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Personal und Organisation

Die wichtigsten Methoden

0712
2021
978-3-7398-8127-0
978-3-7398-3127-5
UVK Verlag 
Stephan Teuber
Michael Nagel
Christian Mieke

Das Steuern eines Unternehmens und seiner Bereiche erfordert nicht nur technische Kenntnisse und wirtschaftliches Gespür, sondern auch fundierte analytische und strategische Fähigkeiten. Die Betriebswirtschaftslehre hält geeignete Hilfsmittel dafür bereit. Aber welche Methoden und Werkzeuge sind wissenschaftlich anerkannt, haben sich im praktischen Einsatz bewährt und erweisen sich als wirkungsvoll? Und welcher Ansatz eignet sich in welcher Situation und für welche Aufgabenstellung? Dieses Fachbuch liefert die Antworten und bietet eine verständliche Anleitung zur Einordnung, Auswahl und Anwendung der wichtigsten Methoden zur Unterstützung personalwirtschaftlicher und organisationstheoretischer Entscheidungen. Jede Methode wird kurz und präzise vorgestellt. Am Ende jedes Kapitels kann der Leser die Methode unmittelbar anwenden und gewinnbringend im Unternehmen einsetzen. Zudem kommen Experten aus der Praxis in Interviews zu Wort.

<?page no="0"?> Personal und Organisation Die wichtigsten Methoden Stephan Teuber, Michael Nagel, Christian Mieke <?page no="1"?> Personal und Organisation <?page no="2"?> Stephan Teuber ist Gründer und seit über 30 Jahren geschäftsführender Gesellschafter der Loquenz Unternehmensberatung GmbH für Personal- und Organisationsentwicklung sowie der Flowcon Holding GmbH. Er ist Diplom-Theologe und Diplom-Sportpädagoge. Zudem Certified Management Consultant (CMC/ BDU) und Lehrbeauftragter an der ISM Hochschule für Coaching und Konfliktmanagement und als Investor und Unternehmer im Fitness- und Gesundheitsmarkt aktiv. Prof. Dr. phil. Michael Nagel, MBA ist Professor in der Fakultät Wirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart und Leiter des Studiengangs BWL-International Business. Er studierte in Tübingen und Berlin und promovierte an der Universität Potsdam. Neben seiner Lehrtätigkeit ist er seit vielen Jahren in der Unternehmensberatung aktiv. Zuletzt war er in einer der führenden Gesellschaften als Senior Manager in zahlreichen nationalen und internationalen Projekten tätig. Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Mieke ist Inhaber der Professur ABWL, insbesondere Innovationsmanagement im Fachbereich Wirtschaft der Technischen Hochschule Brandenburg. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Ilmenau und an der TU Kreta, Chania (GR). Promotion und Habilitation erfolgten an der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus. <?page no="3"?> Stephan Teuber Michael Nagel Christian Mieke Personal und Organisation Die wichtigsten Methoden UVK Verlag · München <?page no="4"?> Umschlagmotiv: © iStockphoto · baona Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.dnb.de> abrufbar. 1. Auflage 2021 © UVK Verlag 2021 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3127-5 (Print) ISBN 978-3-7398-8127-0 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0149-0 (ePub) <?page no="5"?> Für Elke (S.T.) Für Nele und Niklas (M.N.) Für Katharina und Johann (C.M.) <?page no="7"?> Vorwort Unternehmen zeichnen sich - neben Produkten und Prozessen - vor allem durch die in ihnen handelnden Personen aus. Mitarbeiter und Führungskräfte eines Betriebes entscheiden in ihrer Zusammenarbeit über den Erfolg des Unternehmens. Dieses Miteinander gilt es zu „orchestrieren“. Sei es im direkten Miteinander zwischen Mitarbeiter und Führungskräften unter dem Stichwort Personal, sei es im strukturellen Miteinander unter dem Stichwort Organisation. Die Fülle von Anregungen zu Personal- und Organisationsfragen ist schier unerschöpflich. Vieles davon scheint Trends zu unterliegen oder von Marketingabteilungen der Lösungsanbieter forciert zu werden. Offensichtlich ist, dass für Neues in diesem Bereich immer ein Markt vorhanden zu sein scheint. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, wesentliche Methoden zur Personalarbeit und zu Organisationsfragen, die wissenschaftlich abgesichert und in der betrieblichen Praxis erprobt sind, einem breiten Leserkreis zugänglich zu machen. Damit wollen wir Orientierung für Mitglieder der Geschäftsführung, Leiter von Geschäftsbereichen und Führungskräften bis hin zu Teamleitern bieten. Diese erhalten ein kompaktes Nachschlagewerk im Westentaschenformat. In ihm werden zentrale und für die Praxis relevante Methoden kurz und knapp vorgestellt, ihre Zielsetzungen beschrieben, die Anwendungsmöglichkeiten verdeutlicht und die umsetzungsbezogenen Grenzen aufgezeigt. In kurzen Interviews mit Verantwortungsträgern aus verschiedenen Unternehmen werden die jeweiligen Methoden schließlich einem Praxischeck unterzogen. Die berücksichtigten Ansätze werden dabei nicht als Werkzeuge, Instrumente oder Tools, sondern als betriebswirtschaftliche Methoden bezeichnet, da diesen die Idee der Planmäßigkeit und der Problem- und Ergebnisorientierung zugrunde liegt. Dabei definieren wir betriebswirtschaftliche Methoden als theoretisch fundierte und praktisch erprobte Hilfsmittel, die zur Lösung eines in der unternehmerischen Praxis auftretenden leistungswirtschaftlichen Problems beitragen. Die im Folgenden diskutierten Führungs-, Organisations- und Veränderungsmethoden wurden primär durch die Wissenschaft und durch Unternehmensberatungen entwickelt und in Unternehmen unter- <?page no="8"?> 8 Vorwort schiedlicher Branchen und Größen getestet. Sie erfuhren Weiterentwicklungen und dürfen als bewährt gelten. Insofern empfehlen wir sie zur Anwendung. Alle in diesem Band aufgeführten Ansätze entstammen unserem Methodenhandbuch der Betriebswirtschaft, das in 2. Auflage im UTB-Verlag erschienen ist. In dieser umfangreichen Publikation haben wir etablierte Methoden aus allen betriebswirtschaftlichen Bereichen gebündelt. Mit der Bereitstellung einer selektiven Methodenauswahl in diesem Band verfolgen wir das Ziel, Fach- und Führungskräften mit einem klar abgegrenzten Spektrum an Aufgaben und speziellem Interesse an Personal- und Organisationsfragen eine pragmatische Möglichkeit des Zugriffs auf bewährte Methoden zu ermöglichen. Interviews zu Erfahrung, Nutzen, Chancen und Grenzen der einzelnen Methoden mit Verantwortlichen aus der betrieblichen Praxis runden die Darstellung ab. Wir hoffen, dass unsere Darstellung der betriebswirtschaftlichen Methoden verständlich und nachvollziehbar ausfällt, dadurch eine Anwendung schnell möglich ist und der erhoffte Nutzen zeitnah eintritt. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Erfolg beim Gebrauch. Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK-Verlag danken wir herzlich für die Unterstützung dieses Vorhabens und für die gewohnt freundschaftliche und zielorientierte Begleitung. Tübingen / Stuttgart / Brandenburg a.d.H., im Juni 2021 Stephan Teuber, Michael Nagel & Christian Mieke Stephan Teuber Loquenz Unternehmensberatung GmbH E-Mail: stephan.teuber@loquenz.de Prof. Dr. phil. Michael Nagel, MBA Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, Fakultät Wirtschaft E-Mail: michael.nagel@dhbw-stuttgart.de Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Mieke Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Wirtschaft E-Mail: christian.mieke@th-brandenburg.de <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................7 1 Organisation ............................................................................11 1.1 Prozessmanagement............................................................................12 1.2 Changemanagement ...........................................................................25 1.3 Change-Kommunikation....................................................................38 1.4 Lean Administration ...........................................................................53 2 Personal ....................................................................................67 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche .........................................69 2.2 Onboarding ...........................................................................................77 2.3 Arbeitssituationsanalyse ....................................................................84 2.4 Rückkehrgespräche .............................................................................90 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement .................................. 101 2.6 Coaching............................................................................................. 111 2.7 Kollegiale Beratung .......................................................................... 121 Literaturverzeichnis........................................................................129 Stichwortverzeichnis.......................................................................135 <?page no="11"?> 1 Organisation Organisationen sind allgegenwärtig. Wir bewegen uns täglich in ihnen oder sind aktiver Bestandteil von ihnen. Sie dienen der Lösung von Problemen und vermögen Komplexität zu reduzieren, auch wenn sie uns manchmal undurchsichtig und chaotisch erscheinen. Im sozialwissenschaftlichen beziehungsweise betriebswirtschaftlichen Sinne stellen Organisationen Gebilde dar, in die man auf freiwilliger Basis und typischerweise aufgrund von Verträgen ein- und austreten kann, die eine Person nur teilweise vereinnahmen, 1 deren Mitglieder prinzipiell austauschbar sind und die über eine Hierarchie verfügen. Insofern unterscheiden sich Organisationen von Familien, Gruppen, Netzwerken oder Märkten. Organisationen schaffen Ordnung, indem sie Strukturen und Abläufe festlegen und solcherart ein System zweckrationalen Handelns bilden. Je nach Perspektive kann man Organisationen institutionell, instrumentell oder prozessorientiert betrachten. Im ersten Fall geht man davon aus, dass Unternehmen Organisationen sind, im zweiten Fall, dass Unternehmen Organisationen - wie ein Instrument oder Werkzeug - nutzen, während im Mittelpunkt einer prozessorientierten Betrachtungsweise die Überzeugung steht, dass in Unternehmen Organisation stattfindet. 2 Unabhängig von der jeweils eingenommenen theoretischen Perspektive gilt, dass die Bildung, die Entwicklung und der Erhalt von Organisationen auf Ziele ausgerichtet sind, die in ihrer allgemeinsten Form mit Effektivität und Effizienz umschrieben werden können. Um eine effektive und effiziente Organisation zu etablieren und aufrecht zu erhalten, bedarf es jedoch nicht nur der fortlaufenden Festlegung überprüfbarer Ziele, sondern auch der Analyse bestehender Rahmenbedingungen, der Umsetzung erforderlicher Maßnahmen und der Überprüfung des Zielerreichungsgrades, um gegebenenfalls nachsteuern zu können. Managementansätze wie Projektmanagement, Qualitätsmanagement oder Lean Management helfen dabei, diesen Managementregelkreis mit 1 In diesem Zusammenhang wird auch von Partialinklusion gesprochen. Das heißt, eine Organisation hat nur einen begrenzten Zugriff auf Leib und Leben einer Person, während totale Institutionen wie Gefängnisse oder Psychiatrien ihre Mitglieder umfassend vereinnahmen. Daher spricht man hier von Totalinklusion (vergleiche hierzu Goffman 1973). 2 Vergleiche Bea & Göbel (2010, S. 3 ff). <?page no="12"?> 12 1 Organisation unterschiedlicher Fokussierung umfassend zu steuern. Der Konzeption des vorliegenden Personal- und Organisationsmethodenbuches folgend, beschränken sich die nachstehenden Ausführungen auf die Beschreibung des Prozessmanagements, des Changemanagements und der Change-Kommunikation sowie auf die Methode Lean Administration, die hinsichtlich der Optimierung von Verwaltungsprozessen in den letzten Jahren bedeutsamer geworden ist. Geht man davon aus, dass Organisationen zur kundenorientierten Leistungserstellung beitragen sollen, dann ist der Blick zunächst auf die Abläufe zu richten, mit deren Hilfe ein Produkt erstellt und dem Kunden angeboten wird. Prozessmanagement überwindet dabei die zu eng ausgerichtete und isolierte Betrachtung einzelner Funktionen, indem das integrative Zusammenspiel wertschöpfender Aktivitäten analysiert und optimiert wird. Dieses Zusammenspiel ändert sich im Zeitablauf aufgrund unternehmensinterner und unternehmensexterner Einflussfaktoren. Insofern müssen Strukturen und Prozesse und die damit verknüpften Informations- und Kommunikationssysteme angepasst werden. Wie ein entsprechender Veränderungsprozess konzipiert, gesteuert und kontrolliert werden kann, wird anhand der Methode des Changemanagements verdeutlicht. Der Frage guter Change-Kommunikation ist ein zusätzliches Kapitel gewidmet. Mit Hilfe von Lean Administration kann die fortlaufende Optimierung von administrativen Abläufen durch eine breite Beteiligung der Mitarbeiter vorangetrieben werden. 1.1 Prozessmanagement  Problemstellung: Analyse, Planung, Dokumentation, Gestaltung und Steuerung wertschöpfender Aktivitäten im Unternehmen mit Blick auf die Zielgrößen Kosten, Zeit, Qualität und Kundenorientierung  Zielgruppe: Projektleiter, Prozessverantwortliche  Voraussetzungen: Zugang zu erforderlichen Ressourcen und Projektdokumentationen sowie eindeutig definierter Projektauftrag mit präzisen Zielvorgaben für das Projektteam Zielsetzung des Prozessmanagements In der Managementforschung sind in den letzten Jahren immer wieder neue Trends und Grundhaltungen entstanden. Einige haben sich als schnelllebige Modeerscheinungen, andere als langfristig gültige Basis- <?page no="13"?> 1.1 Prozessmanagement 13 konzepte erwiesen. Ein erfolgversprechender Trend ist die so genannte Prozessorientierung, die erstens zur Kostensenkung, zweitens zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und drittens zur Verzahnung aller wertschöpfenden Aktivitäten im Unternehmen beitragen soll, um Kunden bestmöglich mit Produkten und Dienstleistungen zu versorgen. Vor allem die Kundenorientierung und die Erfüllung entsprechender Kundenanforderungen stehen im Mittelpunkt prozessorientierter Ansätze. Dabei können Kunden sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne Leistungsempfänger sein. Diese internen oder externen Leistungsempfänger erwarten, dass die nachgefragte Leistung in der gewünschten Qualität und Zeit erbracht und zu angemessenen Preisen angeboten wird. Mit Hilfe effizienter Prozesse kann man Kundenanforderungen erfüllen, die Kundenzufriedenheit steigern und die betriebliche Wertschöpfung optimieren. Das sind die wesentlichen Ziele des prozessorientierten Managements, wobei man unter einem Prozess eine Menge von Tätigkeiten versteht, die in einer vorgegebenen Reihenfolge erledigt und teilweise durch Informationssysteme unterstützt werden. Prozesse stiften auf diese Weise Kundennutzen. Durch die zunehmende Arbeitsteilung in Unternehmen und das Zergliedern von Organisationen in Geschäftseinheiten, Funktionen, Abteilungen und Unterabteilungen werden eigentlich zusammengehörende Einzelaktivitäten auseinandergerissen, neu strukturiert und Schnittstellen geschaffen. An diesen Schnittstellen kommt es in der Regel zu Problemen: Missverständnisse bei der Übergabe, Zeitverzögerungen und Doppelarbeiten sowie Kompetenz- und Verantwortlichkeitsstreitigkeiten sind in der Praxis auftretende Phänomene arbeitsteiliger Organisationen. An diesem Punkt setzt das Prozessmanagement an. Es verfolgt das Ziel, interdependente Aktivitäten zu identifizieren, zu koordinieren und zu verbessern, um eine effiziente und kundenorientierte Leistungserstellung zu gewährleisten. 3 Beschreibung des Prozessmanagements Kundenanforderungen können nur erfüllt werden, wenn diese bekannt sind und mit Hilfe geeigneter Prozesse bearbeitet werden. Zur Ermittlung der Kundenanforderungen kann man auf zahlreiche betriebswirtschaftliche Methoden zurückgreifen, die unter anderem im Methodenhandbuch der Betriebswirtschaft ausführlich diskutiert werden. 4 Zur Bestimmung einer geeigneten, kundenorientierten Folge von Aktivitäten 3 Vergleiche Bea & Göbel (2010, S. 393 ff) sowie Posluschny (2012, S. 11 ff). 4 Vergleiche im Überblick Nagel, Mieke & Teuber (2020). <?page no="14"?> 14 1 Organisation kann man die Erkenntnisse des Prozessmanagements nutzen. Diese Erkenntnisse bestehen unter anderem darin, dass man die betriebliche Leistungserstellung durch Prozessinnovationen, Prozessverlängerungen oder Prozessverkürzungen und durch den gezielten Abbau redundanter, fehlerhafter oder ineffizienter Prozesse verbessern kann. Rationalisierungsbemühungen setzen allerdings Transparenz darüber voraus, wo welche Leistung von wem mit welchem Aufwand und für welchen Kunden erstellt wird. Insofern ist zunächst zu bestimmen, was benötigt wird, um einen Prozess auszuführen. In diesem Zusammenhang spricht man vom so genannten Input, also von Leistungen vorgelagerter Prozesse. Dann ist die Sequenz von Arbeitsschritten zu betrachten, also der Prozess selbst, bevor man schließlich das Ergebnis des ausgeführten Prozesses, den so genannten Output, analysieren kann. Für gewöhnlich ist der Empfänger des Outputs ein anderer Prozess innerhalb oder außerhalb des Unternehmens. Diese Input-Prozess-Output- Sequenz ist dann effektiv und effizient, wenn die Kriterien Kosten, Zeit und Qualität in einem optimalen Verhältnis zueinanderstehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Prozesse die gleiche Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben. Die Wahl des Detaillierungsgrades im Rahmen eines Prozessmanagementprojektes ist vielmehr davon abhängig, wie wichtig ein Prozess ist und wie umfangreich die gewünschte Optimierung ausfallen soll. Grundsätzlich können Prozesse in Organisationen in drei Hauptkategorien unterteilt werden:  Managementbeziehungsweise Führungsprozesse steuern Kernprozesse in Unternehmen, um übergeordnete Ziele zu erreichen, wobei man in personenbezogene und sachbezogene Führungsprozesse unterscheidet.  Operative beziehungsweise Kern- oder Geschäftsprozesse umfassen alle Aktivitäten, die mit der direkten Leistungserstellung für den Kunden verbunden sind. Sie sind in der Regel nicht imitier- und substituierbar und bilden somit die Grundlage für Wettbewerbsvorteile des Unternehmens.  Unterstützungsprozesse stiften keinen unmittelbaren Nutzen für den Kunden, gewährleisten jedoch den reibungslosen Ablauf der Kernprozesse, indem sie im Hintergrund definierte Leistungen zur Verfügung stellen. Prozesse lassen sich jedoch nicht nur in unterschiedliche Kategorien einteilen, sondern auch hierarchisch ordnen. Wie in Abbildung 1 dargestellt, kann man folgende Hierarchieebenen unterscheiden:  Hauptprozesse, <?page no="15"?> 1.1 Prozessmanagement 15  Teilprozesse,  Aktivitäten. Prozesse auf der obersten Ebene der Betrachtung von Unternehmensprozessen bezeichnet man als Hauptprozesse. Die Kundenakquise oder die Auftragsabwicklung stellen beispielsweise Hauptprozesse dar, die in Teilprozesse, also in seriell und parallel ablaufende Arbeitsschritte, Verzweigungen und Entscheidungen, zerlegt werden können. Ein Teilprozess im Rahmen der Kundenakquise wäre zum Beispiel die Angebotserstellung, während man die Warenauslieferung als einen Teilprozess der Auftragsabwicklung betrachten könnte. Auf der Ebene von Teilprozessen werden üblicherweise Prozessschritte sowie Rollen und Verantwortlichkeiten beschrieben. Mehrere Arbeitsschritte können zu Aktivitäten zusammengefasst werden, die im Beschreibungsgrad detaillierter sind als Teilprozesse, da man neben Prozessschritten sowie Rollen und Verantwortlichkeiten auch die Unterstützung durch IT-Systeme oder Schnittstellen in den Blick nimmt. Die Detailbetrachtung auf Aktivitätenebene gestattet fundierte Analysen und entsprechende Optimierungen, da Zeiten und Kosten mit den Aktivitäten aller Prozessbeteiligten verknüpft und solcherart Schwachstellen und Verbesserungspotenziale aufgedeckt werden können. Abbildung 1: Hauptprozesse, Teilprozesse und Aktivitäten <?page no="16"?> 16 1 Organisation Prozesse können weiter klassifiziert werden, je nachdem, ob sie durch einen internen oder einen externen Kunden angestoßen werden, ob sie für die Kundenzufriedenheit wichtig oder unwichtig sind und ob es viele oder wenige Prozessbeteiligte gibt. Insbesondere die komplexen und kundenzufriedenheitsrelevanten Prozesse sollten im Mittelpunkt des Prozessmanagements stehen, da sie aufgrund der Vielzahl an Schnittstellen fehleranfällig, aber zugleich auch erfolgskritisch für Unternehmen sind. 5 Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Prozesse werden üblicherweise im Rahmen von Projekten aufgenommen, analysiert, bewertet, erneuert, angepasst und eingeführt. Projekte unterscheiden sich von Routinetätigkeiten durch einen definierbaren Anfang und ein definierbares Ende sowie durch die Einmaligkeit der Bedingungen, die zum Beispiel in speziellen Zielvorgaben, zeitlichen, finanziellen und personellen Begrenzungen oder in spezifischen Organisationsformen bestehen. Der Auslöser von Prozessmanagementprojekten sind entweder interne oder externe Faktoren: Interne Faktoren wären beispielsweise ein Auftrag der Geschäftsleitung, Ideen von Mitarbeitern, die Notwendigkeit zur Kosteneinsparung oder zur Effizienzsteigerung sowie Defizite im Branchenvergleich. Externe Auslöser könnten Ausschreibungen von Kunden oder konkrete Kundenaufträge zur Durchführung von Prozessanalysen sein. 6 Unabhängig von den jeweils projektauslösenden Faktoren laufen Prozessmanagementinitiativen typischerweise in den in Abbildung 2 dargestellten vier Phasen ab: In der Phase der Projektinitiierung geht es primär um die Schaffung bestmöglicher Rahmenbedingungen für das geplante Vorhaben. Insofern wird zunächst das Projektdesign detailliert, indem man die zu betrachtenden Prozesse identifiziert und alle vorhandenen Prozessbeschreibungen und Prozessdokumentationen sichtet und archiviert. In diesem Zusammenhang wird auch bestimmt, welche Mitarbeiter in der Ist-Aufnahme befragt werden sollen, um Prozesse gegebenenfalls bis auf Aktivitätenebene verstehen und modellieren zu können. Die Entwicklung einer Projektstruktur umfasst sowohl die Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten im Projekt, als auch die Erstellung eines Prozesshandbuches und die Auswahl der Analysemethoden. 5 Vergleiche im Überblick Becker, Kugeler & Rosemann (2012). 6 Vergleiche im Überblick Bea, Scheurer & Hesselmann (2019) sowie Kuster et al. (2019). <?page no="17"?> 1.1 Prozessmanagement 17 Abbildung 2: Ablauf von Prozessmanagementprojekten <?page no="18"?> 18 1 Organisation Das Prozesshandbuch beinhaltet eine Beschreibung des relevanten Projektvokabulars und der Projektmethodologie sowie eine Übersicht über Umfang, Qualität und Form dokumentierter und zu dokumentierender Prozesse. Schließlich definiert man in dieser ersten Phase noch die Soll- Designkriterien und legt fest, mit welchen Softwarelösungen die Prozesse modelliert werden sollen. Diese Maßnahmen dienen der klaren Abgrenzung des Projektumfangs, der Schaffung von Transparenz über das Projektvorgehen und der Bereitstellung aller erforderlichen Materialien, Informationen und Werkzeuge zur Analyse bestehender und zum Design neuer Prozesse. Die Phase der Ist-Prozessanalyse beginnt mit der Auswahl der zu untersuchenden Hauptprozesse und der Festlegung, ob diese mit ihren jeweiligen Unterstützungsprozessen bis auf Teilprozessebene oder sogar bis auf Aktivitätenebene betrachtet werden sollen. Bei einer Detailbetrachtung auf Aktivitätenebene berücksichtigt man sowohl Rollen, Verantwortlichkeiten und die Systemunterstützung als auch den tatsächlich erbrachten beziehungsweise den gewünschten Output und alle relevanten Leistungsempfänger. Zur Aufnahme der Prozesse werden alle verfügbaren Informationen herangezogen und Dokumentationslücken im Rahmen von Interviews mit Bereichs- und Abteilungsleitern sowie Prozessverantwortlichen geschlossen. Zur Aufnahme und Dokumentation der Prozesse werden die in der ersten Phase beschriebenen Methoden und Vorlagen verwendet. Die aufgenommenen Prozesse werden insbesondere auf Basis der folgenden Aspekte bewertet: Komplexität, Effektivität, Effizienz und Prozessverantwortung. Das heißt, man prüft, ob Prozesse doppelt vorhanden, unnötig komplex oder zu teuer sind, ob der Output den Wünschen der Leistungsempfänger entspricht und ob die Verantwortung klar geregelt ist. Auf Basis der Bewertung können Verbesserungs-, Komplexitätsreduktions- und Kosteneinsparpotenziale aufgezeigt und Maßnahmen mit kurz-, mittel- und langfristiger Wirkung identifiziert werden. <?page no="19"?> 1.1 Prozessmanagement 19 Abbildung 3: 7R-Methode 7 Zur Ableitung von Optimierungspotenzialen kann man auf die in Abbildung 3 dargestellte 7R-Methode zurückgreifen. Mit Hilfe dieser Methode lassen sich Prozesse unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten: (1) Reassign rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob die jeweilige Aktivität an andere Stellen delegiert oder ausgelagert werden kann. (2) Reduce verweist auf die Möglichkeit, die Durchführungshäufigkeit oder erforderliche Ressourcen zu reduzieren. (3) Relocate beinhaltet die Überlegung, inwiefern eine Aktivität näher an den Kunden gerückt und damit effektiver durchgeführt werden kann. (4) Resequence befasst sich mit dem „Wann“ beziehungsweise mit der zeitlichen Abfolge von Aktivitäten. (5) Retool fragt nach dem „Wie“ der Ausführung und insofern nach Optionen der Systemunterstützung oder der Automatisierung von Aktivitäten. (6) Reconfigure betrachtet Aktivitäten unter dem Gesichtspunkt der vollständigen Eliminierung oder der Konsolidierung, während (7) Rethink zum einen nach den Gründen fragt, warum Aktivitäten in der aktuellen Form durchgeführt werden, und zum anderen die Plausibilität dieser Gründe kritisch reflektiert. 7 Vergleiche im Überblick Nagel (2007). <?page no="20"?> 20 1 Organisation Die besonderen Herausforderungen in der zweiten Phase bestehen in schwer zugänglichen oder bewusst zurückgehaltenen Ist-Dokumentationen, in der ungenauen Ermittlung von Prozesszeiten und daraus resultierenden fehlerhaften Kosten durch Verdeckung der wahren Nettoarbeitszeiten und in der zum Teil mangelnden Bereitschaft zur raschen Umsetzung identifizierter Verbesserungen. Insofern ist es erforderlich, alle relevanten Prozessbeteiligten in das Projekt zu integrieren, um die wesentlichen Informationen verfügbar zu machen. Der Aufbau eines systematischen Controllingsystems und die Festschreibung der Optimierungen in den individuellen Zielvereinbarungen der Prozessverantwortlichen erhöhen zudem die Veränderungsbereitschaft und die Motivation, erforderliche Verbesserungen nicht nur auf dem Papier zu skizzieren, sondern tatsächlich in der Praxis anzustoßen. Im Mittelpunkt der Soll-Prozessdesignphase steht die Neugestaltung der ausgewählten und im Detail analysierten Prozesse. Die Soll-Prozessstruktur und die entsprechenden Rollen und Verantwortlichkeiten werden definiert und dokumentiert. Dabei ist es denkbar, nicht nur einen Soll-Prozess, sondern Soll-Prozessszenarien zu entwickeln und diese hinsichtlich der Kriterien Nutzen, Schnelligkeit und Implementierungskosten zu evaluieren und zu gewichten. Das Erstellen von Soll-Prozessszenarien ist vor allem im Rahmen internationaler Prozessmanagementprojekte erforderlich, da hier nicht nur personen- und systembezogene Aspekte, sondern auch rechtliche und kulturelle Besonderheiten in den einzelnen Ländergesellschaften in Erwägung gezogen werden müssen. Die wesentlichen Herausforderungen in dieser Phase bestehen in der Überwindung von Veränderungsresistenzen, in der systematischen Berücksichtigung parallel verlaufender Initiativen und Projekte und in der Befähigung der Mitarbeiter zur Soll-Prozessumsetzung. Meistern kann man diese Herausforderungen durch eine frühzeitige Einbindung der Stakeholder in das Projekt, um Erwartungen zu erkennen, die bei der Definition der Soll-Struktur berücksichtigt werden sollten. Zudem ist es sinnvoll, ein Integrationsmanagement zu etablieren, dessen Aufgabe darin besteht, Initiativen und Projekte abteilungs-, bereichs- und funktionsübergreifend zu betrachten. Schließlich sollte man Trainings- und Coaching-Maßnahmen für alle betroffenen Mitarbeiter anbieten - nicht zuletzt, um zu vermeiden, dass Leistungsträger aus Sorge vor Veränderungen in der Organisation das Unternehmen verlassen. Die Phase der Umsetzungsplanung besteht im Wesentlichen aus der Priorisierung der Veränderungsmaßnahmen und der Ableitung von De- <?page no="21"?> 1.1 Prozessmanagement 21 tailaktivitäten sowie aus der Entwicklung eines Implementierungsplans. Mit Blick auf die Implementierung sind die benötigten Ressourcen, die erforderlichen Aktivitäten und die Rollen und Verantwortlichkeiten zu definieren. Zudem sollten mögliche Risiken identifiziert und mögliche Gegenmaßnahmen bestimmt und ein Changemanagement- Konzept entwickelt werden. Weiterführende Hinweise Prozessorientierung bedeutet, dass man alle unternehmensinternen Abläufe aus der Sicht des Kunden sowie funktionsbeziehungsweise abteilungsübergreifend betrachtet. Damit diese Idee Wirklichkeit werden kann, benötigen Unternehmen auch eine prozessorientierte Organisation, die im Rahmen eines Veränderungsprozesses aufgebaut werden kann. Wie solche Veränderungsmaßnahmen entwickelt, gesteuert und umgesetzt werden können, illustriert Kapitel 1.2, das sich mit dem Thema Changemanagement befasst. Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Dr. Robert Freidinger, Leiter Projekt- und Auftragssteuerung Alcatel, zuvor berufliche Stationen in leitender Stellung Forschung und Entwicklung Lichtwellenleiterfertigung, Studium des Maschinenbaus und der Verfahrenstechnik an der Universität Stuttgart. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Eine erste Begegnung mit mangelnder Kundenorientierung kombiniert mit schwieriger Führung durch Intransparenz und funktionalen Eigeninteressen erlebte ich Anfang der 1990er-Jahre. Eine Abteilung mit anfangs 28 und später über 100 Mitarbeitern betreute die Bereiche Angebotsunterstützung, Auftragssteuerung und After Sales im Projektgeschäft von internationalen Großaufträgen. Dazu sind kommerzielle, technische, logistische und vertragsrechtliche Aspekte zu klären, zu planen, zu bewerten und umzusetzen. Fachlich hervorragende Mitarbeiter verfolgen ihre jeweiligen speziellen Themenstellungen. Zusammenarbeit, Prozess- und Kundenorientierung liegen nur im Einzelfall vor. Die Einhaltung des versprochenen Liefertermins gleicht oft einem Glücksspiel. Die Nichteinhaltung hat keine internen Konsequenzen, da Probleme im Gesamtkontext vorgeschoben werden. Die Abläufe sind intransparent und in der Gänze nicht allen <?page no="22"?> 22 1 Organisation bekannt. Zeitdruck baut sich im Laufe der Auftragsbearbeitung auf. Mit heldenhaften, operativen Einzelaktionen wird mit viel Aufwand eine Terminrettung versucht. Systematische Ansätze zur Prozessoptimierung finden nicht statt. Diese Spezialisierung gemäß tayloristischem Prinzip wirkt sich trotz der Effizienzvorteile der horizontalen Arbeitsteilung insgesamt negativ aus. Eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit zum Wohle des externen als auch des internen Kunden - der häufig gar nicht bekannt ist - durch Prozessmanagement ist notwendig. Erschreckend für mich war, dass derartige Arbeitsweisen damals dem Stand der Technik entsprachen. Lean Administration und Prozessmanagement waren gerade am Anfang. In meiner heutigen Arbeit als Interimsmanager, Trainer und Coach erlebe ich derartige Probleme immer noch, weshalb ich mich für den Ansatz des Prozessmanagements begeistere, sofern dieser richtig umgesetzt wird. Das Hauptproblem in der Einführung von Prozessmanagement liegt in der notwendigen Anpassung von Führungsstil, Übertragung von Befugnissen und Verantwortung auf Mitarbeiter und der damit einhergehenden Änderung der Unternehmenskultur einschließlich des positiven Umgangs mit Fehlern. Ein sehr moderner Anwendungsfall ist die Entwicklung von Einkaufsfunktionen. Diese müssen mit den auf ihre Spezialisierung ausgerichteten Fachfunktionen kommunizieren und kooperieren, diese koordinieren, um die Interessen des Unternehmens gegenüber dem Lieferantenmarkt erfolgreich zu vertreten. Da meist mehr als die Hälfte der Umsatzkosten inzwischen eingekauft wird, ist hier eine Prozessorientierung essentiell. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Eine erste Stufe des Prozessmanagements ist einfach zu erreichen: tägliche kurze Treffen als Statusgespräch. Probleme werden außerhalb des Treffens behandelt. Nächster Schritt ist die Beschreibung des Prozesses und die wiederholte Schulung aller Beteiligten. Dies gibt ein erstes Gefühl der Zusammenarbeit. Ein solches Vorgehen gibt auch einen Eindruck, inwieweit die beteiligten Fachfunktionen eine Prozessorientierung unterstützen. Eine gemeinsame Aufnahme des Prozesses mit der Untersuchung, welche Aktivitäten für externe Kunden („stärken“) und für interne („Aufwand verringern, zusammenfassen“) wichtig sind, stärkt das Prozessverständnis. Die Identifizierung von Kernaktivitäten hat sich als einfach erwiesen. Zu deren Stärkung <?page no="23"?