiert worden sind, dass mit der Ausarbeitung des konkreten Geschäftsmodells begonnen werden kann. In dieser ersten Phase der Geschäftsmodellentwicklung wird mit dem Leistungsversprechen die Werte-DNA der Unternehmung festgelegt. Am Ende des Planungsprozesses wird das Leitbild nachgearbeitet und die grundlegenden Unternehmensziele mit den konkreten Zielen und Claims unterfüttert. Ausgehend vom zentralen Nutzenversprechen - es ist die angestrebte Primärnutzenstiftung des Geschäftsmodells - beginnt die Ausarbeitung des Leitbildes mit der Mission. Sie definiert das Leistungsversprechen und beantwortet die Frage, wozu das Unternehmen handelt und wofür es eintritt. Die Leitfrage zur Erstellung der Mission lautet: Welchen Nutzen und Mehrwert realisieren wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen? Gestützt wird die Mission durch die Vision. Mit ihr wird das Selbstverständnis der Unternehmung gefasst, wofür es eintritt und welche Wirkung es mit seiner Mission stiften möchte. Die Leitfragen zur Entwicklung der Vision lauten: Was wollen wir mit unserer Mission bewirken? Und: Wie sehen wir uns (in der mittelfristigen Zukunft) und welches eine Bild steht dafür? Aus der Mission und Vision ergeben sich die Unternehmenswerte. Sie stehen im Zentrum des Leitbildes. Mit dem Instrument der Wertepyramide werden sie in einem eigenen Planungsschritt ausgearbeitet und in eine Ordnung gebracht, die als Werte-DNA dem Unternehmen Fokus und Wirkung verleiht. Sind die Mission, Vision und Unternehmenswerte definiert, erfolgt im Rahmen der strategischen und operativen Unternehmensplanung die Ausarbeitung der Unternehmensziele. In der finalen Abschlussphase der Planung (Planungsphase 4) werden diese in das Leitbild eingefügt. Die Leitfrage zur Definition dieser Ziele lautet: Was wollen wir mit unserem Leistungsversprechen erreichen? Das Leitbild RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 118 26.02.21 11: 50 <?page no="118"?> 119 Alles neu: Der Geschäftsplan Werte-DNA Die Wirkung der im Leitbild zum Ausdruck gebrachten Werte und Ziele kann exemplarisch an den Fahrzeugherstellern Volkswagen, Toyota und Daimler-Benz verdeutlicht werden. Auf den ersten Blick teilen alle drei Konzerne das gleiche Nutzenversprechen: Gewährleistung individueller Mobilität. Allerdings unterscheiden sie sich in ihrer gelebten Werte-DNA. Daimler qualifiziert sein Mobilitätsversprechen durch den Leitwert »Sicherheit«. Hierzu gehört erstens der Fokus auf innovative Sicherheitslösungen, zweitens der Fokus auf Qualität sowie drittens der Fokus auf proaktive Kundenbeziehungen. Deutlich wird das Zusammenspiel dieser Werteorientierungen an einer der größten Entwicklungspannen in der Firmengeschichte von Daimler, dem verpassten »Elch-Test« bei der Einführung der A-Klasse Ende der 1990er-Jahre. Als nach einem Fahrzeugtest durch eine Fachzeitschrift publik wurde, dass die Wagen den Elch-Test nicht bestehen, hat Daimler-Benz das nach eigenen Tests nicht nur unverzüglich eingeräumt, sondern darüber hinaus proaktiv mitgeteilt, dass dieses Sicherheitsrisiko deshalb entstanden sei, weil Daimler es schlicht versäumt hatte, zu testen, ob das Fahrzeug bei einem schnellen Ausweichmanöver umkippen kann. Da das der Fall war, rief Daimler alle schon ausgelieferten Fahrzeuge zurück und stattete sie auf eigene Kosten mit dem noch in der Entwicklungspipeline steckenden ESP-System aus, um die Autos sicher zu machen. Daimler dokumentierte damit, dass die Sicherheit ihrer Kunden nicht nur ein Lippenbekenntnis war, sondern der gelebte Wertekern seines Leistungsversprechens ist. Auch Toyota handelt proaktiv kundenorientiert. Mit seinem Claim »Jeden Tag ein bisschen besser« hat es sich den Leitwerten Qualität, Langlebigkeit und kostensenkende Prozesseffizienz verschrieben. Damit konnte sich Toyota über lange Jahre als innovativer Qualitäts- und Weltmarktführer für aus Preis-Leistungs-Sicht hochwertige, jedoch kostengünstige Fahrzeuge positionieren. Zur Erfüllung dieses Leistungsversprechens hat Toyota nicht nur Qualitätssicherungsprozesse wie KAIZEN erfunden, sondern wartet seit langen Jahren auch mit zukunftsfähigen Mobilitätslösungen wie dem Hybridantrieb und alternativen Antrieben auf. Ganz anders Volkswagen. Deren erklärtes Unternehmensziel war und ist es, der verkaufszahlenmäßig größte Fahrzeughersteller der Welt zu sein. Um dieses rein selbstbezogene Ziel zu erreichen, setzte VW auf eine aggressive Wachstumsstrategie. Diese wurde insbesondere durch den Aufkauf von anderen Marken wie Skoda oder SEAT vorangetrieben. Mit ihren zwischenzeitlich rund 20 Marken konnte der VW-Konzern schließlich Toyota beim Autoabsatz überholen. Begleitet wird dieser offensichtliche Erfolg durch erhebliche negative Effekte, die ebenfalls aus der rein egozentrierten Werteorientierung von VW erwachsen sind. Nicht nur führt angesichts der anstehenden Umbrüche im Automobilsektor die Multimarken-Strategie zur Gefahr der inneren Kannibalisierung, sondern der rein selbstbezogene Fokus auf die eigene Größe und Marktmacht hat auch die Werte der Unternehmenskultur verkommen lassen. Um das angestrebte Ziel, größter Autobauer der Welt zu werden, erreichen zu können, wurde das Unternehmen auf eine Weise geführt, bei der Selbstherrlichkeit, Machtmissbrauch und rücksichtsloses, unethisches Verhalten zu Kernelementen des Erfolgsrezeptes von VW wurden. Prominente Beispiele hierfür sind neben Ferdinand Piëch die von ihm protegierten Manager José Ignacio López, RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 119 26.02.21 11: 50 <?page no="119"?> 120 Alles neu: Der Geschäftsplan Peter Hartz sowie Martin Winterkorn. José Ignacio López wurde von Piëch 1993 von GM abgeworben, um gemeinsam mit Peter Hartz den damals weit abgeschlagenen VW-Konzern zu reformieren. Das geschah auch dadurch, dass López umfangreiche Listen zu Einkaufskonditionen und Daten von in der Entwicklung befindlichen Fahrzeugen von GM mit nach Wolfsburg brachte, um Marktbegleiter und Zulieferer von VW bedrängen zu können. Flankiert wurde dieser Datendiebstahl und der Druck auf die Lieferanten durch ein Mitarbeiteranreizprogramm, bei dem, abgesegnet durch den Personalvorstand Peter Hartz, Gewerkschafter auf Firmenkosten mit Bordellbesuchen in Brasilien belohnt wurden. Im Rahmen des Diesel-Skandals wurde schließlich deutlich, dass innerhalb des Konzerns eine Ja-Sager-Kultur verankert wurde, die kritisch-verantwortliches Denken und Handeln systematisch unterbindet. Deshalb konnte VW über lange Jahre seine Kunden und die Öffentlichkeit mit falschen Aussagen und einer frisierten Abgaseinrichtungsanlage massiv betrügen. Gegen Martin Winterkorn und weitere Vorstände des Konzerns wurde deshalb der Prozess wegen »gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs« eröffnet, sprich wegen eines vermuteten Straftatbestands, der dem Strafvorwurf nach dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzuschlagen ist. Leitbilddimension Zielrichtung Zentrale Fragestellung Mission: Wozu handeln wir und wofür treten wir ein? Handlungsorientierung Welchen Nutzen und Mehrwert realisieren wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen? Vision: Wer sind wir und wofür stehen wir ein? Wirkungsorientierung Wie sehen wir uns (in der mittelfristigen Zukunft) und welches Bild steht dafür? Ziele: Was machen wir? Prozessorientierung Was wollen wir erreichen? Werte: Wie handeln wir? Identitätsorientierung Wie leben wir unser Unternehmen? Vision ➞ emotional leitend ➞ bildlich ➞ qualitativ ergebnisorientiert Werte ➞ identitätsstiftend ➞ emotional bindend ➞ kulturbildend Mission ➞ sinnstiftend ➞ handlungsanleitend ➞ nutzenorientiert Ziele ➞ rational ➞ konkret ➞ prozessorientiert Planungsphase 1 Planungsphase 4 Planungsphasen der Leitbildpyramide RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 120 26.02.21 11: 50 <?page no="120"?> 121 Alles neu: Der Geschäftsplan Im Zentrum des Leitbildes stehen die Unternehmenswerte. Wo sie nicht nur Lippenbekenntnis bleiben, sondern der Ausdruck der im Unternehmen gelebten Werte- und Leistungskultur sind, wirken sie als unverwechselbare DNA, die die Entwicklung, den Fokus, den Aktionsradius, die Leistungsfähigkeit sowie die Wirkungen prägen, die das Unternehmen in der Welt stiftet. Der Kernsatz für die Entwicklung einer leistungssteigernden Werte-DNA lautet: »Stimmigkeit und Passung ergeben Fokus und Kraft.« Die Passung der Werte-DNA wird mit dem Instrument der Wertepyramide gefügt. An deren Spitze steht das substanzielle Nutzenversprechen des Geschäftsmodells. Mit zwei Leitfragen wird es ermittelt. Handlungsorientiert mit der Leitfrage: »Welchen substanziellen Nutzen wollen wir mit unserem Geschäftsmodell stiften? « sowie wirkungsorientiert mit der Leitfrage: »Was wollen wir mit dieser Nutzenstiftung in der Welt bewirken? « Aus dem zentralen Nutzenversprechen leiten sich die Leitwerte für das angestrebte Leistungsversprechen ab. Wirkungsvolle Leitwerte spitzen das substanzielle Nutzenversprechen strategisch so zu, dass es unverwechselbar wird und anziehend wirkt. Wo das der Fall ist, werden die Leitwerte zum Treiber der Kernkompetenzen, mit denen das Unternehmen sein Leistungsversprechen umsetzt. Die Leitfrage zur Definition der Leitwerte lautet: Wie und mit welchem Fokus erfüllen wir unser Leistungs- und Nutzenversprechen? Nehmen wir als Beispiel Daimler-Benz. Das substanzielle Nutzenversprechen von Daimler besteht in der Gewährleistung von individueller Mobilität. Mit dem Leitwert „Sicherheit“ wird es von Daimler so zugespitzt, dass der Fokus auf Sicherheit und auf innovative Sicherheitslösungen zu einer der markenbildenden Kernkompetenzen von Daimler wurde. Sind die Leitwerte definiert, werden auf der nächsten Stufe der Wertepyramide die Prozesswerte der Unternehmenskultur ausgearbeitet. Sie regeln den Umgang im Unternehmen und sind so zu wählen, dass die Werte der gelebten Unternehmenskultur auf die operative Erfüllung der Leitwerte einzahlen. Wo das der Fall ist, sind sie der Treiber, dass das angestrebte Leistungsversprechen von einem proaktiv handelnden Hochleistungsteam umgesetzt wird. Die Leitfrage zur Definition der Prozesswerte lautet: Wie müssen wir miteinander umgehen, damit wir unser Leistungs- und Nutzenversprechen optimal erfüllen können? Sind die substanziellen, strategischen und operativen Werte festgelegt und passgenau auf das Geschäftsmodell abgestimmt, kann das Fundament für die ökonomische Wirksamkeit des Nutzenversprechens gelegt werden. Die Leitfrage zur Definition des ökonomischen Fundamentes lautet: Wie und auf welche Weise erstellen wir unser Nutzenversprechen und bieten es so an, dass wir profitabel davon leben können? Die Wertepyramide RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 121 26.02.21 11: 50 <?page no="121"?> 122 Alles neu: Der Geschäftsplan Passung Die Passung der Werte-DNA kann an Geschäftsmodellen verdeutlicht werden, die mit ihrem Leistungsversprechen zu einer der großen Menschheitsvisionen beitragen: »Für Befriedung sorgen«. Nimmt man den Reigen von Organisationen und Unternehmen, die sich mit ihrer Mission dieser Vision verpflichtet fühlen, reicht das Spektrum von NGOs, politischen und staatlichen Organisationen (z. B. Parteien, der Polizei oder UN-Einrichtungen) über vielfältige Unternehmen (beispielsweise Sicherheitsfirmen und Logistikunternehmen) bis hin zu Stiftungen, Wohlfahrtsverbänden und sonstigen Einrichtungen wie beispielsweise das Rote Kreuz oder die Bundeswehr. Analysiert man die Geschäftsmodelle dieser Institutionen mit dem Instrument des Wertecockpits, ergibt sich folgendes Bild: Leistungsfähig werden die jeweiligen Organisationen dann, wenn sie die gemeinsam geteilte Vision »Für Befriedung sorgen« mit Leitwerten unterfüttern, die dem nach außen gerichteten Kernsatz »Resonanz und Fokus ergeben Wirkung« verpflichtet sind. Wo das der Fall ist, spitzen sie das eigene Leistungsversprechen so zu, dass es unverwechselbar wird und zur Ausbildung von Kernkompetenzen führt, die die Organisation auch ökonomisch tragen. Bei einer Partei könnte einer der Leitwerte »Beteiligung« heißen, bei der Bundeswehr, der Polizei oder einer Sicherheitsfirma dagegen »Sicherheit« und bei einer NGO wie ›Ärzte ohne Grenzen‹ oder dem Roten Kreuz »Gesundheit« oder »Wohlergehen«. Durchschlagskraft erlangt dieses Leistungsversprechen allerdings nur dann, wenn die gelebte Organisationskultur gemäß dem nach innen gerichteten Kernsatz »Stimmigkeit und Passung ergeben Fokus und Kraft« so ausgerichtet wird, dass alle mit der jeweiligen Organisation in Verbindung stehenden Personen mit Begeisterung dazu beitragen, dass das Leistungsversprechen der Organisation erfüllt wird. Wo das der Fall ist, erwirkt die jeweilige Organisation mit ihren Leistungen eine Wirksamkeit, die für die Nutznießer so wertvoll ist, dass sie die Mittel bereitstellen, mit der sich die Organisation finanzieren kann. Fokus Leitfrage Substanzielle Perspektive: Zentrales Nutzenversprechen Was machen wir für wen, wozu und wofür? Wie und mit welchem Fokus machen wir es? Wie gehen wir dazu miteinander um? Was sind die Mittel, Wege, Ziele und Ergebnisse? Strategische Perspektive: Leitwerte des Geschäftsmodells Leitwerte (Kernkompetenzen) Nutzen Prozesswerte (Leistungsperformanz) Geschäftsmodell und Nutzenversprechen Ökonomische Perspektive: Wirtschaftlicher Motor des Geschäftsmodells Wachstum Rendite Risiko Operative Perspektive: Prozesswerte der Unternehmenskultur Wertepyramide RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 122 26.02.21 11: 50 <?page no="122"?> 123 Alles neu: Der Geschäftsplan Der Kernsatz »Stimmigkeit und Passung ergeben Fokus und Kraft« dient nicht nur als Richtschnur zur Entwicklung der Werte-DNA der Unternehmung, sondern auch als Kriterium zur Entwicklung des Markenkerns. Hierzu wird das in den Leitwerten zugespitzte Nutzenversprechen mit einem ausdrucksstarken Bild oder Claim unterlegt, das oder der das Werteverständnis des Unternehmens transportiert. Wo das der Fall ist und der Claim oder das Bild die gelebte Wertekultur des Unternehmens spiegelt, werden sie zum Kristallisationspunkt der Markenbildung und stiften Motivation, Identität und Bindungen. Ein gelungenes Beispiel liefert der Sport- und Lifestyle-Artikelhersteller Nike Inc.. Mit seinem Markenclaim »Just do it! « signalisiert Nike, dass es mit seinen Produkten und Dienstleistungen dafür einsteht, dass sich jeder Mensch mit seinen Zielen und Idealen selbst verwirklichen kann. Hierzu unterstützt Nike seine Kunden auch mit einer Online-Plattform, auf der die Nutzer ihr eigenes Trainingsprogramm entwickeln und sich professionell coachen lassen können. Zur Dokumentation seiner im Claim »Just do it! « kondensierten Leitwerte schaltete Nike 2018 eine Jubiläumskampagne, die das dreißigjährige Bestehen des Claims feierte. Nike schaltete dazu großformatige Fassadenplakate mit den Gesichtern schwarzer Ausnahmeathleten, einer Aussage und dem Nike-Claim. Neben Serena Williams und LeBron James wurde auch der American Footballspieler Colin Kaepernick mit dem Satz »Believe in something. Even if it means sacrificing everything! « und »Just do it! « in den Fokus gerückt. Kaepernick war der erste Sportler, der beim Abspielen der US-amerikanischen Nationalhymne als Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt sein Knie beugte, anstatt sich zu erheben. Nach diesem Kniefallprotest wurde er von der National Football League NFL systematisch ausgegrenzt und faktisch mit einem Berufsverbot belegt. Dennoch engagierte sich Colin Kaepernick unbeirrt weiter für die Idee eines gerechten und gewaltfreien Zusammenlebens von Weißen und Schwarzen. Von Amnesty International wurde er deshalb ebenfalls in 2018 und damit zeitgleich zur Nike-Kampagne als »Botschafter des Gewissens« ausgezeichnet. Mit seiner Plakataktion und dem Claim »Just do it! « dokumentierte Nike aussagekräftig, dass es mit seinem Leistungsversprechen für ein Recht auf Selbstverwirklichung eintritt, bei dem Verantwortung, Fairness, Engagement und unbeirrter Leistungswille im Zentrum des eigenen Handelns stehen. Mit seinem Claim kommuniziert Nike damit nicht nur das eigene Werteversprechen, sondern drückt mit ihm zugleich das Markenselbstverständnis aus, für das Nike als Organisation und Erlebniswelt steht. Als Vorbild und Ausdruck des kulturellen Raums, den Nike als Markenartikelhersteller besetzt, ermöglicht der Claim »Just do it! « Identifikation: Nike liefert Produkte für ambitionierte, junge und professionelle Menschen, die im Bestreben, sich in einer ganzheitlich verantwortlichen Weise selbst zu verwirklichen, über jenen stehen, die diesen Wert nicht zu ihrer Maxime gemacht haben. Die Leitfragen zur Entwicklung des zentralen Claims, mit dem der Markenkern der Unternehmung entwickelt werden kann, lautet: Mit welchem Satz oder Bild können wir zum Ausdruck bringen, wofür wir stehen und für was wir eintreten? Mit welchen Aktionen und Kampagnen kann dieses Bild oder dieser Satz nachvollziehbar mit Leben gefüllt werden? Die Markenkernentwicklung RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 123 26.02.21 11: 50 <?page no="123"?> 124 Alles neu: Der Geschäftsplan Ist das Geschäftsmodell definiert, erfolgt die konkrete Geschäftsplanung. Bei Start-ups beginnt sie mit dem auf drei Jahre ausgelegten Geschäftsplan und bei Unternehmen, die im Rahmen ihrer Strategieprozesse ein neues Geschäftsmodell entwickeln wollen, mit der auf sieben Jahre angelegten strategischen Zielplanung. Die strategische Zielplanung beantwortet drei Fragen: 1. Wie verändern sich die Märkte in 1 - 3 - 7 Jahren? 2. Wie und mit welchen Zielen werden wir auf diese Veränderungen reagieren? 3. Was wollen wir in 1 - 3 - 7 Jahren damit erreichen? Aus den Antworten auf diese Fragen ergeben sich die strategischen und operativen Meilensteine für die Unternehmensentwicklung und den Geschäftsplan. Die Leitfragen zur Bestimmung dieser Meilensteine konzentrieren sich auf fünf Planungsbereiche: 1. auf die Entstehung und den Wegfall von Optionen. 2. auf die Positionierung des eigenen Nutzenversprechens. 3. auf die Entwicklung der Organisation. 4. auf die Entwicklung der Kernkompetenzen und Ressourcen. 5. auf die Festlegung der Ertragsziele und der Finanzierung. 3.3. Der Geschäftsplan Die strategische Zielplanung Die Planungsperspektive der strategischen Zielplanung Ressourcen & Kernkompetenzen 12 Monate 3 Jahre 7 Jahre 100 % Zeit Kunden / Umsatz / Ertrag in € Produkt- und Leistungsportfolio RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 124 26.02.21 11: 50 <?page no="124"?> 125 Alles neu: Der Geschäftsplan Meilensteine der Unternehmensentwicklung: Leitfragen Fokus 1. Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus den Marktveränderungen in 1 - 3 - 7 Jahren? ➞ Optionen 2. In welchen Märkten können oder wollen wir in 1 - 3 - 7 Jahren mit welchen Produkten und Leistungen als Qualitäts- / Innovations- / Kosten- / Preis- / Marken- / Serviceführer welche Bedarfe decken und Kunden gewinnen? ➞ Positionierung 3. Wie muss sich das Unternehmen organisatorisch und personell entwickeln (Prozesse, Verfahren, Infrastruktur, Menschen), um die in 1 - 3 - 7 Jahren angestrebten Ziele zu erreichen? ➞ Organisation 4. Welche Kernkompetenzen, Ressourcen, Werte, Mittel und Netzwerke müssen dazu in 1 - 3 - 7 Jahren entwickelt, ausgebaut und vorgehalten werden? ➞ Kernkompetenzen & Ressourcen 5. Wie und mit welchen Ergebnissen soll die Unternehmensentwicklung in 1 - 3 - 7 Jahren finanziert werden? ➞ Ertragsziele & Finanzierung RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 125 26.02.21 11: 50 <?page no="125"?> 126 Alles neu: Der Geschäftsplan Im Rahmen der operativen Drei-Jahres-Planung werden die Meilensteine und Ziele der Unternehmensentwicklung mit konkreten Planzahlen unterlegt. Der Fokus dieser Planung richtet sich auf sieben operative Planungsfelder, die in separaten Einzelplanungen ausgearbeitet und in der operativen Drei-Jahres-Planung zusammengeführt werden: 1. das Produkt- und Leistungsportfolio (Produktionsplan) 2. die Marktaktivitäten (Vertriebs- und Marketingplan) 3. die Personalentwicklung (Personalplan) 4. die Organisationsplanung (Organisationsplanung) 5. den Finanzplan (Gewinn- und Verlustrechnung) 6. das Steuerungssystem (Unternehmens- und Wertecockpit) 7. die Finanzierungsplanung (Best-, Worst- und Medium-Case-Rechnung). Der operative Geschäftsplan RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 126 26.02.21 11: 50 <?page no="126"?> 127 Alles neu: Der Geschäftsplan Mit der Planung des Produkt- und Leistungsportfolios wird das Fundament für die operative Geschäftsplanung gelegt. Hierbei wird erstens festgelegt, welche Produkte oder Dienstleistungen wann wie entwickelt und auf den Markt gebracht werden (Produktplanung); zweitens, in welchen Mengen und zu welchen Preisen das Leistungsportfolio abgesetzt wird (Absatz- und Umsatzplanung); sowie drittens, welche Mittel und Ressourcen (Anlagen, Prozesse, Verfahren, Know-how) dafür vorgehalten werden müssen (Produktionsplanung). Das Produkt- und Leistungsportfolio (Produktionsplan) Leitfragen Fokus 1. Wie setzt sich das Produkt- und Leistungsportfolio zusammen? ➞ Produkt- & Leistungsportfolio 2. Mit welchem Vorlauf und in welcher Reihenfolge werden die Produkte und Leistungen entwickelt und auf den Markt gebracht? ➞ Produktentwicklung 3. In welchen Mengen und zu welchen Preisen werden die Produkte und Dienstleistungen im Markt abgesetzt? ➞ Absatz & Umsatz 4. Welche Mittel und Ressourcen (Anlagen, Roh- und Hilfsstoffe, Prozesse, Verfahren, Know-how) werden zur Herstellung der Produkte und Leistungen benötigt und wie beschafft? ➞ Beschaffung & Produktion RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 127 26.02.21 11: 50 <?page no="127"?> 128 Alles neu: Der Geschäftsplan Mit dem Vertriebs- und Marketingplan werden die Marktaktivitäten koordiniert. Hierzu werden erstens die Zielgruppen segmentiert, zweitens die Positionierung der Produkte und Aus den Planwerten für die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung des Produkt- und Leistungsportfolios leitet sich die Personalplanung ab. Leistungen festgelegt sowie drittens die Absatz- und Umsatzplanung für die jeweiligen Absatzkanäle vorgenommen. Die Marktaktivitäten (Vertriebs- & Marketingplan) Die Personalplanung Leitfragen Fokus 1. Wie segmentieren sich unsere Zielgruppen? ➞ Zielgruppen 2. Wie und mit welcher Anmutung werden unsere Produkte und Leistungen positioniert? ➞ Positionierung 3. Mit welchen Budgets für welche Vertriebs- und Marketingaktivitäten vermarkten wir unsere Leistungen über welche Absatzkanäle? ➞ Vertrieb & Marketing Leitfragen Fokus 1. Was an der Leistungserstellung erstellen wir selbst und was beziehen wir vom Markt? ➞ Make or Buy 2. Welches Personal und welche Kernkompetenzen benötigen wir, damit wir unseren Part der Leistungserstellung erfüllen können? ➞ Personal & Kernkompetenzen 3. Welche Anreize und Maßnahmen bieten wir an, um das benötigte Personal gewinnen, entwickeln, vorhalten und binden zu können? ➞ Personalentwicklung & Personalbindung RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 128 26.02.21 11: 50 <?page no="128"?> 129 Alles neu: Der Geschäftsplan Aus der Produktions-, der Vertriebs- und Marketingsowie der Personalplanung leitet sich der Plan für die Organisationsentwicklung ab. Mit ihm werden erstens die Unternehmensstruktur (Geschäftsform, Standorte, Abteilungen), zweitens die Prozesslandschaft (Prozesse und Verfahren), drittens das Führungssystem sowie viertens die Sicherungs- und Zertifizierungssysteme festgelegt. Die Organisationsplanung Leitfragen Fokus 1. Welche Geschäftsform und Organisationsstruktur benötigt die Leistungserstellung? ➞ Organisationsstruktur 2. Welche Systempartner und Netzwerke tragen mit welchen Leistungen aktiv zur Leistungserstellung bei? ➞ Systempartner & Netzwerke 3. Wie und mit welchen Maßnahmen werden die für die Leistungserstellung benötigten Prozesse und Verfahren entwickelt und ausgebaut? ➞ Prozessentwicklung 4. Welche Führungs-, Sicherungs- und Zertifizierungssysteme sind für die Leistungserstellung zu entwickeln und vorzuhalten? ➞ Führung, Sicherheit & Zertifizierung Aus der Zusammenführung der Produktions-, Vertriebs-, Marketing-, Personal- und Organisationsentwicklungspläne ergibt sich der Investitions- und Ressourcenplan. Mit ihm werden die Mittel und sonstigen Ressourcen festgelegt, die das Unternehmen monatlich bereitstellen muss, wenn es seine Leistungserstellung wie geplant umsetzen möchte. Leitfragen Fokus 1. Welche Mittel und Ressourcen sind in welcher Periode für die Leistungserstellung vorzuhalten? ➞ Mittel & Ressourcen Die Investitions- und Ressourcenplanung RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 129 26.02.21 11: 50 <?page no="129"?