> 1.1 Prozessmanagement 23 ist bereits intensive fachübergreifende Zusammenarbeit notwendig. Die Straffung unterstützender Aktivitäten erfordert intensive Verhandlungen mit den internen Kunden. Aktivitäten zum übergreifenden Management sind meist unterrepräsentiert und müssen weiterentwickelt werden. Aus dieser Sicht wird ein Sollprozess entwickelt, der deutlich weniger Aktivitäten enthält, transparent, schnell und gut steuerbar ist. Hilfreich ist dazu die 7R-Methode. Verbesserungspotenziale können zudem mit der Analyse von Muda und durch Wertstromanalysen gewonnen werden. Sinnvoll ist es, die Zusammenarbeit auf Mitarbeiterebene durch multifunktionale Teambildung zu stärken. Teams aus den bisherigen Fachfunktionen arbeiten jetzt eng zusammen. Damit gehen jedoch Befugnisse und auch Verantwortung von den bisherigen Leitungsfunktionen an diese Mitarbeiter in den Teams über. Ein Team ist für eine Kundengruppe zuständig und betreut diese über den gesamten Lebenszyklus eines Kundenauftrags. Die vorher über die Fachfunktionen verlaufende Auftragsbearbeitung reduziert sich auf die Zusammenarbeit im Team. Die bisherigen Leitungsfunktionen betreuen die eigenverantwortlich agierenden Teams nur noch zu sehr speziellen Fachproblemen und sind Kandidaten für Prozessverantwortliche. Überraschungen erlebte ich in der Weigerung von Personen, nicht in Teams arbeiten zu wollen. Da das Projekt jedoch 18 Monate benötigte, war genügend Zeit, diese Personen in andere Aufgabenstellungen zu transferieren. Ein Risiko besteht in der Intention der Kundenbereiche, für welche die Teams arbeiten: Diese möchten die Teams in ihre Organisation komplett integrieren, womit Synergieeffekte verloren gehen. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Da eine Prozessorientierung zwar dem übergeordneten Ziel der Kundenorientierung mit Kommunikation, Koordination und Kooperation dient, jedoch den fachspezifischen Funktionszielen entgegenläuft, ist ein Kulturwandel notwendig. Die langfristige Einführung eines wirksamen Prozessmanagements, ist als Projekt zu gestalten. Im vorliegenden Fall war vorteilhafterweise eine bereits in die Organisation integrierte Gruppe zur Projektbetreuung mit drei Mitarbeitern vorhanden. Im späteren Verlauf kamen allerdings noch weitere Unterstützungskräfte hinzu. Die zur Projektinitiierung vorgesehene Veranstaltung musste allerdings alle sechs Wochen mit allen Beteiligten wiederholt werden, <?page no="24"?> 24 1 Organisation um den Projektfortschritt zu synchronisieren. Trigger für das Projekt sind klare Ansagen, was falsch läuft, warum etwas falsch läuft, wer die internen und vor allem externen Kunden sind und was genau deren Anforderungen bedeuten. Für mich ist Prozessmanagement zwischen der einfacheren Lösung rein sachlicher Probleme und der hohen Ebene des Changemanagements mit der Verhaltensänderung von Personen sowie der grundsätzlichen Ausrichtung („Warum mache ich etwas? “) anzusiedeln. Prozessmanagement fokussiert auf Arbeitsweisen („Wie mache ich etwas? “). Dabei werden naturgemäß auch die beiden anderen Ebenen angeschnitten. Dies erleichtert die Umsetzung nicht gerade. Prozessmanagement unterstützt die Kooperation von Fachfunktionen oder übernimmt diese Zusammenarbeit im Extremfall sogar. Die Fachfunktionen müssen dazu Kompetenzen und Verantwortung abgeben. Damit wird die Einführung von Prozessmanagement zu einem klaren Ansatz von Changemanagement und sollte auch so betrachtet werden. Bereits der einfachste Fall - Durchführung täglicher Abstimmungsmeetings - gehört dazu. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Mit der Fokussierung auf Teamstrukturen anstelle funktionaler Trennung ist eine deutliche Verbesserung der operativen Leistung verbunden. Schnittstellen werden reduziert. Die Transparenz ist deutlich besser. Probleme werden schneller erkannt und gelöst. Die Verantwortung ist direkt zugeordnet. Leitungsfunktionen sind deutlich entlastet und können sich ihren eigentlichen Aufgaben widmen. Für die internen Kunden (Projektleitung oder Vertrieb) besteht nur noch ein Ansprechpartner - das für den jeweiligen Kunden zuständige Team in eigener Verantwortung. Dazu brauchten im Fall von 28 Mitarbeitern zwei Planstellen nicht besetzt zu werden. Die bisherigen Leitungsfunktionen übernehmen neben der Teambetreuung die Aufgaben von Prozessverantwortlichen, die damit auch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) ermöglichen. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Die Erfolgsfaktoren für ein Prozessmanagement sind Führungsqualität der beteiligten Leitungsfunktionen, ein entsprechender Reifegrad von Organisation und Kultur, Macht zur Überwindung von Vorbehalten, Widerständen und Herausforderungen sowie ein wachsendes Denken und Wirken in Abläufen anstelle von <?page no="25"?> 1.2 Changemanagement 25 Fokus auf Spezialisierung sowie ein unbedingtes projektorientiertes Vorgehen. Kommunikation ist wesentlich - auch sehr stark unterstützende Mitarbeiter verstehen wichtige Botschaften erst bei mehrmaliger Wiederholung. Entsprechend intensiver müssen andere (Un-)Beteiligte abgeholt werden. Nachteil einer Prozessorientierung ist die immer stärker werdende Ausprägung zu Generalisten. Auf die fachliche Betreuung der Mitarbeiter besonders in Teamstrukturen muss unbedingt geachtet werden. Aus diesem Grund rate ich von einer reinen Prozessorganisation ab und befürworte eine Mischform aus funktionaler und prozessorientierter Organisationsform, zum Beispiel in Form einer echten oder unechten Matrix. In der organisatorischen Ausbildung einer Prozessorganisation bietet sich ein Phasenmodell an, das zuerst die Zusammenarbeit intensiviert und anschließend eine Teambildung ermöglicht. Dabei kann der Selbständigkeitsgrad der Teams in der operativen Arbeit wachsen. Entsprechend sind die Führungsstrukturen auszubilden und die Führungsstile der Mitarbeiterentwicklung anzupassen. 1.2 Changemanagement  Problemstellung: Anpassung der Strukturen, Prozesse und Systeme sowie der Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter an geänderte Umwelt- und Unternehmensbedingungen und neue Unternehmensziele  Zielgruppe: Projektleiter, Changemanagement-Verantwortliche, Führungskräfte  Voraussetzungen: Ausformulierte Vision, Unterstützung durch das Management, Beschaffung von Informationen zu Veränderungswiderständen, erfahrener und anerkannter Projektleiter mit ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten Zielsetzung des Changemanagements Unternehmen sind soziale Systeme, die prinzipiell auf Dauer angelegt sind und daher stabil sein sollen. Stabilität wird erreicht, indem organisatorische Strukturen, Prozesse und Abläufe geschaffen werden, die einen Ordnungsrahmen bilden und Komplexität reduzieren. Im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit sind Unternehmen jedoch nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die Umwelt bezogen, mit der sie permanent im <?page no="26"?> 26 1 Organisation Austausch stehen. So existieren vielfältige Wechselbeziehungen mit Kunden, Wettbewerbern oder anderen gesellschaftlichen Gruppen. Deren Anforderungen, Erwartungen und Einstellungen können sich im Laufe der Zeit ebenso ändern, wie die allgemeinen Marktbedingungen oder die technologischen Voraussetzungen. Dieser Wandel zwingt Unternehmen dazu, dynamisch, flexibel und veränderungsfähig zu sein. Anders formuliert: Neue Systemumwelten erfordern eine Anpassung der Systeminnenwelten - also eine Anpassung der Organisation, der Prozesse, der Kooperations- oder der Rechtsformen. Diese Veränderungen müssen systematisch geplant, umgesetzt und kontrolliert werden, damit Unternehmen ungeachtet der vielfältigen externen und internen Einflussfaktoren auf Erfolgskurs bleiben. Die Notwendigkeit zum organisatorischen Wandel hat in den vergangenen Jahren zugenommen, da zum einen der Wettbewerb in zahlreichen Branchen intensiver und gleichzeitig die Produktlaufzeiten kürzer geworden sind. Zum anderen haben weitere externe Einflussgrößen wie die Entstehung neuer Kundengruppen, das gestiegene Umweltbewusstsein breiter Bevölkerungsschichten, rechtliche Änderungen oder ethische Ansprüche an die Unternehmensführung an Bedeutung gewonnen. Die Ursachen des Wandels liegen jedoch nicht nur außerhalb der Unternehmen. Die Ursachen sind zum Teil auch unternehmensintern zu suchen, vor allem, wenn bei der Verfolgung von Wachstumsstrategien Unternehmensakquisitionen in Betracht gezogen oder Unternehmenszusammenschlüsse realisiert werden. Infolgedessen ändern sich typischerweise Ziele und Strategien, aber auch Leitbilder, Führungsstile und Unternehmenskulturen. Innovationen in der Fertigung oder in der Informationstechnologie haben schließlich dazu geführt, dass virtuelles Arbeiten und das so genannte Home-Office möglich wurden und Organisations- und Prozessverantwortliche völlig neue Strukturen aufbauen mussten. Alle Formen des durch externe und interne Faktoren verursachten Wandels fasst man mit dem Begriff des Changemanagements zusammen. Ziel des Changemanagements ist es, Unternehmen an neue Anforderungen anzupassen und einen System- Umwelt-Fit 8 herzustellen. Neben dem System-Umwelt-Fit ist auch ein System-System-Fit beziehungsweise ein Intra-System-Fit zu realisieren. 8 Die System-Umwelt-Fit-Hypothese entstammt dem situativen Ansatz, demzufolge man aus empirischen Daten ableitet, welche organisatorische Struktur zu welcher Umweltsituation passt, um folglich einen Fit zwischen Unternehmen und Umwelt herzustellen (vergleiche Vahs 2012, S. 43 ff). <?page no="27"?> 1.2 Changemanagement 27 Das heißt, die internen Einflussgrößen sind ebenfalls auf- und miteinander abzustimmen - wie die Organisation mit der Strategie und diese mit den Informationssystemen. 9 Wie man die zentralen Kernvariablen eines Unternehmens gestalten und in Einklang bringen kann, macht zum Beispiel das 7S-Modell deutlich. 10 Insgesamt geht man im Rahmen des Changemanagements davon aus, dass Wandel nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel ist und Unternehmen demnach flexibel, innovativ und kundenorientiert organisiert, gesteuert und geführt werden müssen. Die besondere Herausforderung besteht dabei in der Einbeziehung der Beschäftigten, deren Veränderungsbereitschaft der zentrale Erfolgsfaktor aller Changemanagement-Maßnahmen darstellt. Beschreibung des Changemanagements Changemanagement ist eine spezifische Form des geplanten Wandels, der die Reorganisation und die Organisationsentwicklung umfasst. Dabei versteht man unter Reorganisation die Änderung oder Neugestaltung von Strukturen und Prozessen mit dem Ziel, eine effektive Aufbau- und Ablauforganisation zu erhalten. Im Mittelpunkt der Organisationsentwicklung steht demgegenüber nicht nur die Restrukturierung, sondern auch und vor allem die Verhaltensänderung der Organisationsmitglieder und die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Changemanagement beinhaltet sowohl die Spezifika der Reorganisation als auch jene der Organisationsentwicklung und wird daher seit einigen Jahren als Oberbegriff für gezielte Unternehmensveränderungen in organisatorischer, prozessualer, technologischer, kultureller und verhaltensbezogener Hinsicht verwendet. 11 Die Ursprünge des Changemanagements liegen in den Forschungsarbeiten von Mayo, Roethlisberger und Dickson, die in den Hawthorne- Werken der Western Electric Company zwischen 1927 und 1932 die Auswirkungen der Veränderung von Arbeitsbedingungen auf die Arbeitsleistung untersuchten. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass Arbeitsleistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter stärker von der Aufmerksamkeit für die Beschäftigten und der Zugehörigkeit zu informellen Gruppen innerhalb der Organisation beeinflusst werden als zum Beispiel von Veränderungen der Lichtverhältnisse. Änderungen in Un- 9 Vergleiche Bea & Göbel (2010, S. 452 ff). 10 Vergleiche Nagel, Mieke & Teuber (2020, S. 317 ff). 11 Vergleiche Bea & Göbel (2010, S. 484 ff) und Jones & Bouncken (2008, S. 598 ff). <?page no="28"?> 28 1 Organisation ternehmen kann man insofern nicht nur durch eine Modifikation der technisch-physikalischen Bedingungen herbeiführen, sondern man muss auch individuelle und zwischenmenschliche Aspekte berücksichtigen. Wandel setzt somit vor allem die Einbeziehung aller relevanten Akteure und die Überwindung von Änderungsbarrieren seitens der Organisationsmitglieder voraus, welche die Notwendigkeit von Veränderungen verstehen und akzeptieren müssen, bevor diese umgesetzt werden können. Erfolgreiches Changemanagement enthält daher immer auch Aspekte der Veränderung der Unternehmenskultur. Diese Aspekte stehen im Mittelpunkt der Arbeiten von Lewin, der deutlich gemacht hat, wie man mit Trägheiten und Widerständen umgehen und Änderungsprozesse gestalten kann. Dabei unterscheidet er drei Phasen: Unfreezing, Moving und Freezing. In der Unfreezingbeziehungsweise Auftauphase muss das bestehende Gleichgewicht in Frage gestellt und die Bereitschaft für einen Wandel erzeugt werden. In der Movingbeziehungsweise Veränderungsphase werden neue Praktiken erprobt, Veränderungen initiiert und der Weg zu einem neuen Gleichgewicht beschritten. Die Freezingbeziehungsweise Stabilisierungsphase ist schließlich dadurch charakterisiert, dass neue Gewohnheiten entstehen sowie implementiert und eingefroren werden, um den gewünschten Änderungsprozess - zumindest vorläufig - abzuschließen. Insgesamt liegt dem Episodenschema von Lewin die Überzeugung zugrunde, dass sich Wandel zyklisch und am erfolgreichsten unter aktiver Beteiligung aller Betroffenen vollzieht. 12 Die zentrale und empirisch fundierte Idee des Konzeptes von Lewin kann man zusammenfassend in folgende Metapher kleiden: „Wer die Form eines gefrorenen Gutes verändern will, muss dieses dazu erst einmal auftauen, sonst bricht es entzwei. Sollen die neuen Formen Bestand haben, muss man sie in eine feste Form bringen.“ 13 Auf der Grundlage zahlreicher Fallstudien von Unternehmen, die einen Changemanagement-Prozess durchlaufen haben, arbeitet Kotter die häufigsten Fehlerquellen heraus, warum Veränderungen scheitern. 14 Mit einem 8-stufigen Change-Prozess gelingt es vielen Unternehmen, die häufigsten Fehlerquellen im Changemanagement zu vermeiden. Für Kotter stellen die acht in Abbildung 4 dargestellten Stufen eine nacheinander ablaufende Schrittfolge dar. Erst wenn die erste Stufe erfolgreich absolviert ist, darf im Change-Design die zweite Stufe in Angriff 12 Vergleiche Schreyögg (2008, S. 403 ff). 13 Schreyögg (2008, S. 412). 14 Vergleiche im Überblick Kotter (1995). <?page no="29"?> 1.2 Changemanagement 29 genommen werden. Die Schritte 1-4 dienen dazu, den Status quo so in Frage zu stellen, dass ein Wandel überhaupt möglich wird. Mit den Schritten 5-7 wird die Implementierung gestaltet, während Schritt 8 der dauerhaften Verankerung des Wandels im Unternehmen dient. Abbildung 4: 8-Pasen-Modell des Changemanagements 15  Gefühl der Dringlichkeit erzeugen: Damit ein Wandel überhaupt gelingen kann, muss man zunächst Verständnis für die Veränderungsnotwendigkeit wecken. Die Motivation zur Veränderung kann durch den Blick auf die relevanten Märkte und Wettbewerber gestärkt werden. Vergleichbares erreicht man durch das Herausstellen einer negativen Zukunftsprognose des Unternehmens, sollte der Wandel ausbleiben.  Führungskoalition aufbauen: Veränderungen gelingen, wenn wichtige Entscheider und Meinungsführer von der Veränderungsnotwendigkeit überzeugt sind. Es gilt, die Driving Forces - also die Antriebs- und Impulskräfte - im Unternehmen zu identifizieren und das Veränderungsteam zu gestalten.  Vision und Strategie entwickeln: Die Vision als ambitioniertes Zukunftsbild wirkt motivierend. Dadurch koordiniert sie die Aktivitäten in einem Unternehmen in eine Richtung. Bewährt haben sich Kürze und eine einfache und bildhafte Sprache.  Vision des Wandels kommunizieren: In der Dynamik von Veränderungsnotwendigkeit und motivierendem Zukunftsbild ist es wichtig, die Vision immer wieder mit einfachen und emotionalisierten Botschaften auf möglichst vielen Kommunikationskanälen zur Geltung zu bringen.  Mitarbeiter auf breiter Basis befähigen: Wandel erfordert eine Veränderung in den Abläufen der Zusammenarbeit. Zum Teil kann dies - unterstützt durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen - von den bestehenden Mitarbeitern geleistet werden. Zum Teil ist 15 Modifiziert nach Kotter (2014). <?page no="30"?> 30 1 Organisation dies aber nur durch eine modifizierte Personalauswahl von neuen Mitarbeitern zu erreichen.  Schnelle Erfolge erzielen: Veränderungsprozesse gestalten sich in der Startphase häufig schwierig und zäh. Umso wichtiger ist es, erste Veränderungen in die gewünschte Richtung unternehmensweit zu kommunizieren, um die Veränderungsmotivation aufrechtzuerhalten.  Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen einleiten: Auf Dauer ist der Wandel gegenüber den Rückstellreflexen einer Organisation nur erfolgreich, wenn es gelingt, neue Routinen zu implementieren und an der Veränderung festzuhalten.  Neue Ansätze in der Kultur verankern: Der Zusammenhang zwischen unternehmerischem Erfolg und neuen Verhaltensweisen wird im Verlauf des Change-Prozesses für die Mitarbeiter und Führungskräfte erkennbar. Die neuen Verhaltensweisen wirken sich auf die Veränderung der Kultur im Unternehmen aus. Diesen Prozess sollte man mit neuen Ritualen festigen. Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Die Grundfrage zu Beginn einer Veränderungsinitiative lautet für die betroffenen Mitarbeiter und Führungskräfte: Warum sollen wir überhaupt etwas anders machen als bisher? Die Erfahrung hat doch gezeigt, dass das Handeln aller Mitarbeitenden sinnvoll ist, sonst hätte das Unternehmen nicht den derzeitigen Reifegrad erreicht. Nur wenn es gelingt, ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen, besteht die Chance, dass die Mitarbeiter der Aufforderung zur Veränderung folgen und die Gelegenheit im positiven Sinne nutzen. Dieser eindeutige Ausgangspunkt für den anstehenden Wandel ist unerlässlich. Hilfsmittel dabei sind externe Impulsgeber, die in einer Mitarbeiterveranstaltung den Blick von außen auf die Organisation und die relevanten Märkte sowie auf Kunden und Wettbewerber werfen. Auch die Zukunftsprognose, was passiert, wenn wir nichts verändern, trägt dazu bei, die Dringlichkeit der in den Blick genommenen Veränderungen zu verdeutlichen. Kotter spricht von mindestens 75 Prozent des Managements und der Führungskräfte, die von der Veränderungsnotwendigkeit überzeugt sein sollten, damit der Change-Prozess erfolgreich initiiert werden kann. 16 Um die Veränderungsinitiative zu starten, ist es erforderlich, eine führende Koalition aufzubauen, in die alle Mitglieder auf Dauer involviert 16 Siehe hierzu Kotter (1996). <?page no="31"?> 1.2 Changemanagement 31 sind. Hierzu zählen Linienmanager, Meinungsführer und wichtige Multiplikatoren wie Betriebsrat oder betriebsinterne Blogger. Mitglieder dieses Veränderungsteams sollten sich durch betriebsinterne Anerkennung und Glaubwürdigkeit sowie durch fachliche Expertise auszeichnen. „In dieser Koalition spielt die Teamfähigkeit und damit auch das wechselseitige Vertrauen eine große Rolle, die durch gemeinsame Aktivitäten wie Workshops, Outdoor-Trainings und Aktivitäten hergestellt beziehungsweise forciert werden müssen. Große ‚Egos‘ sind in einer Führungskoalition eher kontraproduktiv.“ 17 In der Führungskoalition wird die gemeinsame Zielsetzung des Wandels ausformuliert und die Argumentation zum Beispiel in Form eines Leuchtturmfoliensatzes ausgearbeitet. Die Vision des Wandels, die als Zielbild am Horizont zu sehen ist und die Ausformulierung der Strategie, diese Vision zu erreichen, sind der dritte Beschleuniger des Veränderungsvorhabens. In gemeinsamen Sitzungen und Seminaren mit der führenden Koalition entsteht die Vision als ambitioniertes Zukunftsbild, das motivierend wirkt und für die Mitarbeiter und Führungskräfte erstrebenswert ist. Idealerweise kann die Vision in kurzer Zeit und in einfachen bildhaften Worten kommuniziert werden. Sie koordiniert mit ihrer Orientierungswirkung die Aktivitäten des Unternehmens in die gewünschte Richtung. Nur wenn es gelingt, die Vision des Wandels so zu kommunizieren, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte als aktive Treiber gewonnen werden, nimmt der Wandel Fahrt auf. 18 Das Empowerment - also die Ermächtigung und Übertragung von Verantwortung - auf breiter Basis stellt einen weiteren wichtigen Beschleuniger des Wandels dar. Nur wenn Mitarbeiter und Führungskräfte auch über die Möglichkeiten verfügen, Veränderungen aktiv zu unterstützen, können diese Wirkung in der Breite entfalten. Wichtig ist hier die Reihenfolge: „Zuerst muss die Bereitschaft der Mitarbeitenden geschaffen werden.“ 19 Ein erster Schritt des Empowerments besteht häufig im beiseite räumen von hinderlichen oder bremsenden Rahmenbedingungen. Das können zum Beispiel nicht auf das Change-Ziel einzahlende Anreizsysteme, umständliche Freigabewege und veraltete und nicht zielführende Reportingstrukturen sein. Ein häufig zitiertes Motto in diesem Schritt ist das Schlachten heiliger Kühe. Zusätzlich erfordern 17 Kuhnert & Teuber (2008, S. 5 f). 18 Kotter (2014, S. 94) spricht hier von einer „Armee der Freiwilligen“. Zur Bedeutung der Kommunikation im Changemanagement vergleiche auch Kapitel 1.3. 19 Adlmaier-Herbst, Storch, Storch & Breiter (2018, S. 17). <?page no="32"?> 32 1 Organisation Veränderungen im Unternehmen in der Regel auch immer eine Veränderung in der Qualifikation, den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Belegschaft. Hier gilt es, sowohl bei der Neubesetzung von Stellen mit der Anpassung der Personalauswahlverfahren zu reagieren, als auch die vorhandene Mitarbeiterschaft durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen wie Trainings, Schulungen, Mentoring oder Hospitationen zu unterstützen, um dadurch die Umsetzung des Wandels anzustoßen. Dabei sollte man nicht nur den Verstand mit konkreten Umsetzungszielen ansprechen, sondern auch das Unbewusste aktivieren. 20 Ziel des Empowerments ist es, neue Gewohnheiten zu institutionalisieren. 21 Um das Momentum der Veränderungen aufrechtzuerhalten, sollte man kurzfristige Ziele ins Auge fassen, um so genannte Quick-Wins zu generieren - also schnelle Resultate, die man mit wenig Aufwand erreichen kann. Gelingt dies, dann können erste Ergebnisse des Wandels kommuniziert und zum Beispiel im Rahmen von Events gefeiert werden. Die Anstrengungen der Mitarbeiterschaft und des Managements sollten durch angemessene Rituale gewürdigt und die gemeinsame Vision weiterverfolgt werden. Eine gute Möglichkeit sind Kaminabende mit dem Vorstand zum Teilen von Quick-Wins oder das Ausloben von First-Mover-Awards. Man sollte Gesprächsstoff für die Erfahrung erzeugen, dass der Wandel in einer positiven Stimmung möglich ist. Viele Veränderungsprojekte scheitern, obwohl bereits erste positive Erfolge zu verzeichnen sind. Die nachhaltige Beschleunigung stellt eine der wesentlichen Herausforderungen im Changemanagement dar. Daher sollte man erzielte Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten. Die Rückstellreflexe einer Organisation, hin zu einem Organisationszustand, wie er in der Zeit vor dem Wandel vorgeherrscht hat, sind erstaunlich ausgeprägt. Bereits verlernt geglaubte Verhaltensweisen treten immer wieder auf. Indem immer weitere Projekte und Themen abgeleitet werden, wird die im Change gewonnene Glaubwürdigkeit genutzt, um den Wandel zu etwas Alltäglichem werden zu lassen. Regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustauch sowie die Präsenz in betriebsinternen sozialen Medien sind gute Möglichkeiten, das Momentum der Veränderung aufrechtzuerhalten. Um den Wandel zu verstetigen, muss dieser in der Organisation institutionalisiert werden. Es geht darum, die neuen Gewohnheiten zu stabilisieren. Sie sollten Eingang in die Unternehmenskultur finden. Idealer- 20 Sehr hilfreich ist hier die Unterscheidung von Adlmaier-Herbst, Storch, Storch & Breiter (2018, S. 74 ff) in Motto-Ziele und konkrete Ziele. 21 Die Wichtigkeit von neuen Gewohnheiten zur Stabilisierung von Change zeigen Heath & Heath (2013, S. 96 f und 233 ff) auf. <?page no="33"?> 1.2 Changemanagement 33 weise gelingt es, den Zusammenhang zwischen dem unternehmerischen Erfolg und den neuen Verhaltensweisen nachvollziehbar zu machen. Vorhandene Personalentwicklungsprogramme 22 und Gratifikationen müssen überprüft und auf die Zieldimensionen des Wandels angepasst werden. Häufig wird dazu auf eigens entwickelte Teampreise zurückgegriffen, die im direkten Zusammenhang mit den Veränderungsbemühungen stehen. Weiterführende Hinweise Changemanagement wird recht häufig mit geplantem Wandel oder durch Anordnung initiierte Veränderungen gleichgesetzt. In Organisationen gibt es aber auch Tendenzen des ungeplanten Wandels. Ungeplanter Wandel bedeutet, dass Veränderungen verdeckt, unbewusst oder ungewollt ablaufen. Start-up-Unternehmen werden zum Beispiel im Rahmen ihrer Entwicklung nicht nur größer, sondern typischerweise auch formalistischer, wodurch sich neue Strukturen herausbilden, die zumeist nicht intendiert und systematisch geplant sind. Vielfach existieren auch heimliche Spielregeln, informelle Gruppen und Strippenzieher im Hintergrund, 23 die ungeplanten Wandel anstoßen und forcieren können. Diese emergenten Prozesse in Unternehmen sollten ebenso wenig vernachlässigt werden wie die Bedeutung verhaltensorientierter oder kultureller Aspekte. Denn selten scheitern Changemanagement-Projekte an der Umgestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation, sondern viel häufiger an den beteiligten Menschen und den entsprechenden Normen, Werten und Verhaltensmustern, die sehr viel träger und widerstandsresistenter sind als Strukturen, Prozesse oder Technologien. Kotter empfiehlt neben der üblichen hierarchischen Struktur in Organisationen, die er das erste Betriebssystem nennt, ein zweites Betriebssystem. Das zweite Betriebssystem ist in Ergänzung zur vorhandenen Linienstruktur eine netzwerkartige Struktur, in der eine „Armee der Freiwilligen“ 24 aus dem gesamten Unternehmen und den verschiedenen Hierarchieebenen eingeladen ist, um nach neuen Lösungen und Ideen für das Gelingen des Wandels zu suchen. Durch diese netzwerkartigen 22 Als Beispiel sei Action Learning als persönliches und kollektives Entwicklungsprogramm genannt. Vergleiche hierzu Groß (2014, S. 83 ff). 23 Strippenzieher im Hintergrund werden im englischsprachigen Kontext häufig als Hidden Leader bezeichnet (vergleiche zum Beispiel Edinger & Sain 2015). 24 Bei Kotter (2014, S. 29) heißt es wörtlich „build and evolve a guiding coalition“. <?page no="34"?> 34 1 Organisation Strukturen verändert sich auch die Art des Projektmanagements für Veränderungsinitiativen. Klassisches Projektmanagement nach der Wasserfallmethode folgt dem linearen Handlungsparadigma. Dieses stößt mit netzwerkartigen Strukturen an seine Grenzen. Hier empfehlen sich insbesondere Methoden aus dem agilen Projektmanagement. 25 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Mag. Michaela Rohlmann, von 2016-2021 Geschäftsführerin (Finanzen und Controlling) bei ZF Getriebe Brandenburg GmbH, zuvor berufliche Stationen in leitender Stellung im Bereich Finanzen und Controlling, IT und Personal meist verbunden mit Changemanagement-Situationen (wie Unternehmensschließung, Chapter 11-Restrukturierung) in Industrieunternehmen in Österreich, den USA, den Niederlanden und Deutschland in den Bereichen Bahninfrastruktursysteme, Luftfahrtbranche und Erzeugung von Feuerfestprodukten, Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? In einem weltweit agierenden Konzern stehen Strukturänderungen regelmäßig auf der Tagesordnung. Sei es durch organisches (wie Kapazitätserweiterungen) oder durch anorganisches Wachstum (wie Unternehmenszukäufe). Im konkreten Fall ging es um eine notwendige Konzentration beziehungsweise Fokussierung auf Marktanforderungen und damit um eine Bündelung der konzerninternen Ressourcen. Die Einführung einer so genannten Matrixorganisation - standort- und organisationsübergreifend - stand vor der Tür, um flexibel auf Marktbedürfnisse und limitierte Standortressourcen reagieren zu können. Unterschiedliche funktionale Organisationsbereiche sollten sich mit der Organisation der Produktionsbereiche und der Standorte überschneiden und somit eine Matrix bilden. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Strukturänderungen in einem Konzern bringen stets neben Prozessänderungen auch Herausforderungen in den Verhaltensweisen der Mitarbeiter mit sich. Man arbeitet parallel an der Neu- 25 Vergleiche Franklin (2014) und Laloux (2015). <?page no="35"?> 1.2 Changemanagement 35 ausrichtung der Organisation, versucht Kollegen der betroffenen Führungsebenen einzubinden und muss gleichzeitig die Unsicherheiten der gesamten Belegschaft minimieren. Veränderungen verursachen häufig Ängste und Unsicherheiten der mittelbar oder unmittelbar Betroffenen. Die Theorie, dass Änderungen in Unternehmen nicht durch eine reine Veränderung von Bedingungen herbeigeführt werden können, sondern stets unter Einbeziehung und Überwindung von Änderungsbarrieren mittels Akzeptanz erreicht werden, habe auch ich in unserer Neuausrichtung der Organisation erfahren. Gleichzeitig spielt neben den Inhalten der Neuorganisation auch der Faktor Zeit eine oft nicht ausreichend beachtete Rolle. Das heißt, wie lange dauert die Umsetzung von der Definition der neuen Organisation bis zum Abschluss der Umsetzung? Was habe ich aus der Entwicklung und Umsetzung der Neuorganisation im konkreten Fall mitgenommen? Geschwindigkeit zählt. Wenn man zu viel Zeit zwischen der Idee beziehungsweise der Notwendigkeit einer Neuorganisation und dem Abschluss dieser lässt, wächst die Unsicherheit bei den Betroffenen. Man kommuniziert regelmäßig zum Stand der Dinge. Doch wird man als Führungskraft unglaubwürdig, wenn nicht erste Änderungen zeitnah realisiert werden. Entscheidungen treffen und auch umsetzten, sobald Signale der Bereitschaft für den Wandel erkennbar sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich gewinnen durfte. Auch habe ich festgestellt, wie wichtig Kommunikation in den verschiedenen Phasen der Organisationsänderung ist. Für die Kommunikation müssen unbedingt so genannte Multiplikatoren im Unternehmen beziehungsweise in der Organisation gefunden werden. Kollegen, die dafür verantwortlich sind, die relevanten Botschaften zu vermitteln. Wichtig ist aber auch, regelmäßige Informationen über den Stand der Veränderungen durch Vorgesetzte zu geben. „No employee left behind-Strategie“: So würde ich das nennen. Alle Kollegen müssen abgeholt, Unsicherheiten müssen beseitigt werden. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Jede Phase der Veränderung hat unterschiedliche Voraussetzungen, die beim Changemanagement-Prozess geschaffen werden müssen. Als wesentlich und etwas überraschend war für mich, als wir in die Phase der „Akzeptanz“ gekommen sind. Das Loslassen alter Verfahrens- und Verhaltensweisen schien schwieriger als im Vorhinein erwartet. Wichtig sind auch hier die stän- <?page no="36"?> 36 1 Organisation dige Kommunikation und der Austausch mit Kollegen auf kurzem Wege. Daher darf die Kommunikation nicht eingestellt werden. Der Veränderungsprozess ist mit der Einführung der neuen Matrixorganisation - hinter jedem Kästchen auf dem Organisationschart steht ein Name - nicht als abgeschlossen zu betrachten. Jetzt beginnt erst die Knochenarbeit. Keinen Bürokratismus anwenden. Zuhören und entschlossen handeln, Entscheidungen treffen, sollte es Unsicherheiten im Tagesablauf geben. Die Loyalität der Kollegen darf in dieser Phase nicht verloren gehen. Oft passiert es, dass der Mitarbeiter unsicher wegen der neuen Prozesse und Berichtswege ist und parallel die alte Struktur weiter bedient. Damit werden der erwartete geringere Arbeitsaufwand sowie die gewünschte Vereinfachung nicht erreicht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Somit darf die Kommunikation zwischen Beginn und Ende des Veränderungsprozesses nicht gestoppt werden. Die Frage ist - und über die muss man sich bereits zu Beginn des Changemanagement-Prozesses Gedanken machen -, wie kommuniziere ich? Wird jeder Kollege erreicht? Wie oft muss ich in den einzelnen Phasen kommunizieren? Wie viel Zeit darf die regelmäßige Kommunikation in Anspruch nehmen? Angewandte Beispiele der Kommunikation waren im konkreten Fall: Frühstück mit dem Leiter der Division, Newsletter, Videobotschaften von diversen Vertretern beziehungsweise Leitern der Fachabteilungen, regelmäßige Telefonkonferenzen beziehungsweise Treffen auf Abteilungs- und Standortebene. Wichtig war jedes Mal eine sehr gute Vorbereitung der Kommunikation und ein Einholen von Feedback mittels Online-Fragebogen. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Ich musste feststellen, dass eine Matrixorganisation auf einem Blatt Papier sehr schnell gezeichnet ist. Auch Namen für die jeweiligen Aufgaben finden sich relativ zügig. Die Umsetzung der neuen Organisationsform und damit das „zum Leben erwecken“ hat dann doch länger gedauert als ursprünglich gedacht. Nichtsdestotrotz haben sich positive Effekte eingestellt. Allein bereits auf dem Weg der Organisationsänderung. Kollegen der verschiedenen Standorte, jedoch der gleichen Verantwortungsbereiche (wie Controlling oder Einkauf) haben sich kennengelernt und konnten sich fachlich austauschen. Teamarbeit wurde gefördert, was uns besonders während der Pandemie des Jahres 2020 und dem damit verbundenen Umstieg auf mobiles Arbeiten und Kom- <?page no="37"?> 1.2 Changemanagement 37 munikation mit Hilfe von Telefonie oder Internet geholfen hat. Zudem hat die neue Organisationsform interdisziplinäres Handeln gefördert. Nachteilig ist sicherlich die ständig steigende Verantwortung des jeweiligen Mitarbeiters und Abteilungsleiters gepaart mit aktuell noch langwierigen Entscheidungswegen. Damit zeigt sich, dass der Veränderungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen ist. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Die Erfahrung zeigt, dass Changemanagement nicht nur ein Thema für große Konzerne ist. Auch ein KMU wird - da es nicht isoliert in der Welt der Wirtschaft steht - Änderungen in Anforderungen, Erwartungen und Einstellungen initiieren müssen. Entweder will man sich von innen heraus verändern, oder man wird durch äußere Einflüsse getrieben. Jede Veränderung in der Organisationsstruktur, in den Prozessen oder beim Wechsel der Rechtsform bewirkt, dass man sich in einem Veränderungsprozess befindet. Und selbst die kleinste Einheit durchläuft unterschiedliche Phasen. Jede Phase ist mal mehr, mal weniger lang. Wichtig ist daher, dass man sich - will man Veränderungen umsetzen -, im Vorfeld Chancen und Risiken aufzeigt und dass man sich in dieser Phase bereits Mitstreiter (Gruppen, die für die Umsetzung kritisch und wichtig sind) in der bestehenden Organisation sucht. In der nächsten Phase sollte man dann gemeinsam eine Changemanagement-Strategie definieren. Man darf Ressourcenbedarfe nicht unterschätzen. Oft dauert ein Wandel länger als ursprünglich angenommen. Die Visualisierung der Strategie hilft. Danach sollten auch die Kommunikations- und Umsetzungspläne entwickelt werden. Ein Projektfortschrittsplan ist dabei hilfreich. Und wie bei jedem Projekt gilt auch hier „Plan- Do-Check-Act“. Nach der Neuausrichtung und der Umsetzung der Veränderung, muss diese auf Funktionstüchtigkeit überprüft werden. Hat man die erwarteten Ziele erreicht? Ist dem nicht so, muss eine Anpassung erfolgen. Es ist unerlässlich, dass der Veränderungsprozess nicht irgendwo auf dem Weg zur Veränderung stecken bleibt beziehungsweise ohne Begründung abbricht. Das Vertrauen der Kollegen in die Organisation und in die Veränderungsnotwendigkeit darf nicht zerstört werden. <?page no="38"?> 38 1 Organisation 1.3 Change-Kommunikation  Problemstellung: Change-Kommunikation so gestalten, dass nicht nur über Veränderungen im Betrieb informiert wird, sondern auch, dass Change-Kommunikation zum Erfolg des Wandels beiträgt  Zielgruppe: Changemanager, Personal- und Organisationsentwickler, alle am Wandel beteiligten Führungskräfte  Voraussetzungen: Transparenz der Ziele und der Veränderungsvision sowie offene Kommunikationskultur Zielsetzung der Change-Kommunikation Jeder Wandel ist von Hoffnungen und Befürchtungen geprägt. Diese unterstützen beziehungsweise behindern die Umsetzung der geplanten Veränderungen. Gute Change-Kommunikation trägt dazu bei, dass die Chancen des Wandels für möglichst viele Beteiligte offensichtlich werden. Befürchtungen sind häufig durch nicht-thematisierte Risikopotenziale oder mangelnde Transparenz über Hintergründe und Zielsetzungen verursacht. Gute Change-Kommunikation senkt diese Quote an Störungen deutlich ab. Wie Mitarbeiter auf einen angekündigten Change reagieren ist zwar bezüglich Tempo der Verarbeitung und Intensität der emotionalen Auseinandersetzung individuell verschieden, lässt sich aber wie in Abbildung 5 in einem typischen Prozessablauf beschreiben. Ziel der Change-Kommunikation ist es, trotz der unterschiedlichen Verarbeitungsgeschwindigkeit und Intensität der Veränderungsmitteilung dazu beizutragen, dass die Belegschaft den Wandel mit möglichst geringem Aufwand und guter Produktivität verarbeitet. Deshalb geht Change-Kommunikation aktiv mit Befürchtungen um und nutzt Kritik am Wandel zur weiteren Optimierung des Veränderungsprozesses, sei es durch das Aufarbeiten von blinden Flecken oder durch das Vervollständigen der Informationslage der Mitarbeiter. 26 26 Vergleiche Deutinger (2017, S. 55 ff). <?page no="39"?> 1.3 Change-Kommunikation 39 Abbildung 5: Individuelle Verarbeitung von Veränderungen 27 Beschreibung der Change-Kommunikation Change-Kommunikation stellt nicht nur eine Aufgabe der Unternehmenskommunikation oder des Veränderungskernteams dar, sondern ist Aufgabe aller am Change-Prozess beteiligten Führungskräfte und Mitarbeiter. Im Design der Change-Kommunikation sind an erster Stelle die Inhalte mit dem Management zu erarbeiten, erst im zweiten Schritt geht es um die Instrumente. 28 Change-Kommunikation hat dabei zu integrieren und zu informieren, aber auch zu involvieren und zu implementieren. Abbildung 6 verdeutlicht diese Funktionen einer gelungenen Change-Kommunikation. Mit den klassischen Mitteln der Unternehmenskommunikation wird den Mitarbeitern die Orientierung für den anstehenden Wandel ermöglicht. Durch fortlaufende Informationen sollte man diese Orientierung aufrechterhalten und den Überzeugungsprozess für jeden einzelnen Mitarbeiter vorbereiten. Aus der Psychologie des Überzeugens bekannte Kommunikationsprinzipien lassen sich auf die Gestaltung der Change- Kommunikation übertragen. 29 27 Modifiziert nach Roth (2000). 28 Deekling & Barghop (2008, S. 26) verdeutlichen diese Überlegung wie folgt: „Ich kümmere mich zunächst um die Inhalte, dann kommen die Instrumente.“ 29 Vergleiche im Überblick Cialdini (2017). <?page no="40"?> 40 1 Organisation Abbildung 6: Funktionen von Change-Kommunikation 30  Reziprozität beziehungsweise Wechselseitigkeit: Bevor vom Gegenüber etwas gefordert werden kann, sollte das Gegenüber mit einem Geschenk bedacht werden. Ein Geschenk im Vorfeld erhöht die Kooperationsbereitschaft. Dem Mitarbeiter wird beispielsweise zunächst die moderne technische Ausstattung - gegebenenfalls auch für den Privatgebrauch - zur Verfügung gestellt, bevor der Einsatz für die Just-in-time-Online-Dokumentation von Kundengesprächen eingefordert wird.  Commitment und Konsistenz beziehungsweise Festlegung und Fortsetzung: Wenn eine Entscheidung in Anwesenheit von anderen getroffen wird, ist die Verpflichtung beziehungsweise das Commitment höher, als wenn man die Entscheidung nur für sich alleine trifft. Wird die Entscheidung wiederholt vor anderen vertreten, wird die Überzeugung zur Richtigkeit dieser Entscheidung gefestigt. Dieses grundsätzliche „Ja“ kann systematisch in kleinen Schritten erweitert werden. Zum Beispiel werden in einer Auftaktveranstaltung für die Führungskräfte die Veränderungsziele gemeinsam für den Unternehmensbereich präzisiert und im Rahmen eines verbindlichen Bekenntnisses gemeinschaftliche Unterschriften geleistet. Anschließend wird die Überzeugungsargumentation gegenüber den Mitarbeitern des eigenen Teams im Workshop erarbeitet und die Umsetzung dieser Überzeugungsargumentation in der Workshop- Gruppe terminiert.  Sympathie: Menschen lassen sich von Sympathieträgern nachhaltig beeinflussen. Sympathiefördernde Faktoren können dabei äußerli- 30 Vergleiche Groß (2014, S. 216). <?page no="41"?> 1.3 Change-Kommunikation 41 che Attraktivität, Ähnlichkeit oder Komplimente sein. Zum Beispiel findet die Auftaktveranstaltung in der üblichen Arbeitskleidung in der Werkhalle statt, und beliebte Kollegen aus der Produktion berichten über die Veränderungsnotwendigkeit.  Autorität: Sowohl positive als auch negative Mitteilungen werden vom Publikum leichter akzeptiert, wenn sie von anerkannten Autoritäten präsentiert werden. Dabei ist zu beachten, dass es keine einseitige und schöngefärbte Präsentation sein darf, sondern dass auch berechtigte Argumente zum eigenen Nachteil benannt werden. Zum Beispiel referiert ein anerkannter Fachwissenschaftler bei der Auftaktveranstaltung über den Handlungsdruck und die Zukunftsunsicherheit der Branche. Dabei werden nicht nur die Chancen eines Wandels thematisiert, sondern bewusst auch die immer vorhandenen Risiken.  Knappheit: Möglichkeiten erscheinen umso wertvoller, je weniger erreichbar sie sind. Insbesondere ablaufende Fristen motivieren zur Kooperation. Zum Beispiel werden für eine begrenzte Anzahl von Teams, die als erste die Veränderungsprojekte in Angriff nehmen wollen, besonders umfangreiche Ressourcen zur Verfügung gestellt.  Soziale Bewährtheit: Menschen haben die Tendenz, sich am Verhalten anderer zu orientieren, die ihnen entweder aufgrund von Äußerlichkeiten oder aufgrund von Tätigkeiten ähnlich sind. Zum Beispiel wird in der Mitarbeiterzeitschrift dargestellt, dass Prinzipien der Lean Logistik in Supermärkten bereits Alltag sind, bevor die indirekten Bereiche auf Lean Administration umgestellt werden sollen. In der Change-Kommunikation sollte man Informationsvermittlung und Informationsverarbeitung möglichst zeitnah koppeln - wie in Abbildung 7 verdeutlicht -, um das Momentum des Wandels aufrechtzuerhalten. 31 Nur wenn die Information in ausreichender Güte zur Verfügung steht, kann diese so verarbeitet werden, dass zielführende Umsetzungsoptionen durch die Mitarbeiter und Führungskräfte entstehen. Hohe Qualität der Information entsteht zum einen durch eine professionelle Aufarbeitung - beispielsweise durch die Unternehmenskommunikation -, zum anderen durch die Möglichkeit, Informationsbedürfnisse im direkten Kontakt mit den Veränderungsverantwortlichen zu befriedigen. Um eine solcherart direkte Kommunikation zu ermöglichen, bietet sich der Einsatz von Großgruppenverfahren an. 31 Deutinger (2017, S. 82) empfiehlt den Merksatz: „Von der Information zum Dialog.“ <?page no="42"?> 42 1 Organisation Abbildung 7: Informationsvermittlung und Informationsverarbeitung <?page no="43"?> 1.3 Change-Kommunikation 43 Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Die Zukunftskonferenz eignet sich im Rahmen der Planung eines größeren Veränderungsvorhabens. 32 Ihr Ziel ist es, die bei jedem einzelnen Mitarbeiter vorhandene Perspektive auf die Veränderungsnotwendigkeit i n den Prozess der Strategieerarbeitung einzubringen. Sie trägt dazu bei, das ideale Zukunftsszenario - auch in verschiedenen Varianten - zu entwickeln und die Aktionen für das Erreichen dieses Zukunftsszenarios gemeinsam zu erarbeiten und zu planen. Die Durchführung einer Zukunftskonferenz eignet sich auch für Situationen, in denen Veränderungsvorhaben zu stagnieren drohen, da zum Beispiel verschiedene Parteien im Unternehmen gegeneinander arbeiten und die Zeit zur Umsetzung knapp wird. Eine Zukunftskonferenz bietet sich auch an, um ein Unternehmen bei einem bevorstehenden entscheidenden Übergang zum Beispiel in neue Märkte oder Technologien zu unterstützen, indem die Bewusstseinskarte der Gegenwart gemeinsam als Wissensbasis erarbeitet wird. In der Durchführung der Zukunftskonferenz versammeln sich 60-80 möglichst repräsentativ ausgewählte Mitarbeiter für einen zweibis dreitägigen Workshop. Voraussetzung ist die Bereitschaft von Management, Führungskräften und Mitarbeitern, die Unterschiede in Bezug auf persönliche Hintergründe, Sichtweisen und Wertvorstellungen als Chance und Ressource zu sehen, um zur Lösung der H erausforderungen der Organisation beizutragen. In diesem Workshop gilt es, fünf Aufgaben abzuarbeiten: Im ersten Schritt der Überprüfung der Vergangenheit steht die Würdigung des bisher Erreichten im Vordergrund, ohne den Blick vor eventuellen Versäumnissen zu verschließen. Mit dem Abschreiten der Bewusstseinskarte der Gegenwart wird erarbeitet, welche externen Trends wie auf die Organisation wirken und wie die Mitarbeiter und Führungskräfte im Moment auf diese externen Trends reagieren. Spätestens mit dem Erarbeiten des zweiten Schrittes entsteht das Commitment, dass die Teilnehmer der Zukunftskonferenz auch die Akteure der Zukunft sind. Im dritten Schritt werden verschiedene Möglichkeiten eines idealen Zukunftsszenarios erarbeitet, um im vierten Schritt die gemeinsame Wissensbasis zu klären: Wo sind noch Recherchen vonnöten? Wo sind sich die Teilnehmer der Zukunftskonferenz über ihre Wissensbasis bereits sicher? Auf dieser Grundlage kann im fünften Schritt die Aktionsplanung erfolgen. 32 Vergleiche Weisbord & Janoff (2008). <?page no="44"?> 44 1 Organisation Der Erfolg einer Zukunftskonferenz hängt insbesondere davon ab, ob sich alle Beteiligten als Teilnehmer eines gemeinsamen Lernraumes erleben, in dem es um eine gemeinsame Wissensbasis geht, auf deren Grundlage die Aktionspläne entstehen. Es geht darum, das Potenzial aufzudecken, das bereits im Unternehmen existiert. Wird dieses Potenzial wahrgenommen und akzeptiert, dann entsteht daraus die Dynamik zur nachhaltigen Umsetzung der Aktionspläne. Ist ein Veränderungsprozess in einer Organisation gestartet, dann stellt die Open Space Technology eine Methode zur Anpassung der Umsetzung der Veränderungsinhalte dar. 33 Aufgrund ihres hohen Selbstorganisationscharakters ist sie nicht für stark gelenkte Umsetzungen von Veränderungsinhalten geeignet. Der große Vorteil der Open Space Technology ist, dass mit ihrer Hilfe auch große Gruppen bis etwa 2.000 Personen in kleinen Diskussionsrunden zu selbst gewählten Themen reflektieren, diskutieren und Ergebnisse erzeugen können. Da weder Tagesordnung, Redner noch Aufgaben im einbis dreitägigen Open Space im Voraus festgelegt sind, bekommen die Themen und Fragestellungen Aufmerksamkeit, die aus Sicht der Teilnehmer tatsächlich relevant sind. Der Ablauf einer Open Space-Konferenz startet in einer offenen Runde mit allen Teilnehmern, die bei Bedarf in konzentrischen Kreisen sitzen. Nach und nach treten diejenigen Teilnehmer in die Mitte, die ein Thema einbringen und besprechen wollen. Sie stellen das Thema kurz vor und notieren es auf einem Plakat. Sobald alle Themen vorgestellt sind, werden diese in eine zeitliche Abfolge mit parallelen Arbeitssitzungen gebracht, die eine Dauer von etwa 60-90 Minuten haben. Die Arbeitsgruppen sind angehalten, am Ende ihrer Sitzungen einen kurzen Bericht für die Tagungsdokumentation zu verfassen. Um die Selbstorganisation der Teilnehmer zu fördern und die Aktivitäten der Teilnehmer auf die Themen zu lenken, die von Interesse sind, kann man sich an vier Grundprinzipien orientieren:  Jeder Teilnehmer ist immer die richtige Person: Es sind immer die Personen in einer Arbeitsgruppe, die für das Thema wichtig sind. Es geht nicht um die größtmögliche Anzahl an Teilnehmern. Wenn niemand in eine Arbeitsgruppe kommt, hat der Themengeber die Möglichkeit, selbst am Thema weiterzuarbeiten.  Das, was geschieht, ist das Einzige, was geschehen kann: Es geht nicht darum, was noch möglich wäre. Der Fokus liegt auf dem Augenblick und seiner Potenzialität. 33 Zur Open Space Technology vergleiche ausführlich Owen (2011). <?page no="45"?> 1.3 Change-Kommunikation 45  Das Event startet immer zur rechten Zeit. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei: Es geht darum, mit voller Energie am Thema zu arbeiten. Das kann deutlich schneller, aber auch deutlich langsamer gehen als geplant. Im letzteren Fall nimmt die Arbeitsgruppe zwei oder drei Zeitspannen für sich in Anspruch. Hierüber entscheiden die Teilnehmer.  Gesetz der zwei Füße: Jeder Teilnehmer entscheidet für sich selbst, ob er in der Arbeitsgruppe noch etwas beitragen oder lernen kann. Falls nicht, sollte er die Arbeitsgruppe verlassen und sich einem weiteren Thema zuwenden. Nur der Teilnehmer selbst kann die Verantwortung für sich tragen. Der Ertrag einer Open Space-Konferenz besteht aus einer Vielzahl an Arbeitsergebnissen, die durch Just-in-time-Dokumentationen für alle Teilnehmer transparent sind. Die Methode des World Café kann man immer dann einsetzen, wenn Themen aus der Sicht von ganz unterschiedlichen Teilnehmern vertieft werden sollen. 34 Ähnlich wie in einem Kaffeehaus sind zahlreiche Thementische angeordnet, die entweder über beschreibbare Tischunterlagen oder Pinnwände für Notizen verfügen. Zu Beginn des World Cafés werden die vorhandenen Fragestellungen gesammelt und auf die verfügbaren Tische verteilt. Ziel ist es, die Themen in kleinen Tischrunden mit sechs bis neun Personen über einen Zeitraum von etwa 20-40 Minuten zu diskutieren - und dies mit Blick auf Problemeingrenzungen, Handlungsplanungen oder Veränderungsinitiativen. Um möglichst viele Facetten des Tischthemas zu beleuchten, wechseln die Tischgäste nach 20-40 Minuten an einen weiteren Thementisch. Dieser Wechsel findet zweibis viermal statt. Danach ist in der Regel der Grenznutzen der Themenbearbeitung erreicht. Um die Gesprächsatmosphäre offen und zugewandt zu halten, verfügt jeder Tisch über einen Gastgeber. Dieser erinnert die Teilnehmer auch an die Dokumentation der Gesprächsatmosphäre und gestaltet beim Wechsel der Teilnehmenden am Tisch den Übergang. Der Gastgeber ist jedoch nicht in der Rolle eines klassischen Moderators für die Gesprächsführung zuständig. Zum Abschluss des World Cafés stellen die Gastgeber die Gesprächsergebnisse ihres Tisches im Plenum kurz vor. Weiterführende Hinweise Change-Kommunikation im Sinne eines dialogischen Prozesses findet immer dann Anwendung, wenn die Mitarbeiter und Führungskräfte von der Geschäftsführung und dem Management zu einer aktiven Mit- 34 Zum World Café vergleiche ausführlich Brown & Isaacs (2007). <?page no="46"?> 46 1 Organisation gestaltung des Wandels eingeladen werden sollen. Diese Einladung zur Mitwirkung ist nur dann motivierend für die Belegschaft, wenn Zielrichtung und Vision des Wandels eindeutig und klar sind. 35 Daher ist zu Beginn der Change-Kommunikation darauf zu achten, dass das Management die Veränderungsziele nachvollziehbar vermittelt beziehungsweise vermitteln kann. Auf der Grundlage der Change-Vision und des zur Verfügung stehenden Zeit- und Ressourcenrahmens, kann die Change-Kommunikation im Veränderungsteam k onzipiert werden. Es ist zu klären, in welchem zeitlichen Umfang und in welcher inhaltlichen Intensität die Belegschaft in den Wandel involviert werden soll. Häufig steckt die vorhandene Unternehmenskultur dazu einen Rahmen ab. Im Verlauf der Veränderung kann auch die vorhandene Unternehmenskultur ein Handlungsfeld werden, sodass man diesen zunächst vorgegebenen Rahmen gegebenenfalls neu definiert. Im Unterschied zum klassischen Projektmanagement, sind Veränderungsvorhaben dadurch gekennzeichnet, dass der Weg zum Ziel anfänglich nicht bekannt ist. Entsprechend sollte man die Change-Kommunikation konzipieren. Anstelle eines Wasserfallprinzips ist daher ein stärker iteratives Vorgehen für die Change-Kommunikation zu wählen - unter Berücksichtigung unterschiedlicher Instrumente, wie in Abbildung 8 verdeutlicht. Die Nutzung von Sounding Boards - also von Reflexionsgremien, die wie Seismographen des Wandels funktionieren - stellt eine Möglichkeit dar, um das Ohr an die Organisation zu legen. 35 Deutinger (2017, S. 102) empfiehlt als Vision kein laut Handbuch formal korrektes Vision Statement, sondern einen Traum. Einen Traum, „der kraftvoll genug ist, alle mitzunehmen“. <?page no="47"?> 1.3 Change-Kommunikation 47 Abbildung 8: Kommunikationsinstrumente bei partizipativer Implementierungsstratgie 36 36 Modifiziert nach Brehm (2009, S. 332). <?page no="48"?> 48 1 Organisation Zum Sounding Board werden unterschiedliche Gruppen von Mitarbeitern von Zeit zu Zeit durch das Veränderungsteam eingeladen, um Feedback über den Wandel und die Change-Kommunikation zu erhalten. Die regelmäßige Durchführung von Townhall Meetings - also von groß angelegten Mitarbeiterversammlungen - ermöglicht es dem Management, direkt und zeitnah auf Fragen zum Wandel einzugehen und zum Beispiel in Form des World Cafés erste Brainstormings und Resonanzen zu einzelnen Themen einzuholen. Die Nutzung des Intranets mit Frequently Asked Questions, so genannten FAQs, und Diskussionsforen zum Wandel ermöglichen, blinde Flecken der Change-Kommunikation aufzudecken und zu beseitigen und Sachinformationen und Argumente zu vertiefen. Durch regelmäßige niedrigschwellige Gesprächsangebote wie Kaffeerunden mit einem Manager in überschaubarer Runde können die zur Verfügung gestellten Informationen zum Wandel im Dialog vertieft und in konkrete Verhaltensweisen umgesetzt werden. Wichtig ist bei allen Kommunikationsformen der Dialog auf Augenhöhe mit dem Mitarbeiter. Denn die Experten für die Umsetzung der Veränderungen sind die Mitarbeiter, nicht die Führungskräfte. Ungeachtet dessen kommt den direkten Führungskräften bei der Change-Kommunikation eine entscheidende Rolle zu. Sie sind für die Mitarbeiter erster Anlaufpunkt für Fragen. Sie nehmen Irritationen zum Wandel früh war. Sie sprechen die Sprache der Mitarbeiter und tragen entscheidend dazu bei, die Veränderungsinhalte in die Arbeitswelt der Mitarbeiter zu übersetzen. Der Erfolg von Informations- und Dialogveranstaltungen zum Wandel hängt entscheidend von den direkten Führungskräften ab. Folglich ist in der Change-Kommunikation darauf zu achten, dass die direkten Führungskräfte zeitlich vor der Mitarbeiterschaft in den Prozess involviert werden. Nur dann können sie in ihrer Funktion als Führungskraft den Wandel produktiv mitgestalten. Führungskräfte und Management sind es gewohnt, regelmäßig über Veränderungen in der Organisation zu informieren. Dieser Informationsprozess wird häufig mit Kommunikation gleichgesetzt. Gerade mit Blick auf die Change-Kommunikation ist darauf zu achten, dass dieser einseitige Informationsprozess durch Kommunikation als zweiseitiger Prozess ergänzt wird. Nur wenn Change-Kommunikation als Dialog stattfindet, besteht die Chance, dass die Belegschaft den Veränderungsprozess zu ihrem eigenen Anliegen macht und sich damit zum Wandel verpflichtet. Der Dialog setzt dabei voraus, dass das Management bereit ist, die Deutungshoheit über die Kommunikation mit der Belegschaft zu teilen. Ferner ist zu beachten, dass Kommunikation ein iterativer Prozess ist, wobei sich mit jeder weiteren Iteration das gemeinsame Verständnis erweitert. Das Management ist bei der Planung von <?page no="49"?> 1.3 Change-Kommunikation 49 Change-Kommunikation auf diesen iterativen und dialogischen Charakter der Change-Kommunikation einzustellen. 37 Die Emotionalität in Veränderungsprozessen weist Analogien zu emotionalen Prozessen auf, die beispielsweise in der Trauerarbeit nach dem Verlust eines Angehörigen stattfinden. Da der Umgang mit Emotionalität häufig ein ungeübtes Feld in der Führungsarbeit ist, kann es in der Change-Kommunikation hilfreich sein, externe Moderatoren mit an Bord zu nehmen. Es können Fragen auftauchen wie: Weshalb kann nicht einfach alles so bleiben wie es ist? Können wir einander vertrauen? Können wir uns nicht noch etwas Zeit lassen? Häufig sind diese Fragen Signale eines aktiven Verarbeitungsprozesses des Mitarbeiters und zielen nicht darauf ab, Antworten der direkten Führungskraft zu provozieren. Die Art und Weise der Change-Kommunikation durch die Change-Verantwortlichen bestimmt, inwiefern die Change-Kultur für die Mitarbeiter greifbar wird. Wenn die Art und Weise des Wandels - das Wie - mit dem Inhalt des Wandels - das Was - kongruent ist, werden die Veränderungsbemühungen durch die Change-Kommunikation unterstützt und gefördert. Stimmen Art und Weise des Wandels nur wenig mit dem Inhalt des Wandels überein, dann verzögert die niedrige Kongruenz das Veränderungstempo und wirkt kontraproduktiv auf die Veränderungsbereitschaft. Gute Change-Kommunikation und gutes Changemanagement bestehen nicht nur aus Floskeln und Verlautbarungen, sondern lassen stets erkennen, dass Worten Taten folgen. 38 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Asmus Eberlein, Führungskraft in der IT in der Versicherungswirtschaft (Allianz, Zurich), Diplom-Mathematiker, Studium an der Universität Kaiserslautern. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Ich habe Changemanagement und Change-Kommunikation in mehreren Situationen eingesetzt: Zum einen bei der Zusammenlegung von Unternehmen einer Holding mit nachfolgender Zusammenlegung der vorher getrennten IT-Abteilungen. Zum anderen im Rahmen der Transformation einer großen IT-Organisation mit dem Ziel einer Modernisierung der eingesetzten Technologie und der Entwicklungsmethoden (so genannte agile 37 Vergleiche Doppler & Voigt (2018, S. 84 ff). 38 Vergleiche Deutinger (2017, S. 41 ff). <?page no="50"?> 50 1 Organisation Transformation). Schließlich bei der Einführung der agilen Arbeitsmethode in einem Großprojekt. Gemeinsam war allen Situationen, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern betroffen war. Wir wollten erreichen, dass ein neuer Zustand (neue Struktur und neue Arbeitsweisen) eintritt. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Widerstand: Ein Teil der Mitarbeiter akzeptiert die Veränderung nicht oder nur teilweise. Sie nehmen die Veränderung auch als Angriff auf jahrelange, erfolgreiche Arbeit wahr. Aufgrund unterschiedlicher Standorte und Aufgaben ist ein Zusammenwachsen teilweise schwierig. In Bereichen, in denen Kooperation notwendig oder sinnvoll ist, entstehen Konflikte. Die Führungskräfte und Mitarbeiter befürchten, dass ihre Aufgaben von anderen Teams beziehungsweise Abteilungen übernommen werden. Es besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter die Veränderung als persönliche Kritik bewerten und die Veränderung als mangelnde Wertschätzung für das bisher Geleistete wahrnehmen. Mit dieser Situation muss man als Führungskraft und Change-Gestalter aktiv umgehen. Auch für den Manager besteht die Gefahr, den Widerstand der Mitarbeiter persönlich und als gegen sich gerichtet wahrzunehmen. Die Mitarbeiter wehren sich scheinbar gegen meine „gut gemeinte“ Führung. Wenn dies passiert und man das bei sich nicht erkennt, hat man schon verloren. Man schätzt die Situation falsch ein. Andererseits habe ich erlebt, dass trotz der Überzeugung, dass die Zusammenlegung keine gute Sache ist, die Kollegen mit hoher Motivation an den konkret anfallenden Themen arbeiten. Meine Erkenntnis war, dass die intellektuelle Ablehnung der Veränderung erstaunlicherweise die Verbindung mit der eigentlichen Aufgabe nicht beeinträchtigt. Führungshandeln muss insofern auf das Ergebnis der Arbeit fokussieren, nicht auf den formulierten Widerstand. Für mich ist die Fähigkeit der Mitarbeiter zu gedanklicher Inkonsistenz überraschend und unerwartet. Es ist wichtig, hier den Fokus auf das Verhalten und nicht auf die Worte zu legen. Natürlich gibt es auch echten Widerstand. Diesen muss man ernst nehmen und verstehen, was der tiefere Sinn ist. Grundlegend ist die Überzeugung, dass die Mitarbeiter Ergebnisse produzieren wollen. Insofern sehen die Kollegen Probleme, die der Manager nicht sehen will oder nicht sehen kann. Durch ernsthaftes Zuhören lassen sich manche Probleme vermeiden. Themen werden nicht direkt, sondern ver- <?page no="51"?> 1.3 Change-Kommunikation 51 schlüsselt angesprochen. Ich habe einmal nicht konsequent auf die Aussage „Was hast du denn geraucht? “ reagiert (das war die Antwort auf meine Aussage, dass ich optimistisch sei, dass wir den Termin schaffen werden). Hätte ich mir die Zeit genommen, die Kollegin nach den Fakten zu fragen, die der Aussage zugrunde lagen, hätte ich Probleme Wochen früher erkennen können. Die Form der Ansprache war natürlich für mich nicht einladend. Umsetzung der agilen Transformation: Herausforderung ist die Parallelität von Veränderung der Technologie, der Vorgehensweise und auch der zu beauftragenden externen Partner. Wir beginnen damit, agile Arbeit auch im Projektteam einzusetzen. Allerdings mit einem nicht angemessenen Ansatz für die Thematik (zum Beispiel Kanban anstelle von Agile@Scale). Als Ergebnis sind genau die Kollegen, die den Vorschlag gemacht haben, frustriert. Wir kommen nicht weiter. Das Ganze eskaliert in einer Rückschau, in der wir uns Feedback zum Vorgehen geben. Es gibt Tränen und große Frustration: Tatsächlich entwickeln wir aus diesem Ansatz heraus ein Vorgehen, in dem wir das gesamte Team beteiligen und in einem großen Workshop mit allen Projektmitarbeitern die Planung erarbeiten. Das wird insofern zu einer Initialzündung, als wir durch den konsequenten Einsatz agiler Vorgehensweisen und der Beteiligung aller am Projekt die Veränderung leben, die wir umsetzen wollen. Überraschend ist, dass der entscheidende Impuls aus der totalen Frustration entsteht. Das Aushalten der negativen Intensität führt zu einer ebenso intensiven positiven Reaktion. Das Führungsteam wird dabei zu einem Katalysator für die gewünschte Veränderung. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Es ist gut, getrennte Teams für das Changemanagement und für die Implementierung zu haben. Die Changemanagement-Kollegen können unbeschwert nachhaken. Change-Kommunikation war immer aufwändiger als ich es geplant hatte und benötigte mehr Zeit. Ich weiß in der Zwischenzeit, wenn ich denke es sei eigentlich alles klar, dass dann die Arbeit richtig anfängt. Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht mit externer Unterstützung (nicht nur von klassischen Coaches, aber auch von Firmen, die das schon durchlebt haben und die Probleme kennen). Eigene Mitarbeiter, die Know-how in Sachen Change-Kommunikation haben, sind sehr hilfreich, da sie viel leichter das Vertrauen der <?page no="52"?> 52 1 Organisation Kollegen erreichen können und viel mehr Informationen bekommen, als externe Mitarbeiter. Die Manager und Führungskräfte müssen verstehen, dass sie sich selbst in einem Change-Prozess befinden und damit auch ihren individuellen Change managen müssen. Ich habe erlebt, dass Führungskräften die Change-Kurve „von der Ungläubigkeit bis zur Akzeptanz“ vorgestellt wurde - und das war es dann. Kein Wort davon, dass auf allen Ebenen neue Personen verantwortlich und in Verantwortung waren und sich die Führung selbst neu finden musste, während wir den Change positiv zu vermitteln versuchten. Führungskräfte - auch des Topmanagements - werden als Adressaten der Change- Kommunikation leicht vergessen. Wenn ich als Manager bestimmte Fähigkeiten wie Empathie nicht habe, dann ist es wichtig, dass ich diese in meinem Team aufbaue. Ich brauche ein Steuerungsteam, das sowohl konsistent den zukünftigen Zustand vermittelt und implementiert, als auch Feedback aktiv einholt und verarbeitet und daraus konkrete Aktivitäten ableitet und umsetzt. Es geht um ein Experiment (wir probieren und lernen) oder um eine Expedition ins Unbekannte, und wir müssen genau schauen, hören, spüren, wahrnehmen, was sich hinter dem nächsten Baum verbirgt. Man muss sich bewusst sein, dass der Change Zeit braucht und dass alle Fehler machen werden. Ich habe schon schlimme Fehler gemacht; gerettet hat mich stets, wenn wir diese im Team gesehen und daraus gelernt haben. Entscheidend sind Mitarbeiter, die einem als Führungskraft Rückmeldung geben. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? In einer der Change-Situationen (agile Transformation) wurde die Veränderung Zug um Zug komplett durch die Mitarbeiter selbst vorangetrieben. Meine Rolle beschränkte sich darauf, benötigte Unterstützung zu genehmigen. Das Team hat eine Kreativität gezeigt, die ich als Manager nicht erwartet hätte. In der Zwischenzeit sind die betroffenen Mitarbeiter teilweise selbst zu Promotoren der Veränderung geworden. Externes Coaching hat mir geholfen, mein eigenes Verhalten zu spiegeln und den Prozess auch aus einer anderen Perspektive zu sehen. Umso besser ich es schaffe, im Kontakt mit den Mitarbeitern zu bleiben und selbst offen bin und als Mensch sichtbar, umso eher lassen sich die Kollegen auf eine gemeinsame Expedition ein. Insofern ist meine eigene Entwicklung ein Instrument im Veränderungspro- <?page no="53"?> 1.4 Lean Administration 53 zess. Gute Events schaffen einen Orientierungspunkt, an dem die Mitarbeiter das Neue festmachen können. Welche Wirkung hatte das? Ich erkenne immer nur, dass wir alles irgendwie hinbekommen haben, und dass ich währenddessen (also unterwegs im Change) immer das Gefühl hatte, wir haben keine Ahnung, wie wir das schaffen sollen. Ich stelle mir das eigentlich so vor, dass man ein Ziel ausgibt, und dann drehen die Räder ineinander und der Zielzustand stellt sich von selbst ein. Tatsächlich kommt es mir teilweise vor wie ein zum Ziel hin dilettieren. Externes Coaching gibt einem eine alternative Perspektive, die zeigt, auf was man achten sollte. Wo es klappt, entsteht aus dem Team eine so unglaubliche Kreativität, dass man selbst ins Staunen gerät und scheinbar Unmögliches möglich wird. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Sich bewusst sein, dass man die Bedeutung der Veränderung für andere immer unterschätzt. Ein Change-Team aufbauen, das mir und allen Kollegen als Dialogpartner in der Umsetzung zur Verfügung steht. Dieses Team muss im Kontakt mit den Mitarbeitern stehen und deren Vertrauen haben und auch mir offen Rückmeldung geben. Inhaltlich konsequent am Ziel bleiben und dieses hartnäckig verfolgen und dabei gleichzeitig offen für kritisches Feedback sein und die Maßnahmen geeignet anpassen, um mit den Betroffenen gemeinsam den neuen Zustand herstellen. Die Betroffenen mit einbinden und sie damit aus der gefühlten Ohnmacht herausholen. Emotionale Intensität, auch negative, zulassen. Auch wenn man das nicht glauben mag: Aus dem Zulassen entstehen wichtige Lösungsansätze. 1.4 Lean Administration  Problemstellung: Qualität und Effizienz der Verwaltungsprozesse erhöhen  Zielgruppe: Chief Operation Officer, kaufmännischer Geschäftsführer, Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich  Voraussetzungen: Bereitschaft zur Übertragung von Verantwortung an Mitarbeiter sowie hinreichende Mitarbeiterqualifikation und Unterstützung durch die oberste Führungsebene <?page no="54"?> 54 1 Organisation Zielsetzung von Lean Administration In den Verwaltungsbereichen von Organisationen wird von fast 30 Prozent Verschwendung ausgegangen. Es stellt sich daher nicht mehr die Frage, ob sich Unternehmen mit dem Lean-Ansatz, der im Bereich der Produktion bekannt ist, auch in den indirekten Bereichen auseinandersetzen sollen. Vielmehr ist nur noch zu klären, wie die Prozessoptimierung in der Administration gestaltet werden kann. Lean Administration, auch Lean Office genannt, überträgt das Vorgehen des Toyota Produktionssystems auf die Verwaltung und den administrativen Bereich. 39 Ziele sind die Steigerung der Effektivität und Effizienz, die Verminderung des Ressourceneinsatzes sowie kontinuierliche Optimierungen der Prozesse, insbesondere auch in abteilungsübergreifenden Prozessen. Der Lean-Philosophie folgend bildet die Vermeidung von Verschwendung den Hauptansatzpunkt. Abbildung 9: Die sieben Verschwendungsarten im Büro 40 Die in Abbildung 9 aufgeführten sieben Verschwendungsarten im Büro werden dazu in konkreten Arbeitsabläufen systematisch identifiziert, analysiert und minimiert. Dadurch können die Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten vermindert und die Qualität der Bearbeitung signifikant gesteigert werden. Da die Mitarbeiter selbst aktiv an der Prozessoptimierung mitgestalten, wird das Engagement und die Verpflich- 39 Zum Toyota Produktionssystem vergleiche Nagel, Mieke & Teuber (2020, S. 197 ff). 40 Vergleiche George (2003, S. 259 ff). <?page no="55"?> 1.4 Lean Administration 55 tung der Mitarbeiter gesteigert, ihren Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung zu leisten. Beschreibung von Lean Administration Lean Administration wendet das Toyota Produktionssystem auf die Arbeitsvorgänge in der Verwaltung an. Die Grundidee folgt dem Ansatz des Empowerments. 41 Die Mitarbeiter wissen am besten über Probleme und Störungen in ihren Arbeitsprozessen Bescheid. Sie sind die Experten für den Workflow. Lean Administration unterstützt die Mitarbeiter, das Gefühl der Kontrolle über ihren Arbeitsprozess wieder beziehungsweise neu zu erlangen. Dadurch entsteht Motivation, die weitere Optimierung und Effizienzsteigerung des einzelnen Vorgangs oder der gesamten Prozesskette in Angriff zu nehmen. Lean Administration stellt hierfür ein Bündel an Methoden zur Verfügung, die es den Mitarbeitern ermöglichen, ihre Arbeit schlanker, das heißt, mit weniger Ressourceneinsatz wie Arbeitszeit, Arbeitsraum, Transportwege oder Schnittstellen zu gestalten, ohne den Blick auf die vom Kunden gewünschte Qualität zu vernachlässigen. Ausgangspunkt der Optimierung ist eine detaillierte Beschreibung aller vorhandenen Prozesse und Arbeitsschritte. Wie in Abbildung 10 verdeutlicht, stellt das Prozessmapping die Visualisierung des vorhandenen Workflows inklusive Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten dar. In Form von kurzen Workshops wird dieser vom Team selbst erarbeitet. Der Ablauf eines einzelnen administrativen Vorgangs - von der Veranlassung bis hin zur Erledigung über alle Arbeitsschritte und alle Beteiligten hinweg - wird von den Mitarbeitern festgehalten. Erforderliche Entscheidungen und Formulare werden dokumentiert und sowohl Bearbeitungszeiten als auch Durchlaufzeiten erfasst. Bereits während der Erfassung der Arbeitsschritte im Ist-Zustand werden Probleme dokumentiert und in Form von Blitzen - so genannten Kaizen-Blitzen - visualisiert. Die während des Prozessmappings auftauchenden Verbesserungsideen werden mitnotiert, ohne sie bereits während des Prozessmappings näher zu reflektieren. Im Anschluss an die Dokumentation des Ist-Zustandes findet die Priorisierung der Kaizen-Blitze statt. Im Sinne des in Kapitel 1.2 beschriebenen Changemanagements empfiehlt es sich, die Priorisierung nach Höhe des Aufwands für die Optimierung vorzunehmen, um rasche Umsetzungserfolge erzielen zu können. 41 Vergleiche Rappaport, Swift & Hess (1984, S. 3 ff). <?page no="56"?> 56 1 Organisation Abbildung 10: Prozessmapping 42 42 Modifiziert nach Roth (2000). <?page no="57"?> 1.4 Lean Administration 57 Die einzelnen Kaizen-Blitze werden konsekutiv im Team bearbeitet - unter Berücksichtigung folgender Fragen: Welche Möglichkeiten haben wir, diesen Arbeitsschritt eleganter, das heißt, mit weniger Aufwand zu gestalten? Können wir einzelne Übergabestellen eliminieren? Wo klaffen Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten weit auseinander? Womit können wir die Durchlaufzeit verringern? Es wird entschieden, mit welcher Verbesserungsidee die Umsetzung getestet wird. Gleichzeitig wird festgehalten, anhand welcher Kennzahlen - wie Fehlerquote, Häufigkeit von Rückfragen oder Durchlaufzeiten - die erfolgreiche Umsetzung bewertet wird. Dann erfolgt die Umsetzung auf Probe - immer unter der Maßgabe, dass während der Umsetzung weitere Erfahrungen mit diesem Arbeitsschritt gemacht werden, welche die weiteren Optimierungsideen maßgeblich beeinflussen können. Es gibt demnach keine Fehler bei der Umsetzung von Verbesserungsideen, sondern nur Lernerfahrungen aus der Erprobung der Optimierungsoptionen. Prinzipielle Ansatzpunkte zur Prozessverbesserung stellen die häufigen Wechsel der Zuständigkeiten und der Umfang der einzelnen Arbeitsschritte je Zuständigkeit dar. Gelingt es, durch die Ausweitung der Zuständigkeit die Anzahl der Wechsel zu reduzieren, führt dies zu weniger Kontaktstellen im Prozess und zu schnelleren Durchlaufzeiten. Weichen die Durchlaufzeiten stark von den Bearbeitungszeiten ab, bieten zum Beispiel die Reduktion der zu bearbeitenden Losgrößen oder die Umstellung auf das First-In-First-Outbeziehungsweise FIFO-Prinzip mögliche Ansatzpunkte. Die Freigabe und Unterzeichnung von Vertragsunterlagen stellt vielfach ein leicht zu realisierendes Verbesserungspotenzial dar. Aus Gewohnheit wandert die Unterschriftenmappe - elektronisch oder in Papierform - über zahlreiche Stationen durch das Unternehmen. Teils zur Information, teils zur Zustimmung und Unterschrift. Hierbei klaffen Bearbeitungszeit - wie Prüfung und Unterschrift - und Durchlaufzeit - zwei Arbeitstage zur Bearbeitung des Posteingangs - rasch um den Faktor zehn auseinander. Werden die beiden Arbeitsschritte entzerrt und das Vorgehen auf ein Selbstbedienungssystem umgestellt - man holt sich die Freigabe beziehungsweise Unterschrift direkt bei der zuständigen Person -, kann die Durchlaufzeit von 10-20 Arbeitstagen auf zwei bis drei Arbeitstage gesenkt werden. Die 5S-Methode nimmt die Aspekte Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren und Selbstdisziplin in den Blick. 43 Mit diesem Vorgehen werden in der Produktion die Arbeitsplätze entsprechend übersichtlich 43 Vergleiche Thieme & Panskus (2008). <?page no="58"?> 58 1 Organisation und funktionsfähig gehalten. Es bietet sich als Optimierungsstrategie insbesondere für Arbeitsplätze mit sich häufig wiederholenden Arbeitsvorgängen und für gemeinschaftlich genutzte Flächen und Arbeitsmittel wie Besprechungsräume und Materiallager an. Der Optimierungsprozess orientiert sich dabei an den Kriterien Effizienz und Wirtschaftlichkeit, höchste Qualität, Ordnung und Sauberkeit sowie Ergonomie. In der Umsetzung empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen:  Sortieren: Was wird für die laufende Tagesarbeit direkt auf dem Schreibtisch oder in unmittelbarer Reichweite benötigt? Gibt es Unnötiges und Überflüssiges, das man wegwerfen, verschenken, vom Arbeitsplatz entfernen oder in einer gemeinsam genutzten Lagerstätte deponieren kann?  Systematisieren: Sichtbare Ordnung mit festen und eindeutigen Standorten, transparenter Beschriftung und visuellem Management entscheidet über Nutzungsquote und Nachhaltigkeit der Vereinbarungen.  Säubern: Den Arbeitsplatz und das direkte Umfeld sauber halten. Nicht voll funktionsfähiges Material wie Kugelschreiber, Filzstifte, Tastaturen, veraltete Checklisten und Nachschlagewerke stellen Abfall dar.  Standardisieren: Der Schreibtisch und alles was dazugehört - Ablagen, Ordner oder Büroeinrichtungen - werden häufig als privater Gestaltungsspielraum der Mitarbeiter betrachtet. Durch die Einführung von Standards wird die Orientierung für alle Mitarbeiter im Team erleichtert. Dies gilt insbesondere auch für Standards in der Kommunikation. Zudem steigern Standards die Robustheit von Prozessen. Hier kann die Einführung des Pull-Prinzips im Sinne der Kanban-Methode 44 große Effizienzpotentiale realisieren.  Selbstdisziplin: Die Einführung von regelmäßigen Verbesserungsritualen in Form von Peerbeziehungsweise Teamreviews, Teamaktionen und Lean-Audits tragen dazu bei, die 5S auch bei sich verändernden Arbeitsweisen regelmäßig zu aktualisieren. Die in Abbildung 11 illustrierte Verbesserungs-Kata stellt die strukturierte Routine dar, mit der die Verbesserung der administrativen Prozesse durch wiederholte Anwendung schrittweise vorangetrieben werden kann. Sie eignet sich für alle Herausforderungen, die nur in mehreren Schritten erreicht werden können. 44 Vergleiche Nagel, Mieke & Teuber (2020, S. 181 ff). <?page no="59"?> 1.4 Lean Administration 59 Abbildung 11: Verbesserungs-Kata Voraussetzung für den Einstieg in die Verbesserungs-Kata 45 ist das Wissen aller Beteiligten um die langfristige Zielsetzung beziehungsweise die Vision des Optimierungsprozesses. Daraus abgeleitet ist, ausgehend vom aktuellen Ist-Zustand, der nächste Ziel-Zustand auf dem Entwicklungsprozess hin zur langfristigen Zielsetzung zu definieren. Die aktuelle Wissensgrenze wird durch Prozessbeobachtung exploriert und gemeinsam mit dem Kata-Coach definiert. Mit Blick auf den nächsten Ziel-Zustand werden die Experimente geplant, mit denen der Weg zum nächsten Ziel-Zustand erforscht und realisiert werden soll. Folgende Leitfragen haben sich dazu in der Planungsphase der Verbesserungs-Kata bewährt: Wie genau stellt sich unser Ist-Zustand dar? Wie genau stellt sich unser Ziel-Zustand dar? Was steht zwischen dem Ist- und dem Ziel-Zustand? Ist dieses Hindernis in seiner Tiefe verstanden? Was muss der nächste Schritt sein? Was können wir tun, um dieses Hindernis zu überwinden? Welchen Effekt in Bezug auf den nächsten Ziel-Zustand erhoffen wir uns daraus? Im zweiten Schritt, der Realisierungsphase der Verbesserungs-Kata, geht es darum - vergleichbar mit dem Vorgehen in einem wissenschaftlichen Experiment 46 oder einem 45 Vergleiche Aulinger & Rother (2017, S. 25 f) sowie Rother & May (2019). 46 Hierbei handelt es sich um ein methodisch fundiertes Vorgehen, mit dessen Hilfe man versucht, die begründeten Vorannahmen zu bestätigen oder treffendere Vorannahmen zu erarbeiten. <?page no="60"?> 60 1 Organisation PDCA-Zyklus 47 -, das geplante Vorgehen zu erproben. Denkbare Leitfragen wären hier: Sind die prognostizierten Effekte eingetreten? Wie bewerten wir die Wirkung der Verbesserungsmaßnahme bezüglich der Zielerreichung? Was haben wir für den darauffolgenden Verbesserungsdurchgang gelernt? Daran anknüpfend wird die nächste Verbesserungs-Kata in Angriff genommen. Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung sind im Bereich der Produktion schon lange Alltag. Der Druck auf die Kosten und den Ressourcenaufwand im administrativen Bereich steigt ebenfalls an. Spätestens bei der Einführung EDV-gestützter Workflows stellt sich die Frage nach schlanken Prozessen in der Verwaltung. Mit Lean Administration kann dieser Handlungsdruck produktiv und nach vorne gerichtet aufgenommen werden. In einem Kick-off-Workshop werden alle Mitarbeiter in den Verbesserungsprozess eingebunden. Dabei hat sich folgende Agenda bewährt:  Grundverständnis für Optimierung als alltäglicher Betriebszustand,  Wissen um mögliche Ansatzpunkte,  Entscheidung für priorisierte Erprobungsfelder,  Erlernen der Verbesserungs-Kata. Mit Hilfe von erlebnisorientierten Übungen gilt es, für die Grundhaltung des Kaizen - der Veränderung zum Guten - zu sensibilisieren. Häufig werden Themen wie Standardisierung und Systematisierung als Vorgaben empfunden, die den Handlungsspielraum des Mitarbeiters einschränken. Infolgedessen ist es bei der Einführung von Lean Administration wichtig, den Mitarbeitern die dahinterliegenden Grundhaltungen und Werte - am besten in Form eines praxisnahen Start-Workshops - nachvollziehbar zu vermitteln. Denn nur wenn die Mitarbeiter von den Vorteilen einer Lean Administration-Geisteshaltung beziehungsweise einer Lean Administration-Mentalität überzeugt sind, werden sie den Verbesserungsprozess, der naturgemäß mit Rückschlägen oder Lernschleifen verbunden ist, auch engagiert realisieren. Das heißt, Mitarbeiter sollten die Optimierung als alltäglichen Betriebszustand akzeptieren und die damit verknüpften Vorteile für das persönliche Arbeitsverhalten erkennen, damit der Verbesserungsprozess auf Dauer wirkungsvoll ist. 47 Der PDCA-Zyklus wird auch Demingkreis genannt. Das Akronym PDCA setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Wörter Plan, Do, Check und Act zusammen. <?page no="61"?> 1.4 Lean Administration 61 Zusätzlich ist darauf zu achten, dass Lean Administration nicht zum Abbau von Personalkapazitäten oder verbesserter Kontrolle von Mitarbeitern anhand transparenter Prozesskennziffern eingeführt wird, sondern ausschließlich, um die Arbeitsprozesse mit der Expertise der Mitarbeiter einfacher, robuster und schlanker zu gestalten. Erfahrungsgemäß tritt die Erkenntnis, dass Lean Administration auch Vorteile für den Mitarbeiter bietet, bereits bei der Themensammlung im Rahmen des Kick-off-Workshops auf, wenn es darum geht, welche Prozesse im Detail beleuchtet werden sollen. Von den Mitarbeitern werden in der Regel jene Prozesse thematisiert, die häufig für Unzufriedenheit oder Konflikte sorgen. Nachdem definiert wurde, welche Vorgänge mithilfe des Prozessmappings bearbeitet werden sollen, werden am Ende des Kick-off-Workshops Gruppen mit etwa drei bis fünf Teilnehmern gebildet, die in der Zeit bis zum nächsten Workshop jeweils ein Prozessmapping erstellen. In der Praxis hat es sich in der Einführungsphase bewährt, jeder einzelnen Arbeitsgruppe für das Prozessmapping einen Coach zur Verfügung zu stellen. Im zweiten Workshop stellen die Teams die Ergebnisse ihrer Prozessmappings sowie mögliche Optimierungsoptionen vor. Die Workshop-Gruppe ergänzt das vorliegende Prozessmapping mit weiteren Perspektiven. Gegebenenfalls muss man das Prozessmapping in einer weiteren Kleingruppenphase verfeinern. Um die ersten Lernschritte möglichst ohne negative Auswirkungen auf andere Mitarbeiter machen zu können, empfiehlt es sich, mit dem Arbeitsplatz des einzelnen Mitarbeiters zu starten - so genanntes Punkt- Kaizen. Mit zunehmender Lean-Kompetenz können im zweiten Schritt Prozessketten in den Blick genommen werden - so genanntes Prozess- Kaizen. Erst bei ausgeprägter Lean Administration-Erfahrung ist es ratsam, in Bezug auf das gesamte System Betrieb zum Beispiel mit einer Optimierung der vorhandenen IT-Infrastruktur in eine Verbesserungs- Kata zu gehen. Dies bezeichnet man als System-Kaizen. 48 Liegen ausreichende Erkenntnisse für das Erproben einer Optimierungsoption vor, wird diese im Workshop-Team vereinbart. Zudem werden die entsprechenden Prozesskennzahlen erarbeitet und festgelegt. Anschließend wird die Erprobungsdauer bestimmt. Das für den Prozess verantwortliche Team führt die Optimierung in der Mitarbeiterschaft ein und berichtet im darauffolgenden Workshop über die Wirkungen der Optimierung. Der Struktur des PDCA-Zyklus folgend 48 Vergleiche Wiegand (2009, S. 54 ff). <?page no="62"?> 62 1 Organisation ergibt sich daraus ein iteratives Vorgehen im Wechsel zwischen Workshops und Erprobungsphasen. Mit zunehmender Lernerfahrung der Mitarbeiter kann die Unterstützung durch den Coach reduziert werden. Weiterführende Hinweise Zeitknappheit stellt ein häufiges Problem im Rahmen der Einführung von Lean Administration dar. Da es beim Erlernen der Verbesserungs- Kata um das Verlernen gewohnter Denkmuster und das Erproben neuer Denkmuster im betrieblichen Alltag geht, spielt die Zeit zum Umlernen eine wesentliche Rolle. Nur wenn die Bereitschaft für diese Zeitinvestition vorhanden ist, bietet sich die Einführung von Lean Administration an. Für typische Turnaround-Situationen wie Sanierungen ist dieses Optimierungsvorgehen aufgrund seiner eher mittelfristigen Wirkung jedoch ungeeignet. Wird der Versuch unternommen, Lean Administration zur Vorbereitung eines Stellenabbaus einzusetzen, verliert die Methode rasch an Wirkung. Nur wenn für die durch die Optimierung freiwerdenden Kapazitäten sinnvolle Einsatzfelder - wie gesteigerte Vertriebsaktivitäten, verbesserter Kundenservice oder beschleunigte Produktneuentwicklungen - in Aussicht stehen, werden Mitarbeiter beim Vermeiden von Verschwendung und der Suche nach mehr Effizienz und Effektivität aktiv mitwirken. Bei der Einführung von Lean Administration sollte man darauf achten, dass der Fokus nicht nur auf der neuen Optimierungstechnik liegt. Vielmehr sollte die neue Art, gemeinsam und lösungsfokussiert zu lernen, im Vordergrund stehen. 49 Es geht am Anfang des Einführungsprozesses insbesondere darum, die Verbesserungs-Kata als Grundhaltung in einer Organisation zu implementieren. Daher ist zu Beginn - bei der Entscheidung für priorisierte Erprobungsfelder - das Kriterium, wo am einfachsten und schnellsten die besten Lernerfahrungen gemacht werden können, höher zu gewichten als die üblichen Kosten-Nutzen-Überlegungen. Zudem muss bei der Anwendung von Lean Administration der abnehmende Grenznutzen der Optimierungsbemühungen beachtet werden. Schließlich sollte man mit Blick auf die Robustheit der Betriebsorganisation das Lean-Konzept nicht fehlinterpretieren: Denn lean bedeutet schlank, aber nicht mager. 49 Vertiefende Hinweise zum lösungsfokussierten Vorgehen bei der Einführung von Lean Administration finden sich bei Teuber & Heizmann (2006). <?page no="63"?> 1.4 Lean Administration 63 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Dr.-Ing. Christian Gruß, Vorstand Betrieb, Fahrplan, Vertrieb und Kapazitätsmanagement, DB Netz AG, zuvor diverse Stationen im Konzern der Deutschen Bahn AG, zuletzt COO des DB-Konzerns, hierbei zuständig für das Lean-Produktionssystem der DB AG, Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Universität Karlsruhe und Promotion im Bereich Revenue Management an der BTU Cottbus. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Mein aktueller Zuständigkeitsbereich zeichnet sich durch eine besondere Breite an Themen aus. Von strategischen Gesichtspunkten der Kapazitätsverteilung im deutschen Schienennetz, über Fragestellungen der Digitalisierung, bis hin zu operativen Herausforderungen der aktuellen Betriebsführung. Dabei spielen die kontinuierliche Optimierung von Prozessen, das Vermeiden von Verschwendung und damit der Lean-Ansatz eine wichtige Rolle. Um dieses breite und nicht nur zeitlich heterogene Spektrum effektiv steuern zu können, bin ich auf ein funktionierendes Performancemanagement angewiesen. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Die Veränderung vom aktuellen Zustand hin zum neuen Lean- Zustand zu erreichen und diesen zu halten, ist nicht leicht. Hier hat sich ein unterstützendes Begleiten des Wandlungsprozesses mittels Performance-Dialogen bewährt. Dieses aus meiner Sicht in der Wissenschaft zu wenig beleuchtete Mittel hat sich als äußerst praktikables und wirksames Instrument erwiesen, den Wandel zu einer schlanken Organisation mit Erfolg zu durchlaufen. Die größte Herausforderung ist, ein gutes Performancemanagement einzuführen. Die meisten Bereiche haben bereits ein Performancemanagement und sehen die Notwendigkeit der Adjustierung nicht mehr. Ich habe bereits viele Performance-Dialoge gesehen und eingeführt. Ausbaufähige Formate erkennt man schnell: Es fehlt der Blick nach vorne, es wird zu viel Zeit verschwendet zu erklären, warum etwas gerade diesmal nicht geklappt hat, es ist zu wenig Durchdringung der dahinterliegenden Treiberbäume. Hier ist viel Überzeugungsarbeit nötig, sich neu zu erfinden. <?page no="64"?> 64 1 Organisation (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Ich musste klare Standards vorgeben und viel Aufwand in das Datenmanagement investieren. Nachdem wir unsere relevanten KPIs identifiziert hatten (abgeleitet aus der Strategie und unserem Produktversprechen), hatten wir vereinbart, dass jeder KPI immer ein Ziel, einen Plan, ein Ist und einen Gleitpfad haben muss. Alleine das wirkliche Verständnis des Unterschieds zwischen einem Ziel und einem Plan ist häufig erklärungsbedürftig. Die Zusammenhänge der KPIs und deren Kaskadierung auf die unterschiedlichen Hierarchieebenen war dann der nächste Schritt. Dafür braucht es ein sehr gutes Verständnis der Treiberbäume der jeweiligen KPIs. Hat man dieses nicht, erschwert das nicht nur die Lösung von Herausforderungen, sondern im gleichen Maße die Kaskadierung. Performance-Dialoge, die nicht gut kaskadiert sind, verlieren jedoch erheblich an Effektivität und Effizienz. Sie fokussieren dann nicht auf die unternehmensweite Steigerung der Wertschöpfung. Der Lean-Gedanke ist nur sinnvoll, wenn er unternehmensweit gelebt wird. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Gute Performance-Dialoge wirken positiv auf die Umsetzungsstärke, ermöglichen eine nachhaltige Verbesserung von Kernprozessen - insbesondere durch die ständige Fokussierung der neuen Lean-orientierten Denk- und Verhaltensweisen -, schaffen Kundenzentrierung und sind positiv kulturprägend. Insbesondere der unternehmenskulturelle Aspekt wird aus meiner Sicht häufig unterschätzt. Hochfrequente und konsequent kaskadierte Dialoge vom Shopfloor bis ins Topmanagement können ein probates Mittel sein, die vielzitierte Lehmschicht durchlässiger zu gestalten. Auch eine positive Fehlerkultur ist fast schon nebenbei zu bekommen. Schafft es eine Organisation, neben vertikalen zusätzlich horizontale Performance-Dialoge zu etablieren, sind das sehr gute Voraussetzungen, etwaiges Silodenken zu reduzieren. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Das wichtigste: Durchhalten und sich klar sein, dass eine schlanke Organisation nicht über Nacht entsteht und dass die ersten Dialoge schlecht sein werden. Das ist normal - in der Re- <?page no="65"?> 1.4 Lean Administration 65 gel sind die ersten 3-6 Monate nicht gut (das hängt von der Frequenz der Dialoge und dem Reifegrad der Organisation ab). Das zweite: Den Rückspiegel abbauen und ausschließlich nach vorne blicken. Erklärungen, warum es nicht geklappt hat, ausschließlich für Analysezwecke verwenden. Und das dritte: Ein Performance-Board ist niemals perfekt und fertig. Deshalb zu Beginn keinen Aufwand in tolle Digitalisierungslösungen und Frontends stecken - lieber die Kraft in ein gutes Datenmanagement und die Logik der Treiberbäume investieren. Wenn dann noch eine Portion heitere Besessenheit dazukommt, um sich immer weiter zu verbessern, müsste es klappen. <?page no="67"?> 2 Personal Unternehmen haben im Zuge der so genannten dritten industriellen Revolution ihren Automatisierungs- und Technisierungsgrad signifikant erhöht. Im Mittelpunkt der vierten industriellen Revolution, die mit der griffigen Formel Industrie 4.0 umschrieben wird, 50 stehen die zunehmende Digitalisierung und die damit einhergehende Vernetzung von Maschinen und Systemen. Unabhängig davon, wie man diesen Megatrend bewertet und in der alltäglichen Unternehmenspraxis berücksichtigt, werden marktwirtschaftlich ausgerichtete Organisationen auch in absehbarer Zukunft nicht durchgängig automatisiert und digitalisiert sein. Das heißt, der Mensch bleibt ein wichtiger Faktor - ein Produktionsfaktor besonderer Art, der vielfach den entscheidenden Wettbewerbsvorsprung sichert. 51 Für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen ist es daher wichtig, zunächst Mitarbeiter für den Betrieb zu gewinnen, um dann die Passung zwischen betrieblicher Aufgabe und vorhandenen Kompetenzen von Mitarbeitern herzustellen und zu entwickeln, um schließlich am Ende der Zusammenarbeit so auseinanderzugehen, dass das Ansehen des Unternehmens und damit die Arbeitgebermarke keinen Schaden nehmen. Dies ist insofern bedeutsam, als Unternehmen seit vielen Jahren um die besten Talente konkurrieren müssen. Dieser im Jahr 1997 von der Unternehmensberatung McKinsey beschriebene „War for Talents“ 52 wird durch die aktuelle demografische Entwicklung noch verstärkt. Das heißt, für Unternehmen wird es immer mehr zu einer Herausforderung, geeignetes und für zukünftige Aufgaben qualifiziertes Personal zu finden. Daher rückt die Marke des Unternehmens, die so genannte Employer Brand, in den Vordergrund. Denn das Image eines Unternehmens ist aus der Sicht eines potenziellen Mitarbeiters ein wesentliches Selektions- und Entscheidungskriterium. Dies gilt sowohl für Berufseinsteiger von Schulen oder Hochschulen als auch für berufserfahrene Kräfte am Ar- 50 Der Begriff Industrie 4.0 wird in Anlehnung an das gleichnamige Zukunftsprojekt der Bundesregierung seit etwa 2011 verwendet. Vergleiche zur Geschichte und den zukünftigen Handlungsfeldern Bundesministerium für Bildung und Forschung (2017). 51 Vergleiche zu dem Argument des „Produktionsfaktors besonderer Art“ unter anderem Wöhe, Döring & Brösel (2016). 52 Siehe Michaels, Handfield-Jones & Axelrod (2001). <?page no="68"?> 68 2 Personal beitsmarkt. Über Bewertungsplattformen im Internet sind unter anderem die tatsächlich gelebten Unternehmenswerte, die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Entlohnungs- und Aufstiegsmöglichkeiten transparent und somit vergleichbar. Die hier vor allem in den Mittelpunkt rückenden „Digital Natives“ 53 , die mit Internet, iPad und Smartphone aufgewachsen sind, verarbeiten und bewerten nicht nur auf Facebook, Instagram oder YouTube Informationen in Sekundenschnelle, sondern auch auf IT-basierten Bewerberplattformen. Insofern müssen Unternehmen nicht nur die richtigen Kommunikationskanäle wählen, sondern auch attraktive Informationen bereitstellen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Ist das erforderliche Personal ausgewählt und an Bord genommen unterstützen qualifizierte und praxisnahe Prozesse Mitarbeiter und Führungskräfte dabei, einen kollegialen und wertschätzenden Umgangsstil zu pflegen. Empirische Untersuchungen belegen, dass sich ein wertschätzender und von Partnerschaftlichkeit und Fairness geprägter Umgang positiv auf das Unternehmensergebnis auswirkt. Ein kooperativer Führungsstil steigert die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und wirkt sich positiv auf die Umsatzrendite aus. 54 Schließlich fördern partnerschaftliche Führungsstile und Führungsstrukturen die Gesundheit der Mitarbeiter, indem deren Autonomiebedürfnisse berücksichtigt und gewürdigt werden. Abbildung 12: Mitarbeiterlebenszyklus 55 53 Prensky (2001, S. 1). 54 Vergleiche hierzu im Überblick Badura, Ducki, Schröder, Klose & Macco (2011). 55 Modifiziert nach Wald (2012). <?page no="69"?> 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche 69 Der Lebenszyklus eines Unternehmens und der in Abbildung 12 dargestellte Lebenszyklus eines Mitarbeiters sind allerdings nicht deckungsgleich. Daraus leiten sich folgende Aufgaben für Unternehmen ab:  Recruiting: Wie machen Unternehmen auf freie Stellen aufmerksam und motivieren die potenziell passenden Mitarbeiter zur Bewerbung?  Onboarding: Wie führt man neue Mitarbeiter effizient und motivierend in das Unternehmen ein, um eine Kündigung in der Probezeit zu vermeiden?  Mitarbeiterführung: Wie führt und unterstützt man Mitarbeiter, damit sie optimale Produktivität in der bestehenden Arbeitsaufgabe entfalten?  Mitarbeiterentwicklung: Wie gestaltet man die Entwicklung von Mitarbeitern vor dem Hintergrund der unterschiedlichen persönlichen Entwicklungsperspektiven und betrieblichen Notwendigkeiten?  Mitarbeiternachfolge: Wie bereitet man das Unternehmen auf das Ausscheiden von Mitarbeitern vor, und wie sichert man den Knowhow-Transfer?  Austritt: Wie kann die Trennung beziehungsweise der Austritt aus dem Unternehmen wertschätzend gestaltet werden, ohne dass Produktivitätseinbußen eintreten? Die Instrumente des Personalmanagements tragen dazu bei, die Passung an die sich verändernden Lebenssituationen von Mitarbeitern im Kontext der betrieblichen Entwicklungsdynamik aufrechtzuerhalten. Ausgewählte Ansätze und Methoden werden in den folgenden Kapiteln diskutiert und deren Anwendungsmöglichkeiten verdeutlicht. 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche  Problemstellung: Fehlende oder zu geringe Möglichkeit, die Wirkung und Produktivität des persönlichen Handelns einschätzen zu können  Zielgruppe: Führungskräfte und Mitarbeiter  Voraussetzungen: Kenntnis des Sachverhalts, zu dem Feedback gegeben werden soll, Kommunikationsstil auf Augenhöhe Zielsetzung von Feedback- und Feedforward-Gesprächen Die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Führungskräften lebt von der Frage, wie sich diese Zusammenarbeit kontinuierlich verbessern kann beziehungsweise was zu tun oder zu unter- <?page no="70"?> 70 2 Personal lassen wäre, damit eine gute Zusammenarbeit nicht gefährdet wird. Mit Feedback-Gesprächen versucht die Führungskraft, den persönlichen Lernprozess des Mitarbeiters zu unterstützen. Im Feedback-Gespräch werden die Stärken und Schwächen des Handelns in einer konkreten Handlungssituation besprochen. Es wird gemeinsam herausgearbeitet, welche Verhaltensweisen zukünftig in ähnlichen Handlungssituationen notwendig und hilfreich sind, um die Arbeitsanforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Wahrnehmungen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Mitarbeitern sind zusammenhängend zu betrachten. 56 Daher spielen in Feedback-Gesprächen auch die individuellen Persönlichkeiten der Mitarbeiter eine wesentliche Rolle. Abbildung 13: Johari-Fenster 57 Auf der Ebene der Wahrnehmung stellt die Führungskraft zusätzliche Informationen aus ihrer Führungsperspektive zur Verfügung, damit vorhandene blinde Flecken des Mitarbeiters - wie in Abbildung 13 dargestellt - bewusstgemacht und reduziert werden. Damit eröffnet sich für den Mitarbeiter die Möglichkeit der Ergänzung und Erweiterung seiner Einstellungen und seiner Wahrnehmungen. Dadurch werden neue Verhaltensweisen möglich, welche die Wirkung des Mitarbeiters auf andere Personen im Team, auf Lieferanten oder Kunden optimieren. Allerdings „gibt es ein grundlegendes Problem mit allen Arten von 56 Schulz von Thun (1996, S. 69 ff). 57 Siehe Luft & Ingham (1955). <?page no="71"?> 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche 71 Feedback: Es konzentriert sich auf die Vergangenheit; das heißt, auf das, was bereits stattgefunden hat. Hiermit geht die unendliche Vielfalt an Möglichkeiten, die in der Zukunft liegen, vollkommen verloren. Insofern kann Feedback begrenzt und statisch sein, im Gegensatz zu expansiv und dynamisch.“ 58 Um den Fokus von Feedback noch stärker auf die die Zukunft zu richten, hat Goldsmith den Begriff „Feedforward“ 59 geprägt. Ziel von Feedforward ist es, durch den Austausch mit der direkten Führungskraft Veränderungsideen für ein vom Mitarbeiter selbst gewähltes Verhalten zu erhalten, das er in der Zukunft verändert realisieren möchte. Beschreibung von Feedback- und Feedforward-Gesprächen In nahezu jedem Verhaltenstraining werden Feedback-Regeln thematisiert, die sich in ihrer Formulierung an Empfehlungen aus den 1970er- Jahren für Trainingsprogramme aus dem Bereich des sozialen Lernens orientieren: 60  Gebe Feedback, wenn der andere es auch hören kann.  Dein Feedback soll so ausführlich und konkret wie möglich sein.  Teile Deine Wahrnehmungen als Wahrnehmungen, Deine Vermutungen als Vermutungen und Deine Gefühle als Gefühle.  Dein Feedback soll den anderen nicht analysieren.  Dein Feedback soll auch positive Gefühle und Wahrnehmungen umfassen.  Dein Feedback soll umkehrbar sein.  Dein Feedback soll die Informationskapazität des anderen berücksichtigen.  Dein Feedback soll sich auf begrenztes und konkretes Verhalten beziehen.  Dein Feedback soll möglichst unmittelbar erfolgen.  Du sollst Feedback nur annehmen, wenn Du dazu bereit und in der Lage bist.  Feedback-Geben bedeutet, Informationen zu übermitteln, und nicht, den anderen zu verändern. 58 Goldsmith (2016, S. 1). 59 Goldsmith (2007). 60 Vergleiche im Überblick Schwäbisch & Siems (1978, S. 76 ff). <?page no="72"?> 72 2 Personal Über die Durchführung von Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen haben diese Feedback-Regeln häufig Einzug in den Dialog zwischen Mitarbeiter und Führungskraft gehalten. 61 Das klassische Feedback-Gespräch eignet sich für Situationen, in denen der Mitarbeiter über eine geringe Praxiskompetenz verfügt; zum Beispiel nach der Durchführung einer ersten Projektpräsentation im Lenkungsausschuss. Mit Hilfe des Feedback-Gespräches erweitert der Mitarbeiter seine persönliche Wahrnehmung um die Wahrnehmungsperspektive seiner Führungskraft. Er wird von seiner Führungskraft auf Punkte beziehungsweise blinde Flecken hingewiesen, die er aufgrund seiner bislang fehlenden Vorerfahrung nicht oder nur unzureichend wahrnehmen kann. Durch den intensiven Austausch mit der Wahrnehmung und der Bewertung durch die Führungskraft erweitert der Mitarbeiter sein situatives Repertoire an Wahrnehmungsrastern und möglichen Verhaltensweisen. Feedforward bietet sich als eine wenig aufwendige und rasch durchzuführende Lernmethodik zwischen Mitarbeiter und Führungskraft an, wenn der Mitarbeiter bereits über Vorerfahrungen verfügt; zum Beispiel nach der Durchführung der Projektpräsentation im Lenkungsausschuss als Teilprojektleiter, und wenn der Mitarbeiter motiviert und gewillt ist, sein Verhalten weiter zu optimieren. 62 Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Ausgangspunkt für ein Feedback-Gespräch ist in der Regel eine Situation, die sowohl der Mitarbeiter als auch die Führungskraft wahrgenommen und als verbesserungswürdig klassifiziert haben. Im Gespräch wird zunächst die Wahrnehmungsperspektive des Mitarbeiters benannt: Wie habe ich die Situation erlebt? Was ist mir aufgefallen? Welche Gefühle, Empfindungen, Fragen und Überlegungen hatte ich dabei? Was hat mir daran gefallen? Was hat mir missfallen? Im zweiten Schritt schildert die Führungskraft ihre Wahrnehmungsperspektive zu den identischen Fragestellungen. Beide Gesprächsteilnehmer versuchen bei der Schilderung, die Ebene der Wahrnehmung und die Ebene der Bewertung - im Sinne von „gut“ und „schlecht“ - zu trennen. Im dritten Schritt findet die gemeinsame Bewertung der Situation statt: Was ist 61 Gute Beispiele für aktualisierte Formulierungen der Feedback-Regeln finden sich bei Goetz & Reinhardt (2016) oder Koopmans (2016). 62 In Anlehnung an Dweck (2010) kann man Feedforward auch als Entwicklungstechnik für Mitarbeiter ansehen, die über ein Growth Mindset - also über ein dynamisches Selbstbild - verfügen. Diese betrachten Fehler als Möglichkeit, Neues auszuprobieren und die eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. <?page no="73"?> 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche 73 unproblematisch? Was war gut? Was hat gestört? Was sollte in Zukunft möglichst verändert werden? Im vierten Schritt sammeln Mitarbeiter und Führungskraft zum einen Ideen für mögliche Modifikationen in der Zukunft und zum anderen Vorschläge, wie die bereits erfolgreichen Verhaltensweisen auch in Zukunft beibehalten werden können. Das Feedback-Gespräch schließt mit einem Resümee des Empfängers: Welche Punkte habe ich aufgenommen? Wie geht es mir damit? Was beschäftigt mich und wie möchte ich damit umgehen? Daran anknüpfend können Gespräche über Zielvereinbarungen stattfinden und die Terminierung eines erneuten Feedback-Gespräches vorgenommen werden. 63 Wird die Gesprächsform des Feedforward gewählt, dann entsteht ein stark in die Zukunft gerichteter Austausch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Ausgangspunkt ist die Wahl des Mitarbeiters für ein Verhalten, das er ändern möchte und für welches er eine hohe Veränderungsmotivation mitbringt. Nachdem er zu Beginn des Feedforward- Gespräches dieses Verhalten beschrieben hat, bringt die Führungskraft mindestens zwei Vorschläge ein, die dem Mitarbeiter helfen könnten, sein ausgewähltes Verhalten zu erreichen. Wichtig ist dabei, dass sich der Mitarbeiter diese Vorschläge anhört, ohne sie zu kommentieren, zu kritisieren oder zu beurteilen. Verständnisfragen und Konkretisierungsfragen vonseiten des Mitarbeiters sind erlaubt. Nachdem der Mitarbeiter die Vorschläge der Führungskraft erhalten hat, wird ein Anschlusstermin für die Evaluation des in der Folge gezeigten Verhaltens vereinbart. Weiterführende Hinweise Feedback ist nicht automatisch leistungssteigernd. Zum einen ist es wichtig, dass der Mitarbeiter ein minimales Interesse an Feedback mitbringt. Dies sollte man im Vorfeld eines Feedback-Gespräches durch eine entsprechende Rückfrage abklären. Ist kein Interesse vorhanden, dann verpuffen die Bemühungen des Feedback-Gebers mit der Folge, dass die Motivation zum Feedback auch aufseiten möglicher Feedback- Geber sinkt. Zum anderen ist eine klare Ausrichtung des Feedbacks zu empfehlen. Feedback im Betrieb ist kein Selbstzweck zur Persönlichkeitsentwicklung des Mitarbeiters, sondern zielt darauf ab, die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters aufrechtzuerhalten oder zu steigern. Daher sollte man klare Ziele für das Feedback vereinbaren und Evaluationstermine für die gemeinsame Einschätzung der Zielerreichung ab- 63 Vergleiche Doppler & Lauterburg (2014, S. 327). <?page no="74"?> 74 2 Personal stimmen. Dadurch wird die Effektivität von Feedback deutlich gesteigert. Ein weiterer Erfolgsfaktor von Feedback besteht in der Person des Feedback-Gebers. Kommt das Feedback von Kollegen, ist es deutlich weniger wirksam. Kommt das Feedback von der direkten Führungskraft, steigt seine Wirkung. 64 Feedback ist somit eine Aufgabe, die nur schwer an Mitarbeiter oder das Team delegiert werden kann. Den Begriff Feedforward könnte man als sprachliche Spielerei abtun. Entscheidend ist jedoch die zugrundeliegende Idee, dass sich Feedback positiv auf die Leistung auswirkt, wenn es in die Zukunft gerichtet ist. In diesem Sinne geht es um ein nach vorne - also forward - und nicht um ein nach hinten - also back - Schauen. Dem Feedforward liegt im Vergleich zum Feedback eine andere Haltung zugrunde. Statt den Blick auf die bisherigen Leistungen zu lenken, richtet es sich auf Initiative des Mitarbeiters auf konkrete Veränderungsmöglichkeiten für die Zukunft. Die Erfahrung zeigt, dass Mitarbeiter Feedforward leichter annehmen können, und dass es weniger persönlich empfunden wird. Es geht nicht um Lob oder Kritik für Dinge, die geschehen sind und nicht mehr geändert werden können. Es geht um das Potenzial der Mitarbeiter und wie dieses Potenzial entfaltet werden kann. Diese Potenzialentfaltung ist für die Führungskraft eine tägliche Aufgabe im Rahmen der Routinekommunikation mit dem Mitarbeiter. Goldsmith bringt die Frage nach der Grundeinstellung des Mitarbeiters zu seinem persönlichen Lernprozess mit folgenden Worten auf den Punkt: „Es ist ein Haltungsunterschied, eine Frage des Selbstverständnisses. Versteht sich ein Mitarbeiter als Job-Erlediger und Lohnkonsument, als Maschine, die in möglichst guter Qualität die Anforderungen erfüllt? Dann ist es klar, dass sie auf Wartung wartet - und kaputtgeht, wenn sie nicht geölt wird. Oder versteht der Mitarbeiter sich als jemand, der etwas bewirken will, der einen Unterschied machen will, der aus freien Stücken selbst etwas leisten will? So jemand wird es nicht eine einzige Stunde im Nebel aushalten. Er wird immer den Anspruch an sich selbst haben, jeden Tag sein Bestes zu geben. Und Feedforward ist dafür ein geniales Instrument.“ 65 64 Vergleiche Alvero, Bucklin & Austin (2001) sowie Balcazar, Hopkins & Suarez (1985). 65 Goldsmith (2016, S. 5). <?page no="75"?> 2.1 Feedback- und Feedforward-Gespräche 75 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Julia Wolpert, Team Leader HR Development Global, Röchling Automotive SE & Co. KG, zuvor berufliche Stationen in leitender und gestaltender Stellung im HR mit Schwerpunkt Führungskräfteentwicklung und Personalentwicklung in den Bereichen Automotive und Finanzdienstleistungen, Studium der Wirtschaftspsychologie an der SRH Hochschule Heidelberg und Studium der Betriebswirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Für mich sind kurze, situative Feedback-Gespräche mit meinen Teammitgliedern ein wichtiges Element für eine gute Zusammenarbeit. Für unsere Kooperation sind mir - neben Ergebnissen - Spaß und die zwischenmenschliche Beziehung mit dem Team wichtig. Durch Feedback-Gespräche bin ich nahe an meinen Teammitgliedern und somit an ihren Projekten, Erfolgen, Sorgen und Herausforderungen dran. Ebenso kann ich meine Mitarbeiter in ihrer persönlichen Weiterentwicklung begleiten und erhalte Einsicht in den Fortschritt der Themen. Insgesamt ziehe ich das Fazit, dass ich durch regelmäßiges Feedback die Ergebnisse sowie die Beziehungsgestaltung proaktiver und auch immer einen Schritt voraus gestalten kann. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Feedback zu geben, setzen immer meine volle Aufmerksamkeit und Achtsamkeit voraus. Nur wenn ich es schaffe, mich für klassische Beobachtungs- und Beurteilungsfehler immer wieder zu sensibilisieren und gleichzeitig meinem Gegenüber meine volle kognitive Kapazität zu widmen, kann ich konstruktives und wertstiftendes Feedback geben. Im Arbeitsleben, das immer komplexer, globaler und unplanbarer wird, ist das sicherlich eine Herausforderung. Als Unterstützung mache ich mir oft währenddessen Notizen mit konkreten Aussagen oder auch Handlungen des Mitarbeiters. Somit hole ich den Mitarbeiter in seine eigene Welt, und das schafft immer eine gute Akzeptanz für die Selbstreflexion und die persönliche Entwicklung. Feedback ist vielen Mitarbeitern vertraut, Feedforward gilt es, bewusst einzuführen. Da es den Blick des Mitarbeiters auf konkrete Veränderungsmög- <?page no="76"?> 76 2 Personal lichkeiten für die Zukunft lenkt, wird Feedforward in der Regel leichter angenommen. Da es um die Potenzialentfaltung des Mitarbeiters geht, ist die Kommunikation zu Feedforward in der Regel mit einer gewissen Leichtigkeit verbunden. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Vertrauen und eine gewisse Kultur für Feedback sind sicherlich die Basis. Aus meiner Erfahrung können Mitarbeiter oft auch mit entsprechenden Feedbackregeln unterstützt werden. Es bringt mehr Sicherheit für den Mitarbeiter, wenn dieser sich mit dem entsprechenden Handwerkskoffer ausgestattet fühlt. Auch lernt der Mitarbeiter dadurch, konkretes, spezifisches und konstruktives Feedback zu geben, sodass das Gegenüber die Möglichkeit zur Verbesserung bekommt. Und natürlich entscheidet auch die Vorbildwirkung. Je produktiver und professioneller ich als Vorgesetzte Feedback und Feedforward nutze, je leichtgängiger wird es von Mitarbeitern und Kollegen aufgenommen. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Feedback kann eine produktive Arbeitsatmosphäre unterstützen, sodass Inhalte und Aufträge für interne oder externe Kunden passgerechter und schneller zugeschnitten werden. Ebenso regt es eine gute Teamdynamik an und fördert sicherlich das lebenslange Lernen. Manchmal können durch Feedback-Gespräche wertvolle Aha-Momente entstehen, die Klärung und Konkretisierung für die eigene Situation mit sich bringen. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Einfach ausprobieren, machen und dranbleiben. Jedes Feedback- Gespräch ist ein Experiment und eine Art Lernfeld. Letztendlich ist das Schaffen einer kontinuierlichen Feedbackkultur quasi eine lebenslange Führungsaufgabe. Manchmal braucht es Zeit oder weitere Impulse bis ein Feedback beim Gegenüber durchsickert. Daher sollte man nicht darauf beharren, dass der Feedbacknehmer die Inhalte direkt annimmt. Derzeit und gerade bei den jüngeren Teammittgliedern ermutige ich, nur die Teile vom Feedback anzunehmen, die bei ihnen eine emotionale Wirkung auslösen. Denn bei Feedback und Weiterentwicklung geht es auch immer darum, die Authentizität und Individualität des Anderen beizubehalten. Es geht nicht darum, den perfekten Menschen zu <?page no="77"?> 2.2 Onboarding 77 schaffen. Feedback als Geschenk zu sehen. Und wie es sich bei Geschenken gehört, sind auch Gegen-Geschenke zu machen. Das heißt, die Etablierung einer Feedbackkultur unterliegt auch immer dem Geben und Nehmen und somit dem Prinzip der Reziprozität. Wenn ich als Führungskraft das vorlebe und Feedback einen elementaren Part zugestehe, werden meine Mitarbeiter diese Kultur auch in ihrem Agieren untereinander oder auch mir gegenüber umsetzen. 2.2 Onboarding  Problemstellung: Mitarbeiter in das Unternehmen bestmöglich integrieren, um Motivation, Engagement und Produktivität zu steigern und um eine frühzeitige Kündigung zu vermeiden  Zielgruppe: Personalverantwortliche, Führungskräfte  Voraussetzungen: Kenntnisse der Zielposition und der jeweiligen Schnittstellen Zielsetzung des Onboarding Für das Gewinnen neuer Mitarbeiter investieren Unternehmen Zeit und Geld. Verlassen neue Mitarbeiter innerhalb oder kurz nach der Probezeit das Unternehmen, werden diese Investitionen umsonst getätigt. Die entsprechenden Kosten betragen bis zu 40 Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Mitarbeiters, der das Unternehmen wieder verlässt. Die Quote der Mitarbeiter, die Unternehmen nach dem Arbeitsbeginn rasch wieder den Rücken kehren, kann durch ein qualitativ hochwertiges Onboarding um bis zu 25 Prozent gesenkt werden. 66 Durch ein gezieltes Onboarding neuer Mitarbeiter soll gewährleistet werden, dass diese nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages so gut mit dem Unternehmen, der Unternehmenskultur und dem Arbeitsplatz sowie den Kollegen und Vorgesetzten vertraut werden, dass sie sich dauerhaft, gerne und motiviert am Arbeitsplatz einbringen. Häufig wird der Begriff Onboarding verkürzt als das Einarbeiten in die Arbeitsabläufe am konkreten Arbeitsplatz verstanden. Ziel des Onboarding ist es, durch organisationale Maßnahmen die Integration neuer Mitarbeiter in das soziale System Arbeitsplatz zu unterstützen. Dazu muss zum einen Orientierung vermittelt, zum anderen Unsicherheit re- 66 Vergleiche Stein & Christiansen (2010, S. 19). <?page no="78"?> 78 2 Personal duziert sowie Enttäuschung vermieden werden. „Die soziale Integration in das Belegschaftsgefüge ist meist eine Voraussetzung für gelungene Arbeitsabläufe und somit für den Erfolg von Projekten.“ 67 Dabei berücksichtigt gutes Onboarding die in Abbildung 14 aufgeführten fünf Zieldimensionen. Abbildung 14: Zieldimensionen des Onboarding 68 Beschreibung des Onboarding 69 Sicherheit und Compliance sind Grundvoraussetzungen, damit erfolgreiches Arbeiten möglich wird. Mitarbeiter müssen wissen, wie sie Fehler und Unfälle verhindern können, indem sie mit den zur Verfügung stehenden Geräten und Hilfsmitteln sicher und ohne Selbstgefährdung umgehen. Das Arbeitsschutzgesetz regelt in § 12, bei welchen Anlässen eine Unterweisung vor der Aufnahme der Tätigkeit vorgeschrieben ist. Dort wird auch die Einstellung neuer Mitarbeiter aufgeführt. Im Rahmen der Sensibilisierung für sicherheitskritisches Verhalten - zum Beispiel das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung - spielt das Vorbildverhalten von Führungskräften und Kollegen eine entscheidende Rolle. Ähnlich verhält es sich bei der Einhaltung der Compliance-Re- 67 Moser, Souček, Galais & Roth (2018, S. 21). 68 Modifiziert nach Moser, Souček, Galais & Roth (2018, S. 26). 69 Vergleiche im Überblick Moser, Souček, Galais & Roth (2018). <?page no="79"?> 2.2 Onboarding 79 geln im Unternehmen, wobei man unter Compliance die Konformität mit Gesetzen, Regeln, Richtlinien und Normen versteht. Das Commitment zum Arbeitsplatz entsteht als Folge der Passung zur Arbeitsaufgabe. Um diese Passung zu fördern, spielt der Erwerb der für den Arbeitsplatz erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten eine entscheidende Rolle. Für die Einarbeitung im Sinne der Passung für den konkreten Arbeitsplatz, bietet sich die Teilnahme am häufig vorhandenen Schulungsangebot des Unternehmens und die persönliche Einweisung durch Kollegen und Vorgesetzte an. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass der reine Erwerb von Fertigkeiten zum Erreichen der Passung nicht ausreicht. Hier spielen auch die Hintergrundkenntnisse der Arbeitsaufgabe, das Ziel und der Nutzen des konkreten Arbeitsschrittes in der Wertschöpfungskette und das Wissen um eventuelle Konsequenzen aufseiten des Verbrauchers bei Nichteinhaltung der Qualitätsanforderungen bedeutsame Rollen. Gleichzeitig ist Commitment auch immer ein Ausdruck der Identifikation mit den Normen und Werten der Organisation. Die Funktion des Onboarding ist es, nach der Unterzeichnung des rechtlichen Arbeitsvertrages das Entstehen und Festigen des psychologischen Kontraktes zu fördern. Der Einstieg bei einem neuen Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmer in Bezug auf die geforderte Rolle und Identität vor Herausforderungen. Zum einen gegenüber der eigenen Rolle im Spannungsfeld der anderen im Unternehmen vorhandenen Rollen, zum anderen im Verhältnis zu unterschiedlichen Rollen in unterschiedlichen Funktionen, die der Arbeitnehmer in seiner Person abdecken soll. Schließlich wirkt die geforderte Rolle auch auf die Identitätsentwicklung des Mitarbeiters ein. Dieser kann in seiner Rolle seine Identität finden oder an der mangelnden Passung zwischen Rolle und Identität und dem daraus entstehenden Stress zerbrechen. Das fünfte Handlungsfeld im Onboarding - Stressprävention und Stressbewältigung - hat deshalb die Reduzierung von Erwartungsenttäuschungen durch das Explizieren impliziter Erwartungen und die Vorwegnahme von möglichen Enttäuschungen zum Inhalt. Durch regelmäßiges Nachfragen seitens der Vorgesetzten und Kollegen können neue Mitarbeiter dabei unterstützt werden, der Arbeit Sinn zu verleihen und Arbeitsbelastungen im Gleichgewicht zu halten. Da Onboarding im Regelfall ein Bestandteil der Personalentwicklung ist, stellt die Personalabteilung üblicherweise systematisch aufgebaute Einführungsprogramme zur Verfügung. Die fachliche Einarbeitung in die Arbeitsaufgabe verantwortet die direkte Führungskraft mit ihrem Team. <?page no="80"?> 80 2 Personal Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Die Auswahl an möglichen Onboarding-Maßnahmen ist nahezu unerschöpflich. Abbildung 15 vermittelt einen kleinen Überblick. Abbildung 15: Ausgewählte Onboarding-Maßnahmen 70 Es hat sich bewährt, das Onboarding bereits vor dem ersten Arbeitstag zu starten. Mit einem Willkommensschreiben und einem Gruß der zukünftigen Kollegen - zum Beispiel per Video oder Grußkarte - wird der zukünftige Mitarbeiter sowohl durch das Unternehmen als auch als Person wahrgenommen. In diesem Zusammenhang können auch erste Informationen über Details zum ersten Arbeitstag wie Beginn, Verlauf, Dauer oder beteiligte Personen bereitgestellt werden. Betriebsintern ist darauf zu achten, dass der Arbeitsplatz am ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters voll funktionsfähig eingerichtet und der Einarbeitungsplan abgesprochen ist. Dem neuen Kollegen kann gegebenenfalls auch Unterstützung bei der Wohnungssuche durch den Betrieb angeboten werden. 70 Vergleiche Moser, Souček, Galais & Roth (2018, S. 63). <?page no="81"?> 2.2 Onboarding 81 Am ersten Arbeitstag steht der ablauforganisatorische Aspekt im Vordergrund: Wo befindet sich wer und was im Büro? Wie läuft es mit Zeiterfassung, Mittagessen oder Terminabsprachen? Wie funktioniert der neue Arbeitsplatz? Persönliche Ausrüstungsgegenstände, Visitenkarten und Zeitpläne für die erste Arbeitswoche werden ausgehändigt. Neben diesen „technischen“ Aspekten ist auch darauf zu achten, dass der Kollege als Mensch im neuen Team ankommt - zum Beispiel durch einen kleinen Willkommensempfang, durch Begrüßungsgeschenke oder durch die namentliche Vorstellung im Intranet oder per E-Mail. Je rascher ein neuer Mitarbeiter produktiv und wertschöpfend sein kann, desto schneller wächst sein Sicherheitsgefühl, dass er der richtige Kollege am richtigen Arbeitsplatz ist. Daher sollte in den ersten Wochen der Fokus auf dem direkten Arbeitsprozess liegen. Von diesem ausgehend können die vor- und nachgelagerten Arbeitsschritte im Workflow und die dafür verantwortlichen Kollegen kennengelernt werden. Außentermine bei Kunden, Lieferanten und Kooperationspartnern vervollständigen das Bild auf die Wertschöpfungskette. Für das Einleben in die spezifische Unternehmenskultur hat sich ein Mentor bewährt, der für den regelmäßigen Erfahrungsaustausch über das Fortschreiten des Onboarding zur Verfügung steht. Dieser dient auch - neben dem direkten Vorgesetzten - als Ansprechpartner und Ratgeber für unklare oder krisenhafte Situationen im Onboarding. Regelmäßige Feedback- Gespräche mit Vorgesetzten und im Team tragen dazu bei, diese Lern- und Eingewöhnungsphase möglichst reibungslos zu gestalten und die Stressoren, die aus nicht-erfüllten impliziten Erwartungen und enttäuschten expliziten Erwartungen entstehen können, in ihrer Wirkung abzumildern. 71 Im Rahmen der Probezeit sollte möglichst der Abschluss des Onboarding stattfinden. Aufgrund der regelmäßigen Gespräche im Team und mit der direkten Führungskraft können Entwicklungspotenziale im Verlauf der Probezeit festgestellt und im Rahmen der Personalentwicklung gefördert werden. Um die Sicherheit für den neuen Mitarbeiter und dessen Vorgesetzten zu erhöhen, empfehlen sich zwei oder drei Gesprächsgelegenheiten gemeinsam mit der nächsthöheren Führungskraft. Dabei können die über den direkten Arbeitsbereich hinausgehenden Fragen und Aspekte thematisiert werden. Im Verlauf der Probezeit kann sich unter Umständen auch eine Hospitation in angrenzenden Arbeitsgebieten oder beim Kunden anbieten. Da das Ende der Probezeit einen wichtigen Abschnitt im Arbeitsleben des Mitarbeiters und das Ende des On- 71 Vergleiche Moser, Souček, Galais & Roth (2018, S. 50 ff). <?page no="82"?> 82 2 Personal boarding darstellt, sollte dies mit einem Personalgespräch und gegebenenfalls mit einem kleinen Umtrunk im Team abgeschlossen werden. Weiterführende Hinweise Die Passung zwischen den individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Vorlieben eines Mitarbeiters und den unternehmensbezogenen Erwartungen, Rollen und Arbeitsaufgaben stellt sich erfahrungsgemäß nicht von alleine ein. Im Onboarding sollte man möglichst viele Anlässe nutzen, um das Entstehen dieser Passung zu unterstützen. Dies kann durch intensives Einarbeiten oder auch durch die Modifikation der Arbeitsaufgabe im Sinne von Job Crafting 72 realisiert werden. Die direkte Führungskraft sollte diesen Prozess frühzeitig und aktiv steuern, um im Rahmen der Probezeit die Entscheidung über die Weiterbeschäftigung des neuen Mitarbeiters fundiert treffen zu können. Hohe Arbeitszufriedenheit entsteht, wenn der neue Mitarbeiter einen Sinn in den Arbeitsabläufen entdeckt. Daher sollte man das Einarbeitungsprogramm so gestalten, dass der Mitarbeiter möglichst rasch leistungsbezogen mitarbeiten kann, auch wenn dies zu Beginn nur in kleinen Workflow-Abschnitten möglich ist. Ein zu weit gespannter Überblick über die vollständige Arbeitsaufgabe über zahlreiche Hospitationen und Schulungen gleich zu Beginn des Onboarding steht diesem positiven Effekt entgegen. Unabhängig von der Qualität des Onboarding besteht die Möglichkeit, dass die Passung zwischen Mitarbeiter, Rolle und Arbeitsaufgabe nicht erreicht wird. In der Regel kündigt sich dies nach den ersten Wochen im Onboarding an. Vor dem Hintergrund einer - vielleicht nur temporären - Nicht-Passung sollte man rasch eine Optimierung und Intensivierung der Onboarding-Maßnahmen vereinbaren. Sollte sich keine Verbesserung einstellen, ist zu überlegen, ob das Arbeitsverhältnis fortgesetzt oder noch vor Ablauf der Probezeit beendet wird. In der Regel führt das Aufschieben der Trennung nur zu weiteren Kosten und einer negativen Beeinflussung der Arbeitszufriedenheit des Teams, da die fehlende Passung häufig Auslöser für interpersonale Konflikte ist, die zu Auseinandersetzungen und Reibungsverlusten führen. Im Rahmen von sich wandelnden Arbeitsabläufen sollte das Onboarding kontinuierlich angepasst und verbessert werden. Um dies zu gewährleisten, sollte jedes Onboarding und insbesondere das Abschluss- 72 Der Begriff Job Crafting beschreibt gemäß Wrzesniewski & Dutton (2001, S. 179) das Phänomen der „physischen und kognitiven Veränderungen der Aufgabe eines konkreten Arbeitsplatzes oder der relationalen Grenzen“. <?page no="83"?> 2.2 Onboarding 83 gespräch im Onboarding von der Führungskraft genutzt werden, um Verbesserungsoptionen zu ermitteln. Frei nach der Devise: „Das Bessere ist der Feind des Guten.“ Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Diplom-Kauffrau (FH) Sandra Damaschke, Bereichsleitung Personal/ Ausbildung/ Marketing, Metallbau Windeck GmbH, zuvor berufliche Stationen im Marketing und Vertrieb in den Bereichen Entertainment und New Economy, BWL- Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin (heute Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin). (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Vor neun Jahren gab es in unserer Firma zwar Personal, aber keine strukturierte Personalarbeit. Im Zuge der Neuausrichtung des betrieblichen Personalwesens wurden vorhandene Prozesse überprüft, aktualisiert und standardisiert sowie um neue Methoden ergänzt. Hierzu gehörte unter anderem auch das Onboarding - also das Einstellen und die Aufnahme neuer Mitarbeiter. Denn in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel ist es noch viel wichtiger, nicht nur begeisterte Kandidaten für ein Unternehmen zu gewinnen, sondern daraus auch nachhaltig einen motivierten und loyalen Mitarbeiter zu machen - egal ob Azubi, gewerblicher Mitarbeiter oder Angestellter. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Der Onboarding-Prozess muss gut organisiert sein und konsequent durchgeführt werden. Dazu gehört nicht nur der Willkommensblumenstrauß und der Aushang an der Infotafel. Es ist notwendig, dass wir dem Kandidaten bereits im Bewerbungsprozess realistische Informationen der zukünftigen Arbeit vermitteln und die künftigen Kollegen in den Rekrutierungsprozess involvieren. Wir mussten lernen, dass wir die eigenen Mitarbeiter vom Onboarding überzeugen und begeistern müssen, die den neuen Kollegen in der Einarbeitungsphase anleiten sollen. Dazu gehört auch die rechtzeitige Weitergabe von Informationen aus der Personalabteilung an die beteiligten Fachabteilungen - wie die EDV -, damit am ersten Arbeitstag das technische Equipment zum Beispiel für einen neuen Konstrukteur bereitsteht und angeschlossen ist. <?page no="84"?> 84 2 Personal (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Um einen systematischen Onboarding-Prozess gewährleisten zu können, haben wir einen Ablaufplan für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter erstellt. Darin werden Ziele, Erwartungen und Verantwortlichkeiten klar formuliert und terminiert (zum Beispiel das EDV-Antragsformular, das 100-Tage-Gespräch, das Feedback-Gespräch zum Ende der Probezeit). Während der Einarbeitung werden neue Mitarbeiter nicht nur durch die Personalleitung begleitet, sondern auch durch einen im Vorfeld benannten, festen Ansprechpartner - einen Paten - aus der eigenen Abteilung. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Der Onboarding-Prozess wirkt nach innen und nach außen. Der neue Mitarbeiter fühlt sich sicher und gut aufgehoben, willkommen und wertgeschätzt in unserer Firma. Nach außen hin erleben wir positive Effekte bei der Rekrutierung und dem Employer Branding, denn zufriedene Mitarbeiter sind zugleich beste Fürsprecher für ein Unternehmen. Die Fluktuation in unserem Unternehmen ist tatsächlich sehr gering. Im Durchschnitt arbeiten die Mitarbeiter 12 Jahre bei Metallbau Windeck, bei einem Durchschnittsalter von gut 41 Jahren. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Der Onboarding-Prozess muss vom ersten Tag an ernst genommen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich neue Mitarbeiter willkommen fühlen und sich schnell und erfolgreich im Unternehmen integrieren. Etablieren Sie im Unternehmen eine offene Feedback-Kultur, kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern und seien Sie für die neuen Mitarbeiter erreichbar. 2.3 Arbeitssituationsanalyse  Problemstellung: Die subjektive Sicht der Mitarbeiter und Führungskräfte auf ihre Arbeitssituationen mit Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenzialen kennenlernen  Zielgruppe: Alle Mitarbeiter und Führungskräfte  Voraussetzungen: Transparenz bezüglich der Analyseergebnisse und Umsetzungswille der Unternehmensleitung <?page no="85"?> 2.3 Arbeitssituationsanalyse 85 Zielsetzung der Arbeitssituationsanalyse Die Arbeitssituationsanalyse, häufig mit ASA abgekürzt, ist ein partizipatives Verfahren der Organisationsentwicklung. Ausgangspunkt ist in der Regel die Fragestellung, wie die Arbeitszufriedenheit der Belegschaft wiederhergestellt oder gesteigert werden kann. Im Mittelpunkt stehen die subjektiven Perspektiven der Mitarbeiter und Führungskräfte auf die jeweiligen Arbeitssituationen. „Es gibt keine objektive Arbeitssituation. Ausgangspunkt ist die Wahrnehmung der Arbeitssituation durch die Mitarbeiter.“ 73 Diese subjektive Perspektive entscheidet über Arbeitszufriedenheit oder Arbeitsunzufriedenheit. Die Ergebnisse der ASA erzielen in der Regel eine breite Akzeptanz in der Belegschaft, wenn die Stärken und Schwächen der vorhandenen Arbeitssituation erhoben und Vorschläge der Mitarbeiter zur Optimierung der Arbeitssituation - einerseits durch Reduktion, andererseits durch Modifikation belastender Situationsfaktoren - eingeholt werden. Aufgrund der Partizipation der Mitarbeiter werden die Ergebnisse der ASA in der Regel von weiten Teilen der Belegschaft akzeptiert. Dies ist bei Befragungen durch externe Dritte nicht immer der Fall. Beschreibung der Arbeitssituationsanalyse Die ASA wird häufig durch Betriebsrat, Mitarbeitervertretung oder betrieblichen Gesundheitsbeauftragten aufgrund von Arbeitsunzufriedenheit vorgeschlagen. Sie ist auch eine bewährte Vorgehensweise, um bei Vorliegen negativer Betriebsklimaanalysen oder Mitarbeiterbefragungen zügig in einen Optimierungsprozess einzusteigen. Relativ selten wird eine ASA durch die Geschäftsleitung beauftragt, um das Verbesserungspotenzial aus Sicht der Mitarbeiter und Führungskräfte zu identifizieren. Da mit der Durchführung der ASA das Betriebsklima und die Arbeitsumstände aktiv zum Thema gemacht werden, sollte man mit den Ergebnissen der ASA sehr sorgfältig umgehen. Liegen die Zeitpunkte zwischen Durchführung der ASA und Umsetzung von ASA-Ergebnissen zu weit auseinander, kann die Akzeptanz für anstehende Optimierungen verlorengehen. Aus diesem Grund ist in der Vorbereitung der ASA darauf zu achten, dass die Beauftragung durch die Geschäftsleitung eingeholt wird und die Geschäftsleitung prinzipiell hinter der Umsetzung der Vorschläge steht, die aus der ASA abgeleitet werden. Dies gilt insbesondere für das zur Verfügung stellen von Ressourcen zur Ergebnisumsetzung. 73 Nieder (1998, S. 162). <?page no="86"?> 86 2 Personal Die ASA wird häufig im betrieblichen Gesundheitsmanagement zur Prävention - zum Beispiel als Methode der psychischen Gefährdungsbeurteilung - oder zur Problemanalyse und Problembearbeitung bei vorhandenen Missstimmungen eingesetzt. Mit dem Kleingruppeninterviewverfahren können viele Mitarbeiter und Führungskräfte erreicht werden. Je Tag und Interviewer können maximal 36 Personen am Verfahren teilnehmen, sodass auch Betriebe mit beispielsweise 500 Mitarbeitern bei zwei Interviewern innerhalb von zwei Wochen vollständig erhoben werden können. Kalkuliert man zwei weitere Wochen für die Verarbeitung der Kleingruppeninterviews und die Ausarbeitung der Handlungsoptionen ein, kann der Informationsmarkt etwa sechs bis acht Wochen nach der ersten Informationsveranstaltung stattfinden. Durch die Beteiligung aller Mitarbeiter und Führungskräfte bietet sich die ASA insbesondere für Situationen an, in denen die Meinungen innerhalb der Belegschaft breit gestreut sind. Dies ist vor allem bei Change-Vorhaben der Fall, die in Kapitel 1.2 beschrieben werden. Bereits die Kleingruppeninterviews sorgen gewissermaßen als Nebeneffekt für eine verstärkte Kommunikation innerhalb der Belegschaft. Die gemeinsame Reflexion im Rahmen des Informationsmarktes zum Abschluss der ASA unterstützt die gemeinsame Perspektive auf häufig sehr unterschiedliche Phänomene am Arbeitsplatz und fokussiert auf die Umsetzung der erarbeiteten Handlungs- und Lösungsoptionen. Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Die Durchführung einer Arbeitssituationsanalyse erfolgt in den in Abbildung 16 im Mittelpunkt stehenden drei Schritten Information, Durchführung und Maßnahmenableitung, wobei die Zielklärung im Projektteam den Anfang und die Mitarbeiterveranstaltung das Ende der ASA bilden. 