> 130 Alles neu: Der Geschäftsplan Aus der Integration aller Pläne zur operativen Leistungserstellung ergibt sich der Finanzplan. Mit ihm werden erstens die monatlich benötigten Finanzmittel fixiert, die das Start-up oder ein Unternehmen, das ein neues Geschäftsmodell entwickelt, bis zum Break-even des Geschäftsmodells vorfinanzieren und bereitstellen muss, sowie zweitens die Verwendung der geplanten Erträge und Wertschöpfungen, die nach Erreichen der Gewinnschwelle an das Unternehmen zurückfließen. Leitfragen Fokus 1. Welcher Finanzbedarf besteht bis zur Erreichung der Gewinnschwelle (Break-even)? ➞ Finanzbedarf 2. Wie gestalten sich die Mittelrückflüsse nach Erreichen des Break-even? ➞ Erträge 3. Wie und wofür werden die Mittelrückflüsse nach Erreichen des Break-even eingesetzt? ➞ Ertragsverwendung Der Finanzplan (Gewinn- und Verlustrechnung) RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 130 26.02.21 11: 50 <?page no="130"?> 131 Alles neu: Der Geschäftsplan Liegen mit dem Geschäftsmodell, dem Unternehmensleitbild, der strategischen Zielplanung sowie der operativen Drei-Jahres-Planung alle Plandaten für die Unternehmensentwicklung ausgearbeitet vor, wird der Geschäftsplan mit einem Kennzahlensystem unterlegt, das mit ausgewählten aggregierten Kennzahlen alle relevanten Parameter der Leistungserstellung in konzentrierter Form aufbereitet und messbar macht. Im rollierenden Verfahren können anhand dieser Kennzahlen schnell die Ursachen für mögliche Planabweichungen identifiziert und die Unternehmensentwicklung nachjustiert werden. Leitfragen Fokus 1. Mit welchen Kennzahlen lassen sich welche Facetten der Unternehmensentwicklung wie steuern? ➞ Kennzahlen 2. Wo, wie und in welchen Intervallen werden die Kennzahlen erhoben und die Planung nachjustiert? ➞ Prüfmethoden & Prüfintervalle Das Unternehmens- & Wertecockpit Treiberlandkarte des Wertecockpits (integriertes Wertemanagement) Nutzen / Wertschöpungsperspektive ethikologische Leistungsrechnung (Wertecockpit) Finanzperspektive externe Leistungsrechnung (FiBu) Primärnutzen Kunden sonstige Nutznießer Stakeholder Fokus Partner* Finanzen EBIT Cashflow Rentabilität Rol / EK / GK Fokus ökonomische Wertschöpfung Mehrwert & Sekundärnutzen Teilhabepotenzial Befähigungspotenzial Ressourcenschöpfungspotenzial Fokus Systemleistungen* Organisationsperspektive interne Kosten / Leistungsrechnung Unternehmenswerte Indizes Nutzenstiftung Indizes Wertekapital Indizes Sozialkapital Indizes Bewusstseinskapital Fokus Werte (GM / UK) Produktivität Produktivitätskennzahlen Fokus Organisation / Prozesse intern (Unternehmen) extern (Mit- / Um- / Nachwelt) Fokus Ressourcenschöpfung* Werteschöpfung + / - + / - + / - + / - + / - *Alle, die in die Nutzenstiftung und den Mehrwertschöpfungsprozess eingebunden sind oder davon profitieren. Für jedes Feld gibt es eigene Treiberlandkarten. + / - + / - RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 131 26.02.21 11: 50 <?page no="131"?> 132 Alles neu: Der Geschäftsplan Bei Start-ups, die ihre Gründung finanzieren wollen, ist es sinnvoll, zur Risikoabsicherung den Finanzplan parallel zum Planszenarium auch in einem Best-Case-Szenario sowie einem Worst-Case-Szenario zu rechnen. Hierzu geht man im Best-Case-Szenario hypothetisch von einem Absatz- und Umsatzplus von 10 % gegenüber dem Planszenarium aus sowie in der Worst-Case-Rechnung hypothetisch von einem Szenarium, bei dem die Kosten 15 % höher und die Umsätze 15 % niedriger ausfallen, als in der Medium-Case-Rechnung des Planszenariums angenommen wird. Kann ein Start-up mit seiner Geschäftsidee die Mittel akquirieren und bereitstellen, mit denen es den Finanzbedarf zur Entwicklung seines Geschäftsmodells auch in der Worst-Case-Rechnung bis zum Break-even decken kann, besitzt es das notwendige Sicherheitspolster, mit dem es sein Risiko minimiert, innerhalb der ersten drei Jahre zu scheitern. MERKE: Gut 80 % aller Start-ups scheitern mit ihrer Unternehmung innerhalb der ersten drei Jahre! Die Hauptgründe hierfür sind ein diffuses oder im Markt nicht nachgefragtes Nutzenversprechen, Probleme im Team und bei der Organisationsentwicklung sowie ungenügende Mittel zum Aufbau der Unternehmung. Der Finanzierungsplan Leitfragen Fokus 1. Wo und wie können die Mittel beschafft werden, damit das Geschäftsmodell auch im Worst-Case-Szenarium zum Erfolg gebracht werden kann? ➞ Finanzierungssicherheit 2. Wie müssen wir uns als Team und Organisation aufstellen, damit das Geschäftsmodell auch im Worst-Case-Szenarium zum Erfolg gebracht werden kann? ➞ Team & Organisation RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 132 26.02.21 11: 50 <?page no="132"?> 133 Alles neu: Der Geschäftsplan Merke : Eine gute Geschäftsplanung liefert nicht den gesicherten Weg zum Erfolg. Sie ist aber die Königsdisziplin, wenn es darum geht, auf dem Weg zum Erfolg das Scheitern weniger wahrscheinlich werden zu lassen. RZ_Kapitel_3_Alles neu.indd 133 26.02.21 11: 50 <?page no="133"?> 1. Die Planungslandkarte 2. Der Fragenkatalog »Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung« 3. Das Leitbild 4. Das Argumentations-Struktogramm zur Zielgruppenansprache Der Werkzeugkasten: RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 134 26.02.21 11: 33 <?page no="134"?> 5. Die Wettbewerbs-, Benchmark- und Stärken-Schwächen-Analyse 6. Das Wettbewerbsmonster 7. Der Fragenkatalog »Positionierung und Markenkernentwicklung« 8. Der Geschäfts- und Finanzierungsplan 9. Das Wertecockpit Unternehmen planen und gestalten RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 135 26.02.21 11: 33 <?page no="135"?> 136 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Die Planungslandkarte verknüpft die holobiontische Organisationslogik der Unternehmung als lebendes System mit der betriebswirtschaftlichen Leistungslogik der Unternehmung als prozessorientiertem Steuerungssystem. Sie trägt dem Sachverhalt Rechnung, dass jedes Unternehmen ein Werkzeug ist, das nur dann erfolgreich eingesetzt werden kann, wenn die Form und Zwecksetzung der Unternehmung an der Funktionslogik lebender Systeme ausgerichtet wird: Als Organisation kann sich das Unternehmen nur dann in seiner Umwelt (dem Markt) aufrechterhalten, wenn das Zusammenspiel seiner Elemente, Prozesse und Strukturen so orchestriert wird, dass mit der Umsetzung des Leistungsversprechens das eigene Überleben abgesichert wird. Das gelingt dort, wo sich das Unternehmen so ausrichtet, dass es mit seinen Nutzenstiftungen Mehrwerte, Ressourcenschöpfungen und Systemleistungsüberschüsse produziert, die nicht nur das eigene, sondern auch das Gedeihen der Umgebungssysteme absichert, aus denen heraus es sich selbst aufrechterhält. Das Kriterium dafür ist die Stimmigkeit und Passung der inneren Organisation mit Blick auf die Umweltbelange sowie darauf, wie sich das Unternehmen mit seinen Leistungen in seiner Umwelt bewegen möchte. Zur Planung dieser Passung werden in der Planungslandkarte die Leistungstreiber der Unternehmung auf die Systemdimensionen des Unternehmens und seiner Umgebungssysteme abgetragen. In der Innen-Außenausfaltung der Unternehmung als lebendes System schichten sich diese Leistungstreiber von innen / unten nach außen / oben in vier Planungsebenen auf: 1. in die Ebene der Werte, über die sich das Unternehmen als lebendes Kooperationssystem organisiert. 2. in die Ebene der Mission sowie der dazu benötigten Organisation (Prozesse, Systempartner, Netzwerke), mit der das Leistungsversprechen umgesetzt werden soll. 3. in die Ebene der Nutzen- und Leistungswirkungen (Vision 1), die mit der Umsetzung des Leistungsversprechens auf der Ebene der Kunden, der Systempartner sowie dem eigenen Unternehmen entstehen. 4. in die Ebene der Systemwirkungen (Vision 2), die mit der Umsetzung des Leistungsversprechens auf den Systemebenen der Mit-, Um- und Nachwelt erzeugt werden. 1. Die Planungslandkarte Im Rahmen der Unternehmensentwicklung übernimmt die Planungslandkarte zwei Funktionen: Als Planungsinstrument zur Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle dient die Planungskarte dazu, in einem systematischen Verfahren die normativen, systemischen, strategischen und operativen Dimensionen der Unternehmung so aufeinander abzubilden, dass sich das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen im Markt aufrechterhalten kann. Als Anamneseinstrument, zur Analyse konkreter Problemlagen sowie bei der strategischen und operativen Neuausrichtung von Geschäftsmodellen und Prozesse (Change-Management) dient die Planungslandkarte dazu, die Stimmigkeit und Passung der Organisation und ihrer Zwecke zu ermitteln sowie Problembereiche und Schwachstellen in der strategischen und operativen Unternehmensentwicklung erkennen, analysieren und beheben zu können. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 136 26.02.21 11: 33 <?page no="136"?> 137 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Innen normative Dimension der Leistungsbedingungen strategische und operative Dimension der Leistungserstellung systemische Dimension der Leistungswirkungen Außen Vision 2 Wirkung des Leistungsversprechens in der Welt Ressourcenschöpfungen Systemwirkungen Mit-, Um-, Nachwelt zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung Vision 1 Wirkung des Leistungsversprechens beim Kunden Produkte & Dienstleistungen Nutzen Systempartner (Kunden, Lieferanten, …) und Unternehmen (Renditen) erste Wirkungsebene der Leistungserstellung Mission Leistungs- und Nutzenversprechen (Leitwerte) Prozesse Systempartner und Netzwerke Kunden Lieferanten Geschäftspartner Stakeholder der Leistungserstellung Prozessebene der Leistungserstellung Werte Unternehmenskultur (Prozesswerte) Kooperation Mitarbeitende (Motivation) Werteebene der Leistungserstellung Die Planungslandkarte der Unternehmung institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Werte Kooperation Ertrag physisches System Überleben RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 137 26.02.21 11: 33 <?page no="137"?> 138 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Wird die Planungslandkarte zur Entwicklung eines Geschäftsmodells herangezogen, richtet sich der Blick mit ihr zunächst nach außen auf die Mission (das Leistungsversprechen), die das Unternehmen verfolgt. Normativ wird mit diesem Leistungsversprechen festgelegt, wie und wozu das Unternehmen gegründet wird. Ausgehend von der Mission werden in den nächsten, ebenfalls außenfokussierten Schritten die Systempartner identifiziert sowie das Nutzenprofil des Leistungsversprechens, die konkreten Produkte und Dienstleistungen sowie die Wirkungen (Vision 1), die bei den Akteuren und Adressaten entstehen, wenn das Leistungsversprechen wie geplant umgesetzt werden soll. Anhand von diesem nach außen gerichteten Nutzen- und Wirkungsprofil des Leistungsversprechens wird der Blick dann nach innen auf das Unternehmen als Organisationssystem gelenkt. Dabei werden die Parameter fokussiert, wie sich das Unternehmen als lebendes System zu organisieren hat, damit es sich mit seinen Leistungen in seiner Umwelt (dem Markt) aufrechterhalten kann. Hierzu werden zunächst die Werte, Kooperationsformen, Nutzen-, Sinn- und Ertragsversprechen fixiert sowie die dazu im Unternehmen zu verankernden Leistungsprozesse festgelegt, die vom Unternehmen und den daran beteiligten Personen vorgehalten und gelebt werden müssen, damit sich das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen nachhaltig erfolgreich aufrechterhalten kann. Soll das Geschäftsmodell zukunftsfähig sein, sind diese leistungsstiftenden Werte, Systeme und Prozesse so auszurichten, dass die Umsetzung des Leistungsversprechens auch auf den Ebenen der Umgebungssysteme zu Systemleistungsüberschüssen führt, die in ihrer Wirkung (Vision 2) den Belangen der Mit-, Um- und Nachwelt gerecht werden. Leitfragen zur Geschäftsmodell- und Unternehmensplanung 1. Wie und wozu (Mission) wollen wir mit wem (Mitarbeiter, Systempartner, Netzwerke) für wen (Adressaten des Leistungsversprechens) welchen Nutzen stiften? 2. Womit und wodurch (Produkte / Leistungen) soll er gestiftet werden? 3. Was (Vision 1) wollen wir damit bei den beteiligten Akteuren und Adressaten des Leistungsversprechens bewirken? 4. Wie und mit welchen Werthaltungen müssen wir miteinander umgehen, damit eine Kooperationskultur entsteht, die alle Akteure des Leistungsversprechens (Mitarbeitende, Systempartner, Netzwerke) zu Höchstleistungen anregt? 5. Wie und mit welchen Prozessen können wir uns so organisieren, dass die Erfüllung des Leistungsversprechens auch auf der Ebene der Umgebungssysteme eine Wirkung entfaltet (Vision 2), die zu Mehrwertstiftungen und Ressourcenschöpfungen führt, welche auf die Belange der Mit-, Um- und Nachwelt einzahlen (Systemwirkungen) und damit das Unternehmen gesteigert überlebensfähig machen? 1. Zukunftsfähige Geschäftsmodellentwicklung RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 138 26.02.21 11: 33 <?page no="138"?> 139 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Innen normative Dimension der Leistungsbedingungen strategische und operative Dimension der Leistungserstellung systemische Dimension der Leistungswirkungen Außen Vision 2 Ressourcenschöpfungen Systemwirkungen zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung Vision 1 Produkte & Dienstleistungen Nutzen Systempartner erste Wirkungsebene der Leistungserstellung Mission Prozesse Prozessebene der Leistungserstellung Werte Kooperation Werteebene der Leistungserstellung Die Planungslandkarte der Unternehmung 1 2 3 4 5 institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Werte Kooperation Ertrag physisches System Überleben Systempartner und Netzwerke Mitarbeitende RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 139 26.02.21 11: 33 <?page no="139"?> 140 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Wird die Planungslandkarte zur Analyse bestehender Problemlagen in Unternehmen herangezogen, richtet sich der Blick mit ihr zunächst nach innen auf den Ist-Zustand der Organisation als lebendes System. Oft stehen Unternehmen vor der Herausforderung, die Ursachen für unternehmerische Mangelleistungen identifizieren zu müssen, um Schwächen beispielsweise bei der Ertragsgestaltung, beim Kooperationsverhalten, bei Führungs-, Kommunikations- oder Innovationsprozessen sowie bei der Organisation und der Qualität der vorgehaltenen Leistungen beheben und in Stärken wandeln zu können. Wird die Planungslandkarte zur Anamnese solcher Problemlagen in Unternehmen herangezogen, beginnt der Analyseprozess mit der Zustandserfassung, wie stimmig das Zusammenspiel der fünf System- und Leistungslogiken ausgebildet ist und funktioniert, die das Unternehmen als lebendes System kennzeichnen (siehe Kapitel 2). Das Augenmerk richtet sich dabei auf Unstimmigkeiten und dysfunktionale Prozesse, die die Ursache dafür sind, dass sich das Unternehmen in der Innen-Außenausrichtung seiner Leistungsprozesse im Markt nur ungenügend erfolgreich behaupten kann. Im Rahmen dieser zunächst nach innen auf die eigene Organisation und die gelebten Leistungsprozesse gerichteten Analyse der im Unternehmen wirkenden Systemdynamiken wird dreierlei abgefragt: 1. Wie passen die unternehmenseigenen Prozesse, das Produkt- und Leistungsportfolio, die Unternehmensorganisation sowie die an der Umsetzung des Leistungsversprechens beteiligten Menschen und Institutionen (Mitarbeiter, Systempartner, Netzwerke) zueinander und zum grundlegenden Leistungs- und Nutzenversprechen der Unternehmung (Mission und Vision 1)? 2. Entfaltet das Leistungsversprechen sowohl aus Sicht der Akteure (Mitarbeiter, Systempartner) als auch aus Sicht der Adressaten und Nutznießer (erste Wirkungsebene der Leistungserstellung) eine Sogwirkung, die bei den Adressaten zu »Will-haben«-Effekten (z. B. Kaufimpulsen) und bei den Akteuren zu Motivationsimpulsen und »Will-daran-teilhaben-und-mitwirken«-Effekten führt? 3. Ist die Umsetzung des Leistungsversprechens auch aus Sicht der Umweltbelange (zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung) nachhaltig tragfähig? Wo am einen oder anderen Punkt der Beantwortung dieser drei Fragen Probleme zutage treten, können mit der Planungslandkarte schnell die Hebel und Stellschrauben identifiziert werden, wie sich das Unternehmen in diesen Facetten entwickeln und bis hin zu einem notwendig anstehenden Geschäftsmodellwechsel neu ausrichten kann, wenn es im Markt weiterhin erfolgreich bestehen möchte. Die Stellschrauben und Hebel zur Behebung punktueller oder auch struktureller Mängel in der Unternehmensorganisation ergeben sich aus der Fokussierung der fünf operativen Erfolgsfaktoren der Unternehmung: Menschen, Ressourcen, Kommunikation, Prozesse, Steuerung. Sie lassen sich aktivieren, wenn sie anhand der im zweiten Kapitel beschriebenen fraktalen Betrachtung der Unternehmung als Kraftfelder begriffen werden. Deren Potenziale können freigesetzt werden, wenn die Unternehmens- 2. Unternehmensanamnese RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 140 26.02.21 11: 33 <?page no="140"?> 141 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Innen normative Dimension der Leistungsbedingungen strategische und operative Dimension der Leistungserstellung systemische Dimension der Leistungswirkungen Außen Vision 2 Ressourcenschöpfungen Systemwirkungen zweite Wirkungsebene der Leistungserstellung Vision 1 Produkte & Dienstleistungen Nutzen Systempartner erste Wirkungsebene der Leistungserstellung Mission Prozesse Prozessebene der Leistungserstellung Werte Kooperation Mitarbeitende Werteebene der Leistungserstellung Die Planungslandkarte der Unternehmung 1 2 3 Nutzen Ressourcen (Sinnsystem) kommunikatives System Sinn Verantwortung ökonomisches System operatives System Prozesse Werte Kooperation Ertrag physisches System Überleben institutionelles System (Wettbewerbssystem) Wirkung Systempartner und Netzwerke RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 141 26.02.21 11: 33 <?page no="141"?> 142 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten organisation, ihre Zwecksetzungen (die Mission und das Leistungsversprechen) sowie die daraus entstehenden Wirkungen (Vision 1 und Vision 2) so aufeinander abgebildet werden, dass innerhalb des Unternehmens Bewusstseins-, Motivations-, Kommunikations-, Vertrauens- und Verantwortungsrenditen entstehen, die nach außen zu Ressourcenschöpfungsleistungen und Systemleistungsüberschüssen führen, die der unternehmerischen Ertragsgestaltung ebenso Rechnung tragen wie den Belangen der Mit-, Um- und Nachwelt. Leitfragen zur Unternehmensanamnese Leitfragen Fokus 1. Passen die unternehmenseigenen Prozesse, das Produkt- und Leistungsportfolio, die Organisation sowie die an der Umsetzung des Leistungsversprechens beteiligten Personen und Partner zueinander und zum grundlegenden Leistungsversprechen? ➞ Stimmigkeit 2. Entfaltet das Leistungsversprechen eine Sogwirkung, die die Akteure und Adressaten des Leistungsversprechens motiviert? ➞ Motivation 3. Wie wirkt sich die gelebte Führungskultur auf den Leistungsfaktor »Prozesse« aus? ➞ Vertrauen und Transaktionskosten 4. Beflügeln die gelebten Werte der Kommunikations-, Kooperations- und Unternehmenskultur Motivationsrenditen oder Demotivationsrenten? ➞ Sozialkapital und Transaktionskosten 5. Sind die Produkte, Dienstleistungen, Leistungs- und Organisationsprozesse marktfähig? ➞ Marktfähigkeit 6. Führen die gelebten Führungs- und Kommunikationsprozesse zur gesteigerten Leistungsbereitschaft (Wollen), Leistungsfähigkeit (Können) und Leistungstätigkeit (Tun)? ➞ Leistungskraft 7. Fördern das Leistungsversprechen und die im Unternehmen gelebten Werte Bewusstseinsressourcen? ➞ Bewusstseinskapital, Innovation und Kreativität 8. Ist das Leistungs- und Nutzenversprechen zukunftsfähig? ➞ Ressourcenschöpfung 9. Werden die Produkte, Dienstleistungen, Organisations- und Leistungsprozesse sowie das unternehmerische Leistungsversprechen den Belangen der Mit-, Um- und Nachwelt gerecht? ➞ Systemleistungsüberschüsse RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 142 26.02.21 11: 33 <?page no="142"?> 143 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Mit dem Fragenkatalog »Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung« wird im Abgleich mit der Marktlage und den eigenen Stärken und Schwächen zunächst das Geschäftsmodell entwickelt. In der zweiten Planungsphase werden daraus die strategischen Optionen abgeleitet sowie die Stoßrichtung der Unternehmensentwicklung abgesteckt. In der dritten Planungsphase werden die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen für die Planerfüllung fixiert sowie in der vierten Planungsphase das Steuerungssystem festgelegt, mit dem die Planerfüllung kontrolliert und ggf. notwendige Plananpassungen nachgeführt werden. 2. Der Fragenkatalog »Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Unternehmensplanung« Analyse Strategische Optionen Maßnahmen & Projekte Cockpit Die Planungsphasen Der Planungsfokus ➞ Umfeldanalyse ➞ Eigensituationsanalyse ➞ Kernkompetenzen & Geschäftsmodell ➞ Ressourcen- & Wertschöpfung ➞ Kernkompetenzen von morgen ➞ Geschäftsfelder & Positionierung ➞ Wertschöpfungsprozesse ➞ Stoßrichtung ➞ Mitarbeiter / Führung ➞ Markt / Kunde ➞ Prozesse ➞ Finanzen ➞ Mitarbeiter / Führung ➞ Markt / Kunde ➞ Prozesse ➞ Finanzen RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 143 26.02.21 11: 33 <?page no="143"?> 144 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten I.1. Das Geschäftskonzept I.1.1. Das Feld der Geschäftsidee I.1.2. Ableitung des Geschäftsmodells I. Entwicklung des Geschäftsmodells Leitfragen Fokus 1. Was ist unsere wahre Passion? ➞ Motivation (Extrameile) 2. Worin können wir die Besten sein? ➞ „spitz“ schlägt „breit“ 3. In welchen Geschäftsfeldern / Marktsegmenten können wir mit unserer Passion und unserer Leistungsfähigkeit welche Kundenbedarfe lösen? ➞ Marktsegment & Kundenbedarfe 4. Welchen substanziellen Nutzen wollen wir damit stiften? ➞ Nutzen Leitfragen Fokus 1. Was ist unser Leistungsversprechen? ➞ Mission 2. Wie und auf welche Weise erstellen wir dieses Leistungsversprechen und bieten es so an, dass wir gut davon leben können? ➞ Modalitäten der Leistungserstellung ➞ Wertschöpfungsprozesse ➞ Modalitäten der Leistungsverrechnung ➞ Geschäftsmodell 3. Wer trägt aktiv zur Leistungserstellung bei? ➞ Wertschöpfungsnetzwerke RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 144 26.02.21 11: 33 <?page no="144"?> 145 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten I.2. Die Nutzenprofilierung und das Werteversprechen (Das Wertecockpit-Verfahren) Leitfragen Fokus 1. Für wen löst das Unternehmen welches konkrete Problem bzw. stiftet welchen konkreten Nutzen? tabellarische Auflistung je Nutzenaspekt und Adressat: wer, wo, was, wie, wann, warum, wie oft? Adressaten: Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, Sonstige (Menschen / Unternehmen / Umwelt) ➞ Primärnutzen 2. Für wen schöpft das Nutzenversprechen auf der Ebene der Umgebungssysteme Mehrwerte und Ressourcen? (Teilhabe / Befähigung / Ressourcenschöpfung) tabellarische Auflistung je Nutznießer und Mehrwert/ Vorteil: wer, wo, was, wie, wann, warum, wie oft? Adressaten: Menschen, Institutionen, Systeme der Mitwelt / Umwelt / Nachwelt ➞ Sekundärnutzen Vektoren ethikologischer Geschäftsmodelle ökonomische Wirkung ökologische Wirkung soziale Wirkung Teilhabe Ressourcenschöpfung Befähigung RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 145 26.02.21 11: 33 <?page no="145"?