74 Abbildung 16: Ablauf einer Arbeitssituationsanalyse 74 Vergleiche im Überblick Brandenburg & Nieder (2009, S. 67 ff). <?page no="87"?> 2.3 Arbeitssituationsanalyse 87  Die Informationsveranstaltung für die Mitarbeiter und Führungskräfte wird durch das Projektteam vorbereitet und gestaltet. Im Projektteam sind idealerweise Mitarbeiter und Führungskräfte aus der Produktion, den unterschiedlichen Fachbereichen und der Verwaltung vertreten. Personalvertretung und Personalabteilung, Betriebliches Gesundheitsmanagement und ein Vertreter des Managements ergänzen die Perspektiven. Es empfiehlt sich, das Team durch einen Externen begleiten zu lassen, der ausreichend Erfahrung im Umgang mit partizipativen Mitarbeiterbefragungsverfahren besitzt. In der Informationsveranstaltung für die gesamte Belegschaft werden die Ziele der ASA, die Moderatoren, der Ablauf und die Rahmenbedingungen wie Freiwilligkeit, Vertraulichkeit und Ergebnisanonymisierung durch die Projektgruppe vorgestellt.  Die Durchführung der ASA findet in Form von Kleingruppeninterviews im Umfang von etwa 90 Minuten mit sechs bis neun Mitarbeitern und mit je einem Moderator pro Gruppe statt. Im Projektteam werden vorab die zu befragenden Themenfelder erarbeitet, 75 sodass diese in den Kleingruppeninterviews systematisch erörtert werden können. In der Ist-Analyse werden zunächst die Stärken und dann die Schwächen beziehungsweise Belastungsfaktoren der Arbeitssituation gesammelt. Als Leitfragen haben sich dabei bewährt: Was läuft bei der Arbeit in diesem Themenfeld gut? Was gefällt Ihnen? Was sind Stärken? Wo kann etwas besser laufen? Wo sollte etwas verändert werden? Im zweiten Schritt werden die möglichen Optimierungsbereiche identifiziert und gewichtet. Mögliche Fragen sind hier: Welche Bereiche sollten verbessert werden? In welchen Bereichen sollten wir etwas tun, damit es weiterhin gut läuft? Zu den Themenfeldern, die hoch gewichtet werden, sollte man konkrete Handlungsvorschläge und Lösungsideen erarbeiten. Die Gelegenheit zur aktiven Mitarbeit der Belegschaft an Problembeschreibungen und der Erarbeitung von Handlungsoptionen steigert die Motivation der Mitarbeiter, zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen beizutragen.  Da alle Arbeitsschritte am Flip-Chart visualisiert werden, kann zum Abschluss der Kleingruppeninterviews der gemeinsame Blick auf alle Ergebnisse geworfen werden. Häufig werden in dieser Phase wichtige Ergänzungen vorgenommen oder Gewichtungen präzisiert. Durch das simultane Visualisieren wird maximale Ergebnis- 75 Es bieten sich in Anlehnung an Nieder (1998, S. 163) folgende Themenfelder an: Umgebung des Arbeitsplatzes, Tätigkeit, Organisation, Gruppenklima, Vorgesetztenverhalten. <?page no="88"?> 88 2 Personal transparenz gewährleistet. Die Ergebnisse aller Kleingruppeninterviews werden durch das Projektteam zusammengetragen sowie qualitativ und quantitativ ausgewertet. Die Handlungsoptionen werden konkretisiert und mit dem Auftraggeber in Bezug auf Budget und Terminierung abgestimmt. Neben der Frage der Effektivität - zum Beispiel Kosten-Nutzen-Verhältnis - ist bei der Entscheidung über Handlungsoptionen die Situation von konkurrierenden Handlungsoptionen, die im Rahmen der ASA erarbeitet wurden, nicht ohne Spannung. Letzten Endes bleibt es Aufgabe der Unternehmensleitung, die einzelnen Möglichkeiten zu gewichten, bei sich wiedersprechenden Handlungsoptionen diese unternehmensweit zu synchronisieren oder über Priorisierungen zu entscheiden.  Die Entscheidung der Maßnahmenableitung findet in einer zweiten Mitarbeiterveranstaltung mit allen beteiligten Mitarbeitern und Führungskräften als Informationsmarkt statt. Hierzu werden die Interviewergebnisse und die erarbeiteten Handlungsoptionen durch Mitglieder des Projektteams vorgestellt und mit den Mitarbeitern und Führungskräften zum Beispiel in Form eines World Cafés diskutiert. Zum Abschluss der zweiten Informationsveranstaltung findet die Gewichtung der vorgestellten Handlungsoptionen durch alle Anwesenden statt. Zusätzlich können sich Mitarbeiter und Führungskräfte zur Mitwirkung an einzelnen Umsetzungsprojekten melden. Weiterführende Hinweise Mit der Befragung von Mitarbeitern und Führungskräften werden automatisch Erwartungen bezüglich der Umsetzung der Befragungsergebnisse geweckt. Um zu vermeiden, dass unrealistische Erwartungen aufseiten der Mitarbeiter entstehen, ist auf eine exakte Zielklärung der ASA zu achten: Welche Bereiche der Arbeitssituation wie Material, räumliche Gegebenheiten, organisatorische Regelungen, Führung, Zusammenarbeit im Team oder Zielsetzungen sollen thematisiert werden? In welchem Zeitraum sollen beziehungsweise können die ASA-Ergebnisse umgesetzt werden? Stehen dafür auch ausreichend Ressourcen - Zeit, Geld, Mitarbeiter und Führungskräfte - zur Verfügung? Wie findet der Klärungsprozess bei sich widersprechenden ASA-Ergebnissen statt? Im Projektteam sollten dazu klare und gemeinsame Positionen erarbeitet werden. Erst dann kann das Bekenntnis der Unternehmensleitung zur Durchführung der ASA und der Umsetzung von Verbesserungsoptionen eingeholt werden. Dieses Einverständnis der Unternehmensleitung vor Beginn der ASA ist unabdingbar. <?page no="89"?> 2.3 Arbeitssituationsanalyse 89 Die konsequente Partizipation der Belegschaft in der ASA-Durchführung ist eine wesentliche Voraussetzung, dass auch die Umsetzung der Ergebnisse der ASA einfach und rasch möglich ist. Die Wirkung der Umsetzungsprojekte ist aufgrund der Mitarbeiterbeteiligung in der Regel äußerst nachhaltig. Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Joachim Scholz, Bürgermeister und Oberbürgermeister in drei unterschiedlichen Gemeinden und Städten, Mitglied im Kreistag Heilbronn, Vorsitzender des Regionalverbandes Heilbronn-Franken, Diplom-Verwaltungswirt (FH), Lehrbeauftragter an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? In einem Spaß- und Erlebnisbad, das in der Rechtsform eines Eigenbetriebs geführt wurde, gab es einen häufigen Wechsel auf der Position der Werkleitung. Bei jedem Wechsel kam es zu neuen Ansätzen für den täglichen Betriebsablauf. Im Bereich der Beschäftigten entstand Unruhe und es kamen verschiedene Unstimmigkeiten auf. Diese Unstimmigkeiten wurden zum Teil in die Öffentlichkeit getragen. Für die Rathausspitze und den Gemeinderat war aufgrund der diffusen Informationslage unklar, wie wieder Ordnung und Transparenz in die Abläufe hineingebracht werden sollten und die Konflikte zwischen einzelnen Abteilungen, Mitarbeitern und Führungskräften entschärft werden sollten. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Es war vollkommen unklar, welche der handelnden Personen sich falsch verhalten hatten und wodurch die Störungen verursacht wurden beziehungsweise wer letztendlich Verursacher von Störungen im Betriebsablauf war. Der Aufwand war in personeller und finanzieller Hinsicht sehr hoch, da wirklich alle Beschäftigten des Bades in die Arbeitssituationsanalyse mit einbezogen wurden. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? <?page no="90"?> 90 2 Personal Der Personalrat hat bei der Anwendung der Methode mitgewirkt. Sicherlich ein wesentlicher Faktor, um die Akzeptanz für das Vorgehen aufseiten der Belegschaft zu erreichen. Für das Projektteam war der Zeiteinsatz hoch. Zusätzlich galt es für alle Mitarbeiter, die Teilnahme an der Auftaktveranstaltung, dem Kleingruppeninterview und der Ergebnispräsentation zu ermöglichen. Bei vollem Betrieb der Einrichtung kein leichtes Unterfangen, was durch schichtangepasste Terminierung gelungen ist. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Es konnten die Grundlagen für einen Neuanfang geschaffen werden. Zahlreiche Verbesserungsansätze wurden erarbeitet und vor allem ist eine offene Gesprächskultur entstanden. Gestörte oder instabile Betriebsabläufe konnten erkannt und wieder eingerenkt werden. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Störungen im Betriebsablauf möglichst schnell unter Beteiligung der Mitarbeitenden und des Personalrats beseitigen. Personalfälle schnell und konsequent behandeln. Ein guter und transparenter Informationsfluss vermeidet Frust. 2.4 Rückkehrgespräche  Problemstellung: Gründe für motivationsbedingte Fehlzeiten erfahren und Commitment der Mitarbeiter zum Arbeitgeber aufrechterhalten und stärken  Zielgruppe: Führungskräfte aller Führungsebenen  Voraussetzungen: Sensibilisierung der Führungskräfte für die Bedeutung von Abwesenheitszeiten Zielsetzung der Rückkehrgespräche Nach jeder geplanten Abwesenheit durch Urlaub oder Weiterbildung sowie nach jeder ungeplanten Abwesenheit zum Beispiel aufgrund einer Krankheit müssen Mitarbeiter wieder Anschluss an den Arbeitsplatz und die Kollegen finden. Mitarbeiter nach Abwesenheitszeiten wieder im Betrieb zu begrüßen, über aktuelle Entwicklungen zu infor- <?page no="91"?> 2.4 Rückkehrgespräche 91 mieren und das persönliche Erleben zu thematisieren trägt dazu bei, dass Mitarbeiter die Arbeit wieder effizient und positiv aufnehmen können. Ziel des Rückkehrgespräches ist das gute Wiederankommen des Mitarbeiters am Arbeitsplatz und die Reduktion motivationsbedingter Fehlzeiten. Für motivationsbedingte Fehlzeiten eignen sich die in Abbildung 17 aufgeführten Rückkehrgespräche, um Probleme und Ursachen zu thematisieren und nach möglichen Lösungen zu suchen. Können keine Ursachen für motivationsbedingte Fehlzeiten ermittelt werden, kann das Rückkehrgespräch den Einstieg in eine eskalierende Gesprächssystematik bieten. Die eskalierende Gesprächssystematik steigert die Chance für die Führungskraft, mit dem Mitarbeiter auch über unangenehme und motivationsmindernde Themen ins Gespräch zu kommen. Im Interesse eines zufriedenstellenden Arbeitsverhältnisses sollte die Führungskraft gemeinsam mit dem Mitarbeiter nach Wegen suchen, diese Themen aufzulösen oder in ihren negativen Wirkungen auf den Arbeitsplatz zu minimieren. Beschreibung der Rückkehrgespräche Ausschlaggebend für die Anwesenheitszeiten des Mitarbeiters sind sein Bekenntnis und Verhältnis zum Arbeitgeber. Dieses ist zum einen im juristischen Arbeitsvertrag explizit ausgedrückt und geregelt. Zum anderen wird es wesentlich durch den psychologischen Arbeitsvertrag beeinflusst. 76 Der psychologische Arbeitsvertrag „unterliegt der subjektiven Deutung“ 77 . Die subjektive Deutung gilt es im Rückkehrgespräch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft abzugleichen beziehungsweise zu bestätigen, um divergierende Deutungen auf eine gemeinsame Schnittmenge zurückzuführen. Die Führungskraft ist aufgefordert, in diesem Abgleich aktives Erwartungsmanagement zu betreiben. Es sind vor allem drei Faktoren, die sich wesentlich auf das Bekenntnis des Mitarbeiters zum psychologischen Arbeitsvertrag auswirken: 78 [1] Arbeitsgestaltung, [2] Leistungsbeurteilung, [3] Partizipation. 76 Vergleiche Raeder & Grote (2012). 77 Huf (2011, S. 34). 78 Vergleiche Raeder & Grote (2012, S. 13). <?page no="92"?> 92 2 Personal Abbildung 17: Fehlzeiten und deren Beeinflussbarkeit 79 79 Vergleiche Brandenburg & Nieder (2009, S. 15). <?page no="93"?> 2.4 Rückkehrgespräche 93 Mit dem Rückkehrgespräch, manchmal auch „fürsorgliches Willkommensgespräch“ 80 genannt, thematisiert die Führungskraft diese Faktoren gezielt. Die Führungskraft führt dieses Gespräch mit jedem Mitarbeiter nach jeder Abwesenheit. 81 Die Verantwortung für das Rückkehrgespräch liegt bei der direkten Führungskraft, die das Gespräch möglichst direkt nach der Rückkehr des Mitarbeiters an den Arbeitsplatz führen sollte. Bei einer geplanten Abwesenheit wie Urlaub oder Dienstreisen hat das Rückkehrgespräch vor allem die Funktion der Information des Mitarbeiters über Dinge, die sich in seiner Abwesenheit im Betrieb und im Team ereignet haben, um ihm die Arbeitsaufnahme zu erleichtern. Die Führungskraft tauscht sich in diesem Zusammenhang mit dem Mitarbeiter auch über neue Erkenntnisse zum Beispiel mit Blick auf die Dienstreise aus und darüber wie diese Erkenntnisse möglichst optimal in den Betrieb eingebracht werden können. Dieser Austausch gilt sowohl für Vorkommnisse offizieller als auch nicht offizieller Art. Ziel eines Rückkehrgespräches nach einer geplanten Abwesenheit ist es, wieder „einen Draht zueinander zu finden“. Nach einer ungeplanten, in der Regel krankheitsbedingten Abwesenheit, stellt sich die Zielsetzung des Rückkehrgespräches in zwei Dimensionen dar: Zum einen sollte die Führungskraft - wie nach einer geplanten Abwesenheit auch - Interesse am Mitarbeiter zeigen und dem Mitarbeiter die Integration in den laufenden Arbeitsprozess erleichtern. Zum anderen hat sie die Aufgabe, eventuelle arbeits- und motivationsbedingte Ursachen für ein Fernbleiben von der Arbeit zu erkennen und mit diesen aktiv umzugehen. Ein häufiges Missverständnis besteht darin, Rückkehrgespräche mit dem Fokus auf Krankheiten zu führen. Rasch kann hier auch der Sprachgebrauch von Krankenverfolgungsgesprächen entstehen. Genau das Gegenteil sollte der Fall sein. Gut und stimmig geführte Rückkehrgespräche dienen der Prävention von Absentismus und steigern die Anwesenheitsquote der Mitarbeiter. Rückkehrgespräche sollten auf Augenhöhe mit dem Mitarbeiter stattfinden, damit sie als Wertschätzung der Person wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung des Mitarbeiters durch die direkte Führungskraft ist ein wesentlicher Faktor, der die Mitarbeiterzufriedenheit maßgeblich beeinflusst. 80 Mattysek (2019, S. 31). 81 Siehe Mattysek (2019) für Beispiele zur konkreten Umsetzung von Rückkehrgesprächen. <?page no="94"?> 94 2 Personal Wird das Rückkehrgespräch nur selektiv und wenig zeitnah von der Führungskraft angeboten, kann beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, dass sein Fehlen von der Führungskraft nicht wahrgenommen wird und demnach nicht relevant ist. Setzt sich die Erkenntnis „Einer fehlt, und niemand bemerkt es“ als Teil der Unternehmenskultur durch, ist die Steigerung der motivationsbedingten Fehlzeiten vorprogrammiert. Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Die Rückkehr an den Arbeitsplatz kann man als ein erneutes Onboarding 82 betrachten. Entsprechend können Möglichkeiten wie der Blumenstrauß zum Wiedereinstieg oder das Willkommensgespräch im Team zum Einsatz kommen. Entscheidend ist die Wahrnehmung des Mitarbeiters als Mensch und nicht nur als Produktionsfaktor. Neben dem Blick auf den wieder an den Arbeitsplatz zurückgekehrten Mitarbeiter gilt es, auch die Kollegen im Team nicht zu vergessen. Die Führungskraft sollte bereits während der Abwesenheit des Mitarbeiters das Gespräch mit dem Team suchen: Welche Zusatzbelastungen entstehen während seiner Abwesenheit? Wie können diese kompensiert werden? Welche Prioritäten müssen während der Dauer der Abwesenheit verändert werden? Wo sind Abläufe anders zu organisieren oder Verantwortlichkeiten zu verlagern? Ein Element der Wertschätzung für den ungeplant abwesenden Mitarbeiter kann der Blumengruß ins Krankenzimmer oder auch der persönliche Krankheitsbesuch durch Mitarbeiter oder Führungskräfte darstellen. Im Vorfeld eines solchen Besuches sollte man allerdings klären, ob der Mitarbeiter einen Besuch wünscht oder ob er während seiner Krankheitsphase möglichst keinen Kontakt mit dem Betrieb halten möchte. Weist der Arbeitnehmer aufgrund von Erkrankungen innerhalb der letzten 12 Monate Fehlzeiten auf, die länger als sechs Wochen betragen, findet das Rückkehrgespräch im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements 83 statt. In diesem Zusammenhang sind weitere Kriterien zu beachten. Ist die Wiederkehr des Mitarbeiters absehbar, terminiert die Führungskraft das Rückkehrgespräch auf den ersten Arbeitstag. Bei geplanten Abwesenheiten kann das Rückkehrgespräch bereits vor der Abwesenheit terminiert werden. Die Führungskraft eröffnet das Rückkehrgespräch - auch nach ungeplanter Abwesenheit - einladend und bedankt 82 Vergleiche hierzu Kapitel 2.2. 83 Vergleiche hierzu Kapitel 2.5. <?page no="95"?> 2.4 Rückkehrgespräche 95 sich, dass der Mitarbeiter wieder am Arbeitsplatz erschienen ist. Um die Integration in den Arbeitsalltag zu erleichtern, berichtet die Führungskraft in der ersten Phase des Rückkehrgespräches über Veränderungen und Neuigkeiten, die sich in der Zwischenzeit am Arbeitsplatz, bei Kollegen, im Betrieb oder bei Produkten ergeben haben. Ziel ist es, den Mitarbeiter auf den aktuellen Stand zu bringen. War die Abwesenheit des Mitarbeiters ungeplant, lädt die Führungskraft den Mitarbeiter auf freiwilliger Basis ein, über seine Abwesenheit zu berichten und stellt die Frage, ob die Abwesenheit etwas mit der Arbeit zu tun habe. Falls der Mitarbeiter dies bejaht, kann es hilfreich sein, die verschiedenen Bereiche des Gesundheitsmanagements 84 mit Blick auf Verbesserungspotenziale mit dem Mitarbeiter durchzugehen: Kann im Bereich des Gesundheitsschutzes, zum Beispiel durch Heizung oder Belüftung, etwas verändert werden? Gibt es Möglichkeiten im Bereich der Gesundheitsstabilisierung, zum Beispiel durch einen speziellen Rückenkurs? Wo kann die Arbeitsplatzgestaltung, zum Beispiel durch ergonomische Optimierungen wie einen höhenverstellbaren Schreibtisch, verbessert werden? Welche Unterstützungen existieren im Bereich von Suchterkrankungen oder im Umgang mit chronischen Erkrankungen - entweder für den möglicherweise erkrankten Mitarbeiter oder wenn der Mitarbeiter als Angehöriger einer erkrankten Person besonders belastet ist. Schließlich ist auch noch an den Bereich der Arbeitssituation und den Umgang im Kollegenkreis zu denken. Unter Umständen gibt es hier Möglichkeiten, die Kommunikation untereinander zu verbessern, um beispielsweise ersten Ausgrenzungstendenzen entgegenzuwirken, die bis zum Mobbing reichen können. Es ist wichtig, dass das Rückkehrgespräch so geführt wird, dass es der Mitarbeiter als Wertschätzung vonseiten der Führungskraft empfindet. Beim Mitarbeiter sollte der Eindruck entstehen, dass sein Fehlen wahrgenommen und als Verlust gedeutet wird und dass sich die Führungskraft aktiv mit dieser Situation auseinandersetzt. Liegen Gründe für motivationsbedingte Abwesenheitszeiten des Mitarbeiters vor, werden diese im Gespräch gesammelt und vertieft. Die Führungskraft verhält sich in Bezug auf eventuelle Rechtfertigungen zurückhaltend und erarbeitet mit dem Mitarbeiter erste Lösungsideen, wie mit diesen Gründen umgegangen werden kann. Idealerweise können mit Hilfe dieser Lösungsideen im Gespräch konkrete Optimierungsoptionen ausgearbeitet werden, die pilothaft in den Arbeitsalltag umgesetzt werden können. Wichtig: Vor der Vereinbarung von Opti- 84 Vergleiche Bitzer (2016, S. 9). <?page no="96"?> 96 2 Personal mierungsoptionen muss man klären, ob der Mitarbeiter noch Schonung benötigt oder wieder voll belastbar eingesetzt werden kann. Das Rückkehrgespräch schließt mit einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft über das weitere Vorgehen ab. Bei geplanten Abwesenheiten kann dies ein nach drei weiteren Arbeitstagen kurzer gemeinsamer Kaffee sein, um die bis zu diesem Termin aufgetauchten Fragen zu klären. Bei ungeplanten Abwesenheiten kann dies ein gemeinsamer Evaluationstermin der vereinbarten Optimierungsmaßnahmen sein. Ein gemeinsames Willkommensgespräch mit dem Team kann sich dem Rückkehrgespräch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft anschließen. Treten bei einem Mitarbeiter trotz sorgfältig geführter Rückkehrgespräche auffällige Fehlzeiten auf - zum Beispiel immer wieder kurze Erkrankungen, Erkrankungen nach Wochenenden und Feiertagen oder Fehlzeiten ohne Entschuldigung -, können diese ein Indikator für motivationsbedingte Abwesenheiten sein. Hier empfiehlt sich eine wie in Abbildung 18 dargestellte eskalierende Gesprächsführung, bei der auf jeder Stufe durchaus mehrere Gespräche geführt werden können. Abbildung 18: Eskalierende Gesprächssystematik 85 Tragen wiederholt durchgeführte Rückkehrgespräche nicht dazu bei, die auffälligen Fehlzeiten zu senken, dann bietet sich auf der zweiten Stufe ein Fehlzeitengespräch im Büro der Führungskraft - so genanntes 85 Modifiziert nach Bitzer (2016, S. 53). <?page no="97"?> 2.4 Rückkehrgespräche 97 Fehlzeitengespräch I - an. Inhalt dieser zweiten Stufe ist die Auseinandersetzung und Konfrontation des Mitarbeiters mit seinen exakten Fehlzeiten anhand einer Visualisierung. Es werden mit dem Mitarbeiter Korrekturmaßnahmen vereinbart, um die Fehlzeiten zu senken. Die Maßnahmen werden in einer Zielvereinbarung festgehalten. Mögliche Konsequenzen, falls die Zielvereinbarung nicht eingehalten wird, werden gemeinsam reflektiert und dokumentiert. Sollte das Fehlzeitengespräch auf der zweiten Stufe der Eskalationspyramide keine Verhaltensänderung beim Mitarbeiter bewirken, ist die Führungskraft gezwungen, das Fehlzeitengespräch auf der dritten Stufe - so genanntes Fehlzeitengespräch II - zu terminieren. Dieses findet nicht mehr im Büro der Führungskraft, sondern in der Personalabteilung statt und wird von der Personalabteilung geführt. Der Mitarbeiter hat das Recht, einen Vertreter des Betriebs- oder Personalrates hinzuzuziehen. Nach einer erneuten Konfrontation mit den aktuellen Fehlzeiten des Mitarbeiters werden mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen durch die Personalabteilung verdeutlich. Ziel dieser dritten Stufe ist es - wie bei den Fehlzeitengesprächen auf den anderen Stufen auch - eine Zielvereinbarung zu treffen, die zur Senkung der Fehlzeiten beiträgt. Auch dieses Fehlzeitengespräch wird inklusive der Zielvereinbarung und möglicher Konsequenzen dokumentiert, um im ungünstigsten Fall arbeitsrechtliche Schritte einleiten zu können. Weiterführende Hinweise Im Austausch über die Ursachen von Fehlzeiten stellen Führungskräfte immer wieder die Frage nach der Art der Erkrankung. Die Kenntnis über die Art der Erkrankung hilft in der Regel jedoch kaum weiter. Weitaus wichtiger ist die Frage nach den Konsequenzen der Erkrankung für das betriebliche Handeln: Welche Belastungen sollten unbedingt vermieden werden? Auf was ist zukünftig zu achten? Von welchen Aspekten sollten die Kollegen Kenntnis haben, um den Umgang mit der Erkrankung möglichst einfach zu gestalten? Wichtig: Es gibt für den Mitarbeiter keine Pflicht, seine Diagnose zu nennen. Auch wenn die kurzfristigen Erkrankungen des Mitarbeiters Auffälligkeiten aufweisen - zum Beispiel, dass ein Mitarbeiter immer an Montagen oder nach Feiertagen zu spät zur Arbeit erscheint -, ist auf den einladenden Charakter des Rückkehrgespräches zu achten. Vielleicht hängen die Fehlzeiten nicht mit der Partyfreudigkeit des Mitarbeiters, sondern mit der Verantwortung für pflegebedürftige Familienangehörige am Wochenende und an Feiertagen zusammen. Es ist bei auffälligen Fehlzeiten stets zu thematisieren, ob die Ursachen im Betrieb lie- <?page no="98"?> 98 2 Personal gen. Sollte dies - wie im obigen Beispiel - nicht der Fall sein, kann man in einem zweiten Schritt klären, welchen Beitrag der Betrieb leisten könnte, um den Mitarbeiter mit Blick auf die Folgen der privaten Belastungssituation zu unterstützen. Im hier gewählten Beispiel könnten der spätere Arbeitsbeginn nach Wochenenden und Feiertagen Möglichkeiten sein, um beispielsweise die Übergabe an Pflegehelfer entspannter und ohne Zeitdruck zu gestalten. Im Zusammenhang mit Rückkehr- und Fehlzeitengesprächen kann es leicht passieren, dass eine Fokussierung der Führungskraft auf die abwesenden Mitarbeiter erfolgt. Mitarbeiter, die nie ungeplant fehlen, immer da sind und dadurch den Absentismus der anderen Mitarbeiter kompensieren, können somit aus dem Blick der Führungskraft geraten. Hier gilt es, das Gespräch mit den anwesenden Mitarbeitern nicht nur bei hohen Fehlzeiten im Team zu suchen, 86 sondern auch und gerade im Normalbetrieb; mit dem Nebeneffekt, dass Mitarbeiter mit hoher Fehlzeitenquote einen Eindruck bekommen, was ihnen aufgrund des häufigen Fehlens sowohl hinsichtlich des Umgangs mit der Führungskraft als auch bezüglich deren Wertschätzung entgeht. Ein wesentlicher Faktor für hohe Fehlzeiten kann auch die direkte Führungskraft selbst darstellen. Hier empfiehlt sich die Reflexion des persönlichen Verhaltens in Bezug auf Belastung und Überlastung des Teams und hinsichtlich des individuellen Gesundheitsverhaltens. 87 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Brigitte Mauch-Kaupert, Sachgebietsleitung Personal, AZV Südholstein, Personalleiterin in der Chemieindustrie und dem Öffentlichen Dienst, Diplom-Wirtschaftsinformatikerin, Studium an der Fachhochschule Nordostniedersachsen, Lüneburg. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? In der Folge von Abwesenheiten, seien es geplante Abwesenheiten wie Urlaub, Fortbildungen oder geplante Operationen und auch nach ungeplanten Abwesenheiten zum Beispiel aufgrund von Krankheit ergaben sich immer wieder Lücken, Unklarheiten und Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg. Zum einen fühlten sich die Mitarbeiter nach ihrer Rückkehr nicht ausreichend über 86 Siehe hierzu Matyssek (2019, S. 10 ff). 87 Zahlreiche Hinweise dazu findet man bei Matyssek (2019, S. 23 ff). <?page no="99"?> 2.4 Rückkehrgespräche 99 die Dinge informiert, die sich in der Zwischenzeit ereignet hatten, zum anderen wunderten sich Kollegen oder Vorgesetzte über fehlende Kenntnisse der zurückgekehrten Kollegen. Als wir diesen Phänomenen auf den Grund gegangen sind, wurde deutlich, dass es um die Übergabe von Informationen vor und nach geplanten Abwesenheiten ging. Und natürlich auch das offene Willkommen-Heißen am Arbeitsplatz, wenn jemand nach einer Krankheit oder einem Urlaub wieder zur Arbeit gekommen ist. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Der Kollege oder die Führungskraft, die am ersten Arbeitstag das Rückkehrgespräch geführt haben, hatten häufig zu wenig Zeit für das Rückkehrgespräch eingeplant. Manchmal wurden auch wichtige Themen im Rückkehrgespräch vergessen. Um das zu vermeiden, nutzen wir die Checkliste aus dem Übergabegespräch vor Urlaubsantritt. Diese Checkliste wird im Rückkehrgespräch gemeinsam durchgegangen. Wichtig ist auch, ausreichend Zeit einzuplanen. Am besten wird das Rückkehrgespräch gleich bei dem Übergabegespräch vor Urlaubsbeginn terminiert. Als Termin für das Rückkehrgespräch hat sich der Morgen des ersten Arbeitstages bewährt. Am letzten Abwesenheitstag des Mitarbeiters haben wir uns angewöhnt, eine kurze E-Mail mit den wichtigsten Dingen zu verfassen, in der alle Sachverhalte aufgeführt sind, die der Kollege zu Arbeitsbeginn wissen sollte. Das Rückkehrgespräch nach einer Krankheit bietet ganz andere Herausforderungen. Zum einen kündigt der Mitarbeiter die Rückkehr häufig nicht an. Insofern muss das Rückkehrgespräch recht spontan erfolgen. Hier hat es sich bewährt, dass die Stellvertretung bei jeder Abwesenheit eine kleine Themenliste führt. Darin finden die Punkte ihren Platz, die während der Abwesenheit des Mitarbeiters geklärt wurden und auch jene Dinge, die bei der Rückkehr auf den Mitarbeiter zur Klärung warten. Im Sinne der fortlaufenden Verbesserung erfüllt die Liste einen weiteren wichtigen Effekt. Es werden darüber auch Dinge deutlich, die im Prozessablauf optimiert werden könnten. Tauchen während einer Vertretung Unklarheiten und Fragen auf, dann weisen diese häufig auf Prozessinstabilitäten hin. Sind diese Prozessinstabilitäten bekannt, kann der Vorgesetzte einen gezielten Verbesserungsprozess aufsetzen. Da im Rahmen des Datenschutzes Wert daraufgelegt wird, dass die Mitarbeiter nicht unter Druck gesetzt werden, über Privates sprechen zu müssen, ist beim Rückkehr- <?page no="100"?> 100 2 Personal gespräch Fingerspitzengefühl gefragt. Natürlich ist es auffällig, wenn einzelne Mitarbeiter häufig an Montagen fehlen. Doch werden die Führungskräfte angehalten, nicht direkt nach privaten Themen zu fragen oder gar nachzuforschen. Identisches gilt auch bei vermuteten Erkrankungen. Hier hat es sich bewährt, dem Mitarbeiter sehr früh ein Gespräch beim betriebsärztlichen Dienst anzubieten. Dies wird in der Regel durch die Mitarbeiter gut angenommen. Bei länger dauernden Abwesenheiten nutzen wir die Systematik des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements in Kooperation mit der Krankenkasse und idealerweise mit Begleitung durch unseren Betriebsarzt. Diese Unterstützung zur Wiedereingliederung wird überwiegend akzeptiert. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Im Wesentlichen war es die Sensibilisierung der Führungskräfte und Mitarbeiter für die Wichtigkeit des Rückkehrgespräches. Nicht nur als Nutzen für den Rückkehrer, sondern ebenso als Element der Effizienzsteigerung und der Wertschätzung für den Mitarbeiter. Bei ungeplanten Abwesenheiten oder Krankheiten war es wichtig, die Beteiligten zu schulen, dass ein fürsorgliches Telefonat mit dem Mitarbeiter während der Abwesenheit nicht zur Kontrolle durch den Vorgesetzten genutzt wird, um zu klären, ob tatsächlich eine Krankheit des Mitarbeiters vorliegt, sondern dass es tatsächlich um den Fürsorgeaspekt gehen sollte. Diese fürsorgliche Grundhaltung der Führungskräfte wird von den Mitarbeitern sehr geschätzt und trägt zur Arbeitgeberattraktivität bei. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Zentral ist das Gefühl der Sicherheit beim rückkehrenden Mitarbeiter. Was erwartet mich bei Wiederaufnahme der Arbeit? Was hat sich während meiner Abwesenheit geändert oder geklärt? Welche Punkte sind noch offen? Diese Sicherheit beim Wiedereinstieg trägt dazu bei, dass der Mitarbeiter sich zum Beispiel auch nach einem Urlaub gut in die Arbeit einfinden kann. Zusätzlich erzeugt diese Transparenz bei Rückkehrsituationen auch Sicherheit und eine gute Atmosphäre im Team. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Bei geplanten Übergaben bewährt sich neben dem Rückkehrgespräch eine zusammenfassende E-Mail an den Mitarbeiter. Diese <?page no="101"?> 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement 101 sollte möglichst gut strukturiert sein. Hier zählt nicht Quantität, sondern Qualität. Für den Mitarbeiter beantwortet sie die Frage: Was muss ich wissen? Was hat sich in der Zwischenzeit ereignet? Wo stehen wir jetzt? Wie kann ich mit dem aktuellen Stand weiterarbeiten? Damit wird vermieden, dass der Mitarbeiter von einem Sachverhalt überrannt wird, auf den er sich nicht vorbereiten konnte. Zusätzlich beobachte ich, dass Mitarbeiter in der Zeit nach ihrer Abwesenheit immer wieder auf diese E-Mail zurückgreifen. Diese Nachricht zur Rückkehr gibt dem Mitarbeiter Sicherheit. Ein schöner zusätzlicher Nebeneffekt: Die zusammenfassende E-Mail zwingt auch den Vertreter, beim Rückkehrgespräch auf den Punkt zu kommen. Wir spielen zu schnell Arzt. Krankheiten, Diagnosen und deren Auswirkungen sind nicht Aufgabe des Vorgesetzten. Hier gilt es, konsequent an den Arbeitsmediziner zu verweisen und sich auf dessen Fachurteil zu verlassen. Machen Sie den Führungskräften Mut, die Rückkehrgespräche zeitnah und konsequent zu führen. Bieten Sie Seminare dazu an. Manchmal ist es für Führungskräfte aufgrund eigener Unsicherheit unangenehm, und sie vermeiden das Rückkehrgespräch. Dadurch können gegenseitige Interpretationen, Unterstellungen und Missverständnisse entstehen. Ein Rückkehrgespräch führt zu Transparenz und Sicherheit. Auf Dauer tut dies allen Beteiligten gut. 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement  Problemstellung: Wiedereinstieg von Mitarbeitern nach längeren Krankheitszeiten oder Vorbereitung einer krankheitsbedingten Kündigung  Zielgruppe: Geschäftsführung und Personalleitung  Voraussetzungen: Vorliegen eines definierten Prozesses zur Erfüllung der Forderungen des § 167 Absatz 2 SGB IX Zielsetzung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements Der Gesetzgeber sieht das Betriebliche Eingliederungsmanagement, häufig mit BEM abgekürzt, als einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Im Kontext des demografischen Wandels ist es eine Option, den entsprechenden Folgen zu begegnen. Durch die frühzeitige Intervention möchte das BEM die individuellen Chancen steigern, den <?page no="102"?> 102 2 Personal Arbeitsplatz zu behalten. „Gesetzlich verankert ist das BEM in § 167 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (…). Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber klären muss, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“ 88 Die Ausgestaltung des BEM-Ablaufs bleibt weitgehend dem Arbeitgeber überlassen. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Beteiligung des Betriebs- oder Personalrates, die der Arbeitnehmer aber ohne Begründung ablehnen kann. Bei schwerbehinderten Beschäftigten ist zusätzlich die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorgesehen. Beschreibung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements Es liegt in der Verantwortung von Geschäftsführung und Personalabteilung, ein strukturiertes BEM-Verfahren für den Betrieb vorzubereiten. Grundlage dafür ist die Information der Belegschaft über BEM und die Schaffung von Akzeptanz bei Führungskräften und Belegschaft für das konkrete BEM-Verfahren. Es gilt, verantwortliche Personen für das BEM-Verfahren festzulegen und die krankheitsbedingten Fehlzeiten systematisch zu erfassen. Das BEM-Verfahren muss eingeleitet werden, sobald eine Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters von mindestens sechs Wochen in den letzten 12 Monaten festgestellt wurde, unabhängig davon, ob diese am Stück oder in mehreren Etappen aufgetreten ist. Die Personalabteilung stellt den ersten Kontakt her und vereinbart mit dem betroffenen Mitarbeiter einen Termin für ein Informationsgespräch. Dem Mitarbeiter steht es frei, das BEM abzulehnen. Damit wäre das BEM-Verfahren bereits an dieser Stelle beendet. Stimmt der Mitarbeiter dem BEM zu, können die BEM-Gespräche beginnen. In einer Fallbesprechung werden gemeinsam mit dem betroffenen Mitarbeiter, dem BEM-Verantwortlichen, gegebenenfalls dem Betriebsarzt, der Schwerbehindertenvertretung und externen Experten Verbesserungsmöglichkeiten erörtert und das weitere Vorgehen besprochen. Hierbei können unterschiedliche Maßnahmen in Erwägung gezogen werden: 88 Siehe hierzu die Online-Publikationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales - Stichwort: BEM. <?page no="103"?> 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement 103  Maßnahmen zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit wie medizinische und berufliche Rehabilitation, stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell oder Belastungserprobung;  Maßnahmen zur Vorbeugung einer erneuten Arbeitsunfähigkeit wie Arbeitsmedizinische Beratung, Gesundheitsförderung oder Zuschüsse für Arbeitshilfen im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben;  Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes wie Wechsel des Arbeitsbereiches, Telearbeit oder Arbeitsassistenz. Wichtig ist, die Durchführung des BEM zu dokumentieren und die Wirksamkeit der vereinbarten Maßnahmen immer wieder zu bewerten. Die BEM-Dokumentation ist von der Personalakte getrennt zu verwalten. Da es unwahrscheinlich ist, dass bereits in der ersten Fallbesprechung vollständige Lösungsoptionen zur Sprache kommen, hat sich - ähnlich wie beim Vorgehen zum Thema Lean Administration 89 -, eine schrittweise Annäherung an das Zielbild bewährt. 90 Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Je nach Erkrankung beziehungsweise Grund für die hohe Ausprägung der Arbeitsunfähigkeit kann sich die Durchführung des BEM sehr unterschiedlich gestalten. Dies wird im Folgenden an zwei Beispielen erläutert: Beispiel 1: Eine Verwaltungsmitarbeiterin hat während ihres Winterurlaubs einen Skiunfall. Im Krankenhaus wird eine Verletzung der Wirbelsäule diagnostiziert, sodass sich an den Krankenhausaufenthalt eine stationäre Rehabilitation anschließt. Nach Abschluss der Rehabilitation lädt die Personalabteilung die Mitarbeiterin zum detaillierten Informationsgespräch über das im Betrieb praktizierte BEM ein. Die Mitarbeiterin nimmt das Informationsangebot an und stimmt dem BEM-Verfahren zu, womit das BEM-Erstgespräch mit dem BEM-Team - bestehend aus einem Vertreter des Betriebsrates, dem Personalleiter und dem direkten Vorgesetzten - stattfinden kann. Die Mitarbeiterin stellt Unterlagen aus der Rehabilitation mit klaren Handlungsempfehlungen wie stufenweiser Wiedereinstieg, höhenverstellbarer Schreibtisch und Lasteinschränkung beim Heben zur Verfügung. Der Personalleiter erklärt 89 Siehe hierzu Kapitel 1.4. 90 Zahlreiche Krankenkassen bieten für Arbeitgeber Arbeitsmaterialien, Formulare und Präsentationen zur Ein- und Durchführung von BEM auf ihren Webseiten zum Download an. <?page no="104"?> 104 2 Personal sich bereit, die Organisation des stufenweisen Wiedereinstieges zu übernehmen, die unter anderem Absprachen mit Kostenträgern umfasst. Zudem wird die Bestellung eines höhenverstellbaren Schreibtisches veranlasst. Die Führungskraft thematisiert Überlegungen zur Umorganisation der Arbeit im Team, da die Mitarbeiterin auch für den Posteingang verantwortlich ist und dort gelegentlich größere Hebelasten auftreten. Der Vertreter des Betriebsrates weist darauf hin, dass der Posteingang in Abwesenheit der Mitarbeiterin umorganisiert wurde und dass diese neue Organisationsform unter Umständen beibehalten werden könne. Gemeinsam wird vereinbart, den Wiedereinstieg mit zunächst vier Stunden täglicher Arbeitszeit zu gestalten, um nach Ablauf von zwei Wochen zu entscheiden, ob die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden erhöht werden kann. Die Mitarbeiterin bespricht diesen Vorschlag mit ihrem Arzt, während die Führungskraft das Team über den bevorstehenden Wiedereinstieg informiert. Das BEM-Team trifft sich am Ende der zweiten Woche nach Wiedereinstieg zur nächsten Sitzung. Das BEM-Verfahren endet acht Wochen nach Wiedereinstieg. Für zwei Kollegen aus dem Team, die auch über Rückenprobleme klagen, steht ebenfalls ein höhenverstellbarer Schreibtisch zur Diskussion. Die Personalabteilung plant, die vorhandenen Rückenkurse zur Prävention beim nächsten Gesundheitstag aktiv zu bewerben. Die Mitarbeiterin hat die Verantwortung für den Posteingang wieder übernommen und holt sich bei schweren Wareneingängen Hilfe im Team, was ungefähr alle drei Wochen der Fall ist. Beispiel 2: Ein Logistikmitarbeiter im Warenversand ist schon über zehn Jahre im Betrieb und bringt immer wieder Verbesserungsideen ein. Seit ungefähr sieben Monaten ist er häufig für ein oder zwei Tage erkrankt. In den sich anschließenden Rückkehrgesprächen formuliert der Teamleiter Optimierungsideen und bietet konkrete Hilfestellungen an - bislang jedoch ohne Erfolg. Beim Versand großer Paketstücke verletzt sich der Mitarbeiter aufgrund eines Missgeschicks am Fuß und fällt drei Wochen aus. Durch weitere kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten werden in Summe sechs Wochen Abwesenheit überschritten. Routinemäßig lädt der Personalleiter daher zur Information über das BEM-Verfahren ein, das der Mitarbeiter zunächst ablehnt, dann aber doch akzeptiert. So kommt es zum ersten BEM-Gespräch mit dem BEM-Team, bestehend aus einem Vertreter des Betriebsrates, dem Personalleiter und dem direkten Vorgesetzten. Der Mitarbeiter zeigt sich angesichts der hohen Zahl an Abwesenheitstagen erschrocken und zweifelt zunächst die Richtigkeit der Daten an. Nachdem der Personalleiter die Datenlage im Detail erklärt, versucht der Mitarbeiter jeden einzelnen Abwesenheitstag mit den unterschiedlichsten Begründungen zu versehen. Der Ver- <?page no="105"?> 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement 105 treter des Betriebsrates erinnert den Mitarbeiter an die Zielsetzung des BEM-Gespräches, die darin besteht, gemeinsam zu überlegen, wie der Mitarbeiter nach diesen häufigen Abwesenheiten wieder zuverlässig in den Betrieb integriert werden kann. Der Teamleiter erklärt, dass das Team die häufigen und ungeplanten Ausfälle bislang aufgefangen hat, nun jedoch an gewisse Belastungsgrenzen zu kommen droht. Nicht zuletzt aufgrund des offenen, wertschätzenden und auf Augenhöhe stattfindenden Gespräches beginnt sich der Mitarbeiter dem BEM- Team zu öffnen und berichtet von seiner schwierigen familiären Situation mit seinen betagten Eltern, der bisher erfolglosen Suche nach einem ambulanten Betreuungsangebot und seiner Verpflichtung, im Zweifelsfall für seine Eltern Zeit haben zu müssen, ungeachtet des Risikos, dass dadurch eine unangenehme Situation aufseiten des Arbeitgebers entstehen könnte. Der Personalleiter kennt diese Situation von anderen Mitarbeitern und verfügt über gute Kontakte zu Betreuungsdiensten, die er dem Mitarbeiter zur Verfügung stellen kann. Der Teamleiter schlägt vor, dass der Mitarbeiter für die Zeit, bis die Betreuung der Eltern geklärt ist, seine tägliche Arbeitszeit reduziert, damit ihm genügend Zeit für seine Eltern bleibt. Da sich das Stundenkonto des Mitarbeiters im Plus befindet, wird vereinbart, dass dieses in den nächsten acht Wochen mit bis zu 160 Minusstunden belasten werden kann. Der Vertreter des Betriebsrates weist auf die zusätzliche Arbeit der Kollegen im Team hin und regt eine kleine Prämie als Anerkennung für deren Einsatz an. Der Personalleiter und der Teamleiter erbitten sich dazu Bedenkzeit. Der Mitarbeiter möchte das Team zu einem kleinen Frühstück einladen, sobald die Betreuung seiner Eltern geklärt ist. Die Ergebnisse werden protokolliert und ein nächstes Treffen des BEM- Teams mit dem Mitarbeiter in vier Wochen vereinbart. Eventuell hätte ein ähnliches Ergebnis auch schon in den ersten Rückkehrgesprächen zwischen Mitarbeiter und Teamleiter erreicht werden können. Mit Hilfe des BEM-Verfahrens möchte man sicherstellen, dass es nicht vorschnell zu unnötigen Eskalationen kommt, sondern dass mit Blick auf den Erhalt beziehungsweise die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit alles versucht wird, um Lösungen zu finden. Auf der Basis des besonderen Vertrauensverhältnisses, das dem BEM-Verfahren zu eigen ist, werden solcherart Lösungen gefördert. 91 91 Vergleiche im Überblick Stöpel, Lange & Voß (2020). <?page no="106"?> 106 2 Personal Weiterführende Hinweise Die Methodik des BEM-Verfahrens bietet sich bereits bei kürzeren Fehlzeiten und insbesondere dann an, wenn Rückkehrgespräche ohne Erfolg bleiben. Der Fokus sollte dabei auf Ideen und Vorschlägen zum Erhalt beziehungsweise zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters liegen und auch Überlegungen zur Veränderung der Arbeitsaufgabe miteinbeziehen. Die Pflicht zur Durchführung des BEM-Verfahrens soll den Mitarbeiter vor einer vorschnellen krankheitsbedingten Kündigung schützen. Ein Arbeitgeber ist gut beraten, vor einer Kündigung das BEM anzubieten: „Verzichtet ein Arbeitgeber - entgegen seiner Verpflichtung nach § 167 Absatz 2 SGB IX - vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung darauf, diese milderen Alternativen zu einer Kündigung zu identifizieren, liegt bei ihm die Beweislast, dass auch bei Durchführung eines BEM das Arbeitsverhältnis nicht hätte erhalten werden können. Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber, der vor der krankheitsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers kein BEM durchführt, einem erheblichen Risiko ausgesetzt ist, einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess zu verlieren.“ 92 Das Betriebliche Eingliederungsmanagement lebt davon, dass möglichst viele Ideen zur Lösung generiert und erörtert werden. Insofern bietet es sich immer an, den Werks- oder Betriebsarzt hinzuzuziehen oder den Mitarbeiter anzuregen, den Arzt seines Vertrauens in das Verfahren zu integrieren. Kommen für die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung einer erneuten Erkrankung Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, dann ist der Arbeitgeber aufgefordert, die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt einzubinden. Um im BEM-Team die Gespräche in einladender und wertschätzender Atmosphäre führen zu können, bedarf es häufig einer zusätzlichen Qualifizierung der BEM-Team-Mitglieder. Diese Qualifikation und deren regelmäßige Auffrischung lohnen sich nicht nur menschlich, sondern auch betriebswirtschaftlich, wenn man die potenziellen Abwesenheitszeiten gegenrechnet. Die Methodenvorschläge dazu sind zahlreich. 93 92 Siehe hierzu die Online-Publikationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales - Stichwort: BEM. 93 Bitzer (2016) empfiehlt die Transaktionsanalyse als methodischen Hintergrund. Stöpel, Lange & Voß (2020) fordern ein betriebliches Qualitätsmanagement für BEM. <?page no="107"?> 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement 107 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Diplom-Pädagoge Philipp Kade, Gesundheitsmanager für Betriebliches Eingliederungsmanagement bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW), berufliche Wiedereingliederung und Rehabilitation für verschiedene Unternehmen und Unfallkassen, Studium der Diplom-Pädagogik an der Universität Duisburg- Essen, Weiterbildungen zur Rehabilitationsfachkraft, Disability Manager (CDMP), Mediator. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Die Führungskräfte der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) spielen eine zentrale Rolle im BEM-Prozess und werden daher vom Unternehmen im Rahmen eines Pflichtseminars Gesunde Führung (Zusammenhang von Führungsverhalten und Gesundheit der Mitarbeiter) sowie unterschiedlicher Aufbauseminare geschult. Dabei werden auch umfassende Kenntnisse zum BEM vermittelt. Erreicht ein Mitarbeiter den 42. Abwesenheitstag wegen Arbeitsunfähigkeit (AU) innerhalb von 12 Monaten, so benachrichtigt der Gesundheitsmanager die zuständige Führungskraft. Er fordert die Führungskraft auf, den Mitarbeiter im Rahmen eines persönlichen Gesprächs anzusprechen, die Unterstützung durch das Unternehmen zu signalisieren und das BEM aktiv anzubieten. Nimmt der Kollege das Angebot an, erfolgt das BEM-Gespräch mit dem Gesundheitsmanager (und gegebenenfalls weiteren Beteiligten). Im persönlichen Gespräch werden die medizinischen und persönlichen Themen erörtert, die zu der AU geführt haben, Anforderungen des Arbeitsplatzes mit dem Leistungsprofil des Mitarbeiters abgeglichen, unterstützende berufliche und private Maßnahmen entworfen, sowie gemeinsam umgesetzt und evaluiert. Bei Bedarf und Eignung werden interne und externe Stellen (Rentenversicherung oder Integrationsfachdienst) hinzugezogen. Alle Maßnahmen sollen versuchen, eine bestehende AU zu beenden, einer AU aus dem gleichen Grund vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Der Gesundheitsmanager ist für den gesamten Prozess verantwortlich und zuständig. Er initiiert und kontrolliert die Kontaktaufnahme der Führungskraft zu den anspruchsberechtigten Mitarbeitern, er führt die BEM-Gespräche durch und steuert im Nachgang die Implementierung sowie deren Evaluation. Er ist gleichsam Ansprechpartner für alle Führungskräfte zu Fragen rund um Gesundheit sowie Arbeitsfähigkeit und berät bei Bedarf auch präventiv. <?page no="108"?> 108 2 Personal Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist einer von vielen Bausteinen des Unternehmens, der Ausdruck einer „wir kümmern uns um unsere Mitarbeiter-Kultur“ ist. Das BEM fügt sich somit in bestehende Abläufe und die Haltung der WSW ein und wird in der Folge sehr gut angenommen. Dies liegt auch an der persönlichen Ansprache durch die Führungskräfte, die im Gespräch auf Fragen und Befürchtungen direkt eingehen können. Die Mitarbeiter erleben (persönlich oder bei Kollegen), dass ihnen im BEM geholfen wird und individuelle Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Daher wird das Angebot als unterstützend und als glaubhafter Ausdruck der Fürsorgepflicht verstanden. Vertrauensförderlich wirkt auch, dass der Gesundheitsmanager pädagogisch gut ausgebildet ist, über umfassende Kenntnisse in der Gesprächsführung und den relevanten Fachthemen sowie Gesetzen verfügt und dadurch gemeinsam mit den Beschäftigten unvoreingenommen und wertschätzend an individuellen Lösungen arbeiten kann. Das BEM wird daher seit sechs Jahren kontinuierlich immer besser angenommen. Haben 2014 noch 85 Prozent der Mitarbeiter das freiwillige BEM- Angebot angenommen, waren es 2020 schon 97 Prozent. Eine gesetzliche Pflicht wurde so zu einem akzeptierten Bestandteil der Unternehmenskultur. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Die größte Herausforderung besteht darin, den Tätigkeitsbereich von Menschen mit stark verändertem Leistungsvermögen (so genannte leistungsgewandelten Mitarbeiter), angemessen zu gestalten. Manche Unfälle oder Erkrankungen können bleibende Folgen hinterlassen, so dass der Arbeitsplatz aufwendig umgestaltet oder ein komplett neuer Tätigkeitsbereich gefunden werden muss. Dieser Prozess wird extern in der Regel gut unterstützt und vor allem finanziell gefördert (Rentenversicherung oder Integrationsfachdienst), kann für alle Beteiligten aber einen Kraftakt bedeuten. An den BEM-Gesprächen nehmen mitunter viele verschiedene Personen mit unterschiedlichen Rollen, Zielen und Vorstellungen teil. Es kann daher eine Herausforderung sein, mit diesen Akteuren ein konsensorientiertes und konstruktives Gespräch zu führen. Moderations- und Gesprächsführungstechniken sind gefragt, um das alle Parteien vereinende Interesse (die Arbeitsfähigkeit der betreffenden Person zu fördern beziehungsweise zu erhalten) zu verwirklichen. Maßnahmen von der Stange <?page no="109"?> 2.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement 109 helfen oftmals nicht, und es muss mutig und kreativ über neue individuelle Lösungen nachgedacht werden. Die größte Überraschung war die Erkenntnis, dass die Beschäftigten selbst meistens Ideen und Vorschläge zur Verbesserung ihrer eigenen Situation haben. Werden sie als Experten ihrer Gesundheit und ihres Arbeitsplatzes gesehen und entsprechend angehört, ergibt sich ein sehr wertschätzender Gesprächsraum, in dem viele Lösungen erarbeitet werden können. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Als wichtigste Voraussetzung ist sicherlich eine Betriebsbeziehungsweise Dienstvereinbarung oder eine vergleichbare Regelung anzusehen. Sie regelt den Prozess sowie dessen Ablauf, erklärt Zuständigkeiten, Reihenfolgen und Verantwortlichkeiten. Krankheiten und Diagnosen müssen von den Beschäftigten nicht mitgeteilt werden, daher sollte der Umgang mit vertraulichen Daten im Rahmen des BEM eindeutig geklärt werden, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu ermöglichen. Vor der Aufnahme der BEM-Tätigkeit ist es zielführend, die Wichtigkeit der Gesundheit der Mitarbeiter sowie des BEMs für das Unternehmen zu reflektieren. Daran anknüpfend kann die hierarchische Einstufung vorgenommen werden. Bei den Wuppertaler Stadtwerken ist der Gesundheitsmanager ein Mitarbeiter des Vorstands. Dies verleiht dem Thema eine hilfreiche Wertigkeit, dem Gesundheitsmanager eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit von Maßnahmen sowie eine freie Unbefangenheit. Interne Regelungen, welche das BEM tangieren, entstehen entweder im Rahmen der Erstellung der Betriebsbeziehungsweise Dienstvereinbarung oder können im laufenden Prozess nachverhandelt werden. Klassische Regelungsfälle sind zum Beispiel: Werden die BEM-Gespräche in der Arbeitszeit geführt? Wie wird dies für Kollegen im Schichtdienst oder mit Blick auf Dienstpläne organisiert? Gibt es temporäre oder permanente Schon- und Sozialarbeitsplätze, auf die leistungsgewandelte Mitarbeiter vermittelt werden können oder sollten diese geschaffen werden? Nach welchen Regeln werden Informationen zwischen beteiligten Parteien ausgetauscht? (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Das BEM wirkt und kann auch über den Einzelfall hinausgehende Effekte haben: Im Jahr 2020 wurden fast 87 Prozent der BEM-Fälle mit einer positiven Prognose abgeschlossen, da durch <?page no="110"?> 110 2 Personal individuelle, organisatorische oder technische Maßnahmen Veränderungen angestoßen wurden, die eine AU aus dem gleichen Grund unwahrscheinlich werden lassen. Dadurch ist der Trend der Langzeit-Erkrankungen im gesamten Unternehmen insgesamt leicht rückläufig. Kulturell wirkt das BEM, da die Kollegen sehen, dass es konkrete Maßnahmen bei unterschiedlichen Problemlagen gibt, welche die Unternehmensbotschaft „Wir unterstützen Euch und finden gemeinsam Lösungen“ glaubhaft werden lassen. Dies stärkt die Akzeptanz des BEM und fördert die Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Es entsteht eine offene Gesundheitskultur, in welcher die Beschäftigten sowie die Führungskräfte eigeninitiativ Fragen stellen und Beratung einholen, um Leistungsfähigkeit zu fördern. Dafür kann es hilfreich sein, sofern möglich, aus den individuellen BEM-Fällen, auf grundsätzliche Themen des Unternehmens zu schlussfolgern. So können Dienstpläne und Arbeitsplatzausstattungen, ausgehend von einer kritischen Menge an jenen BEM- Fällen, präventiv für andere Kollegen angepasst werden, damit es bei diesen gar nicht erst zu gesundheitsbedingten Ausfällen kommt. Auch grundsätzliche sowie kulturelle Themen wie Wertschätzung, Führungsverhalten oder Kommunikationsbedürfnisse können so erkannt und bearbeitet werden. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Bleiben Sie neugierig. Nicht jeder Rückenschmerz ist gleich. Die Menschen erzählen gerne ihre Geschichte, wenn man ihnen den Raum dafür lässt, und die meisten haben auch bereits Ideen, wie alles wieder besser werden kann. Vernetzen Sie sich. Sie müssen nicht alles alleine wissen und alles alleine können. Es gibt ein dichtes Netz in der Sozialpolitik sowie zahlreiche Beratungsstellen mit eindeutigen Regelungen und Zuständigkeiten. Knüpfen Sie außerdem Kontakt zum lokalen Integrationsfachdienst. Die Kollegen kennen sich vor Ort bestens aus und sind sehr kooperativ und interessiert. Entdecken Sie oder erschaffen Sie Zuständigkeiten. Gerade bei den Sozialversicherungsträgern gibt es eine eindeutige Reihenfolge und Zuständigkeitsregelung. Wenn Sie diese kennen, können Sie die Träger mit ihrem Know-how und Förderungen gezielt einbinden. Bei Ihnen intern gibt es entweder derartige Zuständigkeiten bereits (was macht der Betriebsarzt, was die Führungskraft, etc.) oder diese sollten definiert werden. Gerade Führungskräfte haben ein großes Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter gut und gerne arbeiten. <?page no="111"?> 2.6 Coaching 111 2.6 Coaching  Problemstellung: Mitarbeiter und Führungskräfte bei Fragen des Selbstmanagements und der Führungs- und Kommunikationskompetenz stärken  Zielgruppe: Alle Mitarbeiter und Führungskräfte  Voraussetzungen: Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung und Vorhandensein eines Problembewusstseins für den persönlichen Optimierungsbedarf Zielsetzung des Coaching Im klassischen Arzt-Patient-Verhältnis führt der Arzt die Anamnese und Diagnose durch, um dem Patienten Therapieempfehlungen zu geben. Der Arzt ist dabei der Fachexperte, der Patient der Anwender. Im Gegensatz zum Arzt-Patient-Verhältnis macht der Coach im Coaching keine direkten Lösungsvorschläge, sondern begleitet den Coachee bei der Entwicklung eigener Lösungen. Der Coach fungiert als Prozessberater auf dem Weg zu Verbesserungsoptionen für den Coachee. Im Idealfall lernt der Coachee, „seine Anliegen selbst zu lösen, klare Ziele zu setzen und wieder eigenständig effektive Ergebnisse zu produzieren“ 94 . Die Grundhaltung im Coaching ist somit die Hilfe zur Selbsthilfe. 95 Coaching eignet sich für die unterschiedlichsten Handlungsanlässe. Angefangen von der Begleitung einzelner Mitarbeiter und Führungskräfte in Veränderungssituationen über die persönliche Weiterentwicklung - nicht nur im betrieblichen Kontext - bis hin zur Unterstützung in Krisensituationen und bei der Entscheidungsfindung. Dabei ist Coaching deutlich von einer Psychotherapie abzugrenzen. Im Coaching wird von der Grundannahme ausgegangen, dass der Coachee nicht psychisch krank ist, sondern nur in der spezifischen Handlungssituation nicht mehr über seine prinzipiell zur Verfügung stehenden Ressourcen verfügt. Es geht im Coaching um Weiterentwicklung, nicht um Heilung wie es die Psychotherapie zum Ziel hat. 94 Rauen (2014, S. 2). 95 Vergleiche Martens (2005). <?page no="112"?> 112 2 Personal Beschreibung des Coaching Unabhängig, ob der Coaching-Anlass ein Defiziterleben oder die Vorbereitung auf eine herausfordernde berufliche Situation ist, startet das Coaching mit klaren Zielformulierungen für den Coaching-Prozess. Es hat sich bewährt, diese Ziele als SMART-Ziele auszuformulieren. Die einzelnen Buchstaben des englischsprachigen Akronyms stehen für  S Specific (Spezifisch),  M Measurable (Messbar),  A Achievable/ Accepted (Erreichbar/ Akzeptiert),  R Reasonable (Realistisch),  T Time-bound (Terminiert). Latham und Locke haben bereits in den 1990er-Jahren nachgewiesen, 96 dass SMART-ausformulierte Ziele Menschen zur Handlung und damit zur Umsetzung der Zielerreichung motivieren. Der Coach erarbeitet mit dem Coachee, wie das Ziel spezifisch formuliert werden könnte. Also anstatt zu formulieren: „Ich möchte, dass mich der Mitarbeiter Maier besser unterstützt“ sollte es lauten: „Ich möchte, dass Herr Maier das Arbeitspaket Projektcontrolling von mir vollumfänglich übernimmt.“ Unter dem Stichwort messbar geht es darum, dass die Führungskraft später prüfen kann, ob sie ihr Ziel erreicht hat. Zum Beispiel: „Wenn Herr Maier das Projektcontrolling verantwortet, lässt er mir zum 25. eines jeden Monats einen kurzen Bericht über maximal drei Seiten zukommen und spricht mich bei kritischen Vorfällen innerhalb von 72 Stunden an.“ Unter dem Stichwort akzeptiert geht es um die Fragestellung, ob es aus Sicht des Coachee nicht noch Risiken oder Unwägbarkeiten gibt, die ihn hindern, initiativ zu werden. Hier könnte die Antwort auf die Frage des Coaches: „Gibt es noch etwas, das Sie daran hindern könnte, die neue Verhaltensweise mit Herrn Maier zu vereinbaren? “ sein: „Ja, von heute auf morgen auf einen Monatsrhythmus zu wechseln, ist mir zu risikoreich. Ich werde mit ihm zunächst einen Wochenrhythmus vereinbaren. Dann sehe ich, ob es funktioniert, und danach kann ich auf einen Zweiwochenrhythmus verlängern. Bei positivem Verlauf werde ich auf den Monatsrhythmus gehen.“ Terminierte Ziele sorgen dafür, dass keine Zeit verschenkt wird. Häufig helfen Zwischenziele, den Weg einfacher zu gehen. Für einen Coachee mögen das zum Beispiel jeweils zwei Monate für die Erprobung der Vereinbarung sein, sodass er nach vier Monaten beim Monatsrhythmus der Projektcontrolling-Berichte angelangt ist. Schließlich geht es für den Coachee 96 Latham & Locke (1991) haben dafür den Begriff des Goal Setting geprägt. <?page no="113"?> 2.6 Coaching 113 darum, dass das Ziel realistisch ist. Der Coach wird ihn dazu fragen, ob er ausreichend Einfluss auf die entscheidenden Faktoren hat oder ob Abhängigkeiten bestehen, für die der Coachee Lösungsideen erarbeiten sollte. Mit diesem klaren Handlungsplan wird die Coaching-Sitzung beendet und der Coachee in die Umsetzungsphase entlassen. Eine wirkungsvolle und effiziente Strategie im Coaching ist der lösungsfokussierte Ansatz. Er ist aus der lösungsfokussierten Kurzzeittherapie abgeleitet, die im englischsprachigen Kontext Solution Focused Brief Therapy genannt wird. 97 Im Gegensatz zu einem rein problemorientierten Vorgehen wird im lösungsfokussierten Vorgehen der Weg zum Ziel rekonstruiert. Dazu gilt es in einem ersten Schritt, den Ziel- Zustand intensiv zu erleben, um im zweiten Schritt die Elemente des Zielzustandes zu erkennen, die im eigenen Arbeitsalltag immer wieder auftreten. Sind diese identifiziert, kann in einem dritten Schritt erarbeitet werden, wie sich diese - im lösungsfokussierten Vorgehen „Ausnahmen vom Problem“ genannt - Schritt für Schritt immer weiter ausbauen lassen. Die Möglichkeit, anhand von Elementen des Zielzustandes den Weg schrittweise aus dem Problemzustand herauszufinden, wirkt auf den Coachee äußerst motivierend. In der Regel findet das Coaching über mehrere Sitzungen hinweg statt. Die Folgetermine werden am Ende eines Coaching-Treffens vereinbart, in Abhängigkeit vom Aufwand für das Erproben der erarbeiteten Umsetzungsideen. Zu Beginn eines jeden Folgetermins werden die Umsetzungserfahrungen des Coachee thematisiert. Darauf aufbauend erarbeiten Coachee und Coach das Ziel der Folgesitzung. Dazu bietet sich die Orientierung an der bereits erarbeiteten SMART-Zielformulierung an. Die Umsetzungserfahrungen seit der vergangenen Coaching-Sitzung wirken sich in der Regel auf die weitere Präzisierung der SMART-Zielformulierung aus oder geben Hinweise auf bislang zu wenig beachtete Facetten, die im Coaching zusätzlich thematisiert werden können. Charakteristisch für Coachings ist die Vier-Augen-Situation als vertrauliches Gespräch zwischen Coachee und Coach, die in der Regel über mehrere Sitzungen verläuft. Nachdem in der Auftragsklärung die Zielsetzung definiert wurde, finden diese als Präsenztreffen oder auch in Form von Videokonferenzen oder Coaching-Telefonaten im frei gewählten Rhythmus statt. Ist eine dritte Person der Auftraggeber, wie der Vorgesetzte des Coachee, empfiehlt es sich, alle drei bis fünf Coaching-Sitzungen so genannte Schulterblicktermine durchzuführen, 97 Vergleiche Shazer (2019). <?page no="114"?> 114 2 Personal um das Dreiecksverhältnis Coachee, Auftraggeber und Coach in Balance zu halten. Dies gewährleistet, dass der Auftraggeber in den Coaching-Prozess involviert und der Coaching-Prozess auch im Sinne des Auftraggebers zielorientiert ausgerichtet bleibt. Ist das Coaching-Ziel erreicht, werden die wesentlichen Lernerfahrungen zusammengefasst, ein Abschlussgespräch mit dem Auftraggeber geführt und der Coaching-Vertrag beendet. Stellt die Personalabteilung einen Pool von Coaches bereit, wird das Coaching in der Regel durch die Personalabteilung zusätzlich evaluiert. Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Häufig verfügt die Personalabteilung über einen Katalog qualitätsgesicherter Coaches. Nach der Freigabe des Coaching durch den Vorgesetzten wählt der Mitarbeiter ein bis drei Coaches zum Kennenlernen aus. Kennenlerngespräche zwischen Coach und Mitarbeiter erleichtern die Entscheidung des Mitarbeiters für den passenden Coach, und das erste Coaching-Treffen wird terminiert. Zum Start des Coaching findet die Auftragsklärung statt: Ist der Auftraggeber der Coachee selbst? Dann kann von Beginn an mit den Methoden des Potenzial- und Karriere-Coaching gearbeitet werden. Ist der Auftraggeber eine dritte Person, zum Beispiel der Vorgesetzte des Mitarbeiters, dann handelt es sich um ein so genanntes Defizit- oder Crash- Coaching. Bei dieser Ausgangssituation ist der erste Schritte die Problemeinsicht und die Zustimmung zur Entwicklungsnotwendigkeit durch den Coachee zu erreichen. Im Anschluss daran können die Methoden des Potenzial- und Karriere-Coaching im Coaching-Verfahren zum Einsatz gebracht werden. Im Rahmen der Auftragsklärung werden mit dem Auftraggeber die Berichtswege und die Vertraulichkeit definiert. Es gilt zu entscheiden, wer von wem zu welchem Zeitpunkt über welche Inhalte des Coaching Kenntnis bekommt und wer nicht. Gemeinsam mit dem Kostenträger und dem Coachee muss man klären, mit welchem Zielbild das Coaching gestartet werden soll. Häufig liegt das Ziel ausformuliert in Form einer Potenzialaussage zum Beispiel aus einem Assessment-Center oder als Defizitfeststellung aufgrund eines vorangegangenen Konfliktes oder einer Minderperformance vor. Ob das Coaching durch einen internen oder externen Coach durchgeführt wird, hängt von der Personalsituation des Betriebes ab. Die Durchführung des Coaching kann unterschiedlich intensiv gestaltet werden. Angefangen vom Reinschnuppern und einem ersten Ken- <?page no="115"?> 2.6 Coaching 115 nenlernen, ob Coaching eine Option für den Mitarbeiter sein könnte, bis hin zu der Position eines Klienten, der über ein klares Zielbild für den Coaching-Erfolg verfügt. Shazer führt dazu die Unterscheidung in Schaufensterbummler, Besucher und Klienten ein. 98 Verhalten sich Coaching-Klienten als Schaufensterbummler, kann man diesen zunächst - um im Bild zu bleiben - die „Auslage“ der Coaching- Techniken zeigen. Der Coach kann kleine Schnupperproben anbieten und Neugier auf ein Coaching wecken. Der Einsatz intensiver Coaching-Techniken wäre hier kontraproduktiv. Coachees mit einem akuten Problemdruck verhalten sich häufig wie Besucher, die einmalig oder für wenige Termine das Coaching suchen. Hier sollte man Techniken anwenden, die ihre Wirkung möglichst bereits in der Coaching- Sitzung selbst erfahren lassen. Verhält sich der Coachee als Klient, der bereit ist, sein Thema in einem intensiven Begleitungsprozess anzugehen, dann können im Coaching auch sitzungsübergreifende Techniken zum Einsatz kommen. Da in der Coaching-Sitzung einzig das Erleben des Coachees als Informationsquelle für das Coaching zur Verfügung steht, kann es angemessen sein, die Wahrnehmungsoptionen zu erweitern. Dazu begibt sich der Coach als teilnehmender Beobachter gemeinsam mit dem Coachee in dessen Handlungsfeld. Dies ist zum Beispiel beim Auftritts-Coaching oder Coaching von Moderationssituationen unabdingbar. Im Vertriebs- Coaching ist es üblich, gemeinsam mit dem Coachee am Verkaufsgespräch beim Kunden teilzunehmen, um gegebenenfalls an im Coaching erarbeitete Handlungsmuster zu erinnern oder diese - ähnlich wie in der Rollensimulation im Coaching - beim Kunden live demonstrieren zu können. Dieses Live-Coaching stellt ein Beispiel für den bisweilen fließenden Übergang zum Training-vor-Ort dar. Passt der lösungsfokussierte Ansatz als ein Weg, der vom Ziel-Zustand ausgeht, dann lädt er den Coachee dazu ein, sich diesen Ziel-Zustand mit allen Sinnen vorzustellen, sich gleichsam in den Ziel-Zustand einzufühlen. In Anlehnung an die Wunderfrage empfehlen sich Techniken im Coaching-Gespräch wie: 99 „Einmal angenommen, Herr Maier würde sie gut unterstützen - das wäre vielleicht ein Wunder, aber man kann Wunder auch nie ganz ausschließen -, also angenommen, Sie kämen zur Arbeit und das Wunder wäre geschehen … Woran würden Sie das Wunder erkennen? “ Wichtig ist dabei, dass der Coach dem Coachee Zeit lässt, dem Wunder in seinen Facetten nachzuspüren, das Gefühl 98 Vergleiche Shazer (2019, S. 104 ff). 