> 146 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Leitfragen Fokus 3. Was wollen wir mit unserer Mission bewirken? ➞ Vision 4. Was wollen wir damit erreichen? ➞ Unternehmensziele 5. Mit welchem Fokus realisieren wir unser Nutzenversprechen? (substanzielle Werte des Nutzenversprechens) ➞ Leitwerte 6. Welche Kernkompetenzen benötigen wir dazu? ➞ Kernkompetenzen Fokus Substanzielle Perspektive: Zentrales Nutzenversprechen Strategische Perspektive: Leitwerte des Geschäftsmodells Leitwerte (Kernkompetenzen) Nutzen Prozesswerte (Leistungsperformanz) Geschäftsmodell und Nutzenversprechen Ökonomische Perspektive: Wirtschaftlicher Motor des Geschäftsmodells Wachstum Rendite Risiko Operative Perspektive: Prozesswerte der Unternehmenskultur Wertepyramide RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 146 26.02.21 11: 33 <?page no="146"?> 147 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Leitfragen Fokus 7. Wie müssen wir miteinander umgehen, damit wir unser Leistungsversprechen optimal erfüllen können? (operative Werte der Unternehmenskultur ➞ Prozesswerte 8. Wie können wir unsere Mission (unser Leistungsversprechen), Vision, Werte und Ziele verschriftlichen und in einem Bild oder Claim verdichten? (Philosophie / Claims) ➞ Leitbild 9. Wie und mit welchen Parametern können wir die Erfüllung unseres Leistungsversprechens messen und steuern? ➞ Wertecockpit komplexe Äquivalenzen Erfüllungsbedingungen Was verstehen wir darunter konkret? Woran machen wir fest, dass wir unser Nutzen- und Werteversprechen erfüllen? Geschäftsplan Unternehmensperformanz Leitfrage Was machen wir für wen, wozu und wofür? Wie und mit welchem Fokus machen wir es? Wie gehen wir dazu miteinander um? Was sind die Mittel, Wege, Ziele und Ergebnisse? RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 147 26.02.21 11: 33 <?page no="147"?> 148 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten II.1. Umfeldanalyse (Chancen / Risiken) II. Ist-Analyse der Marktlage und der eigenen Situation Leitfragen Fokus 1. Wie ist der Gesamtmarkt / sind die Teilmärkte strukturiert? ➞ Marktvolumen in € / Ausdehnung / Kundenpotenzialen / ➞ Kundensegmenten (siehe II.1.4.) ➞ Mitbewerber (siehe II.1.3.) ➞ Besonderheiten ➞ Eintrittsbarrieren ➞ Marktstruktur 2. Wie entwickelt und verändert sich der Markt? ➞ Dynamik (gering/ mittel/ hoch) ➞ Richtung ➞ Treiber (z. B. Politik, neue Märke, neue Technologien, Megatrends wie beispielsweise 3D-Druck, Industrie 4.0, Digitalisierung und sonstige Innovationen und Verschmelzungen von Produkten, Verfahren, Fertigungstechniken …) ➞ Marktveränderungen 3. Wie ist die Marktlandschaft strukturiert? ➞ Anzahl Marktteilnehmer (Wettbewerber, Substitutionsprodukte) ➞ Struktur der Marktteilnehmer (Größe, Standorte, Umsatz, ➞ ➞ Kundensegmente) ➞ USPs ➞ Benchmark-Vergleich mit Blick auf Kernkompetenzen ➞ (z. B. Verfahren) und Kunden- und Marktanforderungen ➞ (z. B. Lieferlogistik, Qualitäts- oder Preisanforderungen etc.) ➞ Marktlandschaft 4. Wie ist die Kundenlandschaft strukturiert? ➞ Anzahl ➞ Struktur ➞ Qualität (z. B. Bonität, Kundenbeziehung, Ranking im Markt etc.) ➞ Bedürfnisse (z.B. besondere Anforderungen) ➞ Kundenlandschaft RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 148 26.02.21 11: 33 <?page no="148"?> 149 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten II.2. Eigensituationsanalyse (Stärken / Schwächen / Risiken) Leitfragen Fokus 1. Wie sieht das Produkt- und Leistungsportfolio aus? ➞ Anzahl, Komplexität, Besonderheiten ➞ USPs & Kopierbarkeit ➞ Wertschöpfung und Wertschöpfungstiefe ➞ Positionierung ➞ Produkte & Leistungen 2. Wo liegen unsere Stärken, Schwächen und Risiken? Prozesse ➞ Einkauf und Beschaffung ➞ Leistungserstellung (Prozesse, Techniken, Verfahren) ➞ Marketing & Vertrieb ➞ Innovation (Forschung & Entwicklung) ➞ Verwaltung & Management ➞ Personalgewinnung, -schulung, -bindung (Human Resources) ➞ Logistik ➞ Qualitätssicherung ➞ Service & Support ➞ Controlling Organisation ➞ Standort ➞ Infrastruktur ➞ Management & Führung ➞ Prozesse & Organisation 3. Wie sieht unsere Wettbewerbsstellung aus? ➞ Alleinstellungsmerkmale (USPs) ➞ Positionierung ➞ Marke ➞ Dienstleistungen ➞ Kundenbeziehungen ➞ Ertragskraft ➞ Marktanteil ➞ Wettbewerbsstellung 4. Wie sieht die Lieferantenlandschaft aus? ➞ Anzahl ➞ Struktur ➞ Qualität ➞ Risiken ➞ Lieferanten RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 149 26.02.21 11: 33 <?page no="149"?> 150 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten II.3. Kernkompetenzen (Stärken / Schwächen / Risiken) 5. Wie sieht die Personalausstattung aus? ➞ Mitarbeiter (Stärken, Schwächen, Risiken) ➞ Management-Team (Stärken, Schwächen, Risiken) ➞ Human Resources 6. Wie sieht die Finanzausstattung aus? ➞ Cashflow ➞ Werttreiber ➞ Risiken ➞ Finanzen Leitfragen Fokus 1. Über welche Kernkompetenzen verfügen wir? Wo benötigen wir zusätzliche Kernkompetenzen? Wie können wir die benötigten Kernkompetenzen entwickeln, schulen und ausbauen? ➞ Bestand ➞ Entwicklung ➞ Besonderheiten ➞ Kernkompetenzen 2. Mit wem und zu welchem Zweck werden heute Partnerschaften gepflegt, die aus strategischer und operativer Sicht über übliche Geschäftsverbindungen (Lieferanten-, Kunden-, Finanzierungsbeziehungen etc.) hinausgehen? Was tragen diese Partner zum Leistungsversprechen bei? ➞ Bestand ➞ Entwicklung ➞ Besonderheiten ➞ Netzwerke Der Planungsfokus Wachstum Wertschöpfung Wertschöpfung Geschäftsmodell Ressourcen Organisation Finanzen Wachstum RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 150 26.02.21 11: 33 <?page no="150"?> 151 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten III.1. Strategische Zielplanung (Siebenjahresplanung) III. Geschäftsplan Leitfragen Fokus 1. Wie verändern sich die Märkte in 1 - 3 - 7 Jahren? ➞ Märkte ➞ Kunden ➞ Bedarfe ➞ Marktveränderungen 2. Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus den Marktveränderungen in 1 - 3 - 7 Jahren? ➞ Optionen 3. Wie und mit welchen Angeboten wollen wir auf die Marktveränderungen reagieren? Was wollen wir in 1 - 3 - 7 Jahren damit erreichen? ➞ Leistungsziele 4. Was sind unsere Wertschöpfungsprozesse? ➞ Leistungserstellung ➞ Wertschöpfung ➞ Leistungsverrechnung ➞ Wertschöpfung 5. Wie und mit welchem Leistungsversprechen sollen unsere Produkte und Leistungen in 1 - 3 - 7 Jahren strategisch positioniert werden? (z. B. Innovations-, Qualitäts-, Kosten-, Preis-, Marken- oder Serviceführerschaft) ➞ Positionierung Anhand der Ist-Analyse der Marktlage, der eigenen Stärken und Schwächen sowie der zu erwartenden Marktveränderungen (Chancen und Risiken) wird in der auf sieben Jahre ausgelegten strategischen Zielplanung festgelegt, mit welchen Zielen, Meilensteinen, Maßnahmen und Ergebnissen das konkrete Geschäftsmodell positioniert, entwickelt und umgesetzt werden soll. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 151 26.02.21 11: 33 <?page no="151"?> 152 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 6. Welche Ressourcen und Kernkompetenzen müssen dazu in 1 - 3 - 7 Jahren entwickelt, ausgebaut und vorgehalten werden? Menschen ➞ Wissen und Know-how ➞ Fähigkeiten und Fertigkeiten Prozesse und Verfahren (Techniken) gesondert nach den Bereichen ➞ Einkauf und Beschaffung ➞ Leistungserstellung (Prozesse, Techniken, Verfahren) ➞ Marketing & Vertrieb ➞ Innovation (F&E) ➞ Verwaltung & Management ➞ Human Resources ➞ Logistik ➞ Qualitätssicherung & Risikomanagement ➞ Service & Support ➞ Organisation (Management, Führung) ➞ Controlling Mittel (Kernkompetenzen, Werte, Netzwerke) ➞ Beschaffung ➞ Entwicklung ➞ Ressourcen & Kernkompetenzen 7. Wie muss sich das Unternehmen organisatorisch entwickeln (Prozesse, Verfahren, Infrastruktur, Menschen), um die angestrebten Ziele erreichen zu können? ➞ Organisation 8. Wie und mit welchen Ergebnissen soll das Leistungsversprechen in 1 - 3 - 7 Jahren finanziert werden? ➞ Finanzierung ➞ Ertragslage (Cashflow, EBIT) ➞ Wertsteigerung ➞ Ertragsziele RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 152 26.02.21 11: 33 <?page no="152"?> 153 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten III.2. Operative Zielplanung (Dreijahresplanung) III.3. Operative Maßnahmen- und Ergebnisplanung ( Jahresplanung) Aus der strategischen Zielplanung werden in der operativen Zielplanung im rollierenden Verfahren die Meilensteine, Maßnahmen und Ergebnisse für die operative Dreijahresplanung abgeleitet und festgelegt. Maßnahmen- und Ergebnisplan für das laufende Geschäftsjahr 1. Meilensteine, Maßnahmen und Planergebnisse für die Unternehmensbereiche ➞ Einkauf und Beschaffung ➞ Leistungserstellung (Prozesse, Techniken, ➞ ➞ Verfahren) ➞ Marketing & Vertrieb ➞ Innovation (F&E) ➞ Verwaltung & Management ➞ Human Resources (Personalentwicklung) ➞ Logistik ➞ Qualitätssicherung & Risikomanagement 1. Maßnahmen und Planergebnisse für die Unternehmensbereiche ➞ Einkauf und Beschaffung ➞ Leistungserstellung (Prozesse, Techniken, ➞ ➞ Verfahren) ➞ Marketing & Vertrieb ➞ Innovation (F&E) ➞ Verwaltung & Management ➞ Human Resources (Personalentwicklung) ➞ Service & Support ➞ Organisation (Standort, Infrastruktur, ➞ Management, Führung) ➞ Controlling 2. Finanzen (Dreijahresplanung) ➞ Finanzbedarf ➞ Finanzierung ➞ Cashflow ➞ Ertragslage (RoI, EBIT) ➞ Wertsteigerung ➞ Logistik ➞ Qualitätssicherung & Risikomanagement ➞ Service & Support ➞ Organisation (Standort, Infrastruktur, ➞ Management, Führung) ➞ Controlling 2. Finanzen (Jahresplanung) ➞ Finanzbedarf ➞ Finanzierung ➞ Cashflow ➞ Ertragslage (RoI, EBIT) ➞ Wertsteigerung RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 153 26.02.21 11: 33 <?page no="153"?> 154 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 3. Das Leitbild Das »Leitbild« bringt das Wertefundament des Geschäftsmodells auf den Punkt und gibt dem Unternehmen ein unverwechselbares Gesicht sowie eine es tragende Philosophie, die emotional bindet, Sinn stiftet, motiviert und handlungsanleitend Orientierung gibt, mit welcher Mission die Organisation welche Vision und Ziele erfüllen möchte. Wo das Leitbild mit den im Unternehmen gelebten Werten übereinstimmt, ist es der Ausdruck der Werte-DNA der Organisation. Es dient dann als Treiber für die Schöpfung von Motivationsrenditen sowie als Maßstab für die Umsetzung der Führungs-, Kooperations- und Leistungsprozesse, mit denen das Leistungsversprechen des Geschäftsmodells realisiert wird. Innerhalb der Lebenszyklusphasen eines konkreten Geschäftsmodells übernimmt das Leitbild die Funktion, die einzelnen im Unternehmen wirkenden Systemlogiken so auf den Unternehmenszweck hin auszurichten, dass sie sich zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf fügen, der das Unternehmen wettbewerbs- und überlebensfähig macht. Leitbilddimension Zielrichtung Zentrale Fragestellung Mission: Wozu handeln wir und wofür treten wir ein? Handlungsorientierung Welchen Nutzen und Mehrwert realisieren wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen? Vision: Wer sind wir und wofür stehen wir ein? Wirkungsorientierung Wie sehen wir uns (in der mittelfristigen Zukunft) und welches Bild steht dafür? Ziele: Was machen wir? Prozessorientierung Was wollen wir erreichen? Werte: Wie handeln wir? Identitätsorientierung Wie leben wir unser Unternehmen? Vision ➞ emotional leitend ➞ bildlich ➞ qualitativ ergebnisorientiert Das Leitbild ist die verschriftlichte Zusammenfassung der Unternehmensphilosophie. Es beschreibt, wie, warum und wozu wir tun, was wir tun. Werte ➞ identitätsstiftend ➞ emotional bindend ➞ kulturbildend Mission ➞ sinnstiftend ➞ handlungsanleitend ➞ nutzenorientiert Ziele ➞ rational ➞ konkret ➞ prozessorientiert Die Leitbildpyramide RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 154 26.02.21 11: 33 <?page no="154"?> 155 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Der Prozess der Leitbildentwicklung durchläuft zwei Phasen. In Abstimmung mit dem Geschäftsmodell wird mit der Ausarbeitung der Mission, der Vision sowie der Unternehmenswerte in der ersten Phase das normative Fundament des Unternehmens in eine stimmige Form gegossen. Nach der Ausarbeitung des konkreten Geschäftsplans wird in der Abschlussphase des Planungsprozesses das Leitbild nochmals überprüft, gegebenenfalls nachgeschärft und mit den zentralen Unternehmenszielen unterfüttert. Der erste Schritt der Leitbildentwicklung beginnt mit Gesundheitsmarkt (1) Betrachtet man den Gesundheitsmarkt, verschreiben sich sowohl Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) wie „Ärzte ohne Grenzen“ oder das „Rote Kreuz“ dem substanziellen Nutzenversprechen »Gesundheit«, als auch medizinische Forschungseinrichtungen wie Universitäten oder Max-Planck-Institute sowie das Heer an Pharma- und Medizintechnikunternehmen, Klinikbetrieben und sonstigen Akteuren im Bereich des der Festlegung der Mission. Als Kristallisationspunkt des Unternehmenszwecks bringt sie das Leistungsversprechen des Geschäftsmodells auf den Punkt. Hierzu wird in der Mission erstens der Grund und Zweck der Unternehmung definiert (Sinnstiftung), zweitens festgelegt, wie, womit und wodurch dieser Sinn und Zweck umgesetzt werden soll (Handlungsanleitung) sowie drittens ausgeführt, mit welchen Leistungen das Geschäftsmodell bei welchen Adressaten welchen Nutzen stiftet (Nutzenorientierung). Gesundheitswesens. Allerdings unterscheiden sich diese Unternehmen in ihrer konkreten Mission, sprich in ihren individuellen Leistungsversprechen sowie den dazu von ihnen adressierten Zielgruppen. Während sich beispielsweise „Ärzte ohne Grenzen“ der kostenlosen Behandlung von Menschen widmen, die über keinen adäquaten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen verfügen, konzentriert sich das „Rote Kreuz“ auf die Notfallversorgung von Menschen sowohl in I. Der Leitbildentwicklungsprozess Die Mission: Leitfragen Fokus 1. Wozu handeln wir und wofür treten wir ein? ➞ Leistungsversprechen 2. Wie und auf welche Weise engagieren wir uns für die Adressaten unseres Leistungsversprechens? ➞ Handlungsweisen 3. Welchen Nutzen und Mehrwert ziehen die Adressaten und Nutznießer aus unserem Leistungsversprechen? ➞ Primär- & Sekundärnutzen RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 155 26.02.21 11: 33 <?page no="155"?> 156 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Krisengebieten als auch in Ländern, die wie Deutschland oder die Schweiz über ein voll funktionsfähiges Gesundheitssystem verfügen, bei dem das ›Rote Kreuz‹ ein Teil dieses Systems ist. Pharmaunternehmen widmen sich dagegen oft der Entwicklung von Medikamenten für sehr spezifische Indikationen, während Forschungseinrichtungen den Fokus auf ebenfalls spezifische Grundlagen- und Anwendungsforschung legen. Klinikbetreiber, Ärzte, Ärztinnen und Praxisgemeinschaften positionieren sich dagegen als Dienstleister mit allgemeinen bis hin zu hoch spezialisierten Behandlungsangeboten, die den Kern ihrer jeweiligen Mission bilden. Ist das Leistungsversprechen der Unternehmung geklärt, wird im nächsten Schritt der Leitbildentwicklung die Mission mit einer Vision unterfüttert. Im Unterschied zur Mission, die die operative Ausrichtung des Unternehmenszwecks zum Ausdruck bringt, übernimmt die Vision die Funktion, auf emotional sinnstiftende Weise die positiven Wirkungen zu adressieren, die in der Welt entstehen, wenn das Unternehmen sein Nutzen- und Leistungsversprechen erfüllt. Hierzu wird die Mission eingefasst in ein emotional leitendes Bild bzw. eine emotional leitende Vorstellung vom Zustand der Welt, wenn das Unternehmen seine Mission erfüllt. Diese oft in einem prägnanten Claim verdichtete Idee geht über das unmittelbare Leistungsversprechen des Geschäftsmodells hinaus. Sie wirkt dabei als Weiser und Leitstern für das Unternehmen, indem sie das grundlegende Selbstverständnis zum Ausdruck bringt, wofür das Unternehmen eintritt und was es mit seiner Mission in der Welt bewerkstelligen möchte. Die Vision: Leitfragen Fokus 1. Was wollen wir mit unserer Mission bewirken? ➞ Leistungswirkung 2. Welches eine Bild steht dafür? ➞ emotionale Leitung 3. Was wollen wir damit erreichen? ➞ Ergebnisse RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 156 26.02.21 11: 33 <?page no="156"?> 157 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Gesundheitsmarkt (2) Die einzelnen Leistungsanbieter im Gesundheitsmarkt unterscheiden sich nicht nur dadurch, dass sie das zentrale Nutzenversprechen »Gesundheit« mit unterschiedlichen Missionen in Szene setzen, sondern auch dadurch, dass sie ihre jeweilige Mission, sprich ihr konkretes Nutzen- und Leistungsversprechen (Mission und Geschäftsmodell), mit unterschiedlichen Visionen ausstatten. Bei „Ärzte ohne Grenzen“ ist es die Vision einer Befriedungsleistung, die ohne Rücksicht auf staatliche, politische, religiöse oder weltanschauliche Grenzen und damit ohne Ansehen der Person und der herrschenden Machtverhältnisse durch ärztliche Betreuung menschorientiert, empathisch und hilfreich zum Gedeihen jener beiträgt, die keinen gesicherten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen haben. Beim „Roten Kreuz“ ist es dagegen die Vision, Notfälle - sei es im Alltag wie auch in Kriegs- und Katastrophenlagen - so zu beheben, dass möglichst wenige Menschen daran sterben. Und bei einer Rehabilitationsklinik wie etwa den Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken lautet die Vision, durch Gesundheitsdienstleistungen »Teilhabe« zu beflügeln, indem diese Kliniken die Mission verfolgen, teils schwerst verunfallte Menschen wieder zu mobilisieren, damit sie nach ihrer Versehrung wieder so weit wie möglich am aktiven Leben teilnehmen können. Aus der Mission und Vision ergeben sich die Unternehmenswerte. Sie bilden das Herzstück des Leitbildes. Mit dem Instrument der Wertepyramide werden sie in einem eigenen Entwicklungsschritt ausgearbeitet und in eine stimmige Ordnung gebracht, die dem Unternehmen Fokus und Wirkung verleiht. Das zentrale Kriterium zur Entwicklung der Unternehmenswerte ist die Passung zwischen den Leitwerten des Nutzenversprechens und den Prozesswerten der Unternehmenskultur. Mit den Leitwerten des Nutzenversprechens wird das konkrete Leistungsversprechen definiert und die qualitative Stoßrichtung der Leistungserstellung festgelegt. Unterfüttert werden die Leitwerte mit Prozesswerten, die die Güte der Leistungsperformanz prägen. Es sind die im Unternehmen zu lebenden Umgangswerte der Unternehmenskultur. Sie sorgen dafür, dass emotionale Bindungen entstehen, die die Leistungsfähigkeit des Unternehmens proaktiv stärken, indem sie das Engagement und die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten sowie daraus entstehende Motivationsrenditen befördern. Wo das der Fall ist, können bei der Leistungserstellung auftretende Transaktionskosten, Konfliktpotenziale und Reibungsverluste zwischen den verschiedenen Personen, Abteilungen und Systempartnern (Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner) minimiert und die Ergebnisqualität bei allen Prozessen der Leistungserstellung gesteigert werden. Die Prozesswerte im Umgang untereinander sollten idealerweise so gewählt werden, dass sie als Treiber für die Leitwerte des Nutzenversprechens dienen und so unmittelbar auf die Erfüllung des Leistungsversprechens einzahlen. Definition Werte: Werte sind positiv aufgeladene Vorstellungen, die einzelmenschliches Streben leiten. Sie sind die psychologische Währung der Emotionen und prägen die grundlegenden Überzeugungen des Menschen, was für ihn wichtig ist und was nicht. Definition Leitwerte: Leitwerte sind alle Werte, die zum Ausdruck bringen, was und wie ein Mensch oder Unternehmen einen konkreten Nutzen stiftet. Es sind die Werte, die dem substanziellen Nutzenversprechen des Geschäfts- RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 157 26.02.21 11: 33 <?page no="157"?> 158 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten modells und damit der Mission und Vision des Unternehmens ein unverwechselbares Gesicht geben, wohin es steuert und wie und mit welchem Fokus es sein Leistungsversprechen umsetzt. Die Leitwerte des Unternehmens sind deshalb nicht nur der konkrete Ausdruck des nach außen kommunizierten Leistungsversprechens, sondern zugleich auch der Spiegel der Kernkompetenzen, die das Unternehmen entwickeln und vorhalten muss, wenn es seine Mission und Vision erfüllen möchte. Weltethos-Institut Tübingen Als Forschungs- und Lehrinstitut, das drei Trägern verpflichtet ist - der mit dem Forschungsprädikat »Exzellenz-Universität« versehenen Universität Tübingen, der Stiftung Weltethos sowie der das Institut finanzierenden Karl-Schlecht-Stiftung, die sich die Beförderung von werteorientiertem Wirtschaften auf die Fahnen geschrieben hat -, hat sich das Weltethos-Institut folgendes Leitbild gegeben: Mit seinem Claim »Lernprogramm für Selbst- und Weltverantwortung« macht es kenntlich, dass das Institut und die es tragenden Personen sich der Idee verbunden fühlen, mit Definition Prozesswerte: Prozesswerte sind alle Werte, die den Umgang im Unternehmen regeln. Es sind die Normen der spezifischen Unternehmenskultur, mit denen das Zusammenspiel der einzelnen Unternehmensbereiche und Prozesse (z. B. spezifische Arbeitsprozesse) sowie das Führungssystem und die Führungs- und Mitarbeiterleitlinien formatiert und ausgerichtet werden. ganzheitlichen Lehr-, Forschungs- und Lernangeboten dazu beizutragen, dass Menschen in Verantwortung treten und lernen, mit sich selbst, untereinander sowie mit der Welt verantwortlich umzugehen. In der Mission wird dieser Claim sowohl mit Blick auf die Träger des Instituts als auch mit Blick auf die »Kunden«, die die Lehrangebote und Forschungsleistungen des Instituts in Anspruch nehmen, zum konkreten Leistungsversprechen zugespitzt: »Das Weltethos-Institut Tübingen wirkt als aktiver Lernort, Katalysator und international anerkannter Leistungsträger für zukunftsfähiges Denken und Wirtschaften in lokaler und globaler Die Unternehmenswerte: Leitfragen Fokus 1. Wie und mit welchem Fokus erfüllen wir unser Leistungs- und Nutzenversprechen? ➞ Leitwerte (qualitative Zuspitzung des Leistungsversprechens) 2. Wie müssen wir miteinander umgehen, damit wir unser Leistungs- und Nutzenversprechen motiviert erfüllen? ➞ Prozesswerte (operative Fokussierung der Unternehmenskultur) 3. Welche Umgangswerte passen so zu unserem Nutzen- und Leistungsversprechen, dass sie auf die proaktive Erfüllung der Leitwerte einzahlen? ➞ Leistungstreiber und Wertepassung RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 158 26.02.21 11: 33 <?page no="158"?> 159 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Verantwortung.« Unterlegt wird diese Mission mit der Vision »Durch Vertrauensbildung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft Dialogfähigkeit und Verantwortung« zu fördern. Hierzu fokussiert das Institut seine Mission und Vision auf vier konkrete Facetten, mit denen es sein Leistungsversprechen qualifiziert: »Der Fokus unseres Leistungsversprechens richtet sich auf: Vertrauensbildung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft; dialogische Prozesse; transformierende Lernerfahrungen; Verantwortung für die Belange der Mit-, Um- und Nachwelt.« Entsprechend diesem Fokus richtet das Institut sein Handeln an folgenden Leit- und Prozesswerten aus: »Unser Leistungsversprechen gründet auf den Werten von Vielfalt, Dialogfähigkeit, Verantwortung« und »Bei der Umsetzung unseres Leistungsversprechens verhalten wir uns wertschätzend, neugierig, lebensnah.« Wie an diesem Leitbild deutlich wird, sind die Werte, mit denen das Leistungsversprechen einer Organisation ausgerichtet wird, zumeist nicht identisch mit den Produkten bzw. Inhalten, die im Rahmen des Leistungsversprechens vermarktet werden. Im Fall des Weltethos-Instituts sind diese Inhalte die Werte des Weltethos, wie sie von Hans Küng entwickelt und in der Erklärung zum Weltethos des Parlaments der Weltreligionen 1993 in Chicago verabschiedet worden sind: erstens das Grundprinzip der Menschlichkeit, demgemäß jeder Mensch menschlich und nicht unmenschlich behandelt werden soll, weil allen die gleiche unbedingte Würde zukommt; zweitens das Grundprinzip der Gegenseitigkeit, wie man es in allen Kulturen und Religionen der Menschheit findet (alltagstauglich formuliert ist es die Goldene Regel »Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu«); sowie drittens die diese beiden Grundprinzipien qualifizierenden Weisungen der Gewaltlosigkeit und Achtung vor dem Leben, der Gerechtigkeit und Solidarität, der Wahrhaftigkeit und Toleranz sowie der gegenseitigen Achtung und Partnerschaft. Als Basisressource für die Arbeit des Instituts ist der Kanon der Weltethos-Werte somit der zentrale Rohstoff, aus dem das Institut seine Produkte und Leistungen schöpft. Die Wirksamkeit und damit die Prozesslandschaft des Instituts werden aber nicht über diese Werte, sondern über die im Leitbild niedergelegten Werte formatiert und gesteuert. Die im Leitbild kondensierten Leit- und Prozesswerte sind deshalb das Vehikel, mit dem das Institut den Weltethos-Werten eine Geltung verschafft, die entsprechend dem im Leitbild niedergelegten Leistungsversprechen in der Welt spezifisch wirksam wird. Damit die im Leitbild niedergelegten Unternehmenswerte eine maximale Wirkung entfalten können, genügt es nicht, das Kaleidoskop der Unternehmenswerte in eine stimmige Passung zu bringen, bei der die im Unternehmen gelebten Prozesswerte im Umgang miteinander dafür sorgen, dass die nutzenstiftenden Leitwerte des Leistungsversprechens mit Leben gefüllt werden. Zusätzlich ist es geboten, den Werteprozess in zwei Richtungen zuzuspitzen: in Richtung Konzentration und in Richtung Konkretion. Die Konzentration auf wenige Werte trägt dem Sachverhalt Rechnung, dass kein Wert für sich alleine steht, sondern dort, wo er scharf gestellt wird, durch ein Netz von Begleiteigenschaften und Begleitwerten definiert wird. Deshalb sollte der Werteraum des Unternehmens auf so wenige Hauptwerte wie möglich ausgerichtet werden, damit das Unternehmen sein Leistungsversprechen mit fokussierter Kraft erfüllen kann. Der Grund hierfür liegt im doppelten Wirksamkeitsprinzip des »Spitz schlägt breit« sowie des »Wer alles für alle anbietet, leistet RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 159 26.02.21 11: 33 <?page no="159"?> 160 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten nichts für niemanden.« Entsprechend diesem Konzentrationsgebot hat es sich bewährt, das zentrale Nutzenversprechen eines konkreten Geschäftsmodells mit maximal drei Leitwerten zu qualifizieren sowie sich bei den Prozesswerten der Unternehmenskultur auf optimal drei bis maximal fünf Prozesswerte zu einigen. Als Umgangswerte der Unternehmenskultur sollten die Prozesswerte so gewählt werden, dass sie als Treiber auf die Erfüllung der Leitwerte einzahlen. Pur Aqua Services AG Die Wirksamkeit der konzentriert abgestimmten Werteentwicklung kann exemplarisch am Start-up Pur Aqua Services AG verdeutlicht werden. Das Unternehmen wurde Ende der 1990er-Jahre vom Autor gegründet und nach einer kräftezehrenden Phase des Wachstums im Rahmen von Marktarrondierungen im Jahr 2003 veräußert. Pur Aqua vermarktete sein Leistungsversprechen mit dem Claim »Reines Wasser, reiner Service« und den Leitwerten »Service & Convenience«, »Erfrischend reines Schwarzwälder Quellwasser« sowie »Gesundheit und Wohlbefinden«. Aus diesen Leitwerten, mit denen auch der USP von Pur Aqua definiert wurde, leiteten sich die Kernkompetenzen für die Unternehmensentwicklung ab: Wasser-Knowhow, Kundenorientierung, Servicebewusstsein sowie Vertriebskompetenz. Unterfüttert wurde dieses Leistungsprogramm mit fünf Umgangswerten, die als Servicedimension auf die Leitwerte des Leistungsversprechens einzahlten: »Offenheit, Freundlichkeit, Beständigkeit, Schnelligkeit und Pünktlichkeit«. Mit dieser Wertepyramide konnte Pur Aqua innerhalb von nur drei Jahren ein deutschlandweites Vertriebsnetz für sein Quellwasser aus dem Schwarzwald aufbauen. Für den gemeinsam mit der Start-up Agentur Müller, Möller, Bruss Werbeagentur GmbH entwickelten Markenauftritt erhielt Pur Aqua neun internationale Auszeichnungen in London und Seattle. Der Markenclaim: Reines Wasser. Reiner Service Leitwerte: Service & Convenience Erfrischend reines Schwarzwälder Quellwasser Gesundheit und Wohlbefinden Kernkompetenzen: Wasser-Know how, Kundenorientierung, Servicebewusstsein, Vertriebskompetenz Der Pur Aqua Serviceclaim: Wir verhalten uns jederzeit offen, freundlich, beständig, schnell und pünktlich. Die Wertepyramide der Pur Aqua Services AG Leitwerte (Kernkompetenzen) Nutzen Prozesswerte (Leistungsperformanz) RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 160 26.02.21 11: 33 <?page no="160"?> 161 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Nach der Ermittlung der für das Geschäftsmodell relevanten Unternehmenswerte sind diese inhaltlich scharf zu stellen. Hierzu sind die einzelnen Werte in komplexe Äquivalenzen zu übersetzen und mit Beschreibungen ihrer Erfüllungsbedingungen so darzustellen, dass für alle offensichtlich klar ist, was die jeweiligen Werte konkret bedeuten und woran für alle sichtbar festgemacht werden kann, ob sie in einer Situation erfüllt worden sind oder nicht. Merke: Nur dort, wo ein Unternehmen sein Leistungsversprechen mit wenigen konzentrierten Werten qualifiziert und diese im Rahmen der Unternehmensentwicklung so konkretisiert, dass für alle offensichtlich wahrnehmbar ist, was unter den jeweiligen Werten verstanden wird und woran festgemacht werden kann, ob sie in einer konkreten Situationen erfüllt worden sind, können die Unternehmenswerte die Kraft entfalten, die das Unternehmen für die Umsetzung seines Leistungsversprechens benötigt. Bei der Entwicklung der Unternehmenswerte gilt deshalb der Kernsatz: »Fokus und Passung ergeben Wirkung und Kraft! « Aus psychologischen Gründen ist es dabei notwendig, immer nur mit positiven Werteformulierungen zu arbeiten und nicht mit Beschreibungen für das, was nicht erwünscht ist. Treten im Rahmen der Werteentwicklung bei der Beschreibung der positiven komplexen Äquivalenzen und Erfüllungsbedingungen Probleme auf, das Gemeinte in ausdrucksstarke Bildern und Formulierungen zu fassen, kann es jedoch sinnvoll sein, zunächst Situationen zu beschreiben, bei denen der zu definierende Wert verletzt oder nicht erfüllt wird. In der Umkehr dieser Beschreibungen können dann einfacher die positiven Beispiele und Definitionen für den zu definierenden Wert entwickelt werden, die dann in das Leitbild gefasst und im Rahmen der Unternehmensentwicklung geschult werden sollten. Definition komplexe Äquivalenzen: Komplexe Äquivalenzen sind konkrete Beschreibungen eines Wertes. Sie erläutern, wie und was unter dem jeweiligen Wert zu verstehen ist bzw. welche spezifische Facette eines komplexen Wertes als verbindliche Leitbedeutung des Wertes genommen wird. Definition Erfüllungsbedingungen: Erfüllungsbedingungen beschreiben Situationen und Sachverhalte, aus denen für alle sichtbar hervorgeht, dass ein Wert gelebt wird oder erfüllt worden ist. Effizienz Der Zusammenhang von komplexen Äquivalenzen sowie der Stimmigkeit und Passung einzelner Werte zum Geschäftsmodell kann am Wert „Effizienz“ verdeutlicht werden. Es gibt viele Gründe, dass dieser Wert zu einem der relevanten Leitwerte des Geschäftsmodells oder einem der für das Geschäftsmodell notwendigen Prozesswerte der Unternehmenskultur gekürt wird. Wirksam wird er jedoch nur dann, wenn er in komplexe Äquivalenzen übersetzt wird, die die relevanten Facetten des Wertes adressieren, die zum Leistungsversprechen der Unternehmung passen. Übersetzten wir „Effizienz“ beispielsweise mit der komplexen Äquivalenz »So viel in so kurzer Zeit wie möglich«, stellt sich die Frage, für welche Geschäftsmodelle diese Auslegung sinnvoll ist. Wohl überall dort, wo Masse und Geschwindigkeit zentrale Kriterien des Leistungsversprechens und für die Qualität der Leistungserstellung sind, wie etwa bei Logistiklösungen oder Datenverarbeitungsprozessen. Würde dagegen die hirnchirurgische Abteilung einer Klinik sich diese Interpretation zu eigen machen, wir würden uns dort wohl nur ungern behandeln lassen. Effizienz bei einer Hirn-OP kann wohl eher mit der komplexen Äquivalenz »So behutsam RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 161 26.02.21 11: 33 <?page no="161"?> 162 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten und sorgfältig wie möglich« übersetzt werden. Denn weder Masse noch Geschwindigkeit sind bei solchen Operationen der zentrale Maßstab für die Güte der Leistungserstellung. Und wendet man sich einem Atomkraftwerk oder einem Unternehmen zu, das mit Hochrisikosubstanzen wie tödlichen Erregern oder hoch toxischen Stoffen operiert, gibt es nur ein Kriterium für die Effizienz bei der Leistungserstellung: »Null Fehler! « Betrachtet man die genannten komplexen Äquivalenzen in der Zusammenschau, wird deutlich, dass der Begriff „Effizienz“ nur dort eine Anleitungsfunktion entfalten kann, wo er so konkretisiert wird, dass der zum jeweiligen Geschäftsmodell und Leistungsversprechen passt. Wo das der Fall ist, müssen auch die Prozesswerte im Umgang untereinander an das konkrete Leistungsversprechen angepasst werden. Sprich der Umgang untereinander wird sich voraussichtlich an sehr verschiedenen Prozesswerten orientieren, wenn das Leistungsversprechen in einer Masse- und Geschwindigkeitswelt, einer Null-Fehler- Welt oder in einer Behutsamkeits- und Sorgfältigkeitswelt angesiedelt ist. Vergleicht man die komplexen Äquivalenzen, mit denen der Wert „Effizienz“ übersetzt worden ist, kommt deshalb die zentrale Funktion der Übersetzung eines Wertes in seine komplexen Äquivalenzen zum Vorschein. Wo diese Übersetzung nicht vollzogen wird, bleibt der hochgehaltene Wert unscharf und missverständlich. Er kann dann nicht zur Steuerung des Leistungsversprechens herangezogen werden und wird dann folglich auch nicht im Unternehmen gelebt. Wo der Wert dagegen anhand von komplexen Äquivalenzen scharf gestellt wird, gilt für diese Scharfstellung erstens, dass sie immer nur für bestimmte Geschäftsmodelle und Leistungsversprechen passt, und zweitens, dass ihre jeweilige Erfüllung eine jeweils andere Ausgestaltung der Prozesswerte der Unternehmenskultur erfordert, mit denen das Unternehmen sein Leistungsversprechen realisieren möchte. Menschorientierung Ein gelungenes Beispiel für die Definition eines Wertes anhand der Beschreibung seiner Erfüllungsbedingungen stammt von der Drogeriemarkt-Kette dm drogerie-markt GmbH + Co. KG aus Karlsruhe. Für dm ist der Wert „Menschorientierung“ sowohl der zentrale Leitwert seines Leistungsversprechens als auch der zentrale Prozesswert für die Ausgestaltung der dm-Unternehmenskultur. Da dieser Wert offensichtlich hochkomplex ist und in seinen vielfältigen Bedeutungsfacetten schillert, schult dm das Begriffsverständnis mit Beispielen, aus denen hervorgeht, dass in einer konkreten Situation menschorientiert gehandelt worden ist. Eines dieser Beispiele beschreibt folgende Situation, die bei einem unangekündigten Filialbesuch vom damaligen Vorstandsvorsitzenden von dm, Erich Harsch, beobachtet und für die Werteschulung bei dm aufbereitet worden ist. In der Filiale mit mehreren Kassen war nur eine besetzt. Sie wurde von einer Auszubildenden im zweiten Lehrjahr bedient. Vor der Kasse hatte sich eine Schlange von zwölf Kundinnen und Kunden mit vollen Wagen gebildet, obwohl bei dm die Regel gilt, dass eine zweite Kasse zu öffnen ist, wenn sich jeweils mehr als drei Personen vor den anderen geöffneten Kassen angesammelt haben. Die Auszubildende rechnete gerade den Wagen einer Mutter ab, die ihr Kind dabei hatte. Das Kind griff in den vollen Wagen, um eine Tüte Bonbons zu öffnen. Dabei zerplatzte die Tüte, wobei sich die Bonbons im gesamten Kassenraum verteilten. Die Mutter erhob daraufhin ihre Hand, um ihr Kind mit einem Klaps zu strafen. Noch be- RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 162 26.02.21 11: 33 <?page no="162"?> 163 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten vor sie das umsetzen konnte, sagte die Auszubildende zum Kind »Renn schnell zum Süßigkeiten-Regal und hole dir eine neue Tüte. Bis du wieder da bist, habe ich den Wagen abgerechnet. Die Bonbons räum ich später selber weg.« So ist es dann auch geschehen. Bei aller Komplexität und Bedeutungsvielfalt des Wertes „Menschorientierung“ können wir ohne langes Diskutieren sagen, die junge Frau hat menschorientiert gehandelt. Obwohl Sind die Mission, Vision und Unternehmenswerte definiert, erfolgt im Rahmen der strategischen und operativen Unternehmensplanung die Ausarbeitung der Unternehmensziele. Sind diese festgelegt, werden in der Abschlussphase des Planungsprozesses die zentralen Ziele, die das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen verfolgt, in das Leitbild aufgenommen und dieses in einem eigenständigen Dokument verschriftlicht. Hierzu ist es in der Regel geboten, zwei Dokumente zu erstellen, eines für die Außenkommunikation und eines für die Innenkommunikation. Das Dokument für die schon die Ausgangssituation fehlerhaft war, weil die Kassenöffnungsregeln nicht eingehalten wurden und die Situation gegen die bei dm hochgehaltenen Werte eines reibungslosen, zügigen und angenehmen Einkaufserlebnisses verstoßen hat, hat die junge Frau umsichtig und ganzheitlich situationsgerecht die missliche Lage so gelöst, dass ein für alle bestes Ergebnis entstand. Außenkommunikation umfasst lediglich die Elemente Mission, Vision, Werte und Philosophie. Das Dokument für die unternehmensinterne Kommunikation beinhaltet auch die konkreten Ziele, die das Unternehmen mit der Erfüllung seines Leistungsversprechens verfolgt. In der Verschriftlichung des Leitbildes sollten die Elemente Mission, Vision, Werte, Philosophie und Ziele jeweils auf einer halben Seite kondensiert werden. Zur grafischen Darstellung kann dabei auf das Bild der Wertepyramide zurückgegriffen werden. Komplexe Äquivalenzen und Erfüllungsbedingungen: Leitfragen Fokus 1. Was konkret verstehen wir unter dem Wert XY? ➞ komplexe Äquivalenzen 2. Woran machen wir sichtbar fest, dass XY erfüllt worden ist? ➞ Erfüllungsbedingungen Unternehmensziele und Verschriftlichung: Leitfragen Fokus 1. Was wollen wir mit unserem Leistungsversprechen erreichen? ➞ Unternehmensziele 2. Wie können wir das Leitbild so fixieren, dass die zentralen Botschaften in einem kurzen Dokument auf den Punkt gebracht werden? ➞ Verschriftlichung RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 163 26.02.21 11: 33 <?page no="163"?> 164 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Ist das Leitbild verabschiedet, dient es als Instrument zur operativen Unternehmensentwicklung. Hierzu werden anhand des Leitbildes die Treiberfaktoren der Unternehmenskultur so ausgerichtet, dass die operativen Führungs-, Kooperations- und Leistungsprozesse zum Leistungsversprechen passen und das Unternehmen sein Leistungsversprechen mit optimaler Wirkungskraft erfüllen kann. Diese Treiberfaktoren dienen als operative Prozessfilter, mit denen das Verhalten der im Unternehmen wirkenden Personen gelenkt sowie die Führungs-, Kooperations- und Leistungsprozesse leitbildkonform aufgesetzt und gesteuert werden können. Sieben Faktoren dienen als solche Regelungsinstrumente zur leistungsorientierten Entwicklung der Unternehmenskultur: 1. das Kommunikationsverhalten 2. das Kooperationsverhalten 3. der Führungsstil 4. die Entwicklungschancen 5. das Förder- und Lernverhalten 6. die Anreiz- und 7. die Sanktionssysteme II. Die operative Arbeit mit dem Leitbild Treiberfaktoren der Unternehmenskultur: Leitfragen Fokus 1. Welches Kommunikationsverhalten ist für die Erfüllung unseres Leistungsversprechens förderlich? ➞ Kommunikation 2. Welches Kooperationsverhalten ist für die Erfüllung unseres Leistungsversprechens förderlich? ➞ Kooperation 3. Welches Führungssystem und welcher Führungsstil sind für die Erfüllung unseres Leistungsversprechens förderlich? ➞ Führungssystem und -stil 4. Welche Entwicklungschancen dienen der Erfüllung unseres Leistungsversprechens? ➞ Entwicklungschancen 5. Welches Förder- und Lernverhalten dient der Erfüllung unseres Leistungsversprechens? ➞ Förder- und Lernverhalten 6. Welche Anreiz- und Sanktionssysteme dienen der Erfüllung unseres Leistungsversprechens? ➞ Anreiz- und Sanktionssysteme RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 164 26.02.21 11: 33 <?page no="164"?> 165 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Zur Aktivierung dieser Treiber sind in der operativen Unternehmensplanung und -steuerung die Faktoren Kommunikation, Kooperation, Führung, Entwicklungschancen, Förder- und Lernverhalten sowie Anreize und Sanktionen mit normativen Leitlinien zu versehen, die die operative Umsetzung der Treiberfaktoren regeln. Als Kommunikations-, Kooperations- oder auch Führungsleitlinien sind sie ein zentraler Bestand- Zur Entwicklung der einzelnen Leitlinien hat sich das Wertequadratverfahren bewährt. Es führt den Fokus auf Konzentration und Passung fort, jedoch mit dem Unterschied, dass sich die Leitlinien nicht nur an den zentralen Leit- und Prozesswerten des Leitbildes orientieren, sondern auf der Ebene der operativen Unternehmensprozesse weitere Werte aufgreifen und in einem Wertenetz zusammenführen. Dadurch entsteht ein Verhaltensraum, aus dem die einzelnen Leitlinien teil der operativen Unternehmensentwicklung. Werden diese Leitlinien nämlich transparent ausgearbeitet, konsequent angewendet und in entsprechenden Schulungen im Unternehmen konsistent kommuniziert und verankert, sind sie das operative Mittel, mit dem die Entwicklung der Unternehmenskultur so umgesetzt werden kann, dass das Unternehmen seine im Leitbild festgelegten Werte und Ziele erfüllt. beispielsweise für das Führungs- und das Mitarbeiterverhalten abgeleitet werden können. Nehmen wir dazu exemplarisch an, dass bei der Führungsleitlinie die Werte „kooperativ“ und „unternehmerisch“ sowie bei der Mitarbeiterleitlinie die Werte „ehrlich“ und „teamorientiert“ eine Rolle übernehmen. Am Beispiel der Entwicklung von Mitarbeiter- und Führungsleitlinien kann das verdeutlicht werden. Nehmen wir zunächst die Leitlinie für Steuerungsebenen der Unternehmenswerte Leitwerte Nutzen Messwerte / Messintervalle Prozesswerte Unternehmensorganisation Unternehmensorganisation und Unternehmensprozesse Wertschöpfungsprozesse Unternehmenskulturprozesse Treiberfaktoren Unternehmenskultur Messwerte / Messintervalle Komplexe Äquivalenzen RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 165 26.02.21 11: 33 <?page no="165"?> 166 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten das Mitarbeiterverhalten. Hier kann es exemplarisch geboten sein, dass die Werte Ehrlichkeit und Teamorientierung zentrale Treiber für das Leistungsversprechen sind. In diesem Fall wird zunächst im Wertequadratverfahren anhand der Matrix der Werteentwicklung für die jeweiligen Paarwerte einzeln das dynamische Gleichgewicht bestimmt, mit dem der Wert vor einer positiven oder negativen Entwertung geschützt wird. Sobald diese Werte im Wertequadratverfahren in das sie tragende Spannungsverhältnis gebracht worden sind, werden die Paarwerte dann zu aussagekräftigen Leitlinien verdichtet. Wertekontinuum, Wertequadrate und Matrix der Werteentwicklung Das Prinzip des Wertekontinuums und die situative Angemessenheit von Werten geht zurück auf die Aristotelische Tugendlehre. Ihr zufolge bestehen Werte nicht »an sich«, sondern entstehen als ein Mittleres, das geprägt wird durch ein Kontinuum zwischen Übermaß und Mangel. Hierbei sind auch das Übermaß und der Mangel Werte, nämlich eine positive (Übermaß) oder negative Hierzu werden die verschiedenen Wertequadrate miteinander bildlich verknüpft und, wie die beiden Beispiele für eine Mitarbeiter- oder Führungsleitlinie zeigen, zu einer konkret fassbaren Aussage zusammengefasst. Zum Abschluss der Leitlinienentwicklung werden schließlich auch die operativen Leitlinien anhand von Beispielen (komplexen Äquivalenzen) sowie Erfüllungsbedingungen so konkretisiert, dass für alle wahrnehmbar beschrieben wird, woran festzumachen ist, dass die jeweiligen Leitlinien erfüllt worden sind. (Mangel) Entwertung des Wertes. Beispiele wären Mut als ein Mittleres zwischen Tollkühnheit (positive Entwertung) oder Feigheit (negative Entwertung), Großzügigkeit als ein Mittleres aus Verschwendungssucht (positive Entwertung) oder Geiz (negative Entwertung) oder auch Selbstachtung als ein Mittleres zwischen Selbstüberhöhung/ Eitelkeit (positive Entwertung) oder Selbstverleugnung/ Unterwürfigkeit (negative Entwertung). Aus Sicht dieses Kontinuums entscheidet Schwesterwert taktvoll eigeninitiativ … ehrlich Der Mitarbeiter ist in seiner Kommunikation nach innen und außen stets offen und ehrlich und bewahrt dabei das notwendige Taktgefühl. … teamfähig Der Mitarbeiter bringt seine Stärken voll ins Team ein und unterstützt die anderen Teammitglieder nach Kräften. Er handelt nicht egoistisch und vermeidet »Alleingänge«. Er ist hilfsbereit, kommunikativ und denkt bereichsübergreifend. entwertende Übertreibung entwertende Übertreibung Wert ehrlich verletzend unselbständig verlogen egoistisch teamfähig Beispiel Mitarbeiterleitlinie: ehrlich & teamfähig 4 3 2 1 0 1 2 3 4 RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 166 26.02.21 11: 33 <?page no="166"?> 167 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten ... kooperativ: Die Führungskraft ist sich bewusst, dass viele Aufgaben nur im Team bewältigt werden können. Sie bringt ihre Kompetenz voll ins Team ein und unterstützt die anderen Teammitglieder nach Kräften. Sie verhält sich dabei stets kommunikativ und fair, ohne das unternehmerische Ziel aus den Augen zu verlieren. … unternehmerisch: Die Führungskraft handelt im Sinne des Unternehmens, indem sie - abgeleitet von der Unternehmensstrategie - ihre Mitarbeiter zielorientiert und strukturiert führt, dabei aber auch weitsichtig und kompromissbereit handelt. Schwesterwert gelassen kompromissbereit entwertende Übertreibung entwertende Übertreibung Wert kooperativ harmoniesüchtig egoman desinteressiert harmoniesüchtig unternehmerisch Beispiel Führungsleitlinie: kooperativ & unternehmerisch 4 3 2 1 0 1 2 3 4 Leitlinienentwicklung: Leitfragen Fokus 1. Was sind die operativen Leitlinien für unser Kommunikations-, Kooperations-, Führungs-, Förder- und Lernverhalten, für unsere Entwicklungschancen sowie für unsere Anreiz- und Sanktionssysteme? ➞ operative Leitlinienwerte 2. Wie werden die Leitlinien formuliert und geschult? ➞ Kommunikation & Schulung 3. Woran machen wir sichtbar fest, dass die Leitlinien eingehalten und erfüllt werden? ➞ Erfüllungsbedingungen ausschließlich die situative Angemessenheit darüber, ob ein Wert innerhalb des Kontinuums in seiner übermäßigen, mittleren oder mangelhaften Ausprägung gelebt worden ist. Um praktisch zu verhindern, dass ein Wert in seiner Ausprägung weder positiv noch negativ entwertet wird, hat Paul Helwig die Betrachtung des Wertekontinuums aufgebrochen und durch eine Wertequadratbetrachtung ersetzt. In dieser Betrachtung wird der infrage stehende Wert, in unserem Beispiel Mut, durch einen Begleitwert wie beispielsweise Besonnenheit eingehegt. Wo wir zugleich besonnen und mutig sind, verhindert ihre Verbindung, dass die einzelnen Werte in ihre jeweilige negative oder positive Entwertung abgleiten. Sie bilden dann ein positives Spannungsverhältnis, das die Werte Mut und Besonnenheit in eine Schwingung versetzt, der den Raum für die Werteentwicklung öffnet. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 167 26.02.21 11: 33 <?page no="167"?