99 Vergleiche Shazer & Dolan (2018, S. 70 ff). <?page no="116"?> 116 2 Personal des Wunders tatsächlich wahrzunehmen. Durch Wiederholen der Wunderfrage und sanftes weiteres Nachfragen des Coaches - „Woran würden Sie das Wunder noch erkennen? Wie würden es andere Personen in Ihrer Umgebung bemerken? Woran würden es andere Personen bemerken? Was würden andere Personen an Ihnen an Veränderungen bemerken? Was würde Ihr Mitarbeiter anders machen, was Sie ihm vielleicht überhaupt nicht zutrauen würden? Was würden Sie körperlich wahrnehmen, wenn das Wunder geschehen wäre? “ - wird der Zustand des Wunders für den Coachee immer intensiver erlebbar. Auf dieser Grundlage kann der Coach mit dem Coachee eruieren, ob nicht vielleicht heute schon Elemente des Zielverhaltens beim Mitarbeiter vorhanden sind. Dazu fragt der Coach gezielt nach Ausnahmen im problematischen Verhalten des Mitarbeiters: „Gibt es heute schon Verhaltensweisen des Mitarbeiters, die er auch in der Zeit nach dem Wunder zeigen würde? Wenn ja, wodurch und wann genau entstehen diese Verhaltensweisen bereits heute? Wer verhält sich wie anders, dass der Mitarbeiter sich eingeladen fühlt, seine Verhaltensweise zu verändern? “ Wenn durch diesen Konjunktiv - dem „als ob das Wunder bereits geschehen wäre“ - die Wahrnehmung des Coachees für das erwünschte Verhalten geschärft ist, wird das Coaching mit der Hausaufgabe abgeschlossen, sowohl das Verhalten des Mitarbeiters bezüglich erwünschter Ausnahmen zu beobachten und genau zu analysieren, was dieses Verhalten im positiven Sinne beeinflusst, als auch diese Elemente in Zukunft zu verstärken. Häufiges Coaching-Thema sind Kommunikationsprobleme zwischen einzelnen Personen. Für die Frage, wie die Kommunikation zwischen zwei Personen einfacher gestaltet werden kann, eignet sich die Coaching-Technik Meta-Spiegel. 100 Dazu geht der Coach mit dem Coachee die unbefriedigende Kommunikationssituation in vier aufeinander aufbauenden Wahrnehmungspositionen durch:  Wahrnehmungsposition 1: Wie erlebt der Coachee die Kommunikationssituation in der Ich-Position? Was nimmt er wahr? Welche Assoziationen und Emotionen bewegen ihn? Der Coachee erlebt die Situation so nach, als ob sie tatsächlich im Augenblick stattfindet.  Wahrnehmungsposition 2: Wie stellt sich die Kommunikationssituation aus der Perspektive des Kommunikationspartners dar? Der 100 Die Technik Meta-Spiegel wurde 1988 von Robert Dilts entwickelt. Vergleiche Dilts (1994, S. 200 ff). <?page no="117"?> 2.6 Coaching 117 Coachee versucht in die Position des anderen Kommunikationsteilnehmers zu schlüpfen und seine Eindrücke, Assoziationen und Emotionen nachzuempfinden.  Wahrnehmungsposition 3: Wie würde eine dritte Person die Kommunikation zwischen den beiden Kommunikationspartnern wahrnehmen? Welche Assoziationen und Emotionen könnte die dritte Person in der Kommunikation noch entdecken?  Wahrnehmungsposition 4: Wie würde ein Beobachter beschreiben, in welcher Art und Weise die dritte Person die Situation wahrnimmt? Dies ist die Wahrnehmungsposition des „Beobachters des Beobachters“ oder eines Regisseurs. Aus jeder dieser vier unterschiedlichen Wahrnehmungspositionen können zum einen Hinweise erarbeitet werden, welche Verhaltensänderungen dazu beitragen würden, dass die Situation einfacher erlebt werden kann; zum anderen kann die verbreiterte und intensivierte Wahrnehmung der problematischen Kommunikationssituation dazu beitragen, dass sich die Grundeinstellung oder Grundhaltung des Coachees zum Gesprächspartner oder zum Gesprächsthema verändert und sich daraus neue Optionen für Verhaltensänderungen ergeben. Der Meta-Spiegel schließt mit einer klaren Beschreibung des Coachees, welche Verhaltensweisen und Grundeinstellungen er wie genau aktivieren möchte, 101 um die problematische Kommunikationssituation bei erneutem Auftreten positiver zu gestalten. Weiterführende Hinweise Aller Voraussicht nach existieren ähnlich viele Coaching-Schulen wie Ansätze in der Psychotherapie. Entsprechend schwierig ist es, den richtigen Coach zu finden. Es gibt zahlreiche Anbieter von Coaching-Ausbildungen und nahezu 30 Dachorganisationen für Coaches. Möglichkeiten zur Orientierung auf der Suche nach einem Coach bieten die Personalabteilungen, die häufig über Listen von ausgewählten Coaches verfügen. Ausgangspunkt der Suche können aber auch Kollegen sein, die bereits ein Coaching in Anspruch genommen haben und entsprechende Empfehlungen aussprechen können. Die Entscheidung für einen bestimmten Coach ist am besten im Rahmen eines für gewöhnlich kostenlosen Erstgespräches zu treffen, das in der Regel bei Auftragserteilung auf das Coaching angerechnet wird. Da Coaching eine äußerst persönliche Arbeitsbeziehung zwischen Coa- 101 Auch dazu bietet die SMART-Zielformulierung eine gute Hilfestellung. <?page no="118"?> 118 2 Personal chee und Coach darstellt, ist ein Coaching ohne guten persönlichen Kontakt kaum erfolgversprechend. „Als Coachee sollte man auch in der dritten Coaching-Sitzung nicht davor zurückschrecken, das Coaching abzubrechen, wenn es nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt und der Coach auf dieses Unbehagen nicht stimmig eingehen kann.“ 102 Der Coachee entscheidet als Einziger, ob der Coach zu ihm passt oder nicht. Die Grenze zwischen Coaching und Psychotherapie ist nicht immer eindeutig. Coaching ist aber nie ein Ersatz für Psychotherapie. Ein guter Coach kann schwerwiegende psychische Probleme und Abhängigkeitserkrankungen erkennen, diese Grenze ziehen und seinen Mandaten unterstützen, professionelle psychotherapeutische oder ärztliche Hilfe zu finden. Neben dem klassischen Coaching bildet sich als weiterer Anwendungsbereich von Coaching-Techniken das Thema Führung heraus. Hier setzt sich der Slogan von der Führungskraft als Coach durch. Korrekterweise müsste man von einer Führungskraft sprechen, die unter anderem Coaching-Techniken in spezifischen Führungssituationen nutzt. Voraussetzung ist, den Mitarbeiter in Kenntnis zu setzen und sein Einverständnis für das Coaching einzuholen. 103 Für Führungskräfte, die Coaching-Techniken in ihrem Führungsalltag einsetzen, ist es entscheidend, mit der Kategorisierung von Coaching-Situationen für Schaufensterbummler, Besucher und Klienten gut umgehen zu können. Häufig beklagen sich Mitarbeiter über eine bestimmte spannungsgeladene Problemsituation, ohne diese tatsächlich verändern zu wollen, wie es für Schaufensterbummler typisch ist. In diesen Situationen sollte die Führungskraft im Konjunktiv sprechen und überlegen, welche selbstreflexiven Fragen zur Problemerfassung adäquat wären oder auf welchen Ebenen - zum Beispiel in Anlehnung an die logischen Ebenen von Dilts - der Mitarbeiter Einfluss auf sein von ihm empfundenes Spannungsfeld nehmen könnte. 104 Spricht der Mitarbeiter die Führungskraft aktiv und ratsuchend an, kann die Führungskraft das Coaching-Gespräch direkt beginnen. 102 Teuber (2005, S. 11). 103 Vergleiche Fischer-Epe & Reissmann (2017), Hießböck (2010), Kreyenberg (2008) und Öhlschlegel-Haubrock, Rach & Wolf (2016). 104 Vergleiche im Überblick Dilts (1994). <?page no="119"?> 2.6 Coaching 119 Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Roland Wessely, Trainer, Mediator und Berater, über 20 Jahre Erfahrung als Personalleiter in der Versicherungswirtschaft und Automotive, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht, Betriebswirt VWA an der Fachhochschule Pforzheim. (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Der Vorstandsvorsitzende forderte vermehrt die Unterstützung seiner Führungskräfte in der strategischen Neuausrichtung beziehungsweise Weiterentwicklung des Unternehmens ein. Die Abteilungsleitungen sollten nicht nur, wie bislang gewohnt, reaktiv handeln, sondern sich auch mit Ideen und Lösungsvorschlägen in den Veränderungsprozess des Unternehmens aktiv einbringen. Die Frage des Vorstandes war: Können dies einzelne Abteilungsleiter zukünftig überhaupt leisten? (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Die Analyse ergab, dass bei manchen Abteilungsleitungen vielmehr im Argen lag. Beispielsweise die individuelle Arbeitsorganisation, die nicht durch eine gute Übersicht über die Aufgaben und Termine aus dem Tagesgeschäft geprägt war. Einige Abteilungsleiter arbeiteten sehr reaktiv. Zum Teil unterstützten die Mitarbeiter der Abteilungsleitung die Selbstorganisation ihrer Führungskraft. Mitarbeiter nahmen sich die zu erledigenden Arbeiten und Aufträge auf Termin, um nicht noch mehr Schaden für ihre Abteilung zu verursachen. Ein Aufwand an Zeit, der an anderen wichtigen Stellen, zum Beispiel für Projekte, fehlte. Es wurden dadurch unter anderem keine neuen Projekte angegangen, die dringend notwendig gewesen wären. Die Prozesse waren nicht eindeutig und klar beschrieben. Die Prozesse waren auch nicht durchdacht und klar dokumentiert. Die Stellenbeschreibungen der Ableitungsleiter dienten dazu, die notwendigen Prozesse abzuleiten. So war der Aufwand mit Einzelabsprachen relativ hoch. Man hatte sich auch nicht hinterfragt: Sind unsere Kunden mit unserer Arbeit zufrieden? Es gab kaum Gespräche mit den Kollegen aus der Führungskräftemannschaft, um festzustellen, was läuft gut in der Zusammenarbeit, was könnte verbessert werden und welche Ideen und Wünsche gibt <?page no="120"?> 120 2 Personal es? Es wurde nicht die Frage gestellt: Wer sind unsere Stakeholder? Es gab keine internen Servicelevels zur Erledigung der Aufträge der Kunden. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Nach einem Kick-off-Meeting wurden die Mitarbeiter in den Coaching-Prozess mit einbezogen. Einzelne Abteilungsleiter standen diesem Vorgehen sehr positiv gegenüber. Sie sahen die Vorteile dieses Coachings für sich und für die Mitarbeiter, wenn ihre Abteilung ganzheitlich gesehen wird. Als Bestandteil des Coachings wurde mit den Mitarbeitern zur Ist-Analyse eine SWOT-Analyse durchgeführt. Diese ergab, dass das Potential der Abteilung längst nicht abgerufen wurde. Daraufhin wurden die Hauptprozesse der Abteilung erstellt und dadurch klare Prozessabläufe geschaffen. Dies führte dazu, dass jetzt jeder Mitarbeiter wusste, zu welchem Zeitpunkt er mit wem etwas zu erledigen hatte. Damit wurde die Zusammenarbeit effizienter und eine erhebliche Einsparung an Zeit erreicht. Diese Zeiteinsparung wurde für weitere Projekt genutzt. Als Folge des Coachings wurden von den Mitarbeitern zu den unterschiedlichsten Aufgaben Servicelevels festgelegt. In welcher Zeit die unterschiedlichen Aufgaben zukünftig zu erledigen sind. Dies führt dazu, dass die gecoachte Abteilung wieder mehr Akzeptanz im operativen Handeln gewinnt. Zukünftig sollen Bedarfsgespräche mit den Vorständen und den Stakeholdern geführt werden, um deren Erwartungen, Ziele, Planungen und Ideen zu kennen. Es wurde vereinbart, die frei gewordene Zeit in die Zukunft zu investieren, um Themen wie Digitalisierung voranzubringen oder neue Wege in der Rekrutierung zu gehen. Dazu wird ein Netzwerk zu anderen Abteilungsleitern aus dem Bankenumfeld und zu Beratern aufgebaut, die in der jeweiligen Themenstellung eine Expertise aufzuweisen haben. Hilfreich für das individuelle Selbstmanagement-Coaching erwies sich die Nutzung der 5S-Methode. Dies ist eine systematische Vorgehensweise, um den eigenen Arbeitsplatz und die Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass man sich optimal auf die wertschöpfenden Tätigkeiten konzentrieren kann. Mit der 5S-Methode verfolgt man daher das Ziel, durch eine strukturierte Selbstorganisation nicht wertschöpfende Tätigkeiten, also Verschwendung, entweder zu minimieren oder auf ein Minimum zu reduzieren. Die 5S-Methode wurde mit kollegialem Coaching von allen Mitarbeitern einer Abteilung mit <?page no="121"?> 2.7 Kollegiale Beratung 121 Erfolg durchgeführt, um auch hier verschwendete Zeit für andere wichtige Themen zu nutzen. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? In den operativen Aufgaben und Tätigkeiten wurden viele Themen angegangen und befinden sich in der Umsetzung. Der Erfolg ist spürbar. Zukunftsweisende Projekte sind in der Planung und werden zeitnah angegangen. Das Coaching für den strategischen Teil der Aufgaben einzelner Abteilung wurde zurückgestellt. Der Personalabteilung wurde mehr Zeit eingeräumt für die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen aus dem operativen Teil. Zwischenzeitlich entschied der Vorstand, dass die Personalabteilung mit der Organisationsentwicklung zusammengelegt wird und der Leiter der Organisationsentwicklung auch für die Personalabteilung verantwortlich ist. Der Personalleiter führt weiterhin die Personalabteilung, berichtet aber nicht mehr direkt dem Vorstand, sondern dem Leiter Organisationsentwicklung. Dieser kümmert sich jetzt vor allem um die Strategie für das Personal im Unternehmen. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Coaching kann für den Coachee auch zu negativen Entscheidungen führen. Bei der Abstimmung zwischen Auftraggeber (in diesem Fall der Vorstand), Coachee und Coach sollte auch ein negativer Ausgang für den Coachee angesprochen werden. Unvoreingenommen an das Coaching herangehen beziehungsweise durchführen, obwohl - wie in diesem Fall - der Vorstand eine Möglichkeit sah, den Coachee weiterzuentwickeln aber auch mit nicht geringen Bedenken. 2.7 Kollegiale Beratung  Problemstellung: Austausch und Weiterentwicklung mit Kollegen in ähnlichen Arbeitssituationen  Zielgruppe: Mitarbeiter und Führungskräfte mit umfangreicher persönlicher Interaktion  Voraussetzungen: Vertrautheit und Verschwiegenheit in der kollegialen Beratung <?page no="122"?> 122 2 Personal Zielsetzung der Kollegialen Beratung Ziel der Kollegialen Beratung ist die Verbesserung der beruflichen Praxis der Teilnehmer. Diese bezieht sich auf „die Interaktionen wischen Praktikern und Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Vorgesetzten sowie das Verhalten von Praktikern in ihrer Berufsrolle“ 105 . Kollegiale Beratung eignet sich somit für Tätigkeitsfelder, für welche die Praxiserfahrung und die Weiterentwicklung aufgrund der Praxiserfahrung entscheidende Rollen spielen. Es geht um die vertrauliche Beratung unter Kollegen zu ganz konkreten Herausforderungen der persönlichen Arbeitspraxis und damit um die Reflexion der beruflichen Rolle. Ein Nebenprodukt der Kollegialen Beratung stellen der Erwerb und Ausbau von praktischen Beratungskompetenzen dar. Obwohl in der konkreten Beratung immer ein Kollege im Mittelpunkt steht, lernen anhand seines Beispiels alle Teilnehmer der Kollegialen Beratung für ihre Praxis dazu. Kollegiale Beratung ist somit immer Beratung für den Fallgeber und Weiterentwicklung für die Teilnehmer. 106 Beschreibung der Kollegialen Beratung Kollegiale Beratung kann wie folgt definiert werden. Es „ist ein strukturiertes Beratungsgespräch in einer Gruppe, in dem ein Teilnehmer von den übrigen Teilnehmern nach einem feststehenden Ablauf mit verteilten Rollen beraten wird mit dem Ziel, Lösungen für eine konkrete berufliche Schlüsselfrage zu entwickeln“ 107 . Dazu hat sich ein Vorgehen in sechs Phasen oder Schritten bewährt, die in Abbildung 19 aufgeführt sind und nachstehend erläutert werden. Zu Beginn der Kollegialen Beratung, die je Beratungsthema etwa 30-45 Minuten in Anspruch nimmt, beschreibt der Ratsuchende sein Problem. Dabei geht ist nicht um eine vollständige Problembeschreibung. Es genügt, das Thema in seinen Grundzügen so darzustellen, dass es als Basis für Lösungs- und Ressourcenideen dienen kann. In der Fragerunde erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Fragen zum Ziel und zu wesentlichen Gesichtspunkten des Phänomens zu stellen. Dabei steht das vollständige Verständnis des Themas im Fokus. Es finden keine Bewertung oder Diskussion des Themas statt. 105 Tietze (2020, S. 19). 106 Es wird auch von Kollegialer Beratung als Maßnahme der Personalentwicklung gesprochen. Vergleiche Nowoczin (2012, S. 31 f) und Schmid, Veith & Weidner (2019, S. 66 ff). 107 Tietze (2020, S. 11). <?page no="123"?> 2.7 Kollegiale Beratung 123 Abbildung 19: Sechs Phasen der Kollegialen Beratung 108 Im dritten Schritt geht es für die Teilnehmer darum, Hypothesen über das geschilderte Phänomen aufzustellen. Der Ratsuchende folgt dabei der Diskussion des Beraterteams, ohne selbst nachzufragen. 109 Die Teilnehmer agieren als Beraterteam und sammeln Hypothesen über das geschilderte Phänomen. Diese können in Richtung Problemverständnis, Wahrnehmungserweiterung der Situation oder Erproben erster Lösungsansätze ausgestaltet sein. Alle genannten Hypothesen werden vollständig mitvisualisiert. Anschließend, im vierten Schritt, entscheidet der Fallgeber, welche Kernannahme er gerne weiterverfolgen würde beziehungsweise welche Schlüsselfrage er zu dem von ihm geschilderten Phänomen hat. Im fünften Schritt ist das Beraterteam in seiner ganzen Kreativität gefordert, um Lösungsmöglichkeiten zu benennen, diese zu diskutieren und in konkrete Lösungsvorschläge zu überführen. Im abschließenden sechsten Arbeitsschritt geht es um die Reflexion des Beratungsprozesses, vor allem aus der Sicht des Fallgebers. Welche Ideen 108 Modifiziert nach Tietze (2020, S. 60 ff). 109 Die Methodik der Reflecting Teams stammt ursprünglich von Andersen (2018). <?page no="124"?> 124 2 Personal der Berater sind für ihn bedenkenswert und hilfreich für sein geschildertes Phänomen sowie die von ihm formulierte Schlüsselfrage? Mit einem kurzen Feedback endet die Kollegiale Beratung. 110 Anwendungsbereich und Anwendungsprozess Kollegiale Beratung wird im Rahmen von Traineeprogrammen genutzt, um das in Kapitel 2.2 beschriebene Onboarding zu unterstützen. Die neuen, zumeist jungen und unerfahrenen Mitarbeiter lernen das Unternehmen und seine Unternehmenskultur kennen und haben die Aufgabe, diese Unternehmenskultur für sich zu entschlüsseln. Die Kollegiale Beratung gibt ihnen die Möglichkeit, ihren Lernweg in das Unternehmen hinein gemeinsam aktiv zu gestalten - und dies bewusst aus der gemeinsamen Perspektive der betroffenen Akteure. Mentoring wird in Traineeprogrammen häufig genutzt, um den jungen Kollegen die Erfahrung der Mitarbeiter mit langer Firmenzugehörigkeit zugänglich zu machen. Kollegiale Beratung ergänzt diesen Mentoren-Ansatz durch die Perspektive der Peer-Group. Kollegiale Beratung stärkt durch die besondere Form des Umgangs der Teilnehmer untereinander zudem die Gruppenkohäsion. Damit bietet sie sich für Entwicklungsprogramme für Nachwuchsführungskräfte oder auch auf dem Weg von der Führungskraft ins Management als eine Lern- und Reflexionsmethode an. Durch die gemeinsamen und geteilten Defiziterfahrungen in bestimmten Handlungssituationen entstehen zusätzlich - sozusagen als Nebenprodukt der Beratungstreffen - neue Ideen für die Kultur des Unternehmens. Die Lerngruppe wird somit als Quelle für Veränderungen im Betrieb wahrgenommen und bewusst als solche platziert. Bestehende Managementteams und Führungsgremien nutzen die Kollegiale Beratung unter dem Aspekt der Teamentwicklung und Teamformierung. Durch den offenen Austausch in der Beratungsgruppe lernen sich die Teilnehmer rasch sowie auch und vor allem auf einer persönlichen Ebene kennen. Dieses Wissen stellt eine gute Performance- Grundlage für die Teams und Gremien dar. Schließlich kann die Kollegiale Beratung auch von Personen im Betrieb genutzt werden, die in Training, Beratung und Begleitung von Mitarbeitern tätig sind. Hier kommt es immer wieder zu herausfordernden 110 Ein guter Leitfaden zur Kollegialen Beratung findet sich auch bei Schmid, Veith & Weidner (2019, S. 16). Ein breites Spektrum systemischer Fragetechniken liefern Patrzek & Scholer (2018), um Denkanstöße liefern zu können und damit dem Befragten in der Kollegialen Beratung zu dienen. <?page no="125"?> 2.7 Kollegiale Beratung 125 Praxissituationen, die mit der Kenntnis der betrieblichen Gesamtsituation und der spezifischen Unternehmenskultur am besten gemeinsam reflektiert werden können. Ein externer Coach oder Berater würden einen größeren Aufwand erzeugen, um eine ähnlich hohe Passung realisieren zu können. 111 Weiterführende Hinweise Es ist zu Beginn ungewohnt, Rollen in der Kollegialen Beratung konsequent einzuhalten. 112 Trotzdem bewährt es sich, an diesen festzuhalten. Sie unterstützen die Effizienz im Ablauf, um mit der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit möglichst optimal umzugehen. Zusätzlich schützen sie alle Teilnehmer vor Kommentaren und Diskussionsbeiträgen, die von den Anregungen eher ablenken, die sich der Fallgeber mit seinem Thema zu erhalten erhofft. Kollegiale Beratung eignet sich für alle Themen, die aufgrund der Praxiserfahrung der teilnehmenden Führungskräfte unter Kollegen besprochen werden können. Geht es um professionelle Qualifizierung und Begleitung von Praxisfragestellungen, ist eher Supervision die Methode der Wahl. Steht die persönliche Beratung mit dem Ziel der Persönlichkeitsentwicklung im Führungskontext im Vordergrund, dann wird dies am leichtesten mit dem Einsatz von Coaching erreicht. Psychotherapie ist immer dann zu empfehlen, wenn es um Fragen der Heilung der Persönlichkeit geht. 113 Zur Einführung der Kollegialen Beratung in einem Unternehmen hat sich die kurze Begleitung durch einen externen Berater bewährt. Aufgrund der guten Methodenstruktur und des überschaubaren Zeitaufwands lässt sich die Kollegiale Beratung leicht in den betrieblichen Alltag integrieren. Gedanken aus der Unternehmenspraxis Interview mit Thomas Stepputat, Geschäftsführer der Thüringer Fernwasserversorgung, Geschäftsführer und Vorstand in der Energieversorgung und bei Stadtwerken, Diplom-Kaufmann, Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. 111 Vergleiche Tietze (2020, S. 28). 112 Gute Hinweise für die Ausgestaltung der verschiedenen Rollen liefern Schmid, Veith & Weidner (2019, S. 34 ff). 113 Vergleiche Nowoczin (2012, S. 34). <?page no="126"?> 126 2 Personal (1) Was war der Anlass, aus dem Sie die Methode angewendet haben, und in welchem Kontext fand die Anwendung statt? Wir haben die kollegiale Beratung im Rahmen der Weiterentwicklung von Führungskräften eingesetzt. Die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) befindet sich, wie zahlreiche öffentliche Unternehmen, in einem Change-Prozess. Da eine Erhöhung der Abgabepreise für Wasser nur ungern durch den Verwaltungsrat beschlossen wird, müssen die interne Wertschöpfung erhöht und die Vergabe von Aufträgen an Dritte reduziert werden. Dadurch steigen nicht nur die inhaltlichen Anforderungen an die Führungskräfte, sondern es sind auch erweiterte Führungstechniken gefragt. Im Rahmen der Qualifikation für neu ernannte Führungskräfte, wurde die kollegiale Beratung für den selbstgesteuerten Erfahrungsaustausch vorgestellt und eingeführt. (2) Welche Herausforderungen bestanden beim Einsatz der Methode? Kam es zu Überraschungen oder Problemen, und mit welchem Aufwand war der Einsatz verbunden? Entscheidend ist die Entwicklung einer positiven Gruppendynamik. Naturgemäß dauerte es einige Zeit, bis das Vertrauen innerhalb der Gruppe entstanden war. Erst dann haben sich die einzelnen Teilnehmer zunehmend untereinander geöffnet. Es ist wichtig, durch die Fokussierung auf das gemeinsame Ziel, den Change bei der TFW aktiv mitzugestalten, eine gemeinsame Bindung hinzubekommen. Durch die kollegiale Beratung entwickelte sich ein breites Verständnis für die anstehenden und notwendigen Veränderungen in der Organisation. Nachdem das gemeinsame Vertrauen geschaffen war, war es schön zu erleben, wie selbständig die Führungskräfte ihre Problemanalysen und Lösungsansätze miteinander geteilt haben. Auch wenn natürlich nicht jede Lösung aus der einen Abteilung für eine andere Abteilung einfach übernommen werden konnte, sondern erst durch die verantwortliche Führungskraft auf die anderen Rahmenbedingungen angepasst werden musste. Doch genau für diese individuelle Adaption der Lösungsideen war der umfassende Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften in der kollegialen Beratung bereichernd. (3) Mussten für die Anwendung der Methode bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden? Es ist erforderlich, ein Klima des Vertrauens durch den externen Moderator und die Vereinbarung von Vertraulichkeit unterein- <?page no="127"?> 2.7 Kollegiale Beratung 127 ander zu schaffen sowie Räumlichkeiten für ein entspanntes Arbeiten und ein entsprechendes Budget für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen. (4) Wie wirkt die Anwendung der Methode? Welche Effekte haben sich eingestellt? Entscheidend waren die Erkenntnisse im Umgang mit schwierigen Kollegen. Man kann sagen, dass auf jeden Fall für jede einzelne schwierige Führungssituation in der kollegialen Beratung Lösungsansätze erarbeitet wurden, die in dem darauffolgenden Treffen weiter verfeinert wurden. Effektiv ist unter anderem auch der Austausch über die individuelle, für die einzelne Führungskraft und ihre Mitarbeiter passende Herangehensweise an Mitarbeiterjahresgespräche oder die Erarbeitung der zur Führung erforderlichen Methodenkompetenz in den unterschiedlichen Handlungsfeldern. (5) Haben Sie ein paar Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, die Methode auch anzuwenden? Starten Sie auf jeden Fall diesen Prozess, haben Sie Mut zu Veränderungen und seien Sie mit Ausdauer dabei. <?page no="129"?> Literaturverzeichnis Adlmaier-Herbst, G., Storch, M., Storch, J. & Breiter, A. (2018). Change- Management - so klappt’s. Die vier ZRM-Innovationen für den erfolgreichen Wandel. Bern: Hofgrefe. Alvero, A.M., Bucklin, B.R. & Austin, J. (2001). An objective review of the effectiveness and essential characteristics of performance feedback in organizational settings. Journal of Organizational Behavior Management, 21, S. 3-29. Andersen, T. (Hrsg.). (2018). Das Reflektierende Team. Dialoge und Dialoge über Dialoge. Dortmund: Modernes Lernen. Aulinger, G. & Rother, M. (2017). Kata-Managementkultur. Frankfurt am Main: Campus. Badura, B., Ducki, A., Schröder, H., Klose, J. & Macco, K. (2011). Fehlzeiten-Report 2011. 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Die Betriebswirtschaftslehre hält geeignete Hilfsmittel dafür bereit. Aber welche Methoden und Werkzeuge sind wissenschaftlich anerkannt, haben sich im praktischen Einsatz bewährt und erweisen sich als wirkungsvoll? Und welcher Ansatz eignet sich in welcher Situation und für welche Aufgabenstellung? Das Handbuch liefert die Antworten und bietet eine verständliche Anleitung zur Einordnung, Auswahl und Anwendung der wichtigsten Methoden zur Unterstützung betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Jede Methode wird kurz und präzise vorgestellt. Am Ende jedes Kapitels kann der Leser die Methode unmittelbar anwenden und gewinnbringend im Unternehmen einsetzen. So lassen sich komplexe Probleme strukturiert analysieren und bewerten sowie geeignete Verbesserungsmaßnahmen ableiten. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="139"?> uistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Stat \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ anagement \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschicht Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ acherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidakt DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus F \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourism \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ WL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanist Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft ologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissensc \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ nguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ aft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen aft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwe \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik emdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinav \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ WL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilolog Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ rt \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosoph en- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissensc BUCHTIPP Friedrich Glauner, Bernd Villhauer Alles neu 1. Auflage 2021, 204 Seiten €[D] 34,99 ISBN 978-3-7398-3081-0 eISBN 978-3-7398-8081-5 Die Lebensdauer von Geschäftsmodellen verkürzt sich zusehends. Heute sehen sich Unternehmen mit der Tatsache konfrontiert, dass im Durchschnitt etwa alle zehn Jahre ein bestehendes Geschäftsmodell durch ein neues abgelöst werden muss, wenn das Unternehmen erfolgreich bleiben will. Die Autoren erinnern an den grundlegenden Tatbestand, dass Unternehmen dort benötigt werden, wo ein Nutzen gestiftet werden soll, den eine Einzelperson nicht erwirken kann. Sie zeigen einerseits auf ganzheitliche Art und Weise die vielfältigen Herausforderungen der Unternehmen in einer äußerst dynamischen und disruptiven Umwelt auf. Gleichzeitig beschreiben sie Wege zu Lösungen, die nicht nur das betriebswirtschaftliche Problem lösen, sondern auch den Blick auf die ganzheitliche Verantwortung und werteorientiertes Handeln richtet. Das Buch stellt heraus, dass mittel- und langfristig der Unternehmenserfolg sichergestellt werden kann, wenn sich das Geschäftsmodell mit symbiotischen Mehrwertschöpfungen an den universellen Erfolgsprinzipien ausrichtet, mit denen die Natur ihre Austauschprozesse organisiert. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="140"?> uistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Stat \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ anagement \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschicht Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ acherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidakt DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus F \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourism \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ WL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanist Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft ologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissensc \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ nguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ aft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen hematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen aft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwe \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik emdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinav \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ WL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilolog Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ rt \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosoph ien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissensc BUCHTIPP Christiana Nicolai Die Organisation der Zukunft 3., überarbeitete Auflage 2021, 99 Seiten €[D] 19,99 ISBN 978-3-7398-3091-9 eISBN 978-3-7398-8091-4 In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Konzepte zur Organisationsgestaltung entstanden. Und ständig kommen weitere hinzu, während andere wieder verschwinden. Da es keine universell einsetzbaren organisatorischen Strukturen gibt, die in jeder Situation optimal wären, erfordern gravierende Änderungen immer einen organisatorischen Wandel. Dieses Buch behandelt neuere und praxisrelevante Konzepte zur Organisationsgestaltung. Auf die Themen organisatorischer Wandel sowie Zukunftstrends geht die Autorin besonders ein. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="141"?> www.uvk.de ISBN 978-3-7398-3127-5 Das Steuern eines Unternehmens und seiner Bereiche erfordert nicht nur technische Kenntnisse und wirtschaftliches Gespür, sondern auch fundierte analytische und strategische Fähigkeiten. Die Betriebswirtschaftslehre hält geeignete Hilfsmittel dafür bereit. Aber welche Methoden und Werkzeuge sind wissenschaftlich anerkannt, haben sich im praktischen Einsatz bewährt und erweisen sich als wirkungsvoll? Und welcher Ansatz eignet sich in welcher Situation und für welche Aufgabenstellung? Dieses Fachbuch liefert die Antworten und bietet eine verständliche Anleitung zur Einordnung, Auswahl und Anwendung der wichtigsten Methoden zur Unterstützung personalwirtschaftlicher und organisationstheoretischer Entscheidungen. Jede Methode wird kurz und präzise vorgestellt. Am Ende jedes Kapitels kann der Leser die Methode unmittelbar anwenden und gewinnbringend im Unternehmen einsetzen. Zudem kommen Expert: innen aus der Praxis in Interviews zu Wort. Stephan Teuber ist geschäftsführender Gesellschafter der Loquenz Unternehmensberatung sowie der Flowcon Holding GmbH. Prof. Dr. phil. Michael Nagel, MBA ist Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Leiter des Studiengangs BWL-International Business. Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Mieke ist Inhaber der Professur ABWL, insbesondere Innovationsmanagement an der Technischen Hochschule Brandenburg.