> 168 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Das Werteentwicklungsquadrat Großzügigkeit als Führungstugend im Umgang mit Menschen sowie als Tugend im Umgang mit Ressourcen nach Helwig 1936, 65 & Schulz von Thun 1989, 39ff Nr. 1 (+) Großzügigkeit Nr. 3 (-) Oberflächlichkeit positive Spannung negative Dynamik dynamisches Gleichgewicht positiv entwertende Übertreibung negativ entwertende Übertreibung »Überkompensation« konträre Gegensätze Nr. 2 (+) Gründlichkeit Nr. 4 (-) Kleinlichkeit Sparsamkeit Geiz Verschwendung 1 kaum Abweichung 2 leichte Abweichung 3 starke Abweichung 4 extreme Abweichung Was bedeutet der Wert in unserem Bereich …? positive Entwertung negative Entwertung Wert Die Matrix der Werteentwicklung 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 Konkrete Definition der komplexen Äquivalenz / Wie wird der Wert sichtbar? / Durch welche Maßnahmen kann er entwickelt werden? / Welches ist der geeignete Schwesterwert? RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 168 26.02.21 11: 33 <?page no="168"?> 169 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 4. Das Argumentations-Struktogramm zur Zielgruppenansprache Mit dem Instrument des »Argumentations-Struktogramms zur Zielgruppenansprache« werden die Argumentationsketten entwickelt, mit denen ein Unternehmen passgenau seine Adressaten und Zielgruppen ansprechen möchte: Kunden, Mitarbeiter, Systempartner der Leistungserstellung (z. B. Absatzmittler) sowie alle sonstigen Adressaten und Stakeholder, die aus den Aktivitäten des Unternehmens einen Nutzen ziehen oder davon betroffen sind. Für gesonderte Teilzielgruppen, Kundensegmente, Absatzmittler & -kanäle, Vertriebs- & Medienkanäle sowie für gesonderte Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsbereiche und Geschäftsmodelle sind jeweils eigenständig auf die Adressaten abgestimmte Argumentationsketten zu entwickeln. Argumentationsketten zur Zielgruppenansprache werden konsequent aus Sicht der Adressaten und Zielgruppen formuliert, die ein Unternehmen ansprechen möchte. Hierzu wird in einem ersten Argumentationsstrang aus Adressatensicht das Nutzenprofil des Leistungsversprechens zugespitzt. Hierzu wird zunächst das zentrale Bedürfnis, Interesse, Problem bzw. der zentrale Engpass benannt und dargestellt, das die Angesprochenen beschäftigt. Mit Blick auf dieses Bedürfnis (Problem, Engpass) werden im zweiten Schritt die Struktur bzw. das Programm und der daraus erwachsende Nutzen erläutert, die die Angesprochenen für sich aus dem Angebot ziehen. Im dritten und vierten Argumentationsschritt werden die konkreten Stärken des Leistungsanbieters sowie die Unterscheidungsmerkmale (Unique Selling Propositions) des Leistungsversprechens herausgestellt und im letzten Schritt adressiert, was gemeinsam gestiftet bzw. gelöst wird, wenn der Adressat das Leistungsversprechen (Produkt, Dienstleistung) in Anspruch nimmt. Flankiert wird die Nutzenargumentation durch einen zweiten Argumentationsstrang, mit dem die Wettbewerbsstellung adressiert wird. In dieser Argumentation wird das eigene Angebot gegen die Angebote der wichtigsten Mitbewerber abgegrenzt und im Abgleich mit der Wettbewerbslandschaft die Nutzenargumentation für die eigene Zielgruppenansprache nachgeschärft. Zur gezielten Planung der Markt- und Produktentwicklungsaktivitäten wird anhand der Nutzen- und der Wettbewerbsargumentation im dritten Schritt die Zielgruppen-Differenzierung zugespitzt. Hierzu wird zunächst innerhalb der einzelnen Adressatengruppen die erfolgversprechendste Teilzielgruppe identifiziert und deren brennendstes Problem benannt. Daraus werden die sachlich besten Problemlösungen, Innovationen und Ideen sowie die erfolgversprechendsten Ansatzpunkte für das Leistungsprogramm und die Zielgruppenansprache abgeleitet und mit entsprechenden Marketingmaßnahmen unterlegt. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 169 26.02.21 11: 33 <?page no="169"?> 170 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Argumentations-Struktogramm Adressat / Zielgruppe *) für N.N. **) Bedürfnis, Engpass, Interesse, Problem (Our crucial needs? ) Struktur, Programm (What's in for me? ) Stärken (Why N.N.? ) Differenzeignung (Unique Selling Points) (Why N.N.? ) Nutzen bzw. Probleme, die zusammen gestiftet bzw. gelöst werden (What's in for me? ) Zielgruppen-Differenzierung Ist Soll Medienkanäle und Marketingmaßnahmen z. B. PR Wichtigste Mitbewerber: Stärken Schwächen Positionierung 1. erfolgversprechendste Teilzielgruppe: 2. deren brennendstes Problem: 3. Problemlösung/ Innovationen/ Ideen: 4. Aktionsprogramm (erfolgsversprechendste Ansatzpunkte): Budgets und Marketingplan *) Kunden, Absatzmittler, Geschäftspartner … **) Unternehmen / Produkt / Dienstleistung Das Argumentations-Struktogramm: Leitfragen Fokus 1. Wie differenzieren sich die von uns angesprochenen Zielgruppen? ➞ Zielgruppendifferenzierung 2. Wer von unseren Adressaten und Zielgruppen ist die erfolgreichste Teilzielgruppe? ➞ Zielgruppenfokussierung 3. Was ist das zentrale Bedürfnis, Interesse, Problem bzw. der zentrale Engpass der von uns angesprochenen Zielgruppe? ➞ Zielgruppenbedürfnisse 4. Was bieten wir unseren Adressaten auf welche Weise an und welchen Nutzen ziehen sie für sich daraus? ➞ Nutzenversprechen 5. Welche unserer Stärken zur Umsetzung unseres Leistungsversprechens sind aus Sicht unserer Adressaten bedeutsam? ➞ Stärken (Warum wir? ) 6. Wie unterscheiden wir uns mit unserem Leistungsversprechen von anderen Anbietern und welche Alleinstellungsmerkmale sind für unserer Adressaten bedeutsam? ➞ Differenzeignung (Warum wir? ) 7. Was stiften oder lösen wir gemeinsam mit unseren Adressaten, wenn sie unser Leistungsangebot in Anspruch nehmen? ➞ gemeinsame Lösungen (Warum wir? ) 8. Was sind die Stärken und Schwächen unserer Mitbewerber und wie positionieren wir uns dazu? ➞ Positionierung im Wettbewerb RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 170 26.02.21 11: 33 <?page no="170"?> 171 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 5. Die Wettbewerbs-, Benchmark- und Stärken-Schwächen-Analyse Zur Analyse der Wettbewerbssituation, des eigenen Stärken- und Schwächen-Profils sowie für Benchmark-Vergleiche von Wettbewerbern und möglichen Systempartnern dient eine Leistungsmatrix, mit der sowohl in der strategischen als auch in der operativen Unternehmensplanung die Optionen und die Stoßrichtung der Unternehmensentwicklung abgesteckt sowie erforderliche Umsetzungsmaßnahmen adressiert und geplant werden können. Die Leistungsmatrix wird in zwei Basisvarianten eingesetzt. Als Stärken-Schwächen-Matrix dient sie zur Ermittlung des eigenen Stärken-Schwächen-Profils, aus dem die strategischen und operativen Optionen der Unternehmensentwicklung sowie die Maßnahmen zur Entwicklung der Ziel-Fähigkeiten abgeleitet werden. Hierzu werden im Ist-/ Ziel-Vergleich die vorhandenen Leistungsbereiche, Prozesse, Kernkompetenzen und sonstigen Ressourcen (Menschen, Mittel, Fähigkeiten) bewertet und die eigenen Ist-Fähigkeiten mit den Ziel-Fähigkeiten abgeglichen, die das Unternehmen zur Umsetzung seines Leistungsversprechens entwickeln und vorhalten muss. Matrix Stärken-Schwächen-Analyse Maßnahmen zur Zielerreichung Leistungsbereich schwach neutral stark -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 was, wo, wie, bis wann Anforderung / Fähigkeit 1 Anforderung / Fähigkeit 2 Anforderung / Fähigkeit 3 Anforderung / Fähigkeit 4 Anforderung / Fähigkeit 5 Anforderung / Fähigkeit 6 ... bestehende Fähigkeiten (ist) Ziel-Fähigkeiten (soll) RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 171 26.02.21 11: 33 <?page no="171"?> 172 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten In einer zweiten Basisvariante wird die Leistungsmatrix als Wettbewerbsmatrix aufgebaut, um fähigkeits- und leistungsbezogene Benchmark-Vergleiche, Wettbewerberanalysen sowie den Vergleich der eigenen Situation im Vergleich zu anderen Unternehmen vorzunehmen. Auch bei der leistungsbezogenen Bewertung potenzieller Systempartner, mit denen das Unternehmen zusammenarbeiten möchte, etwa Lieferanten, Entwicklungs- oder Vertriebspartnern, wird die Wettbewerbsmatrix eingesetzt. Matrix Wettbewerbs- und Benchmarkanalyse Besonderheiten Leistungsbereich schwach neutral stark -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 was, wo, wie, bis wann Anforderung / Fähigkeit 1 Anforderung / Fähigkeit 2 Anforderung / Fähigkeit 3 Anforderung / Fähigkeit 4 Anforderung / Fähigkeit 5 Anforderung / Fähigkeit 6 ... Unternehmen 1 Unternehmen 2 Unternehmen 3 Unternehmen 4 Unternehmen 5 Stärken-Schwächen-Analyse, Benchmark- und Wettbewerbsvergleiche: Leitfragen Fokus 1. Welche Anforderungen (Eigenschaften und Fähigkeiten) stellt der Markt an erfolgreiche Leistungsanbieter? ➞ Fähigkeiten / Items 2. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten müssen wir (bis wann) vorhalten, um uns erfolgreich im Markt behaupten zu können? ➞ Eigensituationsanalyse 3. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten müssen wir (bis wann) entwickeln und vorhalten, um uns in Zukunft erfolgreich im Markt halten zu können? ➞ zukünftige Marktanforderungen 4. Wo stehen wir mit unseren Fähigkeiten im Vergleich zum Wettbewerb? ➞ Wettbewerbsvergleich 5. Mit welchen Eigenschaften und Fähigkeiten sind die Leistungsanbieter (A-Z) wie aufgestellt? ➞ Benchmarkvergleich RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 172 26.02.21 11: 33 <?page no="172"?> 173 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 6. Das Wettbewerbsmonster Das Wettbewerbsmonster-Verfahren ist eine Analysemethode aus dem Baukasten der Strategieentwicklung. Insbesondere in Unternehmen, die ihre Marktstellung und ihr bestehendes Geschäftsmodell überprüfen wollen oder ein neues Geschäftsmodell entwickeln müssen, dient es dazu, die eigenen Risiken, Möglichkeiten und Potenziale zu fixieren. Die Wettbewerbsmonster-Analyse beginnt mit der Frage, welche Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten einen Wettbewerber auszeichnen, der für seine Marktbegleiter sowie das eigene Unternehmen zum schlimmsten anzunehmenden Konkurrenten aufsteigt. Aus der Beantwortung dieser Frage entsteht das Bild des Wettbewerbsmonsters. An ihm können die zentralen Anforderungen abgelesen werden, die vom Markt an künftig erfolgreiche Anbieter gestellt werden. Je detaillierter die Eigenschaften und Fähigkeiten des Wettbewerbsmonsters herausgearbeitet werden, beispielsweise seine Innovations- oder Kundenbindungsfähigkeit oder der Aufbau optimierter Wertschöpfungsketten und Kundennutzenpotenziale im Bereich der Leistungserstellung und der Leistungsverrechnung, desto trennschärfer lassen sich diese Eigenschaften und Fähigkeiten mit den eigenen Potenzialen und Möglichkeiten abgleichen. Aus dem Abgleich der eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten mit denen des Wettbewerbsmonsters ergeben sich drei Fragen für die Entwicklung des eigenen Geschäftsmodells: 1. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt ein Unternehmen, das im Markt das Wettbewerbsmonster wird? 2. Haben wir selbst die Mittel und Möglichkeiten, das Wettbewerbsmonster zu werden? 3. Wie müssen wir unser Geschäftsmodell ändern, damit wir im Markt auch dann noch bestehen können, wenn sich das Wettbewerbsmonster entwickelt und wir nicht die Möglichkeit haben, es selbst zu werden? Die Wettbewerbsmonsterbetrachtung: Leitfragen Fokus 1. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten hätte ein Unternehmen, das im Markt zum Wettbewerbsmonster mutiert? ➞ Anforderungen 2. Wie müssen wir uns entwickeln, um selbst das Wettbewerbsmonster zu werden? ➞ Ressourcen 3. Welche Mittel und Wege stehen uns zur Verfügung, um gegen das Wettbewerbsmonster zu bestehen, wenn wir nicht die Mittel und Möglichkeiten haben, das Wettbewerbsmonster zu werden? ➞ Alternativen RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 173 26.02.21 11: 33 <?page no="173"?> 174 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 7. Der Fragenkatalog »Positionierung und Markenkernentwicklung« Mit dem Fragenkatalog »Positionierung und Markenkernentwicklung« wird festgelegt, mit welchen Mitteln und in welche Stoßrichtung der Marktauftritt umgesetzt werden soll. Hierzu werden die in der Geschäftsplanentwicklung erhobenen Marktdaten und Eckpunkte des Geschäftsmodells aus Sicht der Markenpositionierung so in einem eigenen Dokument aufbereitet, dass Agenturen mit der Entwicklung des Markenauftritts beauftragt und die Marktaktivitäten im Rahmen der Unternehmensplanung mit Budgets und Zielen versehen werden können. I. Das Produkt- / Unternehmenskonzept 1. Produkt- und Geschäftsfeld(er) · Welche? · Warum? · Attraktivität? (Kriterien) 2. Produkt- und Geschäftsidee · Was? (Produkt / Tätigkeit / Service) · Wie? (Organisation / Produktion / Distribution) · Warum? (Marktumfeld / Trends / Entwicklungen) 3. Produkt- / Geschäftsgegenstand (Produkt / Tätigkeit / Service) · Was ist der Nutzen? (Für wen, in welcher Form, warum …) · Was ist der Mehrwert? (Für wen, in welcher Form, warum …) 4. Distributionswege und Distributionskanäle II. Die Marktsituation 1. Marktstruktur · Marktgröße? · Größe der Teilmärkte? · Anzahl Hersteller / Anbieter und Marken im Markt? · Wie profitabel arbeiten die Mitbewerber? · Innovationspotenzial im Markt? (gering / niedrig / mittel / hoch: wo, wie, warum) · Differenzierungspotenzial im Markt? (gering / niedrig / mittel / hoch: wo, wie, warum) RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 174 26.02.21 11: 33 <?page no="174"?> 175 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten · Einflussfaktoren und Veränderungsdynamik? (gering / niedrig / mittel / hoch: wo, wie, warum, z. B. technische / demografische / politische / sonstige Veränderungen und Treiber) 2. Markttrends · Wie schnell wächst der Markt (mengenmäßig/ wertmäßig)? · Wachsen einige Teilmärkte schneller als der Gesamtmarkt? · Wie wird/ werden unser/ e Produkt/ e und Leistung/ en genutzt? · Wie oft und in welchen Mengen wird das Produkt genossen? Gibt es besondere Anlässe? · Was erwartet der Markt heute und morgen? (welchen Nutzen, welchen Mehrwert) · Wie kann der Markt mit überzeugenden (neuen) Angeboten bedient werden? III. Die eigene Situation jeweils ausformulieren in: · Ist-Situation · strategische Zielvorgaben 1. Im Verhältnis zum Wettbewerb · Welche Position im Markt besetzt das Produkt quantitativ (Marktanteile je Markt)? · Welche Position im Markt besetzt das Produkt qualitativ (Positionierung)? · Welche Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Propositions) hat das Produkt? Die USPs des Produktes und des Unternehmens sind: 1. 2. … · Welchen Nutzen bietet das Produkt (aus Unternehmens- und aus Kundensicht)? · Welchen Mehrwert bietet das Produkt (aus Unternehmens- und aus Kundensicht)? · Woran kann festgemacht werden, dass der versprochene Nutzen und Mehrwert aus Kundensicht tragen und realisiert werden? · Zu welchem Preis wird das Produkt angeboten? · Wo liegt der Preis im Verhältnis zum Wettbewerb? · Wie wird distribuiert (Distributionswege / Distributionskanäle)? · Welche Stärken und Schwächen hat das Produkt? · Welche Stärken und Schwächen hat das Unternehmen (Produktion, Finanzen, Distribution, F & E, Mitarbeiter, Unternehmenspersönlichkeit)? · Gibt es andere Unternehmensbereiche, die die Kompetenz des Unternehmens für das angestrebte Produktangebot stützen können? · Gibt es strategische Partner, auf die zurückgegriffen werden kann (Wenn ja: wer, wie, in welchem Bereich, warum)? · Gibt es im Markt Akteure, auf die Rücksicht genommen werden muss (Wenn ja: wer, in welchem Bereich und warum)? RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 175 26.02.21 11: 33 <?page no="175"?> 176 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 2. Im Verhältnis zur Zielgruppe · Wie sieht die Zielgruppe das Produkt und die Leistungen des Unternehmens? Wie bekannt ist das Produkt und die Leistung? Welche Aspekte der tatsächlichen Position sind publik? Was überzeugt die Angesprochenen vom Produkt oder den Leistungen (Merkmale, Vorteile, Nutzen, Mehrwert)? · Gibt es eine Produktargumentation? Was ist davon für die Angesprochenen wichtig? Was hält die Zielgruppe für glaubwürdig? (siehe Tool Argumentations-Struktogramm zur Zielgruppenansprache) · Welche Vorurteile gibt es bezogen auf das Produkt und die Leistung? Produkteinwände Qualitätseinwände Serviceeinwände Sonstige · Welche Vorurteile gibt es in Bezug auf das Unternehmen? · In welcher Welt lebt das Produkt? Was mögen die Zielgruppen daran? Was nicht? Welche „Persönlichkeit“ hat das Produkt? · Wer entscheidet über den Kauf des Produktes / die Leistung? · Welche Akzeptanz hat das Produkt/ die Leistung beim Distributionskanal und beim Endkunden (Verbraucher)? · Wie soll der Kontakt und die Kundenbindung zu den Endverbrauchern hergestellt und gepflegt werden? IV. Die zukünftige Situation 1. Marketingziele · Märkte · Marktanteile · Positionierung 2. Kommunikationsziele · Kognitive Ziele (Nutzen & Mehrwert) · Emotionale Ziele (Kaufentscheidungen sind Emotionsentscheidungen! ) 3. Kommunikationsstil · Wie wollen wir unsere Botschaft erzählen? · Welche Beziehung zum Empfänger unserer Botschaft streben wir an? · Welche Anmutung ist hierfür förderlich? RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 176 26.02.21 11: 33 <?page no="176"?> 177 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 4. Kommunikationsinhalt · Welche Position wollen wir im Kopf unserer Zielgruppe einnehmen? · Welchen einen! Gedanken wollen wir bei der Zielgruppe hinterlassen? V. Aufgabenstellung 1. Die Positionierung des Leistungsversprechens festlegen: · Wie soll das Geschäftsmodell und sein Leistungsversprechen im Vergleich zum Wettbewerb positioniert werden (z. B. Qualitäts-, Innovations-, Kostenführerschaft, …)? · Wie soll das Produkt / die Leistung im Vergleich zum Wettbewerb positioniert werden? 2. USPs und konkrete Kommunikationsinhalte für die einzelnen USPs definieren (spezifisch): · Welchen Nutzen und Mehrwert stiftet das Produkt? · Was macht das Produkt einzigartig und unverwechselbar? · Was macht das Produkt besser als alle anderen? 3. Leitbegriffe definieren und ausarbeiten 4. Claims definieren und ausarbeiten 5. Markenraum definieren (Markenraum = Positionierungsraum für das Produkt) 6. Produktort im Markenraum definieren (= konkreter Produktort im Positionierungsraum) 7. In Abstimmung zur Positionierung und den USPs Anmutung des Markenauftritts definieren und ausarbeiten 8. Marketingziele und Marketingstrategie definieren und ausarbeiten 9. Marketinginstrumente und Marketingmix festlegen und Marktaktivitäten (Marketingplan) ausarbeiten RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 177 26.02.21 11: 33 <?page no="177"?> 178 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 8. Der Geschäfts- und Finanzierungsplan Der Geschäftsplan hilft insbesondere Start-ups dabei, die Finanzierung der Unternehmensgründung abzusichern. Hierzu wird in einer Drei-Jahres-Planung das Unternehmenskonzept mit einem Planzahlengerüst abgebildet, aus dem der Finanzbedarf abgeleitet werden kann, den Gründer oder Start-ups bis zu dem Zeitpunkt bereitstellen müssen, an dem das Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell die Gewinnschwelle erreicht, von der ab es sich aus seiner Geschäftstätigkeit selbst finanzieren kann (Break-even). Bei schon bestehenden Unternehmen findet der Geschäftsplan ebenfalls Anwendung, wenn das Unternehmen ein neues oder zusätzliches Geschäftsfeld oder Marktsegment erschließen möchte oder sein bestehendes Geschäftsmodell wechseln muss. In der Regel wird hier der Finanzierungsbedarf im Rahmen der rollierenden strategischen und operativen Unternehmensplanung ermittelt sowie in den schon bestehenden Finanzplanungs- und Controlling-Systemen des Unternehmens abgebildet. Damit Start-ups, Gründerinnen und Gründer ein realistisches Bild über den Finanzbedarf für ihre Neugründung gewinnen können, empfiehlt es sich, noch vor der Gründung in einer Excel-Rechnung einen Drei-Jahres-Geschäftsplan zu erstellen. Dort sollten nach Möglichkeit alle im Rahmen der Unternehmensentwicklung anfallenden Kosten abgebildet werden, um sie mit den geplanten Umsatzzahlen zu einer Plan-Gewinn- und Verlustrechnung (Plan-GuV) zusammenführen zu können, aus der der Finanzbedarf ablesbar wird, der aufzubringen ist, wenn die Gründung Erfolg haben soll. Damit in dieser Rechnung möglichst alle eventuell anfallenden Kosten berücksichtigt werden, die im Fall der Geschäftsgründung entstehen, sollte zur Erstellung der Unternehmensplanung ein Standard-Kontenrahmen herangezogen werden, wie er beispielsweise von der DATEV angeboten wird. Für Start-ups bietet sich hier der Standardkontenrahmen nach dem Prozessgliederungsprinzip (SKR 03) an. Kostenlos kann er im Netz auf der Internetseite von DATEV heruntergeladen werden (https: / / www.datev.de/ web/ de/ datev-shop/ material/ kontenrahmen-datev-skr-03/ ). Bei der Verwendung solch eines Kontenrahmens müssen in der Drei-Jahres-Planung nur jene Positionen berücksichtigt werden, die geschäftsmodellbezogen aller Wahrscheinlichkeit nach auch wirklich anfallen. Bei den Aufwendungen für Personal sollte dabei auch eine Position »Unternehmerlohn« für den Arbeitsaufwand der Gründer beziffert werden. Damit kann plantechnisch der Arbeitsaufwand abgebildet werden, den die Gründer einbringen und der entlohnt werden müsste, wenn diese Tätigkeiten von Dritten erbracht würden. In der einfachsten Planungsvariante sollte die Drei-Jahres-Planung in einer budgetierten Monatsplanung folgende Einzelplanungen abbilden, damit nach der Gründung Abweichungen schnell erfasst und Änderungen zeitnah nachgeführt werden können: RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 178 26.02.21 11: 33 <?page no="178"?> 179 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 1. Planabsatz und Planumsätze je Produkt und Dienstleistung (Absatz- und Umsatzplanung) 2. Entwicklungs- und Produktionskosten je Produkt und Dienstleistung inkl. Roh- und Hilfsstoffen, Zusatzmitteln, zugekauften Komponenten … (Produkt- und Produktionskostenplanung) 3. Kosten für Vertrieb und Marketing, z. B. Transportkosten, Werbung, Internet, Aktivitäten zur Kundengewinnung … (Vertriebs- und Marketingplanung) 4. Personalkosten inkl. Personalzusatzkosten, z. B. Kranken- und Ausfalltage, Arbeitgeberbeiträge zur Sozial- und Rentenversicherung … (Personalplanung) 5. Kosten für die Unternehmensentwicklung, z. B. Schulungen, Prozesse, Führungssysteme, Zertifizierungssysteme, Versicherungen … (Unternehmensentwicklungsplanung) 6. Kosten für Investitionen und Ressourcen, z. B. Anlagen, Ausstattung, Gebäude, Mieten, Infrastruktur, Software, IT, Telekommunikation … (Investitions- und Ressourcenplanung) Aus der Integration dieser Pläne ergibt sich die Plan-Gewinn- und Verlustrechnung. Aus ihr lassen sich die für den erfolgreichen Aufbau der Unternehmung benötigten Finanzmittel ablesen. Sie errechnen sich aus der Summe der Investitions- und Vorlaufkosten, die vom Start-up bzw. den Gründern zu erbringen sind, bis die ersten Umsätze aus der Geschäftstätigkeit erzielt werden, sowie aus der Summe der aufsummierten Fehlbeträge (Verluste), die entstehen und finanziert werden müssen, bis das Unternehmen die operative Gewinnschwelle (Break-even) erreicht, von der an sich das Unternehmen mit seinen Leistungen selbst finanzieren kann. Aus der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung leitet sich die Finanzierungsplanung ab. Sie stellt dar, wann das Unternehmen welche Beträge bereitstellen muss, damit es die Gewinnschwelle erreichen kann. Da diese Beträge entweder als Eigenmittel von den Gründern oder in Form von Anteilsübernahmen oder Krediten von Finanziers (Investoren, Business-Angels, Banken, Geschäftspartner …) eingebracht werden, sind sie mit einem Zinssatz zu belegen, der die Kapitalkosten abbildet, die aufzuwenden sind, damit die Mittel für die Gründung von den Geldgebern eingeworben und im weiteren Geschäftsverlauf verzinst zurückgeführt werden können. Zur Einwerbung der für die Gründung benötigten Mittel ist es angeraten, zusätzlich zum Planszenario (Medium-Case-Variante) zwei weitere Varianten auszuarbeiten: eine Best-Case-Rechnung und eine Worst-Case-Rechnung. Bei der Best-Case-Variante wird der Drei-Jahres-Plan mit einem Umsatzplus von 10 % gegenüber dem Planszenarium (Medium-Case) gerechnet. Die Worst-Case-Rechnung geht dagegen von einem Szenarium aus, bei dem die Kosten 15 % höher und die Umsätze 15 % niedriger ausfallen, als das Planszenarium (Medium-Case-Rechnung) in der Drei-Jahres-Planung ausweist. Kann ein Start-up mit seiner Geschäftsidee die Mittel akquirieren und bereitstellen, mit denen es den Finanzierungsbedarf zur Entwicklung seines Geschäftsmodells auch in der Worst-Case-Rechnung bis zum Break-even decken kann, besitzt es in der Regel das notwendige Sicherheitspolster, mit dem es sein Risiko minimiert, innerhalb der ersten drei Jahre aufgrund von Liquiditätsengpässen zu scheitern. MERKE: Gut 80 % aller Start-ups scheitern mit ihrer Gründung innerhalb der ersten drei Jahre. Die Hauptgründe hierfür sind ein diffuses oder im Markt nicht nachgefragtes Nutzenversprechen, Probleme im Team und bei der Organisationsentwicklung sowie ungenügende Mittel zum Aufbau der Unternehmung. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 179 26.02.21 11: 33 <?page no="179"?> 180 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten 9. Das Wertecockpit Das Wertecockpit ist das operative Gegenstück zur Planungslandkarte für zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Als Steuerungssystem fokussiert es das Zusammenspiel der einzelnen, im Unternehmen wirkenden Systemlogiken unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschöpfung. Hierzu überführt es die Dynamik dieser Systemlogiken in eine Treiberlandkarte, mit der die verschiedenen Facetten der unternehmerischen Leistungsstiftungen adressiert, gemessen und gesteuert werden können. In einem einzigen, integrierten Messsystem werden dabei alle unternehmensbezogenen Wert- und Werteschöpfungsprozesse so aufeinander abgebildet, dass die im Unternehmen systemisch angelegten Leistungspotenziale vom Unternehmen auch gehoben werden können. Das Wertecockpit ist das Next-Level-Messsystem, mit dem auf ganzheitliche Weise die Systemleistungsüberschüsse zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ermittelt werden. Hierzu verknüpft das Wertecockpit die Betrachtung der Unternehmung als lebendes System mit der betriebswirtschaftlichen Logik der Unternehmung als prozessorientiertem Steuerungssystem zu einer integrierten Treiberlandkarte. Sie wird aus der Binnenlogik der im Unternehmen wirkenden Systemdynamiken abgeleitet und verknüpft drei Steuerungsperspektiven: 1. Die Wirkungsmessung der substanziellen Nutzen-, Ressourcen- und Werteschöpfungsperformanz der unternehmerischen Leistungsstiftungen. 2. Die Leistungsmessung der dazu vorgehaltenen Prozesse (Organisations- und Prozessperspektive der operativen Leistungsperformanz). 3. Die Wertschöpfungsmessung der finanziellen Performanz (ökonomische Ergebnismessung). In der Verschränkung dieser Steuerungsperspektiven trägt das Wertecockpit der dreifachen Einsicht Rechnung, dass Erträge die Folge von Nutzenstiftungen sind, die sich nicht mit Ertragskennzahlen messen lassen; dass alle Formen einer ökonomischen Wertschöpfung das Ergebnis vorgängiger, nichtökonomischer Werteschöpfungen sind; sowie drittens, dass zukunftsfähige Wertschöpfungen nur dort entstehen, wo Unternehmen ihre Nutzenstiftungsprozesse so ausgestalten, dass auch auf den Ebenen der lokalen und globalen Umgebungssysteme Ressourcen und Mehrwerte entstehen, die die Umgebungssysteme stärken, aus denen heraus das Unternehmen als lebendes System selbst lebt. Damit orientiert sich das Messsystem des Wertecockpits am universellen Erfolgsprinzip der Natur: Es misst die Systemleistungen der Unternehmung unter dem Gesichtspunkt, ob und wie das Geschäftsmodell mit substanziellen, sich ökonomisch selbst tragenden Nutzenstiftungen dazu beiträgt, dass die Ressourcenbasis aller das Unternehmen tragenden Sub-, Haupt- und Umgebungssysteme angereichert wird, von der das Unternehmen und seine Umgebungssysteme leben. Mit seinem ganzheitlichen Fokus auf die Ressourcenschöpfungsprozesse und Systemleistungsüberschüsse, die das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen erwirkt, RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 180 26.02.21 11: 33 <?page no="180"?> 181 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten überwindet das Wertecockpit die mentalen und psychologischen Fallen des heutigen Wettbewerbs- und Nachhaltigkeitsdenkens. (siehe S. 16/ 17). Anders als die in der betriebswirtschaftlichen Sicht üblichen Unternehmenscockpits, die auf der Grundlage von Balanced-Score-Card-Modellen, Total-Quality-Management-Modellen und Zertifizierungs-Systemen die Unternehmensleistungen unter dem Gesichtspunkt der Wertschöpfung betrachten, sowie in Abgrenzung zu bestehenden Nachhaltigkeits-, CSR-, ethischen und Sozialstandard-Reporting-Systemen (EMAS, GRI, ISO 14001, ISO 26000, SA8000), die den ökologischen und sozialen Fußabdruck der Unternehmung in den Blick nehmen, fokussiert es die Mechanismen, wie das Unternehmen mit symbiotischen Ressourcenschöpfungen und Mehrwertstiftungen die eigene Existenz absichern kann. Es adressiert damit die Stellschrauben und Möglichkeiten eines verantwortlichen Wirtschaftens, das sich am Paradigma der neuen Wettbewerbslogik orientiert, sprich an der Gestaltung ressourcenschöpfender Mehrwertkreisläufe. Damit grenzt sich das Wertecockpit sowohl gegen die exemplarisch von Milton Friedman formulierte Verantwortungsdoktrin eines ertragsfixierten Wettbewerbsdenkens ab (Milton Friedman: »Die soziale Verantwortung der Unternehmung besteht darin, die eigenen Profite zu steigern«) als auch gegen die knappheitsfixierte Verantwortungsdoktrin des bisher gängigen Nachhaltigkeitsdenkens, welches den schonenden Umgang mit knappen Ressourcen zum Herzstück unternehmerischer Verantwortung macht. Der Ausgangspunkt für die Leistungsmessung der Ressourcenschöpfungsprozesse, die das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen erwirkt, ist das im Unternehmen wirkende Wertekapital. Es entscheidet darüber, mit welchem Fokus, welcher Güte und mit welchen Wirkungen das unternehmerische Leistungsversprechen umgesetzt wird. Der initiale Fokus auf die im Unternehmen wirkenden Werte entspringt der im achten Axiom zukunftsfähiger Geschäftsmodelle formulierten Einsicht (siehe S. 67), dass die unternehmerische WERTEschöpfung der KernWERTschöpfungsprozess des Unternehmens ist. Zur Messung dieses Kernwertschöpfungsprozesses dienen vier Parameter: erstens die Werte, mit denen die Nutzenleistungen des Geschäftsmodells qualifiziert werden, zweitens die Werte der gelebten Unternehmenskultur, drittens das im Unternehmen wirkende Sozi- Das Messsystem des Wertecockpits orientiert sich am universellen Erfolgsprinzip der Natur: Es misst die Systemleistungen der Unternehmung unter dem Gesichtspunkt, ob und wie sich das Geschäftsmodell mit substanziellen, sich ökonomisch selbst tragenden Nutzenstiftungen dazu beiträgt, dass die Ressourcenbasis aller das Unternehmen tragenden Sub-, Haupt- und Umgebungssysteme angereichert wird und wächst. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 181 26.02.21 11: 33 <?page no="181"?> 182 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten alkapital sowie viertens das im Unternehmen wirkende Bewusstseinskapital. Je nach Geschäftsmodell und Unternehmensform sind für diese Parameter jeweils eigene Erfüllungsbedingungen, Messverfahren und Messintervalle festzulegen. (Erfüllungsbedingungen sind Kriterien, an denen sichtbar festgemacht werden kann, dass ein Wert, ein Leistungs- oder ein Wirkungsversprechen erfüllt worden ist.) Anhand der das Unternehmen tragenden Werte werden mit dem Wertecockpit die Leistungs- und die Wirkungsgüte der Primärnutzen-, Mehrwert- und Sekundärnutzenstiftungen (Systemleistungen) gemessen, die auf der Ebene der Systempartner (Kunden, Lieferanten, sonstige Geschäftspartner und Stakeholder) und Umgebungssysteme (Mit-, Um- und Nachwelt) aus der Umsetzung des Leistungsversprechens entstehen. Hierzu werden für die jeweiligen Nutzen- und Wirkungsaspekte die Erfüllungsbedingungen festgelegt, aus denen die spezifische Leistungsperformanz je Leistungswert abgelesen werden kann. Zusammengenommen ergeben diese Leistungsmessungen die ethikologische Leistungsbilanz (Bilanz der unternehmerischen Werte- und Ressourcenschöpfungsleistung). Zukunftsfähig ist diese Leistungsbilanz dann, wenn die unternehmerische Werte- und Ressourcenschöpfung nicht nur auf den Ebenen Treiberlandkarte des Wertecockpits (integriertes Wertemanagement) Nutzen / Wertschöpungsperspektive ethikologische Leistungsrechnung (Wertecockpit) Finanzperspektive externe Leistungsrechnung (FiBu) Primärnutzen Kunden sonstige Nutznießer Stakeholder Fokus Partner* Finanzen EBIT Cashflow Rentabilität Rol / EK / GK Fokus ökonomische Wertschöpfung Mehrwert & Sekundärnutzen Teilhabepotenzial Befähigungspotenzial Ressourcenschöpfungspotenzial Fokus Systemleistungen* Organisationsperspektive interne Kosten / Leistungsrechnung Unternehmenswerte Indizes Nutzenstiftung Indizes Wertekapital Indizes Sozialkapital Indizes Bewusstseinskapital Fokus Werte (GM / UK) Produktivität Produktivitätskennzahlen Fokus Organisation / Prozesse intern (Unternehmen) extern (Mit- / Um- / Nachwelt) Fokus Ressourcenschöpfung* Werteschöpfung + / - + / - + / - + / - + / - *Alle, die in die Nutzenstiftung und den Mehrwertschöpfungsprozess eingebunden sind oder davon profitieren. Für jedes Feld gibt es eigene Treiberlandkarten. + / - + / - RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 182 26.02.21 11: 33 <?page no="182"?> 183 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten der Systempartner und der Umgebungssysteme zu positiven Beiträgen führt, sondern auch beim Unternehmen Erträge entstehen lässt, mit denen sich das Unternehmen erfolgreich finanzieren kann. Hierzu ist das Leistungsversprechen so anzubieten, dass es zu ertragsstiftenden Konditionen nachgefragt wird. Damit das möglich wird, verknüpft das Wertecockpit die ethikologische Leistungsrechnung mit einer operativen Leistungsrechnung. Sie analysiert die Unternehmensprozesse anhand der in der Betriebswirtschaft üblichen Produktivitätskennzahlen und misst die Effektivität und Effizienz der Leistungsprozesse auch unter ökonomischen Ressourcengesichtspunkten. Aus der operativen Leistungsrechnung leitet sich im Wer tecockpit auch die ökonomische Leistungsrechnung ab. Mit ebenfalls in der Betriebswir tschaft üblichen Leistungskennzahlen werden in dieser Leistungsrechnung die ökonomischen Wer tschöpfungsergebnisse beziffer t, die das Unternehmen mit seinen Leistungen im Markt erzielt. Hierbei gilt erneut, dass die ökonomische Per formanz der Unternehmung eine unmittelbare Funktion seiner Wer teper formanz ist. Will das Unternehmen zukunftsfähige Er träge erwir tschaften, ist es folglich angehalten, zukunftsfähige Wer te und ein zukunftsfähiges Leistungsversprechen zu entwickeln und vorzuhalten. Leitfragen zur Entwicklung des Wertecockpits: Leitfragen Fokus 1. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir die Güte und den Erfolg unserer Werteschöpfungsprozesse? ➞ Unternehmenswerte 2. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir die Erfüllung unserer Primärnutzenstiftungen ➞ substanzielles Nutzenversprechen (Primärnutzen) 3. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir die Erfüllung unserer Sekundärnutzenstiftungen? ➞ Systemleistungen (Sekundärnutzen) 4. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir unsere Werte- und Ressourcenschöpfungsleistungen? ➞ ethikologische Leistungsbilanz (Ressourcenschöpfungen) 5. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir die Effizienz und Effektivität unserer Leistungsprozesse? ➞ operative Leistungsperformanz 6. Mit welchen Kennzahlen und Verfahren messen wir unsere Wertschöpfungsleistungen? ➞ ökonomische Leistungsperformanz RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 183 26.02.21 11: 33 <?page no="183"?> 184 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Damit schließt sich der Kreis der Wertecockpitmessung: Um im Markt bestehen zu können, benötigt das Unternehmen gesunde Erträge. Die aber entstehen nur dort, wo sich das Unternehmen an der Logik lebender Systeme ausrichtet und mit einem zukunftsfähigen Leistungsversprechen ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell betreibt, das auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme Werte, Ressourcen, Mehrwerte und Systemleistungsüberschüsse schöpft, die das Unternehmen und seine Umgebungssysteme nähren. Für das Instrument des Wertecockpits heißt dies, es ist das operative Kontrollinstrument, mit dem die universelle Erfolgsformel zukunftsfähiger Geschäftsmodelle unternehmenspraktisch mit Leben gefüllt wird: Unternehmen sind zukunftsfähig, wenn sie ihre Werte- und Nutzenstiftungen prozessorientiert so ausgestalten, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner lokalen und globalen Umgebungssysteme Mehrwerte geschaffen werden, die das gesamte System nachhaltig tragen und den Gesamtressourcengrundstock der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme auf natürliche Weise wachsen lassen. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 184 26.02.21 11: 33 <?page no="184"?> 185 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Glossar RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 185 26.02.21 11: 33 <?page no="185"?> 186 Glossar Abreicherung. Qualitative oder quantitative Verminderung von Stoffen und ➞ Ressourcen. ∙ Abrecherungsspiralen. Die aus dem ökonomischen ➞ Externalisierungsgebot entstandenen ➞ Raubbaudynamiken des heutigen Wirtschaftens. Anreicherung. Chemisch die qualitative oder quantitative Konzentration eines Stoffes. ➞ Ethikologisch der Prozess der ➞ Ressourcenschöpfung. Anreize / Anreizsysteme. Belohnungsmechanismen, mit denen das Verhalten ➞ lebender Systeme gesteuert wird. Wird das Verhalten eines lebenden Systems durch falsche Anreize konditioniert, entwickelt es dysfunktionale Verhaltensweisen, die seine Überlebensfähigkeit bedrohen können. Befähigung. Sich oder jemanden zu befähigen ist ein Prozess, bei dem menschliche ➞ Ressourcen geschöpft werden. ∙ Befähigungspotenzial. Das Befähigungspotenzial eines Geschäftsmodells gibt Auskunft darüber, ob und wie ein Unternehmen mit seinen Leistungen und Prozessen ➞ Ressourcen schöpft. Die Kernfrage zur Bestimmung des Befähigungspotenzials eines Unternehmens lautet: Fördert das Unternehmen mit seinen Prozessen und Leistungen menschliche Potenziale und Fähigkeiten oder nicht? ∙ Befähigungsressourcen. Alle mensch- und wertebezogenen Fähigkeiten wie beispielsweise Einfühlungsvermögen, Verantwortungsübernahme, Kreativität und Bewusstsein sowie alle Formen eines menschbezogenen ➞ Kapitals wie beispielsweise das in einem ➞ sozialen System wirkende ➞ Bewusstseins-, Human-, Sinn- oder Sozialkapital, die ein Unternehmen für sich erschließen muss, wenn es mit seinen Leistungen bestehen möchte. Bewusstsein. Die Fähigkeit eines lebenden Systems, Gegebenheiten sachgerecht wahrnehmen, emotional verarbeiten und kognitiv lösungsorientiert reflektieren zu können. Das in einem Unternehmen wirkende ➞ Bewusstseinskapital ist die Basisressource zur Entwicklung ➞ zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Die Leitfrage zur Erschließung dieser Ressource lautet: Mit welchen Prozessen und Leistungen können wir wen, wo, wie so befähigen, dass im Unternehmen eine Innovations-, Kreativitäts- und Verantwortungskultur entsteht, die das Unternehmen zum unverzichtbaren Herzstück von wert- und werteschöpfenden Austauschprozessen macht? ∙ Bewusstseinskapital ➞ Kapital ∙ Bewusstseinskapitalrendite ➞ Rendite ∙ Bewusstseinsökonomie ➞ Ökonomie ∙ Bewusstseinsressourcen. Alle menschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die von einem Unternehmen entwickelt und erschlossen werden müssen, damit im Unternehmen eine Innovations-, Kreativitäts- und Verantwortungskultur entsteht, die das Unternehmen nachhaltig leistungs- und zukunftsfähig macht. Degressive Preisstrategie. Bepreisungsmechanismus, der auf der Ebene der Umgebungssysteme zu ➞ Systemleistungsüberschüssen führt, die das Unternehmen stärken, indem sie die ➞ Ökosysteme stärken, in und aus denen heraus das Unternehmen lebt. Demotivationsrenten. Mangelleistungen der unternehmerischen Leistungskraft, die entstehen, wenn die Führungs-, Kommunikations- und Kooperationsprozesse der gelebten Unternehmenskultur von dysfunktionalen ➞ Werten getragen werden. Entkopplung. Ökologisches Stabilisierungsprinzip des natürlichen ➞ Wachstums. Die belebte Natur wächst in einem kontinuierlichen Rückkopplungsprozess, bei dem sich das Gesamtsystem in immer kleinteiligere, regional entkoppelte RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 186 26.02.21 11: 33 <?page no="186"?> 187 Glossar Lebensräume ausdifferenziert. Die stabilsten Ökosysteme sind dabei nicht jene, in denen einige wenige Organismen das Terrain beherrschen, sondern jene, in denen sich das Artenspektrum des Gesamtsystems mit einer fast nicht überschaubaren Vielfalt unterschiedlichster Lebewesen ausdifferenziert hat, die in immer kleinteiligeren Nischenbiotopen und Lebensräumen symbiotisch interagieren. Auf Unternehmen übertragen lautet die Leitfrage zur Umsetzung dieses Stabilisierungsprinzips: Wie und mit welchen Geschäftsmodellen kann unser Unternehmen entkoppelte ➞ Mehrwertkreisläufe in Gang setzen, die dafür sorgen, dass das Unternehmen für die es tragenden Umgebungssysteme unentbehrlich wird? Erfüllungsbedingungen. Die Beschreibung von konkreten Situationen und Sachverhalten, aus denen für alle sichtbar hervorgeht, dass ein Wert in seiner konkreten Bedeutung ( ➞ komplexe Äquivalenzen) gelebt wird oder erfüllt worden ist. Ethikologie. Lehre von den ethisch-ökologischen Systemgesetzen zukunftsfähigen Wirtschaftens. Die Ethikologie nimmt die Wirkungen und Sekundärnutzeneffekte ( ➞ Nutzen) in den Blick, die mit unternehmerischen ➞ Primärnutzenstiftungen verbunden sind. Sie konzentriert sich auf die ➞ Teilhabe-, ➞ Befähigungs- und ➞ Ressourcenschöpfungspotentiale eines Geschäftsmodells sowie einzelner unternehmerischer Leistungen. ∙ Ethikologische Geschäftsmodelle verknüpfen das ethisch-moralische Konzept eines humanen Wirtschaftens, das sich mit Menschen in den Dienst von Menschen stellt, mit den ökologischen Prinzipien der Ressourcenschöpfung. Mit sich ökonomisch selbst tragenden Leistungsversprechen und substanziellen Nutzenstiftungen produzieren sie ➞ Mehrwerte und ➞ Systemleistungsüberschüsse. Sie sorgen so ökonomisch erfolgreich dafür, dass die Ressourcenbasis aller das Unternehmen tragenden Sub-, Haupt- und Umgebungssysteme angereichert wird, aus der heraus das Unternehmen und seine Umgebungssysteme leben und wirken. Externalisierung. Ökonomisch das Prinzip der selbstbezogenen Ertragsoptimierung. Kosten und Risiken werden gezielt auf Dritte abgewälzt. Psychologisch die Abwälzung von Schuld und Verantwortung auf Dritte. Fast Fashion. Beschleunigungsphänomen der heutigen ➞ Überflussmärkte, bei der in immer kürzeren Zyklen zu immer günstigeren Konditionen überflüssige Produkte und Dienstleistungen auf den Markt geworfen werden, deren Nutzen einzig darin besteht, mit ➞ Sinnsurrogaten den ➞ Wachstumszwang zu bedienen, aus dem unser heutiges Wirtschaften lebt. Feldliniensteuerung ➞ Visionäres Führungsprinzip der Feldliniensteuerung Fraktale. Natürliches Wachstumsprinzip der selbstwirksamen Selbstähnlichkeit. Fraktale entwickeln sich als sich selbst wiederholende Strukturen und Muster, die sich in immer kleinere Einheiten ausfalten, wobei sie in immer größerem Maßstab das gleiche Muster wiederholen und das Gesamtgebilde selbstwirksam selbstähnlich wachsen lassen. Überträgt man das fraktale Prinzip der selbstwirksamen Selbstähnlichkeit auf die Entwicklung von Unternehmen, erhält man ein wirkmächtiges Ordnungsinstrument, mit dem die einzelnen Facetten der Unternehmung so aufeinander abgebildet werden können, dass sie eine unverwechselbare Leistungsform erhalten, die dem Unternehmen Fokus und Durchschlagskraft verleiht. Freibeuterwerte ➞ Werte Handeln. Absichtsvolles, zielgerichtet zweckhaftes Tun. Hochleistungsteams. Teams, deren Teamleistung im Ergebnis besser ausfällt als die Leistungsperformance einzelner RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 187 26.02.21 11: 33 <?page no="187"?> 188 Glossar Expertinnen oder Experten oder von Teams, die keine Hochleistungskultur leben. Der Erfolg von Hochleistungsteams gründet in einer kollektiv gelebten Achtsamkeits- und Verantwortungskultur, bei der die beteiligten Personen einander vertrauen und unterstützen, und wird von einer Arbeitsphilosophie getragen, bei der Aufgaben durch kooperativ reflektiertes und vorausschauendes Mitdenken sowie durch proaktiv umsichtiges Handeln gelöst werden. Holobionten. Lebende Systeme, die durch das Zusammenwirken verschiedener autonomer Organismen entstehen, die nur deshalb für sich existieren können, weil sie sich im Holobionten zu einer unverwechselbaren Einheit zusammenschließen. Als Individuen erhalten sich Holobionten im Austausch mit ihrer Umwelt dadurch aufrecht, dass sie sich nach innen hin in ein komplexes Geflecht von Elementen, Prozessen und Strukturen ausfalten, das bei entsprechender ➞ Passung dafür sorgt, dass sich der Holobiont in seiner Umwelt erfolgreich entwickeln und fortpflanzen kann. Inklusion. Einbeziehung von Dritten in das eigene Vorhaben. Ausgehend vom ökologischen Prinzip der ➞ Symbiose, d.h. der nutzenstiftenden Partnerschaft zwischen Ungleichen, begründet das strategische Prinzip der Inklusion die Möglichkeit zur Kooperationen mit Konkurrenten, Mitbewerbern, Lieferanten, Kunden und sonstigen Partnern, die gemeinsam ein eigenständiges Ökosystem errichten, das für alle daran Beteiligten ➞ Mehrwerte schöpft. Internalisierung. Kognitiv die Fähigkeit zur Entwicklung von ➞ Bewusstseinsressourcen sowie Bewusstseins-, Sozial- und Humankapital ( ➞ Kapital) zur Entwicklung und Gestaltung ➞ zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Ökonomisch das Prinzip einer unternehmerischen Leistungs- und Verantwortungskultur, die sich mit ihrem Leistungsversprechen am ethikologischen Prinzip der Gestaltung von ➞ ressourcenschöpfenden Mehrwertkreisläufen orientiert. Psychologisch die Bereitschaft und Fähigkeit, sich empathisch, einfühlsam und offen auf die Belange der Mit-, Um- und Nachwelt einlassen zu können. Kapital. Alle Mittel, mit deren Einsatz ein ➞ lebendes System höherer Ordnung (Menschen, Unternehmen, Organisationen, Institutionen, Kommunen, Länder, Staaten …) die ➞ Ressourcen erschließen kann, die sie zu ihrem Überleben benötigen. Möchte sich ein Unternehmen als lebendes System erfolgreich im Markt aufrechterhalten, ist es angehalten, den Grundstock aller von ihm benötigten Kapitalarten so zu entwickeln und auszubauen, dass es mit seinen Leistungen die ➞ Renditen erzielt, die es für sein Überleben benötigt. ∙ Bewusstseinskapital. Der im Unternehmen wirkende Grundstock an ➞ Bewusstseinsressourcen. Wo dieser Kapitalstock erschlossen und ausgebaut wird, führt er beim Unternehmen zur Bewusstseinskapitalrendite ( ➞ Rendite) der gesteigerten ➞ Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. ∙ Emotionales Kapital. Empathie, Einfühlungsvermögen und emotionale Intelligenz. Die Güte (Menge und Qualität) des im Unternehmen wirkenden emotionalen Kapitals ist der zentrale Treiber für die Ausbildung von Vertrauen, Bindekraft und Leistungsbereitschaft. ∙ Gesellschaftliches (institutionelles) Kapital. Geltende Normen und Regeln, Rechtssysteme, soziale Sicherungssysteme, Ausbildungs- und Förderprogramme. Übertragen auf das Unternehmen ist die Nutzung von gesellschaftlichem Kapital sowie die unternehmensbezogene Schöpfung von Normen, Regeln, Sicherungs-, Ausbildungs- und Förderungsprogrammen (das institutionelle Kapital der Unternehmenskultur) eine der zentralen Ressourcen für die Mitarbeiterentwicklung und das Human Resources Management. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 188 26.02.21 11: 33 <?page no="188"?> 189 Glossar ∙ Humankapital. Alle Formen von menschlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Bewusstsein, Kreativität, Reflexions- und Imaginationskraft, die ein Unternehmen für sich erschließen muss, wenn es seine Leistungen erfolgreich im Markt platzieren möchte. ∙ Kulturelles Kapital. Bei einzelnen Gesellschaften die Artefakte, Techniken und Verfahren der gelebten Kunst-, Kultur- und Glaubenssysteme. Bei einzelnen Unternehmen die Werte der gelebten Kooperations- und Kommunikationskultur. ∙ Natürliches Kapital. Alle Formen natürlicher Ressourcen. ∙ Ökonomisches Kapital. Alle Finanzwerte wie beispielsweise Aktien, Bankguthaben oder Kassenbestände sowie alle nichtmonetären Sach- und Vermögenswerte wie beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Inventar, Produkte, Lagerbestände, Rechte, Know-how, Verfahren und Marken, die monetarisierbar sind und auf den Unternehmenswert einzahlen. ∙ Sinnkapital (spirituelles Kapital). Lebensvertrauen, Kraft, Mitmenschlichkeit, Idealismus und Begeisterungsfähigkeit. Auf Unternehmen übertragen ist das in der Unternehmung wirkende Sinnkapital der zentrale Treiber für die Leistungsbereitschaft (Wollen) und Leistungstätigkeit (motiviertes Tun) der beteiligten Akteure. ∙ Sozialkapital. Das in einem Unternehmen bestehende Sozialkapital beziffert die Güte der in einem Unternehmen oder einer Organisation wirkenden Faktoren Vertrauen, Kooperationswilligkeit, geteiltes Wissen und Verantwortungsübernahme. Sie sind der zentrale Treiber für den unternehmensexistenziellen Leistungsfaktor ➞ Kooperation. ∙ Technisches Kapital. Know-how, Verfahren und Prozesse. ∙ Wertekapital. Die im Unternehmen gelebten Werte, welche kundenseitig auf die Qualität des Leistungsversprechens ( ➞ Leitwerte) sowie unternehmensseitig auf die Qualität des im Unternehmen geschöpften Sozialkapitals einzahlen ( ➞ Prozesswerte). Das im Unternehmen geschöpfte Wertekapital ist der Treibstoff zur Entwicklung von ➞ Hochleistungsteams sowie für die gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Komplexe Äquivalenzen. Beschreibungen der konkreten Bedeutung, die mit einem Begriff oder Wert verbunden wird. Mit komplexen Äquivalenzen wird festgelegt, wie oder was unter dem jeweiligen Wort zu verstehen ist bzw. welche Facette eines komplexen Wertes oder Begriffes zur Leitbedeutung erklärt wird. Kommunikation. Die Basisressource und der Basisprozess aller ➞ lebenden Systeme. Bei Unternehmen der Basisprozess zur Entwicklung und Steuerung des Unternehmens. Wo die Kommunikationsprozesse so umgesetzt werden, dass die sechs Dimensionen der gelungenen Kommunikation erfüllt sind, sind sie der Treiber für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. ∙ Die sechs Dimensionen gelungener Kommunikation werden erfüllt, wo mit verständlichen Inhalten (Dimension der Verständlichkeit) ein zustimmendes Interesse geweckt wird (Dimensionen der Aufmerksamkeit und des Einverständnisses), mit dem das Gegenüber so motiviert und befähigt wird (Dimensionen der Motivation und Befähigung), dass es die angesprochenen Sachverhalte und Ziele eigenständig engagiert angeht und umsetzt (Dimension der Begeisterung). Konsum. Der Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen. ∙ Konsumzwang. Phänomen der heutigen Überflussgesellschaften. Um in den heutigen ➞ Überflussmärkten bestehen zu können, müssen Unternehmen Produkte auf den Markt werfen, die häufig überflüssig sind, aber konsumiert werden müssen, damit das Wachstum ( ➞ Wachstumszwang) und der Wirtschaftskreislauf aufrechterhalten bleiben, von dem RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 189 26.02.21 11: 33 <?page no="189"?> 190 Glossar sich die daran beteiligten Menschen, Unternehmen und Gesellschaften nähren. Kooperation. Die Basisressource und der Basisprozess aller ➞ sozialen Systeme. Analog zum Blutkreislauf und der Rolle des Blutes für die Aufrechterhaltung ➞ holobiontischer, lebender Systeme ist Kooperation das zentrale Elixier, ohne das kein soziales System existieren kann. Konzentration. Durch den ökonomischen ➞ Wachstumszwang ausgelöste Dynamik, bei der die Marktmacht bei immer weniger Gewinnern zusammenfließt. KybernEthik. Reflexion der Einsicht, dass Menschen kognitiv begabte soziale Wesen sind, deren ➞ Handeln und Wirken in der Welt von der Sprache und den ➞ Sinnsystemen bestimmt wird, in und mit denen sie über die Welt kommunizieren. Sprechen Menschen die falsche Sprache oder folgen sie den falschen Sinnsystemen, handeln sie faktisch zwanghaft falsch in der Welt. Kybernetik. Wissenschaft der Regelungs- und Steuerungsmechanismen von komplexen ➞ Systemen. Lebende Systeme ➞ Systeme Lebensbausteine. Auf der Ebene einzelner Organismen organische und anorganische Substanzen, die vom Organismus genutzt, bereitgestellt, konsumiert, produziert oder verstoffwechselt werden, damit sich der Organismus als ➞ lebendes System aufrechterhalten kann. Auf der Ebene von ➞ Ökosystemen die Elemente des Ökosystems (Organismen), die mit ihren ➞ symbiotischen Systemleistungen das Ökosystem bilden und tragen. Leitwerte ➞ Werte Markt/ Märkte. Natürliche und menschgemachte Austauschplattformen und Wettbewerbsarenen, die dafür sorgen, dass sich einzelne ➞ lebende Systeme mit Leistungen aufrechterhalten können, die im Markt nachgefragt werden. Die Entwicklung von Märkten folgt einer eigenen Transformationsdynamik, bei der das symbiotische Nutzenstiftungsverhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern den Ausschlag dafür gibt, wohin sich das Gesamtsystem bewegt. ∙ Verantwortungsmärkte ➞ Verantwortung ∙ Überflussmärkte ➞ Überfluss Mehrwerte. Überschussleistungen der unternehmerischen ➞ Primärnutzenstiftung, die in Form von nichtmonetären ➞ Renditen dem Unternehmen sowie als ➞ Sekundärnutzenstiftungen den Umgebungssystemen zufließen und die Ressourcenbasis der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme wachsen lassen. ∙ Mehrwertkreisläufe ➞ Ressourcen Motivationsrenditen ➞ Renditen Natürliche Skaleneffekte ➞ Skaleneffekte Nutzen. Die Wirkung eines Leistungsversprechens bzw. der erzielte Wirkungsgrad einer Bedürfnisbefriedigung. ∙ Primärnutzen. Der Kern des unternehmerischen Leistungsversprechens. Wo der Nutzen des Leistungsversprechens zu marktfähigen Konditionen angeboten wird und aus Sicht der Adressaten wirkungsvoll erfüllt wird und trägt, ist er die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. ∙ Sekundärnutzen. ➞ Systemleistungsüberschüsse, die aus einer Primärnutzenstiftung entstehen und als Nutzen- und Ressourcenschöpfungseffekte den ➞ Umgebungssystemen der Um-, Mit- und Nachwelt zufließen, innerhalb derer eine Primärnutzenleistung erbracht worden ist. ∙ Sekundärnutzenbilanz. Betrachtung der Wirkungen, die das Unternehmen mit seinen Primärnutzenstiftungen in der Welt hervorruft. Ökonomie. Im weiteren Sinn die Wissenschaft davon, wie Menschen, Haushalte, Unternehmen, Kommunen und Staaten durch wirtschaftliches Handeln RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 190 26.02.21 11: 33 <?page no="190"?> 191 Glossar die Ressourcen erwerben, die sie für ihr eigenes Fortbestehen benötigen. Im engeren, betriebs- und volkswirtschaftlichen Sinn die Wissenschaft von den Regeln und Mechanismen der Ertrags-, Wert- und Wohlstandsschöpfung. ∙ Bewusstseinsökonomie. Neues Paradigma der Wirtschaftswissenschaften, das die wirtschaftlichen Austauschverhältnisse unter dem Gesichtspunkt der ➞ Ressourcenschöpfungsbzw. Gesamtressourcenbilanz betrachtet, die durch das wirtschaftliche Handeln entsteht. Der Fokus der bewusstseinsökonomischen Betrachtung richtet sich auf die ganzheitlichen Wirkungen unseres wirtschaftlichen Handelns (volkswirtschaftliche Betrachtung) sowie auf die aktive Gestaltung von ressourcen- und mehrwertschöpfenden Teilhabekreisläufen, die auf allen Ebenen von Menschen, Unternehmen, Gesellschaften und der Natur einen umfassenden multidimensionalen Wert- und Werteschöpfungsprozess in Gang setzen, der das Unternehmen trägt (betriebswirtschaftliche Betrachtung). Auf Unternehmen übertragen konzentriert sich die bewusstseinsökonomische Betrachtung auf die Entwicklung ➞ zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Ihre Entwicklung gründet in der zweifachen Einsicht, dass jede Form einer ökonomischen Wertschöpfung die Funktion von primär nichtökonomischen Werteschöpfungen ist, weshalb die Ausgestaltung zukunftsfähiger Wertekulturen der Kernwertschöpfungsprozess zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ist. Ökosystem. Der ➞ symbiotische Zusammenschluss verschiedener ➞ lebender Systeme zu einem lebenden System höherer Ordnung. ∙ Ökosystemleistungen. Systemleistungen, die das übergeordnete Ökosystem für seine es tragenden Subsysteme stiftet (z.B. Rückzugsräume und Nischen zum Schutz und zur Entwicklung sowie die Zurverfügungstellung von symbiotischen Austauschverhältnissen und der von den Subsystemen benötigten Ressourcen). Operatives Führungsprinzip der Selbstorganisation. Das Führungsprinzip der Selbstorganisation lebt aus den Beziehungen, die die Elemente einer Einheit untereinander pflegen - etwa die Personen eines Teams, einer Abteilung oder einer Organisationseinheit. Bleiben diese Einheiten unter der kritischen Grenze ihrer Selbststeuerungsfähigkeit (bei Menschen Einheiten von bis zu maximal 150 Personen), können sich die Mitglieder dieser Einheiten auf kurzem Weg effektiv, effizient und flexibel selbst steuern. Passung. Kriterium zur Bewertung, des Zusammenspiels und der inneren Organisation der im Unternehmen wirksamen ➞ Systemlogiken mit Blick darauf, wie sich das Unternehmen als ➞ lebendes System mit seinen Leistungen in seiner Umwelt bewegen und überlebensfähig halten kann. ∙ Primärnutzen ➞ Nutzen ∙ Prozesswerte ➞ Werte Raubbau. Prozess der Ressourcenvernichtung. ∙ Raubbauspiralen. Der durch unsere heutigen Wirtschaftsweisen ausgelöste Prozess einer sich beschleunigenden Zerstörung natürlicher und sozialer ➞ Ressourcen, bei dem der verstärkte Ressourcenraubbau die globale Ungleichheit und diese wiederum den Ressourcenraubbau immer weiter anheizt. Renditen. Alle Formen einer systemischen Überschussleistung, bei der ein ➞ lebendes System mit seinen Leistungen für sich, Dritte oder seine Umgebungssysteme ➞ Mehrwerte und ➞ Ressourcen produziert. Auf Unternehmen übertragen konzentriert sich die zukunftsfähige Renditebetrachtung auf alle Kapitalarten ( ➞ Kapital), die vom Unternehmen zu erschließen sind, damit es sich mit seinen Leistungen aufrechterhalten kann: ∙ Bewusstseinskapitalrendite. Die gesteigerte Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Sie RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 191 26.02.21 11: 33 <?page no="191"?> 192 Glossar entsteht, wo Unternehmen mit ökonomisch erfolgreichen Mitteln auf der Ebene von Menschen Befähigungsprozesse sowie auf der Ebene des Unternehmens und seiner Umgebungssysteme Ressourcenschöpfungsprozesse in Gang setzen, die dazu beitragen die Probleme zu lösen, welche durch unsere heutigen Konsum- und Wirtschaftsformen ausgelöst werden. ∙ Kommunikationsrenditen sind das Ergebnis aus der gesteigerten Leistungsbereitschaft (Wollen), der gesteigerten Leistungsfähigkeit (Können) und der gesteigerten Leistungstätigkeit (motiviertes Tun) bei der Umsetzung von übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten. Sie entstehen, wo der Umgang im Unternehmen fair, transparent und sachgerecht so gestaltet wird, dass die sechs Dimensionen der gelungenen ➞ Kommunikation erfüllt und bei allen an der Leistungserstellung mitwirkenden Personen deren Können (Fähigkeiten) und Wollen (Motivation) aktiviert werden. ∙ Kooperationsrenditen entstehen aus dem Abgleich eines sinnstiftenden Leistungsversprechens und der dazu notwendigen Organisation, wenn alle Facetten und ➞ Systemlogiken des Unternehmens so aufeinander abgebildet werden, dass eine Kooperationskultur entsteht, mit der das Unternehmen die für sein eigenes Überleben notwendigen Ressourcen erschließen kann. ∙ Motivationsrendite. Wo das gelebte Kommunikations- und Kooperationsverhalten im Unternehmen von den Basiswerten eines humanen Miteinanders getragen wird ( ➞ Weltethos), entstehen Motivationsrenditen. Sie steigern das im Unternehmen wirkende Sozialkapital aus Loyalität, Vertrauen und geteiltem Wissen, reduzieren Konfliktpotenziale und Transaktionskosten und tragen dazu bei, dass eine lernende Organisation entsteht, die zugleich flexibel, wandlungsfähig, unverwechselbar und gesteigert leistungsfähig bleibt. ∙ Ökonomische Renditen. Alle Wertschöpfungsleistungen, die in Form von Liquiditäts-, Ertrags-, Marken- oder Unternehmenswertsteigerungen zum finanziellen und ökonomischen Erfolg des Unternehmens beitragen. ∙ Sozialkapitalrendite. Gesteigerte Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, die entsteht, wo der Umgang im Unternehmen von einem soliden Grundstock an Vertrauen, Loyalität, Kooperation und geteiltem Wissen getragen wird. ∙ Systemrenditen (Ökosystemrenditen). Überschüsse und Mehrwerte, die die Elemente eines ➞ lebenden Systems aus dem Zusammenschluss zu einem lebenden System ziehen. ∙ Vertrauensrendite. Als Basisbestandteil des im Unternehmen wirkenden Sozialkapitals führt eine im Unternehmen gelebte Vertrauenskultur zu gesteigertem Verantwortungsbewusstsein und Kooperationswillen bei den das Unternehmen tragenden Menschen und damit zur gesteigerten Leistungskraft des Unternehmens. ∙ Verantwortungsrendite. Gesteigerte Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Sie entsteht, wo im Unternehmen eine Verantwortungskultur gelebt wird, die die notwendigen Bewusstseinsressourcen erschließt, mit der zukunftsfähige Geschäftsmodelle für die ➞ Verantwortungsmärkte von morgen entwickelt werden können. Resilienz. Die Fähigkeit eines lebenden Systems, Krisen und schwierige Lagen so zu meistern, dass es sich auch dann noch aufrechterhalten und neu ausrichten kann, wenn es aus einem Ereignis bleibende Beeinträchtigungen davongetragen hat. Es ist die Widerstandskraft, trotz Rückschlägen weitermachen und aus dem Umgang mit Widrigkeiten Kraft ziehen und lernen zu können. Ressourcen. Alle Formen von Mitteln, die ein ➞ lebendes System benötigt oder die von ihm genutzt RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 192 26.02.21 11: 33 <?page no="192"?> 193 Glossar werden können, damit es sich in seiner Umwelt aufrechterhalten kann. ∙ Ressourcenschöpfung ist das grundlegende Organisationsprinzip der lebenden Natur. Die Welt des Lebendigen organisiert sich in Ökosystemen, bei denen der symbiotische Austausch der Elemente des Systems auf der Ebene des Gesamtsystems zu ➞ Systemleistungsüberschüssen führt, von denen sich das gesamte System nährt und entwickelt. Intakte Ökosysteme leben vom ressourcenschöpfenden Zusammenschluss unterschiedlicher ➞ lebender Systeme. Dabei führt die Gesamtsumme der Austauschbeziehungen (Transaktionen) zwischen den einzelnen Elementen des Systems dazu, dass unter dem Strich auf allen Ebenen des Systems mehr sowie neue und zusätzliche Ressourcen geschöpft werden, als in den Prozessen genutzt oder verbraucht worden sind. Dadurch entsteht ein natürlicher, multidimensionaler Ressourcenwachstumsprozess, aus dem sich das ganze System nährt, vervielfältigt, ausdifferenziert und entfaltet. ∙ Ressourcenschöpfungsbilanz. Bilanz aller Wirkungen, die mit einem Geschäftsmodell einhergehen oder von einem ökonomischen Leistungsprozess ausgelöst werden. ∙ Ressourcenschöpfende Geschäftsmodelle. Geschäftsmodelle, die mit sich ökonomisch tragenden Nutzenstiftungen, Prozessen und Leistungen dazu beitragen, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme mehr und neue Ressourcen geschöpft werden, als in den Prozessen genutzt oder verbraucht worden sind. ∙ Ressourcenschöpfende Mehrwertkreisläufe. Das Organisationsprinzip der belebten Natur. ∙ Ressourcenschöpfungspotenzial. Eines der drei ethikologischen Leistungskriterien ( ➞ Ethikologie), mit denen gemessen wird, ob und auf welche Weise ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Geschäftsmodell auf der Ebene der ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen und natürlichen Umgebungssysteme Mehrwerte und Ressourcen schöpft. Die unternehmerische Kernfrage zum eigenen Ressourcenschöpfungspotenzial lautet: Schöpfen das Geschäftsmodell sowie einzelne Prozesse, Produkt und Leistung auf der Ebene der natürlichen und gesellschaftlichen Systeme der Um-, Mit- und Nachwelt neue und zusätzliche Ressourcen oder sind sie lediglich ressourcenneutral oder vernichten sie schlimmstenfalls Ressourcen? Sekundärnutzen ➞ Nutzen Sinn. Kognitive und emotionale Lebensressource. Das, was uns als Menschen trägt, motiviert und begeistert. Der von uns hochgehaltene Sinn wirkt als Grund (Auslöser) und Ziel (Zweck) unseres Handelns. Er ist der Garant unserer Identität sowie der zentrale Treiber, wie und wozu wir in die Welt eingreifen und sie verändern. Folgen wir dem falschen Sinn, handeln wir faktisch zwanghaft falsch in der Welt. ∙ Sinnsurrogat. Ein flucht- oder suchthaftes Ersatzversprechen, mit dem Menschen ihrem Leben einen Sinn geben, ohne dass dieser Sinn sie substanziell trägt oder sie emotional dazu ermutigt, ein selbstbestimmtes und aktiv eigenverantwortetes Leben zu führen. ∙ Sinnsystem. Das unverbrüchliche Netz an Überzeugungen, das die einzelnen Episoden unseres Lebens zu einem dichten Muster verwebt, das uns trägt. Skaleneffekte. In der Natur das Ergebnis der ➞ fraktalen Entwicklung natürlicher Ressourcenschöpfungsprozesse, bei denen sich die Natur in immer kleinteiligere Nischen ausdifferenziert und wächst. In der Wirtschaft das ökonomische Ergebnis aus Auslastungs- und Standardisierungsbemühungen. ∙ Natürliche Skaleneffekte entstehen, wo sich die Natur als ➞ ressourcenschöpfender Mehrwertkreislauf organisiert. Dabei steigen die RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 193 26.02.21 11: 33 <?page no="193"?> 194 Glossar Ressourcenschöpfungen proportional zum Grad der Mächtigkeit und Differenziertheit des Systems. Je kleinteiliger, vielfältiger, arten- und biomassereicher ein Ökosystem ist, desto mehr Ressourcen schöpft es für sein weiteres Wachstum. ∙ Ökonomische Skaleneffekte. Kosten- und Ertragseffekte, die entstehen, wo eine Ressource, z. B. eine Anlage, bis zur maximalen Auslastung gefahren wird, oder wo ein Geschäftsmodell durch Standardisierung, z.B. ein Franchise-Unternehmen, fast beliebig oft wiederholt umgesetzt werden kann. Ökonomische Skaleneffekte leben aus dem Faktor der Standardisierung und Vereinheitlichung und führen zu einer kontinuierlichen Konzentration. Soziale Systeme ➞ Systeme Sozialkapital ➞ Kapital Starke und schwache Verbindungen. Organisationsprinzip komplexer lebender Systeme, bei dem die schwachen Verbindungen den Schlüssel für die Stabilität dieser Systeme bilden. Schwache Verbindungen sind Beziehungen, die die Elemente eines Subsystems untereinander eingehen. Starke Verbindungen sind dagegen Beziehungen, die einzelne Elemente einzelner Subsysteme mit einzelnen Elementen anderer Subsysteme eingehen. Sie bilden die Knoten im Systemgeflecht des Großsystems und sorgen für die ➞ Kommunikation zwischen den Subsystemen. Mit dieser zweifachen Organisationsform starker und schwacher Verbindungen kann das Großsystem schnell auf Veränderungen reagieren und atmen, da sich die Elemente der Subsysteme auf kurzem Weg selbst regulieren können und zugleich Informationen über die Knoten des Netzwerkes zwischen den Subsystemen ausgetauscht werden. Symbiose. Ressourcenschöpfendes Organisationsprinzip der Natur, bei dem ansonsten ungleiche Partner in einen Austausch treten, der für beide Seiten substanzielle Vorteile bringt. Systeme. Alle Prozesse der belebten und unbelebten Natur, bei der das Zusammenspiel von unterschiedlichen Elementen, Strukturen und Prozessen eine Dynamik erzeugt, die sich aufgrund des Zusammenspiels der beteiligten Elemente, Strukturen und Prozesse kontinuierlich verändert. Mit Blick auf diese Dynamiken unterscheidet die ➞ Kybernetik im Bereich der belebten Natur u.a. lebende, lernende und soziale Systeme. ∙ Lebende Systeme. Im engeren biologischen Sinn vom Einzeller bis hin zu komplexen ➞ Holobionten (Menschen und Tiere) alle Organismen, die sich durch die innere Selbstorganisation und Selbststeuerung in ihrer Umwelt aufrechterhalten. Im weiteren biologischen, psychologischen und gesellschaftlichen Sinn alle komplexen Systeme (z.B. Ökosysteme, Gesellschaften, Organisationen, Parteien, Familien, Unternehmen, Märkte …), bei denen sich lebende Systeme zu einem System höherer Ordnung zusammenschließen. Dabei teilen diese im übertragenen Sinn »lebenden« Systeme höherer Ordnung die Organisationsstruktur holobiontischer Systeme: Sie gliedern sich nach innen auf in systemspezifische Elemente, Prozesse und Strukturen, die bei geeigneter ➞ Passung dafür sorgen, dass das System nach außen auf seine Umwelt reagieren und sich entwickeln kann. Im Unterschied zu Organismen, die sich selbst steuern, steuern sich »lebende« Systeme höherer Ordnung nicht selbst. Gesteuert werden sie durch die Elemente (Menschen, Tiere) und Umweltfaktoren (externe Ereignisse), die in und auf das »lebende« System höherer Ordnung einwirken. ∙ Lernende Systeme. Alle im biologisch engeren Sinn ➞ lebenden Systeme (Organismen) sowie viele im weiteren psychologischen und gesellschaftlichen Sinn »lebende« Systeme sind lernende Systeme. In ihrer Entwicklung sind lernende Systeme offene Systeme. Sie halten sich aufrecht durch die Produktion einer RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 194 26.02.21 11: 33 <?page no="194"?> 195 Glossar Innen-/ Außen-Differenz, mit der die innere Selbstorganisation des Systems so programmiert wird, dass das einzelne lernende System auf Umgebungsereignisse reagieren kann, die es gemäß der eigenen ➞ Systemlogik erwartet. Tritt ein für das System unerwartetes Ereignis ein, hat es zwei Reaktionsmöglichkeiten. Kann es auf das Ereignis reagieren und sich anpassen, lernt es. Dabei entwickelt es sich und ggf. auch die eigene Systemlogik, nach der es operiert, weiter. Kann es das Ereignis mit der Systemlogik seiner inneren Selbstorganisation nicht auffangen, zerfällt es und stirbt. ∙ Soziale Systeme. Im engeren, biologischen Sinn ➞ lebende Systeme, die sich nur dadurch aufrechterhalten können, dass sie sich mit anderen lebenden Systemen der gleichen Art zu einem lebenden System höherer Ordnung (Gruppen, Familienverbänden, Organisationen, Unternehmen, Stämmen, Gesellschaften, Parteien, Glaubensgemeinschaften …) zusammenschließen. Im weiteren psychologischen, kognitiven, kulturellen und gesellschaftlichen Sinn alle menschgemachten Werkzeuge, Verfahren, Prozesse und Institutionen, mit denen wir unsere sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Austauschverhältnisse organisieren (z.B. Sprachen, Wissenschaften, Rechtssysteme, Riten, Werte, Normen, Märkte, sozialen Sicherungssysteme, Schulen, Ausbildungsprogramme, Parlamente, Unternehmen, Organisationen …). ∙ Systemleistung. In der Natur Leistungen, die ein ➞ lebendes System für andere lebende Systeme stiftet. Übertragen auf Unternehmen die ➞ Primärnutzenstiftung des Leistungsversprechens. ∙ Systemlogik. Der Zweck, an dem sich die Operationslogik eines lebenden Systems ausrichtet. Bei im biologisch engeren Sinn lebenden Systemen (Organismen) richtet sich die Systemlogik an der eigenen Überlebensfähigkeit aus. Bei im psychologisch, kognitiv, kulturell und gesellschaftlich weiteren Sinn von »lebenden« Systemen richtet sich Systemlogik der Systeme (z.B. eines Unternehmens oder einer Organisation) an dem Zweck aus, zu dem es gegründet und entwickelt wurde. Folgen solche Systeme der falschen Systemlogik oder falschen ➞ Anreizen und Zwecken, entwickeln sie Verhaltensweisen, die ihre Überlebensfähigkeit bedrohen können. Systembeiträge. Mehrwertstiftungen, die aus der Leistung eines ➞ lebenden Systems entstehen und in Form von ➞ Sekundärnutzeneffekten den Umgebungssystemen zufließen, innerhalb derer die Leistung erbracht wird. Systemleistungsüberschüsse. In der Natur die Leistungen, die ein lebendes System für das übergeordnete System erbringt, in und aus dem heraus es selbst lebt. Übertragen auf Unternehmen ➞ Mehrwerte und ➞ Sekundärnutzenstiftungen, die über die ➞ Primärnutzenstiftung hinausgehen und in Form von ➞ Teilhabe-, ➞ Befähigungs- und ➞ Ressourcenschöpfungsleistungen den Umgebungssystemen zufließen, aus denen heraus das Unternehmen handelt. Teilhabe. Eine Situation, bei der Menschen so in einen Prozess eingebunden sind, dass sie mit eigenen Mitteln und Leistungen zum Gelingen des Prozesses beitragen und davon profitieren. ∙ Teilhabepotenzial. Der Terminus »Teilhabepotenzial« bezieht sich auf die ökonomische Betrachtung, wie viele Menschen aktiv in die Wertschöpfungsprozesse der unternehmerischen ➞ Primärnutzenstiftung eingebunden sind und davon profitieren. Tom-Sawyer-Prinzip. Leistungs-, Organisations- und Strategieprinzip des ressourcenschöpfenden Netzwerkmanagements. Die Lösung eines Problems wird an Partner übertragen, die dafür zahlen, dass sie das Problem für den Problemeigner lösen dürfen. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 195 26.02.21 11: 33 <?page no="195"?> 196 Glossar Treiberlandkarte. Instrument zur Steuerung komplexer Prozesse. Auf der Treiberlandkarte werden alle relevanten Faktoren aufgeführt und in ihren wechselweisen Einflussbeziehungen abgebildet. Triangulation. Verfahren, bei dem auf einem Kontinuum zwischen zwei Polen ein spezifischer Wert oder eine konkrete Einheit durch ein Drittes in Spannung gehalten wird, was außerhalb des Kontinuums liegt und dafür sorgt, dass ein Raum bzw. ein Feld entsteht, in dem sich der Wert oder die Einheit entwickeln und bewegen kann. Übertragen auf Unternehmen das Verfahren, mit dem die Entwicklungsfelder der Unternehmung so aufeinander abgetragen werden, dass das Leistungsversprechen Fokus und Durchschlagskraft erhält. Überfluss. Im Bereich der belebten Natur das Prinzip der ressourcenschöpfenden Verschwendung. Die Natur ist kein geschlossener Kreislauf, bei dem auf schonende Weise knappe Ressourcen erhalten und verteilt werden, sondern eine offene Rückkopplungsschleife, die sich selbst trägt, weil die beteiligten Organismen im symbiotischen Austausch für das System einen Mehrwert stiften, der das System wachsen lässt. Im Bereich der Wirtschaft die Degenerationserscheinung eines kontinuierlich sich ausweitenden Ressourcenraubbaus, der aus der Logik und dem ➞ Wachstumszwang heutigen ökonomischen Denkens erwächst. ∙ Überflussmärkte. Märkte, die vom ➞ Wachstums- und ➞ Konsumzwang angetrieben werden, den das heutige ökonomische Denken den Marktteilnehmern vorschreibt. Umgebungssysteme. Die Umgebungssysteme eines Unternehmens sind alle natürlichen und gesellschaftlichen Systeme der Mit-, Um- und Nachwelt, die das Unternehmen tragen bzw. die durch das unternehmerische Handeln beeinflusst werden. Unternehmen. Unternehmen sind Werkzeuge, die Menschen entwickeln, um komplexe Aufgaben meistern zu können, die eine Person alleine nicht lösen kann. Als komplexe, nutzenfokussierte Kooperationssysteme teilen Unternehmen die Struktur ➞ lebender Systeme. ∙ Unternehmens-GAU. Der größte anzunehmende Unfall des Unternehmens ist sein zwangsweises Ausscheiden aus dem Markt. Er tritt ein, wenn ein Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist oder wenn das Unternehmen kein ausreichendes Risiko- und Strategiemanagement betreibt, um auf Veränderungen reagieren zu können. Verantwortung. Psychologisch die Fähigkeit, ein selbstbestimmtes und aktiv eigenverantwortetes Leben zu führen. Institutionell die Basisressource für die Leistungsfähigkeit aller menschgemachten Werkzeuge, Verfahren, Prozesse und Institutionen, mit denen wir unsere sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Austauschverhältnisse organisieren. Als Basisressourcen im menschlichen Umgang ist die gelebte Verantwortungsübernahme der zentrale Treiber für die Ausbildung von Vertrauen und ➞ Sozialkapital. ∙ Verantwortungsmärkte sind die ➞ bewusstseinsökonomische Antwort auf die Herausforderungen, welche sich aus der dramatischen Veränderung der Lebenswelt ergeben, wenn wir weiter so wirtschaften wie bisher. In den Verantwortungsmärkten der Zukunft ist ➞ Bewusstsein die Basisressource, das Medium und der wirtschaftliche Motor für Geschäftsmodelle, die mit substanziellen Nutzenstiftungen ökonomisch erfolgreich dazu beitragen, dass in jedem Zyklus auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme mehr sowie neue und zusätzliche Ressourcen geschöpft werden, als in den Prozessen genutzt und verbraucht worden sind. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 196 26.02.21 11: 33 <?page no="196"?> 197 Glossar Visionäres Führungsprinzip der Feldliniensteuerung. Führungsprinzip, bei dem alle strategischen und operativen Entscheidungen sowie das kooperative Miteinander bei der Umsetzung des Leistungsversprechens an einem starken Wertekern ausgerichtet werden, der der Unternehmung Fokus gibt und Richtung weist. Wachstum. Entwicklungsprinzip der Natur. Dabei bestimmen die einzelnen, einem Ökosystem zur Verfügung stehenden Basisressourcen sowie die im Gesamtsystem kumulierten symbiotischen Nutzenstiftungen die Wachstums- und Differenzierungspotenziale, die das Gesamtsystem entfalten kann. Geschöpft werden diese Potenziale anhand hochdynamischer Rückkopplungsprozesse, bei der die Natur das Licht der Sonne sowie die anorganischen Substanzen der Erde als primäre Energie- und Nährstoffquellen nutzt. In biochemischen Prozessen werden diese in organische Stoffe und Organismen transformiert, von denen das System des Lebendigen lebt. Das Wachstum der Natur gründet dabei auf der Produktion von ➞ Systemleistungsüberschüssen, die die einzelnen Organismen in das System einbringen. Zwei Gesetze steuern dieses natürliche Wachstum: das Mehrwertgesetz sowie das Gesetz der ressourcenschöpfenden Differenzierung. Auf längere Sicht gesehen sind in einem Ökosystem nur jene Subsysteme überlebensfähig, die für das Gesamtsystem einen Mehrwert stiften, der über den Eigennutzen hinausgeht, den das Subsystem aus dem Umgebungssystem zieht. Aus diesem Mehrwertprinzip resultiert das zweite systemische Wachstumsgesetz der Ökologie. Es lautet: Mehrwertkreisläufe sind Austauschkreisläufe, bei denen sich der Ressourcengrundstock des Gesamtsystems kontinuierlich ausdifferenziert und wächst. ∙ Wachstumszwang. Ökonomischer Fehlschluss, der entsteht, wenn der Unternehmenszweck einseitig an der Erwirtschaftung von Erträgen ausgerichtet wird. Wo das der Fall ist, entstehen ➞ Überflussmärkte, die mit ihrem Zwang zum ➞ Wachstum, zur ➞ Externalisierung und zur ➞ Konzentration nicht nur die Existenz von immer mehr Unternehmen bedrohen, sondern mit den damit einhergehenden ➞ Raubbauspiralen zunehmend auch die ➞ Zukunftsfähigkeit der Menschheit. Weltethos. Universell gültiger Basiskanon eines human gelebten Miteinanders. Er entspringt der kulturübergreifenden Einsicht, dass ein befriedender Umgang mit Konflikten nur dann gewährleistet werden kann, wenn alle Beteiligten sich auf folgende, in der Erklärung zum Weltethos des Parlaments der Weltreligionen 1993 in Chicago verabschiedete Prinzipien und Werte verständigen: Erstens auf das Grundprinzip der Menschlichkeit, demgemäß jeder Mensch menschlich und nicht unmenschlich zu behandeln ist, weil allen Menschen die gleiche unbedingte Würde zukommt. Zweitens auf das Grundprinzip der Gegenseitigkeit, wie man es in allen Kulturen und Religionen der Menschheit findet. Alltagstauglich formuliert ist es die Goldene Regel: »Was Du nicht willst, das man Dir tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu.« Qualifiziert werden diese beiden Grundprinzipien des Weltethos durch die Weisungen der Gewaltlosigkeit und Achtung vor dem Leben, der Gerechtigkeit und Solidarität, der Wahrhaftigkeit und Toleranz, der gegenseitigen Achtung und Partnerschaft sowie der beim 8. Parlament der Weltreligionen 2018 in Toronto verabschiedeten fünften Weisung zur ökologischen Verantwortung und dem schonenden Umgang mit der Natur. Werte. Positiv aufgeladene Vorstellungen, die das menschliche Streben leiten. Werte sind die psychologische Währung der Emotionen. Sie prägen die grundlegenden Überzeugungen des RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 197 26.02.21 11: 33 <?page no="197"?> 198 Glossar Einzelnen und von Gruppen und was für sie wichtig ist und was nicht. Übertragen auf Unternehmen sind die gelebten Unternehmenswerte die DNA, die den Entwicklungsweg bestimmt, den das Unternehmen mit seinem Leistungsversprechen einschlagen kann. ∙ Dysfunktionale Werte. Präferenzen und Werte eines ➞ lebenden Systems, die zur Ausbildung von Verhaltensweisen und Organisationskulturen führen, die die Überlebensfähigkeit des Systems einschränken oder bedrohen. ∙ Freibeuterwerte. Werte einer dysfunktionalen Unternehmenskultur, bei der selbstbezogene Ziele und Interessen das Leistungsversprechen sowie den Umgang im Unternehmen prägen. ∙ Funktionale Werte. Treiber des menschlichen und institutionellen Handelns. Merke: auch unethische und dysfunktionale Werte wie beispielsweise die ➞ Freibeuterwerte einer unethischen Unternehmenskultur sind funktionale Werte. Sie bestimmen die Zweck- und Zielsetzung des menschlichen und institutionellen Handelns. Die funktionale Definition der Werte lautet: Werte sind das, was menschliches und institutionelles Handeln anleitet. ∙ Leitwerte. Alle Werte, die zum Ausdruck bringen, was und wie ein Mensch oder Unternehmen einen konkreten Nutzen stiftet. Im Unternehmenszusammenhang sind es die Werte des Leistungsversprechens. Sie geben vor, wohin das Unternehmen steuert und wie und mit welchem Fokus es sein Leistungsversprechen umsetzt. ∙ Normative (ethische) Werte. Die von einem lebenden System (Menschen, Organisationen, Gesellschaften, Kulturen) als moralisch-ethisch »gut« bzw. »richtig« erachteten Werte, an denen sich die in diesen Systemen gebundenen Menschen ausrichten sollen. Wo das der Fall ist, erfahren die, die sich daran halten, gesellschaftliche Anerkennung. Die normative Definition der Werte lautet: Werte sind das, was das Gute in der Welt beflügelt. ∙ Prozesswerte. Alle Werte, die den Umgang im Unternehmen regeln. Es sind die Normen der spezifischen Unternehmenskultur, mit denen das Zusammenspiel der einzelnen Unternehmensbereiche und Prozesse (z.B. spezifische Arbeitsprozesse) sowie das Führungssystem und die Führungs- und Mitarbeiterleitlinien formatiert und ausgerichtet werden. ∙ Wertecockpit. Strategisches und operatives Messinstrument zur Steuerung der unternehmerischen ➞ Werteschöpfung. ∙ Werte-DNA. Die Zwecksetzung, mit der ein Unternehmen gegründet und gesteuert wird. Als verborgener Fingerabdruck der Unternehmensidentität prägt die Werte-DNA die Umgangsformen der gelebten Unternehmenskultur und legt fest, wofür das Unternehmen steht (Nutzenversprechen), was es bewirkt (Mission, Vision) und wie es bewirkt wird (Unternehmenskultur). ∙ Wertehierarchie. Präferenzstruktur der von einem ➞ lebenden System hochgehaltenen bzw. verfolgten Werte. Übertragen auf Unternehmen die in der ➞ Wertepyramide abgebildete Treiberstruktur der ➞ Leit- und Prozesswerte, mit denen das Leistungsversprechen des Unternehmens umgesetzt wird. ∙ Wertepyramide. Planungs- und Steuerungsinstrument, mit dem das unternehmerische Leistungsversprechen fokussiert und dynamisch zugespitzt wird. ∙ Wertequadrat. Das von Paul Helwig entwickelte Verfahren der Werteentwicklung. Es setzt zwei Werte so zueinander in Beziehung, dass ein dynamisches Gleichgewicht entsteht, welches die positive oder negative Entwertung der einzelnen Paarwerte verhindert. Auf Unternehmen übertragen dienen Wertequadrate als Instrumente zur Entwicklung der ➞ Leit- und ➞ Prozesswerte, mit denen die Unternehmenskultur gesteuert wird. ∙ Werteschöpfung. Produktion des ➞ Wertekapitals, das ein soziales System benötigt, um sich RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 198 26.02.21 11: 33 <?page no="198"?> 199 Glossar in seiner Umwelt aufrechterhalten zu können. Auf das Unternehmen übertragen die unternehmenseigene Produktion des ➞ Bewusstseins-, und ➞ Sozialkapitals, das das Unternehmen erschließen, entwickeln und vorhalten muss, wenn es mit seinen Leistungen im Markt erfolgreich sein möchte. Wo das der Fall ist, ist der unternehmenseigene Prozess der Werteschöpfung der Kernwertschöpfungsprozess für die substanzielle Unternehmenswertsteigerung. ∙ Wertschöpfung. Ökonomische Kapitalproduktion. ∙ Wertschöpfungsnetzwerke. Symbiotische Form der ökonomischen Kapitalproduktion, bei der alle an einer Leistungsstiftung beteiligten Partner Renditen ziehen, die sie gesteigert wettbewerbsfähig machen. Werte-DNA ➞ Werte Wertecockpit ➞ Werte Wertequadrat ➞ Werte Wettbewerbsmonster. Strategisches Analyseinstrument, mit dem die eigene Marktstellung sowie vorhandene Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen des eigenen Geschäftsmodells in den Blick genommen werden. Zukunftsfähigkeit. In der Biologie die Fähigkeit eines ➞ lebenden Systems, sich durch geeignetes Verhalten erfolgreich aufrechterhalten und fortpflanzen zu können. Das ist dort der Fall, wo ein einzelner Organismus sich vor seinen Feinden zugleich erfolgreich fluchtfähig hält, im Fortpflanzungswettbewerb und Kampf um die »besten Gene« das angestrebte Gegenüber bezirzen kann und mit seinem Verhalten für die Umgebungssysteme ➞ Systemleistungsüberschüsse produziert, die dem Gesamtsystem zufließen und es wachsen lassen. Bei Unternehmen die Fähigkeit, mit sich ökonomisch selbst tragenden Leistungen erfolgreich dazu beizutragen, dass auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme mehr und neue Ressourcen geschöpft werden, als im Prozess der Leistungsstiftung genutzt oder verbraucht worden sind. ∙ Zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Geschäftsmodelle, die sich an den universellen Erfolgsprinzipien der Natur ausrichten. Mit ökonomisch erfolgreichen Leistungen schöpfen sie in jedem Zyklus auf allen Ebenen der Unternehmung und seiner Umgebungssysteme mehr und neue Ressourcen, als in den Prozessen genutzt oder verbraucht worden sind. Sie tragen damit dazu bei, dass die Probleme verringert und gelöst werden, die durch unsere heutigen Wirtschafts- und Konsumformen entstehen oder schon entstanden sind. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 199 26.02.21 11: 33 <?page no="199"?> 200 Leseempfehlungen Leseempfehlungen Ethikologie / zukunftsfähige Geschäftsmodelle / Wertecockpits & Wertemanagement · Friedrich Glauner: Das zukunftsfähige Unternehmen. Wettbewerbsvorteile durch Wertschöpfungsvernetzung. Reihe ESSENTIALS. Wiesbaden: Springer-Gabler 2018. · ders.: Ressourcenschöpfende Mehrwertkreisläufe. Die Logik zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. In: Patrick Bungard: CSR und Geschäftsmodelle. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Berlin/ Heidelberg: Springer 2017, S. 57-100. · ders.: Zukunftsfähige Geschäftsmodelle und Werte. Strategieentwicklung und Unternehmensführung in disruptiven Märkten. Berlin/ Heidelberg: Springer-Gabler 2016. · ders.: CSR und Wertecockpits. Mess- und Steuerungssysteme der Unternehmenskultur. Reihe „Management-Reihe Corporate Social Responsibility“. Berlin/ Heidelberg: Springer- Gabler, 2. stark erweiterte Auflage 2016. · Paul Helwig: Charakterologie. Stuttgart, Klett, 4. Aufl. 1965. ( ➞ Wertequadrate) Hochleistungsteams / Sozialkapital / Motivation & Kooperation · Bernhard Badura und Wolfgang Greiner, Petra Rixgens, Max Ueberle, Martina Behr: Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenserfolg. Berlin/ Heidelberg: Springer, 2. erw.. Aufl., 2013. · Friedrich Glauner: CSR und Wertecockpits. Mess- und Steuerungssysteme der Unternehmenskultur. Reihe „Management-Reihe Corporate Social Responsibility“. Berlin/ Heidelberg: Springer-Gabler 2016, 2. stark erweiterte Auflage. · Daniel Goleman: EQ. Emotionale Intelligenz. Frankfurt am Main: dtv, 19. Aufl. 2007. · Peter Pawlowsky und Peter Mistele (Hg.) Hochleistungsmanagement - Leistungspotenziale in Organisationen gezielt fördern. Wiesbaden: Gabler 2008. · Peter Pawlowski: Hochleistungsteams. Was Organisationen von Spitzenköchen, Piloten und Notfallrettern lernen können. Personal Manager, 6/ 2018, S. 16-19. Holobionten / Kybernetik / KybernEthik / lebende & soziale Systeme · Gregory Bateson: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven.-Suhrkamp, Frankfurt am Main 1981 · ders.: Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Frankfurt am Main, Suhrkamp 1982 · Heinz von Foerster: KybernEthik. Berlin, Merve 1993 · Bernhard Kegel: Die Herrscher der Welt. Wie Mikroben unser Leben bestimmen. Köln: Dumont 2015. · Scott F. Gilbert and Jan Sapp, Alfred I. Tauber: A Symbiotic View of Life: We Have Never Been Individuals. The Quarterly Review of Biology, Vol. 87, No. 4 (December 2012), pp. 325-341). · Niklas Luhmann: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. (Suhrkamp) Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2. Aufl. 1985. · Humberto Maturana und Francisco J. Varela: Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennens. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 7. Aufl. 2018. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 200 26.02.21 11: 33 <?page no="200"?> 201 Leseempfehlungen Strategische und operative Unternehmensentwicklung · Jim Collins: Der Weg zu den Besten. Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg. Frankfurt am Main: Campus 2001. · Gary Hamel und Coimbatore Krishnarao Prahalad: The Core Competence of the Corporation. (Harvard Business Review May-June 1990) Wiederabdruck in: Breakthrough Ideas. 15 Articles that Define Business Practice Today. (Harvard Business School Publishing) Cambridge/ Mass. 2000, pp. 1-12. · dies.: Wettlauf um die Zukunft. Wie Sie mit bahnbrechenden Strategien die Kontrolle über Ihre Branche gewinnen und die Märkte von morgen schaffen. Wien: Carl Ueberreuther, 2. Aufl. 1997. · Al Reis und Jack Trout: Positioning. Wie Marken und Unternehmen in übersättigten Märkten überleben. München: Vahlen 2012. · Günter Müller-Stewens und Christoph Lechner: Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen. Stuttgart: Schaeffer-Pöschel, 5. überarbeitete Aufl. 2016. · Alexander Osterwalder und Yves Pigneur: Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Frankfurt am Main: Campus 2011. · Michael E. Porter: Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten. Frankfurt am Main: Campus, 12. Aktualisierte und erweiterte Auflage 2014. · Alfred Rappaport: Shareholder Value. Wertsteigerung als Maßstab für die Unternehmensführung. Stuttgart: Schaeffer-Poeschel 1995. · Johannes Rüegg-Stürm und Simon Grand: Das St.Galler Management-Modell. 4. Generation - Einführung. Bern: Haupt, 3. Aufl. 2017. · Peter M. Senge: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Schäffer-Poeschel: Stuttgart, 11. Auflage 2017. Weltethos in der Unternehmensführung · Friedrich Glauner: Weltethos als Grundlage erfolgreicher Unternehmensführung. In: Ulrich Hemel (Hg.): Weltethos für das 21. Jahrhundert. Freiburg: Herder 2019, S. 85-91. · ders.: Das Ethos der Nachhaltigkeit: Die Gestaltung der Globalisierung im Sinn der 17 Sustainable Development Goals. In: Ulrich Hemel (Hg.): Weltethos für das 21. Jahrhundert. Freiburg: Herder 2019, S. 244-248. · ders.: Das »Tübinger Entwicklungsmodell«: Zukunftsfähige Geschäftsmodelle und Werte. In: Ulrich Hemel (Hg.): Weltethos für das 21. Jahrhundert. Freiburg: Herder 2019, S. 121-129. · ders.: Egomanie, Gier und Moral: das (dys)funktionale Spannungsverhältnis von Familien-, Unternehmer- und Unternehmenswerten. In: Reinhard Altenburger (Hg.): CSR und Familienunternehmen. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Berlin/ Heidelberg: Springer 2018, S. 69-101. · Hans Küng: Projekt Weltethos. München/ Zürich: Piper , 15. Aufl. 2018; · ders.: Handbuch Weltethos. Eine Vision und ihre Umsetzung. München/ Zürich: Piper, 2012. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 201 26.02.21 11: 33 <?page no="201"?> 202 Alles neu: Der Werk zeugkasten - Unternehmen planen und gestalten Dr. Friedrich Glauner verbindet langjährige unternehmerische Praxis mit interdisziplinärer Forschungsexpertise an der Schnittstelle von Wirtschaft, Philosophie und Wissenstransfer. Als Permanent Fellow im Bereich Forschung und Lehre hat er am Weltethos-Institut das „Wertecockpit“ zur Steuerung von Organisationskulturen sowie das „Tübinger Modell ethikologischen Wirtschaftens“ entwickelt. Zuvor war er 18 Jahre lang als Unternehmer, Geschäftsführer und Manager in eigenen und inhabergeführten Unternehmen tätig. Er lehrte an der TU und FU Berlin, der European Business School, Oestrich-Winkel, der University of California, Berkeley sowie aktuell auch an der Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, an der Hochschule Weihenstephan-Triersdorf sowie der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, die als kleinste Exzellenzhochschule Deutschlands ausgezeichnet worden ist. Er studierte in Berlin, Köln und London sowie als Fulbright Scholar in Berkeley Philosophie mit den Nebenfächern Wirtschaftswissenschaften, Religionswissenschaften, Geschichte und Semiotik. Als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und der Friedrich Naumann Stiftung wurde er 1994 in Berlin promoviert. Dr. Bernd Villhauer ist Geschäftsführer des Weltethos-Instituts an der Universität Tübingen. Nach einer Lehre studierte er Philosophie, Altertumswissenschaft und Kunstgeschichte an den Universitäten Freiburg i.Brsg., Jena und Hull (UK). Im Anschluss an seine Promotion zu einem kulturphilosophischen Thema war er für verschiedene Unternehmen im Verlags- und Medienbereich tätig. Parallel dazu lehrte er als Dozent an den Universitäten Karlsruhe, Jena, Darmstadt und Tübingen. Seit 2013 bietet er am Weltethos-Institut das Seminar „Geld und Ethik“ an und seit dem Wintersemester 2020/ 21 die Vorlesung „Finanzmarkt und Ethik“. Seine derzeitigen Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Geld, Finanzmarkt, Investment und Börse. Er schreibt dazu an einer Einführung „Finanzmarkt und Ethik“, die 2021 erscheinen wird. RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 202 26.02.21 11: 33 <?page no="202"?> RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 203 26.02.21 11: 33 <?page no="203"?> RZ_Kapitel_4_Anhang_Alles neu.indd 204 26.02.21 11: 33 <?page no="204"?> ISBN 978-3-7398-3081-0 www.uvk.de Die Lebensdauer von Geschäftsmodellen verkürzt sich zusehends. Heute sehen sich Unternehmen mit der Tatsache konfrontiert, dass im Durchschnitt etwa alle zehn Jahre ein bestehendes Geschäftsmodell durch ein neues abgelöst werden muss, wenn das Unternehmen erfolgreich bleiben will. Die Autoren erinnern an den grundlegenden Tatbestand, dass Unternehmen dort benötigt werden, wo ein Nutzen gestiftet werden soll, den eine Einzelperson nicht erwirken kann. Sie zeigen einerseits auf ganzheitliche Art und Weise die vielfältigen Herausforderungen auf, der Unternehmen in einer äußerst dynamischen und disruptiven Umwelt begegnen. Gleichzeitig beschreiben sie Wege zu Lösungen, die nicht nur das betriebswirtschaftliche Problem lösen, sondern auch den Blick aufeine ganzheitliche Verantwortung und werteorientiertes Handeln richten. Das Buch stellt heraus, dass mittel- und langfristig ein Unternehmenserfolg sichergestellt werden kann, wenn sich das Geschäftsmodell mit symbiotischen Mehrwertschöpfungen an den universellen Erfolgsprinzipien ausrichtet, mit denen die Natur ihre Austauschprozesse organisiert.